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Beiträge zur alten Geschichte.

In Verbindung mit Fach genossen des In- und Auslandes

herau-i^egelien von

0. F. Lehmann -Haupt ""'' E. Kornemann

0. ö. Professor der alten Geschichte o. ü. Professor der alten Geschichte

an der Universität Innsbruck. " an der I.'niversitdt Breslau.

Siebzehnter Band.

Mii fimf Abbild /mycn und einer Skiize.

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Leipzig

Dieterich'sclve Verlagsbuchhandlung m. b. H.

Rabensteinplutz 2

1921.

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FriBtoä in CMnuaHT

Inhalt

DELBRÜCK, H., :Nraiatlioii uiul die persische Taktik i-il— 229

HOLZAPFEL, L. (tl- Eömlsche Kaiserdaten (Schluß^ 74—93

KJELLBERG, E., C. lulius Eurykles 41-58

KORNEMANN, E., Die unmittelbare Vorlage von Appians Einphylia 33 43 LEHMANN -HAUPT, C. F., Paiisanias. Heros Ktistes von Byzanz. Mit einer Beigabe: Der Sturz des Pausanias, des Themi-

stokles und des Leotychidas 59—73

POMTOW, H., Delphische N'eutuude V; Zusätze und Nachträge . . 153--203

ROOS, A. G., Chronologisches zur CTeschichte der Dreißig 1 15

SCHACHERMEYR, E., Zum ältesten Namen von Kypros 230-239

SCHUR, W., Griechische Traditionen von der Gründung Roms . . . 137 152

SIGWART, G., Ki.nig Romulus bei Euuius 16—32

STEINWENDER, TH. (f;, Ruspina 20J-2'20

MITTEILUNGEN UND NACHRICHTEN. 94-136; 24Ö— 299. BLEC'KilANN, F., Die erste syrische Statthalterschaft des P. Sul- picins Quirinius (mit einem Anhang über M. Servilius Piosopogr. Imp. Rom. III S. 226 n. 419 und Voluniuius

PrlE III S. 479 n. 639. 640) 104—112

BRANDENSTEIN, "W., Zur ältesten attischen Inschrilt 262—265

1.>ESSAU, n.. Epigraphische Miszellen 249—252

Zu den neuen Inschritten des Sulpicius Quirinius . . 252 258

GARDTHAUSEN, V., Die Mauern von Carthago . . 122—128

GÖZ, \V., Libanio? und die Alemannen 240—242

HLLLER V. GAERTRINGEN, F., A und A in Ptolemäerinschritten

von Thera 94—98

HOMMEL, F., Zu Semiramis = Istar . 286

KALIN'KA, E., Der Name Stambul 265—266

Die älteste Inschrift Athens 207—268

KIESSLING, E.. Zur lex Ursonensis 258-260

KOLBE, W., Das Ehrendekret für die Retter der Demokratie . . . 242—248

KORNEMANN, E., Antike Technik 287—289

LAN(:4H\MMER. A., Die Schlacht bei Thapsus 1U2— 104

LEHMANN-HAUPT, C. F.. Gesichertes und Strittiges. 8. Zur Lage

von Magau. 9. Zur Chronologie der Kim-

meriereiufälle 112—122

Aus und um Konstantiuopel. 2. Ein Nach- klang der Argonairtensage? 3. Kadi-küi = Chalkadou. 4. Der thrakische Gott Zbel- surdos. (Eine unbeachtete Emeiidatiou zu

Cicero) 269—285

Zum Nachleben der assyrischen Sprache,

Religion und Dvnastie 2Ö6— 267

IV

Seite

LEHMANN-HAUPT, C. F., Schussenvied und Bucliau 289—294

Von der Philologeiiversamtuliiug .... 295 29ti

Erster deutscher Orientalisteutag .... 296—297

SCHEEL. W., Zu der lateinischen Grahschrift in Kapitalkursive . . 2öO— 2(;2 .■^CHLSSEL y. FLESCHENBERCt, 0. und LEHM AN^-HAUPT, (". F..

Eine lateinische Grabinschrift in Kajjitalkursive .... 129 136

TÄUBLER, E.. Relatio ad principeui 98—101

Verzeichnis eingegangener Schriften '297 299

Personalien 136; 299

NAMEN- UND SACHVERZEICHNIS (R. BRÄUER) 300— 3«>i

Chronologisches zur Geschichte der Dreißig.

Von A. G. Koos.

Bekanntlich wissen wir ans Plutaich Lysand. 15, daß die Kapitulation Athens im Jahre 404 v. C. auf den lli. Munychion fällt, also den 24. April. Derselbe Plutarch, de glor. Athen. 7, nennt uns das Datum des feier- lichen Einzuges der zurückgekehrten Demokraten in die Stadt, den 12. Boedromion, also den 4. Oktober 403. Für die zwischenliegenden Geschehnisse besitzen wir leider solche Daten nicht und sind wir nur auf Kombinationen angewiesen. Nun hat Beloch, Phihlogus 43, 1884, S. 2G4, und Die attische Politil- seit Pcr/Hc.t, S. 340. die Vermutung aufgestellt, die Dreißig hätten noch vor Ablauf des attischen Jahres 405/4, und zwar im Thargelion oder wahrscheinlicher noch im Skirophorion (Juni/Juli) die Regierung angetreten: ,.Denn," sagt er an letztgenannter" Stelle, „der Arclion für 404/3, Pythodoros, ist bereits von den Oligarchen ernannt worden, und nicht etwa an die Stelle eines in der üblichen Weise erlosten Archontcn getreten: sonst hätte die wiederhergestellte Demokratie das Jahr, statt als Anarchie, mit dem Namen dieses legitimen Archen bezeichnen müssen'". Nachdem Beloch dies geschrieben hatte, ist die 'At)>iraip)v nnXntia gefunden worden, und darin sagt Ai'istoteles ausdrücklich, 35, 1: ol /itv orr Tifiäxorra. zniror roi' TQOjior -/.artOTtjauv t.irl Uv'&oikÖQOv aQyovTo^, also im Jabre 404/3. Nichtsdestoweniger hält Beloch, Griech. (h'sch., Bd. II S. 110 Anm. = Bd. II, AbtJg. 1. S. 430 Anra. der 2. Aufl., an seiner früheren Annahme fest, und ihm ist Eduard Meyer, Gesch. des AUtrt., Bd. V § 748 Anm. am Ende, gefolgt, ohne daß sie eine Erklärung geben, wie Aristoteles zu dieser ihrer Meinung nach unrichtigen Ansicht gekommen sein sollte. Irgend ein Grund für die Annahme, daß Aristoteles oder seine Quelle sich hier eine bewußte Fälschung hat zuschulden kommen lassen, liegt nicht vor; es könnte sich also nur handeln um einen Irrtum von ihm oder seiner Quelle: Aristo- teles hätte, wenn Belochs Ansatz dos Regierungsanfanges der Dreißig richtig ist, schreiben müssen: tjcl 'Ah^iov .'tg/orroc, 405/4.

Nun sieht ja die Argumentation Belochs an sich sehr logisch aus: Pythodoros, der Archon des Jalires 404/3, wird nach dem Sturze der Oli- garchie nicht in der Reihe gezählt'). ..Wäre die oligarchische Regierung erst

1) Xen. Hellen. UQ,1 UvfioAütpov <!' fr 'AO^t'/vaig ii(>/_ovioi;, ov All^tjvnini, ihi ^v üXiynij/ici iinO^t], ocx vvoijiüc,ovisir, (\).V i'.ivcp/i'av lor inc.vxbr KcO.oi'aiv.

KUo, Beitrage zur alten Geschichte -XVn 1/2. 1

1

A. O. Roos

im Laufe des Jahres 404/3 eingesetzt worden, dann müßte am Anfang des Jahres ein in regelmäßiger Weise erlöster Archon ins Amt getreten sein, und wenn dieser auch durch die Oligarchie beseitigt wurde, so hätte doch die restaurierte Demokratie nur um so mehr Veranlassung gehabt, seinen Namen in der Eponymenlistc wiederherzustellen. Daß man das Jahr 404/3 dagegen als Jahr der Anarchie bezeichnete, beweist eben, daß es in diesem Jahre einen regelmäßig erlosten Archon nicht gegeben hat" (Beloch, Phüolog. a. a. 0.). Dieser letzte Schluß ist unbedingt richtig, beweist aber nicht, daß die Dreißig noch unter dem Archontat des Alcxias, vor dem 1. Hekatombaion 404, eingesetzt sein müssen. Die Er- lösung der Beamten pflegte in Athen wahrscheinlich Ende Munychion stattzufinden'). Im Munychion des Jahres 404 erfolgte aber die Kapitulation Athens und dann folgten die Verschwörung der demokratischen Strategen und die Vereitelung derselben infolge der Denuntiation des Agoratos, weiter das Wühlen der fünf von den oligarchischen Klubs aufgestellten hfoQoi'^). Es wäre nun an sich schon sehr wahrscheinlich, daß es unter diesen umständen vor dem 1 . Hekatombaion 404 nicht zu den Erlösungen der Beamten für 404/3 gekommen ist, und daß es tatsächlich am Jahres- anfang keinen Archon eponymos gab, geht, wie Beloch gesehen hat, aus der späteren offiziellen Bezeichnung des Jahres 404/3 als dvagyia hervor. Als aber die Dreißig ans Ruder kamen und Pythodoros als Archon an- wiesen, mußten diese das Jahr, auch wenn er erst nach Jahresanfang ins Amt getreten war, nichtsdestoweniger nach ihm benennen, und also auch die Vorgänge, die sich zwischen dem 1. Hekatombaion und seiner Ernennung abgespielt hatten, datieren Im FIv&odmQov oQxovToq. Da nun Aristot. ^A^7p'. jroXtT. 35, 1 für die Einsetzung der Dreißig diese Datierung gibt, eine Fälschung ausgeschlossen ist und ein Irrtum höchst unwahr- scheinhch, nmß aus dieser Stelle gefolgert werden, daß die Dreißig eben erst nach dem 1. Hekatombaion eingesetzt sind. Aristoteles konnte ja mit demselben Rechte sagen: ol fiiv ovv TQiäy.ovra rMTiOrrjoav tjtl Ilvd^o- (h}Qov uQYßVToq, obwohl am Tage ihrer Einsetzung Pythodoros noch nicht im Amte war, wie er 39, I sagt: tytvovro 6' ui StaXvoecc tjt' EvxXiidov aQ^oiTon:, obgleich Eukleides erst einige Zeit nach der Versöhnung zum Archon erlost wurde: zur Datierung rechnet er eben den Anfang des Jahres des Eukleides sowohl wie den des Pythodoros vom vorhergehenden 1. Hekatombaion ab.

Wie lange nach dem 1. Hekatombaion 404 sind die Dreißig ein- gesetzt? Diese Frage hängt zusammen mit einer anderen. Nach der Kapitulation Athens ist Lysander nach Samos gefaliren, um dies zu be-

1) G-iftert, Handbuch der c/riech. Staatmlterlümer, Bd. T^ S. 240.

2) Ed. Meyer, Gench. des Altert, Bd. V, S. 18; Beloch, Griech. Gesch.^, Bd. n, Abt. 1. S. 429.

Chronologisches zur Geschichte der Dreißig. 3

lagern: sind nun die Dreißig eingesetzt vor der Abfalirt des Lysandros (so die Meinung von Eduard Schwartz)'), oder nadi der Einnahme von Samos bei einem Aufenthalte Lysanders zu Athen wiliucnd seiner Rück- fahrt nach Sparta (so Beloch^) und Boenier)-'), oder ist Lysander während der Belagerung von Samos nach Athen zur Einsetzung der Dreißig her- übergekommen und dann wieder nach Samos zurückgefahren (so Eduard Meyer)*)?

Eine unbefangene Interpretation Xenophons kann nur konstatieren, daß wenigstens dieser die Einsetzung der Dreißig vor Lysanders Abfahrt nach Samos stellt: Hellen. II 2, 23 fährt Lysander nach der Kapitulation Athens in den Hafen des Piraeus ein; 3, 2 beschließt der Demos, dreißig Männer zu wählen, um die Gesetze der Väter zu redigieren; 3,3 Tovrror de jtQayßh'Tcov ttJtiJtXii AvöarÖQoc jrQOt; ^äiior, 'Ayig d' ix r/yc ,jtxt- hiac ajtay(i)'(ov .TteCor OTitäTtvjia i^iü.t'öt xara jiöXtii; txäorovi: das ist der Schluß des Kriegszustandes. Nach Xeuophon geht Lysander hier offenbar zum ersten Male nach Samos, bis daliin war er im Piraeus oder in Athen geblieben. Es folgen 3, 6 ff. die Belagening und Einnahme von Samos durch Lysander und .Lysanders Heimfahrt nach Lacedaemon. Davon, daß Lysander die Rückreise über den Piraeus nimmt und Athen besucht, ist nicht die Rede. Xenophon kommt dann 3, 11 auf die Ein- setzung der Dreißig zurück: ol dt T^xäxom; tjot'D/jOav {liv L^ti räyiorc: TU jtuxQo. Ttlytj xai „Tfpt TOI' UeiQaiä xaOijQtO^/j, und beginnt hiermit seine ausführliche Erzähiui.g über ihre Regierung und ihren Fall. Für denjenigen, der ohne vorgefaßte Meinung und ohne die übrigen Quellen zu berücksichtigen die hier analysierte Panie des Xenophon liest, für den ist es zweifellos, das Xeuophon Lysander zu Athen oder im Piraeus ver- weilen läßt, bis die Dreißig am Ruder sind; ihre Einsetzung findet nach ihm statt unmittelbar nach der Schleifung der langen Mauern und der- jenigen des Piraeus.

Gegen diese chronologische Fixierung würde wohl, auch angesichts der abweichenden Darstellung der Späteren (Diodor und Plutarchj, kein Einspruch erhoben sein, wenn nicht der Zeitgenosse Lysias in der Rede gegen Eraiosihenes sagte, § 71, daß Theramenes für die Volks- versammlung, welche die Bestellung der Dreißig beschließen sollte, l/ETtjttfiipaTO fiiv r«§ fara Ai^aä)-ÖQ0V rc.vg Ix ^üfiov, L-rtdij/njOe de to xmv jzoXsfjlcov öT{)cn6.Tte6oi'. Hieraus folgert Beloch, Philol. a. a. 0. S. 264, daß die Dreißig erst nach der Rückkehr Lysanders aus Samos

1) Bkein. Musmm, N. F. Bd. 44, 1889, S. 122ft'.

2) Philologus iä, 1884, S. 264; Griech. Gesch.-, Bd. II, AU. 1, S. 4311'.

3) De rebus u Graecis inde ab nnnu 410 usque ad annum 103 a. Chr. n. grstix (Diss. Götting. 1894), S. 49ff,

4) Gesch. des Altertums, Bd. V, S. l'Jf.

1* 3

4 A. G. Roos,

eingesetzt worden sind. Im Anschluß an Diodor XIV 3 meint er, Grieeh. Gesch.'^ II 1, S. 430, daß die Oligarchien eine Botschaft an Lysander nach Samos, welches eben eingenommen war, sandten, und dieser nun mit seiner Flotte zum zweitenmal in den Piraeus einlief. Jetzt erst wäre die Volksversammlung, in der die Demokratie aufgehoben werden sollte, ein- berufen. Dann wäre Lysander nach Hause weitergefahren.

Wenn diese Ansicht Belochs, der sich Boerner anschließt, richtig wäre, dann würde Xeiiophon, der Lysander nach der Einsetzimg der Dreißig nicht nach Sparta, sondern nach Samos segeln läßt, sich eine grobe Geschichtsfälschung haben zuschulden kommen lassen. Denn er kannte ja die Folge der Ereignisse, bei denen er selbst Zeuge gewesen war, genau. Nun haben die Hellcnika als Geschiohtswerk große Fehler, vieles wird vermißt, was Xenonhon erzählt haben sollte, aber bewußte Fälschungen hat er nicht begangen: die von Xenophon erzählten Tat- sachen stellen sich, wo die Paiallel-Überlieferung (Aristoteles. Epborus- Diodor, die HcUeniha von Oxyrhynchos) abweicht, bei genauer Ver- gleichung immer als richtig heraus, wenn er auch manchmal unvollständig und einseitig ist. Auch läßt sich kein Grund ausfindig machen, weshalb denn Xenophon die Reihenfolge der Geschehnisse geändert haben sollte. Wenigstens kann man nicht sagen, daß Xenophon im Interesse Spartas den von Beloch angenoninienen Aufenthalt Lysanders zu Athen während seiner Ruckreise aus Samos al)sichtlich gestrichen hätte, um dessen An- teil an die Einsetzung der Dreißig zu vertubchen. denn er läßt ja die- selben in Lysanders Anwesenheit ans Ruder kommen.

Nur in einem Falle würde, wenn man Belochs Ansicht als richtig voraussetzt, Xenophon sicti nicht einer Fälschung schuldig gemacht haben, wenn nämlich auch die andere Hypothese Belochs richtig wäre, daß Hellen. II 3. § 1 und 2 nicht von Xenophon selbst, sondern von dem Interpolator herrühren, der in den beiden ersten Büchern der BeUenlha die chronologischen Bestimmungen nach Archonten, Ephoren, Olympio- niken und Kiiogsjahren eingefügt hat. Nach Belochs Ansicht folgte nämlich im echten Xenophon auf II 2, 23 (imt <% ravTct Avr>(xyö{iö^ rt xaThjrXit dg rbv Ile^iam xcü oi (f'i>Y(x()8g xaTijaai' x(u tu Tfiyjj xariöxajT- Tor v:r' avhjTQiöcov jro?.X>j .T^of^vidn. roi/i^orrsg exilrrji' rrjr r.inQctr t)J 'EXXi'uh (tQiiiv rTji l/.n9fQlag, unmittelbar 3, 3 tovtojv dt .7n>ir/ßkvrmr d.-tKi?.ti Jvoardeioc .vqoc Xititov, 'Ayi~ cSt xr/. Dann würden aber die Worte Tor'rwj' cSt Tr{i(r/ßtrTV)v sich beziehen auf xari.-r/.ti. xcrijüar, x<:Ti'eix((rTTriv, also das Partizip, wodurch die vollzogene Handlung ge- kennzeichnet wird, auf die Imperfekfa, die den Anfang und Fortgang der Handlung bezeichnen, und dieses ist grammatisch und sachlich wohl nicht möglich. Dagegen paßt rovrcor M .-rofv/ßtvr ojv ausgezeichnet, wenn es sich bezieht auf das vorhergehende, von Beloch athetiertc. tcSo|t tw rfri/zw

Chro)ioJorjisclu'S :nr (h'xcluclili- i/cr Dreißig. 5

TQulxovTa äv(S{i(u Ih'iillai . . . xiü ij{>i'!hj(>i()' it'i'Ai (3, 2). fdi glaube daher, daß die Hcrausgober der Hdlcnika mit vollkoniinenein Recht nur 3, 1 (außer den ersten Worten) einklammern und 3, 2, worin die Einsetzung der Dreißig erzählt wird, für echt halten. Dann ist auch erkläilicli, wie Xcnophon 3, 11 seine Erzählung der Regierung der Dreißig beginnen kann mit <n öe tqu'cxoitu (d. li. die Dreißig, über die ich sclion geredet habe) i;Qtihj<Utv idv xrA., wiUirend, wenn er ihre Einsetzung vorher nicht erwälint hätte, dieses ein sehr abrupter Übergang sein würde. Wenn Beloch, Philo}, a. a. 0. S. 2(i4, meint, daß Lysander nach der Einnahme von Sanios Athen besuchte, niclit etwa wälirend der Belagerung nach Athen herübergekommen und dann wieder nach Samos zurückgefahren sei, gehe daraus liervor, daß er bei seiner Rückkeln- von Samos nach Sparta die attischen Trieren aus dem Piraeus mit sich führte (Xen., Hellen. II 3, 8), so ist es klar, daß die attischen Schiffe, welche sofort als Lysander nach der Kapitulation in den Hafen einlief, ihm üliergeben wurden (Lysias 13, 3-t), auch wenn er dieselben bei seiner Abfahrt nach Samos in ihren Scliil'fshäusern hat liegen lassen, was immerhin für Spaita gefährlich werden konnte und also nicht gerade wahrscheinlich ist, doch nicht von ihm selbst aus dem l'iraeus herangeführt und zu der übrii;en Plotte gebracht zu sein brauchen. Übrigens mag ja Lysander bei seiner Heimfahrt von Sanios den l'iraeus berührt haben, um die attischen Scliiffe mitzunehmen, Xenophoii konnte dies a. a. 0. in seiner kurzen Be- schreibung der Rückfahrt Lysanders als etwas Belangloses ruhig über- gehen — , in Athen zur Einsetzung der Dreißig ist er jedenfalls damals nicht gewesen.

Schließlich gibt es noch ein Argument gegen Belochs Datierung. Wenn Lysander nach der Einnahme von Samos die Dreißig eingesetzt hätte, so wäre dies geschehen TtXiVTujvro^ tov (ht^iov^ (Xen. 11 3, 0). Zwar hält Beloch auch diese Worte für unecht, aber nur deshalb, weil er die Einsetzung der Dreißig vor dem 1. Hekatombaiou 404 datiert und also, da ei- Lysander bei einem athenischen Aufenthalt während der Heimfahrt die Dreißig einsetzen läßt, dessen Rückkehr zu Sparta viel früher als am Ende des Sommers, wie Xenoplion ausdrücklich sagt, ansetzen muß. Diese Beweisführung hat natürlich für denjenigen, der Belochs Datierung des Regierungsanfanges der Dreißig für unrichtig hält, keinen Wert. Übrigens ist gegen die Echtheit der Worte TtXiv- Tföi'Tog TOV IhtQovc uiclits auzuführcn, und keiner der Herausgeber hat denn auch, so viel ich weiß, dieselben eingeklammert. Bocrner a. a. 0. S. 6!H., der mit Beloch die Einsetzung der Dreißig zwischen der Ein- nahme von Samos und der Rückkehr Lysanders nach Sparta ansetzt, aber an die Datierung des Aristoteles ijrl Ih &oö'iö('Ov uQyorTog festhält, zieht nun aus der obengenannten Angabe Xcnophons und aus der darauf-

(5 .4. 0. Rnos,

folgenden Notiz, daß Lysaiider unter dein Ephoiat des Eudios, der im Herbst 404 ins Amt trat, zu Sparta zurückkam auch wenn dieselbe von einem Interpolator herrühre, stauune sie doch aus einer ausgezeich- neten Quelle die von seinem Standpunkt einzig richtige Folgerung, daß dann eben die Einsetzung der Dreißig erst am Ende des Sommers, nach dem Hcrbstaequinoctium, anzusetzen sei: si igitur triginiavirorum institutionem mediis aiit tiltimis Bocdromionis diehus tnhiihnu.^, certe non midtum a vero discediinus. Boerner will also die Dreißig etwa Anfang Oktober eingesetzt sein lassen, und tatsächlich muß, wer ihre Einsetzung nach der Einnahme von Samos verlegt, sie frühestens TtXti- Ti'jvTo^ Tov i'^t()orc ansetzen. Daran nun scheitert die ganze Hypothese. Nicht nur nach Xenophon. sondern auch nach Lysias 12, 71 befand sich bei der Einsetzung der Dreißig das feindliche Heer noch im Lande. Es ist einfach ausgeschlossen, daß die spartanische Bundesarmee, nachdem Athen Ende April kapituliert hatte, sich ohne ersichtlichen Grund noch den ganzen Sommer bis in den Herbst hätte zusammenhalten lassen, und weshalb sollten die athenischen Oligarchen mit dem Sturze der Demokratie von April bis Oktober gewartet haben, wälirend doch dieselbe ohne Zweifel am leichtesten auszuführen war bald nach der Kapitulation, unter dem frischen Eindruck der überstandenen Not und bevor die Demokraten sich erholt hatten?

Die Annahme, daß Lysander die Dreißig erst nach der Einnahme von Samos eingesetzt habe, ist also zu verwerfen, und die Tradition bei Diodor XIV 3. welche dieses besagt, ist unrichtig.

Im Gegensatz zu Beloch meint Eduard Meyer, daß die athenischen Oligarchen sich zur Verwirklichung ihrer Pläne an Lysander wendeten, der vor Samos lag. daß dieser dann nach Athen herüberkam und nach der Einsetzung der Dreißig wieder nach Samos abfuhr. AVir sahen schon, daß bei unbefangener Interpretation Xenophon den Lysander bis nach der Einsetzung der Dreißig in Athen bleiben und ihn dann nach Samos abfahren läßt. Ist Meyers Ansicht richtig, dann muß Xenophon die erste Abfahrt Lysanders mit der Flotte aus dem Piraeus nach Samos und seine Rückkehr übergangen haben. Das wäre keine Fälschung, die Tatsachen würde er auch dann ganz richtig erzählen. Denn auch dann ist nach ihm Lysander während der Einsetzung der Dreißig zu Athen, nur würde er dessen frühere zeitweilige Abwesenheit und seine Rückkehr als belanglos unerwähnt gelassen haben. Ich halte jedoch eine solche Unterlassungssünde Xenophons in diesem Falle für nicht sehr wahr- scheinlich: eine so wichtige Tatsache, wie die Rückkehr Lysanders mit der peloponnesischen Flotte nach Athen nur zum Zweck der Einsetzung der Dreißig, und also auch die wenigstens teilweise Aufhebung der Blockade von Samos, gewesen wäre, unerwähnt zu lassen, und so den

Chronologisches zw Geschichte der Dreißig. 7

Leser glauben zu niachen, daß Lysander die ganze Zwischenzeit im Piraeus oder in Athen geblieben wäre, käme fast einer Fälschung gleich. Auch ist es, wie Eduard Schwartz a. a. 0. S. 123 bemerkt, höchst un- wahrscheinlich, daß Lysander Athen verlassen hat, bevor die Verhältnisse in seinem Sinne geordnet waren: „wie anderswo den verrufenen Zehn- männern, übertrug er in Athen 3 X 10 Männern die ober.ste Gewalt; und hier wo die größten Schwierigkeiten und eine verzweifelte Demo- kratie der Umwälzung entgegenstanden, sollte er ruhig alles haben laufen lassen und sich nach Samos, das ihm nach Athens Fall doch nicht ent- rinnen konnte, begeben haben, um dort zu warten, bis Theramenes ihm meldete, er könne ohne ihn der Demokratie nicht Herr werden?" Ich glaube daher, daß Lysander nach der Einsetzung der Dreißig nicht zum zweiten, sondern zum ersten Male von Athen nach Samos abgefahren ist. Dazu stimmt, daß Lysias in der Rede gegen Agoratos § 34 auch nur eine einmalige Einfahrt Lysanders in den Piraeus erwähnt, diejenige nach der Kapitulation Athens: L-t(i6/) yaQ txhiroi (die von Agoratos an- gegebenen demokratischen Verschworenen) (jvkX7iff&t'i'Tfg üh'ihjoar, tÖti- xal o AvO((7'6{io.; eh ror<i ?.i/n'raQ rorc {[/(Ttuori; tt<>t::thvitf, xcu ai rfjtg ai v/tiTfQai AaxtöaiiiovioiQ jtaQtööOiioav, xai tu rtiy/i y.artiHxärfrj, xai oi T()iäxorTa xarhOTijija)', xcu W ov ro3r ihivw tij .TÖlti tytrtTo: Mit der obigen Annahme scheint aber nicht im Einklang zu stehen, was Lvsias in der Rede gegen Eratosthencs § 71 von Theramenes sagt: xni TO ThhvTfttor, oj un'iQic. ihxaOTal. ov jroÖTtoor naoe Tijr txx^.i/Olnr (nämlich die über die Verfassung, nicht wie Lysias glauben machen will. die über den Frieden) ytrtoff^ai, tojc 6 kf/öfitvog v.i' ixtirow (sc. Auxt- 6at(iovi(or) xainog tutifiiXcJg vjc uvtov tT>j()i]{h>j. xai inTt.-rt/dj'aTO /ilv Tag (JtTa Avoä^ö^^ov rai-g ix ^ä/ioi\ t.-Ttfh'jiiijijt 6t to tmv rroh/ilmr öTQaTÖjrtSov. Hier muß man genau scheiden zwisclien den auch seinen Hörern bekannten Tatsachen, die Lysias mit diesen Worten im Auge hat, und der Motivierung, die er denselben unterschiebt mit dem Zweck, Theramenes so schwarz als möglich darzusteUen. Die Tatsaclien, die er meint, sind: 1. die Ekklcsie, in der die Verfassungsänderung beschlossen wurde, fand nicht so bald statt, wie man erwartet hatte; 2. als dieselbe gehalten wurde, lagen Schiff p von Lysander im Piraeus und 3. standen feindliche Truitpen im Lande. Das erste und dritte sind richtig, denn die Anwesenheit spartanischer Truppen bezeugt auch Xenophon, HeUoi. 11 3, 3, und wir haben gesehen, daß die Einsetzung der Dreißig erst ty' a^tyor- Tog Ui'ftiKk'JQov erfolgte. Die Ursachen dieser Verspätung sind uns im einzelnen unbekannt. Erst mußten wohl die fünf oligarchischen IrpuQoi den Boden genügend vorbereitet haben. Inwieweit die Verschiebung der Versammlung mit einer Verabredung zwischen Theramenes und den Spartanern zusammenhängt, wie Lysias sagt, ist nicht mehr auszumachen:

8 A. G. Boos,

das mag richtig sein, und wir werden sofort sehen, worauf sich diese Verabredung bezogen haben kann, es kaini aber auch nur eine von dem geriebenen Advokaten erfundene Motivierung der Verspätung der Ekkh'sie sein, um Therariienes anzuschwärzen. Bei der an zweiter Stelle von Lysias aufgestellten Behauptung über die Anweseidieit von Schiffen Lysanders sind seine Ausdrücke genau zu interpretieren: er sagt nicht gradezu, Theramenes habe Lysander aus Samos entboten, sondern er nennt rag fiera Av<j(u'd()Ov i'cvg, die bei Lysander befindliche und unter dessen Kommando stehende Flotte. Offenbar will I^ysias die Hörer glauben lassen, daß Theramenes Lysander selbst zur Herüberkunft veranlaßt hat so einflußreich und so volksfeindlich war dieser Mann, daß er sogar den großen Lysander zur persönlichen Herüberkunft bewegen konnte nur seines eigenen Planes des Sturzes der Demokratie halber! aber gerade der von dem Advokaten gewählte Ausdruck macht es glaublich, daß Lysander eben nicht selbst aus Samos herüberzukommen brauclite. Wie würde Lysias anders ausgepackt haben, wenn tatsächlich auf Veraidassung des Theramenes Lysander zum zweiten Male an der Spitze der sparta- nischen Flotte in den Piraeus eingelaufen wäre! Wir müssen uns also ra. E. die Ereignisse folgendermaßen vorstellen: Nach der Kapitulation blieb Lysander im Piraeus oder in Athen. Einen Teil seiner Schiffe mag er voraus nach Samos gesandt haben, um die Insel zu blockieren, und als der Tag, an welchem die Demokratie gestürzt werden sollte, nahte, wird er einige davon von Samos haben zurückkommen lassen, oder viel- leicht mögen auch zufälligerweise gerade in jenen Tagen einige Schiffe Lysanders anderswoher in den Piraeus eingelaufen sein der Redner nimmt ja absichtlich den Mund so voll als möglich. Das Tatsächhche an Lysias' inTtjrt/iiiHno ith' rag jitra ^lv(järd()ov favc tx ^ditov ist nur, daß damals Schiffe von Lysander den Hafen einliefen. Das mochte Auf- sehen eiTegt haben und konnten die Hörer des Lysias im Gedächtnis be- halten haben. Wer deren Ankunft veranlaßt habe und woher sie kamen, darüber konnten Lysias und die übrigen Athener mir Vermutungen äußern.

Ich habe bis jetzt von den ans Ephoriis geschöpften Ausführungen Diodors (XIV 3) über die Einsetzung der Dieißig ganz abgesehen, wie es auch Eduard Schwartz in dem oben zitierten Aufsatz getan hat. Denn die Erzählung des gleichzeitigen Historikers und des gleichzeitigen Advo- katen müssen m. E. streng geschieden werden von der Darstellung des mehr als fünfzig Jahre nach den Ereignissen schreibenden und auf sclirift- liche Quellen angewiesenen Ephorus. Bei Ephorus ist bekanntlich ilie Rolle, die Theramenes bei der Einsetzung der Dreißig spielte, gänzlich geändert: er muß hier einer Quelle gefolgt sein, die in der A^erdrehung der Tatsachen zu Gunsten des Theramenes noch weiter ging als diejenige

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Vhronoloyisches zur Geschichte der Dreißig. 9

des Aristoteles in der 'At) iji'cdcov ^oXirtia^). Die Rolle, die bei Lysias Therainenes spielt, wird bei Ephorus to/^ r«c t)Xr/u(txl((i. it'n^ioriit'roi^ (Diod. XIV 3, 4) in die Schuhe gesc-lioben: diese scliicken, als sie ihren Zweck nicht ohne Hilfe erreichen können, Gesandte nach Sanios zu Lysander. der diese Stadt gerade erobert hat, um Beistand. Lysander stimmt zu und fährt mit hundert (!) Schiffen in den Piraeus ein: in einer von ihm berufenen (!) Ekklesia empfiehlt er den Athenern, dreiljig Männer zu wählen, um die Stadt zu regieren, und als Theramenes dem entgegen- tritt (!), zwingt er diesen und die übrigen Athener, die Demokratie abzu- schaffen durch die Beliauptuiig, der Vertrag sei von den Athenern auf- gehoben : die Mauern seien nämlich nicht innerhalb des bestimmten Termins geschleift gewesen. Es finden sich in dieser Erzählung zwei unzweifelhafte Unrichtigkeiten: 1. die Vorstellung, daß die Dreißig nach der Einnahme von Sainos eingesetzt sind, was, wie wir sahen, unbedingt ausgeschlossen ist. und 2. die Drohung des Lysander wegen der nicht recht- zeitigen Schleifung der Mauern, denn nach Xenophon Hell. 113, 11 (ot 6t TQidr.ovTa ij()h'thjöa.r /ttr Ltih rujiOTa xa ji(i.x{ia rei/j] xal .Tfc(»< tov lltiQatä xui) liQtS-tj) und nach Lysias 13, 34 (siehe oben) sind die Dreißig erst nach der Schleifung der Mauern eingesetzt worden. Vielleicht ist eben das der Grund für die obenerwähnte Verzögerung ihrer Einsetzung, daß man warten wollte, bis die Mauern geschleift waren, um dadurcli alle eventuellen Gelüste zum Wiederstand im Voraus aussichtslos zu machen, und bezieht sich hierauf die von Lysias 12, 71 behauptete Verabredung des Theramenes mit den Spartanern.

Ich meine nun, daß die Darstellung des Epliorns nicht auf Über- lieferung beruht, sondern von ihm selbst aus den Angaben des Lysias in der Rede gerjen Eratosthcnes herausgesponnen ist. Aus den Worten des Lysias i/iTi.-rtfapazo fiir r«,- iitra .IvoävSfiov rare; ix 2.Vc/(ov hat Ephorus gefolgert, daß die athenischen Oligarchen Theramenes spielt ja bei ihm eine andere Rolle Gesandte zu Lysander nach Sanios geschickt hatten und daß dieser mit seinen Schiffen Ephorus bringi; deren Zahl auf hundert zum zweiten Mal in den Piraeus einge- laufen ist. Dann nuißte aber Sanios vorher erobert sein, denn es war undenkbar, das Lysander vor der Einnahme seine Flotte hätte weg- fahren lassen und damit die Belagerung aufgehoben hätte. Also war nach ihm Lysander, als die athenischen Gesandten nach Samos zu ihm kamen, jtQ()o<puro}Q xcatiXt/ffv)^ xijv TtöXir. Die Drohung Lysanders aber hat Ephorus m. E. aus § 74 der Rede gegen Erato.sthenes herausge- sponuen, wo Lysias sagt: /ttr' ixeiror 61 (sc. nach Theramenes) Jvöco'-

1) Ed. Meyer, Gesch. d Älh-rt-, Bd. V, § 747 Anm.; v. Mess, Rhein. Museum, N. F. Bd. 66, 1911, S. bSOff.

10 -1. G. Boos,

rf(<0(; <i)f!<>Ta^ u?Jm Tt oioXla ttjr£ xcd ort :^aQ<x07cöv6ov<i ly/äc tyoi, xiä ort ov moi TTiihTtuK c/ifr i'oiac aXXu jttQi 0<:uTt](/ia<i (tl /ji) jroujOt!)-^ a ß/lQitiin-)/c: xi^X.tvii). Eplioriis wird sicli gefragt haben, in welcher Hin- siciit dann die Athener .7ra(^iäojror('i<>i war^n. und er wird keine bessere Antwort gewußt haben als die, daß die Athener die Mauern nicht rechtzeitig geschleift hatten. Diese Interpretation der Lysiasstelle war aber unrichtig, denn, wie wir gesehen haben, waren die Mauern bei der Einsetzung der Dreißig schon geschleift. Lysias muß also etwas Anderes im Sinne ge- habt haben, als er Lysander in der Volksversammlung die Worte in den Mund legte, daß die Athener jraQäo.Tovdoi seien. Meines Erachtens be- ziehen diese Worte sich darauf, daß die Athener ihre jroXiTda noch nicht geändert hatten. Lysias will nämlich in der Rede gegen Eratosthenes, zur stärkeren Anschwärzung des Theramenes, seine Hörer glauben lassen, daß die Laccdämonier auf Veranlassung des Theramenes, der ihnen dies selbst anbot, die Schleifung der Mauern und die Aufhebung der Demo- kratie in die Friedensbedingungen aufnahmen 70), und deshalb wirft er in § 71, wie Eduard Meyer, Gesch. des AUerfimts Bd. IV S. 66<i aus- führt, mit bewußter P^älschung die IxxXt/ola jn()) r/Js k'()//?7/c und die- jenige jieQ] rijc jioXiTilag durcheinander, denn diese Verquickung der Diskussion über den Frieden mit derjenigen über die Verfassung ist zweifellos falsch: in den tatsächlich den Athenern von den Spartanern gewährten Bedingungen kam die Fordeniiig einer Verfassungsänderung nicht vor (Xen. Hellen. 112, 20; Andokides 3, 11 f. mit Berufung auf die Urkunde der OTi]Xri\ und das (Söy^iu royv irfÖQror bei Plutarch, Lysander 14; erst Ephorus bei Diodor XIV 3, 2, Aristoteles l4{>-7]]\ jtoX. 34, 3, Justinus V 8, 5 fügen die Forderung der jtÜtqioc noXirüa hinzu; cf. Ed. Meyer a. a. 0. S. 665 f.), und die Verhandlungen über die Verfassung begannen erst nach dem Frieden. Zu der genannten Tendenz des Lysias paßt es, das er Lysander in der Volksversammlung die Athener .ira()«'o,Toi'dof nennen läßt: sie hatten ja damals die Demokratie noch nicht aufgehoben. Aus dieser Interpretation der Stelle folgt, daß Lysander die ihm von Lysias in den Mund gelegten Worte {pri jiccQncjtöviSovc, vftä.q t^oi) tat- sächlich nicht gesprochen haben kann, da die Athener sich beim Frieden nicht zur Aufhebung der Demokratie verpflichtet hatten. Das brauchte aber dem Advokaten, der sich in dieser ganzen Partie seiner Rede so viele Verschiebungen der Tatsachen erlaubt hat und dessen Hörer eben an eine solche von Theramenes veranlaßte Friedensbedingung glauben sollten, kein Bedenken zu bereiten. Denn Lysander war ja, wie Lysias sagt und seine Hörer sich erinnern mußten, in der Versammlung an- wesend gewesen und er hatte tatsächlich die Athener zur Wahl der Dreißig gezwungen, welche Worte er aber dabei genau gesprochen oder nicht gesprochen hatte, das wußten die Hörer des Lysias nicht mehr.

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Chronologisches zur Geschichte der Dreißig. 11

Wir salien also, daß Ephorus in seiner Darstellung der Einsetzung der Dreißig die Erzählung seiner Quelle, die analog war mit der von Aristoteles in der 'JDijraUor .-roXmia benutzten Parteischrift eines ge- mäßigten Aristokraten aus den ersten Jahren des vierten Jahrhunderts'), und in der ebensowenig wie bei Aristoteles etwas mitgeteilt war über eine zeitweilige Abwesenheit Lysaiiders aus Athen. ven|uickt hat mit den von ihm aus Lysias gezogenen falschen Schlußfolgerungen. Seine Dar- stellung muß also bei der Rekonstruktion der Tatsachen beiseite geschoben werden, ebenso wie die Plutarchs im gänzlich verwirrten 15. Kapitel der Biograpiiie Lysanders. Nach Plutarch hätte Lysander, als die Athener sich der von ihm geplanten Verfassungsänderung wiedersetzen, deni Demos die Botschaft geschickt t))v jtöhv flXtjrftt'cu jraQaajrcjvöovoav iordvat ■fUQ xh Tilx'j to5j' //iif(nör, tr n'ig sösi xad-rj^ifjOifai, :^aQ(oirji(eron'. Diese Darstellung geht wohl indirekt auf Ephorus zurück. Die Drohung Lysan- ders und die darauf folgende Schleifung der Mauern setzt Plutarch an unmittelbar vor der Einsetzung der Dreißig, wohl um die Reihenfolge der Ereignisse in Übereinstimmung zu bringen mit Xen. Hellen. II 3, 11. Die Weise, in der Boerner a. a. 0. S. 54 die Erzählung Plutarchs mit der Darstellung Diodors zu verweben sucht, ist als gänzlich unmethodisch durchaus zu verwerfen.

Kehren wir jetzt zu unserem Ausgangspunkte, der Frage nach der Datierung der Einsetzung der Dreißig, zurück. Wir sahen, daß dieselbe geschehen sein muß nach dem 1. Hekatombaion 404. aber vor Lysander.s Abfahrt nach Samos und während die spartanischen Truppen noch im Lande waren. Diese beiden Umstände empfehlen, die Einsetzung bald nach Jaliiesanfang anzusetzen: Lysander muß nach derselben noch Zeit haben, um Samos zur Übergabe zu zwingen und TfP.tvniJvroc rov {)tQoec nach Spaita zurückzukehren; auch wird man die spartanischen Truppen nach der Kapitulation so kurz wie möglich unter den Waffen haben halten wollen: offenbar sollten dieselben in Attika nur bleiben, bis die Schleifung der Mauern vollendet war. Ihrer und Lysanders Anwesenheit benutzte man zur Einschüchterung der Demokraten, und als dann die Mauern geschleift waren ein paar Monate brauchte man doch wohl dazu , war das psychologische Moment für die Aufhebung der Demokratie da: das wird im Hekatombaion, also Ende Juli oder Anfang August geschehen sein. Dann konnten Lysander ruhig aus Athen und Agis aus Dekeleia weggehen und die Regierung Athens der neuen spartafreundliehen Be- hörde überlassen.

Den ersten Stoß erhielt die Regiening der Dreißig von der Besetzung Phylcs durch Thrasj'bul. Diese geschah nach Aristoteles l4i9'?;j'. jtn?.. 37, 1

IJ V. Mess a. a. 0. S. 381 ff.

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12 Ä. Cr. Roos,

i'jih/ Tdv -/^tili^~>''"<i tvtöTMTDi, WOZU Xt'noplioii, Hellen. 11 4, 3 stiinnit. der von damals vorgckoiumencm Schneefall spriclit. Die ganze Dauer der Herrschaft der Dreißig betrug nach Xenophon, Hellen. II 4, 21, acht Monate. Das führt für ihren Sturz, nach dem mißglückten Angriff auf den von den Demokraten überraschten Piraeus und dem dabei erfolgten Tode des Kritias, auf Ende März oder Anfang April 403. Da, wie wir sahen, der Einzug der Demokraten in Athen auf den 12. Boedroniion. den 4. Oktober, fällt, l)leibt bei dieser Datierung für die Einsetzung der Zehn in Athen, die dann folgenden Scharmützel zwischen den Männern aus dem Piraeus und den IJürgern in der Stadt, die Gesandtschaften der Dreißig aus Eleusis und der Zehn aus Athen nach Sparta, für die Intervention Lysanders, die Vensammiung des peloponnesisclien Bundesheeres durcli König Pausanias und dessen Feldzug nach Attika, endlich für die Ver- haiulJungen und den Friedensschluß eine Frist von etwa einem halben Jahre, in dem diese Ereignisse alle bequem untergebracht werden können. Eine ganz andere Ansetzung des Sturzes der Dreißig bietet Bcloch, Die attische Politik seit PeriJdcs, S. 341. Er macht aufmerksam auf Xen., Hell. II 4, 25, nach dem die Demokraten im Piraeus einige Tage nach iln-em Siege bei Muuychia, infolgedessen die Herrschaft der Dreißig zusammengebrochen war. gegen Athen vorgingen, und von den Feldern Holz und Früciite, scA(( x«( djrrö^tai', wegnahmen. „Mir sclieint es." sagt Beioch a. a. 0., „dieser Angabe gegenüber unmöglich, den Sturz der Dreißig über Mitte November hinauszuschieben, womit sich auch die Notiz über den Schneefall bei Phyle sehr wohl verträgt, denn gerade im Spät- herl)st fällt auf den Gebirgen im Süden oft reichlicher Schnee. Dann können wir die 8 Jlonate aber nicht melir auf die Dauer der Dreißig- herrschaft allein beziehen, sondern müssen von der Übergabe x\thens an rechnen, als dem Zeitpunkte, -wo die oligarchische Bewegung begonnen hatte. Damit erhielten wir Mitte Poseideon als ungefähres Datum für den Sturz der Dreißig; doch brauchen nalürlicli die 8 Monate nicht ge- rade voll genommen zu werden". Zu Mitte Poseideon, d. h. Ende Dezember, kommt Beioch, indem er die 8 Monate vom l(i. Munycliion, dem Datum der Kapitulation Athens, ab rechnet. Die Daticrnng auf Ende Dezember stimmt aber nicht zu der ein paar Zeilen vorher be- haupteten Unmöglichkeit, den Sturz der Dreißig über Mitte November hinauszuschieben, weshalb Beioch wohl am Ende der zitierten Worte be- hauptet, die 8 Monate der Regierungsdauer der Dreißig brauchten nicht gerade voll genommen zu werden. In seiner Gricch/selien Geschichte äußert sieh Beioch nicht ausdrücklich über die Datierung des Sturzes der Dreißig, aber er läßt, nachdem er erzählt hat, Bd. II', S. 120, wie Thra- sybul, „noch im Spätherbst 404", wie er sich ausdrückt, die attische Grenze überschritten und Phylc besetzt hatte, die Ereignisse sehr schnell

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Chronologisches zur Gcf^chichfc der Dreißig. 13

aufeinander folgen (er sagt z. B.: „bald war er, d. li. Thrasybul, stark genug, seinerseits zum Angriff vorgehen zu können,") und liält also an seiner fiiilieren Ansetzung des Falles der Dreißig zu Eude des Jahres 404 icat.

Der Datierung Eeloehs hat sich Bnerner angeschlossen, und er meint sogar, S. 72 ff., eine neue Stütze für dieselbe gefunden zu haben. Er glaubt nämlich, die Worte des Isokrates im Pniugyricii.t § IIB: jtqoc TOlQ (Ikloti xa'i jTtQ) Tojv <hx(tjr y.ai n'iv yQarfo'tv T(~)I' jtot( .t«()' ////(/• yiroiiivctv ^.tynv toIiiujOiv, uvtoI jcki-iovq iv XQiCi ///^cii?' <ly.(tiTov^ d.no- y.Tiivc.VThi cor /j :ro/.u ijrl t//-; ('ii/Jiii itJtnoiig l'x^urir, beziehen sich auf die Kegieruiigszeit der Dreißig, denn diese seien Ende Boedromion, d. h. Anfang Oktober, also etwa fünf Monate nach der Kapitulation Athens, ein- gesetzt. Füge man zu diesen fünf die drei Monate de.'^ Isokrates, dann habe man eben die acht Monate, die Xenophon unrichtigerweise als die Kegierungszeit der Dreißig angebe, während sie vom Frieden ab zu rechnen seien.

Das Argument Boerners braucht wohl nicht ausführlich wiederlegt zu werden, denn 1. tiind, wie wir oben sahen, die Dreißig nicht Ende Boedromion. sondern viel früher eingesetzt worden, und können also die acht Monate des Xenophon, auch wenn dieselben .sich auf die ganze Zeit von der Kapitulation bis zum Sturze der Dreißig beziehen sollten, nicht zusammengestellt sein aus fünf Monaten, die vor, und drei, die nach der Einsetzung der Dreißig fallen würden, und 2. bezieht sich die Stelle des Isokrates nicht speziell auf Athen und die Dreißig, sondern auf die Zeit der spartanischen Schreckensherrschaft überhaupt, vgl. Ed. Meyer, Gesch. des Altert., Bd. V, S. iG; v. Wilamowitz, Ari.^toteles und Athen, Bd. II, S. 380ff. Auch würde ja die Zeit von drei Monaten viel zu kurz sein, um all den Ereignissen, die während der Regierung der Dreißig geschehen sind, darin Raum zu geben.

Aber auch die Meinung Bclochs, daß der Sturz der Dreißig Mitte November (oder im Dezember) anzusetzen sei, gehe aus Xen., Hell. II 4, 2.') hervor, wonach die Demokraten kurz nach ihrem Siege im Piraeus von den Feldern S.vXu xul ojro^iar wegnahmen, ist unrichtig. Die Besetzung Pliyles fiel nämlich, wie wir sahen, irnnvnoa rov /u/KÖrog (Aristot. 'A'K jro).. 37, 1), und als die Dreißig darauf Thrasybul angreifen, t.TriyiyvtTiu T/yc rvxTOQ yidjy rraiijTXrjihtjC xal rij vOTi^(iaia (Xen., Hell. 11 4, 3). Einen so heftigen Schneefall darf man für Attika alierfiühestens Mitte Oktober ansetzen, und er würde dann noch ganz außergewöhnlich sein. Es sammeln sieh dann bei Thrasybul, der nur mit siebzig l'arleigängern die Grenze überschritten hatte, allmählich 700 Manu (Xen., Hell. II 4, b). Bis die Kunde von der Besetzung Phyles sich bei den attischen Verbannten ver- breitet hatte und seine Schar von 70 zu 700 angewachsen war, müssen

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14: Ä. 0. Roos,

mindestens 14 Tage verflossen sein. Als seine Schar so weit gewachsen ist, überfällt Thrasybul das zu seiner Überwachung in der Nähe Phyles gelagerte spartanische Ililfskorps der Dreißig, fünf Tage nach diesem Überfall (Xen., Hell. II i, 13) überrumpelt er den Piraeus und schlägt den Angriff der Dreißig zurück. Am nächsten Tag finden bei der Rück- gabe der Leichen der gefallenen Bürger aus der Stadt Unterredungen zwischen den Anhr.ngern beider Parteien statt (Xen. II 4, 19); am nach- folgenden Tage (Xen., Hell. II 4, 23) werden die Dreißig gestürzt und die Zehn eingesetzt; etwa zehn Tage später (Xen., Hell. II 4. 2b jrp/c de i'jfitQaq ötxa yeviöQ-UL) fangen die Plünderungen der Demokraten an {jtQOVofiai 6t jtoiovfieroi xal ?.afißävovTeg §,vXa xal omögav txä&evöov .-rnXiv tr ntiQctui). Diese würden also allerfrühestens Ende November angesetzt werden können, und in dieser Jahreszeit gibt es in Attika schon längst keine ojtojQa mehr an den Bäumen'). Auch der Ausgangspunkt der Belochschen Datierung ist also hinfällig.

Der hauptsächlichste Grund gegen Beloch liegt aber in dem Zu- sammenhang, in dem Xenophon über die acht Monate der Regierungs- dauer der Dreißig spricht: er läßt nämlich nach dem Siege der Demo- kraten bei Munychia den xiJQv^ ICleokritos bei der Rückgabe der Leichen der Gefallenen zu den Bürgern aus der Stadt sagen, Hell. II 4, 21: xal fir] .Ttld^iaÜ-E xolq äi^oaicoTatoig XQiäxovra, o'i UVirnv xfQÖiiov tvtxa oXiyov Öilv jcXilovc djiixrövaaiv 'A&7jral(ov Iv oxzo) fifjolv ?/ jiävTec [liXojtov- vt'jCioi öixa htj .■7oX(fwv7'Te<;. Es ist offenbar, daß des Gegensatzes halber die Regierungsdauer der Dreißig hier so kurz wie möglich ge- nommen ist, daß es also unmöglich ist, unter den genannten acht Monaten die ganze Frist zu verstehen von der Kapitulation Athens bis zum Fall der Dreißig, daß im Gegenteil ihre Regierung mindestens acht Monate, vielleicht auch einen Monat mehr, gedauert haben muß. Wir müssen also bei der Annahme bleiben, den Sturz der Dreißig Ende März oder Anfang April 403 anzusetzen. Die Einnahme Phyles wird im Dezember vorher stattgefunden haben.

Wie ist dann aber das §,vXa xal ojtoiQav bei Xenophon II 4, 25 zu erklären? Denn im März oder April gibt es noch keine ojrojQa zu rauben. Ich meine, wir haben hier ein Versehen Xenophous zu kon- statieren, das sich psychologisch erklären läßt. Die Scharmützel und Plünderungen der Parteigänger aus dem Piraeus haben den ganzen Sommer 403 gedauert, auch noch während der Zeit, als schon wieder 6.t[c6i)(( an

1) Was der Grieche allererst unter örnJapa versteht, sagt Plato, Leg. 8, 844d: o( d' i'.v äypolxov ujiili^aq yiiar]xai, ßoxQvwv d'te xal avxwv. Die Jahreszeit der unrnpa geht hervor aus Polyb. 2, 66, 7 ^IXmnoq ii . . . xolq (üv Maxeöörag SiaifT,xh nävxai; inl tz/v r^^ vnüiQKC av/xo^iör/r, aixdc ih noQev&eli tlq dexxah'ar Xotnov jxiQOi xov fyiQOVi; tv Aitpiofj di^yec.

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Chronologisches zur Ocschichte der Dreißig. 15

den Bäumen saß, cf. Tsokrates :tsqI rov ^svyovg 13: ov xaraXaßövxtq rov IleiQnla y.al rov oItoi' rov sv rrj ym^a durp&elQtxt xal T>)r yr^v Ixiuvtn y.al ra jtQoaorna lvt7TQi]oaTe -xal TtliVTojirctc, rolg rd/fOi jiqog- sßäXtre-, Xen., Denlw. des Sokr. IT 7, 2 (als die Demokraten im Piraeus saßen) /ia/jßävoutv di. tx rtjc yfjc ovöiv. ol yaQ tvavxioi xgaxovötv at'xF/g. Diese ganze Zeit hat Xenophon mitgemacht, und er ist Zeuge gewesen, daß die Demokraten öfter olxog und öjtwQcc von den Fehlern holten, und er wird nun dasjenige, was im Sommer 403 tatsächlich öfte, stattfand, ohne dabei weiter naclizudenken, schon das erste Mal erwähnt haben, als er diese Plünderungen nennt, wenn damals das Wegholen von 6.-x(iJ(ia auch noch nicht möglich war. Wir brauchen dann nur ein psychologisch erklärliches Versehen Xenophons anzunehmen, während die Hypothese Belochs mit allem, was wir sonst wissen, im Widerspruch steht. Groningen.

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König Romulus bei Ennius.

Von Georg Sigwart.

Euniiis hat die Geschichte des Königs Roniuhis sowohl dramatisch wie episch behandeh.

1. Sabinae^). Ennius hat offenbar in Nachahmung des Naeviiis denselben Stoff, den Naevius in seinem Romulus behandelt haben muß, den Raub der Sabinerinnen, ebenfalls in einem Drama dargestellt.

Der Titel dieses Dramas und einige Worte daraus sind uns erhalten bei lulius Victor, rhciorcs Latini minores 6,4 p. 402, 30 Halm: ah cventu in qualitate ... ut Sahinis Ennius clixii: cum spolia gencri^s)^) detraxeritis, quam inscriptionem dahitis? Titel und Zitat sind klar. Das Drama hieß Sabinae. Die zitierten Worte aber lauten über- setzt'^): 'Wenn ihr euren Schwiegersöhnen (in der Schlacht) die Waffen entreißt, mit welcher Inschrift werdet ihr sie den Göttern weihen?' An- geredet sind natürlich die Schwiegerväter, also die Sabiner. Redner sind die Sabinerinnen selbst (oder eine davon), vermutlich in jenem dramati- schen Augenblick als die geraubten Sabinerinnen, die inzwischen glückliche Frauen geworden sind, crinibus passis (um mit Livius 1, 31, 1 zu reden) scissaque vesfc vicio malis mulichri pavorc ausae se inter tela volantia infcrrc, ex transversa impeiu facto dirimcrc infestas acies, dirimere iras, Jiine patres ]iinc viros oranfes, ne se sanguine nefanda soceri gencriquc rcspergcrent. Man sieht, bei Livius wird von den Frauen dasselbe Argu- ment ins Feld geführt; auch dort betonen sie, daß es ein Unding ist, wenn Schwiegerväter und Schwiegersöhne sich in der Schlacht auf Leben und Tod bekämpfen. Aber bei Livius ist die Antithese {soceri generigue, be- achte auch das respergerent) mit Liebe ausgeführt und statt des anschau- lichen Vorgangs des Abziehens der Rüstung und der Waffen ist der weit weniger anschauliche des Bespritzens mit Blut eingesetzt. Der Hinweis auf die Inschrift, die die Trophaeen tragen werden, fehlt bei Livius dem- gemäß. Der gan^e ro.T.oc ist übrigens, wie Vahlen ') gezeigt hat, der griechischen Tragödie entnommen.

1) Vgl. Schanz, Gesch. der röm. LH. I 1^ (1907) S. 113 f.

2) Die Konjektur 'gencrls^ fur das überlieferte \jeneri ist von Vahlen (vgl. Ennius- p. 189).

3) Vgl. Skutsch, BE V 2597; Leo, Gesch. d. rüm. Lit. (1913) S. 197.

4) Ennius'' zu der Stelle.

Gforg Slgicart. König Iionutlna hei Eniiiiis. 17

Ein weiteres Fragment aus den Saliinerinnon Ix'sitzen wir iiicliti).

2. Annalcs. Daß Ennius in den Annaleii die Gescliichte des Köiiif^s Roinulus ausluhrlich behandelt iiat, wäre auch dann siclier, wenn wir keine Spuren davon iiatten. Es gibt aber auch Spuren davon und zwar in viel größerem Umfange, als man bisher geahnt liat.

Der Sai)inerkrieg mit der Tarpejasage.

Ich gelie aus von Varro ^ing. 5,55: ngcr Bomanus priinuui Jivisus in iiaiti» tris, a quo tribiis ap/jeUata Titicnsium, liainiuiii», Luccriim. nominatae^ ut ait E)inius, Titienscs ah Tatio, Eaimirnses ah Iioinnlo, Lucercs, ut liiniita, ah Lucumone; sed omnia haee cocalida tusca^ ut Vo^nius, qui tragocdias tiiscas scripsit, dicehaf.

Varro zitiert hier drei Etymologen, die sich an den drei urallen Namen Titienses, Ramnenses, Luceres versuchten. Ennius etymologisierte zwei dieser Namen, die Titienses (ab Tatio) und die Bainiieiiscs {ah Bo)nnlo). Diese zwei Etymologien erkannte, wie es scheint, lunius (Congus Gracchanus) an und fügte die dritte Etymologie hinzu: Lucercs ah Lucumone. Alle drei Etymologien verwarf Volnius und erklärte die drei Namen für etruskisch.

Recht hatte zweifellos Volnius, wie wir jetzt durch Wilhelm Schulze'-') wissen. Aber bei unserer Untersuchung interessiert uns vor allem, daß Ennius nur zwei von den drei Namen etymologisierte und den dritten un- erklärt ließ-'). Darin berührt er sich mit Livius 1,13,8: eodent tempore et centuriac tres equitum conscriptae suid: Ramnenses ah Rorniüo, ab T. Tatio Titienses appellati; Lucerum nvminis et originis causa incerta est. Also Livius kennt nur die ennianisclien Etymologien; daß ihm die Etymologie des lunius Gracchanus unbekannt ist, sagt er uns mit ausdrücldichen Worten.

Die Version, die Livius mitteilt, unterscheidet sich aber in einem wichtigen Punkte von der varronischpn Darstellung. Livius spricht nur von centuiiae </(\« c(/H«7«m der Ramnenses, Titienses und Luceres. Varro dagegen spricht von den drei Tribus der Titienses, Ramnes und Luceres,

1) Macrob. sat. (i, 5, 5: ita Ennius in libro Sahinarum quarto eqs. ist otfen- bar Satirarum zu lesen, denn ein Drama hat keine vier Bücher. Irrtümlich be- zog noch diese Stelle auf unser Drama Schwegler, Rom. Gesch. I (1853) S. 4(iÜ Anm. 1.

2) Zur Gesch. tat. Eigennamen S. 218. 581.

3) So ist die Stelle zweifellos aufzufassen, vgl. Nitzscli, BJC VI 1 (1. Aufl.; 1852) S. 548, E. Bormann, Eranos Vindobonensis fl893) S. :349. Falsch interpretieren die Stelle E. Pai.s, Storia di Roma 1 1 S. 235, 2 (= Storia critica ,H Roma I 2 [1913] S. 38C, 1) und L. Holzapfel, Klio I (1901) S. 231 Anm. 3. Audi J. Vahlen, Ennius" (p. CLXV, ann. frg. LIX [p. 18]) verkennt den Sinn der Worte Varros.

Klio, Beitrage zur alten Geschichte XVII 1/2. 2

18 Georg Sigwart,

m die das römische Gebiet zuerst eingeteilt worden sei. Niese und Bor- niann haben schon betont, daß Livius hier die ältere Tradition repräsen- tiert'). Wir können hinzufügen, daß es die Tradition des Ennius ist.

Wir dürfen also die Werte des Livius centuriae tres equituin con- scriptae sunt: Jxainneiisca ab Bomulo, ah T. Tafio Titienscs appcllafi als ennianisches Gut in Anspruch nehmen^). Die Fassung der Worte ist natürlich livianisch: der Chiasmus (Raimicnses ab Romnio, ah T. Tatio Tifienses) allerdings könnte ganz gut eunianisch sein'^). Indes dürfen wir von vornherein annehmen, daß Livius die Sprache des Ennius, wo sie ihm vorlag, nicht unverändert übernommen hat.

li.'i Einklang mit den bisherigen Ergebnissen unserer Untersuchung steht, daß wir den Lucumo, der nach einem Teile der Tradition'') dem König Romulus gegen den Sabinerkönig Titas Tatius zu Hilfe gekommen ist, bei Livius nicht finden. Denn das stimmt ja ausgezeichnet dazu, daß Livius die Etymologie Luccrcs a Lucumone nicht kennt. Es scheint demnach, daß dieser Lucumo sich erst aus der Etymologie Luccrcs a Lucumone heraus entwickelt hat. Daß Livius diese Figur nicht kennt, eröffnet uns die erfreuliche Perspektive, daß Livius nicht blos an der einen

1) B. Niese, Gott, gel An:. 1888, S. 958, Griindr. der rtim. Gesch. ''iniO, S. 34; E. Bormauu, Die älteste Gliederung Roms. (Eranos Vindobonensis 18'.I3) S. 345 ff. Gegen die Annahme Niese.s und Bormanns, daß die (ciceronianisclie und) var- rouische Tradition von drei Tribu.s der Raraues, Tities und Luceres rein kou- .struiei't sei, haben sich ausgesprochen Ettore Pais, Storia di Roma T (1898) S. 279 Anm. 1 (= Storia critica 12 S. 435 Anm. 1); Holzapfel, KIm I (1901) S. 228 ff; Eduard Meyer, Kl. Sehr. S. 362 Anm. 1; Rosenberg, Der Staat der alten Italiker (1913) S. 124. Rosenberg betont, 'daß wir uns z. B. die Entstehung der sechs alten Bittorzenturien ohne die Voraussetzung der drei Tribus gar nicht denken konnten'. Nun, die sechs alten Ritterzeuturieu sind zunächst wohl (durch Verdoppelung) aus drei Ritterzenturien entstanden; daß man aber drei Ritter- zenturien nicht ohne drei Tribus habe schaffen können, will mir nicht ein- leuchten. Hirschfeld, Kl. Sehr. (1918) S. 248 will es unentschieden lassen, ob die Existenz der Romulischen Stammtribus erwiesen oder eine erst von Varro aufgebrachte Hypothese ist.

2) Vahlen, Ennius^ p. 18 (frg. LIX) hätte also besser statt der Varrostelle die Liviusstelle in den Text gesetzt. Eine Untersuchung darüber anzustellen, ob Livius den Ennius direkt oder durch eine oder mehrere Mittelquellen be- nützt hat, ist für meine Zwecke glücklicherweise nicht nötig. Mir genügt es, das ennianische Gut aus Livius (oder wer es sonst sei) herauszuschälen. Die Ansieht, daß Livius das ennianische Gut in der Hauptsache aus späteren Annalisten entnommen habe, vertritt z. B. Kroll, Teuffels Gesch. d. r/im. Lü. W' (1910) S. 129, vgl. (1916) S. 191 (s. auch unten S. 24 Anm. 4).

3) Vgl. Stolz-Schmalz, Lat. Gramm.^ (1910) S. 642.

4) Vgl. Schwegler, RG I 507, 5. Schwegler scheidet jedocli diesen Lucumo uud Caeles Vibenna nicht genügend. Caolos Vibenna ist eine Fortbildung der Figur dos Lucumo. Dionysius bringt den Lucumo und den Caeles Vibenna, die ältere und die jüngere Schicht der Tradition, nebeneinander.

König JRomulus bei Ennius. 19

Stelle 1, 13, 8, sondern auch sonst, jedenfalls bei der Darstellung des Sabinerkrieges des Romuhis, sicli an die älteste Tradition gehalten nnd die spätere Tradition überhaupt nicht gekannt oder wenigstens nicht be- rücksichtigt hat ').

Livius steht damit in schroffem Gegensatz zu Cicero. Dieser schreibt nämlich (rep. 2, 14): Bomidus pnpulum . . . d auo d Tat/ nomine et Lucumonis, qiii Romuli socivs in Sahino proeliu occiderdt, in tribus tris curiasqHe triginta dcscripserat, qims curias earum nominihux nuncupavit, quac ex Sabinis virgines raptac fostea fuerant oratrices pacis et foederis. Also Cicero kennt die Etymologie des lunius tiracchanus Lu- ceres a Lneumone, er kennt auch den Lucunio, der Romuhis zu Hilfe kam und er spricht von den drei Tribus der Ramnes, Tities und Luceies. Cicero kennt somit die antiquarische Tradition, die mit lunius Gracchanus beginnt und die uns Varro aufbewahrt hat. Welche Vorlage Cicero be- nutzte, ist hier nicht der Ort zu untersuchen. Daß es nicht Varro war, hat L. Holzapfel gezeigt-).

Cicero bringt in der zitierten Stelle die (angeblichen) Tribus der Ramnes, Tities und Luceres in Verbindung mit den dreißig Kurien. Diese, behauptet er, seien genannt nach den Namen derjenigen unter den ge- raubten Sabinerinnen, die die uratrircs pacis et fiedtris gewesen seien. Eine ähnliche Notiz finden wir auch bei Livius (direkt vor dem Ennius- fragment über die drei Reitercentnrien). Dort lesen wir (1, 13, 6): Bomubts cum. popuhim in curias triginta divideret, nomina car^un (sc. Sabinaruin) curiis imposnit. id non tradifnr, cum hatid dubie aJiqHant<i nti- meriis maior hoc muliernnt fuerit, actatc an dignitatibus suis virorumve an sorfe tectac sint. Es besteht aber, wie man sieht, zwischen der Darstellung des Livius und der des Cicero ein charakteristi- scher Unterschied. Livius findet in seiner Quelle nur. daß man die dreißig Kurien nach den Sabinerinnen benannt habe. Er findet aber nicht, welche Auswahl zu diesem Zwecke unter den Sabincrinneii getroffen wurde (daß es mehr als dreißig geraubte Sabinerinnen waren, ist ihm zweifellos). Cicero dagegen kennt diese Auswahl ; es sind die oratrices pacis et foederis. die Gesandtschaft, die unter Führung der Hersilia die feindlichen Heere versöhnte (von dieser Gesandtschaft hat Livius natürlich auch sonst keine Kenntnis'*). Auch hier vertritt Livius die ältere Tradition: denn sie ist

1) Vgl. Schwegler, RQ 1511: 'Die erste Einwanderung (der Etiuskerj, die Sage von dem romulischen Lucumo, ist überhaupt nur schwankend und un- sicher bezeugt . . . Livius, der sich sonst treu an die alten Annalen hält, sagt kein Wort von ihr.'

2) Klio I (190D S. 230ir. Vgl. auch die folgende Anmerkung.

3) Zuerst scheint von einer Gesandtschaft geredet zu haben der Aunnlisf Cn. Gellius (Gell. 13, 23, 13: vgl. Schwegler, RG I 463, tü, wo die übrigen Stellen aufgezählt sind). Nebenbei gesagt, weicht Cicero von Varro ab, wenn er an-

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20 Georg Sigivart,

die einfachere und die naivere'). Wir dürfen wohl annehmen, daß auch die Worte {ßomulus) cum popidum in curias triginfa divideret, nomina earum ciiriis inqjosiiit auf Ennins zurückgehen.

Wenn wir auf diesem Wege weiter gelien und den Anfang von Liv. I 13 ins Auge fassen, das Eingreifen der geraubten Sahinerinneu in den Kampf, so finden wir aucli liier eine einfache und naive, jedocii keines- wegs kunstlose Form der Tradition. Wie schon erwälmt, weiß Livius nichts von einer Gesandtschaft, der Sabinerinnen, die sich an die Führer der feindlichen Heere wandten^). Nach ihm sind es die geraubten Sabine- riuiien schlechtliin, die dem Kampfe ein Ende machen. Tum Salinae muUeres, quanun ex iniiiria beUuni orfum erat, crinibiis jjfl.<fs?s scissaque vest.e victo inaUs muliebri pavore ausae sc vitcr tela volaiitia luferre, ex transversa impefu facto dirlmerc infestas acies, diriinere iras, hinc patres hine riros ornntcs, n.c sc sangninc nefando soceri gcncrique respergerent, ne parricidio macuhirent partus suos, nepotumilli, hi liberum progeniem. 'si affinitntis tnter vos, si conuhii ptiget, in nos vcrtite iras. nos causa belli, nos vulnerum ac caedium iuris ac parentibiis sumus. melius peri- himus quaxi sine alteris vestrum viduae aut orbne vivemus'. So handeln und sprechen bei Livius die geraubten Sabinerinnen.

Ich habe oben S. 1(J darauf hingewiesen, daß die Worte ne se san- guiue nefando soceri generique respergerent eine gewisse Verwandtschaft mit dem einzigen uns überlieferten Fragment aus den Sabinerinnen des Ennius zeigen. Da anzunehmen ist. daß Ennius bei der Abfassung der Annalen die Sabinerinnen (vorausgesetzt, daß diese früher sind) benutzte, so können wir vielleicht in den obigen Worten des Livius einen Abglanz der Ennianischen Darstellung sehen. Allerdings sind die Worte des Livius gegenüber den Worten des Ennius weniger anschaulich'').

Die fast raffinierte Rhetorik der Stelle bei Livius (wie berechnet ist es um nur ein Beispiel herauszuheben , in diriinere infestas acies,

liimrat, daß die Kurieu nach Sabinerinnen genannt worden seien. Varro be.stritt dies nach Diouys. 2. -17. 4 und leitete die Kuriennamen teils von Männernamen, teils von Ortsnamen ab (vgl. Pliit. Roniulus 20, Holzapfel, KlioT. S. 230).

1) Ob CS mehr oder weniger als dreißig Sabinerinnen gewesen waren, nach denen man die dreißig Kurien benennen konnte, darüber machte sich der glückliche Erfinder dieses Mythus keine Gedanken. Erst den späteren kamen Skrupel, ob es wirklich so wenig Sabinerinnen gewesen .seien. Vgl. Schwegler, BG I 477.

2) Vgl. Schwegler, RQ I 463, 10: es ist dies sichtbar die alte dichteri.scho Form der Sage.

3) A. A. Brodribb (Tlie Cla.'fsical Review 2i [IPIO] S. LS) will mit Hilfe von Umstellungen (soceri generique nefando und ähnliches) Hexameterbruchstücke bei Livius finden; Verdacht erweckt gegen diese Methode, daß Brodribb solche Hexameterbruchstücke auch in Partien findet, die sicher nicht auf Ennius zu- rttckgehen (z. B. 1, 10, 6. 1, 12, 5. 7. 9; vgl. unten S. 21f. und S. 29).

König Eomulus bei Ennius. 21

dirimere iras das Konkretura acies dem Abstraktum iraf^ gegenüberzu- stellen) kann ganz gut auf Ennius zurückgehen'). Leben und Bewegung zeigen die Worte: cr/u/bus passis gcissaqne veste (Sabinae inulicrrs) ausae se intcr tcla volantia inferrc. Hier haben wir eine plastisch ge- schaute Situation, ein anschauliches Bild für das Auge, nicht blos klingende Worte für das Ohr. Auf diese Stelle, glaube ich. können wir den Finger legen und sie außer der bereits angeführten Stelle für Ennius in Anspruch nelimen, allerdings nicht Wort für Wort, aber doch als geistiges Eigentum des Dichters.

Das Eingreifen der Sabinerinnen hat die erhoffte Wirkung, movet res, sagt Livius, cum multitudinem tum duces. silenfiiim et repp.ntina fit quies. . Und nicht nur das nächste Ziel, die Kämpfenden zu trennen, wird erreicht, inde ad foedvs fnciendum duces prodeunt, nee pacem modo scd civifafem iiiiam ex dnabus faciunt, regnum consociant, impe- rliun oinne confenint Bomam. ita geminata urbe, ut Sabinis tarnen ali- quid darefui', Quirites a Curibas appeUafi.

Die Versöhnung der Feinde und Verschmelzung der beiden Völker gipfelt nach Livius darin, daß die Stadt zwar ihren Namen Roma behält, die Bürger aber sich nach der Sabinerstadt Cures Quirlten nennen. Die Etymologie Qitirifcs a üuribus"^) ist sehr alt, jedenfalls ist kein Name als der ihres Erfinders überliefert. Wir dürfen annehmen, daß schon Ennius diese Etymologie und den daran geknüpften Mythus von der Verschmelzung der Römer und Sabiuer kannte. Ich stehe daher nicht an, auch diesen Passus des Livius auf Ennius zurückzuführen.

Anders steht es mit den darauffolgenden Worten (1, 13, 5): monu- mentum eins pugnae, tibi primum ex profunda emersus palude eqiiom Curtius in vado sfatait, Cnrtium lacum appellarunt. Diese Worte be- ziehen sich auf eine Geschichte, die 1, 12, 8 10 erzählt ist. Der Sabiner- recke Mettius Curtius kämpfte zu Pferde gegen die Römer. Er war in siegreichem Vordringen begriffen, als Romulus ihn mit einer Schar be- sonders tapferer Leute zurückschlug. Auf dem Rückzug nahm Curtius den Weg durch den Sumpf in der Mitte des Forums und rettete sich so.

Diese Geschichte, die ersichtlich nichts weiter als ein etymologischer Mythus zur Erklärung des Namens lacus Curtius ist, wird auch von Varro ling. 5, 149 erzälilt: Piso in annalibus scribif Sahino bello, quod fuJt Romulo et Tafio, inrum fortissimum Mettium Curtium Sabinum, cit?n Eoymäus cum suis ex superiore parte iinpressionem fecisset, [Curtium] in locum palustrem, qui tum fuit in foro antequam cloacac sunt fachte, secessisse atque ad suos in Oapitolium recepisse; ab eo lacum invenisse nonien.

1) F. Leo, Gesch. d. röm. Lit. (1913) S. 180ff.

2) Die Stellen bei Scliwegler, BG I 494, 1.

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22 Oeorg Sigwart,

Diese Darstellung Varros stimmt vollständig zu der des Livius und da nach Varro Piso diesen Mythus zum ersten Mal erzählt hat^), müssen wir annehmen, daß Livius 1,12,8—10 und 1,13,5 (2. Hälfte) sich Piso angeschlossen hat. Nel)oubei bemerkt, ist in der Tat diese Curtinsgeschichte so nüchtern und schwunglos, daß sie gut zu dem Bilde paßt, das man sich seit Niebuhr von Pisos Schriftstellerei gemacht hat.

Vor der Curtiusgeschichte steht eine andere Episode aus der Schlacht am P'orum, die an den Tempel des luppiter Stator anknüpft. Es wird erzählt (1, 12, 3 7), daß nach dem Fall eines römischen Helden, des Hostius Uostilius. die römische Schlachtreihe ins Weichen gerät. Da wendet sich Romulus an luppiter und gelobt, wenn er seine Leute zum Stehen bringe, dem luppiter Stator einen Tempel. Das Gelübde hat Erfolg, die Römer kommen zum Stehen.

Auch diese Geschichte ist nichts anderes als ein etymologischer Mythus, der den Namen (uppiter Stator erklären soll. Von wem dieser Mythus stammt, ist nicht überliefert. Bei Fabius stand er offenbar noch nicht, da dieser nach Livius 10, 37, 15 erzählte, daß der Tempel des luppiter Stator erst im Jahre 294 v. Chr. in der Schlacht bei Luceria gelobt worden sei. Dieses Gelübde scheint ein späterer Annalist vordatiert und auf Romulus übertragen zu haben"^). Dieser spätere Annalist war vermutlich Piso, da bei Livius unser Mythus so eng verbunden mit dem Curtiusmythus erscheint. Dafür spricht auch die Ähnlichkeit der Mache-*).

Ist das Vorhergehende richtig, so geht das 12. Kap. des 1. Buches des Livius mit dem luppiter Stator- und dem Curtiusmythus auf Piso zurück, dann beginnt im 13. Kapitel Ennius, der bis auf einen kurzen Einschub in § 5 aus Piso bis zum Schluß des 13. Kapitels Quelle bleibt.

Es bleibt uns noch übrig, diese Beobachtungen zu ergänzen durch Untersuchung der ersten Episode im Sabinerkrieg. der Tarpejageschichte (Livius 1, 11, 6 9). Diese Geschichte erzälüt Livius folgendermaßen: Spurins Tarpeius Ronninae praeerat arci. huhis fillatn virginem auro corrumpit Tatius^ ut arinatos in arcein accipiat aquajn forte ea tum sacris extra moenia petitihn ierat ; accepti obndam armis necavere. Warum die Sabiuer die Jungfrau auf diese Weise töteten, läßt Livius in der Schwebe: seu ut vi capta potius arx viderctiir, seu prodendi exempli causa, ne quid usquam fidum proditori et'set. Dann fügt er eine Variante

1) Daraus, daß VaiTo Piso diese Version des Curtiusmythus zuschreibt, ist zu schließen, daß Varro keinen älteren Gewährsmann dafür kannte.

2) Vgl. Pais, Sloria di Borna I (1898) S. 275 mit Aum. 3 (= Storia crit. 12 S. 430 mit Anm. 3).

3) Demnach hat Moinmsen Unrecht, wenn er in der "W'eihuiig (sie) des Tempels des Jupiter Stator am Palatiji einen allem Anschein nach ursprüng- lichen Teil der Legende' sieht und daraus eine 'directe DatLrung' der Tatius- legende ableitet {Hemm 21 [1886] S. 5S2 = Eist. Sehr. I S. 33).

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König Eomidus hei Ennius. 23

hinzu: additur falndae, quod vulgo Sahini aureus armillas magnt ponderis braciiio lacvo gcmmatosque magna specic anulos hahuerinf, pepigisse eam, quod in sinisfris manihi.v haherent; eo scuta Uli pro avreis dnnis con- gesta. Hierauf folgt eine zweite Variante: Mt«; 2!<i cam ex pndo tradendi quod in sinistris manibus esset derecfo urmu pciissc dicant, et frnude visam agere sna ipsam peremptam mercede.

Die Autoren der beiden Varianten hat uns Dionysius von Halikaruaß überliefert. Dieser erzählt in den Antiquitäten 2,38,3 von Tarpeja: xm cwT>)i\ oJs fJtv Maßlos TS xal Kiyxioc; yQaffOvoiv, ^qm^ tioiQXhxai rmr i\)i-X).i(ov, a .te^I toIc aQiOTeQoTc. ßfiic/iooiv t<fö{iorv, xat rmv i^axzr- XioiV' y^QvöorpÖQoi yaQ fjOav oi ^aßlvot roTt xnl TvQQijvrör ov-/_ i/TTov ctßQoöiaiToi' o)g 61 neiöciv Atvxioi o riui/Tixos löTOQti, xa/iov jTQdyiiaTO^ i:ri9-v(>la yviirov,; xmv cy.tJiaorrjQimv ojt/mv .yra^iadowai roiq jroXlTaic rovc jro/.s/iiov^ (vgl. auch 2, 40)').

Es ist, um zunächst eine Abschweifung zu machen, eine Bestätigung unserer bi.sherigen Resultate, daß der Schluß von Kapitel 11 auf Piso zu- rückzuführen ist. So ist es zu erklären, daß Livius, naclidem er einmal auf Piso gekommen war. im 12. Kapitel bei diesem Schriftsteller blieb und erst im 13. Kapitel zu Ennius zurückkehrte.

Ich sage absichtlich, daß Livius zu Ennius zurückkehrte; denn es ist wohl kein Zweifel, daß er bei der Tarpejaepisodo von Ennius ausgelit. Dafür spricht wieder, wie schon früher, die Einfachheit und Naivität der Darstellung. 'Spurius Tarpejus, heißt es, war Konniiandant der Burg in Rom. Dessen Tocliter, eine Jungfrau noch, bestach Tatius mit Gold, da- mit sie Bewaffnete in die Burg hereinlasse sie war nämlich gerade zufällig aus dem Mauerring herausgekommen, um Wasser für eine heiüge Handlung zu holen . Die Bewaffneten, die sie hereinließ, töteten sie aber, indem sie sie mit ihren Waffen überschütteten'. Man sieht, diese Darstellung reflektiert nicht viel. Sie motiviert, daß Tatius mit der Jung- frau überhaupt Gelegenheit hatte, zu sprechen. Sie macht sich aber keine Gedanken darüber, weshalb das Mädchen der Versuchung ohne weiteres erlag: aiiro corrumpit heißt es einfach. Das Gold ist der Zauberschlüssel, der alles aufschheßt; mehr braucht es nicht. Es wird auch nicht erklärt, warum der Verräterin ihre Tat so schlecht bekam. Das ist nun einmal so und es gehört sich auch so nacli der volkstümlichen Moral aller Zeiten ^, daß Verräter die Früchte ihres Verrats nicht genießen.

Wie ratlos Livius der ennianischen Version gegenüberstand, zeigen seine Versuche, die Tat. der Sabiner zu motivieren. Wir erinnern uns, daß Livius auch 1, 13, 7 sich in Vermutungen darüber ergeht, nach welchen

\) Dazu Henry A. Sanders, The myth ahout Tarpeia. {Roma7i hiatorical sour- ces and institutions, 1904) S. 8. (Bezüglich der Hauptdarstelluiig des Livius geht Sanders gänzlich in die Irre.) Vgl. auch Schwartz, RE V 957.

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24 Oeorg Shjioarf,

Gninilsätzen wohJ die 30 Sabinerinnen ausgewählt worden seien, die den Kurien ihre Namen gaben.

Im übrigen ist die ennianiscbe Version des Dichters wohl würdig. Die Situation, wie das Mädchen zum Wasserholen herauskommt und dabei mit Tatius zusammentrifft, ist ebenso einfach als anschaulich >). Daß die Sabiner die Verräterin nicht niederstoßen, sondern unter ihren Schilden begraben als scheuten sie sich, sie auf gewöhnliche Weise zu töten , ist ein Motiv, das neuerdings von Oskar Wilde in der Salome nachgeahmt worden ist-).

Mit der Tarpejaepisode sind wir zum Anfang des Sabinerkriegs ge- kommen und haben also diesen Krieg von hinten nach vorn durchgenommen.

Es ist nun noch zu untersuchen, ob etwaige direkte Fragmente des Ennius mit den Ergebnissen unserer Untersuchung übereinstimmen. Leider sind, wie Valilen richtig bemerkt, direkte Fragmente, die sich sicher auf den Sabinerkrieg beziehen, nicht vorhanden •''). So sehr dies einerseits zu bedauern ist, so erfreuhch ist es auf der andern Seite, daß diese Lücke durch Livius so schön ausgefüllt wird^j.

1) Nach Fabiiis, Cincius und Piso (Dionys. atit. 2, 88, 2) schaut Tarpeja von iler Buig her.ab und kommt so in Verbindung mit den Feinden.

2) S. Remach, Ret: arch. 1908, 1 S. 43 ff. macht darauf aufmerksam, daß dieser Zug der Erzählung der einzige ist, der in allen Versionen konstant bleibt. Sehr wahrscheinlich erklilrt er demgemäß die Tarpejageschichte als einen Mythus, der einen auf dem Kapitol au heiliger Stätte aufgeschütteten Haufen von nichtrömischen Schilden erklären sollte. Diese Schilde waren natürlich den Feinden abgenommene Beute, scheinen aber ziemlich früh verschwunden zu sein, da keiner der Antiquare sie erwähnt.

3) Vahlen, Ennim'^ p. CLXIV. Gegen frg. LIII und LIV macht sich Vahlen selbst Einwände. Für frg. LV. LVI. LVII beruft er sich mit Unrecht auf Gell. LS, 23, 13, denn dort ist von den Annaion des Cn. Gellius die Rede. Es ist unzulässig, aus den Annalen des Gellius auf die des Ennius zu schließen. Sicher ist allein frg. LIX, das wir aber bei Livius 1, 13, 8 in reinerer Gestalt besitzen.

4) Ich bemerke nochmals (vgl. oben S. 18 Anm. 2), daß es für diese Unter- suchung ganz gleichgiltig ist, ob Livius den Ennius direkt oder durch eine Mittelquelle benutzt hat. Daß aber enniauisches Gut bei Livius noch exakt nachzuweisen ist, glaube ich gezeigt zu haben. Anders schreibt noch Skutsch, RE V2618: 'Daß er (Livius) Sachliches aus ihm (Ennius) entlehnt habe, kann nicht als nachgewiesen gelten.' Vgl. auch Schwartz, PW V 957f.' 'In dem romantischen Schimmer, der über seiner (des Livius) Erzählung von den An- fängen und der Königszeit liegt, verrät sich der Einfluß der gegenwärtigen und unmittelbar vorhergegangenen Poesie usw.' Diese Poesie ist aber die des Ennius. Vorsichtigor als Schwartz und Skutsch schreibt Kroll, Teuffels Gesch. d. röm. Lit.Ti (1910) S. 129: 'Den Ennius hat Livius als Quelle schwerlich stark benutzt usw.' Mehr nähert sich meinem Standpunkt H. J. Müller, Einleitung zu Weißenberns kommentierter Ausgabe des Livius (1908) S. 36. Die frühere Literatur über das Verhältnis des Ennius und Livius (besonders hervorzuheben E. Zarncke, Commenlationes Ribbeckianae S. 274 ff.) findet man in den Handbüchern.

König Romulus hei Ennius. 25

b. Die Geschichte des Königs Romulus vor und nach dem

Sabinerkrieg.

So präzis wie für den Sabinerkrieg läßt sich die Darstellung der sonstigen Geschichte des Königs Romulus in den Annalen des Ennius nicht feststellen. Imiaerhin haben wir eine ganze Reihe von Zeugnissen und Anhaltspunkten dafür, die ich im folgenden zusammenstellen will. Da vieles schon bekannt ist, kann ich summarischer als in dem Abschnitt über den Sabinerkrieg vorgehen.

Über das Auguriura des Remus und Romulus hat uns Cicero äiv. 1, 107 ein umfangreiches Fragment aufbewahrt'). Das kostbare Stück gibt uns einen Begriff von der Darstellungsweise des Ennius^). Er geht durchaus chronologisch vor. Nachdem das Augurinm beschlossen ist (77. 78 Vahlen: curaidcs magna cum cuni tum cup/entes regni diuit operam simul auspicio augurioque), lassen sich Remus und Romulus zur Vogelschau nieder (79—83: Remus auspicio se devovet atquc secimdam solns avem servat. at Romulus pulcher in nlto quaerit Avcnfino^ servat genus alti- volantnm). In Vers 82 wird der Anlaß der Vogelschau noch einmal rekapituliert {ccrtahant urhem Romam Remoramne vocarent, d. h. sie streiten, wer König wird, denn der König gibt der Stadt den Namen). Daran anknüpfend wird die Spannung der künftigen Untertanen erwähnt, wer ihr König wird (83 omnibus cum viris uter esset indupcrator). Diese Spannung wird nach homerischer Art durch ein Gleichnis charakterisiert, das dem Bereich der allen Römern vertrauten Wagenrennen entnommen ist (84 86 expecfant, vehäi consul cum mitiere signum voll omnes avidi spectant ad carceris oras, quam mox emitfat pictis e faucihus currns). Hierauf wird, ebenfalls nach homerischer Art, das tertinm comparationis hervorgehoben (87. 88 sie expectahat populus atque ore timebat rebus, utri magni victoria sit data regni). Nun geht der Mond unter (89 interea sol albus recessii in infera noctis; die Brüder haben also, wie alle Auguren bei feierlichen Auspizien, ihre Beobachtungsposten mitten in der Nacht eingenommen"). Darauf zeigen sich die Strahlen der Morgenröte (90 exin Candida se radiis dedit icta foras lux) und gleichzeitig erscheint schon

1) frg. XL VII bei Vahlen, Ennius^. Vgl. dazu pracfcitio p. CLXU sq.

2) Vgl. die trefFliche Charakteri.stik von Skutsch, RE V 2605.

3) So richtig Seh wegler, RG I 387, 3; daß sol albus der Mond ist, betont ebenfalls Schwegler 1 388, 6 gegen Niebuhr, der darunter die Sonne versteht und daher die Brüder einen ganzen Tag und die folgende Nacht vergeblich auf ein Zeichen warten läßt (H(? I^ S. 228. I^ S. 248). Diesen Irrtum Niebulirs hat Leo, Oesch. der röm. Lit. I (1913) S. 177 Anm. 2 wieder aufgeuoramen ('das Warten dauert den Teil eines Tages und die ganze Nacht bis zum Morgen'; vgl. die Übersetzung S. 464).

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26 Georg Sigivarf,

in weiter Ferne ein glüekverkündender Vogel (90. 91 et simnl ex alio longo pulcherrama pracpes laevn volavlt avis). Es kommt noch besser. Sobald die Sonne aufgeht, lösen sich nicht nur einer, sondern zwölf heilige Vögel vom Himmel und lassen sich au heilbringenden Orten nieder (92. 93. 94 simul aureus exoritur sol eediint de caelo ter quaftuor corpora scmcta nvhnn^ prnepctihus- sese pulchrisqne Jncis dant). Daraus erkennt Romulus, daß er den Vorrang hat, daß durch die Vogelschau Thron und Reich ihm gesichert sind (95. 96 eonspicif inde sibt data Bomulus esse priora, auspicio regni sfahilita scamna solnmqite).

Trotz seiner verhältnismäßigen Länge läßt uns das Fragment über einen wichtigen Punkt im unklaren. Wir erfahren nicht, wo Renius seinen Beobachtungsposten hatte. Daß er ihn nicht auf dem Palatin hatte, hat Vahlen sehr wahrscheinlich gemacht'). Wo aber nach Enniüs Remus sein Scliicksal erwartete, dürfte schwer festzustellen sein.

Indes trotz dieser Unklarheit steht soviel fest, daß die ennianische Version des Stadtgründungsauguriunis sich von allen andern Versionen fundamental unterscheidet und zwar in zwei Punkten. Einmal sieht nach Ennius Remus überhaupt keine VögeFj, während die Späteren berichten, er habe sechs Vögel geschaut und zwar früher als Romulus-'). Zweitens hat nach Ennius Romulus auf dem Aventin seinen Sitz im Gegensatz zu allen Späteren, die ihn auf den Palatin versetzen "•).

1) Enniv^'- p. CLXII sq. Vgl. auch Niebuhr, RG V S. 248, 618. Schwegler, KG I S. 387, 4. Loo, G. d. r. L. I S. 177, 2.

2) Vahlen, Ennius- p. CLXIII meint, der eine Vogel, dei- beim Erscheinen der Morgenröte erscheint (Vers 91. 92), sei für Remus bestimmt gewesen. In- des das hätte Ennius wohl ausdrücklich gesagt. Außerdem ist zu beacliteii, daß dieser Vogel als fliegend geschildert wird (volavit), während die zwölf Vögel, die das Auspizium beenden, nicht vorbeifliegen ''so irrig Schwegler, BG I S. 388), sondern sich an glückverkündondeu Orten niederlassen. Ich glaube daher, daß Ennius mit dem Erscheinen dos einen fliegenden Vogels nur das Erscheinen der zwölf Glücksvögel vorbereiten will. So habe ich auch die Stelle im Text aufgefaßt. (Vgl. auch Niebuhr, RG V S. 228 Anm. 569 [=- 13 S. 248 Anm. Glftj: 'Ennius schweigt über das Gesicht des Remus' und Leo, Gesch. drr röm. Lit. I [1913] S. 177 Anm. 2: 'daß der eine Vogel dem Remus, die zwölf dem Romulus gehören, ist nicht gesagt.')

3) Die Stellen bei Schwegler, RGl S. 388 Anm 9.

4) Die Stelleu bei Schwegler, RG I S. 387 Anm. 4. Ob der Lanzenwurf des Romulus vom Aventin auf den Palatin, von dem Serv. Acn. 3, 46 und andere erzählen, auch schon bei Ennius stand, sei dahingestellt (vgl. Carter, Roschers myth. Lex. IV [1909] S. 180). Sicher hat Ennius nicht, wie Schwegler a. a. 0. meint, den Ort des Auguriums wegen des Lanzenwurfes auf den Aventin ver- legt; den Aventin hat Ennius wahrscheinlich von Kaevius übernommen. Der Ursprung der Lokalisierung des Auguriums auf dem Aventin ist vermutlich die Etymologie Aveniirms ab avibus.

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König Romnlus bei Enniiis. 27

In diesen beiden Punkten weicht auch Livius 1, 6, 4 1. 7, 1 von Ennius ab. Livius hat also an dieser Stelle den Ennius nicht zugrunde gelegt. Ebensowenig geht es natürlich auf Ennius zurück, wenn Livius 1, 7, 2 erzählt, es sei Streit entstanden, weil Remus weniger Vögel, aber früher, Roniulus die doppelte Zahl, aber später gesellen habe und bei diesem Streit sei Remus umgekommen. Nach Ennius konnte es ja über den Ausgang des Auspiziums gar keinen Streit geben, da nur Romulus Vögel zu Gesicht bekam.

Anders steht es mit der Variante, die nun bei Livius folgt (1,7,2): vulgatior fama est ludihrio fratris Eohinm novos transiluis^t muros; inde ah irato Romulo, einn verbis quoque increpitaiis adiecissct ')>ic deinde quicumqite aliits iransiliet moema meaP interfednm. Diese Version läßt sich nicht nur mit der ennianischen Darstellung desStadtgründungsauguriums ohne weiteres in Einklang bringen, es wird auch durch ein direktes Fragment bezeugt, daß sie die ennianische ist (frg. L Vahlen [Macr. xat. 6, 1, 15 Serv. Aen. aact. 9, 420]: non pol homo quisquam fnciet impiine ani- matu.i hoc nisi tu: nam mi calido das sanguine poenas). Livius hat also mit 1, 7, 2 Ennius als Quelle aufgenommen'). Interessant ist, wie er die Worte des Ennius kürzt {'sie deinde quicumque alius iransiliet moenia mea': die einfachere Ausdruekswcise des Ennius hat Livius nach Rhetorenart um- gebogen: Ennius f-agt. keiner wird künftig die Mauern überspringen außer Remus, Livius dagegen, so wie Remus d. h. nur mit Verlust des Lebens wird auch jeder andere die Mauern überspringen).

Es würde nun unserer Untersuchung sehr zustatten kommen, wenn Livius den Ennius, den er in der Variante 1. 7,2 aufgeuommen hat, als Quelle beibehalten hätte. Leider ist dies nicht der Fall. Das zeigen die nächsten Worte des Livius (1. 7, 3): ita solus potitus impf.rio Romnlus: condiia urhs conditoris nomine appelioia. Nach Ennius ist ja schon durch das Augurium entschieden, daß Romulus der Stadt seinen Namen gibt; nach ihm ist daher Romulus schon zu Lebzeiten des Remus der einzige König.

Die Vermutung, daß Livius nach der Variante über den Tod des Remus zu einer anderen Quelle übergegangen oder zurückgekehrt ist, wird verstärkt durch die Worte, die jetzt folgen: Palatium primum, in quo ipse (Rnmuhis) oaf educatus, mimiit. Nach Ennius sind die Mauern schon vor dem Tode des Remus gebaut; sonst hätte ja Remus nicht darüber springen können. Charakteristisch ist es für die spätere Tradition, daß der Teil der Stadt, der zuerst befestigt wird, genau bezeichnet wird (der Palatin). Ennius genfigte es, einfach zu berichten, daß Romulus die Stadt mit Mauern umgab. Wie diese Mauern verliefen, küuunerte den Dichter

1) Vgl. Schwegler I :3S0, 12; Vahlen, Ennius'' p. CLXIII. Die andern Fragmente des Ennius (XL VIII und XLIX), die Vahlen bringt, sind nicht mit Sicherheit hierher lu ziehen.

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28 Georg Sigivart,

und seine naiven Leser nicht; erst der kritische Historiker fragte darnach und liatte natürlich für seine Frage auch sofort eine Antwort.

Auch weiterhin finden .«ich bei Livius keine siclieren Spuren des Ennius inelir. Wir sind daher jetzt auf die direkten Fragmente und auf allgemeine Erwägungen angewiesen.

Eine solche allgemeine Erwägung sagt uns, daß der Raub der Sabine- riunen bei Ennius nicht gefehlt haben kann, denn er ist die Voraussetzung für den Sabinerkrieg. Im einzelnen läßt sich frcUich nicht viel Sicheres feststellen. Der Anlaß des Raubs war wohl wie bei Livius') die pennria muUerum^). (Die spätere Tradition ^Yußte andere Gründe dafür anzu- führen''*).) Ob die Spiele, zu denen Romulus die Nachbarn einlud, schon bei Ennius die Consualia waren, ist zweifelhaft. Vergil singt Aeti. 8,635f. : rajitas sine morc Sabinas ccrtscsgu cavcac magnis circensihtts actis und Servius bemerkt dazu: raptae aiäem sunt Sabinae ConsuaVihiis, hoc est mense Martio*). . . . erranf ergo qui dicunt 'magnis circensibus' ant Mcgalcsiacis aut Eomanis^ qnos constat fieri ante Kai. lan. Es gab also im Altertum Leute, die magins circensihus bei Vergil nicht auf die Con- sualia bezogen. Das wäre wohl nicht möglich gewesen, wenn schon Ennius von den Consualia gesprochen hätte. Vermutlich hatten die Spiele bei Ennius überhaupt keinen Namen. Der Gott, zu dessen Ehren in den enuianischen Annalen die Spiele gefeiert wurden, war vielleicht Juppitcr. Darauf führt wenigstens Schol. Bern. Verg. georg. 2,384 (p. 912 Hagen): Romuhis cum aedificasset templmn lovi Feretrio, pelles uncias stravit et sie ludos edidit, nt caelestibus (caestibus Burmann) dimicarent et curru (cursii Hagen) confendrrcnf, quam rem Ennius in annalibus testaiur. Da, wie wir gleich sehen werden, bei Ennius der foieg gegen Caenina, an den die spätere Traditron die Erbauung des Juppitcr-Feretrius-Tempels knüpfte, nicht zu lesen war, so liegt es nahe, die Notiz der Schol. Bern, auf die Spiele zu beziehen, bei denen der Raub der Sabinerinnen stattfand. Dagegen scheint allerdings Varro, de viia pop. Rom. lib. I (bei Nonius p. 21 M) zu sprechen: etiam peius huhulas oleo perfusas pcreurrehant ihique cernuabant. a quo ille i>ersus vetus est in carminibus: 'ibi pastores

1) 1, 9, 1; vgl. Dionys. ant. 2, 31, 1.

2) DaraiLS ist dann vermutlioli die Sage vom Asyl abgeleitet, die ihrer- seits die penuria mulicrwn erklitreu sollte (vgl. Schwegler, BG I 4G8 oben: J. B. Carter,- ßoschers myth. Lex. IV [1909] S. 185 oben). Der Ei-finder des Asyls ist vielleicht Piso, unser ältester Zeuge dafür (Serv. .4t'». «M<:■^ 2, 7H1 ; vgl. Momrusen, die Tatiuslegeude [Mst- Sehr- I S. 26. 33, 2] und Pais, sioria di Roma I 232, 2 [= storia crUica I 2 S. 382, 2]); Piso war wie Cato ein Gegner der Geburts- aristokratie.

3j So schon Cicero rep. 2, 7, 12; vgl. Dionys. ant. 2, 31. 1. 4) Servius verwechselt hier die Consualia, die am 21. August gefeiert wurden, mit den Equirrin (Wis.sovva, 'Religion'^ S. 202, 1).

13

König Homulus hei Ennius. 29

ludos faciunt corii.i Consualia\ Aber es liegt nichts im Wege, anziinelimen, daß Eiinius Festgebräuche deiConsnalia auf ein Fest der Juppiter übertrug' ).

Von direkten Fragmenten l)ezielit sich wolil auf den Raub der Sabinerinnen frg. LUV.* (bei Fest. p. 325M): virgines; nam sihi qiiis- que domi Bomanus habet aas. Den Jammer der beraubten Eltern schildert vielleicht frg. UV: niarrentcs flentes lacriniantes commiscranf.es. Man vergleiche Liv. 1, 10, 1: raptarma poreu.ies tum viaximc sonlida veste laciimigquc et querellis civifates concitcibant.

Vor dem Sabinerkrieg sieben bei Livius 'sozusagen als Vorposten- gefechte' die Kriege gegen Caenina, Anteninae und Crustumerium. Mommsen-') macht auf die Ungereimtlieiten aufmerksam, die durch diese Partie in die Erzählung kommen. Besonders schwer 'wiegt die Unge- hörigkeit einen Krieg, der nicht zum Siege des einen oder des anderen Teils, sondern zum Vertrage führt und führen soll, mit der Vernichtung dreier Städte einzuleiten'. Mit Recht führt Mommsen fort: 'Darum sciieinen diese Kriege nicht zu der ursprüngliclien Erzählung zu gehören, sondern nachträglich in diesen Zusammenhang gebracht zu sein.' Daß sie jeden- falls bei Eimius noch nicht standen, zeigt die ganze Mache, die poetisches Kolorit durchaus vermissen läßt.

Nach der Verschmelzung mit den Sabinern wurden nach Ennius die 30 Kurien und die drei Reiterzenturien eingeführt. Das berichtet noch Livius (s. oben S. 17 ff.). Er übergeht, daß nach Ennius Tatius in sakraler Beziehung Neues brachte. Wenigstens scheint mir das hervorzugehen aus Varro, ling. 5, 74 e[<] ar[a]e Sahinum linguain olent, quae Tati regis voto sunt Bomae dedicafae: nam, nt annales dicunt.^ vovit Opi., Flor[a\e, Vedio{io)vi Saturnoque, Soli, Lunae, Volcimo et Summano, itemque Lcmin- dac, Tennino, Qinrino, Vortumno, Larihus, Dianas Liicinaeqne^). Bei der Weihung des Altars des Quirinus sprach er vermutlich die Worte (frg. LXIII V.2): 'Qitirinr pnfer veneror Horamqiie Qiiirini^).'

Hierauf mußte Tatius wieder verschwinden, da er seine Rolle aus- gespielt hatte. Auf einen gewaltsamen Tod des Tatius deutet vielleicht

1) A)jzuweisen ist die YeriButung von Pais, sioria di Roma I '2:35. 1 (= storia critiaa I 385, 2), der von Varro zitierte versus vetus beziehe sich aut' die Spiele des liomiilus beim Raube der Sabinerinuen. Das anzunehmen, hegt nicht der geringste Grund vor.

2) Die Tatiuslegende. Eint. Srhr. 1 23. 2r..

3) Vgh Aug. eiv. 4,23 Bomulus constiliiit Rumanit! dcos laiitim, Invcm, Martern, Picum, Faunum, Tiberinum, Hermlem . . . Tittts Talixs adriidit Suturnum, Opetn, Solcm, Lttnam, Yukamim, Lucein et . . . alios . . ., inter qiios itiam denm Cluacinam. Dazu Dionys. ant. 2, .50, 3.

i} Diese Worte hat Valilou talsohlicJi auf die Llentitizitrunj;- dos Roiiuilus mit <4uirinus bezogen; die richtige Erhlilrung stehr bei Wissowa, Religion'' S. 155, 5.

14

30 Georg Sigwart,

fr? LXV.^: o Tite tute Tati tibi tanta tyranne tuJifti^). Genaxieres wissen wir über die ennianische Version nicht.

Die Kriege gegen Fidenae und Veji, die Romulus nach Livius als Alleinherrscher führte, sind, wie schon Niebuhr2) bemerkt hat, 'ohne den Geist und die Züge eines Gedichts', sind also sicher nachennianisch.

'Das Gedicht erscheint wieder in seinem vollen Glänze wo Romulus der Erde entrückt wird.' Darüber hat uns Cicero ein schönes Fragment überhefert (rep. 1, 64):

iusto qnidem rege cum est pojjulus orbafus, pectora diu tenet dcsiderium,

sicut ait Ennius post opiimi regis obitum;

simul inter

sese sie memorant: o Romule Romide die qunlein te patriae custodem di gennerunt! 0 pciter, 0 genitm\ o sanguen dis oriundum! non eros nee dominos appeJlabant eos, quibus iuste paruei-unt, denique ne reges quidem, set patriae custodes, sei patres et deos. nee sine causa; quid enim adiungunt?

tu produxisti nos intra luminis oras. Für Ennius war also Romulus der gute König, den sein Volk auf- richtig betrauert, nicht der Tyrann, den die spätere Tradition maU^). Das Verschwinden des Königs erfolgte während einer plötzlich eintreten- den Finsternis (Cie. rep. 2. 17 cum subito sole obscitrato non comparuisset ; Liv. 1. 16, 1 subito eoorta tempcstas cum magno fragore tonitribusque tarn denso regem operuit nimbo, ut eonspectum eius contioni abstnlerit; Dionys. 2, 56, 2 !^6(fOv xaraoxippavTOC t^ uiO^Qia^ xcu ytificöroq /leyäXov xaraoQayti'Tog d(fcn'rj yeveo&^ai: es sei dahingestellt, ob Ennius diese Finsternis als eine eigentliche Sonnenfinsternis darstellte; Cic. rep. 1, 25 spricht eher dagegen als dafür). Was dieses Verschwinden bedeutete, lehrt uns wieder Cicero (Tusc. 1, 27):

Romulus in eaelo cum dis agit aevum, ut famae adsentiens dixit Ennius. Dieser Vers ist vielleicht richtiger überliefert bei Serv. Aen. 6, 763:

Romulus in caelo cum dis genitalibus aevum degit. Diese Fragmente werden ergänzt durch Liv. 1, 16, 1 3: his immor- talibus editis operibus cum ad exercitum recensendum cojitionem in campo ad Caprae paludem haberet, subito eoorta tempestas cum magno

1) Vgl. Schwegler, RG 1616,2; Vahlen, Ennius^ p. CLXV denkt an die Mögliohkeit einer anderen Auffassnng des Verses.

2) Rom. Gesch. V S. 238, P S. 258.

3) Vgl. Niebuhr, ÄGI'239, 13 259; Schwegler, fiCf I 536.

15

König Romulus hei Ennius. 31

fragoi-e tonitrihusque tarn denso regem openiit nimho id conspectum eins contioni abstulerit. nee deinde in terris Bomidus fuit. Roynana puhcs sedato tandem parate, postquam ex tarn furbido die serenn et traiiqtiilht lux rediif, iihi vaeuam sedem regiam vidit, [e(si sntis credebat pcdrihus, qui proxumi stetermd, sublimem raptiim procella, tmncn] velut urhitatis metu icta maestum aliquämdiu silcntium obtinuit. deinde a pancis initio faefo denm deo natum, regem pnrentemque urhis Romn)uie scdvere loti- versi Romidum iiibent; pacem precibus exposeiint, idi volens propitius siiam semper sospitet progeniem.

Daß dieser Passus auf Ennius zurückgeht (vielleicht mit Ausnahme der eingeklammerten Worte), ist kein Zweifel'). Als neue Züge der ennianischen Tradition kommen hinzu, daß Romulus bei einer Musterung des Heeres auf dem Marsfeld bei den Ziegensümpfen verschwand (vgl. Dionys. ant. 2, 56 ol fdr ovv fjv&(o6iöTiQa ra ^n^l cwtov jioinvrrtg txxXtj 0 1 ülo rr ä (fuoiv uvxöv tjil uT()ßrorrt'cSoi' ^6(fOV xaraüxiiipcivroq i| idd-Qia^ xat ;(f///oji'oc fityäXov xaTUQQuyivToq dcparTj ytvto&ai xiu jiijTiOTfvxuöif vjro Tov jruTQO'i "AQiog ror ni'öoft dv^Qjtäoilui). ferner das anschauhche Bild der leeren ^^edes regia, die wir uns natürhch wie die spätere sella ciindis vorzustellen haben.

Aus der vollständigen und in sich abgeschlossenenDarstellungdesLivius, der die des Dionysius zu Hilfe kommt, ergibt sich, daß die Geschichte von Proculus lulius, dem Romulus erschienen sei, ebenso der nachennianischen Tradition angehört wie die Identifizierung des Romulas mit Quirinus'-).

Die Aufnahme unter die Götter vordankte Romulus natürlich seinem Vater Mars, dem dies Juppiter schon früher zugesagt hatte durcli den Vers (frg. XXXIX V^).

vnvfi erit quem fu tolles in caenda eaeli icmpla^).

Sehr wahrscheinlich hat Elter-*) gemacht, daß Ennius anläßlich der Himmelfahrt des Romulus auf Hercules, Castor und Follux, Liber exem- plifizierte, die auch nach ihrem Tode unter die Gölter aufgenommen wurden. Besonders deutlich wird das durch Cic. Tusc. 1, 27:

Romulus in caelo cum dis agit aevum, ut famae adsentiens dixit Ennius, et apnd Graecos indeque perlapsus

1) Vgl. Vahleii, Eimhis^ p. LXI, Pais, storia di Roma I 239, 2 (= storia rritica I 2 S. 389, 2).

2) Wissowa, Jieligion-, 1912, S. 155, 5 weist mit Recht die Ausfühnuigen Elters (Donarem pateras, Bonn 1907, S. 40, 31 ff.) zurück, 'der die Gleiclisfitzung Romulus-Quiriniis auf Eunius zurückführt'.

3; Vgl. Skutsch, BE V 2605.

4) Donarem pateras S. 36ff. Elter denkt allerdings au den "Scipio , nicht an die Anualen (S. 40, 15); daß nicht bloß Romulus, sondern auch Scipio von Ennius unter die Götter versetzt worden sei, hat sich Elter vergeblich zu be- weisen bemüht.

16

32 Qeorg Sigwart, König Romulus hei Ennius.

nos et usque ad Oceanttm Hercules tantua et tarn praesens habetur deus: hinc. Liher Semela iiatiix eadcmqne famae cch-Jiritate Tijndnridae fratrcs eqs. Dieselbe Zusammenstellung begegnet auch sonst bei Cicero und außerdem bei Virgil und Horaz').

Damit sind wir zu Ende. Ennius hat zweifellos die Tradition über den König Romulus, die er bei Naevius vorfand, reicher aus- gestaltet und bedeutend vermehrt. Genaueres läßt sich nur vermuten. Sicher schon vorgefunden hat er das Augurium des Romulus und Remus und den Raub der Sabinerinnen samt der Schlacht auf dem Forum und der nachfolgenden Versöhnung und Verschmelzung der Römer und Sabiner. Neu eingeführt hat Ennius wahrscheinlich die Tarpejaepisode und die Himmelfahrt. Die Tarpejaepisode hat er nicht frei erfunden, wie Plut. Born. 17 und paralL 15 zeigen. Für die Himmelfahrt waren, wie oben bemerkt, griechische Analogien in Fülle vorhanden. Als nationalrömisches Element mag die Vorstellung von Romulus als dem Sippengott der Roraulii mitgewirkt haben -j.

Ulm.

1) Fr. Pfister, Zu den Bimmel fahrtsiegenden {Wochenschrift für Mass. Phil. 1911, S. 81 ff.) macht darauf aufmerksam, daß für die Entstehung der Entrückungs- sage bei Romulus nicht nur die Analogie, sondern auch das Fehlen der Reli- quien wirksam war.

2) Vgl. W. F. Otto, Rüniische Sondergötter (Rhein. Mus. 6i, 1909, S. 449 ff.;- Wissowa, Religion'^, 1912, S. 33 und sonst.

17

33

Die unmittelbare Vorlage von Appians Emphylia.

Von Ernst Koriioniann.

Der Wert Appians beruht ähnlich wie derjenige Diodors darauf, daß bei ihm zumeist ein ausgezeichnetes Priraärqnellenmaterial zugrunde lietjt und daß er seinerseits sklavisch seine Vorlagen exzerpiert hat. Die Forschung: hat sich zunächst bemüht, die Priniärquellen, die seiner Dar- steUung zugrunde liegen, zu ermitteln und ist dann dazu übergegangen, die Frage zu beantworten, auf welchem Wege die Primärquellen zu ihm gelangt sind. d. h. welches die unmittelbaren Vorlagen des Alexandriners gewesen sind. Dabei hat sich herausgestellt, daß Appian in der Regel an größere zusammenfassende Werke sich gehalten liat, in denen das Rohmaterial bereits verarbeitet wnr. Eine offene Frage blieb nur. ob er ein oder mehrere Werke zugrunde gelegt hat. Schwartz hat in seinem Appian-Artikel hierauf keine bestimmte Antwort zu geben gewagt'). Ed. Meyer dagegen nimmt in seinen Utdersuclningcn zur Oracchcmcit-) wenigstens für die Zeit von 140 bis 30 v. Chr. ein einziges, frühestens unter Angustus verfaßtes Ceschichtswerk als die unmittelbare Vorlage Appians an-*) und denkt dabei immer nocli an Asinius Pollio'), daneben aber schon an eine große Gesamtdarstellung, wie etwa Juba*). Denn er spielte schon damals mit dem (iedanken, auf Grund der Äußerungen Appians in pinef. 12, daß dieser „für die ernnze Geschichte Roms über- haupt nur ein einziges Werk benutzt hat'^)". Diese zweite Ansicht wird dann in dem neuesten Werk des Berliner Forschers^) allein noch vor- getragen. „Die Quelle ist, wie ja auch Appian ausdrücklich sagt, ein Werk, das die gesamte römisclie (Jeschichte behandelt hat^).'"

1) Pauly-Wissowa-KroU, KE II S\). 234: ,,Ob A. nun in dem erhaltenen Teil seiner Ge.schichte von der Kaisergeschichte wissen wir nichts ein oder mehrere AV^erke zerschnitt und exzerpierte, das wird niemand entscheiden können." Er sucht dann allerdings das Bild eines nacli-livianischeu Annalisten unter Augustus oder Tiberius zu zeiclincn, dem Appian alles verdankt, erklärt aber diesen Versuch selber nur „als eine sehwauke Phantasie".

2) Wiederabgedruckt in den Kleinen Schriften (Halle, Niemeyer 1910) S. 381-489.

S) A. a. O. S. 399. - 4) S. 400. 5) S. 401 Anui. 1. l>) S. 309 Anm. 1.

1) Caesars Monarchie und ihis- l'rinciput des Pompejus (Stuttgart-Berlin, Cotta 2. Aufl. 1919) S. (JOGff. 8) A. a. O. S. 609.

Klio, Beiträge zur Hlton Geschichte XVII 1/2 3

1

34 Ernst Korneinann,

Ich glaube, daß durch diese Einquelleutheorie das Problem nicht gelöst wird. Schon Mej-or selbst hat in der älteren Arbeit darauf hin- gewiesen, daß nur. ..wenn mau Appians Äußerungen pracf. 12 pressen will"', die Annahme einer einzigen Vorlage möglich wird. Dazu kommt, daß ja Appians Darstellung in die Kaiserzoit hinein, also über den Zeit- punkt hinaus sich erstreckt, auf den die Vorlage zeitlich von Meyer fest- gelegt wird, so daß schon dadurch die Annahme weiterer Quellen nötig wird. Endlich ist zu beachten, daß neben der Vorrede zu dem Gesamt- werk noch eine zweite am Anfang der Bücher über die Bürgerkriege steht. Mit dieser wollen wii- uns jetzt beschäftigen, da sie uns wichtige Fingerzeige zur Lösung des Problems gibt.

Die in Frage stehende pracfafio umfaßt die ersten sechs Kapitel von Buch 1 der Emphijlin 1 25) und stellt sich dar als eine kurze Zusammenfassung, als eine Art Grundriß der dann mit Kap. 7 einsetzen- den ausführlichen Darstellung. Der Verfasser verfolgt den Kampf zwischen Volk und Senat von der seccs.->io phbis und der daraus hervorgegangenen Schöpfung des Volkstribnuats ab und stellt fest, daß dieser Kampf in der älteren Zeit, abgesehen von der Rebellion des Marcins Coriolanus, immer unblutig verlaufen ist. Erst die Ermordung des Ti. Gracchus gab das Zeichen zum Bürgerkrieg. Seitdem hörten die Unruhen (oTÜOiic) in Rom nicht mehr auf und führten zu offenen Empörungen gegen den Staat, woraus sich mehrfach Gewaltherrschaften (ßwccoTtiai) einzelner Männer entwickelten. Der erste dieser oruoiuQyoi iwvaQyixoi (7) war Sulla, der nur dem Namen nach zum Diktator auf Lebenszeit gewählt war, in Wirk- lichkeit durch Gewalt und Zwang zum Alleinherrscher emporstieg, „ein Übel mit dem anderen heilend" (9), dann aber diese Gewalt aus eigenem Antrieb wieder niederlegte. Wenn aucli die Ansicht mancher Leute gewesen ist, daß diese Gewaltherrschaft {TV{tarrL) Sullas dem Staate Vorteil gebracht habe, so spricht doch der Verfasser als Kundgabe seiner Meinung ..von dem Unheil, welches Sulla angerichtet hatte" (12). Dann folgten die Gevvaltlierrschaften des Pompejus und Caesar, von denen der erstore wegen seiner kiicgerischeii Großtaten „der Große" genannt wurde, schließlich aber dem Caesar unterlag (15j. Nach dem Sieg stieg dann Caesar als zweiter zum Diktator auf Lebenszeit empor, aber die Tat des Brutus und Cassius. die hervorging aus Eifersucht auf die hohe Stellung des Diktators und aus Sehnsucht nach der von den Vätern überkommenen Verfassung (.yäinKK .lo'uTtia) brachte auch diesen Mann zu Fall, der der l^roßte Volksfreund und der eifahrenste Politiker Roms war (öi/iioTixcö- Tiiriir xfu tu.-nioinc.TDV ('(r/ijü ywöi/irnr Iti) und daher vom Volke tief betrauert imd wie ein Gott verehrt wurde. Von neuem verfiel der Staat der Gewalt und kam unter die Herrschaft der drei Männer Antonius, Lepidus und üctavius, der sich auf Grund der Adoption Caesar umnannte.

Die unniUfdharc Voihnjc iwi Aßpinn.-i Emphylia. 35

Die drei gerieten natürlich in Streit: Sieger blieb Caesar, der an Ver- stand und Erfahrung unter ihnen hervorragte {(utv>v lirrimi rt y.ca tii- jrncia .-ri^xivxov: 20). zunächst über Lepidus, dünn bei Ac.tiuni über Antonius, worauf er auch noch Äg3'pten, das einzige noch unabhängige Land der alten Alexandernionarchii-, dem Romerreich einverleibte. l''ür diese glänzenden, alle Menschen in Erstaunen setzenden Taten wurde er als erster Mensch schon bei Lebzeiten von den Römern als Augustus angesprochen und so benannt und er machte sich mit noch ausgedelinterer Macht als sein Vater Caesar zum Herrscher über sein Vaterland und sämtliche dazu gehörigen Provinzen, ohne daß es dabei noch einer Wahl oder Abstimmung oder einer Maske (.T(iOl;.To//J/«ro^■)') bedurfte. Nachdem seine Herrschaft durch lange Dauer fest geworden war, hinterließ er, glücklich in allem und furchtbar, von sich aus ein Geschlecht und ver- erbte ihm seine Würde. Und abschließend heißt es dann: (oSi /itr ix Oräofor .-rntxilor ij jro/.iTtUt Pc>iiai(it~: )!-; o/ioroiav xiti itovanylar jTtrin'oT)] (24).

Dieser Überblick über das in der praefatio Gebotene zeigt, daß eihe in sicli geschlossene Gedankenführung vorliegt, die die Geschichte der Bürgerkriege unter dem Gesichtspunkte der Entstehung der Monarchie zu geben versuclit. Der Verfasser steht der Fopularpartei und unter den oraoiaQyoi den beiden Caesaren sympathisch gegenüber.

Wer ist der Verfasser? Appiaii oder der Autor, der die unmittel- bare Vorlage des Griechen geschaffen hat? Will man auf diese Frage eine Antwort geben, muß man das Vorwort und die eigentliche Dar- stellung einmal etwas eingehender in ihrem Verhältnis zueinander be- trachten. Wir stellen zu diesem Zweck einzelne Stellen, die eine zum Teil wörtliche Übereinstimmung beider Darstellungen beweisen, neben- einander'^!:

praefatio:

4: .T()('i' JE TißtQioc rQaxxoc dtjfia{fydJr . . . jtQcÖTO^ oih iv ontött d.^föltTO xat t.T' avToi xoXXol xcträ KajriTnj?u()r iiXoviin-oi jTtQ\

Haupttext: I 70: xar Tf'töt t(ö xiHÜniiir'/ .toX- ^.oi Tt T<')i' rQuxyiiojr xai r(icix/og arrö^^ illovitevoq :rtQl ro lEQor, aDjQt'ü)} xara rat; d-VQCcg jtaQa tois'

TOP vtojv drtjQt'O-ijaca'. | roh' ßctOiÄtioj' clvf^QucvTai^).

1) Dieser Ausdruck wird auch mit Bezug auf Sulla gebraucht, von deines 1456 heißt: fif(j//f loc <t' /;;<« >!(:i rov ■nnoonoiijuc^in: (tiQsrb'i sivat Aoxih:

2) Die wörtlichen Übereinstimmungen werden in Spei-rdfuck gegeben.

3) Über diese singulare Lokalisierung der Mordtat, mit der plötzlich Appian von dem plutarcliischeu Parallelbcrieht in höchst sonderbarer Weise abweicht, habe ich Gegrh. der Gracclienzeit, Ä/('o-Beiheft I S. 5 und Klio IX, 1909, S. .B8Ü Ann). 1 gehandelt und d.arin .schon damals eine rhetorische iVus^chrattckung aus der i'eder des Verfassers von' Appiaus unmittelbarer Voi'lage vermutet.

3* 3

36

Ernst Kornemann,

praefatio:

10: 6 6i ^vXZai; ßla fiev xa\ di'nyxij, Äöyri) 6^ aiQtroc, £C aft öixräroiQ yivo^ai'o^;.

10: irrti ze ixnQio^/j tTj^ 6r j'aOTiia^, jiQiÖTOQ dvÖQt'jv ööt jioi doxel &a(>QF/<)(u TV{n'.n'ix/)i' (((>X')>' ixfov ujro&toO-ni.

10: xa) l:ittiJttTt', ort xiu zotg liiii((0(ii'roii. ivihvi'nq v(plS,tt.

12: (von Caesar) .Tporr/'lf^ .-tqo- xXijöiiq ij nii(f(o or^iaTtvi/ara

xui TldiLri'jior nvs f^fn /Jifi^^i'ra löiontvtLi' oiioicog i'.to föfioic.

15: (nnini/ior) OT((öicjri]r ri /liyiOTor. o) did [ifya?.ov{>yi<tr jioliiu- xijV ßh'y<(Q i.-ro'trvfiOP //?•, oi'roc 6// fiäkiOTa .ToXtjiOc y.QitTH <j(u/üj; xa{}^t).c6i'.

16: xiu OTÜueig avOi^ xaTt.rai- ovTO jräoa/, I'öts xai TorJf B(iovTog

XIU KäüOlOC ^tj^fO Tt Tl'ji «('Z'/'^'

Toc [itytDov^ xa't jröß-ro t/Jc

XkvrtjQifp xatt'xai'oi'.

1*) nennt Caesar: ör/i^ionxm- TdTov x(() tftjrnQoraTOi' kq/ijc: ye i'ö/Jtvoi'.

Hanpttext:

I 456: S öi Igyro ßaoiXivc av i] TvQttvroq, oi'x «Jpfroc, äXXa örväftti xiil lütt.

I 480f. : avTO^ iTt T/jv (nyähjV (tQ- )(t)r orcif ro^- ivoxkovrroc txmv d:iti- OfTO. xai jtoi {^avfiu ftlv xai rode fcrrov xuTfcffairerai rooi'jvdf d(>yj)v .T()ft*TO»' drÖQcür xca tinror tc. tote 2^VÄÄitr o>ihroc t.TfiyfH'TOQ d.YO&i- <}f>-(ci, ov .Ttamlr, oj~; IlroXi^Lialoc . ., aXX^ avToi^ xotq rv{}{Hivvrn'iiivoi^.

I 484; ov yi (faoiv tjtnjitiv tr uyoQÜ, TijV ctQ/fj}' (tjroTii^^/aror, (iTi xai Xöyni', tt rt^ alTohj. rcjv ytyovoTojr v r/ f'| t / .

II 128: .TreQtiiyi ö' r) y'jiKfi; (Brief Caesars, der am 1. Jan. 49 den neuen Konsuln übergeben wurde) .-T o (t X X 1/ 1, 1 1' ort S^t'Xoi Ilfiii.T/jio) ijira.T0l>ii',{h(it, aQyovTOC 6' tri txti- vov ovTt (tjroO/jatod^ai xa) riftmQO'^ avTixa rij Tt jraTQiöi xa) tavT'~ xaric Tayo^ ar/ i^i ijt}at.

II 3l)Ü: T(/(\t [nr 6>. Tr>r i'Z/or TtXoc t'jV IIoii.Trjifi> T(~> iityiiJTiivc .ToXtiinvc: ni'viiaiTi xa) jityuiTa ihv Pojfialct))' d(>yijr ojcftX.ijOarrt xa\ MtydXfo 6ir. Tfcrrtt o rofiaiifhim.

II 462 : t^it'vai d' uvtov (itX.Xorrx ::{>') TiTd(>Tri^ tjnt(iaQ ot ty&Qo) xar- txarov tr Tr~> ßoi-XiVTt/gifo fixe öid ^ijXov tvTvyiac.rt xa) <Svr- äfinijc: vjtfQfjyxov jrarv ytvn- liii-rjc; tY{h', oj.; t<faoxo)' nvToi, rTjg jtaT(nov jroXiTtiac i.Tid viiia.

III 1: ovTO) ftlr dij rdio^ Kaloag jtXilijTov 'Pfofiaioic a^ioc tc r/}j' ijyt/wriav ytvöfitvoc vjto rdiv lyß-Qmr driiQ/jTo und IV 562: y(itjOi;io}Ta- Tor dt vJitQ d.Tavraq r Fj Tt jtavQtdi xa) TJJ Tjytftovia ytröfitror.

Die unmittelhare Vurlagc von Appians Emphylia.

37

praefatio: 17: xal ro acöfia fi9-«i/'fa' (!) tv dyoQÜ ft^Oi] xcd i>eo)v tncixoööinjoca^ T/; JivQÖ. xai ihvuvoiv loi; i^krö.

18: xta (föroi xai (fvyai xai am d-avdzfo jcQoyQUifal ßovXtvrcov xal zojv xaXovfiii'mv ijijttmv, xara jikfifi-Oi^ di^^QÖojq ixari^Kor, tyiyvoi'To, rorg i/Spoi'c nXÄi'iXoig Tojv <jTaO(ojTO)f drTi:iTii(jtxöi'To>i' xal eq TOVTO u/jtZot'rTdJV xal 'fDojv xal i'(Ö£?.(fdJr.

Haupttext: II 616: Verbrennung des Leich- nams auf dem Forum, endigend: rvv ()' eorl vtMg avrov KaioaQog,

IV 16: Ol 6t TQslq dvÖQtq icp' iuvTwr ytröfitvoi rovg djioß^avov- fiivovq Ovi'iyqatfov, xovq re övva- Tovg v(poQO}(itvoi xal rovq löiovq ixf^Qov? xaraXr/ovTtQ oixtiovg rt GrfCQi' avrrij)' r/ (flXotiq eq Ti]v drai(>füir urrididövrec dXX.r'jXoiq x((l xört xal »'or£(*oi' und IV 20: xal iyivovxo jtävxiq ol O-avärov rt xul örifiivtjtcoq xaTtyvojO[iivoi djto (itv zF/q ßovXrjq dfiffl Tovq VQiaxoölovq, djro dt Tc5r xaXovftivcov ixjTton' tq öioyiX.iovq.

Praefatio und Haupttext gehören also, wie dieser Vergleich deutlich erweist, aufs engste zusammen, aber immerhin könnte auch bei diesem Tatbestand nocli die Ansicht vertreten werden, dati Appian, wie er die Vorrede zu dem Gesamtwerk selber verfaljt liat, auch dieses Prooemiuni geschrieben haben könnte, wenngleich es schwer einleuchten will, weshalb der Grieche seinem Exzerpt aus der Vorlage noch ein Exzerpt aus dem Exzerpt vorangestellt haben soll. Zwingend wird der Schluß, daß diese Vorrede aus der Vorlage mit übernommen ist, erst durch die andere Be- obachtung, die der Leser längst selber gemacht haben wird, daß nämlich unsere Praefatio zeitlich viel weiter sich erstreckt als der Haupttext, insofern auch die Regierung des Augustus in ihr mitbehaiidelt wird. Genauer ausgedrückt: das uns von Appian überlieferte Vorwort gehört zu einem viel größeren Werk, als dessen Enrphylia darstellen, zu einem Werk, das außer den Bürgerkriegen auch die Regierung des Augustus zur Darstellung gebracht hat, und in diesem Werk war offenbar die Schilderung der Regierung des Augustus, besonders der Schöpfung der Erbnionarchie durch ihn, die Hauptsache. Im Hinblick darauf war die ganze vorhergehende Geschichte konzipiert. Alle Ansätze zur Bildung von Einzelherrschaften werden hier vorgeführt. § 7 lesen wir: övraöTHal rt ijOav //öf/ xaxa jtoXXu xal axaoiuQyoi iiovuQy^ixot. Von Sulla, einem dieser oxa<jia()yoi, heißt es 9): //öraQyor avxov d^tfprjViv im :iXtioxor\ seine Herrschaft wird bereits xvQaiTixt) dQyjj (10) bezw. xvQarviq (11) genannt. Von Caesar wird § 12 gesagt: aiQixrjV dQX'ji' im :noXv övraorevcov ir FaXuxia. Pompejus heißt § 15:

38 Ernst KomcuKvnn,

ijraaifiJTfj^ /uyioroi^, ebenso die Triuniviin örcuinÖTai. Die letzteren ver- teilen die Herrschaft der Römer wc lAioTixor i>qo>v xrTßiu. Aiigustus endlich gelangt n.ich Actiuin zu noch größerer Maciit als Caesar. Während Sulla freiwillig seine monarchische Gewalt niedergelegt hatte, Caesar er- mordet worden war, gelingt es ihm, die Monarchie als dauernde Insti- tution aufzurichten und zu vererben. x\ueh die ungleichmäßige Disposition des Stoffes in der nachfolgenden eigentlichen Darstellung bei Appian, der in den älteren Abschnitten bis zum Jahre 70 v. Chr. nur eine Übersicht über die Ereignisse gibt, von da ab dann aber immer ausführlicher wird'), erklärt sich aliein unter dem GOsichrspunkt, daß der Hauptnach- druck des zugrunde liegenden Werkes auf dem zweiten Teile ruht.

W^orin besteht nun aber der Anteil des Appian? Nun, er hat auch hier das getan, was er in der Vorrede zu seinem Gesamtwerk 12) gegenüber seiner Vorlage für die vorgracchische Zeit auseinandersetzt. Wie er dort den ihm vorliegenden Stoff nach den einzelnen Völkern bezw. Provinzen des Reiches, d. h. also ethnograpliisch und geographisch zer- schnitten hat, so hat er hier, wie er deutlich am Sclduß unserer praefaüo 25) sagt'-), den Stoff auf die Einphylin und die ägyptische Geschichte in der Weise verteilt, daß der Schluß der Bürgerkriege den Anfang der Aiyypfiaca füllte {[dxQi to TbktvTcüor <>)/ to'jv or«öfwr xai ftiyiorov tgyov, t6 jitQt "AxTiov KaiouQi jtQoq 'AiTiovior ouov xal KXeojrdzQar Ytvoiitrov, aQyij xal rijs Aiyryrrtr'.xt'jc övyy()caf//Q 'iczar^). In beiden Fällen war also der Stoff vorhanden, und nur die Zerlegung des Stoffes ist das Werk Appiaus. Ganz abgesehen von der Kaisergeschichte aber war nicht ein, sondern waren zum mindesten zwei Werke die Vorlage des Kompilators.

Zum Schluß stellen wir zusammen, was wir über die uimüttelbare Vorlage der Empkylia und der ägyptischen Geschichte ermittelt haben bezw. noch ermitteln können. Es war ein Werk, das die römische Revolutionszeit und die Regierung des Augustus behandelte und zwar in

1) Daß diese selt.same Disposition der Emphylia unzweifelhaft der Quelle angehört, hat schon Ed. Mej'er [Kl. Srhr. S. JCKJ) gesehen. „Während z. B. bei Livius die Geschichte der Parteikiimpfe und Bürgerkriege von 13.3 bis 70 v. Chr. fast genau denselben Kaum einnimmt wie die der Bürgerkriege von 63 bis 35, . . . drängt Appian jene in ein Buch zusammen, wahrend die Geschichte der Jahre 63 bis 35 in stets wachsender Ausführlichkeit vier Bücher füllt." Ich vermute, daß auch die Einteilung in Bücher mit Prooemien am Anfang von II, III (für III und IV) sowie V Sache der appianischen Vorlage ist. Nur das Prooemium von V ist von Appian mit Kücksicht auf die Loslösuug der ägyp- ti.schen Geschichte etwas umredigiert.

2) Vgl. auch die Vorrode zum Gesamtwerk 14.

3) Fälschlich behauptet Ed. Meyer (Et. Sehr. S. 400), daß nur der actisch- ftgyptische Krieg der Inhalt der vier Bücher der Aigyptiaca gewesen sei.

6

Die uioiiittflhari: Voihuji; von Appians Eutplujlia. 39

einer im Laufe der Darstelliin(i; immer melir zuiiclimi'iulon Breite. Die längst feststehende Tatsache, daß Jas Werk in lateinischer Sprache ab- gefaßt war'), wird auch durch manche Stellen der Vorrede gestützt ^j. Da der Grundriß der Vorrede noch der Vererbung von Augustus' Herrscher- stellung gedenkt, kann das Werk frühestens erst unter Tiberius geschrieben sein. Dazu stimmt, daß praff. 2 zu lesen steht, das Volkstribunat sei ehedem geschaffen worden ig xo'jXvotr iiuhuTu T<~ir v.Tarojy (Lto t//-: ßovXi'jc utQovidvcjf, eine Stolle, die erst nach der Cbertragung der Be- anitenwahlen vom Volk auf den Senat durch Tiberius im Jahre 14 nieder- geschrieben sein kann. Andererseits aber kann mau mit der Entstehung des Werkes nicht allzuweit von diesem Zeitpunkt sich entfernen, da der Autor noch ein ungemein lebendiges Interesse an do)i geschilderten Dingen und Personen hat und offenbar noch Zeitgenosse der im letzten Teil dar- gestellten Ereignisse war. Denn nur so erklärt sich die oben dargelegte Stoffauswahl: so verfährt im Altertum in der Regel der Autor, der zeit- genössische Geschichte schreibt. Folglich müssen wir mit der Abfassung bezw. wenigstens mit der Herausgabe des Werkes, mit der zusammen die Vorrede, wie auch heute noch, entstand, zwar in die Zeit nach dem Jahre 14 v. Chr. herimtergclien, aber wohl innerhalb der Regierung des Tiberius bleiben.

Für einen Zeitgenossen des Tiberius aber war natürlich die Ge- schichte der Revolutionszeit nur so zu schreiben möglich, daß er die Er- eignisse den Primärquellen nacherzählte ■'). Die Forschung hat längst festgestellt, daß der Autor in der Auswahl dieser Quellen eine glückliche Hand gehabt hat, indem er an Vorlagen, die auf der niitlh icn Linie sich bewegen, sich gehalten hat. wie vielleicht Rutilius Rufus für die Gracchcn- zeit''), sicherlich Asinius Pollio'') für die caesarische Epoche, daneben Octavians Selbstbiographie für die Triumviralzeit.

1) Das ergibt sich ;xus Ausclitickou wie ntiia nr.^oa <— latifundia) in 1 2it und au.s Stellen wie IV 45 und V 191, vgl. d.izu Ed. Scliwartz, JiK 11 Sp. '217.

2) Ka:iiTu)?.iov = oapitolinischer Tempel in pratf. 4, rOty xt:).nv/tiyojr )n,iimy 18, vgl. auch die ebenso wie im Haupttext hilufigc« Verwendnnt; von .KtriJ/'s': pracf. o, 6, 8, 13, 22, an der letzteren Stelle nur frir Italien im Gegensatz zu den Provinzen.

'3) So aucli Ed. Meyer, KL Si-hr. S. 101 : „.Jedenfalls aber haben wir uns immer vor Augen zu halten, daß nicht nur der von Appian benutzte Schvift- stellev, wer er auch sei, sondern ebensogut schon dessen Vorlage oder Vorlagen für die Darstellung einer Zeit, die um ein Jahrhundert von der seinigeu ablag, nichts anderes hat tun Icünncu, als die Ereignisse guten Quelleu nacherzählen, etwa in der Weise, wie Pol3'bios die Geschichte des hunnihalischen Krieges erzählt mochte er auch im einzelnen noch so viel berichtigen und aus Vr- kunden ergänzen und sich die Sclbstündigkeit seines Urteils wahren."

4) Ed. Meyer a. a. 0. S. 402 Aum. 1.

5) Vgl. meine Untersuchung: Dif Jtistorinchc ScInifUtdlirei des C. Amtius Pollio, '22. Suppl.-Bd. von Fleckeis. Jbh. für class. Phil. (18i»0) S. 5(iOff.

40 Ernst Kornemnnn,

Soweit nur hatte ich ursprünglich die Untersuchung zu führen be- absichtigt. Aber von selbst drängt sich nun die Frage nach dem Autor auf. Es kommen von den uns bekannten Historikern der tiberisclien Zeit in Betracht: der ältere Annaeus Seneca, Aufidius Bassus und A. Cremutius Cordus. Das Werk des Seneca wird von dem Sohne in der Biographie des Vaters') ausdrücklich als hisioriac ah iniiio hdlor- Ktn civilium zitiert, würde also, was den Ausgangspunkt betrifft, sehr gut hierherpassen. Aber die von Lactantius ei-wähnte Einteilung der römischen Geschichte in Menseheiialter-), die doch nur in der Vorrede des Werkes gestanden haben kann, sowie die Tatsache, daß das Werk auch noch die ganze Regierung des Tiberius geschildert hat''), scliließt die Identifikation mit dem von uns gesuchten Autor so gut wie aus. Bei Aufidius Bassus liegt die Sache äludieh. Während wir den Anfangs- punkt seines Werkes nicht kennen er liegt vor dem Jahre 43 v. Chr.*) , stobt bezüglich des Endpunktes wenigstens soviel fest, daß er frühestens mit dem Jahre 31 n. Chr. geschlossen haben kann''), wahrscheinlich aber sein Werk, an das bekanntlich dann der ältere Plinius angeknüpft hat, noch weiter heruntergeführl hat''). Aus dem Werk des Cremutius Cordus haben wir Fragmente ebenfalls nur bis zum Jahre 43 hinauf), aber der Titel*) nnnaJes und der Umstand, daß der Philosoph Seneca ä) den Autor selber von einem saeculum dargestellter Geschichte mit Bezug auf sein Werk sprechen läßt, zwingt zur Annahme eines früheren Zeit- punktes für den Anfang. Der Schwerpunkt seiner Darstellung aber lag auf der Regierung des Augustus"), wie auch die Abfassung des Werkes

1) H. Peter, Eist. vom. rcll. II (liHJG; S. 98.

2) H. Peter a. a. O. II S. 91 l\-agm. 1.

S) H. Peter n S. 9'2 Fragm. 2 aus dem Todesjahr des Tiberius (Suet. Tih. 73).

4) Vgl. die Fragmeute bei H. Peter a. a. O. S. 96.

5) Die Ansicht. d.-<ß dieses Jahr das letzte der Historien des Bassus war, verficht Wilh. Polka, Hhiin. Mus. Bl (19(J6) S. 620— 'j'24 aus dem einfachen Grunde, weil Cassiodor für die .Jahre 7 vor bis 31 nach Chr. das Verzeichnis der Konsuln aus ihm entnommen hat. Zwingend ist der Schluß so wenig, wie derjenige wäre, daß Bassus, weil Cassiodor ihn vom Jahre 7 an ausschreibt, mit diesem Jahre sein Werk begonnen hätte.

6) Alle übrigen modernen Datierungen des Schlusses des Werks liegen später, in den Jahren 37, 41, 44, .51 und 54, vgl. die Zusammenstellung bei Pelka a. a. 0. S. 620 A. 3; die Datierung ins Jahre .51 stammt von Fr. Münzor. Rhein. Mus. 62 (1907) S. IGl— 169.

7) Die ältesten Fragmente beziehen sich wie bei Bassus auf die Flucht und den Tod des Cicero, II. Peter II S. 87 f. Fragm. 1 und 2.

8) Bezetigt durch Tacitus, anywl W 34. 9) Ad Marc, de consol. 26, 5.

10) Cassius Dio LVII 24, 3 zum Jahre 25 (dem Jahr seines Prozesses und Todes) tili xrj iaro(ii'u, i]v 7id}.<tt Tioii :i£(>l tviv tut Alyovaxu) Titia/d^ivTOiV cvrirtf^elxft. Ein Fragment aus dieser Geschichte des Augustus und zwar zum Jahre 18 v. Chr. ist bei Suet., Aug. 35 erhalten, H. Peter a. a. 0. S. 89 Fragm. 4.

8

Die unmittelbare Vorlage von Appians Emphylia. 41

scliou unter Augustus stattgefunden oder zum mindesten begonnen worden ist'). Wenn wir nun aus den eben angegebenen Gründen die Vermutung wagen, daß Creniutius Cordus die ganze Revolutionszeit von Ti. Gracchus' Auftreten ab gescliildert hat, so paßt das, was über den Umfang seines Werkes uns bel^annt ist, am l)esten zu dem über die Vorlage Appians Ermittelten. Ebenso paßt, was den Inhalt betrifft, sehr gut die allgemeine Charakteristik, die Cassius Dio'-) von der Tendenz des Werkes gibt: tÖv Kaao/nv xai tov Bqovtov £jr>'ii'iOe. y.cü Tor (hjitov tTj^ rt p'oiU/Ji; xaO-i'^ijH(TO, vor re Kaioaoa xai Tor AvydvüTov liyrt (ilr y.aicoi' ov6iv, ov (itvToi xai v.^tQU'niivvvt, die einen Autor uns vor Augen führt, der nach allen Seiten hin „die Selbständigkeit seines Urteils" 2) sich wahrt und auf einer mittleren Linie sich bewegt, wie wir das früher beim Anonymus auch gesehen hatten. Im einzelnen zeigt sich diese feste und unpar- teiische Haltung des Cremutius Cordus in der freimütigen Art, wie er über die Bürgerkriege und speziell über die Urheber der furchtbaren Proskriptionen des Jahres 43 gcurteilt hat, was der Philosoph Seneca seiner Tochter Marcia gegenüber preist, indem er von ihres Vaters in- genium spricht, (luo civilia belfa dcfljvU, quo proscribnifis in (lefrnuim ipse profcripsii*). Appians Ei/ip/ii/Jia sind angefüllt mit Klagen über das Unglück, das der Bnuierkampf ül)er Rom gebracht hat; man lese nur den Schluß der Rede der Hortensia vor den Triunnirn im Jahre 43 IV 143 f. oder vor allem die Betrachtungen vor dem Beginn der zweiten Schlacht von Philippi IV 531 : ovötv ti tr Tf'j :xuq6vtl dXl/'/Zrov öri fjitar rroXiriu ot^öi L-rti.ain'7/VTo, aXl cds tx (fvotfoi xai ytvovc ix&^Qoi^ tjrr/.TtiP.ovr. ovTcoq 7] oraQavxixa oQyij tov XojiOiiov acroTc. y.u'i Tt)i' <fvOiv fößaoiv. tJtef/arTtvoi'TO öe onuXmc, txüzeQOi Tijrds rrji' t'/ftipav iv xcijöe Tfö tQyn jtärra 'Pco^n'uor jr^tayfinTn xQtrür. xai IxQiOr/. Der Gedanke wird dann wiederaufgenommen und zu Ende geführt IV 580: ujrrjVTi/ijt ye fi/jr avToU xai 0 (jvviÖvti:- t^ t))v ini/i/v tjcifiai'TivOarTO 'Pmi/aioi^' ixQithj yciQ avTÖJv >j jtoXiTtia jtuq txiivo ro H^ryov falÄ-iaza X(u ovx LTrav/jlf)tr eg ihjiioxQUTiar hi"). Und was die Schilderung der Proskriptionen bei

1) Denn wir hören, daß der Autor noch im Bei.sein des Angustus aus dem Werke vorgele.sen hatte, Sueton Tib. 61, .3 und Cassius Dio a. a. O. Auffällig sind die Worte näXai nozi an dieser Stelle (s. d. vor. Anm.), weswegen H. Peter, Di« gesch. Lit. über die röm Kaiscrzcit II S. 3S Anm. 1 mit der Abfassung bis in die erste Hälfte der augustischen Regierung hinaufgehen will. Doch dem wider- spricht das Fragment aus der Geschichte des .Jahres 18 und die Fassung bei Sueton a. a. 0.: ante aliquot annos. Die Abfassung beginnt offenbar noch in den letzten Jahren des Augustus und wird unter Tiberius beendet.

2) Cassius Dio LYII 24, 3. 3) Ed. Meyer, Kl Sehr. S. 401.

4) Seneca, ad Marciam rfe consol. 2C, 1.

5) Ich habe auf diese Stellen schon in Die histor. Schrift stellerei des Asiiiius Follio S. 658 hingewiesen.

42 Ernst Kornemann,

Appian IV 1(5-224 betrifft, so kann man auf sie sehr wohl den obigen Ausspruch des Seneca anwenden. Allein schon die Tatsache, daß uns hier allein das scheußliche Ächtungsdeki'et der Triunivirn im Wortlaut erhalten ist (IV 31— 44), noch mehr aber die scharfe Kritik, die ebenda IV 61 62 an den Urhebern, vor allem an Oetavian, geübt wird, recht- fertigen die Worte des Philosoidicn. Aber nicht mit Rücksicht auf diese Partie des Werkes ist bei der Anklage vom Jahre 25 Cremutius Cordus der Strick gedreht worden, sondern wegen der wohlwollenden Würdigung, die die Caesarmörder in dem Werke gefunden hatten'), insonderheit, weil, worauf Tacitus-) hinweist, ein Ausspruch des Brutus darin zitiert war, daß Cassius der letzte Römer sei. Auch hier haben wir die Unterlagen bei Appian, zunächst IV 476 über Biiitus: Bqovtoi; dt Kuoölov xbr vixvv .•tt(iixXc'Jüjr, dvtxilXti TtltvTaidv avÖQu 'Po}fiaioji<, ojc ov tivoj: iti Toiovös ig aQexip' toofitvoi' (= Plutarch, Brutus 44), dann IV 553 567 die eingehende Würdigung der beiden Caesarmörder, die mit den Worten beginnt: anh (lir ch) EitoOio^ xat BQOvrog td^njoxtrtji', ürÖQe 'Pioiiaimr EvyErtöxärm re xal jttQiff aveOTCCTO} xal ig aQtr/jv dd/jQiroj, ■//'>Q)g dyovg trag. Den gerecht abwägenden Autor erkennt man aber gerade hier, wenn er am Schluß der Charakteristik (562 ff.) noch einmal auf das Verbrechen an Caesar zurückkommt und dasselbe aufs schärfste verurteilt.

Nur zweierlei ist der Identifikation des Schöpfers der appianischeu Vorlage mit Cremutius Cordus nicht so günstig. Tacitus"') betitelt, wie schon erwähnt, das Werk des Cremutius Cordus annale.-:, aber gerade der Annalencharakter kommt in dem Exzerpt des Appian nicht so zum Vor- schein, wie man es nach dem Titel vielleicht erwarten sollte. Aber daran ist vielleicht die starke Zusamnienziehung des Inhalts schuld, ebenso wie vielleicht der Charakter der Epitone, die doch schließlich nur in unseren Händen sich befindet, es veranlaßt hat, daß das größte Fragment, das wir von Cremutius Cordus besitzen, dasjenige über den Tod Ciceros*) in Appians Schilderung desselben Vorgangs (IV 73 82) sich so nicht wieder- findet. Auch die unmittelbar vorher bei Seneca aus Cremutius berichtete Unschlüssigkeit Ciccros, wohin er nach erfolgter Ächtung fliehen soll, ob zu Brutus, zu Cassius oder zu Sextus Fompeius, fehlt bei Appian. Den Entschluß, zusammen mit seinem Bruder zu Brutus nach Makedonien zu gehen, und auf dem Weg dorthin noch einmal ein Haltmachen und Weh- klagen der beiden Flüchtlinge berichtet dagegen der Parallelbericht bei Plutarch, Cicero 47. Hieraus ersieht man, wie viel nmfangreicher die

1) Cassiu.i Dio a. e>. 0., Sueton, Tib. 61.

2) Tac, annal. IV 34.

3) A. a. O.

4) H. Tetei- a. a. 0. 11 S. 87 f. Fragm. 1 aus Seueca, suas. VI 19.

10

Die unmittelbare Vorlage von Appiauü Emphylia. 43

Vorlagen der uns erhaltenen Darstellungen gewesen sind. Inimerltin ist zuzugeben, daß bei dieser Sachlage der Beweis für die Autorschaft des Crerautius nicht vollständig erbracht ist, vieiraehr nur ein hober ("irad von Wahrscheinlichkeit vorliegt. Mir kam es in erster I^inie aber auch nur darauf an. die unmittelbare Vorlage der Eniphijlia als ein Werk der Zeit des Tiberius darzutuu und die reine Einquellentheorie für Appiau als unmöglich zu erweisen. Die Benennung der Quelle mit dem Namen des Cremutius Cordus ist eine Hypothese, die abgelehnt werden kann, ohne daß mein Hauptresultat dadurch in Frage gestellt wird'). Breslau.

1) Nachtrag. Ein Wort noch darüber, ob Cromutins Cnnlii.s, falls or der Vf. der lateinisclien Vorlage Applaus ist, für sein Verfahren, eine Einleitung in Form eines Grundrisses seinem Werk vorauszuschicken, Voriiiidor geliabt hat. Sallust, der grüße Meister der historischen Monographie innerhalb der lateinischen Literatur, hat, seinem großen Vorbild Tliukydides folgend, iu der Einleitung nur den Rückblick gepflegt. Die römische Aunalistik schrieb ab urbe condita- Der Verfasser einer Monographie mußte, was vor dem Anfang seiner Darstellung lag, wenigstens in einem Uberlilick streifen, und dieses Verfahren zeigen sowolil die kleinen Schriften Sallusts (Cat. 5. 9 ff., lug. 5. 3tf.) wie auch die Historien (I fragm. 8ff. Maur.). Ebenso verfährt, wenn aucli in aller Kürze, Tacitus in seinem letzten Werk (Ann. I 1). Dagegen die Einleitung der Historien ist drei- geteilt. Es folgen aufeinander a) eine kurze Notiz über den Anfangspunkt des Werkes, über seine Vorgänger in der Darstellung der römischen Creschichto seit Gründung der Stadt sowie über die eigene Art Geschichte zu schieiben (c.ip. 1, dazu Münzer, Klio I S. 3tX>ff.), h) ein Grundriß (cap. 2 u. 3), c) ein Rtickblick über die unmittelbar vorausgehende Zeit vom Tode Neros ab (cap. 4 11). Für die unter a und c angegebenen Teile hat auch hier Sallust das Vorbild abgegeben. Wie steht es aber mit dem Grundriß? Daß die Voranstollung eines Grundrisses schon vor Tacitus gebräuchlich war, ergibt unsere obige Untersuchung. Es bleibt nur noch die Frage zu beantworten, ob Tacitus dieses Verfahren von Cremutius Cordus übernommen hat oder ob beide einem älteren Vorbild gefolgt sind. Ich glaube das letztere wahrscheinlich machen zu können. Gelegentlicli habe ich schon auf Berührungen von Hist. I 2 Auf mit den beiden ersten Strophen von Horazens Gedicht auf Pollios Geschicht.swerk {rann. II 1) hinge- wiesen {Klio III S. 551). Was liegt näher als die Annahme, daß die Zusammen- fassung des Stoffes in einem Prooemium durch Pollio den Dichter zu der in den beiden ersten Strophen gegebenen Charakteristik des pollionischen Werkes veranlaßt hat? Cremutius Cordus, zu dessen Quellen Pollio gehört liat, folgte hiernach diesem Autor auch in der Ausgestaltung seiner Einleitung. T.icitus dagegen entnahm dem Sallust den Rückblick, Pollio den Grundriß und schuf durch die Verbindung beider Verfahren das glänzende Prooemium seiner Historien, das zum besten gehört, was er geschrieben hat.

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u

C. luliiis Eurykles.

Von Ernst Kjellberg.

Dieser Zeitgenosse des Augustus harrt nocli immer einer gerechten Würdigung. Weil hat vor Jahren die numismatischen Nachrichten über ihn zum größten Teile gesammelt. In der Verwertung der Zeugnisse der Inschriften und Schriftsteller war er weniger glücklich'). Dittenberger hat einen wichtigen Beitrag gegeben'-'). Dagegen ist die Behandlung, die Niese dem Spartaner hat angedeihen lassen, als verfehlt zu betrachten-''). Schürer und Kolbe sowie Dessau bieten hauptsächlich nur Materialsamm- lungen*). Dasselbe ist der Fall bei Gardthausen^), der im Texte den Eu- rykles nur mit leichter Hand berührt. Ein weiterer Grund, der mich ver- anlaßte, sein Leben eingehender zu untersuchen, war die Erwägung, daß man oft durch Eingehen auf die Tätigkeit der untergeordneten Werkzeuge der großen Politik unerwartete Aufschlüsse über die bestimmenden P'ak- toren erhalten kann.

Eurykles taucht für uns zum ersten Mal auf in der Erzählung des Plutarchos von der Schlacht bei Actium^). Er soU dort den Antonius auf

1) Weil, Die Familie des C. lulius Eurykles, Ath. MM. YI (1881) S. 10.

2) Ditteuberger, Sylloge I" Anm. zu Nr. 3G0 (wiederholt in II' 787).

3) P.-W. VI,' S. 1330 Nr. 5.

4) Schttrer, Geschichte des jüdischen Volkes ' I, S. 3'J5 Anm. 85. Kulbe in IG VI, p. XVI. De.ssaii, Pros. Imp. Rom. U, S. 189 Nr. 198.

5) Gardthausen, Äugitstm II 1, S. '219 A. 3, I 1, S. 287, 366, 393, 405.

6) Plutarchos, Antonius rec. Ziegler 67. 2 4 ^»' roirw 6h A/fS'i'pvMfc w(p&>ianv tUihyfovaai rianä Kaiainioc.' 6 6' avxlnntiiQoy t.iiaTiicifeiy z!/v vavy xO.evaat, zag fiiv tlkkctg äfianiXiv, EiiWxXr/g 6' 6 Aaxoiv hhxeno aoßanCoq ).liyyi]v xiva xQaiaivuiV anb xov xaraaTfioinaxog tag a>f>)oii>v in' avxov. fTiiaxävrog 6i xi'/ nQtfinH xov Avxio- vtov xai, „rlg oixo:,' einvyxog. „ö öiü)xwy Ayxüiriov;" „lyw," imty, „EipvxXriC o Aa/aoovg, xij Kaiaccijog ri'/j xby xov nc.xiiug txt^ixCov i^uvaroy." 6 de Aax'i&'l? i'-t 'Avxwylov Xr/OTeiag aixtq 7ie(ii7teau)y tTitXixia^i]. ttXIjv ovx irtßaÄ.ev 6 Ei()vx}.r/g ilg xi)V 'Avxwylov vaüv, ii).?.ä zi/V IxirQar xCoy yavaQxiioy 6io ya.Q ijoav zw X"*-' xüiftdxi ;i«r«|«? 7iei;nSQQÖßßijat xai zaixiiv zt nXaytav nsijtnfaoiauv eiXs xnl zCov i'O.Xwv filp.y, iv § no/.vxe>.tig oxeval rcöi- nepl dinirav >/aay.

Über den Verlauf der Schlacht siehe Kromayer, Hermes XXXIV 1899. Die Theorie von Ferrero, Grande-za e dtcodenza di Roma IV S. 285 (franz. Übers.) über den unlösbaren politischen Gegensatz unter den Anhängern des Antonius, der zur Katastrophe führte, ist an sich ansprechend. Der Verfasser scheint mir aber die

Ernst Kjellberg, C. Julius Eurykles. ib

der Flucht verfolgt haben und ihm drohend auf die Frage, wer es sei, der sich erkühne den Antonius zu verfolgen, geantwortet haben: 'Ky<ä, Ei-QvxXrjC o .layä(>ov^, ti'/ KaiouQo^ '"^'zf/ T'''' ^"i* -7»t(io^ tx6ixo'>i' Uürarnv. Antonius hatte nämlich den Lachares wegen Raubes hinrichten lassen.

Dieser Bericht ist als Ganzes nicht zu halten. Nachdem die Segelschiffe des Antonius und der Kleopatra die offene See erreicht, war für die Ruder- galeeren Caesars nicht an eine ernstliche Verfolgung zu denken. Plutarchos erzählt weiter. Eiirykles hätte das Schiff des Antonius verfehlt, dafür aber das andere feindliche Admiraisciiiff versenkt und aiißeidcm ein mit reichem Gerät beladenes erbeutet. iS'un hatte Antonius bei dem Anblick der Flucht der Kleopatra eine kleinere Pentere bestiegen, um sie einzuholen. Die Admiralschiffe seiner Flotte werden gar nicht an der Flucht teilgenommen haben. Die zuletzt genannten Taten des Eurykles galten eher den zurück- gebliebenen als den fliehenden Schiffen.

Aus dieser Anekdote können wir doch folgendes entnehmen: die Todes- art des Lachares, die Parteinahme des Eurykles für Caesar, seine Teilnahme an der Schlacht und Auszeichnung im Kampfe und seine reiche Beule

Pausanias bezeugt aucli, daß die Spartaner die Partei des Caesars in diesem Kampfe ergriffen ' |.

Die Familie, der Eurykles entstammte, führte ihre Ahnen auf die Dioskuren zurück 'j. Leider ist es nicht möglich, seine Vorfahren unter den leitenden Persönlichkeiten Sparlas in der Vergangenheit namhaft zu machen'*).

Dem Vater des Eurykles haben die Athener eine Statue errichtet.

militärischen Verhältnisse unrichtig zu beurteilen, indem er die dem Antonius zur Verfügung stehende Land- wie Seenif>i;ht bedeutend überschätzt, und die Wirkung der von den Streitkräften des Caesar durchgeführten Blockade zu gering achtet.

1) Pau.s. (ed Spiro) IV 81. 1 'ort iifooruvv Ae.KtdaiuiiruH tu AiyoioTuv.

2) IG. V 1 971. 6 ZQiaxoaiov xu'i hxror ümj JiooxuiijMV, 1172. 4 /.;' fCTO \[Jioßx]ovQoji' beidemal von C. lulius Eurykles Herklauos dem Ururenkel des Eurykles. In der ersten der genannten Inschriften folgt ü^x'^Q^" t''" ß'''" ^"'*' Sf/ia<itC)v ÜTiö n^oyoi'wt; in der zweiten lepiit x[a} «ppf/E^fr;] TOv rcür [S]fßc!aTwr [otxov di]ti ßlov, was bei einigen durch falsche Verbindung mit dem vorhergehen- den Jiiiaxoiijiuv zu der Annahme eines in der Familie erblichen Priestertumes dieser Schutzgüttor des Staates geführt hat. Dieses spukt noch bei Dessau a. a. O. Nr. 199, ist aber für Eurykles Herklauos ohne sicheren Beleg. Spät€r finden wir es IG V 1. 559. 0, wo Sextus Eudamos Sohn des Ouasikrates der Inhaber ist. Aber dessen Verwandtschaft mit der Familie des Eurykles ist, trotz der beiden gemeinsamen Abstammung von den Dioskuren, unbezeugt. In Nr. 463. 4 ist A()"statt kl' zu ergänzen, denn Spartiatikos war Großvater des Herklauos. Der Index zur Stelle hat S. 34G das richtige (JtüaxovQoi, utio J.).

3) Siehe den Stammbaum von Kolbe IG V 1, S. S07 und Paton, Trans, of th' Aincr. Piniol. Assoc. XXVI.

46 Ernst Ejdlherg,

die einzige, die in dieser Zeit von ihnen einem Spartaner gewidmet wurde'). Schon er war also eine der führenden Persönlichkeiten von Hellas, wenn uns anch weitere Nachrichten darüber fehlen. Auch der Zeitpunkt des Zerwürfnisses mit Antonius ist nicht überliefert. Caesar hatte den Spar- tanern ihre Parteinahme für Pompeius verziehen. Im Herbst 43 hielt sich der Flottenführer der Caesarmörder. Stnius Murcus. in ihren Gewässern anf. der in Tainaron einer ägyptischen Flotte aufgelauert hatte, die den Triumvirn Zufulir uacli Italien bringen sollte^). Bei Philippi standen dann 2000 Spartaner im Lager des Octavianus. die in der ersten Schlacht sämt- lich niedergemaclit wurden. Brutus versprach seinen Truppen, im Falle des Sieges sollten sie u. a. Sparta zur Plünderung erhalten"). Die Trium- virn belohnten dagegen die Spartaner durch Verleihung des Dcnthaliati- schen Gebiets, um das sie schon oft mit den Messeniern gekämpft hatten^).

1) IG II 5. 1171b, Diu. SyU? 786. ^H ßoi'/.li xcd u lU'/jiog |.(jn/(':<»/r Elovyj.iovt; t.l]«Ä't<)f«.((('ii70)' aijtrrjQ l'rtxa. Dieser Ideutifikatioii widerspricht Kolbe, der den Vater des Eurykles iu einem Aa/äorj^ 'H[()(t]x).ayoO siekl. der unter den spar- lanisclicn G-eronten des ersten Jalirhunderts v. Chr. aufgezählt wird IG V 1. 94. 11.

2) App. Bell civ. IV 74 u. 82. - 3> Pliit. Brut. 41. 3 u. 46. 1.

4) Tac. (Halm) Ann. IV 43. Avditac (h'lünc Laced'icmoniorum et Messenioriim legationes de iure tcmpU Diiinne Limnntidis, quod suis a maioiibus suaque in terra dicatum Lnccdacmonii firmahant annalium memoria vatumque carminibiis, sed Mace- donis Philippi, cum quo belhssent, armis adenipium nc post C. Caesaris et M- Anionii sententia redditum. Contra Messenii vctcrem inter Hercalis postcros divisionem Pelo- jwnncsi prolulere, siwque reiji Dcnlluitiatem ogrum, in quo id deluhrwii, ccssisse; mnni- mentapue eins rei sculpla saxis et aere prisco manere. quod si latum, annalium ad iestimonia vocentur, plures sihi ac locupletiores esse; ncque Philippum potentia, sed ex vero statvisse. ideni regis Antigoni, idem iinperatoris Mummü indicium ; sie Milesios perniisso publice orbiirin. poslremo Atiditnn Geminum praetorem Arhaiar derrevisse. ita secundum Me-ssenios datum.

Gegen die von Kolhe Aih. Mitt. XXIX (19134) S. 306 u. 37.'3f. vorgeschlagene Identifikation des in der Grenzurkuude IG V 1. 1431. 38 genannten Heiligtums mit dem berühmten vonTacitus oben erwähnten, wo der Sage nach KönigTeleklos einst ermordet wurde, spricht folgendes: Es g.ib im Grenzgebiete zwischen Lakonien und Messenien noch ein anderes Heiligtum der Artemis Limnatis, von dem Reste bei der Kirche Tlurcylu bojÄi/iiinriaar. gefunden sind, IG V 1 S. 261. Am Cboi- reios sind bisher keine derartigen Funde gemacht, was darauf deutet, daß das erstere Heiligtum das bedeiitendero war. Mehr noch fällt ins Gewicht, daß Pau- sauias die Stätte in der Nähe von Thuria erwähnt: IV 31. 3 ton 6i iv /.ttooyc^io) xi'oßij KfO.<'uiai xctt .llinai yuiijlov' tv ii (tvrijj Aifii'undoc ifoiiv inziv 'A(>Tfi.ii6oQ, ti'i^tc 'Vi,/.(-xi.iu y.rl. Aber der C'hoireios liegt weit von Thuria ab: Pharai und Abia liegen dazwischen. Die "Worte Strabons von der Lage des Heiligtums Vni 3G2 rb ä'tv Alfncac t'^; 'AiJTifjuioi; 'leoi'iv .... tr .«e&oo/o;; iarl TT/g th^Ac.xv}- rixTi4 xai xT^q Msoariring widersprechen nicht der Identifikation mit den Resten bei der Volimniatissa. Von dort beträgt nämlich die Entfernung bis zum Kamm des Taygetos nur etwa 10 km, meist Wildnis; jHftfi'ipi« kann Grenzgebiet in weiterem Sinne bezeichnen. Das spartanische Gebiet wird aber noch näher ge-

C InUus Etirißles. 47

Als nacli dem Falle von IViusia die Gegner dos Caesar aus Italien flohen, ließen die Spartaner sich nicht ckirch die Waffenbrüderschaft mit ihm hindern, der Livia mid ihrem einjährii^cn Sölinlein, dem spateren Kaiser Tiberius, ihren Schutz zu gewähren. Sie iiaticn nämlich zu den Claudiern alte Beziehungen. Bei dorn Aufenthalte in Lakonien kamen Livia und ihr Gefolge durch einen Waldbrand in große Gefahr. Livia erinnerte sich noch lange mit Dankltarknit ihres Aufenthalts in Sparta').

Als nach dem Frieden mit S. Pompeius in Misenum. wo diesem der Peloponnesos versprochen worden war, Antonius diese Landschaft mit den schwersten Erpressungen heimsuchte, um dem Rivalen so wenig als möghch übrig zu lassen, wird Sparta auch betroffen worden sein, obwohl es als civitas libera et foederata von ordentlichen Steuern und Abgaben befreit war^). Später wurde Griechenland wieder der Schauplatz der Rüstungen des Antonius. Von den Messenieni wiril berichtet, daß sie seine Sache mit Eifer ergriffen hätten. Die Spartaner verhielten sich dagegen ab- lehnend. Offener Widerstand zu Lande war wohl nicht möglich, aber das oder die Schiffe des Euiyklcs stießen zur Flotte des C'aesar. Die Hin- richtung des Lachares dürfte in die Zeit dieser Rüstungen fallen.

Die Spartaner erhielten reichen Lohn für ihre Parteinahme auf Kosten der Messenier. Sie bekamen die Städte Thuria und Kardamyle, wälirend

wesen sein, deun es giiu auf die Westseite des Taygeto.s über. Das lehrt eben die von Kolbe publizierte Grenziirkiiude, die Zeile 39 sagt: XolfjEior, fli; oqI^ci Meaaijvij xal .litxtiSiti'fiori n{>og 'E>.i:vitniu}.ihtijjvui. Am Nordufer des Flllßchens war also neben dem mosseuischen auch spartanisches Gebiet. Möglich ist, daß ein Streifen spartanischen Landes bis nach Thuria reichte, in welchem Fall die von Augustus vorfligto Verbindung dieser Stadt mit Sparta wirt.schaft]ich und geographisch besser begründet ersclieint. Das Zeile 3:> der Grenzinschrift ge- nannte Heiligtum der Artemis Lininatis dürfte mit dem von Paus, in der Nahe von Alagonia orwabntfn Artemisheiligtum identisch sein: III '26. 11 üi'f.s «ff ni- rö&( fiel« Jiofiouv xcti\iQTi'ßi6di; tativ ifpu. Ein Grund, die Entscheidung betreffs des Denthaliatischen Gebiets dem Diktator Caesar zuzuschreiben, wie jetzt all- gemein angenommen (Klebs s. v. Atidius Gcmum^ F.-W. 11 8. '2075, Kolbe IG \ 1 p. XV u. 8. '2iiO. Ath. Mitl XXIX S. 377), liegt nicht vor. Dali Antonius spater das Ge- biet den Messenieni zurückgegeben habe, ist eine mnasige Annahme. Die von Aii- guslus nach Actium in diesen Gegendon vertügten Gebietsverilnderungen be- treffen andere Gebiete als das Denthaliatische. Dieses wurde von Tiberius den Messeniern gegeben, aber trotzdem finden wir bei Pausanias. daß das Land am linken Ufer des Choireios zu seiner Zeit lakonisch war. Die Donthali-itis lag also nicht dort, wenn man nicht einen neuen Wechsel annehmen will, zu dem .sonst kein Grund vorliegt. Vgl. auch Mommscn bei Neubauer Aivh. Zeil.. 1876 S. 1*38 A. 16. Die Inschrift IG V 1 1448 kann für die Datierung nicht ent- scheidend sein, wie Kolbe will.

1) Suet. (Ihm), Tib. 6. Lncedaemoniis piiblire, qno^l in Ititcla Chudioritm erinit, di'iiiiindatus. Dio LIV 7. 2. Die Spartaner nennen IG V 1. 370. '2 den Gernianicus «,T») nnoyörutr fliityirTr.y.

2) Dio XLvni sa 1.

■18 Ernst Kjellherg,

Leuktra, Gerenia. Alagonia und Pharai dem Bund der lakonischen Städte zugeteilt wurden '). Es scheint richtiger diese Gebietsveränderungen nicht mit dem Besuch des Augustus in Sparta in Zusamnicnliang zu bringen; dann würde Dio sie nicht übergangen haben, sondern sie gehören eher in die Zeit der Neueinrichtung der Provinz Achaia, die vor dem Jalire 27, wo diese dem Senate übergeben wurde, abgeschlossen gewesen sein wird.

Sclüicßlich erhielten die Spartaner den ehrenvollen Auftrag, die vom Kaiser neu ausgestatteten Äctisehen Spiele zu leiten, die vom Jahre 28 an jedes vierte Jahr gefeiert wurden-).

Euryklos stand von dieser Zeit an bei dem Kaiser in hoher Gunst. Er erhielt das römische Bürgerrecht und fügte den Namen Gaius lulius zu dem seinigen.

Über sein Alter liegen keinerlei direkte Nachrichten vor. Da er aber bis nach dem Tode des Augustus im Regiment war siehe unten S. 57 war er wahrscheinlich jünger als dieser. Andererseits kaim er wohl nicht später als 50 v. Chr. geboren sein. Er wäre sonst für eine Führerstellung in der Schlacht bei Actium zu jung gewesen. Eine ver- hältnismäüig späte Ansetzung seines Geburtsjahres empfiehlt sich auch aus dem Grunde, daü sein Sohn Lakon noch unter Claudius in Sparta die Herrschaft führte'').

Zu den Besitzungen, die seine Familie besaß sie muß nach der Bedeutung zu urteilen, die Lachares hatte, nicht unbegütert gewesen sein kam nun die reiche Beute aus der Schlacht und Geschenke des Kaisers. Inbezug auf Reichtum gehörten er und seine Nachkommen zu den ersten in ganz Hellas.

Wir finden ihn im Besitz der Stadt und wohl damit auch der ganzen Insel Kythera*). Dagegen kam er nicht gleich in den Besitz der Herr- schaft über Sparta. Dort sind nämlich Münzen geprägt mit dem Namen und dem Bild des Caesar, aber ohne denjenigen des Eurykles. Sie werden in dio Jahre nach Actium zu datieren sein^).

Aber es dauerte nicht allzu lange, bis Eurykles. auf die Gunst des Augustus gestützt, die Leitung der Regierung in Sparta übernehmen konnte.

1) Thuria: Paus. IV 31. 1, Kardamyle III 2C. 7, Leuktra wird III 21. 7 unter deu Eleutherol.al;onen aufgezählt, die Messenier macheu aber darauf Anspruch 111 2<'.. 6, Geronia III 21. 7 und 26. 8, Alagonia III 21. 7 und 2t?. 11, Pliarai IV 30. 2.

2) Strabou VII 325.

3) Weil a. .a. O. Münzen Nr, 5 7.

4) Strabon VIII 3ß3 Kvi>>joa . . . vTjOOi; ev/.ifA(yo<;, 7iü>.iv t/ovait o/.tüjv cfiov, i]v io/ev A"i';>iv?>.<;^ f'c uiijei xrt/ontjQ Idlui, ö xai)-' ijuni rtoi- ^laxt<)ta/ioy/üjr Siye/xioi: Beachte den Aorist.

5) Weil a. a. 0. S. IG A. 2.

C. lidiiis Enii/lles. -i',)

In die Zeit von Agrippas zweitem Aiifentlialt im Orient dürfte, nacli Weil, die von ihm als Nr. ■_' atii'jicfiilii'te Münze gelioien'). Sie Itägt auf der Vorderseite Name und Dilil des A;;rippa: auf der Rückseite den Namen Ev(irx/.i. Ein Collegiuni der Agrippiasten finden wir inschriftlich erwähnt, das ilirem l'atrnn eine Statue errielitete, deren IJasis zum Teil noch crlialten ist. Der Vorsitzende des CoUegs war C. luliiis D(>ximaclios, der Sohn des Pratolaos. Da wir finden, daß ein Sohn des Eurykles auch den Namen Deximacbos führte, ist es wahrscheinlich, daß die Familien beider mit einander verwandt waren ^). Die Rückseite der Agrippauiünze stimmt mit einer anderen, \on Weil nicht erwähnten, überein, deren Vorderseite einen jugendlichen Kopf und die Inschrift AYCI sowie ein Monogramm trägt •').

Schon vor das Jalir 27 setzt W(:il seine Münze Nr. 1 mit dem Bild uiul Namen des Kaisers, KAIC.*). Nachdem dieser im genannten Jalire den Titel Augustus angenommen, dürfe die-^er Name nicht auf den Münzen fehlen. Aber auf mehreren, die sicher später geprägt sind, fehlt dieser Titel-^). Wir haben also das Recht, die erwälinte Münze auf ein späteres Ereignis zu deuten. Etwa gleichzeitig mit dieser dürfte eine andere sein, die dasselbe Bild und dieselbe Inschrift auf der Vorderseite zeigt. Statt des xXdlers finden wir dagegen den Namen AVorzÄf von einen Lorbeer- kranz umgeben''). Dieses läßt sich ungezwungen auf die Erhebung des Eurykles zur Herrschaft beziehen. Das Bild des Kaisers wird ein Zeichen der Dankbarkeit sein, kann aber außerdem noch eine andere Beziehung

1) Weil a. a. 0. S. 14. Siimtliche nuf Eurykles sich beziehende Münzen sind bei Gardtli.ansen II 1 S. 219 A. iS aut'gel'uhrt, aber wenig ubersiehtlic}i.

2) IG V 1. 371 [M. Agrippa]m rus. tert. [irihuni]c. potent. [ . . A]grippiastae [et prince]ps C. Julius [. . . Dexi]machm, Pratola[i f].

[M. '.-l)'()i'7i]:tnj' vni'.TOv [xo y', i>in]iin-/i;(ri^ !'Sov[<Ji(ig vi) . . .'A]yQi:t7i(et<jT(t) [xnl Ti'jdaßvi) ri'^'io: 'loi/.ioQ [. . . J(]3i'fucyns /7p(;[r(y.ß].

IG III 8<Jlb, Ditt. Syir^ 7&S [/, Srjfioi rdio]:' 7[o]!V./or Jeqlun/ov [E\vi<v- xkiovq v'iöy. Vielleicht ist der IG V 1. 141. 18 gen.annte Jtii'/ja/o^ Etpvx/.lovg mit diesem identisch, nmsomehr, als gleich nach ihm ein gleichnamiger Sohn des Pratolaos erwähnt wird. Dann müßte man aber annehmen, daß der vor- her genannte PaS<\itciiltvc EvgvxXi'ov.: auch ein Sohn des Tyrannen sei. Dieser letztere Vornaiae sticht aber zu sehr gegen die übrigen in der Familie des Eu- rykles gebräuchlichen nb. um die Annahme besonders wahrscheinlich zu machen.

3) Inihoof-Blumer, Monnaies yrecques S. 172 No. 8G. Avoi^trida.;? 4J Weil a. a. 0. S. 13 u. Kl

5) Siehe z. B. Collen. Descr. hist. d. luonn. frapp. sous VEmpire Romain I S. 77 fr. Nr. 58 Cnesar Divi f. Armen, reccp. imp. VI]., .5!) Caeaar Divi f. Armen, capt. imp. Till, beide ans dem Jahre 20 v. Chr., Nr. 229 .S. P. Q. R. Imp. Caesari quod viae miinitae sunt, 230 dieselbe Inschrift, aus dem .Jahre IG v. Chr., 322 i'. ■P. Q. R. Imp. Caesaii cot. p. susc. pr. sal. et red. I. 0. M. sacr., 327 .S. P. Q. R. Iwp. Caesari beide auch aus dem .Tahre IG.

6) Imhoof-Blumer a. a. 0. Nr. 88.

Kilo, Beiiräf p zur alten Geschichte XVH 1/2. 4

6

50 Ernst Kjellhcrg,

haben, nämlich auf den Besuch des Augustus in Sparta ira Jahre 21. Dies letztere muß aber dahingestellt bleiben, bis andere Gründe gefunden sind, die dafür sprechen, daß die Ehrung des Eurykles bei dieser Gelegen- heit stattfand.

Unter der Herrschaft des Eurykles kommen weiter Typen mit dem Kopfe des Zeus und dem der Sparta vor'). Jener ist dem auf spartani- schen Münzen gewöiinlichen Lykurgos ähnlich 2). Die Rückseite von Weil Nr. 1, stehender Adler, 2 und der „Jröt" -Münze, Kerykeion, kommen oft vor=^). Weniger gewöhnlich ist die Keule von Nr. 3*). Der Kopf der Sparta kommt sonst nicht auf den Münzen vor und das Bild der Rück- seite, die Dioskiiren zu Pferde, finden wir erst unter Hadrianus wieder'). Es sollte natürlich eine Anspielung auf die Abstammung des Tyrannen von den alten Landesheroen sein.

Die spartanischen Könige Arcus und Nabis, die einzigen Könige, von denen Münzen erhalten sind, setzten ihren Namen im Genetiv darauf ß). In der Zeit der ersten Kaiser gebrauchten die dem Gesetze nach höchsten xVmter diesell)e Ausdrucksweise neben dem Nominativ''). Andere Spartaner kommen fast ausnahmslos nur im Nominativ vor 8). Eurykles gebraucht auf der Hälfte der Münzen die Abkürzung EvQvxXi, die nur als Genetiv gedeutet werden kann, folgt also dem Beispiel der Könige. Auf den übrigen Münzen hebt er den Unterschied gegen andere Beamten durch den Gehrauch der Präposition trti hervor. Hierin ist sein Sohn Lakon seinem Beispiel gefolgt*).

Dieses Selbstzeugnis des Eurykles von seiner Ausnahmestellung wird durch Strabon bestätigt. Er nennt ihn ö /.ad^ r/fiäg rmi' Actxtdaifiovlruv i'jytf/on- und spricht von seiner aQyt) und tjrtöTßc;/« '"). losephus bezeichnet ihn nur als einen in seiner Heimat bedeutenden Mann, und Pausanias kennt ilin nnr als Spartiaten*')- Strabons Zeugnis M für uns natürlich maßgebend. Und die Tatsache der Prägung von Münzen im Namen des Eurykles zeigt auch, daß seine Herrschaft irgendwie legalisiert war. Die Un-

] ) Weil n. a. 0. Nr. S u. 4.

•2) Cat. fiflhc coins in the Brit. Aftis., Peloponnestis S. 12'2 Nr. 14—21, 61. Vgl. ebenda Tat'. XXIV. 7 mit XXV. 6!

3) Ebenda S. 12'2ff. Nr. 22-34, 69 u. Nr. 14-21, 61.

4) Ebenda S. 124 Nr. 41-43. 5) Ebenda S. 129 Nr. 73.

6) Nu») Chronicle 18^7 Taf. V- 2 u. Ztschr. f. Num. II (187.5) S. 285 u. Taf. rX. 1, Jalirg. XXI (1894) S. 213 Taf. IV. 14.

7) Brit. Mus. a a. 0. S. 126 Nr. 51 -.53, 56-61.

8) Münsterberg, Beamtennamen auf griech. Mümen S. 55 (Sep. ans Numism. Ztschr. Wien 1911 S. 128). Der Genetiv Alj^a macht Ausnahme. Muaavi'aoov ist kaum lakonisch.

9; Weil a. a. 0. Nr. 1, 3—7.

10) Siehe S. 48 Änm. 4 und unten S. 57 Aura. 3.

11) Siehe S. 54 und S. 53 Anm. 3 u. 4.

C. Inlhis Eunjkles. 51

kenntnis von der Stellung des Eurykles bei losephus und Pausanias läßt sich erklären, wenn man annimmt, daß sein Regiment nicht die voU- stäntligo Aufhebung der verfassungsgemäßen Behörden von Sparta bedeutete. Er kann eins oder mehrere der gewöhnlichen Ämter Jahr für Jahr be- kleidet haben; er kann auch durch Beschluß von Volksversammlung und Rat oder durch Dekret des Kaisers außerordentliche Vollmachten erhalten haben, durch die alle anderen Organe der Stadt zu tatsächlicher Be- deutungslosigkeit herabgedrückt wurden, obwohl sie rechtlich fortbestanden. Aus der Nichterwähnung des Dio bei Gelegenheit von Augustus' Besuch in Sparta sowie aus seinem und des Tacitus' Schweigen über seiuen Fall, der in der ersten Zeit des Tiberius stattgefunden haben muß, sclüieße ich, daß die spartanischen Beliörden formell die Vollmachten erteilten.

Jedenfalls war seine Macht so groß, daß sie zu schwerem Mißbrauch Anlaß gab, und die Lakedaimonier selbst waren ohne Eingreifen des Kaisers nicht imstande, sie zu zügeln.

Über die Gründe, die Augustus zu der in einer griechischen Stadt ungewöhnlichen Maßnahme, einen Tyrannen einzusetzen, bewegten, ist nichts überliefert. Antonius hatte es vieler Orten getan. Unter Augustus wird sonst nur von einem griechischen Stadtlierrscher berichtet; und dessen Regiment war wohl nicht von langer Dauer*).

Günstlingswirtscliaft war dem Augustus nicht fremd, wie die Geschichte seines Freigelassenen Likinos beweist, der sich in Gallien die unerhörtesten Erpressungen erlaubte und auch, als der Kaiser ihn seines Amtes ent- hoben hatte, noch große Reichtümer für sich retten konnte 2). In anderen Fällen sind es politische Gründe gewesen, die Augustus dazu bewogen haben, seine Hand über Tyrannen zu halten, auch wenn sie zu schwerem Klagen Anlaß gab, wie z. B. Herodes von Judäa. Meist werden persön- licheNeigungen und politische Berechnung verbunden gewesen sein. Ersteren nachzuspüren, wäre hier ein müßiges Beginnen.

Alle Ehren, die Römer und Provinzialen dem Augustus bereiteten, konnten doch den Kaiser und seine Zeitgenossen nicht darüber hinweg- täuschen, daß sowohl der Kaiser persönlich wie die von ihm geschaffenen Einrichtungen des größten Schutzes und nnabläßiger Wachsamkeit für ihre Sicherheit bedurften. Die Provinzen des griechischen Ostens waren seit bald 200 Jahren gewöhnt, von den Römern Befehle zu empfangen, und die Unruhen einiger wilder Stämme in Makedonien. Thrakien und Kleinasien konnten die Sicherheit der Regierung nicht gefährden. Nicht einmal die Bürgerkriege hatten hier zu Versuchen der Erhebung geführt. Den Bewohnern der Kulturgebiete im Umkreise des östlichen Mittehneeres

1) Über Nikias von Kos siehe Gardthausen II 1 S. 122 A. 20.

2) Suet. Aug. 67, Dio LIV 21, Pros. Imp. Barn. II S. 288 Nr. 193.

4* 8

52 E)nst Kjdlherg.

war der Glaube an dio Unüberwindlichkeit der Römer und au ihr Recht, alle anderen zu belicrrschen. in Fleisch und Blut übergegangen. Die Bürgprkiiege hatten aber auch gezeigt, daß diese Unterwürfigkeit der Grae- culi und der anderen Völker des Ostens diese reichen Länder zu einer leichten Beute machten liir jeden Römer, der dort mit iiewaffnefer Macht auftreten konnte. Nur wenige Gemeinden, wie Rhodos und Sparta, wo noch von früheren Zeiten ein Rest politischer Gesinnung übrig geblieben war, hatten dem Brutus und Cassius die Heeresfolge verweigert.

Bei dem starken Mißtrauen des Augustus gegen den Senat war es selbstverständlich, daß (heser bei der Teilung der Provinzen nur solche erhielt, in denen keine Tiuppen standen. Außerdem mußte es dem Kaiser wünschenswert erscheinen, in den Senatsprovinzen üijcr persönlich ergebene Männer von hervorragender Tüditigkeit verfügen zu können, die für ihre Machtstellung ganz auf ihn angewiesen waren und die nötigenfalls zu seinen Gunsten eingreifen konnten. In Sparta war durch die Beibehaltung der alten lykurgischeu Satzungen, die Erziehung der Jugend betreffend, am ehesten in Griechenland dii' Möglichkeit voihanden, eine bewaffnete Macht aufzubieten von den römischen Vetoranenkolonien natürlich ali- gesehen. Um so wichtiger war es für den Kaiser, sich dieser Stadt zu versichern. Ander.seits war Eurykles, um seine Stellung im Staate zu er- halten, ganz auf die Gunst des Kaisers angewiesen. Er hatte unter seinen Landsleuten mächtige Feinde, die ilin wiederholt beim Kaiser anklagten. Daher konnte dieser sich fest auf ihn verlassen und hielt durcli ihn auch Sparta in seiner Hand. Es ist auch nicht ausgeschlossen, ilaß die inneren Verhältnisse in Sparta die Einsetzung eines ..Tyrannen"' empfelileusvvert erscheinen ließen. Aber darüber ist uns nichts ijekannt.

Vorsichtig, man könnte fast sagen, tastend ist Augustus zu Wege gegangen. Nachdem er Eurykles durch den Besitz von Kythera ausge- zeichnet und geprüft hatte, hat er ihm die Leitung der Geschäfte Spartas ül»ertragen. r)a Veränd(Mnngen im Besitzstand und ElMru'iitungen der Untertanen oft bei persönlicher Anwesenheit des Herrschers oder seiner besonders bevollmächtigten Vertreter erfolgten, dürften wir nicht fehlgehen, wenn wir die Erhebung des Eurykles mit dem Besuch des Kaisers in Sparta in Zusammenhang bringen. Mit dieser Datierung läßt sich die Nachricht Dies gut vereinigen, daß der Kaiser damals Kythera mit Sparta vereinigte. Bei derselben Gelegenheit nahm er auch an den Syssitieu teil. Die Spartaner haben ihn dur'h Tempel und Altar geehrt und später finden wir das Fest der Kicioicriiia bei ihnen mit den EviJvy./.tKi. vereint. Über den Zeitpunkt der Ehrungen erfahren wir leider nichts Bestimmtes ').

1) Paus. III 11. 4, 7t; Y 1. 373. Woodwunl in Annual rif the British srhool at Athens XIV (1908; S. 13«. 10 V 1. 71b. 53, 8G. 3Ü, tt38. 13, 56iJ. 3, |6iJ3. ö].

C. lulius Euiykles- 53

Sparta war zu dieser Zeit nach Korintli die erste Stadt des Pelo- poiines. Zu den Römern stand sie itu Verhältnis einer civ/fns lihcra mit ncqiiiwi focdus und war frei von Steuern, uuißte al)er natürlich im Notfall gewisse Dienstleistungen verrichten 'j. Sein Gebiet umfaßte das lakonische Binnenland mit der Ebene des Eurotas; an einigen l'unkten, wie Karda- myle und nalirsoheinlich auch in der Nähe der Eurolasmündung, erreichte es das Meer. Von Bedeutung waren in dieser Zeit die Porphyrbrüche von Krokeai, wo der bunte sog. lakonische Marmor gewonnen wurde, der durch den steigenden Luxus der rönn'sclien Bauten innner mehr begehrt wurde-j.

Wie so viele führende Männer seiner Zeit, z. B. König Herodes, wurde auch Eurykles von dem Eifer belierrsclit, sich durch großartige Bauten einen Namen bei Mit- und Nachwelt zu machen. In Sparia l)aiite er ein Gyujnasion im Dromos, wo seit alters her die Jugend sich im Wettlauf übte'*). Die Hauptstadt der Provinz Achaia. Korinth, schmückte er mit prachtvollen Thermen, bei denen der bunte lakonische Stein reiche Ver- wendung fand. Noch zur Zeit des Periegeten l'ausanias waren die Bäder des Eurykles die l)erühmtesten der Stadt').

Ein paarmal erfahren wir von Ehrungen, die dem Spartaner zuer- kannt wurden. Der Stadt Asopos in Lakonien, die zu den Eleutherola- konen geholte, Juüte er eine Sliffnng gemacht, aus deren Mitteln tür ewige Zeiten das für das Gymnasium nötige ()l besciialft werden sollte. Dafür erhielt er von dem Städtchen den Titel trtQytTijc.^)- Die Athener ehrten ihn und seinen Sohn Deximachos mit je einer Statue").

Etwas mehr als ein Jahrzehnt nach dem Besuch des Kaisers in Sparta finden wir Eurykles am Hofe des Herodes von Judäa. Nach losephus hat er dort \erliäiignisvoll in den Konflikt zwischen dem König und dessen beiden Söhnen mit der Mariamme eingegiitfen^). losephus mag übertrieben haben, aber ganz kann man seinem Bericlit nicht die Wahrscheinlichkeit absprechen. Denn es läßt sich schwerlicli ein Grund angeben, warum er

1) Strahon VIII 36-5 fin. fn/^ir/i^i/oitv fitn<f>i-(j6rr(oq xri "ßfimv i!}.tvfti(>oi, n/.i/V iü>f ifiJ.ixCoy ?.tiTovfiyw)i' rj.'/.o avi it-t.oivztq oiitii:

ij Paus. III '21. 4 y'nßij xitkoviih)} K{>ox!ai xiu ?.iltoTO/iii'i:.

3) Paus. III 11. 6 nf.noitinii dl x(d yi<ßvuain tv T'o J(i(')/i(i>, lo tzujoi' licpv- xXeovg lii'äl^t/ftft, «rrf(iö^- S7iic()Tii''.ti>v.

4) Paus. II B. 5 dt örn/inaTOTCToy (cinor (dor Thermen iu Korintli) Tclriniov rov Tluijeiiiüirog. toCto dt Ei{ivxXT,g hnoi'ii<>f%', /'ov/j/ .l'nnpr/cir»;^, f.i'ltotg xon/i/'/aag xai f'O./.oig xal UV ir litioxfnig '//»nni Ti/i; AaxwvixTiq uQvaoovair.

5) JG V 1. 1*70 'A noXig Fwor loiliov Eii}vx).i[f'. iu\y tavTäg ti!ijyl{^T\nr av- üiria To \k]f.uiot' f[/c] rov niCor«.

C) IG III 80la = I)it(.. SijU^ 787 ['0 dTmog r<Ü]uv 'InO.iov A[(r/,'i.onvi uJ/.r] EvovxXta (iptTr/lg i-'yrxic]. Vgl. S. 411 Aum. 2.

7) Josephus (ed. Niese) Bell. lud. I 513-532, Antiqvitates XVI 3CtO-310. Der kürzere Bericht der letzteren ist vorzuziehen. Vgl. Otto Art. Herodes, P.-W Suppl. n S. 136.

10

54 Ernst KjeUberg,

oder seine Quelle dem Eurykles diese Rolle angedichtet haben sollte. Es hätte ja nahe liegen können, den Antipatros, der sonst als der böse Dämon gilt, als den Hauptschuldigen zu braiulniarken. Wir erhalten einige er- gänzende Mitteilungen über Eurykles. Er gilt als ein in seiner Heimat angesehener Mann ovx äat/,uoq rmj' txer, er verkehrt auf gleichem Fuße mit Herodes, bringt ihm Geschenke und erhält Gegengaben. Letztere sollen nacli losephus die ersteren weit überstiegen haben. Herodes hatte also Grund, den Eurykles zu ehren, der danach noch immer in der Gunst des Kaisers gewesen sein muß.

Die Stimmung am Hofe war bei der Ankunft des Eurykles nur scheinbar ruhig. Der alte Zwist zwischen dem Könige und seinen beiden Söhnen mit der Mariamme, Alexandros und Aristobulos schien zwar bei- gelegt durch die Vermittlung des Archelaos von Kappadokien, des Schwieger- vaters des Alexandros'). Aber die Wühlereien des Kronprinzen Antipatros gegen seine jüngeren Brüder hatten nicht aufgehört, wenn sie auch nicht offen betrieben werden konnten. Dazu kam in ungefähr derselben Zeit die Ungnade des Kaisers, die Herodes sich durch einen Kriegszug gegen die Räuber in der Trachonitis und ihre arabischen Helfershelfer zugezogen hatte*). Man gewinnt den Eindruck, als ob Herodes die engen Grenzen überschritten hatte, die den Vasallenfürsten des Reichs für ihr eigenes Handeln gezogen waren. Außerdem wird man in Rom ein weiteres An- wachsen der Macht des Königs mit Unbehagen gesehen haben. So lange eine Gefahr von der Seite der Parther bestand, hatte die kaiserliche Re- gierung den Herodes mit Wohltaten aller Art überhäuft, sein Gebiet er- weitert usw. Auch nach dem Abkommen vom Jahre 20 wurde er weiter begünstigt. Während dieser Zeit schienen in Parthieu sehr verwirrte Zu- stände geherrscht zu haben"'). Etwa im Jahre 10 war die Macht des Phraales dort einigermaßen wiederhergestellt. Er traf ein Abkommen mit Rom, nach dem mehrere seiner Söhne als Geiseln an die Römer ausge- liefert wurden, die M. Titius als Statthalter von Syrien in Empfang nahm. Die Vermittlung des Archelaos in den Streitigkeiten an Herodes' Hof kann nicht viel später gewesen sein*). Noch im März 9 bezeugten die reichen Geschenke des Kaisers zu der Einweihung von Kaisareia dessen Gunst^).

1) Jo.s. Bell. I 499 ff., Ant. XVI 261 ff. 2) Jos. Ant. XVI 271— 299.

8) Vgl. .Tos. Ant. XVI 253. Die dort erzählte Anklage gegen Horodes war iiatiirlir.h gi-uiullo.s. Darum braucht mau aber den Namen des partbischeu Königs, Mithradates, uiclit zu verwerfen, wie Otto a. a. 0. S. 134 tut. Wo sollte der Hof- nuuin den falschen Namen herbekommen haben? Mithradates war also, wie von mehreren angenommen ist, ein von der den Römern feindlichen Partei gegen Phr.iates orhobeuer Prätendent. Vgl. Gutschmid, Gesch. Irans S. 115, Gardthausen a. A. I S. 1129, Monuiii. .\ncyr. ed. Mommseu" S. 141.

4) Titius war damals Statthalter von Syrien. Jos. Ant. XVI 270.

5) Jos. Ant. XVI 13C— 141.

u

C. Ixdius Eniyklcs. 55

Aber gerade der bei dieser Gelegenheit gemachte Aufwand, das glanzvolle Auftreten des jüdischen Königs, mögen den Argwohn der immer miß- trauischen röinisclien Regierung geweckt haben. Die Weise, in der der Kaiser nach dem Tode des Herodes die entstandenen Thronstreitigkeiten löste, zeigt zur Genüge, daß ein starkes Judäa ihm unerwünscht war. Da bot dann der arabische Feldzug einen geeigneten Vorwand, den He- rodes zu demütigen. Das Verfaliren des Kaisers, den Gesandten des He- rodes jede Verteidigung ihres Herrn abzuschneiden, macht den Eindruck, als ob die Ungnade _ von vornherein beabsichtigt wäre'). Die Folgen für Herodes zeigten sich bald. Die unruhigen Grenzstämmc regten sich gegen den König und die inneren Zwistigkeiten in seiner Familie kamen zu er- neutem Ausbruch. Letzteres geschah vor der Abreise des Nikolaos von Damaskos nach Rom, dem es schließlich gelang, den Zorn des Kaisera zu besänftigen-). Da Eurykles als der Anstifter des neuen Familienzwists gilt, muß er also einige Zeit vorher nach Judäa gekommen sein. Ohne besondere Absichten wird er wohl kaum den in Ungnade gefallenen König aufgesucht haben ■^). Dafür spricht auch der Umstand, daß er nachher auch Archelaos von Kappadokien besuchte''). Sein Verhältnis zum Kaiser macht es wahrscheinhch, daß er von ihm irgendwelche Aufträge hatte. Bloße Geldgier, wie losephus im Belhim will, wird es nicht gewesen sein, die ihn an die Fürstenhöfe des Orients führte. Dann muß man auch ver- suchen, seine Wirksamkeit an Herodes' Hof vom Standpunkt der römischen Politik zu betrachten. Dieser war es zur Tradition geworden, in Klientel- und Nachbarstaaten Farteiungen und Streitigkeiten zu fordern, durch die ein geschlossenes Auftreten gegen Rom unmöglich gemacht wurde. Rom baute nicht nur auf die Treue seiner Vasallen; es wollte ilmen auch die Möglichkeit zur etwaigen Rebellion nehmen, indem es ihnen Gegner im Lande erweckte. Im Sinne dieser Tradition der römischen Pohtik arbeitete Eurykles am Hof des Herodes. Die Gegensätze waren schon vorhanden, und das verschlechterte Verhältnis des Königs zum Kaiser hätte vielleicht ausgereicht, seinen Gegnern neuen Mut einzublasen und die alte Partei der Hasmonäer. zu denen die streng jüdischen Richtungen aus Haß gegen Herodes sich gesellten, zu neuer W^irksamkeit anzuspornen. Und die beiden Söhne der Mariamme, mochten sie es wollen oder nicht, waren die gegebenen Wahrzeichen und Häupter der Partei. Das war das Erbteil, das sie von ihrer Mutter hatten. Sobald sich die Gegner des Herodes im

1) Ebeurla 289.

2) Ebenda 299f. y.axil fiiv o Jri/ia(Txtiroi; än/'/ei Niito^.ao^. ^§tTiTii(>axTO 6i neiH iijv olxlar xin ror? nfü6i<g iivtih noXv yfjQov io/ijxutn nt(>i rbr xc.i'jov ixclror. Beachte das Plqpf.

3) Dies verdanke ich einer Anregung von Prof. M. P. Nilsson in Lnud.

4) Jos. Bell. I 530, Ant. XVI 309.

12

56 . Ernst KjeUbcrg,

Lande lülirteii. mußte sich der Verdacht auf die Söhne der Mariamme richten, wie unscliuldig sie auch waren. Die Arbeit des Eurykles wurde dadurch sehr erleiclitert. Er lirauchte nur die schon vorhandenen Kräfte auszulösen und in Bewegung zu setzen.

Er wurde von allen Parteien ehrenvoll empfangen. Er wohnte bei dem Kronprinzen Autipatros. Den König hat er vielleicht bei dessen Reise im i'elopoimesos im Jahre 12 kennen gelernt'). Jedenfalls gewann er bald dessen Gunst. Geschenke von Herodes sollen in Sparta auf- gestellt gewesen sein-). Bei Alexandres führte er sicli ein. indem er sich auf seine Freundschaft mit dessen Schwieger\'ater Archelaos berief. Er verleitete den Prinzen zu unbedachtsamen Äußerungen gegen den Vater und hinterbrachte sie dann diesem und dem Antipatros. wobei es den Schein gewann, als handle es sich um eine Verschwörung gegen das Leben des Königs. Dieser war dem Eurykles äußerst dankbar für die Enthüllung der vermeintlichen Anschläge und belohnte ihn fürstlich. Antipatros bewies auch seinen Dank durch Geschenke^).

Die Sciiwächen der herodeischen Monarchie waren offenbar geworden, sobald der Schutz Roms über dem König wankte. Räubereinfälle an der Grenze, gährende Miüstimmung im Volk, blutiger Hader innerhalb seiner eigenen Famihe. das war das Resultat der scheinbar so glänzenden Regierung. Und Rom konnte den Ilerodes wieder ruhig zu (iiiaden nehmen; er war nicht und konnte nicht gefährlich werden.

Ehe gegen Alexandres und seinen Bruder Aristobulos weitere Schritte unternommen wurden, reiste Emykles nach Kappadokien weiter.

1^ Jos. Bell. I 4261'., .4«^ XVI 14fi. 2) Jos. Bell. I 42ö.

3) Die Untei'schiede zwischen den beiden Berichten des Josephus über Eurykles machen es wahrscheinlich, daü in diesen verschiedene Quellen vor- liegen. Auf die verwickelte Diskussion ülier diese hier einzugehen, wtlrde zu weit führen. Einige Bemerkungen zu den grade vt'rliegenden .A.bschnitten mögen genügen. Die Darstellung iu Bellum ist stark rhetorisch. Eurykles -sn ird nicht nur als äußerst habsitchtig, sondern auch als blutdürstig beschrieben. Sein Bericht über die Verschwörung der Prinzen ist hier stärker aufgeputzt Dieser wird hier direkt an Herodes gerichtet, während in den Ant Antipatros ihn erst empfangt und durch Geschenke Eurykles bestimmt, dem Könige .anzeige zu machen. In Bellum finden sich auch in diesem Zusammenhange Klagen über die Kegierungsweise des Hemdes, die Bedrückung der Untertanen mit Steuern, die Verschwendung der (Jelder zu unw ürdigen Zwecken. Das sind Au.>idrücke, die nicht dafür zu sprechen scheinen, daß dieser Abschnitt auf Nikolaos von Damaskos zvirückgeht. dessen Dursteliung dem Herodes sehr günstig war (Otto a. a. 0. S. 7: vgl. dagegen Hölschcr, Art. losi-plms, P.-W. IX. S. 1947 ft'.). Die Ant. sprechen von der xo?.i;xei'a und rovif>] do,> Spartaners und von seiner Kunst, sich zu verstellen. Ihr nüchterner Bericht sticht vorteilhaft gegen die Phrasen des Bellum ab. Bei Verschiedenheit der tatsächlichen Angaben sind immer die Anli- quiliileS vorzuziehen, wie Otto S. 13C bemerkt.

13

C. lulius Eiirijkles. 57

Über die Tätigkeit des Eurykley dort erfahren wir nur, daß er sich rülimte, zwischen Alexandros und Herodos ein gutes Verhältnis liergestellt zu haben. Audi von Archelaos erhielt er große Geschenke und begab sich dann nach Hause.

In dieser Zeit war es zwar allgemeine Sitte, daß die Fürsten die- jenigen Personen, die ihnen ihre Aufwartung machten, durch (ieschonke belohnten. Die dem Kur^kles gegel)enen scheinen aber das gewöhnliche Maß überschritten zu haben'). Sonst hätten sie wohl nicht zum Vorwurf der Habgier den Anlaß geben können. An sich sind sie mehr Für die Stimmung des Königs als für den Charakter des Spartaners bezeichnend. Sie sind weiter ein Zeugnis, daß dieser nicht nur als Privatmann zu seinem Vergnügen reiste.

In der Heimat hat Eurykles nocli lange regiert. Seine Machtstellung überlebte doch nur um ein kurzes den Tod des Augustns, wie Ditten- berger nachgewiesen hat. Es ist nicht notwendig und durch nichts be- zeugt, daß er schon fräher einmal in die Verbannung hat gehen müssen, wie von mehreren angenommen ist 2). Die Angaben des Strabon und des losephus lassen sich nämlicli ohne Zwang auf dieselbe Begebenheit be- ziehen'^). Für eine längere Regierungsdauer spricht auch die verhältnis-

1} Einmal 50 Talente Jos. Ant. XVI :3Ü9.

2) Ditteiilierger a. a. O., Niese a. a. 0.

3) Die Stellen sind folgende: Strabon VIII 3(36 Nsojot) 6' EvQvx'/Jiq nvrovQ (dio Hpaftauov) ^riiijaSs d6§ici änoyo/jac.altfct ti] KainaQOi tpü.iq Tiigri lov /(trsilov iiybi Ti/i' (niOTualav avzüiV tJiavtJi-.TO 6' rj i'.n/i) rß/(-'t«c, ixfivov inv 7ia(iniw(i>)aavT0(; s/g TO /iteötr, tov A' vlov xijv <fi).ic.v üniaroc/iitrrnr z^,r zOKdTijv näaar. Ditteu- berger hat a. a. O. einwandfrei nachgewiesen, daß txi^lvov auf Augustus bezogen werden muß und rof v'ioi- Tiberius betrifft, da es uumöglioli die Meinung des Verfassers gewesen sein kann, daß der Sohn des Eurykies eine derartige Freund- schaft mit dem Kaiser verschmähte. Der fall d''S Eurykles hat also erst nach dem Tod des Augustus stattgefunden.

Jos. -4»!^ XVI 310 El-ovxkTii; ßiv old' ("»■ r;; AaxfSalßovt Tiavad^ievoq i'dai /xo^ä-Tj^iöi:, t.T/ noXkolc näixtjfw.otv ünsoTCffy'ittti li/i nnii^iidot. Bell- I 531 Jtüoac iV di; r/, r 't,)'f.ada roi; tx xaxOiv xr>j{y(tijiv iig v/ioia xr.ie/nt'/oaTO' d'ig yuC-v tTii KaiaaQoq xaTr/yo'jij&H^ (-rri Tw ardaeog ((XTi/S/aai ii^v 'A/aiuv xc.i nfotShLV Tfig ■nöXiig qvya- 6trtr(C(. xilxiUoy /i.ir oi'Twg li'AoiOToßovXov xc;l'A/.e^ih'i)(>ov ::toir!i TieQiTi'kittv. Kennno ist hier luxtiirlich als Titel zu fassen. Die erste erfolglose Anklage von den zv.oien hat unter Augustus stattgofunden. Hierhin gch.ört die von Plutarchus überlieferte Anekdote Apophihegm. Avf). 1-t (Morulia ed. Bernardakis II S. 98); TCov ilr Eiovx?Jovg xmiiyuovjv trag ä<{tiAC»g xnl xt'.iaxö(>u)i ncruiijaiK^unlrov xcd TiQüa/^itUroi (Ineir ti tokivxov' „ti Tci-Ta aoi, Kciouq, oh ipaliiirai ftfyaXer, xLAtvoov aixöv ÜTioSovrai /.im (iovxvdiiov T/^r J-/fcf<)/<?/>"' Ai<\ öpycaä^dg «.Tr«j'f/r hxf'/.ivae' nv^öfitvoi (5t, üxi xO)r änö BpaalSov yiyovöxiov r.ToAoi.Tfoc orxüi; toxi, fitxi.ii/jrl'ccxn, xai uhojttt vov!tExi,nui; a-jiilvat, deren Pointe mii- leider unverständlich geblieben ist Jedenfalls zeigt sie, daß die Aulcläger des Eurykles, unter denen auch ein Nachkomme des Feldherrn Brasidas war, unvenichteter Sache abziehen mußten.

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58 Ernst Kjellberg, C. Inlius Exinjkles.

mäßig große Zahl verschiedener Müuzen, die von ihm erhalten ist nicht weniger als sechs.

Das Andenken des Eurykles kann nicht hei allen gleich schlecht gewesen sein. Seine Nachkommen erwähnen in Inschriften ihre Ab- stammung von ihm und zu seinen Ehren wurden in Sparta Spiele gefeiert, die EvQi'xXfia, die mit den KcuoÜQua in naher Verbindung standen'). Seine Familie gehörte noch lange zu den führenden des Landes, wenn auch nach seinem Sohne Lakon niemand mehr eine derartige Herrschaft ausüben konnte wie Eurykles. Nähere Untersuchungen über sie können a1)er nur in Verbindung mit einer Durcharbeitung des ganzen Materials, das füi- die Geschichte Spartas, in der Kaiserzeit gesammelt vorliegt, vor- genommen werden und müssen dalier hier unterbleiben.

Eurykles muß sich ohne Vorbehalt dem Kaiser angeschlossen haben, wenn er auch dessen Freundschaft zu seinen eigenen Zwecken miß- brauchte. Seine Bedeutung liegt eben darin begründet, daß er beitrug, das Prinzipat in Griechenland zu festigen, zum Segen seiner Heimat, die einer neuen Blütezeit in materieller Beziehung entgegenging. Seine Ge- schichte hat auch Einblicke ia die Regierungsgrundsätze erlaubt, die Augustus gegenüber Provinzen und Klientelstaaten befolgte.

Norrviken (Schweden).

(Sollte etwa AniHUn-i-ai in den "Worten des Spartaners gleich sein wie Rechen- schaft ablegen und das 7. Buch des Thukydides genannt sein, weil es die Niederlage und Leiden der Athener auf Sizilien enthält?)

1) IG V 1. 971. 4 ly/ovov EvQvx/.iorq, 1172. 3 fiiyoro[v Ei-iivx\).iovi, Vgl. auch S. 5'2 Anm. 1 sowie IG V 1. 655. 3. 664. 1, 665. 2, 666. 3.

59

Pausanias, Heros Ktistes von Byzanz').

Mit einer Beigabe: Der Sturz des Pausaaias, des Theraistokles

und des Leotycbidas.

Von 0. F. Lehmann-Haupt.

1. In lustin's Angabe (IX 1, 3) über Byzanz Haec namquc itrhs condita primo a Pausania rege Spartavormn, et per sepfem annos possessa fuit ändert die herrschende Ansicht mit Duncker-) das condita der Handschriften in capta'^), wiewohl dagegen mit Recht geltend ge- macht worden ist, daß gemäß dem proJogiis zu ebendiesem, dem neunten Buclie, Trogus Byziodii oriyincs im Zusammenhange mit der Belagerung durch Philipp von Makedonien behandelt hatte*) und daß ein solcher Exkurs mit der Gründung beginnen mußte. Wer jedoch condita festhält, betrachtete es bisher als einen Irrtum des lustinus und eine Folge seiner unsinnigen Arbeitsweise.

Dieser Unsinn hat aber, wieSchachermeyr^) zeigte, doch seine Methode, lustin prägte sich größere Abschnitte aus Trogus ein und schrieb dann Auszüge daraus nach dem Gedächtnis nieder. So konnte er neben anderen Verwechslungen die sieben Jahre, die zwischen Pausanias' letztem Entweichen aus Byzanz und seinem Untergang verstrichen, irrtümlich von einem siebenjährigen Aufenthalt in Byzanz verstehen. Aber die Erfindung einer Gründung durch Pausanias läßt sich so mitnichten erklären.

Was dasteht, gibt jedoch einen sehr guten Sinn und braucht nicht geändert zu werden, wenn man annimmt, daß Pausanias die Ehren des

1) Was ich hier, durch den Raum beschränkt, in mögliclister Kürze und großenteils nur anmerkuugsweise mitteile, gehört zum Inhalt meines um- fassenderen Vortrages Die Perserkriege und das platäische Weihgeschetik i)i ntuer Be- leiichtung, den ich in der Vereinigung der deutschen Professoren an der Universität Konstantinopel Frühjahr 1918 hielt. Vortrage aus verschiedenen Wissensgebieten wurden dort allmonatlich gehalten, bis auch diese verheißungsvolle Knospe ge- knickt wurde.

2) Gesch. iL Alt. VIII p. 142. a) Ed. Rühl p. 68. Gf p. XXVH.

4) Bijzantii origine-i a nuHS obsidimie sumnwttis PlüUppus Sryth/ao bellum intulii. Dazu U. V. Wilamowitz, Aristot. u. Athen I 146, 40. „Die Methode, die rondiia in capta ändert und danu zu Gunsten der 7 Jahre die Chronologie des T'hukydidcs ändei-t, steht philologisch und historisch auf derselben Höhe." Vg). a. MiUer, Art. Byzantion, Pauly-Wissowa HI S. 1128.

5) Klio XVI 332 ff. Vgl. schon Klio HI 545.

1

60 C. F. Lehinann-Haupt,

Heros Ktistes von Byzanz verliehen worden waren. Dieser Gedanke, den ich früher schon kurz gestreift habe'), bietet in der Tat die einzig denkbare, aber aucii durchaus befriedigende Lösung. Nur das jiriino kommt dann auf Rechnung von iustin's Gedächtnis.

Auf die unmittelbare Analogie der nachträglich an ßrasidas ver- liehenen Ehren des Gründers von Amphipolis und an das entferntere Gegenspiel des Streites um die Gründerehren von Thurioi hatte ich schon hingewiesen'). Aber es ist allgemein zu betonen, daß gerade an der nord- östlichen Peripherie der griechisclien Welt, in der Nachbarschaft Thrakiens, die ältesten Fälle solcher Heroisierungen Verstorbener auftraten, wie Deneken'-j hervorhebt-'): Timesios aus Klazomenai, der von den Thrakern vertriebene Gründer von Abdera, wurde bei der Neubesiedlnng der Stadt durch die Teier, ()54 v. Chr., als Heros verehrt*). Das Gleiche gilt von Miltiadcs als dem Oikisten des Chersonnes''): von Artachaies. dem Aehä- meniden, der den Athos-Durchstich geleitet hatte, in Akanthos, wo er ge- storben war*"); und von Hagnon, dem athenischen Begründer von x\mphipolis').

Es fragt sich zunächst: liegt für Pausanias einige Wahrscheinlich- keit für diese notwendige Folgerung aus Trogus-Iustin's Angaben vor, oder bestehen entscheidende Gegeninstanzen? Ersteres trifft zu.

Byzanz war im ionischen Aufstande von den Persern zerstört worden. Die Bewohner flüchteten nach Mesenibria^). In der Zwischenzeit werden die Perser nicht viel für die Stadt haben tun können und bei der Be- setzung und Belagerung durch die Griechen wird sie aufs Neue gelitten haben.

Pausanias hatte also, als er dort wie lauge imnier^j gleich einem Könige residierte, vollauf Gelegenheit zu einem Wiederaufbau, so daß er sein- wohl tatsächlich als der neue Begründer der Stadt gelten konnte. Und während für Brasidas der wohlbekannte ältere Gründer der Stadt, der Athener Hagnon, seiner heroischen Ehren beraubt werden mußte'") und dazu nur 10 Jahre nach der Gründung , hatte Byzanz überhaupt nur den schemenhaften eponymen Heros Ktistes Byzas, der mit Elementen und Lokalitäten der lo- und der Argonautensage schlecht und recht verknüpft wurde"), so daß für den wirklichen historischen Gründerhelden der Raum frei war''^).

1) Klio II (1902) S. ;M6 Auui. 1.

2) Artikel Heros, Rocher'.s Lex. d. Mythol. I 2 Sp. 2517 fi.

3) Fast ebenso früh Janu in Sizilien, ebJa. Sp. ßäl.Sff.

4) Herod I 1G8. öi Bcrod. VI as.

6) Herod. VII 117. Aolian, De nai. anim. XIII 20.

7) Thiik- V 11. 8) Herod. VI 38. fi) Siehe die Beigabo. 10) Siehe soeben Anra. 7. 11) Siebe u. S. 62 AL.«!. 3.

12) Vg;l. zu den fiugiei-tcn mj'thiscben und den historischen Gründern andrerseits anch Rolule, Psyche* S. 187 f.

Pausanias, Heros Ktisfcs von Byzanz. 61

Damit ist aber die Frage natüilich niclit erledigt. Ijyzanz geliörte zum attisclicn Seebunde und Athen wird, solange es Byzanz in den Händen liielf, sicher nicht zugelassen haben, daü ein Dorer, noch dazu der Genosse des geächteten Theniistoklcs, als eponynier Gründer in Byzanz verehrt wurde.

Wohl aber kann und wird das in einer Zeit geschehen sein, da Byzanz das atiienische Joch abschüttelte und einer anfeuernden Losung bedurfte. Dazu war zweimal schon im fünften Jahrhundert Gelegenheit, l)eim saniischen Aufstande, wo freilich Byzanz alsbald von Athen be- zwungen wurde, und im peloponnesischen Kriege. Hier folgte dem Abfall im Jahre 411') und der Wiedereinnahme durch Verrat -109/ 8") die ver- iiältnisniäßig lang'' Periode der Zugehörigkeit zu Sparta von der Besetzung durch Lysander nach Aigospotanioi 405 3) bis zur Befreiung durch Thra- sybul 389^). Und gerade für Lysander, der die göttliche Verehrung bei seinen Lebzeiten erstrebte und erreiciite''), wird man die Heroisierung eines spartanischen Vorgängers in seinem Herrschaftsgebiet begreiflich finden: sie konnte für seinen Zwecken eine verniitteliuie Vorstufe bilden, wie im gleichen Falle die Heroisierung des Hephaestion für Alexander den Großen''). Daß in Sparta die Könige nach ihrem Tode Ehren erfuhren, die einer Heroisierung wenn nicht gleich, so doch sehr nahe kamen, mag im Falle des Pausanias als l'öiderung verwertet worden sein.

jUlzuwcit über die Mitte des 4. Jahrhunderts wird man mit der He- roisierung des Pausanias in Byzanz nicht heruntergehen dürfen, weil, um nur diesen Grund zu betonen, als Quelle der i'o«(//7rt-Nachriclit des Trogus in erster Linie Theopomp in Betracht kommt. So könnte man allenfalls noch an die Zeiten des Buiidesgenossenkrieges und Philipps von Make- donien denken. Aber hier wie erst recht während der Vorherrschaft Thebens, mit dem ja Byzanz eine Zeitlang gegen Athen stand, - folilt die eindeutige spartanische Orientierung, die die Voraussetzung für die Verleihung der Ehren des Heros Ktistes an Pausanias war.

Und die Periode der nachhaltigsten Zusammengehörigkeit mit Sparta seit 405 entspricht auch am Besten den folgenden weiteren Erwägungen.

Was (lustin-)Trogus bietet, macht bereits den Eindruck einer anti- quarischem Notiz.

1) Thuk. VIII 20, 3 (vgl. Diod. Ä'in 34, 2).

2) XcYv. HM I 3, 2. lift. Diod. XFJI üj, 3. GC, 4ff. 67. Plut. Alk. ül, Poly.-ieu. I 472; Fri.nliii. III II. ö; IG II Suppl IJOa.

3) Xeii. Hell II. 21. - 4) Xeii. Hdl. IV 8, 27; Dem. XX CO.

5) Duiis bei Plut. Lys. 18.

6) Daß Alexander d. Gr. die göttliclio Verehrung nicht nur duldete, .sondern erstrebte (und daß das Gleiche fttr Lysiinder zu gelten liat i, ist meine fe.stp llber- zeugung: tnmS'ij '.\>.tit'ii'i(>ui fJoiXetai ittvg ihui, tarm Oioi (Ael. V.h- II19) u. a. m.

63 C. F. Lchmann-Havpt,

War die Heroisieniiig als Losung und Signal für den Anschluß an Sparta -105 oder kurz danach erfolgt, so werden die Athener, wenn nicht bei der Wiedereinnahme durcli Thrasybul. so doch sicher bei Abschluß dos Suiiderbundes, die der Begründung des zweiten attisclien Seebundes vorausging, dafür gesorgt haben, daß der ;/'((wc xrlarfjq Pausanias wieder in der Versenkung verschwand.

Wem aber wäre die Hervorhebung jener den Athenern peinlichen Tatsache der Anerkennung des Pausanias als Gründer von Byzanz eher zuzutrauen, als gerade der Quelle des Trogus, dem abgesagten Feinde Athens und Spartanerfreundc Theoponip, dessen Vaterstadt Chios zudem in nullen Beziehungen zu Byzanz stand? War doch Chios mit Byzanz an jenem Sonderl)unde beteiligt, und standen doch Byzanz und Chios mit Rhodos und Kos im Bundesgenossenkricge gemeinsam gegen Athen.

Die Spätem (Dionys v. Byzanz, 'AväjtXovi; Boa.rögov, geschrieben kurz vor der Zerstörung von Byzanz durch Septimus Severus'), Hesych und Pseudo-Codinus-j) wissen von einem Heros Pausanias nichts. Sie kennen nur den Byzas.

So erhält die vorübergehende Erhebung des Pausanias zum Gründer- heros von Byzanz nnd iliie Erwähnung in den Philippika (des Theopomp und des Trogns) ihre befriedigende Erklärung unter der Annahme, daß sie bald nach der Einnahme durch Lysander 404 erfolgte, ohne daß dar- auf hinzielende Bestrebungen und Ansätze zur Zeit des samischen Krieges ausgeschlossen wären.

2. Das platäische Weihgeschenk, das mit seinem wesenthchsten Be- standteil, der Schlangensäule ^), noch heute auf dem Hippodrom zu Kon-

1) Dion. Byz. (ed. Wesclierl S. 21.

2; Siehe Script. Originum CotibtantinopoUtanarum ed Preger, Iudex s. v.

3) Die Schlangensäiile war liekanntlich die MittolstUtze ftir die schwere Schale, die, die Füße des Dreifußes allein nicht zu tragen vermochten. Diese drei Füße strebten gleichfalls vom Boden auf, so zuerst B. Graef, Archaeolog Jahrb. I (ISRti S. 180, waren nicht etwa, wie man früher annahm, auf die drei .Schlangen- köpfe auf^;esetzt. Beste llekou.struktton hei Springer, Kunstgeschichte '' S. 231 nach Furtwilngler (Dreifuß) und Builo (Basis). Der Dreifuß war bezeugtermaßen al.s solcher auf dem Hippodrom in Konstantinopel noch deutlich erkennbar und wohl erhalten (vgl. außer den auf S. 65 Aum. 1 zitierten Stellen Schal. Thuk. I 132). Die Phoker haben also, als sie im B heiligen Kriege das Gold auch dieses Weihgeschenkes einschmolzen, keineswegs den ganzen Dreifuß geraubt (Paus. X 13, 9: X(>vaoif T(>inuSit ÖQuxdvri inixttfitvov yai.xü). Soov fiiv 6i/ /_a?.x6q ijv TOi' aya&i'/firtTog aChor in tq ifih 1/V. ov ^ävTOi xaxH avra rn 'Poixifuv röze i'Xinovro »/yg/toic,). „Nur einzelne Teile, wie der Kessel" (dieser g.anz?), „die Ringe und einzelne Ornamente werden aus Gold bestanden haben, das iJbrige, also namentlich die Beine waren aus geringerem Material gearbeitet und wohl nur teilweise mit Goldblechen belegt" (Fabricius, Arch/ml. Jahrb. I S. 184). Die Kopfe der drei Schlangen fehlen bekanntlich; sie waren n.ach vielfachen Darstellungen und Berichten vorhanden und mit offenen Milulom dargestellt:

i

Pansanlas, Heros Kiistes vmi Btjzanz. 63

stantiiiopel steht, und das bei seiner eisten Errichtung nach Pausanias' Absicht') als ein von ihm gestiftetes Weihgeschenk gelten sollte, hielt also zugleich das darf man als feststehend betrachten die Er- innerung an den ersten historischen Ncugründer von Byzanz, den ersten Griechen, der Byzanz gleich einem Könige beherrscht hat, fest.

s. Dethier und A. D. Mordtmann, Denksrhr. Wiener Ak. d. W- 13 (18ß<t), Fig. 14—16. Der Oberkiefer des einen Kopfes befindet sich bekanntlich im Altertums- museum zu Konstantiuopel. Nach A. de la Motraye (Voyage \ 2W> [16'J6]) war die Zerstörung der Köpfe eiu Vandalismus der Begleiter des polnischen Grafen Lisinsk}', Palatius von Posen und außerordentlichen Gesandten seines Königs beim Sultan (Dethier und A. D. Mordtmann a a. 0. S. 33 vgl. S. 34). In einem Vortrage im Ungarischen Institut zu Konstantinopel sprach li)17 mein Kollege J. H Mordtmann d. J. die Vermutung aus, daß die zwei anderen Köpfe sich noch in Posen befinden möchten. Nachforschungen, die ich daraufhin bei einem Aufenthalte in Posen 1918 anstellte, blieben zunächst erfolglos.

1) Das ursprüngliche Epigramm lautete (77i!(Ä;. I 132): 'l'JV.i'irwv äo/jiyix; intl ax(tatf>v mleat Mi/dojv, \ Ilavaariiig 4'ol(i«) /irr/fi' (hfS^tjxe rorff. Dieses meißelten die Spartaner aus und fWj'paifny uvonaaxl rag nöltiq 'daai ^vyxuitsXovaat lov ßagßaifoy earijoav zu ävüi^tjfta: die auf der Schlangensänle erhaltene Inschrift. Über das zweite Epigramm s. u. S. 66f. Anni. 2. 3. Nach Beloch (Gr. Gesch. II' 2 [1916] S. 61ff.) war diese Inschrift der Schlangensäule die alleinige Quelle für Herodots Angaben über die Beteiligung der Griechen, sowohl liei Salamis wie bei Plataiai wie selbst bei Artemision, und da die Schlangensäule keinerlei Zahlen der Kontingente bot, so sollen alle darauf bezüglichen Angaben bei Herodot aus der Luft gegriffen und wertlos sein. Bei Plataiai habe Herodot diejenigen Griechenstaaton weggelassen, die nach seiner Überlegung nur, bei Salamis entsprechend diejenigen, die nach seiner Ansicht keine Schiffe stellen konnten. Da ihm für die Kontingente zwei verschiedene, nach Beloch gleich unzuverlässige Angaben tlber die Schiffszahl zur Vorfügung standen, wählte er die größere für Salamis, die kleinere für Artemision. So wird das Kunststück fertig gebracht, Herodot aus der Schlangensäule die betreffenden Angaben für die drei verschiedenen Schlachten gewinnen zu lassen. Abgesehen von der auf der Hand liegenden Unwahrscheinlichkeit wiedersprecLeu dem folgende Tat- sachen.

Allgemein zunächst: die Namen erscheinen bei Herodot zw-ar für Arte- mision und für Salamis in gleicher Reihenfolge, nur daß am Schluß bei Arte- mision die Krotoniaten (bei Sal. Nr. 21) den Melieru {.bei Sal Nr. 20) vorausgehen. Sie stehen aber in gänzlich anderer Reihenl'olge als bei Plataiai und keine der beiden Listen, Plataiai und Artemision-Salamis, stimmt auch nur entfernt mit der Reihenfolge auf der Schlangeusäule überein. Ferner erscheinen die Namen bei Herodot vielfach in ganz anderer Form als auf der SchlaiigensiUile. Schi. Mvxärti; (Nr. 10), Herod. IX, 31 bei Plataiai MvxijvaXoi (Nr. 10). Schi. 'Eoyo/niviot (Nr. 9), Herod. ib. 'AiixüdsQ Oo/o/nirioi (Nr ö). Schi, ßavaxioffiilq (Nr. 27), Herod. ib. 'Avc.xromoi (Nr. 18 . Schi. Tqo;,uvioi (Nr. 11>, Herod. ib. Ti)oiL,i,yioi (Nr. 8). Vor allem aber: bei Plataiai liegt eine ganz d entliehe 0/-(/re rfe fcaiai/ic vor, die uns vom rechten Flügel, wo die Spartaner (l'i und Tegeaten 1.2) (Nr. 2, Schi. Nr 4 stehen, denen sich die Koriiither (.3) und ihre Kolonisten, die Poti- daiaten (Nr. 4, Schi. Nr. 26) anschließen, über die Staaten von Nordgriecheuland,

64 C. F. Lehmann-Haupt,

Es fragt sich, ob der zweite Neugründer, Konstantin dor Große, sich dieses Zusammenhanges vielleicht bewußt war und ob dieses Be- wußtsein mitwirkte, als er jenem griechischen Woihgesclienk unter allen übrigen, die er aus ihren Standorten nach Konstantinopel übertrug, den besonders ausgezeichneten Platz auf der Spina des Hippodroms anwies.

Für Konstantin, der gleich seinen Vorgängern und Nachfolgern in schweren Kämpfen mit den Persern lag, war freilich dieses Erinnerungs- zeichen an den großen Sieg der Griechen über die Perser an und für sich ein P'anal von unschätzbarer Bedeutung. Aber diese Erwägung, wenn sie überhaupt angestellt wurde, wird schwerlich den alleinigen Ausschlag gegeben haben.

Hellas und den Inseln zu den Athenern (Nr. '23, Schi. Nr. 2) auf dem rechten Flügel fuhrt: zu ihnen bilden von den Anaktoriern (Nr. 18) und Paleern (Nr. VS) die be- nachbarten Agineten (Nr. 20, Schi. Nr. 6) und Megarer (Nr. 21, Schi. Nr. 7) sowie die verbtludeten Platäer (Nr. 22, Schi. Nr 1-1) den Ubf^rgang. Ferner nennt Herodüt bei Plataiai die Paleer (Nr. 19) und bei Arteniision-Siilanii>: die Seriphier (Nr. 18) sowie die Krotoniaten, die auf der Schlangeiisäule völlig fehlen. Von den Teniern weiß Herodot VIII 72, daß sie, weil ihre eine Triere von S.ilamis zu den Persem tiberlief und die vollendete Einschließung meldete, trtyi)il'f>i<j((f ir Jtf.<poJai ^i Tiiv TQtnoia tv Tohn Ti)f fiäfißaQov xcTt/.ovui. Er hat also doch üVpcr die Beteiligung der einzelnen griechischen Stadtstaaten Nachrichten, die von der Schlangensäule unabhängig sind. Von den Eleei ii aber, die auf der Sehlangensäulo Nr 24 fi'/.üoi genannt werden, berichtet zwar Hero- dot, daß sie zum Isthmos mit ausrückten (VITI 72), aber uuter den Schifts- Konlingeuten bei Saiami.s (Vlll J8tf.) waren sie nicht vertreten. Au den Kämpfen bei Plataiai aber nahmen sie ebensowenig Teil, da sie IX 77) vor der. Schlacht abrückten. All das konnte Herodot aus ihrer Nennung am' der Schlangensäule nicht entnehmen und hat sich auch nicht, gleich uns, sagen können, daß, da sie auf dem AVeihgeschenk in Ohmpia als Hüter der Heilig- tümer nicht wohl fehlen konuteu, man sie auch in Delphi genannt hat. Wie aber verfährt Beloch? Er erklärt die Tla'/.isi bei Her. IX 28 die noch duiiu den Zusatz (11 tV Ke<pu/./.>itiii^ haben und mit einer Handvoll (20U) Känipfem bei Plataiai vertreten sind und die in der Schlachtordnung IX 31 nochmals genannt werden, als verlesen aus den .'ai.FiiH der Schlangensäule. Herodot also, der nach Beloch in den f(tr((xToiji(-i<; der Schlangeusäule richtig die .lr«;^r<(i)(0( erkannte, stolperte nicht nur über die .-(.'/.fTo/, die er zu Üf.-Atf,- machte und nach Anaktorion verlegte, sondern bringt es gleichzeitig fertig, obgleich die Schlangen- Säule seiue einzige yuelle für die Beteiligung der Gi-iechen au den Käuipien ist, von den Eleeru, nicht von den Paleern, die er in ihnen erblickt habtii soll, zu berichten, daß sie am Isthmos gestanden hatten und vor Plataiai umgekehrt waren! Schlagender konnte die auf die Schlangensäule gestellte Eiuquelluu- theorie nicht widerlegt werden.

Herodot tind schon Aischylos haben vielmehr wohliiil'oimiert(> schrift liehe, den Ereignissen auch auf persischer Seite nahestehende liucllen zur Ver- ftigung gestanden, unter denen die Schrift in /ifTi'. Jaoiior des Dionviios von Milot als die älteste ein<'n hervorragenden Platz einnimmt (Meine Griech. Gesch. bei Geroke-Norden- S. 7b ff, Obst. Der Fddtug des Xerxes S. 29 f. 32, 5.5).

Paiisanias, Heros Kfistcs von Byzans. 65

Mangels direkter Zeugnisse kann die Frage wiederum nur so ge- stellt werden: Konnte Konstantin der Große von der Tatsache Kunde haben, daß Pausanias, der einst Byzanz beherrschte, als dessen erster geschichtlicher Gründer galt und, wenn ja, sind entscheidende Gründe gegen die Annahme- dieser Möglichkeit vorhanden? Letzteres ist zu verneinen. Wenn auch die zeitgenössischen Autoren zu Konstantins und der kurz darauffolgenden Zeit die Übertragung der Denkmäler aus Griechenland und den griechischen Städten Kleinasiens vorwiegend unter dem christlichen Gesichtspunkte betrachteten und darin einen Schlag gegen den heidnischen Götzendienst erblickten, so ist ihnen docti die ur- sprüngliche Bedeutung des plaläischen Dreifußes bekannt'), wiewohl das neue Epigramm'^), das an Stelle des von Pausanias gesetzten getreten war, mit der obersten Standplatte der dreistufigen Basis, auf der es einge- meißelt war, bei der Überführung zerstört wurde ä) und wiewolil füglich zu

1) Euseb., Vita Constanlini 111 bA (p 101 s. eJ. Heikel): Ili'.rru /lii' AI/ tiüxu avi'ieXüjr f/g düiav rr/q auntjQiov dvvufiiiai; ßaoiXtiq (sc. KotfOiavTlrOs) ditTiQUiTexo . . . t/jv it yi xü)v ii^vüiv 6eiijiStcl/.iova nÄdviji' mtvioloiq f^fjXty/e n)unoiq. tV&tc elxöriai eyvftvocvo /<6)' civroit; Tü)j' xurä nuXeiq wiüj' zu npo:ivXi'.ia UvpCor i'(j>j/.icc yiyvufitru ßaailtwq nQoaxüyijari, IiIqwv d' i) fni Totq d{iotf,oiq oityii Ttur xalvnxij- Qiov aifanfovniiiov eifitttpexo, äkÄwr aeftin /(x?.xovyy^ii.itcx(i, t(f^' oig ii xCov Tiakitiüiv Anäiri ftaxiioig eaeftvvvcxo xQivoic, ixSyla zoTq näaiv ir äyo()aig xT/q ßaoO.ioiq 7i(>oi- xi9iT0, iaq liq t\axr//iOva d-iav 7i(joxeialtai xoiq d(tü)aiP vidi /liy röc nv!}ioi', ixi'(jw9i de xov S/xivf^iof, iv al'xüi 6' htnoSfiOfilw xovq iv itehpoTq XQinööaq, xaq 6' 'EXixwvl- 6aq Movaaq ir :x(0.axUi). Sokrates, Uisl. eccl. I 16 (Sp. 117 Migno) Kai ov fiovor, loq iiptjy, r/i'^fi xa xmv XQiaxtrtrCnr, i'iXXa xni ribv 'H/./.r'/Vojr xni^f,^)el. yovv äyaXßaxa xi'jcßov xt] Kutvaxnrilvov KuXei TrpoiV/i^e; öijfiooltf xnl xovc JeX<pixovq TQtnöSaq iv tu) \jmniSpofilw dij/ioaievuciq TryovD^iixs. Für uns am Wichtigsten: Sozom. II 5 Sp. 945 (Migue) 'EneiSij d't noXXo'i Ai]/ioi xcu nöXnq ävn nüoav z!jv VTii'lxoor, tliii-xt ihi/tn xal alßuq i'xovxiq r/;,' .if(>( joar« iparxnctaq, (■inaxQi'iforzo zu äuyiin xCuv X(>taxiarü}i> . . . ärnyxiünv avzv> (sc Kovaxuvxlvw) iifiavii naiAtvoai xovq nffXO/.ih'Ovq tlfisXüv züiy &()tjaxa)f/ivwv . . . TO)v 6' ai &oüvu)v xa ovxa xi^iaq vX.Tjq, xai xGtv fiXXwv tJuov idoxet XQ^oijior slvai, nv()t Siexiiivexo xiti iSißioaia iyivero xh xi»'il<t<t('- f''- ^i f'' X'^^^V ^ttvnaislioq ctjjyauftha narxoS^ev ii'q z/jV inmvvixov nöXiv zov avzQi>x(täxo(}oq fiixtxoßi'al^tj 7i(ioq xod/toi' x«( tlarxL rvr dij/ioala 'idiivrxai xazä zuq ayviaq xal zur 'mnoSiioitov xul zu ßnai'Xtia. Tn //£>• rot" IlviUaq ijf uai- xelov 'AnoXXwvoq xa\ oi tr diXipolq ZQinoSiq xai 6 Iläv u ßöwfiei'oiq (lies o nnv ßowfitvoq Dethier ii. A D Mordtmann a. a. 0. S. 12 or Ilavisavlaq ö Aaxt- Saiiiövioq xul Ol 'EXX ijvlöfq nuXfiq äviS-erzo fifxn zov HQoq MijAovq nöX.t- fiov. Ihm folgt fast wörtlich Nicephorus Callisti, Hist. eccl. VIII 33 . . . xal o aeftvliq ix JsXifCov z^hovq xal ö Autfjutjzoq Iläv i'iv Ilavanvi'aq //fr« zov Mi/iSixöv dvi&Bzo TiuXefiut.

2) DioJ. XI 33, 2 'EXXuÖoq ev^vxii'Ov oojTi'/(jeq zövd' äviä-i/xav \ SovXoavvtiq azvysQäq ^vaäfievoi nöXiaq.

3) Ponitow, KlioXl S. 40Gf m. Abb ; Derselbe bei Ditteuberger, Si/IL' I p. 31. Er nimmt an, das Epigramm sei nachträglich zu Bogiun des 4 JalirL u. Chr. ge- dichtet und eingemeißelt worden. Grund; es sei Horodot und Thukydides nicht, sondern erst Ephorus bekannt gewesen. Herodot muß aber hier aus dem Spiel

Kl i 0, Beitrage zur alten Geschichte XVU 1/2. ö

7

66 0. F. Lehmann-Haupt,

bezweifeln ist, ob irgend jemand die archaischen Inschriften auf der Schlangensäulc studiert haben werde. Das konnte man ja viel bequemer bei Thukydides, Herodot, Pausanias lesen. Und damit kommen wir zum Hauptpunkte:

Nicht nur die uns erhaltenen, sondern auch die verlorenen griechi- schen und römischen Autoren waren ja zu Konstantin's Zeiten und lange danach fs. Photius) erhalten und zugänglich, und so konnten auch Kon- stantin und seine Berater aus Trogus Pompeius oder dessen Quellen, vor allem aus Theopomp, ersehen, daß Pausanias nicht nur die treibende Kraft bei der Errichtung des Denkmals und nicht nur der Urheber der ersten Aufschrift gewesen war (Thukydides), sondern auch Byzanz lange Zeit beherrscht und als Gründer von Byzanz gegolten und heroische Ver- ehrung genossen hatte.

Innsbruck.

Beigabe.

Der Sturz des Paiisnnins, des Tlicmistokles und des Leotychidas.

1. lustiii gibt an; Byzanz sei 7 Jaliip liuig in Pausaiiias' Händen gewe-sen. rondita et per Septem annos j/ossicssn. Nachdem sicli das rondita als besser be- rechtigt herausgestellt hat, als es bisher auch die ans.ihen, die sich seiner Änderung in capta widersetzten, wäre es verlockend, auch die Angabe der Herr- schaftsdauer als zutreffend zu betrachten, wie es Meyer, GA III § 286 n. Anm. und jetzt Beloch, Gench. n'2 S. 185ft'. wollen. Dies muß ich jedoch nach wie vor iKIio II S. 346f., oben S. h\>) lUr unmöglich erachten. Instin ist vielmehr hier eine der Verwechslungen unterlaufen, die sich bei seiner Arbeitsweise (ob. S. 59) be- sonders leicht erklären. Die Umwandlung der 7 Jahre zwischen der Vertreibung aus Byzanz und der Katastrophe in eine 7jährige Besetzung von Byzanz ge- hört in die Kategorie der häufigsten derartigen Mißverstandnissen, dem sich bei den Alten wie bei den Neueren, wie sich gleich zeigen wird, zahlreiche ähn- liche an die Seite stellen.

2. Für diejenigen, die lustin's Angabe als richtig ansprechen, ist unbe- wußt das an sich sehr erklärlicrhe, auch schon ins Altertum zurückgehende Bestrehen maßgebend, die Zeit zwischen der Aclitung des Themistokles und seinem Auftauchen am peisischen Hofe nach Möglichkeit zu verringern. (Beloch, Gr. Geseh 11^2 S. 192f.: „Das Datum [471.0] kann sich nicht auf seine Ächtung beziehen, da er 464 zu Artaxerxes gekommen ist und seine Flucht unmöglich

bleiben, dp er (1X81) über die Inschriften überhaupt nichts sagt. Tliukydides aber kam es wesentlich darauf an, daß an Stelle des Einen Pausanias die ein- zelnen Staaten genannt wurden (o. S. 63 Anm. 1 Abs. 1). Sein Schweigen über das neue Distichon ist nicht notwendigerweise ein (Gegenbeweis gegen dessen Vorhandensein zu seiner Zeit. Daß das Distichon ein aus älteren Vorlagen zu- sammengestoppeltes Machwerk sei, will mir auch nicht einleuchten. 'Ef.XniU);; ti(>vxoi>i>v stand ja auch in der Aufschrift des ehernen Kraters, den Pau.sanias am Eingang des Bosporus aufstellen ließ (Athen. XII 636 B).

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Der Sturz den Pausanias, des Themistokles und drs Leotychidas. ti?

7 Jahre in Ansprucli genommen habrn kann.") So wird entgegen der niisdrück- lichen Angabe des Thukydides (I 136, 3), daß die Achtung den Themistokles traf, als er nach seinem Ostrakisraos in Arges lebte (und uattlrlich seiner ganzen Politik gemäß t'llr Athen und gegen Sparta wirkte) frvyt yä(> loox (fuxuifiivni ya\ i'/,>J>y ituiTtn' /<(■»■ h' "Apyoi, tniifonüir dt xai f',- «/./»/v IltXonuvvtjnof das für die Ächtung überlieferte Datum (471'l)) für den l^strakismos beansprucht und die Ächtung dann erheblich später f„4G(j oder im folgenden Jahre" Beloch a. a. O.) angesetzt.

3. Gefördert wird dieser Irrtum einmal dadurch, daß Thukydides für Pausanias und Themi.stokles xolq yoövoti; oix uxQifliii ist: Daß. jener lange Jahre in der Troas geblieben ist, kann mau aus den Worten I 131 tx ruv Bv'C.avxlov (ilu ^icTioktopxriifeh- (i,- ftiv r/)>' —nüi)Tijy uix i',io)f-/(yyt(, t\- di /io/cuv(\- zni; Tpwiidai; iSffv^f'ic Tipdaawy re tatiyyü.XsTO nbruti; 7i(>6(; toic ßagßä^fovi xai uix in' uyaH-O^ ztiv fioiiiv noioi'fievo.; nihto A!/ ovxlti fn/oyor, üM.fi. nifxyj'nvrsi xt'nivxu u'i Hfi)(jui xat axvziÜ.iiv efnor toi" xr/ovxoi; fi!/ Xilni-ni^di, ei rfi- ^t!/, .TyAf//or «irii 2inicpT(äTtXi; ■jiijouyoQiiiir. ü di ßoikii/ttefo^ v)^ rjxi<jTn ijnoTiTOi; tirui . . . «i£/iy(ifi rffrrepor t'i 2^nd(JTijV mit nichten erkennen.

Das Gleiche gilt für Themistokles' geheimen Aufenthalt an der klein- asiatischen Küste oder deren Hinterlnnd, wo er sich bei Griechen, die ihm wohlgesinnt waren, versteckt haben muß (Wilamowitz, Ansioielen xmd Athen I S. 151 Anm. 1; Bnsolt, Gr. Gesch. III S. 131 Anm. 1; Lehmann-Haupt, Klio II S. 346 Anm. 2). Thukydides' Worte I 137, 3 xid 6 ßifiitiroxlr/.; txthuv rt i'iteor.- ntvae xpr/ftaTwr ööatt (sc. den vavxkiipog der okxtU, der ihn vor der (^efahr be- wahrt hatte, den Naxos belagernden Athenern in die Hände zu fallen) . . . xat liKTr. Ttür xi'.Toj flegiiöir r/roc 7T0(>fvD-tic (irvj fojitfijtci ) jjiu(/jaT(( ^i ßaai/.iUc'AfJTtt^inStii' Ti)v Ztoiuv vewori ßatuldovxu erwecken den falschen Anschein, als wäre die Reise zum Könige unmittelbar auf die Ankunft in Epbesos gefolgt. Daß freilich der aus lampsakenischer Überlieferung (vgl. Charon v. Lampsakos |Plut. Theiii. 27| und dazu Wilamowitz, ,lr. I 151) vorzi^glich informierte Th\ikydides, der sich über die absichtlich geheim geh.iltenen Bewegungen des Themistokles nicht klar war, selbst eine Hiudeutnng auf eine lungere Dauer des Aufenthaltes au der Küste gibt in den das x(>r/««riu>' i^onn erläuternden Worten rj/.it( yäij nvröj varfoov 'ix re 'AltrjvCof jiapn rOir <fi'?.vjv xctt 'A(>yov<: « vTis^ixeno, betont mit Recht Busolt (Gr. Gesrh. III 1 .S. 132 Anm.). Kr weist auch darauf hin, daß auch ein Aufenthalt in Kyme und in dem landeinwärts belegenen Städtchen Aigai, aui' das Niemand ohne besonderen Anlaß verfallen wäre, bezeugt ist (Plut, Them. 261

4. Einen weiteren Vorschub erhält die Neigung zur Herabsetzung der Katastrophen des Pausanias und des Themistokles durch die Verschiebung, die in der Liste der Kurypontideu-Könige bei Diodor vorliegt. Dadurch wird es möglich, den thessaiischen Feldzug des Lootychidas und dessen Achtung in einen inneren Zusammenhang mit dem Sturz des Pausanias zu bringen iMeyer S. 520f., Beloch 11^ 19()f.), während iu Wahrheit zwischen Leotyohidas' und Pausanias' Geschicken nur der Zusammenhang besteht, daß die Athener (470) den Spartanern in Thessalien für l.eotychidas, diese jenen gegen P.iusanias in Byzanz freie Hand ließen (meine Gr. Gesih^ [EM. i. rf. Alterhimswiss. III'^) <? 3 S. 36).

5. Die (7- bis) fljährige Verschiebung der Eurypontidenkönige bei Diodur erklärt Meyer 'Forsch. 11 506) so: „Die Quelle, der Diodor XVI, 63 folgt, nahm an, Archidamos sei gleich nach dem heiligen Kriege gefallen sein Tod galt ja als

5* 9

68 C- F. Lehmann-Haupt,

Saline für die Teilnahme an dem Frevel der Phoker. Daher mußte sie die Re- gierung seinesSohnes" (AgisII) ., verlängern. Sie hat aber unterlassen, Archidamos' Regierung um die entsprechende Anzahl von Jahren zu kurzen. So kamen seine 23 .Tahre in die Jahre 369/8-347 6 (resp. 368/7— 346,5) an.statt in 361/Ö bis 339/8. Seine Regierung ist also um 8 Jalne verschoben. Diese Verschiebung setzt sich nun autwilrts durch die ganze Eurypontidenliste Diodors fort iind hat zur Folge, daß alle ihre Daten um 8 .Jahre zu hoch stehen", so auch nach Mej-er Leotychidas' 22 Jahre 498 7-477/G statt richtig 490/89— 4G9/8. „Daß Diüdor den Lootychidas nicht abgesetzt werden, sondern sterben läßt," habe „gar keine Bedeutung. Völlig einleuchtend" werde „jetzt die Verkehrt- heit der weitverbreiteten Meinung" (z. B. Busolt III 1 S. 83 t'. Anm. 1, Wila- mowitz, Aristoteles I S. 147 Anm. 42) „Diodors Datum 476/5 sei dadurch zu ei-- klären, daß in dieses Jahr die Absetzung, ins Jahr 469/8 der Tod des Leoty- chidas nach 22 Regierungsjahren als ob mau dieselben nach seiner Flucht weiter gezahlt hätte! zu setzen sei". Von 22 Regierungsjahren des Leoty- chidas, die nach seiner Achtung weitergezählt worden wären, kann allerdings nicht die Rede sein. Wohl aber ist eine ursprüngliche Angabe der ältesten Quelle: „15 (14) Regierungsjahre, 7 (8) .Jahre von der Achtung bis zum Tode zusammen 22 Jahre," sehr wohl denkbar. Bei Diodor oder eher schon seiner unmittelbaren Quelle fielen die Summanden weg, und die Summe wurde von den Regierungszablen verstanden. Der Fohler hat dann einige Verwandtschaft mit lustin's Mißdeutung der 7 Jahre bei Pausanias und mit der hier bekämpften Deutung des Datums für die Achtung des Themistokles auf dessen Ostrakismos. Jedenfalls ist der Fehler keineswegs schlimmer als die Irrtümer, die Meyer für Archidamos und Agis annimmt. Denn von Archidamos III. wußte man, daß er auf Sizilien gefallen war, über Leotychidas' weitere Schicksale war nichts Näheres bekannt. Wenn Diodor's Quelle Agis II. viel zu früh zur Regierung kommen läßt und es versäumt. Archidamos' III. Regierung entsprechend zvr kürzen, so ist das schon ein starkes Stück, das nur noch übertrumpft wird, indem Archidamos II. nach derselben Quelle 434,3, also vor dem Kriege, der nach ihm benannt wurde, gestorben sein soll, während Diodor ihn noch weiter leben und 431,429,428 gegen Athen kämpfen läßt, dann aber nach Meyer Gewissensbisse über die Widersprüche zwischen seiner Geschichtserzählung und seinen der Chrono- graphie entnommenen Daten bekommt, und deshalb den Antritt undTod des Agesi- laos und den Antritt des Archidamos III. wegläßt [Forsch. II 506 Abs. 2). Bei Leoty- chidas dagegen spricht Diodor vom Tode iTfXcintjUt, und so können wir die Hand unmittelbar auf die oben gegebene Entstehung der Mißverständnisse legen. Mir scheint es viel wahrscheinlicher, daß die Verschiebung der Eurypontidenliste in der Differenz zwischen 477/6 und 469/8 für Leotychidas' Achtung und Tod liegt: so ist der Fohler, daß Diodor den Tod des Archidamos II. 434/3 liringt und ihn doch noch bis 428 wirken läßt, viel leichter erträglich, und der Forderung, daß für noch so folgenschwere Irrtümer ein möglichst geringfügiger und leicht er- klärlicher Anlaß aufgezeigt werden soll, wird Genüge getan. Wer Meyer's Er- klärung sekundär in Betracht ziehen möchte (wobei dann als Zufall ein zwei- maliger auf 8 Jahre hinauslaufender Irrtum anzunehmen wäre), dem bleibt das unbenommen. Den Leotychidas-Irrtum bei der Erklärung ganz zu übergehen, halte ich für unmöglich.

6. Beloch, der ebenfalls die Ächtung des Leotychidas 469 ansetzt, erwägt zunächst die Möglichkeit, Leotychidas sei wieder zur Regierung gekommen, wie 420 König Pausanias, der aus einem ganz ähnlichen Grunde abgesetzt

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Dcv Sturz des Pausanias, des TliemisfoJcIcs und des Leotychidas. 60

worden war, verwirft sie aber dann mit Recht mit Hinweis auf Herodot's AVorte VI 7'2 t<fvyi: Ai '■'? Ttyl-^r xai hiltirijae ^v tcivtjj. Der thessalische Feldzug muß, wie Beloch (II' 2 S. U)2) mit Recht betont zwei Sommer iu Ansitruch geiionimen liaben. Denn nach Phit., Thein. 20, hat die pelopon- uesische Flotte einmal nii>i).lnyiarnv ^lii^ov in Pagasae überwintert. Dies sei zwar „eine der gewühulicliou Themistokles-Anelidoteii", „aber die bisto- risclie Einkleidung kann hier so wenig wie sonst erfunden sein. Es ist nicht abzusehen, wie jemand darauf hätte kommen können, die hellenische Flotte gerade in Pagasae überwintern zu lassen, wenn sie nicht wirklich ein- mal da gelegen hätte" (vgl u. A. schon Duncker, Gesell d. Altert. VIII üG, Wila- mowitz, Arislot. I S- 147 Anni. 42, Bu.solt IIP S. 85f. mit Aum. 2). „Der thessa- lische Feldzug würde demnach in die Jahre 477 und 476 fallen, d. h. oben in die Zeit, in die er auch aus allgemeinen Erwägungen gesetzt werden muß" (gegen Ed. Meyer). Andererseits steht es für Beloch (S. 190) zweifellos fest, daß Leotychidas bis 469/8 regiert hat, und so gi-eift er zu dem Gewaltmittel, anzunehmen, daß seine Absetzung nicht dio unmittelbare Folge seines Miß- erfotgoa in Thessalien gewesen sein könne. Daß er der Bestrebung auf frischer Tat überführt woi'den, sei ein Xeyöfitvov, das Herodot zwar geglaubt habe, wir ihm aber nicht zu glauben brauchten. „Bei dem Prozeß werden natürlich auch die thessalischen Dinge zur Sprache gekommen sein. Daß man aber diese alten Dinge wieder hervorzog," müsse einen andern Grund gehabt haben. Es könne „doch kein Zufall sein^), daß Leotychidas' Sturz gerade um dieselbe Zeit falle, wie der seines Amtsgeuossen Pausanias. Zwischen beiden Ereig- nissen müsse ein innerer Zusammenhang obwalten", Leotj'chidas „kann')" Pausanias' Plänen nicht ferngestanden haben. Wären sie Gegner gewesen, so müßte Leotychidas' Sturz die Stellung des Pausanias „befestigt haben" und kein Mensch hätte daran denken können, ihn abzusetzen. Also gehe Pausanias' Katastrophe der Absetzung des Leotychidas etwas voraus und würde „wahr- scheinlich in 470 zu setzen sein, einige Zeit nach seiner Vertreibung aus Byzanz (472)". Beloch mutet uns also zu, in Herodot's Satze in' avTn(f)w(iui 6e (O.oi'g ((VTor ir jm aT(>itxoni6v> fnix(m)ufroq /f/(»/(i( TiÄf';/ n(iyv(.iiov iifvye ix ^ndei- Ttjq vn<) ötxctini'jpior vna/r^itq, xai o/xi'a o'i xaze<rxfi<p>j' i(pvye Ah ii; Tfyit/v xn'i etekevTtjoe iv xavjij den letzten Teil von e<pvye an für geschichtlich, den ersten für ein >.tyofisvov zu halten, ähnlich wie Beloch von den beiden bei Aischylos bei-ichteten Tatsachen, der Botschaft des Themistokles und dem nächtlichen Manöver der persischen Flotte, die erstere vorwirft („daß sie schon bei Aischylos erzählt war, macht sie nicht glaubwürdiger, denn solche Legenden können sich naturgemäß nur bilden, solange die Ereignisse noch in frischem Andenken stehen" [Klio VIII S. 485 Gesch. IV 2 S. 119]), die andere als „bei Aischylos bezeugt «nd also ohne Zweifel wirklieh erfolgt" anerkennt (Klio VIII ebenda = Gesch. 2 S. 120).

7. So macht auch Beloch's neueste Behandlung der ganzen Fragengruppe die Gesamtverschiebung nach unten nicht wahrscheinlicher. Sie wird im all- gemeinen gekennzeichnet durch ein höchst radikales Um.springen mit der Überlieferung. Wohl Bezeugtes, das uns schwierig erscheint und das wir uns anders gedacht hätten, wird für unmöglich erklärt. Pausanias wurde von den Athenern unter Kimon aus Byzanz vertrieben 476, vor der Eroberung von Eion: so Thuk. 198 mit Schol. Aisch. 2,81, Plut. Thes. 36 (Wilamowitz

1) Von mir gesperrt.

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70 C. F. Lehmann-Haupt,

Ar. I 140), Beloch (II' 2 S. 186) hingegen: Pausanias kunne nicht vor Sommer 477 zum ersten Male abberufen und frühestens Herbst 477, wahrscheinlich erst Früh- jahr 476 nach Byzanz zurückgekehrt sein. Es sei also aus chronologischen Gründen so gut wie unmöglich, daß die Athener ihn vor dem Feldzuge gegen Eion vertrieben haben sollten , und völlig unmöglich aus inneren Gründen (j^ehabilitatiou durch die Freisprechung, bestes „Einvernehmen" zwischen Athen und Sparta, wie sich ja noch soeben durch den Verzicht" [?] „Spartas auf die Führung gezeigt hatte" [!]. „Vor allem aber hatten die Athener zunächst viel Dringenderes zu tun, als sich um Pausanias zu kümmern; galt es doch, die persischen Garnisonen zu vertreiben" etc.). Die Angabe „des Trogus" über ilie Vertreibung des Pausanias habe hohe innere Wahrscheinlichkeit. Sie könne „sehr wohl aus byzantinischer Lokaltradition getlossen sein. Wollten wir sie aber trotzdem bei Seite werfen, so könnte Pausanias' Vertreibung doch nicht wohl vor 474, frühestens Ende 475 gesetzt werden; denn Kimon, der gegen Pausanias den Befehl führte (Plut., Eim. 6), war während der ersten Hälfte des Sommers 47.5 mit der Eroberung von Skyros beschäftigt, könnte also frühestens nach den Etesien nach dem Hellespont in See gegangen sein, und die Be- lagerung eines so festen Platzes wie Byzanz muß längere Zeit in Anspruch genommen haben" (S. 188).

Themistokles sei 464 an den Hof des Artaxerxes gekommen. (Das ist, wie die aramäischen Papyrus aus Elephantine ergeben haben, in 465 zu be- richtigen; Xerxes ist bereits 465 gestorben, 465/4 ist Astaxerxes' Antrittsjahr: siehe meine Bemerkungen bei Obst, D. Feldzug d. Xerxes S. VIII und was dort zitiert.) Kurz vorher müsse, da die Flucht nur kurze Zeit gedauert haben kann, die Forderung seiner Auslieferung seitens der Spartaner erfolgt sein: Beloch nimmt für die Flucht und weiter die Reise zum Königshof etwa 2 Jahre an. Die Forderung wäre also 466 (nicht 467) gestellt worden: mehrere Jahre nach der Katastrophe des Pausanias (S. 193). Das für die Ächtung bezeugte Datum 471/470 könne also nicht stimmen, es muß vielmehr auf den Ostrakismos um- gedeutet werden.

8. Nachdem durch solcherlei Erwägungen die bei Thukydides im engsten Zusammenhange (£vre7iitxiO>vTn 1 135,2) berichteten Ereignisse auseinandergerissen sind und Themistokles' Ächtung auf die Mitte der sechziger Jahre herunter- gerückt ist, kann nunmehr Beloch ein weiteres Argument ins Feld führen. Da um diese Zeit die Herrschaft der Spartaner im Peloponnes, besonders in Arkadien schwer erschüttert war, können sie erst nach deren Wiederherstellung Themistokles' Auslieferung in Argos verlangt haben (S. 193 § 73a. E.), also nach den Schlachten bei Tegea und Dipaea, die den Spartanern zum Siege verhalfen. Diese müssen nach Beloch (S. 188) nach der demokratischen Revolution und dem Synoikismos in Elis fallen. Er bemerkt sehr richtig, daß weder Pausanias noch Leotychidas in diese Schlachten befehligt haben könnten (was auch noch Niemand behauptet hat): sie hätten unmittelbar nach solchen Siegen nicht gestürzt werden können. Mit vollem Recht betont Beloch: „Nur durch die innere Krise ist ja die antispartanische Bewegung im Pelo- ponnes erst möglich geworden." So muß er folgern (S. 189): termimis posl. quem: „die Absetzung des Leotychidas in 469/8", termirms ante quem: „der messenische Aufstand nach dem Erdbeben," Her. IX 35. Wir, die wir keinen Grund gefunden haben, die Ächtung des Themistokles unter 471/70 herunter- zurückeu, betrachten die Erschütterung der spartanischen Herrschaft als eine mittelbare Folge der auf die Aufwiegelung der Heloten etc. hinauslaufenden

Der Sturz des Pattsanias, des Themisfoiles und des Leotychidas. 71

Umtriebe des Pausaiiias im Innern, die mit seinen verräterischen Beziehungeu nach außen hin, mit Persieu, in Zusammi-nhanfj; standen. Ehe si^h die Kiilgen dieser Umtriebe geltend machen konnten, erfolgte die Anzeige der Ephoren gegen Theniistokles und die Auslieterungstordoruug an Argos, Viesonders wegen der ,antispartanischen Agitation', die er (Thuk. I 185, b) von Argos aus trieb. Erst nach dem Tliemistokles fldilitig geworden war, erftdgteu dann der Aufetand und dtT Synoikismos in Elis und die arkadi.schf-argivischeii) Unruhen, deren Sparta durch die Schlachten hei Tegea und Dipaea^) Herr wurde. Die Spartaner brauchten also für ihr Vorgehen gegen Thomistoklos nicht erst die „Wiederherstellung ihrer Hfrrschaft in Arkadien" (Beloch 8. 193) abzuwarten.

9. Die Fahrt des Theniistokles von Pella nach Ephesos erfolgte, als die Athener Naxos belagerten. Der Aufstand von Naxos folgte auf die Unterwerfung von Karysto.s (475 oder 474) und ging der Schlacht am Eurymedon voraus. Setzt man diese Schlacht mit Diodor 470,69, so kann die Belagerung von Naxos höchstens ins Jahr zuvor fallen. Setzt man sie 467 oder 466 (Meyer, Gesch. IIl S. 577), so ergibt sich ein weiterer Spielraum. ,]e nachdem man den europäischen Teil der Flucht des Themistokles länger oder kürzer ansetzt oder sagen wir geradezu: der Nachricht bei Stesimbrotos (Phit., Them. 24) über einen Aufenthalt bei Hiero Glauben schenkt (vgl. meine Griech. Gesch. S. 36 § B2a. E.) oder, wie es die herr- schende Meinung tut, verweigert kann man .jene Fahrt in dem verfügbaren Zeit- raum frtiher oder später ansetzen und erhält danach eine längere oder etwas kürzere Frist für Themistokles" geheimen Aufenthalt in den Griechenstädten der klein- asiatischen Küste bei Freunden, die ihn schützten und verbargen. Thuky- dides' lebensvollen Bericht über die Gefährdung des Themistokles vor Naxos und sein Entrinnen kann man nicht wie Wilamowitz 1893 (Ar. löO) auf einen Wahn der Belagerer zurückführen. Wilamowitz ist davon auch später zurück- gekommen (Gr. Lesebuch [1907] I 51). Ihn mit Beloch (S. 184) als eine erfundene Themistokles-Anekdote zu betrachten, geht erst rocht nicht an.

Sicher ist auch Themistokles erst nach dem Tode des Xerxes, dem er so nachdrücklich geschadet hatte, aus seinem Versteck hervorgekommen und zum Perserkönig gegangen, wie sowohl Charon von Lampsakos wie Thukydides aus lampsakenischer Uberlie"ferung berichten. Darin hat (s. schon Klio II 346 Anm. 2) Wilamowitz 1893 richtiger geurteilt als 1903, wo er ihn mit den späteren griechischen Autoren zu Xerxes kommen läi3t. Die Einsetzung des Xerxes für Artaxerxes wie anderseits der Ersatz von Naxos durch Thasos (Plut.. Them. 25, nach der Seidenstettner Handschrift) beruhen beide auf dem Bestreben, den Zwischenraum zwischeu der Ankunft in Ephesos und der Reise zum persischen Hof auszuschalten. Thukydides' ungenaue Ausdrucksweise, die seine eigene Un- klarheit über die Vorgänge der Zwischenzeit verdecken sollte, trägt daran wesentlich die Schuld.

10. Die Echtheit von Pausanias' Brief an Xerxes und von dessen Ant- wort, die Meyer {Gesch. III S. 513A) für „evident" erklärte, „selbst wenn sie vom Schriftsteller etwas stilisiert sein sollten", während Beloch II' S. 155 sie für eine augenscheinliche grobe Fälschung hält, wird dadurch erwiesen, daß

1) Diese Schlachten setzt Ed. Meyer, GA TD. S. 515 Anm. etwa in die Jahre 473—470. Beloch (S. 189) wohl richtiger in die Jahre 4l]H—iG<y, da am Kriege der Argiver gegen Mykenae (468/7 Diodor XI 05) die Tegeaten aLs Ver- bündete der ersteren teilnahmen (Strabo VIII 377), was nach der Wiederher- stellung der .spartanischen Hegemonie über Arkadien schwer denkbar ist.

13

7 2 C. F. Lehmann-Haupt,

darin ein Brauch des persischen Hofes iii der dafür ühlichou ständigen griechi- schen Wiedergabe vorkommt, das xeTzal aot eieQyeai'a ^g ael ätäyiymiTog, das nicht nur durch Dareios' Erlaß an Gadatas (Ditt., Si/U.^'22) xelaftai aoi fityäkt] //i^ig tfi ßuaiXiwq o'i'xiu und durch den Vergleich mit Her. VIII 185 eiegyiTtjg <'.yey!jü(fri geschützt wird, sondern besonders auch durch die noch lieute bei Siwas am Felsen zu lesende Inschrift von Aranda (s. meinen Artikel Satrapen bei Pauly- Wisso\\a § 7): 'AttiiiicTu /irißieia nciQ' el•i^tf^hol<; onSQicmjHi xsi'aerai 'Ogofiüvrii.

11. Schon um der letzteren Stelle willen ist es ganz unmöglich, die in einer Abschrift aus Tiberius' Zeit vorliegende Gadatas-Inschrift mit Beloch (S. 155) als eine späte Fälschung zu betrachten, die namentlich bewiesen werde durch die Wendung xoig ntQuv EvcpQdiov xaijnoig tnl rk xaxio xTii 'Aaiug /tiptj xutaifvTti'UDV in der Belobigung des Gadatas. Das sei vom griechischen, nicht vom persischen Standpunkt aus gesprochen. Der Hinweis auf den Eigennamen 'Ahar Naharä als Bezeichnung der Satrapio ,J6nseits des Stromes' sei eine Ver- legenheitsauskunft. Beloch vergißt also, daß noch zur Zeit Antiochus I. die Provinz keilinscliriftlich genau entsprechend als Ebir näri bezeichnet wurde (Kl/o III S. -l'JSff., 504 mit Anm. 8), wie er denn überhaupt in seiner Ge- scMchte II- ganz im Gegensatz zum dritten Bande die keilinschriftlichen und selbst die griechischen Nachrichten, die durch sie erläutert werden, übergeht. Daß ein babylonischer Aufstand die Rüstungen des Xei-xes verzögerte (meine Gricch. Gesch. S. 29), daß ein anderer seit 480 die Grundfesten des persischen Reiches erschütterte und von Xerxes, der deshalb vorzeitig von Sardes ins Innere seines Reiches zurückkehrte, 479/78 blutig niedergeschlagen werden mußte (ebenda S. 34 und 38 und vorher Woch. f. Mass. Phil. 1906, Sp. 960ff.), wird bei Beloch nicht erwähnt, obgleich oftenbar selbst Herodot (I 183) davon Kunde hatte. Daher wird von Beloch die Frage, ob nicht die in der Über- lieferung hervortretende Bedenklichkeit der Perser bei Plataiai und Mykale damit zusammenhängt, überhaupt nicht gestreift. Und während der im übrigen hier skeptische Obst {Feldzug d. Xerxes S. 212 f) die „merkwürdige Tatsache, daß Artabazos auf seinem Rückmarsch das so wichtige Sestos nicht entsetzte und docli beim Könige in höchster Gunst stand", so erklärt, „daß Artabazos tat- sächlich Babylon als eiliges Marschziel angewiesen worden war", behauptet Beloch (II- 2 S. 213), ohne auch nur diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen; „Als Artabazos an den Hellespont kam," müsse „Sestos bereits von den Griechen erobert gewesen sein, da er sonst nicht bei B3'zantion übergegangen wäre; sein Heer war stark genug, um Sestos Entsatz zu bringen, und so lange eine griechische Flotte im Hellespont lag, war überhaupt an einen Übergang nach Asien nicht zu denken." So sieht er sich genötigt, Thuk. I 89, 2 (hntj^et/xdoctvxeg eü.ny (wxi'jv) Lügen zu strafen. In Wahrheit kam aber die griechische Flotte erst in den Hellespont, nachdem Artabazos bei Byzanz über den Bosporus nach Asien hinübergegangen war.

12. Die Folge der Ereignisse veranschauliche folgende Zeittafel, wo nötig mit Quellenangabe:

491/490: Demaratos abgesetzt. Leotychidas König (Her. VI 71).

Herbst 478: Die Griechen unter Pausanias erobern Byzanz.

Ende Winter 478/7: Stiftung des attischen Seebundes.

Darauf: Pausanias aus Byzanz abberufen.

477 Frühsommer: Pausanias kehrt auf der Triere von Hermione in die Meer- engen zurück und erobert Byzanz (und Sestos?) Darauf lassen die Athener den Spartanern gegen Thessalien, diese ihnen gegen Pausanias freie Hand.

14

Der Sturz des Fansanias, des Themistokles und des Leotychidas. 73

477/6: Adeimantos Archont. Eine peloponnesische Flotte überwintert im Golf von Pagasai (Plut., Them. 20).

47G: Themistokles leitet die Choregie für Phrynichos (Plut., Them. 6). 476: Themistokles als attischer Pylagore widerspricht dem sparta- nischen Antrag auf Ausschließung der Staaten, die nicht gegen die Perser mitgekämpft hatten, aus der Amphiktyonie: dieser richtete sich vornehmlich gegen die Thessaler und die von ihnen abhängigen Staaten. Nicht lange danach Themistokles ostrakisiert.

Leotychidas zieht gegen Thessalien, wird wegen Bestechung abgesetzt und geächtet. 476/5: Archontat des Phaidon. Kimon erobert Eion, das letzte Bollwerk der

Pei-ser (Schol. Aisck 2, 31) und Skyros (Plut., Thes. 36). 471: Prozeß und Tod des Pausanias (7 Jahre nach seiner letzten Rückkehr nach

B3'zanz [so Trogus' Angabe aus lustin IX 1, B herzustellen]). 47170: Praxiergos Archont (01.77,2). Themistokles geächtet (Diod. XI54f,

Cic, Lael. 42, Enseb., Chronik S. 192 [Karst].). Zwischen 471/70 und der Eurymedon-Schlacht: Den Athenern, die das auf- stlindische Naxos belagern, entrinnt Themistokles auf der Fahrt von Pella nach Ephesos nur mit knapper Not. Danach Themistokles' geheimer Aufenthalt in den kleinasiatischen Griechenstädten (u. A. Ephesos, Kymai, AigionX i70: Umwälzung und Synoikismos in Elis. Seit 470: Kämpfe der Spartaner mit den Arkadern. 469; König Leotychidas t zu Tegea in der Verbannung, 22 (14 [15] + 7 [8], Jahre

nach seinem Regierungsantritt. 468/7: Die Tegeaten unterstützen die Argiver im Kampfe gegen Mykenae (Strabo

VIII .377, Diod. XI 65, 3). 468/466: Schlachten bei Tegea und Dipaea. Wiederherstellung der spartanischen

Hegemonie. 465: Xerxes f. Themistokles tritt aus der Verborgenheit hervor und begibt sich an den Hof des Artaxerxes, der ihm Magnesia a. M. und Myra sowie Lampsakos mit Perkote und Palaiskepsis schenkt. Um 449: Themistokles t (Plut., Them. 31; Kim. 18).

15

74

Römische Kaiserdaten.

Von Ludwig Holzapfel (t).

(Schluß ').)

4. Vespasiau.

Als Anfang:stcrmin seiner Rpgierunjf betrachtete dieser Kaiser nicht etwa den 21. Dezember 69, an dem ihn der Senat als Herrscher anerkannte (XV S. 103), noch den 3. Juli 69, an welchem er von seinen eigenen Sdidaten in Cäsarea persönlich den Treueid entgegennahm, sondern vielmehr die Huldigung der ägyptischen Legionen, die am 1. Juli 69 in Alexandria erfolgte (XII S. 488 A. 7). Es tritt hierin die große Bedeutung, die er dem Verhalten dieser Truppen und ihres Präfekten Tiberius Alexander beilegte, klar zutage.

Als Todestag Vespasians wird von Sueton*), wenn man sich an die Handschrift hält, die für die Ausgaben von Roth, Preud'homme und Ihm maßgebend sind, Villi Kai. lul. seines neunten Konsulats, also der 23. Juni 79, genannt. Demgemäß haben sich Clinton''), Merivale*), Duruy^), Hertz- berg*>), Ranke'), Schiller^) und Goyau^) für diesen Tag entschieden. Die Angabe Suetons'"), wonach der Kaiser, dessen Geburt auf den 17. November 9 11) fällt, ein Alter von 69 J. 7 M. 7 T. erreichte, läßt sich hiermit in in- klusivem Sinne und die seiner Regierung von vielen Autoren beigelegte Dauer von 9 J. 11 M. 22 T. 'ä) in kompensativem Sinne vereinigen.

1) S. Bd, Xn, S. 483-493; Bd. XIO, S. 289—304; Bd. XV, S. 99-121.

2) Vesp. 24. 3) Fast. Rom. I fi4.

4) Gesch d. Römer unter d. Kaisertum, deutsche Übers. IV (Leipzig 1872), S. 202, Note 60.

. 5) Eist, des R„maini< IV (1879), S. 195.

6) Gesell, d. röm. Kaiserreiches (in Onckens AUgem. Gesch. II 1), S. 311.

7) Weltgeseh. III 25G, Noto 2. 8) Gesch d. röm. Kaiserzeit I 518. 9) Chronol. de l'empire rom., S. 158. 10) Vesp. 24.

11) Suet. Vesp. 2. Das Kalenderdatum ist außerdem noch in den Fo.ii. Philocal. {CILV p. 27(1) überliefert.

12) Diese Berechnung findet sich bei Theophil. Antiooh. ad Autolye. III 27, im armenischen Text des Eusebiauischen Kanons (Enseb. II 158 Seh.), bei Hiero- nymus im Kanon (ebenda S. 159) und in der Chronik (ebenda Bd. I Anhang, S. 36), bei Prosper Tiro (Chron. min. I 415 Momms.) und Cassiodor (ebenda II 139), im Chron. Pasch. I 460 Dind. und im Xnoioyoa<peToy aivronor (Euseb. ed. Schöne I Anh. S. 100) sowie in einer späteren Bearbeitung der Chronik des Isid. Hispal. (Chron. min. II 500).

51

Ludwig Holzapfel, Römische Kaiserdaten. 75

Ein anderes Datum ergibt sich dagegen, wie bereits Tillemont'j ge- sehen hat, aus Dios''') Berechnung, wonach Vespasian 10 J. weniger 6 T. regierte. Diese Angjibc führt, je nachdem man die Vollendung des zehnten Jahres auf den 1. Juli oder auf den 30. Juni setzt (vgl. XIII S. 290f.), auf den 25. oder den 24. Juni. Tillemont nimmt das letztere Datum an, das auch bei Sueton in der Frankfurter Ausgabe von 1588 überliefert sei.

Eine zweite Angabe Dios, die gleichfalls den 23 Juni ausschließt, liegt bei Zonaras^) vor, nach welchem sich Vespasians Lebenszeit auf 69 J. 8 M. 8 T. erstreckte*). Sein Tod fällt hiernach, da er am 17. No- vember 9 geboren wurde (S. 74) und in Wirklichkeit nicht 8, sondern nur 7 M. zu rechnen sind, auf den 24. oder 25. oder 26. Juni.

Unter den neueren Forschern haben sich Dessau^), Niese'') und Weynand") für den 24. Juni entschieden, doch wird von Dessau und Wey- nand als Gewährsmann für dieses Datum auffallenderweise Sueton angeführt.

Sieht man von den bei diesem Autor überlieferten Kalendertage ab, so lassen sich die sonstigen Angaben, die wir besprochen haben, mit dem 24. Juni gut in Einklang bringen. Das von Sueton angegebene Lebens- alter von 69 J. 7 M. 7 T. (S. 74) führt vom 17. Nov. 9 auf den 23. oder 24. oder 25. Juni 79 und die weit verbreitete Ansetzung seiner Regierungs- zeit auf 9 J. 11 M. 22 T. (S. 74) vom 1. Juli 69 auf den 22. oder 23. oder 24. Juni 79'^). Der 24. Juni erweist sich hierdurch zugleich als der ein- zige Tag, der sämtlichen Berechnungen genfigt.

Mit diesem Datum harmoniert aufs beste die Angabe Dios'), daß Titus bei seiner Thronbesteigung 39 J. 5 M. 25 T. alt gewesen sei, und nicht minder die von Dio und anderen Autoren seiner Regierung beigelegte Dauer von 2 J. 2 M. 20 T.'«). Er wurde geboren am 30. Dez. 39 'i) und

1) Eist, des empereurs U lKi>. 2) LXVI 17, 3.

3) XI 17. Ebenso Cod. Taris. 1712 (By:. Ztschr. V 18%, S. 513).

4) Wie boi Zonaras und im Cod. Paris. 1712, so sind anch bei Xiphilinus (LXVI 17, 3), der dio Tage wegläßt, 8 M. überliefert, wahrend tatsächlich von der Vollendung des 09. Lebensjahres (17. Nov. 78, über den Geburtstag siehe S. 74) bis zum Todestage nur 7 volle Monate verflossen. Ob sich Dio .selbst versehen oder sich, wie Boissevain vermutet, ein Fehler in den von Xiphilinus und Zonaras e.xzerpierten Text eingeschlichen hat, muß dahingestellt Isloiben.

5) Prosop. imp. R. II 78. 6) Bow. Gesrh., 4. Aufl., S. 328.

7) Pauly-Wiss. BE VI 2674.

8) Tillemont, Eist, des emp. 11 Anhang, S. 18*', Note 1 betrachtet als Aus- gangspunkt dieser Berechnung den 3. Juli <>9, an dem Vespasian nach Tac. Hht. II 79 von seinein eigenen Heere zum Kaiser ausgerufen wurde (vgl. XII S. 4h8 Anm. 7). Er hat also die Möglichkeit einer exklusiven Zilhlweise ganz übersehen.

9) LXVI 18, 4. Zon. XI 18.

lü) LXVI 18, 4. 26, 4. Zon. XI 18. Suet. Tit. 11. EpU. des. 10, 1. 11) Der Kalendertag ist durch Suet. Tit. 2 und Faxt. Philocal. CIL 1^278 bezeugt. Das Geburtsjahr war nach Suet. a. a. O. das Todesjahr Caliguhis, also

76 Ludwig Holzapfel,

starb am 13. Sept. 81*). Wir haben es also, wenn er am 24. Juni 79 zur Regierung gelangte, bei beiden Berechnungen mit kompensativer Zähl- wcise zu tun.

Wie verhält es sicli inin aber mit dem bei Sueton für Vespasians Tod überlieferten Datum Villi Kai. Inl. ? Es verdient bemerkt zu werden, daß nicht nur die Frankfurter Ausgabe von 1588 (S. 75), sondern auch die Lcydener von 1596, die zweite Ausgabe des Casaubonus von 1610 und die Plantiniana von 1611 die LasuTi VIII Kai. bieten und daß nach Oudendorps Ausgabe (1751) das gleiche Datum in einigen Handschriften steht. Es liegt dalier nahe, die Ziffer VIII, woraus sehr leicht Villi werden konnte, in den Text zu setzen und so Sueton mit Dio in Einklang zu bringen.

Ein derartiges Verfahren kann aber doch nicht oline weiteres an- gewandt werden. Auf Titus Regierung, die am 13. Sept. 81 endigte, rechnete man nämlich nicht bloß 2 J. 2 M. 20 T. (S. 75), sondern auch 2 J. 2 M. 22 T.2). Als spätester Termin für seine Thronbesteigung er- gibt sich hiernach der 23. Juni.

Es muß mithin als Todestag Vespasians sowohl der 23. wie der 24. Juni überliefert gewesen sein. Dies war wohl möglich, wenn der Kaiser zwischen der Mitternacht vom 23. auf den 24. Juni und dem Anbruch des folgenden Morgens gestorben ist; denn wir haben es alsdann mit einem Zeitabschnitt zu tun, der bei dem Widerstreit der Ansichten über den bald «auf die Mitternacht, bald in die Zeit der Morgendämmerung gesetzten Beginn des bürgerlichen Tages ebenso gut den 23. wie dem 24. Juni zugewiesen werden konnte. Eine auf solche Weise zu erklärende Doppeldatierung liegt tatsächlich bei Pertinax vor, der vom Senat in der Nacht vom 31. Dez. 192 auf den 1. Jan. 193 zum Kaiser ernannt wurde und dessen Regierungsantritt demgemäß bald auf den 31. Dez. 192, bald auf den folgenden Tag gesetzt wird.

Wie wir bereits bemerkten, wird Vespasians Regiernngszeit von zahl- reichen Autoren auf 9 J. HM. 22 T. angesetzt und hierbei als Aus-

41. Damit stimmt Vict. Cnf.s. 10, 5, wonach Titus im 40. Lebensjahre starb. Auf das J. 39 fülirt indessen, wie O A. Hoffmann, De mperatoris Tit. temporihus rede definicndis. Marburg 1883, S. If. zeigt, nicht nur die oben erwähnte Berechnung Dies, sondern auch andere Angaben, dio den Kaiser in das 42. Lebensjalir (Suet. Tit. 11. Eutrop. Vn 22, 1) oder zu einem Alter von 41 J. (Epif Caes. 10, 15) ge- langen lassen.

1) Suet. Tit. 11. Das Jahr ergibt sich auch aus Dio LXVI 26, 1.

2) Rein sind die 22 T. überliefert bei Theophil, ad Autolyc. III 27, wo je- doch die Monate fehlen. Im Lib. generat. (Chron. min. 1 138 Momms.), bei Epiphanius de mens, et pond. c. 13 Lagarde und im AVoio/pay «fov aivru/iov (Euseb. ed. Schöne I Anhang, S. 100) sind von den 22 T. nur 2 T. t\brig geblieben. Außerdem haben sich im Lib. gen. die II J. in III J. verwandelt (vgl. S. 82).

53

Bömischc Kaiscrdaien. 77

gangsteiiiiin der 1. Juli G9 betrachtet (S. 75). Es sind nun noch einige andere Angaben zu bespreelien, die anf der niiinlichen Recliining bernh(Mi, jedoch durch die Nachlässigkeit der Absciireiber oder der Autoren selbst mehr oder minder entstellt sind.

Um einen geringen P'ehler liandelt es sich bei Clemens Alexan- drinus'). Die 11 M. 22 T. sind hier richtig überliefert, doch werden 11 J. statt 9 J. genannt, was wohl der Einwirkung der folgenden 11 JI. zuzuschreiben ist.

Bei Malalas^), der die Tage wegläßt, sind aus 11 M. 10 M. ge- worden. Dies konnte leicht geschehen, wenn seine Kaiserliste aus einer lateinischen Quelle^) stammt, in der die Verwandlung von XI in A' sehr nahe lag.

Weit auffallender ist eine in mehreren byzantinischen Chroniken vor- kommende Angabe, wonac^i Vespasian 10 J. 8 T. regiert haben solH). In der Quelle, auf die diese Zeitbestimmung zurückgeht, war wohl von 10 J. weniger 8 T. die Rede^).

Die schlimmste Entstellung liegt vor in der Stadtchrouik des Cliroiio- graphen von 354, worin eine Regierungszeit von 12 J. 8 M. 28 T. an- gegeben wird^j. Zunächst scheinen durch Verwechslung aus 9 J. 11 M. XI J. und VIII M. und hieraus sodann XII J. VIII M. geworden zu sein. Die 28 T. bereiten keine zu große Schwierigkeit. Wer den Tod des Kaisers auf den 23. Juni 79 setzte (S. 75), zählte bei inklusiver Be- rechnung der vom 1. Juli ti9 laufenden Regierungszeit 23 überschüssige Tage. Die gleiche Summe ergab sich bei konipcnsativer Berechnung, wenn als Todestag der 2-1. Juni (S. 75) galt. Die Ziffer HI war nun aber der Verwandlung in VIII in hohem Maße ausgesetzt").

Alle Angaben über Vespasians Regierungszeit, von denen bisher die Rede war, setzen im Einklang mit der vom Kaiser selbst vertretenen Auffassung den 1. Juli 69 voraus, an dem ihm die ägyptischen Legionen

1) Strom. I 21, 144, 4. 2) p. 260 Diud.

3) Eine solche ist deutlich zu erkennen \i. 260/61 Dind,: Obfunaaiavöi 6e tx zr/g lovdautiji; n(ic(l6ag hXTiatr tp i;^ AyTio/tlrx r;^ /.ttycX;/ n'; i.tyijßerc; .\'n)uv- ßlfi ngb T;/? nvXiji xTjt; nültwq.

4) Leo Gramm, p. 64 Bekk.; Cod. Vat. 163 {Byz. Zlschr. V 1896, S. 513), Cod. Paris 1712 (ebenda); Cedren. I 380 Bekk.

5) Ein ähnliclie.s Vorsehen findet sich iu einer Angabe des Cod. Paris. 1712 (Byz. Zeilseitr. V 1896, S. 523) über Pertinax, dessen Lebenszeit (1. August 126-28. März 193) auf 66 J. 4 M. statt auf 67 J. weniger 4 M (so Dio LXXJII 10, 3) angegeben wird.

6) Chron. min. 1 146 Momnis.

7) Die nämliche Verwechslung begegnet im Lib. genorationis [Chron. min. I 138), wo Otho VIII M. statt IU M. erhält. Umgekehrt sind bei Eutrop. VIII 19, 1 aus den XVII J. VIII M. des Septimius Soverua (2. Juni 193 bis 4. Febr. 211) XVI J. III M. geworden.

54

7y Ludivig Hohnpfel,

den Treueid leisteten (XII S. 488, 7; XV S. 104). Es finden sich indessen auch Spuren einer anderen Zeitrechnung, deren Ausgangspunkt der vom Senat am 21. Dezember 69 gefaßte Beschluß dp imperin VesjJasiuni (XW S. 103) bildete.

Wir fassen zunächst drei Angaben ins Auge, die eine genaue Zeit- abstimmung bieten sollen, jedoch fehlerhaft überliefert sind.

Nach Epiphanius') .soll Vespasian 9 J. 7 M. ]'2 T. regiert haben. Die 9 J. 7 M. kommen dem zwischen dem 21. Dez. 69 und dem Todes- tage des Kaisers (23. oder 24. Juni 79) liegenden Intervall von 9 J. 6 M. sehr nahe und rühren wahrscheinlich aus einer lateinischen Vorlage her, in der VI zu VII geworden war. Zu den Jahren und Monaten kamen, wenn man Vespasians Ableben auf den 23. Juni setzt, nach kompensativer Zählweise noch 2 T. hinzu und ebenso war dies der Fall bei exklusiver Berechnung, wenn als Todestag der 24. Juni betrachten wurde. Die Ver- wandlung von II in A'77 war in einer lateinischen Quelle ebenfalls sehr leicht möglich^) und kommt bei Epiphanius in dem nämlichen Kapitel nochmals vor, indem Vitellius statt 8 M. 2 T. 8 M. 12 T. erhält (vergl. XUl S. 296 A. 4).

Der gleichen Zeitrechnung wie Epiphanius scheint der anonyme Verfasser der ^vrofi- -/(lorix// zu folgen, nach welcher Vespasian 9 J. 8 M. regierte ■'*). Auch diese Angabe darf n)an auf eine lateinische Vor- lage zurückführen, in welcher sich VI in VIII verwandelt hatte.

Seiir problematisch erscheint dagegen auf den ersten Blick die An- gabe Eutrops*). daß Vespasian aminm agens .... imperii no7ium et dievi scptuinoii gestorben sei. Man darf diese Stelle nicht etwa in dem Sinne verstehen, daß Vespasian nur acht volle Jahre regiert hätte; denn Eutrop bedient sich in solchen Fällen, wo die Zahl der vollendeten .lahre und Monate genannt werden soll, öfter der gleichen Ausdrucksweise''). Durch den Ausfall der Monate wird dagegen die Erklärung wesentlich

\) De mensur. et pond. c. 13 Lagarde.

'2; So gibt der Lib geueratiouis [Chron. min. I 138) für Otho VIII M. XII T. .statt III M. 27 T. (vgl. XIII S. 293 A. 6).

3) Mtoaiwvixii ßißXio^xtj, ed. Sathas VII 1894, S. 29. Die 9 J. 8 M. finden sieb auch bei M.olalas p. 259 Dind , abor als Regierungszeit des Vitellius, der augenscheinlich mit Vespasian verwechselt ist. Die 9 J. 10 M , die Vespasian nachher erhält (vgl. S. 77), sind aus einer zweiten, der gewühnlichen Zeit- rechnung folgenden Quelle eingefügt

4j VII 20, 2

5) Vgl. VII 12, J : Calignla {\V>. März 37—24. .Jan. 41) stirbt anno imperii tertio, viensc dainio dicque ortavo; VI! 18, 6: Vitellius (19. April li9— 2Ci. Dez. 69) stirbt imperii mcnxc orlavo et die uno; VIII 23, 1: Severus Alexander etwa 11. März 222 19. März 23.'j) stirbt tertio deci-mo imperii anno et die nono. tjber die näm- liche Nachlässigkeit bei anderen Autoreu s. XU S. 489 A. 6 gegen Ende und XV S. 104 A. 6).

55

Bömische Kniftrvdaten. 79

erschwert. Mit den 7 Tagen, die vom 23. oder 24. Jnni 7ii weder auf den 21. Dez. 69 noch auf den 1. Juli (19 zurückführen, i.st nichts anzufangen. Fragt man nun aber, welche Zahl in VJl stecken soll, so bietet sich in erster Linie IUI dar, dessen Vertauschung mit Uli in den Kai.serlisten wiederholt wahrzunehmen ist')- Wir gewinnen so auf einfaclie Weise die überschüssigen Tage, die der Zeitraum vom 21. Dez. 69 bis zum 24. Juni 79 bei inklusiver Rechnung enthält.

Es ist nun von Interesse zu ermitteln, inwiefern auch in solchen Angaben über Vespasians Regierung.szeit. die sich auf die Jahre beschränken, die Verschiedenheit der Ansichten über die Epoche seines Prinzipats zum Ausdruck kommt. Wer vom 1. Juli (59 ausging, konnte das zehnte Ke- gierungsjahr. das am 23., 24. Juni 79 bis auf wenige Tage vollendet war. nicht wohl vernachlässigen. Es ist mithin da. wo nur 9 J. genannt werden, als Ausgangstermin der 21. Dez. 69 zu betrachten.

Wie nach unseren bisherigen Untersuchungen von vornherein zu er- warten ist. sind diejenigen Autoren, die bloß 9 J. rechnen, bei weitem in der Minderzahl. Wir finden diese Ansetzung nur bei Epiphanius-), bei dem der 21. Dez. 69 auch als Ausgangspunkt einer genaueren Datierung") nachgewiesen werden konnte, in der JJvraycoy)) yoöi'oji- eines Anonymus aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts*) und lioi Georgius Monachus'') während von zahlreichen anderen Autoren 10 J. genannt weiden^). Aller- dings könnten bei manchen Schriftstellern 10 J. aucii aus 9 ', .2 J. ent- standen sein, da es rechnungsmäßig ebenso gut zulässig war. ein halbes

1) Eben.so erhält Antouiini.s Pins statt 74 Lebensjahren ilf'- Sept 8ti liis 7. März 1(51) !)ei Prosper Tiro (Chron. min. I 4'2Ö) und r'a.ssiodor .ebenda 11 14.S) 77, die von Malalas p. 281 Dinil übernommen wurden sind, und Caligula bei C'edrenn.s I p 346 Bekk., der jedenfalls einer lateinischen Quelle folgt, statt 4 Rej;iri-ungs- jahreu 7. Umgekehrt haben sich in den Excerpta Barh. i.Euseb ed Schone I Anh. S. 233) und im Laterculns imperat. ad lustinuni I {Chron. min. 111 12(J) die 7 Regieruugsmouate Galbas 9. Juni 68 15. Juni 69) in 4 verwandelt (vgl XII S. 849 A. 6 am Ende).

2j Ancyrot. c. 60. 3) Vgl. S. 78.

4) In Nicephori opusc. hist. ed. de Boor, p. 2'22.

5) p. 383 de Boor. Oros. VII 9, 12, der Vespasian iin 9. Jahre seiner Regierung sterben läßt, gehurt nicht hierher; denn diese Angabe ist. wie der sonstige Inhalt zeigt, aus Entrop VII 2(j, 2: annum agenx . impcrii nomtm et diem septimum hervorgegangen, wo wir eine an den 21 Dez. 69 anknüpfende Zeit- rechnung erkannt haben iS. 78} Das Gleiche gilt von den 9 J. im Laterc. imp. ad Instin I {Chron. min. III 420). :

6) Enseb. Eccles hist. Ul 13; Epit caes 9, 1; Excerpt. Barh. (Euseh. ed. Schöne 1 Anhang S 2331; Exposit. temp. Hilar {Chron. min 111416); Jordan. Rom. p. 34 Momms ; Isid. Hisjjal 1 Chron. min. II 4ö6,i : Nicephor. A'Qor. airr. p. 9H de Boor; Maxim. Martyr, Comput. eeclesiast (Petavius, Dort, teinji. Venedig 17-">7. III 191); Cedren. I p. 380 Bekk.; Randnote zweiter Hand zu den Excerpt. Saimas. (in Die ed. Boiss. lU S. 765 = S. 39Ö Tran..).

56

80 Ludui'g Holzapfel,

Jahr auf ein ganzes abzurunden, als es zu vernachlässigen. Die Behandlung, die der lO'/ojährigen Regierung Traians zuteil geworden ist'), zeigt in- dessen deutlich, daß zu einem derartigen Verfahren (vgl. XII S. 492 f.) sehr wenig Neigung bestand.

Der offiziellen Zeitrechnung hat sich auch Josephus in der Datierung von Ereignissen dos Judenkrieges angeschlossen. Der Brand des Tempels in Jerusalem, der um den (5. August 70 stattgefunden haben muß-), wird von ihm in das zweite Regierungsjahr Vespasians'') und die etwa auf den 3. Sept. 70^) fallende Einnahme der Stadt in das nämliche Jahr gesetzt^). In beiden Fällen ist also der 1. Juli <jii der Ausgangspunkt der Datierung.

Der gleiche Termin wird vorausgesetzt in drei Regentenlisten, die in byzantinischer Zeit von alexaudrinischen Astronomen angefertigt und von Usener lierausgegeben worden sind''). Die in diesen Listen ange- wandte Zcitreclinung !)eruht auf der an den Tod Alexanders d. Gr. an- knüpfenden I'hiüppischen Ära, die ihren Namen von Alexanders nominellem Nachfolger Pbilippus Arrhidäus erhalten hat. Die Jahre, nach denen ge- rechnet wird, sind ägy{)tisclie Kalenderjahre von 3ö5 T.. deren Anfang sich im Julianisclien Kalender alle vier Jahre um einen Tag rückwärts verschiebt''). Als erstes Jahr eines jeden Regenten zählt das Kalender- jalir, in dem er zur Herrschaft gelangte'). Im ganzen werden auf Alexanders Nachfolger und die sich hieran anschließende Reihe der ägyptischen und römischen Herrscher bis auf Vespasian 3!>1 und für Vespasian selbst 10 J. (392 401) gerechnet. Das Jahr 392 dauerte vom G. August i>8 bis zum 5. August 69. Es wird also auch hier der Anfang der Regierung Vespasians nicht auf den 21. Dez. 69, sondern auf den 1. Juli (39 gesetzt. Sein letztes Jahr mußte das Philipp. Jahr 401 sein, das am 3. Aug. 78 endigte; denn das folgende, in dem er starb (24. Juni 79), zählte bereits für Titns als erstes Regierungsjahr*).

Wie Vespasian, so sind auch Galba und Vitellius lange, liovor ihnen

1) 20 J.. Epit Caes. 13, 1. Beinahe 20 .J. : Vict. Caes l;i, 10. 10 .f.: Epiphau. de mens, et pond. c. Lagarde und Ancyrot. c üO; Oros. VII 12, 1; Lsid. Hispal. {CJiron. OTTO. 114.58); Chron. Pascli. p. 4*59 Dind.; Syncell. p. G.57 Diud.; Anonj-m. ^vvayvjyij /4>ot'. p. 222 de Boor; Georg Monach. p. 450 de Boor, wo die 19 J. zu 9 J. geworden sind. Die 18 J. bei Maxim. Martyr Comput. ecclcsütst. (Petav. Dnct. tcinp III 191) scheinen aus einer lateinischen Quelle zu stammen, in der sich XVIIJI in XVIII verwandelt hat.

2) Vgl. LInger, Sitzungubcr. d. phüos.-philol. u hist. Cl d. K. Bayer. Ah. d. Wiss. 1893, Bd. II 484 und Weynand, Pauly-Wiss. VI 2701.

3) D. Ind. VI 4, 8, 2G9. 4) Weynand a. a. 0.

5) B. lud. VI 10, 1, 435; hiernach Euseb. Freies. Inst. III 7, 3.

6) Chron. min. III 438 f.

7) Über die Reduktion dieser Jahre auf Julianisclie s. U.seners Tabelle ebenda nacli S. 3G8.

8) Usener a. a. 0. S. 441.

57

Römische Kaisi'rdaten. 81

der Senat dio Regierung ül)ertnig, von iliren Legionen dazu berufen worden (XII S. ■190: XIII S. 29(if.). Während indessen bei Vespasian der 1. Juli 89 im Einklang mit seiner eigenen Auffassimg meist als Epoche des Prin- zipats betrachtet worden ist (XIIl S. 104; oben S. 77), blieb bei Galba 'j und Vitellius-) die an die Anerkennung durch den Senat oder an den Tod des Vorgängers anknüpfende Zeitrechnung vorherrschend. Dieser Unter- schied hat allem Anschein nach darin seinen Grund, daß Vespasian eine Reihe von Jahren hindurch den Tag, an welchem ihn die ägyptischen Legionen zum Kaiser erhoben, festlich begehen konnte'*), während Galba und V^itellius die Wiederkehr des Tages, an dem ihnen ihre Truppen die Regierung übertrugen, überhaupt nicht mehr erlebten. Unter der Herrschaft Vesjjasians mußte sich ferner die Erinnerung an den 1. Juli (19 noch da- durch befestigen, daß er von diesem Termin auch die Jahre seiner trihnnicia potfstas datierte*), die er vom Senat erst am 21. Dez. 69 erhalten hatte (XIII S. 103).

Unter den Angaben über Titus' Regierungszeit, die sicli auch auf die Tage erstrecken, ist noch eine zu besprechen, in der eine auffallende Entstellung vorliegt. Während nämlich Dio, Sueton und die Epitome de Caes. 2 J. 2 M. 20 T. rechnen (S. 75, Anm. 10), werden statt dessen bei Eiitrop^^ und in einer den Excerpta Salmasiana von dritter Hand beige- fügten Randnote?) 2 J. 8 M. 20 T. genannt. Der gleiche Fehler begegnet in der Chronik des Hieronymus^), in dem Latercuhia impercdonmi ad Jiisfinum l") und in den Konstantinischen Exzerpten de iitsidiis^), wo die Tage durchgängig felilen.

Auf Eutrop ist diese Entstellung schwerlich zurückzuführen; denn in Victors Schrift de Cocsiirdms^^), die bereits 3H0 abgefaßt ist, werden ebenso wie in der aus dem 13. Jahrhundert herrührenden ^^vrofu xQ'>''('i'' eines Anonymus") Villi M. genannt, welche Ziffer doch allen Anschein nach aus VIII hervorgegangen ist.

Wie ist nun die Verwandlung der 2 M. in 8 M. zu erklären? Am nächsten liegt wohl die Vermutung, daß wir es mit Entstellung einer griechischen Ziffer zu tun haben, indem sich U (;= B) in ^ (= H) ver- wandelte. In gleicher Weise sind aus den 3 M. 2 T., die für Othos Re- gierung (15. Jan. ()9— 16. April 69) in inklusivem Sinn zu rechnen sind, bei Leo Grammaticus, bei Cedrenus und im Cod. Vat. 163 3 M. 8 T.

1) Vgl. Xir S. 4S9{. '2) Vgl. XV .S. 104. - 3) Tae. Hißt. II 79. 4) Borghesi Oeuvres VI If.; Momiusen, R. Staatsr. II-' 7it7, Note 1. .5) VII 22, 1. 6) Vgl, Dio ed. Boissevain, Bd. III S. 766.

7) Euseb. ed. .Scljöne I Anh. H 36. Im Kanon (ebenda II 159) gibt Hiero- nymus dagegen 2 M. Vgl. S. 82 Aurn. 4.

8) Chron. min. III 420 Momms. 9) p. 81 de Boor = p. 27 Cramer.

10) 10, 5.

11) Msacuiuvtxfj i-tißXioQ^tjXTi, ed. Satlias VII 1894, S. 30.

Kilo, Beiträge lur alten Oeechlchte XVII 1/2. 6

58

82 Ludwig Holzapfel.

(vgl. XIII S. 293 A. fi) und aus dem 1. J. 2 M. des Macrinus (11. Apr. 217 bis 8. Juni 218) in der Zvrnf. /pö?-.') 1 J. 8 M. geworden, während umgekehrt Nero (13. Okt. 54—9. Juni 68) statt 13 J. 8 M. bei Malalas*) 13 J. 2 M. und Vitellius (19. April 69—20. Dez. 69) bei Georgius Monachus*) statt 8 M. 2 M. erhält.

Für diejenigen Autoren, die darauf verzichten, die Tage anzugeben, hätte es am nächsten gelegen, die 2 M. 20 T. auf 3 M. abzurunden. Von den meisten Schriftstellern werden jedoch nicht 3, sondern nur 2 M. ge- nannt^). Sehr häufig ist auch schlechtweg von 2 J. die Rede''). Bei Maximus Martyr''), Georgius Monachus') und Cedrenusi^) sind hieraus ebenso wie im Lib. geuerationis, wo auch die Monate und Tage genannt werden*). 3 J. geworden. Es gibt sich hierin die Einwirkung einer lateinischen Quelle zu erkennen, in der aus //leicht i// entstehen konnte.

Anders steht es mit den 3 J., die Titus in den bereits (S. 80) er- wähnten Rcgentenlistcn alexandrinischer Astronomen erhält'"). Als sein erstes Jahr zählte das Philippische Jahr 402 (4. Aug. 78—3. Aug. 79), in dem er zur Regierung gelangte, und als letztes das seinem Todesjahre vorhergehende Jahr 404 (3. Aug. 80—2. Aug. 81), so daß sich im ganzen 3 J. ergeben.

5. Nerva und Traian.

Als Geburtstag Nervas ist der 8. Nov. überliefert"). In Hinsicht auf das Jahr seiner Geburt gehen dagegen die Angaben auseinander. Nach der Epit. de Cacs.^'^) starb er im 63., nach Eutrop'-^) alier erst im 72. Jahre. Da sein Tod gegen Ende Jan. 98 fällt (S. 84), so wäre er nach der Epiiomc im J. 35, nach Eutrop dagegen bereits im J. 26 geboren.

1) Mtoiuuivixi, ßiß).., ed. Sallias VII 1894, S. 33.

2) p. '250 Dind. 3) p. 382 de Boor.

4) 2 J 3 M.: Expositio temporum Hilariana aus dem J. 4G8 {Chron. min. III 410); Leo Gramm p. Ü.5 Bekk.; Cod. V.-it. 163 {By:. Zeitschr. V ISOC, S. 514): Cod. Paris. 1712 (ebenda) 2 J. 2 M.: C'lem. Alex. Strom. 121,144,4; Euseb. Ecdcs. laut. III 13, ebenso im armenischen und im syiisclieu Text de.s Kanons II 158 und 213 Schöne; Hierouymus im Kanon (Eusel). II 159 Seh.); Cassiod. Ohron. min. II 139 Momms ; Nicepborus .\>ov. ei'vT. p. 93 de Boor; Isid. Hispal. Chnin. in .späterer Bearbeitung Chron. min. II 50i"» Hitt. Psewh-IsiJ. ebenda II 381.

5) Oros. V119, 13; Malal. p. 202 Dind.; Isid. Hispal. Chron- min II 46«; Excerpl. Barh. in Euseb. ed. Schone I Anh. S. 232; Chron l'asch. 1465 Dind.; Syncell 1648 Dind; Anonym, ^waytuyi/ /ponov in Nicephori opusc. hist. p. 223 de Boor.

6) Comput. ecdexiast (bei Petav. Doct. temp., Venedig 1757, Bd. III S. 191).

7) p. 437 de Boor. 8) I 38(J Bekk. 9J Vgl. S. 76 A. 2.

10) Chron. min III 447 f. Momms.

11) Fast. Philocal. et Pnlem. Silv. CIL V p. 255. 2T6f.

12) 12, 11, 13) VIII 1, 2.

59

Römische Kaiserdaten. 83

Klebs') und Stein*) geben der Angabe der Epitome den Vorzug, weil Nerva im J. (iG die Prätur bekleidet habe'*) und dieses Amt vermöge seiner guten Beziehungen zu Nero wohl bald nach dem frühesten zu- lässigen Termin, der in der Kaiserzeit an das laufende 30. Lebensjahr geknüpft war^), erlangt haben müsse. Ein derartiges Argument kann allerdings den Ausschlag geben, wenn es sich darum handelt, zwischen zwei Zeugnissen zu entscheiden, die sich ungefähr die Wage halten. Es kommt indessen außerdem noch eine Angabe Dios^) in Betracht, die weder von Klebs noch von Stein verwertet werden konnte, weil der Text erst von Bois.'^evain ins Reine gebracht worden ist.

Im Auszug des Xiphilinus schließt sich an eine später (S. 85) noch zu besprechende Notiz über Nervas Regierungszeit eine Bemerkung über sein Lebensalter an, die man hei Zonaras^) vermißt. Der Cod. Vaticanus 144 bietet den Wortlaut: .-rfino.Jf.lic'jxti dl .Trti'Tt xai i^iijxorrd iV;/ xai (ifjvaq 6txa xtu tjiitQaii 6hx(t. Für jrQoöiitßiojxti (Vt hat der Coislinianus 320 jTQOhthßi'ixtt (St. Reiske liest hierfür .-r^totthih'jxii 6' ts, welche Änderung von Sturz, Bekker und Dindorf üngenommen wordriT ist. Da nun aber weder die Zahl der Monate noch die der Tage mit dem zwischen dem Geburtstage Nervas (8. Nov.) und seinem Todestage (Ende Januar) liegenden Intervall vereinigt werden kann, so hielten es Klebs und Stein für das Beste, Dios Angabe ganz bei Seite zu lassen').

Anders gestaltet sich aber die Sache, nachdem Boissevain aus dem im Vat. überlieferten jti>noihiU(öxi:i mit ganz geringfügiger Änderung MQOtßti-iiMxti hergestellt hat. Es handelt sich hiernach um die Zeit, welche voa Nervas Geburtstag (8. Nov.) bis zu seiner am 18. Sept. 8) 9(5 erfolgten Thronbesteigung verfloß. Es stimmt nun nicht bloß die Zahl der Monate, sondern auch die derTago. welch' letztere mithin in korapensativem Sinne zu fassen ist.

Da sich Dio in Hinsicht auf die Kalenderdaten der Geburt und des Todes gut unterrichtet zeigt, so wird man von vornherein geneigt sein, auch die von ihm angegebene Zahl der Lebensjahre für richtig zu halten. Wenn Nerva bei seinem Regierungsantritt (18. Sept. 9ß) das tiö. Jahr vollendet hatte, so war er im J. 30 geboren und stand, als er im Jan. 98 starb, in seinem G8. Lebensjahre. Wenn nun in einer lateinischen Vorlage für die vollen Lebensjahre die Ziffer LXVJ I überliefert war, so konnte sich dieselbe, wie Boissevain mit Recht geltend macht, bei Eutrop sehr

1) Prosop. imp. R. 1430. - 21 Pauly-Wiss. RE iV 148.

3) Tac. Ann. XV 72; vgl. CIL XI 5'743.

4) Vgl. S 91). - Ti) LXVII14, 2. 6) XI 20.

7) Tillcmont, IJiift. des emp. 1150« ist hierdurch seinerseits verleitet worden, als Geburtstag den 17. März 32 auzuuehmen.

8) Suet. Domit. 17; CIL VI 472.

6* 60

Si Ludivig Holzapfel,

leicht in /y.YA'/J und in der Epitoinc in ZA'/// verwandeln. Die letztere KoiTuptel lag; namentlich dann nahe, wenn die Schreibweise LXUII an- gewandt war.

Di(! falsche Zeitangabe Entrops findet sich noch, wie bereits von Boissevain bemerkt worden ist, bei Hieronynius'), Frosper*) undCassiodor-''). Hieronynius hcIiöJ)!'! jedenfalls ans Eutrop, während Frosper und Cassiodor, wie ihre Angaben üi)er Nervas Tod zeigen, ihrerseits von Hieronynius ab- hängig sind. In Übereinstimmung mit den genannten Autoren stellen noch drei andere Chroniken, nach denen Nerva 71 J. gelebt hat^).

Nach Eutrop'') war Nerva schon soirx aämodum, als er zur Re- gierung gelangte^). Man ist demnacli berechtigt anzunehmen, daß er die entstellte Zeitangabe bereits in seiner Quelle vorgefunden hat. Das Gleiche scheint l)oi Victor') der P'all zu sein, nach welchem Nerva, als man ihn zum Kaiser erhob, bereits in cxtn-iaa adaif stand.

Als Todestag Nervas wird im Chron. Paschale^) der 25. Jan. 98 genannt. Eine F.estätigung hierfür findet Stein^) in der Angabe Eutrops'"). daß die Regierung dieses Kaisers, die am 18. Sept. DO begann"), 1 J. 4 M. H T. gedauert habe'-), wonach sich bei inklusiver Zähiweise der nämliche Tag als Endtermin ergibt.

Zu einem andern Resultat gelangte man jedoch, wenn man die sonstigen Berechnungen ins Auge faßte. Nach Clemens Alex. Strom I 21, 144 und der Epifome de Cncs. 12,1 soll Nerva 1 J. 4M. 10 T. regiert haben. Sein Tod fiele hiernach frühestens auf den 27. Jan. Wie Stein selbst bemerkt, ist Clemens in seinen Zahlenangaben zuverlässig und die Kiiilonit' speziell über Nerva gut untei richtet, im vorliegenden P'aile glaubt jedoch Stein die Angabe der Epitouir deshalb beanstanden zu müssen, weil liiornacli am Todestage Nervas eine Sonnenfinsternis stattgefunden haben soll, die damals unmöglich eingetreten sein kann'^j. Dagegen möchte

1) Euseb. II 163 Seh. - 2) Chrnn. min. I 419 Moram.s. 8) Ebenda II 140.

4) Lnterc. imp. ad. Inst. I {Chron. min. III 429; Matal p. 268 Dind ; Anonym, i't'roi/'. /oöv. (Mmaiwvixii fliß).io!h'ixtj, ed. Sathas, VII 1894, p. 30).

5) VIII 1, 1. Gl Hiernach Uios. VII 11, 1. 7) Caes. 12, 2 8) I 469 Dind.

9) Paiily-AViss. RE IV 149. lU) VIII 1, 2,

11) Suet. Damit 17. CIL VI 472.

12) Die gleiche Bereclinnng liegt vor in den Excerjita Salmas , wo nur die 8 T. Überliefort, 1 J. 4 M. aber am Rande von zweiter Hand nachgetragen sind (Dio, ed. Boissevain, Bd. lU, S. 765).

13) Wie Ginzel, Spczidler Kanon iler Sonnen- und Mo^idfinstcrnisse, Berlin 1899, S. 205, Note bemerkt ist für Boni in den .1. 96 98 überhaupt keine halbwegs sichtbare Sonnenfinst<niiis nachzaweison. Überdies fällt keiner der für Nervas Tod in Betracht kommenden Tage mit einem Neumond zusammen. Da nach Ginzels Angabe (a. a. 0 ) am 21. März 98 eine Sounenlinsteruis stattfand, so muß um den 21. Jan. Neumond gewesen sein.

61

Eömisekc Kaiserdateti. 85

er in dem Datum des Chronicon Pascbale eine von den anderen Quellen unabhänsiRC Nac-hrieht erblicken, die walirscbeinlich auf eine selir gute offizielle Überlieferunj,^ zuriicks^ebe.

Bei dieser Argumentation ist ziinäclist übersehen, daß die Berechnung, wonach Nerva 1 J. 4 M. 10 T. regierte, nicht bloß bei Clemens und in der Epltomc de ('acs., sondern auch in der Kaiserliste des Theophilus Antioch.') begegnet. Was ferner das Chronicon l'aschale betrifft, so finden sich darin neben brauchbaren Notizen auch Angaben, die auf Irrtum beruhen 2). Auf einen solchen dürfte aber die Nachricht der Epitome von dem Eintritt einer Sonnenfinsternis iiei Nervas Ableben, obwolil sie falsch ist. kaum zurückzuführen sein. Wir haben es hier ebenso wie bei den Erzählungen, die mit dem Tode des Cäsar und Angustns das nämliche Ereignis ver- knüpfen ^l, mit einer Tradition zutun, die auf dem Bestreben beruhte, den Herrscher auf eine liinie zu stellen mit Romulus, von dem das Gleiche berichtet wurde''). Man wird kaum felil gehen, wenn man den Ursprung dieser Überlieferung in offiziellen Kreisen sucht, die über Nervas Todes- tag jedenfalls am besten unterrichtet sein mußten.

Außer den Autoren, deren Angaben wir bereits besprochen haben, kommt für das fragliche Datum noch Dio in Betracht, bei dem auf Nervas Regierung 1 J. 4 M. 9 T. gerechnet werden*). Stein meint, diese Angabe führe vom 18. Sept. 96 auf den 2t). Jan. 98, der mit keiner der beiden andern Zeitbestimmungen vereinigt werden könne, und müsse daher bei- seite gelassen werden '\). Wie man sieht, wird hier für Dio die inklusive Zählwcise als selbst verständhch vorausgesetzt^), während fast ebensohäufig kompensativc und daneben exklusive Berechnung bei ihm nachgewiesen werden kann (XIII S. 290f.).

1) ad Autolyc. III 27.

2) AI« Beweis hioifür mag angeführt wi^rdeii, daß I 48'J Dind. der Tod de.'; Kaiser.s Marcus Aurelius (17. März 180) anf deu 25. März und I 3GU der Cicero.s (7. Dez. 43) gar auf deu 1 Mai ge.sotzt wird.

3; Über Caesar vgl. Verg. georg. I 466 und dazu den Kommentar des Ano- nymus p. 273 Hageu; de vir. ill. 78, 10; über Augustus Enseb. Chron. II 146 Seh. und Hieronym. ebenda S. 147.

4) Cic. rep. I 25. Dionys. II .56. P]ut. Rom. 27. Flor I 1, 17. Zon. VII 4. Über andere hervorragende Menschen, deren Dahinscheiden von der nämlichen Naturerscheinung begleitet worden sein soU, vgl. Useuer, Rh. Mus. LV 19<», S. 2ö6f.

5) LXVIII 4, 2. Ebenso Cod. Paris. 1712 (Byz. Zeitschr. V 1896, S. 517) und Cedreu. I p. 433 Bokk. Dieselbe Berechnung scheint in der Stadtchronik des Chronographen von 354 {Chron. win. I 146 Monims.) vorzuliegen, wo 5 J. 4 M. 1 T. überliefert sind; denn U J. können aus I ■). und I T. aus IX T. ent- standen sein.

6) A. a. 0.

7) Den gleichen Fehler begeht Clinton, Fast Rom. I 84 u. 104.

62

8(> Liiduig Holzapfel,

Halt mau mm die verschiedenen Angaben zusammen, wonach Nerva 1 J. 4 M. und darüber hinaus noch 8 oder 9 oder 10 T. regiert haben soll, so lassen sie sich, wie bereits Tillemonti) gesehen hat, leicht in der Weise vereinigen, daß als Todestag der 27. Jan. zu betrachten ist, in welchem Falle man die erste Berechnung exklusiv, die zweite kompensativ nnd die dritte inklusiv aufzufassen hat. Auf solche Weise wird der im Chron. Pasch, überlieferte 25. Jan. isoliert.

Bestätigt wird der 27. Jan. durch die Angaben über Traians Re- gierungszeit, auf die 19 J. 6 M. 15 T.») oder 19 J. 6 M. 16 T.^) gerechnet werden. Als Endtermin gilt hierbei, wie Tillemont*), Reimarus^) und Dessau*) richtig bemerken, nicht etwa der Tod Traians, über dessen Datum keine zuverlässige Überlieferung vorlag'), sondern nach Analogie anderer Fälle (XIll S. 29G: XV 103) vielmehr der 11. August 117, au dem Hadrian seine Regierung antrat'). Das Intervall zwischen diesem Tage und dem 27. Jan. 9s beträgt bei kompensativer Zählweise 19 J. 6 M. 15 T. und bei inklusiver Berechn>ing 19 J. H M. 16 T.

An welchem Tage ist nun aber Traian gestorben? Den geeignetsten Anhaltspunkt für die Beantwortung dieser Frage scheint die Angabe zu bieten, daß Hadrian. der von Traian beim Antritt seiner Rückreise vom Orient nach Italien in Syrien als Statthalter zurückgelassen worden war

., 1) Eist lies empereiosll, Biiis.sel 1732, S. 2U;)-'

2) JJio LXVIII 33, B; Eiitrop. VIII 5, 2; Cassiod. in Chron. min. U 140 Monims.; Cod Paris 1712 (Bi/i. Zeitschr. V 1896, S. 517); Cedren 1436 Bekk. r>er uleiclien Bnvcdinuug l'olgt Clem. AIpx. Slrom. 1 21. 144, 4, wo die Zahl der Monato iu 7 ont.stellt ist. Es muß hier eiue lateinische Quelle benutzt sein, in der sich VT in VTI verwandelt hat.

3) Theophil, nd ÄuMyc. ITl 27.

4) A. a. O. n 223''. ,5) Zu Diö LXVIII 33, 3. ti) Prosop. imp. R. III 465. 7) Vgl. S. 89.

8) Vgl. XII S. 483 A. 2. Den imTexte dargelegten Sachverhalt haben Clinton, Fast. Rom. I ia2f.; De la Berge, E-'^sai siir le. rdgne de Trojan, Paris 1877, S. 22, Schulz, Leim des Kaiser.^ Hadrinn, Leipzig 1904, S. 15 und Weber, Unlcrsiichimgen zur Geschichte des Kaisers Hndritmus, Leipzig 1907, S. 38 verkannt. Als Endtermin der Regierung Traians betrachten diese Gelehrten sämtlich seinen Todestag, bei dessen Bestimmung sie lediglich die seine Regierung auf 19 J. 6 M. 15 T. ansetzenden Angaben berücksichtigen und die inklusive Berechnung allein in Betracht ziehen. Auf solche Weise gelangt Clinton, indeni er von dem im Chron. Pasch, als Todestag Nervas genannten 25 Jan. oder von dem aus Dio willkürlich erschlossenen 26. Jan. (vgl. S. 85, Note 7) ausgeht, auf den 8. oder 9. August, die anderen Forschor dagegen vom 27. Jan. auf den 10. August, von welchen Berechnungen sich keine mit der von Theophilus der Regierung Traians beigelegten Dauer von 19 .1. 6 M. 16 T. vereinigen läßt. Bei Eutrop. VUI 5, 2 verbietet sich ferner die Annahme, daß als Endtermin der auf 19 .1. 6 M. 15 T. angesetzten Regierungsdauer der Todestag zu betrachten sei, durch die an der gleichen Stelle angegebene Lebenszeit von 63 J. 9 M 4 T , nach der Traian bereits im .luui gestorben sein muß (s. S. 89).

63

Eömisebc Kaibrrdatcn. 87

und sich in Antioeliia aufhielt '), die Nacliricht vom Daliinscliciden Traians am 11. August erluiilon und diesen Ta^ als Anfangstermin seiner Regierung betrachtet habe-). Traian verbraclite seine letzten Tage zu Seliniis in Kihkien-'). Der die Botschaft von seinem Tode nach Antiochia überbringende Kurier hatte zu Landen 300 M.*) zurückzulegen, wozu mindestens zwei Tage erforderlich waren (vgl. XllI S. '2'J'ö A. 3, S. 3(Hf.). Wählte der Bote den Seeweg, so konnte er in Aiexandria scabiosa oder in Seleucia Fieria landen. In beiden Fällen kamen auf die Fahrt etwa 250 M. Zu Lande waren als- dann von Alexandria nocli 32''') oder 33'^) und von Seleucia noch 20 M. zurückzulegen. Audi in diesem Falle kommen, selbst wenn man mit einer großen Schnelligkeit rechnet, im ganzen zwei Tage heraus^). Es wäre demnach Traians Tod auf den 1). August oder kurz vorher zu setzen.

Nun soll aber Hadrian am 9. August ein Schreiben erhalfen haben,

1) Dio LXIX 2, 1. 2) Vit. Hadr. A, 7.

3) Diu LXVm33, 3; Euseb. b. Syncoll. I t;,57 Dind. (= 11 ItU Schone); Hioronym. II 1G5 SoL.; Chronogr. v. 354 in Cliron. min. I 14ß Momms.; Cbiou. Pasch. 1473 Dind.; vgl. CIL VI 1884 (— 1792 Ubs.sau). Die entgegeii-stehende Angabe, wonach Traian in Seleucia iu Isaurieu gestorben sein soll (Entrop. VIIIö, 2; Hioron. II Itö Seh; Gros. VII 12, 8: Syncell. I(»7 Dind.), beruht auf Irrtum.

4) Da uns hier die Itinerarion im Stiche lassen, so kann die Entfernung nur auf der Landkarte abgpmessen werden.

6) lt. Anlort. p. llü, 3f. (1) It. Hierosol. p. .581, If.

7) Mit der Schnelli.nkeit, die im AJtertum bei Seereisen erzielt werden konnte, liaben sich zahlreiche Untersuchungen beschäftigt, doch fehlt es noch an einer er-schöpfenden Darstelhuig. Es möge hier genilgon, auf Smith, Über den Schi/fsbnu und die nautischen Leistungen der Griechen und Römer im Altertum, aus dem Engl, übers, v. Thierscli, Marburg J8.51, S. 34 f.; Movers, Die Phönizier, IIS, 190f.; Stephan, Hist. Taschenb, 4. F. 'J. Jahrg. 1808, S. 50f; Breusing, Die Nautik der Alten, Bremen 1868, S. 12; Aßmann in Baumeisters Dcnkm. des Mass. Altert, ni \Cf2'2i.\ Friedlander, Sitten ge.tch. 7?om.t 17 310 f. und besonders auf die Benjerkungen Kj-oraayors (Herrn. XXXIV 1890, S. 12, Note 1) zu verweisen, der zwei bei Smith vorkommende und von anderen Gelehrten übernommene Irr- tümer berichtigt und für sechs von Plinius NU XIX 3f. wegen ihrer Schnellig- keit gerühmten Fahrten die auf die Stunde durchschnittlich kommende Kilo- meterzahl feststellt. Zieht man aus diesen Berechnungen das Mittel, so er- geben sich rund 10 km. Demnach hätte die Seereise des von Selinus nach Antiochia geschickten Kuriers, bei der etwa 370 km (1 M ::= 1,48 km) zurück- zulegen waren, 37 Stunden und der alsdann noch verbleibende Landweg von BO oder 30 km einige weitere Stunden erfordert. Schulz a. a. 0. S. 16 irrt also, wenn er annimmt, daß die ganze Reise bequem in 30 Stunden habe bewerk- stelligt werden können, wobei der Landweg gar nicht berücksichtigt wird. Wenn der Konsul L. Amilius Paullus im Frühling 168 v. Chr. mit einer ganzen Flotte den mindestens 170 km messenden Weg von BrunJisium nach Kerkyra in 9 Stunden zurücklegt (Liv. XLV 41, 3; vgl. Plut. Aemil. Paul. 36), so haben wir es hier mit einer ganz isolierten Ausnahme zu tun, die man keiner chrono- logischen Berechnung zugrunde logen darf.

64

88 Ludwig Holzapfel,

woiiacli er von Traian adoptiert worden war'). Es ist bereits im Altertum behauptet worden, daß Traians Gattin Plotina, die sicli zur Zeit seines Todes bei ihm befand, jenen Akt erst nacliher in Szene gesetzt und das Al)leben des Kaisers einige Tage verlieinilicht liätte, um der Nachriciit von der angeblichen Adoption Hadrians einen Vorsprung zu verschaffen 2). Wenn diese Ansicht, für die man neuerdings sehr gewichtige tlründe geltend gemacht hat^j, richtig ist, so war Traian, als das die Adoption meldende Schreiben von Selinus nach Antiochia abging, bereits tot und ist demnach spätestens am 7. August gestorben.

Nach der Stadtclironik des Chronographen von 354 war der Todestag VII Id. Iiil.*) Auf den ersten Blick scheint Moinmsen''j das Richtige getroffen zu haben, wenn er hier einen Textfehler für VII Id. Aug. ver- mutete: denn diese Änderung führt ja gerade auf den Tag. den wir als spätesten Termin für Traiiius Tod ermittelt haben. Die überlieferte Lesart wird indessen gestützt durch andere Angaben, die dieses Ereignis gleich- falls in eine frühere Zeit verlegen.

Usener^) hat bereits darauf hingewiesen, daß in den drei Regenten- listen, die in byzantinischer Zeit von alexandrinischen Astronomen angefertigt sind (vgl. S. 80), das Ende Traians in das 410. Jahr der an den Tod Alexanders d. Gr. anknüpfenden l'hilippischen Ära (s. S. 80) gesetzt wird'), das am 24. Juli 117 endigte'^). Seine Annahme, daß diese Zeitrechnung auf einer Verwechslung des Tages, an dem Traian gestorben sei, mit dem Datum der Adoptionsurkunde beruhe, ist allerdings unhaltbar; denn mag die Urkunde echt oder gefälscht gewesen sein, so kann sie, wie Dessau^) mit Recht geltend macht, nicht wohl ein Datum getragen haben, das sich von dem 9. August, den Hadrian als den Tag seiner Adoption betrachtet wissen wollte, um einen vollen Monat entfernte. Immerhin wird durch

1) Vü. Hndr. 4. r,.

2) Dio LXIX 1, 2f.; Vit. Hiidr. 4, 8f.: Vict. Caes. 13, 12; Eutiop. VUI 6, 1. y) Vgl. Dessau, Fests''hr f. I£. Kiepert, Berlin 1898, S. 85 f.; Kornemanu,

Kaiser Hailrian, Leijizig iWö, S. llf.; Weber, Uiitersuchunyen zur Geschichte des Kaisers Haiirianus, Leipzig 1907, S. If.

4) Chron. min. I 146 Mouims.

.5) In .seiner er.'steii Ausgabe in den Abb. d K- S<lchs. Ges. d. Wiss. 11, Leipzig 1850, S. 053, Note W.

(i) C'lirnn. min. III 442 Wnmnis.

1) Ebeuila S. 447 t'. Im gauzou werden .auf die nach Alexander d. Gr. herrschenden Regenten von Philippus Ai-rliidäns bis auf Traian einschließlich 439 ägyptische .Tahre von 305 T. gerecliuet. Nach dem durchgängig befolgten Grund- satz, das Todesjahr eines Regenten als das erste seines Nachfolgers zu be- trachten, zählt hierbei das ,Tahr, m dem Traian starb, nicht mehr mit (vgl. Usener a. a. O. S 441 f.).

8) Siehe U-seners Tabelle a. a. O. nach S. 308.

9) A. n. O. S. 87, Note 3.

65

üöDiischc Kiuscrdnten. 89

die Kaiserlistcn der Alexandrinischcn Astronomen die Existenz einer Tra- dition erwiopen. die das Ende Traians über den 2.') Juli 117 liinanfriickt, und das bei den Chronofjraplien iiixalieferte Datum VIl Id. Ini gescliiitzt.

Nacli einer anderen Überlieferung soll Traian sogar noch früher ge- storben sein. Nach Entrop'), Hieronynuis-J und Cassiodor-^) erreichte er ein Aller von t)3 J. 9 M. 4 T. Sein Gebnrtytag war der 18. Sept.') Als Todestag ergibt sich mithin, je nachdem man rechnet, der 21. oder 22. oder 23. Juni 117. Auf die nämliche Zeit führt eine in der Stadtchronik des Chronographen von 354 überlieferte Angabe, winiach Traian 19 J. 4 M. 27 T. regierte''). Man gelangt hiermit vom 27. Januar 98 (S. 8(i) auf den 22. oder 23. oder 24. Juni 117. Wir haben es also mit zwei von einander unabhängigen Angaben zu tun. die sich in der Weise vereinigen lassen, daß als Todestag dei' 22. oder der 23. Jnni angenommen wird. Im ersten Falle ist die Dauer des Lebens nach kompensativer und die der Regierung nach inklusiver, im zweiten Falle dagegen die Lebenszeit nach exklusiver und die Regierung nach kompensativer Zählweise berechnet'').

Es hat also eine weitverzweigte, in verschiedenen Variationen auf- tretende Überlieferung bestanden, nach der Traian bereits 1 1'/., Monate vor dem Regierungsantritt seines Nachfolgers gestorben sein soll. Der- artige Angaben können nur auf der Voraussetzung beruhen, daß das Ende des Kaisers nicht bloß einige Tage'), sondern längere Zeit verheimlicht worden sei. Jedenfalls beweisen die starken Schwankungen, denen die Ansetznng des Todestages unterliegt, den Mangel eines authentischen Ka- lenderdatunis und lassen auch ihrerseits das Dunkel erkennen, das über den letzten Tagen Traians gelagert ist.

Es erübrigt nun noch die Besprechung einer Angabe, die in der im Cod. Paris. 1712 überlieferten Weltchronik enthalten ist. Hiernach soll Traian 68 J. 10 M. 22 T. gelebt und 19 J. 6 M. 15 T. regiert haben«). Da die zweite Angabe mit Dio^) übereinstimmt, so ist Boissevain '") geneigt, auch die erste auf den nämhchen Autor zurückzuführen, bei dessen Epi-

1) Vni .5, 2. - 2) Euaeb. H 1G5 Seh.

3) Chron. min II 141 Momnis.

4) Fast. PhUocaJ. CILV p. 2.%. 272; Not. Scav. l.S;i4, S. 90. Über das Jahr der Geburt, die nach den obigen Angaben in das Jalir 53, nach anderen Autoren dagegen in eine frilliero oder spiUere Zeit gesetzt werden müßte, s. u. S. 91.

5) Cliron. min I 146 Momms.

C; Diese Möglichkeiten hat Dossau, Prosop. imj}. Rom. III 4l)5, der sowohl bei der Angabe der Lebensdauer als auch bei der der Regierungszeit ohne weiteres kompensative Zählweise annimmt und so aus iler einen Zeitbestimmung den 22., aus der anderen dagegen den 23. Jiini als Tode^itag erschlisßt, außer Acht gelassen.

7) Die LXIX 1, 3. 8) liy:. Zcitsrhy. V 1896, S. 617.

9) LXVin 33, 3 - 10) Zu Dio hXVin 33, 3.

66

90 Liidtvig Holzapfel,

toniatoron man eine Notiz über die Lebensdauer vermißt, liält jedoch die Zahl der Jalire und die der Tage für verderbt.

In den Jahren müßte allerdings, wenn Dio die Quelle gewesen wäre, ein Fehler stecken, denn nach Dio') stand Traiaii, als er zur Herrschaft gelangte (27. Jan. 98), erst im 42. Lebensjahre") und hätte demnach nur ein Alter von (50 vollen Jahren erreicht.

Wie steht es aber mit den Tagen? Läßt man die Jahre, auf die es hier nicht ankommt, bei Seite, so gelangt man vom 18. Sept., an dem Traian geboren ist (S. 89 Note 4), mit 10 M. 22 T. bei inklusiver Zähl- weise auf den 8., bei kompensativer auf den 9. und bei exklusiver Be- rechnung auf den 10. August, also ganz nahe an den 11. August, an dem die Nachricht vom Ableben Traians nach Antiochia gelangt sein soll (S. 86 f.). Wir haben es demnach mit einer Angabe zu tun, die auf der offiziellen Tradition beruht; denn wenn Hadrian erst am 11. August Kenntnis vom Tode Traians erhielt, so mußte dieses Ereignis bei einer rationellen Berechnung der für die Beförderung der Botschaft von Selinus nach Antiochia notwendigen Zeit (S. 87) auf den 8. oder 9. August ge- setzt werden.

Damit ist zugleich erwiesen, daß Dio nicht die Quelle der Chronik gewesen sein kann: denn Dio war nach den Informationen, die sein Vater Apronianus kurz vor dem Jahre 182 als Statthalter Kilikiens erhalten hatte, davon überzeugt, daß Traians Tod von seiner Gattin Plotina einige Tage veiheimhcht worden sei"*), und mußte daher eine frühestens auf den 8. Aug. führende Angabe verwerfen. Im Hinblick auf die Differenz, die in diesem Punkte zwischen Dio und der Chronik besteht, wäre es verfehlt, die An- gabe der Chronik, wonach Traian 68 Jahre alt geworden sein soll, durch eine Änderung des Textes mit Dio in Einklang zu bringen. Die Existenz von zwei Varianten kann in keiner Weise auffallen, da sich noch melirere andere hinzugesellen.

Wie wir bereits bemerkten (S. 89), erreichte Traian nach Eutrop, Hieronymus und Cassiodor ein Alter von 63 J. 9 M. 4 T. Im Einklang hiermit steht die Epifome de Caesarihus, die rund 64 J. rechnet^). Nach dem Chronicon Paschale "*) lebte Traian 65 und nach Malalas^) 66 J. Alle diese Autoren halten zwischen den Angaben Dios (60—61 J.) und des Cod. Paris. (68 J. 10 M. 22 T.) die Mitte.

Es fragt sich nur, welche von diesen Berechnungen den Vorzug ver- dient. Bei der Entscheidung dieser Frage hat man in erster Linie die Ämterlaufbahn Traians zu berücksichtigen.

1) LXTIII 6, 3; vgl. Zon. XI 21.

2) Bei Suidas s. v. novtTaiycu ist aus dem 42. J. das 40. geworden. 3j LXIX 1, 3: vgl. S. 88. - 4) 13, 14.

5) p. 473 Dind. 6) p. 277 Dind.

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Römische Kaiserdaten. 91

Ein fester Punkt wird uns hier dadurch gegeben, daß Hadrian. als er im 10. Lebensjahre seinen Vater verloren hatte, den l'rätorier Traian zum Vormund erhielt'). Hadrian war am 24. Jan. 7«) geboren'-). Sein 10. Lebensjahr erstreckte sich demnach vom 24. Jan. 8;» bis zum 23. Jan. 86. Als spätester Termin für Traians Prätur ist also nicht mit Dessau -^j das J. 86, sondern mit Dierauer') das J. 85 anzunehmen. Wir erfahren ferner noch, daß er sich zehn Jahre lang als Kriegstribun an Feldzügen in den verschiedensten Ländern beteiligt hat*).

Gesetzlich war seit dem Jahre 29 v. Chr. die Übernahme der Prätur geknüpft an die Vollendung des 30. Lebensjahres ^j. welche Bestimmung indessen durch die Gewohnheit, das laufende Jahr als voll zu rechnen^), eine Milderung erfuhr. Als spätester Termin für Traians Geburt ergibt sich hiernach das Jahr 55. Die Angabe Dios, wonach er bei seiner am 27. Jan. 98 erfolgten Thronbesteigung im 42. Lebensjahr stand (S. 90_) und am 18. Sept. 56 geboren sein müßte, wird hierdurch ausgeschlossen, noch mehr aber durch die Zeit, die das zehnjährige Kriegstribunat und die Bekleidung der vor der Prätur zu übernehmenden Ämter bei Beob- achtung des gesetzlichen einjährigen Intervalls^) in Anspruch iiahm.

Die unterste obligatorische Stufe der Ämterlaufbahn war das Viginti- virat. Wie aus zahlreichen Inschriften erhellt"), pflegte dieses Amt nach Neros Zeit noch vor dem Ki'iegstribunat bekleidet zu werden, das vom 18. Lebensjahre an zugänglich war"^). L'ni zur Prätur zu gelangen, war nach Ableistung des Kriegsdienstes noch die Verwaltung der Quäslur und des Volkstribunats oder der Adilität erforderlich. Volkstribnnat und Adilität mußten von der Quästur und andrerseits auch von der Prätur duich ein amtfreies Jahr getrennt sein''). Traians Laufbalin bis zur Prätur nahm demnach, da er zehn Jahre lang Kriegstribun war, statt sich mit dem ge- setzlich genügenden Zeitraum von einem Jahre '2) zu begnügen, im ganzen 15 Jahre in Anspruch. Er kaim mithin, wenn er im 17. Jahre das Vigiriti- virat bekleidete, frühestens erst im 32. Jahr zur Prätur zugelassen worden sein. Da er dieses Amt spätestens im Jahre 85 bekleidete, so ergibt sich für seine Geburt das Jahr 53 als spätester Termin.

1) Vit. Hadr. 1, 4.

2; Ebenda 1, 3. Klebs {Prosop. imp. R. I IH; nennt irrtüiiilich das J. 75.

3) Pinsnp. imp. ü. I 464.

4) Beitr/Ige zu einer krit. GeschirhU' Traians in Biidingers Untersuchungen zur röm. Eaisergesch. 1 (18G8) S. 11.

5) Plin. Paneg. 15. 6) Dio LH 20, 2.

7) ülp. Dig. L 4, 8; Paulus ebenda XXXVI 1, 76; vgl. Mommsen, Röm. Staatsr. V 573.

8) Mommsen, R. Staatsr. l-*535. 9) Ebenda S. 546, Note 3

10) Dio Ln 20, 1; vgl. Mommsen, K. Staatsr. V 546, Note 1 und S. .506. Note 2.

11) Mommsen, R. Staatsr. 535. 12) Ebenda S. 547.

68

0-j Ludwig Holzajyfel,

Ehi^n auf dieses Jahr führt nun die Anjrabe Eutrops, wonach Traian 6.5 J. '.) M. I T. gelebt haben soll. Au einen Textfehler ist hier schwerlich zu denken, da die gleiche Berechnung bei Hieronymus und Cassiodor wiederkehrt (S. i)0). Man wird dieser Angabe um so mehr Beachtung schenken luüsscn, als sie gestützt wird durch die von Eutrop unabhängige Epitoine de Carsniibus. wonach Traian ein Alter von rund 64 J. erreichte (s. ebenda). Zu Gunsten dieser Tradition, für die sich auch Dierauer') entscheidet, spricht ferner die Erwägung, daß sämtliche Angaben über Tiaians Lebenszeit, wenn sie ans lateinischen Urquellen herrührten, paläo- graphisch sehr leicht auf Entstellung von /.A'/// oder LA7F zurückgeführt werden können. Die Verwandlung von LXIII in LXVI (Malalas, siehe S. tK)) und von LXTV in LXV (("iiron. Pasch., s. ebenda) lag ja auLier- ordentlich nahe und ebenso kann der Übergang von LXIIJ in LXVIII (Cod. Paris., s. S. 8[i) in keiner Weise auffallen-). Auf sehr einfache Weise erklärt sich ferner bei Benutzung einer lateinischen Quelle (vgl. XII S. 493) die Angabe Dies, daß Traian bei seiner Thronbesteigung (27. Jan. y«), die in sein 45. Lebensjahr fällt, im 42. Jahre gestanden habe (S. 90 f.); denn aus LXV konnte sehr leicht XLII entstehen.

Wenn wir demgemäß als Geburtstag Traians den 18. Sept. 53 be- trachten dürfen, so ist wohl anzunehmen, daß er im J. 70 das Vigintivirat bekleidet hat und sodann von 71 bis 80 Kriegstribun gewesen ist. Dann mag er entweder vom 5. Dezember') 80 bis zum 4. Dezember 81 eine städtische (Juästur oder, was bei der weit größeren Anzahl der Provinzial- quästuren wahrscheinlicher ist, eine solche vom Sommer*) 80 bis zum Sommer 81 verwaltet haben, in welchem Falle Plinius die Zeit seines Kriegsdienstes ebenfalls noch auf zehn Jahre angeben konnte. Für 83

1) A. a. 0. S. 9, Note 1.

2) G M. für 3 M. hat auch Otho im Chron. Pnsrh. I 46Ö Diiid. und <l volle Jahre statt 3 J. Heliogal)aliis (Juni 218— Mitrz 222) in der Stndtchroiiik des Ohronograjiheii von 35J (Chron min. I 147 Momms.) erhalten. Als ein Beleg t'ttr die Verwundliuig von III in VIII möge angeführt werden, daß sich Othos Regionuigszoit im Lil)er generationis von 3 M. auf 8 M. erhöht (XIIT S. 293 A. 6).

3) l'ict,or Tag, au dem die Qnilstoreu iu der republikanischen Zeit ihre Amtsführung hegannen, darf mit Momnisen, R. Slaatsr. 11^ 531 auch für die Kaiserzeit, in der kein Oiuud zu einer Änderung vorlag, als Antrittstermin be- trachtet werden.

■il Al.s noinialen Antrittstermin für die Provinzialquftstoren der Kaiser- zeit hat Momnisen ebenso wie für die Statthalter früher (Herin. II 18t!8, S. 110> den 1. Juni, später aber (^Slaatsr. II' 258, vgl. 255 f.) den 1. Juli angenommen. In AVirkliclikeit können die von ihm zitierten Augaben Dios, wonach Tilieriii.s den mit ihrer Abreise in die Provinzen zu lange zügornden .Statthalter den 1. Juni (LVn 14, 5), Claudius aber erst den 1. April (LX 11, 6> und nacliher den 13. April (.LX 17, 3) als Terrain setzte, nur beweisen, daß ihre Abreise stattzu- finden hatte, sobald die luerfür günstige Jahreszeit gekommen war.

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Bömischc Kaiscrdnten. 93

konnte or hierauf zum Tribunat (vom 10. Dez. 82 an) oder zur Ädilität und für 85 zur I'rätur zugelassen werden.

Anders gestaltet sich Traians Laufbahn nach den Aufstellungen Do ]a Berges'), der seine Geburt in das J. 52 liinaufrücken zu müssen glaubte. Hiernach wurde Traian schon Anfang (J8 nach Anlegung der togn viril/s Kriegstribun und \ erblieb in dieser Stellung bis Ende 77. Im J. 78 be- kleidete er alsdann das Vigintivirat. hierauf vom 1. Juni-) 80 bis zum 1. Juni 81 die Quästur, sodann 83 das Volkstribunat oder die Ädilität und 85 die Prätur. Diese Konstruktion leidet zunächst an dem Fehler, daß die Zulassung zum Kriegsdienst geraume Zeit vor das 18. Lebensjahr gesetzt und hiermit als Regel angenommen wird, was höchstens als Aus- nahme zugelassen werden konnte''), ist aber ferner auch insofern unwalir- scheinlicli. als sie mit der herkömmliclien Bekleidung des Kriegsiribunats nach dem Vigintivirat im Widerspruch steht. Außerdem ist es zweifel- haft, ob auch zwischen dem Vigintivirat, das allem Anschein nach erst von Augustus in die Ämterreihe eingefügt wurde*), und der Quästur eben- falls ein amtfreies Jahr hegen mußte ^). Wir haben demnach keinen Anlaü, zugunsten der von De la Berge aufgestellten Ansicht die Angabe Eutrops zu verwerfen.

1; Essai snr le r^gne de Trojan, Paiis 1877, S. 9 f. 299 f.

2) Über deu 1. Juni s. S. 92, Note 4.

3) Eine solche fand statt in dem von De la Berge S. 300 erwähnten Falle Iladrians, der im 15. Jahre die männliche Toga erhielt und dann sogleich in den Kriegsdienst eintrat {Vit. Hailr. 2, 1 [bessere Erklärung dieser Stelle bei Koruemanu, Kaiser Hadrian S. 9; vgl auch Eostowzew, Klio-Beiheft 11 1 8. 62 f.]), nicht minder hei der nach der Schlacht bei Caunä veranstalteten Aushebung, bei der auch praelejctati herangezogen wurden (Liv. XXll 57, 9). Über weitere Fälle s. Marquardt, Privnllehen d^ Römer V Vi'd, Note 4.

4) Mommsen, B. Slaatsr. V bU; II^ 592. 5) Ebenda 535.

70

94

Mitteilungen und Nachrichten.

A und A in Ptolemäerinschriften von Thera. VoD F. Hiller vou (jnertrlngen.

Als ich vor Jahren die Ausführungen von Maurice Holleaux über die beiden Ptolemäerinschritten aus Thern in Band VI S. 21 von Wilckens Archiv f. Papi/rusforschung erhielt, zwei Inschriften, an denen ich immer noch einen ge- wissen persönlichen Anteil nehme, weil ich sie selbst gefunden habe, erneute sich bei mir der Eindruck, daß diese Frage zusammen mit der Chronologie des Briefes eines Königs Ptolemaios zu erledigen sei, der für die Theräisclie Garnison Vorsorge traf. Obwohl ich glaube, in der Festschrift für Otto Hirsohfeld U)03 wenigstens über die Zeit dieses wiclitigen Steines das Richtige gesagt zu haben, komme ich gern darauf zurück, um einen in jener Schrift nur gestreiften Gesichtspunkt noch schärfer ins Auge zu fassen, den Wechsel zweier Schrift- arten, oder sagen wir zweier Steinmetzen, von denen der eine, frühere, das A mit gebrochenem Querstriche beliebte, der andere, spätere, das im allgemeinen mit Recht für älter geltende A mit geradem Striche.

I. Der schöne Stein, IG XII 3, 8'27 (cf. Add.), auch abgebildet Thera I Tafel 25 und in Kerns Inscriptioncs graecae Tafel 33, teihvoise wiederholt von Ditteuberger OIG I 5'J, enthält den besagten Brief: Bnoäeig nioXffirüog 'AnoAlw vuoi yaiQfiv - -, datiert: f'roi'c nj Avi^vcilov it , Entlifi li - -. Seine Zeit, in der die Tage des ägyptisclion Monats denen des makedonischen genau entspreclien, d. h. das makedonische Jahr vor dem ägyptischen kapituliert hat und nur noch die makedonischen Bezeichnungen neben den ägyptischen weitergeführt werden, ist in den scharfsinnigen Untersuchungen von Strack, Krall, den englischen Gelehrten sehr verschieden angesetzt woiden; man hat Philadelphos, Euergeteg, Epiphaiies, Philometor als Urheber genannt. Nach der Tabelle in den Hibeh I'npyri I 3136/7 erscheint das ITI. Jahrhundert völlig ausgeschlossen, und nur das 18. Jahr von Epiphanes oder Philometor denkbar: 188/7 oder lfi4;3. Grenfell- Hunt haben Epiphanes i), ich Philometor vorgezogen; und so gern ich sonst meine Irrtümer zurücknehme, so glaube ich diesmal den im übrigen weit kompetenteren Gelehrton gegenüber im Recht gewesen zu sein. Dazu bitte ich die folgenden Inschriften zu berücksichtigen.

Zuerst den erwähnten Kunigsbrief. Sein Steinmetz schreibt A.

Auf demselben Stein ist später ein Verzeichnis eingehauen: o'i'ih etar/ity- xav i^fV yevofxtvrjv SanävTjV tlg ti/v iniaxtvijv rov yvfivnalov rfi^ t?" ((Siui/uac) Atio Tov iij L i'ojg Tov xji' L. Das führt auf das 18. 22. Königsjahr, also entweder

1) Zu den Doppeldaten aus der Regierung des Epiphanes, die Grenfell- Huut zusammenstellen, fügt Wilcken den Erlafi bei Preisigke, Sammelhui'h 5676 hinzu: Lxß" Jatalov xi', Xotir/ x^ = 184/3.

Mitteilungen und Nachrichten. 95

188/7—184/3, Epiphanes, oder 164,3— 160 50, Philometor. Ich verweise auf die übersichtliche Tabelle, wie wir deren noch recht viele haben mochten, in Stracks Dynastie der PtohnUier 183. Der Sieiiinictz verwendet das A.

Nun zu den von Holleaiix bohaudelteu Steinen, die ich der hier unent- behrlichen Abbildungen wegon, trotz der g.lnzlioh tiberliolteu Umsclirit'ten umt Erklärungen, nach dem Corpus (IG XII 3; vgl. auch hier die Supplemente im besonderen Hefte) anführe.

II. IG XII 3, 4661 (= Dittenberger OGI I 102 = Arcliiv VI 20) Altar mit Stierscliädeln und dionysischen Ephcuguirlandon, wie sie der Abstammung der Ptolemäer von Dionjsos und der Verbindung ihres Kultes mit dem des (Dio- nysos-) 'Arl^iaTiiQ TIvitüxQrjOToq und seinem Tempel so wohl anstehen. Kiu Teil ist ausradiert und durch eine neue Inschrift ersetzt. Der ersten Fassung, in der die Form A angewandt wird, gehört Folgendes an:

(Drei Zeilen ausradiert) nToXc^tt;[i(oi xcc]'( lOii i'0.}.otc 23 B.

5 i}koti Tvv {ßw]/.i'jr (Rasur)

(Drei Zeilen ausradiert) (Rasur) ElQiiraloi 10 yixiov \^AXt]i<iar6Q(vq 18 B.

(> j'p«/t(U«[r£r]',- rio)' xnia Knr'jTrif 24 B.

xai ^t'jiHtv [x]ai 'Apuirotjv 19 B.

ii^y fv [nf]?.onorti'ii!(at 17 B.

aTQaTiiu[z]0>t' xa) ßa/J/^iuiv 20 B.

15 xul oixov[o]!jog rCov uviCoy Tunwv 25 B.

Die Ergänzungsmöglichkeiten werden sich aus der späteren I'assung und einem anderen Stein ergeben.

in. JG'XU 3, 467; suppl. p. 303 (= Ditt. OGIllO). Form: A.

IßaailEi IlToXsfiaiaii xcl (lu«ü.Uti}i] 30 B.

[Ki.foTcäxQcti, &eoTg <i'iXiifn]j(i<jat^ xul rwi viü)t] 36 B.

«i'u'jr niT]o).eitc{iioi xc.i ittoic 'K[7it(patifiv 'AfiiiyzinTio^] 43 B.

BeoStiov 'A).eSal■A^ltt\; nur <)[(«()»/<")■] 30 B.

o TSTay/iivoe f.T« ßi/(jaq. 19 B.

Die Berechtigung der Ergänzung wird dui'ch die zweite Fassung «1er vorigen Inschrift erwiesen.

IV. IG Xn 3, 4G6 II (das Gesperrte steht in Rasur bezw. ist zugefügt). Form: A.

VTiip A<jio[Tln]7iov TOI' ßfo- iivv 'Ai.[tStiv]^Qiw(: tüjv äta- do/wy tni [ rt r]«)',u«' ro D iTil Or'/ou-

ßaai).el IIzoXeiialia)i x«]( zoTg a/.'f.oig

5 d^eoig T'iv lj)u>]/idy i'vixer j!jg

tlxiv xa).o[xay^tti)-laq ei'i; rt ror,- aT(ju- T(iyr«t; xa[l rjr/y nökir xul tu tov ßaailtvjg [n(<]«;7/ßTß xal sig toi-g ^coig fv[af]ßelag E/Qtjralog usw. wie oben

Die vier Steine greifen in Formen und Inhalt so eng ineinander über, daß maa sie nur zusammen betrachten kann. Die Form des A im Brief I und

20 B.

22 B.

25 +

1 B.

7 -f 23 B.

22 B.

30 B.

25 B.

26 B.

23 B.

96 Mitteilungen und Nachrichten.

der ersten Fassung dos Altars IT steht der Form A in der Basis III und der zweiten Fassung des Altars IV gegenüber. Dasselbe Ä hat die Stifterliste des Steines I. Daraus wird man folgern : Die A-Gruppo gehört in das 18. Königs- jalir, dio A-Gruppe in das 19. 22. Jahr; nach dem Epeipbi des 18. Jahres hat der .Steinmetz gewechselt.

Inhaltlich ist es klar, daß iler Stifter von III in IV wiederkehrt, indem sich die Ergänzung von selbst ergibt In IV hat Holleaux mit Recht das ti/fv in Z. G hervorgelioben; Aristippos ist aus seinem Amt als Kommandant von Thera geschieden, das er in III noch inno hat; also IV ist später als III. In beiden hat er den Ehren- und Hoftitel riJuv diaiSy/tur, wodurch wir, wie P. Meyer und Strack goselieu haben, in das zweite Jahrhundert gewiesen werden. Damit scheiden alle Ptoleraäer vor dem fünften, Epiphanes, aus, nicht nur für III, IV, sondern auch für die eng verbundenen Steine I, II. Aber auch Epiphanes läßt sich beseitigen. Denn in III 4 kann tttoi^ E-, wenn nicht zu E[lt(.iyiT(tic\, nur zu 'i'(ji/^rt)'6ö(t] ergänzt werden, und es können damit nur die unmittelbaren Vorgänger des Königs oder des Königspaares gemeint sein. Da nun die ersten Euergeten des III. Jahrhunderts zu alt, die zweiten nach 146 v. Chr. zu jung sind, bleiben nur die EjiKfariic, und so kommt man auf Philometor und Kloo- patra. Und so wird man deren Namen auch in IV 1 4 ergänzen, den Zeilen, die bisher noch nicht erledigt sind. Auch dort stand wie Wilcken sofort sah, als ich ihn bat, II und IV zu vergleichen nichts anderes als.:

II 1 [ßiiai).tl nioXe^iaiwi xa)] 20 B.

[ßuaiXiaa>ii Ki.tonuxQai 9-e]- 22 B.

[olc 4>t>.oi^i'jTOpac xal tü)i v\vii\ 24 B.

IIxoXefia[i(ui xa]l xoii a/.koti; 23 B.

5 ^tolq,

wo die n/J.Ol Utoi natürlich die ^tol StuxTiQtq xal 'A6fX(fo} xal EieQ-ytrai xal 4'i'/.o7i('(TO!jei xai'Ennfttrtli sind. Schwer ist es, die zweite Lücke hinter 5 ßwfiuv auszufüllen. Ein Zusatz zur Weihung, z. B. xcci ay(t?.fiu avi'Ujxtv füllt die Lücke nicht aus. Man sucht also einen zweiten Stifternamen, einen Vor- gesetzten des Eirenaios, und denkt dabei zunächst an denselben Aristippos.

Also etwa:

5 iyeolq Tuv \ßü)]pil>v \xctzi\- 17 B.

[axevuaav 'AQtaTmnoi] 18 B.

[ßeo^ivov 'AXtqav6(Jtvi] 19 B.

[xmv ötuööxtuv o tirayfi^]- 19 B.

[voQ im Ot'iQaq, xiu] ElQtjvnioi; usw. 23 B.

Das wäre eine gute, normale Weihinschrift. Aber was hat der /^tiayfiuipaq daraus gemacht! Sein Vergesetzter schied von Thera und sollte geehrt werden. Aber eine neue Basis kostete Geld, und Eirenaios war ein schlauer Alexandriner. So nahm er den vorhandenen Alfar des Ptolemaios und korrigierte in den An- fang mit einer Formel, die doch nur den Herrschern zustand (vgl. schon IG XII 3, 4(>4 rntj) ßaoi/.Hug IlToXefiaiov ireoig), nach der anderen, alten Formel ö deiva i'Ttep tov vhiv tov thirog fteoJc oder ähnlich das ganz unmögliche i'vitf* 'A()iaTi7i7xov - -, und scliob an Stelle des ersten Namen, der nun an andere Stelle gerückt war, eine Lobeserhebung im Stile der Ehreninschriften ein. So wurde der Ptolemäeraltar zu einer Ehreninschrift verballhornt. Man kann diese Zwitter- natur meines Erachtens nicht scharf genug richten, um sie ganz zu begreifen. Auch die alten Griechen waren eben Menschen, und nicht alles, was sie schufen,

3

Mitteilungen und Nach richten. 97

war gioUartii;; niiti klassisch. Un<l liekaniitüch war nicht Dion der erste, der der vornehmsten Grieehenstadt Heiner Zeit die jiielät.slose Wiedeiverweudniifj; V(in Ehrenbasen vorwerfen mußte.

Es gibt noch andere Zeugnisse der Ptolemkermacht auf Thera; den Altar IG XII 3, 468 = Dittenh. OGi 112, vom theräischen düftOQ für Ptoloniaios und Kleopatra und ihre Kinder dem Dionysos geweiht, wegen der Mehrzahl der Kinder jünger als III: den Bescliliili der Bakchislin ffir AdAufio^ liorvooiftuov^ 'A>.fStctAnn'\; TÖ))' TiFiyi aiXIjV öiafiiiymr ö imiyfiiyiK i'nl hi/(in^ IG X\l ;5 s. 12'.)6; den Beschluß der nkeifo/niroi für liurwr 'l'D.untK IG XII 3, 331 mit Supjjl. p. 286 aus den Köuigsjahren 24 29, also 158/7 153/2 v. Chr. Aber das wichtigste Er- gebnis bleibt die durch den engen Zusammenschluß von Nr. I IV gesicJieite Ausetzung des Königsbriefes unter Pliilometdr.

Damit bat sich, worauf es liier in erster Linie ankam, die schon in der Hirsrhfetdfa>tsrlir/f't vertretene Ansicht von der Kalenderverschiebung bestätigt, die im Laufe des 18. Jahres des Ptolemaios Philometor erfolgt ist. Deren Wesen ist, wie man jetzt, bequemer als es früher möglich war, ans der angeführten Tabelle (S. 95) ablesen kann, darin enthalten, daß der makedonische Mon<l- kalender, früher ganz unabhängig vom ägyptischen Sonuenkalender, in den späteren Jahren des Epiphanes, 22, 23 und 24, iu der Wei.se gleichgesetzt wurde, daß der 1. Dios dem 1. Pachon, und dann weiter Monat für Monat vom ersten bis letzten Tage sich genau entsprachen. Das währte bis zu jenem 18. ,Tahre des Philometor wir haben Belege für das 2., 5., 8., 16. Jahr iu der besagten Liste. Und dann wird es plötzlich anders! Im selben 18. .Jahre macht sich der makedonische Kalender noch einmal unabhängig, so daß nun der 22. Mesore dem 1. Perilios, der 24. Pachon dem 1. Dios entspricht. So bleibt es bis zum 24. und vrohl auch 26. Jahre des Philometor und vermutlich bis zum Tode dieses Königs. Unter Euergetes II. wird dann der 1. Thot gleich dem 1. Dios; Ägypten hat übei Makedonien gesiegt!

Diese Kalenderreform vom Jahre 163 hat einen großen geschichtlichen Hintergrund. Von 169 bis Winter 164. .Jahr 13-18 des Philometor, hatten der König und Kleopatra und Euergetes als 9soi 4>i?.nfii'jT0()fg über das ganze Reich regiert. Um die Wende 164/3 wurde Philometor durch Euergetes vertrieben. Im Sommer wie Wilcken an anderer Stelle zeigen wird, vermutlich im Juli, spätestens Anfang August 163 ging Euergetes nach Kyrene, kehrte Philo- metor nach Ägypten zurück. Sein Brief vom 15. Epeiphi = 15. Audnaioi? = 13. August 163 setzt schon einige Wochen Regierungstätigkeit, eine Korrespon- denz mit der theräischen Garnison, als geschehen voraus. Am 19. Epeiphi -^ 17. August 163 erließ Philometor seinen Gnadenerlaß; vom 4. Peritios = 25. Me.sori = 22. September ist sein Brief an Dionysios datiert';. Die Reform ist also vermutlich am 1. Peritios iu Kraft getreten. JSlachdem im Künigsjahr 19, Ende 163, Ptolemaios Eupator geboren war, vifurde der Altar II von lAristippos? und) Eirenaios gesetzt, noch mit A. Bald darauf weihte Aristippos die Basis III. Von hier beginnt <las A wieder und bleibt bis zum Ende der Ptolemuermacht,

1) Wie Wilcken mir mitteilt, hat er in UPZl 111 zu zeigen gesucht, daß der Königsbrief Pnr. 63 XIII nicht, wie vielfach angenommen ist, der Gnaden- erlaß ist, der vielmehr am 19. Epeiph vorausgegangen ist, sondern nur eine Ermahnung an den Strategen von Memphis zur strikten Durchführung des Er- lasses, veranlaßt durch eine vom König beabsichtigte Reise nach Memphis, die er nach anderen Akten kurz darnach auch tatsächlich ausgeführt hat. (UPZ = Urkunden der Ptolemilerzeit. i

Klio, Beilragf zur alten Oeschlchle XVU 1/2. 7

d8 Mitteilungen Und Nachrichten.

1-16 V. Chr., mit Ausnahme voti IG XII 3, 1296. Die Weihung des theräischen dVijUo« {IGr Xn 3, 468) kennt schon mehrere Kinder des Philomotor, ist also etwn.s später. Wiedereingeführt ist das A schon im 22. König.sjahr, 160/159, vgl. I. Inschrift (Liste).

Die weiteren Folgerungen für die Geschichte Ägyptens zu ziehen, fühle ich mich nicht berufen; mir genügt es, die grundlegende Beobachtung von U. Wilcken anerkannt zu wissen. Hoffentlich erweist sich der Grund nunmehr so haltbar, daß andere es wagen können, darauf weiterzubanen!

Westend.

Relatlo ad principem. Von E. Täubler.

„Es hat in der frülieren Kaiserzeit ein doppeltes höchstes Kaisergericht gegeben, beide wahrscheinlich auch terminologisch geschieden als Provocation an den Kaiser und Appellation an denselben. In lebendiger Gestalt tritt uns das erstere aus unseren Rechtsquellen verschwundene Verfahren lediglich ent- gegen in dem Bericht der Apostelgeschiclite über den Majestätsprozeß des Paulus vor dem Statthalter von Judaea Porcius Festus" '). Der Unterschied besteht darin, daß die Appellation ein Urteil voraussetzt, also ein Urteil zweiter Instanz erwirkt, dieProx^okation dagegen angemeldet wird, bevor einUrleil ausgesprochen i.st, mit der Wirkung, daß das Urteil verhindert, ein inkompetentes Gericht ab- gelehnt wird, wie es im Kapitalprozeß römischen Bürgern gegenüber das Statt- haltergericht war"), wenn der Statthalter nicht' das Schwertrecht besaß**). Ohne dieses mußte sich der Statthalter der formalen Urteilsfällung überhaupt ent- halten und den Angeschuldigten nach Rom schicken, und auch das Schwert- recht, welches erst im 3. Jahrh. allen senatorischen Provinzialstatthaltern zu- gesprochen, durch Spezialmandat aber schon von Augustus verliehen wurde*), gab dem Statthalter nicht immer volle Urteilsfähigkeit, sondern „scheint häufig mit der Beschränkung verliehen oder wenigstens gehaudhabt worden zu sein, daß dem Statthalter wohl die Führung des Prozesses und die Fällung des Urteils übertragen ward, er aber vor der Exekution die kaiserliche Bestätigung einzu- holen hatte"*).

Diese Ansicht bedarf einer kleinen Modifikation. Das von Mommsen an- geführte Beispiel aus der Zeit des Marcus, der Prozeß gegen den gallischen Christen Attalus, erlaubt nämlich nicht mit Sicherheit, das Urteil vor Einholung des kaiserlichen Spruchs als gefällt zu bezeichnen. Die Worte /(«tftuv i> liyfftmv vTt 'PutftaXui; eaziv (sc. Attalus) txii.tvoev uvzov ävaXrjipihr/vai fisiä xai röjv XotnCav iCoi ir T>] UQXT^ ovTwv, ntQi (bv ^niarBiktv tvj Kitlact(n xal neijii/jevti' xqr «noifaatv iljv (W ixsliov^) lassen eher annehmen, daß der Statthalter sich des Urteils

1) Mommsen, Die Rechtsverhältnisse des Paulus, in der Zeitschrift für die nctitistamentliche Wissenschaft II 1901 S. 95/6.

2) Mommsen, Rani. Strafrecht S. 242. 262. 478.

3) Mommsen a. a. 0. S. 243 f.

4) Mommsen a. a. 0. und Slaatsr. II S. 270 f. Hirschfeld, Verw.-Bcamtc^ S.404. 5> Mommsen, Strafr. S. 244.

6) Eusebius hist. eccl. VI, 44 Rufinus: cum praesidi indicalum fuisset esse cum Romanac civitatis vir um, iuhet eiim cum ceteris in carcerem recipi, simul et ad Caesarcm rcfert einsquc sententiam, quid de co iubcret, cxpectat.

Mitteilungen und Nachrichten. 99

überhaupt enthielt, Attalus in Haft nahm und auf Grund eines Bericlites das kaiserliche Urteil erbat. Wir hätten dann die Eutwickelung, daß der Statthalter ohne Schwertrecht den römischen Bürger nach Rom schicken niuli, der Statt- halter mit beschränktem Schwertrecht den Prozeü fuhren, den Augeklagten in Haft behalten, das Urteil jedoch zunächst nur als Vorschlag mit den Akten an den Kaiser weitergeben, wahrscheinlich aber, wenn es von diesem bestätigt ist, auf seinen eigenen Namen verkünden darf. In dieser Form zeigt, die voraus- gehenden Bemerkungen bestätigend, ein Beispiel aus der frühesten Kaiserzeit dieses Verfahren, das im Gegensatz zu der vom Angeklagten ausgehenden Pro- vokation als Relation erscheint'). Das Verfahi-en gleicht bis auf diesen Unter- schied vollständig dem gegen den Apostel Paulus.

Es handelt sich um die Anklage gegen Antipater, den Sohn des judischen Königs Herodes, wegen Anstiftung zum Bruder- und Vatermord (5 v. Chr.). Antipater besaß das römische Bürgerrecht, das bereits der Vater des Herodes erhalten hatte"). Deshalb führte Herodes den Prozeß nicht selbst, sondern über- gab ihn dem syrischen Statthalter Quintilius Varus*). In den Jahren 12 und 8 v. Chr. hatte er die Anklage gegen die Söhne Alexander und Aristobul un- mittelbar bei Augustus vorgebracht*). Das zweite Mal hatte Augustus dem Herodes die Vollmacht gegeben, gegen die Söhne nach eigenem Ermessen zu verfahren, ihm aber die Zuziehung eigener Freunde und des Statthaltei-s nebst seinen Räten und die Abhaltung des Prozesses in der römischen Kolonie Borytos zur Prticht gemacht^). Mommsen hat mit Bezug auf diese Stellen und eine bald zu erwähnende im Prozeß gegen Antipater bemerkt, „daß Augustus den ClientelfUrsten die Capitaljustiz über die Prinzen ihrer Häuser nahm. Bekannt genug sind die fürstlichen Familienscliläclitereien, die eine solche Maßregel be- greiflich machen""). Mommsen Übersah, daß es sich bei diesen Prinzen um römische Bürger handelte, aus diesen Beispielen also absolut nicht eine Be- schränkung der ClientelfUrsten herausgelesen werden darf. Es ist das ge- wöhnliche Verfahren gegen römische Bürger in der Provinz, das sich gegenüber den jüdischen Prinzen zeigt.

Herodes selbst bezeichnet Varns als Richter'). Josephus nennt den König

1) Vgl. Cod. Theod. XI 29 u. Cod. Jmt. VII 61. wo in 1. 2 bezw. 1 ausdrücklich die Befragung vor dem Urteil angeordnet wird ; si quis mdicum duxerit esse rrferendum, nihil inier partes (t. p. fohlt im Theod.) pronunliet usw.

2) Joseph, antiqu XIV 137, bell. Jud. I 194.

3) Anl. XVII 89: ijxiov nv^cßovkoi; 'Wjxürf;/ ntiil iCor ivfOTtjuAnor avtm

ietj(^tvn = b. J. I 617. Der Ausdruck avftßovXog trifft nicht die Sache, wie oben ausgeführt wird.

4) Ant. XVI 90 f. 332 f. = 6. J. I 452 f. 535 f.

5) 4n<. XVI 356: ai'rcf» ynp ((fiivai lavtiir xijv i^ovalav usw. = 6. J^. 1537: xi'Qiov fitv ttVTÖv xa^taxdi; usw.

6) Zeitschrift für die neute.it. Wiss. III 1902 S. 199, ebenso Strafr. S. 105. 114. 229. 261.

7) /ln(. XVII91: narrvir if ('(.xyoariiv xat dixaoTiji' fiiEö&ai OvtiQOf Zf/ (d'(iiov = b. J. I 618: dlöoifti äf aoi ötxaart'jffinv xai dixtiOTl/y eixittiiwg ijxovTn Üvuqov. Jos. stellt es beide Male falsch so dar, als ob bereits die erste Begegnung vorVarus stattgefunden hätte {ant. XVII 90 -^ b. J. I 617). Dann hätte Herodes nicht das Recht gehabt, das Verfahren auf den nächsten Tag zu verschieben. Das erste Zusammentreffen des Königs mit dem Prinzen muß privater Natur gewesen sein. Das Gericht trat erst am nächsten Tage zusammen (ant, XVII 93 ;= b. J. I 620).

7*

KK) Mitteilungen und Nachrichten.

neben V'arus als Richter und läßt sie ihre beiderseitigen Freunde hinzuziehen*). Mau kann dies nur so verstehen, daß der Konig und seine nächsten Freunde zum Rate des Statthalters hinzugezogen wurden, ohne damit aber die Selb- ständigkeit und alleinige Verantwortlichkeit des Statthalters zu beschränken'!. Ebenso gehört König Agrippa bei der zweiten Veruehnmug des Apostels Paulus züin Rate des die Untersuchung leitenden Prokurators'). Korrekt sprechen in der Anklagerede sowohl Herodes wie Nikolaos nurVarus an und erwarten nur von ihm das Urteil'). Varus fordert dann Antipater zur Verteidigung auf und prüft die Beweise'^); er ist es, der das Verhör beendet, indem er sich mit He- rodes zu einer geheimen Beratung zurückzieht, als deren Resultat sich ergab, daß Herodes den Antipater fessein ließ und daß Varus und Herodes gesonderte Berichte über das Verhör an den Kaiser nach Rom senden*). Ebenso zieht sich Felix mit Agrippa und den anderen nach dem Verhör des Apostels zur Beratung zurück'). Auch in der Fesselung kommt römischer Brauch zum Ausdruck. Der Unterschied zu der Behantllung des Paulus ist bezeichnend. Paulus hatte vor dem Urteil an den Kaiser provoziert und blieb deshalb in der leichten militäri- schen Haft ohne Kerker und ohne Fesselung"). Hätte er gegen ein Urteil erster Instanz aiipelliert, so wäre er nach dem Brauche der Kaiserzeit zunächst als Verurteilter angesehen worden und hätte die schwere, mit der Kxekutioushaft verbundene Fesselung zu erdulden gehabt*). Das ist der Fall bei Antipater. Er wird wie ein Verurteilter behandelt, obwohl ein Urteil gar nicht gesprochen ist"'). Vavus hat, wie der gaJlische Statthalter im Verfahren gegen Attalus, dem Kaiser berichtet und erwartet dessen Urteil, hat aber offenbar nicht nur be-

1) Ant. XVn 93: r5 (*'f§'7? ovit/ducvei' ß'tv OvatJOi zi xui ö ßaaü.tiq, tiai- xXijiHioar rft xni oi nftipoir iflÄoi xal u'i ovyytvfTg ßaaO.iwi. Im b. J. ist die Stellung des Königs noch viel mehr verschoben: rj 6 imuiaij aivtiiJiuv fitv 6 ßuüi'f.tvi; aff(/otC,ti tütv avyyoCoi xal ifO.tmv, ehjexflXii rt xal rov; AvTiTtäronv ifD.ovi. tcqoxci- #t'5fr«( if uinoi n//a Oiäpw (I 620).

2) Mommsen, Strafr'. S. 239.

8) Apostelgesch. XXV 23 f. Auch damals nahm, wie in unserem Falle Salome tant. XVII 93), eine Frau an den Beratungen teil (v. 23 und XXVI 30), was man nur aus dem Gesichtspunkt verstehen kann, daß die Beisitzer nicht ein Spruch- kolleg bilden, sondern den Richter nur unverbindlich berateu (Mommsen a. a. O.). " 4) B. J. I ß2'2. 62.5. 627. &2S. Ant XVII 120.

5) Ant. XVII 127 f. = b. ,T. I 639.

C) Ant. XVII 132 = h J.l 640. Der kürzere Bericht des h .7. ist korrekter und in der Anordnung geschickter. In den ani fehlt, daß Varus selbst nach Rom berichtete; vgl. aber S. 101. Dieser Bericht ist nach h. ,T der erste. Herodes handölte bei der Fesselung und Berichterstattung im Auftrage des Varus (ant 133).

7} Apostelgesch XXVI 31. In diesem Berichte überwiegt die Autorität des Königs die des Prokurators .so sehr, daß bei dem Aufstehen und Herausgehen zuerst Agrippa genannt wird, obwohl Felix das Verhör leitete.

8) Mommsen, Xeulest. Zct^chr. II 93, Sirnfr. S. 3l5f.

9) Mommsen, iS</a/r. S. 9<11, besonders die dort Anm.6 angegebenen Beispiele. 10) Darüber läßt der Bericht des Josephus keinen Zweifel. Daher die Ver- mutung der Anwesenden, daß die Fesselung auf die Meinungsäußerung des Varus im geheimen Gesprach mit Herodes zurückgehe (ant XVII 133). Die Tendenz, Varus nur als Ratgeber des Herodes hinzustellen, zeigt eine vollständige Un- kenntnis dfts römischen Verfahrens und ist wohl davon beeinflußt, daß in der zweiten Hälfte des Anklageverfahrens Varus ausscheidet (,S. IUI).

Mitfeümigen und Nachrichten. 101

richtet, sondern zugleich ein Urteil vorgeschlagen, nach dessen Wirkungen er den Angeklagten wie einen in erster Instanz Verurteilten behandelt.

Der Paiallelismus mit dem Verfahren gegen Attalus ist vollstiliidig. Auch dort wird der Angeklagte, während der Bericht nach Rum abgeht, in der schweren Haft gehalten. Auch dort ist deshalb aus diesem Umstand noch nicht, wie Mommsen tat, ein gefillltes urteil zu folgern, sondern nur, wie hier, ein Urteilsvorschlag; auch für den syrischen Statthalter der augustischen Zeit ist, wie für den gallischen der Zeit Marc Aureis, nur das beschränkte Schwertrecht anzunehmen, und die eigenartige Mischung, daß der Angeklagte von dem Statt- halter ohne förmliches Urteil dennoch in die schwere Exekutionshaft genommen werden darf, ist das rechte GegenstUck zu der Belehnung des Statthalters mit dem Schwertrecht ohne die Fähigkeit, das Urteil vor seiner Billigung durch den Kaiser zu sprechen.

Im Gegensatz zu der vom Gefangenen ausgehenden Provokation liegt hier also, wie im Prozeß des Attalus, das Beispiel einer Relation an den Kaiser vor, welche in ihrer Anwendung wiederum durch das beschränkte Schwortrecht des Statthalters modifiziert erscheint.

Die Fortsetzung bedarf keiner Erklärung. Ein neuer Schuldfall Antipaters veranlaßt ein zweites Schreiben des Herodes an den Kaiser, der nun nicht Varns, sondern Herodes seli)st die Vollstreckung der Esilierung oder der Todes- strafe mandiert '). Angustus gibt ihm also nicht vollständige Freiheit, sondern, was allein dem Verfahren entspricht, unter Verurteilung des Prinzen nur die Wahl zwischen zwei Strafen.

Ich schließe eine Textbemerkung an. Die Relation an den Kaiser enthält zugleich eine Anfrage über das Urteil. Bei Josephus ist ant. XVII 133 über- liefert: dtjoag ih uvror si'i; 'Pio/(ijv mg KidoiiQa (xnifxnei yQÜ^maxa Ttfp't avtov xnl Tovg mo yXütauijg diid^orrag tny Kui'ttf((ta rt/v xaxi'uy Tov'A^'tinÜToov jf xcti Ktumo- rt'ov yvvjfirj rj/»' {tT/AM) Kaiaapog. Die fünf unverstandlichen Schlußworte finden sich in allen Handschriften"). Naber strich sie in seiner Ausgabe. Niese über- nahm sie mit der Bemerkung, daß sie unverständlich seien. Das Relatiousver- lahren macht es gewiß, daß nach dem Bericht au den Kaiser in den verdorbenen Worten die Bitte um die Meinungsäußerung des Kaisers liegt. Coponiuo ist bei Jos. ant XVni 1 als erster jüdischer Prokurator (6 n. Chr.) bezeugt. Es liegt nahe genug, anzunehmen, daß er schon vorher im syrischen Provinzialdieust tatig war. Da man aber in die verderbte Stelle nicht hineinlegen kann, daß Coponias elf .lahie frtlher von Herodes mit dem Prozeßberichte an Angustus geschickt wurde, ist es mir wahrscheinlich, daß an dieser Stelle der als fehlend erwähnte Bericht des Varus an den Kaiser (S. 100, 6>, vielleicht durch den Weg- fall einer ganzen Zeile, ausfiel, die Steile also vollständig etwa so zu denken ist: und (auch Varus sandte einen Bericht nach Rom und erbat durch) Coponius die Ansicht des Kaisers.

Berlin-Haien see.

1) Ant. XVn 134 f. 182 =-- 6. J 1641 f. 661.

2) Nur eine Epitome, die älter ist als Zonaras (9./10. Jahrb., Niese, Ein- leitung der ed. vwgna dts Josephus vol. I p. XXIII s., vol. III p. XIII s.) und eine lateinische Übersetzung aus dem Anfang des 6. Jahrh. haben sie fortgelassen, offenbar, weil sie bereits unverständlich waren. Die Verderbnis ist also sehr alt.

102 Mitteilungen und Nachrichten.

Die Schlacht bei Thapsus. Von A. Laughainmer.

Im 3. Bande von £iomayeis, Antiken Schlachtfeldern hat 6. Veith mich scharf angegriffen und, indem er meine Auffassung des Feldzuges von 46 und der Schlacht bei Thapsus mit wohlfeilem Hohne überschüttete, in Überein- stimmung mit meiner Annahme einer Doppelschlacht {Bei'l. phil. Woch. 1906, 1598 f.) und einer leitenden Stellung des Labionus im Hauptquartier Scipios {Berl. phil. Woch. 1911, 949) eine Darstellung der Schlacht konstruiert, die ich nur ein abeuteuerliclies, auf widerspruchsvollen Annahmen beruhendes Phantasiegebilde zu nennen vermag. Er hatte das Recht, an Einzelheiten meiner ersten Artikel, die vom Standpunkt des Militärs z. Teil angreifbar waren, als Fachmann Kritik zu üben; aber er hatte nicht das Recht, meine letzten Artikel und die von mir vorgobrachteu rein philologischen und quellenkritischen Argumente fast ganz zu ignorieren, noch viel woniger durfte er es übersehen, daß ich in meinen letzten Artikeln die Streitfrage hauptsächlich vom Standpunkt des Philologen behandelt habe; so hat Veith*) mich als einen verrannten Dilettanten hingestellt.

Aber die gänzliche Ausschaltung der philologischen Fragen konnte nur eine Folge haben: Veiths Konstruktion mußte in der Luft schweben und der Überlieferung Gewalt antun. Hierfür nur ein Beispiel, das aber genügen dui-fte, um Veiths Konstruktion umzuwerfen. S. 840 ff. erörtert Veith eingehend die Ursachen von Cäsars auffälligem Zögern im Beginn der Schlacht, in der richtigen Erkenntnis, daß von dieser Tatsache die ganze Auffassung der militärischen Lage abhängt. Er erkennt sehr wohl, daß dies Zögern sich mit dem von ihm konstruierten abenteuerlich -phantastischen Plane Cäsars nicht in Einklang bringen läßt: wenn Caesai sich, wie Veith annimmt, mit seinem numerisch weit schwächeren, durch Entbehrungen sicher heruntergekommenen Heere in Thapsus absichtlich einkreisen ließ, um das feindliche Heer zur Teilung seiner Streitkräfte zu zwingen und dann den einen Teil überraschend anzugreifen, so durfte er nicht zaudern, als es ihm gelungen war, überraschend an das eine der

1) Bezeichnend für Veiths Verfahren ist die Bemerkung S. 906;7: „Ich halte eine Redaktion in diesem Sinne für unwahrscheinlich; sie müßte sich an einer sehr großen Zahl anderer Stellen, wo ihr Eingreifen weit dringender ge- wesen wäre (?!), bemerkbar gemacht haben. Darüber vielleicht (?) ein ander- mal." Ferner hat Veith meinen Artikel B ph. Woch. 1910, 412 ff. gänzlich un- beachtet gelassen, obwohl hier eine parteiische Entstellung der Tatsachen zu- gunsten Sallugts und damit eine Redaktion von mir ziemlich wahrscheinlich gemacht wird.

Zu dieser Frage möchte ich vorläufig noch bemerken, daß ich außer BA 79—85 auch 62—64, 13ff., 52, 69—70, 75, 78 für redigiert halte: es sind meist Berichte über Reitergefechte. Bei Kap. 78 ist besonders merkwürdig, daß trotz des glänzenden Erfolges der Reiterei Cäsars unmittelbar darnach Cäsars Zug auf Thapsus stattfindet, sowie daß Cäsars Kavallerie in der Schlacht und bei der Verfolgung, wie auch Veith bemerkt, fast ganz verschwindet. Sollte viel- leicht in dem letzten Gefecht vor Tegea (Kap. 78) Cäsars Reiterei, statt den Gegner glänzend zu schlagen, so übel zugerichtet worden sein, daß sie fernerhin ausschied? Und sollte das einer der Gründe für Cäsars Rückzug auf Thapsus sein? Kapp. 48, 3 4 und 19,4 5 sind unzweifelhaft spätere Zusätze, die bei einer Durchsicht resp. Überarbeitung in den Text gelaugten.

Mitteilungen und Nachrichten. 103

beiden feindlichen Korps zu kommen, um so weniger, als liier, wie es scheint, Verwirrung herrschte {BA 81,1). So wird eine Hilfskonstruktion notwendig; Veith zögert nicht, seine Hypothese durch eine zweite zu stützen. Er vermutet S. 4800'., Cäsars Aufmarsch sei nie zur Vollendung gekommen; der rechte Flügel, an der Spitze die 10. Legion, sei vor beendetem Aufmarsch ohne Befehl vor- gebrochen und habe so Cäsars Plan, den überraschten Gegner beim ersten Zu- sammenstoß völlig zu vernichten, vereitelt. Abgesehen von dem schweren methodischen Bedenken widerspricht diese Hypothese allem, was wir über den Verlauf der römischen Feldschlacht zu Cäsars Zeit wissen; außerdem geht aus der Quelle selbst das Gegenteil hervor.

Es steht fest, daß die cohoriatio militum instructa acie stattfand; das be- weist außer vielen anderen Stellen BG II, 20, 1, wo die Tätigkeit dos Oberfeld- herrn beim Aufmarsch zur Schlacht also resümiert wird: Caesari omnia uno tem- pore crant agenda: vexillum proponendum, Signum tuba dandum , acies in-

»truenda, militcs cohortandi, Signum dandum. Ein altocutio aber hat nach der bestimmten Angabe des Auetor hell. Afr., Kap. 81, nach Aufstellung der Schlachtlinie stattgefunden; sie wird sogar sehr anschaulich geschildert, wobei der Verfasser resp. Redakteur mit größter l^unst durch die Mittel der Sprache die aufs höchste aufregende Situation zu veranschaulichen weiß: ,Quo postquam Caesar pcrvenit et animadvertit aciem pro vallo ScipioniK consiitutam elephantis dextro sinistroque cornu conlocatis et nihilo minns pariem militum castra non ignaviter munire, ipse acie triplici eonlocata, legione X VIIL que (?) dextro cornu, XIII. et XIIII. (?) sinistro oppositis, quintae leyionis in qiiarta acie ad ipsa cornua quinis cohortibus contra bestias conlocatis, sagiltariis, funditorihus in utrisque cornibus dispo- sitis levique armatura inter equites interiecta, ipse pedihus circum milites concursans virtutesque vcleranorum proeliaque superiora commemorans blandeque appellans animos eorum excitabat. Tirones autem, qui numquam in acie ditnicassent, hortabatur, ut veteranonim virtutem aemuiarentur eorwnque famam, locum, nornen victoria parta cuperent possidere. Nun könnte ja eingewendet werden, die Ansprachen seien während des Aufmarsches erfolgt, jeweils an die in die Linie eingerückten Truppenteile und der wiederholt gebrauchte Ausdruck conlocare gehe auf die Dispositionen zur Schlacht, die Ordre de bataille, nicht auf die Aufstellung selbst. Diese Auffassung verbietet sich aber; denn BA 82,2 wird ausdrücklich berichtet, die Legaten und Freiwilligen, also altgediente Krieger, hätten Cäsar dringend um das Signal zum Kampf gebeten. Man kann kaum annehmen, daß dies ge- schehen wäre, wenn die Aufstellung nicht vollendet gewesen wäre. Nun hätte Veith, um seine Hypothese zu halten, noch die Möglichkeit, den Bericht Plu- darchs über Cäsars epileptischen Anfall vor der Schlacht (Caesar 53) für glaubhaft zu erklären, wie ich es tat, und zu behaupten, der Anfall habe Cäsar gehindert, zum Angriff blasen zu lassen. Dagegen müßte ich einwenden, daß der Bericht Plutarchs mit der von mir angenommenen militärischen Lage sehr wohl im Einklang stände, dagegen mit Veiths Auffassung nicht.

Mit dieser unverständlichen Hypothese Veiths fällt auch seine willkürliche Interpretation der viel umstrittenen Worte sibi non placere eruptione pugnari {BA 82,3). „Hier hat Cäsars eruptione pugnari einen Sinn; dieses unaufhaltsame Vor- brechen ohne regelrechten Aufmarsch war eine tatsächliche eruplio. Cäsar aber wollte eine rangierte Schlacht und mit gutem Grund" (S. 841). Ich muß an meiner Erklärung dieser Stelle, die ich B phil. Woch. 1907, r278f, gab, festhalten. Ich beziehe eruptione pugnare auf das Vorbrechen aus der festen Stellung vor Thapsus gegen den anrückenden Feind.

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104 Mitfeiliingtn und Nachrichten.

Damit ist der 1. Hypothese Veiths, Cäsar habe sich in Thapsas absichtlich eintreisen lassen, um gegen den geteilten Feind einen vernichtenden Schlag zu tühron, jede Grundlage entzogen. Denn hatte Cäsar diesen Plan gefaßt, warum wollte er den einzigen Zeitpunkt, der sich ihm flir die Durchführung bot, unbenutzt lassen? Auch die neue Lokalisierung von Aggar, die allerdings richtiger erscheint als die Versuche Tissots und Stoffels, weil sie keine gewalt- samen Textilnderungen erfordert (Veitli S. 811fF.), macht Veiths Hj'pothese nicht annehmbarer; im Gegenteil, sie stützt meine Annahme, daß Cäsar durch eine Umgehung zum Rückzug auf Thapsus gezwungen worden sei. Labienus hatte hier nur das Jlamiver von Uzitta zu wiederholen; indem er den Kamm des in südwestlicher Richtung verlaufenden Hügelzuges, auf dessen äußerster Spitze Cäsars Lager nach Veith stand, besetzte, gewann er eine beherrschende Stellung und schnitt Cäsar völlig vom Innern des Landes ab.

Ich halte deshalb an meiner Auffassung des Feldzuges und der Schlacht fest, wie ich sie vor allem B ph. Woch. 1TO7, 1278 f., A'//o IX, .595.; B- phil Woch. 1911, 948 If. dargelegt habe. .Ja, ich gehe noch weiter. Im Gegensätze zu Veith behaupte ich, daß die Bedrängnis, in die Cäsar durch seinen früheren Legaten Labienus gebracht wurde, ihn gar nicht dazu gelangen ließ, einen Feldzugsplan aufzustellen. Die Strategie der Umklammerung, die Ldbienus gegen Cäsar an- wandte, schnürte den großen Schlachtenmeister, dem die Schiacht immer und übernll vorweigert wurde, so ein, daß ihm der Atem benommen wurde. Er ist von Labienus völlig in die Defensive gedrängt worden. Immer erneiiert Labienus seine Versuche zur Einkreisung Cäsars, vor Ruspina, Uzitta, Aggar; immer enger wird das Operationsfeld, bis bei Thapsus der Ring geschlossen wird. Man sieht, Labienus hatte aus den Kämpfen zwisciien Crassus und den Parthern, zwischen Cäsar und Vercingetorix gelernt. Er hat systematisch die Offensiv- kraft der Legionen Caesars lahmgelegt. Indem er ilie von Hannibal geübte Ein- kreisung des Gegners in der Feldschlacht zur strategischen weiter entwickelte, die Überlegenheit seiner Reiterei voll ausnutzte und die Feldbefestigung meister- haft verwendete wie vor LTzitta, brach er dio Stoßl;ral't der Legion völlig und stellte sich in eine Reihe mit den größten Feldhei'rn aller Zeiten, mit Alexander dem Großen, Hannibal, Cäsar, Friedri<"h dem Großen und Napoleon.

Friedenau b. Berlin.

Die erste syrische Statlhallerschaft des P. Sulpicius Quirinius

(mit einem Anhang über M. Ser\-iliu8 Piosopogr. Imp. Born. III S. 226 n. 419 und

Volumnius PrlR III S. 479 n. 639. 610).

Von Dr. F. Bleckmaiin.')

C. Carista[nio] C. F. .Sfi: Pront[oni:] Cdesiano luli\o\

praef'(ecto) fabr(u)i)), poi/\lifiri], sacerdoti, praefecto F. Sulpici Quirini dutimriri, praefecto M. Seicih. Hute primo omnivm publica d(ecurinnum) d{ecrctv) staluct pnsita est.

1) Geschrieben 1914, ergänzt 1910.

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Mitteilungen und Nachrichten. 105

Die vorstehende Inschrift mit dem Namen des aus dem Lukasevangelium (c. 2) bekannten Statthalters Quirinius vermehrt die schon beträchtliche Zahl lateinischor Inschriften, die dem Boden des alten Antiochia Pisidiae eutstammen, wohin unter Aiigustus eine römische Kolonie entsandt wurde. W. M. Ramsay hat die Inschrift im Expositor 1912 S. 4f)l publiziert und mit zwei ausführlichen Kommentaren versehen^)

Ihm kommt es vor allem darauf an, auf Grund der neuen Inschrift nach- zuweisen, daß die (llaubwürdigkeit des Lukasberichtes über die Schätzung unter Quirinius zur Zeit der Geburt Jesu keinem Zweifel mehr unterliegen könne. Ich gehe auf dieses meines Erachtens aussichtslose Bemühen nicht ein. Wohl aber scheint es mir auch nach Bamsays Erörterungen lohnend, die Frage nach der Zeit der ersten syrischen Statthalterschaft des Quirinius aufzuwerfen, da sich hierfür aus der Inschrift allerdings etwas lernen läßt.

P. Sulpicius Quirinius wurde im Jahre 6 n. Chr., als die Römer nach der Entsetzung des Ethuarchen Archelaos Judäa übernahmen, Statthalter von Syrien und führte als solcher den in dem neu übernommenen Lande notwendigen Ceusus der Bevölkerung durch. fJosephus Ant. Jud. [AJ] XVII 8-55. XV'III 1. 20.) Aber längst hat mau erkannt, daß Quirini\is schou vorher einmal syrischer Statthalter war. Diese Annahme stutzt sich auf eine Stelle in Tacitus' Annnlen (III 48). Tacitus erzählt dei; im Jahre 22 n. Chr. erfolgten Tod des Quirinius und sagt: nihil ad irterem et patriciam Sulpiciorum familiam Quirinius pertinidt, ortus (ipud riiunicipium Lanuviicm: sed impiger militine et arribits ministeriis consu- laium stib divo Au^justo, mox expugnatis per CiUciam Homonadinsium castelli» insigniii iiiuinphi adtptus, daiu.<>qiie rector Gaio Caesari Anneniam obtincnii Tiberium quoqiie Rhodi agentcm loluerut. Der Konsulat des Quirinius fallt iu das Jahr 12 v. Chr., die Dienste, die er C. Cäsar in Armenien leistete, in das Jahr 3 n. Chr. Zwischen 12 v. Chr. und 3 n. Chr. kämpfte also Quirinius gegen die Honiouadöiisier. Das räuberische Bergvolk der Ilomonadensier im Taurus hatte im Jahre v. Chr. Amyntas, ueu letzten König vou Galatien, erschlagen und harrte seitdem seiner Bestrafung durch die Römer, die das Erbe des Galater- köuigs angetreten hatten. Den Kampf gegen die Homonadensier konnte aber Quirinius nur als Statthalter einer kaiserlichen Provinz führen, da nur einem solchen eine größere Truppenniaelit zu Gebote stand. Von den in Betracht kommenden Provinzen Cilicien und Syrien scheidet Cilicieu aus, da es aller Wahrscheinlichkeit nach damals mit der Provinz Syrien vereinigt war. Die

1) Eine zweite, ähnliche Inschrift aus Antiochia Pisidiae beslätigt die Angaben der erstgenannten. Sie findet sich in Ramsays zusammenfassendem Buch Tlie bearing of recent discovery on tlw trustworthiness of the New Testament (1915) S. 2iil, da.s mir durch die Güte vou Herrn Professor Deißmann zugänglich gemacht ist, und lautet:

C. Caristani[o C. F. Ser(gia)

Frontrini Caesiano

Itilio pracfUcto) fahr(um), irihunii mildtum)

leg(io7iisl Xll fvlmUnntae), prae]\ci lo)

coh(ortis) Bosiporianae),

pontifiici), praefXecin) P. Sulpiri

Quirini

II vir(i), praeficcto) M. Servili, praef.

Daselbst S. 28-5 die obenstehende Inschrift mit einer Phi.tographie des Steines.

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106 Mitteilungen und Nachrichten.

Tacitnsstelle nütigt also zu dem Scliluß, daß Quirinius zwisclien 12 v. Chr. und 3 11. Chr. Statthalter von Syrien war. Mommsen, der diesen Nachweis im Anhange zu seiner Ausgabe des Monumcntum Ancyranum führt, meinte, die erste Syrische Statthalterschaft des (Quirinius nicht anders unterbringen zw könuen als in der Lücke, die zwischen Quinctilius Varus und C. Caesar klafft, und setzte sie in die .Tahre 3/2 v. Clir. Ihm folgten v. Rhoden und Dessau in der Prosnpogr. Inip. Rum III S. 287 n. 732 und, wenn auch zweifelnd, Schilrer in der Gesch. d jüd. Volkes zur Zeit Jesu Christi P 2iM).

Diese Ansotzung ist durch die neue Quiriniusinschrift ius Wanken gebracht. Was sagt nun die In.schrIftV C. Caristanius Fronto Caesianus lulius, der Sohn des Uaius, aus der Tribus Sergia, gehurt einer Familie au, die, wie wir schon aus einer Keihe von Inschriften wußten, in Antiochia Pisidiae sich großen Ansehens erfreute und, wie wir jetzt sehen, schon unter der ältesten Bevölkerung der Kolonie vertreten war. Auch er bekleidete verschiedene Gemeindeämter und war Präfekt des P. Sulpicius Quirinius. Kein Zweifel, daß der Statthalter gemeint ist. Die neue Inschrift vermehrt die geringe Zahl der Zeugnisse dafür, daß nicht nur Angehörige des Kaiserhauses, sondern auch hochgestellte Private es sich gefaUeo ließen, daß Gemeinden ihnen eines ihrer vornehmsten Gemeindeämter, den Duumvirat, übertrugeu. (^^gl- Pauly-Wissowa. RE V^ Sp. 1820). Quirinius konnte natürlich das Amt nicht selbst bekleiden uud bestellte den Caristanius zu seinem Prafekten. Es ist aucli klar, wofür die Kolonisten in Antiochia dem (Quirinius die Auszeichnung des Duumvirates zu teil werden lieiJen: den Anlaß gab ihnen sein Kampf gegen die Homonadensier, dessen Erfolge nicht zuletzt ihnen zu gute kamen.

In welche Zeit gehurt nun die neue Inschrift? Die Inschrift sagt am Schluß: „Ihm als dem ersten von allen ist von Staatswegen auf Beschluß der Dekuriouen eine Statue errichtet worden." Unsere Inschrift, die unter dieser Statue stand, gehört demnach zu den ältesten Inschriften, die in der neuen Kolonie aufgezeichnet wurden. Nun beweist ein Meilenstein von Comana mit der Kaisertitulatnr {CIL III 6974), daß im Jahre 6 v. Chr. die Straße schon vor- handen war, die Antiochia Pisidiae mit den anderen in Ciiicien und Pisidien be- gründeten römisclien Kolonien verband. Die Grindung der römischen Kolonie in Antiochia fällt mithin vor das Jahr 6 vor Chr , was ja auch durch die von Bamsay, The bearing usw. S. 2H3 erwähnte Tatsaclie ervfiesen wird, daß die Kolonie für zwei Jahre nacheinander den Drusus Germanicus zu ihrem Duum- virn machte, der schon im Jahre 9 v. Chr. starb. Das alles legt es nahe, den Homonadensierkrieg und die Statthalterschaft des Quirinius früher anzusetzen als Mommsen, und es soll nun untersucht werden, erstens, ob eine frühere An- Setzung möglich ist, zweitens, welche Gründe fUr eine solche sprechen.

Wir müRsoii die uns bekannten syrischen Stattlialter des letzten vor- christlichen Jahrzehntes kurz durchmustern. Da steht zunächst durch das Zeugnis von Münzen (Eikhei, Doclr. num vet. Pars I vol. III S. 275. Mionnet, Descript. des MMailles V S 15t!) fest, daß in den Jahren 6—4 v. Chr. P. Quinctilius Varus Statthalter der Provinz Syrien war, derselbe, der später in Germanien endete. Eine unter seiner Statthalterschaft geschlagene Mfinze aus dem 25. Jahre der aera Actiaea beweist, daß er jedenfalls vor dem Herbst des .Jahres 6 nach Syrien kam. Anderseits kann man über das Jahr 6 nicht hinaufgehen, weil sonst nicht genug Zeit für seine Vorgänger bleibt. Sein unmittelbarer Vorgänger war C. Sentius Saturninus (Joseph. AJ XVII 89: Ovagoc; KovivrlXtoq dit'uioxoi; fitv 2aT0vfiyit(fi cmtoTaX/^drog). In die Zeit seiner Statthalterschaft fällt eine Fülle

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Mitteihmgen und Nachrichten. 107

von Ereignissen: Der Foldzug des Herodes gegen die Araber, die drei Gesandt- schaften, die Herodes ans Anlaß dieses Krieges nach Rom schickt, die Gesandt- »ohaft, die die Söhne des Herodes bei Augustus verklagt, der Gerichtstag in Derytos, und auch nach dem Tage von Bervtos und der Hinrichtung der fSohne des Herodes muß Saturniuus eine geraume Zeit in Syrien gewesen sein. Man muß also annehmen, daß er mindestens zwei Jahre Statthalter war, vielleicht drei Jahre; drei Jahre aber höchstens (Sanclemente, De vulgaris aerac cmendatione p. 338 sqq. meint freilich: ad minus integrum triennium), sonst bleibt flir seinen Vorgänger kein Platz. Dio Statthalterschaft des Saturuinus füllt danach in die Jahre 9—6 oder 8 G v. Chr. Sein unmittelbarer Vorgänger war M. Titius. Zwar sagt das Josephus nicht mit ausdrucklichen Worten. Aber er erwähnt den M. Titius {AJ XVI 270) kurz, bevor er erzählt, daß Herodes seine dritte Reise nach Rom antritt. Im nächsten Kapitel (XVI 277) erzählt er die Rückkehr de» Königs, und da ist bereits Saturuinus Statthalter. Da ferner Josephus die Ereignisse ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge nach berichtet und des Titius erst Erwähnung tut, nachdem er die Einweihung Cäsareas erzählt hat, die in das Jahr 10/y fällt (AJ XVI 136 fF.) kann die Statthaitorschaft des Titius keines- falls vor dem Jahre 10 abgelaufen sein. Daß er besonders lange in Syrien gewesen ist, wird durch die Überlieferung jedenfalls nicht nahegelegt. Nur Strabo XVI 1, 28 p. 748 berichtet, daß ihm Phraates seine vier Söhne als Geiseln uliergab, um sie nach Rom zu schicken. Weiteres über seine Zeit s. gleich unten. Wenn man Weiter hinaufgeht, so kommt man auf Agrippa, den vertrauten Freund des Augustus. Er verwaltete seit dem Jahre 23 v. Chr. in der Stellung eines cullega minor, wie es Mommseu nennt, die ganze östliche Reichshälfto und kehrte erst nach zehn Jahren, 13 v. Chr., endgültig nach Rom zui-ück. (Jos. AJ XVI 86). In die Lticke zwischen Agrippa und M. Titius ist des Quirinius erste Statthalterschaft zu setzen. Im Jahre 12 v. Chr. war er Konsul, im Jahre 11 kam er nach Syrien, in den Jahren 11,10 oder, wenn man w^ill, 11/9 kämpfte er ni it den Homonadensiern, im Jahre 10, evtl. im Jahre 9, triumphierte er. Die Statthalterschaft seines Nachfolgers M. Titius fällt danach, je nachdem, in die Jahre 10—9 oder 10-8 od"r 9—8. Das Ergebnis, zu dem wir soeben gelaugten, wird durch mehrere Er- wägungen gestützt und bestätigt.

Daß Agrippa, der das ganze Reich jenseits des jonischen Meeres, wie Josephus sagt, vei-waltete, der bald hier, bald da eingriff, der auch gar nicht immer im Osten weilte, nicht dazu kam, die Homonadensier zu züchtigen, ist begreiflich. Schwer begreiflich aber wäre es, weshalb man in Rom, als in der Verwaltung Syriens, wie überhaupt der östlichen Provinzen, wieder normale Verhältnisse eingetreten waren und wieder Statthalter geschickt wurden, die unmittelbar dem Kaiser unterstanden, die Bestrafung des räuberischen Volkes, die schon zwölf Jahre auf sich warten ließ, noch weiter hinausgeschoben haben sollte, und gar noch zehn Jahre, wie man bei Mommsens Ansetzung annehmen müßte. Vielmehr scheint es, daß Quirinius im Jahre 13, dem Jahre der Rück- kehr des Agrippa, zum Konsul für das Jahr 12 v. Chr. designiert wurde gei'ade im HinbUck darauf, daß er alsbald nach Ablauf seines Konsulates das Kommando im Orient führte sollte. Nichts steht der Anuahmo im Wege, daß er sogleich im Jahre 11 den Kampf gegen die Homonadensier begann. Ranisay, der sich nicht ganz klar darüber ausspricht, in welche .Jahre die erste syrische Statt- halterschaft des Quirinius falle (vgl. Expositor 1'312 S. 400. 404. 406. 481), meint, er habe deü Kampf vor dem Sommer 10 nicht eröffnen können, weU erst die

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108 Mitteilungen und Naehricbten.

notigeii Vorbereitungen hätten getroffen werden müssen. Alier es konnten sehr wohl alle Vorbeveituucjen vor seintM- Ankunft getroffen sein. Es kam nur darauf an, daß der richtige Mann an die Spitze trat, und der war Qniriiiius. Man denke auch daran, daß Cäsar im Frülijahr des Jahres 56 v. Chr. in Rom weilte und von dort Weisungen nach Gallien ergehen ließ. Kaum angekommen in (i.illien, eröffnete er die Feindseligkeiten gegen die Helvetier.

Ramsay, der die Glaubwürdigkeit der im Lukasevangelium erzählten Schätzung verficht, ist davon überzeugt, daß dieser Census von dem bei Josephus erzählten Census des Jahres 6 u. Chr. z\i unterscheiden sei und unter der ersten Statthalterschaft des (^uirinius .stattgefunden habe, und versichert, diese liabe jedenfalls bis in das Jahr 9/8 v. Chr. gedauert {Exposilor 1912 S. 406), und in dieses Jahr falle die erste Schätzung'). Davon, daß Quirinius noch im Jahre 9/8 v. Chr. Statthalter gewesen ist, kann nach den obenstehendeu Darlegungen keine Rede sein. Ich weise aber auf Ramsays Irrtum nur doshalb hin, weil betont werden muß, daß die Aufgabe, die Quirinius zu liisen hatte, durchaus militärischer Natur war. Als er die Homonadensier niedergeworfen und Huhe und Sicherheit in Cilicien und Pisidien hergestellt hatte, hatte er geleistet, was er leisten sollte. Darum kommt seine erste Statthalterschaft bei Josephus, den die Kämpfe mit den Homonaden.siern nicht interessieren, gar nicht vor. Die Sache steht so, daß wir in unserer freilich dürftigen Über- lieferung nicht nur keine Spur von irgend einer Verwaltungstätigkeit des Quirinius während seiner ersten Statthalterschaft finden, sondern daß die Überlieferung noch zeigt, daß ihm die syrische Statthalterschaft nur verliehen wurde, weil er gegen die Honionadensier kämpfen sollte. Wir müssen noch einmal auf die oben (S. 105) citierte Tacitusstelle zurückkommen. Tacitus weist auf Höliepunkte in der Laufbahn des Quirinius hin: er wurde Konsul, er triumphierte nach dem Kriege gegen die Homonadensier, er stand dem C. Cäsar in Armenien zur Seite, er machte Tiberius auf Rhodu.s seine Aufwartung. Es soudern sich aber zwei Crruppen. Wie die Dienste, die er den beiden kaiser- lichen Prinzen leistete-), zusammengehören, so besteht auch eine enge Beziehung zwischen dem Kon.'^ulat und dem Homonadensierkrieg, oder vielmehr dem Triumph infolge des siegreich geführten Krieges. Man sehe, wie Tacitus schreibt. Von demselben Yerbum adephis hängen zwei Objekte ab: constdatum und insignia triumphi. „Ein rühriger Soldat und eifriger Diener seines Herrn erlangte er unter Angustus den Konsulat und dann') nach Eroberung der Kastelle der

1) Auch A. Rcinach (Renie Epigraphique N. S. I [1913] S. 115) folgt Ramsay und meiut, C. Sentius Saturuinus (und wie man dann doch auch annehmen müßt«! !M. Titiusi hätten als Legaten des Quirinius das südliche Syrien verwaltet, während der Statthalter im nördlichen Teil der Provinz zu tun hatte. Diese Annahme findet in der Überlieferung keine Stütze. Wenn Josephus AJ XVII 89 den Varus, der doch sicher dem Kaiser unmittelbar unterstand, als Nach- folger des Saturninus bezeichnet, so folgt daraus, daß die Stellung des Saturninus dieselbe war wie die des Varus. Quirinius mag wohl Legaten mit der Ver- waltung des südlichen Syriens beauftragt haben, aber wir wissen nichts darüber. M. Titius und C. Sentius Saturuinus waren jedenfalls seine Nachfolger in der Statthalterwürde.

2) Trotz Mommseu, Monum. Anc.^ S. 174 muß man doch annehmen, daß Quirinius den Tiberius, der bis zum Sommer 2 n. Chr. auf Rhodus weilte, noch im Jahre 2 dort aufsuchte, als er nach dem Tode des Lollius zu C. Cäsar eilte.

3) Über die Bedeutung von mox bei Tacitus gleich unten S. 109.

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Mitteilungen und Nachrichten. lOy

Iloniuiiadeusier in Oilioien die Tiiiuiiphalinsigtiieii." Der Homonailensierlirieg und der Triumph infolge des Krieges ersoheineu geradezu als Fortsetzung und Vervollständigung des Konsulates. Militärische Tüchtigkeit bahnte dem Quirinius den Weg zum Konsulat, aber erst sein Triumph war der Höhepunkt seiner militärischen LHufbahri. Drß or nach dem Konsulat Statthalter in Syrien wurde, sagt Tacitus mit keinem Woi-t. Das Wichtige, das. was den Inhalt seiner Tätigkeit im Orient ausmachte, war eben der Krieg gegen das räuberische Bergvolk. Die Darstellung des Tacitus macht doch den Eindruck, daü zwischen Konsulat und Triumph des Quirinius keine allzulange Spanne Zeit liegt. Auch das mox verdient Beachtung. Mi>.r, das von Tacitus meistens mit Tempora der Vergangenheit gebraucht wird, nimmt bei ihm geradezu die Bedeutung von deinde an oder kommt ihr doch nahe. Fast iuuner laßt (iS sich mit „dann, alsdann" übersetzen. Aus der von mir zufällig gewählten Erzählung des Aufstandes der pannonischen Legionen im ersten Buch der Anualeu notiere ich die Stellen, an denen das Wort vorkommt. 120: liiifus diu manipulatis. dein cenluiio, mnx iasiris praefectus. I '23: Inrendebal harc ftdii et ptrbis aitjue ov rnnnihus verhenm^! Mox disiedin quorum per humeros suatiiiebnliir praereps et singidorum pidihus (idrolutus tantiim fonsternationis invidiaeqve concivit . .

I ;W: Konanns (sc. miles) oppeiiemlos Tiherii epistulas cla»tiiaveral, mo.r desnlatua aliorum discessionc immineniem nrrcanitdfrm spontc praecniH.

Vgl. aucb arm. 12, 36: iunc . . ■plialerae torques qunpquc bellis extcrnis quaesiverat iraducta, mo.r fnäres et coniunx et filia, posiremo ipsc o.stentatiis. Genn. 18; antehoc (i. e. antequam <inna xumpseie adulescentrs) domus pars videnlur, mox rei puhUcae. So spricht aucb das Wort mox für einen engen zeitlichen Ziisammeiilinng zwischen dem Konsulat und dem Triumph des (Quirinius.

Die Römer begannen im Jahre 11 v. Chr. eine große Aktion in Cilicien und Pisidien. Romische Legionen nahmen die Schlupfwinkel des räuberischen Bergvolkes der Homonadensier, unter dem Schutze der Legionen ging der Bau der Militärstraße von statten, die die römischen Kolonien vorband. Denn zweifellos besteht, wie das auch schon R.imsay betont bat, ein Zusammenhang zwischen dem Feldzug des Quirinius und der Orllndung der fünf römischen Militärkolonien. Irh möchte nur noch auf eines aufmerksam machen. Wir sahen oben, daß die neue Inschrift eines der ersten öffentlichen Ehreudekrete, wenn nicht das erste, aus der römischen Kolonie in Antiochia Pisidiae ist. Als die Inschrift aufgezeichnet wurde, lag aber die Zeit, in der die Kolonisten den Statthalter Quirinius zu ihrem Duumvirn machten, schon zurück. Es war dies eine Zeit, in der man in der neuen Kolonie noch nicht daran denken konnte, Ehrenurkunden auszufertigen, eine Zeit, in der die Kolonie noch mit notwen- digeren Dingen beschäftigt war. Vor dem Jahre 11 v. Clir., dem Jahrfr seiner Ankunft in Cilicien, haben die Koluüisten dem Quirinius den Duumvirat nicht überti'agen, es muii dies iit den Jabron von ca. 11—9 v. Chr. geschehen sein. Man darf aus der Inschrift auch soldießen, daß 0. CariütauiuK die Amter eines ' pontifex und sacerdos bekleidete, be\ 07- er Präfekt des Quirinius wurde. Eben die Art, wie er diese Amter verwaltete, veranlaßte Quiriniu.s, ihn zu seinem Präfekten zu machen. Die römische Kolonie in .Vntiocbia bestand also schon eine Reihe von Jahren, bevor Quirinius nach Cilicien kam. Ihre Gründung fällt mithin einige Zeit vor das Jahr 11 v. Chi., und wir sehen, wie in den Jahren 11 9 v. Chr. die römische Kolonie in Antiochia noch in ihren Anfängen .steckte.

Zur Bestätigung unserer Aiiset^.ung der ersten Statthalterschaft des Quirinius kann noch das tiburtinisohe Fragment dienen. Das Fragment ist, obwohl es

110 Mitteilunge)i und Nachrichten.

den Namen des Mannes nicht enthält, von Mommseu mit gvüßter Wahrschein- lichkeit auf Quirinius gedeutet. Ich setze die Inschrift {filL XIV 3613) mit den Ergänzungen Mommsens hierher:

[bellum gessU cum gente Homonaden-] [sium quae interfererat Amynlam]

lr\egem, qun redaita in pot[estatem imp. Cxiesaris] Aiigusti populique Romani senatii[s dis immortalibus] supplicationes binas ob res prosp[ere ab eo gestas et] ipsi ormimenta triupiph[aliii dccrevif], pro consul[c] Asiam prnvinciam op[tir>uit, Ugatus pr. pr.] dlvi Augusti [i]terum Syriam et Ph[oenicen oplinuit]

Nach dieser Inschrift war Quirinius zwischen seiner ersten und zweiten syrischen Statthalterschaft Prokonsul der Provinz Asien. Das könnte bei Mommsens Ausetzung der ersten Statthalterschaft nur in den Jahren 1 v. Chr. 2 n. Chr. gewesen sein, denn im Jahre 3 n. Chr. war er an der Seite des C. Cäsar in Armenien, und das Jahr 4/5 n. Chr. kommt wohl nicht in Betracht, begann doch schon im Jahre G n. Chr. seine zweite syrische Statthalterschaft. Da nun im Jahre 1 v. 1 n. Chr. (753—754 der Stadt) Cn. LentuJus Augur Prokonsul Asiens war, bliebe nur das Jahr 1 2 n. Chr. Mithin wäre Quirinius erst zwölf Jalire nach seinem Konsulat Prokonsul geworden. Im allgemeinen galt seit Augustus als Regel, daß zwischen Konsulat und Prokonsulat ein Intervall von fünf .Jahren liegen solle. Ausnahmen lassen sich freilich nachweisen. C. Asinius Gallus, der Sohn des Asinius Pollio, war Konsul im Jahre 8 v. Chr. Die Gunst des Kaisers verschaffte ihm schon nach zwei Jahren (6 v. Chr.) den Prokonsulat Asiens (Le Bas-Waddington, Voyag. Arch. Expl. des Inscr. III p. 687). Anderseits ist es doch schon auffällig, daß Cn. Lentulus Augur, der 14 v. Chr. Konsul war, dreizehn Jahre, bis zum Jahre 1 v. Chr., auf den Prokousulat warten mußte. (AVaddington ebd. 689;. Freilich war es wohl nach den Stellen bei Seneca de benef. II 27 und Sueton Tiberius 49 mit seiner Befähigung nicht weit her. Schwer begreiflich aber wäre es in der Tat, weshalb ein zweilollos tüchtiger Mann wie Quirinius, der aich dauernd der kaiserlichen Gun.st erfreute, erst zwölf Jahre nach seinem Konsulat zum Prokonsulat hätte gelangen sollen. Waddington (a. a. 0. 687) ist geneigt, bei ihm das regelmäßige Intervall von fünf Jahren anzunehmen und seinen Prokonsulat in das Jahr 7/6 v. Chr. zu setzen, und das wird richtig sein.

So ergibt sich für die Laufbahn des Quirinius folgendes: Vor dem .Jahre 12 V. Chr. machte er die niederen Ämter durch, vor das Jahr 12 follt auch sein Kampf gegen die afrikanischen Stämme der Marmaridae und Garamantes, den er nach Mommsens Vermutung {Mon Aiic.^ p. 170. 171) als Prokonsul von Kreta und Kyrene führte. Im Jahre 12 war er Konsul, von 11 10 oder von 11 9 zum ersten Mal Statthalter Syriens, im Jahre 10 (evtl. 9) feierte er seinen Triumph. Von 7—6 v. Chr. war er Prokonsul Asiens, im Jahre 2 n. Chr. sehen wir ihn wieder auf der Reise nach dem Osten, wo er die Besetzung Armeniens durch C. Cäsar mitmachte. In den Jahren 6 7 n. Chr. gab ihm seine zweite syrische Statthalter.schaft noch einmal Gelegenheit, seine Kenntnis des Orients und, im Kampf gegen den Aufruhrer .Judas, sein militärisches Können zu beweisen.

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Mitteilungen und Nachrichten. 111

Anhang.

M. Serrllins {Pro«. Jmp. Rmu. III S. 226 n. 419).

Auch dem M. Servilius übertrugen die römischen Kolouisteu von Antiochia, wie die neue Inschrift zeigt, den Uuumvirat, aber nicht in demselben Jahre wie dem Quirinius, wie Rarasay fur möglich hält. Denn wäre Caristanius in demselben .Jahre Präfekt dar beiden Duuuivirn Quirinius und Servilius gewesen, so wäre damit der Duumvirat für dieses .Jahr aufgehoben gewesen Aber sicher ist Servilius bald nach Quirinius Duumvir in Antiochia geworden, wenn nicht schon im folgenden Jahr. Denn die Veranlassung zu dieser Au.szeichnung war doch wohl dieselbe wie bei Quirinius, seine Tätigkeit im Homonadensierkrieg. Nach Tacitus ann. ITI 22 trat er als Zeuge in dem Prozesse gegen Lepida auf, die der alternde Quirinius nach den schweren Beschuldigungen, die gegen sie erhoben wurden, verstoßen hatte. Danacli scheint er mit Quirinius befreundet gewesen zu sein. Er war wohl von den beiden der jüngere Mann, jedenfalls wurde er erst vierzehn Jahre nach Quirinius, 3 n. Chr., Konsul. Da darf man wohl annehmen, daß sein einflußreicher Freund ihn im Jahre 11 v. Chr. nach dem Osten mitnahm, wo Servilius im Homonadensierkrieg unter dem Oberbefehl des Quirinius ein besonders wichtiges Kommando führte, vielleicht als dessen praefectus exercitus (vgl. Mommsen, Rom. StaatsrcM IIj 853).

Yoluiunius (Pros. Imp Rom. IIl S. 479 n. 689. 640).

Josephus nennt an mehreren Stellen (AJ XVI 277. 283. 344 zusammen mit dem syrischen Statthalter C. Sentius Saturninus den Volumnins; beide bezeichnet er als f^>'e/u<5vet. Das ist inkorrekt. Schon aus der sachlichen Erwägung, daß die Provinzen jeweils nur einen Statthalter hatten, konnte man das schließen. Aber der Schluß läßt sich auch aus Josephus selbst ziehen. An einer Stelle, im Bell Jud. [BJ] I 538, spricht Josephus von den tiyeftoveg und bezeichnet als solche den Saturninus und die ihm zum Zwecke der ürteilsfällung über die Sühne des Herodes beigegebenen :it(jl Iltäaviov notaßtiq, die dem Statthalter doch sicher untergeordnet waren. Volumnius stand also in einem Verhältnis der Unterordnung zu Saturninus wie die eben genannten TiQtaßiig und wie die Söhne des Saturninus selbst, von denen Josephus AJ XVI 309 sagt: t'inorzo yaij aliCu

TttjEaßtVTC.L TQÜC UVTiQ^).

Übrigens ist Volumnius nur für die erste Zeit der Statthalterschaft des Saturninus bezeugt, als Herodes sich mit den Römern über seinen Feldzug gegen die Araber zu verständigen suchte. Man muß daher schließen, daß er entweder später nicht mehr in Syrien war oder daß er dem Statthalter für militärische Angelegenheiten beigegeben war. Daß Saturninus alleiniger Statthalter war, geht aus Stellen wie ^-IJXVn 0. 24. BJl 554 hervor, an denen er allein genannt wird, und AJ XVII 89 sagt Josephus: Oxagoi KoviviiXiOi öiäöoyoq ftiv l^uTOvoilvu) Tiji ev Svglti aQ/Tjq dneazaf.iJiivoi;.

Nicht identisch ist der Römer Volumnius mit dem Volumnius, der nach AJ XVI 369 und BJ I 538 ff. bei der Verhandlung zu Berytos gegen die Sühne des Herodes eine Rolle spielt. Josephus erzählt: 7iiiu>fa(Hi^ovaiv te ot iiye,uoreg, ygaiftv ici'Toig ind KaiuaQOi, XaiovQvlviiq xt xal ol 7ie(>l Ueädvtov noiaßiii;, aiv uiq

1) Man vergl. auch .ilJ XVT 283: tü>v uegl züv Sttxovgtiiov xal Ovokoi/.iiior iniT(iS7i6vTwv ayvmftovvrag ine^tii'fci. Es sind hier römische Beamte gemeint, die dem Saturninus und dem diesem untergeordneten Volumnius zur Seite stehen.

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] 12 Mitteilungen und Nachrichten.

[xa'i] Ovokovfjvioi; intzQOTioi:, iTteilt' oi ßaaO.hwc avyY(veli; xid ipi'Xot, Sn).t'ufi)j re xul <Pf()('i)oi<^, u^!^' OVQ Ol THiiir/i; Sfoi'a^ apinroi TtlijV '-4p;(f/.(;oi' Tov jiaai/.ivig. Also gehiirte Volumnius nicht zu den ijytfwrt^, unter denen der Schriftsteller Saturiiinus und o'i ntfji üidünof npio/iei^ versteht. Es wäre auch nicht einzu- sehen, weshalli der Römer Volumnius nicht wie squst neben Salurninns, sondern erst an dritter Stelle, hinter den 7t£(<' TIfSävtov TCit^aßeii aufgeftihrt wird. Wie unklar .Josephus an der vorliegenden Stelle über die Persönlichkeit des Volumnius dachte, geht daraus hervor, daß er ihn weder der Gruppe der Römer noch der der Freunde des Herodes zuweist. Josephu.s hat eben den Römer Volumnius mit dem Volumnius konfundiert'), der nach vlj" XVI 354 und BJ I .535, zwei Stellen, die der Erzählung von dem Gerichtstage in Berytos unmittelbar voraufgehen, zusammen mit ( »lympos im Auftrage des Herodes nach Rom ging, um dort die Söhne des Königs bei Augnstus zu verklagen. Nach dem BJ war er Heerführer {OTimTojiidnpxi?)^ wie man annehmen muß, des Herodes. Die Konfusion ist durch die Gleichheit der Namen vcianlaßt, möglich, dnß in dem Namen des Herodianers eine Korruptel steckt. An dem Gerichtstage in Berytos nahm nicht der Römer Volumnius teil, sondern der Herodianer. Nun versteht man auch das Auftreteu iles Mannes. r>ie Römer sprechen sich für eine müde Heliandlung der ungluiklichen Prinzen aus. Volumnius, der .«chon in Rom die Sache des Herodes geführt hatte, brach mit so heftigen Anschuldigungen gegen sie los (r/Jc uxvi^^iuniji; nnoipuaKoc i'niSitTu), daß alle, die nach ihm sju-achen, seinem Beispiel folgend, auf Todesstrafe erkannten.

Berlin -Haiensee.

Gesichertes und Strittiges^). Von C. F. Lelimann-Hnupt.

8. Zur Lage von Magnn.

Während meiner Lehrtätigkeit in Konstantiuopel beschäftigte mich unter Anderem das Problem der Lage von Magan. Es ist eine derjenigen Fragen, für deren Lösung alle Grundlagen vorhanden sind, die aber vom Schreibtisch aus allein nicht gelöst werden können. Da Magan vielfach und regelmUlJig mit Meluh(h,a verbunden ist und Letzteres als Bezeichnung für die Malachit sjien- dende Siuai-Halhinsel feststeht, so muß es ihr einigermaßen benachbart sein.

Da ferner Naräm-Sin, der Magan eroberte, Ägypten sicher nicht betreten hat, so ist Magan jedenfalls östlich der Sinai-Halbinsel zu suchen.

Die Statuen des Gudea sind aus dem Gestein von Magan heri;estellt. Das schwarzgrüne, basaltische Gestein der Gudea-.Statuen („Diorit") ist somit das Hauptprodukt von Magan. Es muß also ein Gebiet östlich der Siuai-

1) Der Bericht des Josephus über den Tag von Berytos ist auch sonst nicht einwandsfrei. Nach den AJ sprechen zu gunsten der Söhne des Herodes Saturninus uni seine drei Söhne, die ihn als Legaten begleiten. Im BJ ist von den Sühnen des Statthalters keine Rede, dafür erscheinen dort o) tkoI Ui-iavuiv TnitGßitq. Diese müssen ein Kollegium von mindestens drei Männern gewesen sein, das dem Saturninus zur Seite stand. Nachher aber sprechen nur die beiden Legaten (o'i Axo :i(>inßnq).

2) Siehe oben Bd. XIV S, 125 f.. 264, 384 «F.; XVI S. 193 ff.. *4Üff.

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Mitteilungen und Nachrichten. 113

Halbinsel gefunden werden, in welchem diese spezielle Spielart des fJesteins ansteht und an dem womöglich der Name Magan noch heute haftet.

Als ich das Problem meinen türkischen Schülern vortrug, trat mir aus ihrer Mitte ein mir selbst schon nicht fremder Gedanke entgegen. Es wurde auf Ma'an, die wichtige Station an der Hedjas-Bahn südlich von Petra, dessen Felsen ja aus rotem Sandstein bestehen, Iiingewiesen. Der betreffende Hörer behauptete, in der Nachbarschaft von Ma'an sei vielfach schwarzer Stein zn finden. Von anderer Seite wurde das aber in Abrede gestellt. Weitere Unter- suchungen waren von mir eingeleitet und im Fortgange, als der Umschwung aller Dinge ihre Vollendung zunächst abschnitt. Ich hatte mich an meinen Kollegen, den Geologen W. Penck, mit der Bitte gewandt, mir die ihm bekannten Stellen, wo Diorit im südlichen Palästina, oder im nördlichen Arabien ansteht, mitzuteilen. Und es war zwischen ihm und mir vertraulich verabredet, daß er das Gestein der Gudea-Statuen im Museum zu Konstantinopel untersuchen und ermitteln möchte, ob und wo es in den genannten Gebieten zu finden sei.

Ich teile dies mit, weil R. Eisler in seinem sehr wichtigen Buch Die Kenitischen Weihinschriflen der Hyksoszeit im Bergbaugebiet der Sinaihalbinsel (S. 112) schreibt:

„Bei der Grenzberührung von .Magan und Meluhha") der Keilin- schriften, des ,Malahitlandes' Sinai (biblisch Amalek) mit piD Ma'ön (kanan. für Ma'an"), d. h. der nach dem Zeugnis der Inschriften Kananäisch sprechenden Be- wohnern der Sinaihalbinsel mit den Arabisch sprechenden Minäern, deren vorgeschobene Siedelungen Ma'on südlich von Hebron, heute Teil Ma'in und Ma'an südlich von Petra^). weit nach Norden und vor dem Philistoreinfall vielleicht in Gaza Minoa bis ans Meer reichten, wäre dieser Tatbestand" (Auf- treten südsemitischer Hauchlautzeichen in altnordarabischen Alphabeten, die sich durch Wanderungen und den minäischen Handelsverkehr erklären und Verbreitung entsprechender Zwischeuformou nach Kleiuasien und GroUgriechen- land durch den Weihrauchhandel) „durchaus zu verstehen".

Eisler, auf dessen weitergreifende Schlußfolgerungen hier nicht eingegangen werden soll-), ist also ganz unabhängig von mir auf den Gedanken gekommen, daß Ma'an im Gebiet des alten Magan liegt und dessen Namen festgehalten hat.

Die sichere Antwort liegt jedoch in den Händen der Geologie und Mineralogie.

9. Zur Chronologie der Kimiueriereiurälie.

a) Der Tod des Gj-ges.

1. Für die Chronologie des Auftretens der Kimmerier im westlichen Kleiu- asien bilden der Tod des Gyges gelegentlich eines Kinimerier-Einfalles und die zweite Eroberung von Sardes im 7. Jahre des Ardys die Angelpunkte.

Das einzige absolut feststehende Datum der lydischeu Geschichte ist die Eroberung von Sardes durch Kyros und damit das Ende der Regierung des Kroisos im .Tahre 546 v. Chr. Dieses Datum der Chronographen (Ol. .58, 3), das ja au sich nicht zuverlässiger zu sein braucht als jede andere ihrer Angaben, wird schlagend bestätigt durch die Naclirioht der Annalun des Nabonid, wonach im 1. Monat (Nisan) des 9. Jahres (547/4G) dieses Königs, d. h. im April 547

1) Von mir gesperrt.

2) Siehe darüber den Schluß meines Aufsatzes Zur Herkunft des Alphabets in der ZDMG.

K 1 i n , Beiträge znr alten GoscUlchte XVII 1/2. 8

•20

114. Zuteilungen zmd Nachrichten.

Kyros gegen Ly'lion gezogen sei. Siehe C. F. Lehmann-Haupt, Terh. Bert. Archaol. Ges. April 1898 = Archaol. Anzeiger 1898, S. 122. Klio II 344.

Da der doit festgestellte Befund neuerdings mehrfach wieder unbeachtet geblieben ist'), so ist nochmals ausdrü<;klioh daran zu erinnern, daß nicht nur die Annalen des Nabouid ausschließlich Ereignisse von grundlegender, die Interessen Babyloniens ernstlich berührender Bedeutung erwähnen, wofür zwischen 550 und 540 nur der Zug gegen Lydien in Betracht kommt, sondcra daß außerdem auf der Originaltafel nach der Untersuchung von Pinches hinter dem Landesdeterminativ das Zeichen lu deutlich erkennbar ist und dahinter Spuren eines zweiten Zeichens, dessen nächstliegende Ergänzung die zu ud wäre. Befund also: aiia '""' Lu-u[(t-di]'^) genau die Schreibung, die wir für den Lyder- nanien aus den Berichten Assurbanabals über die Gesandtschaft des G^'ges und des Ardj's kennen. Man darf also nicht mit dem Marmor Parium Kroisos' Regierungs- antritt 542, oder 541 40 (so auch Hiller von Gaertringen bei Dittenberger Sylloge^ Nr. 6 p. 7) setzen und seine Regierung (nach Herodot 14, nach den Chrono- graphen 15 Jahre) 560, 55 oder 5.55/4 beginnen lassen. Vielmehr müssen von 546 als Kroisos letztem Jahre aus alle Daten der Ij'dischen Geschichte berechnet werden, und damit auch der Tod des Gyges und das ohne Weiteres damit ge- gebene Jahr 7 des Ard3's.

2. Dieses Datum lag denn auch den Untersuchungen über den Tod des Gyges zugrunde, die von mir-*) geführt wurden und bei denen es sich ergab, daß zwei antike Ansätze (Herodot und Euphoriou bei Clein. Alex.) für die Herr- schaft der mermnadischen Lyderkünige unhaltbar sind, weil sie uns für Gyges' Tod in die Zeit vor Assurbanabal (068— C2G) führen, mit dem er doch nach dessen Inschriften in diplomatischen Vex-kehr stand. Dagegen läßt der Ansatz des Afrikanus für Gyges 698 663 ihn zwar erst im sechsten Jahre Assurbanabals sterben, setzt sich aber mit Assurbanabals Berichten, die ein wesentlich späteres Datum für Gyges' Ende fordern, in Widerspruch und muß ferner das Datum des Marmon Parium (wie nachzutragen) als erheblich zu niedrig außer Betracht bleiben. Geizer hielt sich daher, um einen vertretbaren Ansatz zu erhalten, an die Zahlen, die Eusebius in der Chronik gibt, und die im Widerspruch stehen zu seinen eigenen Angaben im Kanon, zu Synkellos und zu den Excerpta Barbari, die alle mit Afrikanus übereinstimmen.

Eusebius (Chronik). Eusebius Kanon und Afrikanus.

36 38 15 49 15

Die Zahlen der Chronik ergeben für Gyges' Tod das Jahr 652; diesen Ansatz hatte Geizer, Rhein. Mu.'ieum 30 (1875) S. 280ff. vertreten, und ich war ihm*) darin gefolgt.

Dabei hotte ich aber übersehen, daß Geizer selbst auf E. Rohde's Ein- s]irucli (Rhein. Museum 33 (1S7»1 190f), es könne sich in Eusebius' Chronik lediglich um Schreibfehler bandeln, diese Auffassung zurtlckgenommen hat. Siehe Sextus .Jitiiu.i Afrikanm I 2iitft'. (vgl. Ed. Meyer, GA II § 413 Anm. S. 501).

1) Siehe bes. G. Hüsing, Oricntnl. LH -Zig. 18 |1915], Sp, 177 ff.

2) Archüol Anzeiger bsHH, S. 122 f. - Klio II 344.

3) Artikel Gyges, Pauly-Wis.sowa, Rcalenz. iRE) VII Sp. igöOtf.

4) RB VII a. a. 0.

21

Gyges . .

35

Ardys . ,

. 37

Sadj'attes

. 5

Alyattes

. 49

Kroisos .

. 15

Miitcihmgen und Naclirichtai. 115

Die Abweichungen in der Chronik dos Ensehius von der auf AlVikanns zurückgehenden Tradition (Gyges 35 statt Bö, Ardys 37 statt 3H, Sadyaltes 5 statt 15 Jahre) lassen sich allerdings durcli Schreibfehler so bequem erklären, das die immorhiu vorhandene Möglichkeit, sie beruhten auf einer gesonderten Tradition, von vornherein als sehr gering zu veranschlagen ist (s. u. § !i^ Jedeu- ufalls ist es angezeigt, sie für die Bestimnning von (Syges' Todesjahr zunilchst bei Seite zu lassen und die Untersuchung ganz unabhängig davon zu fahren.

3. Anderseits aber wird durch eine neue Erkenntnis ein Hemmnis hin- weggeräumt, das sich einer Ansetzung von Gyges' Tod vor 048 entgegenstellte und das man nur mit nicht ganz unbedenklichen Annahmen gleichsam um- gehen konnte. Assurbanabal's Cylinder IJ berichtet, wie BE V'II liXU und Artikel Eimmericr ( UE XI Sp. 41) betont, noch nicht vom Tode des Gyges, sondern mir von seiner Huldigung nach dem glücklichen abgeschlagenen ersten Angriff der Kimmerier. Cyl. B gibt gleichfalls mu- die allerersten Ereignisse des im Jahre 652 ausgebrochenen babylonischen Aufstandes, der im Jahre 648 mit dem Falle Babylons und dem Tode seines Urhebers, des Sama.ssumukin, durch Selbstver- brennung abschloß.

Das Hauptexemplar des Cyl. B ist unter dem Eponymat des Bel-Sunu, des Statthalters der mesopotamischen Landschaft Hindanu, geschrieben.

Daß dieses ins Jahr 648 zu setzen ist, steht jetzt fest'), während man früher mit dorn Eponymat des Bel-Sunu möglicher Weise in das Jahr 650 zu- rückgehen konnte (RE Bd. VII Sp. 1964). Durch diese nähere Bestimmung steigert sich die Schwierigkeit, die hier zur Erörterung steht.

So unsicher wir sind, ob Bel-Sunu in das früheste für ihn zur Ver- fügung stehende Jahr gehört, so sicher ist es, daß er über 648 rückwärts nicht hinausgerückt werden könnte. Es ergab sich also die Tatsache, daß im 5. iiud Abschluüjahre des babylonischen Aufstandes und der damit zusammonhäugeuden Kriege ein Schriftstück abgefaßt sein sollte, das sich nur mit dessen Anfängen befaßt. Das ist natürlich so gut wie undenkbar, und in der Tat beruht die Annahme, Cyl. B sei als historischer Bericht unter dem Eponymat des Bel-Sunu abgeschlossen, auf irrigen Voraussetzungen.

4. Wir haben nämlich Fassungen desselben Textes, die aus ganz anderen Eponymaten datiert sind, die eine aus dem Eponymat <les NabH-Sav-aJje-ia, des Statthalters von Samaria (nach Johns, Proc. Soc. <•( Bibliral Archaeology XXV p. 238, XXVII p. 295, Eponym des Jahres 647 oder 645), und einer a\is dem Epo- nymat eines Beamten, dessen Namen weggebrocheu ist und von dem wir nur wissen, daß er Statthalter einer Stadt war, deren Namen vielleicht zu Damaskus zu ergänzen ist").

Jedenfalls ist dieser letztgenannte Eponym weder mit Bel-Sumt, dem Statt- halter von Hindanu, noch etwa mit dem soeben genannten Nabü-Sar-aje-Sti iden- tisch, denn das von ihm verwaltete Gebiet hat das StÄdte-Determinativ, während bei Hindanu und Samaria das Länder-Determinativ steht. Auch paßt das von dem Stadtnamen erhaltene Eine Silbenzeichen weder zum Namen Samirina noch etwa gar zu Hindanu.

Wir sehen also, daß der Cylinder B, obgleich er mitten im Verlaufe der wichtigsten Ereignisse abbrach, doch als ein bedeutsames Erzeugnis assyrischer

1) Siehe darüber außer der RE VH 1961 und 1963 angeführten Literatur jetzt Streck, Assurbnnipal Bd. [ S. CDLXX und besonders den Schluß seiner Seite CDLVIII-CDLXI geboteneu Liste. 2) Streck S. 136fi'. sub. I, II, UI.

8'

22

IIH Mitteilungen und Nachrichten.

geschichtlicher Berichterstattung, dem auch literarische Verdienste zugesprochen Hoiu mögen, vielfach und in verschiedenen Jahren nach seiner Abfassung, die 652 oder spHtestens t)51 erfolgte, noch ahgescluiehen worden ist.

Damit wird der Voraussetzung, da(3 gerade das Eponj-mat des Bel-Swnu in dasjenige Jahr fällt, in dem dieses Erzeugnis der historischen Tjiteratur als solches abgeschlossen wurde, der Boden entzogen, und wir sind, wenn innere Oründe dagegen sprechen, keineswegs gezwungen, diese Aiinahuie aufrecht zu erhalten. Sie wunle bedingt durch die Unkenntni.s oder Niclitberticksichtigung der beiden anderen Datierungen und beruhte auf der Voraussetzung, daß wir es in dem am längsten bekannten und besterhalteneu Exemplar des Cylinders B mit der Original-Niederschrift oder wenigstens mit i'imia Hauptexemplar der ersten Niederschrift zu tun hätten. Letzteres scheint dagegen für die erhaltenen E>emplaro der großen Hauptredaktiou der Annalen bis zu einem gewissen Grade zuzutrefl'en, denn ,.t'vl. A " stammt aus dem 1., „U"'" aus dem 2. und ein drittes Exemplar aus dem 6. Monat eines und desselben Ep'in\ mats (Epouym. Samns-danin-otini [Streck S. 91 Aum. 9j). Da Cyl. A schon vom K. Tage des 1. Monats datiert ist, so wird also der Bericht im vorhergehen- den Jahre abge.schlossen worden sein.

Da Cylinder B ebenso wie der ältere Bericht K. 228 + K. 2675 nur von der ersten Gesandtschaft des Gyges an Assyrien und seinem Siege über die Kiramerior, nicht aber von seinem Tode und dem zweiten Einfall der Kimmerier berichtet, so mußte nia)i bisher schließen, daß der Tod des Gyges entweder nach 048, dem Epouymüt des Beläunu als vermeintlichem Abfassunnsjahr der , Annalen' in der Fassung der B- Gruppe anzusetzen sei oder daß er erst mehrere Jahre, nachdem er erfolgt sei, durch eine verspätete Gesandtschaft des Ardys zur Kenntnis der Assyrer gekommen sei eine Gesandtschaft, die erst dann abgegangen wäre, als Ardys in oder kurz vor seinem 7. Reg.- Jahr aufs Neue von den Kimmeriern bedroht wurde (RE Bd. VII 19521'.).

Dieser Schluß ist nun nicht mehr notwendig, wir haben bis zur Ab- fassungszeit des Berichtes der B-Klasse (662) freien Spielraum nach oben hin.

Nun wissen wir ans ägyptischen Quellen, daß Psammetich bereits in seinem 9. Regierungsj.ihr, 654 v.Chr., die Alleinherrschaft in Ägypton errungen hatte (s. REXll Sp. 19(>4). Da das nur geschehen konnte, indem die übrigen KlcinkOuige von Assyriens Gnaden beseitigt wurden (Her. U lö2j, so war damit die Befreiung vom assyrischen Joche im Grunde schon gegeben. Jedenfalls stand sie unmittelbar bevor. Die Vorbereitungen zu dem großen Aufstande der assyrischen Vasalleuvolker unter tiamaiiwnukin^ dessen Ausbruch im Jahre 652 (.'yl. B schildert, reichen also, was nicht weiter überrascht, bis G54 zurück.

Daß Psammetisch von Gyges durch Truppensendnngen unterstützt wurde, betont Assurbanabal (Hauptfossung der Annalen II 144 flf.) ausdrücklich. Also können wir den in Cvl. B berichteten Abfall des Gyges nicht wesentlich unter 654 herabrücken. Dur Abfall des Gyges war .also schon vollzogen und das von Ardys als ein Fluch bezeichnete Gebet Assurbanabal's') ausgesprochen worden, als der Bericht des Cyl. B abgeschlossen wurde (652). Dagegen ist an- gesichts der ständigen assyrischen (Tepflogenheit, Mißerfolge und Niederlagen zu vertuschen, nichts einzuwenden.

Erst nachdem Gyges zur Zeit eines Kimmerier-Eiufalles .sein Ende ge- funden und sein .S..hn Ardys sicii .Assjrien wieder unterworfen halte, also als

1) „Vor seine Feinde werde sein Leichnnm geworfen!"'.

23

Mitteilungen imd Nachrichten. 117

wieder ein Erfolg zu verzeichnen war, hatten Assurbauahal luul seine Hof- Historiographen Anlass, Lydiens wieder zu gedenken.

6. Es fragt sich nun, wann vollzog sich die Erfüllung jenes Gebetes, wann ist Gyges gestorben? Mit absoluter Sicherheit läßt sich dieses Ereignis nach den vorhandenen Nachrichten nicht feststellen, nur soviel ist sicher, daß es frühestens um die Zeit, da der B-Bericht abgeschlossen wurde, stattfand, aber zu spät, als daß vor dessen Abschluß Kunde davon nach Assyrien liiltte dringen können. Also frühestens 652/61. Dieser früheste Termin ist nun aber auch der wahrscheinlichste. Zunächst kommt er einem Minimaldatum gleich. Rechnen wir vom Falle von Sai'de-; unter Kroisos 54(i mit den kürzest verfügbaren Angaben (Kroisos 14 J. [Herod.j, Alj-attes 49 J. [Afric. n. Euseb.], Sadj-attes 5 und Ardys 37 J. [Euseb. Chron.]) zurück, so ergeben sich 105 Jahre, Ardys 1 also = 650. Die tibrigen Daten führen erheblich weiter hinauf (RE VII 1961), das Marmor Parium dagegen zu weit nach unten Tob. S. 114 ). Gj'ges' Tod ist also so früh wie irgend möglich anzusetzen. Ein weiteres kommt hinzu.

7. Die sogenannten Annalen Assurbanabal's sind, wie hingst erkannt (Lehmann-Haupt, Elio II, S. 136 Anm. 3, 140 Anm. Abs. 2, Streck, Assurb. 8. XVI, CCXXXVI mit Aijm. 1), nicht im strengen Sinne annalistisch gehalten. Die eigentlichen Annalen der Assyrerk'uige, rechnen nach Regierungsjahreu, so die Salmanassar's III.; hei ihnen ist im Allgemeinen jeder Zweifel an der Eeiheu- folge der Ereignisse ausgeschlossen.

"Weniger streng ist schon die Berichterstattung nach Feldzügen: „in meinem 1. (2., 3.) Feldzuge vollbrachte ich das und das."

Wenn hier nicht eine Kontrolle durch die Eponj'menlisten vorliegt, so ist man niemals sicher, ob die Zahl der Feldzüge mit der Zählung der Eegierungs- jahre übereinstimmt, mit anderen Worten, ob jedem Feldzug ein Regierungs- jahr entspricht.

Dies ist z. B. nicht der Fall bei den Annaleu von Salmanassai-'s HI. Sohn Samsi-Adad: nach den Eponymenlisten fallen die vier ersten Feldzüge nicht in die vier ersten Regierungsjahre, die vielmehr durch einen schweifen Aufstand ausgefüllt waren (Klio I, S. 261 Anm. 4).

Die „annalistischen" Berichte Assurbanabars datieren nur nach Feldzügen, und es kommen noch zweierlei weitere Hemmungen hinzu.

Erstens ist die Zählung der Feldzüge in den beiden Textklassen, dem späteren Haupt- und dem älteren B-Bericht, melirfach ganz verschieden. Sie stimmt nur in den di-ei ersten Feldzügen (zwei gegen Ägypten, dem dritten gegen Tyrus) übereiu.

Außerdem aber werden nach geographisch -politischen Gesichtspunkten spätere Ereignisse, die sich auf das Gebiet eines Feldzuges beziehen, auch dann berichtet, wenn sie erweislich und sicher überhaupt nicht in einem Jahre des betreffenden Feldzuges erfolgt .■■ein können. Es handelt sich also um eine Mischung von annalistischer Berichterstattung mit einer sachlich-geographischen Gruppierung, welch letztere sonst den sogenannten „Prunkinschriften" eignet.

8. Anderseits wird aber in solchem Falle bei Assurbanaljal die Zeitfolge doch nicht vollständig vei-wischt, sondern wenigstens andeutungsweise zum Ausdruck gebracht. So werden die Beziehungen zu Lydien zwar sowohl in B wie im Hauptbericht dem zunächst gegen Baal von Tyros gerichteten dritten Feldzuge zugeordnet, der auf die beiden figj'ptischen Feldzüge folgte'). Der

1) In dem nicht nach Feldzügen datierten Bericht K. 223 -}- K. 2675 (ob. S. 116) steht das auf Gyges Bezügliche hinter dem Feldzuge gegen Kirbit, den der B-Bericht als vierten zählt, während der Hauptbericht ihn übergeht.

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118 Mitteilungen und Nachrichten.

Haiiptbt'i icht liißt aber deutlich erkennen, daß zwischen der Huldigung des Gyges und seinem ersten Sieg (iher die Kimmerier eine Zeit von mehreren Jahren verstrichen war. Auf die Nachricht von der Übersendung zweier Kimraerier- Häuptlinge folgen nämlich die Worte: „Seinen Gesandton, welchen er um mir zu huldigen, beständig geschickt hatte, ließ er aber in Wegfall kommen"; solche Huldigungs- Gesandtschaften fanden schwerlich öfter als höchstens einmal im Jahre statt. lu der Fortsetzung dos Berichtes gibt es aber dann zwischen den Nachrichten über die Unterstützung des Psammetich, den Tod dos Gyges und die Huldigungsgesandtschaft seines Sohnes keinerlei Hemmung, sie gehören also eng zusammen.

Der zweite ägyptische Feldzug Assurbanabal's, an den sich der gegen Tyros anschloß, gehört in das Jahr 662. Denn Taharka von Aethiopien starb 064, nachdem er von Assurbauahal im 1. Feldzug besiegt worden war. Sein Nachfolger und Schwestersohu Tanut-Amon machte einen erfolgreichen Zug gegen die assyrische Provinz Ägypten 663. Daraufhin erfolgte Assurbanabal's zweiter ägyptischer Feldzug 662.

Die erste Huldigungsgesandtschaft des Gyges und ihre Veranlassung, sein erster Zusammenstoß mit den Kimmeriern fand somit um 660 v. Chr. statt. Wenn man also für den Abfall des Gyges und dos Psammetich spätestens das Jahr 654 ansetzt, so sind die lydischen Gesandtschaften ca. 6 Jahre lang regelmäßig in Niniveh erschienen. Für die folgenden, in einem Zuge berichteten Ereignisse ist dann ein Zeitraum von 2—3 Jahren schon einigermaßen reichlich bemessen, und es ergibt sich also wiederum, daß wir mit dem Tod des Gyges nicht wesentlich unter 652/61 herabzugehen haben.

Die früher naheliegende Annahme {RE VH, Sp. 1965), daß erst die un- mittelbar bevorstehende Bedrohung Lydiens durch die Treren Axdys wieder zu Assur habe beten lehren, daß also die Gesandtschaft des Ardys erst etwa in dessen 6. Regieruugsjahr fiele, kommt in Wegfall. Vielmehr hat Ardys gleich nach dem Tode des Gyges gelegentlich des zweiten Kimmerier-Einfalles (wie immer die Todesart gewesen sein muge [flE VII, Sp. 1950]) die Gesandt- schaft au Assurbanabal ergehen lassen, die von seiner Thronbesteigung und von seiner Unterordnung an Assyrien Kunde gab. Denu nach dem Wesen solcher nomadischen Völkerwanderungen, das fUr unsern Fall Strabo (1 61) nn/./.<'ufii 6't X(ü. oi Kinj.if(iioi xtn o'i Tp/'J/if j iixotljnnr tu.; loiavrng t(fuAovi; zutreffend kennzeichnet, war ein erneuter Überfall der Kimmerier ohne Weiteres zu er- warten, selbst wenn Ardys der damals eingebrochenen Horden eventl. mit assy- rischei-. Hilfe Herr wurde.

Diese Gesandtschaft und eine etwaige ihr voraneilende Kunde war, als der B-Bericht abgeschlossen wurde, noch nicht in Niniveh angelangt, wird aber nicht viel späler eingetroffen sein. Gyges' Tod kann keinesfalls wesentlich spater als 652,651 angesetzt werden.

9. So ergibt sich überraschender Weise, daß die Daten des Eusebius in der Cbronik (Gj'ges t 652) den tatsächlichen Verhältnissen vollkommen ent- sprechen oder ihnen doch, im Gegensatz zu allen sonstigen Überlieferungen so nahe kommen, daß die Frage erörtert werden muß, ob hier ein bloßer Zufall vorliegt, oder ob Golzer's ursprüngliche Ansicht, Eusebius habe in der Chronik eine von der Tradition des Afrikanus abweichende Überlieferung vertreten und sei in der Chronik bei minder sorgfältiger Arbeit unhevvußt und irrtümlich zu der bei Afrikanus vorliegouden Rechnuugsweise übergegangen, zu Recht be- steht — euie Frage, die übor den Einzelfall hinaus für die Kritik des Eusehius

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Mütcilunyen timJ Nachrichfci}. 119

von Wicbtigkeit ist. Im ersteren Fallo liogoii niiil'acho Sclireibfeliler in der Chronik vor: 5 statt 15 bei SmlyaUivs und H7 statt ;(H lioi Ardys. Dio so out- stiiudene Verniindeniiig des Al'rik:inus-Ansatzesuui 11 Jalue trilCe dann zu lall ig genau oder sehr nahe mit den tatsächlichen Verhältnissen zusamnifen.

Sind dagegen Eusebius' Zahlen in der Chronik als die richtigen anzuseilen und ist er nur versehentlich im Kanon in die Zahlen des Afrikanus hinein- geraten, so hat umgekehrt die nahe Verwaiultsclial't der abweichenden Zahlen- gruppen bei sonstiger völliger Identititt die Verwechslung gefördert.

10. Eine bestimmte Entscheidung läßt sicli schwerlich treffen. Doch hatte einerseits Geizer von vornherein auf einen verwandten Fall bei Eusebius hingewiesen und ist andererseits Rolido's Kritik an (relzei-'s Autstellungen nicht durchweg als stichhaltig anzuerkennen.

Schon REVll, Sp. litG'i wurde erinnert an Celzer's Hinweis, Rh. Mus. 30^ S. 241, auf die analoge „Textesgestalt der korinthischen Liste, wo nur der armenische Text des Eusebius (und ebenso Synkellos^ die echten Zahlen des Diodoros bietet, während unmittelbar au den diodorischen Auszug ein Königs- verzeichnis mit den kirchlich reiipierten Zahlen angehängt wird, das seinei'- seits im Kanon, in der Series l{egum und bei Samuel von Ani reproduciert wird".

Auch in diesem Falle (Euseh. Scliöne p. 219 221, deutsch von Karst S. 104 f.) dift'eriereu die Jahreszahlen bei zwei Königen (Aletes Uiodorauszug 58, Liste 35, Ixion L)iod.38, Liste 37). Das 35 derListe, wie es beide arnienischenniinds<;hriften haben, will Karst schwerlich mit Recht in 37 verändern a\ egen Alinlii likeit der Zahlen 5 und 7 im Armenischen: um so weniger einleuchtend, als dadurch doch zwischen demDiodorauszug und der Liste, ebenso wie bei Ixion, keine Über- einstimmung erreicht wird. Sehr wichtig ist Oelzer's weiterer Hinweis (Rhein. Mus 30, S. 241 Anm. 6) auf das Vorhandensein einer „kirchlicli zurecht gemachten Recension" des ptolemäischen Kanon. „Synkellos nämlich verzeiclmet eine Liste der chaldäischen und persischen Fürsten bis auf Alexander zuerst Xdzn rüv riaT()0i'Ofitxdv xavova, doch schon mit mehrfachen Entstellungen. Dann fügt er aber eine sehr stark entstellte Recension bei: xaih ti^v ixx).i)ntrtaTixiiv aror/eioian: Daran hält er sich auch gewöhnlicli in den von ihm rezipierten Königsregistern. So gibt er gemäß der kirchlichen Rechnung dem Nabonassar 2G (Ptol. 14), dem Nadios 8 (Ptol. 2), dem lUoarudamos (Evil-Marduk) 5 (Ptol. 3), dem Neriglesaros 3 (Ptol. 4) Jahre". Rohdo, Rh. Mm. 33, S. 196 Anm. 1), hat diese Analogien nicht beachtet, er sieht in den Abweichungen des Kanon bei den Lydierkönigen Schreib- oder Lesefehler des armenischen Eusebiiis-Übersetzers, was jedem un- benommen ist. Aber sein Beweis gegen Geizer ist nicht gegluckt. ,,Das Jahr, in welches Eusebius den Regierungsantritt des Gyges fallen lassen wollti;", sei ,,viel sichrer durch Rechnung von oben herunter als von unten (Einnahme von Sardes) herauf zu finden. Die Discrepanzen in den Zahlen beginnen in den verschiedenen Versionen der eusebianischen Berichten erst bei Gyges selbst, vorher sind sie alle völlig einig: sie geben dem Ardys (I.) 30, Alyattes I. 14, Meles 12, Can- daules 17, zusammen 79 Jahre. Nun'' stehe „die Regierungszeit sämtlicher Konige, 232 Jahre, völlig fest, ebenso fest dieEinnahme von Sardes, 54G: die ganze Reihe" beginne „daher 778". „778 -¥■ 79" führe „auf 699 als Anfang der Regierung dos Gyges". Die Summenzahl 232 ist aber die des Afrikanus Eusebius in der Chronik gibt 221 Jahre und man kann die Behauptung, Eusebius folge in der Chronik nicht dem Ausatz des Afrikanus, nicht damit widerlegen, daß man voraussetzt, er folge ihm doch. Dieser Gegenbeweis versagt also völlig, und so ist auch Rohde's Schlußergebuis daß, „wie sicher oder unsicher auch

ä6

120 Mitteilungen und Nachrichten.

die Eigobuisse der assyriologiscbeu rorscliung in Betrefi' der Regierung des Gygos sein mögen, die Überlieferungen der griechischen Chronographen sie niclit unterstützen", keineswegs so gewiß als es ihm erscheint.

Können wir nun auch nicht mit Bestimmtheit entscheiden, ob die Rech- nung des Eusebius im Kanon znt'illlig oder auf Grund gesonderter Quellen- vorwertung mit den tatsiloblicnLin Verhältnissen uticreinstimmt: das Datum 652 für Gj'ges' Tod hat unabhängig davon seinen Bestand: höchstens können wir, wenn wir von Eusebius' Chi-ouik (ob. S. 115 sub. 2) absehen, einen Spielraum von einem oder allenfalls zwei .Jahren nach unten in Betracht ziehen.

11. Das 7. Jahr dos Ardys, das wegen des Kimmerier (richtiger Treren)- Einfalles eine Epoche bildete (Bd. VII 1332 u. 1904 f.), fällt dann 646 oder höchstens 1 2 Jahre später. Daß das Todesjahr des Gyges nicht in das 7. Jahr des Ardys verlegt werden kann, wie neuerdings mehrfach geschehen, wurde RE VII 1905 gezeigt. Daß dagegen Kallinos' Zeugnis für die zweimalige Eroberung von Sardes vor dessen Fall unter Kroisos durchaus einwandfrei ist und nicht etwa auf einer falschen Schlußfolgerung des Kallisthenes beruht, zeige ich in § 37 des Ai-tikels Kimmerier (HE XI Sp. 418).

b) Der Untergang des Diigdamme-Lygdamis.

12. Die letzten N.achrichten über die Beziehungen der Kimmerier zu Lydieu betreuen eine Niederlage, die zur Zeit Assurbanabal's unter ihren Führern Ihigdamme und dessen Sohn SandakSatni erfolgte, ein Ereignis, von dem auch Strabo's Quellen Kunde hatten.

In der Weihinschrift Assurbanabal's au Marduk Z. ISff. (Winckler, AOFI, S. 492, Streck S. 280ff.) heißt es: „Ich Assurbanabal . . . eroberte auf seinen (Marduk's) Befehl hin Elam . . . verwüstete sein (des Königs) Land . . . Und Dug-dam-me-i, der König der Umm.ln-Manda, das Geschöpf des Tiamat (d. i. des Chaos), das Ebenbild eines Teufels ('?), den Schwur bei den Göttern, (nämlich) nicht Frevel zu verüben noch sich einer Verletzung der Grenze meines Landes schuldig zu machen, mißachtete er und fürchtete nicht deinen gewichtigen Namen, den dio Igigi [ehren]. Zur Vergrößerung deiner Herrschaft und deiner göttlichen Macht [schlugst du (Marduk) ihn (den Dugdamme) nieder], gemäß deiner göttlichen Botschaft, die du folgendermaßen sandtest ,Ich werde auf- lösen die Macht [des Dugdamme?]; den Sa-an-dak-Sal-rit, den Sprößling seines Leibes, welchen sie an seine Stolle gesetzt hatten, werde ich [zu Boden stürzen, vernichten]'. Nachdem ich dies vernommen, pries ich Marduk den Helden und habe für (ihn und) die Göttin Erüa (Beiname von Marduk's Gemahlin .Sarpanit) eine ß.^iicherschale von rotglänzendem Golde anfertigen lassen" (folgen weiter rituelle Maßnahmen).

Zur Auflassung des Textes sind einige Bemerkungen unumgänglich. Streck's Übersetzung bedeutet zwar einen Fortschritt in den Einzelheiten, aber dem Gesamtzusammenhang ist in diesem Falle Winckler besser gerecht ge- worden. So sind die Worte n-iia In epe$ anni la ^a-ti-e mi-sir mdti-ia „um nicht zu begc<hen Sünde, nicht zn freveln gegen die Grenze (das Gebiet) meines Landes" sicher Inhalt des Scliwnres bei den Göttern, von dem unmittelbar da- hinter (ungewöhnliche Wortstellung) dio Rode ist. Streck's ,,ohne (?) Frevel zu verüben oder sich an dem Gebiete meines Landes zu vergehen", ist sachlich ganz unmöglich. Ebenso bilden die göttliche Botschaft und deren Erfüllung den Grund für des Assyrerkönigs frommes Verhalten gegenüber Marduk und seiner Gemahlin. Die Worte „Gemäß dieser göttlichen Botschaft" bis „werde ich

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Mitteilungen und Nachrichten. 121

[vernichten]" bilden also gegen Streck, der sonst so vielfach das Richtige triift, keinen selhstilndigen Hauptsatz.

Diigdamme erscheint, wie Teuspa als Uininän-Maiida, d. i. eine allgemeine Bezeichnung für die nomadischen Nordvölker, umviän ^Heer', manda für md'da jviel, zahlreich"), die sich raüglichor Weise volksotymologisch an den Namen Mandai(ii) eines, wahrscheinlich iranischen Stammes anlohnt, der uns in den Annalen Sargon's U. begegnet. Vgl. Streck S. 281 Anm. lö. RE XI Sp. 417 § 35, Sp. 423 §44 f.

Dugdamme hat die assyrische Grenze tiberschritten. Wo? Darüber gibt uns Strabo C. 61 Auskunft: Ai-ySafiic df tovq arzov ayujv fu/ci Av^iaf xcd 'Iturka; i)).nnt xnc ^^updfig fiAar, fV KiUxlct 6e 6iKf.itÜQij.

Wann aber erfolgte dieser Untergang in KilikienV

13. Wiuckler wollte den Keilschrifttext in die Zeit nach A.ssurbanabal's Feldzuge gegen Teumman von Elam (ca. 656 '655), bei dem der Assyrerkönig das Land betrat und verwüstete, und vor dem Beginn des babylonischen Auf- staudes verlegen. Diesen Aufstand ließ Winckler 650 beginnen; wir wissen jetzt, daß dafür G5'2 gesetzt werden muß; die Inschrift gehorte also danach zwischen 666/5 und 652, was Streck (II S. 276 f Anm. 5) übersah, als er ihre Ab- fassung mit Winckler um 650 setzte. Da nun Gyges 652 oder allenfalls 1—2 Jahre später zur Zeit des Kimmerier-Einfalles gestorben ist, so müßte der Untergang des Lj'gdamis dem Untergang des Gyges last unmittelbar gefolgt sein.

14. Das ist kaum anzunehmen; für die wiederholten (Strabo nokli'üeti;) Angriffe und Brandschatzungen der Kimmerier und ihre Züge gegen die Küsten- städte müßte man doch größeren Spielraum annehmen. Ferner aber müßte man zu dem obigen Zeitansatze annehmen, daß die Niederlage des Lygdamis von Assurbanabal's Historiographen in dem Hauptbericht der Annalen, der bis zur großen Siegesfeier in Niniveh ca. 637/6 reicht'), einfach übergangen worden wäre. Das ist ausgeschlossen. Vielmehr läßt sich mit Sicherheit behaupten, daß wenn eine auch nur halbwegs empfindliche Schwächung der Kimmerier, sei es durch die Assyrier, sei es durch ein von ihnen abhängiges, oder benachbartes Volk, in der Zeit vor dem Abschluß des Hauptberichts der Annalen erfolgt war, diese bestimmt darauf Bezug genommen hätten. Die Unterwerfung des Ardys, die gerade als Folge des Kimmerier-Einfalles erscheint, wäre dann sicher nicht das letzte gewesen, was wir von Lydiem und Kimmeriern in dem Hauptbericht gehört hätten. Wenn also nicht ein absoluter Zwang vorliegt, müßte die Er- wähnung des Dugdamme und Sandaks^atru durch Assurbanabal in die Zeit nach dem Ab.-^chluß des Anualenhauptberichtes fallen.

Und so verhält es sich in der Tat. Es handelt sich um die in zwei Exemplaren vorliegende Kopie oder das Konzept einer Weihinschrift des Assur- banabal an Marduk, den obersten Gott Babyloniens und seine Gemahlin Sarpanit auf einer goldenen Räucherschale. Assurbanabal hat Babylonfen in Personal- union mit Assyrien vom Tode Samas.Mimukin's 64H bis zu seinem Ende 626 be- herrscht. Daß die Inschrift aus dieser späteren Zeit stammt, wo Assurbanabal Babylonien friedlich beherrschte, zeigt auch die A'ermeidung des Titels „König von Assyrien", er nennt sich nur „König der Welt und Herr der 4 Weltgegen- den" ^). Hieran kann die Bezugnahme auf Elam nichts ändern. Entweder Assur- banabal will die Vernichtung des Kimmerierführers mit der vormaligen Vernichtung

1) Streck I, S. CCCLXXVI und CDLXVII. .

2) Wincklers Ergänzung 2, 14 i[ar mät AMur] war irrig, es muß heißen he-[el kibrat irbiiti], Herr der 4 Weltgegenden ; Streck 11, S. 280.

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122 Mitteilungen und Nachrichten.

Elams in Vergleich setzen, wobei die Grösse der Gefahr das tertiuin conipara- tiouis sein konnte oder aber und das ist wesentlich wahrscheinlicher wir erfahren durch diesen Text von einem späteren, bisher iinbokanuten Zuge gegen Elam, der der Besieguug des Dugdaninie in Kilikien nahe voraus ging. Wir wissen ja über dio Vorgange von Assurbanabal's Regierung nach C37;'fi so gut wie gar nichts. Daß dio Elamiteu, nachdem Susa ca. 640 zerstört war, sich einfach in ihr Schicksal ergeben hätten, ist ohnehin nicht notwendigerweise an- zunehmen. Gehörten sie doch gleich den Babj'loniern zn denen, die auch Dareios zu Beginn seiner Regierung am meisten zu Schäften machten, und erhoben sie sich doch später nach Ausweis der .5.Kol. der grolJenBisutün-Inschrift nochmal.s (im

4. und 5. Regierungsjahr) gegen ihn. Selbst ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem neuen Elamitenaufstand und einerBedrohung derProvinz Kilikien durch die Kimmerier ist denkbar.

15. Somit belehrt uns der assyrische Text, daß Lj'gdarais' Tod in die Zeit von Assurbanabal's babylonischem Königtum 048— 62<i, näher in die Zeit nach Abschluß des Ilauptberichts der Aunalen ((i37'Ü) fällt. Jlan wende nicht ein, daß Assurbanabal doch als babylonischer König ähnlich wie Tiglatpileser IV. und Salmauassar V. einen besonderen Namen geführt hätte. Wie jene in Baby- lonien Pulu und Ululai {TlihQOQ und 'EkovÄaio^) hießen, so ist für diesen der Name Kandalanu {Kn>i>.üihtroi:) bezeugt. Aber wenn auch schwerlich an der Identität Assurbanabal's mit Kandalanu zu zweifeln ist (vergleiche Streck I,

5. CLTXb), so wissen wir doch bestimmt, daß Assurbanabal's assyrischer Thron- name auch in Babylonien Geltung hatte. Ein in Nippur gefundener Text aus dem 26. Jahre (643) beweist dies unwiderleglich.

16. Demnach fällt die Vernichtung des Lygdamis-Dugdamme in dio Zeit zwischen 6370 und 6'26, so daß wir für die Ueerzuge des kinimerisclicn Attila genügenden Spielraum von mindestens 05'2 oder wenn er schon den ersten KimmerierangrifF gegen Lydion führte, von ca. 660 bis mindestens C37 und bis höchstens 626 gewinnen.

Innsbruck.

Die Mauern von Karthago.

Von V. Gnrdthausen.

Carthago in domihus, Carlhago in moenibus ampla.

Die Halbinsel von Karthago beginnt mit einem flachen, nicht sehr langen, aber breiton Isthmus («i/jjr), der sich im Osten trompetenförmig erweitert. Im Norden wird er bespült von der See von Utica, im Süden dagegen von der Bai von Tunis. Um diesen Isthmus vollständig zu sperren, baute Scipio bei der Belagerung von Karthago eine Befestigung von Meer zu Meer'); 25 Stadien beträgt aber auch gerade die Breite des Isthmus nach Appian Libyka 'Jö: av/JiV yriij avt)/i' änd Uji; fjnst(iov dislpyev fvijoQ v)V ncvre xnl cHxoai atadiwr. Vgl. Polyb. I 73, 4. Herr Prof. Bartsch schreibt mir: „Auf der englischen Seekarte (1 : 486(30) ergibt eine Messung des Isthmus an der heute schmälsten Stelle 4,8 km Breite; 25 Stadien (olympische ä li>2 m) messen genau 4,8 km."

Dieser Isthmus verbreitei-t sich im Osten nach beiden Seiten; während seine Achse von W. nach O. gerichtet ist, läuft die des östlichen, breiteren

1) Appian Libyka 119: Ttt/_og naQwxodöfitiasv inl zoii nivxe xal sijtoai axaölovq.

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Mitteilungen und Naeluichtcn. 123

Teiles von N. nach S. Auf der ersten Karte bei Honnebert, Hist. d' Annibnl, hängt die Nordspitze durch einen schmalen LanJstreit'eu mit dem Festlaiule zusammen, der aber im Altertum wohl noch nicht existierte. Der nördliche Vorspruug (z. T. versumpft) scheint einen besonderen Namen nicht geführt zu haben'), der südliche endet mit der Taenia (Goletta), welche die See von Tunis vom offenen Meere trennt. Nach Osten ragte die Halbinsel am weitesten ins Meer vor beim Kap Karthago. Dieser ustliohe Teil der Halbinsel war allein bebaut, hier lag die Stadt Karthago mit dtr Burg (heute S. Ludwigshligel) und den Häfen.

Cap Carthago

Während nun die Lage der Stadt im allgemeinen durch die Byrsa und die Häfen sichergestellt ist, streitet man heute über ihren Umfang, d. h. den Mauerriug^j. Fest steht nur die Lage der Hafenmauorn, der durch die Linien der Küste bestimmt ist; diese lassen wir hier also beiseite.

Auf den alteren Plänen und Karten (s. Audollent, Curlhage rom. p. XXXI) wird der Umfang der Maueru vorschieden augegeben. Nach dem Plan von Dureau de la Malle schätzt Partsch den weitesten Mauerkrauz, wenn man ihn durch eine außen um die Häfen herumführende Linie ergänzt, auf 19,340 m. Tissot, Ge'ogr. comparee (Paris 1884) 1,584 n. 1 dagegen hat in seinem Stadtplan die Festungsmaueru in größerer Ausdehnung (Ö2,(j'2.5 m s. u.) eingetragen.

Da die dreifache Mauer Karthagos (tiO Stadien = 10,G.56 m lang), wie wir unten sehen werden, nur die eine Hälfte der Ringmauer bildete, und wir für die andere Hälfte an der Küste ungefähr ebensoviel hinzurechnen können, so muß die ganze Riugmauer mindestens einen Umfang von 21 kl gehabt haben.

Auf dem neuesten Plane vou Kahrstedt (Meltzer, Gesch. d. Karth. 3 T. I) ist dagegen ein ungefährer Gang der Ringmauer eingezeichnet, den Partsch ebenfalls nachgemessen hat, von G,080 ra, wenn man die Hafeumauer (mit 2730 ni; einrechnet, im Ganzen 8,810 m; das wäre noch nicht die Hälfte resp. ein Drittel der fr\ihoren Annahme.

1) Polyb. I 73, 4: ;, yuii K('(i'Pldviy niiii jür hxo/.no) xtirai, 71(iotcIvovüu xal X(Ql?oy>/oi%ovaa Tt] itiaii, tu iihv cfj H-<().(1tt!j rn lU zi xu'i kl^ivij nepny/oßiv)/ xatk nXtluiov 6 (U- avyaTiTuif initiinq aiTt/i' i/^ -l'/^ij? tA nXdto^; log tixooi xal niv- XE oxnAlmv loxi'i; tovtov d' ini /liv xov TiQÖg xo nü.ayoq.

2) Meltzer, Gesch. d. Karth. 2,, 170 Stadtbefestigung; vgl. 534. Tissot, Gcogr. comp. 1 p. 570.

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124 Mitteilungen und Nachrichten.

Auf die Ergebnisse der neueren französischen Ausgiabungen kann er sich nicht berufen, denn er selbst gibt zu, daß man Gräber, aber nirgends Spuren der altpiiuischen Stadtmauern gefunden hat. „Die Bastionen von Daux, Tissot und Meltzer dagegen fand man in rümische Wohnhäuser und Theater aufgelöst" (Kahrstedt 3 S. 11).

Auf diese Gräberfunde') stutzt K. seine Hypothese von dem Umfang der Stadt und der Mauer; denn es .scheint ihm selbstverständlich, daß die Stadt der Lohenden und der Toten sich räumlich anschließen. So selbstverständlich, wie es uns scheint, ist die Sache allerdings nicht. Je mehr die Verbrennung der Leichen allgemein wurde, um so weniger Gefahr war vorhanden.

Fur Rom z. B. kennen wir noch die Zeit, wo der Tote neben seinem Wohnhau.se bestattet wurde; und erst die Zwölf Tafeln verboten homincm mor- tuum in urhc ne scpeliio neve urito (Tab. X). Ob die Karthager damals um das Jahr 450 v. Chr. ebenfalls bereits zu dieser vernünftigen Anschauung vor- gedrungen waren, ob ihre mächtigen Stadtmauern mit den Stallungen fllr Elephauten-) damals bereits existierten, wissen wir nicht.

Aber vielleicht ist die dreifache Mauer (s. u.) mit den Elephantenstallen an die Stelle einer älteren Anlage getreten; denn daß Karthago bis auf die Zeit Alexanders keine Mauer gegen das Festland gehabt habe, ist durchaus nicht wahrscheinlich. Also für das Alter der dreifaclien Mauer sind wir bloß auf Vermutungen angewiesen.

Aber nehmen wir auch einmal an, daß beim Bau der dreifachen Mauer ein ähnliches Verbot auch in Karthago bereits vorhanden war, so ist die Mög- lichkeit doch nicht ausgeschlossen, daß moderne Ausgrabungen innerhalb dieser Mauern dennoch auf altpunische Necropolen stoßen. Wenn z. B. Karthago sich auf eine Belagerung vorbereitete und seine Mauern verstärkte und erweiterte, so mußte man das Terrain wählen, das sich dazu eignete, ohne Rücksicht dar- auf, daß es von einem Kirchhot in Anspruch genommen war. Oder in anderen Fällen wußte man vielleicht nichts mehr von den alten Nekropolen früherer Zeit. Wenn der Kirchhof voll war, vielleicht seit Jahrhunderten nicht mehr benutzt und eingeebnet, dann wußte man beim Bau der Mauern nichts mehr von seiner Existenz, die erst durch moderne Tiefgrabuugen wieder erwiesen wurde, und solche alte Necropolen hat es in der Stadt gegeben. Wie Alle zu- geben, war die Byr.sa das Zentrum Karthagos und seiner Befestigungsanlagen, und auf der Byrsa war eine der ältesten Nekropolen.

Die Annahme von Lavigerie und Delattre') wird auch durch Kahrstedt indirekt bestätigt, der allerdings nicht auf der Burg, sondern in der Ebene

1) Beule, FouiUes ä Carth. p. 121. Delattre, Lcs tombcaux ptiniques de Car- thage 1890. Über die Chronologie der Gräber s. Kahrstedt 3, 11 A. 1.

2) Nach Armaudi, lii!ft. milit. des elephants, p. 182 haben die Karthager erst nach dem Tode Alexanders d. Gr. angefangen, Elephanten zu zähmen und für den Krieg zu verwenden, nach Heeren, Tdeen I, 189 A. sogar erst zur Zeit des Pyrrhus.

3) Ce qui semhlc prouver. ramme l'o dit le cardhial Lnviijerie, que Byrsa fut primitivement unc necropole, c'est que le P. Delattre <) trouvee dans les fuuilles pra- tiquies sur In Coline t) plus de 7 vi an dcssous du sol actuel, des caveaux funeraires, dont la constrwtion massive parait remonlrr ä In piriodc la plus ancicnne de Vexistence de Carthage. Babelon; La Grande Encij<iop6die u. d. W. Carthage p. 608; vgl. Tissot, Qeogr. comp. 1, 592.

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Mitteilungen und Nnchrichfen. 125

nnraittoll)ar daneben, aber außerlialb seines Maueniiigs, auf der Karte I eine Byrsa-Nekrojjole verzeichnet. Woiia er meint, daü wir den Mnuerrinj; von Karthago nach dou Nekropolen bestimmen konneu, so hätte or wenigstens konsequent sfin müssen; aber von den It Nekropolen seines Planes liegen drei innerhalb des von ihm gezeichneten Manerrings.

Also Nekropolen bat es innerhnll) des Mauerrings gegeben, mögen wir ihn nun groß, oder wie Kabrstedt, klein denken; und bei der ersten Annahme war die Sache auch nicht einmal so bedenklich. Denn die Vorstadt Megara, die bei Kahrstedt sehr zusannnen.schrunnd't, war nach den Angaben der Alten ein großer Stadtteil'), weitl.tutig angelegt mit Landhäusern und fJilrten inner- halb der Eingmaner, der auch i'ür die Anlage von Kirchhöfen lern von den Wohnungen der Lebenden Platz genug bot.

Wenn Kahrstedt sich den Umfang der Mauern Karthagos zu klein denkt, so hängt das wohl damit zusammen, daß er auch eine ^u kleine Einwohnerzahl anniuuut; er schätzt die Bevölkerung der Stadt beim Beginn des letzten puuischen Krieges auf ungefähr 125 130000. Nach Strabo 17 p. ^HS dagegen hatte Karthago noch beim Beginn der römischen Belagerung 7<J('J00U Einwohner: dl■l}()u^7lwv S'tv tij nöln nviiiaSuq i-fido/ii'/xorTn. Beloch, Bevölkerung S. 5(i6 hält diese Zahl für überti-ieben, fügt aber lihizu: „Karthago gehörte bis zu seiner Zer.störung im .J. 146 zu den gniß+on Städten der Erde." Dazu wurde eine Stadt von 125000 Einwohnern allerdings nicht gehören. Eine solche Stadt hätte nie d.is Zentrum einer Großmacht werden können, die über ein Jahrhundert der Macht des geeinten Italiens trotzen konnte; das hebt mit Eecht bereits Strabo 17 p. 83'2 hervor: noXiv re avilnalov tij 'K'rj/ij/ xaTtaxevüauvro xai rijti<; i'no/.i'i^(}jOi(y fityuXovc :iQOi (cinovi; nufjftoi'^.

Kalirstedt zeichnet ein Klein -Karthago, das nicht die trompeteuartige (s. o.) Erweiterung der Halbinsel einnimmt, sondern nur den SO. (ungefähr ein Viertel von der gewöhnlichen Annahme). Seine Mauerlinie geht parallel der Küste bei den Häfen in einer Entfernung von ungefähr ßOO Meter; dann kommt die Byrsa, die bastionartig nach Westen vorspringt; nördlich davon verbreitert sich seine Stadt bis auf ungefähr 7(X) m; seine Mauer erreicht die Küste be- deutend südlielier als Cap Karthago; diesen nördlichsten Teil der Festung nennt er Megara, während man bisher diese Vorstadt viel weiter im NW. suchte. Der Jnnohügel liegt halb innerlialb, halb außerhalb seiner Ringmauer; der fortiii kalorisch bedeutende Hügel La Malga mit seinen für eine Belagerung wichtigen Zisternen") ist ganz ausgeschlossen. Ob die Byrsa überhaupt eigene Quellen und Brunnen hat, kann ich nicht sagen.

Mit den Zeugnissen der alten Schriftstoller, Poiybius, Strabo, Appian usw. läßt sich diese Rekonstruktion absolut nicht in Einklang bringen. Aber das versucht Kahrstedt auch gar nicht. Die ganze antike Überlieferung (mit Ausnahme von Orosius) wird einfach als „Vulgata" beiseite geschoben. Diese Zeugnisse voneinander unabhängiger Schriftsteller geben allerdings ein wesent- lich anderes Bild.

Zunächst behauptet Orosius U 22. 5, Karthago sei fast überall vom Meere umgeben: tota paenc man cingebulur. Das paßt für die alte Annahme, daß die

1) Appian Libykn 117: Xüjfitiiy d'i'atlr fviiiyti^eQ ^v rtj nüXn tu Miyufja rü» xtiytL nc({>tL,evy/tiyov.

2) Grands citernes de la Malga. Ces cilernes se trouvent ä 700 m an nord- oiirst de Byrsa . . la cmistruction primitive remonte prohahlcmenl ä l'epoque punique. Babelon, Carthage 1896, p. 147; vgl. Tissot, G^ogr. comp. 1,594.

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126 Mitteilungen und Nachrichten.

Festung den ganzen Osten der Halbinsel bedeckt habe; aber nicht für Kahr- stedta Hypothese, der ihr nur einen kleinen Küstenstreiten inj SO. zuweist.

Ferner haben wir positive Angaben über den Umi'ang der Küste und der Ringmauern; vgl. Strabo 17,3,4 p. 832: hm KaQ/tiömv 6i tnl xit)(>oyiiauv tivoq "(ifjvTm niQiyQntfioiarii xvx).ov T(jir(Xoai'iuv eS/jXOVTK otuiMwv c/orTc! Tilyoi;, ov xo t§)jXovta<iTi''.dior ^tT/xog altog b «i'/'/r tni'fti, xuÜTjXov inxb t^aXÜTZtji; im &(''J.arT((v. 360 Stadien sind 63,936 km.

Strabo meint nicht den Umfang der Festungsmauern, sondern den der ganzen Halbinsel (Isthmus und östliche Erweiterung); aber auch dafür scheint die Zahl zu groß zu sein.

Über die Größe der Stadt sagt Appian Libyka 95 nur im Allgemeinen, daß die Festungsmauern Karthagos so umfangreich gewesen seien, daß im Kriege ein ganzes Heer innerhalb der Mauern lagern könne. Genauer ist die Angabe des Livius per. 51: Carthaijo in rin-uitu miUa viglnti IrUi passuum patens. Orosius dagegen, der von Livius abhängig ist, redet nur von 22 m. p.

Oros. 4, 22, 5: uiginti dno millia passuum muro atnplexa, iota paene muri cin- gehantur absqiie faucibus, quae iribiis milibus passuum aperiehanlur. is locus murum triginta pedes lalum hahdl saxo qnadraio in altitudinem cubitorum quadraginta. 23 m. p. = 34,IJ40 km.

Tissot, Giogr. comp. 1, 584 n. 1 gibt eine Übersicht über die einzelnen

Posten dieser Summe:

Enceinte de la ville proprement dite:

Triple defense 4,678 m

Lotiyjirnr du mur de mer 3,867 ,,

Mur s^parant la ville de Megara .... 3,360

11,905 m Enceinte de Megarn:

Triple defense 4,717 m

Mur de mer 13,643

Mur separant Megara de la ville propr. dite 3,360

.... ■• 21,720 m

Das macht zusammen 32,625

Der Unterschied ist nicht groß, noch nicht 2 KOomeler, und würde noch kleiner, wenn Orosius mit seinen 22 ?«. p. Recht hätte; dann könnten wir noch 1480km von der Difl'erenz abziehen; er erklärt sich am einfachsten dadurch, daß wir die Zwischenmauer der Stadt und namentlich am Hafen nicht genau kennen.

Ferner spricht gegen Kahrstedts Hypothese eines Klein-Karthagos, daß seine Festungsmauern nicht an den Isthmus heranreichen, der die Halbinsel mit dem Festlande verbindet, sondern sich im wesentlichen auf die Ostküste beschränken. Die Festungsmauer muß vielmehr den ganzen breiten Teil der Halbinsel von dem Istkmus abgesperrt kaben; das ergibt sich aus der Ge- schichte der römischen Belagerung. Manilius eröffnete den Angriif auf die ■Stadt vom Isthmus aus; s. Appian Libyka 97: Mari'/.ioq rückte gegen den Feind fiiv «710 xT^i t]7it!(jov xaTÜ TOP ai/Jya . . . Mayi/.ioi.; baute ein Lager ö' iv xö> aixivi

T;/? xijY rjTltlltOV ü6ov.

Auch Scipio hatte ein Lager gebaut, das die ganze Breite des Isthmus sperrte, aTit/tuv xCdv Tiokefiiotv (d. h. der Stadt) uaoy o^/x/jy ^i?.oi'i; (Appian Lib. 119).

33

Mitteilungen und Nachrichten. 127

Da tue Ausdehnung diesQ$ Lagers genau der Breite des Isthmus entspricht (25 Stadien s. o.), so hatte es genau die Richtung von S. nach N. Wenn die belagerte Festung dagegen so Iclein gewesen wäre wie Kahrstedt annimmt, hätte dieses Sperrfort vielmehr die Richtung von SW. nach NO. haben und das Mittelmeer südlich von Cap Karthago erreichen müssen, um die Stadt wirksam von der Außenwelt abzusperren. Auch die oben (S. 126) bereits angeführte Stelle des Strabo (p. 882) nickte die Mauer dicht an den Isthmus {air/r]r); dort heißt es rsf/oc, ov rd f^i/xoriccoti-dtof fiijxoc avrog ö ctv/Jjr i7ii/_ei xt'.l^r/xov imo &(ü(irT)/,' f:ii l^ukctTTcty. Dieses Sechzigstadienstück der Mauer, das ebenfalls die Richtung von S. nach N. hatte, war wohl das Hanptstück der berühmten drei- fachen Mauer mit den Stallungen für 300 Elephanten, welches den Isthmus im Osten sperrte Der Isthmus war 25 Stadien breit; unmittelbar daneben ver- breitert sich aber die Halbinsel so sehr, daß dort in der Richtung von S. nach N. Platz für eine Mauer von CO Stadien Lunge reichlich vorhanden ist.

Diese berühmte dreifache Mauer war ein Wunderwerk antiker Be- festigungskuust, die durch künstliche Anlagen den Mangel an natürlichem Schutz ausgleichen sollte. Es war ein dreifacher mächtiger Wall, ganz aus gewaltigen Quadern erbaut, in zwei Stockwerken mit Festungstürnien in ba- stimmteu Abständen (Appian Libi/ka 95; Orosius 4, 22; Armandi, Hist. milit. des elephanU, Paris 1843, p. 135—8(3). Die unteren Teile waren kasemattiert mit Stallungen für 300 Elephanten und den nötigen Magazinräumen für ihr Futter; im zweiten Stock waren Kasernen und die Pferdeställe untei'gebracht neben den Kornvorräten. Die Beschreibung dieser riesigen Anlage bei Appian (Poly- bius) und Orosius (Livius) ist durchaus sachgemäß und Idar, wenn auch die Zahlen der Höhe und Dicke der Mauern bei Appian und Diodor etwas ver- schieden sind; sie ist verständig und verständlich, so daß Tissot, Gc'oyr. comp. 1 p. 675 pl. V darnach einen Aufriß der ganzen Anlage konnte herstellen lassen. Auf alle Fälle ist sie mit ihren ganz detaillierten Angaben kein Phantasie- gebilde, sondern in allen wesentlichen Angaben vollständig historisch. Daran hat noch nie Jemand gezweifelt; auch Mommsen RG 2, 2ft trägt kein Bedenken, sie in diesem Sinne zu verwerten.

Was sagt denn nun aber Kahrstedt zu dieser Frage? Garnichts. Bei seinen topographischen Erörterungen (8 S. 8 21) wird die dreifache Mauer mit keinem Worte erwähnt; das zeigt wohl am besten, daß sie in seinen Stadtplan absohlt nicht paßt. Diese Mauer von 60 Stadien (oder 10,656 ni) kann nicht an irgend einen beliebigen Teil der Mauer verlegt werden; die Seeseite ist z. B. ausgeschlossen'); ihr Platz ist vielmehr die Landseite am Isthmus (s. o. Strabo); also (50 Stadien (10,656 m) entsprechen ungefähr der Hälfte der Ringmauer. Da nun aber Kahrstedts ganze Ringmauer nur 6,080 fresp. 8,810) m mißt, so ist es natürlich für ihn unmöglich, einen Platz für die dreifache Mauer zu finden.

Die Ortliehkeit der dreifachen Mauer wird aber genau genug bestimmt durch die oben bereits angeführten Stellen; nach Appian Lihyka 95 war die Byrsaraauer (zugleich Außenmauer gegenüber den Isthmus) eine dreifache, nach Strabo (p. 882) war das f|7/;«irT«aT«'fio»' ebenfalls am Rande des Isthmus <\no f^a^.i'iTTrjq tTti l}(0.ciiray, der Ort, onov rof,' Kaij/i]6or!oti ijutir ni rO)f tKttfuvTwr aräcttiiq; also sollte man denken, daß die Zahl der 3<J0 Elephanten bedingt sei durch die 60 Stadien der Mauerlänge. Ein Stadion ist nach Nissen, Metrologie S. 31 gleich 600 Fuß (0,178 km), das fitjxovzuüTaöwy also gleich 36000 Fuß

1) Appian Lihyka 96 rtf/öc xt yä(j avroTi; ömlovv negiixeno.

u

128 Mitteilungen und Nachrichten.

(101;m 656). Wenn wir die 300 Elophanten in einer Reihe ("rechtwinlvlig gegen die Mauer) geordnet denken, so kommen auf jedes Tier migefälir 120 Fuß. Das scheint für eine Fostungsaiilage zunUchst etwas reichlich. Allein nun nillsson wii- noch die ma.ssiven Zwischenwände zwischen den einzelnen Stullen berück- sichtigen und die Magazinrilume für das Futter, die im Hinblick auf eine lange (vielleicht jahrelange) Belagerung der Stadt einen sehr bedeutenden Raum in Anspruch nehmen mußten. .Vnf alle Fillle reichten die t>0 Stadien der drei- fachen Mauer für 300 Elephanten vollstilndig aus, wenn nur eine Reihe, die hinterste und stärkste Mauer, Eleidiantenstülle hatte, und die beiden äußeren Mauern frei blieben; denn .son.st mußten wir mit iKHJ Elephanten rechnen (siehe Graux, sur les fort'ficnUops de Corthafje p. 193); soviel wird weder Karthago noch ein anderer Staat jemals besessen haben.

Eudlicli müssen wir noch die Byrsa') erwähnen, die Zitadelle der Festung und ihr Verhältnis zu den Außenmauern; sie lag nach Sirabo p. 832 x'czn fi i a >/ r d'( Ti/V Tiö'/ir ij i'üfQono'f.iq JJr txijj.uvv liv^incy . . .xvxXvj ncpioixov/jtitj.

Auf dem Stadtplan von Kahrstedt liegt die Burg durchaus nicht in der Mitte der Stadt, vfin Häusfiru rings umgeben, sondern hier liegt sie am Rande bastionartig nach Außen vorspringend; ihre Außenmauer bildet zugleich auch die AuCenmauer der Stadt; das Letztere bezeugt allerdings eine Stelle des Oros. 1,22, 6: Arx, cni Byrsae nonien erat, paulo amplius quam duo milia passmcm tenehal. ex vna parte miniix communis erat iirhis et Byrsae imminens tnari, quod mare slagnum vocaul, quoiiiam obieetii profenlae linguae iratiqmUaliir.

Hier fragt es sich aber, was unter Burg zu verstehen ist; Burg allein, oder auch das Stadtquartier um die Burg? Beule und mit ihm Kahrstedt S. 16 entscheiden sich für die erste Erklärung, die meiner Meinung nacVi ausführlich widerlegt ist durch üraux, der u. a. auch verwiesen hat auf Servius in Verg. Aen. 1, 368: Carthago ontea apeciem liabiiit duplicis uppidi, quasi aliud alteriim com- plecterelur : cuius interior pars Byrsa dicebatur exterior Magalia. Huiiis rci testis est Cornelius Nepos. Le nam de Byrsa . . . doit signifier, ianlH proprement Vacropole . . . Oraux, Bibl. d. l'ec. d. haut, et 35, 1878, 205—0; ebenso Mommsen RG 2 (1865) S. 29 A.

Auch Appian Lihyka 95 (V&« :<ic) 1/ Bi(ja(t //>• tnl roö «i/f'jo;, tginiiu rtr/ti spricht dafür, denn nicht die Byrsa liegt am Isthmus {cti/i'/v}, sondern das Stadtquartier der Byrsa. Im Süden ist die westliche Mauer der Byrsa au der Landseite zugleich die Außenmauer der Stadt, daher communis inurus (Orosius s. o.); dieser Teil ist der Anfang dos .Sechzigstadien-StUckes der dreifachen Mauer {tgtn'/.üt rt//fi); nach Süden reicht dieser Teil (neben den Häfen) bis ans Meer (imminens mari; Orosius s. o.).

Gern erkennen wir rückhaltlos das Verdienst an, das sich Kahrstedt durch Vollendung des Meltzerschen Werkes erworben hat"); aber bei unserer Frage hat er fehlgeschossen; sein Ausgangspunkt war falsch, und also auch sein Resultat. Wir konneu also hoffen, daß das, was er verwerfend als „Vul- gata' bezeichnete, auch ferner Vulgata bleiben werde.

Leiijzig.

1) Beule, FouiUes (1 Carth. 1H61, ,,. 1 Byrsa.

2) Siehe Kromayer, (jfoll. U.-Aii;. 1917, 449.

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Mitteilungen und Nachrichten. 129

Eine lateinische Grabinschrift in Kapitalkursive. Von 0. Schlssel T. Fieschenberg und C. F. Lehmaiiu-Hanpt.

Unter 'len lateinischen Inschriften, die Riidolf von Scala in Kom für das Innsbrucker epigi-aphische Seminar erwarb, befindet sich folgende, soviel wir sehen*), noch unveröffentlichte Crrabinschrift:

PMS CALLIMACH VSFECIT. CLAVDIAE 5 lÄVENTAE CONTVBEK NALIS-VAE. V. B. M.

D(iis) M(anibus) s(acrt>m). OalUmnclius fecit Claudiae Inventae rontuhernali sune. Y(ovit'0 ii(ene) m(erenti?).

„Den Manen geheiligt! Calliniachus errichtete (diesen Stein) der Claudia Inventa, seiner Lebensgefiihrtin. Er weihte ihn der Wohlverdienten".

Uie Inschrift ist in eine weiße Marmorplatte von etwa 38,5 cm Länge, 25,5 cm Breite, 3,3 crn Dicke gemeißelt. Diese Malie sind jetzt nicht mehr allent- halben gewahrt. Denn die Platte ist, besonders au den Rttnderu, stark be- schädigt. Der dtlune Mörtelbelag, der vielfach auch noch die Schriftseite über- deckt und ihr ein fleckiges Aussehen verleiht, beweist, daß das Denkmal später als Baustein gedient hat. Gefunden wurde es in Rom. Nähere Angaben sind über den Fundort nicht bekannt. Für das beigegebene Lichtbild (von Ricliard Müller in Innsbruck) wurden die Buchstaben der Inschrift mit roter Wasser- farbe bemalt.

Die Buchstabenhühe schwankt zwischen 15 29 mm. Die Charaktere sind wohl mit dem Meißel iu den Marmor gehauen, aber freihändig, d. h. ohne daß Zeilen und Buchstaben vorher ausgemessen und mit Hilfe von Lineal und Zirkel vorgezoiohnet worden wären. Daher verlaufen die Zeilen nicht ganz gerade und nicht immer )>arallel. Die Buchsraben sind keine litterae quadrotaf, sondern gehören der Schrift des täglichen Gebrauches, der Kursive au. Nach allen diesen Merkmalen liegt uns ein deutliches Beispiel für eine bestimmte Art der epi- graphischen Vulgärschrift Emil Hübners-) vor. Auch Herkunft und Zweck des Monumentes passen zum Schriitcharakter. Nach Hubner's Beobachtungen'') findet sich nämlich die Vulgärsehrift am häufigsten in Grabdenkmälern von Leuten plebeisoheu Standes, von Bauern, Soldaten, besonders Fremden ange- wendet, denen allen eine regelrecht ausgeführte Inschrift zu teuer gewesen wäre.

1) Sie steht weder im CIL VI 3 p. 177H; VI 4 fasc. 2 p. 3612; VI 5 p. 123*, noch unter den Columbarieninschriften m VI 2 und VI 4 fasc. 2. Auch bei Cagnat und Besnier, Rcviie des pubUmtiima ipigraphiques (in der Revue archeolopiqiu-) 1S92— 1913 und bei A. Stein, Bericht über röm. Epigr. (Italien) 1893— 19(M. Jb. über d. Fortschr. d. Idusg. AlterlumswisB- 144 (l'K)9) S. 157if. fand sich unser Denkmal nicht ausgewiesen. Die Bedeutung de.^ Steines hat. wie uns E. Diehl mitteilte, R. v. Scala sehr hoch bewertet.

2) Exempla ncripliirae epigraphicac lalinae a Caesiiris dictator,s morte ad netniem JusUniani. Auctarium CIL Berlin 1886, S. XLVI«.

3) A. a. 0. S. XLIX. 415.

Kilo, Beitrage zur allen Geschiclile XVII 1'2. 9

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130 Mitteilungen und Nachrichten.

Unser Denkmal gehört zu Jen G-rabstaiiien, die den Bauinschriften nahe- stehen'). Das Alter der Verstorbenen wird nicht angegeben. Arn Schlüsse eine Akklamation statt eines Epithetons zur Verwandtschaftsbezeichnung.

Die Sitte, das Grab den Manen zu heiligen, entstand erst unter Augustus und wurde in Rom zu Ende des ersten Jhs. üblich'-). Doch setzt die Abkürzung der Weiheformel das Bekanntwerden der Formel vorau.s, kommt also erst vom 2. .Th. an gewöhnlich vor'). Die Abkürzung DMS ist indeß in Rom und Italien viel seltener als DM und hat sich in manchen Provinzen, wie Ration, überhaujit nicht eingebürgert, während sie freilich in Afrika (ohne Numidien) und in Spanien überwiegt^). Ohne nun diesen Merkmalen besonderes Gewicht für die Zeitbe- stimmung Ijeizumessen, würde ihnen zufolge unser Grabstein am besten ins aus- gehende 2.-4. Jh. passen.

Der Errichter des Denkmals tT;ln;t weder praenomen, noch nomen gcnliUcium, sondern nur ein griechisches cngnomen; er war ein Sklave oder eher ein Pro- vinziale aus den niederen Volksschichten. Der Name Callhnachus ist auf In- schriften als Sklavenname'') und als coffnomen'') belegt. Inventa iindet sich auf Inschriften mehrfach als coffiiomcn'). Claaciia Inventa lebte gemUß ihrer Be- zeichnung als contubernalis iu ehelicher Verbindung mit t'allinuu'hus. Contuhcr- nium hieß das eheliche Zusammenleben zunächst von Sklaven oder von hörigen Bauern mit ihresgleichen'), dann auch von Freien (Männern, wie Frauen) mit Sklaven^) und endlich von Freien miteinanderlO). Die Benennung contubernalis wird iu dieser engeren Bedeutung eines dauernden Geschlechtsverhältnisses häufiger von Weibern, als von Männern gebraucht").

rjnser Stein beansprucht vorzüglich p.aläographisches Interesse. Zeigt er doch die Vulgärschrift ausgeprägter, als alle Beispiele, die Hübner aus Rom und Italien (Nr. 1153-1178), wie aus den Provinzen (Nr. 1179- 1187) beibringen konnte, ausgeprägter selbst, als die bekannte Grabschrift der Knaben Torquatianus und Laetianus'^), die von den Epigraphikern immer wieder zur Veranschaulichung der Kapitalkursive herangezogen werileu muß'''). Die Buchstaben sind nämlich

1^ Rene C'ognat, Cours d'^pigraphie latinc. ^ Paris 191-1, S. 288. 2; Waltharius Schwai'zlose, De iitulia sepulcyalilnis lalinis qnaestionum cajntii qnattiinr. Diss. Halle a. S. 1913, S. 7.

3) Schwarzlose S. 18.

4) Schwarzlose S. 19. Fr. Vollmci', Inscripiiones Baivariae rommiac sivc inscn'ptionis piov. Raetiac. München 1015, S. 232 zu 1.

G) U. Dessau, Insa: lat. sei. III 2 (1916) Nr. 9C>29. fi) Thesaurus, OnomasUc. II 90, 11.

7) Cosidia Inbenta CIL XIV 892. Julia Inventa VIII 1, 2.508. Philumina Inventa IX 1870. Pompeia Inventa II 93.5. Publicia Inventa III 1, 2497. In- venta X 1, 5480. Vgl. Gu. Otto Fleckeisens Jahrbücher, 24. Suppl.-Bd. S. 797 f.

8) R. Leonhard, RE IX 1, 1164, Ol. - 9) Ebenda llßö, 13ft'.

10) Dessau, Inscr. lat. sei. III 2 S. 932.

11) Vgl. Thesaurus IV 790, 55. 77. 64 {CIL III 14(.)(X) coniubernnli suae be^ic merenii fecil).

12) Hübner S. XLIX. 416-'i. Nr. 1109 = H. Dessau, Inscr. lat. sei. H 2 Nr. 8473

13) Z. B. von Ernst Diebh Inscriptinncs lat (Talmlae in. usum scholarum editne sitb cura J. Lietzmann IV), Bonn 1912, Taf. 29c. Aus Mangel an anderen be- kannten Denkmälern in gemeißelter Kapitalkursive konnte Diehl (S. XXIIIl^'.) zur Veranschanlicluing dieser Schriftart nur auf pompeiauische Wachstafeln und

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Mitteilungen und Nachrichten.

131

auf unserem Steine ziemlicli tief einj^eliauen und einigermaßen regolinaßit; aus- geführt, dabei aber durchwegs kursiven Cliarakters. Diese beiden Eigenscliafton sind selten gepaai-t. Denn gewiihnlicli handelt es sich um eine Kursivkritzelei auf geglättetem Stein, auf Mauerwerk, auf weichem Metalle oder aber um un- sorgsame Monumental- und Aktensclnnft mit einzelnen Kursivbuohstabeu, die dem Steinmetz oder Graveur versehentlich unterliefen ').

Eine lateinische Grabinschrift in Kapitalkursive.

Die Schriftart unseres Denkmales ist als Kapital- oder Majnskelkursive anzusprechen. Nach Hühners Erlahrungen erscheint sie erst im 2. Jh. n. Chr. häufiger auf römischen und italischen Monumenten, um im3..Jli. oft zu begegnen"). Sie wird auf Stein- oder Erzdenkuiiilerii nur milibräuchlich angewendet; hat sie

Graffiti greifen. Auch Volhuer konnte aus der Provinz Riltien nur eine einzige reine Kursivinsehril't (Nr. 7-") B) abbilden, aber eine viel ji'ingere und weniger sorgfältig gearbeitete, als die hier veröffentlichte. 1) Hübner S. 41.5— 41H. 2) Hübner S. 415.

9*

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]32 Mitteilungen und Nachrichten.

sich doch von der epigraphischen Kapitale bloß in Anpassung an andere Sohreib- stoß'e und deren Schreibwerkzeuge abgespaltet. Die Schreibstofte der Kursive waren vornehmlich Papyrus, Wachs, Blei, uQgebranuter Ton; bei geringerer Dauerhaftigkeit des Schriftstückes ermöglichten sie größere Geläufigkeit des Schreibens. Alle Abweichungen der Kapitalkursive von der epigraphischen Kapitale sind nun aus jener technischen ^'erv'^clliodenheit abzuleiten und allein die größere Sorgsamkeit der Ausftlhrung wird durch den Zweck des Schrift- stückes, der ein literarischer oder privater sein konnte, mitbedingt').

Eine Hauptgruppe von Verschiedenheiten zwischen opigraphischer Kapitale undMajnskelkursive erklärt sich aus derSchrägstellung derSchrift in letzterer, aus einer Lage, die der Papyrus und die verwandten Schreihstoffe besonders begünstigten. Dies Moment kommt in unserem Denkmale voll zur Geltung. .Seinetwegen erscheinen daselbst M und V stark verbreitert, A aber nur deshalb weniger, weil der Schrägbalken links vom Beschauer erst im oberen Drittel des rechten Balkon ansetzt, also kürzer ist, als dieser. Die Schai'tbuchstaben EFS werden eben deshalb so stark verschmälert, daß sie sich in einzelnen Fällen dem Kursivideale des langen Schrägstriches deutlich nähern, so SE in Z. 3, S in Z. 7. Beim .S in Z. 1 wäre die Gerade schon voll erreicht; nur wurde der obere Auslauf statt durch ein Häkchen durch einon in spitzem Winkel zum Schafte gestellten kleineu Ansatzstrich wiedergegeben. Der untere Querstrich des E verschwand in eine Krümmung. Bloß in Z. 6 ist er noch deutlich er- halten; doch ist die Schrägstellung aller Striche in diesem Falle beispielmäßig. Auch die zwei Schäfte de> H sind leicht gekrümmt und der Querstrich ist in die obere Schafthälfto gerückt und etwas schräg gestellt. Die Neigung der Kursive zur Abschrägiing macht sich auch in der eiförmigen Rundung des 0 in Z. 6 geltend. Sie entstand dadurch, daß das Schreibrohr im Papyrus von rechts nach links eine Schlinge beschrieb, die entweder im Ausgangspunkte endete oder auch das linke Ende der Kurve durchschnitt, so daß dann eine Schlinge mit überragenden Enden gebildet wurde-). Ein anderes Beispiel für die Wand- lung der Kreisrundung, und zwar zur Parabel ist das C in Z. 6. Der untere Bogen verschwand, der obere läuft weit und flach aus, wie etwa der obere E- Bogen in Z. 3. Die einschneidendsten A'eränderungen an den Kapitalcharakteren bewirkte die Neigung zur Schräglage wohl bei BRD. In unserer Inschrift zeigen sich diese Veränderungen sehr ausgeprägt an BK (Z. 6 und 8), während D in Z. 4 auf halbem Wege von der Monumentalschrift zur Kursive stehen blieb und ü in Z. 1 noch ganz monumentalen Typus aufweist. Bögen und Schweif im monumentalen BR wurden in imserem Denkmale in gerade Striche aufgelöst, die schräg von links nach rechts verlaufen und in Häkoheu enden; die Normal-

1) Vgl. darüber und für das Folgende die vortrefflichen Ausführungen von Bertold Bretholz, Lat. Paläographie. ^^ Leipzig 1912, S. 42. 46 ff. H. B. van Hoesen, Roman cursh-e u-riting. Diss. Princeton 1915. LTniversity Press. 268 S. 8" und V. Federici, Esempi di corsiva aniica dal secolo T. äelVera moilermi al TV. racoUi ed ilhistrati [Roma] 1908 blieben leider unzugänglich. Nach dem Inhalts- verzeichnisse berücksichtigte van Hoesen nur Kursive auf Mauerwerk, Blei, Wachs, Ton, Papyrus, also keine Steine; bei ihm wäre aber gewiß das maß- gebendste Vergleichsmaterial für unsere Buchstabenformen zu linden gewesen.

2) Vgl. C. Wessely, Schrifltafein zur alteren lat. Falüogrnphie. Leipzig 1898. Taf. I Col. 1 Z. 6. C. Zangemeister, Inscriptiones parietariae pompeianae hereu- laneiisex ^tabianac etc, CIL IV (1871) Tab. I: III 3. {V 4^ IV 5.

39

Mittellungfn nmi Nachrichten. 133

striche verkümmerten zum Hakclien im B*), zu oinein in spitzem Winkel gegen den Hauj)tstri(h gestellten Schaftreste im R. Aber auch das für die Kursive auf Papyrus übliche Schreibwerkzeug bewirkte Veränderungeu in der Monu- mentalschrift, die der Meißel unseres Steinmetzes deutlich festgehalten hat. So laufen die Buchstaben unserer Inschrift vielfach in Spitzen (z. B. ESFI in Z. 3) oder Krümmungen aus (z B. N in Z. 7, M in Z. l und 8. V in Z. 8, A in Z. 7, RH), t'berhaupt herrscht die Tendenz, die Ecken zu runden, die geraden Striche zu krümmen in den Buchstaben unseres Monumentes offeusichtticb. T in Z. 3 erhielt z. B. einen spitz auslaufenden, leicht aufwärts gekrümmten Querstrich. Ähnlich wurden lapidare Trennungspunkte in Z. 7 und 8 un.serer Inschrift in schräg oder horizontal gestellte Beistriche aufgelöst. Aber auch die durch das Auslaufenla^seu der Linien in der Kursive bewirkte Schaftverlängorung einzelner Buchstaben sucht man in unserem Denkmale nicht vergebens. Um die Zeile einzuhalten und wohl in Angleichung an das vorhergehende S ist der Schaft des F in Z. 3 noch umgebogen. Der erste Schaft des ersten N in Z. -5 und des- jenigen in Z. 7 reicht aber deutlich, wenngleich nicht weit unter die ZeUe herab, etwa wie das erste N bei Wessely I, Col. '2, Z. 14, also in einer Papyruskursive aus dem Beginne des ersten Jhs. n. Chr.

Nun sei noch zu den einzelnen Buchstabenforraeu Vergleichsmaterial bei- gebracht, das auch die Zeitbestimmung der Inschrift ermöglichen soll. Zu Grunde liegen für die Stein- und Erz.ichrift im allgemeinen Hübner a a. O. S. Llllff. und Cagnat S. llfi"., sowie Diehl Taf. '2i^c; für die Inschriften vom 3. bis zum Ende des 7. Jhs. E. Le Blaut, Paliogiaphic des inscriptioiis latincs du lll' siecle ä la fln du VTIr Revue archeologique, 3" sevie XXIX (189G), 177—197 (A— E); 345-355 (F-I). XXX (1897;, 30-W (K-P); 171-1^4 (Q-T). XXXI (1897), 172—184 (V— Z, Zahlen, Interpunktion). Für die Wandinschriften wurde herangezogen C. Zangemeister a. a. 0. Taf. I; für Ziegeldenkmäler .Johann Paur, Zwei römische Ziegcldetikmäler aus Steinamangi>r in Ungarn. S-D. der kaii. Äkad. d. ^yiliscnsch. in Wien, phil.-h. Cl. XIV (18.54), ia3ft'. (wohl au'^ dem ■2. Jh.); K. Körber, Neue Inschr. des Mainzer Mtuieuins. Maiuz 19*35, Nr. 80; für Wachs, Papyrus usw. Wesselj' a. a. O.

A Z. 2-. 4". 5. 7'. Nach Hübner (S. LIV*" unten) und Cagnat S. 12 eine archaische epigraphische Form; in - der VulgärSijhrift der Kaiserzeit vom Beginn des 2. Jhs. n. Chr. reichlich belegbar, tloch schon in fTrabinschriften des 1. Jhs. verwendet. Beispiele aus dem Ende des 2. Jhs.: Hühner Nr. 301 Z. 3 (Rom); Nr. 371 (Athen). Vulgärschrift: Nr. 1173 Z.2: Nr. IHW Z.4. Vgl. Le Blant XXIX 187,4 (Rom, undatiert): IWü, 2 (Spanien, undatiert). Vollmer Nr. 7Ö; 194. Zauge- meister II 5 (jüngere Pinselschrift.): III 1,3 (Kohle oder Kreide). Wessely Taf. I (Brief des Paconius) Z. 7; 8 (satisfacias); 12 (lacerat); 13.

B Z. 6. 8. Le Blant XXIX 188, 3 (301 n. Chr.). Zangemeister III 2 (Kohle oder Kreide). IV 6 (Griffel). Durch das weitabstehende schmale Häkchen ähnelt die Kursivform Zangem. IV 4 besonders unserm B in Z. 8. Paur Taf. I Z. 2. 3. Körber Z. 6. Wessely Taf. I (Paconius) Z. 3, 12.

C Z. 2-. 3. 4. H. Nach Hübner S. LV*" fehlen dem kursiven C; beide Homer. Bei uns besitzt nur das C in Z. 6 eine Verdickung des Fußes, wie in Pinsel- schrift, die gemeißelte nachahmt: vgl. Hübner Nr. 1179; 1160d. C in Z 2—4

1) Z. 8 wurde das Häkchen im widerstandskräftigen Marmor zum spitzen Winkel.

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134 Mitteilungen und Nachrichten.

■■= Zangem. I 1 (altere Piiiselscbrift). C in Z. 6 = Dielil Tat'. 29 c; vgl. Hübner Nr. 1153 Z. 1. Zangem. TV 7 (Griffel). Wessely Nr. 3 Z. 3, 4 (Wachstafel v. J. .5f> n. Chr.).

D Z. 1. J. In Z. 1 ohne Hiirner, wie zuweüon in der alteren Schrift (Hübuer S. LV''). Die Verlängerung iles Bogens über das obere Ende des Vertikal- strichos kommt in der Akten-, Pinsel- und Kursivschrift vor (vgl. Hübner Nr. 1193; 1174 Z. 3). Nach Cagnat S. 13 erscheint diese Form seit dem 2. Jh. Zu unserem D Z. 4 vgl. besonders Diehl Taf. 29c, Z. 7. Zangem. 11 3 (jüngere Pinselschrift). Wessely Taf. I (Pacouius) Z. 1, ö (iucundura), 11 u. s. f

E Typ. I: Z. 6. Die rustikale E-Form mit den aufwärts gerichteten (^uerstrichel- chen eignet nach Hübner (S. LVI») der Pinselsohrift und der Steinschriit des 3. Jhs. (vgl. Nr. 472; 272), nach Cagnat S. 14 schon de.s 1. Jhs. Typ. 11: Z. 3. 4. 5. 7 und da vornehmlich das E in Z. 3 steht der seit dem 2. Jh. in Inschriften nachweisbaren, seit dem 3. Jh. häutigen (Hühner, Cagnat) niondförniigen E-Form nahe. Doch ist der untere Bogen hier nicht immer gut ausgeführt, so daß das E in Z. 7 einem F ähnelt, was auch beim eckigen E öfter begegnet (s. Hübuer Nr. (i07 aus dem 3. Jh.). Der Mittelbalken ver- schwindet zum Punkte, hier ein Zeichen nachlässiger Ausführung. Vgl. Zangem. IV2 (Griffel). Wessely Taf. I Col. II 13 (ex); Col. 1 8 (sollice); Pa- conius 4 (scriberem). Zur Mischung beider E-Typen unseres Denkmals s. Diehl Taf. 29c. Vollmer Nr. 75 B. Wessely ^passim).

F Z. 3. Vulgin-e, von der Kursive herübergenommene Form (Hübner S. LVII" unten. Cagnat S. 15). Vgl. Lo Blant XXIX 348, 10 (ohne den geschweiften AusLauf des Schafteä). Zangem. IV 11 (Griffel).

H Z. 2. Die scliuiillere II-Form mit hinaufgerücktem Querbaiken ist der älteren Mouumentalschrift eigen, er.scheint aber auch später und überwiegt in der Pinselschrift (Hübner S. LVIII; Cagnat S. 10).

1 Z. 2. 3. 4. 5. 7. Kopf und Futä, wie sie unsere I alle haben und Krümmung des Kopfes, wie in Z. 3 erhält I regelmäßig erst in der späteren Kaiserzeit (Hübner S. LIX"). Diese Merkmale finden sich aber schon im 1. Jh. da und dort (Cagnat S. 17). Die Rechtskrümmung des Kopfes, wie in Z. 3, erklärt Hübnor (.S. LIX*» unten) überzeugend als vulgären Einfluß. Vgl. Diehl Taf. 29 c Z. 5 (anuis). Unserem Beispiel ist ähnlich Zangem. II 3''.

L Z. 2°. 4. 7 ist eine schon früh (vgl. Hübner Nr. 20) in die epigTaphische Ka- pitale eingedrungene Vulgärform; Hübner nennt als ältestes stadtroraisches Beispiel eine Inschrift aus der Zeit des Kaisers Claudius. Im 2. und 3. Jh. erscheint sie häutiger in der Mouumentalschrift (Hübner S. LXI'' unten; Nr. 1178. Cagnat S. 18). Vgl. Le Blant XXX 31, 1 aus dem .Jahre 454. Es gibt zahlreiche Varianten, so eine mit elegant geschwungenem Schafte, au dieL Z. 4 erinnert; mit Schrägstrich, der vom Normalstrich abgesetzt ist, wie in Z. 7 (Hühner Nr. 116.5, Rom 2. oder 3. Jh.; Le Bl.int XXX 31, 10 Gallien aus d. J. .582. Zangem. IV 11 kursive Griffelform).

M Z. 1. 2. 8. M mit dem links übergreifenden 2. und 4. Schafte findet sich in der Akten- und der Vulgärschrift häufig (Hübner S. EXI*" oben). Nach Hübner (S. LXII'') ist diese Form als vulgäre Nachahmung der Aktenschrift in die I\lonumentalschrift eingedrungen; vgl. Nr. 514; 514 aus dem Ende des 3. Jhs. und von den Beispielen für An- A'ulgärschrift Nr. Il(i7. Diehl Taf. 29c; für die Pinselschrift Nr. 1188; 1193. Cagnat S. 19 betont mit Recht, daß hier eine von der epigraphischen Kapitale früh übernommene Kursivform vorliegt. Vgl.

41

Mitteilungen vnd Nachrichten. 135

noch Le Baut XXX 83, 1-2 aus d. J. 410. Zaagem. II 1 (ältere Pinselschrift). Uusfir M Z. 1 und '2 stellt zwischen Zangem. [ 2 und IT 1. A\''essely Tat'. I, Col. I Z. 12, 13 IG, 18 u. H. f.

N Z. 5^. G. 7. Diehl Taf. 29c. Vgl. Zangem. IV 2 (Grifi'el). Taur Tat'. 1 Z. l (senom). Wessely Taf. I Col. 1 Z. 10 (agunt), 1.5, 2(1 Col. 2 Z. 2, 4, 14 (nuc) u. s. f.

0 Z. G eirund, oben .spitz zulaufend, wie Zongem. II 2 (jtingore Piiisel.schrift;. Vgl. Le Blant XXX 87,8 (Gallien v. J. 498). Wes.sely I Col. 1 Z. 16 (tanto), 16 (tiorem); Col. 2 Z. 20 (rino).

R Z. 6. ITn.scro Form i.st nach Hubiier S. I,XV1> eine in die Vulgilrschrifl ein- gedi'ungene Kursivtvpe. Sein Beispiel Nr. 11.53 aus der Wende des ersten und zweiten Jhs. zeigt die Form mit senkrechtem, noch unverkürzten Schafte. In Nr. 1175 verläuft wohl der Schaft schräg links (vom Beschauer), wie in unserem Falle; E\indung und Schweif sind aber hier noch nicht ganz zu einer Linie verschmolzen, wie in Z. f\. Unserm R sehr ähnlich ist das von Vollmer in Nr. 423 als L verlesene auf einem Legionsziegel. Vgl. noch Hübner Nr. 918 (Silberkritzelei vom .J. 234). Vollmer Nr. 75 B. Paur Taf. I. Körber Z. 6. Zangem. IV 8 (Griffel; unser R ist geschlossener); III 3 (Kohle und Kreide). Wessely Taf. I Col. 1 Z. 15; Col. 2 Z. 14,21; Paconins Z. 5.

S Typ. I: Z. 3, 7, in dem sich S dem einfachen Schrägstrich nähert, wurde von Hiibner (S. LXVb unten) als epigraphische Kursivform verbucht: vgl. Nr. 1161 und Diehl Taf 29c. Typ. I stellt eine Zwischeuform dar zwischen Zangem. I 2 und I 3 (ältere Pinselschrift». Wessely Taf. I Col. 1 Z. Ifi; Col. 2 Z. 21 (lycisco); Brief des Pacouius Z. 3. 11.

Typ. II: Z. i ist eine deutliche Schroibform; die untere Rundung fehlt und die obere wird durch einen Ansatzstrich ersetzt, der in den ältesten Papyrus- texten meist aufwärts gerichtet ist. Tu der Abwärtskehrung in unserem Bei- spiele ist der Versuch des Steinmetzes su sehen, die Rundung besser zu er- setzen. Vgl. Wessely Taf. I Col. 1 Z. 3, 7, 8 (sollice), 13 (se); Col. 2 Z. 13.

T Z. 3. 5. 6. In der Pinselschrift, schon zur Z°it des Augustns, ist der C^uer- balkon leicht gokrümnit und rechts (vom Reschauer) aufwärts gebogen. Im 2. Jh. findet sich diese Form auch in Grabsrhriften häufiger, im 3. und 4. wird sie sehr gewöhnlich. Ans Hubners Vulgärinschriften vgl. Nr. 1154, 1178. In Zeile 3 unserer Inschrift ist der Querbalken des T nach beiden Seiten leicht aufwärts gekrümmt, was bei Paur Taf. I Z. 3 stark sichtbar ist. Vgl. Zangem. IVG (Griffel', wo aber der Schaft einen Auslaufhaken hat, wie meist in der Kursive Wessely Taf. I Col. 1, 7 (utrosque), 16 (tiorem). 17 (citudinem); Pacouius Z. 14.

V Z. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Durch die Vergrößerung des Winkels, den die beiden ur- sprünglich gleich langen Schenkel des Buchstabens bilden, nach links wird der linke Schenkel länger und ragt dann oft (wie in Z. 6) über die Zeile hervor. Das älteste Beispiel für diese Erscheinung liefert die Pinselschrift schon zu Beginn des 1. Jhs. (Hübner S. LXVI''). Auch durch die Rundung des Winkelscheitels ähnliche Beispiele aus dem 1. Jh. bei Hübner Nr. 2f^■G; 301; aus dem 2. oder 3. Jh. Nr. 899 (Erz); Vulgärschrift Nr. 1153; 1155; 1158; 1164. Diehl Taf. 29c. Den Kursivcharakter dieser Form erhebt aber joden Zweifel Wessely Taf. I Col. 2 Z. 5 (eum''. 10 (novi), 20. Brief des Paconius Z. R (potui).

4-2

136 Mitteilungen und Nachrichten.

Die Interpunktion geht besonders in Z. 7 und 8 unseres Denkmales in Striche über. Das Emdrinf;«n dieser Kursirgewohiiheit in die epigraphiaclie Kapitale läßt siüh schon am Ende des 2. .lli. nachweisen iHübuer S LXXVT"J. Un- sere Form der Trennungsstriche ist selten (Cagnat S. '28), ihr Gebrauch nicht weniger vernunftwidrig, als in d<^ni von < agnat S. '29 vorgelegten Beispiele. Dort werden ebenfalls einzelne Buchstaben desselben Wortes durcli Satz- zeichen voneinander getrennt. Vgl. noch Vollmer Nr. iW. 23tJ. 411.

Die Buchstabenformen unserer Inschrift sind somit fast ausnahmslos in dt>r Papyruskursive und in der Kursive der Wandinschriften schon des 1. Jhs. nach\s'eisbnr Sie stehen der Piuselschvift besonders nahe Auf Stejn sind sie indessen nach dem hier zu Gebote stehenden VergleicLsmateriale nicht vor dem 2. Jh., z. T. nicht vor dosS(^n Ende regelmäßiger zu belegen, während sie im 8. Jh. häutig vorkommen. Unser Denkmal gehört demnach wahrscheinlich in die Zeit des Septimius Severus, also in die Wende des 2. und S.Jahrhunderts

Innsbruck.

Personalien.

Gestorben sind:

.I.A. Knuilt zon-Oliris t iania. dem wir eine musterhafte Ausgabe derTell el-Amarna-Tafeln (1907) verdanken, während des Krieges in Christiauia tverspätet ).

L. W^ King-London, der verdiente Herausgeber vieler babylonischer Texte und Verfasser der H/story of Sumer am} Accad.

W. Max Miillir, der Verfasser des bedeutsamen Werkes Europa und Asien naih angyptischen Monumenten.

Fr. Imhoof-Blumer, der große Meister antiker Numismatik, am 2G. .\pril 1920 in Winterthur.

Max Weber, der historisch so stark interessierte Nationalükonom der Miinehener Universität, der seine römische Agrargeschiehte zu dem ausgezeich- neten Artikel Über die Agrargeschichte des Altertums im Handwörterbuch der Stantsivi\.i. I. 8. Aufl. erweitert hatte, am 1.5. Juni 1920 in München.

Georg Busolt-Göttingcn, nachdem er kurz vorher durch Operation ein Bein eingebüßt und infolgedessen seine Emeritierung beantragt hatte, am 1. September 1920. Die G rierlüsrhe Geschichte, die er jetzt zu Ende führen wollte, wird nun ein Torso bleiben. .Dagegen liegt die Griech. Staatskunde iß. Aati. seiner Griech. Stnatsallertihiier) im Manuskript vor.

J. H. Lipsius, der avisgezeichiiete Kenner griechischen Kf chtswesens, 87 Jahre alt, am 6. September 1920 in Leipzig.

Habilitiert haben sirh für alte Geschichte:

Ernst Stein in Wien, Friedrich Oertel in Berlin.

Josef Marquart. a. o. Prof. der iranischen und armeniscJien Philo- logie und Ernst Herzfeld, a. o. Prof. für orientalische Hilfswissenschaften, beide in Berlin, wurden zu Ordinarien ihres Faches daselbst. Victor Gardt- h ausen -Leipzig zum ord. Hon. -Professor ernannt.

Alfred Wiedeman n-Bonn, seither ord. Hon. -Professor, wurde zum o. Prof., Priv.atdozent Otto Th. Schulz-Leipzig zum .n. o. Prof. ernannt.

F. V. Duhn-Heidelberg. Carl Robert-Halle und Ricliard Foerster- Breslau traten vom Lehramt zurück; auf ihre Stellen wurden L. Curtius- Freiburg, Georg Karo-.\then und Fritz Weege, seither Privatdozeuf in Halle, berufen. Curtius' Nachfolger in Freiburg wurde Ernst Buschor- Erlangen. Auf das durch den Tod Br. Sauers erledigte Ordinariat für Ar- chäologie in Kiel wurde August Frickenhaus-Straßburg berufen.

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137

Griechische Traditionen von der Gründung Roms'».

Vdii VVorner Schur.

GeJogentlich der Vorarbeiten für meine Dissertation-) habe ich aucli eine TIntfrsucliung' iiI)or die firiechisclien Traditionen 'voa der Griindunj^ Roms geführt, liue Eigebnissc, die bei Kriegsausbruch nur noch der letzten Feile bedurften, "lege icii liier vor, soweit ich darin Neues zu sagen habe. Es liandelt sich dabei um eine genauere Bestimmung der timäisrhen Äneassage, um die Abwelir verfehlter Vorstellungen von der (iründungssage der Pontificalannalen, um die Entstehung der Sage von der Verbrenmnig der Schiffe durch die gefangenen Troerinnen und um die Stesichoropfrage. Wieder und wieder wird uns dabei der behen- schende Einfluß der griechischen IJteratur auf die Entwicklung der römischen Geschichtstiberlieferung vor /\ugen treten. Aber gerade das \'erhältnis des Timaios zu den ersten Annalisten wird uns zeigen, daß wir die Abhängigkeit der Römer von ihren griechischen Vorbildern nicht überschätzen dürfen. Auch hier hat. wie ich nächstens einmal zu zeigen gedenke, die Selbständigkeit in der Nachahmung, die Leo in seiner leider unvollendet gebliebenen Geschichte der römischen Literatur in so glänzen- der Weise herausgestellt hat'), von allem Anfang an bestanden. Doch liier haben wir es nur mit den griechischen Fäden des kunstreichen Ge- webes zu tun, das die lömische Gründungssage schon in den Anualen des Fabins und Cincius bedeutet.

1. Roms Gründung bei Timaios.

Der Verlust der Werke des Timaios von Tauromenion gehört zu den schwersten, die wir für die Kenntnis der alten Geschichte, nament- lich des Westens, zu beklagen haben. Er war der erste Grieche, der sidi mit römischen Dingen eingehend beschäftigt hat. Aber nur drei be- scheidene Bnichstücke seiner Darstellung der römischen Gründungssage, die die Brücke von der griechischen Literatur zur römischen schlägt.

1) Abgeschlossen am 20 April 1920.

2) Die Äneassage in der römischen Literntur, Stvaßburg 1014.

3) Siclio iusbosoiiilorc S. 80 fl". übpv Fabius.

lUiij, Beitrage zuf alten liesclüclili- XVII :i 4. 10

]

138 Werner Schur,

haben sich erhaUeii. Er hat den Penatenkiilt ') inid das Oktubciroß-) aus Troja hergeleitet, also die Äneassage in den Mittelpunkt seiner Er- zählung gerückt. Und er hat die Gründung Roms gleichzeitig mit der von Karthago angesetzt'). Was wir sonst wIsscmi wollen, inuü uns die Kritik seiner notorischen Benutzer lehren.

Unter diesen nimmt der Tragiker Lykophron von Chalkis, der am Hofe des Ptolemaios Pliiladelphos gelebt hat, die erste Stelle ein. In seinem dunklen Dithyrambos Alexandra legi er der troischen Seherin auch eine Erzählung der Wandersagen des Westens in den Mund und be- handelt in diesem Zusammenhang auch die Aneassage mit ihrem Ab- schluß in Latium. Daß er für diesen ganzen Sagenkreis das eben damals publizierte Sammelwerk des Timaios benutzt hat, hat J. Geffcken 'j aus den Parallelquellen endgiltig nachgewiesen. Er. hat auch gezeigt, daß Lykophron Sagen verbindet, die bei Timaios keine IJeziehung aufeinaiuler haben, insbesondere Lokalmythen in die Wandersagen der einzelnen Helden liineinzieht, die bei Timaios selbständig waren'').

Die beiden Römerepisoden, die Aneassage*^) und der prophetische Hinweis auf den kommenden Rächer von Ilion'), haben lange für unecht gegolten. Niebuhr hat die These mit seiner ganzen Autorität verfochten^). Andere halten sie noch heute aufrecht'-'), v. Wilaniowitz hingegen hat mit richtigem literarischen Takt die Echtheit der Stücke behauptet'"). Di-n vereinigten Bemühungen von Günther"), Geffcken'^), Holzinger''') und Corssen'*) ist es gelungen, seine Tliese auf eine feste Grundlage zu stellen.

Die Prophetie vom Rächer Trojas bezielit sich auf den römischen Besieger des Pyrrhos, des sechsten Nachfolgers Alexanders auf dem makedonischen Königsthrone'''). Der troische Romerfeldherr besiegt den

1) FI!(. 1, S. 197, fr. ap. Dion. I, iil,i.

2) FHG I, S. 231, fr. 151 ap. Pol. XH, 4, tJ. ;-i) FHG I, S. 197, fr. 21 .ip. Dion. T, 74, 1.

4) Timaios und dk Geographie des Wcslcn:<. I'liiJ. Unters. 13, 1892, S. 1—4.

.0) S. 4 am Beispiel tler Odysseus- uml ]\leiiol;\ossaü;p.

G> V. 1226-1280. 7) V. 'l43.'>— 1450.

8) Über das Zeitalter Lyk. des Dunklen, 1820. Kl. Srhr. I, 8. 4ri8ft'. Die Be- zeichiinng Koni« als der HeiTsclierin über Meer und Ij.'i,i[d selieiiit iluii erst nncli dero Antificlmskriege mi'glich.

S. C. F. Hermann {Rhein. Mus. VI, 1848, S. 610), Weloker (Grierh. Tnii). ITT, S. 1257). .\issen iFlerkeis. Jhb. 111, 18Ü6, S. H7;iff.), Skntsch (Panly-Wissowa, HE \i, Sp. 1174fi'. Art. Eaphorion 4), Beloch (Or. Gesih. lU,'i, S. 478if.j und Sudhnns (Rhein. Mus. ü:'>, 1908, S. 481 ff.).

10) De Lye. Alex, eommcnt. Tnd. loet, Orvpli. 188:i/84.

11) De ea quue iater Timaeum et Lycophronis Ale.raiulriuii iiiterirdif nitione. Diss. Lips. 1889.

12) A. a. O. 13) Lykophrons Alexandra, 1890, S. 53 fr.

14) Rhein. Mus. OS, 1913. S. 321 ff. 15) So Corsseu n, a d. 8.325.

GriechtAchc TradHiimcv ron der Chiindimri l'oiiif<. 139

Makpclononkönif- und gewinnt so (!;is Woltenszepter, das Alexander dem Üccideiit errungen liatte, liir den tioischen Orient zurück'). Auch liisto- riscli paßt die Abfassung recht gut in die Jahre 27i 272. Koni hat damals insbesondere durch die Unterwerfung der großgriochischen Städte die Soegeltnng gewonnen, die ihm Lykophron nachrüiimt. Benutzung des Tiniaios für die Sagen des Westens ist bei einem Autoi- der siebziger Jahre des dritten Jahrhunderts selbstverständlich, luir die Äneassage hat sie Geffcken eingehend nachgewiesen-).

Die Rätselmanier des Dichters stellt dem Verständnis unseres Ab- schnitts große Schwierigkeiten in den Weg. Namentlich ist der Ort des neuen Aneasreiches schwer zu fassen. Hier kann uns nur genaueste geographische Ausdeutung zum Ziele führen.

Ein troischer Fürst wird zwei junge Löwen hinterlassen, ein '^^oxo)- ('"'l'V "/^'''»-■^)- Es ist Aneas, der Vater des Brüderpaares Rhonios und Rhomylos. Von der Tochter des Äneas und ihrem poetisch so brauch- baren Geschick ist mit keiner Andeutung die Rede, ebensowenig von der Wölfin und den Zwillingen. So stellt sich Timaios hier durchaus in den Kreis der griechischen Überlieferung und verdankt römischer Kunde nur das Zweigründermotiv und den Namen Romulus.

Nach langer Irrfahrt landet Aneas in Etrurien, dessen Grenzbe- schreibung Lykophron aus Timaios giljt*). Pisa und Agylla nennt er als, Grenzstädte, den Arnus in verdunkelter Weise als nördlichen Grenzfluß. Aber der hitinisdi-etruskische Grenzfluß Tiber fehlt hier wie in der Cirenz- bcschreibung von Latiura''). Tiniaios hat den Namen zweifeUos gegeben*'). So gewinnt es den Anschein, als habe Lykophron aus irgend einem Grunde die Grenze zwischen Latium und Etrurien verwischen wollen.

Hiej- beginnt bereits merklich die Sagencontamination. Äneas trifft mit einem räroc zusammen, der sein alter Feind ist, die ganze Welt durchreist hat und ihm jetzt seine Freundschaft aufzwingt'). Es ist der Odysseus des Hellanikos'^). Aber der Name und die etruskische Lokalität deuten auf den Nanas-Odysseus von Cortona hin.

Tarclion und Tyrsenos. die Söhne des mysischen Herakliden Telephos. schließen sich dem Bunde an'-'). Daß diese Stifter des etruskischen Reiches nicht Lyder, sondern Telephiden sind, ist eine Sondertradition

1) Dali aucli die Sclilußpai-tie sich deiii herodoteischon Gruudgod.'inken dos n-aiizen zweiten Teiles eiufüf^en iiuiß, hat bereits Sudhaus erkannt.

2) S. 3iiff. 3) V. 123.5 ff.

4) V. 123b— 1241. Siehe dazu Holziuger S. 3.39. ~ .5) Sielio unten S. MO.

6) Wilamowitz (S. 11) und Geffcken (8.42) hätten das niclit ljfz\vf-ife)u .sollen.

7) V. 1242—124.5.

8) Geffcken (S. 4.0) bezweifelt das zu l^nvechl. 9) V. 124Ö— 1249.

lU* 3

1'40 Werner Schur,

des Timaios, die wir nur noch bei Dionys wiederfinden'). Die Ver- bindung dieser etruskischon Ursprungssage mit der römischen Gründungs- sage ist ein merkwürdiger Zug des lykophronischen Sagengemenges.

In den drei folgenden Versen, die das bekannte Tischprodigium be- handeln 2), liegt der große Bruch, der die ganze Geographie des Abschnitts so unklar macht. Die Partikel trtla kann nur auf das vorgenannte Etnirien bezogen werden''). Das Ereignis selbst kann aber nur in Latium seinen Schauplatz haben.

Dann wird die geograpliische Anschauung wieder klarer. Äneas bleibt infolge des Wunders im Lande der Boreigoner, das sich »vtJ^p J«r/- i»ot'c .larr/orc Tf ausdehnt''). Nach der Zahl des Wurfes der schwarzen Sau vom Ida gründet er die dreißig Latinerstädte''). Das Wunder hat Timaios von dem Hügel von Lavinium erzählt, wo Dionys noch das von Lykophron erwähnte Bild sah''). Das Boreigonerland ist also identisch mit dem erweiterten Latium des dritten Jahrliunderts, das Völker latinischer und sabellischer Zunge umfaßt.

Die anschließende Geschichte der laviniatischen Penaten'') liat Wis- sowa mit großem Scharfsinn für Timaios gewonnen^). Die Rettungstat des Äneas ist hier zum ersten Male mit dem Penatenkult verbunden. Wenn Lykophron die Heiligtümer in einem Pallastempel ruhen läßt, so Jäßt sich daraus nur die Erwähimng des Palladiums bei Timaios. nichts weiter folgern^).

Es bleibt noch der rein geographische Schluß der Äneassage'**). V. Wilamowitz und Geffcken sehen hier einen Hinweis auf Äneas als Gründer von Rom, dessen Lage durch bekannte Punkte der Mythengeo- graphie Italiens angedeutet werde"). Holzinger hat die Unmöglichkeit dieser Interpretation dargetan ''^). Die neue .7tictq(c des Äneas ist niclit Rom, sondern Latium, dessen Grenzen nach lykoplironischem Sprachgebrauch durch eine Reilie ven Ortsnamen im Accusativ nach «//«yi gegeben werden. Es ist das Latium des limaios. Die Grotte des kymäischen Apoll und der Fucinersec bezeichnen geiiau die in seiner Zeit giltige Süd- und Ost- grenze der Landschaft. Aber der nördlich abschließende Tiber fehlt liier

1) Siehe unten S. lil. 2) V. 125(J-1'252.

3) Sielie ilazu Holzinger S. 340.

4) V. 1253 12(50. E.s ist das von Latinr-rn nml Sabcllevii liüwolinto Laiiiun des dritten Jahrhunderts. Sielio Holzin.arer S. 341, gegen Geffoken S. J2f.

.5) Die »IIS alba kennt erst Fabiu.s mit der Bozieluing aiit' Alba.

6) Varro rr. IE, 4, 18; Dinn. I, 57, 1.

7) V. 12(;i- 12(50. 8) Herme>i 22, 1887, S. 41if.

9) (reftcken (.S. 45 f.) zieht hier tal.sche Schlüsse auf römische Sagen.

10) V. 1270—1280.

11) V. Wilamowitz a.a.O. S 11 und Geffcken S. 4-2. 12) S. 343.

(ii iiflüsflif TidilitioiKii riDi ilrr (li i'niiliiiii/ h'niiDi. 111

v/U', in den i'tiii.skisciu'ii rii(>n7.aiiK<'tl»('M ')• Bcido GiPiizbosclireibmigen foidcni aher ■^chiftoii.scli die Krgün/uiig durch (Ion Tiliei'-j. Warum Lvko- jiliroii, der sonst mit Vorliche aiicli kleinste Flüsse nennt, diesen bedeutenden Grenzstroni niclil erwähnt. \verd(^ii wir f^leieh sehen.

Betracliten wir seine geugrajihischen Angai)en im Zusammenhang. Etrurieu mit den Gronzorten Pisa und Agj'lla ist der Seliauplatz des Zu- sanmumtreffeiis mit ()dysseus und den Telephideii, also spezifisch etruski- selien Sageidieidcn. Vom Saiiprodigium an, das die Niederlassung des Aneas entscix'idet. ist es das Hureigon(>rland, wo er in den timäiselien Grenzen von l,ati(ini die dreißig Latinerstädte gründet, in den dazwischen einge- schobenen drei Versen wird absichtlidi der Eindruck erweckt, als sei in beiden Teilen von demselben Lande die Rede. Das Verschweigen des Tiber dient otfenitai d(>mselben Zwecke der Grenzverwischung. Das Er- gebnii; ist klar. Lykrophon hat zwei römische (iründungssagen. die bei Timaios als Varianten nebeneinander standen, contaminiert und so eine Verwiirnng geschalTen, die wir anl'lösen müssen.

.\uf der einen Seite schimmert die Tradition des llellanikos durch, der Odysseus und Aneas in Lalium kennt. Anf der anderen Seite scheint eine Überlieferung vorzuliegen, die den Äueas mit den Oikisten des etruskl- sclieii Stammes, den Telephiden Tarchon und Tyrsenos, zrsammenbrachte. Diese Tradition hat uns Plularch erhalten, wenn er Koni nach Rhome, der Tochttn- des Telephos nnd flattin des Aneas, seinen Namen fülirtii iaßt-^).

Das ist offensichtlicli die bei Ljkophnm angedeutete etruskische Variante des Timaios. Sie ließ i\v\i Aneas in Etrurie-n die Telephiden antreffen, ihre Schwester ehelichen und die neue Troeistadt an der Süd- grenze des etruski; chen Reiches nach ihrem Namen nennen. Rom ist für diese Auffassung eine griechiscli-titruskische Stadt, wie es dies auch für des Timaios jüngeren Zeitgenoss(m Kallias ist*). Wir können nicht ahnen, ob Timaios hier etruskischer Überlieferung folgt, oder welchem westgriechi- sciien Autor er diese interessante Na(;hricht entnommen hat. Lykophron sah jedenfalls in der Doppelüberliefern ng des Timaios eine günstige Ge- legenheit zu der bei ihm so beJiei/ren Rätselbiidnng nnd hat die Sache durch die llindeutnng auf den Nanas-Odysstu.-; von Cortona noch weiter verdunkelt. In den geographischen Angaben hat er die Spuren dieser seiner Tätigkeit nach Möglichkeit verwischt.

Neben der etruski;ichen .\neas.sage, die wir oben aus Lykrophons Rätseln herausgeschält haben, gibt rimaios aber die latinisch gefärbte

1) Siehe oben S. IHl). 2) Siehe Ilolzinger S. 70.

;!) Pliit. liom. 2: n'i M 7';///'/"" ff"' 'Hi>"y'.i'oiK (ntiüU'. 'Pcö//(/i) Aivtln yccia,- iHianv. Tyseiios Sohn des Teleiihus auch hei Dimi. I, 28, 1.

•1) Über ihn siolie Momiusen, Die Remuslcgcnde, Hermes 16, 1881 S. 3Ö'. =- ües.Schi: IV, S. 2 ff.

142 IVcnnr Schitr,

Haupttraditioii, die von so starkem Einfluß auf die röinisclie Etitw ir-klung gewesen ist. Hier sind griechische und einheiniisclic Elemente vcibunden. Die Rettung der troischen Götterbilder durch Äneas. sein Aufcntlialt in dem thrakischen Aineia. sein Zusammentreffen mit dem kurz vorher in Latiuni gelandeten Odysseus sind offenbar Anklänge an den Bericht des Hellanikos. der zugrunde zu liegen scheint').

Die iatinisclieu Anknüpfungen weisen nach Lavinium. liier ist der Penatenkult und das Sauprodigium lokahsicrt. Hier steht das Erzbild der idäischen Sau. Und eben dorthin weist auch die Deutung der dreißig Ferkel auf die dreißig Städte des latinischen Bundes. Spezilisch römische Anknüpfungen iiingegen lassen sich nicht nachweisen.

Ttmains hat aus dem Nacheinander des Odysseus und des Aneas bei Hellanikos ei?i Nebeneinander gemacht. Er hat die Anknüpfung des xVneas- sage an bestimmte Orte und Heiligtümer in Latium goschnffcn. Insbe- sondere lial er die Verbindung des latinischen Gesamtvoikes mit Äneas hergestellt-) und für dies Gesamtvolk den Horcigonernamen eingeführt, den allem Anschein nach erst Cato in der bekannten Weise latinisieit bat').

Zu Unrecht werden in diesen Zusammenhang das Gründnngsdatum des Timaios und die Didogeschichte eingereiht. Timaios hat nur die all- gemeine Angabe gemacht, Koni und Karthago seien in emem Jahre ge- gründet worden-*). Das besagt nur. daß die beiden Staaten politisch eben- bürtig und in ihrem gemeinsamen Interessenkreise auf eiti.indrr angewiesen sind. Ein neuer Ansatz des Äneas in das Ende des 0. J:ilirhiind>'rts ist damit bei dem peinlichen Chronologen Timaios sicher nicht beabsichtigt. Es handelt sich demnach um eine politische Floskel aus einem zeitgeschicht- lichen Werk, nicht um eine irgendwie chronologisch verw^ertbare Angabe aus dem mythographischen Handbuch des Autors.

Auch die (3ründungssagen der beiden Städte waren getrennt. In die timäische Didosagc läßt sich Äneas mit zulässigen Mitteln nicht einführen^). Und in der Aneassage weiß Lykrophron. der die Reiseroute seiner Helden mit besonderer Vorliebe und Genauigkeit angibt, niclils von einem libyschen Aufenthalt des troischen Irrfahrers. So ist auch diese Verbindung zwischen Rom und Karthago en^t von Naevius geschaffen'^).

Zum Schluß noch ein Wort über die Frage nach der Quelle der latinischen Nachrichten des Timaios. Es ist auffallend, daß er mit einer recht guten allgemeinen Orientierung über Latium und einei' nicht weniger guten Kenntnis der laviniatischen Verhältnisse eine absolute Unkenntnis

1) Geffckcii S. 46. ^- 2) Siehe Holzinger S. ;i4L

3) Siehe Th. v. Zielin.'^ki in Xcnicn <l. iL Vhilol.-y rrn. in Münrlioi, 1H'.)1. S. 41-4.5.

4) Sielie oben S. im. 5) Trog. ap. .Just. 18. 5. 6) Das hofl'e ich nächstens zu zeigen.

Gri'ch/sciie Tradiiionen von der (hiniduix/ Nmns. 1-13

clor einheimischen Gründungssage verbiudel. Die raoderue Forschung will iiicriii vielfach einen Beweis dafür sehen, daß diese Sacenforni erst durch JS'aevius oder seinen Vorgänger Diokles geschaffen wonh:-!! sei*). Aber die ogulnische Wölfin und die zugehörigen canipanischen Münzen scheinen mir einen vollgültigen Beweis für die Existenz einer derartigen Gründungssage zu bilden-). So bleibt zur Erklärung der Aporie nur der bereits von Nie- bulir betretene Weg, daß man die Nachricliten des Timaios auf laviniatischo Gewährsmänner zurückführt s). Beruft er sich doch für die Penatengescliichte auf ei»ichorische Zeugen. Aber der Satz besagt nicht, daß er selbst Lavi- niuni besucht hat. Denn ein Grieche von seinen wissenschaftlichen Quali- täten*) begnügt sich nicht mit dem Besuch von Lavinium, wenn er Rom auf guten Straßen in einigen Stunden erreichen kann. So ist die starke laviniatische Kote der timäischen Tradition wohl dem Umstände zuzu- schreiben, daß der Autor, ohne jemals selbst in Latium gewesen zu sein, seine Kunde laviniatischen Handelsleuten verdankt''). Diesem Zufall ver- dankt Lavinium .^eine hohe Stellung in der römischen Ancassago.

Denn die große Bedeutung des timäischen Berichtes liegt ja weniger in seiner Stellung am Ende der griechischen Entwicklung als in dem ge- waltigen Einfluß, den er auf die literarische Ausgestaltung der einheimischen Überlieferung ausgeübt hat. Naevius hat sich von ihm zur Erfindung der Didogescliichtc anregen lassen. Fabius zeigt starke Spuren seiner Ein- wirkung. Und auch Calo hat ihm die Vorstellung der Boreigoner, des Nordvolkes. da.s in den späteren Sitzen der Latiner, Sai)eller und Etrusker wohnt, zu verdanken. So haben wir in der timäischen Version der mittel- italischen Urgeschichte eine der einflußreichsten Formulierungen der Sageu- geschiclite zu erkennen, die jemals erdacht worden sind.

2. Eine campanischs Chronik des ausgehenden vierten Jahrhunderts.

Das 73. Kapitel des er.-^lcn Bnclies der )ömischen Archäologie des Dionys spielt, wie in den ganzen Untersuchungen über die Entstehung der römischen Geschichtstradition, so insbesondere bei der Beurteilung der Herkunft der römischen Gründungssage eine große Rolle. Soltau hat von hier aus versucht, einen Einl)lick in die Vorstellungen der Römer von der Stadtgründuiig. wie sie vor der literarischen Wirksamkeit des Naevius

1) Siehe namentlich W. Soltau i. d. gleich zu zitierenden AufsUtzen. "2) Auch diese Frage gchörl in einen ändert n Zusammenhang, o) Siehe Tviiobiihr, E(i I, S. 151 und v. Wilamowitz S. 11.

4) Die man auf Grund des harten polybianischen Urteils zu gering ein- geschätzt hat. Siehe Oeffcken S. 173ff.

5) So schon Mommsen (RG I" S. 407) und Cauer {Berl. Stud. 1 S. 482) ohne nähere Begründung.

7

144 \Vc>-urr Scliiir,

waren, zu gewinnen'). Unzulässige Intcrprotationeii liahcii ihn liier zu l'alsclien Schlüssen geführt.

Der entscheidende Absatz hat folgenden Wortlaut: .Tiüui<u iili' »vTir oryyQaqtrc ovTt hrfujitäffoc, iori 'Potfucidjv oriYt tu' tx mtkruf'))' /(ü'Toi Xöyo)}' tr uQdij; dtXrinc ißfuCnjitrn))' 'i'xitiiTo^ ti miriai.affi'j)' (u-t- yQcoi'tr. Tot'rtor i)i tii'ij: inr .liviiov yt)'i'(i'}ai i-ior^ Ityiirrur Pvnivhir rf xin 'PtiJiini' toi'c olxttnuc. tFj^ 'PoUti/^. 'i'Tt()oi (Vi th'yarfioi; .tlriinv rrnlihi^, nrov 6i .tiarijo^ orxt'ri di(>(ii^oiTi^. Darauf folgt ein Beispiel für jede der beiden erwähnten Traditionsformen.

Der erste Satz ist eine der wenigen Stellen, an denen von den Auf- zeichnungen im Pontificalarchiv dio Rede ist. Korneniann hat aus ihnen und aus dem einheitlichen Charakter der alten annalislischeu Überlieferung den unbestreitbaren Schluß gezogen, daß bereits vnr den literarischen i?eniiihungen des Naevius, Fabius und Cincius ein jiriesterliches Aniialen- werk bestanden hat. das die Cieschichte der Stadt von der Gründung an in den wesentlichen Zügen festgelegt hat*). Soltau hat seinerseits richtig erkannt, daß dei zweite Satz lediglich die Eiideitung zu den beiden an ihn angeschlossenen Heispielen ist, also nur auf sie, nicht etwa auch auf die Tradition des Fabius''), bezogen werden darf. Aber er begeht das schwere Mißverständnis, die beiden Beispiele aus den Fontificalannalen herzuleiten.

Das Mißverständnis konnte entstehen, wemi man den Abschnitt nur im Rahmen seines Kapitels betrachtete. Aber der wahre Sinn ergibt sich erst aus seiner Stellung in der (iesamtkomposition des ersten Buches. Dionys zieiit an dieser Stelle zum ersten Male offen die römische Lite- ratur in weiterem Umfange heran. Da ist es nur natürlich, wenn er die römische Überlieferung gerade an dieser Stelle noch einmal in ihrer Eigenart und ihrem Quellenwert charakterisiert. ..Die durchweg junge literarische Überlieferung der Rönu-i fußt auf alten l'riesteraufzeichnungen. aus denen jeder Annalist die ihm richtig erscheinende i\uswahl trifft." Die starken Abweichungen der Annalistik veranlassen den Griechen also zu der Vermutung, daß die Priesteiannalcn eine reiche Auswahl von Varianten über die Stadtgründung boten. ..V(m diesen Annalisten machen einige die Stadtgründer zu Sölineu. andeie zu Tochtersöhnen des Aneas.'' Mit diesem Satze geht der Autor von der allgemeinen Charakteristik der Literaturgattung zum Bericlit über ihre Traditionen im Einzelnen über, erwähnt in diesem Kapitel zwei von der Vulgata völlig abwcchende Varianten, um sich iiri nächsten Kapitel zur Darstellung der herrschenden Meinung zu wenden.

Aich. f. ]!Hi(iwn.yv'is»en.^.hüffX\\, VXf^, S ll-_>. Vliilohyus i;>^, V.W.). S. 15.^.

Kntst. iL röiii. GeschichUschv., iliUlt. S. '-'if.

2) De- PiieMercodex i d. Regia. Tiib. Dokt.-Veiz. V.)l-2. S. Hfl'.

3) So Momiijscu, H/im. Chron.'', S. 152, Aniu. 288.

Griechische Traditiuncn von <Jci Oriindidi;/ Hoins. 140

Zitiert werden alsd in dieseni Kapitel nielit dii' Pniitificaiannalen. sondtMii nur die stark voneinander aiiweiolienden jungen Annalisten, als deren f^enieinsanie Quell(» die l'riesterannalen fi(.'naiint werden. Daß Dionys sie nielit selber eingesehen hat, folgt meines Eraehtehs aus der \orsiehtig(Mi und unklaren Weise, in der er von ihnen spiieht '). Ob die lieiden Traditionen dieses Kapitels wirklich in dem von Soltan behaupteten nahen Vertiältins zum I'riestcrcodex stehen, kann danach nur die Kritik ihres Inhalts lehren.

In der erhaltenen I^'orni sind beide unbestreitbar sehr jung. Die erste stellt einen Ausgleich dar zwischen der Dielitervcrsion. nach der die Zwillingsgründer Tochtersöhne des Äneas sind, und der herrschenden Tradition, Aneas habe seine latinische Ilcrrsehatt durch Erbvertrag mit Latinus gewonnen'-'). Aus fast allen Einzelheiten laßt sich der junge liarmonistische (,'harakter des Machwerks erkennen. Insbesondere sei die Unterdrückung der Gottessohuschaft der Stadtgründer erwähnt.

Schwieriger ist die zweite Tradition zu Iteurtiilen. Wenn sie die doppelte Gründung Roms berichtet, so gehört sie in der üb 'rlielerleii Form mit Sicherheit dem ersten Jahrhundert an-^). Aber auch die erste Grün- dung der Stadt durch die Söhne des Äneas, die allein im Sinne Soltaus verwendet werden könnte, trägt deutlich Spuren einer Überarbeitung aus derselben Zeit.

Askanios teilt nach dem Tode des Aneas das Latinerreich mit seinen Hrüdern Rhomos und Rhomvlos. Er gründet in seinem Reiehsteil Alba und einige andere Orte. Rhomos gründet in dem seinen Capua, Anchise, Aineia, das später laniklon umbenannt wurde, und Rom, die Namen nach der Geschlechterfolge seines Hauses vom alten Kapys her wälüend. Von dem dritten lirudcr Rhomvlos ist nicht mehr die Rede*).

Anchise und Aineia möchte man demselben Überarbeiter zuschreiben, dem die Gleichung Aincia-Ianiklon gehört. Der echt römische Name des Rhomylos füllt so völlig aus dem Rahmen heraus, daß wir ihn aus- scheiden müssen. So bleibt eine rein griechische Version als Kern übrig: Askanios, der Älteste des Äneas, gründet Alba und die Latinerstädte: sein jüngerer Rruder Rhomos ist tler Gründer von Rom und Capna. Diese griechische Tradition, die das nm 300 bereits in Rom offiziell anerkannte

1) ÜPi-,irti<;(3 Zitate pviiiulrer Quellen bei Diojiys .sind ti iil.'Jicisch. Siehe E. Schwiirtz in Pauly-Wissow a i?A' V, 8ii. it.V), Art. Dioiyniog IV.',.

2) Dion. I, 73, 2.

d) Trotz Unger (Rhein. Mm. ^5, IHHll, .S. IDIT.), Hnlzapl'el (Rom. Chron. S. 112) unil Soltan xAn-h. XII, S. 114. FliiM. G8. S. l.V), R,>m. Gcschschr. S. 25) läßt .sich die doppelte Gründung Konis niclil vor Snlhi naoliwoisen. Siehe Louze, Rom. Jahrz; S. 287 f.

J) Dien. I, 73, 3.

14() Werner Schur,

Zwilliugsniotiv mit der Wölfin') völlip; außer Acht läßt, hat allem An- schein nach ein römischer Annalist des ersten Jahrhunderts seinem Werke einverleibt.

B. Niese hat richtig gesehen, daß hier die Gliederung des römischen Staatsgelncts, wie sie sich bald nach der I\Iitte des vierten Jahrhundeits entwickelt hatte, in sachverständiger Weise wiedergegeben ist-). Die l^atiner sind Verwandte der Römer, ihre um Alba vereinten Bundesstädte von einem Bruder des Rhomos gegründet. Die Campaner hingegen sind si'lbst Römer, ihie Hauptstadt also eine (irimdung des Rhomos selber. Wenn unser sachverständiger Autor die Abhängigkeit Cajnias von Rom in die ehrenvolle Form einer gemeinsamen (iriuidung kleidet, so werden wir in ihm einen Campaner oder campanischen (iriechen vermuten. Läßt er die Zwillingslegende völlig außer Acht, so fehlte ihm jede offizielle Mission-'). Und Avir werden gut tun, ihn möglichst hoch hinaufzusetzen. So konmien wir auf eine jjrivate campanische Chronik bald nach der Mitte des vierten Jahrhunderts als Quelle der Tradition, die Soltau als Hauptbeispiel für die vorliterarische Gründungssage der Römer ver- wertet hat.

3. Die Sage von der Verbrennung der Schiffe.

Mit den Sagen von der Landung des .\neas und iles Odysseus in Latiuin hat Hellanikos die Tradition von der Troerin Rhume verbuiuien, die durch Verbrennung der Schiffe die Niederlassung ihrer Fahrtgeno.ssen in dem fernen Lande und die Gründung Roms erzwungen habe*). Plutarch^) und rolyän") geben zwei junge Versionen derselben Erzählung, in denen ohne Nennung des Äneas Troerinuen ihre Männer in Rom fest- halten. Aristoteles') und der von ihm abhängige flerakleides") berichten dasselbe von Troerinnen, die ihren griechischen Herren am Tiberstrand die Schiffe verbrennen.

Dies Motiv der Scliiffsverbrcnnung durch Frauen, die des Weiter- fahrens überdrüssig sind, tritt an sechs verschiedenen Stellen der griechischen Welt auf^), in Italien neben Rom in Caieta'"), Tisa") und

1) Siebe oben S. 139. 2) Eist. Z. 59, X. F. 23, 1888, S. 19U.

3) Capua oikuiinte iiacb Ausweis seiuer Milnzpii bereite vor 312 dio Zwillingslegende au.

i) FHG h fr. 52, fr. 53 = Dion. I, 72, 2.

5) quuesi Rom. 6, de mul xirt. 1, Rom. 1.

Q) Strateg VIII, 25, 2. 7) . Dion. I, 72, 3.

8) Fest. p. 2(j6 M. s. v. Romam.

9) Zusammengestellt von GeffcJicu, Timaios, S. 22.

10) Auo.t. de or. g. R. 10: Caieta an!) loi- xaitiy, weil hier die Trourinneii die F'iitte des Aneas verbrannt haben.

11) Serv. ud Acn. X, 179: Gefangene Troerinnen verbrennen die Schifl'e des Epeios.

10

Giirrhisch.r TraiJif'wnen von der (Irümhuiq Borns. 147

der Siritis')- auf Sizilien im Elymerland^) und auf der Clialkidike in Skiüue •').

Wenn man bisher auf Grund dieser gewaltigen Verbreitung des Motivs die Frage nacli seinem Ursprung für unlösbar erklärt*), so geht diese Skepsis entschieden zu weit. Vielnieiir ergibt eine genaue Be- trachtung des Materials eine glatte Antwort. Die Tradition ülier Caieta ist die et_vmologische Spielerei eines späten Römers, der so einen wesent- lichen Zug aus der Erzählung des Hellanikos in die offizielle Version eingefügt hat. Auch die Verbrennung eines Teils der Flotte des Aneas im Elymerlande ist eine Ausglcichsversiou des Varro''). der so die iierr- schende Tradition mit der Sage von der troischen Siedlung in West- sizilien und mit der Tradition des Hellanikos zu verbinden wußte.

Gegenüber diesen jungen Fortbildungen der Version des Hellanikos schließen sich die Traditionen von Pisa, Skione und der Siritis in dem gemeinsamen Zuge zusammen, daß hier überall gefangene Troerinnen die Schiffe ihrer griechischen Herren verl)reiinen. Auch läßt sich der Ursitz des Motivs feststellen. Die Anknüpfung in Skione ist sekundär, weil hier im Gegensatz zu allen anderen Parallelen der Herakleszug den historischen Hintergrund bildet. Und die Nachricht über Pisa ist zu jung und zu isoliert, als daß wir daraufhin den Ursprung des verbreiteten Motivs in diesem äußersten Winkel der alten Welt suchen dürften. Es bleibt dem- nach als Anfang die Lokalisierung in der Siritis.

So erweist sich Rom als ältester Sdiauplatz der Sage von den Troerinnen des Aneas, die Siritis als ältester Sitz des Motivs der ge- fangeuen Troerinnen. Daß diese beiden westgriechischen Motive unter sich zusammenhängen, kann nicht bezweifelt werden. Aus den ver- scliiedenstcn Gründen ist die Walirscheinlichkeit größer, daß die Sage aus dem früh kolonisierten Umlande von Kroton nach dem fernen Tiberufer verpflanzt wurde. Und so finden wir denn auch in der Siritis den Flußnamen Nauaithos, aus dem sichtlich die ganze Erzählung heraus- gesponneu ist.

Die Briicko zwischen der siritischen Version, nach der auf Anraten der Sctaia gefangene Troeriunen am iS'auaithos die Scliiffe ihrer griechi-

1) Timaios b. Lyc. Alex. \. '>2i., 1075 (mit Scholien). Etym. M. s. v. Sijuuov. fArist.] mir. m<ic. 109. Schol. ad Thcocr. IV, 24. Strabo VI, 1, 12. Siehe Gefickeu S. 22.

2) Dion. I, 52, 4. Virg. Äen. V. ßl.Sfl'.

:;) Str. VIT, fr. 25. Polyaou. .S<ra^. Ml. 17. Con. narr. V6. Steph. Byz. s. v

4) Canev, Berl. Stnd. I, S. -lOS. G-effcken a. a. 0.

5) Sielio A. Kieöling. dr Dion. Hai. antt. Rom. auclt. Lat. Di.ss. Bonn 1Ö5H, p. 40.

11

118 Werner Scinir,

seilen HeiToii veiljionncn, iiiul der Tradition des Hellanikos bildet dif Erzählung des Aristoteles') mit der Ergänzung dnrcli den davon ali- hängigen Ilerakleides^j. Hier ist weder von Aneas, noch von Odysseu.s die Rede. Nach Aristoteles verbrennen Troerinnen in l.atiuni die Schiffe ihrer aehäischcn Gel)ieter und erzwingen so die Gründung von Rom. Herakleides gibt als Ergänzung den Tiherstrand und die Anstifterin Rhonie. Dem Aristoteles hat also noch am Ende des vierten Jahrhnndejts (iin Bericht vorgelegen, der eine einfache Übertragung der siritisclicn Ur- versicn vom Nauaithos an den Tiber darstellt.

Das Sagenmotiv von der Verbrennufig der griechischen Schiffe durch Iroische Weilier ist also zunächst unverändert auf Rom ül>crtrageii worden, weil es einen vorzügliclun Ausgleicli zwischen der griechischen und der troischen Version der (iriindungssage zu bieten schien^). Ihre große Re- deutnng für die (leschiditc der Tradition vi'rdankt diese Schöpfung eines unbekannten westgriechischen Literaten aber einem anderen Umstände. Während die alte Anea.ssage den Heiden selbst zum Gründer der Stadt macht, und die Odysseussago wohl den Kirkesohn Latinos in diesem Stellung schiebt, tritt hier mit der Troerin Hliome, die der Setaia nachgel)ildet ist, die erste oclite Eponyme Roms auf*). Dieser glücklichen Erfindung dankt die Tradition einerseits das Interesse des Aristoteles, andrerseits die Auf- ualune in die Mischtradition des Hellanikos.

Der lesbische Logograph war (l<u- Schöpfer der ni\ter seinem Namen überlieferten Mischtradition. Er begann seine Urgeschichte von Latium mit der Landung des Odyaseus, der hier wohl mit Kirke den Stammes- epoiiymen Latinos erzeugte''). Danach ließ er den Aneas ankommen und verband mit der Sage von seiner Stadtgründung die von dei' Verbrennung der Schiffe durcli troische Weibei, die von der Rhome dazu angestiftet sind. Diese Vordrehung des Troerinnenmotivs hat durch seine Autorität eine gewaltige Wirkung erzielt. Nur Aristoteles hat die ursprüngliche Version dagegen erhallen.

1) Dioii. Hai. I, 7'2, :.'.. Er ist dorn verfälschten Plutarchexzerpl, ilas auf [nha zurückstellt, vnrzuzifben. Siehe II. Peter, l^bcr i/. llVri (/. hi'nt. Schriftsf. il. K. hiha II. r. Muur. Pvos^r. Jt( ißeii IHVX S. B.

2) Fest. p. 2')ii Jl. <;. V. n<iiiiii)>i. llcilziiiger, Li/kojikron S. (U, hat ilen Zu- sanimonliaiig richtig erkannt, stützt sich aber zu ITurecht auf Plutarch.

;!) Die HcgrüUfluiig schon richtig bei K. lt. Klaii.seu. Änens und die Pen/ihn II. 8. •'j<iS. DocJi hat er die ursprüngliche Selbslaudigkeit des Motivs auf röniischoit Boden noch iiiclit erkannt.

4J Die Rlioine auf den aineiatischen Münzen des sechsten .Talirhunderts, die C. Robert nachweisen will (.l»v7i. ZU/. 1870, 8. 23ff.), ist nicht zu lialteu. Siehe L. Uriedlander, Ziitsrlir. /'. Nitiiiigm. VIII, 1880, S. 222.

5) So bereits Ues. Tlicog. v. 1011 ff.

12

Griccliischc Tr<i/Iifi(iiicn von der (hüuiliimi Uomn. 149

4. Die Sage von der Westlandfahrt des Äneas.

Die Safi;e von der Wostlaiulfaliit des Äneas ist eine westgriechische Erfinilun^- und den üstgriechcn, sogar noch dein Hellanikos der Troika, völlif^ unbekannt'). Erst die umfassenden Studien für die Weltchronik setzen den Logographen in den Stand, dem Mutterlande die Äneassage des Westens zu vermitteln. Vor ihm hat nacli dem unanfechtbaren Zeug- nis der tahula lüaca') der Dichter Stcsichoros in seiner 'IXiov jrtQi'n^ von der Einschiffung des Äneas nach Mcsperien berichtet. Doch ist mit diesem ältesten Zeugen keine chronologische Fixierung gegeben, da die alexandrinische Philologie in dem Material über die Dichter Namens Stesichoros eine heillose Verwirrung angerichtet hat.

V. Wilamowitz hat die erhaltenen Reste einer schaifsiunigen Kritik unterzogen und kommt dabei zur Annalime dreier Dichter dieses Namens^). Neben dem jungen Triigiker des vierten Jahrhunderts scheidet er von dem Hinieräer aus der Zeit des Phalaris. den wir nicht mehr fassen können, den Lokrer Stesichoros, der um die Zeit der Perserkriciie als Meister der Chorlyrik berühmt ward. Er ist im Jahre 485/484 nach dem Mutterlande übergesiedelt^). Um dit' Zeit der Schlacht an der Sagra, also um die Jahrhundertwende, hat er die beiden Helenalieder geschaffen''). Er soll aus Matauros stammen, in der lokrischen Politik eine Rolle ge- spielt haben und einen Bruder Mamertios besessen haben, der als aus- gezeichneter Geometer nicht über den Ausgang des sechsten Jahrhunderts hinaufdatiert werden kaini'^). Neben diesem deutlich erkennbaren Lokrer ist aber die Existenz des alten Hiraeräers, den die Alexandriner bei d<M- frühen Verwirrung der Tradition') für den einzig historisclien erklärt haben, durch das Zeugnis des Glaukos von Rhegion gesichert^).

Von den Werken gehören dem Lokrer die beiden Helenalieder. In der Geryoneis steht ein Dorismus von solcher Stärke, daß er den Hinieräer

1) Das zweite Äneasti-agtiunit des lleüanikos emlet in dem tlirnkisrhon Aiiioia und i.st dem .Tiignndweik Troika outnnmmen. Siehe F. Caiifr, linl. Sind, r, S. m> gegfn F. .Jacol)y in Paul y- Wi.s.sowa UE Mll, S. U i, Avt. HdhmikoK 7.

2) Au.sgabe von Mancuso, Menwric fh-i Lincei XIY, 8. Unterschrift des Haupt})ihles: 7/./«!.' nioan; xaxh Sxifdi/mior. Dicht darüber: Airr'juq oir Tin: iih'iuL; (!.i(t/oif>)' fi<; 'EoTieniav. Literaturnachweise siehe dort.

3) Simonidcs und Snppho, 1913, S. 233—242.

4) Miirm. l'nr Ep. 5U ^^ 485/)^4: i'rj/ö/'/Djioc v 7i'jnjj!jC f/c Tl/r'E/./.wSc loflxun.

5) Siehe Wilamowitz S. 234f.

C) Matauros: Suid. s. v. 2LTi]ar/jniuq, Stoph. Byz. s. v. Märi'.vnoc.. Politik: Ari:,t. RliH. 11, 1398b, 111,1412 a. Philod. (In mus. I, p. 18 Ko.mke. Mamertios: Hippias V. Elis ap. Heron. IV, Iffi H.4b.

7) Bereits Plalou (. Pliacdy . %\'S) und Aristoteles (1.1.) vermögen diu beiden Dicliler nicht mehr zu scheiden.

8; Ps. Plut. de mus. 7.

13

150 Wrrnrr ScJntr,

ausschließt')- Und im Kykiius zitiert der Dichter, aucli hier natürlich der Lokrer. den im seciisteii Jaliriimidert entstandenen Ileraklesschild als echten Bestandteil des liesiodeischen AVerkes-).

Wenn y. Wilaniowitz, bis hierher völlig das Richtige getroffen hat. so kann ich ihm in der Behandlung der Beziehungen zwischen Sinionides und Stesichoros nicht folgen. SimouideS zitiert Homer und die nt)/.a tm Utkla des Stesichoros in einem Atem"*). Daß sich hieraus eine in seinem sagenhaften Alter wurzelnde besonders hohe Autorität des Dichters Stesi- choros ergebe, ist ein Trugschluß, der sich von Apollodor'*) bis auf Wilaniowitz^) erhalten hat. Nur die homerische Autorität des Stesichoros wird dadurch erwiesen, über sein Alter gar nichts ausgesagt. Wilaraowitz weist selber den richtigen Weg mit dem Hinweis, daß die 'Aft^Xti tm Utlla auch dem Ibykos zugeschrieben werden **). Sie sind also mit großer Wahrscheinlichkeit auf den lokrischen Zeitgenossen des Simonides und des Ibykos zurückzuführen. Weun weiter Simouidcs in der Angabe. Amyklai sei die Residenz des Agamemnon gewesen, mit der Orestie des Stesichoros übereinstimmt^), so hat er auch hier den lokrischen Dichter benutzt, dessen 'AfHa er so hoch stellte. Damit sind die Hauptstücke des stesichoreischeu Schriftenkreises mit aller wünschenswerten Klarheit auf den Loki-er des beginnenden fünften Jahrhunderts zurückgeführt.

Der von Wilamowitz entdeckte neue Dichter tritt somit völlig an die Stelle des alten Himeräers, der ungreifbar im Dunkel der Vorzeit vei- sciiwindet. Er iiat in seinen Chorliedern die Heldensage mit großem Er- folge eigenartig behandelt und bereits in den Augen seines Zeitgenossen Simonides eine fast homerische Autorität besessen. Als Erneuerer der mythischen Vorstellungen gehört er in den foeis der Männer, die von der Mitte des sechsten Jahrhunderts ab die klassische Geisteskultur der Hellenen geschaffen luiben.

Auch die Iliupersi.s mit der Westlandfahrt des Äncas gehört un- streitig diesem Stesichoros. Nur dem schöpferischen Geiste dieses Neu- gostalters der alten Mythen kann der Gedanke entsprossen sein, einen troischen Helden zum Stannuvater nichtgriechischor Völker im fernen Westen zu machen. Mommsen hat denn auch mit vollem Recht den Dichter der Iliupersis für den Schöpfer der Sage von der Westhmdfahrt des Äneas erklärt*).

1) Siehe Wilamowitz S. 240. 2) Ebd.

'iS) fr. 53 = Athen. IV, p. 172 K: o['r<u yan "Ofojooq j/rff- Sr^riiyoooc nfiof ?.t;oT^ 4) Siehe F. Jacoliy, ApoUoihrs Chronik, S. IDÜ. r,) A. n. O. S. 2a(). 6) Athen. rV, p. 172 D. Siehe Wilamowitz S. 230.

7.) Stes. fr. 37 = S<'h<}l. ad Eur. Orest. 4(i. Sim. fr. 211 ebd. Siehe Wik mowitz S. 241t'.

8; RG I'*, S. 4C6.

14

Grirchisrhr Traditinncn von (Irr Grvndimg Emmt. 151

Aber seine Annahme, Stesichoros habe den Äneas bereits nach Rom gcfülirt. hat schon sein Schüler F. Cauer aufge^reboii'). Das Schweigen des Dionys, der doch möglichst alte Zeugen für den römischen Auient- lialt des Äneas sucht, zeigt unzweideutig, daß der Lokrer Rom nicht er- wähnt liat^). Auch die für Römer gearbeitete tabula Tliaca würde zweifel- los statt des allgemeinen Namens Hesperien die Hauptstadt der Welt nennen, wenn sie es irgend dürfte''). Aber auch Cauers neue Hypothese, der Dichter habe die Reise nach dem Westen nur nebenbei ohne ge- nauere Angabc des Endziels erwähnt, ist unhaltbar. Denn derartige Wandersagen pflegen doch gerade um der Reiseziele wilhMi erfunden zu werden. So müssen wir uns unter den übrigen Stationen der Reise des Äneas im Westen nach einem geeigneten Endziel umsehen.

In Canipanien finden wir keine alte Anknüpfung des Aneas. Was hier vorliegt, ist römische Ausschmückung, wie sie uns bei Vergil in großer Auswahl vorliegt*). So konmit nur noch das Elymerland im Westen Siziliens in Betracht. Hier kennt bereits Antiochos von Syrakus, den Thukydides in der Vorgeschichte seiner Heimatinsel benutzt, troische Siedelung''). Wer die Art des Antiochos. Heldensage in Eponymen- geschiehte umzusetzen, zu würdigen versteht, wird nicht zweifeln, daß die hier genannten Troer Elymos imd Aigestos die legitimen Vertreter des westsizilischen Äneas sind. 150 Jahre später hat die alte Elynier- stadt Segesta, als sie Roms Hilfe im Kampf gegen die Nachbarn brauchte, den gemeinsamen Stammvater Äneas benutzt und die Sage von seinem sizilischen Aufenthalt in Rom zu offizieller Anerkcnmmg gebracht •"'). Es ist die von dem Lokrer Stesichoros erfundene älteste Gestalt der Sage von der Westlandfahrt des Aneas.

Noch vor Hellanikos ist Äneas aber nach Rom übertragen worden, was aus der selbständigen Fortbildung der römischen Aneassage nach der ifischtradition des Lesbiers hervorgeht. Die innere Begründung dieses Vorgangs ist schwer zu geben. Daß damit irgendeine Aussage über die Nationalität der Römer ))eat)sichtigt war^), ist nicht anzunehmen, da die Troer im fünften Jalnlnuulert bereits als vollwertige (liiechen anerkannt waren. ^lir scheint der Gniiid für die Entstehuna^ einer zweiten römi-

1) Be.rl. Sind. I, S. 4G5.

2) Siehe H. Nissen, Fhrhis. .Ihh.^\, ISCß, S. 37!)fi".

ö) Der Name Hespurieii koiiimt erst in hcllenistisclior Zeit \-ni-. geliiirt iilso nii'lit dem Dichter, somlorn ileni BiKlhanor.

4) iSielie Nissen (a. .i. O,). der iiueh bereits richtii; den sizihsclien 1 r^Dniiii; iler Aneass!ia;e crk.innt hat,

.")i Tl.iik. VI, n,2.

(i) Stralj. XIII, 1, :!, p. (X«. Cic. Vcrr. IV. 33, 72. Fest. y. 340 M. s, v Seyeshi.

1) Siehe Mommseu, HG f. S. 4(11).

15

152 Wi'rnrr Sc/niv. (Griechische Traditionen vnn der Grihtdienij Rom<:.

sehen Grüiidnnfl;ssage jieben dci Treidition von dem Odysseussohn Latinos in den Machtversciiiebutison innerhalb der westgriciliischen Welt zu Hegen, wie sie sich gt'gen die Mitte des fünften Jaluhnmleits hin infolge der großen etruskisclien Ausdehnungsbewegung eingestellt liabcn. Das caiupanische Griechentum war in diesen Kämpfen völlig verbraucht und konnte sich nur durcli die Hilfe des syrakusanischen Tyrannen Hieion lialten. Das politische Übergewicht der Sikelioten mußte aber auch iliren Handel nach Mittelitalien bringen. Die hieraus erwachsenden römisch- syraknsanischen Beziehungen fanden ihren natürlichen Ausdruck in einer genealogischen Sage, die iu Anknüpfung an Stesichoros den Troer Aneas zum Gründungshcros der befreundeten Barbarenstadt am Tiber machte. So liat hier die Geschichte der Staaten und der Wirtschaft einen lieln^rr- schcuden Einfluß auf die Entwicklung der pseudohistorischen Tradition ausgeübt.

Breslau.

16

153

Delphische Neufiinde. V.

Von II. I'oiutow. V. Zusätze und Naoliträgp.

(F..r1setzniiic niul ScliliiC! von lid XVI S. IDO 177).

Eiiio yroßc Anzahl wiclitifrer Inseln ii'lcii ist in den lotzton Jaliicn onlzilTcit worden. Da die Kauinrücksiclitcn niögiiclisle Kürze gebieten, inuüten dicKcinunentare, besonders zu den längeren Texten, sehr bescinJinkt worden, z. T. ganz l'oitfallen. Auch die Ergänzungen konnten nieht immer mit der bishoriL'on (iriindlichkeit ansgeiidnt (»der molivieit werden: hier iileibt den l'acligenos.sen uocli manelu Nachlese übrig. - Im Anschluß au die wichtigen Könier-Urkuiulen in Teil IV Nr. llJff. seien zunächst die ueuen Römer-Staluen und -Texte zusammengestellt.

]. Uie Römersta tuen in Delphi.

Als erste Röiiierbasis zählt das lebensgroße Reiterdc>nkuial des Cousuls ir\ Acilius Glabrio vom J. 190. rekonstruiert in Bd. XV] S. 115: vg:l. S. 120, Text Nr. 115.

l:5S,9. Die zweite Röinerbasis ist die des 1'. Cornelius Scipio, gleichfalls aus d(^ui J. 100. Sie trug aber nicht seine von aiuleren ge- weihte Statue, soiuleru ein von ihm selb.'^l gestiftetes Weiligeschenk, ist also wie die dritte und dreizehnte Römerbasis (<^. Minuciusj nicht zu den eigentlichen Statuen zu zählen").

Inv.-Nr nifilit zu ennilt"lu, daliRi- Fundort unbeliannt. - Kalksteiii-

(juailer. auf Oberseite iin roclitor Kiiuto kleines Kliiniinerlodi (2 X 3; tief 3) die reclito Seite liiit otien glatten. T -j cm holion Saunisclilag, sonst gekrünelt; link.-j. hinten, unten linirli. H. 4:1 inax.; In'. 2*1 max.; tiefiiimax. - Liegt im Musouni;-!- keller. - limdist. 1:!- 1.") nun.

i;iS luv -Nr ^''^ schöne Schrift weist auf die .J. 200—150,

1 ^ ' .',' ihr älteresüni(>ga niii höher aufgesetztenSeiten-

- - ,>\,]lo.T/.ior „t,.j(.i„,„ y(p|,f 2. B. noch in der Weihinschrift

- - <)\oj(,>,r. j,^,^ {Mimenespfeiiers a. 182, %//.» tJ28. kommt aber später kaum nu'hr vor. Wenn wir in jener Zeit das große dimiiiii eines l'ublius-Sohnes in Delphi finden, so wird man zu allererst an die Sci])iouen denken, an die Weihgeschenke des Flamininus als Parallelen erinnern (vgl. Bil. XVI S. Ilü), und die Ergänzung {llunhoj. hnoi-i'^/u)]^ Ifo.y/Jor für möglich halten. Nun steht im luv. ;^5<>4 ein von uns nicht aufgefundenes Fragment, das hierzu stimmte:

Inv.-Nr. nbCA. Gefunden am '22. April 189ö aul3erlialb de.s O.stpovibidos naiic der Wa.sserleilung und deni Hause Üianiantopnlos. Kalkstei ntVagiuont, das links erlialtene Kante tiat; h.'M^ |m»x.]; bv. 25 [niax.|: tief 2'.l [niax.|. Soll sieb im IStnsciim betiiulen (V).

l.'{i> luv -Nr 35ti4 -^'"■'' '''•"'' ^^''''^1 '"<"• '"'' //'»tx/o..- A -- zu-

, . ' ' nächst Sci]»io vermnteii, und es ist wohl kein

yyo.TX^oc A - - 2:i,f,-ill, daß die Zweizeiligkeit, die linke Kante.

""" "' " " die Maße etc. dem des vorigen Bruchstücks

gut entsprechen. Ich möchte daher folgende Zusammeusetzung w;igen:

1) Die Anatlienie Nr. 138 1-11 sind erst zuletzt erkannt 'vordon und ver- anlaßten die Umnumnicrierung der Texte 142—1-14, die in Bd. XV [ S. IIH als Nr. 138 140 angegeben waren.

Kilo, Beitrage zui' alten Gescliicble XVII a/J. 11

2dO

154 B. Pomtow,

138/9. luv.-Nr. 3564 +(?) Inv.-Nr

ndyTXio<; Ii[o(>rrj X/o]c, üo^Xiov vioc, .4. TT 6 [IX fort d](!}Qrjf.

Statt HjtölXXori] paßte zu den Resten auch aj{t]&[)'yxfr], docli werden die Lücken im Inv. meist zu groß angegeben und der Götteruame durfte noch weniger felilen, als das ungern entbelirte 'Poj[/aloc. Nur die Auffindung von 35G4 kann zeigen, ob die Buchstabenhöhe zu dem rechten Fragment stimmt, früher sah ich in ersterem einen Briefanfang und ob aucii ILto breiter als Z. 1 geschrieben ist, d. h. so breit wie öfüQor. Aber selbst wenn 8564 nicht zugehörig wäre, möchte ich an Scipio als Stifter unseres örÖQor^) festhalten aus folgenden Gründen.

Im J. 193 weihte Scipio Africanus auf der ersten Reise nach Asien dem Apollo in Delos einen goldenen Kranz mit der Aufschrift

Uo.T/.io- riorrXinv Koin'ipunq, OTQUTtjyoQ vnaroc Pcofialon' und erhielt dafür von Delos die Proxenie. Im J. 190 auf dein Feldzug gegen Antiochos oder richtiger a. 189 auf der Rückfahrt von Asien wird ihm in Delos ein Lorbeerkranz dekretiert, weil er als früherer jrQÖstvoj: xa\ evtQytT/jC wiederum t/)i' crüüav tjtiiitXitar jigcfItui negi re rov hQov y.al A)}Xiv>v (IG XI 4, 712 = f^ull.^ 617). Auch sein Bruder Lucius Scipio (cos. a. 190) hatte in jener Zeit in Delos drei goldene Kränze gestiftet-). Es sei betont, daß die Scipionen mit solchen Stiftungen nicht vorangingen, sondern dem Flaniininus und seinem Bruder Lucius (Flottenkommandant) nachfolgten, die als erste Römer im J. 197 eine Spange und zwei goldene Kränze in Delos weihten und darin bald Nachahmer fanden, z. B. den Praetor Atilius Serranus a. 192, den Admiral Livius Salinator a. 191 u. a. '-)

1) Vgl. Sylhge^ u. 1154 aus dem IV. III. Jahrhundert auf einer RuuJsilule des Piraeus: NixctyliQU \ 'PiXiorlSov \ yvi-tj IlftiiO'iHui \ Jii rfcöyoc j xaTct fw.vTtiaf \ t'.riifijxe (IG II 8 p. 351, n. 1571?)) und ebenda n. 1141 aus der Kaiserzeit unter einem Adoranteu-Relief aus Philippopel: 'Ayu^ij Ti'/rj | ^zQazia insQ Trjg OQÜatiog] l^sij Ji//itjiiti <^(ö(>oi'.

2) Die Belegstollen für Spange und Kränze stehen im Delos-Inventar Dittenb. SylL- n. 588: vs. 85 f., L. und T. Flaniininus, Atilius und Livius Salinator; V. 89, T. Flamininus, L. Scipio als Praetor; v. 1(X) derselbe als Consul; v. 102 Africanus (fehlt in Henze's Artikel R-E IV 14ti9;; vgl. auch v. 103 (j. Fabius Labeo, Praetor und Flottenchef a. 189; v. 104 L. Aemilius Regillus, Praetor und Flotten- chef a. 190. Zu des Africanus erster Reise nach Asien, s. Henze R-E IV 1469; sie g:ilt als zweifelhaft, wird jetzt aber durch das Delos-Dekret JG XI 4, 712 erwiesen, s. Hidleaux, Hermes 48, 1913, S. 92ff. Über die genaue Datierung dieser Kränze läßt sich noch nicht sicher urteilen. In Si/Il.^ ist die Deniares- Urkuude nicht aufgenommen, weil ihre neue Bearbeitung in 7(r XI. 3 nr. 442, ß bevorstand (vgl. das Citat IG XI 4, 712 = Syll.' 517); der Druck dieses Fascikels ist durch den Krieg unterbrochen, und jeder, der sich ohne Kenntni.s der zahl- reichen noch unedierten Schatzmeisteriirkui^den an die D.atierungsfr.agen der Einzelstücke wagt, muß in die Irre gehen. Ich möchte hier nur zweierlei be- tonen: 1. die Titel der röm. Magistrate sind nur da zuverlässig, wo der Wort- laut der t.ity(i(t(f !/ selbst mitgeteilt wird (s. oben bei Scipio Africanus); dagegen haben die Ang.aben der Schatzmeister selbst nicht als korrekt zu gelten, z. B. ariifavo^. üv ilvhx^ijxtr Aiixioq KoQvij'/.icii —xi:i!wy, aryurijyui PoiituUor (Syll." .588, 90 und 91) braucht nicht von ihm als Praeior a. 193 geweiht zu sein, sondern paßt bes.'^er zu seinem Consulat a. 190 Oirjxir. vnatot;), wie es v. HX) steht, es geht ja auch der delisclie «. Menekrates vom .1. 191 ersterem voran (v. 88>. Oder: v. 103 steht als t:iiy()atf ij: Küirog 'PüiiioQ. lio/rrov rh'x;. aTiji:T>iyi>c'Piuu(ii'wi\ also richtig als Praetor a. 189, dagegen erscheint iu den späteren Listen unter att. lt. Archen a. 151 derselbe Kr;uiz als üiäüifui lioirrov 'l>i'.,ilui vnuTov. d. h.

241

Dif Riiinrrsfcäitrii in Delphi. 155

Sahen wir nun, chiß Flainiiün a. 197 auch nach Delphi dein Apollo einen goldenen Kranz, den Dioskuren silberne Schilde und den eigenen Sciilacht- schild lijrraoi- fiw(»«<;-. wie es im Weihegediclit heitit (Bd. XVI S. 119). so ist es fast sicher, daß die Scipionen ihn aucli hierin nachahmten, sicli gegen den delphischen Apollo nicht weniger fromm zeigten als gegen den dehschen und auch in Delphi ein (V/Joor geweiht haben, wenn anders ihre dortige Anwesenheit sich erweisen laut. Sie haben in der Tat im Früh- jahr 190. als M'. Acihus Aniphissa berannte (Bd. XVI S. 135), längere Zeit dort mit ihreni Heere gelagert, zuerst 10 '/.^ km von dieser Stadt entfernt (Polyb. 21. -1.9) später wohl in gröL5erer Nähe . und etwa die.'^elbe Entfernung von Aniphissa haben Delphi und Kirrha. Es ist nicht zweifel- haft, daß sie damals die Orakelstätte besuchten und daß Africanus wohl auch hier die Proxenie für sein diü^or erhielt, obgleich er wie M'. Acilius in der Proxenenliste fehlt. Hierzu stimmt, daß er in unserer Weihinschrift weder ot{iutiiy<>~ noch I'wuto^ heißt: er begleitete seinen Bruder, den Consul Lucius, nur als l^egat.

140. Etwa .S cm unterhalb der VVeihinschrift Nr. 13.S beginnt ein sorgfältig getilgter Text, der bis unten an den Bruch hinabgeht und in dessen Z. 2 ich - - EPAN (?) - - erkenne. Seine Buchstaben waren nicht so hoch wie die der Weihinschrift: diese aber ist rec]it>: und unten voll- ständig, da dort freier Raum blieb (auch am Schluß von Z. 1 ist noch leerer Kaum für 1 Buchstaben), so wird man kaum an ein Ehrendekret für Scipio oder an ein Weihegedicht denken können, da deren spätere Ausineißelung unverständlich wäre, sondern an irgendein Proxeniedekret, das als nicht zugehörig ebenso getilgt wurde, wie die Texte der Tareiitiner- Mauer (früher 'Phokiermauer. s. Bd. \'l S. 40f)|. Unser Stein hatte einst c. (iO (i5 cm Breite, aber da rechts Anschluß ist, war die Basis selbst breiter, oder rührt das auffallend kleine kurze Klammerloch eher von einem Dübel her, der ein Seitenprotil festhielt? Worin das hier aufgesteihe dnQoi' bestand, läßt sich natürlich nicht einmal vermuten.

des Consuls a. 183, während er daniais iii .seiner Provinz Liguilen war (R-EW 1774); vgl. über diese unedierte Liste Bull. '29, 550. Man sieht, wie aiiiuTtiyüq und i-jicTUtf durcheinander gebraucht wird 'ähnlich, wie ich nachträglich sehe, Btdl. 2;-!, 272ft'.l. 2. steht nicht fest, wie weit die häufig praescribierten delischen Archontenjahre die folgenden .4nathonie umfassen, ob nur das erste oder alle l)is zum nächsten Archonteunanien. \''enn übrigens Münzer R-E IV 1472 den L. Scipio von den Thcrmopyleu a. liH über Delos nach Italien segeln läßt, Su ist das unmöglich. Denn gleich nach der Thermopylenschlacht beherrschte noch des Antiochos Flotte das Cykladeniuecr. Atilius Serranus war 192 in Delos vor dem eigentlichen Kriegsausbruch. Liviu.s Salinator aber erst Ende 191. als des Antiochos Flotte schon das Meer geräumt hatte und der König nach Epliesus llüchtete, also lange nach der Thermopylenschlacht (die etwa Mitte Sommer wai'). Scipio kann also nicht Delos gleich nacli der Schlacht ange- laufen haben, sondern muß naturgemäß durch Thessalien nnd Epirus-A))ollonia nach Rom gereist sein, d. h. auf demselben Weg, den er mit M'. Acilius ge- kommen war. Kato dagegen suchte ihm zur See zuvorzukommen über Kreusis, Patras, Corcyra, Otranto, Rom. Daß dagegen Flaminin Ende 191 etwa mit Livius Salinator auch in Delos gewesen sein könne, ist zuzugeben. Sein 2. Kranz kann also damals geweiht sein. [Zu der Scipiostatue, die Bull, ft, 137 und 29, 238 und 36 (1912^ 198 ediert und zuletzt zögernd aut das 2. C'onsulat des Africanus minor Ca. 134) bezogen wird, bemerke ich, daß am Sclduß von Z. J die Ergänzung [//o.t/./oij] und in Z. 2: .i\ißv/.ir'.vov '.-it^iitxtirin] hinzuzufügen ist. Darnach lauten diese Zeilen: [lIl}7t\).[iof Koqyii'/.ioi- Ilonli'oi] \ [y]xini'i'ji'[f'.\ .1;/hi- /.lavur 'A<f.^ii<ayöy], | lij]z(juitiy[u]v [v7(](i[tiii- 'P](«.«ß[/(or]. | xi?..].

11*

242

150 H. Pnmtow,

141. Die dritte Römorbasis (?). Nur zögernd reihe ich folgendes Stiieiicheii aiis dem Inventar ein: Kalksteinfragnient, ii. 34: br. 18; dick 21; gefunden am 4. Mai 181)4; Inmdort fehlt.

Inv-Nr 14'''' ^^'^ 'If^^' ßr^'^c von 18 cm [niax.] für 9 Buchstaben ' , ', ""' darf man ziemlich sicher an eine Weihinschrift os- Mau(>xor ,1^,^^.,^ „jpjif ,,„ ^1,^ l'ioxeiiiedekret. Dann kann (H>njTij jii 2;. 2 nur [/]"(" <jry/|(</orJ ergänzt werden, so daß

der Worthaut sehr ähnlich dem vorigen Aiialhem Nr. 1H8,1) wird. So selten bisher in Delphi solche Dankesanathcnie vorkommen, so häutig waren sie in Delos, wo z. B. auf einem Kranze stand: An'-xKi^'OjT.vioc'Poiiiaio.^ '/Ijrökkoi'i yaoiOT/'nnni-^). Und da wir bei den zwei in Betracht kommenden Oppii (s. d. Anm.) den \'a(ersnamen nicht kennen, konnte der I'raetor ge- meint sein und c, a. Jüi* zwei /ci^tiOT/ji^iuc geweiht haben, nach Delos den Kranz, nach Delphi unsere Basis. Aber sichere Marcus-Söhne verdienen doch den Vorzug, so dali man etwa folgendes vorschlagen möchte:

141. Inv. -Nr. 142-'. [Aiiry.iOi^ Ai!tvÄi':']fu. Afcn^ixitv [tv'o'c],

Dabei könnte sowohl M. Aemilius M. f. Lepidus gemeint sein Atvxio^ ist ebenso lang wie Maai>-/.(K , dem wir a. 1^8 als delph. Proxenos im Text Nr. 143 begegnen, der aber schon a. 200 Gesandter an König Philipp gewesen war (R-K I 553). als auch besser L. Aemilius M. f. Kegillus, I'raetor und Admiral a. lltO, der für seinen Scesicg gegen Antiochos LuriJiiis penixtriii/y einen Tempel gelobt und in Delos einen goldenen Lor- beerkranz stiftet mit der Aufschrift: Aivxi(j~: Aii/rXntc. ijT()aT/f/()^'Po)/n:li'j)\ vgl. Dittenb. .S'////.- 5,s8, 104 und L'-IJ l 582, wo aber der Kranz fehlt-).

Schließlich ist auch die Möglichkeit nicht abzuweisen, daß unser Fragment vielmehr mit Text Nr. 13'J zusammenzusetzen sei:

lIo.Trhoc. K 04, Mcdoxoc

viöc, 'Ajr6[XXo)rt z]"P"''''/'l(""'']- Sobald die

Bruchstücke wiedergefunden sind, genügt ein Blick zur Entscheidung.

[141". Nachtiäglich stoße ich im luv. auf ein unscheinbares Fragment weißen Marmors, rechts und links gebrodien; II. 0.12; br. 0,18;

1) Vgl. Ditteiil). iS//H.- 5SS, V. 148. Diesen Oppiiis hält Ditteub. lür den Vollwstribunen des J. VAI (Liv. S'2, 28, iJj, ohne zu fragen, wio der nach Dolos i;e- Icomuieu .sei; dage.^eu war L. Oppiiis S.iliuator im .T. 192 wruigsteus Flolten- kuinmandant zum Schutze Sicilions gegen Antii)cliiis (l^iv. 135, 2:5; Praetor a. 11)1 auf Savdinie.'i, Liv. 35, '24 und 3(5,2) und wurde a. 154 mit aiuleren (Ti'saudten nach Asien geschickt (Pnlyb. 33, 1:3). Aber das Delo.s-lnveutar, in •welcliem doi' oliigo Kranz steht, schlotJ mit dem Demares-Avchontnt, a. W). -- Die ilbiigeu l>elischeu /ix(ji(nljyi(( aiitlerhalb der Sch.Ttzni6i.steiurkiindc^u stammen auch ans dem Anfang des II. .lahrhunderts. vgl. IG XI 4 1220, 12:iG, 12-54, 1255. 12(;rl, 12r.7 (siimtlich an Sarapis, Isis, Anul)is). Aus späterer Z(>it sind .S////»//« ' I12i), 1130. 1132. llüti, 1137. Alter waren die -/atitoiijoia de.s Altalcs 1 im Demares-Inventar, Sj/U.- 588, 183. Vgl. auch ans Khodos; 'li(>f^Ut^ 'A',h:ri-cy!ioa \ —oi.eii 'lixi'aiu, \ ^itiitiniiSi x"-i"'''^''iV"'^' I "«'i^f'^' ^^ /tfyi-J.ot ;{ii'(H-ynv in Anc Gr.J. Brit.Mu^. IV 2, nr. 9(;7 {GDJ III 1, n. 4113). \'gl. ans Athen eine ifiuXif xi/t ti Aii/iiinn xu) tiji KuQiji ■/(iiHiu'miKiv Vom .J. lUU, Si/ll.-' 717, :iO und das etwas jüngere Säaleuauathem an .{sklepios, Hygicia, Jiypuos ebenda nr. 114;{. Andere bei Ditt. Or. (Index). 2j Aucli an M. Fnlvins Nobilior, M. f HeCe sicli ilenken, der fitr die Kr- ohevung von Same nnd den aetolischen Krieg a. 1811 das IJankesaiuitlicm geweiht hätte, vgl. lid. XVI, S. 1:30. Dann wäre zu ergänzen:

{MaciJ^og </'i)Aoi'/VJo,-, Mvüiixov [rl»,-].

['/'(üjUarog, 'AniO.kwri ■/]aimjTl,\eior\.

243

Dir li'öui'i >l(i/i(in in Dtljihi. 157

d. O.ld; 'llülif lies f^aiizon Stücks (>,2l". Fundort uml Datum fehlen, leh

liiv.-Nr. 213H. erKünzo die Maiiiskeln

n, „, „, , 1 < ' 'ij r - 1 wie iieben.stelieiid. In

l'r.nenonien. iionion o e vioc, /'cA/iaKi^] rj , , ^ i

- ., .,- - ,, .,.] / ' 1 Z. -J heftinnt _l, wo-

Rest wohl IUI) lür den leehten (jiiejstricli eines Li halten kaini. Im luv. stellt noch der Zusatz 'auf der breiteren Seite unterscheidet man noch Spuren von Buchstaben am (oberen) Ivande'. Die bei Text 141 vorf(e- schlafienen i'cisoneii kommen auch für Nl' in Betiacht, aulierdtsni andere, die nicht Marcus-Söhne sind. [Sielie Nachtrafj- HJ.] Jedenfalls wird die v(iri;;e iMf^anzunf; von |;(|«(>'''r//|()forJ jetzt als richtig erwiesen. Der Zusatz \ti'ii llr!)i\iiii wiini für einen Körner um l'JO— 1;50 zu weitschweifig]

Die vierte Kömerbasis trug die Kclterstatue des T. Quinctius Klaminiuus (% lebensgroß) von .1. 18S; s. Bd. XVI S. 1 Ki und Text Nr. 114. ]■> ist möglich, dalJ sie mit der fünften identisch ist (a, a. 0. S. ll.S). hatte aber dann kein Keiterbild gctrageu; s. zu Text Nr. 142.

142 -li4. Die fünfte Uümerbasis und ihre IVoxenieen für:

e. Syrakusamr; M. Aeni. I.epidus; L. llortensius. -- Vermutlich im Winter ]<sy3/4 wurde vor deiii Opistliodom "ein wenig jenseits der Westpolygonmauer" der untere Teil einer Basis aus Kalkstein ausgegraben. Da sie zwischen den (,)uadern des Aitolisdeukmals fs. Text Nr. tU, Bd. XV S. 4'2) zutage icain, darf man annehmen, dali sie unweit des letzteien auf der Tempellerrasse gestaniien hat. l^'alls die Unteransiclit in der Tat Ü4X!J2 cm hjal.'i, liätten wir nur an eine Sitzstatue zu denken.

Die luv. -Nr. [lii:'.0] iphlt aul' iloin Stein. Leider ist Euscli's Deiikm.als- y.eiohmuig für eine Keprodiiktion iiiclit .aiisreicliend; ich "Descliritiikt^ niicli dalior fiiit' l'olgeudo Aiigaljen von ihm: rocht.s, oben und hinten Brm-h, doch scheint von der recliton Seitenfläche Ranz unten eiu Stückclieu erhalten, de.sgl. vielleicht (.V) von der liiickseito nnten. Der Oberteil ist ganz abgeschlagen, doch sollen hii'r Reste von Stand.=!pnren existieren [wohl richtiger Zapl'löcher für die Deck- ]ilattc?|. Unten ist ein <> cm hohes Proül erhalten, die Uuferansichl liat 94 cm Urcite 9'2 |max V] Tiefe und zeigt links vorn ein oblonges Dübelloch. Die liuko Seitenflilche i:-t nur bi.s Oi1,ö cm llreifo erhalten, dann folgt In.s hinten Bruch. Die Liasis ist vorn hoch: 41 max.; breit: unten beim Profil 71 max., im Schaft K> max.; tief: links unten (i0,.5 ma.N.. Bei dieser Beschreibung ist die Seite mit dem iiltesfen Dekret Mr. 14'2 .'ils Front angenommen, aber da der Text wieder- kopiert scheint, kann auch ilio sogen, linke Seite mit Nr. 143 44 die einstige Vorderseite gebildet liaben. Standort: anßerhalb des Westperibolos, c. 7 in von Tor '2a entfernt, dicht (nördlich) am Wege. ^ Buchst, im Text A 11 13 min (Linien vorgerissen'), li G 7, C 7— H mm.

lii. luv. -Nr. 103!) A. An der Front (?) bez. der rechten Seite (a. ,'JOö/-J).

, , , „, , , ,, xr 1 Die Schrift ist jung,

J^;.r/o, > Aro^ur Ä>,.r, . Uyrru, .\[r(m]- ,, ,,.,ß ^tere „Wieder-

^ü,.n > P[o>,u,uoy, avTo y.a . X;-o, w.:, .?[po]- j.^ ^^,, wahrsclicinlich,

^, ) ,,' > -, ^ ' n ' vgl. das dritte -ro in

xiav, aorkiar. c.rtXuar j«a'T(ov xamtjtiit r, ,-, ..,

' , , > , «. P(i>ii('.(OQ hier als iru-

jTQo^kroic xat tvi^r/nai^. Aqxoitoq ^ ^ ^^^^^^ Beispiel vergl

Mt-yaQTu, ß(>vlnH,rTf.,r Mraoilhov,^ AOa/t- j^'^e^t Nr 157 die

ßov, 'Pairov, mxoiiovXov, U^coTilQ^ov. Parallelcf?) r,aAoa'i>«-

'''^''"«-■^ imim.. Etwa gleich- zeitig mit Nr. 142 ist das syrakusanisclie l'sephisma, /. i\ Mitynr.-iia n. 72,

über das Niese Hl 37 i), add. /u p. 558 lichtiger urteilt als Kern, der es

'244

158 E. Point 0}iK

"wonif^e Jahre nach der Zei-.stöiuns iliircli MarcoHus"' datiert, was iin- inöp;licli ist. Icli veriiuite iiumer mclir, daß diese Magnesintcxto viel jünger sind: denn oben liat der Syrakusuiier das rom. Binoerreciit. Der Kranz unter dem Text zeigt an, daß in dem ursprüngliclien Dekret die I'"ormel y.cä itTtifurotout Öäifvi/^ mKfürtoi enthalten war. Aucli dies spriciit dafür, daß hier eine spätere verkürzte Wiedergabe des alten Dokuments vorliegt. Der ä. Megartas gehört in die letzten Jahre vor 200 v. Chr., vgl. SijU.^ 5Ö4 not. 1.

143. B. Auf der linken Seite (?), bez. Front. {a. IS'Jß). [0 t ;, y]. r i- X [«].

I 11 <!;;((>• ro,' Z^)•(u)■o^■ toi ^Axtwiöa, jioK\Ktvi)VXU)v Jf^ixiirhto.;, KÄeodü/itlov], \S!'vojvti^, idots lüt nu).ii TCO)' hJjfCor tjc (':;.opr;( tiXilwi uiu ydifois r«tc f ri'ö//0((.-]' [intid!^ 'H(ivg Ei-6u)(ior, /lafi(>af>t]y}j<; 'Ai}-/i)-ic Tzozinoofvf^ivTt^ nuti zäv txx'/.r^- i) [aiav ö'itXiytjv ntiA M((d(jxov Ai^u]v).lov Aejii'äuv 'Poiftni'ov, anuXoyitöfievoi av tyet [fü'jtntv noTi TC züv nü'/.iv xt(T\ jiärxKi Jt\if>ovi' ötiAxfy«^ zrit noÄei, inuivfOHi [Manoxov Aifiv/.iui- Atjieäoy] 'Pwficdor xa'i iffitv avzüv TiijdSei'OV xic[l tie(jj']tr«r [lov ze ieiiov xni r«c fiö/.toi:, «jiröv xcd txyorovc' i',7««/ejv lii airiui niyoi^iav- [ztlctv, Tiititiixinv, nzk).tict]v, nav'f.iav, nQotöijtav (■/< näat roli (iy\io\ x votc, oxq 10 [('; Tiölti rlittjTi, X(d zi'i>.]>.(; oda xcd xol^ ß/.Ao/c THioStyuti xai £ve(>[y] x X izcic.

Über dieses Sonderdekret für Aemilius Lepidus ist im Bd. XVI S. JIH gehandelt. Er steht in der großen Proxenenliste Syllß 58ö als prox. iS beim J. 189/8 und wurde gleich darauf Consul (a. 187). So wie in jener Liste als Proxeuen vorangehen Flainininus (pr. 46) und L. Acilius (pr. 47), möchte man auch deren Ehrendekrete auf unserem Denkmal voraussetzen und dieses selbst dem Flainininus zuweisen. Dessen Standplatte war in Bd. XVI S. 116 auf 93 cm Breite ergänzt, stünde also zu der Breite unseres Unterprofils (94 cm) in richtigem Verhältnis. Falls aber die ünteransicht des letzteren in der Tat nur 92 cm Tiefe hat, liätten wir nur an eine Sitzstatue zu denken. Vielleicht befand sich das Sonderdekret für Flamininus auf der Front (?) über Nr. 142, das des L. Acilius auf der Seite über Nr. 143. wo jetzt überall Brach ist. Sehr interessant sind die Namen der beiden Antragsteller ['tfyvi Evdf.6()ov, iniioof^tlirij; \l(r/J?.a, von denen der erste nach Ausweis der Lücke ganz kurz gewesen sein muß; denn es sind die in Bd. XV) S. 130 Nr. 119, Z. 3 genannten (iesandten nach Rom (Dez. 189). die sich durch dieses Dekret dem Griechenfreunde Lepidus für die im Senat gewährte Hilfe dankbar erzeigten. Vgl. die Ausführungen in Sißl? vol. II, add. ad n. 611«. U4. C. Dicht unter Text Nr. 143. (a. 168).

['.( )■ ((] it ('. i T i- / a- I.

[".lpX"''f"v K?.\iut iu<;, fiov/.Eivrzvjv ruf .lyton,'»' tSiMi/rof Kcü.'/.la, H<jv- [og, n<:at(oro^, Jt]i.<poi iötuxnv Aevxitoi 'Otfzi/ai'uji I{(tifZfOiru)i, itczO)/ xcd txyö- [i'Oiy.-, ni>octi]i'ctt\ nQiiiiiutdnv, :n>oid(ji'ii>; riooSixInr. äavi.iar, cnf-ktictr niiv- n [zwv xcd ZI-. i'iyO.a. ucut xa't zotq i'lX/.oi^ Jioii^iyoic x'd fhtnytzc.i^ zäi: :inÄiog' [ki^tfv ()( <cr]li>r xcd iti cjnofiüxoi' zCoi' zt flvHi'wf xcd ^wzijiji'vji:

Es wäre bestechend, in dem Geehrten den bekannten Praetor Lucius Horlensius zu sehen, der als Flottenkommandant gegen König Perseus im J. 170 ernannt war und in Athen (IG U'^ 907. cf. Liv. XLIll 4. 6. 7.) und Delos [Bull. II 576^.,, vgl. 583; Vlll 91) geehrt wurde; s. A'-Ä' VIII 24(;6. Denn das Jahr und die äußeren Umstände passen vorziisjücii. und die Horteusier sind selten. Aber Dessau teilt mir freundlichst mit, das Ethnikon

245

Die Itömiisiatueit in Ddylii. 159

zeisjo. daß es sich liier um IvandstacU-Aiiei (Bruiidisium) liaudele, also kein hauijtstädtischer Hoilensius gemeint sein könne. (Jbrigens war im .1. 1:10 schon ein Brundisincr delphischer Proxenos geworden (C. Sta- toriiis ('. f.. vt'l. Still.''' 585. prox. '27).

Als sechste Römer basis hat der große Marinorpf eiler mit dem Reiters(an(ll)ilii des Aemilius Paulus zu gelten, obwohl er ursprünglich von König Perseus orriclitet war. Die Zeit der Statuenaufstellung ist das Jahr nach der Pydna-Sehlacht, also 167 v. Chr. Über die Weihinschrift und die Rekonsiruktiou d'^s Denkmals s. unten Absdinitt 'S.

14."» und HO. Siebente und achte Rönierbasis. Statue des Legaten us, ilarci filins. Auf einer niedrigen Kalkstein- stufe, über der wohl die Standpiatte lag, steht folgende Weihinsciirift:

145. luv. -Nr. 4150. Buchst. 2— 2V2 cm (.A).

Th yi'irör rc'ir ;I>a)x[io)i' prucnutyieti, nomcn]

nr, Mäijy.ov v\öv, .Tofö(9n'[Tf(r 'Pfofialoir, ror kvtov]

.Ticroftirit x<ct tvtQyhTcv 'Al.tö^.Xoiri ITrlHon].

Iiiv.-Xr. 4150 (die Zahl fehlt auf dem Steiul. - Gefunden am 11. Aug. 1898 im PHaster der lieil. Straße gpsentiber Sihylleufels. Niedrige Kalkstein- basis, rechts und hinten Bruch, linii.s glatt, OUer.-ieite rauh gekrönelt: h. 0,22; br. G,W) niax.; tief O.'iii ma.x. Liegt in der 8. lieihe des Stratioteufeldes.

Über die Schreibung Mnnxov und MaÜQxnv s. die Anmerkung').

1) Man konnte mit Recht aunclimeu, daß aus der Schreibung MtatoKOi statt Müoxui ein zeitliches Cri'erium herzuleiten sei. Ich lialip darum (lauge vor der Bearbeitung des Sylloge- Index durch v. Riller) alle Beispiele beider Schreibungen aus St/llogc' zusammengestellt (s. unten) und gefunden, daß die (xeiniuation die Kegel ist für die Jahre lyO— 73 v. Chr. Nur gerade der einzige altere Marcus vom .T 193 lautete Mi'niao.: f)!a?.n(iioi MctQxov (Messaln), nr. 601, und a. 112 rindet sich in dem einen Text n. 705,5 Mf'tQxoc Alfti'/.ioz, Mr'.Qxov viöz neben IMi'ttioxDV .Ifitiinv vTtazoi' in Z. 62. So besteht die Möglichkeit, daß MitQXov v\ov oben im Text Nr 145 die dritte Ausnahme von der Regel bildet und um a. l'tO gesetzt werden kann; s. S. 162 (am Schluß von Nr. 14ßa); eine vierte Ausnahme bildet unser Text Nr. 157 vom .T. 91. Während 'J'h. Mommsen, Kl)h. epigr. 1 ji. 'iiiQ die Ursache dieser Gemination in einer lirform Matmrima vei-mutet hatte, suchte sie F. Marx, ll-E I 147 in dem Umstand, daß die In- schriften der Umbrer, Osker, Etrusker überhaupt die Vokallängeu durch Ver- dopi)elungen wiedergeben, und daß diese Sclireihuug durch L. Accius. den aus Umbrien stammenden Dichter und Grammatiker, in seine Orthographie ein- geführt war. Die lateiu. Inschriften zeigton die Gemination seit a. 132 bis in (.'icero's Zeit. Und W. Schulze, Lniiin. Eigennamen 1904, S. 464'' bemerkte, "die Griechen liatten mit ihrem Miiaijxni die nskische Vokalverdoppehing nachgeahmt, wie ).)cträchtlich spater die Römer selbst es getan haben (Marx. a. 0.). Auch die Messapier hätten sich gelegentlich desselben Mittels zur Darstellung der Vokallängo bedient ( Kretschmer, Einlritanq 263). . . . sondei-bar sei es, daß man in das Doppel-a von Mäufjxo.; allei4ei liineingelieimnissen zu müssen geglaulit liabe (Kckinger Orthnr/r. lat. Wort. S. 10, wo Th. Mommsens Maharcus angeführt war).'' ~ Trotz dieser Autoritilten vermag ich an die oskische Herkunft von MniiQxoi nicht zu glauben. Wie sollten die Delpliier bereits im .1. 190 und 189 die Gewohnheiten der oskischen, umbrisclien, etruskischen Inschriften nach- geahmt haben (von den messapischen ganz zu schweigen), die sie damals noch gar nicht kannten, und die bei ihren römischen Lehrmeistern und Gewährs- männern erst 60 .Jahre .später in den Inschriften rezipiert wurden? Mag man selbst die näclisten 2 Fälle: die Briefe und Erlasse des Senats vom J. 189 und 17" auf die Übersetzer in Rom zurückführen, die 2 älteren Stellen der delph. Proxenenlisto (a. IfH.l und 1S9) sind jedenfalls ohne römische Dolmetscher ab- gefaßt, sie müssen also das Doppel-a der damaligen Ausspraclie nach- gebildet haben. Wer das liestreitet, muß uns erklären, warum diese 'oskische'

•246

KiO

H Pniiifoii;

Es Hcliii'ii mir i'iülier möglich, mit dieser Statue die Aufscliril't ciiier Köiiierhüsis zu V(rl)indeii, welche die bei Nr. 145 fehlende reclitc lliillle der Weiliiiischrift darbieten konnte. Wir kannten den Text nur aus dem luv. S)()9 und setzten ihn mit dem vorijjen so zusamnien: To xiiirvv T(')V <t>orxyi<itv pnivti.oincii, vuiin'n, i<>(//tojiit'n]

.TnT()f')ric X(ti ii'tnyi'To- «[/((r.K tnxi)-\ y.iu irvn'uic rä^ Ir nrrö '.i7<'i\).-

[?.(oi-i UvHi<oi\.

Dabei niuU das an sich anstößige rit'ir 'l><i<ii(ii<-ir des Inventars als Ver- sehen für -)'())■ oder \'vm\ri)i\ bez. [<.'r.V('.7rt|ri»r erklärt werden, denn jr<)ii;,in\iiii)irTa v.^o] Tc'jr'Pi'i/i. war unwahrsclieinlieh. Nun iuitte aio^r Kontoleon eine flüehtii>e Steiuskizze beigeliigt, duidi welche die Exist(;nz einer neuen Römerbasis Nr. 14(i gesichert erscheint:

I4<>. Achte Rönierbasis. - Konloltjon zci<linet unter der Jn- sclirift ein sehr hcdies Unterprofil. das sogai' vielleicht die ganze Insclirift- seite eiunimnit, so dal.) die 2 Zeilen auf der gekrüiMinleii Fläclu^ stehen (?). Ob rechts oder links Bruch .'^^ei. wird nicht gesagt; daü es rechts dei' Fall ist, geht aus dem lü-hlcu der Wori- oder Sillienenden hervor, links aber könnte (und scheint nach dem irlicreu iukprofil) proliliertc KaiUe, also Zeilenanfang sein, Jedpul.ills .<chlii>üi die ganze f'rofilierung und die l'lattentiöhe (0,:il) die Zugehöiigkeit zu der niedrigen Stufe von Nr. li'> aus (0,22), auch schreibt letztere A, erstere anscheinend A.

tuv.-Nr '.»Ol». - Cbt'umlen ;uii U. Olit iH'.i'd ...-^tlich de.s Tempels, liuk.s vdii ilrv lioiligou StraUe. Platte iui.s Ki.lkstoin, li. 0,:il; br. 1,(X) fniax.]; tief 0,77.

146. luv. -Nr. i)Oit.

( 7Vj xoiviiv Ti'iv - - - jirumninrn, nomen, . . . ov v'ii'ir, iiTfjarc.Yov r.T«]- Tov PojjKcii'jv, TO)' n>'To\r KiTfjiiiru X(!( trtpyi'rai', (t(<)r«- ;'rfx«J xa] (vvoiitc Tirc h' ((i'ti'> ,4.T''j//f ir/ nift^ioii]. Die erste Zeile, in ilcr auch \(li!h\7,r\ rur uiiiglich ist, habe ich hinzu- gelügt. obwdld im ln\. die Woi'te rt':/- 'IKMiuämr rur <(r7-o[r ganz dicht unter der i'bcrkautc stehen. Mau kann kürzen durch Weglassung von .Tf;7()c*;7: xut und andere Verteilung:

Tu xoiröv T<'tr - - - /'iih tiom.rii, iimncii. . . . ov vi6r.\ (iTncTtr/ör v.7ic]Tt)r Ptijiiaiior, ror (tVTi)[r ivt(r/t]-

Tirr, «^l^r((t UvDiojil

( J'fX(< XC.I iVI'dtll^ Tit.,.

iu'rö !j.To[//f(;)v]

anj^pliliclie Bczeicimiiiiy 'Ici V'nk;i,liiiiiy<' ,sic.u uieiiuil.s iii yiuyio-, uilr.r rnic^ tJ,n- sclirielmn limiet, sondern um- in Mi'<(.:(>x<ii. Bei clie.ser .Saclil.age .scheiiit iiiir Momm.'^eirs Aniialime M)U Mfihitnu.i ilie einzig iiiogüclio Lö-Siuig.

Die Belege aus Si/Uoge'^ sind Idlgoiide; inr Md rtitxOi... a. 1 '.lO, ur. 685, piuxe- nos :-ß und m \\ a. 18',», e.lienda, proxuii. W || a. 18i), iir. (ill,lü || a. 170, iir. 046,15 ij a. lOit, nr. ly;) (Mi<i't(iy'(ii- 'l'i/.i.iTKjr, co,s,) || a. U3, nr. (J7i),:iö und öfter II a. 117, nr. 700,-2 und öfter |1 a. ] 12, in-. 7n.'j,r.2 || a. 1U7, u. 710 A (ergäu/.t) || nach a 90, nr. 105H || a. 74, nr. i ID, inelirere || a. 7:1, nr. 747, nielirera || a. 71, nr. 74H ||. Hierzu Ivoinmt: etwa a. ] Sinti, olien im 'l'c-xt Nr. 141 {| - lieiii go;^6n- libor .stellt Mä()xoi: a. 1V>3, ..r, (!01 || a, ll'J, nr. 7UV !1 a 71, ar. 748,11 ui/wjj- x'iXioQ.) II a. 'i7, nr. 750 ( Af';<«i//,iio,:) || a. lii. nr. (liH || a. 2;i, nr. 774 (MäuxtXi.üi) '\ a. 14/1:!, ur. 77(j jj a. 22-12, nr. 777 [j a lo 12, nr. 779, D (ergänzt.) || a. 17 p.Chr., ur. 71.>2 || e.s folgen noch KaLsernanien. || Hierzu konimt etwa a. 140, oben 1'ext Nr. iJö || a. i'l, 'l'exl i^Ir. 157. tiuwiß geben Jie.se Svllogestollen nur eine kleine Aa.swahl aus den griecli. tnsi'britten, alier als Über.siclit nnd Querschnitt bilden sie eine lelirroiclie Orujidl.-Hgo.

247

Die Römerstatuen i>i Delphi. 161

abei' selir lang l)loil)t der Stein dooli. Das dcntct anf dio !-;uigs;<cite oini's groUeii Kcitfidcnknials, die längs der Stralje die Inscliiüi trug. In deisclben Gegend wnide der große Ilauptbluik des M. Miniuius-Postauients (Sifll.^ 710) gefunden, abei eine Verbindung mit ihm oder mit einer zweiten Miuueiusstatue (an deren Existenz Hourgnet einst glaubte) kann ich nicht weiter verfolgen, so lange II. Bulle \tiis die Miiuuius-Aufnalnnen liiclit aushiindigt, auf die unsere Schedeu Üezug nehmen. Über die Zeil der Texte 145/40 wird am Schluß von Nr. lii'>(i gehandelt.

146«. Neunte Ilömerbasis, Reilcrstatue des Q. Coponius. - - Im J. 1^82 edierte llaussoullier narh eini'in Abklatsch, den man an Foucart gesendet hatte, die folgende Weihinschrift, ohnr ihr Original in Delphi er- mitteln zu können. Es kam später lange nach den Ausgrabungen als Unterschwelle der Kirche des llag. Elias zutage, ist aber von niemand nachgeprüft, obwohl die bishejige Deutung auf i}. Cosconius voi' dem Stein leider hinfällig wird.

luv.-Nr. J .000. (-refundeii gegen Emle IWO .il.s Uiitevsi-liwolle dor KircliP llag. Elins. Doi-k plat to eiuos gvuljen Po.^taiiKMits, aus Kalkstein; li. 0,19, (laiuuter vorn, r. uud i. als Pvotil tiefe fll cm) eiiigozogr-ne llolillcelile 0,1.'! lioch (also (TCsanithölio 0,;i2,i; lir. 0,7G: tief 0,.5'2; v. uikI 1. glatt: liiiiteii ki'iiu' Ilolil- koliie, sondern j^anz gvcd) aligearimitct und fiir si)ätorc V'erwoudiuig längs Ober- kante oinj:.-schnitt<!!i (.je 0 <-in tii-t' und breit'). Liegt jetzt auf der Museuni.s- treppo (Su'dhälfto). Bucbst. Kl- 20 nun.

140«. Inv.-Nr. 4.'.00 - -- £'«//. VI, 1H82. p. 41.S nr. 77.

7V'l Aixvor Tt'tr 'l'cr/ii'iv I\ihi'T(»' I\rt:i\('j-

)-\ii>i\ Kiii'vToii viör, jrQuiihvTtji' 'P(',iut[i-

l-]u (IVTO 'A.ToXhovt üvtHc/t.

•Anf der Oberseite unwei[ der rechten Vorderecke (8 und 9 cm von vorderer und rechterKante) ist ein großes rnndisllufloch erhalten(17cmDni.), dessen geringe Tiefe (5 cm) beweist, daß dieser Vordevfuß nur leicht auf- gesetzt war, der andere schwebte frei. llaussoullier las Ende Zeile I: KO . . 1 und gab mit falscher Zeilenlrennuiig lui\r,x\':'ir n>r, bemerkt jedoch 'Cosconius on Ooponius: h: personnage n"est pas coniiu." Dagegen zng Miinzer i/-i? IV 1215 7Aierst Coponius vor. weil Im i den Cosconieru das Pracnomen Quintus anscheinend noch nicht nachgewiesen sei, hat sich dann aber IV Kitii» doch für Cosconius entschieden und versucht, ihn mit dem Q. Cosconius zu idenlilizieren. der i)n J, Ibi) die Nachricht vom Tode des Terenz auf dem Meer aus tiriecheidand verbreitet habe (Sueton, rif. Ter. 32, 13 Reißerscli. ; aus Varrol'). Ab(>r die genaue Prüfung von Stein und Abklatsch zeigt, daß zu drei Bnchstahen, wie sie Hauss. gab. . . £^ (— ^Wi.') alisolut kein Platz ist. und wenn er das 1 auf Abkl. las, so ist links von ihm nur Kaum für tMn Zeichen, rechts aber sogleich die Kante-).

1) Sonst käme noch der Bruder des Marcus Cosconius iji Betracht, des Bosiogers der S''ordisker (als Praetor von Makedonion a. 135; Nr. 8 bei Miinzer a. O.), aber diese Brüder waren Galus-Söline.

•2) Ich kann das darnin So bestimirit vcrsicliern, weil ich auf der Kteiii- zeicbnung vor dem (original ausdrücklich angab, zwischen dem H am Ende von Z. 3 uud der rechten Kante seien unr 7 ein Abstand (7.. 1 hat von Oberktaite 2 cm. Z. 4 von Dnterkante hV,_, cm Abstand). Darnacli kommt das etwas un- sichere ii in Z. 1 ganz dicht an die Kante zu stehen und laßt links nur eine Zoich6nlU<ke bis Ko- frei.

248

16-2 H. Pomtow,

Damit ist Iü)[<jy(]oJ- oder gar Ko[i)x]r6v- ausgeschlossen, es bleibt nur A'o.TM- übiig. und rechts von h<>- ist ein linkf^' oberer Apex erhalten, der

sowohl zu dem Querstrich des /7 wie zu dem des Jt' gehören kann.

Botreffs der Zeit hat Hauss. geglaubt, daß das Felden des Cognomen und der Zusatz 'Pioiiaifov die Inschrift noch vor a. 14(i verwiese, d. h. bevor Griechenland roin. Provinz wurde, und Miinzer ist ihm hierin gefolgt. Aber den Zusatz 'Potiitticjr finden wir auch spater, z. B. a. 107 bei M. Minu- cius iSi/U.'"' nr. IIOA, vgl. oben in Nr. 145 und ]4fi, und das Cognomen konnte gerade im Ausland leichter wegbleiben (s. die I'ollius-Basis Nr. 140). Gewiß wird unser Reiterdcnkmal dem einzigen bisher bekannten Quintus Coponius gelten, dessen Verurteilung Plinins als Beispiel altrömisclier Sitten- strenge ant'iihit'), aber da dessen Zeit gleichfalls unbekannt ist, bleibt nur die Datierung nach Formeln und Schrift. Letztere rührt nun von dem- selben Steinmetzen her. der später die Minucius-Inschrift einschlug (N////. '^ 710.4), dieselben feinen Buchstal)en mit Apices. das <I> mit dem Doppel- buckeJ usw., nur sind unsere Zeichen größer, noch nicht ganz so sorgfältig und das 2j hat noch etwas schräge Schenkel. So werden wir an die Zeit von 140 110 v.Chr. denken müssen, und es läge nahe, die Verdienste des Legaten um l'hokis in die Jahre 140ff. zu setzen, als ^on den Römern die Wiederherstellung des phok. xnaör zugleich mit dem der Lokrer, Boeoter u. a. gestattet wurde. Aber es ist auch möglich, daß sich auf diesen .Anlaß vielmelir die Statue des Marcus-Sohnes Nr. 145 bezieht, deren Schrift 20-30 Jahre älter ist als die der Coponius-Basis, sodaß letztere, die nidit mehr dorisch verfaßt ist, auf c. 120 herabrückte. Und vielleicht enthält auch die dorische Weihinschrift Nr. 146 den Dank eines a. 140ff. ■wiederhergestellten xoivöv, etwa der Lokrer, wohl an den Proconsul oder Praetor von Jrakedonien {cTQUTcqov arDrjrtr.Tor).

Als zehnte Römerbasis zählt die des P. Cornelius P. f. Lentulus aus dem J. 128, Text Nr. 24 (Bd. XIV, S. ;{02) = .%//.•"* n. 704/?.

H7. Die elfte Römerbasis. Reiterstatue des Postumius Alb in us.-

Inv.-Nr. 4075. fTefiimlen am 12. Ang. 1897 in ileii FiiuJamonten des Barkofons des Hauses Mai f= niission fraiicaise). Kalks tointat'ol, rechts und unten Brueli, links glatt, lliickseito Anatliyrosi.s, die Oberseite hat vorn nnweit der 1. Ecke ein (juadratisclie.s TJiibelloch (5 X 5 '-'n) und hinten links eine tJ-Klaniiuer. H. 0,7(1 niax. ; bv. 0,4li raax.; dirk t).31. Standort: auf Südhälfte der Miiseumstreppe. Buchst. 15 20 inm (A, Tl).

U7. Inv.-Nr, 4075.

'A .TtöXic rröv ,iiX(pi~)V IIo\i>r('iinov '.4X]- ßifrov. Tor S-nvTÜc .TrHT()ot[fu xat fi']- trr/hrar - r.Tfp t«i^ rc"*/' 'l<JX2.[dv(0i' tXir]' [hHi]inc >■■ l-ijröXXcori y- >' /7r[.V/o>(].

Die Platte bildete den Orthostat der Stirnseite eines Reiterpostaments, das ebenso zusammengesetzt war, wie das Philopoemens (rekonstruiert in Kilo IX l»)31f ) und de.sAristainos {^^'i/U.^ n. 702, not. init.). Da rechts etwa '/'s der Inschrift fehlt, erhalten wir die übliche Stirnbreitc von 46 -|- c. 23 ^= c. 69 cm bei der bekannten Höhe von c. 70—76 cm (unten scheint nur ganz wenig zu fehlen), vgl. die Denkmäler in Bd. XVI S. llOff. (Nr. 113-115).

1) Plin. mit. h. 35, 1(J'2: Q. Coponiuiii invenimtts avibilns damnotnm quia am- phoram dedisset dnno ei, <-ui svffragii hilio erat. So nach MUnzer R-E IV 1215 nr. (i, der gleichfalls die Identiiikation für wahrscheinlich hält.

249

Die EömerstaUien in Delphi. Ifi3

Wahrend ich in Z. 1 f. an [^a]ßei)'nv dachte, wies Dessau auf \^A)\hirov hin, lohnte aber sowohl nö[j{Xior] ab, weil kein I'ostuniins All)inns diesen Vornamen führte, als auch sei //«[orö//;or] nicht niögiicli, weil "die Be- zeichnung eines vornehmen Römers mit Gentilicium und Cognoiiien unter Auslassung des Praenomen in offiziellen Urkunden aus der Zeit der Republik wohl unerhört sei." Trotzdem erlaubt der Raum keine andere Ergänzung es fehlen in Z. 1 3 je 9 Buchstaben (nur die etwas breiter geschriebene Z. 2 verlor 8) , so daß für nü[:tXiov] vor einem noch so kurzen Gen- tilicium kein Platz ist. Ähnlich fehlt das Praenomen bei der delph. Mar- cellusbasis vom J. 23 {^yll^ 774Aj: ;) jtoXim t. Athfvir MünxtUor K)mi- öiov rov tuTtjc: .Tnu^nnra, und in Griechenland konnten solche Ausnahmen eher vorkommen als in lateinischen Texten.

Bei Postumius Albinus wird man zuerst an den Consul des J. 151 denken : er war anerkannter Griechenfreund, schriftstellerte griechisch (Niese 111 3^), war im Winter 15Ö/5 Praetor und Vorsitzender des Senats (Niese 111 317 und 327), dann im J. Hfi das Haupt der 10 Legaten, welcbe in Griechenland die endgültige Ordnung der besiegten Landschaften besorgten und Mumniius zur Seite standen (Niese ill 351 f.). Auf dem Isthmus erhielt er ein Ehrenstandbild und in Olympia stand seine Statue in der großen Gruppe des Mummius und der Legaten (Cic. ad Atf. Xlli 30,3; 32, 2: 33,3; Inschr. v. Olymp, nr. 322. fehlt bei Niese III 351, 4). So wäre es selbstverständlich, daß ihm auch Delphi, das er gewiß besuchte, ein Denk- mal weihte, aber erst einige Zeit später, da in der Aufschrift jede Amts- bezeichnung fehlt, also wohl c. 140 v. Chr.. als die Phokier, Lokrer. Boeoter wieder 'frei' wurden, so daß sich die Worte irntQ xä^ rior 'EX?.[('cro>v tXivt)-t(_i]ini besser als [(;«iT/y()]/«s auf eine zweite Anwesenheit und Hilfe bezögen. Bedenken macht mir nur die zwar schöne Schrift, die wegen des n mit gleichlangen Schenkeln usw., besonders aber wegen der drei- maligen Worttrennungen durch Zwischenräume viel jünger erschien und am besten in die Jahre 88 84 passen v/ürd(!, als die D.tvlhfnc. r. 'E/J.ärojv auch des Schutzes bedurfte. Aber außer Sulla's Leib-Haruspex C. Postu- mius {B-E VII 2434, 36). dessen Cognomen unbekannt ist, kennen wir in jener Zeit keinen Postuniier in Griechenland. und auch bei dem Consul Sp. Postumius Albinus vom J. HO oder seinem Brudc Auhis. cos. 09, fehlt bisher jede Beziehung zu Hellas. Obwohl nun unsere Schrift in auffälligster Weise mit derjenigen der Metellus-Basis in Olympia vom J. 143 überein- stimmt {OJijmp. V n. 325, auch die der Mummiusstatiie n. 278 ist sehr ähnlich), wie es die dankenswerten Purgold'schen Facsimili beweisen, in denen selbst die eben beanstandete W^orttrennung sich wiederfindet, habe ich noch nicht gewagt, unsern Text beim J. 140 einzureihen; denn die Steinrnetzentechnik im abgelegenen Delphi war meist um Jahrzehnte gegen die des übrigen Griechenland zurückgeblieben, sodaß olympische oder athenische Schreibart dort erst nach 20 40 Jahren rezipiert v,'urde.

Die zwölfte Römerhasis trug die Reiterstatue des Proconsuls M. Minucius Rufne, von dem dankbaren Delphi a. 107 mit bilinguer Inschrift geweiht für die Besiegung der Scordisker, Besser etc., ^ylL.^ HO A-C.

Auf der dreizehnten Basis stand ein Weihgeschenk des Legaten Q. Minucius Rufus, Bruders des vorigen, ebenfalls c. 107; Ä///.'5 710Z).

148. Die vierzehnte Römerbasis, vielleicht für Lucullus a. 87. Im Inventar steht folgendes unscheinbare Fragment:

250

164 H. Pomtüic,

I uv.-Nr. 2S 1 r>. fii'fiiiiden am 13. Juli 1895 iu nineni Gtiibi'u iiiiteihii.lli der TvUdilini, olicilialb des Hauses Potros = ("oiivert. Bas islragiii eul aus Kalkstein, links und leehls -ebrochoii, li. 0,15; br. (1,8-2; tief l),15 [V].

US. Tuv.-Nr. 2H16.

7'm] yjinütr Ti~>v [. /üvftrwc? Atvy.ior .//x/r'«;'?], ./fjrx/or v)6v, Taii\lav PoiKcifir, uQirä^ t'rix((] xta] ivr(ti((^ rä^i tv [cx-to 'AyröXlovi l]rl)i('ti]. Im luv. steht Z. 2 Ende das uiivcrstäiuliiclic TAN, das zu keinem CoguDiiieii paßte: so lilieb mir die Eineiidatio)\ T((ii[ii(r] übrig. Aidfäliig i.st die Äliidiclikeit mit der J.uciilliis-Haais ans Hypata:

IG iX 2 a.s L- Sf/Il:-^ n 743. ^^'' '"''''"^ danini gewagt, ancJi die del- , / ,'' . ; ', '[ ', ))hische Ba.^is auf Lucnllns zu beziehen, \Iox\on-o)'r,,n'Anuur,,,\r hr\- „1,,^^,,, ,,jf,,. das Cognomen fehlte: ai)er [xyw Aixirior. Jn-xu>v \rn.r\ [^^^^^^.^.s f,,i,|t jj^.j demselben Manne auch hrxoUor, TUfimr, iv,Qy[^Tnr]. ,sy/,-. 747 , -- IVciHcli in einen. ^ST' und bei lier Cousulatsangabe (irr) Aivxlnv Aixiriov, Mai'((>xov Av(t,j/.ii)i- v.ia- T(:)i', a. 74) und liliebc bei un.sereni Quaestor gerade so auffallend wie bei Lucullus. Icii iiiöclite daher bis zur Naciipiüfung des Se,liriftcliarakt<'r.s ilie Deutung aiil Lucullus l)eib(^halten und bemerke, dali beide Ijrü.ler. der altere Lucius und der jinigere Marcus, gleichzeitig als (^uaestoren a. S7 mit Sulla in Griechenland waren, daß Lr.cius sclion im W iuter H7,(i nach Aegypten ging und bis a. .SO das Kommando gegen Mithridates in Asüen führte, während Marcus bei Sulla blieb und im Fri'ihj. 83 mit ihm in Italien landet. Da aber letzterer von T( rentiiis Varro adoptiert, auch iu griech. Texten dessen vollen Namen fnliil. höchstens mit dem Zusätze AtvxokXo^ {SijU.^ n. 747 als Cousul a. 73), während Lucius später richtig als l'ro- quaestor bezeichnet wird {('a-TiTaiiin^. Si/ll.-^ 745^). so gehört die Hypataecr- Basis genau in das Jahr 87, nicht wie in Si/ll.'^ aiigegcbeu „88—80" , und setzt besondere Verdienste des L. Lucullus um die Aenianen voraus, denen er in Sullas eraleni Kriegsjahr wohl Erleichterungen zuteil werden ließ, l'iid da die Lücke iu unserer Z. 1 etwa 8 Buchstaben enthalten haben muß, wäre es sehr möglich, daß wir wiederum j7'("(| xoDtiv rröv [AlfKtrcir] zu ergänzen hätten. Wenn die delpliische Platte wirklich nur rechts und links gehrochen war, nn'is.ste sie als niedrigste Deckplatte (0.15 hoch) über dem l'rofilblock gelegen haben, und da sie mindestenst 1,15 20 m breit war, es fehlen zwei Drittel der Zeilen , wird auch sie ein lieiterdenkmal getragen haben, das wolii die Aenianen auch in Delphi aufstellten. Aber auch \'A'/'rixTvöron] u. dgi. wäre möglich.

Die fünfzehnte Kömerbasis errichteten die Am})hiktyouen dem l'ro- consul von Makcdimien (.}. Ancharius im J. ^5. Vgl. Hd. XV S. 70 nr. S)'.).

1411. Die sechszehnte Römerbasis: für C. Pollius C. f.

Inv.-Nr. -.4151. Got'undi'U am 1'2. Auj;. lWt8 umgedreht im Pflaster der lioil. .SiraCe nalie Aloxiiuderjagil (I\i:iteroülialle). -- Fragment' einrr Stutenbasis aus Kalkstein; rechts, links hinten Bruch, von der Oberseite ein kleines Sliick erh.TlIen (glatl): h. 24; l>r. U.iJ!^' j; tief CijW ._>. Liegt im Mnseumskellor. Buchst. IG 17 mm. (A n:it gebrorhenem und bisw. mit gebogenem t^uerstrich).

Inv.-Nr. 415!.

[', / .7]')/./-' Toir l'lfilffilöxdJi' f's 'Afxytos?]

[r\iun)' Ilo/hor, l\do[r viör, 'Ptt/iiaio)'],

\t]6i' ((i'riT^' iJso/tTdv ['IjioXXoji't^ ilcihioii .

251

Die. Köincrstatuni in Di'lphi. Ifif)

In Z- 1 ist dicht neben dem A des Stadtnaniens der Unterteil einer senk- rechten Hasta siclithar, die zu A', M, II. /, r, T, P, K gehört hat, also wohl von lJ//[cf//oötV-^/'], [i^[jr(>((xi«)Tä)'\ etc. herrührt; weil der aiiL5ergewiJhnliclt lange Name den Rest der breiter als Z. 2 4: geschriebenen Z. 1 füllte, kommt wohl nur Argos Anipliiloohikon in Betracht, s. unten Text IXS. Da in Z. i das Omikron unter dem von Z. 1 steht, ist [rv]al<>v ausgeschlossen. Am Schluss kann man schwanken, ob nicht [vi<'>r\ gefehlt hat.

Obwohl der («entilname l'ollius nicht so ganz selten ist, sei doch keiner Ixkannt. der Anspruch darauf habe, in üi^lphi geehrt zu werden (Dessau, briefl). Ein Cn. Nullius Pollio ' Athen a[s irit ab irnp. Caes.\ Ai(i/iit:fo Irgafiis in [Acliaiaiii], Inschr. bei Mommsen Gfs. Sehr. 8, 541 (= Des.^au, Inner, sei. 91()), aber unser l'ollius hieß Gains, kann also, selbst wenn man die Identität von IIoXXioc mit Piillius zugibt, oben nicht gemeint sein: vgl auch die trihiin Follia, z. B. Livius 8,37 und Sylt.''' n. ^i6H^. So bleibt nur die Datierung nach der Schrift, die dünn und schlecht ist und etwa von 50 a. Chr. i)is 30 p. Chr. geliöit. Die Stadt war offenbar arm, die Statue stand wohl nur auf einer einfachen Stufe.

150. Die siebzehnte Römerbasis(?j Der Vollständigkeit wegen wird folgendes Anatheni beigefügt (Buolist. 15— 20mii]):

luv. -Nr. !5«<5U. Gpfumlcii .■im 2'.l. Mai 1896 .außerhalb des 'l'uniouos (üstlicli) .aj' der Stelle der nlniHhle. K.'illisteinl'ragmorit mit der rechten Ecke eiuev unten .sclmn jirolilierten Deckplatte. Link.s und hinten Bruch. H. 32,4 (davon 18 die Pliuthe; 11,4 da'; unlere Pruiil;: Br. .33 uiax.; 'l'iol'e ÜK niax. Das Pnifil voiii und rechts erlialten. .Standort : Stratioteiifeld, 4. Iteihe viui SCidi^n.

luv. nr. 38(;0.

\'A .Tiji.i^ (?) TfJi T(ir dtiVK - - - - 'Pjotiiicior, tot

[rtiVcTc .^ÜT()n}ra xal irt^r/iTaf A.ro/.Äojvi] IliDlfii.

Die (i Buchstaben von IhfUo/i sind 0,13 tan« mit linkem Intervall und haben von rechter Kaute 0.J8 Abstand; die 32 Zeichen [icrrü^ ]i.Tr<iÄ/.o)ri\ wären darnach c. 0,(ji) lang gewesen, die ganze P'ront hätte eine Breite von c. 1,00 m gehabt. Man kann sie auf 0,80 reduzieren durch Weg- lassung von jr<'cT(i(or(t xai wie in Text Nr. 149, doch wird dann der Kaum für die Ergänzungen in Z. I sehr knapp. Jedenfalls haben wir auch hier dii Krönt eines Reiterdenkmais, bez. seiner Standplatte vor uns, (las in den Malien denen des Attalos, Acilius, Philopoemen entspricht. Denn der rings um 15 cm zurücktretende Schaftansatz unter dem Profil beweist, daU darunter der gewöhnliche Ortliostat von c. 0,70 oberer Breite staiul. Nicht sicher ist die Lesung ['i^J<.>//('/«r, weil von M nur die Außen- schenkel, \on LI vielleicht die rechte Ecke erhalten ist und ich lange Zeit vielmehr ['A\Tihor las (der Querstrich des .( ist ganz undeutlich). Aber man erwartet hier das Ethnikon, so daß \'['\)fjijiui>r wahrscheinlich bleibt. Statt .nö/.ic] und |rtrr(7w] ist auch [ro xoirör] imd [Krn'tr] möglich. Als Zeit kommt nach der Schrift das I. Jhdt. v. Chr. in Betracht. Die IN. Basis ist die des Claudius Marcellus. a. 23, .y.////.' 774; die 15). "22. die von L. Caesar, Julia, C. Ca(vsar(?), und von Agrippina maior, a. l(i-12. S,/Il.^ 779, A-T>- die 2:J. und 24. erhielt Tiiierius a. Il-^IC p. Chr.. S,/Il.^ 7'jl A. B.

151. 1,^2. Die fünf- und sechsundzwanzigste Romerhasis war dem Kaiser (iaius geweiht, davon ilie zweite bisher nicht identifiziert.

252

16ß H. Pomtov,

151. Gaius-Statuc der Panhellenen a. 37 n. Clir. In dem be- kannten Antwortschreiben des Kaisers vom 11). Auf^. 37 n. Chr. an das y.oirov 'Ax^aiför xiä lioicncör y.iu Aiixqojv xa) 'Proy.tojt' xui Et'ßoümr aus Anlaß der für ihn dekretierten Ehrenbezeugungen heißt es {IG Vil 2711) V. 30: T(öv drdniävT MV m'c iii^t/qloaoiH /loi, to jro?.v jrXPjß-o^, tai- vfitir öo-Ay, dfftXovTfc ccQxtöD^ijTt roic. 'Olvf/jriaoi xa) Ni//ta xal Ilvfhol xcu 'lot>-/ioi TifhjOOfitrou. Daß diese 4 Statuen wirklich aufgestellt wurden, ist ausser Zweifel.

152. Gaiusstatue der Amphiktyoneu. Es steht im CIG 1696 ein unscheinbares Fragment in Maiuskeln, das Boeckh unergänzt ließ: es war von Clarke auf dem Platze vor den Häusern (i9 - 70 aufgefunden {Beifr. Top. v. D. Taf. 1), also an der Südseite des ApoUotenipels unweit des Pronaos. Wie in den Scheden IG VIII n. 320/22 nachgewiesen, habe ich zwei Brocken des Clarkeschen Steins aufgefunden, - den einen mit er- haltener linker Kaute, a. 1x87 eingemauert in Augenhöhe in Haus 71 (Südwand), den zweiten rechts anschließenden, rings gebrochenen, im alteu Museum n. 162 (jßtzt Inv. 2204), und ergänzte sie nach der Tiborius- statue Si/H.^ n. 791, B zu dem Namen eines der folgenden Kaiser. Da von Claudius sclion drei Statuen {Syll.-^ n. 801, A-C), von Nero eine (ebda, n. 808) bezeugt sind, mußte man unsere Bildsäule mit Wahrscheinlichkeit zwischen die beiden des Tiberius (ebda. 791, A, B) und die drei des 152. CIG 1696. Claudius setzen, sie also auf Caligula

iA> .,' „,^ /"v > beziehen. Dann wäre sie wie neben-

/!■,' '. 1^ ^ ' \ stehend zu erganzen.

I s', j -^.<., u..^- Vr;;i ,--,-, -1 JJas V\ ort ptdtTjtpcijo,/' statt uj'fiVKXir

/.. r,, ,j ' I- ■\ iindet sich in Delphi bisher nur noch in

{txyornr, liitijtov hui)- . Y -f. i- ti 07/1

K , ^ ' c ,'' ,^ >„ ^^ -, jener Parallelinschrift tur Tibenus b>iH.^

>^ - >' \' , 791. B. L. 0. Auch dieser Umstand

.er" ^'' 'v ^ ^ - s spricht tur ungeiahro zeitliche /usammen-

r>j -1 r a ' 1 gehongkeit beider 1 exte'), und die Kurze

•■ .' . r, /'„ , „,V der Zeilen wies aut einen ähnlichen

i„ , - r' 1% ' r -I bchmalpieucr hin, wie es dieser rarallel-

^^ -. \ ' Cippus des liberius war (br. 52: tief 40),

KaUiOTQarov At2[(fm'l. „jer jd. dpg N^ro (72 ' 54 36; .SV/Z/.a

vaeat 808). Den Wortlaut des fehlenden Haupt-

dom. 71 4- Inv. 2'204. fgjig i,^)^^ j^jj jjß„, Anfang des Caligula-

briefes IG VII 27U, Z. 21ff. nachgebildet. In Z. 10 gab Clarke's Ab- schrift KaXÄtOT^iatDC. statt -drov, so daß auch folgende Ergänzung denkbar wäre: \xat}ih(j\\oM)tr' tJTi{/i[l/jTn'oji' iV /jr] \ uiTför hnÄUörriuTtn; h'n).?.. Jt/[r/Os], oder iJti[ii[XijT>)c: (th /};•], vgl. Sijll.'-^ 808 (Nero) Lt) - - .^jriiithjTov Af/(fiXTV(>)'0)r Ilo.Tr/.iov Mififtioi' KÄn'a'A(ßor.

Doch bleibt folgendes Bedenken. Alle drei Cippi wohl Hermen (Tiberius, Caligula, Nero) sind von den Amphiktyonen geweiht; denn die gleichlautende Fassung der 2 ersten Texte verbietet uns, in dem des

1) In Z. 8 desselbou Textes ist fal.sclilich von Bourguet i'w/i. 21, 47.5 nocli einmal [i/ 6i x(!li-u](^i(ua[ig . . .], ergänzt, statt [<Pi/.ox(ci'aic](inc. Der Gebranch von y.i'.l}ti'{nur,iv besnhrilnkt sich auf den Anfang unserer Zeitrechnung, vgl. die drei Aufschriften der Kiiisevstatnen in Prienc, Insrhr. v. P. nr. 225 (.Inlia), 227 (Tiberius), 22S (Unisilln), dünn nr. 157 (orgiüizt) die Dodikation des Teiiqiols für Alliena niid Augustus, n. 209 (unbestiinnit), sowie in Magnesia a. M. die Weihinschrift nr. 1.57 6, Z. 22 für Claudius (V).

253

Dir Rümerstatncn in Dcljihi. I(i7

Caligula etwa seine von den Panhellenen errichtete Statue Nr. löl wieder- zuerkennen; deren Basis ist also noch nicht gefunden. Jedoch aach unter den '6 Claudiusstatucn ist keine aniphiktyonische, sondern sie rühren alle von der Stadt Delphi her. So besteht immerhin die Möglichkeit, daß wir in Nr. 152 den Namen des Claudius zu supplieren hätten statt des Caligula. Bei dem geringen Zeitunterschied kann auch die Person des Amphiktyonenepiraeleten Kiü?.ioTQnToe Krü.hoTQÜTov keine Entscheidung bringen, der übrigens in der chronologischen Liste dieser Epimeleten bei Bourg. de reb. Delph. 58 ausgelassen ist. Er war ßovX. a. 20; 33; 42 (/(>«////.); ilrix"}!' (to fi) a. 44/5, ro ß' a. 48/9, ro y a. 54/5; und war Priester der XXVII Pr.zt. a. 52— 50; vgl. Bdph. Chron. li-E IV 2667. Da die Pytliiade a. 51/2- 54/5 p. durch P. Memmius Kleandros besetzt ist. der Ende'a. 54 die Nero-Statue N////.^^ 808 aufstellt, so bleiben für Kalli- stratos als Epimeleten nur die 4 Pythiaden a. 35. 39, 43. 47 übrig. Genauer nur die zwei ersten, denn auch unsere Herme wird man gleich nach den Regierungsantritt des Kaisers zu setzen haben, also a. 37 bei Caligula oder a. 41 bei Claudius. Die Möglichkeit einer 3. Caligulastatue (seitens der Stadt Delphi) wird beim nächsten Denkmal besprochen.

153. Siebenundzwanzigste Römerbasis: Statue der Cahgula- Schwester Drusilla Auf dem trümmerbedeckten Tempelvorplatz steht eine 0,48 hohe, fast quadratisclie Stufenbasis aus Kalkstein, deren ünter- kante nach Art der Gebäudestufen selir fein unterschnitten ist. Die 7'/.>cm iiohe. 4 cm tiefe Untersclineidung läuft an drei Seiten herum und wird wie üblicli an den Ecken durch senkrechte flache Stege begrenzt. Auf der Oberseite der Basis sieht man eine Säulenstandspur. Ich konnte a. 1906 nur eine ganz flüchtige Skizze nehmen und vorstehende Angaben machen; die Maße sollte das Inventar geben, dessen Nr. 1512 aufgemalt war. Die sehr verlosclicne Inschrift kopierte und ergänzte ich wie folgt:

153. ^ ^ Inv.-Nr. 1512. {a. 37j8 p. Chr.).

[7/ jröXic TÖJr AtXifviv (?) A{mv(iL)-\

[/«/'] (i\_tci\r, Falov KaioaQoc, Avto-

xqÜxoqoc. 2tßuOTov ä6(}.(fiji',

AjtöXXfovi Ilvd-idii. Da nicht anzunehmen ist, daß die Statue damals auf einer hohen Säule stand, muß man vielmehr an eine Rundbasis denken etwa in der Art der beiden in v. Hillers Ins^chr. v. Prienu n. 236/7 abgebildeten; doch war sie, weil unser Text auf der Unterstufe steht, wolil viel niedriger als jene, und bestand nur aus rundem Torus mit oberem Anlauf. Die nicht unterschnittene Rückseite mußte gegen eine Mauer oder andere Stufen gestoßen sein. Das Inventar ließ uns hier leider im Stich: Höhe und „Dicke'- (!) wurde zwar zweimal als 0,48 angegeben, aber zu der Breite 1,17 konnte die „ganze Höhe'' 1,9 kaum stimmen; man vermutet ein Versehen statt l.lü od. l,0'.t. Der Text selbst war im luv. wegen ün- leserlichkeit nicht kopiert. Gefunden im Mai 1894 östl. vom Tempeleingang.

[Erst später b.nncrklc ich, dati der Text von Bnurguet, de reb. T'elpli. p. ßl eiliert war. .Seine Irrtiuiier sind foli^ende: er .sagt, es sei niclit zu outscheidon. welche der ?> C,ilit;iilasi'liwestern hier gestanden habe, und liiüt darum den Namen unerjrjlnzt. In X.l gilit er im Anfang <i Llirken. statt ri 4, und warnt 'eave ne suppleas (■»für. Rndlicli behauptet er, die Statue sei aus Sparsamkeitsrüi-k- sichten dirnkl auf eine der Tenipelstnfen gf^setzt wurden, wie siiäter die lieiden Constautinstatuen. Vergleicht man jeduclj alle die Ehrungen, die gerade der

254

](iS H. Pomtow,

Driisilla ah; Lipl)lin,ii^sscliwestei- des Kaisers zntpil wunloii, vur und nach ilircm Tode, viiid mir ihr allein, so lieilSt es wirklich, drn Wahl vor Bauiuen nicht sehen, wenn man hier noch an Julia oder Aii;ri}j|iina denlio]! wollte. Nnr Orn- silla wurde rote m'i' Hüvitin if vjroßuC^fxo xal ti/i<iji' ih:i/iii)'iujv i'v niiufcn; ruTi; ■jiöXrntv ii^iovTo (Cass. Dio, 59, 11, ;)) ; ihr wurden als dfi'. ricc '.lin>oih!Ttj IqoI r,iX).n Pestspiele in('yziciis gefeiert (ÄJ/W/' TDSj.,); vgl. .J(J<vi(J(AA« rntWiinnjiSiTf. in Mydlene (Jö XII '2, 172); in Epidaiiros hatte sie eigene Priestorinnen lür ihren Cnltus. die ilir Statuen setzten: <-)(ur dQoiiji/.lav [—trßuini'iy], riQuaiinov h'«!ti<{()<ji; Uiyc- Ti{jcc. AvTiiioti 'A()iaroTi'?.oi\: 'lil^llk(v^tl'(t. i/ h'()su< «rri/^-; vgl ihre Basis in Prienu |6l]f[«( .l(j()Vo\iX}.>ji xal}ii(jwafy (T. Friciin 228). Wenn \\ ir daher in Deiiihl eine Calignlascliwester treflon, deren Namen ■W[£((|r hinzngetiigt ist. so kann es nur Drnsilla .sein. Fraglich hleiht nur, oh nicht [.Jii<i!i>iX?.i(y] \ Ir;'«)'] Hlii't]^ oder [/7n)']i>fff(]i' dagestamJen hah(\ Im uhrigen vgl. in (Jelzcrs .ausgezeichnetem Ar- tikel RE X: S. B92f. und Fitzler ehda S. i)';!5f. Endlich kann von unserer Basis als Temjielstut'e keine Rede sein; diese siml nur (l,-i;5 lioch und zweifach unterschnitten, und der Stylohat. um den einzig es sii-h handeln konnte, hat größere Längen und Tielcn in seinen Blocken. Oder hat Bourguet ilie runde Auflagespur .auf der (Jlierseite UbersehenV Auch seine Behauptung (rcli. th.'lph Ol und 9li). daß beide Koustantinhasen Tempelstufcn seien, ist falscli für die erste derselben, die vielineJir ja dio Stoa-Stufen eingelassen vv.Tr, vgl. SijU^ n. '.Klo A, not. iuit. ; denn sie ist nnr 0,)35 hoch und bildet eine Ecke. Aber die zweite Basis, >S'!///.^ ;i03, /?, kann wohl zu der untersten 'rempelstufe geliert liabeu ')]■

Uiisicluir bleibt clor Stiltcrname, aber da die bei Text Nr. 150 auf- gezählten 'Paiilielleneii' viel zu lanj; sind und selbst für |7'o xairor n'ir '.l/i<pixTv<')t'<i»] der R;iuin niclit reicht, kiuiiint eigenilich nur die Stadt Delphi in Frafje (so auch ütung.). Vielleichi haben wir ein I)oppel- mouunieiit vov uns, dessen verlorene Basis hinten anstiel.) und die l'und- basis einer dritten Califj;ulastatue trug <?).

153". Die achtundzwanziftste Rönierltasis war die des P. Meni- niius Uegulus, in Maiuskeln flüchtifr ediert von lloniolle. Jliill. 20, 710. E)en Stein fanden wir ni(^ht.

1 n V. - N r. ^lUlsö. -- (iefiinden am l.">. Seid.. Is'.t.") unterhalb ihs 'l'lies. von Siphuos, oberhalb der Chaussee, im Ack(;r des Charal. Antonios. Kalkstiin- basis, oben und rechts Bruch [bestoßen?] : h. 1'.*: br, (!:_!; tief oS fiiach Ilfunolle: 17).

Inv.-INr. ^08;") -r 7?,,//. o(), 710. Der Text kann unniöelieh vollstäudis' rn' 10 if sein, was lloniolle nicht bemerkte. Es

|//o.T ;.^o/' MllljllOV f lu J O.t, 1 i 1 1- I I

\ .,■ , , , . fehlt der Stifter und wabrsriunnlieh der

lh,:rhm-- vkW I 'jy/Mi' Göttcrnnme. Im Inv. steht ..oben Drurh",

e.T«ro,'- jr(.,.lhrT>,r ^,- „,,,„ ^^.j,,.,,,, .,,g„.

ßaOTon' .u'T,OT(,aT,iYyr. .j,,^,^ ^ 1: // jr/üic T,r>r Jfkq<ör

Amte, yua Tov .vor nrr,w. i,j„^i,n-,j,p„ ^,,j|ien. Der Geehrte war COS. suff a. ;^J p., starb a. Ol, M'rwaltete als Iryatns pro pradore die l'ro-

1) Da iidi nicht so bald wiiMlei- auf die Tenj pel s t u fc u zu sprechen komme, sei f(dgend"s mitgeteilt. An der Nordseitc des Tempels hat man als Probestücke zwei Stufen und dariiber den Stylob.U, anfgidiaut; alle drei sind je 0,4H hoch; an der Ihiterkante sind sie sehr fein unterschnitten und /.war doppelt, d. h. in zwei Streifen nnd .^'/j cm hoch). So ]iat sie Durin' p. 151 gezeichnet. Ich glaulje jedoch, daß die Unterstufe fälschlicherweise wieder aus Stücken der Mittelstufe anfgehant ist nnd erstere nur einfach uiiterschnilteii war, wie es z. B. auch bei 'der Großen Tholos der Fall ist (A7/'oXlI S. 184). Hinzu kommt, daß auf d 'm Tompelvorplat/ Stücke von Unterstufen herumliegen, einfaidi nntor- scliiiitteii, aber ebenfalls 42 43 hoch. Zu ilinen kann auch die 2. Konstantin- basis zilhlen, die weit entfernt auf der Ostseite des Fundaments des Akanthier- haiiscs deponiert war, ols ich dieses 1908 ausgrub und als Koriniherlhesaui'os ansprach. Aber ich habe von dieser 2. Basis nur eine iiuohtige Skizze (IWd).

255

Dir Röiunrslatitrii. in Delphi. I(i9

viiizcn Moesicn, Macedonien, Acliaia unter 3 Kaisern von 36 c. 43/4 p.. hatte Statuen in Athen (J<i lit ßI3 und 615; sein Solin 617ff.) und, wie Honiolle an^iht. in Delos. Das delphische Standbild wird a. 45 ff. gesetzt sein, da des Mcniinius Proconsulat von Asien in Z. 6f. an letzter Stelle steht und in den athenischen Weihinschriften noch fohlt. Augen- scheinlich nach diesem I'. Menimius als ihrem l'alroims haben sicli die delphischen Mhiqnot bei der Bürgerrechlsverleilninf;' genannt, und zwar scheinen mehrere Geschlechter diesen Gentilnamen angenonnnen zu haben. Außer den in der Anmerkung') Genannten sei erwähnt:

[154. Die Statue der Memmia Eurydice. c. a. 100 p. Chr.

Inv.-Nr. 3363.

, , ,, ,., r , . (Tofundon am J. Miliz 1896 an der S.W.Ecke des The-

'l'/Mliia /l/t[«(« r«. ,,fp^g^ anlJerhalb do.s Peiibolo.s, gegenüber der S W. Ecke

Msflflia[>' des Tempels. Kalk.fteiiibasis, recdits, links, unten

Evnv(!)ix[tir Bruch; H. max , Br 42 max., Tiefe 53. Standort:

T/il' idilav Ostfeld (Ostl. des Slratiotenfeldes). E.s ist nur die kiir-

' , r "^ zoste Ergänzung gewagt, obwolil rechts noch melir

^ir/Tl(,[a Worte fehlen könnten]. Ax\oXX[on'i.

Die 29. 31. Römerbasis galt dem Kaiser Claudius; die erstere trug einst ein Pharsalisches Atiathem und erhielt a. 41 die Claudiusstatue Si/llJ' n. 801 A\ die zweite stammt aus dem J. 42, ebda, ß: die dritte vom J. 46, ebda. C. Auch die 32. Basis war wiederverwendet: statt der Statue des Pythioniken Thuros setzte man a. 54 die der jüngeren Agri])pina, der Nero-Mutter darauf Sy/l.' n. 809, während die 33. Basis in einem Gippus für die Büste des Nero selbst bestand, a. 54, ebda. n. 808. Mit Nero breche ich die Statuenanfzählung a\is Ratunrücksichten ab.

2. Andere Römertexte.

Den oben als Nr. 142 144 mitgeteilten drei Proxeniedekreten für Römer seicMi folgende Urkunden angeschlossen:

155. Proxeniedekret für P. Carsuleius, c. a. 103. In Bd. XVI S. 159, not. 1 war auf die unediertcn Texte der Exedrai an der «Awc hingewiesen, die u. a. Urkunden aus dem neuen Archontat des EvxXtidae

1) Der illlf.ste Träger des Namens ist iler S. I<i7 erwähnte Ampliiktyonen- Epimelet //. Miiitnc^ HlravAijo^ in der Pytlüade a. öl .55. ^ Dann folgt der yVrchont des ,T. 56 lliinXio; Miriiiioc KQiT!}).nn^, er war wohl der Sohn <les il. Koitö- i.<cOi KoiTokiiOV a. 4'2 (ßnv).. a. fi'2), wurde /;(>/. tii ß' im J. 02, Priester-Stellvertreter a 64 f['., ßov?.. a. 65 usw. Eine dritte V'amilie kennen wir durch 4 (ieneratioiien: den Priester /J. Mi'ii/uo; ^äm/iio^ um .">i.i p. Chr. (neue Priesterzeit, wcdil XVIo); seine Tochter Men/dr. Aoinn, Aa/iilc, c. 70 p.; deren Sohn, den bekannten FnioQ Mi'imiOi Eii)-ii)i'./iOQ, i'.ii/. <;. a. 75, t('< // c. a. 80—90, y' c. a. 95, Apolloprioster c. a. 95 120 (später Kollege Plutarchs); dessen Schwester Ms/ifti« Lrftviki/ii^.kn (bei Bourgiiet irrig: Kbffrau): dessen Sohn Mi'fi/iiog Nti'yi(y()<jOQ. Die Belege .stehen Delpli. Chrnn , BE W 2i;il7ft', deren Jahreszahlen jedoch oben z. T. ge- ändert sind, und in den 2 von Bourguet edierten Texten: de reh. delph S. l;5f. In dem ersten kommt noch ein Verwandter hinzu: //. Mifi/iwi ynioiitcg, der die Statue (richliger: Hernie) der Memmia Lupa, seiner tvi:(iyiT<c geweiht hat. Andere sind unediert; außer Mtfi^ilu Iir<ji>Mxij oben in Text Nr. 154, noch: Mtfiftuc \Jct,f'\iii. Me/iiii'it Kct). - - //. ,yi'/tfiio[c . . . .], Mei.i^iit' ^Tf )rf/i{<:]. Sie finden sich c. a. 150 p. im \'erein mit MtiiTi>!(i .hji'.xnv[rl.;], Mi'cnnoi; <J'oißoi u. a. auf der dünnen Marmorplatte Inv ci5(;9. die wir nicht auffanden, auf die aber Ho- niolle, Bull. 20, 719, not. 2 anzuspielen scheint, wenn er von einer Inschrift spricht, „ou rtltornent les noms de Meniuiios et Mostrios".

KMo, Bi-itrilgp zur .illcii Gos.-liiihto XVn3/4. 12

256

170 H. Pomtow,

'HQaxXilda enthielten. Zu ihnen gehört folgende, auf dem Nordeckstein von Exedra 111 zu oberst stehende Römer-Ehrung:

Inv.-Nr (fehlt). (c. a. 103).

['Eöo^e räi noXfi tüiv dtXipioV initdlj Jwnrt j;?. A-

[. -....-..- ... -y.ni/.H-üi'Kq ^7l' hrofxov txxJ.ijai'av

[6te?.iYrjaav vnit}] Tlonlluu KaQOoXijlov Pw/jalov, [ih' ix^i] ivvoiav Kai <fiXayad{l- [liv vncp (i/iCbf, xcü diözi - -Jioc^te nao» tut; tkUio? av/^mortyli-

5 [rdftei'Of; tv/o'/oiov itcvrov] naQiytrat, anovöüg xid ifti.oxißluQ oli^ir iv'/.tlnwv x[al

[xonäi xal iöltxi ] vriov . ^aTwrät/tji, fni toi'tok;' x x x x iiy(i9üi rv/ai'

[öeflö/ßtti] Tüi nu'/.fi Tiov JfXqü)V tV äyo^äi T(/.eiwi ai'in tl'üipoit; tali irvüjioK;, [hnairiaru Uü:i\Xioy KaQOoXii'iov YOY.tO^ 'Po/trclov inl re Tüi nooniQinti xcti fft- [roifd ü<; f/E/] tiotI xav nuXtv Ttbv JeX<pO>v xal tif'äi Tioiflzai i'xxtitlai xal a^ioviläi

10 [ßiH narxüq'^ <p]if.07ivr<ug roig n(jta(ievxalc xoiq änu xüc nüXiug i''.nolijTe]>.XoixhoK, x\(ü [^ijitipav]ü)aai civxöv tibi rov [n]vi^i'ov axbifävioi, ^ nüxQtüv iaxi Jikipol^;' 6t66aiy[ai dl [avTüii x\ui ^xyuynig jiapü rät; nöXioq noo^tvinv, nQOftavieiar, npodixüa; aavXlav, [loo- [noXnslar\ uxiXfiav nävxwt; nijosS(i!av i'^i. nüoi rol^ Aytovot^, o;^ h nöXig xl&))ti xal [t« iiXXa rl]ßifi ndita oaa xal xolq uXXoiq n(>o^!roiq xal il'eoyi'nttQ xäc KuXim; viKiit/fi'

15 [i'7ii/(eXtloi}a]i AI xuit; uQ/ovzaq, önioq äyayiMtipij xavxa tv tön (E(Hoi tov Vl;töAA(uroc; [toi"' Ilvl^lnv t]>' xü)i tniipayeazaxwi Tonoji, ävxlyQc.ipov [dt] önioi; imooxaXrj loviviv [nox' avxvv xö]v llunXiof, (öxi) tdoUijdcv «i xifial avrCoi. "A(i/orxoi; EvxXtiöa, fiovXevoiTwv \l(aX- [Xlu xov 'Ei.i\ßxriSa, 'AC.(:oarov xov 'Arxi^aijeaQ, yQajifiaxtiovxtx; 61- ßovXüi; Tifi.oxti'i[znv xov 'AvxiyijrtOi.

Die Inschrift ist stark zerstört, bez. verwaschen; Buchst. 6 7 mui. Die Datierung nach den kaum leserlichen Bulcutcn- Namen bringt ein Text von Exedra IL Der in ahscnfia Geehrte ist unbekannt, der Name findet sich bisher nur als KaQOovXt'jUK in Appian bell. c/v. 3, 272, 274, 275,282 bei dem Führer von Octavians Leibcoliorte {inQattjj'tc T(i§ic) in der Schi, bei Mutina, a. 43. Aber da (!:icero ad famil. X 33, 4 denselben Mann Carfule- nus nennt, hat sich letztere Form allgemeine Geltung verschafft '), so daß man auch bei Appian KnQcpnvlijt'og herstellen müs.ste. Denn wenn auch Carsuleius von der Stadt Carsulae abgeleitet ist, wie Calenus von Cales, während Car- fulenus nach W. Schulze etruskischer Herkunft sein soll (Lat. Eigenn. 353, Anm. 3), hat doch Cicero den Namen besser gekannt als Appian, der immerhin durch den jetzt auftauchenden KaQOal/fioq beeinflußt sein konnte''^).

156. Das Firatengesetz des Senats vom J. 100. An der Schmalfront des Aemilius- Paulus -Pfeilers stand auf drei übereinander- liegenden Quadern die wichtige Urkunde über die Bekämpfung der See- räuber. Häufig angekündigt und dem Iidialt nach citiert, blieb sie gleich- wohl unediert, darf aber in der Aufzählung unserer Römertexte nicht fehlen. Leider ist der oberste Block mit dem wichtigsten Teil des Textes verloren und am Denkmal durch Gips ersetzt, die zwei unteren bilden die 2. und 3. Lage des Schaftes über dem oberen Ablaufprofil des Sockels. Wegen des großen Umfangs der Urkunde verbietet sich hier ein historischer Kommentar; wir beschränken uns auf die Textfeststeliung und schicken zur Orientierung die Inhaltsangabe Ad. Wilhelms voraus [Jalueali. XVII,

1) Vgl. Mendolsyohn-Vierock, Appian VA. fl zu p. 357, lö, mitl Müiizer in 7J-E III 1.589, ik-r Appi.ins /fnrpijtii'Ai}''"; i'ür falsch erklärt gpgeniibev dem ('(ir/'idenux de.s bell. Alex. nn<l Cioeros. D.nlior fohlt die grioch. Idrni in der RE X.

2) Violleiclit stund in Z. 8 da.s Patroiiyiiiikou llnnXi'or, .aber alle LoKungs- vei-suche geben statt de.«sen YOY.IO^^ oder TOY..iO—', was icli nicht zu deuten vermag; denn weder die Trihus noch ein Cognomen können mit -oq schlieUen.

257

Römerfrxfe in Delphi. 171

1914,98): „im Jahre 100, unter dem sechsten Konsulat des Marius, Heß der Senat, laut einem l3eschhisse, der auf dem Denkmal des Aeniilius Paullus in Delphi einj^rezeichnet war, aber bis auf die letzten Zeilen der griechischen Übersetzung verloren ist, Anweisungen an die Statthalter der östlielien Provinzen zur Niederwerfung der Seeräuber ergeiien, und richtete an die freien Städte und die Könige von Aegypten, Syrien und Kyrenc Briefe mit der Aufforderung, den Seeräubern die Häfen zu verschließ(in und ihnen die Versorgung mit Lehensmitteln und den Veikauf der Beute unmöglich zu machen [Bull. XXI (i'_'3: Foucart JoMrw. ä. Snrants 1906, 5()9: Colin, L'o))ic rt Ja Gricc 659)." Auch Niese, Gruvdr. röm. Gesch.* 184 not. 7 und 11 hat den Text nach dem Bericht der ('. R. de l'acad. inscr. 1904, 532f. erwähnt. Die beiden wichtigen Datierungen stehen Z. 20: r<uioi MuQUDi xni Ahvxio)i OvaktQieoi [ejräToic] =^ a. lOÜ (s. Mommsen Ä<9 II 200ff.) und Z. 28: der Sieg des T. Didius (Praetor a. 101), des Statthalters von Jlakedonien, iii)cr die Skordisker (Triumph a. 100), was den Ausführungen von Miinzer BE, V 407 ff. erwünschte Bestätigung bringt.

Die Graecität der Urkunden ist fürchterlich, mau versteht sie bis- weilen nur, wenn man die Worte in das Lateinische retrovertiert: viel- leicht liefert uns ein röm. Epigraphiker die vollständige Rückübersetzung? Die Lesung selbst wird nicht selten besonders in den Anfängen von Z. 23 33 durch die Überschmierung von Gips erschwert oder un- möglich (vgl. Bd. XVf, p. 161 not.), mehrmals konnte der ursprüngliche Wortlaut nur aus dem Inventar hergestellt werden, in welchem ich die Fragment-Nummern 700. 3439, 3586, 3.')88 identifizierte: sie waren dort nur zum kleineren Teil in Maiuskeln kopiert- Das erste Bruchstück (An- fänge von Z. 8—13) war im luv. nicht aufzufinden, dagegen gelang es, noch ein neues, sicher zugehöriges in der Nr. 3457 (Enden von Z. 9 19) zu ermitteln, das am Denkmal selbst fehlt, aber leider nur in Z. 14 19 kopiert war; wo das Original sich befindet, ist unbekannt. Buchst. 6—8 mm (Mittelblock); 8-10 mm < Unterblock).

156. Siehe die Texte auf S. 172 n. 173, --= Aem. Paul.-Text Nr. 3.

Mittoll)lock = Quailerlage VII des Scliaftes (von oben gezahlt); bestellt aus 0 Fra!a;niontcn. Bie allgenieiuen Maße usw. stehen links ubei' dem griecji. Text auf's. 17'2; die Einzolangaben sind loigendo: Bei dem Fragni. link.s oben (Z. 8 18) war die Inv.-Nv nicht aufzufinden. Bei Jnv. 700 fehlt Fund- ort und Datum; H. 0,15(':'); lu-. 0,'2l(;:'). Die 4 übrigeji Fr.agmeute sind ge- fundi>u; "an der SO.-Ecke der (Jstmauer des Tempels, unterhalb und südJ. des ■Altars, auf der Zwisclienterrasso". Die Mal.'rangaben des luv. sind meist fehler- haft, ich verbessere sie auf Gruud dei- Abklatsche. Inv.-Nr. 3581) (2r). April 18!»C); h. 0,29; br. 0.'2ö; tiefiH)(Vj; mul.! links und nuten z.T. erhaltene Kanfe haben (jetzt üips). Nr. 35H8 (desgl. 25 April 181)(;>; h. 0,4«: br. O.BOm; muß oben erhaltenes Lager zeigen, während das untere beslotien ist (Gips), sonst Bruch. Nr. 3457 (13. April ISilö) fand ich im luv. hinzu, fohlt am Deid;ni,al: "h. 19; br. l:^; d. 18"(?); muß rechts bestoßene Kante haben. Von den Zeilen- enden 9 19 sind nur M— 19 kopiert; hoH'cutlich läßt sich das Stück nocli wieder- finden. — Nr. 3439 (11. April IMiß), h. '3IV3; br. 24 cm: d. c. .8lj; rechte Seite z. T. erhalten, auch die l'nterseite muß im Gips vorhanden sein.

Uoterblock (C^uaderlage VTIl). Inv.-Nr. 89(1. Große Marmorplatte, auf 3 Seiten beschriftet; gef. am 1. Sept. 1893 auf der heil. Straße, üstl. vom Tempel. H. (1,493; Br. 1.19; Tiefe 0,84 m. Ist oben und unten .stark bestoßeu.

Das Material aller Schaftstticke ist w ei IJ er Mnrnior, das des (Jrthostats und Sockels blüuliclicr Marmor; von beiden nahm ich leider keine Probestücke.

Zur Textfeststen ung. Der fehleude Oberblock enthielt etwa 35 Zeilen, da er 4 cm hoher w;ir als der Miltelblock (ö<.),2 gegen 4*i.:}cm).

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258

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174 H. Pomtow,

Mittelblock: Z. 1 K ii - AT im Inv., aifioq rtv rrr Hi(llei) auf moiiiem Aliklatsoh. 11 statt ItA^ yjaoiK- [. . toI]^ schlui; Klafi'eubacli überzeugeud vor [/.tijd/ra]^. 13 Anfang, Podivjv scheint den Resten zu widersprecben, ich las \^i6lmr (von Hi. bestätigt), was mit talschcr Trennung nur [('||| Idlwv sein könnte; aber 'PoJ/wv steht in Z. 17. In der Mitte ist statt OV auch OS möglich. 16 im Inv. steht dbyi.i(UOq >] ay/wr, was ich emendierte. 17 Ende, ixTo\_'i ^Hi] I 'J!'[»']r(<sf('»s extra onlinem. 19 Ende; im Inv. wird mehrfach Z statt T gegeben, .so z. B. Z. 29 ZiiTE statt tw xt, also ist auch in 19 wohl zu lesen ö.Ttuc ;/ xoiiö te ca - - 20 Ende, für [antati).]- oder [idxO.]- kaum Platz. 22 Ende, TEPAS im Inv., aber statt P steht nur / auf Stein. 25 statt [h- i((jo'>i] wünschte man [iv äx(i07tu/.ci], was wohl zu lang ist. 28 Mitte, statt E.VI gibt das Inv. EY . 29 Auf., vielleicht [i7iccp/e!c.<; oder Maxe(^ov!a<;]- dann statt tTi'av wohl Toi re iRä,A/ov]. 30 Mitte, auch das Inv. gibt 1 1 Iii2:iyi{APrEYiiy~ gegen Hillers yaiwatv. Die Lexica kennen ItUoiatc nur als 'Vereinzelung' und von xaQKEiu) 'benutzen' kein Medium. Aber wer in dem Throniontext Bd. XVI S. 162, Z. 15 die Worte xu\ i'^iäia'CeaO-ut ll-D.ti^ cnUxiOi: z6 f,(((v inißaXXov /<t'f)0$ vergleicht, wird auch hier denselben Sinn voraussetzen "unrechtmässig zum Eigennutz für sich abernten." Also etv^'a [/j!/ uöIxvji; di i-uvzwr\ iöivjaiv würde der Grösse der Lücke genau entsprechen.

Unterblock. Die Zeileuintervalle und die Buchstaben sind größer und breiter als beim Mittelblock. Daher stehen hier nur iiO Zeilen, statt 83 dort. 41 Auf, für [oi'tni] scheint kein Platz, alier vgl. die ähnlichen Worte in Z._-l-l ; nicht nur nach o'/r/i'f j steht der Singular ufioauxw Z. 4'i, sondern auch nach ovxoi, vgl. o[,u)'i'frw] und lujeriti in Z. 44. 43 Mitte, es muß (ö^ivvtxvj) ausgefallen sein. 44 fi'otifii r»/!' ''iff/j'/i' ist t. t. bei Demosthenes; oben steht aber das epische Futurum von s'ifti = ttaezat ei<;. Zum Singular ö/avvtxo) u- ii'atiai s. zu Z. 41. 64 Mitte, in der Lücke sind die Zeichen iaxl . X UTA ?; erst durch Klaffenbachs Scharfsinn gedeutet worden. 56 Ende: hinter xoi-xiov ist wohl

( )v ausgefallen. Das Folgende lautete im Original etwa: nexe quis magistratus

neve (/nis rivx<li>/v>v facito quoniiniis dariiii.fliir, nei'C prohihito qvominiis hae pecnnine in dubiiim vocentrir, etc. 61 Mitte, noooa/itij [.7(>]öc ergänzt von Hi. Gegen Ende konnte der Steinmetz c. IG Buchstaben im Original nicht mehr lesen und ließ ihren Raum leer; aber schon in 60 scheint manches von ihm verschrieben oder doppelt geschrieben, da er das römische Griechisch nicht verstand.

157. Proxeniedekret für M. Caphranius M. f. Galliis, a. 91. Am Orthostat des Sockels der Sclimalfront des Aemilius-Faulus-Denk- nials steht unmittelbar unter der Weiheinschrift folgendes Dekret:

luv.-Nr. 926 (Aemil. Paulus-Text Nr. 9). (a. 91).

Md<jxü)i Katf> riaviwt, Mdpxov v\0)i, I'd).?.oji.

2 'E]netdl/ Müoxoi; Kiufoüvtoq, Muoxov v\6ii, FuXÄog 'Pw/taiog fiöf/jw.; /i'ey dictxfi'/te-

voi xvy/ruei noxi xöv iteör, tvvoixCoq fil xnl noxl rr.v nij).iv, slr/iDjOxov

3 n]rxot' naftfyöiievOQ du'', nooynrwv xolq. tvxvyxcvuixoii tO}}i 7io).ixär, <T/iotirf(!j xa'i

(pi).oxißt(iQ ohi)-lv iD.Einvjv, viKai; oiv xcd U no'/.iii 'pttiv)jxai xt/ttovon zov<; ü^iovi; rü)r ävdpü))'' «y«.^« n'/'/'

4 ötldi'i/ßai xät nuXii xOiv JihfCov, hnairiac.i Mn^xov KaifQdvior, Muqxov lAiiv,

'Piofcicinr, xcil tndiy/fiv ccvTwi xid ixyövoiq niiod xäq nohoq npoSeviav, nno- ftarxitar, jiQoSixiuv, davltuv, dxiXeiay, '^ 7i()o]ed^i'ai' tft näai toiq dy<'uvoig, oig ä noliq xlH^tjXi, xcd xuU.c. xi'fiict Tidvxct, öac. X(d zotq ("ü/.oii n^o^hoii xal ivtpytzcctq T«t; .löA/o? vnuQx^'- 'Afiyßvzoq Baßvlov, ßovXevövxwv Klsofiävziog, yisXiaakuvoc, ["Apxcovoc].

Über die Orthostat-Maße vgl Bd. XVI S.'i'ö'i.' Abb. 22; Buchst. 8—10 mm (in Überschrift: 15—20 mm). Der geehrte Römer ist unbekannt. Als Archont ist Baßvkoc: Aaiäöa gemeint, der früher das Pythienjahr 90 innehatte, das in Bd. XV S. 30 dem «. KJi.i(a'd^oc. (bisher a. 91) zugeteilt wurde. In der Dclph. Chro)i. B-EIY 2050 war bemerkt, daß im Babylos- jahr zwei Manimiissioneu : Bull. 22,26 (25 ist Druckfehler) und Hermes

261

Röinertexte in Delphi. 175

8,412 (= 41,3r.3) nur 3 Buleuten aufweisen, während Bull. 22,24 u. 25 vor den drei als erstiMi noch Tifiolhoir ^Ejititrlöa nennen, daß also viel- leicht hier der Übergang vun der Epoche der 2 x 3 Semesterbeamten zu der der 4 Jaliresbuleiiten liege. Unser obiger Text hat sicher ancli nur die 3 enthalten, obwohl Mt/tiootcorog ganz verscheuert ist : aber nach ihm kann nur noch das kurze "A{>xojroc: die Zeile geschlossen haben.

[157a. Proxenie für einen Ta[nagraeer], a. 91. In Afh. Milt. 1909, S. 43 edierte Keramopulos in Maiuskeln ein Proxeniefragracnt, das an der Plinthe einer Dreifußbasis (Abb. E, a. a. 0. p. 40) aus schwarzem Kalkstein stand. Ich ermittelte die Inv.-Nr. 862, wonach die Basis am 29. August 1803 an der Ostseite des Tempels auf der heil. Straße ge- funden war, und ergänze den Text folgendermaßen:

Inv.-Nr. 8 62. Text £. {a. 91.)

["4p/orroi BnßvKov, ßovXtvöiTwv TifioXiwvji, 'Ait/ioi'oq]^ Augenscheinlich Kjlevfidi'lTiog, Me).t<ial(ovog, dihfol t'((tM;f«(' ...?•.?.. .] fehlt die 1 Zeile

K\(ü.y.i-irnov Tu[va-y(>ntu>i, airCoi xiü txyovoic, n^o^eviar], ;„i, hp,Un rlpn

7i]oo/^f.yT[i'i(y, 7roo[td(ji'iit'. nooSixiur, äavlii'.r, «rf'/.f/r;i'j Stein nicht ver- ö n](''.yxo>r xal riO.li'. [IIi»« mO toIq ("O.'Aoig ntto^tfoi.;]. eWchen und

wenn man von der sicheren Ergänzung von Z. 4 ausgeht, ergibt sich, daß die Buchstabenzahl von Z. 1 3 ganz genau zu der von Z. 4 stimmt, sobald man Arclion und Buleutcn des vorigen Textes Nr. 157 einsetzt. Das ist schwerlich Zufall, und wenn auch: [aQxoJ'rm; 'AvögoTifioiT, ßovXfvörro})' EvÖöxov, Aixoddiwv, | Äj^fc/^ärfr/oc, 'AQfOTimvog xtL] und damit das J. c. 264 (früher 268) noch leidlich stimmen würden, so spricht doch die außeiordentlich seltene Voranstellung von Archen und Buleuten in Proxenieen (häufiger in Dekreten!) für unsere Zeit. Denn sie kommt nur noch vor a. 109, ci. /7r()(>/«; a. 118/6, «. 'fffinxXeliia; a. 167, ii. Stvtu. Aus diesem Grunde ist der ganz unbeachtet gebliebene Text 157 a an 157 angeschlossen, so daß wir aus dem Babylosjahr bisher 3 Proxeniedekrete (davon 1 Proxenie) und 3 Manumissionen kennen. Statt 7'«[/'«}'()f«V»/] würde aucli TalQarrimx] passen, aber Tarentiner sind im .). 91 in Delphi ganz unwahrscheinlich, und der Name Kallippos ist in Boeotien überaus häufig; vgl. auch den l^roxenos - - ox' Tanr/Quioc um 150 140 in Fnitill. III 1. n. 280. Da von der Weihinschrift auf dem Torus nur . . . /liiti.- erhalten ist, läßt sich über das Ethnikon des Stifters nichts entscheiden].

158. Proxeniedekret für C. Orconius C. f., a. 86. Dicht über der Weiheinschrift des Aemilius Paulus ist in der linken oberen Ecke des Orthostats folgende Urkunde eingehauen:

Inv.-Nr. 926 (Aemil. Paulus-Text Nr. 7). (n. S6).

- - - - Ar. YHNL

[naQf]/er[ai] r«..

[fjf," (ly(t!}ov rnoc] naiiahiac, yevd/ieiuq xoi[räi xtd l]Siai TOiq

[f iTfypravÖJ'Toi? iwv noln^ar iv ii tig ttlibr nu{inxaXi2, onoviiäg xat (fi).i>Tifi!- 5 [rti; ovitiv lU.flnmv, "mox; oi']v xal u nnln; fcciti/Tin ii/iiavcict zovq ä^lovi; tü}V dv- [iijCoy Ayn9n rvya' 6fiS(>]/ß^«i Tüi Ti6).fi xCuv ifltfüii', inaiviatii rd'Cov'OQy.Loviov, Fa- \tov v'ior, in'i ini no\ü toi (ftiv tvatßilui xai räi noii r«i' nöktv Evvolai, xu'i inun- Ixeii' avTüx X(u ixyu]i'oii; TiQoiiv'inr, n^onP.i'XtlKV, nffoSixUtv. AovXlav, dziXsiav, [7r()ocd()tat' iv to]Iq (tyiovo'g oig « tiqXk; rUtrjXi. "AqxoviOi; 'Aß(iOßäxov, ßovXtvinxiov 10 \^AvxiiplXov, ^XQlatayov, JdfKovoq, KXhovoi;.

262

17B rl. Fointoir,

Die ganze linke Partie und die ersten Zeilen des Textes sind ab- gcstolöen; Buchst. 8—9 nun. Der Geehrte ist unbekannt Schwierig- keiten bereitete die Datierung, weil außer dem i'i ' AtiQÖiurjin^ vom J. 8(i noch ein homonymer c. 10 20 Jahre später fungiert haben sollte, s. DcJpli. Clnvii.. J\'-E IV 2ii.'>! zum J. 76. Diesen letzteren kannten wir nur aus Colins kurzer Angabe BiiU. 22.37 not., aber nachdem ich seine Textquelle es ist unser Orconius-Dekret selbst kennen gelernt, bin ich überzeugt, daü sein zweiter u. ' Afloö/ntx'tJ: apokryph ist. Denn

dessen angebliche Huleuten [ , (-)(>]aijcxXto<, 'PiXoivoq, KXkoroc.

heißen oben nach wied(Mholter Prüfung richtiger [' ArTufilor, 2^r(<]«r£(}'oe,

.iäocD'oc, Klti'tro-, sind also dieselben, wie die zweimal bezeugten des

Ha'bromacliosjaiires 8(i: vgl. Bd. XV p. 30, Te.xt Nr. .V2/3 (%//.■' 738 .1 u. B),

wo dies Pythienjahr genau fixiert i.sl. Die Richtigkeit dieser Identifizierung

und unserer Lesung beweist auch der Umstand, daß in unserm Text nach

Ausweis der Lückengröße das Wort .t(7<)( vor nyoivoic, gefehlt haben muß,

was mir lange unmöglich schien, weil es kaum jemals vorkam, daß es

aber geiade in den zwei andern Texten des J. 8ii gleichfalls ausgelassen

i.st! Darnach ist der <'i' .i.ioniitcxoc des J. ff. in der Tat zu streichen.

15J). Proxeniedekret für T.Varius T. f. Sabinus, a. t)t). Der Text

stellt unmittelbar über dem vorigen, aber schon an dem Oberprofilblock

des Sockels, an dem geraden senkrechten Schaltstück. Buchst. 9 10 mm.

Inv.-Nr. 908 + . . . (Acmil. Paulus-Text nr. tl). (ft. 66)

["Ao/ovTnc 'Ay i'vjyoc, j-loiXtvorTiuv ll(i/.ir/ici'()ii iiiv Me?.ir>iji<iji'<i^, EvxlflAu roi

AiicfiAa (V), —ro{'ao)i'0(; tuv Niieu()(''.]-

[liiii'], 'Aj^o(i(iu/_(n- {Toc Z: rayi'nic.?, fu/röi;) livai'ov, i'doSt tat Tiolei tCui- Jt/ifüiv'

t-nt/i);/ Ti'toi; '0(!;H(//r)r),-, Tlzov v'iög —«fiiitoc:, ßj'//o X(0.iic yai ('■./(tfh'iQ

i-fi'ii'.fti'/Oiti; .''r [(':>■ Tiof.if i'/iv»' iiirii roij onnitr/yoc ID.c.lxüdqIov ävtfSToaifrf liilt-

fiü}^ /i'tv 7io[t) TÖr] 'Atto^J.oj iiiv Tlii^ior, t-hvo'i- [;!'ü)Jc ()(■ y.iu Txori T(''.f nultf i'^wir, OTiovdO.c xiä ifiÄoTii^i/Ki; oiDiv h().)Xiniuv, Tor

xe <jni(CTijyö[v //A«(r]i'i)(j(OC Ti«(io/f'ornTov nwjiayt,

.") ['.t'] mr Toi Toic TtavTui^' diiU'i/H-tci Tic nii).n. tmtirhoni Ti'rov ()vi'(iiiot; Ti'tov D/ör

Xf'.p'iiov xn'i i'ilti)iiii!h;i «r]rto( r.:TO TÜg TTokioc i'.fuoi' niju-

[cn7'|'(r. riijouinTti'icr. Roo^iKii'.y, iluv/iicr, ,7((0f(W)/«)' ;'>' .7f!o/ TOl^ ryioroig 0(^ (':

jii'ilii T\iütjri xa'i niA]A(( n'/^uic navTit, 'öaa xiii ruf<i [(';//o/,- :ioijiiri>u xai tiiiiyiTiu^ xf'.<i] nuXioi; {. . . ok') \r]ninr/i:-i.

Im Namen des Geehrten hat sich der Steinmetz geirrt, er schiieb in Z. 2 falsch 'Ok^ii/iV)^. in Z. 5 richtig Oväriiiiv. Der Praetor M. Plae- torius Cestianus war a. 66 im Amte (Mommsen, Strafr. 648) und kam gewiß zur Pythienfeier nach Delphi (s. u.)\). Da links Kante ist, fehlen vor \4ii(}ofjccXov nur 3, höchstens 4 Buchstaben; also kann das kein Arclion sein, sondern wir müssen noch eine verlorene erste Zeile ergänzen. Nun kommt zwischen a. 123 und a. 34 mu- ein einziger Buleut Habromachos vor, der vom J. 68: u. 'Aylo)ro^ tov A(i()i<oxlhi<h(, i^ovXtviuTi'jf AJoi>i/<r/i)i\ nokvTtiiiihi, Erxhlda, ^CtijÜtiovuc in den 2 Manumissioncn LeBas 11 959/60. s.Bclp'li. Cliron. K-E IV 2654. Darnach muß auch unser Dekret aus diesem Archontat stammen, das also fast genau datiert war (a. 68, statt jetzt 66). Setzte man es in Z. 1 ein und ergänzte die Patronymika der Buleuten-).

1) Er wird in Z. 4 als m((iox''u'iiiTOi; bezeichnet; nur Jie^o Form .ritQOyJii kommt bei den .\utoren vor. Drr Stein scheint 7r«vo//ör. oder jxc.inyiinia. zu Iiaben.

2) Für ilii/.fn/tidfic kommt .ils Vater nur Mtkioniioi-OQ iu Hi-trai-ht (.vgl. den ß. im bisherigen a. Cü, «. KXtiiitviiÜK, Lebas !)50j. Bei EvxltiSui kann man

263

Rönicrti'jte tu Delphi. ' 177

so orlialten wir doil SH Jiuchst. gegen 'J3 in Z. 2, '.»5 in Z. 3 also cino

passende Zahl, da die erste Zeile meist etwas breiter gesclirieben ist. Der

Vatersname des Areiionten (Vor \{>(iiioxlhi<S(i) hat demnach 'henso gefehlt

wie in Text Nr. lUO und in LeiJas !)t)0, da oben sonst 10"2 IJuchstaben

lierauskämen. Schwierigkeit machte aiaii Z. "2, hier muü nicht nur fii/rö^

ausgefallen sein, sondern auch das Patronyniikon des llabromachos. Für

die Hinzusetzung des Monatsnamens in Dckieteii gibt unser Text jetzt das

älteste Beispiel (bisher a. (_i2 -'^ Text Kr. 17:^,4; a. ßl Piniol. 54, 2:iO.

vgl. Delph. Cliroii. 2ti54).

Als Nr. liiO folgt ein zweiter Text des /i 'Ayhoi: Außer diesen zwei

Dekreten und den beiden Manumissionen LeBas 959/t)ü sind keine Texte

dieses Archontats bekannt. Es ist durch den Praetor Plaetorius ebenso

sicher auf (i(i v. Chr. fixiert, wie das des ä. 'Aßi^iöiiayo^ (Text Nr. 158)

durch den Sullnnischen Krieg auf 8G v. Chr., uml war wie dieses ein

l'ythienjahr. Unser Abklatsoli von LcBas '.)59 zeigt deiillich die Priester

'Ejiiti riöac—Aaiadac, also Priesterzeit XVI, während Ddph. Clinyit. 2(ibi

auf Grund von LeBas' Lesung . . . AA2i! nur XIV XVI erschlossen werden

konnte.

[160. Inv.-Nr. ;:5 54y>'. {a. 6fi).

Ol M- 'i^^i-' r 1 KalkKteiiilrap;nient. Oofumlon um

o [nana] cifc nu}.iOi npokeviav, \nt)Ouar\- „a a •> loiS i m "

"■,.•' •, . ^ ,. .'.'■' •' 22. April 18% vor dem Temenos-

,,1 . ^, - , . v r ,1 en)a;anM',wenifrobchrittt;:uujerlialb.

. »,- .' . .• , ' - '", ' IJer btein war in UKilirora btucko

(xy./.c! Ti/iifi unvtic oart xai xoi^ uJ.- , , i ,. i i,,-

, .. , ' < . », ' zorbor.steu; ilanut sie sich nicht

,Q<i ■. ^ ,,• , ■'• fi,'; 1 .( verloren, schnell sie Koutolpoii so- lo Ayi OJVOC, iiOvltvoi'TW}' \llof.v\ituiOa, i i i -n- t> in ni-x ri-' •; T %- ■<a 1 eleicli ab. Bnitr.s Bruclj, 11. 0,2'1, [Lvx/itchi, 2.TPf(Tojioc, Aßpouayov]. % ,,,,. » j u i. i i ^ ^ -> I 6 f A j f{j. () j^), j^j^ fipj. i^vont kleiner

Dokret-Hest ,1: au der Seite der aus 10 Zeilen bestehende Text B. von dorn

im Inv. leider nur die zweite Hälfte in Mainskeln kopiert ist. Den Stein fanden

wir nicht. Die Worte n<jOii\{>lar hj.i nO.t'n zolc äyihvoii xi\. sind vom Steinniotzen

oder vom Abschreiber ausgelassen].

161 und 162. Unterhalb des bekannten Dekrets %?/.' '582, in welchem die drei Pergamenischen Jlaler a. 140 die Proxenie erhielten, folgt eine Kranzverleihung etwa aus dem J. 80 und dann die Zeilenanfänge einer Römer-Proxenie um a. 50.

IGI. Inv.-Nr. 2274, /.; und ('\ vgl. BcHr. Top. D S. !>. (c. a. HO).

(H) [l4(>/orT]oi^ Aair.(Sa ruv ßtxi-lrkov, ßov/.ei'6vTo:)[r 'A{))ü(t, (/]- [orro/o])-, NixoüTQi'iTov, ^^HtoyaQioi, a jkjXic. tmv \\t)jiiör\ \iüTt(f<'a-\<')i)t <I'( xxxxx X xxxxxxP.<(jr/Mj'« '/'«/[«Or/cj':']- yvoc] vacat

6v[vajit\vo

Kranz,

iC) o]rrt[.9?xx]/w;.

^ ' ^ ^ ^' linke

6Qa:\xit]>it^ öiu- \ Hiiifte.

y.ooiatc. '■■...^

Z. 1 und 2 sind ediert Bcifr. Top. D. p. 'J, die dort noch fehlenden 2 Buleutcn bietet die Urkunde Bull. 22, 308. Die Texte B und (' sind

zwischen ^HiJKx/.tliUx (zuletzt ;i. Ol, dann der Enkel ab a. 47) und .iiaxldu (zuerst a. 54) schwanken; auch a. 73 fohlt ihm elas Patron\mikon. SjQäiMv Mixiniu/xiiv, ß. a. 81 und dann ohne Vatersnamen dreimal Üuleut bis a. GO. 'Aß^ö/ta/o^ '.llhi/c ßov war Ai'chont a. 80, 'Aß(>. Zerayiitja beginnt a. IS als Jiyoörär«?, daruacli bleibt uuentsohiedeu, wessen Sohn oben gemeint war.

2ti4

178

Tl. Pomioir.

vereinip^ in Sthed. 70 VJIl 187/8. denn offenbar haben wir die Kranz- verleihung von B in C spezifiziert nebst der Abbihlung des Kranzes"). Der Geeinte iot unbekannt; wenn kein Ethnikon dabei stand, war es ein

Metoeke, andernfalls würde man 'I>i?.[foroL: . . \ ] ergänzen, mit

7 9 Buchstaben für das Ethnikon. Den freien Raum in Z. 3 verstehe ich nicht. Auch in V bleiben die zwei ersten Zeilen unsicher und unklar.

163. Proxenie für Luci f., c. a. 50. Neben die obige

Krauzhälfte und in sie hinein hat man später eine Froxenie eingehauen, die auf die Blätter des Kranzes Rücksicht nimmt, also in die Mitte des 1. Jahrhunderts gehören wird:

Inv. 2274. '.'io;joj'[ro« , ßov).n'6rTO}v - - 'E/i/n- (oder K/.to§i)-]

(/>) 37(5«, J[f/f/o/ t^ojxar rdJr dttri, nomen, cognomen

Aivxio[v v'kjji,

/ iiXO [ :irQo^ti'iar, .TQoiiavTtiar],

'Fi/i/trlöac war ,:?. a. 75; Archont a. 56; KHio^irldnc war a. c. a. fiö: ,1 a. 63, 56, 50; auch 'Ai-Tr/tvi^kic. käme in Betracht (der meistens --/tv^idag ge- schrieben wird), aber nur als Vater des Buleuten AUm-.

162a. Proxeniedekret für C. Snlpicius Galba, c. a. l'J 14. Bourguet, de reh. deJp/i. p. 22 hat 7 Zeilen eines Dekrets ediert (Inv. 1738), zu dem später im Inv. Nr. 3271 ein größeres Maiuskel-Fragment hinzu- gefügt ist-); im ganzen 18 Zeilen. Aus ihm ergibt sich der voUe Name des Geehrten als C. Sulpicius Galba, während Bourg. am" die Ergänzung und Datierung des Textes verzichtete, weil sich nicht feststellen lasse, ob Servius oder Gaius Sulp. G. gemeint sei. Er verwarf die Beziehung auf

den Gaius-Bruder des Kaisers Galba, da unser Text viel älter sei als dessen Consulat (22 n. Chr.) u. entschied sich lieber für Ser- vius. denVater des Kaisers, cos. 5 v. Chr. Dies wird hinfällig durch das neue Fragment, dessen Maiuskeln

162 a. I nv.- Nr. 3271 + 1738 (1738 = Bourg. reh. [\l y 1/] T V /_ >/. delyh. p. 22).

[ÄQ/^ovroe'AvT ttpIXolo tov FoQyü.ov, firirög Bv-

[aiov. ßov}.tvovT\u)r \^Afn]aro>tXha tov 4>i).ovi'xov, J[ä-

[ixioyog TOV no]Xe/nUr/[o]v, ido^s tu nö'/.ti zCov J[i:).- h \if,ü>V trie'i F](«oc ICoKjiixtos rä}.ßa(^), vlö^ [/'«(OuV. tirt/o]

Ixcüug /ijid i'iyalto^, a7i<'i rr/:; ;T(>tür[)/? fiO/üi "

7*7? Tt 'Pwßai(ov // }'f»'[sf! Oller - ta).oyiii

.... \t/«s 6i<;f^ü)[s ijiv öuhcftTat tiotI tov 'A]-

[n6).k(u]va tov nii^iov, lei-vocxibc M- ^«l noTt niv ;im.iv] 10 [«//ü»', TiJepJ rol

tCov

-- - ov^

tJü)1' f'>'r[uyyfa'öirtüc'? rr-ii' -v-.- -

15 - - - iyg] näT.jwv J^hfioTq {r\a(0Ql.0Arity.i,H

vTiu TTit; iJvvi([7jjTov passen. Darnach

favrt - - - handelt es sich um

Ao - -- den Großvater

des Kaisers (Sueton, Galba 3), der Praetor war und ein von luba zitiertes historisches Werk sehrieb. Vielleicht hat er darin Delphi lobend erwähnt;

1) Einige unvollständige und unverstandene Brocken von Text B und C hat Baunack nach einem Abklatsch ediert in GDI 11 p. 822 ad nr. 2644.

2) Inv. -Nr. 3271. StelentVagm. (Museum), weißer Marmor, rings Bruch. H. 0,27 max., Br. 0,12 max., Dicke 0,07. Fundort fehlt, Zeit: wohl Oktober 1896.

265

Zitm ÄenüUiis-Paulus-Denkmal. 179

leider sind seine V'erdienste aus dem verstümmelten Text nicht sicher zu erkennen, so lange nicht das unterhalb von Inv. 1738 fehlende Stück wiedergefunden wird, aber die Reste in Z. ß und 7 lassen sich gut auf die Erwähnung solchen Werkes deuten. Schwierigkeit machen auch in

Z. 5 die Worte räXßa vlo^ (so Bourg.), bez. rctXj-t(c vlov (Inv.).

Denn JVcXßu ist von rechtswegen der Genetiv von rüXßaq imd i^öq wird sonst nachgestellt. Vorhäufig schrieb ich daher: rü).ßu{<i), vVo^ [/VaorPJ.

3. Zum Aemilius-Paulus-Denkmal.

Auf dem Marmorpfeiler des Aemilius Paulus, dessen Rekonstruktion in Delphka III, 107, Taf. V [Berl. ph. W. 1912, 409, Abb. 14) gegeben war'), waren 32 3b spätere Urkunden eingehaucn. Sofern sie Römer betreffen, haben wir sie schon mitgeteilt (bis Nero), von den übrigen sollen die meisten hier folgen, damit diese vor c. 25 Jahren ausgegrabenen Texte endlich für die Wissenschaft benutzbar werden. Unsere Absicht, die 4 Denkmalsseiteu mit den numerierten 32 Inschriftfeldern abzubilden, scheiterte an den Raumrüeksichten. So muß die folgende Übersichts- tabelle auf S. 185 genügen; sie beginnt mit den Texten der Front und geht links herum (linke Seite vom Beschauer, Rückseite, rechte Seite): auf jeder Seite wird von oben nach unten gezählt unter Beifügung der Quader- lagen (I X am Schaft). Für eine zweite Tabelle, welche die Texte in chrono- logischer Ordnung aufzählte, reichte der Raum gleichfalls nicht aus.

163. Proxeniedekret und Statue für einen Patrenser, c. 104. Am Orthostat der Schmalfront, rechts neben d. A.mphiktyonendekr. Nr. 125. |! Z. 18, zu TtaQaxoXovdta) m. Accus, vgl. Bd. XVI, 164. jj Buchst. 8 mm.

Inv.-Nr. 926 (Aemil. Paul.-Text nr. 11). (c. a. 104)

"Edo§£ Tai nvXn Tiov AtXifihv ^v AyOQÜi TsXtiwi ovr ipaijoic rcäg ivvü- itoig' tnel 'A'jiarüdnßog Avy.iiov lIct.TQihq svofflwc ft'sy dtax^i'/xtvog noTL TÖv l^toi; ecyo'ixrui; rfi- xa) noti xäv 7i6).iv iCov Jehfü)^ Tipörf- poy /(f)' ev/QTjOTog lov dicaO.tl {IE) xcd xajn xoiröv tc'.i nölii xal xc.r' iM- b «)■ 7ofc ih'Tvy/arüvTOig tCov ■no).näx- xcü ri'V dt /pEiay avroc i/oiaag TÜ; :i6?.iog xal A:toiiTi'J.iVTO)r nor' nlxov initaßivräv Teiaioq Tov Qto- XanioQ, KXiiovoi TOV Hpvog ovvtTiiöwxt avxoaavxov iv xa nuQaxa- Xtißtva ajiQoifarüaTmq' öeSüyßui Tai noXsi tüiv JeX<pCuv, inaiviaai 'Aqi- OToiaixov Avxhov IlaTQTi tm Tai tcotI tov i^env evoeßfiai xal xv.i noxl xav

10 nühv elroicu, xid aTttfuvmoai althv Tibi tc tov &(0v CiTt<pavu>i ihi 7iÜT(ii6r

(■[<Tn] JeXtpole, xal eixovi ya/.xtai, xid tüv uvayoosvatv Tiou/aat xal tov ateifcivov xal zäi tixövoq fv tum äyCovi Tüiv Ilv&uov, ö^ioiwg ds xal tv xCai dyOiVi iCor Swttjoiwf a- xölovS^ov TÜx ipa(pi'o/taTi' s?/iiv di avTÖv noü^ivor xal eveQyizav Tag noXtoq kjxiiiv xal Tor txyörovg kvtoO, xal vnaQXdv avTotg jinofiavTtlav, TiQoSixlav, liavktav, ÜTt^.eiai; TiQot-

1.5 ÖQiav ijx Jtäaiv TOiq äyüjroig oig i). n6?.iQ tID^ijti, xal ti'O.Xc: Ti'/iia ooa xal zotg äD.oig TiooliäfOtg xal ils(jyeTais lüg TtoXiog inao/ti' ärayi^xiipai lib zo ipäfia/ia Toig äpj^oy- zag fr tü)( ieoibi tov ^LnöXlcjyog tv tCoi iJnifaytinuTwi xunoji' rlnouTeiXai ö'f xal tiotI räy 7iö?.ir rüjr FlaT^itoiy, ÖTiwg na(>axo).ovH'{Ti)iiiv (!) xicg ihdo^itrag avTCoi ri/iug vito rüg :t6Xiog a/xöjv. "Acr/oiTog 'Aylwvog, ßovXevüvxmv xkr öevTtQav iSdßtjvoy nüxijwvog

20 TOV AoiOTOßovXov, 'Anl<jTa>vog tov JufytO'püt'tog, yoauuaTevoviog 61 ßovXäg 'HQaxXei'da TOV AQioxoöußOv.

l) Der hier beabsichtigte Abdruck des Klicbe's wurde weggelassen, weil sich ergab, daß über Qnaderlage I noch als Scbaftabschluß zwei große herren- lose Blöckf mit Ilosotteu einzuschieben sind, dio nordl. oberhalb des Museums stehen und viel Kopfzerbrechen verur.sacht hatten.

26ß

180 H. Pnmfutr.

I(i4. Proxoni(Hlokt('t für eiiieit Oiiiiiitier, c. a. 9S. Unter dem Amphiktyoiu'iidckret Nr. 12'». Buchst. 8 nmi.

inv.Nr. 62G (Aeniil. Paul.-Text nr. 12). (c. a. 98)

['Ldo'iS rill :ivf.]fi tOiv .h)<fmy' i.iO liiOJ.türuyixn:: Ziyvnvi 'Op.o i- vi i « ^ tvvov.: iTiili^r/wy il/c- [relfi TioTt T(\y xuXijy xtd rou lyvvyynyoytoii nur noXnüy tv/ntjutuv uicöy xt((>r'.(JxtvÜL,n [x'd xoiyni xtci x(i9-' i]')[i'}i(y .inil luy xd rc.; uvTOv tvy/dyij yotla.v t/wy nyaxhä ii//c' ötdü/itci, i-.Tc.iyi'- [üai KaiJ.iori'nixoy Sijyujyoi 't)7ton Tioy xcl iriäoytiy ctiCoi x<d t-xyöyoii 7ntoStv!i<y, :njo/jciyTn'- 5 [ar, uac).iay, uri).ei\t'.y, nQ0id(>'tuv xnl zaü.a Tifiii'. -nävtit, ö[(j«] x(u roig <V.).oig Ttfin^uoti [xtd €if(jj'tTf;i5 ntnjä t«^'J 7Tv?.iOi; im'nß/fi. "Aj)yoyTog Zi'rwyog, ßovi.tvvvivjv Mfkiaoiiuyoi;, ["Aoywyog, Nix(i<S(i/t<>v ("?)]. "ßiSoc;- ,vrA. neues Dekret = Text Nr. 1C(!.

Der f!. Xenon war schon in Bd. XV, S. 28 f., nr. 50 etwa dem J. 98 zugewiesen (frülier a. 107); hier und in Nr. 165 erhalten wir die neuen Bxüeuten des I. Semesters, (n Z. 5 fehlte rr(>tnSix!(; oder u<>r}.ln oder drhXiia.

165. l'roxeiiiedekret nnd iStatue für einen Drymier, c. a. 98. In der obersten recliten Ecke des Sockelorthostats der Schnialfront.

Inv.-Nr. 926 (Aemil. Paulus-Text nr. 8). (c. a. Itö)

["fccSoit Tch noXsi nlir Jihfwv' t'rrcoii) li^iiiwy II]i':Tinoy,[oi .Jiji/iioc fl'yoix f.nfJ;<]- yJo)y diftrgkti tiuti ray nii/.iv xid tou i'yii"//_]Kyöyznig [rCoy Tioliräy (lyjiijoroy m:o]- t'. o[x e V uCe I aiuuvToy xc.i yvy d'i- rca;] Tiu/.iug yoi-l«[v cinoi' hyovaat; x;d.] :iijtaj^lt L-iug «.loorf; A(i(((.c -totj ui]Ti>i- intih'txt £«[i'rö)' tv 71chh:x(c]- 5 /.!■ 1 /if yn. [<(.T(05 Ol')' xici r. 7io).iq (pi(i]y>jZ('.i iijo'ovot: loi^g lifoytttly et ray] 7r(jori: tßov/i[i-yovg' i'iydk'ii ny/W i)tiöyl>(:i tä]i aö'/.n Tüty Jt7.<fC>y i'v (':j'[o<)(7( rt-At/o«] (iiv ii'd<foic [rdic tyyuj^iotg, i.iuiy]!'oi'.i Ki_i!rcjvu ü(wju)VOg J (^ii/xi i)[y X(d «ira^«]- yCoocA (itTÖy || ] 1 ilxiiyi ya/.lxici, X(i]i dtöönfhu «vtö)[i xn'i]

ixyüvoig naiih rä^ noXiog nnoli-ylay, .Tjo/iityitiicv, nQoßixiuy, novi.iia-, [iJrr'AtKtr], 10 7n>oeö(ii'a y xn'i rüXf.u ii'/in; ndyia, i'xJf'. xid roig flXf.oig Txoo^iyoig xrd cyi;(>yiTnig rüg nö'/.iog. 'A(tyoyrog Siyuiyog, (iovXivüyzojy M().ian[^lo)]yog,''Ä(>yuiyoq,y[^ixn\iäitor{^i).

Buchst. 7- -8 mm. In Z. 6 ist der Anfang ganz unsicher; ich las .IPIEAIAT. In Z. 7 kann das Ethnikon auch .ifirjuaiov gelautet haben. In Z. 8 hat in der Lücke und Ra^ur auj^eusclicinlich die Geldsumme gestanden, die man später ausradierte: also: <)(inyiu(f^ .-rhVTay.oo'utii xcl. Über die Gründe zur Tilgung der (ieldhelohnnng und über die damaligen Parallelen s. Rd. XV, S. 29.^ir. 51 f.

Iü6. Ehrendckret (und Erneuerung) fiü' einen Orchomenier, c. a. 88—86. Unterster Text des Sockelorthostats, unmittelbar unter Nr. 164 (und 163) fast über die ganze Steinbreite reichend und in der Sciiiußzeile von Nr. 161 neben den verlorenen Buleuten beginnend. Buchst. 10 mm; Z. 8 10 stehen in der 1. Hohlkehle des Unterprolilblocks.

Inv.-Nr. 926, -f- 3219 + (Aemil. Paul.-Text nr. 13). (c. a. 88—86)

"AViü^t r«( 7iv>.^i Töjy Ji/.ifCoy, t'y ir/o^iüi lO.tiwi cty ij^infoig TitTg i-yyofioig' ini-) Kaifiaiag hij(fioo-

dvjijov '0(jy_Ofihyiog eli>t(iO)C fdy AiKxeifisyog (zvyyüyit) 7io[ri] i('iy 0-n'iy, [cyo'i'xüjg iSl xrd .lorJ r«) 7io).iy rOty J().ifC<>y, x<d 7i(>iixe(>ov fi'iy tl-yntjurog tyiyero X(d xara

xoiyöv rät 7i6?.ei r./iCoy xal xaz' lAlav xnlg iy[Tvy]- yayoyiou rCoy .loi.nüy, ty (isic) oic xai i: no?.ig iziiiKat- i'.lziiv znig xazc^lnig xifiulg, xtd tv zC»i fytozc-

xoTi (Sf tv[iaviCoi y(>\ein<i yfvojdvag \zäi nuXfi] (';//]cui' ihn TÖy :ii ijifaTaxoni(xöztt) xaioöy [n.(:oi;x).)j\(ti}i i'.to tCoy 7toAir«r, II.Twc ZOpfTyr/dj ulzoy

liitifiaiui ^ayrt/.[o'!'vyCog r/o'] yniionjxtyov tü)[)' ..V7.'..

5 I'i . ^ 7lfm TO>y >.vairtk!i[: ...,..!'* x]or/(j(t<'.i (?) na ttö/.h i:fiö)y xuraxo'f.oviUiGag zoi[g

13 ]«!• Tia(>axaX[£iiilyoig . .]

267

Zum Armiliiis-Pauhif^-DnilmaJ. 181

12 ror M- rf wT; >;•.•'•' ~/KAA/. . . « wv tinireuiv xnt (vi{oiicr p; J* ]

' ^[ÖA];»- r . . . .C-.12

[x<ti\ (': 7i/j[P.(]i,- [y«/>'>/r«( Ti

(Tnv. 82U») (fioi'av Ki'.i(iao6uy(>ov O

fiLOvisa nur iU-Sq\v)v xoiq tveoytxilr(i\it]ti.vn(>ottiQOvnh\pvQ\- ayaita r{y[i'..

(Inv ) 6i]<'iü[/J>m T]ä( 3iöA[et r]tü>' Jehfüjv, inairl-[<jat Ka]-

[yyofiiviov t;i(] rni ttotJ rör i^ibv svaeßllai xcd rät noü T«[>'] TjnXir Jc/iCoy firolai, xni xa. Xi ■iiijoinlniyovxr. fdribi 7iär[xic]

Der besonders in Z. 4 8 sehr verscheuerte Text ist später als Nr. 164, an den er angehängt ist. Wir lesen wieder von schwierigen Zeiten für Delphi, die sich bis zum Mangel an Getreide steigerten, und am l)esten zu Sulia's Besetzung von Mittelgriechenland (a. 88—86) passen würden, bez. vor seinen Sieg bei Orchonienos (a. 86) gehören; vgl. Bd. XV S. 31.

1(>7. Proxeniedekret. In der 2. Hohlkehle unter Nr. 166 stehen, als Aem. Paul.-Text nr. 14, 5-6 völlig verloschene Zeilen; die erste beginnt

['h'.-rtl o öiira .... //](«'x'^['' ethnicon - -], die letzte läßt sich wohl allmählich noch entziffern. (Buchst. 9 mm).

168. Proxeniedekret der Stadt Daiilis und Bildnisse für einen Stratonicenser. c. a. 90 85 (?). Erste Schicht über dem Oberprofd des Sockels, auf der linken Schmalseite des Frontblocks. Buchst. 8—9 mm.

Inv. -Nr. 906 (Aemil. Paul.-Text nr. 20). {c. a. yU—b-'tt)

[Etchöi] 'EQiiiaa 'IooöÖtov li^TQaTOVLXtvq, .7rf()(öT«frTwr] Th[v [jtohr (fößfor jroPJ.]füj' y.a{l) xirövrior fityäXov, yq/iOiiioq yt'{<>- \ri xäi :xölki\ tjvrjrctQayirö/nfoc (filojröi'cyc, y.al jT(invoöj[v [rüii <j(o]TfjQiag äfimr xal jti'.Q(v/.h]iyt\~i vjto T(ör uQx<'>r-

5 [toj]v xui ToJv uXXan: jtoXizäv tljitiv v x jr x l >: n '■ tov däuor lrr\ znv ayii}ii'ymv, Ijit'öcoxe avroOavtdi^ xai .T«2'r« tu (irii- cftQorra rät jroXti 'ijTQaOöt JtQod^v^coq' X 6tö6x<^cct rüi jiöXat, tJicurti'xxi 'Eq/^iIccv 'Iooöotov ^TQazovixFj xul jt(.i<tS,E- rov vjcÜQXtii' zäc jiöXiog tciq AavltcOJV xai jroXlrav av-

10 TOI' xa) txyovovq avrov. (htXsiäv Tf ^'/f<*' xai ctovliar

[iv] ti(jävn xiu tr jto/.tfto)' öTtffavciJijc.i Tt «i-rör XV^'''':' *"'^' [q.c'tr]ro tv rrö dytöri tmv JJv^ifov, ojoTt nurrtg oi 'EXX/jVtg y>'cö)[cu, [Öti 6 ö]üftoc 6 TÖJv AavXuvjv tryäritozog vjTä()xti jtoz'i zovg (cvz& [rfi?.o]xäXojg ;(()^y(;a/<troi-c" cixövaq zt avzov dra')i'f/£v [/(>«-

15 |.Tr«s" '3]i'o ti' ojtX.o/q tmxQvöoii, [liar iitv i2' AtXffotg ti' zr'i ti- [QfiJ zoL- 'A]jrvX/.ojroQ, Iz^oiw (St ü' ^zfjazovixtia tv zr~) aool rot' [Auji;, tjxovoaq LTxiyQCKfäv' jtoXic a zcöv AuvXiixov 'EQ[/iar 'Joo- [<i(')Zov] 2Lz{>uzorix7j, är6{>u xaXuv xal dvaüör, öixaioXoyijtfti'zu [vjrlfj zov <)j(r//or ty) zöjv (c/iifa'irar, zov avzäq OcnTma xal tr-

[hQytzuv 'i.iö).]/.v)ri flvfUqj." 'ArayQÜipai zt zovzd to irarfiuiia h- [ltX(fofQ xal tv ^To]aTO>'ixtla tr ütuXmiq XiOivaiQ, .-xivzt \zi jTQtoßiic .iac/.u'jojy .tot? ^r^iazorixtiq zovq ajto X(h'o'«- [ofit'wi- (Di'tOi; yrt/npai], yoiul-arzac: tu tJTiazoX.ä zo ytyaroc {aittv :Kt(H zovxor yiü(fio]fiu. vacat. Dies ist das erste vollständige Delaet von Daulis. das wir kennen:

die unruhigen Zeilen und großen Gefahren werden sich wohl auf die

182

H. Pomtoiv.

Sullanische Zeit beziehen. Zu Z. 14 f. zitiert Klaffenbach Dittb. Oi. Gr. J. 470, 26 Tii[itä<j'&ai tixöri YQit.Tr/j] u' öjrlro ijnyj^ivoot, (i. h. ein vergoldeter Schild mit aufgemaltem Bildnis. Der N;ime 'foödoTOi ist bisher nur zweimal aus Rhodos belegt; zu Z. 2 vgl. dieselben cfnßm Si/UJ 320, 21 ; 410, 10. Stra- tonicea in Karlen (Z. 22) war von Antiochos I Soter gegründet (Niese II 89). 169. Proxeniedekretfragment für einen anderen Stratoni- censer. Kleiner Fetzen weißen Marmors, oben vollständig, h. 0,075: br. 0,10; dick 0,10. Gefunden am 30. Mai 1896 an demselben Orte, wo die Qiuidern und Fragmente des Aemil. Paul. -Denkmals lagen (S. 0. Ecke des Tempels, südwestlich des Altars), mir nur aus dem luv. bekannt.

Tnv.-Nr. 3831. ['Ayafhäi t i- / ] « t.

l'Exn o deu'a tov ÖHVoq 2^TQaro\rixtvc t\-\otß(iJc. fih- 6iaxtl/jivo<] [zvyych'ti jtot'i tov (hiör, Evvo'iy.o}\c ()»• xa) 7i[()t\ rar jrokir äuüJi']

- Ji. /VA/: ' - - -

y-.

170. Gleichfalls auf Daulis bezieht sich ein anderes Marmorfragment:

luv.-Nv. 3797. Gefunden am 23. Mai 1896 \interhalb der NaxiersiUde. Weißer Marmor, rechts und unten erhalten, h. 0,24: hr. 0,30, Standort: Ostlehl (östl. des Stratiotenf('kle.s). Buchst, b 6 mm.

-- [jrjrtöf toTq yuo/ni'oic: ty

- Q d:xtynv xa xaTa tuv

- - - (Vt TU diöatjxaXthc jraQic

- V Tc\ Tvtr AnvXii oiv yvonuv

[ fi/j(Si(ncti> j{a(if:V()iOiv

Ovorro^ tytvovTO xm jte-

[qI xiü Tför Öi<hti',]xali-iojr x^üvoiii y, a.irorSö-

[itiv Tor] i'xyoyor 'AQUiTUQiot' ?j tovq

[viovc;? J

Wir haben den Rest einer gioßen Urlmnde vor uns, offenbar eines

Schiedsrichterspruclis über die Schulen {(h- Saßxaktla) von D a u 1 i s , die wohl dem 'Enkel Aristarchos' zurückge- geben werden sollen. Ich kann mich der Ver-

mutung nicht erwehren, daß beide Fragmente Nr. 169 u. 170 zum Aerailius- Paulus-Deiikmal gehören; sie sind gleichzeitig und unweit von einander gefuiuien, haben dasselbe Material, und der Wortlaut in Nr. 170 "////(hinn)' .T«(>f (■()((;/)•' = keinerlei Vorwand, sowie xQtvoiiw könnte sich gut und gern in einem SC voifindt'n. Leider ist von uns keine Steinzeichnuug genommen, so vermag ich nicht zu sagen, ob die erhalteneji Kanten Anschluß zeigen und das Stück etwa am Denkmal selbst ein- gefügt werden kann. Die Schrift ist gut und weist auf a. 150 100.

171. Manumission für Aphrodeisios, c. a. 81 78. Auf der

linken Schmalseite des Sockel- orthostals, rechts oben in der Ecke steht die in Bd. XVI S. 161 erwiihnte Manumission ans Priester- zeit XIV, die wegen der neuen Pr.zt. XIV a jetzt a. 78 schließt. Oben im Bruch war noch Platz für höchstens 6 ganz wegge- Iirochone Zeilen: vorläufig wurden 4 ergänzt, die kürzeste Fassung,

{'Aq/oi'to-; tov ihTroc, fujriji;)

( Ol', ßovkevbvzwy roi')

(ihTfog, Toi' öeivog, toi" ötlvos,) (roh Sclrog, tnl lotaih äni'tiot-) •5 (lo ö 6flf]ic [tov (fsrj'os ütcl >i (h(vi<\ [Toii öeivo].; t[<5( 'AnöÄ.?.wfi toji] [Uvfyiioi o]o>i(i<. av\A(tHoy <!> oro]- \na Vli/:')yO(!f i'öio^, nfi""? äQyv(>i\- [ov /(►']«»' ('f, xal Ti'iv [tiiiuv t/nr]- lU [ti 7iä]<j«»'. I}t^3nnoTiiQ [x<an tovq] i6/to V c .Irüi'cSdi I{(t[ßvXov. Ei d/') Tig ilfltTTTOITO 'A<f(>oStt[awv t'.Ti]

269

Zum Aemilius-Pauhis-DriihnaJ.

183

xtttKäov>.ia/xw, ßtßfuor [■naQtxövl- TU) T(ü &e(ü rnv wrnv o'i re «[:7o]-

15 öoftsyoi xixi !) ßfßanaziiQ iießai[ov]- tio xixta Toi'i; vo/iovg' xv(fiO(; e- ax(o xai äXXoi; o naguiv/wv [(sv\- ).f<ov 'A<p(ioSBiaiov tu? ^Afr.9[f]- Qov Of'za a'C.&i^iioq uiv xitl av[vno\-

20 iixoi nüaaq ölxiig x(d 5«.'"'[«s]- MÜQTVifoi o't )f()ttg toi' 'AnoX{Xo>\- %'OQ Tov IJvd-loi' AinxiSuq Ba\ßr]- ).ov, Ztroxpärtjg 'Ayijat?.ä[ov xec'i] tSiCoTCfi BaßvXoQ Aui\(iAa, ^AQyJiti]

25 JioöcÖQOv, 'AynÜwv 'AS^ü^^ß[ov\.

die durch Patronyniika von Archou und Buicuten vermehrt werden kann. In Z. 24 ist des Raumes wegen der kürzeste Diodoroa-Solin \'A{>yicu\ eingesetzt, ß. (ohne Pa- tronymikon) a. 80, dann (dito) a. 55 {Bull. 22,38); mit Patronym. a. 54, Bvll. 22,3'J und a. 38, Bull. 22,51. Inv.-Nr. 92(5, linke Seite (Aem. Paul.-Text Nr. 24). Buclist. 8 mm.

172. Manumission für Soteris, a. 74. An der rechten Seitenfläche des Sockel-Orthostats, reclits neben dem großen Grenzstreit- Text Nr. 131.

Inv.-Nr. 1021 = 3330 (Aem. Paul.-Text nr. 31). («. 74.)

'Aiiyovzoii >l«[(']«t![f< tov "Aywvoc, iitjvuc] Bovxkz'kw, ßoi'X[evoi'Zvjv Jt'(/.wjro(;], Szifaidyuv, KXi-[o6ä/Jov, 'H{>nx).Eiä(t], äniäoTo ^'(uai[^sfog, ovvEvöoxiovzog] .') xai zov v'iov T[, . . 7. . . T«»t AnoXXwv i] müfia yvvaixeXo[v olxoytvf-i;, n llvoßa Soj\- ztjtii'i, zißäi ä()y[v(fiov /tiär zgtcüy xai zäy] Zifmv i'/£i Tiäijai', [xal^ux; intozcvos So>]- ztnAg rar lirav zm[i dtün, t<p' wizi- iXtviii^QKV K-]

10 HBV xiu ät'tifajizov [äizo nävzinf riJi' navzc: xoö]- roi: lhß((iojzii(i xazä zo[vg vo/liovq züg nöXioq] Jo)(jiiittOi; Jio6i'o()ov. [El lih zig ^ifitrizoizo —luzii]- piog hJii xf(zniiovkia/i[(ü, xiQiog i'arci iJvXi\- i'/f o TiaQitTX'X'öv, ä)^ä\/iiog imv xai uvvnööixoq]

15 näaaq di'xrxg xnl 'C,afil[ag, xcd b/toli»g ö ßfßauo]-

Buchst. 10—12 mm.

Als Froilasser kommt in jenen ganzen Zeiten vonindnacliPr.zt. XV/Vl - nur ^('Xji^f^j'Oq lÜOJ.t- ()«//oi' in Betracht, liekannt aus Fo- ]yg. m. (73j, ii Jiorvalov- i\.V)l.

T(/() ßißttiov naiisxtTtu t[ixv wrav ziö H-etö. J/«()ri'()0(l

Ol 'ie()eig zov 'Anb'/.Xiuruq [AiaxlSag. Efi/4i-vi(U'.g'\l'jiii\-

Tuvixog, Jtivojv, 'Ayd'hox[kijg ].

vnffit.

1T3. 174. Proxeniedekret für einen Hypatacej', c. a. G2. Auf dem untersten Seiiaftblock, also über dem Oberprofi! des Sockels, an der Sclimalfront des Denkmals stehen neben einander 2 gleichliutteiule Dekrete. Das linke (Nr. 174) in 22 längeren Zeilen weist zalilreiclie Fehler auf und wurde wohl darum rechts daneben mit geringen Varianten korrekter wiederholt (Nr. 173|, in 2!) kürzeren Zeilen, deren 3 letzlc noch auf das gerade senkrechte llalsslück des Oberprofils herabreichen. (Siehe den Text Nr. 173 auf S. 181.)

Buchstaben 8 10 mm. In Z. 7 stand zueist itfti>i\ wie in Nr. 174, wurde dann in ror Onöv geändert.

Der bevorzugte Platz der Denkmalsfront, an der Nr. 173/4 die ganze Quader unterlialb der 3 Piratengesetz-blöcke bedecken, beweist ebenso wie die do])pelte EinmeiUelung. daß der (ieehrte eine hochgestellte Persönlicli- keit war. Finden wir nun unter den Thes.salischen Strategen, bald nacli der Strategie des Kaisers Angustus (nacji 27 v. Chr.). zwei Strategien eines JlVJo«j'fJ()oc ' ipiCTdroor dessen Vatei'stadt unbekannt war. so wird

27-0

184 H. Pomfow,

173. I ri v.-Nr. 906 f 902 (Halsstück): Acm. Paul.-Text nr. 5. (c. n. (i2.) ["•/(jp^orroc; "Hqxu>q tov K?.iojroc, iii/voq . . . iov, ßovXsii]- [övrojv lEsroxfiirov tov Mtvi/Toc, Xa()i^t]i'(w mv ^<d- \tcXov, Tan(u'Tir]nv tov J()o[[(ox?.tl6a], 'A(t)[i:Xt'.ov [tov Ev]do}Qov' tjtii Alaxidaq B[(qh'-Xov ix]t).ihvn> km 5 {rar i:]-/:xXijOiar (h^Xt'yTj i'ijrfp 'AqiotÖi'ov tov 2tJo)<j(ir-

(i(}OV 'y.TtaTf(l0V, diOTt IxTkVtjC, Xni tVVOVC VJTäQ-/^ll JIO-

tI Tt TOV f)t<)i' xai rav jtöXir TiiJr Ai).cf(~)v xai ntQi jT?.tl- OTOv Jioii-Iftn-OQ Tai' jtoTi Tovg fhtovc [vatßiiuv, uv- ToöavToi' tvxcyiiTov ti' jrccrTi xatQMi jtaQuGxiväC,ow

10 xut xoii'ä jroXti xai xaT löiar ToTg ivTvyy^iLröi'Toic. TÖJv jrnXiTäi', tv a Tic, avTor .TaQaxaAd, Orvjroriyirö- fifroi; fUTa jtüoui^ jrQOih'/ila^ tr o'i^ xa TvyyavtovTi. XQ^'ay txovTtc, xai X.iycor xul jtqkOOcov dia xavToq .Tf- (»( TOV liQOv xai TÜg jcöXioc \xal\ rrüv AtXfpcür, lijtovöäq xul c/i-

15 XoTiiiiac ovi)iv tXX.itjKur, tjrl öi tovtoic' aya'hxi Tvyai' (hilöytha räi jiöXn tüv /hX(f(öf tr äyoQÜ Ti?.ilcti ov// rpäffoiQ Tü!^ tri'öfioiQ, ijxairioai 'Aqiotoi'ovv '^rooäv- ÖQOv 'FjtaTaiov ImI ts tu jrQoatoh'oti a lyojr 6(UTtXtT jioTi Tt To itQov xai Tuv jtoXui' Totv AtX(foJr, xai vjrc'tQ-

20 ynr avTfiJt xai txyovoic, jra()a tüq noX~ioc, jtQo^tviar, jt^iOiiarTtiav, jiQOÖixiar, dovXiav, aTiXiiar jiävTf'tv, ji(ion\Har iii jtäüi toic. dyojroie, oig ä jröXti tIBijti. x<cl yÜQ xai olxiaq, tyxTtjOiv xai TaXXa Ti;ua, ooa xai toic äXXoic. jiQO^tvoig xai tvtQytTaic: Täq. jtöXioq i\Träftyti' d-

25 rayoäipai (Tt tovc d(iyovrac t6 xjwfiüiia tr toIi h{t(~ii ror 'AjroXXotrog li' t<~>i ijtiffavtOTaToji t6.to)i, xaXtOai [de auTov xai ijt]l §[h'ia ir to j-JQVTiu'ttot' txl tcw xoirär] TÜg .Tcöltog itiTiav' ujroOTtiXai öt xai dvjiyQa(fOi' tüv Tifiär jtotI to xoii'or T(ör Airidvow, osrojg tlödJVTi.

jetzt klar, daß er der Sohn unseres llypataeers \lQir,Tovoi\; ^ojoüviSi^iov gewesen ist, wie denn die Stadt Hj'pata seit dem Aufgehen der Acnianen in dem Tliessalerbund zahlreiche Strategen gestellt hat.') Zu diesen 2 Generationen der vornehmen P'amilie kommen nocli 2 weitere. Bei Text Nr. 17G wird die Statue des Ciernianicus angeführt, die ihm als in'oc xul tvcQytT/jQ also offenbar bei seiner Anwesenheit in Griechenland a. 17/18 p. Chr. (SylU n. 779. D, not. 3) von dem Hypataeer nXti- ora^iyog UXtiOTUQyov, (fv6ti (Ti 2^f!)ünrö{>ov errichtet war. Daß dieser nXi'ii<ra(_iyog 2ic)öüvÖQov der Sohn des Strategen der Jahre 25 ff. a. Ciir. ist, liegt auf der Hand. Und dessen Solin wiederum ist der Agonothet

1) Über die 2 Strategieon de.s Sosandei- Avistonoi f. vgl. Kroop;, ik Tlws.tal. praetor. S. 29 f. und B3f. ; etienda die übrigen Hypataeer {b) in der triste S. (Wf. Zu ihnen kommen üben im Text nooh 3 hinzu Zu erwiUmon .sind eiidlicli noch zwei llypalaecr-Texte: 1) BuH. 23, üöG A = Inv. 1712, Elirendel<ret iur finen Epimeloten (es ist zu ergiinzen [röi' i'iyC't]f(c tntrili-nfr); 2l Bidl.-ii, 157 = Inv.2(iO.'i. Basisaut'sclirift, gleichfalls für einen Agonotheten. Es bleibt zweifelhaft, zu welchem der 3 Epimeleten a\is Hypata: Cassius Petraeus, oder Flavius Eubiotus, oder Sosandro.s das Ehrendokret gehörte, w.ahrscheinlich zu einem der zwei ersten. Die Statue aber konnte auf Sos.indvos gehen, obwohl die Ligatur "FHN für a. .50 p. etwas früh i.st.

271

Zum Acmilhiü-Paiihis-Dcn'kmah 185

Die Texte des Aem. Paulus- Denkmals in örtlicher Abfolge.

Quader-

hl

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((t(>/OVTO;;)

Klio-Text:

1 817, ISai, 3757,

[11,11

1

Pol. f. .^..sinius Flaccii.s u. a. . .

rtvni>yjf[

c. 150 p.

Nr. 179

14507C, (746. 2208)

IV, V

.->

,. Proconsnl Caristanins . .

^OJXf.l'tfJOV

98 p.

rol).dplp>b.28

3721 + 3325,

Vn, VIII

3

Piratengesetz des Senats ....

100

Nr. 150

700,3586,8588,

IX

•1

Proxen.dekr. f. 'Aftiorurov^; 'YnaKtloi

H(jV(i.;

c. 02

.. 174

1 134.57^), 3439 ij 890.

-1-X

5

.,

,,

173

1 900 -f 902

XI Profil

6

T. OvÖQtnq ^ct{itTvoi

['.4}'(V>>'oc]

60

,. I.V.»

9138 -f

Xtl

7

r. 'ÜQXwyirii; . .

'Ai^lio/itr/or

80

,. 158

8

/{(jItojv jQVuirig . .

ZhvojfOi

c. 9s

., 105

■^

_

Weilünschrit't des Aeni. Panhi.s .

107

Svll.^ 652^

Cft

9

Pro.x.d. f. M. KaifgäviOi FufJ.Oi

/>«,>l'/OC

92

Nr. 157

920:

■^

LU

Amph.Dekr. f. d. 13 Verbannten .

117/10

125

Ortho.stat

c

11

Prox.d. f. 'Agiozöila/wg Ilm^fVi

,t}'/tyro^

104

103

]'2

Ktü.liatuvixoi 'Onoirnoi

Zh-(uriji;

98

., 104

>;n,.\iii

lo

Kiapiair.Q '0(i/nftH'io~; . .

(fehlte;

nachc.9S

.. lOi;

926 + 3219, A

XIII

il

-- lj]"./o\c, od. -o[i'_ . _.

Um

3219, B

15 li;9

'PiMutai; 'Aiirpiaa.. iaTt>l>i ... (oder Schluß von 15?)

c, 1

175

c

)i

., -, (?)

D

n

IV

Späte M.innmission. c. HZ. . . Linke Seite;

C. IJh.p.

nnedipvt

. E

V, VI

18

Dekr. f. Atixioq Atxirioi ....

c. I Jh. p.

n

[21 Inv.-Nr.n]-)

VIII

19

Manuniission f. SioTnoi/n . . . .

Neixai'djjov

c. 8 p.

Bull. 22,83

890 (linke Seite)

IX

20

D.nulis-Dekr. f. e. STrjc.TOrixd ; . .

c. 90-85

Nr. 108

906

XII

•21

Prox.d. f. e. ('tflamfii'?] ....

c. 115 (V)

., 129

3295,

1

■>2

Amph.stimmR v. (-iQor'iovSxdixftifi

c 110

130

Ä8a2, 8402, 3295

■5 's.

23

24

Prr.x d t' f mir 16-17 Z<^ilonenden)

vor 85

unod.

926 (linke Seite)

c ''

Jlaimnussion f. AifijOiht'oio^ .

Pr.zt. XIV

82-78

Nr. 171

)1 11 "

25

verlo.scliencs Dekret

Rückseite :

uned. |BulI.21.154

V 71 11

3294

III, IV

20

Dekr. f. .^wOKnSyoc 'YnartttOg StfJ.

fehlte

c. 50 p.

1 u. Nr. 170

3587'), 3048, 3303 3491, 679

VII

27

P..1. f. Tili. K>.rn6io, Kt[?.im^] . .

75—79 p.

177

847 3558

VIII

28

),

Rechte Seite:

C.IIJh.p

ira (Bull. 23, 573

3590, 3297

VIII, IX

29

Prox.d. f. 'A(jTeiiii^v>!)OC yia^icxi/vö; .

fehlte

a. 1

1 u. Nr. 175 a

890,9ÜO'(r6chteS.)

XII, ,

00

die ifio'hoiii V. Throuiuu-Skarpheia

c. 110

Nr. 131

926, 3330 = 1021

31

M.animiiss. f. 2'a>r?/(j('s

.taiäda

74

172

3330 = 1021

32

Prox.d. f.

[ßi)aovx>..]

151

132

[210i] nicht zuge-

XV

33

verloschene Texte

Unbestimmt (ob zLigehorigV):

~

uned.

[hörig!

34

Prox.d. f. [ ^T(>iao]yi!<tv^

c. 90—50

Nr. 109

38311)

35

Dekr. iiber SiSccJxaÄiuc v. Daniis

-

c. 150-100

170

3797')

1) Inv.-Nr. 34.57 fehlt am DenkrnfJ. Desgl. o5S7 und 3.S31 und 3797. Die Nummern in () sind von Bourguet irrigerweise genannt.

2) Der Aem. Paul.-Text 18 besteht aus folgenden 21 Inv.-Nrn.: 3217 f + + 8327 + 3605 +

3498 + 838 4- 3521 + S760 [; 740 + 3325 f 3550 '' 3473 + 2330 + 45071- ■{■ 4507 » + 0700 , 4233 -t- 3221 + 2324 + 802.

Kilo, Beitrage zur alten Geschichte XVII 3/4. 13

272

186 H. Pomtotv,

der Pythien und Epimelet der Amphiktyonen ^äöarÖQoc nXziGxÜQyov 'YjTcaaioc:, dem die Stadt Delphi um 50 p. Chr. das Ehrendekret Nr. 176 und die Statuenerrichtung besclilieüt. Es ist darum kein Zufall, daß dieser Text gleichfalls auf dem Schaft unseres Denkmals einoemeißelt wurde, auf der Rückseite, dos-ä-dos der Do])pel-rrkunde des Urgroßvaters '.ioiöTÖror^ ^L'cxn'o'ÖQov (Nr. 17.H/4). Schließlich wird mau es nach alle- dem für sehr wahrscheinlich halten, daß auch dieser Urenkel, der Ani- pliiktionenepimelet um 50 p. Chr., Stratege war und identisch ist mit dem patronymikonlosen ^^röüarö^xic, der genau in jener Zeit, nämlich im J. 45/6 p. Chr. fungiert hat (über das Jahr s. Kroog a. 0. S. 48).

Wenn bisher die Lucnllus-Statue in Hypata als letztes Zeugnis der Existenz des Aenianenbundes galt (%//.^n. 748. not. 1; Kip, Thessal. Stnil. ;>0), das oben bei Text Nr. 148 auf a. 87 fixiert ist, so bietet uns j(!t7.t die Schlußzeile von Nr. 173 einen um 25 Jahre jüngeren Beleg Um 30 V. Chr. erscheint der erste Hypataeer unter den Thessal. Strategen, die Aeniauen waren also durch Augustus anläßlich der Neuordnung der Amphiktyonie zu Thessalien geschlagen.

174. Dpu Wortlaut der Dublette vou Nr. 173 ==- Aom. PaiJ.-Text nr. 4 voll- stäiiilig abzutlrurkou, lohnt uii^lit. Die Variauten gegenüber Nr. 173 sind folgende (Buchst. 8 9 mm); Z. 7 5 ^Nr. 173 4) .tot/ Tf ri< hovv; 8t'. (j «itö; fehlt vor ai'Tvy; 9 7 -axcti!i'cL,(av ; 10 7 yoiväi, :ii'>).!, aal)', es felilt ivxvyyuiuvioii; 11 8 Jio/.eiräy, ^'^• HQ X«; 12 ;) Tvr/ihiuvti; 18/10 Tiiiijooif; 14 10 rt toi"; 14 11 in xiOJ.niiu o(foviiäi; 1.1 11 i).}.inwr, i'v rovroii on; nyn'Jn Tv/r; 16 12 AtSo/Tni r«, es fehlt fr ('r/onn Ttf.ei'oi, ovr; 18 13 ni ; 20/14 -/f(. txyäivot^:; 23 l<i ta'/.u; 24 17 läq Jio'/.ioi; irrtümlich zweimal: 2.5 IH ;')• löj. Z. 1 ist weggebrochei! außer ".Jfif/orroc], auch in 2 i.st fast die Hillftc zerstört, vollständig aber ist die in Nr. 173 abgestoßene Z. 27 20.

175. Proxeniedekret für einen Arzt aus Amphissa, um Chr. Geb. Am Unterprofil des Sockels, Schnialfront. In den 4 Hohlkehlen standen: in der ersten der Schluß von Text Nr. 166; in der zweiten die verloschene Nr. 167; in der dritten Nr. 175, von dem zwei Zeilen unten abgedruckt sind, während noch 3 ganz verloschene folgen; in der vierten schmaleu Hohlkehle stand vielleicht der Schluß von Nr. 175. von dem wohl 1 2 Zeilen noch zu entziffern sind: auf der kleinen senkrechten Platte darunter steht, völlig verloschen, entweder ein neues Dekret als Aem. Paul. -Text nr. 16 oder der Schluß von Nr. 175.

In v.-Nr. 3210 (Aem. Paul.-Text Nr. 15 und 16?). (c. a. 1.)

1 'Ltii'i <I'i)a'jx(:!; yixujyos; 'AmfioahVi, irirpig, f;ti"l]'//""'' ^^■fioffi yQorov tv Trji noXti ij/i(üy

tvijf^^'ö: fiiv diaxfiTci -tooc rov Oeöf, t-vvoixi'ig d't xa'i hqüc Tr/v nbi.iv

2 iijU'ir. T»J)' 7f ürr.iiTuntf tji' svo/_!//ioti' K.lEAl'LTOx \_:ic>iilxf:L acl rü>v noXirär loic] '■''■

Tij'Xf.'i'o'j'rojg it il.or tV c.ionvxur xcd yjitjcr iyovaiv iv xoii vÖgol: . vAÜTEOH angoifKoi-

?> üxoyz] ..-.

(es folgen noch mehrere ganz erloschene Zeilen).

Buchst. 10 11 mm; L und 2", A, auch mit gebogenem Querstrich. In Z. 2 vielleicht yju tvööZn^ und am Ende etwa jiovtiHtj':! Wir haben wohl den Bruder von 'Oraai'föoo^ (oder -xröi'or) Nixtn'oq vor uns, der um 15 p. Chr. in Ampliir^sa bezeugt wird, in IG IX 1. 10(i6, 8. Denn diese Manu- mission ist gleichaltrig mit ebda. nr. oJ.'-' (in beiden fungiert der Qioxojm^ \4(iyuu). welche durch den Delphicr hnnöhioc Joionlh'or genau datiert werden kann. Er war Jov'/.. a. 15/1»; p. (((. A'i''yr.j/*or) und ist statt des f({iiT<>6ä[iio\v der Herausgg. in Nr. 318, 4 herzustellen; denn ein Kqitö- 6i'.iioz JojQo'Ji'üv kommt in Delphi nicht vor.

273

Zum Aanilius-Pavlns-DnnhnaJ. 187

175a. Zum Proxcnicdckret für einen Mazakcncr, c. a. 1. Im BhU. 23,573 sind 16 Zeilen des großen Dekrets ediert, zu ihnen linden sich jetzt auf dem darunter stehenden Steine neue Zeilen. Auf der rechten Denkmalsseite, Scliaftlage VIll von oben der edierte Text (Inv. 890), auf IX der neue Schluß {vjto di/iiooinv 0(fx>i(ytl(ht auch a. 35 p., Inv. 1027, uned.):

Inv.-Nr. 906, zum Acm. Paul.-Tcxt nr. 29 {DiiU. 23, 573). (c. a. 1.)

16 [.TröAtojc v\jcäQyn' (<r«/()[(!i/Y« dl rüdt ru\ rfc///[i« tr] rot i.ni<favir<iTaT<i> [rü-

17 \jtro rov itQov Tov 'Ajr62.Xo)roc: tov Ilrd-iov tv Oxäi.av Xifytrav' dnoöTiri?Mi\

18 [cVf .T(>o]c ri/V jtÖXiv ti'jv Ma^a[x]>jytör dii' iTftoxoXFiQ v.to [off >)\izyi[ö]a [d]rj//ooiar.

19 [ir]y(tctip('.rTac: rovg «(j/0J'rr«c ri;-' .To/ffuc Tiio6f t«,- Titif'u.

17G. Proxeniedekret und Statue für den Amph.-Epimeleten Sosandros aus liypata. c. a. 50 p. Clir. An der Rückseite des Denk- mals, auf Schicht 111 und IV des Schaftes (von oben) sieht man die Fragmente eines großen Dekrets, dessen 4 Anfangszeilen auf Schicht III stehen. Von den 7 Fragmenten ist nur eins, das größte (Inv. 3294) durch IlomoUe im Bull. 21, 154 in Maiuskeln ediert: ein anderes (Inv. 3587). das die Anfänge von Z. 2—4 enthält, ermittelte ich aus dem Inv.. während es am Denkmal fehlt. Beim Zusammengipsen sind manche Buchstaben ver- schwunden, sie werden durch untergesetzte Linien markiert.

Inv.-Nr. 3587 -f 3648 + 3303 + 3491 -f 3294 + 879 + 3558

(davon ediert: 3294 £h?/. 21, 154) (Aem.Paul.-Tcxt nr.26) [c.a.rjO n.Chr.)

luv. 3587 et6i{t). Tv/c.t uyai>äi. Inv. 3&18

'Er JtQO0xh]ro) X (o)txxhjO'if/, >; hdo^t t/) .T[o/(ft tmv] AeXr/Mi'' X ijTti ^ojoaffS(i()i;>: nXtiüTuQXOc 'V.waTa[lo~] ^tßäijrr/Oi >; A tvijtßtijraTng /ilv jr(»o-.- tÖ[»' i9for],

5 f]i'[vo'ixojT]aToc di .tqüc r/jr [jtoXiv ] 8491

T7/(j . . . y()6foig ayi'iög ts xai ).q\jijTQOtfv/[äiq ayrovo]-

■£v\2.^!h\r)]ijacd]ij:TiXiüE '>'• tjniit?.ijyT[ivror Tc'ir 'Afifftxrvorcoi',] To[v Tf: ii(>]pv X jrnoiOTi/ xaru to[i' röi/or, tff' oh xn) ij] jrö[Xig /j AtX]rfciJr iTti/ifjOi-v oj[c

10 r T I I I I [ffi/.a]vlh{>(ö[jrojg

^ - --"-* Sixaior tji)/

II dyoi'oDtrip' xal 4Jr^//fP,;/[r/)r]

. . .IC^ \|c. utitißioihu, bdaixtv avrn jii)Oiiui\Tiua'],

jrnotÖQiar, drtXtai', c'tövX.lar, yüc re xal oiy.iac h'xrrjow, [rfi^iicj

15 Tflfiia nöa rote xiOjttc xat dyccthoig i) .ToXig iD-og ^Xf[> tiV()ojTt<] ' dru&tirai rt ui'rov xiu trxova xaX.xip- ir tvji hnfö Tn[v] Ilv{)io[v 'A]- jtöXXoroi, ejrr/Qarpiiv tyovöav' jtöXtQ rotv A[i\Xq:v)r [^]r<,t- 870 oav6(tov nXtiOTÜQyov, dyojvoihtr/jOni'Ta xa[] i]rTiiii[X>/]Ttv- 3558 OctiTa üyi'(ö~ TV xal Xa/ijrQoif'vyo'j.:. i:V(jfßti[ag tj t];;^ f [('-■ r]or

20 dsov xc.) fvvnlag r/yc dg tj/v jt6?ui' 'AjcoXXojIvi." AjiooraXr/]- rni (Se xul jtQog Ti)r 'VjtuTaicuv jt6X.ii> xal JTf)\dg t6 &Je(jüaX.(üv] td-vog TovTO t6 if/j<fi<j{ia xaTa07]inifo[fhtr ri/ Öt/]- fioain 0(pQuyti6i. In Z. 19 hat tvtxa hinter tvof[i(Utg gefehlt!

Buchst. 2— 2'/o cm (Überschrift 5 cm). Über die drei Vorfahren des Hypataeers und diesen selbst als Thessalischcn Strategen des J. 45/6 n. Chr. ist oben bei Text Nr. 173 gehandelt. Noch vor unserer Ankunft

13* 274

188 H. Pomfoir.

in Delphi liatte ich den Namen des Geehrten, den Homolle nicht ergänzen konnte, aus folgender VV'eihinschrift hergestellt {Bull 21, 158 =r IG IX 2,41): rtQjtarixrtv Kttioa(nx\ Ilki iOTai)yn^ nXeiorÜQ'yo}-. qvai dl 2i!('}odr6(>ov,\ ^s,^doTr/oc ^YjtaTaio^ \ tov tavTor i,ivov i xat tvtiJYtTijr. Offenbar haben wir in diesem Stifter der Germanicus-Statue den Vater unseres Ainphik- tyonen-Epimeleten vor uns. Bourguet. dr rcb dclph. 58 hat allerdings woiil wegen der späten, schlechten Schrift letzteren unter Hadrian angesetzt (c. 131 p.), aber er gehört fast 100 Jahre früher, in die Generation nach a. 18 p., also unter die ersten Epinieleten, nicht unter die letzten. Augustus hat mehreren Städten gestattet, sich nach ihm zu benennen (Dio Cass. 54, '23. nach Homolle). und so finden wir in der Tat ^f Jäor /^o^- 'i'jTUTuioc (s. 0.1. 2ii,k'<CiTf/oi Aaijii-li Kt IX 2,80, ^^tjäoTi/o^ .hi(}H(>(cnu ibid. 129H, 19. Da aber nur in diesen 2 Hypatatexten (oben Nr. 17() und IG IX 2, 41) sich dieser Znsatz findet, in den späteren nie wieder, so gehören sie zeitlich eng zusammen, und die schlechtem späte Schrift findet sich auch auf der Germanicus-Basis wieder. Icii habe darnach 2!f/r,<r f(Saf,^ ID.ttOTuifxov als Epinieleten etwa der Pythiade 47/8 -.')0/r>l p. zugewji'sen.

177. l'olitie-verleihung an Tib. Claudius Celsus, c. 75 78 p. An der Denkmalsriickseite auf Schicht \'ll steht folgendes l''ragment;

ln\.-Nr. 847. Acni. Paul.-Text nr. 27. (c. 7.')~7.'ip. Chr.) Tiii- K/.nvdiujr AV[/.(;o/' Xuo.roÄlT/jr If/f/oi UA(f()r]

i.TiHiji'itiv. " AQyu\rT()i. . .:'.}] ■^(ivMVi'irTcn- 7V,y.]

lorUov - - --

Buchst. 2— 2y'., cm. Die Statuenuntersciirift der Frau des Geehrten edierte iiourguet, rrh. dclph. 50, kannte aber die obige Inschrift nicht. Jene lautet: '/(ir/.iicf Xnnu'ar. lov/.'inv \ 2^i ).tvxfir !h-/aTi\>ii. yrruTy.a TiJ. l\/Jcr<U<iv I Kthipc. A/xo.TO/./ror yia) .h/Jfar, .'.Tii/t ÄtjTor. i) .to/(- // Ai:l(f<~)V n()tTr~ h-hxr. \ UrHio) ' AjtöXXdni. Die Ideiitiiikation wnrde nur dadurch ermöglicht, daU im Inv. sich der entscheidende Buclistal«' /•.' in '/. 1 AV|/(To?'J kopiert fand, der am Original unsichtbar ist, weil durch (ups verdeckt. Di'ii Amphiktyonen-Epimeleten Til). Claudius Celsus setzte üourguet a. <>. 5S zwischen Nero und Domitian. darnach habe ich die Pythiade 75—78 vorgeschlagen. Schließlich (Iii> Frage: wai'um gehört dies Stück zu unserin Denkmal? warum zur Hückseite? warum zu Schicht Vli? Oben ist freier Kaum, unten wohl auch, ferner überall Bruch, außer links.

ns. luv. -Nr. 3 590 + 329 7. I>icselben Fragen betreffs Zuge-

, , p, .,, , , . , , .. iiöngkeitzumDenknialveriany,tder

iuMcuH <W<)or«, - - t.T/ T,j H-vou; t/J ^^^^^^ Inscluiftenfetzen (warum

rrQogT,fr.ro[y.u: Aoynrroc . ,^orJ- Rij^^kseite. warum Schicht YIU?)

?.frorTo„ a,,„i,. Paul. -Text nr. 28. Unten

erhaltene Kaute, wohl auch links laut Eingipsung. Buclist. 2 2\l<^ cm.

17!K Politeia für und .\sinius Flaceus. c. a. 150p.

Auf dem Schartlilock II der Schnialfront. doch wird Z. 1 durch die Lager- fuge (|uer ilurchschnitten. so dal.i der Anfang des Textes auf dem lieut verlorenen Block I gestanden haben nmß. Unsere frühere Ergänzung noch eiuer Lage über der jetzt obersten war also richtig.

Uo

Zum AcmiJiiiK-Paiilus-Dcnli'Dinl.

189

Inv.-Nr. 3757 (reelits oben) + unten: 817 + 1804 + 1507 c. (Aoni. I'aul.-Text nr. 1). {r ino p.)

{AeX<f(H iöiDXnr cc'it dtiri tov öiiro^ x<ü) -

r ]i(>-oic;

[y.al 01' or ?vf'>, praonomcn 'A\iHvi«> <Pkuxx-

[fo, (iiiTofc x<() ixyöi'oii: (ivr<öi\ jro^iirtütv, rrna- liiaintiai' , .i^iioilixiav , jr (< o t ()(i i u ] r, /äs x(t'i oixi- [ng ii'jxTijiiltr X(ü thX?j( niiiitt., oö'c| roic y.ic- Xoic x(r/«.Vo/| •• ('cvdQ(i<)ii< dld(tT](ci i.\m rtj luiit]- i'jtin Tfi .T(iö,' [to])' thoi' [xal t)j n'-]r<i(u ti] |.7r(;ÖL,')

Tl]l\1Tlllll'. MiTt'c [Tl)]r l\'l IXOOTQl'tTUl^ TOV

'''i'X'l''' ßoi^^-tvörlr]«»' Tili. [lox^X'iov IJuT(iixov xui\ 10 {KXtmvoc. TOV ).

Biidist. l'/'2— 5 cm. Bourguet liat dr reb. dclph 40 not. 2 unscrn Text avisiert, fügt jcdorli irrig nocli die Inv.-Nr. 74t) |- 2288 hinzu, welche niclit zum Denkmal gehören, liißt aber 4507 c ganz aus. , In Z. 1 hat \/.o(w- oder \»Wv gestanden, also ein Ethnikon im Plural, dann wären mehrere Geehrte anzunehmen,, wie z. B. b'f/ll:-^ S(i8, 1! (vom J. 1(55 p.). Dieselbe Stellmig der Ehrenrechte gibt der Text Bourg. rch. drJph. 30. Unsere Inschrift stammt aus demselben Jahre der nrairj^ii!. wie die Ur- kunde Bourg. icJ). ililph. S. 40. deren Anfang lautet: {Aihi») h\<'i<iy/.nv .

KrjtQto) 2^a/.aiitrif;) i . . .^ [r.']?./.l<ir 11v()(k>i^ v'k^i, HoIvtc)

'./()' I . . //(f> xia Ti'/ yrvKixl uvtdv K)\^i«Mii\ - - | - - in x(u rofV

v'oii^ avTOv xa) ti] l)[ryuT<yi \ (ivtov, iivT]<ii^ ti xiu tou ty/öroi'^ it[vTv>r \ .Tri)?.iiTtitc]r xtI. Darnach habe ich unsere Z. 2 zu ergänzen versucht. Über Z. l können aul-ler der angegebenen noch mehrere gestanden haben, wohl auch noch eine Überschrift darüber, da es wenig waiirscheiidich ist, dalj der Steinmetz an der flnterkunte einer Quader begonnen hat, wo so- gleich die Lagerfuge die Z. 2 dnrclischnoiden mußte.

Naclilrap; IIT (.1) und Berichtigungen (/>).

Dil? Nachtrage out linllmi die iiiL'^lVilirlicbfrun l-Irürteruiigoii uuil Zu.SilUe iielist den betr. lueilita; ilio liürzertin 15eri cli l.i};iiiigeu .stellen in Alisolin. B. Per Kurze halber wordi^i nur die uutoren vSeit enzalilen zitiert; sie bind für die ganzen Uelph. Neniuiute 1 - V dnxdilaui'ende und entsjireclien ilen Klio- Seiten: Bd. XIV 265-a'20 = Sep. S. l-5fi; XV 1—77 ii. .30:!- .'«58 = Sep. 8. 67 bi.s 134 u. 135-170: XVI 109-177 = Sep. 171-239.

A. Naclilräge- -- Separat.ieito IS. Mitte. Zu den <le!pli. AsyJieerklitrungen konmion liinzu: inAbue beim Pluion a. 17R, Si/I!.^ Goty, iuTeiio.s lieini I'i-iseiiloii- beiligtniu IG XII 5, HU2, of. ii. W8, '20ft'., IG IX 1,97; in Sanios beim Heraion lind in Ko& beim Asklepieion: Tacit. yinn. IV 14, wo .-^ieh die Mamier a. 23 n. Ciir. in Rom auf das alte AmpbiKtyonenilekrot berufen; in Teo.s beim Diouysos- heiliglnm, c. a. 2U3, Si/llJ' filil/ö. Die aitoliscben Asylieerkläningon sind ge- .samnieU. von SwohoAn, Sta(i(s,ilt. 351 not. 1.

14 u. 16 (Aniii.). Ilber den Ausdruck /oiOTiitf/u,' bat später Klee, Gijmn. Af/onc p. 50 zuüannmenfassend gebändelt. Wo er allein steht oder iiiii dem Zusat:« Tiü: r;;/fa\-,. bedeute er „gleich den Pythien .nn Ehren und sonst in nichts". Das einzige Mal, wo auch noeb irli; if ip.ixiiK hinzugesetzt ist, bezieht .sieb auf darf Zweitälteste der noaou Fe.ste, d. b. auf die a. 27G gestifteten Soterien (nur

276

190 H. Pmntoiv,

die PLolemaia, a. 279 8, waren älter). Diese Bestimmung sei aber nur ein wenig gelungener Versuch gewesen, den man später bei anderen Festen niclit wiederholte, weil man in der Einteilung der Alters-Kbassen nicht mehr geliunden sein wollte. Daher ist auf S. 14 (nuten) zu schreiben: „- - abgehalten wurden, zeitlich nud örtlich coincidiert", also die Worte 'nicht nur' und 'sondern gefolgt wäre' sind zu streichen; desgl. fallen S. 15 (oben) die Worte „sowie das partiell inhaltliche"' weg und die ganze zweite Hälfte der Anmerkung ist zu streichen; ferner S. 16 (oben): bei den Soterien fehlte die Bestimmuug too- P.v/mius nicht darum, weil die Olympien kurz zuvor gefeiert wareu, sondern weil der statt dessen beliebte luofi/xtoi; üyüv drei Altersklassen hatte, während der olympische und pythische nur zwei aufwiesen (vgl. diese Altersklassen bei Klee S. lÖ). Also mit dem Programm der betr. Feste haben die Ausdrücke lijoÄv/itTiioc. iaanvftioc, /aorintoi nichts mehr zu tun, aber unsere übrigen Fol- gerungen für die erste Festfeier und das Polyeiiktosjahr bleil)en unberührt; denn die zeitliche und örtliche Nähe der ersten Sotorienfeiern mit den Olympien bleibt ausschlaggebend, und S. 16 (oben) ist hinzuzusetzen: - - die chiischen Theoreu für die Olvmpien diesmal schon ernannt „und abgereist" gewesen.

20. Mitte: Der Argiver war auch .«chon im Frtilij, B42 bezeugt {Syllß n. 23(>, 40 u. ebda. p. 315), fungierte also noch im Herbst 342 Lind liefert, so das dritte (älteste) Beispiel für den fünfjährigen Turnus der Dorerstimme! Übrigens müssen früher auch noch die Korinther an ihr p.artizipiert haben, wurden aber dann im Herbst 34C aus der Amphiktyonie ausgeschlossen, vgl. Si/U.'' 221, A = Diod. XVI (iO. Daß sie jedoch später wohl erst a. 188 wieder auf- genommen wurden, beweist im 3. 184 der Amphiktyonen-Schreiber MvaaiiUtiuic: Koch »IOC, s. S 204, Text 123a, Z 2 u. S. 200, Anm. 1.

21. T<!xt 8. Der Philosoph Menedemo.s in Delphi: im Herbst a. 274, «. 'Hynxi.flih:, war [M]enedemos Hieromnemon der Eretrier, wie Klaffenbach in Text 31,5 las, S. 56, Anm.; im Herbst 275, ä. XuqiS,I:VOV war es Theokrilos gewesen {SyU? 404, Z. 4; derselbe (-itoxoixov statt y^i^omißlov (?)" ist jetzt zu

korrigieren Frühj. 275, «. '.l(j((jr«)'f'(;«. ebda. 405, 5). Beide vereint bringen die

Beitrage zur Tempelkollekte auf dem kleinen .Stelenfragm. Nr. 179a, auf das

Text 79a. schon Äj/«.» add.

- -■ iQctyßai XQiä'-xovx\ri. "A^ßviv \ öjtayuaq - - - - ^d \\. (j4d, nr. 40f)

: -■ ,SQi,ynii\: irxoan: ßeconov [ "rf««/,,f-j - - '"'*• ^ hingewiesen

,. ,, ,~ r- t . war. \ou Logio- . M]e,,t6,iftoi tQ^Tiuelrg <S-w///rrc - t.^ti,ipg jgg^ ^^^

. ßsjoxQiTog 'Eiiii(jisvi- ,\[(>((XßUi Delphi nach Athen

5 f]i'<;' «'»• tiedixicaxo | gcbiaoht, ward es

.- [xf<paXatov xiö]fi iroiyödvjfi T von W. Kolbe auf

o ? meine Bitte dort

im Zentralmuseum ermittelt und abgeklatscht (N.O.Ecke des Hofes, Regal der Tainaron-Steine); weißer Marmor, rings Bruch, 10X16X4 Buchst. 8 mm. Es gehört jedenfalls auch in das J. 274 Wissen wir nun aus Antigonos Caryst. bei Diog. L. II 13ß (vgl. Syll'^ 4.06 not. 4), daß Monedemos die Frau seines Gegners Alexinos auf der I?ückkehr von Delphi bis t'halkis geleitete und schützte, so ist klar, daß es sich um die Pytliien a. 274 handelte, an denen er Hierom- nemon war (Syll.^ 406, not. 7). Bei dieser Sachlage deute ich in Text 8, der den nächsten Pyfhien, a. 270, «. l'AQlaxmvo:;] zugewiesen war, die sonderbare Be- zeichnung des geehrten Eretriers als , Finder. Spender des Guten" gloichialls auf Meneilenios und ergänze Z. 3: Zu Text Nr. 8:

3 [ijteiSij Mertäijftoq KXeia&hovc: 'E]gfXQiei(; äya^wv tvQfxrjq xoji Uciöi xcd xoiq"E)./.)j'}iv [yevö-

4 [fitvoi; (vuf i1]ei'aQ xc.'i xöv öSoy y.cxonixev töm Sewi xal xx/..

Über die Stiftung der Tempelschwelle s. S. 22 Anm. Sodann wird man in Z. 6 die Worte xal axinca iv xwt ieQciJi auf ein vorhergehendes [atf'fc'.viüaai flxövi ■/(<.').xlni\ beziehen und vermuten, daß die,~o Statue des greisen Pliilosopheu sich auf unserer Basisquader erhob und eine Kopie der im Alten Stadion zu Eretria errichteten war, die Antigonos Carj'st. ansfülirlich beschreibt (Diog. L. II 132; V. Wilamowitz Antig. 97). Ich mochte sogar weitergehen und glauben, daß die Amphiktyonen damals beide Statuen geweiht haben; denn wir kennen z. B. für den "kurzen Zeitraum von a. 214 198 nicht weniger als sechs solcher amphikt. Doppelstatuen: für [A'c/.AiVt; AvGi\(av/i<^ov im Piraous lind für 5 Hie-

•277

Delphische Zusät.vc und Nachfrage. 191

romuemoneii von Chios. davon die letzte wieder au den Pytliien. Unsere Basis wiiv einst wenigstens 1 m bis 1,20 breit, konnte also auf eine Sit^statue schließen lassen (wie ist die Oberseite?), während man bei dem Bericht des Antigouos bisher an ein stehendes Greisenbild dachte (Wilamowitz p. !tl). Endlich sei noch bemerkt, daß des Monodemos alter politischer Gegner Aischylos (Diog. L. II 141, Wilamowitz lül Anm.) gleich nach ihm Uieronmemon wnrde: Herbst273, «. '.ly/t«()«. <S;/i/.'^ IIU, 5; ferner daß die Lebenszeit des Philosophen, die mau schon bald nach 278 (Liibker, R.-Lox.) oder 273 endigen ließ, sich bis nach a. 2611 erstreckt hat, weil sein Aufenthalt als Verbannter in Oropos und sein Tod am Hofe des Antigouos erst nach dem Herbst 270 (Text 8) und der Statuen- errichtung angesetzt werden köunon; sodann daß c. 2i.i Jahre später auch der bekannte Philosoph Lykon durch die Auiphiktyonen geehrt und bekränzt wurde, Si/ll.^iGl; eudlich daß der Beginn des Euboeischen Jahres, über den man bisher ebensowenig wußte, wie über die Monate und ihre Reihenfolge (Bischoff, R-E X 1560, 59; 1683) sich durch die Hieroninemononlisten feststellen laßt; es war nicht wie in Athen die Sommersonnenwende, sondern wie in Delos das Wintersolstiz, denn die Hieromnenionen von Histiaea und Eretria bleiben inner- halb eines Julian. Jahres, d. h. im Frühjahr und Herbst (August) dieselben: vgl. den Histiaeer [Zer!']o'pi?.nv a. 333, Syll.^ p. 445 (tab. Amph. II> und die Eretrier SeoxQhoi' a. 275: im Frühj. (oben hergestellt statt —(oaiih'ov) und im Herbst Syll.^ 400, 4, sowie 'EniKtcUiov a. 272 Friihj. (.SylL' 417, 4) und Herbst (418, A, 3). Die Euboeischen Monate, deren Aufzählung bei Bischoff, K-E'K 1501 jetzt nach JG XII 0, p. 216 stark zu modifizieren ist (5 Namen zu streichen), stimmen am meisten mit Delos (ebda.): Lenaion (1), Anthesterion-Hieros (2), Hi])pion u. Tar- gelion (5), Euphonien (9) [fehlt bei Bischoff|, Apaturion (10). Areios- Aresion (11). Von den bisher bek.innteu 8 0 euboeischen Monaten fehlen also in Delos nur der Olympion ii. Deraetrion, so daß man den delischen Jahresanfang (Ende Dezember) in Euboea für wahrscheinlicher halten wird als etwa den von Milet (Ende September), wo nur 4 Namen übereinstimmen {li-E X 1501).

31. Zu Text 17 = Si/UMB'j ist eine wichtige Parallelurkuude ermittelt worden: Text Nr. 180. Inv.-Nr. 214(>. (a. 2:)0)

I'Eri n(iO-ayö(ju UQ/oiToc tr Jt/.ifolq, iepiiftytj/ioyovitwv A/toj).v>v]' Tüinoivoc, UIttiiv, .itorro/it- [rtoj, Iij(u:tuxov, l{ovxi>int,'Ouät>ov, Xi/olft, iti.if'On'' Avoiovol;, Ziocvvlh'nv, ^] 'l'ojxi' (o v Mixän/ov, 'l'iiiaiux(id- [lovi, lliiiotüiv' Oirädov, Stvixpüvovi, yiutfi/a'.TfvotTng iMthn'!ti]a Ahw>.o[v] i!nile^nwl:^i Ilt'Jox)J- [ov<; roii ^A(}i<JTi'n>/_ov ' Eoiiiori'oi Ix tCov Tf/viiCof xonör Tün- rf/]>(riu>' nidtoxi: zCoi l}f('oi xr.l xniq 5 'lAiufixtvomv tii y<i/zii()ia Tnv hyüiva ijyutyioavzo ni:rx]i).Ti o'i'6a' —'Px,-<(iyuodui'.A(jiaT((yi'>- 5

[{ing - g 2^ojx(>ÜTiji Hoiüizioq

Text Nr. 180. Sotorien- ['E:n]/,o(cTog Af.xiiov MtyuXnnoViiii

liste, a. riciUc.yöpp., a. 230 (V). ,. ■; .. .c. •,

Inv. Nr. 2140, gel. im vVinter 18i)4:0 , ,.,,, >, .

unterhalb des Athencrthesanros. " " ' ';'"''? '"^f'-'Oi -^^^-'s'

Großes Kalkstein-Fragment; oben, [//«'".)«?.?] //ySitjJ)»'- yjoijtnc'.ip/fiiüi'doo //(«cuno? 1

links, hinten Bruch: li. Otl'/, cm lNix]n'.g Ni^nuro^ Ji?.<fi'>^

max., br. 24-27 ma.x., d. O'/.j bis irti.; 'AnwTioih'noo liuiinion

15 max.; rechte S. charriert (unten r'A-,.„ir,.J^'. ■^., ,'.rii i.- - j ,•

etwas erhabener, 1,8 cm hoher ». i , ' ,r , "

Saum), Unterseite gekröneit (vorn , ■^'"^i'"i HYH""^- lIvi>ox)J,q

2V2 cm breiter, oharrierter Saum). [ Aiji]i-,THQyov Efi/tiorei.;. 15

Scheint von einem Bau (Theben?) l6evöoy]zo(; x [0ev]duTOv 'ADijvaiog

oder einer dicken Platte herzn- [Sw]öavö(iog Siolrvfjkov Sixviovioc

stammen. .Standort: Museums- r v, ?i.-V .„^„, -"i^ ^, -, '. v

, ,, Ti 1. . r. / r, l—LOfjaztiazoq ZmaiuznKZov ^.viiaxovnioc

keller; Buchst. 7 mm (f), ff, <u . , , , .. . ^

kleiner). Unter der Inschrift ist V/o(>-ixwit<,m)\(w- hixlTiq Jwvvoiov Anythtc

freier Raum (0 cm hoch), über ihr \_0/.V(i\TiUov OXvjintwroi Boiioziog 20

gleichfalls (14 cm hoch, darüber ' ixui/ov [n]ti.Ä(üOi

9 cm abgestoßen), doch ist die v ' ,'i «„ 1', i.,

__ -.p , •/ 1, 1 »/s Ay(;ttox?.iovc Uniomoi;

ganze Vorderseite ebenso grob i-m •> \, \- >i,.'

charriert, wie die r. Seite, nur L2']/<?«F-'''(? ^"f''«*'«?"« .-Itf^/rf^oj.

unter dem Text sind 3 cm hoch ganz glatt (darunter noch 3 cm Bruch), also Quadersaum. Obwohl der Stein stark verscheuert und wegen der Charrierung schwer lesbar ist, auch links etwa zwei Drittel des Textes fehlen, hätte man

27 S

192 //. PcinUiir,

dcicli .lioso hochwichtige Urkuudn iiiclit c-iu V'ioilel .nilirhundert hing uuetliert ki.ssou iliirl'en; <UMin ^io wirtl ciiio Umwälzung in der Chronologie von a. 270— '2J0, bi?z. iiiU hei'ljcif'iiliren und hätte uns alloi» seit 2 Dezennien jahrelange miih- Fanisto Arbeit crspiirt! Der Raun\ gostüttet hier nur vorlftuligo Hinweise: die Hieroniuemoneu sind die des /;. fini^Kj-öj)«;, und wegen der Sotorien haheii wir nicht das Friihjahr, -.ondcrn dieselbe Herbstnylaia vor uns, wie in 6'(/W.^ 494 u. 1!>S: der Wortlaut der Einleitung in Z. 3l'. tni 'itjj:'v>g o'/ds stiuinit gi-naii mit 'J'cxt 17, 7j. 7 li, also gehören beide Listen zeitlich eng zusammen. Wenn aber der Diony.sosprioster Pythokles, über den man N////.' 48!» not. 5 nachlese, auch hier noch als Chorl'iihrer au ftritt (Z. Mf.), wie es bereits iu der 2. grolJen Soterienlisto i". 'Eiijitfi(\i', a. '2ij7, W-F 4, Sylt? 42-4 B,-,, geschehen war (der ein- t'aelie Choreut ^ on S. 32 i^t si-hon in %H.'' 489 not. 5 verbessert), so wird klar, daß nicht 37 Jahre dazwischen gelegen liaben köiinea, sondern dalJ beide Gruppen, d. h. die großen So terienli s ten und I'eithagora s mit seinen Vorgängern, enger zusamm engehoren'j; denn der Ilistiaeer Kleomedon im Text 17 fun- gierte bereits unlor Damaios v. üamosthenes in» jul. Jahr 2:i4, vgl. Sylt:' 489 not. 1 u. 4. Ferner steht ['Zi.t])^(. f;rnc '. l/,fMOi! I\hy(t>.o:io}.!tici von obiger Z. 7 gleich- falls in der Liste «. 'EfiftivliUi, a. 2137, AV-F 4. 22 alier als 'ÄQxa^ und Chorführer des 2. Kuaboncliors (ixO-taiq von 2 Buchst.). Sodann ist l'E(iy\ivo^ Sifi>'mov Kut}onv6(>tiQ von obig. Z. 13 identisch mit dem homonymen joi'.yoniUig (Prota- gonist) der 3. Soterienliste «. NixoiUt/iOV, a. 2(5») [IlvH-ioig), W-F 5,48. Auch ist vielleicht [6Ei''io]'"o^- [(itvji^uTOv 'Alt>jyoi.Toi; in Z. IG derselbe wie der yoy. xuiiiixög %«.' 424,79 u. W-F 4,71; 5,73. Und über die Identität des Rhapsoden A'Afi- TÖ,?(0,'.4(j(i;r£/(!or '.!()«( i; in Text 17.12 mit den 3Stellen der Soterienbsten (a. 2G8— (j5) war schon .s'^/W.^ 424 .4, zu Z. 11 gehandelt. So sind einschl. Pythokles bisher 4 5 Teilnehmer als iu beiden (^ruppeu vorko)iimond nachgewiesen. Zu lloih'c.^ iu Z. 10 vgl. die kontrahierte Form TloAiji;. doch scheint eher Ilo'/.iaq da- zustehen. — Zu Nixi'ac NUiDVOi Ae).ifil,g in Z. 11 vgl. seinen Sohn NixiDV Nixia als Freilasser a. 185, GDI 2230: auch andere Delpher tanzton im Knabenchor, z. B. ijyifuhv Timc;' '.louxriur —niaroiroi. vor a. 130, Si/U.'^ 690, 10. Auf die Xn- ordnung der Agonisten in Text 180, Z. 6—23 kann ich hier nicht eingehen, sie waren wohl in 2 Kolumnen aufgezählt; hofl'entlich bringen neue l'^agmente die Entscheidung. Es wäre hohe Zeit, daß alle neuen Soterientoxte endlich ge- sammelt und vollständiger und besser ediert würden, als es von Jarde versui-.ht war, denn sie geben die Entscheidung l'ür die endgültige Rangieruug der Ilie- romuemonenlisten und damit flu- die Chronologie der 50 Jalu'O 270 220!

Daß die Tocliniten auch sonst hochgeachlet waren, lieweist nicht nur die Proxenie für das ganze Isthmische Koinon a. 247 (V), Si/Il.'' 4(>tl, die man jetzt als Belohnung für die wiederholten Gratisauffübruugen der Soterienagone in 'L'ext 17 u. 18U auffassen urid ihnen zeitlich ganz nahe rücken dai-f (so schon S. 33), sondern auch die Proxenien der einzelnen Techuiton, z. B. des Pythokles ä. ßtijoüi.nr a. 238 (V), Auecd. n. Gß; des eben genannten Eperatos 'Akxivnv Meyalono/iTiic. n I{t(?.Äix?JiK I, a. 200 ('? Itesser II. c. 239) auf dem Ar- kaderbatbron, Fouill. ITI 1, n. 21 (nach Preuner); des Kitharoeden Menalkes aus Athen, a. 207, t'i ' Euiihvii'if'., SijU.^ ifii. der im gleichen Jahr ;ils Cliorent er- scheint W-F 1, 35; des Xenotimos ft//()mrni Uoii'>xios, der an den Pythien n. XixO(Wc//ov a. 206 im Knabenchor tanzte, denn W-F 5,27 ist zu ergänzen:

\2Fi'('iz]i/(0i wie sein Text 181— 183. Tnv.-Nr. 1212. (a. 36.1) späteres Ehronde-

181. (df).,rol i:<h'<x,'.i' iü,i dein roc ,hTro? ) |'"'^' '^^^^ ]^''- ^^f

;,_,,, ^ , , . ,, leni-t, von dem icli

{<uru}i xr.i fxyiirot^, :i<)0^eviirt', :nio/.(((iTinci; .-rcOttV«;)- ^^^^^. [^^^ dürftigen

[«)', 7i()0tStxun'\, Aiivkiav, «[rt'Af/]«v tiärxwv \xit.'i AuszuEkeuneln v.

{jaXXii 'ünu xat r^o'n; l'O.Xotg 7tin>Shi'oii; xrci tleiiyi'- 1212 Kalksteiu-

5 [tnig. ''A^>xorzüg 'AjCKi/t^tvivg, ßovksviniojy h?tv- fragm., links Brucli,

(//«iTiOc, "livSi'cDO--, BorXonvg - -)■ h. K), br. 32, d. 15;

1) Doch ist zu bemerken, daß auch Beloch (III ■?,333) z. B. bei dem xm/jioii5og Ttkfani; ßtoxXvi'^oc 'AShjimog W-F 5, 58, der schon a. 280 in Delos aufgetreten sei, eine Zeit von 28 Jahren vorstreichen läßt bis zu seinem Erscheineu in Delphi, (';. Mixoihiuoi-, <las Beloch auf a. 258 aaselzt.

279 .

Delphische Zusätze und Nachfrage.

r.)3

182. Z. 1—1 telilim im luv., sio enthielten die Pracsciiplc

11. Datiening: 5 [tcu tiiuiiOi^]' t'.7fi();/ ZuoTifioi; Hi'iiiuiroq lioit!oT{iOi [uiiiiii;? Kiiihuxe rC'ii (tt\Coi /nfxi: yoiioi-, tdo^iv zni nv/.ii, [SeioTifWf n^öitioi] (7vui xrd fituyiTur zäg n6).ioc [nur Jf/.i/üj»', «iTÖv x\ru xoiq iyyuvovq.

183. auf Schmalseite:'

Jf[/.'/()i iSmxKV 6tlvi dtlro<; , i'ltCot xc.'i {xyiWoiz^

nijOcfvt\iti\ TiQOUKvninr, ni>c,ftS(>!ixr. :ioodixi'ai; üisvllnv] xzX.

Uufl schließlich muH man auch hierher einfügen:

Text 184. Proxenieiiekrot für Menekrates au:

Inv.-Nr. fehlt; im Museumsliollcv liegt die rechte llälfto einer dicken Stele aus

Konglomerat, links u. unten Bruch; h. 85, hr 19, d. li>' ■..; 12 cm unter der

, ,, , , ,.,,,v Oberkante lauft ein G cm

[A y u i} i(\ T V y_ a. (a. IJ'J)

gef. 1. Apr. 18!)1 südwosll. des Athe- niirtheh.;iuros, ,.im Museum" (V); auf Vorderseite Text 181 n. 182, zuL-am- men H Zeilen, auf

Schmalseite die Reste einer dritten Proxoiiie 1S3.

Thehen. a. 130.

["Jj/pforroc 2'(uö]i7T«r()0i', ßovXi-vör- [ziof z<\v nQ^oz]iiv i^tcßi/ioy Hvziyivt- [og Tov J u>ö<j)(>ov], 'Ayiüirog zuv KXtoöä- 5 [ßov, yoccß/xaz^ivoiTO.; fit 'Yßyiic zov S[i- [l'(«rO,' IRElfi)) 'A]vztytv>ji Jiodir>(>ov 71o[ti- [jtoofvO-tig t.z) T]f';v ;'xx'/.)jalav SiOJytj vJt'tQ [Mt\cxijcxfd\i; cor 2^(a:n<'!HiOv ßiiHfuov, [nzi e{aeßij]g xcl evrov: vnc.n/it ;ro-

10 \zc rftr .ro//r fi\u<öf xcl avioonitiiv ft/p'/" [aiov r-fi ;T«ir(] xai/jwi TCc;>KaxnaC,tL xid xoi- \vi'; zÜL no).ti xat] iSie. Tiüai zoli; ivzvyya- [vbfTOti z(öv ndlknäv, i'y « xd zig avzöv rta- [(jfrxa'/J,, iiyic7iOT]tyn!)ii(vog fiezä näaac

15 [ijjioiääg ' äylni^äi zc/(u' 6e6ö-/ßat zäi Tiö-

[?.fi Twv .Ji?.<pv/f] iv üyO(>i!i zeXfioJi ai/.i lUa- [ipoig zr'ig tVrö]//o/c, tncarlaai yhvix()äi[ii {^^mnäjQOv SijßuT6]v inl XÜL ■miOuiQtObi i'u i- [/(«»■ iUaze>.fT nox]t. zuv nö'/.iy cfHÖy. xa'i (,T('t[(>-

20 \/,eiv alzüit xid ixy]i')roic 7ir((jn xäq jiö/.i\o; tiqo]- [4ai-i'f'.v, nQOftavzelci], .iiiofiixir.i; [tav[/.iav]. läzi/.sic(y Mrxoii'. 7ni]oii^t)l(:v .''['' H'tai xoi;] [i'tyLDyoiq oiq « nl't.i.; xlHijxi, xx).l]

hohes, 2 mm erhabenes IJand ringsherum, oberhalb dessen alles abgestoßen ist. Buch- sUiben ö mm.

Zuerst schien es zwe ifellos, daÜ der bekannte Bihlhauer gemeint sei, über dessen Familie icli mehrf;ich ge- handelt habe, vgl. S. 101> und zusammenfassend tiyll.- 097, not. 2, aber nach der obigen Aufzahlung miiclite ich viel- mehr denjenigen Mtrtxiiaxm Somäxftov (itjßcTo.; hier wie- dererkennen, der als letzter yixjtvzijQ xoj/iioiiiSov an den Wmter-Soterien vor a. 130 gratis mitgewirkt hatte in Syll.^ 690, 22. Denn so vor- züglich das J. 139 unseres Dekrets zu ihm stimmt, so sidilecht paßt es zu derBild- haueriamilie, und damit ist ein wertvolles Datum für jenelotzteSoterienliste

gewonnen.

41ff. Zu der Archontenliste des in. .Jhdts. sei zunächst folgendes nachgetragen:

Text 185. Proxeuie für o. Koriather, c. a. 298. Inv.-Tsr. fehlt, Kalk- sieinquadcr, rechts und hinten Anschhilj. links glatt; 28X1,01X88; auf Ober- seite hinten ovales Fußloch (12x7 cm, tief 9—10), mehr vorn 3 Stemniliichcr (wohl von zweiter Benutzung), liegt vor Museum nel)en der Eheginerbasis; Buchst. 8— 9 mm (Z).

[Jtf.ifol kdwxav .... '/'/ |/.o|Aoi' Ko()i viti'oji, c.liCoi xal txyoroig, TT po|t »■[('« r, nnOfmv]zei''cr, 7Xt)0tiif>!ar, 7i(H)6ixiav, navi.ntr, >'c^'Äfc/[«)■ iiiivni>\v xa'i xi'J.Xr. öok xid xoii i'OJoiq jino^iroic. "Aoyovzoi; [Ti'fnov]o., linv/.evui'Zvjv Evno/.ios, 'Ai^yidr./iov, Zi'royOQ. Evntvhzov, y(xi'i.yiS()Ov. (>'. n. ^'JS)

Bisher war nur ein Text des <".

Timou be- kannt, in ihm fehlen At-x 1. und 4. unserer

Buleuten; die

Schrift sieht eigentlich jünger aus als a. 298. Die Stufe gehörte wohl zu einem größeren Korinther.nnatbem.

Text 186. Proxenie für e. Milesior, a. 291. Südlich der liloc kamen 2 Steine eints gi'ol'en, anscheinend unbekannten Eeihen-Anath ems zutage, als dessen Sliftir ich zuerst nach Text 18<i Milet vermutete; Zeit: wegen der "~^ KlaniniPi-n der Oberseite und der merkwürdigen, fast dreieckigen Fußlücher- paaro jedenfalls ■^. Jhdt. Der 1. Stein liegt nördl. des Museums auf Westfeld.

280

194

H. Pomtoiv,

Inv. Nr. tV-}ilt; KjilUsti'iiiquailcr, h. 3(1; br. vorn 91'/,,, liiiit-Mi 1,02 m (!); tief I.IS',; der 2. Slein (o)inu Insclirilt) isl iia( li Kontoleon gei'iindeu hu\ Exedra III, nahe der «/.(■;;, Ktelit aulVoi bt im KuidiertliCNauvos, h. SO'/.j; br. BO'/'s, t. 1,11» m; beide lialicii r. und 1. Aii.srhluli und sind liintou gekrünell; aul' jedem 3X2 FuCluchcr (also Je 3 FüIjc), also standen aul' lieiden Steinen zusammen o Statuen; andere müssen auf den verloienen Nachbarn gestanden haben. Schließ! icli ergab die genaue Vergleichung nut den Basisquadern der 'Unteren Tarentiner', dalj nach Höhe, Klammern, Fußlochpaaren (u. a. auch Pferdefüße) etc. wir hier wahr- schrinliih 2 neue Steine von der hinteren Plattenreihe dieses Denkmals zu erkennen haben; zu ihm vgl. KUo VIII ÜSÜ, Abb. 15: Fonill. III 1, p. 74, li.g. 26; Bull. m,-ii2; l^yll? n. 21.

Text 18«.

Text 187, (c. 0. 291)

Her

2V,

Mil cm

[ '.".... 'A]/iivi'oii

[ , /tviCoi x]<!l i-xyö-

[roic, niioSerfjni; 7n>o- •^ [nctrTtlnr, 7ipo]o (!(</«>•, ä- \xi-}.tiiiv, nno]iSiy;!i(V not). [ Jt/i/ois; x(ti] Zf'li.a oan [xn'i TOlq. aX]).oii TnjOii- [)'0(c xa'i. t]i'i:()yiraig. "1(<- 10 \-/orTii<: ]]t£i?inov, (iov- [i.tvurTJon' Nixln, "loto- {toi, l]af.it.u.

hlifoi ld[<ttx<(y hiuy]i_if[i

xc.'i i'xyoioii, ätü.tiav Tiil- rxwv xru yr^q xcä o/xlui; l'p- 5 xttjCiiv. 'Eni J t^in^ov au/nv- to^. i'iovltvovtiuv 'laoivoQ, y 1x1(1, Avxlvnv, J\(cni:<(].

i'sier schreibt in schonen, fast hohen Buchstaben selbst (j'j/c, i.'i'-Ä'orJroii) auf die alte Basl.^ schräg gegeii- iiher der I.ysanderhalle seine r.ii/.vi« und ivxti]i}iq\ die anderen Ehren hatte er also wohl schon und war vielleicht ein Nach- komme des Nanarchen Aiantides RaQiyiviov MO.iiiiio^; zu den Proxenien solcher späten Nauarchenabköninilinge s. Syll.'' 115 not. 5 u. 7.

Text 187. Inv. Nr. lI?.'«, Marmorstelc im Museumskeller, links u. olien Bruch, li. •14'/'» niax., br. 23 n)ax.. d. IJ cm; £ . Die ctov>.!a fehlt unter Dexijipos auch Foiiill. 111 1, n. 1Ü2 n. IIG.

Text IS8. Proxeniedekrot für e. Amph ilochier, c. a. 290. Inv. Nr. lö'lO. Gehörte einst zur Quaderm.auer hinter dem Geloudreifuß. Kalksteinquader, h. 40, br. 1,52V2 m, t. Ö4 max.; r. u. 1. Anschluß; auf Obei-scite Stemmlocb. Ilückseite roh u. unregelmäßig; liegt südö.sti. der Gelonbasis auf einer Mauer.

Dem ('; Xenoklos war bisher das J. 22ti zugewiesen, er gehört abi^r vo,- 2yO; denn unser Text hat I und die Interpunktion : und kommt deswegen am besten zwischen Dexippos und den neuen Xeno- chares I zu stehen auf c. a. 2!l0 (Pythienjahr). Aus demselben Se- mester sind noch unediert: Inv. 1558 (Proxenie auf Marmorstele) und Text D des Orneatensteins Qnv. 1514?): aus dem anderen Sem.: die Proxenie in Schcd. JG YIII n. 114, so daß wir mindestens 11 Toxi-e dieses Ar- chonlen kennen (5 -|- ti). Und vielleicht ist sein (jrabtein in dem Kalkstein- tr:igment Inv. 2110 erhalten, wo das luv. nur:

TextlS!>: lZ]fyox?.tii bewahrt hat (h. 10 max., br. 17 max.; d. 6 cm). Text Nr. 190— 192. Inv. Nr. 4343. Kalk.stein-Cippus im Nike.saal, r. vom Eingang; h. l,24'/3; br. 27'/'j: d. 28,2 (Oberseite rauh, mit 2 kl. runden Löchern von 5 u. 2 cm Dm.). Nach Kontoleon gef. im Juni 11)01 in der Marmaria süd- östl. des Ergane-Allärchens, wo auch Jieste des Enndaltars iler TlioloS lagen (s. ßd. XII, 2("»5 Anm.), völli,g verscheuert, so daß im luv. statt der Texte leerer Raum gelassen ist und alle übrigen Angaben felilen. Nach jahrelangen Ver- suchen gelang die Eiitzift'oruug; es waren drei Proxenien für Phoker (dar- tiher vieliei<-bt eine 4. zerstörte), sie legen die Frage nahe, ob dieser 'Phokische Cippiis', der die Verwüstung des Pronaia-Temenos durch Brennus und die Felsstürze überdauert bat, etwa vor dem Thes. v. Massalia (— .Jon. Bußtenipel) stand, dessen Mutterstadt Phokaia bekanntlich von den Phokorn unter TeUuahme der Athener gegründet war (vgl. Paus. VII 2, 3; 3, 10).

ß s 0 i. (r. n. 290)

At/.ifol l^Sioxar OeQac'yhocti h\)tzo?.r:iiU! .i/iifi>.6/vii t'S 'A()yfo^, aiioji xn) ^xyiivoii, iii>o!;!:yiar, fiiijyinic.r, 7r(j()/jiarin'at: 5 :rr()OCiS()('f(r, icav?.li!r (i'f ItXifoT^), jiitnSixlar. ärii.fii'V narrwr, tTxniju.x' xaih'int(> Jthfoic xrd TÜV.a ooa xc.i Tinq ftlXniQ TtQiifh'oii xrd eveQyttait;. 'Afiypvzoc Ztvox'/.tOii, ßovlivbvTutv 10 'A/.xccfiiveoq, 'OQiaict. 'A(iiaTOfH'i/ov, 'Ayi-Ac.

•281

Delithlsche Zusätze und Nachträge.

1Ü5

190. ^ f ? !-']■ ic-S90'bO)

h).(fü\ hiU'ixi'.v Kvcifyi'itii'iU kvci-vov['P\ojxeT iit .V<t£'(M('[ftc, aitCoi xid iy/ovoii:, ■Ji(in[i^ivi- 5 «]>', iv8(iytouit', laiÄfiuv nn- VT<av xai (iXIk nuvirx [»a- rt] xai Toig &)Joic: 7i()0^tv[oiq x](u evecjyirat?. "Aii/ovxoli; . . isvjvoq, ßnvXtvbviiur ö[ti)- 10 r('A]fi'--. Kn'O.Ixioroi;. AE . . . Vdcdt 2 V2 cm li»l. (■) e 0 I. " (c. a. mj)

Jt\hf:ol iiiv>x(a' Ztroy- (otoiynö.) ÜQ]ei Jvvi'aov, <I'C(iiXX<u[i Iii]ui'i>rvi 'i'ioxaioi fx 5 Te]ii>Qivvoi;, aizoii; xa- I fxyövoig, 7n>0ifri'a- V, evtoytoi'av, n^io/^cv- Xfi'av. ÜTi-Xtittv nuvi- wv, .Tj>0£iti)/«i', äavXla- 10 V (■>■ iO.ifOli, nnoiUxl- av .10x1 ltX<fnii:, xui x- ä llD.a öou xai xolq i'd- ?.Oli TC()OSivOLi. "l('/o-

vxoi '0(jviy_i'ti(i, ßovXt-

15 VI/VTOJV Ku/.XlXQUXlO-

c, 'iTiTiüoyov. \'tyt)M, vacat 3 nn 102. ß s n [/. (o. ^O'O)

.J]e?.<f'Ol tdujxav nüzituyn Eino- X]i'iwv 'EXaztisi, avxtoi xai ixyo[y- oi\<;, nQoiEYlav. tveijyeolav, tcq[o- 5 na\vzElar,, äxlXnav tihi'Xoiv, no[o- sä^olav. wivXlav tv .JiX<f.oic.. ndo- d]ix!c'.v 710x1 JtXifoig xai TiO.Xa, <i]f7ß xai zolg i'O.Xoii nijOfiroK;.

Nr. ISO. BucliKt. K— n mm; /. I ist un- sic.lier, desgl. der wohl nüuc AvchonUiu- iiatiio, iler auoli -xiaroq, -iiovoc, -ovoi itc lauten kann; zum 1. Bulouton v.s;)- die Schrcibiini; «. (itvxiXivc. c. a. '2.59 {Fmi.Hl. m 1, 142)'; der 3. Buleut reichte wolil noch in Z. 11. Es wäre donlcliiu-, dali Text IW erst nachträglich über IUI ((jroi/»/«'.) gesetzt wurde, aber man wird zunächst dem uonon Archen, bez. Se- mester die .Jahre 200—280 zuweisen; fehlen hier doch die meisten hunorex ähn- lich wie in Text ISG, a. 2'Jl. Nr. ItU. Blichst. 7—8 mm (o, !>, o> kleiner), <noi- X>ji(>r. Z. 1, statt H'n'(j/[ri(j]£( (Ampliissal auch Sfvon'\äv\ti m(iglich, der sich in der Nachbarstadt Lilaia ebenso findet wie 4'anXoi (.l^yll" Gl«, 10 „. W-F 05). Z. .5, TeHyorif ist der nrsiji-iuiglicho Stadtname, in der Literatur und daher in den Lexicls ganz t'ehlend, weil durch das spätere Ti-i')\iv>rtov verdrängt (Paiis.; Steph. Byz.), aber inschriftlich mir aus 3 Zeugnissen hekannt, vgl. in dem schönen Epigi-anim des Poseidippos .'itXx. «j>/. 1, l'JI.j, S. 55, nr. 35 Z. 2: Tf/Opwroc xxtirtv 't:ii> azitpä- vaiq, genau aus unserer Zeit (\im 2iJ0), und 1(10 J. später W-F 318 (a. 194). Nr. I!t2. Buchst. 6—7 mm: Z. 3, das Ethnikon war schwer zu ermitteln, in Betracht kam nur XuXutX, was zu deu Resten nicht stimmte; erst als ich in .S'i/Jr-' 232, 4 f. (a. 331») neben mehrfachem ' EXazivi zweimal ' EXaztii'oq fand (hn Index leider Uruckfehler: 'E-zaievQ), wurde klar, daiS die casus (ddiqui das f( von ' EXätttn ursprünglich beibehielten. Im Jahr des Archelaos I (20O) hießen die Buleuten KnXXixXioq. ' .4<jiozntmyov. yixoi'iioiiov (S- 99): es ist möglich, daß auch iuZ. lOf stand >:'A(>iazoimiyjov, lia'/.-

".iijyovzot; 'AnyfXäov, ßovXevov- 10 zwv NixoSij)Qov,Aaoiai'>v, K..A . .

\Xt\xXioq]. aber vorlänüg war mir statt der Lücke und 2 ausgefallener Zeichen doch Aagtalov wahrscheinlicher.

TextNr. 193u. 194. Zwei Proxeiiien, die erste aus dem neuen Archon- tat des Sotion, den wir in das bisherige Jahr des Xenokles, a. 220, setzen kimnen (vgl. Text 188). Denn 3'(.jr/wv war Biileut unter Lysen III ca. 222, also der Enkel des hom.ouymeu Soterienverkünders (t a. 270 in Aloxandreia, vgl. S 49). luv. Nr. 1304, dtiunes Marmorstelenfragm., rings Bruch, h. 18, br. 11 ,'5, d! 4cm, Museumskeller; gef. 12. Apr. 1894 westl. des Athenerthes.: Buchst. 7—8 mm.

193. [Jthpol lüioxav zwt dfUi . . Ji]iii)'irov \"i f\ [ avrüii xai ixyu]-

[voic, TiiiOileru'.v, n'joiii'fztlav, 7i]()0f'Srt/'(J', [ni)odixlai>, uavXiav],

[fiziXeiav nävtiov xai xuXXc. iijöK xid T(i[T^ aXhiiq nQO^trotc]

[xai eveoytxaii;. 'Aoyfjvzoc] | ^wzi'civdST]. j-l[oi'Xevurxwv xoi! dti]-

5 [vog, xov rftä'Otf, xoi' öeiro?]. ('"• "■ "")

i'acat 1 Zle.

194. [Jt/./oi iiwxav xün i^täw ] (uvog Ximt, avx[Cbi xai txyövoig, TtoOftvi]-

[iti; nnn/jafXfiar, jiQntiSoi'av, 7nio]'^ixlav, advXi'alv, äii'Xeiav navzior xai xäX]-

[;.« öoa xai zolg aXXoic 7i()0^t»'0t]? xai cvtQyiz[aiq. 'AQyovzoq , ßov]-

{}.ivi)vzü)v zov iScTi'og, xov äi'vog, Ml'-j'jiog, Nixta.

282

19ti

H. Pomtow,

7.. 1. üiiitev Ehj))v()v entweder I7a[r;)f/?], oder Fa-. oder Ku-. Z i. —wTUorü; iu Rasur, vorlier stMiid wulil da I . . /wc (oder -rov). Nr. 15)4, Z. 4 als vor- letzter Buleut kommt nur |.Wtr-] oder [.Vr;p-]/;ro4 in Betiaclit. ersterer im Ilf. Jlidl. bisher nur als jim').. a. 237, «. Eix/.io; vorkommend u. darum oben eiiii^csotzt, letzterer war von 275 247 viermal Bulout; ymnc im III. Jlidt. nur hier, .sonst findet sich diese Orthographie einmal im IV. .Ih. (Ende), Bull. 2B. hol; (dito bei 7/(>«f('«4 a. 336 u. 322); wohl derselbe wie yixir.:;. ßovX. c. a. 227 (Pati-ondas) und ifijOfiyt]f(. a. 22(i (Kallias\ Vielleicht liaben wir auch in Text 194 das Sotion- Ai'chontat vor uns, da die Semester-Behörden gleichfalls neue sind. Nach den vorstidieaden

290 Xeuokles (220)

254 Kleutin>os (241) 243 Damochares (222) 241 Diodoros II (240) 240 .\rchelas II, neu 22!) Ilervs (22.^) 228 Herakleidas III (22'J) 222 Lyson KI (243) 220 Sotion, ganz neu 217 Battos (210)

210 Phrikidas (2]!i) 201) Kalleidas (2(.)(i) 208 Babylos 2(J(3 Nikodamos II (2(J.5) 205 :Me'.^nrtas (2U3; 203,-Philaitolos (202) 202' Archelas III (217) 201 Euaugelos 200 Manilas.

Liird folgenden Naehtragen sind nebenstehende Änder- ungen i u d 0 r A r c h o n t e u - lafel von S. 41 einzutragen. Aulierdem ist SyU.-' 4.^2, not. init. bemerkt, dal.l Eudokos III, a. 2S5, wohl wegfallt und seine Nachfolger Damaios, Damosthenes, Pleiston, Ony- mokles ein Jahr höher rücken, so daß a. 231 vor- läufig frei bleibt.

Sop. S. 49. Bei den Lysou-Archoutateu fehlte der Text Bull. 6,22!) u. Gi + 23, -503 u. 10 für 1 A'hener (!«/<oi' ütiiyKüTj^ey, den man dem L5'Sün I zuwies; aber da auch unter Lysen II nur der ATi/w^ steht, wahrend sonst noch die Phyle hinzugesetzt ist, wird er besser dem L. II (a. 2!)4) gegeben.

Text Nr. 195 6. I n v. N r. 1 0 7 3. Aus Lysons Pythodoros-Semester stananen noch zwei Texte (a. 2!i4) mit dem neuen ß. 'AijmxsUUu. (iroße Bauquader (Kalkstein), gef. ,,im •!. 1H'J3" nahe Atlieuerhaus, .h. 54; br. 1, 15; d. Aii^ly. r. u. 1. Anschluß, auf Oberseite längs Vorderkante ganz hohe glatte Anathyrosis. Buch- staben 8 !), zuletzt 10 mm.

195. .h[/.<poi] fSioxt'.v [..].... ivmi [' E- (t nij^ifvlaxov Botuirtoj! i'x Kn^xortid^,

cvTiöi Xfcl lyyofiji^. tkjoShihv. TiQoiiavTt'ntr, mjofÜQiav. KxD.euir 5 naviojf. Tiijoöixi'av 7t(jö^ .Ji>.<^oic xoii Tfikkti (iiSt: xc.l ToTc (tX/.oii nnnShi'oi<; xal fcn>ytt{cic. 'ApyovzOi: Ai'<ju)vng, ßovf.evövTwi' Ilv'}o6iuQOV, liov).iuroe. 'ÄQiatslöa, £[i(J(u4)0i)y].

vacat 3 cm. (c. a. :.'9i)

196. jt/.ifoi iiSioxi'.v 'A()/u>{. ..]... H xyiTOV lioH'JliuJi [tx Ao(*iu]rf/(tc,

KfTi'Ji. xc.i txyü[fnii\, Ttno^iri- ttv, 7tQ0finvzt\lr'.i'^. ■X()Oii'>i>i(n'. 5 azi'lfKCf m'tvnav, .xtjudixlaf n()os AeXipovc xtd t[«ÄA]«. o<h: xa'i Toii ua).oiz nfpocf'i'o;,] xul effijyireii:. ".4.QyorTOC ^Ivaio- voq, j-)uv>.nnvTrji> /7i OoiSiioor, 10 BovXiaro.;, 'AijiaTiid[ct].

Da der merkwürdige Stein acht stark vcrbischcue Proxenieen für Boooter trägt, wird er vom The- banerthcsauros oder vtn dem großen Boeoter-Denkmal stammen, dessen 5 m langer Unterbau uuteihalli des Sibyllenfelsens längs der hei). Straße sich erhebt und zu dem z. B, noch der Schwesterstein Inv. 2H03 geborte (h. 53; br. 1,16; d. 53 (?!); gef. 1. .Tuni 1895, üstl. li. Atbenerhauses in S. W. Ecke lies Buleuterion; der erste Text subscribiert den «. Sylochos a. ;Si)l). Auf 1073 stehen die 8 Texte in 3 Co- lumnen: .4-(', D-F, G u. H; und zwar C, n. [yix()]d.-cfiov a. 266; D, ä. Ti/ki- xitdxtoi a 3t)l); E, il. Elduxov = Text 197: F, il '.hjyidda a. 274; G u. H, n. ^Ivdtoroi = Text 195,6. In letzteren beiden sind die Proxonennamen auf dem schlechten Abklatsch nicht ganz sicher, ich habe in Z. 1 f. das neue [' i.'],T(/(ti'/ij;i'Oi' gewagt, von ' Eni/.iti 1,^

wie Ilini^nyloxui von nc.nfi.lv),i.

Umgekehrt ist in Text 197 der Proxenos sicher, während der Archou und die

neuen Buleuten nicht ganz feststehen; denn es steht in Z. 5 6 da: EY \ K(>\ ^

lan 1 1 ^ "c V ' r 1^ -. aber über EY scheint JO uach-

j ' j , ^ . ■'■ ^ ' "^.... getragen (hart recnts stu^ß JNr. 19ti

E al'T'Mi xal ixyuroii, ^inoSiyiay, nooftayrt/- ^u). Obwohl sich dasselbe Se-

av, 7iQoedi<i'(iv, TiiiOfhxi'c'.v, i'.ovXi'c'.y, lat/.ii- mester auf dem uuedierten 2. Or-

av nccyrojv xal takX« uu(t xcti rot.; t'O.loii neatenstein fand, blieb dort wieder

283

D>'l[iJii>che Ziisätcc »iid Nachti-'hje. 197

5 -^looitvoii xc.'t ilioyiti'.iQ. 'AnyovTOi Ei-i^/i- gerade der Archon uudder3.Bu;eut xov, /ioiw.svbvicov l(aAX,x>.Eci, 'Ooiöxa.^ unsioh«-: ,y[EiA6>!->]ov, ßov/.i-yöv- hvavytMv(od.lwzi;.or^). ,a. 3(.v o,l. J, J) ^^.^^■.■,^,.., ^,^i^^. iY-.'j'j'j'/.öt? oder El-atvtzov?. welche 3 Mi';gliohkeiton tiuch uü' Text 1Ü7 iu Betracht kommen. Jeden- falls haben wir zweiüial da-^ erwünschte 4. Semester von Eudokos I II vor uns. Sep. S. 6.S ß!). Zu den alto! Strategen Pautaleon I u. 11. Nach trdl. Mit- teilung "Weinroichs .steht auf der rechten Schmalseite des unedierteu Thermou- textesäl eine Reihe vonaitol.Proxenieen (die zw eite i\\r<i'dv>iiJnf'ovX!ui:, Lesung V. Hiller?) unter dem gemeinsamen Praescript: im aiQCtTc.yoC- Tlnrzc'j.iiovoi ID.bv- (iwrino TU :xi-a^jtTOf], LT,T(;;i/f'oiTOv '.■l/f/.K'oi' '.l[('ö(]rotoc. j';)f;/(/(«rf coiTOi' \<l'!]hovoi Tiftiioq. {-ni^tlrizor] und 'A-jon- von Hi. ergänzt. [</'/]/.<y>'6^' von mir, cf. 4>l).wv 'Pü.'/.ia Tnicei-g- ß^t^- a- 178. ÄV-i' C5). Hieraus folgt: 1) der Meliteia-Perea-Vertrag, der als Text 15 £ (Bd. XV, S. 11) an den Meliteia-Xyniae- Vertrag Nr. l-ö .4 an- gehängt ist. kann nicht aus derselben 6. Pantaleon-Strattgie wie A stammen, \\a.s in .S'(/W.^ •54<.> .4. not. 1 als selbstverständlich gefolgert war; denn in B, Z. rij war Hipparch: '.'l/..''i'-yr 'ii;'/'C!'Trro;. Staatsschreiber: .U'xoi ' ItovlhjaTog. also beides andere, als in obiger Thermonli.'^te; 2) der in Si/ll.^ 54,0, B Üö gleich folgende Privatzeuge TIcrrc/icjr UiZii'/.ov ID.tvnüiruu ist also nicht verschieden von dem Strategen iu ^1, was wegen des Fehlens von az{tc.zr,yi'i: allgemein an- genommen war, da den 2 anderen Behörden die Amtsbezeichnung zugesetzt ist, cf. üijll." ö4(.- not. 38; 3) die d':lphische Pantalenn-Srotue Syll. 621 bezieht sich daher auf P. I (und ist wohl bald nach 217 gesetzt), nicht auf Pantaleon ii n/.tv(>v)Vio;. der von a. IWi au dreimal Stratege w.ir und bis a. 169 bezeugt ist; sein Patronymikon kennen wir noch nicht, er war wohl der Enkel von P. I, also der Sohn eines zu supponierenden Uhztü.o; oder des a. 219 gefallenen Sohnes (?) \AQyJ6aiioi. über den S. 68 gehandelt ist; 4) der altoi. Epimelet Ilc.rziüiwv Niävo:; 'Än'::roevg in Text 04, S. 97 = Sj/Il? 534 war mit jenen Pleuroniern über- haupt nicht ^ erwandt: 5) attch der spätere Stratege des J. 163. der in R-E IV 2679 nach ZG IX 1,411 als Phillis oder Phillidas IJcvza'f.h'no; [W.evo]v)riog auf- geführt war, hat mit jenen nichts zu tun; mau konnte schon aus der neuen Urkunde bei Nachmanson, Ath. M. 32, .S. 28 nr. 20 OTotczr^yiorzoi zun- Ahw/.Coy 'Pi/.c'.xoc tu ji' folgern, daß der Strateg vom J. 1(33 nicht Philli.-, .sondern Phylax hieß, und da ein Phislyontext nacli vVeinreich beginnt: [uz per ay]torTOt: •Pi/.cifng K(ü.v6(j)Yiov. u'ivoi Ao'f'jiiuuv, <'>:ii-6nxo. so muß Ditlenbergers Ergänzung IG TX 1, 411 [W.ivjivjviov in [Kc.'/.L-AYovmi: geändert werden: der Name Pantaleon war eben nicht selten, cf. Ztiöziiiog Ucyza'/.hon-oi 'i'vfjxkig, a. 1.S9. Bull V 423. 30.

S. 72 -74. Inv. 29-05 = Text 39/40 Oinke Hälften) ist unter den Zeichnungen und Abklatschen des Mnstuniskellers nachträglich aufgefunden. Er bringt eine willkommene liberrasrhuug: iu Text 40, Z. 6 steht .4.l70.i"y-V-lA'. das kann nur [)eijouv](:ßoac%-(tr sein. d. h. es ist in diesen Urkunden nicht von 'Grenzstreitig- keiten' die Kcdo, sondern Eretria, Karystos, (.'haJkis streiten sich um die Teiiuahme an der Enboeischen Amphiktyonen.■^timme, wie 14 Jahre vor- her die Doris und Sparta um die der Metropolis (Sy!!'' 668; und 40 .Jrhre sj'äter Throuion und .Skarpheia nm die der Opuntier (Text 129;80. Bd. XVI S. 160 iT.). Inv.-Nr. 295Ö. Kalksteinplatte, r., 1. und L'nten Bruch, Oberseite ge- krönelt, Rückseite rauh oder Bruch: h. 48 max. (Schriitfläche 44 max.), br. 83 max oben hinten (Schriftfl. 20 max.), dick 16 cm; .also wohl Antitlnmastein des Örthostats; Staudort: Musenmskeller. (Siehe Text 39 40 auf S. 198.)

Zu dem J. 146, a. Ftrißikov, Text 39». 1 paßt es vorzüglich, daß das Euhoeer- yoiii'iv gerade Jamals autgt-lost war, also die Frage der Partizipierung der Einzel- städte an der Hierümncmonen-Erneiinung aknt werden nrußte. Andererseits stellt sich heraus, daß Inv. 29.55 leider nicht die linke Hälfte der beiden Texte gebildet hat, denn die Schrift und die Zeilenintervalle stimmen nicht zu der rechten Hälfte Inv. 29.58, und auch der freie Raum von 2 cm unter Z. 24 der letzteren, der den der linken Hälfte fortzttsetzea schien, ist nicht vorhanden, sondern die ganz verloschenen Zeilen 25 if. laufen ohne Unterbr-jchung bis zur Unterkante. Trotz- dem Nr. 29.55 oben Kante hat. kann es auch nicht unterhalb von 29.58 angesetzt werden, weil unter dem Orthostat sogleich die etwas at.sladeuden Stufen folgten, zu denen 2955 nicht geliorlc: so bleibt nur übrig, daß es 2 selbständige Texte euthitlt, die natürlii'h auf einem Nachbarstein standen, aber es ist sel'r auffällig, daß iu den rechten Hälften (also auf 2958}. die wir als Text 39* u. 40» bezeichnen

284

198

H. Pomiotv,

3». e <■'] c. T [!< X n.

y]ffO/ii'vijC x(j[ta[wg ii)]r Tiu»" i-v Ei'ßoiai 4>i}.taxov yevouev 5 [r.nn To'v ß(XTi](jTOv xtna Uvlha ' o Evßoii'i'iv tnvTOlq nu\\noi TnifüßfvTiöv xl TiO?]r närtiDV Eißoilwy xct'i t!f//* 'Afit/ ixT]iove>r iltriiov X(jiTii(jif>r r Kl /]>' ä)>(i(iäiiiv Toiüxoi'Tu ivi

xd'iYt töv yQovov ^v oji [ /]üt[(«(t;\"? ijryr\(fwrrjt7a%' tnig .lii[(p]ixz[(Oai vacat 2 '/'a = 1 Zeile. 40. 7'('/r] 'YncTctlcvr [o]'i aoxort[(g xa'i ä nlO.iq iSt\SuiXi':raL xqixijqiov T(Ü[)' «/(f]tt()«y TiöUv 7ie(ii TÜg [hiio/tva/inai- Xukxtäimv if>a/iCv[oiV. \ vcie

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XCUlj . I

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•wollen, der erste, in attischer Kotvi) gesclii-ii-boiio eine ainphikt. Urkunde (Z. 1 II), der zweite einen doriscliou Brief au die Ampliiktyonen enthält (Z. 10— ;«), und dal.) in Text 3'J n. Itl genau dasselbe der Fall ist! Nr. 3'.' u. 31)'^ gelton der ytyiiuivij xoioig in Hypata, Nr. 10 u. dO'' geben dorische Stildte-Briol'e, und daNr. 40 von lly- pata geschrieben ist, konnte bei -lU'' dersellie Schreiber statt Theben vormutet worden, wenn damit nicht diu Erklärung dafür wegfiele, dalJ man den l'rkundonkomplex auf den Tho- baner-Orthostat sehrieb. Wahrschein- lich ist vielmehr folgendes: während dasAnrecht von Histiaea auf etwa die halbe Stimme (d h. jedes 2. Jahrj an- erkannt scheint, da es nicht erwähnt wird (?), wenden .sich die übrigen 3 Städte an die Amphiktyonen zur Festsetzung der betr. 3 Stimm- Anteile, und letztere beschließen an den Py- thien (Nr. 39, 5) ein Schiedsgericht von 31 zu erlosenden Männern in Hypata (Nr. 39, 10 = y'J'S (5), das IV2 Monate darauf im delph. Monat Ife- raios .stattfand (Nr. 39, .5 u. 40, 7 = 39'i, 1 u. 17). Gegen das Urteil erhebt Chalkis Einspruch, worauf das Kocht- fertigungsschreiben der Hj'pataeer

Nr. 40 erfolgt. Trotzdem setzen di-' Chalkidier das Wiederaufnahmeverfahren bei den Amphiktyonen durch in Nr. 39:i- las ich jetzt auf Abkl. in Z. 8 ml'f.ir i'i'lxijoav XcO.xidirig , worauf eine neiae Richterstadt (Theben V) mit 31 r'n>iaxlv- ()rjV gewählten Männern bestimmt wird (Nr. 3tt->, 7), die über den Verlauf des zweiten Schiedsgerichtes in Ni-. 40" an die Amphiktyonen berichtet. Hoffentlich lehren uns neue Fragmeute noch Genaueres, aber man darf schon jetzt sagen, daß auch der Streit von Thronion-Skai-phoia um den Anteil an der Opuutisclien Stimme gleichfalls im .1. 140 begonnen haben wird, als die xoitü aufgelöst wurden, und daß die bi.sher beziehungslosen Thronion- Worte in Text 130, II U (Bd. XVI, l(i3) xctl xc.'S o xixoifiai TKjoTiijüf TXfin toxtwv kv 'A^ifloaai xnrr: töv Afuptxivovixnr vniiov auf das damalige Schiedsgericht gehen, während die Berufung von Skarpheia, ebda. C 19 auf frühere Entscheidung eines Athener-Schiedsgerichts sich dann auf die Zeit der Ncugi'ündung des Koinons im J. 1()8 bezieht.

7G, Text 41, dessen Abklatsch gefunden ist, besteht vielmehr aus 3 Ur- kunden-Re.steu; der betr. Stein gehurt in der Tat zum Thcbanerhause, ist in FouiU. III 1, i>. 191 kurz erwähnt und auf der sogen „Nord-Ante" p. 193, Fig. 34 eingezeichnet (in Wirklichkeit ist das die Tttrlaibung); indessen wird dort noch ein ebenso großes zweites Fragment links von dem unserigen in Umrissen an- gegeben, das weder im Inv. steht noch wiedergefunden wurde, also wohl ver- Toren ist. Es dürfte wesentlich zum Verständnis der 3 Texte beitragen.

Statt orrwr in

41. - -r

Jwni]/tu/ov

TE xa ttq ii -

vacat 3 cm 41». l—Toc'.Tcr/hOrrog Tüjr Ahw?.ü}v] d to()inäy_ov T()iyo\}'io(; - -

\uiivoq , ci>; Ahu>\).oi äyorzi, ßrjr(ui-[i'vjv Ah

[ i'iSo^e tCu no\).ci rOty ßtjßulwy, xi: -

[ xtcUüig tyri ti'jOiU^xi'ci zeig noi.iog iü>[}' Orjßctuuy - -

5 'Aii'oyog ' YnaTcüog -

vacat 2.8 cm

41 ■\ Z. 2 1as ich jetzt &tjrvni!o)r] mit etwas lädier- tem H. Die Stadt Thetouion bei Kierion kam nur je einmal vor, SylU 55 und bei Steph. Byz. s. v. Oi/ydoviov (so), so daß das

285

Delphischv. Zusätze iivd Nacht liifji. 199

411». ['.I J'J « tf ü [r {• / (tj. neue Z<<ugnis

[iTrnftTK/f'oiTOt; rjüji' .l/IrwA«)»' se/ir willkoiu-

iiiBU wäre. Der Strat^^; 'Doriiuachos ist doch der allere, also eine der -1 Stratepecii a. '/!11), 211, '20H, 204, desgl. der Hypataoer Axioclios (a. li'H), hier vielleicht als fyyvoq goiiaiiut.

77 !S, Text 42 A. Die Absiclit, hier o.llo delpliischen Kichlertexto mit vielen luedita zu vereinigen, scheiterte an den Kaumrdcksicliten. Mehrere Parallelen lassen den Text 42i4. jetzt besser ergänzen; Z. i [i-TiiiJ/; nit^ayiviinkroi n(C()ic läg m'i/.ioii TÖir (')riji(u(jjv AixuinuP\, Z 4 [jiuXioq x<d airnaimo'iv. rojr is tyx).rj/u<TO)V t\).xvauh'u>v /x><)Vov ;iAk'oiy(], Z. 5 ix{>ivta> [<),TorrffI%' xul ifi/.onuu:^ oliShv i'XXil- noiTfk', (ti- iSti/.vrxcv üitii toi" jiikxiaxnv 7iXu'-,\tov li'iyoy 7ioi',:i/it[r(>i toi' liixuioi' xid ()iy/</'.''yo<To^ ni';ai JfAifOfg' ri//ii xtX.]. Die wichtigsten Änderungen betreifeu den Sehluß: Z. 12t. unnartU.ai Ji- Hrroii [xid To>' fni()iiiiiO(>yi)r ilrm idyiain tx rmv vbixwr. 'Up/oriroc] "i/()i'Os rov lIXeloTujroc, ß()V?.[tvdvTi'it> 3'h'j'k, .tf§ü)r6(c zor llo- ).vx{mxtOi. 'Ai>KSzn(ir)cXoi> rov Ilaipujvoc]. Statt (('. 'Ai}ä,Uiiov habe ich den Nach- tolger «'. 'H(ivoQ a. 15G eingesetzt; die Mauuniis.sion Inv. 21;f>il, die als „viclli'iehl; Inr das t'relo 1. Semester a. 1.5.5 in Brti-aclit kommend" genannt war, gehiJrt viel- mehr in ein II Sem. (////i'Os 'liiiitxXeiov). Die verschollen geglaubte Pavallel- ui-kunde für Thebanische Richter Bull. VI, 238 ist auf einem schlechten Ab- klatsch aufgefunden und läßt sich fast vollständig lierstellen. Diese Richter heißen jetzt: ^ih'rioi. IIicTQOxXtac, TifWxiji'cnjC Mvaaia, der yQdfXß. Eixpchr/Q [Xy((jrj[TOQ] oder [X]rtf>('[<i. Wer die Zeugen im Drvmaea-Vertrage a. KU, IG IX, 1, 226,20 vergleicht: [Ii.TQOxliai, Tif.uixQiiXiji ^tiXaitig, sowie den Freilasser a. 100 Eixpatt/^: Xa/Ji/in^ ^li?.(citi'i Ostm. VI (Fhilol- .58, .58), bei dem wieder Ti/jo;:<jnxTj; ^lO.uitr^ Zeuge ist, wird nicht zweifeln, daß die ganze Urkunde Rieh tern aus Lilaia gilt, nicht aus Theben. Vgl. noch die Zeugen a. 147, ElxQuxiji Xi<i>iu ,lif.i(iei\; "VV-F 21 und Tiitox(ji'.xrji i^tvoiro' .liAciivi; a. 167, W-F 128; uffenbar wegen dieser Homonymen wurden unseren Itichtern und dem y^(tfi/^i. als Distiuc- tivo die Patronymica Mii^oia und .Vf:'p//fOL- (Xccijia hinzugefügt,

70. Von Text 46 ist ein schlechter Abklatsch gefunden, er enthält aber zwei Urkunden; darnach ist zu lesen:

Text 4G. l'A y « !t ü] x i> /. ('■■

\^ ESoit xät TiiiXei xCoi Jtk(fihv ty «j'jpix« ii).ei\»i ar/i tpitifOK; xai^ t'ifrö- [/.inig' i.xfiölj t§c:rooxfi),i'vxsg <)]ix(cijrcü rTiö xüs noXioq xüiv ^Ir'.luti- lwr xaxf'i Z(i avf.ii-ln).or o Stfra . . . A^ioxXhiz, Aiii nxovixoc Kc(/.)jx[).toi;, S [ii öelv« (hlvog xai y(jp.iijtaxir<; Ii'j(l'?]rujv Miitxoäteoc:, fnl rr:; lUxas (zac) (i7i«()/oi'(j«; (\/ilv Tioxl ), unrollenrlel ; varnt 2\'., cm.

Z. 3 Ende, AA. ]| 4 auch [Ti- oder A<i]/wxXC(ii; allenfalls niöglicli || 4, Ende: oder KctXf.ix[()nzc\oi]. II 5 Wohl [—?(•«- oder K()(':-]ziur. kaum [i\Ji- oder Si]t'u)v- Da nicht weitergeschriebon war, setzte man später ein interessantes Proxonie<lokret i'Ur .ivxoi; Mo()zv?.or darunter, aus neuem Semester, ctw.a a. 90 70, in 21 Zeilen, leider gleichfalls in linker Hälfte verloren.

5>6f. Za Text 64. Die aitolischeu Epimeloten in Delphi. Die

Text 15)8. e e 0 1. (n. i.'Ol)

".loynyjoi Ev(iyy!:f.ov, ßnv}.tvorzo>r KXi'iuvoi, KXso<h'<iioi', 'Afivtxa, Alo« xc'ti TtöXet zä>y J^Xifiüii' iv üyo^iäi. ztXsiwi oi'/i irihfoi; za!g Cyyö/toi.;' sTiCiiiil <PiXXcr(g Mixxov NnvnnxziOi s'y zoi(; i'iiniiniiiiiv j^obyoig 5 ti'yois IUI' öiixiXii xni nöXti, xcti vir xazcioxctOüi vni> Tü)i' AhvjXöiv iRijxtXiizaq toc XI \f(i()v xi'-l zäi nöXiog öatcig xid i-yiU>So>q x6 xi Icjöy x(d xay nhXiy AieifjvXciSa xid xoig noXhctq ovvaycazriüif i/ xc.X.Oig xid svyyw/iiiyioi:, xi(y Tt cm'wj^ovaiiy öiiiiyoiny noxi xc t'.vxooitvzoii xid Tinzi Xü'tc AiXiuXoig i'.ii nXfioy avyicriijöi' <hih')/_!h'i, inuiytaui 10 'I'i/.Xti'.v iVi'xxov Navniixxinv ttut/ie/«^- i'yvxtv xid ticnyea/i'.g

T((C tis xb leiibv xtd xiiv nnX.ir, xcd f7/ifv civxby 7n>öftynv r«; nuX.toq xfd ixyorovc, intco/tn' i)i ixvzCoi xid i'xyöyoti; nQOuayzilc.y. navXi'itv, (izlXfiny, noOi^Qun' nriai zoTq ayi'oyoig, ovg ic .TÖXn; ziUi/xi, xid xiV.Xii öait xal znlt; aXX.ott; TtfiOii'rOK: xid ttc^iy^xing xoc 'n-fioi: 1.5 xul tat niXiog' iStAoa'yai dl avxCbt xid txyuyoig xid tniyoßi'ay tV xüi JiXipiiSi xöv nüyxa x^övo»'.

286

200 H. Pomtorv.

zwei Epimeletentexto a. 'ÄQ/^rkdov waren am Schlui) von bylL'' Bd. I .luf'ge- nomiiien als n. 534,-1 (= Text <S4) und B (' E-ftjf^. uq/_. 1s83, 1651, nnd vermutungs- weise dcBi Bimdesgenossenki-iege (220 17) oder dem I. makedonischen (215—205) zugewiesen. Ein dritter Text für den Epimeleteu Philleas winde tbda. Bd" II n. 553" auszug.sweise ediert; er stand auch auf einem Aitolis-Stein, S(dlte als unser Text 125 erscheinen, wurde aber wegen des Raumes aufgeschoVien und lantet wie umstehend (Inv.-Nr. IW-O. Kalksteinquader. gef. im Winter 1803/4, außerhalb Wcstpevibolos in Hohe des Opisthodoms; h. 74, br. 1, ]5, t. 52).

Der Archont Euaugelos fungierte in der ältesten Mauumission W-F Bol vom J. 201, war aber in Syll? hhZ'- wegen des neuen Epimeleten in das letzte Kriegsiahr 2fti emporgerückt, also die zwei früheren auf 20t' 7 herabdatiert worden. Ein neuer vierter Epimeletentext Nr. 190 für Satj'ros lehrt nns aber, dalj Euangelos an .seinem alten Pl.atze bleiben konnte, denn ,ieuer ist nntpv Mantias. dem bisherigen Nachfolger des Euangelos verfaßt, a. 2C0 (vgl. .??///.- il add. ad. p. 41). Daraus folgt, daß die 4 Epimeleten doch in die Eriedenszei t Lrehoren, nämlich Pantaleou und Avistarch in die .Tahre 203 oder 202 lArchelas III). i'hilleas in das J. 201 (Euangelos), Satyros in das J. 200 (Mantias'. Leider ist von dem uonen Text nur das linke Sechstel erhalten, auch er stimmt mit den ersten drei überein, enthält abev in Z. 9 und 10 einen Znsatz, den man aus yj.aoixiorxfc und xa'Kioi nicht zu definieren vermag. Ich kenne den Text, dessen Inv.-Nr. fehlt, nur aus einem schlechten Abklatschfetzen (h. 30' », br. 19 oben, 5 cm unten) eines Kalksteinfrogments weit oberhalb (uördl.) des Museums.

Text 1!M». {(-t e o !.] (a. 300}

'Apypvioc M ai'i[irt, ßot /.evövroji' toi- äeiio.;. tov (hivoq, rot- iStfrOs, frfo^f] r«; 7ro/ti T(üv d[e)~if.'iöi' i'v l-'/oqüi zei.siioi avß rpäipoii rali tvyo,uoiq' tnfii^y] SfcTi'()Oi no?.[ffiiOTog'? Animäxrioi? bv Tofc tfi7i(jooS^ev /(»öroic evvoi'g luv] 5 ötexiji.ei Tc.i nl6).ei xa! rrr, xazciaTciS^eii (■.lö rcvr Aitui/.mv t:ti/-i!/.tjrc'.i]

[rlof ze hifnv xic[i r«c noÄiOi;, oa'iwQ xcu i'yööfwg ze ce(iov xid zuv nvliv d/f]- ifv/.a^f xtti zi\r: 7io\izuiQ owciVtaz^iiHf)} xaXwz xa'i sryyw/xöru),:. zäv ze] i:i(i()yßvaav [ö/<oiw«)' ttoz'i avaavzorg xcü nozi zur; .l/rw/o(C .''n" iiJ.eior] orrc.virjas . .

10 xnroixbovxtc

xaXws xal s[i-ö;(>;,U('«'u>i;' iSfcSö/äc;. i:xaiviüui ^tizvQov IIo/.i/uu/fOQ? yavnüxziory] traißfk'j; >'[vfxrr xtci iv&ijyfaictg zäg f'r ifpöi' xui zur 7i6/.ir. xai tifiev cäzof] :xnüSiror z[äc nokioc xai i-xymovi;' vnap/eiv äf n'irvji xrd ixyüroii npoy.cvzilai'], [f(](jrÄ ■■< ty~ a x x v. az\}'Ktiar. 7i(}0(ö(jli:v tv Tiäai zoTi; uywvoi;. er? « .löXii; zilJrjzi, xru zci).']-

15 f/.f: öaa x]cv zoTg [al/.nn; rton^ivoig xrc'i eleoytzct^ zov ifpoC xci'i züg nulioq' lifl/jöit]- [«( dsj (;iT(ü( x\_al hxyöroig xru t^rtvoitic'.v tv rüi lf).(^lSi rov n'rvxa /(kii'OvJ.

Ein Satyros war Hieromnemc'n a. 236 (Bd. XIV, 291. Text 14); von den bisher liekannten Satyroi kommen nnr Nanpaktier a. 200 l'M) in Betracht, vgl. J(i 1X1,379 und 3S1; dort auch noki-/iWJ>\ llo/.icfjyo;, Ilo/.von-: der spätere zwei- malige Stratege Sat\Tcs (c. a. 14.B und 134) hieß nach freundlicher Mitteilung Weir.reichs: i'«T. 'Aräfjoiixov 'AyQiricvg.

99. Zu den 3 Archelas-Archontaten. ITnter der Weihin^chrift der Basis des Aristomachos von Sikyon Si/ll'' 458 (I>elphica II, 51, wo das Ethnikon irrig in Z. 2 gesetzt war, statt in Z. 1), steht folgende Proxeuie f. 4 Erythraeer:

Text -00. Af).ipoi idwx(:r'A:io}J.odujf)wi Arjuüri'.xzoi,'A7toiJ.o6bzwiJtßiädo>; (<j)Tyc:r>,j'ty[f, Inv. 'Anol).u>v'iwi 'AvzinazQOv, Metex^tt 'Apiazoä/jßov ' E^vUgcci'oic, 3660. (tvzotc xal txyovon;, TiriOierUtf, 7icoeSi.>iai; ^(.loAixlar, TiQOßarzeiav, Hov'/.lar, azi'/.suiv xa) züX/.a üoa xai zoii "O.Xoii Titjolivoii. 5 ''Aoyorzoi'Aoyi}.cc, ß<iv).tv!>rzwr AXi:-4i''!\xiyoi\ ' E<>a]atn7tov, KÄliri'a. (c ri. ?40)

Obwohl ein Buleut Alexarchos auch das bisher bekannte Semester von «. Ar- chelas IL c. a. 210 eröffnete, haben wir hier doch fraglos das ne\ie andere Semester dieses .J.ahros vor uns: es konmit auch sonst vor, daß homonyme Buleuten in beiden Semestern fungieren, und Kleinias er.>cheint niu' noch als Buleut c. a. 242 «. Jauozi/.tov. Die Proxenenuamen und Patron\-mika kehren

287

Delphische Zusätze loul Nnchtiiiye. 201

fast alk' in Erythraetexten d(s [II. Jlicits. wieder (.';. Am Imlex in GDI IV p. 999). Schwierif^kcitou macht nui- das 2 Patronymikou und dor Soliluß von Z. 1, wo ich Jtjitr'ii\oi lese, wii>, auf cler eivthr. Münze (x/>/ 5t)07, 5. Das ver- losohene Wort dJiintor schoint später hinzugesetzt ; ps war otl'enliar (a)rp«r(/}'<rH und gehiSrt zum voraiigebeuden Namen')- Über die StraK^geii vgl Gaebler, Eiythrac S. 118. lu dem am Schluü auf S. 99 angeführten Amph.- Dekret biaucht nicht n. 'Ao[/i"m{\ ergänzt zu werden, denn lia .\rchelas Tll jetzt auf a. 21.6 "2 rückt, wie oben zu S. 96 ausgefülirt. mußten die Hieromnemouen- Ethnica dabeistehen.

108. Das Aet ol eri n-De ukmal sollte oben als Abschn. .5 behandelt und aus ueueu Stücken mit zablreii hen luedita aufgebaut werden, muU aber wegen des Raumes wegbleiben. Gesagt sei nur, daß Text 73, der Chai-esstein, nicht zugehörig ist (seine Maße 74 > 52 sind sehr courant, =. 2*/.^ gr. Fuß X 1 P^lle), wohl aber der Antochosstein; daß die Weihinschritt gelautet hat: "Avzoxni T('.\v<jUoroc Aiii (o).h<; xiü ;/ ivTvn 'Vr.vnli-no^^ AhoiVi^ röii n\((t''ort ;<(d trfi /««rui« xr:i Toix <xff?.(fr)i\: Ai\ '.9 (or 'A;tii?./.o»'i, wir also au Geschwister- ehe zu denken haben; daß ferner nicht nur die 3 Rpimeli'tensteine (oben zu S 96) dazugehören, sondern auch der große Text l'ur Richter aus Heniiione a. 131 (Dclphkn III. i-17i und dii Proxenie für einen 'Aij<siv<ifi\; a. IIH 16 {ßcitr Top. D. 117), die aus vielen Fragmenleu vollständig zusammengesetzt werden konnten, und daß eine neue U ypataee r-Ehrung a. 142 beweist, wie eng damals die Verbindung Delplii's mit llj^pata gewe.sen ist (s. oben zu S. 72 i).

109. Text 71 ist in Zeichnung und Abklatsch getuiiden, Museumskeller, die Basis ist auch iiinten gebrochen, tief 27','.j max.; Oberseite gekronelt, nur vorne erhalten. Buchst 1 u. 1 cm. In Z. ] erscheint ßfotf()a[nt,ic]. in 4: iVjrturt/oc Bijljitüoi] vollständiger. Vielleicht steht hiermit eine andere Basis in Be- Text '200«. 4/A7[«Mwr? ziehung, von der im luv. 8i)ij beistehendes

, ,,, ', -,r„!,v Fragnientkopiert ist ; Kalkstein, rings Bruch;

o,e,o.ppaozloc j^^g br.20,\l.32; gef am 22. Sept. kS93

\/IOA TOV Anollhovo,? ,,,ti_ j,^ Tempels bis zur heil. Straße. 122. Zu Text 9-J auf dem Anatheui dos ~ivo)t''0:T().iiTi(i:] wies niich V. Hiller darauf hin, daß wir keine Proxenie vor uns haben, sondern drei Disticha. wie es Z. 2: Ti<toy6r<af T[f f'l|(o[( _ v./w _] erkennen la-^se; auch stünde wohl Z. 3 'i'oijor. 4 xi(>Ao: da. Wir haben dann den Abklatsch auch gemein- schaftlich genau geprüft und bisher gehsen:

,,! ' r" 1 ir 1 > r , Z. .'? auch Trrto' möglich; hinter

, •■■,•. 1 , r "1- n/ > M^Jfoc dann FF . AAPH.

f. . , ' r...,n .,-" , , Z. o: Z'W'A . . ii.fixtv. 6, als

•■ ; _ ,••••■,• , , 2. W "\t : K\ . - Ll<'.y. Ich weise

■.'-'■-' - - if ( f I kurz (taraui hm, daß wir wieder

•' '^j^ .L ^^>^ '^^ J- \_A']i.i'pixr\\:,yirr,üi'] ein Epigramm des Posidiiip

JtJ.ipoi [t' äoxc:i]nv :iooiBvi\av ht/AOv]. yor "".'* 'laben (zu oi'ro/ vgl.

in S//(/.'' 301 not. 5, vs. 7 orro',' xcri ßaci/.ijcX der auch das Peisis'epigranim gedichtet hat, und daß des letzteren Qvaoiji-iovi 'OtliffKc es wahrscheinlich macht, daß auch unser Opuntieranathem derselben Zeit und denselben kriegerischen Ereignissen angehört. Ein neues Stilckcheu der Peisisverse aus Ms. Ulrichs ediert Preuner. HJi. Mus. 74, 1920, 2K1 f. 244. Text 141=» und seine Marmorquader kann nur von einem siegreichen Feldherrn der späteren Zeit herrühren, also wohl von M. Minncius Rufus, dem Skordiskersieger, a. 107 (Syll.^ 710 .4, C). obwohl dessen Bruder lateinisch schrieb: Q. Minticius, Q. f Rttfus, leq Apoliinei Fhiiiio mcrito (ebda. D). Denn hinter ciö^- gibt das Inv. P( , was besser zu 'Po[v:fo: paßt, als zu 'Po/jikioc]. und der Zusatz tüi/ IhtUfx

Text 141«. [Mnr.oxoi HI,vcx,oq, Aonrole rlu,. •polvwoc] ^''l'"'^ '" P'<"l>'\ wieder, r - . , ., . - r. ,. .1 r . T ^<-'" e'üänzo daher, wie

Lre« .4.To;./.ej!-( iwi IIi!h\oji /«<)/.;r[/^j)(Oi]. nebenstehend.

1) Preunev weist bei der Korrektur darauf hin, daß nach Schweizer Mit- teilungen der Text in Rv. aich. 1918, 23 stehen soll, die noch nii:ht nach Deutsch- land gelangt ist. und daß dort als Schlußwort von Z. 1 '.l[,To];./ofipn])-to»- gelesen ist; nach erneuter Prüfung der guten Abklatsche kann ich jedoch versichern, daß jene Lesung falsch ist. [Auch Klaftenbaoh liest Z. 1 wie" oben.]

Klio, Beitrüge zur alten Geschichte XVil 3/4. 14

288

202 H. Pomtow,

B. Berichtigungen und Zusätze.

Separatseite 7, Mitte, lies: Bull. 20, (i26, statt 20,26. 8. Text 1 jetzt = Syll.^ 402; zu Eil' = (hat in Z. 38 vgl. ebda. not. 11. 12 oben; die Erytlirae- dekreto sind nicht 'koaetan', sondern c 10 Jahre jünger; sie stehen jetzt .S';/Z/.3 412'1.3. Mitte über Text 5: lies: Inv. Nr. 1597, statt 1579. ~ 24. Text 12 = S«//P 4iB, wo Z. 12/13 besser [to tpi'i<pi\(ifia f/ntprivlanviei zijf] ergänzt wird. Auch in Fouill. III 1, p. 199 not. 5 wird dies ("Inosdekret erwäliTit, aber irrig auf das Jahr des (". J(i/xvTifiog datiert. 27. In Text 14, Z. 12t'. ist zu ergänzen: [r<5]v 7tt(ii SuTi\)oy, |/ii <$y/(u)n, Mairv/ldur, Sv()«tÜXc<ov], denn dies waren die ersten 4 aitol. Hierouinemonen im Frühjahr it. Eixh'oi; undHerbst t'i'A&ä^ißov, s. Syll.^4S2. Unten, Anin. 1: die Smyrnaatelie ist wiedergefunden, Inv. 1338 steht auf Block 1 des Seleuciden-Denkmals, Separatseite 230 liei Text Nr- 134/7. 29, Text 15, Z. 1 zu ergänzen: [/ifiig . . . xtd ii]/iifivator' «,iA/>f(>6 xz}.. und Z. 2 besser ein Ethnikon. z. B. [Ti!^0(j]i)eTi firäg j.Tr«' finnfcgot' xr>.. statt lr](jK"s. 30. Text IG, Z. 3 der zweifelhnfte ' ExiiiQi\fiov\ ist gesichert, vgl. gerade in Eretria ./(? XII 9, 249 B, H2 (III. Jhdt.) " ExxoqUSiic 'InnooTQ/nin' Kot.: n. 244 A, 18 (Anfg. III. Jhdts.) [' ExT]in)l('it}g'Aji/.rriii'v)fn<;'ii^oj. und aus Zarax, aber in eretrischeni Katalog, u. 245, Ä, 159 (.Anfg. III. .Jhdt.) Mvt^aiuq' ExtoquSov Zag. Der erste der drei ist wohl in Text IG wieder zu eikennen. 83, Mitte: die delphischen Hieroninemonen mußten in der Tat seit Mitte KI. Jhdts. dem aitol. Modus folgen und für den Zeitraum des aitolischen, nicht des delphischen Jahres fungieren; vgl. Syll.^ 4i*S not. 3; 483 not. 7; 444 not. 16. - 37. Text 22/3 = Syll." 425 B u. A. 3S. Text 24 = Si/ll.^ 704, B. a. 128. 44. Das aus GGA. 1913, 168 zitierte Lykondekret hat die Inv. Nr. 3151, staniiiit nicht vom 'Massalia-thesauros', sondern von dem sogen. 'Kyrene'haus und steht jntzf .S'//H'U61. 44, unten: lies Inv. Nr. 930 (statt910): auch kann hier <"<(>/ tr Jt/</). 'A(i[(iji(työi>a] unverändert bleiben, das '.-ly[/('A([] also wegfallen, s. oben den Nachtrag zu S. 99. 45, Anni. In Attica ist doch belegt: Etgijricuv ' Eiißniov IG II 3649 in Gnibiusclirift guter Zeit (' Eoftalo): fehlt in Pros. Alt., aucli im Nachtrag und bei Sundwall, Nachträge, war aber von Nikitsky zitiert. 47, Mitte: die Seeschi, bei Kos geliurt nach Kolbe, G<tA. 1916, 4.")8 sicher in a. 261 oder 260. 53, oben: die 4 großen Soterienlisten sind erst nach- träglich eingehauen (vgl. Syll." 424 not. init.), konnten also wie die sie um- gebendeji Texte erst a. 235ff. in diese Polygonmautrgegend geschrieben sein. 56. Zu Text 31 sind in Sy/^406 not. 7 Nachträge gegeben; auch ist der in Z. 4 genannte booot. Hieromnemon identisch mit dem yaonoiug Nixaor/änt]-; Nixdyonoc nXciTaiiig aus dem Frühj. desselben Ilerakleidasjahres (274/3 , vgl. Syll.''^ 238, A col. II, 7. Von Text 32 ist der Abklatsch gefunden; Buclist. 11 mm; die Worte „Anilernfalls zu gewaltsam" sind daher zu streichen. 60. Auch Boesch, Hermes 52, 1917, 144 hält neuerdings die ,.geograph. Liste um 175 v. Chr " für ein Thearodoküi-Verzeichnis. 61. Über Text 34 (= Syll.^Sm) lies: Inv. Nr. 1846, statt 1840. 62, oben: die attischen Schwurformelu jetzt = Syll.^ 435,87. Unten, Schluß der Anm.: lies Bull. VII, S. 194, statt 94, und streiche die Stadt Thormon; gemeint ist vielmehr (ieouä in Sizilien (Nikitsky a. O.). 66. Text 37 = Syll ■* 546. Lallten : statt „Weder erkennen" ist zu schreiben „Nur das achaeische Pellana kann in Betracht kommen, cf. %/?•' Add. ad vol. II, .546 vi"." 67, zu Z. IG: vgl. x<ü/<ff als Molo bei Kirrha S'(///.' 241,45. 68 oben, die Prox.liste von liistiaia = Sytl.^ 492; aucli beweist der FerrcaUcg Ailrwf.vg tx .Mclnelcg] vom .T. c 257 wohl schon die Zugehörigkeit Meliteias, s. Syll.^ 444 not. 10. 70. Text 38 = Syll'^bbld. 71, Anm. 1, Ende: vgl. Rüsch a. O. p. 259. 76, Mitte: Daß der bisherige Archont des J. 122 Babylos III horabrückt in Pr.zt. XI, d. h. etwa auf a. 104, ist später auf S. 219 bemerkt worden. 78. I)ie bei Text 44/5 fehlende Inv. Nr. ist 1337, also da westl. des Opisthodoms gefunden, nicht z. Thebanerthes. gehörig. 80. Zu Text 47 vgl. Jahrbuch 35, 1921, S. 117 Anm. 2, wo die Ergänzung \n(\i)i<tt(ri]ii(iior verteidigt und die Verschiedenbeit dieser Diokleas- Säulo etc. von dem alten Pherae-Auathem nachgewiesen ist. 8of. Text 51,

289

Di'll^liischi' Z>i^(if-r iniil XnrJifi ägr. "iOH

52, 58 = Sylt.'' 737, 738 /l, />'. In U, Z. 5 lies: nvlhtfteotcy (statt -fiHj<u), so aucli .SyH.' 559. 55, sonst iiui- ci'duftFiiny. Z. 7, l»;,- /;]/i^(lf^^■ n. Z. Ifi c(i''Tn|/j, statt «(•?«[>•].

H8, Arim. 1, lies: -i Zeiolu u, statt Zcilou. !(0, oben: der «'. 'IßiiöfiuyoQ flos J. 7»; ist apoliiyiili, vgl zu Text J5H, S. 2«3. SU. Tf.xt 55 - Sißl? 110, A. 5)2. Text 5rt = >'i///' 77U, />: lüerzu ein kl. iiou.'s Fragui. i;et'uiul( n, luv. '283:!, mit den Worten: Z. 4 iSido/vyior, 5 -66n>o>i lw<_m-. (> -r iiiTv i(\yiiyoc'for\, 1 1)0- ijKiiiyinv-jo^ \[uijiy:':rtoi\-, 8 ■{oa/i/Kafiiifro,: di- \ti';j\. I>r». Text Gl -= -SV///-' 771, wo in Z. ;! ergänzt yvl/ircaiwi (!/^/(;ct,- - -]. OS. 'Jjas große Soliluorp(;r])s' aus OCtA 1'J13, 188 gehört nicht hierher, sondern nach Ijiluia; dieser Stndtiiiiuie steht/. 4 Ende u. 7 Aiii'g-, und Z. !' ist zu lesen )(-<<)/rn''()i'rov' T(Ü( Jiriif.iowi 'Viuc.y- yflov. 102. Text liö. 18 vielleicht be.sser [nol AI /(!oi'C.i'>/tiryni ,9i'>«jr()()C /itii/ihi' c(vfy()fti!'c:y 104. Zu Text 67: eine zwoite ältere Parallele vom .1. 34G liatur, daß ein früherer Proxenos später die anderen Ehren erlullt, steht ßuH.. 21, 105 n. 2, eine dritte, Rieichtalls aus dem 1\'. Jhdt., für [ll«]>fimoAtiiifji liy\[i{/.]fi(ii( (9^lJ.^([f(■] ist unediert, luv Nr. 2131t (Stele mit (Hebel,. In Text (>7 ist vielleicht doch zu erganzen: l'Aya]!H]iijvi 'Ayni>iwy(ii; (statt ['.-l)'|(;tf jwi';), die Überschreitung des arr>i/)jtUiy kommt vor; der gleichnamige Hieromiieuion c. a. 257 steht Syll.-' 44-1, not. 11. lOO, oben: viereckige uinikron u. theta auch IGA •il? als Steinschrift

107. Zu Text 72: ein XmainTixcroc ist auch att. Hieromnenion a. 234. >'y/( ■* 43S, 3i>, aber konnte ein Bildhauer als Hieromnenion fungierenV llOf. In Text 77 sind alle P.nchst. nur 9 mm niax 1 lioch. auch die der Signatur, 112, Mitte: über die Ijezeichnung der arkad. a^iyioo/.nyoi als 'Aoxiuh.; oder HJm'ziyfic xii.. vgl. &'//H.^ 239 not 9 u. 2G. 113, Mitte- auch in später nanpaktischer Manu- mission findet sich E'vQV^t'.fwc ' t'oy/iy iojyoi; Eijir.i.itrc. Atli. .\[ 19i)7, 37 n. 29, Z. S u. 14. 114, Mitte: lies Bull. 23, 349, statt 2.^, 375. -- Das Pellana-Symb„lon Haussoullier's ist jetzt als Buch erschienen 'Traite entre Delphes et Pellana' Paris 1917, nach der Angabe Tod's in Journ Hell, i^lud. 39, 22011' Über Richter aus Pellana s oben zu S.'dG. 11«. Text 87 ^ Syll.^ 2M 1 Vf^,«/o(/. HS. Text88 = Syll.^ 49 iKooriyioi) 125. Zu Text 97/8: vgl. den Vater h'AwJytio^ auf S. ISH, Text 118, Z G und den Sohn Evitxoq ebda. Z. 55 1 = Syll.^ 610 not, 4). -- 131, Mitte, u, 133 unten (Tabelle, bei a, 41 p ): lies 'Noviu.s, Philini f, statt N'.)vius Plii- linus. 14!) ff. Betrefls der Gesandtschaftsredo und ihrer liistorisclicn Ver- wertung schrieb mir Busolt 1919 , daß er die Darstellung der QneHenverhiüt- nisse in Bezug auf den L heiligen Krieg im wesentlichen für richtig halte. 161 oben: außer Ulrichs Reisrii I 7 f. i.st noch ebda II 207 zu vergleichen, nach Preuner, Rh. Mus 73,281. 1(5«. Zu Text 109» bemerkte Preuner ibriefl.i, daß „wegen des Arztnamens Pliilistion anch der geehrte Meloeke Arzt gewesen sein wird, der als solcher l;ein laroinöy zu bezahlen brauchte". Aber als der Neugeborene diesen Namen erhielt, stand wohl kaum fest, daß er einmal Arzt werden würde 170, Aura., Anfang u, Ende: lies Inv. Nr 1752, statt 1754. Zu der angekündigten Edierung der neuen Priesterzeiten-Texte fehlt leider der Raum. 171 unten: lies [r^jJfr]«,-, statt äpeiäg. 1!>5. Zu Text 12*) hat Preuner aus Ulriclis' Tagebuch ein kl. von diesem nicht publiziertes Fragni. mitgeteilt im Rh. Jiif.s. 73, 1920. 286, das ich wie nebenstehend ergänze; es steht etwa über

xfoifiovlrec - - vxiov i'ä'i? uro von Text 121, berührt sich wörtlich

,,,>,,•<", ,r mit dessen Z. 6 und beweist, daß Nr. 120 kein

rffrfo]y//[<].w v,wy yM>f,o-- j)^,^,.^^ ,,,^,,_ sondern ein Brief, wahrscheinlich

des M.' Acilius. Auch scheint nach Tod's Angabe im Jnurn. Hill Sind 30,

1919, 220 ein großes neues Stück zu Text 121 (Spurius Postuniiu.si in der Ren. Arrli. 1917, IT S. 342 publiziert zu sein, die noch nicht nach Deutschland gelangt ist. 20,S oben: lies Syll.'^ 043 not. 15, statt nr. 15, 20«. In Text 124 ist ferner zu ergänzen: Z. 5 [tryoidi; xal <p<>.lrcg], Z. 6 [xai ifiXi'av m'tai roi's tli; Ifoöy n]K(.)ayiyo/dyoii (zu 'pO.lc.y vgl. S. 210, Mitte). 221 unten: auch '0()9^atog'Ay!i'jvo.;. y/ja/i^t. c. a 100 99 (ü. 'Aoyvjyog) kommt in Betraclit 223, Mitte: die Manumission aus Pr.zt. XIV ist ediert als Text 171, Separ. S. 2G9 -30 f Zu Text 1:35 G scheint eine Parallele in IG 113, n. I(i24'> (add. p. 353) enthalten: denn Koehlers Umschrift: [-f]M('RC inotjof mochte ich ziemlich sicher als [Mt\i6't(tg inorjoe ergänzen und als die erste in Attica selbst (Akropolis) zutage komuieude Signatur dieses Künstlers erklären.

14* 290

204

Riispina.

Von Theodor Steinwender (t).

Keine Begebenheit der antiken Kriegsgeschichte hat den neueren P'orsclicrn soviel Kopfzerbrechen verursacht wie das von dem Verfasser des Belltiiii Afiiiuiuiiin c 12 18 beschriebene Gefecht bei Ruspina. P^s sei daher gestaltet, die vcischiedenen Auffassungen zusammenzustellen und auf ihren Wert zu prüfen. Die Reihe beginnt mit:

1. Guisehardt. Memoircs mil/faiirs des Grccs rf des Eo»iains, 1758, II, S. 267 ff.

t'ilsar formiert, um mit der Front diejiMiige des weit überlegenen Feindes zu docken, eino 'icirs simpler ohne Intervalle. Trotzdem wird er umgangen, und seine 30 ausnahmsweise auf neun Glieder rangierten Kohorten machen nacii allen Seiten Front und verschilden. Aus dieser Notlage kann ihn nur der Angriff retten; dazu aber bedarf es gewisser Evolutionen. Vor allem gilt es, durch Dehnen der Schlachtlinie den Ring des leindcs zu sprengen. Soweit ist die Darlegung Guischardts zweifellos richtig, der .Vrt aber, wie er sich die Ausführung des als <'ro- hif/iii jirhie/iialr bezeichneten Maiiöveis d<'nkt. muß widersprochen werden. Danach ziehen von einem bcstinuulen Punkte an die drei innersten Glieder, die einen mit rechts-, die anderen mit linksuni nach den Flügeln und schlielien sich rottenweise abwechselnd an, während die hier noch stand- haltende Reiterei Raum gibt, vielleicht auch eine Abteilung Fußvolk vor- stöüt. So nur wäre das Dehnen, meint der .\utor, möglich gewesen. Indessen, seine Darstellung ist unklar, insofern man nicht sieht, ob die defilierenden Rotten sich an ihre Kohorten schließen oder an ihnen vor- über- und weiterziehen, derart, daß alle taktischen Verbände gelöst werden. Nach dem Wortlaut ist man geneigt, das letztere anzunehmen, womit aber nicht stimmen würde, daß gleich darauf wieder nur von den 30 Kohorten die Rede ist. Sodann hätte die Lage, in der die Cäsarianer sich befanden, ein Manöver, das ihnen <i'l hoc erst beigebracht werden mußte, schwer- lich t-estattet; auch sind die von Guisehardt angenommenen neun Glieder ganz miwalirschciulich. Nun verteilt sich die Reiterei auf beiden Fronten mit kobortenbreiteii Zwischenräumen in sovielen Abteilungen, wie Kohorten vorhanden sind, und als der Befehl zum Augriff gegeben wird, macheu

Ruspina. 205

die drei Glieder hinlcr den Reitern kehrt, schließen auf und gehen neben den Reitern des cißencn Treffens, welche nun die Stelle der Kohorten entgegengesetzter Richtung einnehmen, vor. Da die feindliche Linie be- reits durchbrochen ist, sind alle Teile derselben gleichmäßig in Anspruch genommen, so daß sie Klauken ujid Rücken der Cäsarianer nicht any.u- greifen vermag. Indessen warum sollte das bei der Überlegenheit ihrer Streilkräite nicht dennoch möglich gewesen sein? Überdies ist die Auf- stellung der Reiter in je Ij Gruppen auf beiden Seiten sowie ihr Vor- gehen neben und zwischen den Kohorten abzulehnen. Man denke, eine vom Feinde zerzauste Schar wird noch während des Gefechts in 30 neue taktische Einheiten geteilt, und jeder wird ein gleichfalls neuer, ihr gänz- lich ungewohnter Platz in der Schlachtordnung angewiesen. Guischardt scheint die Unzweckmäßigkeit seines Vorschlages auch selber gemerkt zu haben; denn er bezeichnet diesen Teil der Anordnungen Cäsars wenigstens als den schwierigsten von allen. Der Text des Kommentars weiß davon nichts, und das equitihns intrinsccun wird damit nicht erklärt. Verfehlt ist auch seine Deutung der Stelle: ui una post, nltna ante sigint fciKhri'f. Er meint nätnlirh. daß die Fahnen zur Zeit Cäsars legulär in der Mitte ihrer Schlaclithaufen gestanden hätten, daß sie also bei Ruspina, nach- dem die hinteren drei Glieder Kehrt gemacht und aufgeschlo.ssen hatten, in das letzte Glied gelangten, wobei er sich überdies verrechnet, da sie dann nicht im sechsten, sondern im fünften zu stehen kamen. So hätten sie, meint er, ihre Kohorten teils vor sich, teils hinter sich geliabt, was freilich nur richtig ist, wenn man den modern taktischen Sinn zugrunde legt, woran er nicht gedacht zu haben scheint.

2. Rüstow, Heerwesen und Kriegfüfinnuj C. Julius C<ii:ars, 1862, S. 131 ff.

Ihm ist die Bedeutung und dei' Zusammenhang der Worte ponigi in longitudinein i/uain muxiinaux und ita conmam hosiium dextro sinistro- que cnrnu inediam dividit gänzlich entgangen. So kommt er zu der irrigen Meinung, daß die Cäsarianer, welche er sicli nur an den F'lanken, nicht, wie es doch der Fall war, auch schon im Rücken umgangen vor- stellt, mit je einer Hälfte ihrer zwei Treffen bildenden 30 Kohorten nicht frontal, sondern nach den F'lügeln erfolgreich vorgegangen seien, während die dadurch degagierte Reiterei den Feind im Zentrum {iiitrinsecus) an- gegriffen und so in dritter Richtung geworfen habe. Von einem Vor- rücken der Cäsarianer im Kehrt ist bei ihm überhaupt nicht die Rede: überdies verlangte das gedachte Manöver künstliche Achsschwenkungen, die, was schon Göler') mit Recht geltend macht, kaum auf dem Exerzier- platz gelingen komilen, angesichts des Feindes aber, zumal mir Tiuppen,

1) Cäsars gallisrlicr Krinj vnd Teile seines Biirtjerkiieges, lb^^(.>, II, .S. 27()t'.

206 Ihcodor !>teinii:ciiaei ,

(leren Haltung teilweise bereits erschüttert war, gänzlich unausführbar gewesen wären. Überdies stehen sie mit den Worten aJtcrnif: converais cohoiiibus, wcinach nicht alle Kohorten, sondern nur die Hälfte ihre Stellung änderten, in offenbarem Widerspruch. Mit einer Erklärung des iit iina piif:t, altera ante siipia temterft hat Rüsfow sich nicht aufge- halten.

3. Galitzin, Alltjemeine Krieijageschichte IV, lö76, übersetzt von Streccius, S. 257 f.

Cäsar formiert nur ein Treffen. Die auf den Flügeln stehenden Reiter, von denjenigen des liabienus zurückgedrängt, schließen sich eng an das KutSvolk, und das ganze Heer macht nach allen Seiten Front. Dabei ist die Umzingelung noch gar nicht vollendet: vielmehr denkt der Autor wie Rüstow nur an eine Umfassung der Flügel. Trotzdem be- zeichnet er die Gefeehtslage als „äußerst schwierig und gefahrvoll, denn jeden Augenblick mußte Cäsar erwarten, vollkommen umfaßt zu werden". Da befahl er „den drei mittleren (iliedern der Kohorten des rechten Flügels eine Wendung nach rechts zu machen, ebenso des buken nach links, um so die Frontlinie zu verlängern"'. Es ist das von Guischardt beschriebene Manöver in abgekürzter und darum noch unklarerer Aus- führung. Auch die Aufstellung der Reiter, nachdem sie, um „die ange- gebene Bewegung des Fußvolks zu verdecken und zu schützen", die iNnmidcr auf beiden Flanken und vor der Front vertrieben haben, was ihnen freilich in dem vom Verfasser ^orhin richtig gekennzeichneten Zu- stande schwerlich gelungen wäre, ist genau dieselbe wie dort. Denn er läßt sie „sich vor den Kohorten in Schachbrettordnung mit Intervallen zum Durchlassen des Fußvolks"' sammeln; nur sieht man nicht, ob, wie bei Guischardt, auch im Rücken. Deim bisher ist immer nur von einer Linie die Rede gewesen, erst in der Folge sind es mit einem Male deren zwei: „Nachdem dies alles sowohl nach vorn wie nach hinten in größter Schnelligkeit ausgeführt war, stürzten plötzlich beide Linien . . . auf den Feind und trieben ihn in die Flucht. "" Wie aber die zweite Linie ge- bildet wurde, sagt der Autor nicht: desgleichen sucht man eine Erklärung der Ausdrücke alternis coneersis culiort/lius und anit post, altera ante Signa bei ihm vergebens. Im übrigen folgt er den Ausführungen Guischardts, obwohl er in einer Anmerkung auf S. 258 zugibt, daß es den Bemühungen desselben keineswegs gelungen sei. den „dunkeln und unverständlichen'' Bericht des Kommentars über die Evolutionen Cäsais aufzuklären.

4. Göler, Cäsars gallischer Krieg und Teile seines Bürgerkrieges, 1880 II S. 272ff.

Seine Auffassung ist von vornherein schon darum verfehlt, weil sie aus der acies simpler irrtümlich eine tripicx macht mit 12 Kohorten im

Ruspina. "207

ersten und je 9 in den beiden hinteren Treffen. Sodann läßt Goler in mißverständlicher Auslegung der Stelle copUs in orhem comptilsiy: die auf allen Seiten vom Feinde umschwärmten Cäsarianer ein regelrechtes Karree bilden, was in der acirs fripJex mit ungleich langen Treffen komplizierte Verschiebungen innerhalb der Schlachtordnung erfordert hätte, die unter den obwaltenden Umständen schwerlich ausführbar gewesen wären. Vollends unverständlich und geradezu unmöglich aber ist die Art, wie er sich das ncietii in loni/dtalinem quam maximain ponigl und das (üianis convcr.si.': cohortihns vorstellt. Danach ließ Cäsar in der nun als vorhanden gedachten acies duplex „die Kohorten je mit Überspringnng einer derselben rechtsum und resp. linksum machen, so daß die eine Kohorte . . . hinter der Frontlinie (Faluienlinie), die andere . . . vor der Frontlinie, also beiderseitige Kohorten im Innern des Karrees nach den Flügeln marschierten, um daselbst die Fronten zu verlängern", während die stehengebliebenen Kohorten „durch ein Deploiment resp. Verrhigeni der Gliederzahl" die zwischen ihnen entstandenen Intervalle ausfüllten'), und die das Karree an den Enden schließenden Flankcnkohorten frontal vordrangen, den Ring des Feindes an den Flügeln durchbrachen und auf diese Weise zum Einrücken in die Frontlinie Raum schafften. An- genommen, dies ganze verwickelte Manöver wäre möglich gewesen, so fragt man sich doch: Wozu das alles? Wäre es hier nicht auch ohne die Überspringung gegangen, die nicht den geringsten Zweck hatte? Der Vorschlag Gülers leidet mithin an demselben Fehler, weswegen er die Darlegung Rüstows beanstandet. Schließlich hat er auch die Stelle unam liaitcih ah alfern exelu.-'ain eijuitihus infrinsecus adortus cum peditafu telig cnnieefis in fuejani vriiit falsch gedeutet; denn er schreibt: „Nachdem durch das beschriebene Manöver der Ring des Feindes gesprengt war, geht Cäsar mit seiner Reiterei . . . und zugleich mit seinem Fußvolk von innen h'eraus an." Iniriusecus heißt aber nicht „von innen heraus'', was ohnehin keinen Sinn gäbe, sondern ..inwendig" oder .,darin". Nach Gölers Darstellung müßte man auch glauben, daß die Reiter bei dem Angriff die Hauptrolle gespielt haben, wäiirend sie wahrscheinlich über- haupt nicht mehr zur Aktion kamen und. wie im nächsten Kapitel aus- drücklich bemerkt wird, dazu auch kaum noch fähig gewesen wären.

5. Heller im Pluiolugus Xlli S. .')76ff. bemerkt zutreffend, Göler tadele an dem von Rüstow beschriebenen Manöver, daß es kaum auf dem Exerzierplatz ausfidirbar gewesen wäre, aber das seinige mit dem Karree sei erst recht kompliziert. Er habe die Worte eopiix in orhem compulsif! falsch verstanden, die nicht ein Verdichten auf Koinmando, sondern aus freien Stücken bezeicluien, wobei die Soldaten nach allen

1; (ioler a a. O. .'^. '2S411'.

208 Theodor Steinwender,

Seiten Front maclieii. Fand aber keine Karreebildung statt, so muß das Verfaliren bei der Frontverlängcrung ein ganz anderes gewesen sein. Das gehe aueh aus dem Wortlaut der Stelle deutlich hervor. Der He- ricbterstatter sage nicht alteini^ cunvci^is cohoiiihus acieni . . porrigi lubii. sondern umgekehrt hdtet ncieni . . . porrigi et alternis convcrsia cohort/hii:^. Die Frontverlängerung gehe also der Schwenkung (sic\) vor- aus und .vurde wie in der Nervierschlacht //. g. II 2.') durcli la.nd/o bewerkstelligt, indem die beiden Flügelkohorten nach drei Seiten P'ront machten und. von den allmählich nachrückenden anderen Kohorten ge- trieben, als Keil den feindliclien Ring sjjrengten. Dann erst erfolgte die Scliwenkmig (?). welche die beiden Flügelkohorten nidit mitmachten. Sonst aber führten die letzten Glieder der nicht zur Schwenkung ge- langenden Koliorlen die Kehrtwendung (?) aus. Alsdann wurde mit der Reiterei in den Intervallen, während die Flügelkohorten stehen blieben, von der Mitte aus, was der Berichterstatter „kurz und bezeichnend" mit intrinsrciis ausdrückte, nach beiden Richtungen zum Angriff übergegangen. Diese Darlegung ist in den Hauptpunkten zutreffend, nur wird dabei Scliwenkung gesagt und Kehrt gemeint, sowie den letzten Gliedern der stehen bleibenden Kohorten eine Kehrt- statt Frontwendnng zugeschrieben. Die Verteilung der Reiter auf die Intervalle ferner ist unwahrscheinlich, und infriiiseciis heißt nicht „von der Mitte aus". Zu beanstanden ist endlich, was Heller über den Standort der F'ahnen sagt. Nach voll- zogener Schwenkung soll die eine Kohortenhälfte vor, die andere hinter den laiinen gestanden haipeu, ..die im letzten Gliede (oder wenn man die Antesignanen mitrechnet, im vorletzten Gliede) getragen wurden. Oder, was dassell«^ ist, die eine Kohorlenhälfte hatte die mit ihm fechtenden Antesignanen vor sich im ersten Gliede. die andern hinter sich im letzten Gliede. So erklärt sich einzig und allein d(>r Zusatz iit una po4, altera aide, signa foideret". Damit widerspricht Heller sich selbst, da er vorher zutreffend gesagt liatte, «laß die Feldzeichen beim Angriff vorangehen. Sie mußten also aucli in den Kohorten des verkehrten Treffens vorge- nommen werden, gleichviel ob das erste (ilied vorn oder hinten staiul.

6. Nipperdey, quur^tiones Cacsariunae, YAnl. zur großen Caesar- ausgabe. 1847. S. 204.

Er empfiehlt mit Recht die Lesart Ablancourts nt iina post, altera aide AiguA teudcrct. So hätten die geraden Kohorten nur kehrt zu machen gebraucht, um eine doppelte Schlachtlinie entgegengesetzter Richtung zu bilden, wobei dann die stehenbleibenden post^ die anderen ante signa sich befunden halten. Er setzt also voraus, daß ursprünglich die Fahnen sämtlich vorn gestanden, und diejenigen der Kehrtmachenden auch nachher ihren Platz nicht geändert hätten, was unzutreffend ist, da bei jeder Be- wegung, gleichviel in welcher Richtung, die Feldzeichen geführt haben.

Ruspina. 209

Mit der Kehrtwendung aber hat es zweifellos seine Richtigkeit. Auch ist die Ansieht des Autors zu hillifcen, daß ita dem Text an falscher Stelle eingefügt sei. nur möchte icli es, abweichend von ihm. mit den folgenden Worten bis dhiiJit utimittelbar hinter pnnigi setzen und das et vor nnam parfem gänzlicli streichen. Von den Gründen, welche für diese Umstellung sprechen, wird weiter tmten die Rede sein. Die Hauptsache ist, daß aucli schfpii Nipperdey die Trennung des Ringes als eine Folge des porrigi auffaßt: Itaqnc citm militcs in IfDU/itud/ncm quam via.vimam porrexisse rf ita dcjtto sinistronue vornu coronam hustitini divisissr dicitnr. Auch (rifft (k'r Autor zweifellos das Richtige, wenn er c. 18 in dijni handschrift- lichen coliort/hiis cquitibiisijitc eiicumd(d/s das ([nc tilgt. Denn die Reiter, so urteilt er zutreffend, seien zum ferneren Kampf unfähig gewesen. Also habe Cäsar sie mit Kohorten umgeben, damit sie sich erholen konnten und vor den Angriffen des Feindes geschützt waren.

7. V. Domaszewski, Die Fahnen im römifu'hen. Heer, Wien 1885, S. 3 f.

Cäsar bildet, umringt von den Reitern und Leichtbewaffneten des Labienus, aus der acies simptex, indem er jede zweite Kohorte kehrt machen läßt, eine duplex, wobei das zweite Treffen mit verkehrter Front schlägt, in dem sich dadurch bildenden Raum zwischen beiden sammelt sich die Reiterei zu erneutem Angriff und wirft, wahrscheinlich an den Flügeln Stellung nehmend, im Verein mit dem F^ußvolk den Feind zurück. ,.^\'enn also beim einfachen Kehrtmachen ohne Formationsänderung die Signa in der ursprüngliclien Frontlinie blieben, so ist das ein deutlicher Beweis, daß ihre Stellung nach der taktischen Ordnung der Römer an die Frontlinie gebunden war." Dagegen ist zu bemerken, daß aus dem Wortlaut des Textes ilir Verbleiben in der bisherigen Stellung keineswegs hervorgeht. Wahrscheinlich zogen sie, sobald angetreten wurde, wie auch sonst bei Truppen in der Bewegung voran, gleichviel, ob das erste oder •letzte Glied unmittelbar hinter ihnen folgte. Die Worte ima post, altera aide sif/na bedürfen mithin einer anderen Erklärung. Daß die Reiterei Cäsars sich in das Treffenintervall zurückzieht und daselbst samn)elt, ist jedeid'alls richtig. Aus der Darstellung Domaszewskis erhellt jedoch nicht, ob er sie auch beim Angriff sich hinter den Flügeln oder vielmehr auf, das heißt neben ihnen stehend denkt. Da sie sich nach ihm aber ..zu einem neuen Angriff" sammelt und nachher im Verein mit dem F'idJvolk den „FV'ind zurüclcwiift." muß man das letztere annehmen. Der Ausdruck intrinsecKS aber spriclit dagegen.

8. Stoffel. Histoire de Jules Cesar, Paris 18S7, II, S. 112 ff. und 28iff. Von den Truppen des Labienus konzentrisch angegriffen, werden die

Kohorten Cäsars so eng zusammengedrängt, daß die Kohortenintervalle, welche ursprünglich asses larr/cs waren, aufgehen, und die Legionare

•210 Tliiodor Stfiiiirciuhr,

HclilieBlich mir noch einen ccirlc ctrott bilden und nicht mehr den zur l'^ültrung iliier Waffen notwendigen Spiehaum hal)en. Da gibt Cäsar den bekannten Befehl acii-tn toideret. Um ihn zu begreifen, müßte man wissen, was anfr s/gn:i tcndcre bedeutet. Da die Fahne sich regulär im zweiten (?) Ciliede befand, hatte sie das Gros iln-es Schlachthaufens hinter sich. Maclite der letztere aber kehrt, so hatte sie die Mehrzahl der (ilieder vor sich. Die Worte nltenih conversis cohortUnts, ut unn pofti nlteram ante signa tendeni bedeuten also einfach, daß die Kohorten der geraden Nummer kehrt machten, wodurch sie vor den P^ahneu zu stehen kamen. Der Ausdruck post alteraiii aber besagt, daß jede von ihnen sich hinter die benachbarte Kohorte der geraden Nummer setzte. Damit bildete Cäsar eine zweite Linie von 15 Kohorten entgegengesetzter Front, immer je zwei mit dem Rücken aneinander, und in dieser Formation durchbrach er. indem er seine Schlachtlinie bis zum Überragen derjeiügen des Feindes dehnte, den Ring. Die je zwei Kohorten an den Flügeln hätten dabei die schwierigste Aufgabe gehabt; sie wären aber, wie auch sonst, die kriegstüchtigsten gewesen. So erkläre sich ihr Erfolg. Die von Perrot d'Ablancourt vorgeschlagene Änderung der handschriftlichen Lesart nJterum in altera beruhe auf Mißverständnis.

An dieser Darlegung ist vor allem die Stellung der Fahnen im zweiten (iliede zu beanstanden; denn die an den Bciiiarr/ucs griidralcs S. 330ff. geltend gemachten Gründe genügen keinesfalls, um die jetzt allgemein geliilligte Annahme, daß sie iu der Bewegung, also auch beim Vormarsch zum Angriff geführt, während des Kampfes aber hinler ihrem Schlachthaufen gestanden haben, zu erschüttern. Sie werden auch hier, sobald die von Cäsar befohlene Kehrtwendung geschehen war, und beide Linien antraten, in der einen wie in der anderen Kohortenreihe, nicht, wie Stoffel meint, nur in derjenigen ungerader Nummer geführt haben. Ferner war es durchaus nicht nötig, daß die Kohorten 'J, 4, (i usw. dann rechts seitwärts zogen und sich mit dem Rücken au die stehen gebliebenen 1, 3, ö usw. lehnten. Das Manöver wäre wohl angesichts des Feindes niüglicii gewesen : es hätte dazu, wie Stoffel selbst sagt, nur des Vor- raarschi's um die Tiefe der Nachbarkohorte, einer Wendung nach links, des Flankeninar.'-'ches um die Frontbreite derselben und schließlich einer Wendung nach rechts bedurft. Das alles aber würde nicht den geringsten Zweck gehabt und die Ausführung, wobei es auf größte Schnelligkeit an- kam, unnötig verzögert haben. Die Stelle H??a pobi alteram, auf welche Stoffel sich dabei bezog, wird jetzt allgemein mit Recht für verderbt ge- hallen und nach dein Vorschlage Ablanconrts dafür una pod altera ge- lesen. Wenn also imn in beiden Linien die Fahnen führten, so gingen sie in der Kohortenreihe ungerader Nummer vor dem ersten Glicde; es zogen mithin ihre Abteilungen post signa, in der Kohortenreihe gerader

liiispiitn. '211

Nummer, die keine Frontverändeiung durch Arlisscliwenkuiiften oder den Kontreiiiarsch der Rotten ausgeführt, sondern einfach die Keiirtwendung gemacht hatte, gingen sie vor dem k'tzten Ghede, es zogen also ilire Abteilungen in militärischem Sinne on(c shjna. Ferner irrt Stoffel, wenn er glaubt, daß Cäsar seine Kohorten mit Intervallen aufgestellt habe: deren gab es im Gefecht überhaupt nicht, und hier in der nc'ir^ si»iplex waren sie einfach unmöglich. Die Dehnung der Schlachtlinie endlich ging nach dem Wortlaut des Textes der Bildung des zweiten Treffens, wie schon gesagt, voraus und war nicht umgekehrt davon erst die P'olge. Von dem frontalen Vorgehen und Kampf der beiden Linien ist in den E.rplicafions et remarques nicht die Rede, wohl aber in der zusammenliängenden Darstellung S. 116.

9. Wölfflin, Sifzinujshcrichfe der pliilos.-phihjl.-hisfor. Klasse der k. h. Äkad. der Wissenschaften, München 188i), S. 343 ff. nimmt an Stelle der 400 Reiter des Kommentars wie schon Guischardt, der ein eventuell ausgelassenes 3/ einschaltet'), 1400 an gegen Stoffels 2000, die über- trieben seien, da nur so viele in Lih'baeum eingeschifft wären, und man mit Abgängen zu rechnen habe. Die Kohorten sieben, so führt Wölfflin des weiteren aus, mit Intervallen und vielleicht 8 Gliedern in einer Linie. Der Feind beabsichtigt keinen eigentlichca Kampf, sondern umschwärmt die Cäsarianer, um sie zu ermüden und schließlich die Erschöpften, wie im Jahre vorher Curio, zusammenzuhauen. In ihrer Not bilden die Cäsarianer den orhis, aber nicht im ganzen, sondern jede Kohorte für sich, und heschränken sich auf die Verteidigung. Da konnte nur ein kühnes Manöver helfen, über dessen Ausführung viel gestritten sei. Rttstow und Göler wären abzulehnen, recht dagegen habe im allgemeinen Stoffel; aber auch schon Domaszewski und Nippcrdey hätten die annähernd richtige Lösung gefunden. Offenbar mußte ein kräftiger Vorstoß nach zwei Seiten unternommen werden: die je 4 GHeder aber konnten ihn nicht ausführen, da sie zu schwach waren, und die taktischen Verbände dann zerrissen wären. So blieb nur die acies duplex übrig, wobei die ungeraden Kohorten ihre ursprüngliche Stellung wieder einnahmen, die geraden aber vollends kehrt machten. Die Fahnenträger, ursprünglich überall im ersten Gliede, standen nun dort im ersten, hier im achten, von den Kohorten also immer iina posf, altera ante signa, das heißt, die einen hatten den Fahnenträger vor, die anderen hinter sich. Alsdann werden die geraden Kohorten aus der Linie herausgezogen, derart, daß alle paarweise sich gegenseitig den Rücken decken, und die dadurch entstandenen Zwischen- räume durch Dehnung der Fronten ausgefüllt. Hierauf nämlich bezieht Wölfflin den Befehl Cäsars aciein in longüudinem quam maximam porrigi;

1) Guiäcliaidt a. a. 0. II, S. 270 A.

212 Theodor Steinwender,

dotiii ..(laß ciios erst gesclieliPii konnte, iiachdoin die ziisainmengepferchteii KoliortcH diirili Abmarsch der Hälfte aus der Linie Luft bekommen hatte, ist,"' meint er, „sejbstverständlieh". Die abweichende Version des Textes sei als ein ruTutoy 7t(^iÖTt(>or zu erklären, oder einfacher noch möge man das rt nach jinrr/yi streichen. „Endlich machen je 4 (eventuell 5 oder ßj Kohorten der Flügel rechts- und linksum, durchstoßen, verstärkt durch die beiden Hälften der Reiterei, den feindlichen Gürtel und kehren dann in ihre Stellnng zurück, worauf der Rückzug sofort angetreten wird." Diese Darlegung ist für den Autor vollkommen klar; nur über den Aus- druck iiitr/nseciis adoitus könne noch gestritten werden.

Dagegen ist wieder einzuwenden, daß frontale Intervalle in der aci:'s ftimplfj unmöglich sind. Eine Folge der irrtümlichen Annahme sind die 30 orbes anstatt des überlieferten einen. Das vOTeQov .TTQortooi; wonach zuerst die Bildung der zweiten Gefechtslinie und dann erst der Durchbruch an den Flügehi erfolgt sein soll, ist Willkür, desgleichen die Tilgung des et vor pnrrigi. Der Befehl Cäsars acicm in louf/itudinem (luani iiia.riiiimn jwvrigi bezog sich zweifellos auf die ganze Schlachtlinie, nicht auf die einzelnen Kohorten. Wie wäre es ferner möglich gewesen, die Schließung der frontalen Intervalle, die nun durch das Herausziehen der einen Kohortenhälfte sich annähernd verdoppelt hatten, durch bloßes Lockern herbeizufühn^n. ohne daß die Abstände von Maim zu Mann über- mäßig groß geworden wären? Oder sollte nur der fronthreito Zuwachs ausgefüllt werden? Dann blieben immer noch die ursprünglichen Lücken. Von dem Kampf der beiden Linien und seinem Ergebnis, also dem wichtigsten Teil des ganzen i\Ianövers, ist überhaupt nicht die Rede: \ iel- mehr wird sogleich nacli dein Durchbrechen des feindlichen Ringes der Rückzug angetreten. Infülgedes.sen hält sich der Autor auch bei dem ivtrinf!ecus- adortiiS'-, obwohl es, wie er sagt, verschiedene Deutungen zuläßt, nicht weiter auf.

10. F. Fröhlich, Das Krief/swcacn Cäsars, 1889, S. 193ff. polemi- siert gegen Guischardt, Rüstow und Göler; sie alle hätten den Bericht des Kommentars mißverstanden. Auf die ünwahrschciidichkeiten der beiden letzteren habe schon Heller hingewiesen. Richtig in der Haupt- sache sei auch die Auffassung von Nipperdey. welche sodann Domas- zewski, Stoffel und W^ölfflin weiter entwickelt hätten. An seiner eigenen Darlegung aber ist auszusetzen, daß auch er die in dem porrigi in Jon- gitudinein quam n/axininin ausgesprochene Dehnung der Schlachtlinic vernachlässigt und wie Rüstow und Wölfflin nur von dem Durchljrechen des feindlichen Ringes an den Flügeln handelt, den darauf folgenden frontalen Angriff aber, zu welchem, wie er selbst sagt, das zweite Treffen im Kehrt gebildet wurde, mit keinem Worte erwähnt. „Dort auf den Flügeln.'' so führt er aus, ..standen ohne Zweifel auch die Kohorten der

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Ruspina. 213

Veleranetilegiün Muitia. Veteranen und Reiter unteinelinien veieinij^t den Vorstoß, welclier den feindlichen Gürtel sprengte und die Gegner in zwei Hälften teilte, worauf der Rückmarsch angetreten wurde" (S. 19()) Danach müßte man glauben, daß schon jene Trennung des feindliclien Heeres die Entsciieidung herbeigeführt hal)e, während die letztere tat- sächlich erst eine Folge des frontalen Vorgehens und Kampfes der beiden divergierenden Linien war. Ferner irrt Fröldicli in der Annalime, das Herauszieiien der einen Koiiortenhälfte habe säjntlichen Legionaren erst wieder genügend Raum zur Handhabung ihrer Waffen gegeben. Denn die vorsciuiftsmäßigen Weitabstände waren ja schon durch das Dehnen der neics wiederhergestellt. Deshalb konnleii die nun entstandenen frontbreiten Intervalle auch nicht durch einlaches erneutes Lorkern ge- schlossen werden, da d<^m letzteren vielmehr di(! (Iiijilicdfio^ das Ein- doppeln aus der Tiefe, vorausgehen müßte. Auch war das Abslandiielimen. wenn die beiden Linien sich decken sollten, nicht, wie i^'röhlich meint, von links und rechts, sondern in der vorderen nach links und in der anderen nach rechts auszuführen. Unzutreffend endlich ist. was der Autor über den Standort der Fahnen sagt. Denn ..bei der Hildung des orhis" blieben sie gewil.) nicht auf ihrem ursprünglichen l'latze unmittelbar am Feinde stehen, sondern sie wurden natürlich in die Mitte ziirückgcnonimcn und weshalb sie zuerst sämtlich kehrt und gleich darauf zum Teil wieder Front gemacht haben sollten, ist vollends unerfindlich. Der einfache Her- gang war doch folgender: Als nach Auflösung des oihin das zweite Treffen gel)ildet und der Vormarsch zum Angriff angetreten wurde, führten die l'ahnen in beiden Linien und zwar diejenigen der zweiten im Kehrt: sie befanden sich also für das .\uge vor, in taktischem Sinne al)er hinter ihren Schlachthaufen. Damit ist alles gesagt, und der Ausdruck des Konnnonlars in der von Ablancourt vorgeschlagenen Lesart iif mm post, (ilfcra aide sit/na fcndcrcf vollkommen erklärt.

H. H. Delbrück. Gvschii-htp der Kriigslitn.'^f im Rahmen der poJ'i- tisehni (beschichte, Rcriin li)(t(i. I. S. .'il8, 2. Aufl. 1008 S. .'i9;i

Cäsar bildet, um von der feiruliichen Übermacht nicht umgangen zu werden, aus seinen Kohorten ein Treffen ohne Intervalle. Diese For- mation war liier anwendbar, weil er es nur mit Leichten zu tun hatte und darauf rechnen durfte, „daß die Linie keiner Verstärkung von rück- wärts bedürfen würde". Trotzdem wird sie umgangen. Hätte man jetzt nadi beiden Seiten einfach Front gemacht und „bald nach dieser, bald nach jener einen Ausfall" unternommen, so wären alle taktischen Ver- l)ände zerrissi^n worden. Deshalb ließ Cäsar jede zweite Kohorte kehrt machen, sich hinter die Nachbarkohorte setzen und Rücken an Rücken mit ihr kämpfen, die dadurch entstandenen frontalen Lücken aber durch Eindublieren schließen, so daß von den eventuell ursprünglichen acht

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214 Theodor Sfpinircudrr.

Gliedern nur noch vier vorhanden waren. „In der Mitte zwischen den beiden Fronten blieb natürlich ein gewisser Ilauni" zur Aufnahme von Watten, Reitern und höheren Offizieren. Alsdann machten die Kohorten als solciie, was dem einzelnen Manne untersagt war, insbesondere, von den Reitern unterstützt, diejenigen auf den Flügeln, Ausfälle, „die den Kreis der Einschließenden zuweilen sprengten, und diese Augenblicks- erfolge hat Pseudo-Hirtius zu vollständigen Siegen aufgebauscht". So dauerte der Kampf bis Sonnenuntergang, „wo er von selbst erlöschen mußte".

Diese Darlegung bedeutet gegen die früheren Erklärungsversuche keinen Fortschritt. Mißverstanden oder vielmehr gänzlich ül)ergungen ist von Delbrück vor allem das in longitiidinem quam max'niuun porrigi, und die Ablehnung der Textveränderung Ablancourts macht die ent- sprechende Evolution unnütz, umständlicher und zeitraubender. Zutreffend wird die Schließung der Kohortenintervalle durch l']indublieren gedacht, dabei aber nicht erwähnt, daß zu dem Behuf der Weitabstand genommen werden mußte. Die Ausfälle der Kohorten endlich. ,.die den Kreis der Einschließenden zuweilen sprengten", sind reine Willkür, desgleichen die Vorstellung, daß mir auf diese Weise der Kampf bis Sonnenuntergang fortgesetzt wurde. Sie erklärt sich aber aus der gleichfalls irrtümlichen Annahme, daß Cäsar bei Ruspiua geschlagen sei. Dafür beruft Delbrück sich auf Appian b. c. II, 95. Indessen kommt diese Schriftstelle gegen die in der Hauptsache klare und sachliche Darlegung eines Offiziers, der mit dabei war und als Augenzeuge berichtet, schwerlich in Betracht.

12. Veith, Geschichte der Fcldziuje Cüsars, Wien 19ü6, S. 409f. und Kromayer- Veith, Antike Schlachtfelder lll, 2, 1912. S. B97 und 789f. macht gegen Delbrück und Stoffel mit Recht geltend, daß es nicht er- forderlich war, die verkehrten Kohorten nach der Lesart tit iina post alterani ante signa tenderet hintereinander zu ziehen; vielmehr machte jede zweite Kohorte einfach kehrt, worauf die beiden Fronten, jede für sich zum Angriff überging. Daß dabei die Kohorten nicht etwa Achs- schwenkungen oder rottenweise den Kontremarsch ausführten, versteht sich von selbst. Falsch aber ist, daß erst durch diesen frontalen Angriff, indem die Gegner vorwärts und rückwärts zurückgedrängt wurden, ihre Linie an den Flügeln zerriß. „Hierdurch ward der Feind in der Rich- tung der ursprünglich cäsarianischen Front sowie in der entgegengesetzten frontal zurückgedrängt und dadurch an den beiden Flügeln zerrissen." Das steht mit dem Bericht des Kommentars im Widerspruch, wonach, wie schon Heller mit Recht geltend macht, jener Augriff erst unter- nommen wurde, nachdem die Trennung an den Flügeln bereits erfolgt war und nicht umgekehrt. Und dieser Fehler in der Darstellung Veiths ist um so auffallender, als der Autor in seiner Oesc/iichte der Feldzüge

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Bnspina. 215

Üäsars S. 41U den Hergang in der Hauptsache bereits richtig geschildert hatte. Desgleichen irrt Veitli, wenn er sicli den ür})is als einen .,zii- sanimengeballten Klumpen'' vorstellt. Daraus hätte Cäsar, wie schon an- gedeutet, selbst die besten Truppen nicht wieder herau.-gebracht: mit den ihm damals zur Verfügung stehenden, deren Haltung überdies schon er- schüttert war. wäre es ganz unmöglich gewesen. Die eigene Zeichnung a. a. 0. Beilage 42. II hätte ihn davon überzeugen sollen. Jener Aus- druck kennzeichnete offenbar nur den Zustand, da die Legionare nach allen Seiten Front machten und sieh auf die Verteidigung innerhalb ihrer Plätze in Reihe und Glied (intra cnnccllos) bescliränkten. ['nklar ferner ist die Bemerkung: ..Ob die hierbei (durch das Herausziehen der Kohorten gerader Nummer) entstandenen Intervalle von Kohortenbreite durch Ver- breiterung (?) der Glieder oder durch Zusammenschluß geschlossen (?) oder wenigstens verkleinert wurden, ist zweifelliaft." Was soll da zweifelhaft sein, die Schließung der Intervalle überhaupt oder nur die Art ihrer Aus- führung? Nach dem Wortlaut möchte man das letztere annehmen. Da- mit würde sich Vcith aber von neuem widersprechen, denn auf S. (i97 hat er es für „höchst unwahrscheinlich" erklärt, daß ..Cä.sar in diesem auf Überraschung aufgebauten (?) Schlachtmonient sich die Zeit genommen hätte, die Kohorten in sich aufmarschieren zu lassen"'. Es ist also wohl die Schließung als solche gemeint und hier nur als ..zweifelhaft" be- zeichnet, was vorher „Iiöchst unwahrscheinlich" gewesen war. In jedem Fall irrt Veith. wenn er für möglich hält, daß die Römer mit front- breiten Intervallen gefocliten hätten, und so nun gar in der acies sim- ple:'}\ Abgesehen davon meinte er mit Verbreiterung der Glieder viel- leicht das allein mögliche und darum richtige Abstandnehmen, dem frei- lich, da der Weitabstand schon vorhanden war, das Eindoppeln aus der Tiefe vorangehen mußte. Der Zusammenschluß dagegen kommt schon darum nicht in Frage, weil er die Front wieder bis auf die Hidfte ver- kürzt haben würde, nachdem Cäsar sie ans guten Onnulen hi Inuiiilu- iJincDi q/inin tnaj-iuHim gedehnt hatte. xMan könnte noch mit Veith S. 627 an den Aufmarsch der hinteren Glieder denken: indessen inner- halb der einzelnen Schlachthaufen scheint diese Evolution der römischen Exerzierordming fremd gewesen zu sein, denn die lateinische Sprache hat dafür keinen Ausdruck. So bleibt nur das Abstandnehmen in Verbindung mit dem Eindoppeln übrig, die la.ratio und (hqilicafio.

Die vier unlängst zu Lambaesis entdeckten, zwar verstümmelten, aber zweifellos richtig wiederhergestellten Inschriften-):

1) Siehe mein Bucli: Die rörniscite Taltik usw., Dauzig 191:3, S. 51 ff.

2) Cagnat, Les deux camps de la Ugion 111. Aiuj. <\ Lamhtise in den Mein, de VInsiitut nat. de France 1909. 3S S. 259.

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216 Theodor Steinwender,

ARMA ANTESIGNANA XXX POSTSIGNANA XIV

durfte Vcith zur Erklärung des icna post altera ante Signa nicht licran- ziohen; doini sie stammea aus dem zweiten Jahrliundert und können nicht ohne weiteres auf die Zeit Cäsars bezogen werden. Angenommen, dal-J die Deutung Domaszewskis'), der in den beiden verschieden bewaffneten Cjruppen eine halbe Centurie vermutet und daraus folgert, daß die Feld- zeichen zwischen dem vierten und fünften Gliede der ti Glieder tiefen Schlachthaufen gestanden haben, zutrifft, so waren (hich damals weder die Schlachthaufen nur ü Glieder tief noch die Kombattanten darin ver- schieden bewaffnet. Sie führten vor allem, wie schon aus den Worten des Berichterstatters: telis conieetis und ideni altera ijan^ equitinn. pcdi- tiiwqae Caesar/s facit erhellt, das Pilum. Trotzdem glaubt Veith, daß sich jener Ausdruck „eventuell nur auf die von Cäsar persönlich geführte Hälfte" beziehen konnte. Indessen ist kaum anzunehmen, daß der Feld- herr, um sein Heer zu retten, in erster Linie Leichtbewaffnete einem Feinde enlgegengevvorfcn haben sollte, dessen pedites XiDiudae Iuris ar- mntnrae eutii eijudihus ihn in die trostlose Lage, daiin er sich befand, versetzt hatten. Und wenn sie, was ^'eith am Schluß seiner Darlegung für möglich erklärt, von den „rückwärtigen Gliedern" die Pilen zugereicht erhielten, würden sie mit der ihnen ungewohnten Waffe wahrscheinlich nicht viel ausgerichtet liabeu. Übiigens würden bei der Annahme von (i Gliedern nach Schließung der kohortenbreiten Lücken nur noch 3 vor- banden gewesen sein, wovon lediglicli "2 schwer gerüstet waren. In jedem lalle muß auch der Ansicht Veiths über die Stellung der I'ahnen zur Zeit Cäsars widersprochen werden, denn es bleibt dai)ei. daß sie abge- sehen \on dem orliis nicht innerhalb, sondern außerhalb der Schlacht- haufen, je nach der Gcfechtslage entweder vor oder hinter ümen gestanden haben. Die Inschriften von Lambaesis würden nach der Deutung Doma- szewskis nur die bekannte und übrigens selbstverständliche Tatsache bestätigen, daß alle Feldzeichen im Fußvolk an die Schwergerüsteten gebunden waren und von ihnen, mochten Leichtbewaffnete dabei sein oder nicht, niemals getrennt wurden.

Eniilich bedarf die Stelle: ..Beide Fronten Cäsars verfolgten ihren Teil scharf, . . . erst nach vollständiger Zersprengung ward die Ver- folgung eingestellt"' der Korrektur, da dem Berichterstatter von einer nachhaltigen Verfolgung nichts bekannt ist (neqne lom/ias progifssas veriiiis insidia^). Auch erfolgte der Angriff nur mit dem Fußvolk

1) V. Doijiaszt^w.ski, Zicci römische Hnliefs iii den Sitziingsbcr. ei<:r Heidelberger Äk. der Wiss. 1010, 4 S. 9 A. 5.

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Ruspinii, 217

(adorftig cum pcd'datu'), nicht zugleich, wie Vcitli aiinininit, mit der Reiterei, von weicher es heißt, liali sie in dem Raum zwisch'Mi den beiden iitiiun {inlrlnseeux) geblieben sei.

13. Danach haben wir uns den Gang des Gofeclit? im Zusammen- hange, wie folgt, zu denken: Cäsar stellt sein lleer. da es nur 30 Ko- horten zählte, in einem Treffen auf indem dlrigit Hiinplirrv), vi poicint propter paiicifcücm), und zwar, v.ie sich von selbst verstand, ohne Inter- valle. Die wahrscheinlich 14U0 Pferde starke Reiterei sichert die Flügel, 150 Bogenschützen stehen vor der Front (sagittarioa aide acicm con stitnif, equifes dextio sinh-fioqiie cnrnu opponii). Diese Schlachtordnung wird von der überlegenen Reiterei des Labienus und den ihr bei^jegebencn Leichtbewaffneten umgangen, und die Legionare machen, da ihre eigenen Reiter allmählich weichen {cquifea lulianl panci midtifiid/np Iio-diiim dc- fessi cqi'is convnlncratis paulaiim cederc)^ und der Feind immer heftiger drängt (7iorf/s mag/s magiyqttc insfarc) nach allen Seiten P'ront und be- schränken sich, an ihre Plätze gebannt, auf die Verteidigung {Icgionmiis . . . in orhcm compjdsis, ivtia canccllos omnes cnnircii piigiiarc coge- hantiir). Dabei gingen die uisprünglichen Abstände verloren, und aus der wie auch sonst im statarischen Kampfe üblichen ncirg la.rahi wurde die drnsa, bei der Rotten und tUieder nur einen Schritt Spielranin hatten. Wie aus der Notiz neque ('»/plius faccrc nisi ho^Uiim uu idu citarc her- vorgeht, vctschildeten sie dabei, was unter den obwaltenden Uniständeu das allein Richtige war') und auch durch den Ausdruck cancrlli ange- deutet wird, der wie cancil') die an den Krebspanzer erinnernde Schutz- wehr des Legionars bezeichnet. So etwa haben wir uns den orhis vor- zustellen und nicht, wie Stoffel meint, als einen cerclc ctroH^) oder nach Veith gar als „zusammengeballten Klumpen"*). Daraus hätte (.!äsar, vom Feinde umschwärmt und unausgesetzt belästigt, schweilich noch die von dem Bcriciuerstatter mitgeteilten Evolutionen bewerkstelligen komicn deren wir drei zu unterscheiden haben:

1. das Dehnen der Schlachtlinie auf Gefechtsabstand,

2. das Herausziehen der Kohorten gerader Nummer im Kehrt und

3. den frontalen Angriff auf zwei divergierenden Linien.

Diesen drei Abschnitten der Truppenführung entsprechen ebenso viele AVirkungeu:

1. das Zerrreißen des feindlichen Ringes an den Flügeln,

2. die Formation eines zweiten Treffens mit verkehrter Front und

3. der Rückzug des Feindes.

1) Onosander '22: \'A. Guisclianlt .i. a. O. II. S. 277 X. und m. Schrift, Die rüm. Taktik usw. S. 116 f.

2) Apiil. Met. 7. 3) Stoffel a. .a. O., S. 284. 4) Veith .a. i. 0. III, S. 789. Klio, Deitrnge zur allen Cfschiobie XVII .S/4. 1.5

218 Theodor Stcinweruhr,

Um aus der verzweifelten Lage, da die Legionare, insbesondere die zahlreicii unter iimen vorhandenen Rekruten, schon unruhig wurden und sich ängstlicii nach dem Obcibefehlshaber umsahen (omnium tarnen animi in fcrrorein roniccti et maxime tironum: circumspicere cnim Caesarem\ herauszukommen, gab es nur zwei Mittel, entweder mußte man verschildet, wie man war, im Gleichschritt den Rückweg in das Lager erzwingen oder gleichzeitig in der I^'ront und im Kelirt zum Angriff übergehen. Davon war das erstere bei einer Entfernung von 3000 Passus oder 4';.2 Kilo- metern äußerst schwer ausfülirbar, also wählte Cäsar das andere. Dazu aber bedurfte es, abgesehen von genauer Richtung in Reihe und Glied, vor allem der Wiederherstellung des Gefcclitsabstandcs. Auch durfte man mit Aussicht auf Erfolg den Angriff nur wagen, wenn die Front derjenigen des Feindes gleichkam oder sie wohl nocli überragte. So ließ Cäsar im inankenmarsch von der Mitte unter Sicherung der Außenseite durch den Sciiil(l') die Sclilachtlinie lockern {iiihel aeieiii. in longiliidinetn quam nia.riniani püiiiyi). Die unmittelbare Folge davon war, daß sie mit den Flügeln den Ring des Feindes, der einem ernstlichen Kampf mit Schwer- bewaffneten aus dem Wege ging, und durch die weite Ausdehnung seiner Gefechtsliiiie sich selber geschwächt hatte, durchbrach {ita eoronam ho.^lium de.ctro üinistroqne cornu incdiam divid/t), was wohl verständlich ist, wenn die Front der Cäsarianer bei einer Kohortenbreite von etwa i^ Schlitten deren 1350 gemessen hatte und nun im Zeitraum von längstens 10 Minutc^n auf 2700 anwuchs. Das in Rede stehende Verfahren ist auch sonst nicht i)hn(^ Beispiel; Cäsar selbst hatte es, woran schon Heller-) erinnert, in der Nervierschlacht'') angewandt. Auf dieselbe Weise suchte Crassus bei Cariliae der drohenden Einkreisung vorzubeugen*), desgleichen Agricola im Kampf mit den Britanniern am Berge Grampius''). Nun wäre es augenscheinlich das Einfachste gewesen, je eine Hälfte der vorhandenen Glieder zum frontalen Angriff vorgehen zu lassen. So wären jedoch die taktischen Verl)ände zerrissen worden, und überdies hatte jeder Manipel nur eine Fahne, die sich ad lioe nicht teilen ließ. Darum zog der Feldherr kurz entschlossen die Kohorten der geraden Nummer rückwärts aus der Linie {altcrnis eonvemis coJiortihiis)^ wobei ihre vorderen Glieder, die bisher in Front gestanden hatten, kehrt, die hinteren Gheder der K^ohorten un-

1) Liv. XXII, 50: fronslatis in dcxtrum scnlis; Pol. HI, 74; u'J-nooi fiez' uoifaXtiaq. ö. Die römische Taktik usw. S. 158.

2) Heller a. a. O. S. 570.

3) Caes. h. g. U, 25.

4) Plut. Crass. 23: u dl- Knäano^ i^F.TX/.ilyij :ii:fT'l:zc:ni xki (hi\ u.TOi'rf/Js' o!- :iniv ür'.ä-fiiTijxiu^ TtnQi'raixf., Tniünov /är, cui; o'i :if<<( Kiloiuor i]iiov)\ i'.'jancv tijV ifiD.ayyc; ti'of öriltTihv im TtAtlaroy r.tilyojv toi' nciUuv Tipoc r«g xvxXüjnci:;, rovg St i:ineii dudiuotf TOic xiftitaii'.

ö) Tac. Ägrie. 35: diditctis orJiiiibus .... porreclior ncies.

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Tiiispina. 210

gcradpr Nummer aber, die bislier im Kehrt gestanden hatten, wieder Front machten. Die dadurch geschaffenen Lücken zwischen den Kohorten wurden durch Eindoppelii ans der Tiefe und nochmaliges Lockern in der vorderen Linie nach Hnks, in der anderen nach rectits geschlossen, während in das sicli min öffnende Intervall zwisciien beiden die Keitcr und Bogen schützen einrückten und. entsprechend verteilt, wahrscheinlicii hinter den Flügeln Stellung nahmen. So in den l'^lanken zur Not gesichert, ging Cäsar mit der vorderen Gefechtslinie zum Angriff gegen das feindliche Zentrum vor und schlug es mit Pilensalven in die Flucht (uvain parfcm ab altera cxclu.iavi cquitihufi intrinsccus adortus cion peditutn triis con- iecfis in fugom reiiif). Dabei scheinen die Reiter gar nicht mehr zur Aktion gekommen zu sein, was man nach dem bereits Gesagten und einer Notiz des Berichterstatters im Kapitel 18: fquitcs iumenia ex nonsca recrnti, siti, langiinre, paticitafc, vidncrihits dcjatigafa ad inseqii.cndiini hosfem i)ersevernndumque cnrsnm fardiora haliercni, begreift, zumal da Cäsar, auf dem Rückmarsch zum Lager von neuem angegriffen, sie scliließlich wieder hinter die Kohorten zurücknahm (eqn/fihi(s cdlioiiihus ciirtimilatis). Daher und weil er vor allem sein in zwei divergierende Schlaciitlinien geteiltes Heer wieder sammeln muß, nimmt ei' von einer Verfolgung, die ohneliin für ihn mit Gefahren verknüpft gewesen wäre. Abstand [ncqnc long/iis proyrcssvs verihis insidias) und gehl in die frühere Stellung zurück, wo er sich mit der anderen Linie sowie den sie be- gleitenden Reitern und Bogenschützen, die inzwischen gleichfalls den Feind angegriffen und geworfen, dann aber wie er selbst sich zurückgezogen hatten (idem alfern par.'^ equitam peilifionque Cafsaris facii) vereinigt {se ad siios recrpit). Darauf tritt er in Schlachtordnung den Rückmarsch zum Lager an (his rehas gesiis . . . ad f:ua jnuesidia sese, sicut erat hi- strueias, reeipere eocpit).

So nur kann sich die von dem Verfasser des heUiim Africnnmn mitgeteilte Begebenheit zugetragen haben'). Denn der umstand, daß die Zahl der Glieder dabei auf die Hälfti- herabsank, also beim Angriff deren nur 4 bis höchstens 6 vorhanden waren, erregt kein Bedenken; sind doch die Schlachthanfen der Prinziper und Hastaten zur Zeit der Manipular- stellung auch nicht tiefer gewesen, und hier hatte Cäsar es lediglich mit Reitern und Leichtbewaffneten zu tun, die den Kampf mit schweren Fußgängern scheuten. Nicht deswegen also war der Angriff ein Wage- stück, sondern weil er ohne hinlängliche Flanken- und Rückendeckung unternommen wurde; denn die ohnehin schwache Reiterei war bereits verbraucht und infolge der erlittenen Niederlage demoralisiert, die 1 50 Bogen-

1) So habe icli die Stelle schon iu meiner Abhaii<l]ung Zur Üehlachtordnung der Manipidare im Rhein. Mus. für PhiloL N. F. LXV, 1910, S. 135 f. erklärt; vgl. Die römische Taktik usw. S. 92.

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220 Theodor Steinwcndci\ iE«>7j//<a.

schützen aber kamen nicht in Betraclit. Cäsar würde sich zumal mit einem Heere, darin viele Neulinge waren, die der vorangegangene Kampf bereits auf eine harte IVobe gestellt hatte, auch schwerlich dazu ent- schlossen haben, wenn die Not ihn nicht gezwungen hätte. Daß er glückte, erklärt sich abgesehen von dem Charakter der beiderseitigen Streitkräfte wohl hauptsächlich aus der Überraschung des Feindes, der seinen Augen nicht trauen motlite, als er die Cäsariaiier zuerst ihre Front auf das Doppelte dehnen, dann sich teilen und in zwei Schlachtlinien entgegen- gesetzter Richtung heranmarschieren sali. Staunen wir selbst doch über die Kühnheit des Unternehmens, das wie kaum ein anderes Zeugnis ab- legt für die Geistesgegenwart eines der größten Feldherren aller Zeiten und für die beispiellose Schlagfertigkeit seines Heeres.

Zum Schluß komme icii auf die den Worten altcrnis conversis cohorfibus folgende Notiz id iimi post aUcra{m) ante signa tendcret zu- rück. Sie hat. wie wir sahen, sehr verschiedene Deutungen erfahren. Ich selbst schlage, wie bereits angedeutet, unter Billigung der Lesart Ablancourts die nachstehende vor: AUgemein zugegdnn wird, daß die Fahnen in der Bewegung geführt haben, beim Beginn des Kampfes aber hinter das letzte Glied zurückgenommen wurden; so war es auch hier. "Während die Kohorten im orbis sich gegen die Angiiffe des Feindes nur verteidiglen. standen die Feldzeichen gewiß sämtlich in der Mitte, ohne daß sie darum die ursprüngliche Front zu ändern brauchten. Sobald aber angetreten wurde, mußten sie in beiden TreffiMi führen, das heißt diejenigen des ersten zogen vor dem erst(Mi. diejenigen des zweiten vor dem letzten Gliede ihrer Schlachthaufen; mit anderen Worten: jene hatten Manipel und Kohorten hinter sich, diese im taktischen Sinne vor sich. Wurde wieder halt gemacht, so war das Verhältnis umgekehrt; es standen die Fahnen des ersten Treffens hinten und hatten ilu-e Schlachtliaufen vor sich, diejenigen des zweiten im takti.-^chcn Sinne vorn und hatten die Schlachthaufen hinter sieh. Damit ist das una post, altera ante signa erklärt, und man sollte aufhören, sich den Kopf darüber zu zerbrechen.

Danzig-Langfuhr.

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091

Marathon und die persische Taktik.

Vou Hans Delbrück.

Meine Untersuchungen über die Geschichte der Kriegslninst setzten einst nicht, wie es bis dahin üblich wnr. bei Homer ein. sondern bei Maralljoii. Von liier ab sind unsere Quellen derart, daß sich die Taktik wie die Strategie in allen ilu'en Abwandlungen bis auf die Gegenwart mit Siclierhfit Terfolgcn lassen. Da Marathon der Ausgangspunkt ist, so ist die Rekonstruktion dieser Schlacht nicht nur für sie seibot, sondern auch für alles weitere von erheblicher Bedeutung. So oft das Problem schon behandelt woiden ist, so muß ich jetzt doch noch einmal darauf zurück- kommen, da Kroniayer eine neue Lösung aufgestellt hat '), und wenn sie von der Wissensciiaft angenonnnon würdi\ sehr erl'.cbliche Stücke in meiner Geschichte der Kricy^lHust mngeliaat werden müßten.

Ich habe ^larathon aufgcl'aüt als eine Defeusiv-Olfeiisivschlacht. Die griechische Hoplitcnphalaii.'i wartete in einer auf beiden Flügeln angelehnten Stellung den Angriff der Perser ab und schlug sie, indem sie aus dieser Verteidigungsstellung zum Angrii'fstoß vorging. Ein«- solche Defensiv- Offensive mit durch das Gehitule geschützten Flanken war nach meiner Auffassung die einzige Art. wie die Athener den Sieg gewinnen konnten, da bei einer Schlacht in der freien Ebene die persischen Reiter ihnen die Flanke abgewonnen hiitten, und die athenische Bürgerwehr in ihrer ein- fachen Phalangeuaufstellung einem solchen Angiiff nicht gewachsen war. Den passenden Platz für eine solche Aufstellung glaube ich zu sehen in einem Seitental der marathoiiischen Ebene, wo heute das Dorf Vrana hegf^).

Kroma}-er verwirft nnn diese Rekonstruktion ans zwei <iründen. Erstens stehe sie im Widerspruch mit dem Grabhügel der Athener, dem

1) r>rci Sihlnclitcn. nus den: Griirhixih-Jtijmisi'hen AHcrtum von Johannes Kro- mayer. l'es XXXIY. Bamii s der Aiiliaudlimgen der philologisch-historischeu Klasso dei säclisischon Akademio der Wissenschaften Ni.V. Leipzig, bei B. G. Tüuliuor, V-.ylV. Die drei S<'hlachlen sind außer Wnralhon Allia und Caudium.

'2) Kerodot hebt hervor, d.nfi die Front, der Athener die gleiclie Litnge linttf, wie die persische. Das ist der Sache uacli richtig, da ja die Flanken- anlehnung die Perser verhinderte, den Gegner zu tibei-titiL;c In. Der Ausdruck aber läßt meikeu, daß Herodot die ihm gewordene richtige IiiToimation nicht ganz verstanden und sich deji Grund, \ve.sh:ilb die Perser nicht überflügolteii, nicht klarg<^r.iaclit hat.

222 Hans Delbrück,

Soros, der 1 '/.^ km (8 Stadien) vo:'. dem Eingang des Vranatals entfernt liege, und zweitens decke eine Stellung der Athener im Vranatal nicht den Hauptausgang aus der Ebene, im Süden, der davon 2 km entfernt sei.

\Yenn die Athener ihre Gefallenen auf dem Schlachtfelde beisetzen wollten: welclies war der natürliche Platz? Ich habe angenorameu, daß die Athener die Toten zusammentrugen an die Stelle, bis wohin die Schlacht sich erstreckt hatte, wo der letzte der Gefallenen lag. Dieser Platz war um so mehr der gegebene, als ja auch bei den Schiffen noch eine Anzahl Athener gefallen waren, deren Leidieii zu den anderen zurückgetragen werden nmßton. Der Pjidpunkt des Hauj)tgefcchts ist also zugleich der ideelle .Mittelpunkt der Gesanitschlacht, und so die gegebene gemeinsame Grabstätte. Mit dieser Annahme erklärt sich aucii am besten die Er- zählung Ilerodots, die Athener hätten die Perser in einem Laufschritt von 8 Stadien angegriffen. Daß diese S Stadien eine Unmöglichkeit sind, ist heute allgemein anerkannt. Die Erzählung muß aus irgend einem Miß- verständnis entstanden sein, und dieses Mißverständnis ist nicht so schwer zu erraten. Wie alle Besucher des Schlachtfeldes noch heute, hat auch Herodut auf dem Soros gestanden, und sich erzählen lassen: bis hierher sind die Athener vorgestürmt; das sind acht Stadien von ilirer Stellung. Herodot verstand das: „im Ansturm"'; gemeint war: in der Durchführung der Scidaciit und in der Verfolgung. Kromayer nennt diese meine Dar- legung wunderlich. Mir scheint sie nicht nur nicht wunderlich, sondern reclit natürlich, und jedenfalls nicht weniger wahrscheinlich als die Möglichkeit, für die sich Kromayer entscheidet. Er meint, das Gegebene sei, daß die Toten dorthin zusammengeschleppt worden seien, wo die meisten Gefallenen lagen; das wäre im Zentrum des ersten Zusammen- stoßes gewesen. Das ist gewiß nicht ausgeschlossen, aber keineswegs zwingend. Es mag aucli sein, daß besonders viele Athener erst in einem etwas späteren Stadium der Schlaciit gefallen sind, als die beiden Flügel einschwenkten und die Perser, die sich tapfer wehrten, in die Mitte nahmen. Ganz besonders aber fällt ins Ciewicht. daß das Zentrum des ersten Zu- sammenpralls für das Ehrengrab deslialb so ungeeignet wie möglich war, weil ja gerade auf diesem Teile des Schlachtfeldes die Athener keine be- sondere Ehre eingelegt hatten, sondern gewichen waren. Statt meine Auf- fassung einfach als „wunderlich" abzutun, hätte Kroniayer dieses Argument nicht mit Stillschweigen übergehen dürfen. Ich will es meinerseits nicht als zwingend ausgeben, jedenfalls aber halien meine Argumente so viel Gewicht, daß nicht gesagt werden darf, die andere Auslegung sei die einzig mögliche.

Der zweite Einwand Kromayers ist, daß die Athener durch eine Stellung im Vranatal den Hauptausgang aus der marathonischen Ebene nicht gedeckt liätten ; die Perser hätten also, ohne die Athener in ihrer

Marathon und dir [k r.'-/yclir Tiiliik. 223

guten Stellung anzugTcifen, die Ebene verlassen und nacii Athen ziehen können; es sei nicht anzunelinien, daß die Atliener in der Lage waren, das dureh einen Flankenangriff auf die Abzielienden zu verhindern, denn der Durchgang zwischen den Bergen und dem Sumpf am Meer sei über 150 m breit, die Perser hätten also in melucren Kolonnen neben einander den Paß so schnell durchschreiten können, daß die Athener, die doch 2 km von ihm entfernt waren, keine Zeit mehr fanden, nocli einen erheblichen Teil des Zugendes zu fassen und zu schlagen.

Ich sehe davon ab, naclizuiechnen. ob wirklich die Perser so zu- sammengedrängt marscliioren konnten, daß sie mit samt dem begleitenden Troß in einer knappen halben Stunde, denn länger brauchten die Athener ja nicht, in den Paß hinein konnten. Das hängt auch von der Größe ihres Heeres ab, über die Kromayer sich nicht ausläßt. Er hat aber noch etwas viel Wichtigeres, ja das Entscheidende übersehen. Die Perser nmßten ihre Parallelkolonnen doch schon in der Ebene formieren. Diese vier, fünf, acht oder zehn Kolonnen neben einander bildeten also von den Griechen aus gesehen eine tiefe Jlasse. Das persische Fußvolk bestand aus Bogenschützen, die ihre Kraft nur in einer Linearaufst<„ilung ent- wickeln können. Pfeile aus der Tiefe in hohem Bogen grschossen, haben keine Wirkung. Wie hätte diese Masse mit dem ganzen Troß in ihrer Mitte sich eines Angriffs der griechischen Hopliten erwehren kömien? Das ganze persische Heer wäre verloren gewesen, uiul hätle nicht einmal den Rückzug zu dem Flottenlager gehabt, wenn es in der von Kroma^-er beschriebenen Formation an der griechischen Front entlang durch die Ebene gezogen wäre. Sobald die athenischen l'e- obaclitungsposten meldeten, daß die Perser ihr Flottenlager verließen, rückte die Phalanx natürlich in ihre vorbereitete Stellung am Ausgang des Vranatals. Mociiten die PiMsor nun von vornherein in ihren mehr oder weniger zahlreichen Parallelkolotmcn ausmarschieren, oder mochten sie in einer hingen Kolonne abziehen., die sich erst unmittelbar vor dem Paßeingang massieren sollte, immer war Miltiades in der Lage, mit einem einzigen Kommandowort seine Phalanx in Bewegung zu setzen und den Persern auf den Leib zu fallcTi, ehe sie Zeit hatten, irgend eine vernünftige Schlachtordnung zu bilden'). Die Flankcnstellung im Vranatal deckte also

1) Allel) wcun mau .sicli, den Persern eine höhere Manüvrierkunst zu- traueud alri Kromayer es tut uiul auch als ich es tue, vorstellt, daß sie ilne gesamte Reiterei, die icli auf 5 SOJ Pferde anschlage, in die Nachhut stellten. urii sie den Athenern entgegenzuschicken und sie hei etwaigem Vormarsch auf- zuhalten, hleibt der Flaukenmarsch doch ein zu gefährliches Unternehmen, um ausführbar zu sein. Was sollte das persische Fußvolk tun, wenu die Athener sich in Bewegung setzten in dem Augenblick, wo jenes beinahe fertig mit seiner Massierung vor dem Eingang des Passes stand? Sollte es sein Manöver voll- enden oder schleunigst zurSchlacut aufmarschieren? Vollendete es die Massierung

224 Hans Dvlbrnd;

auch dieson Ausgant; ans dei- maiatlioiiischeii Ebene mit vollkonimenor Sicherheit uiul zwans die Per^ser, sicli culweder wieder einzuschiffen, oder die Athener in ihrer Stelhing anzugreifen.

Damit glaube icli die Einwände, die Kroniayer gegen meine Rekon- struktion der Sclüaclit erhoben liat, aufgelöst zu luiben, und gehe nun dazu über, seine eigene Hypothese sachlich und quellenkritisch nachzuprüfen.

Kroiuayer läßt die Athener ihre Stellung auf dem Berge Argieliki nehmen, unmittelbar neben jener Haupteingangsstraße des Tales im Süden. Auch dieser Berg liegt ebenso wie der Eingang des Vianatales acht Stadien vom Soros entfernt. Da Kromaycr meint, daß der Soros notwendig den Mittelpunkt der Schlacht gebildet haben müsse, so läßt er die athenische Phalanx von ihrer unangreifbaren Stellung auf dem Argieliki herabsteigen, und bis an jenen Punkt in die freie Ebene vorgehen. Wenn dem so war, weshalb griffen denn die persischen Reiter die athenischen Hopliten nicht in den Flanken an, wo sie doch fast wehrlos waren? Kromaycr meint, das sei zwar eine für uns sehr natürliclie Helrachtung, und so hätten sich auch die späteren Schlachten der Antike abgespielt, die Perser al)er hätten die Taktik, die Kavallerie auf die KHigel zu stellen, noch nicht gekannt, sondern Reiter und Eußtruppea gemischt aufgestellt')- So sei es sogar noch bei Issus und Gaugamela geschehen. Man sieht, der Streit geht nicht bloß um eine topographische lu'age. Man darf vielleicht meine Reform in der Auffassung der Perserkriege dahin charakterisieren, daß ich den Sieg der Griechen aus einen) Siege über die Quanütät in einen Sieg über die Qualität verwandelt habe, l^ie Perser bilden narh meiner Auffassimg keine unabselibaren Massen wenig kriegerischen Volkes, sondern sind heiTorragende Krieger, die auch taktisch sehr gut zu operieren und ihre

und sachte noch schnell in den l'a.ss hineinzukommen, so hätte das wie eine Flucht ausgesehen, und die persisclien IJoitor liiltten den Athenern nicht viel getan, sondern gesucht, den Anschluß an den Ahm.arsch zu gewinnen. Suchte mau umgekehrt schleunigst den Troß aus dem Hoereszug auszuscheiden und zur Schlacht auf'zuniar.schieren -- was, wenn die Athener ihre Bewegung nicht fortsetzten, sondern wieder umkehrten? Wenn .sie aber in aller ICilo vorrückten, so hätte die fürchterliche I,age, in die die Perser kauien. wenn die athenischen Hopliten sie erreichten, che sie aufmarschiert Vi'ai'en. ^ or aller Augen gelegen und auf der einen Seite Verwirrung, vielleicht Panik hervorgerufen, auf der anderen die Schritte der Athener hefltigelt, sich unhekümmert um die Vei'lnste, die sie unterwegs erlitten, auf den so gut wie wehrlosen Feiiul zu stürzen.

1) Kromayer erklärt diese gemischte Aufstellung dadurch, daß die Perser die verschiedenen Vülker-schafts-lvontingente uebenoinaudorget^telJt liätten. So berichten es allerdings die Griechen. Icli bringe diesen ßerichteii aber das aller- stärkste Mißtrauen entgegen. Sie sind aus dem Farbenkasten, der die unend- li(-hen Massen der Perser ausmalen soll. Ich ghiube nicht, daß, abgesehen hier und da von Söldnern, die Perser überhaupt fremde Kontingente in ihren Heeren gehabt haheu.

i

Waffen zu verwenden vet:-tthen, und strategisch mit guter Übericgnng geführt werden. Der Ruhm der Griechen ist nicht, ein selir großes, sondern ein selir tüditiges und gut geführtes Hoer besiegt zu haben. Kromayer spriiht über die Zalilcnverhäitnissc nur beiläufig, scheint aber über meine Ansätze nicht so seiir wesentlich hinausgehen zu wollen. Wenn nun seine Vorstellung von dem Mangel jeder wirkliclien taktischen Führung der Perser zutreffend wäre, die numerische Gleichstellung oder gar Über- legenheit der (iiieehen aber zugegeben bleibt, so würde der Glanz der Giiechensiegc doch wohl für verblichen erklärt werden müssen.

Es konmit darauf an, ob sich aus den späteren Pcrserschlachtcn nachweisen läßt, daß die Perser wirklich die Methode, die Kavallerie gegen die Flanke der feindlichen Infanterie anzusetzen, noch nicht ge- kannt haben. Aber es ist nicht nötig, auf die Beweisführung, in die Kromayer eintritt, näher einzugehen, denn er selber gibt zu, daß in diesen Schlachten auch Reiterei auf den Flügeln stand, und zwar in ziemlich starken Massen. Aber, fährt er fort, man muß im Auge be- lialten, daß das „schon eine Angleiehung an die griechisch-mazedonische Weise sein wird, welche die Reiterei auf die Flügel stellt(^". Weshalb in aller Welt sollen die Perser die Auf.stellung von Kavallerie auf den Flügeln erst ihren Gegnern nachgemacht haben? Gibt es dafür irgend ein Quellenzcugnis? Nein. Gibt es dafür irgend eine sachliche Er- wägung? Nein. Mir kommt dieser Satz vor, als ob jemand schriebe, die Perser hätten dis Laufen und Gehen er.st von den Griechen gelernt. Es ist ja möglich, daß sie, wenn ihre Reiterei sehr stark war, auch im Zentrum Reiterabteilungeu gehabt haben. Im besonderen pflegte der König mit seiner berittenen Leibgarde im Zentrum zu halten. Aber das kommt hier ja gar nicht in Betracht. Nicht, ob auch im Zentrum Kavallerie stand, sondern ob auf den F^lügeln Kavallerie stand, und ob wir die Perser für taktiscli einsiclitig genug halten, zu wissen, daß Kavallerie gegen geschlossene schwere Infanterie in der FVont ohnmächtig, in der Flanke übermächtig ist') das ist die Fragestellung. Die Ant- wort kann um so weniger einem Zweifel unterliegen, als bei Kunaxa ausdrücklich berichtet wird, daß die Griechen vor einem solchen Angriff in Sorge gewesen sind. Die Perser haben hier den Angriff nicht aus- geführt, den Vorteil nicht ausgenutzt. Das ist aber bei dem Gange dfr Schlacht nicht so ganz unverständlich (vgl. das Nähere in meiner Gr- achichtc der Kncgskmwt). Auf keinen Fall beweist weder diese noch irgend eiiie andere Schlacht, daß die Perser den F'lankenangriff der Kavallerie und seine entscheidende Bedeutung überhaupt nicht gekannt, und daß deshalb Miltiades die athenische Phalanx unbesorgt ohne Flanken-

1) Vf^l. meiueu Aufsatz Antike Kavallerie, Kilo, BJ. X, 1910.

'22(i Huns Delbrüclc,

deckuiig in die freie Ebene hätte voifüliren diiifen. Da die Perser zu Scliiff gekoinineii waren, so war bei Marathon ilire Reiterei im Ver- hältnis zum Fußvolk gewiß nur mäßig stark, sagen wir ein Sechstel odei ein Zclintel des Fußvolks. Kroiiiayer hat es unterlassen, uns zu sagen, wie er sich das Zusammenwirken der persischen Fußbogner und Reiter, wobei immer auf 6 10 Fußbogner ein Reiter kommen würde, in der Front vorstellt: llir scheint eine solche Waffenkombination von vornher- ein unausführbar. Aber wie auch immer: daß die Perser, wenn sie eine Seldacht in der Ebene in Aussicht hatten, einen wesentlichen Teil ihrer Reiter auf die Flüge! stellten, um auf die feindlichen Flanken zu wirken, daß scheint mir unmöglich angezweifelt werden zu können. Die per- sischen Führer müßten vom Kriegshandwerk auch nicht das elementarste verstanden haben, wenn sie anders, wenn sie so verfuhren, wie Kromayer sich das vorstellt.

Was von dem Verhalten der Perser gilt, gilt aber ebenso auch von den Griechen. Auch Miltiades hätte völlig sinnlos gehandelt, wenn er so verfahren wäre, wie lii-omayer sich das vorstellt.

Ein Moment der Überlieferung, das von keiner Seite angezweifelt wird und als völlig zuverlässig gelten kann, ist, daß die Gegner sich mehrere Tage gegenüber gestanden haben, ehe es zur Seldacht kam. Das ist \on Seiten der Athener sehr natürlich, denn sie waien in einer vortrefflichen Stellung, hatten kfiiie Eile und warteten noch auf tlen Zu- zug der Spartaner. Weshalb kam es nun aber doch zur Schlacht, ehe die Spartaner angelangt waren? Meine Antwort lautet: weil die Perser zum Angriff schritten. Kromayer verwirft diese Konstruktion und will, daß die Athener freiwillig zur Schlacht in die Ebene hinausgerückt seien. Er sieht ein, daß das militärisch nicht zu begründen ist und nimmt des- halb das pohtische Moment zu Hilfe, das in der angeblichen Ansprache des Miltiades an den Poleniarchen überliefert ist. Die Athener fürchteten den Verrat in ihren eigenen Reihen: deshalb schritten die Feldherrn zur Schlacht, ehe die moralische Zersetzimg das Heer aufgelöst hatte. An- genommen, die Gefahr dieser moralischen Zersetzung wäre wirklich so groß gewesen, so kannten die Feldherrn sie doch von vorn herein und bemerkten sie nicht erst, als sie schon vor dem Feinde standen. Eine vernünftige Führung mußte entweder den guten Willen und den Schwung des Ausniarsches bciuitzen und die Schlacht herbeiführen sobald als irgend möglich, oder aber die Ankunft der Spartaner abwarten. Das Heer angesichts des Feindes mehrere Tage im Lager zu halten und dann doch nicht die Spartaner abzuwarten, sondern aus der sicheren Ver- teidigungsstellung herauszugehen und sich zur Schlacht zu stellen, das würde eine solche Unsicherheit des Entschlusses bedeuten, daß man nicht mehr versteht, wie eine so unfähige Führung ira Heer hat Vertrauen

Marathon inul die pcrsii^chp Taktik. 227

genießen und einen Siej;; erringen können. Nach zwei Stellen bei Plato sind die Spartaner bereits einen Tag nach der Schlacht angelangt; diese Überliefernng mag unglaubwürdig sein und es mögen noch zwei oder drei Tage vergangen sein, ehe die Spartaner anlangten. Jedenfalls wurden sie sehr bald erwartet. Die gesamte Mannschaft der Spartiaten war im Anzug; man weiß, welchen gewaltigen Respekt diese Kriegsgenossenschaft bei den anderen griecliischen Bürgerschaften genoß. War es wirklich an dem, daß das athenische Heer ungeduldig wurde, so genügte sicher der Hinweis auf diese nahe große Hilfe, es zusammenzuhalten, und wenn das nicht genügte, so hatte Miltiades das nachher von Pausanias bei Platää so glänzend verwandte Mittel, die Opfer nicht günstig worden zu lassen. Die Vorteile der Defensivschlacht mit gedeckten Flanken waren auf der Hand liegend wie ist es denkbar, daß Miltindes unter solchen Umständen das Heer in die Ebene gefüiut hat? Alles das sollen wir glauben, bloß weil das Grab der Athener in der Ebene ist und Kro- mayer sich nicht vorstellen kann, daß die Gefallenen am Ende und nicht in der Mitte des Schlaclitfeldes begi'aben sein sollen').

Kromayers Konstruktion führt aber noch zu einem weiteren direkten Widersprach mit den Quellen. So legendarisch die Überlieferung ist, so ist außer dem mehrtägigen Warten noch ein weiterer Punkt darin, der kaum angezweiffit werden kann. Das ist die Tatsaclie, daß nach dem Siege noch ein Kampf an den Schiffen stattgefunden hat, und daß die Athener sieben Schiffe erbeutet haben.

Bei meiner Auffassung ist sowohl der Kampf an den Schiffen so- wie die nur geringe Beute von sieben Schiffen, auch daß nie etwas von einer Beute an Pferden berichtet wird, ganz natürlich. Die Schlacht und unmittelbare Verfolgung erstreckte sich bis zum Soros; von da bis zum Schiffslager ist eine halbe Meile. Ehe Miltiades es fertig brachte, die Athener wieder zu sammeln, zu ordnen und zu dem neuen Angriff vor- zuführen, hatten die Perser Zeit, ihre Pferde in die Schiffe zu bringen, und die Griechen konnten nur noch sieben Schiffe festhalten. Als Zeug- nis, wie schwer es ist, Truppen nach gewonnener Schlacht zu weiteier

1) Die Tradition, dai5 die Athener die Schlacht in einer Detensivstellung geschlagen haben, ist in Athen nicht verloren gegangen und bei IS'epos aus Ephorus erhalten. Das Zeugnis ist als solches nicht durchschlagend, aber immerhin sehr gewichtig und Kromayer hätte es nach den Regeln methodischer Quellenforschung nicht mit Stillschweigen übergehen dürfen.

Die Ansprache, die Herodot Miltiades an den Polemarchen halten läßt, hat nur dann einen Sinn, wenn es sich um Schlacht oder sich belagern lassen handelt, bildet also nicht etwa ein Zeugnis für die OfFensivschlacht. Ist die Ansprache wirklich so gehalten, daraufhin die Schlacht beschlossen und dann doch mehrere Tage hinausgeschoben worden, so ergibt das ein zwar nur in- direktes aber sehr starkes Zeugnis für die Defensivschlacht.

228 Hans Delbrück,

Verfolfjnng- fortzureißen, habe ich eine amnsanfe Erzähhing Friedrichs über (Ion Aus');iiii)2; der Schlacht bei Soor angeftilirt. Solche Verfolgungen sincl ja auch si'lir selten in dei- Kriegsgeschichte. Kroinayer aber will, daß bei Maratiion die Verfolgung in einem Zuge fortgi'gangen sei. Da ist nun aber die geringe Beute der Griechen unerklärlich. Kroniayer verlegt deshalb in direktem Widerspruch mit den Quellen den letzten Kampf an den Eingang des Schiffslagers, den er sich befestigt vorstellt. Dieser Kampf verschafften dem Gros der Perser jene Zeit zur Einschiffung. Bei mir findet er es un- erklärlich, weshalb die Verfolgung in der Gegend des Soros ..plötzlich" auf- s^ebört iiaben soll. Das Wort „plötzlich" steht nicht in meinem Text, auch nicht dem Sinne nach. Jede durchgekämpfte Scldacht und jede Verfolgung, es sei denn, daß sie auf ein Hindernis stoße, hört nicht plötzlich, sondern allmählig auf. Nicht anders habe ich mir das vorgestellt und anders kann es auch nicht gewesen sein. Eine llopliten- Phalanx, noeh dazu Uiirgerwehr, die 1 V2 km weit fechtend und verfolgend vorgedrungen ist. ist aufgelöst, ist mit ihren ICiäften ziemlich erschöpft und bedarf einer Atempause. Kroniayer meint, bei Platää sei es anders gewesen; da habe die Verfolgung unmittelbar bis zum persischen Lager geführt. Aber erstens ist diese Feststellung doch keineswegs so ganz sicher, und zwei- tens hatte ja bei Platää ein großer Teil des griechisdieii Heeres entweder gar nicht oder so gut wie gar nicht gefochten. Platää bildet also keinen Gegeid)eweis, und da sowohl der Kampf an den Sihiffen wie die peringe Beute keinem Zweifel unterliegen, dazu von einem Kampf an dem Lager- eingang oder an dem noch davor liegenden Bach Charadra kein Wort berichtet wird, so bleibt als einzige Aidfabsung, die mit den Quellen ver- einbar ist und der Natur der Dinge entspiieht. daß die Schlacht in zwei getrennte Akte zerfallen ist. Die Zusammen/.ii'hung in einen forllaufen- den Akt, wie Kromayer sie vorschlägt, ist gerade bei seiner Auffassung, die die Schlaciit näher dein Schiffslager in die Ebene verlegt, am aller- wenigsten durchführbar, da die Beute der Athener dann notwendig hätte! größer sein müssen, namentlich die Perser unmöglieh alle ihre Pferde hätten retten können. Es wäre ja di'nkljai. (hiß sie sie selber sämtlich abgestochiMi haben, ehe sie in die Schiffe gingen, aber ein solcher Akt hätte doch wohl in der griechischen Überlieferung irgend eine Spur hinterlassen, und immer würde es unverständlich bleiben, daß die (iriechen nicht mehr Schiffe erbeuteten.

Kromayer macht mir und ich mache ihm den Vorwurf, willkürlich mit den Q>ncllen umzugehen. Die Entscheidung, wer bei dieser gegen- seitigen Anklage im Kecht ist. wird letzten Endes davon abhängen, wer im Technischen, dem Taktischen und Strategischen, die tieferen Kenntnisse und das geschultere Urteil hat. Penn mir mit Hilfe der Sachkritik kauTi die Quellenkritik richtig gehandhabt und von jeder Willkür befreit werden.

8

Marathon und <lii' pfrs/f;r/ir Tiiktih. 22!)

i\[aiatlioii gii)t fiii' unseren Gegensatz ein Scluilbeuspici. Wir sind heide darin einig, den Aciit-Stadien-Laufsclu'itt als eine technisclie ünmöglicldceit zu verwerfen. Wir verwerfen auch Beide die P^rzählung Herodots, daß die nielirtägigc Verzögerung der Sclilaclit verursaclit sei durch den Ehrgeiz des i\[iitiades, der die Sciilacht an dem Tage schlagen wollte, wo er nicht nur sachlich, sondern aucli formell das Kommando hatte. Kroniayer aber läßt von diesem Yolksuiärchen die Tatsache stehen, daß Miltiades die Schlacht beschlossen, und schließt daraus weiter, daß er eine Offensiv- schlacht geschlagen habe. Ich halle ans technisch-taktischen Gründen die Offensivschlacht für unmöglich, gehe also in diesem Punkt tatsächlich in der Verwerfung der herodoteischcn Üijerlieferung einen Schritt weiter als Kroniayer. Kromayer wiederum verwirft, weil die Konsequenz seiner Auffassung dazu zwingt, den Kampf an den Schiffen. Diese Korrektur der Überlieferung scheint mir methodisch unerlaubt und wilikiuiicli, weil kein Grund abzusehen ist, weshalb die Volksplianlasie gerade diese Kampfes- hilder hätte erfinden sollen, wenn der wirkliche Kampf an der Charadra und an dem befestigten Lagereiiigang stattgefunden hätte. Die falsche Vorstellung von der persischen Taktik führt zwangsläufig zu der falschen Quelleni)eliandlung. Die Vorstellung von der persischen Taktik, wie ich sie vertreten habe, nötigt an keiner Stelle zu einer Abweichur.g von der Überlieferung, die nicht psychologisch verständlich wäre, und erweist sich dadurch als richtig.

Berlin-Grunewald.

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Zum ältesten Namen von Kypros.

Fritz Schachermeyr.

Seit W. M. Müllers erstem dahingolieiiden Vorschlage ') hatten sich nach einigem Sciiwanken die Mehrzahl der Forscher dazu entschlossen, in dem AUiUia {'-r-s') der Hieroglyphen und Keilschrifttexte die alte Be- zeichnung der Insel Kypros zu sehen und auch Asij (hii) der ägyp- tischen Inschriften damit gleichzusetzen 2).

Gegen diese Annahme ist nun im XIV. Bande dieser Zeitschrift'^) Waiuwright in seinem Artikel „AlaSia-AJasa; and Asy"' aufgetreten. Derselbe ist der Ansiclit, daß wir weder in AlaSiu noch in Asi/ Kypros zusehen hätten, AlaSia sei vielmehr an der syrischen Küste süd- lich der Orontesmündung, A^y am gleichen Gestade nördlich davon zu lokalisieren. Als Gründe für die Verlegung von AlaSui werden angeführt :

1. Das für Alasia belegte Kupfervorkommen spricht ebensogut für Nordsyrien wie für Kypros 2 und 4);

2. die für Alasia bezeugten Lieferungen von Elfenbein nach Ägypten setzen das Auftreten von Elefanten im Lande voraus; diese gab es aber nachweislich am Euphrat und etwa auch am Orontos, nicht aber auf Kypros 3);

3. das hebräische Elisah (~^";?>") tritt Genesis 10 neben Kittim (□\"1D) auf und kann somit nicht Kypros bedeuten 9);

4. der Mangel an keiiinschriftlichen Funden auf Kypros läßt sich nicht vereinen mit dem Vorkommen zahlreicher Tontafeln aus Alasia im El-Amarna-Archive 10);

5. die geographischen Listen der XIX. ägyptischen Dynastie legen die Lokalisalion Alasias an Syriens Küste nahe ( § 12);

6. wenn man in frühgricchischer Zeit in Tamassos einen Apollon Alasiotas verehrte, so verweise gerade der Beiname auf die Einführung von auswärts, da er in der Heimat desselben nicht bedürfe (§8);

1) Zeitschr. f. Assyriohgie X, S. 257—264.

2) So Edu.ivd Meyer, zuletzt Geschichte des Altertums 1,2 (III. Aufl.), §499; O. Wobor, Torderasialisehr Bibliothek II, 2, S. 1077.

3) Klio, Beiträge zur .alten Geschichte, Jahrg. 1915, S. 1—30.

Frits Schachermci/r, Zum ältesten Namen von Kypros. 231

7. El-Amarna Nr. 35, ZI. 49 53 wird dahin ausgelegt, daü der König von Alasia dortselbst viel zu weitgehende Antoilnalmie an der politischen Lage in Sjrien zeige, als daß gleiches für einen an festländischen Ereignissen uninteressierten kypiischen Insel- fürsten zuträfe 13).

Für die Versetzung von Asi/ nach Syrien führt Wainwright die gleichen Argumente an, als wir unter 1., 2., 4. und 5. bereits aufgezählt').

Alasia und Asy zu trennen, genügt ihm die Tatsache, daß für letzteres Bleilieferungen nach Ägypten belegt sind, für ersteres aber nicht. Um gleich hierbei zu bleiben, so ist Wainwright zuzugeben, daß die ül)ereinstimmenden Nachrichten über Alasia und Asy ebenso wie die Feststellung der ägyptischen Philologie über die mögliclie Wesens- verwandtschaft beider Namen keine unbedingte Beweiskraft für die Identität derselben behalten. So sei es denn auch dem peisün- lichen Geschmack des Einzelnen anheimgegeben, das oben angeführte Argument als entscheidend anzunehmen oder aber zu verwerfen.

Kehren wir nun zu den Alasia betreffenden Funkten zurück.

Ausfulir von Kupfer wird trotz syrischem Kuhas.sc und Chalkis in erster Linie immer für Kypros sprechen, sofern uns nicht im folgenden gewichtige Oegenaiünde entgegentreten.

Ausfuhr von Elfcnliein verweist dagegen allerdings auf das Fest- land, jediK'h ist gerade dieses Material im 2. Jahrtausend v. Chr. neben Kupfer und Silber der wichiigste internationale Handels- und Zahlungs- artikel, der, von Hand zu Hand gehend, sogar von den Gesandten aus Kaphtor (== Kreta, s. u.) den Ägyptern überbracht wird. Zudem weisen die bei den in Kypros angestellten Raub- und Ausgrabungen gefundenen Elfenbeingegenstände auf ein so hoch entwickeltes, bodenstfindiges Kunst- liandwerk dieser Art, daß es uns niciit Wunder zu nihnien hat, wenn Elfenbein gerade in der Handelsbilanz unserer Insel eine große Rolle spielte.

Eiisah kommt im Alten Testament Genesis 10, 4, 1. Cliron. 1, 7, Ezechiel 27. 7 vor. An allen drei Stellen wird im unmittelijaren Zusammen- hange damit Kittim genannt. Wenn nun auch Kypros bei den Hebräern sicherlicii mit diesem letzteren Namen bezeichnet wurde, so schließt ge- rade die zu jenen Zeiten notorische ethnographische Zweiteilung der Insel eine Doppelbenennung nicht aus, um so mehr Kittim ohne Zweifel von Kition, der Kapitale gerade des semitischen Teiles, ab- geleitet ist. An der syrischen Küste braucht Eiisah jedenfalls nicht gelegen zu haben. Überhaupt ist dessen Identität mit Alasia noch nicht bewiesen, und es sprechen gewichtige Gründe dafür, in ersterem nicht Kypros, sondern Karthago wiederzuerkennen'-').

1) Dazu finige Ililfsarguuicnte; vgl. zu diesen das S. 234 Gesagte.

2) So Eduard Meyer, Gesch. d. xiltcrlums I, 2, § 409 A.

232 Fritv Scharhrrmei/r.

Was das Fehlen von keilinseliiiftiiclicii Funden auf Kj^iros anbetrifft '), so wuideii aus dem 'J. Jnhvtau^oiid stammende Wolm- schiohten dortseihst übeibaupt noch nicht ausgegiiiben, während die Spezies des titnluf; scpulcral/s jenen Zeiten wenn wir von Ägypten abseben noch unbekannt w^ar. Zndeni steht auch an j!;riindlich aus- gegrabenen Orten die geringe ]\Ienge der gefundenen Tontafeln in keinem Verhältnis zum einst reichlichen Gebranch der Keilschrift, wie uns die in Syrien gemachten Erfahrungen lehren. Dort lieferten Tell-Gezer und Tell-el Mutesellini kein einziges diesbezügliches Dokument, während wir im P]l-Ainarna-Archiv vier Eriefe aus Gasri (E. A. 297 300) und aus Megiddo deren sechs (E. A. 242-24tl; 2J<S) kennen lernen. Für Lakis (Tell-Hasi) steht ein ausgegrabener Brief zweien aus El-Amarna gegen- über. Nur zu Ta'annak fand man eine größere .Anzahl von Texten.

Da Wainwright aus den geographischen Listen der XIX. äg. Dynastie Beweismaterial für die Lokalisierung von Alasia wie von Asy in Syrien ziehen zu dürfen glaubt, erscheint es angezeigt, über die Ver- wendbarkeit dieser List; ii im allgemeinen sich klar zu werden.

Zur Zeit der XV 111. Dynastie hatte sich die ägyijtische Herrschaft über weite Gebiete Vorderasiens erstreckt. Die Inschriften der damaligen Zeit halten sich von prinzipiellen Fiktionen fern, wenn sie auch nicht frei von graduellen L'bertreibungeu sind. Das Gesagte gilt auch noch von der Zeit des Niederganges der außenpolitischen Geltung Ägyptens unter Amenophis III. und IV.. der in den Inschriften natürlich nicht be- tont aber auch nicht durch Lügen verschleiert wird. Die XIX. Dy- nastie setzte es sich nun zum Ziel, die Weltstellung in Asien wieder für Ägypten zurückzugewinniMi und dem vorausgegangenen Königshause an Macht und Ruhm cleichzukomnien. Die darauf abzielenden Versuche wurden jedoch im mittleren Syrien von den Haiti aufgehalten. Die In- schriften dieser Zeit können es aber nicht über sich bringen^ hinter denen der XVIU. Dynastie zurückzustehen, und so Averden die Namen aller jener Länder, mit denen die XVIII. Dynastie einstmals irgendwie in Berührunti gekommen war, aus deren Inschriften entnommen, zu Listen vereinigt, als von der XIX. Dynastie erobert in deren Prunkinschriften angeführt. So erklärt es sich auch, daß unter der XIX. Dynastie wieder- holt noch Kephtiu (Kaphtor, Kreta) genannt wird, obwohl bereits gegen Ausgang der XVIII. Dynastie (etwa zu Anfang der Regierung Ame-

1) Auch Hall in den Proceedings of the Society of Biblical Archniohtji/ TiX'S.l (1009), S. 228 nimmt merkwürdigerweise das Fehlen von koilinschriftlichen Funden auf Kypros zum Anlaß, Alasia auf das Fe,st.land zu versetzen. In seinem Buche Tiie ancicnt hisiory of thc near cast S. 2^6 A. 1 schließt er sich weiteren Thesen Wainwrights (den unter 2 und 7 auigeziihlten) an und mißversteht E. A. 144, 51 53. Ich komme S. 2.38 Anm. 1 nochmals auf seine Annahmen zurück.

8

Zum (iliesten Naiiwit von Ki/pros. SSU

iiopliis 111.) Kretas politische und Sccgeltung wie sein Wohlstand ver- nichtet worden und die Herrschaft über die Ägäis an Mykenä, vielleicht das Dann na der Aniarnatafeln '), übergangen war^).

Natürlich können wir nun nicht erwarten, daß in diesen aus altem Material wahllos zusaniinengesleliten Listen auf das geographische Ord- nuugsprinzip besonderen Wert gelegt worden sei. Man vergegenwärtige sich zu diesem Zwecke nur: Ranises 11. anc. rec. 3(36: Naharina Unter- Ratemi— Arvad Kcfihi Qafiia; oder Lepsius, Denkmäler 111, 131a: ff eta— Naharina Alasa Akko. Wenn nun in einigen Inschriften dem

1) FA-Amarna 151, 40fi'. antwortet Abdi-milki von Tyros dem Pharao auf Jpssnn Bel'ohl, man möge ihm Nachrichten aus Kinahhi zukommen lassen: ,.DerK(Jni!i; voiiDanuna ist tot und sein Bruder ist König geworden nach ihm lind ruhig ist sein Land. Und Ugarit, die Burg des Königs (des Pliarao) hat Feuer verzehrt. Die eine llälfte hat es verzehrt, die andere nicht. Und das llattiheer ist nicht da. Etakania ist Herr von Kid?^i und Azira hat Feind- schaft mit Namiawaza usw. usw."

Nun spielen unter den Seevolkern, die zur Zeit Harases III. Ägypten be- drohen, die Danuna (ilg. iC-ln-iw-n') eine Hauptrolle; man hat dieselben mit Recht mit den Danaern des griechischen Altertums zusammengestellt (traten doch damals auch die 'A-/<cioi als Akaiwasa den Ägyptern entgegen). Es liegt nun durchaus im Bereiche der Möglichkeit, daß das Danuna Abdi-Milkis mit dem Laude der Danaer identisch ist, um so mein-, als denj Orientalen jener Zeiten jeder König als Herr des Landes und nicht des Volkes vor Augen steht (es gibt keinen König der Assyrer oder der Ägypter, sondern nur einen solchen des jeweiligen Landes) und man so in Tyros aus einem Könige der Danaer recht wohl einen solchen von Danuna (mit der suspekten Endung -na; vgl. über dieselbe Lehmann - Haupt, Klio VIII, S. 507 und Art. Khnmcrier, SA 1921 aus Pauly-Wissowa Tili XI, S. 403; ferner Peiser wie Herzfeld Orient. Lit.-Ztg. 1919, Sp. 8 und 217) machen konnte. Die griechische Sage verweist uns nun für Dauaos und Danaer nach Argolis; das stimmt mit unserer Hypothese aufs trefflichste überein: L1er Brief des Abdi-milki ist an Ameuophis IV. gerichtet, stammt also aus der Zeit, da Kretas Vorherrschaft in Griechenland bereits gestürzt und Mykenä (mit Tiryus) an dessen Stelle getreten. Wenn nun Abdi-Jtilki von einem Regierungswechsel in Danuna berichtet, so mag er recht wohl ein diesbezügliches Ereignis am Hofe von Mj-kenä im Auge haben, um so mehr als derartige Nachi'ichten im Küsten- verkehr früher nach Syrien als nach Ägypten gelangt sein müssen. Er ent- ledigt sich somit seiner Pflicht als Borichterstattor in der Weise, daß er zuerst Nachrichten aus dem fernen Westen (Danuna), dann solche aus dem Norden (Ugarit und Haiti), schließlich lokale Begebenheiten aus Kanaan mitteilt.

2) Die Stellen, in denen Keftiu auf Grund realer Ereignisse (zumeist Ankunft von Gesandten) genannt wird, lassen sich mit Sicherheit bis auf Amenophis II. verfolgen; die letzten Herrscher der XVIII. Dynastie nennen das Land überhaupt nicht. Erst in den Inschriften der XIX. Dj'nastie tritt der Name wieder und zwar häufig auf, aber nur in den gcogi-aphischen Listen und niemals an einer Stelle, die uns berechtigte an dem rein fiktiven Charakter der Angabe zu zweifeln.

Klio, Beiträge zur alten Geschichte XVll 3/4. 16

4

234 Fritz Schachermeijr,

geographischen Prinzip in etwas weiterem Maße Rechnung getragen ist, so nützt uns das wenig, da wir gerade bei dem Auftreten der zahlreichen unlokalisierten Ortsnamen nicht imstande sind, zu ermessen, wie weit Ab- sicht oder aclitloser Zufall bei der Aneinanderreihung am Werke war.

Haben wir somit den trügerischen Charakter der geographischen Listen richtig erkannt, so fallen damit die Argumente, die Wainwright aus ihnen für die Versetzung Alasias nach der syrischen Küste südlich des Orontes und von Asy nach der gleichen Küste nördlich des Flusses gewinnt').

Die Erwähnung des Apollon Alasiotas in der griechisch-ara- mäischen Bilinquis von Tamassos bietet nach Ansicht der meisten Forschor ein sicheres Kriterium für die Gleichsctzung von Kypros und Alasia, nach Wainwright ein Argument gegen dieselbe. Beide Parteien gehen, wie im folgenden gezeigt werden wird, zu weit.

Gottheiten nach ihren jeweiligen Verehrungsorten zu bezeichnen, ist ein dem orientalischen wie dem griesischen Altertum geläufiger Gebrauch. Diese lokale Determination schloß dann häufig eine Art Rangbczeich- nuiig mit ein. Ein und derselbe Gott als Schutzherr einer bedeutenden Stadt galt für mächtiger wie der einer minder wichtigen. Solches tritt uns besonders im hattischen Pantheon entgegen: dort überragte der SamaX von Arinna alle anderen Soiinengottheiten des Landes an Macht, und sicherlich galt auch der Tesup von Haiti mehr als etwa der von SamvJja oder von Liljzina-). Gleicherweise ist der TeSup von KaJjat als offizielle Hauptgottheit von Mitani anerkannt. Ähnliche Beispiele lassen sich aus der griechischen Kulturwelt beibringen; es sei hier aber nur noch auf die im Range so hoch stehende Aphrodite von Paphos hingewiesen. Die lokale Determination ist somit auch Rangbestimmung und zwar vor allem dann, wenn es sich um die Gottheit der Landes- stadt oder des jeweiligen Hauptkultortes handelt.

Nun haben wir Grund zur Annahme, daß die einstmalige Haupt- stadt von Alasia ebenfalls Alasia geheißen habe, denn in einem in

1) Damit erledigt sich auch, was W. an Hilfsargumenten wie die Heran- ziehnug der Dhutraes-Auiialen (achter i;nd neunter Feldzug) und die Gleichung Asy ^ El-Asy beigebracht hat. El-Asy, der moderne Name des Orontas, geht natürlich auf klassisches 'A^to<; zurück.

2) =^ rljsn der ägyptischen Version des Eamsesvertrages; iie diesbezügliche Identifikation fehlt bei Meissner, Ztschr. d. B. Morg.-Gcs. 1918, S. 57 und ebenso bei Reeder, Ägypten und Hethiter (Alter Orient XX), S. 4-1. Gleicherweise ist hier wie dort nachzutragen; dp'rnd— Zi-ip-pu-la-an-ia (K. Bo. TT, 12: V, 14; Ä'. Bo. TT, 5: Tn, 15; K. Bo. IV, 10: I, 52; K. Bo. IV, 13: H, 10. IH, 2il: IV, 15) und vielleicht s Ij p n ^ Za-n^-bi-nn, (K. Bo. l, 6: TV, bb) falls das erstere Zeichen, das an zab oder e gemahnt, etwa za zu lesen wäre. Schließlich ist nun auch Ka-ra-ai-na (K. Bo. lU, (5: 11, 15; K. Bo. IV, 1.^: I, 35) für hrjjn endgültig belegt.

Zum (ilfpsien Namn)i von Ky/nas. 235

Boghasköi gefundeiiem Texte wird eine Sladt Alasia erwähnt ( Keilsehrift- iexte mis Boghasköi, IV, 1 Rs. 39: s. u.). Wenn wir auf Kypros aus frühgriechischer Zeit von einem Apollon Alasiotas hören, so handelt es sich zweifellos um eine ursprünglich vorgriechische, erst nachträglich mit Apollon identifizierte (iottheif), es handelt sich aber jedenfalls auch um die Hauptgottheit des einstigen Staates Alasia, wie sie durch den Schutzgott der gleichnamigen Stadt repräsentiert worden ist. Somit ist die Bezeichnung der Gottheit als alasiotische, da Rangbezeichnung, im eigenen Lande durchaus nicht überflüssig (ähnliches gilt ja auch für die paphische Aphrodite) und mag in späterer Zeit, da Stadt und Staat Alasia längst der Vergessenheit anheimgefallen, wegen ihres Alters mit besonderer Ehrfurcht verehrt worden sein.

Immerhin ist das eine zuzugeben, daß die in Frage kommende Gottheit (gerade wegen ihres offenbar hohen Ranges) wohl auch außer- halb ihrer Heimat verehrt werden konnte und damit hört Apollon Alasiotas auf, einen unbedingten Beweis für die Identität Kypros-Alasia zu bilden, läßt allerdings dieselbe noch immer als höchst wahrscheinlich erscheinen.

Nun zum letzten, nach Wainwrights Ansicht wohl ausschlaggebenden Beweis. Der Fürst von Alasia .schreibt E(lj-A(marna) No. '35 an den Pharao, er möge doch mit den Königen von llatti und Sanhar in keinerlei Verbindung treten. Nach W. ist es nun ganz unmöglich, daß der Fürst von Kypros solches geschrieben haben kann, denn für diesen hätten die Beziehungen Ägyptens zu Hatti und Öanhar, das er nach Obersyrieu versetzt, keinerlei Interesse.

Einmal die Lage von Sanhar. Das in Syrien gelegene Zinzar (E. A. 53, 12 Zi-in-za-ar; äg. Tntjr) kommt aus lauthchen Gründen kaum in Betracht. Um so wahrscheinlicher ist bei der häufigen Indentität von keilinschriftlichem Ij und hebr. V die Gleichung Sanljar = Sin'ar ("ly-.^), bezw. ägypt. iS"-« -(/-;'. Daß nun unter dem S'-n-g-r' der Dhutmes-Annalen Babylonien zu verstehen ist. kann kaum bezweifelt werden. Wohl aber mag diese ägyptische Ausdrucksweise eine inkorrekte sein, denn eine Tontafel aus Boghasköi nennt uns Bahiln und Sanhar nebeneinander ^j. In Anbetracht dieser Tatsache und angesichts der Ähnlichkeit des Namens

1) Über deren Wesen uns das ararnftisolie Äquivalent. Rsp einiges ahnen läßt: oder sie ist gleich dem kleinasiatischen Apollon.

2) Winckler, zitiert bei O. Weber a. a. 0., S. 1082:

ZI. 1. ASSur, Babilu ">"< "' 6a-an-lja-[arJ. ,, 2. [ 1 ia "'"' Al-zi-ia ""»' «' Pa-pa-a1j-J}i.

3. [ j '""' "' Lu-id-lu-PI '"«' «' Ar-za-wa.

In diesem Texte finden wir (in '""< "' Papahbi) das erste Mal auch das l;eil- inschriftliche Äquivalent von Papeh (cf. Lepsius, Denkm. 131a; 129. Roselini, Mon. Stör, S. VXI).

16* 6

236 Fritz Sc!i<icher)iirj/r.

mit dem (Gebel-)Siiigar erscheint es möglich, Öanhar als einen Meso- potamien gemeinhin bezeichnenden geographischen (?) Terminus zu fassen, der dann in Anwendung auf die politische Geographie sowohl auf Baby- lonien als auch auf andere mesopotamische Staaten, somit insbesondere auf Mitani übertragen werden konnte. Auf Mitani bezieht denn auch 0. Weber das Sanhar unseres Amarnazitatcs').

Kann nun, wie Wainwright annimmt, es dem Fürsten von Kypros gleichgiltig gewesen sein, ob Ägypten mit llatti und Mitani in freund- schaftliche Beziehungen trat^j?

Die Aniarnabriefe lehren uns deutlichst, daß zur Zeit Amenophis IIL zwischen Ägypten und Mitani geraume Zeit Kriegszustand bestand. Nach- dem es aber im weiteren dem llatti-Könige .Suppiluliuma') gelungen war, den mitanischen Einfluß aus Syrien zu verdrängen, tritt das Hatti- Reicli als Haiiptgegner Ägyptens in Vorderasien auf^). Solange nun zwischen den asiatischen Großmächten und Ägypten Kriegszustand bestand und eine (in Syrien gelegene) Kampfzone die beiden Lager schied, ermangelten die Bedingungen zur Anbaiinung eines geregelten Handelsverkehrs zu Lande zwischen Kleinasien bezw. Mesopotamien und dem Nillandc. Derselbe war vielmehr in) wesentlichen auf den Seeweg angewiesen und aus diesem Umstände muß Kypros als der prädestinierte neutrale Zwischcnliändler die allergrößten Vorteile gezogen haben. So ist es denn erklärlich, wenn der König von AJasia an den Pharao sclireibt:

Mit dem Könige von Hatte und dem von Sanhar

mit ihnen tritt nicht in Verbindung

was immer für Geschenke gesandt worden

an mich und ich habe sie zweifach dir

zurückgegeben'').

1) Vgl. dessen Artikel a. a. O. 108— lt)83

2) Die folgenden Austülnuugeu gelten auch für die, welche die Gleiclnnig Mitani-Sanhar ablehnen.

3) So wohl richtiger als ^^iihbiluliuma.

4) Wir erfahren ans der Zeit der an.'^gohenden Regierung Amenophis III. und der Amenophis IV. von einer ganzen Reihe von Hatti-Einfiillen in «yrien; dieselben '^ind aber durchwegs jüngei als ähnliche Unternehmungen von selten Mitanis.

Eine eingehende Behandlung der Chronologie der El-Amarna-Briefe samt geschichtlicher Auswertung kann ich in Aussicht stellen.

5) 35, 49 itti äarii •'""" Hatte u Mi Harri '"«'■' Sanljar

ittiSiiHU la taSakin anaku minummr Mmanii Sa uSebilu ana iaSi u unaku 3iu aaa mulfljika uteiriu.

Zum ältcs/cii A'aiJKu tun Ki/pruy. 237

Wir können sogar noch weiter gehen und üi>erhaupt darauf ver- zichten, der zitierten Stelle pulilisclie Bedeutung heizuniessen; diesfalls hätten wir dann hiAdin in kumuierzielleni Sinne zu verstehen und da iiiliiiai'H wohl eii|»licniistisch für Ware stellt, wäre dann etwa folgetider- niaßen zu interpielieren: Treibe nicht Handel mit den Febtlandsuiächtcn, da du iliK-li i«'i mit den liiiclisten (iewinn erzielst.

ISun sehen wir die .\ufforileriiiiji des Königs von Alasia in ganz neuem Lichte und damit ist das letzte Arirumeiit. das für Wainw^rights Ansicht zu sprechen schien, gefallen.

So ist es uns i'enn gelungen, die (jegengrniide zu widerlegen, und z. T. sogar inii ihrer Hilfe die (ileichung Alaiia-Kypros aufs neue w.ilirscheinlich zu machen, über eine allerdinf.'s äuLierst holie Walirschciii lichkeit kommen wir allerdings mit Hdfe des positiven Beweisiiialenals nicht hinaus (das gilt wie oben gezi'igl. auch für Apollon Alasiniasi: dagegen köintcii wir uns duich ein«- t'jrwäj^ung negativer Natur unlxMliMgti' SicIierlnMl \-ersc haften.

Die völlige Übereinstininiuiiü der kietischen l-'undi' (Laie Minoan I und W) mit dorn Befunde i\Qf ägyptischen (irabf renken, die Gesandte und Geschenke aus Keftiii darstellen, läßt es als sicher i rscheiru-n. daß die Ägypter mit „Kefliii" die dem niinoischen Knllui'kreiso anyciiörigen Länder bezeichneten. Nun ist Keftiu, das Ka])lit(M der IJibel uiul Kaptara der Assyrer'). nicht Volks-, s(n)dern L.i iid(>sname. kann als solcher nur zur Bezoiclinung eines Landes bezw. Landkomiilexcs, somit wohl Kretas und etwa der benachbarten Gebiete gedient haben. Daß sich die Verwendung des Namens auch auf Kypios au.sgedehnt hat. ist dagegen nicht anzunehmen, denn diese Insel war infolge ihrer geogra- phischen La^e nahe der syrischen Küste, den durch die damalige, primitive Küstenschiffahrt i^eschaffcnen Verhältnissen entsprechend, den Ägyptern viel zu bekannt, als daß sie nicht eine Soiiderbenennuiig hiitte erhalten müssen; zud<'m ist Küstenschiffahrt vonuisgesetzt die Entfernung Kreta - Kypriis kaum geringer wie die Kypros— Ägypten^).

Kann der Name Keftiu aber für Kypros nicht in .\uspruch genommen werden, so muß die Insel in den ägyptischen Inschritieii unter einem anderen Namen gesucht werden, und nun kommen nur deren zwei in Betracht. Alasia und Asy. Wären dio.sc beiden nicht identisch mit unserer Insel, so fehlte uns vras ganz unmöghch deren Name in der

1) Vgl. K Ei.'^lors AnkiiiKligung von E. Forvcrs Entdeckung in Fest- schrift für Ldinwnn- Haupt, S. 21.

2) Dabei muß Kyprorf viel früher in den (iesichtskrois Ägyptens gokonuneu sein al.s Kinta, kaum später als die phönikische Küste selbst (vom Stavrovuni, dem Aussicbtshtrge von Larnaka, sieht mau die Kette des Libanon!).

8

238 Frifz Scliachenaeijy,

ägyptischon Literatur iibeiliaiipt')- Wenn aucli negativ, so ist dieser unser letzter Beweis nichtsdestoweniger von eiitsclieidender Bedeutung; in dieser Form noeh niemals ausgesprochen, mag er als Enthymem schon für alle jene gegolten haben, die sich für die Gleichung Alasia- Asy-Kypros ausgesprochen halten.

Wie nicht arnh'rs zu erwarten, wird Alasia auch in den neu veröffent- lichten Boghaskiiilexten einige Male erwähnt. So in einem Briefi':')- fragmente K. Bo. \. •2ti ZI. 3; dann K.Bo. II, 'J Col. I, 7 mit vielen anderen Städten zu einer Liste vereinigt, deren Zweck noch nicht hin- reichend geklärt ist 2) --. \m\ hohem Interesse ist schließlich in dem von K. Forrer lin Autographie) veröffentlichten Texte: „Wenn sie die Bnlk'ii nierh rJecji ii- (K. Bo. IV, 1) jener Teil, der von den Bezugsgebieten verschiedener Mineralien handelt (Vs. 85 ff.). Es wird darin auch Alasia und zwar als Bezngsfiuelle von Bronze {^'^i'dv UD-KA-BAR) genannt: LRruv UB-KA-BAU '"" A-la-sl-ia-m i'"'-«-*« Tag-ga-tn-a- u-te-ir. Auf deutsch dürfte die Stehe lauten: ans (der Stadt) Alasia, (vom Berge) Taggata hat man Bronze gcbracld'^). Bemerkenswerterweise wird von der Stadt und nicht vom Lande gesprochen.

1) Das in eleu Bliiitmes- Aniialen erwähnte . . tcnai kann als die von den -Vtcvptern ciebranclite einzige Bezeichnung i'ür Kyja-os nicht in Betracht kommen, da der jSame nur ein einziges ^lal in der ägyptischen Literatur vorkommt. Kyprns aber öfter genannt sein müßte (gegen Hall, Ancicnt hisiory. S. '243).

■2) Vgl. Hroznys Bemerkungen zu ehu in Boghazköi-Sindien II, S. 182.

ii) ü-te-ir hat Ilroziiy bereits Bogh.-St. II, S. 229 (zu Kedarhriftlrxte. aus Bngh. II, •"). I. 8) mit ,.sio brachten" übersetzt; das stimmt trefflicli zu unserer Stelle. In der EnduTig -az sehen wir mit Herbig, Gölt. Gel. Anz. 1921, 8.206, Sommer (Bogh.St. III, 1) und Marstrander den Ablativ.

In den neu erschienenen beiden Heften der Keihchrifltexte tnis Bnglutuhiiii IK.Bo V und VI; Autogrnphien von F. Itrozny) wird, soweit ich sehe, Alasia nicht genannt. Dagegen kommt das oben (Anm. 3) besprochene ü-te-ir einige Malt- vor und zwar iu einem Zusammenhange, der auch die Übersetzung „sie sandte!'/' neben der gesicherten „sie brachten" möglich erscheinen läßt:

K. Bo. V, C. Col. I, 135 f: na-at lS[TU ] MA-IJAR A-BU-IA ü-tc-ir.

Bic.'iefa) VO[N .] VOR MEINEN VATER brachten (sandten) sie.

K.Bo V, ü Col. II, 23; nu A-NA A-BI-IA me-mi-an ü-tc-ir. Nun AN MEINEN VATER .landten (!) sie Bvt.sclwß.

K. Bo. V, G t'ol. HI, liifl'. : pa-/i-ir MAT "'" Ani-l,a GUL-ah-Jji-ir nu NA M-BA ^^s GUT) CDU EGlR-pa MA-JJAK A-BU-IA ü-te-ir. Sie zogen (ans), schlugen das Land Amka nieder, BEUTE, GROSS- (vnd) KLEIN- VIEH HER von MEINEN VATER brachten sie.

Zum äifcslat Namen mii Ki/prn.s. 239

Weitere Aufschlüsse über Alasia dürfte schließlich der noch un- veröffentlichte Text Bo. 2127 bringen; vgl. hierüber Ilrozny, Boghasköi- Sfttdien I, S. 99: 11, S. 160^).

Innsbruck.

1) In meinem jüngst in der OrimiaUstischen TAteratitrzeUancj C Jahrg. 1921 Sp. 6G 70) orschien(?nen Artikel Ein neuer Ifntli-Könifi, sind infolge widriger Umstände, die mir die Möglichkeit hinreichender Korrektur benahmen, eine Anzahl von Druckt'ehlern stehengehliehen; ich nehme hierorts Gelegenheit, dieselben, soweit sie sich im akkadischen Texte befinden, zu verbessern. Man lese :

Sp. 07: u)j-tal-liq Sp. 68: ill-li-ga] iilj-tal-liq-iü ajlam '"•". Sp. 69: T Hu-[a]t-tu-si-li-mii mi-üri-Sü is-kuun. Sp. 70: QAR-QAR.

Zu den dort zur Sprache kommenden Problemen geben uns die neuen Texte (s. S. 238, Anm. 3) einige neue Aufschlüsse. So erweist uns K. Bo. V 28 die Tatsache mit Sicherheit, daß der von .Suppilnli uma so häufig erwähnte Vater eben Hattu.Ml (II.) ist, was wohl als wahrscheinlichste Vermutung fast allge- mein schon angenommen war, jedoch bisher noch des strikten Beweises be- durft hatte.

Das Praeskript des Erlasses Ä^. So. '28 lautet nämlich:

ZI. 1: UM-MA ta-ha-ar-na ' }Ia-[at]-tu-si-U LUGAL GAL LUGAL MAT "'" Ihi-at-ü

UR-SAG ,, 2: KA-RA-AM •'" UD "'" A-!i-i[n-nii] ''" U "'" Ne-vi-iq Ü ''•' IST AR <"" Sa-mzi-Jja ,. 3: MAR ' Mur-m-U LUGAL GAL LT [GAL MAT "'•' Ha-]nt-li UR-SAG MAR-

M AR-SU SA -f Sii-up-pi-lu-li-u-mn LUGAL GAL 4: LUGAL MAT""' Ha-at-ti UR-[SAG mAR-MAR]-MAR-SÜ SA ' Jffa-at-iu-si-li

^^WORTLAUT des Erlassrs de.'i Hattusil ,lcs GROSSÄÖNIGS, KÖNIGS des HATTILASDES, des IIELllEX -des LIEBLINGS des SONNENGOTTES von ARINNA, lies TESUB von NERIG UND der ISTAR von SAMUIJA, '■>SOUN des Mursil des GROSSKÖNIGS, KÖNIGS des flATTILANDES, des HELDEN, EN- KELS DES i^UPPlLULlUMA, des GROSSKÖNIGS, ^KÖNIGS des HATTILAN- DES, des UEL[DEN, URE]NKEL DES Haltusil ..."

Die Ergänzung der vierten Zeile ist nicht anzuzwiifeln: in dieser nennt sich Hattu.sil III. nicht wie in anderen Praescripten den «Sproß" sondern ge- radezu den „Urenkel'' Hattusils IL

10

240

Mitteilungen und Nachrichten.

Libanios und die Alemannen. Von Wilhelm Göz.

lu soiiierii Biiclie, Wiflschaftliche und sociale Grundttiffen ihr europUisfhcn Kulturcntu'i/'klung I, 1918, stützt sich A. Dopsch S. 250 auf zwei Stelleu aus einer der Reden des Lil)auio:: '), die nach seiner Ansicht die frühe Ausbildung der Grundherrsohaft bei den Alemannen dartun sollen. Kbe wir in die Besprechung der Frage einlroteu, oh iiberliaupt die T/ibaniosstello im Sinne von Dopsch als Beweismittel für alomanuischo Verhältnisse ausgewertet werden dart", ist die Ubei-setzung der Stellen, die im wesentlichen auf E. Kuhn (s. Aura. 2) zurttck- geht, einer Priifung zu unterwerfen, da sie nicht einwandfrei erscheint.

Der griechis('he Text lautet: 1. Elot xm/iKi /iiyi</.(ci no/Aüji' ixdaTri äeanoiiby. (Lib. irr or. 47 § 4 rec. Fürster = Lib. vol. II p. 501 ed. Eeiske.) 2. St ^)]Ttiv TTixidTHTrjv Or fiovov i'xttriov burl rü)i' riy()Ci>t' dl TroAAtur i/a( ribv iidvnov FxäiSTOv //''(")C Ol'' 7io).v xexTtjia'vov, aXh't xai o(? tk' o (Siintör>j(;. xrd ovroc röv /iio- fhiuTÖy Ti!)0<JTl0^efrfti ti} tov äcunoTov l.'JIiI'I- tov fitij')-ö>' TioQiXnvtei; xai öiöortsi i'i «ov nnoozeimvai. (Lib. III or. 47 § 1 1 rec. Förster ^= Lib. vol. II p. 507 ed. Beiske.j Dies heißt; 1. „Es gibt große Dörfer, jedes im Besitz vieler Eigentümer. 2. Nicht nur jene Bfiuern sehen sich nach einem Patmn um, die ii\ Dörfern wohnen, die vielen Eigentümern gehören und in denen jeder ein kleines Stück Land besitzt, sondern auch die, deren Dorf einem Herrn gehört. Auch diese rufen den Schutz des Mietlings an und zum Schaden ihres Herrn gewinnen und ver- abreichen sie den Lohn von dem, was sie dem Herrn nehmen." Dopsch über- trugt'-') a, a. O.: „Es gibt große Dörfer, welche vielen Eigentümern gehören, von denen jeder nur ein unboti-ächtlichea Stiick Land btsitzt, und auch wieder .ludere Dörfer, die einen Herrn haben und von Pächtern vmd Kolonen bebaut werden."

1) Libanü opera rec. R. Förster III or. 47 (nt(ti TnjooTaaKor) § 4 und § 11 = Libauii sophistae nrat. et lirchimat. ed. ßeiske vol. TI pag. 501 und pag. 507. Dopsch führt a. a. O. nur nach der Ausgabe von Reiske die beiden Stellen übersetzt zusammen, verweist jedoch .i. a. O. S. 25i> Anm. 310 lediglich auf eine der beiden (Reiske II, 507). Ebenso schon Meitzeu, W andern n gen, Anbau und Agrarreclit der Völker Europas nördlirh der Alpen, I S. 538.

2) Die Übersetzung Dopschs stammt aus Meitzeu, ^]'andllrll)ll/en usw. I, S. .538 und Anm. 1, dessen "Wiedergabe fast völlig gleichlautet und auf den sich auch Dopsch a. a. O. S. 256 ausdiiicklich beruft. Meitzen wiederum diente als Quelle die Übersetzung bei Kuhn, Die si/ldt. und biirgerl. Verfaasimg des röm. Reichs I, S. 271. Dahn, Köaige der (iermanen IX, 1 S. 450 und Aum. 7, hat Meitzens Ver- deutschung benutzt. Er zitiert jedoch fälschlich ed. Reiske cod. II p. 50!

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Mitteilungen und Nachrichten. 241

Nach Gegeni'iliorstellung des Textes und der beiden Übersetzungen kann die Bemerkung niol)t unterdrückt werden, dulJ es schon von Kuhn (s Anni. 2) nicht angebracht war, obwohl er im Gegensatz zu Meitzen, Dahn und Dopsch die beiden Belege getrennt anl'tllirt, aus den an versclüedenon Stellen der Rede stehenden Sätzen das auf die Besitzverliältnisse der Bauern Bezügliche lierauszuschäleu und miteinander zu verbinden. So entsteht ein schiefes Bild vom Zusammen- hang der Sätzo für den, der das Zitat nicht nachzuprüfen in der Lage ist. Weiterhin steckt aber in dor von Dopsch gebotenen Übertragung ein offen- sichtlicher Fehler. Denn die Worte xai. ovtoi töv /itolhwiöy n(ioazlihfrTai des zweiten Zitats (s. o.) können nur auf diejenigen Bauern gehen, deren Dörfer einem Herrn gehören. Auch diesei nicht bloß die freien Bauern in den fityä- Äcii xCoiitKi, ziehen den Mietling herbei, wie Libanios in seiner Erregung voll Vorachtung den Patron neuul, den sie meist in der Pei-son des Militftrbefehls- habers der betreffenden Gegend fanden. So wird der Patron aufs wirkungs- vollste gegen den Grundherrn, der nach Libanios der nntürliche Beschützer der Bauern sein sollte'), ausgespielt. Wenn aber Kuhn und nach ilim Meitzen und Dopsch übersetzen: „die einem Herrn gehören und von Pilchtern (Kuhn: Miet- lingen) bebaut werden," so ist diese Übersetzung sinnwidrig und verträgt sich nicht mit dem Wortlaut des griechischen Textes. Dir widerstrulit auch das, was folgt. Mll>i^(^)I>lr bezieht sich hier nur auf den Patron, aber nicht auf die Bauern in den Dorfern eines Grundlierni, wie mau nach Kuhns Übersetzung vormuten könnte.

Libanios vertritt seine Sache in dieser Rede, in der er die Patro- oiniumsbewegung bekilmpft und den Kaiser bittet, ein schon vorhandenes, von diesem selbst gegen die widerrechtliche Ausübung des Patronats erlassenes Gesetz aufs wirksamste zur Anwendung zu bringen-'). Denn seine eigenen Kolonen, Juden, die ein ihm gehöriges Gut') bebauion, hatten ihm den Ge- horsam .Tufgekündigt. Als Libanios sie gerichtlich liolangen- wollte, erreichten sie ihre Freisprechung durch den anfänglich mit seiner Ansicht auf der Seite des Libanios stehenden Richter, auf den der von den Kolonen durch Gesthenke gekaufte Militärbefehlshaber den entsprechenden Druck ausgeübt hatte. Dnher erhebt der Redner die schärfsten Anklagen gegen die den Staat aufs schwersi.'i schädigende H.absucht der Offiziere, die sich ihr Schii(zhnrroiitum teuer be- zahlen lieüen '). Zu Anfang der Rede äußert er sich aufs bitterste über die Unbotmätügkeit der Bauern, die. auf den Patron und dessen Soldaten pochend, die mit der Steuererhebung beauftragten Decurionen mit blutigen Köpfen heina- zuschicken ptiegt^-n').

Läßt sich nun aus den von Dopsch und seinen Vorgängern angezogenen Stellen und sonst aus der Rede eine Bezugnahme auf alemannische Verhält- nisse herauslesen? Dies ist zu verneinen. Zustände, wie sie im Orient, ius-

1) Liban. or. 47 § 20 f. s. Zuluera, de patiocimis vicorum S. 37 (Oxford StuiUes in social a)id legal hislory od. P. VinogradotV I, 2). der S, 28 40 eine Ana- lyse der Rede gibt.

2) Zulueta a. a. 0. S. 39 glaubt dieses Gesetz in C Th. V, 17, 2 vom 25. Okt. 38(1 zu erkennen. Ihm ist wohl beizupflichti'ii. da wir dann die Schwierigkeit umgehen, mit Förster Lib. Lfl p. 401 not. o, der das Gesetz mit C. Th. XI, 24. 2 V. .1. 370 [3;i8y] identifizieren will, annehmen zu müssen, Libanios habe irrtüm- lich den Theodosios als Urheber des Gesetzes betrachtet.

3) or. 47 § 13- iC. - 4) or. 47 § 2(;ft-. - 5) or. 47 § 7fr.

2-12 Mitfeilinii/i'ii niid Nnchrichten.

licsoiulere in Syrien herrscliten. liegen ttlierall der Rede zugrunde; von einem Eingehen des Syrers auf die t'iir ilin doch recht i'erne liegenden Alemannen ist keine Siiur zu entdecken. In Syrien, wie in Palästina, Arabien und Ägypten sind die Metrokomien, die Dörfer freier Bauern, die wir mit Kuhn und Geizer wohl den fitynkai xü)^i:i des Libanios gleichzustellen haben, nachzu- weisen^'). Kuhn hat denn auch unsere Libaniosstellen in keinerlei Weise mit den Alemannen verknüpft'^). Erst von Meitzen ab ist dies geschehen. Wir dürfen aber den Libanios nicht als einen llauptzeugen für alemannische Ver- hältnisse aufi-ufen. Mit dem Ausscheiden dieser Möglichkeit entfällt auch die Bemerkung Meitzens''), die Mitteilung des Libanios stamme aus den Alemannen- zügeu Julians.

Tübingen.

Das Ehrendekret für die Retter der Demokratie*).

(IG II-, 10.)

Von Waltlier Kolbe.

Auch die Steine haben ihre Geschichte. Iiu .fahre 1884 wurde auf der Akropolis eine Urkunde gefunden, die aus der Zeit der neuerstandenen Demo- kratie Athens stammend einen Beschlul.1 zu Gunsten der Freiheitskämpfer ent- hielt. Für ihre Deutung und Verwertung ist es von verhängnisvoller Bedeutung gewoi'don, daß der ei'ste Herau.sgeber Zieliarth in ihr den bei Aischines III. 187 itberlieforton Antrag des Archinos wiedererkennen zu können glaubte ( {Ihm. Mitt. XXIII, 1898, 27ff.). Bei der Wiederherstellung des Textes hatte er sich aber nicht so sehr von der Überlieferung des Aischines leiten lassen, sondern war von dem Stein selber und den bei Xenophou in den Hellenika II. 4, '25 vor- liegenden Nachrichten ausgegangen. Dadurch war ein Widerspruch entstanden, dessen Beseitigung die Forschung auf eine, wie mir scheinen will, falsche Bahn gedrängt hat. H. v. Prott hatte nämlich sofort die Inkongruenz in Ziebarths Darlegungen erkannt, und der Titel seines Aufsatzes: das Psephisma drs Archinos-') läßt deutlich erkennen, in welcher Weise or die Lösung suchte: ausgehend von der Voraussetzung, daß Arcliinos der Urheber unseres Beschlusses sei, sowie daß der gleiche .\ntrag bei Aischines vorliege, hat er die Urkunde mit dieser Überlieferung in Einklang zu bringen versucht. Xun weiß Aischines nur von einer Khrnng der Phy lekärapfer. Diese Angabo wurde für Prott die feste Grnndlagn, auf der er den Wortlaut des Beschlusses aufbaute.

Es ist das Verdienst von Alfred Körte'';, erkannt zu haben, daß die von den beiden ersten Herausgebern vorausgesetzte Identität der beiden Beschlüsse

1) Kuhn a. a. O. I S. 27- und M. Geizer, Studien zur byzantinischen Yer- waHung Äfjypteni«, Diss. 1909, S. 78.

2) A. a. O. I S. 271. 3) A. a 0. I S. 538.

4) Korrokturnote: Einer freundlichen Mitteilung von Hiller v. Gaertringen entnehme icli, daß Foncart denselben Gegenstand kürzlich in den Memoire» de Iwademie des ins'riplions behandelt hat, was IT. v. Wilamowitz aus einer Be- sprechung Boissovains im Holländischen JfM.'fZf»» ersah. Da es für uns Deutsche z. Zt. unmöglich ist, französische Literatur zu erlialten, lasse ich diese Arbeit so in den Di-uck gehen, wie sie im Februar 1920 geschrieben ist. K.

5) S. Athen Mitt. XXV. 1900, 35ff. fi) S. Athen. Mitt. XXV, 19a.». 3!)'2ff.

Mitteilungen und Nachrichten. 213

„icht vorhanden ist. Für -len ],cn Aischi.ies vorliegonden A.vhinos-Anlrag ist. ,.nnili,l. bezeicln.en.l, ,laß er nur den Bürgern gilt: 1. sie erhalten von btaats- vvegen l.)00 Drachmen zn Opfern nnd Weihungen, 2. s>e ^verden mit emen, Ölzweig ausgezeichnet. Von alledem steht aber in der Steinurkunde ke.n Wo.t Hier besteht die Ehrung nach Z. 5, G in der Verleihung des Bürgerreohts. M>t voller Sicherheit durfte Körte den Schluß ziehen, d..C d.eser Antrag led.gh h i,n Interesse von Nichtbürgern^ gestellt ist. Eine BestiHign.,g so.ner Ai^u^^ er-ab sich für ihn aus -ler Analyse ,1er Bttrgerl.ste aul der Rückseite des Sternes. Die Hinzufugnng des von den Einzelnen betriebenen Gewerbes ™>^ N'"^"^;" '-^n Stelle des Demotikon beweist, wie schon Prott S.^f. gesehen hatte, daß w,r Neubilv-er vor uns haben, die aus dem Metokenstande hervorgegangen snul. Mit diesen Feststellungen war bewiesen, daß die Stehmrkunde nicht mit dem aischineischen Archinos-Dekret identisch sein kann; sie „ist ihm gleichar ,g, von gleichem Geiste beseelt. - vielleicht gar gleichfalls von Arch.nos beantragt, -

aber sie ist eine andere". .

Durch den Aufsatz von Kürte war die Erkenntnis wesentlich getoidert. Aber es will mir scheinen, als ob noch nicht die letzten Folgerungen aus seinen Ergebnissen gezogen sind. Auch Kürte behielt die Grun-llage der ProtX - >en Text. ge:taltung bei, wie sie uns jetzt auch bei Kirchner IG II- 10, S„lhge^ 120 iind Nachmanson n.st att. Inschr. I 23 vorliegt. Nachdem aber erwiesen ist, daß dieser Wiederherstellungsversuch von eine^ falschen Voraussetzung ausgeht, müssen wir seine Richtigkeit in Zweifel ziehen. Ich nehme das Ergebnis dieser Untersuchung vorweg: ich halte die Prott'sche Anschauung daß unser Beschluß einzig und allein den Helden von Phyle galt, für falsch. E. wird sich vielmehr zeigen lassen, daß Zieb.arth den Inhalt des Antrages richtiger beurteih. hat als seine Nachtolger. Bei der Wiederherstellung des Wortlautes der Inschrift habe ich mich der freundschaftlichen Unterstützung von Friedrich Miller v. Gärtriugen und Johannes Kirchner erfreuen dürfen. Beiden Gelehrten möchte ich auch an dieser Stelle meinen Dank aussprechen.

Beo-inne.i wir sogleich mit der Kernfrage, ob unsere Urkunde lediglicli den Phyrekämpfern gilt: Es ist unverkennbar, daß an zwei Stellen des Textes von Privilegien die Re.le ist, die durch den Beschluß verliehen werden sollen. In Z. 5, 6 heißt es Iva, fcvroic x<d i^y6u[o,Q nohrilar xtL], rS.uoig ,h ro,s «^'^«'^' ^;?' avrnr räi «'./«.■ Mv«»«' ok ><c\l n^^l 'Aftvru.n]. Hier ist oiienbar der Schluß des Passus, der die Belohnung enthalt Ferner lesen wir in Z. 9 [- - - tj/yi^z/cKv ^ait<h^\n \m,irc</occ. wo aus den Worten ^.^ihlnto 'Ait>iy<t!o,i ein weiteres Privileg zu erkennen ist. Kun liegt auf der Hand, daß dies zweite Privileg n.ch an dieselben Personen verliehen sein kann, die mit dem Bürgerrecht ausgezeichnet werden. Denn das Recht der fyyi'no'^ k^"»' wie die ^:iiyaix!a nur demjenigen verliehen werden, der Nichtbürger bleibt. Es ist daher zu folgern, daß wir den beiden Privilegien entsprechend zwei Gruppen von Geehrten a) Noubürger und b) Nichtbürger zu unterscheiden haben. Da nun die Phylekämpfer nach Z. o ohne Ausnahme das Bürgen-echt erhielten, kann von ihnen m Z. 'J nicht mehr die Rede sehi. Damit ist Protts Annahme als falsch erwiesen.

Die Untersuchung spitzt sich auf die Frage zu, an welche Adresse der zweite Teil des Beschlusses gerichtet ist. Hierauf gibt uns Z. 7 die Antwort a««W»/a«v ih Till. f.äy,ir r!,« MovuyJan,v (vgl. Ziobarth S. 31). Es ist also von den Munichiakämpfern die Rede. Davor ist eine Lücke von 26 Zeichen. Was

1) Vgl. Ö'W, ovv-MaTi/.Üov nnö -I'vXr,^ in Z. 4 unserer Inschrift.

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244 Mittcilinigi'H loid Nnchrichten.

l'iu- ein Gediuike zu ergknzoii ist, läßt sich unter Heraiizieluing Jes Ar.-luuos- Dekretes wahrsclicinlicli niai'heu. Archinos hatte seinem Antrag, die J-felden von Phyle zu eliren, die Klausel beigefügt: axstj'K/ifvijy ih{(jißi'jg t!iV fiov).)'jr. iUioi avriuv in) 'Pv/.Jji t7io/.iO(tyf)'hi<j((r. iiit Auxediufiurini y.a'i ol TQiuxovxa nijnaip'iO'/oy ToZi xaxcO.niiovai •I'vi.iiv (Aisch. III, 167). Aus dieser Bestimmung geht liervor, daß nach dem gUicklicheu Ausgang von Thrasybuls Unternehmen unter de;i Bürgern, die nur au den späteren Kämpfeii teilgenonunen hatten, die Noiguuij bestand, sich aul" eine Stufe mit den Hehh'u von Phyle, den eigentlichen Rettern der Demokratie, zu stellen. Die Annahme, daß es bei den nichtbiiigerlicheu Mitkämiiferu ebenso gewesen ist, wird nicht zn gewagt erscheinen. Demgegen- über will vinser Antrag das höhere Verdienst der Phylekämpfer durch eine ehren- vollere Auszeichnung werten. Wie aber konnte die Gesamtheit aller Mitläufer der Demokratie kurz bezeichnet werden? In Aristoteles' '.19. no).. 40 finden wir Thrasybuls V'/ifiij/ia zitiert, ;•*»■ i-j /.ifriMSov TiiS Tiof.ntlns nftiH roFg Cx Ilnoatuic nvyyuTi'/.'toini, und mit Rücksicht darauf möchte ich vorschlagen zu schi-eibeu; Yöaoi A' (x Hcipdwg avyxnTri>.!)^ov]. Dabei bleibt zwar eine Stelle frei, wenn mau die von KHchman:iLin verlanj'to ZeilcnlUnge-') von 8<i Zeichen zu (Grunde legt. Allein gerade dieser rmsland spricht für die Kichtigkeil der Ergänzung. Denn am Schluß unseres Abschiiittes ist in Z. 9 nach 'AltriViräug eine Stolle frei ge- blieben (Vgl. Prott a. a. O. 3-1). Wenn das hier wie .ionst das Zeichen dafür ist, daß ein neuer Paragraph beginnt, so müssen wir auch am .Vnfang unseres Ab- schnittes in Z. 7 das gleiche Paragraphonzeichen erwarten.

AlsPeiraieus- und Munichiak.-impfer werden mithin die zu ehrenden MetOken bezeichnet. Aber darauf beschränkto sich der Autrag nicht; auch in Z H handelt es sich noch um ihre nähere Charakterisierung. Dii«, wie mir nicht zweifelhaft ist, i-ichtige Ergänzung verdanke ich der Freundlichkeit Kirchners. Er liest: TÖr d[} Ar/iiov xar\i'iynyor^) xtd Tt^u no/zn/', r arv!':ii-/iv<iy .~r;>ö; ("mzr, "Irf «' '''- r./.lciyt'i hyivovTO, xai xt)..

Somit ist das Subjekt der Ehrung gewonnen. Unsere nächste Aufgabe wird es sein, festzustellen, worin diese bestanden hat. Schon Ziebarth hatte zur Erläuterung des Dekretes die Nachricht-*) herangezogen, daß Thrasybul den Fremden, die sich ihm im Peiraieus anschlössen, die Isotelie versprochen habe. Nun haben wir einen x^ntrag vor uns a) für Nichtbürger, die b) bei Jlniiichio mitgekämpft h.aben ; c) außerdem steht fest, daß ihnen das Bürgenecht nicht zuteil wui-de. Was liegt da näher als die Vermutimg, daß der Demo« das von Thrasybul in der Zeit der Not gegebene Versprechen durch unser Dekret ein- gelöst hatV Ich glaube daher, daß Zieharihs Ergänzung von Z. '■> [iv<:i i>f aitoli laoTiXiiay] xa9i'i:tr[i) '.i]!^>/tn/ijif der Sache nach das ßichtigc trifit. Freilich ist sie nicht erschtipfend; auch bedarf sie hinsichtlich des Wortlautes der Ver- besserung.

1) Vgl. Nachmanson Hi^t. att. Tnfcliriften Nr. 23 und die Herstellung von Kirchner IG. II- Addcnda p. 055.

2) Dieser Vorschlag stützt sich in seinem ersten Teile auf Aesch. III, 187: 'AQ-/l'>'0'i o ''^ KoD.tii eig noi' xciT<iy(ty6rTtov Tor iij/iov, im zweiten auf Lj'siaS XUI, 80: t:t8idtj (If t^ifi?.>.ir.y(xl npoc äV.t'if.ovc iytyovro xai fnF/iwar oi no}.iTai ix

Uetnaiüig tl,y mi/inj/y eis :xdXty xrd ainfnefint Ti/y Tiountjv ßtra zvyy noXixviy

nQuq äoir.

3) Vgl. Xen. Hell. II, 4, 25: n^iv dl iifiigat; dixa yiyi^aitai, niOTÜ duyng o'/nvcg avfi7io>.e/i>ioeu:y, xc.l e/ ^t'roi e?ei-, laoTeXeiar t<jeaH-ai.

MittrilHngen und Karhi ichtcn. 245

Prolt hatto nämlich durch die Lesung [i]yyi>i'Jtv eiuo ganz neue Grund- lage fOr die Wiederherstellung geschaffen. Damit war die Forschung vor ein Rätsel gestellt, denn die \'orleihung dieses Privilegs ist vollkommen ohne Bei- spiel. Irgend ein Zweifel an der Lesung ist aber nicht gestattet, da der Ab- klatsch, den ich dank Kirchners ütUc einsehen durfte, vollkommen klar ist. "Wir haben uns also mit der Tatsache, daß Fremde mit der tyyvijotg ausgezeichnet wurden, abzufinden und mü.isen sie zu erklären suchen. Die Engyesis ist nun die gesetzlich allein zulässige Form der Eheschließung für einen Athener: zur Legitimität des Vollbürgers gehört der Nachweis der Geburt j-'l äoTr/i; xn'i tyyv- '/f'/s' yvycttxöi^). Durch die Verleihung der iyyvt/aii; an die Peiraieuskämpfer wurde jetzt den Fremden die Aussicht eröffnet, daß zwar nicht sie selbst, wohl aber ihre Nachkommen Bürger wurden; denn weun ein so Privilegierter seine Tochter durch tyyitjoii an einen Athener gab, so wurde der Enkel legitimer Büi-ger Athens. Die Verleihung gerade dieses Privilegs an die Mitkämpfer der Demokratie bat seinen guten (irimd in der Tatsache, daß eben im .lahre i03 2 ein chauvinistischer Antrag Aristophons") das alte Pcrikleische Bürgerrechts- gesetz von 451 erneuert hatte. Noch einmal hatte die alte Engherzigkeit des Stadtstaates gesiegt; aber unser Antrag stellte eine Durchbrechung des scliroffon Rechtsgrundsatzes dar und näherte die Stellung dieser Fremden der eines Bürgers auf das allernächste.

So wichtig die tyyv)](iic ist, sie war nicht das einzige Privileg, das die Peiraieuskämpfer erhielten. Aus Xenophon erschlossen wir schon die Isotelie. Aber auch wenn man iöoiti.tiitv xul in Z. 9 einsetzt, bleibt noch eine Lücke von mehr als 20 Stellen. Nun ist aus zahlreichen Isoteliedekreten die Verbindung der lOOTiÄeia mit dem Rech.te, Grundbesitz ()';7c xitl oixUt^ iyxrijaii) zu erwerben, bekannt; ich führe nur IG II-, 83 elvai 6i ctvtiy iaoTÜ.eiuv xul yT^q xal oixi'aQ tyxTijaiv 'AOi'jri/aiv als schlagende Parallele an; vgl. auch II-, 551, öMjo, 8028. Somit möchte ich glauben, daß auch in unserem Falle das Recht dos Grund- besitzes gleichzeitig mit der Isotelie verliehen worden ist. Der Schlußpassus düffte etwa gelautet haben: [Trfi'-'aiy vnu(>/ev laoxiXtLav xul yTjC xul olxlug lyxxiiaiv xal t'jj'/i'j/öo' xui>i''jH:[!) 'A]!>tjvaioii.

Es war notwendig, über den zweiten Paragraphen volle Klarheit zu schaffen, ehe wir uns dem Versuch zuwenden können, den ersten sinngemäß wiederherzustellen. Die Ergänzung von Prott/Körto [limog llv rr^q dioijtüg /xe- TtXviatv Ol fceToix]oi. önoi ■rovxuTr/litov ÜTiö 'PiXTfi, )) rolg xaTf/.[ltö<ii nur noXirCov fSöf>)j\ ist unhaltbar. Der von jenen vermutete Sinn ist abzulehnen, weil die Motökeu und Sklaven gar nicht an den Ehren der Bürger Geldspende und Ölzweig teilnehmen, sondern mit dem Bürgerrecht bezw. der Isotelie beschenkt werden. Was aber soll an die Stelle der als unmöglich erkannten Ergänzung treten? Ziebartli hatte das in Z. 4 hinter <Pv?.T/c: erhaltene // nicht als Rela- tivum, sondern als disjunktive Partikel iy gedeutet. Daran knüpfte Adolf Wilhelm (bei Kirchner IG II- p 655) an; er suchte zu i\i'riifnr,äai. ein von ne^l abhängiges Objekt, wobei er die Lesung Ol vor uaoi in Zweifel zog, und las im Relativsatz // ToTi; xuTt).[9v(ii ißoi'^Siof]. Diesen Gedanken nachgehend, schlägt jetzt Kii'chner folgende Ergänzung vor: [ticjji Tü)y fieTOixiur xul dorAjiur, 'daot

1) Nachweise bei Lipsius, Das attisrlie Hecht und Rechtsverfahren 471 A.

2) Vgl. Athen. XlII, 577,b: 'A^iiaioifCur o Qt'jrw!} ö xdv vü/iov elasveyxwy tn' Etx?.ti'i^ou i'c^i/ovTOQ, "ig ur ^tlj i'S aaiTig yivtjrai, vuD^ov elvai. Nach schol. Aisch. I, 39 hieß der Antragsteller Nikomenes.

6

2M> Mitteihmgen inul Nachriehfen.

airxicrii'/.'tov ütio 'hvlT/c i] toT: xnTi'/.\itö(}i t,' /7f^o(f^'j«') t^oi'fftov xit'i tün' r<;,- ixi')).ni}(; xirdtvvtv fiettl/or]'^), tiN/iflolhai 'A'hjifii'oic. So ansprechend diese Ergänzung auch ist, sie bet'riodigt nicht restlos. Denn der Zusatz t'.; Ileii^xcfa ist ein über- flttssiges Fi'illsel; wenn die Ortsbezeiehnung überhaupt stehen sollte, so hätte sio ihren Platz hinter avixatJj/.itpv lao </'iV./7,' finden müssen. Auch die Teil- nahme an den Gefahren r//^- nuXttuc erregt Hedenken. Streng geuomnion sind die Demokraten ja gerade nicht in der Stadt. Was erwartet wird, sind Ver- dienste um den rl/j.HOc. Setzt man aber ein rviv 6t)iio xirAivwr. so bleibt eine Lücke von drei Zeichen. Aus diesen Gründen habe ich nach einer anderen Ergänzung gesucht. Mein Vorsehlag geht dahin: [iTjeidt/ ot fxttoixoi xal iov}.]oi, "looi ainxc.TTiXüov unö 'Pv?.ij<; »/ Tof,- xnTt?.[ihöot ißa/ji^or, a\ränsq nyctl^ui xal ivroi 7if(ii Ti'iv ATj/ior i'yivovTi)], i'il't/ifi'olhn 'A'hjiciini^. Dabei bleibt zwar vor i'.Tfii'/, eine große Lücke. Aber hier liat Kirchner jode Schwierigkeit behoben, indem er im Praeskript hinter dem Epistaten die Datiei-ung') nach dem Archon einsetzte. Für den Namen des Antiagstellers stehen dann noch immer fünf Buchstaben zur Verfügung, was durchaus angemessen ist.

Mag der Kirchnorsche Vorsehlag oder die obige Ergänzung vorgezogen werden, für den Sinn des ersten ParagTaphen ergibt sich kein Unterschied. Was das Privileg der Helden von Phylo anlaugt, so hatten schon die ersten Herausgeber erkannt, daü ihnen das Bürgerrecht zugebilligt wurde. Den ge- nauen Wortlaut hat aber erst jetzt Kirchner, einer Anregung Wilhelms folgend, gefunden, indem er Z. 6 liest \x(ii ri/zat (ivrog «vTi'xa fid?.' f^u; Ti'iq (fv'/.ag öbxaxaj, wofür IG 11-. I33 die nächste Parallele bietet.

Damit ist der Aufb.au der Urkunde wiedergewonnen. Sie lautet jetzt:

■'itdo^n' xTi( ßo).Tii X«! TÜJi dijfiwi tn(>VTav]fve, .Ivaiadiiq hy(ini^ifiUTev£,

.Jriftü<pi>.og M[t(jr«rf, i^fy(ilye\*Tos tiiJ/t eJTif tTitidlj ui /ntToixoi xtd doi'?.]oi,

vßoi avvxnrijX&ov dnö <Pv>.7ig fj ToTq xaTc).[D^öat ti^oi/ä^ov, a\h'dijeg äyciifol xa) svroi TiBQi zi'if ör/fxov eyivovTo], i\i'>j(fi'o9^ai 'AHiitaton;' ftai aizoiQ x(ci ixyüy[oig 7to?.neitt\r^ xal vi^tat avTÜQ avzixa j.iä).' ig rag <pv}.äg dixa^a], rufioic 6'e roig avrotg 7Cf(j'i. aviüiv r«? UQ/aq y^j[tjij&ai o'k; xa\i'' nspl 'A'&tjVf.uov. vac. vaoi d' ex net^fiOn; Oi'VxazF/X.f^ov,] (]vvtfiuyi]aav elf rlifi f(('iy,>iv rl/it Movtyjaaiv, xov d\} Sr^wr xin'fiiyayov xtd ri/u nofi'nilli Tifioi Ti'i dorv avvtntßipin; u]rf «i önO./.rcyid tyiiorzo, xtd Inniuv Trgoa- Tßr[to//£i'ff, 7iä\^a(V rjiäo/tr /aozikeiav xcd yTjQ xcc'i olxlicg lyxzrjaiv xal t]yyvrjair xaf^dni[Q 'A]d-rii>t(t'oig. vac. zvc de

Es bleibt jetzt nur noch übrig, die Bedeutung der Urkunde ins rechte Licht zu setzen. Was die Datierung des Beschlu-sses anlangt, so ist die Zie- barth'sche Vermutung, daß er [^;it Zii'aivi:z]ov = lOf/O gefaßt sei von Körte gegen Prott als richtig erwiesen worden. Aber die historische Eiuoi-dnung vorlangt noch ein kurzes Wort. Die Belohnung der Vorkämpfer für die Demokratie hatte seit der Rückkehr die Öffentlichkeit mehrfach beschäftigt: Archinos hatte eine Belohnung der Bürger, die zu den Helden von Phylo gehört hatten, beantragt.

1; Vgl. Lys. XXXI, 8: tneidtj oi dno 'I'vXr^q xctzrjX&or tig zur Ilti^xeiü und XVI, 4 y.tfo.uf i' Jtf)ä' zoii nnu ^vXr/i; e/q zov IlttQKiä xaxtX&üv TiQÜzeQor neviU/ft^paiq.

2) Vgl. Lys. XXVIII, 12: i-Qacv äi, iog ('aio 4'vÄrjQ xairj/.ite xa'i mg Sijfioztxüg tazi xal WC zü)v xifdvrwv zCoy vfi£TkQu)v fiiztayt. Zur Orthographie /xizer/ov ver- weist Kirchner auf /G IP, oO.,, : ef/oi:

3) Dieselbe Anordnung tn^vzuveve ty^mfi/uatvi, tTitozuze, i,i>xi, f'.if findet sich IG I suppl. p. 166 n. 62b (408, 7). Daß ein im Lemma stehendes ito/t wieder- holt wird, ist ohne allen Anstoß; vgl. IG 0^,28 (387/6).

Mitteihmgeii und Nachrichtai. 247

Thrasybul war iiocli im Jahro 4Ü3 für die iiichtbürgerlicheii Elemente oiugetreten; er Latte nicht nur sein Verspreclien gehalten, sondern \var darüber hinausge- gangen und hatte tür alle') Peiraiuskämpt'er das Biirgen'echt beantragt. Aber. Archiuos brachte gegen ihn die ynatfi) T^ctyuvufiujv ein. Der Formfehler bestand darin, daü der Autrag angenommen war, ohne die fion/.!/, die erst noch konsti- tuiert werden mußte, passiert zu haben. Es l)rauclit nicht be.sonders betont zu werden, daß dieser Umstand für Archinos nur den Vorwand abgab. Letzten Endes war seine Opposition daraus zu erklären, daß ibmder selir wohlwollende Antrag zu weit ging. Er blieb in diesem Kampfe einstwellen Sieger: die Be- lohnung der Peiraieuskämpfev war zu Pall gebracht-). Als aber die volle Demo- kratie wiederhergestellt war, kam ein für uns anonymer Politiker 401 0 auf Thrasybuls Gedanken zurück. Er naluu aber auf die Stimmung der lu'eise, die Thrasybul bekämpft hatten, Riloksicbt. Denn er beantragte das Bürgerrecht lediglich' für die Metüken, die bei Phj-le mitgekämpft hatten; die anderen machte er nur zu Isotelen. So stellt sich unser Beschluß als ein Komjjromiß dar, das geeignet war, die Zufriedenheit der Bevölkerung zu fordern und die Freude über die Wiederherstellung der Demokratie zu erhöben.

Eiu besonderes Interesse gewinnt unsere Urkunde dadurch, daß sie in das Lebeu des Redners Lysias eingriff. Lysias' sehnlicher Wunsch, zum Bürger- recht zu gelangen, war durch den soeben besprochenen Antrag Thrasybuls in. Eriüllung gegangen. Er liatte sehr bald Gelogpubeit genommen, das ihm zuteil gewordene Privileg auszunutzen, als er Herbst 403 im Rechenschaft.sprozeß gegen Eratosthones als Ankläger auftrat. Es war, wie er selbst XII 3 bekundet, das erste Mal, daß er vor Gericht das Wort nahm. Allein die yiicif'/ Tirtnnrö/itor des Archinos machte das Gesetz Thrasybuls hinfällig, und, so fährt die Lysiasvita p. 835f fort, ovTot f'.7ie>.i'.l>it^ rr^t; no).iTilai vor loinbr ijixrjoc yxiövov iootM/q wv. Nun herrscht seit Boeckh unbestritten die Ansicht''), daß Lysias die Isotelie schon von seinem Vater KitfaXoq überkommen habe. Er wäre demgemäß ohne allen Lohn für seine aufopferungsvolle Tätigkeit, die er im Dienste der demo- kratischen Sache entfaltet hatte, geblieben. Nehmen wir abei- einmal die Behauptung von der ererbten Isotelie des Redners unter die Lupe, so wird sich zeigen, daß es für sie auch nicht die Spur eines Beweises gibt. Den Ausgangspunkt bildete für Boockli die Angabe über deu Grundbesitz des L^-- sias und seines Bruders Polemarclios. Nun kouuteu nacli seiner Meinung „die nicht privilegierten Schutzverwandten Häuser nicht besitzen" (I- 197 b). Da aber Lysias und Polemarchos sclion vor 403 im Besitz von Häusei-n waren.

1) Vgl. Arist. 'Ait. ixo).. 40: iv ij) /iiztdi'Aov zT/i no'/.nslai Jiä oi rofi; tx Hei- ijaikioq avyxaxe'KitoiHn, tf>r i'rioi «f «»'C4)öjo >iciav Aovf.oi. Im Leben des Lysias bei Ps. Plat. vita X orat. p. 835 f. wird die Sache so dargestellt, als sei Thrasybuls Antrag lediglich zu Gunsten des Lysias gestellt: j';<(:i/'«i'ro^' aviöi &nt;ovl-lov).ov TioÄizflay fizzi'. zi^v xü&odoy ^n ('(vtcijyj'ag zr^; Tino Elx).i!^ov u iitv AT/iioq i'xi'oinot zl/r ((w(>t«v. Allein es untej-liegt keinem Zweifel, daß die aristotelische Fassung des An- trages den Vorzug vei-dient

2) S. Arist. 1 1., Aisch. III 195, Ps. Plut. vita X orat. 835 f.

3) S. Boeckh, Staatshaush. I^ 197 b, I- 695, I' 624, Useuer, Rhein. Mus. XXXV 1880, 179, Pretzsch, de vita Lysiae, Diss. Halle 1881, 33; Blaß, AU. Beredsam- keit I- 346.

8

248 Mitteilungen tmä Nachrichten.

„so bleibt mir der Ausweg, daß sie als Isotelen') die Häuser besaßen." Wie wir sehen, stellt sich Boeckhs Behauptung als ein Notbehelf dar, der auf den beiden Voraussetzungen beriTht, daß die Isotelie das Recht der tyy.ryjaiq ohne weiteres einschloß, und daß die einfachen Metöken von dieser Vergünatigung ausgeschlossen waren. Auf Grund unserer heutigen Inschriftenkenntnis sind wir in der Lage, den Nachweis zu führen, daß beide Voraussetzungen unzu- treffend sind In den Isotelie-Dekreten IG 11^ 83, 2R725, 287,, 351,;,, 360,9, 551, 55430, 802g wird die Verleihung der tyxttjOiQ neben der Isotelie ausdrücklich hervorgehoben. Andrerseits finden sich zwei Beispiele, in denen die Isotelie ohne dieses Sonderrecht verliehen wird {IG II- 218 nnd 288). Daraus ist, wie auch Thuiuser Wien. Stud. VII G6 gesehen hat, zu folgern, daß die tyxrrjaii; ein Privileg war, das nicht ipso iure mit der Isotelie verliehen wurde, also nicht in ihr enthalten war. Was die zweite Behauptung anlangt, daß Metöken Hiluser nicht erwerben durften, so ist sie in dieser Form falsch. Als Privileg konnte die tyxTriai<; schon im V. Jhdt. an Fremde, ja sogar an gewesene Sklaven ver- liehen werden, ohne daß sie Isotelen wurden-). Das älteste bekannte Beispiel der Art, die Belohnung des Ayü^J(ctoc, Kw/^iwv, Slßwv nnd 4>0.irog, stammt aus dem .1. 410/9 (IG 1 59). So wird Boeckh durch die Urkunden selbst wider- legt. Andere Beweise für die Isotelie des Kei>halos gibt es aber nicht. Blaß machte zwar geltend, daß Lysias' Familie, wie er in der Rede gegen Erat. c. 20 rühmt, alle Choregien geleistet hat. Auf Isotelie darf aber deshalb nicht ge- schlossen werden. Denn die Worte des Beschlusses IG 11^ iil fx)/ iSttiai ctvrng fiexolxiov :i(nhTea9ui lujd't /,o(i>iyi>y fiTii)ii-(c xainaTTjaru zeigen, daß gewisse'') Choregien auch auf den Metüken lasteten.

Aus unseren Feststellungen hat sich ergeben, daß für die hergebrachte Annahme, Lysias habe die Isotelen-Eigenschaft von seinem Vater übernommen, keine sachlichen Gründe beigebracht werden können. Es steht aber durch das Zeugnis der Vita außer allem Zweifel, daß er als Isotele gestorben ist. Mithin muß er dieses Privileg selbst erwerben haben. Hier tritt nun das Zeugnis unserer LTrkunde ein. Die Verleihung der Isotelie an alle, die sich um den Sieg der Demokraten im Peiraieus Verdienste erworben hatten, betraf auch den Fall des Lysias. Das Bürgerrecht, dessen ihn Archinos' Einspruch beraubt hatte, hat er auch durch den Antrag des J. 401 nicht gewinnen können. Aber es war wenigstens ein Trost für ihn, daß er jetzt aus der großen Masse der Metöken herausgehoben und iu vielen Punkten den Bürgern rechtlich gleich- gestellt war.

Greifswald.

1) Vgl. auch den Satz I- 197: „in Attika müssen die Isotelen zum Haus- besitz berechtigt gewesen sein, da Lysias und Polemarchos drei Hauser hatten."

2) Vgl. auch IG 11^ 545 xiü olxlat; l^yxiijniv Idq zolq /ctTo/xoii.

3) Für die Lenaeen ist schal. Arist. Flut. 953 beweisend.

Mittcilungdi und Nachrichten.

249

Epigraphische Miszellen. \(M\ H. I>ossan.

kl;

Die erste Kenntnis dieser auf einer Hi cm liolicu, -22 cm breiten Stein- platte stehenden Inschrift verdanke ich Herrn Prof. O. A. Daniel sson in Upsala, dem verdienstvollen Fortsetzer unseres Corpus inscriptionum Etruscanmi, die Photographie ihrem gegenwärtigen Besitzer, Herrn Dr. E. Eckhoff in Djursholm, früheren Archaeologen des historischen Museums in Stockholm. Xach einer auf ihrer Bückseite mit Tinte geschriohrnen und wie bestimmt versichert wird aus der ersten Hälfte des 19. .Jahrhunderts herrührenden Notiz ist sie bei Ekol- sund, einem am Malar zwischen den Städtchen Sigtuna und Enküping gelegenen Gute, in der Erde gefunden. Wieso sie dorthin und „in die Erde" gekommen ist, hat sich nicht ermitteln lassen; nahe liegt die Vermutung, daß der kunst- liebeude König Gustav III. (1771-17lt'2), der eine Zeit lang Besitzer von Ekol- sund war, sie aus Italien mitgebracht oder von dorther erworben hat. Letzten Endes ist sie vielleicht nicht italischen sondern afrikanischen, nämlich carthagi- schen Ursprungs; sie erinnert gar sehr an die in den letzten Jahrzehnten massen- haft zum Vorschein gekommenen Columbarieninschriften aus Carthago, deren erste Specimina Mommseu unter der nicht ganz zutreffenden Überschrift Offici- alium et raililum Romanorum scpulcrda duo CarÜiaginettsia in der Ephemer is epi- graphica 5, I05ff. behandelt hatM. In die bessere Kaizerzeit, in die zweite Hälfte des 1. oder die erste Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr., welcher Zeit jene carthagischen Grabstätten angehören, weist die Inschrift auch der Schrift- charakter. Merkwürdig ist sie einzig und allein durch einen der Namen des in ihr Genannten. Der im Alter von IS'/, Jahren verstorbene Faustianus führte ein sowohl der Form als dem Stamm nach gänzlich nnrömisches Gentilizium. Denn als solches wird man Caeletharida(s) so, uml nicht Caeleiharida, dürl'le

1) S. jetzt CIL VIII 12590-13214, 24678-24861. Kl 10, Beitrüge ziir alten Gescüichte XVII 3/4.

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17

250 Mitteilungen iirnJ Nachrichten.

doch wohl der Name in Z. 2 zu lesen sein^) zu betrachten haben. rausUauus war römischer Bürger gewesen, und hatte als solcher gelten wollen oder sollen, wie die regelrecht gesetzten tria ^lomina zeigen, aber derjenige, von dem sein Bürgerrecht stammte, vermutlich sein Vater oder Großvater, denn sehr alt wird das Ri5mertum der Familie nicht gewesen sein"), hatte nicht, wie es schon in der späteren repvibliltnnischen Zeit das Übliche war, beim Erhalt des römischen Bürgerrechts eines der vorhandenen römischen Gentilizia angenommen, in der Kegel war es das des Mannes, dessen Verwendung man das römische BürgeiTecht verdankte oder von dem man es direkt erhalten hatte'), in der Kaiserzeit das des regierenden Kaisers , sondern hatte einen seiner uns un- bekannten Heimat entstammenden Namen als rumisches Gentilicium ver- wandt, welcher alte Gebrauch verschiodenerwärts, besonders aber in den einst keltischen und venetisch-illyrischen Gebieten und Grenzgebieten Italiens sich bis in die Kaiserzeit erhalten hatte, wofür Wilh. Schulzes Untersuchungen Zur Geschichte römischer Eigennamen schier unzählige Beispiele bieten*). Meistens haben diese Fremden ihren mitgebrachten Namen durch Anhängen eines la- teinischen Suffixes ein römisches Aussehen, mitunter durch die von den Römern für ihre Gentilnamen bevorzugten Endung -iua das Aussehen eines römischen Gentilnamens zu geben versucht, wie der kürzlich bekannt gewordene M. Cara- callius M. f. Lupus aus Bononia (Notiiie degli scavi 1015, 41), mitunter aber haben sie ihn fast unberührt gelassen^); Caeletharidas hat seinen barbarischen Namen griechisch geformt, augenscheinlich nach dem Muster der zahlreichen griechi- schen patronymisch gebildeten Geschlechtsnamen. Auf einen solchen Einfall dürfte er am ehesten gekommen sein, wenn er, was ich deshalb annehme, nicht einer oberflächlich romauisierten, sondern einer oberflächlich gräzisierten Gegend entstammte; und da möchte man am ehesten an Thrakien denken, an dessen Namensschatz Caelethar- entfernt erinnert'').

1) Daß in der schlanken, leicht geschwungenen Schrift einer großen Anzahl von Inschriften der Kaiserzeit T und I sich zum Verwechseln ähnlicli sehen, ist bekannt. Uio Trennung in zwei Worte (Caelei Hariäac) ist bei der sorg- fältigen Setzung der Punkte ausgoschlossen.

2) Schwerlich wird der junge Mann persönlich das römische Bürgerrecht erhalten haben.

3) Vgl. Mommsen Hörn. Staalsrerht III S. G4 A. 1.

4) loh wähle einige besonders charakteristische aus. L. Magiants L. f. Sererimis, Praetorianersoldat aus Vercellae (PiX VI 32G38b 34); Sex. Cunopennus Secimdiis, Tischlermeister in Brixia (CIL V 4216): C. Boicu/t Silvester aus Piquentum im inneren Istrien, der seinen offenbar von Bolus abgeleiteten Namen (vgl. Schulze S. 30) auf seineu Sohn C. Boiciis AviHts vererbt hat. Wegen de.s an- scheinend griechischen Bestandteils des Namens führe ich noch Jlypsiacus Ferox, Prutorianer aus Atrio. an (CIL VI 32515 e. 7).

5) Z. B. 0. Aco L f. Maternns aus Assisiuni (CIL XI 6384), bei dem man zwischen gallischem und etruski.schem Ursprung zweifeln kann. Einer dieses Namens hat ihn sogar auf seine Freigelassenen übertragen, C. Aco C. l. Eros, Aco Acastus (Liscr. sei. SWl Anm.), und es hat sich dieser Name in der Funktion eines Gentiliciums bis ins 4. Jahrh. erhalten (s. Liscr. sei. 1260).

6) In der ersten Hälfte an den Volksnamen der Coelalctac, im Schluß an die Ortsnamen Bcssepara, Gcrmisara, Scaptopara.

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Mitteilungen ttnd Nachrichten. 251

2.

TI CAESAR DIVI

AVGVSTI F DI VI IVLI NEPOS AVGVSTYS PONTIFEX 5 MAX XXL COS V IMP

VIU TR POTEST XXXVII

AB lANO AVGVSTO qui est ad BAETEM VSQVE

AD OCEAXVM 10 LXXVIII

Meilenstein der unter Augustus im Jahre "2 v. Chr. angelegten die Provinz Baetica durchschneidenden Straße, vor etwa 12 Jahren zum Vorschein ge- kommen oder doch zuerst heachtet in dem Gutshot'e Villareah^jo. 15 l;ni südwestlich Yon Cordoba') und von Romero de Torres im Bnlethi der Königl. Spanischen Akad. der Geschichte Bd. 56, 1910 S. 1S6 mit Abbildung und mit Eiiäuterungen Pitas S. 188 ff. publiziert-). Die Inschrift gehört, wie die n7. tvibnnizische Gewalt des TiberiuR zeigt, in die 2. Hälfte des Jahres Ö5 oder die erste des .Jahres 36 n. Chr. In unmittelbarer Nähe von "S'illavealejo .sollen im 18. Jahrh. zwei ebenfalls auf den l^amf^n des Tilierins lautende Meilensteine beobachtet worden sein, von denen al;cr, vernnitlich w-egen schlechter Erhaltung der Texte, nur die Meilen- ziffern LXXVII und LXXXI abgeschrieben worden sind (CiL 11 4718, 4714). Dagegen sind in fritlioren Zeiten in Cordoba selbst zwei leidlich gut erhaltene Meilensteine des Tiberius mit den Ziflern LXIIII und LXXXI1 zum Vorschein gekommen und einigermaßen genau abgeschrielicn worden, deren einer sich sogar noch erhalten, aber, wie es heißt, eine willkürliche Renovierung seiner Buchstaben erlitten hat, so viel steht fest, daß beider Wortlaut dem der neuge- fundenen Inschrift im Wesentlichen entsprochen hat, insbesondere sowohl in der Ziffer XXX\^II hinter trib. potent, als in der XXI hinter pontifex max., welch letztere mau für unmöglich angesehen und deshalb aus dem Text der einen Inschrift im CIL beseitigt hat, wahrend man die Abschriften der andern für wertlos erklärt hat'). Aber wie Fita gesehen hat, ist au dem nun dreifach be- zeugten pontifex max. XXI nicht zu rütteln, und es handelt sich darum, es zu erklären, oder vielmehr zu erklären, wieso man im Jahre oder 36 darauf gekommen ist, zu vermerken, daß der regierende Kaiser im 21. Jahre seines überpontitikats stehe; denn daß das gemeint ist, hat Fita ebenfalls gesehen. Am 10. JLärz 35 waren es in der Tat 20 Jahre her, daß Tiberius in Rom au .Stelle des am 19. August des Vorjahres verstorbenen Augustus in wahrscheinlich

1) Vgl. Boletin 55, 1909, 487, 489.

2) Infolge der Rundung des Steins sind auf der Abbildung die ersten und letzten Buchstaben sämtlicher Zeilen nicht zu erkennen und es sind diese hier nach der nur in Minuskel-Umschrift gedruckten Abschrift des Herausgeber-; ge- geben, die aber durchaus zuverlässig scheint, da er eine offenbar von ihm nicht gelesene Stelle (Z 8) korrekter Weise als ergänzt bezeichnet. Nur ob VIII (Z. 6) auf den Stein stand und nicht wie in CIL H 4712. 4715 fehlre, ist mir zweifelhaft; und pontufex scheint von dem Herausgober irrtümlich filr pontifex eingesetzt zu sein. Die Punkte sind mit wenig Ausnahmen gänzlich unsicher.

3) CIL n 4712. 4715.

17*

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■25"2 Mitteilungen und Nachrichten.

ad hoc einberufenen Comitien zum Oberpontifex gowälilt worden wa.r^). Es ist nun diese hier zweifellos vorliegende Zählung der Jahre der höchsten priester- lichen Würde des Kaisers etwas gänzlich nnerhörtes, kein Kaiser hat jemals hinter pontifex maxinins eine Zahl hinzugesetzt, und es hat sich auch noch kein Dokument gefunden, in der mißbriluchlich oder irrtümlich aii dieser Stelle eine Ziffer erschiene. Es unterscheielet sich diese ünr-egelmäßigkeit sehr wesentlich von den auf Kaiserinschriften der Provinzen, und besonders auch auf Meilen- steinen, alleidings meist solclien der Spätzeit, überaus häufigen Titulaturfehlern (es sind diese fehlerhaft beschriebenen Meilensteine auch meistens von den einzelnen Städten in ihrer Nähe gesetzt, während die der Keichsstraßen mit durchgeführter ^leilenzählung durchschnittlich korrekter sind). Es liegt hier ja auch keine Uugenauigkeit vor, sondern eine Art erhöhter Genauigkeit, ein in seiner Art unerhörter aber völlig richtiger Zusatz. Fita meint wirklich, es habe mit ihm die Zeit der Meilensteine genauer bestimmt werden sollen; aber durch die Ziffer der tribunizisclien Gewalt ist die Zeit ja ohnedies aufs Jahr genau bestimmt, durch das 21. Pontilikat werden nur die letzten S-'j Monate dieser Zeit ausgeschlossen: daß mau das beabsichtigt hat, ist wenig wahr- scheinlich. Ich möchte glauben, daß in dieser Zahl sich die Erinnerung an eine kurz vorher in Rom abgehaltene Feier abspiegelt. Gefeiert wurde der Tag der Übernahme des Oberpontifikats durch den Kaiser in Rom alljährlich, der Tag war im Jahre 15 n. Chr. zu einem Feiertag erklärt worden, aber bei der Un- beliebtheit des Kaisers gewiß recht wenig, indeß im Jahre 35 wohl etwas mehr als sonst, nachdem im Jahre vorher der 20. Jahrestag des effektiven Regierungs- antritts des Kaisers offiziell gefeiert worden war (Dio 58, 24). In der üblichen Titulatur gelangte, trotz aller Ziffern, mit denen sie belastet war, die wirkliche Regierungsdauer des Kaisers nicht zum Ausdruck, da bei Tiborius, wie bekannt, auch die .Jahre der tribunicia potestas denen seiner Alleinherrschaft keineswegs entsprachen. Es konnte irgend ein findiger Beamter auf den Einfall kommen, die Jubiläen, die man soeben gefeiert hatte, auch in der Titulatur des Kaisers anzudeuten, und dazu bot der Tit&l pontifex maximas eine Möglichkeit. Vielleicht hat der zur Zeit fungierende, im Sommer oder Herbst eingetrofl'oue Prokonsul von Baetica, den man bei der Setzung der Meilensteine zum mindesten zugezogen haben wird, dem Pontificalkollegium angehört, von dem die Jahre der Vor- standschaft des Tiberius immer gezählt und der Abschluß des 20. Jahres besonders gefeiert worden sein wird. Mehr als den Einfall eines Beamten wird man in dieser Bereicherung der kaiserlichen Titulatur nicht suchen dürfen. Charlottenburg.

Zu den neuen Inschriften des Sulpicius Quirinius. Von H. Dessau.

Pas besondere Tntei'esse, das sich wegen Lucas ev. 2, 2 mit der syrischen Statthalterschaft des Sulpicius Quirinius verbindet, veranlaßt mich, auf die zwei den Quirinius nennenden, im vorigen Heft dieser Zeitschrift (S. 104 ff.) von Bleckijiann besprochenen Inschriften zurückzukommen, und a\if einen Irrtum, den meiner Meinung nach ihr Entdecker Ramsay und ihm folgend Bleckmann bei ihrer Beurteilung begangen haben, hinzuweisen. Ramsay hat mit seinen

1) CIL I ed. 2 p. 311.

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Mitteiluncjen und Nacfirichten. 253

Begleitern Anderson und Calder das Glück goliabt, auf sninem alten Arboits- felde, dem sogenannten jiisidisclion Antiochia, zwei Inschriften zu entdecken'), in denen Quirinius als Duovir (Bürgermeister) jener unter Augustus in eine römische Kolonie verwandelten Stadt genannt wird, in welchem ihm natürlich nur Ehi'oulialber übertrageneu Amt er sich durch einen angesehenen Bürger der Stadt, Caristanius Frouto, hat vertreten lassen, der als solcher den Titel eines praefectus führte. Ramsay ist nun der Meinung"), daß die Antiocheuor auf den Gedanken dieser Ehrung des Quirinius gekommen seien, als er durch die uns von Strabo und Tacitus erzählte Bändigung des ihnen auf dem Nacken sitzenden räuberischen Bergvolks der Honionadeuser sich um sie verdient ge- macht hatte und sieht es als selbstverständlich an, daß Quirinius, noch in amt- licher Stellung befindlich, also wahrend seiner ersten syrischen Statthalterschaft, in die Kamsay, Monimsen folgend, die Kämpfe gegen die Homonadfuser ver- legt^), von den Autiochenern zum Duovirn erwählt worden ist. Mir ist das keineswegs selbstverständlich, sondern in hohem Grade unwalirscheinlich. Zu Beamten (Duovirn, Quattuorvirn usw.) der römischen oder nach römischer Art organisierten Gemeinden konnten im allgemeinen nur Angehörige der Gemeinde gewählt werden (eine Vorschrift der Art stand wahrscheinlich in dem uns von Malaca, einer Stadt latinischen Rechts, znm Teil erhaltenen Stadigesetz''), wie der Hinweis in Kap. 54 des Gesetzes vermuten läßt). Eine sehr wichtige Aus- nahme bildeten die im Stadtgebiet ansässigen Ortsfremden, die incolae, die zu den Amtern heranzuziehen schon früh einzelnen Gemeinden, mit der Zeit wuhl allen gestattet wurde'); eine andere Ausnahme bildeten der Kaiser und die

1) Die eine zuei'st publiziert von Ramsay selbst im Exponilor, Nov. 1912, S. 401; beide von (dem im .Jahre 1915 bei Gallipoli im Alter von 30 Jahren ge- fallenen) Cheesn in, Jounuil of Roman siudies 1913, S. 253, 254 und danach von mir wiederholt Inscr. se!. 9502, 9503.

2; Expositor 1912, 402. Bearmg of rcccnt discovcry an the trusiwortliiness of iV. T. (1915) 28(5.

3) An dieser ersten syrischen Statthalterschaft des Quirinius hält Ramsay fest es ist nach ihm diejenige, von der Lucas in Verbindung mit der zur Zeit von Christi Gehurt abgehaltenen Census spricht , läßt aber nel)en Qui- rinius auch den von Tortullian als Leiter eines eben damals in Judaea ge- haltenen Census erwähnten Scntius Saturninus eine Zeitlang (8 v. Chr.) Statt- halter von Syrien sein, so daß auch diese Angabe zu Recht bestehen bleibt (Expositor 1912, 398, Benring of rccent discovcry 293, vgl. 243, und ähnlich sclion Christ hörn at Bethlehem, 1898, 238). Ganz dasselbe hatte, fast mit denselben Worten, über lOJ .Jahre vor Ramsay, Enrico Sanclemente de vulgaris aerne emendatione (1793) gesagt (S. 434: consequitur alium quemlibet praeter P. Quiriniiun ordinarium in eadem provincio tum temporis praesideni fuisse, quo prima deseriptio facta est, quac totius orhis a D. Lui-a noniiniiltir; 44.3: explicatur quomodo cum ordi- nnrio Hijriac praeside Sntnrnino condliari dcheant verba Lucae rjyff^oreiortoi; lijg 2^v^lac I<LO(i>,vi'ov). Auch sonst berührt sich Ramsay vielfach mit diesem ihm anscheinend nicht bekannten Vorgänger (z. B. in der Heranziehung von Tacitus ann. 6, 41 Einschätzung der Kieten im J. 34 v. Chr. ; Sanclemente p. 406, Ramsay, Christ hörn at Bethlehem 161). Wer will, kann dieses Zusammentreifen als Bestätigung fassen.

4) CIL II, 1964 {Inser. sei. 6089;.

5) Vgl. Mommsen, Siaatsr. in, S. 805. Auf eine solche Erlaubnis wird auch in der im Jahre 1914 in den Ruinen von Volubilis im tingitanischeu Maure-

u

254 Mitteihingen und Nachrichten.

Prinzen, die diese städtischen Ämter natürlich nicht selbst verwalteten, sondern einen vornehmen Ortsangehörigen, wie Quirinius in Antiocliia den Caristanius Fronte, zum Stellvertreter (pracfedus) ernannten. In dem unter Domitian für Salpensa in Baetica erlassenen Stadtgesetz') wird für den damals regierenden Kaiser diese Ausnahme ausdrücklich festgesetzt; und eine gleiche Bestimmung für Augustus und seine Deszeudenten wird enthalten gewesen sein in den Ortsstatuten der zahlreichen unter seiner Regierung gegründeten oder neu- geoi-dneten Gemeinden. So dürften die meisten der Duovirate der Augustus- Enkel und Ui'enkel in italischen und in Provinzialstädten zu erklären sein'). Ähnliche Bestimmungen werden sich schon in den Verfassungen der in republikanischer Zeit gegründeten Bürgevkolonien gefunden haben zugunsten der Stifter dieser Kolonien oder der sonst bei ihrer Gründung amtlich be- teiligten vornehmen Personen und ihrer Nachkommen. Vielleicht geht es dar- auf zurück, daß in der auf Ginind des Ackergesetzes des Konsuls Caesar vom Jahre 69 v. Chr. gegründeten Kolonie Capua, Pompejus und Piso, der Konsul des Jahres 58, dieser der Schwiegervater, jener der Schwiegersohn Caesars, Duovirn waren ^!; wahrscheinlich hatten lieide der Kommission der vigintiviri agris dandis arhignandis angehört. I.'nbekaunt ist, worauf die im Anfang der Kaiserzeit einige Mal vorkommende Übertragung des städtischen Bürger- meisteramtes an vornehme, nicht ortsangehörige Senatoren*), wie eben die Übertragung des Duovirats von Antiochia an Quirinius, sich stützte. Es ist nicht unmöglich, daß in jedem einzelnen Fall die Regierung um Erlaubnis an- gegangen worden ist^). Aber wie dem auch sei, ob insbesondere Antiochia

tanien gefundenen, in Deutschland wohl noch nicht viel bekannten Inschrift (Cliatelain, lomptes rcndus de VAcnd. des inscr. 1915, 896) augespielt, die meines Erachtens De Sanctis in den Atti della R. Afcndemia di Torino 1917/18, p. 458 ff., 1918/19, p. ;;29ff. glücklicher als Cuq c. r. dt FAcadimie des inscr. 1918, S. 227£f. behandelt hat. Die Worte lauten: Htiic ordo municipi Volub. ob merita crga rem ptih. et legaiiunem bene gestnni, qua ab du-o Claudio rivUntem Romanam H conuhium cum percgrhiis mulieribus, immunilatem annow X, incolas, bona civium bello inler- fectorum quorum hcredes non eoctabant, suis impelravit.

1) CIL II, 1963 (Inscr. sei. 6088).

2) Eine allgemeine Mode war diese Verleihung des Bürgermeisteramts an die kaiserlichen Prinzen offenbar nicht. Wenn in Praene.ste sowohl die Söhne (der leibliche und der Adoptivsohn) als die (Adoptiv-)Eukel des Tiberius das höchste Amt bekleideten, so war das vielleicht dadurch veranlaßt, daß die Stadt durch Gunst des Tiberius aus einer Kolonie in ein Municipium umgewandelt worden war (CIL XIV, p. 290) und damals .also zum mindesten einen Zusatz zu ihrer Verfassung erhalten hat. Aquinum, wo die Mitglieder des Kaiser- hauses wiederholt Quinquennalen waren {Inscr. sd. 6286), h.atte kurz vorher Kolo- nialrecht erhalten {CIL X, p. .530).

3) Pompejus: Cic. post red. in sen. U, 29; Piso: Cic. das. 7, 18 pro Sest. 8, 19, in Pis. 11, 25.

4) Mommsen, Staatsrecht 11^, S. 828, A. 5; die Beispiele um eines vermehrt bei Cheesman, Journal of Roman stv.dies 3, 1913, 256.

5) Die Peregi'inen-Gemeinden waren in dieser Beziehung freier. Irgend- eine Stadt Gretas konnte unter Augustus oder Tiberius einem Begleiter des Prokonsuls das höchste städtische Amt ohne weiteres anbieten (Seneca contr. 10, 4, 19).

15

Miiteihau/rn und Nachrichten. 255

Pisidiae bei der Übertragung eines Oenieindpanits an Quiriniiis sich auf eine Bestimmung seines Ortsstatuts gestutzt, ob es sich über die Bestimmungen hinweggesetzt oder sich einen Dispens in Rom geholt hat: niclit glaublich ist, daß die Stadt den iu der Provinz befindlichen Peldherrn und Statthalter zum Bürgermeiste erwählt hat. Was hätte daravis werden sollen, wenn den Pro- vinzialstädten gestattet worden wäre, den höchsten Vertreter der liegieriuig zum Bllrgermoister zu prneniicn. Denn was der einen Stadt erlaubt wurde, konnte der andern nicht verweigert werden. Autiochia war nicht die einzige Stadt, der mit der Unterdrückung der Ilomun.'uleiiser ein Dienst geleistet war, und andere Städte werden anderen Anlaß gehabt haben, .sich Quiriniu.'; dankbar zu zeigen. Die Statthalter sollten über den Gemeinden stehen. Es wäre allem möglichen Unfug und allen müglichen Umtrieben (unter Umstanden auch gegen die Eegierung' Tür und Tor geöffnet worden, wenn die Übertragung städtischer Ämter an die Statthalter, um sie zu ehren, oder unter dem Vorwand, sie zu ehren, üblich geworden wäre. Die kaiserliche Regierung sah die Ehrungen der Statthalter durch die Stadtgemeinden überhaupt nicht gern. Augustus hat, freilich erst viele Jahre nach Quirinius' Tätigkeit im Osten, den Provinzialen direkt anempfehlen lassen, Ehrungen für die Statthalter wülirend ihrer Amtszeit überhaupt nicht und auch nicht während der ersten zwei Monate nach Ablauf derselben zu beschließen'). Eine ursprünglich gewiß bedeutungsvolle und ver- pflichtende, jetzt aber harmlos gewordene Ehrung ("jedenfalls harmloser als das Duovirat. weil es niclit so leicht zu einer Einmischung in die Gemt-indean- gelegenheiten führen konnte), war die Ernennung zum Patron (Scliutzherrn) oder zum Gastfreuud der Gemeinde. Aber in dem im Jahre 44 v. Chr. der nougegrun- deteu colonia Julia Genetiva iu Spanien gegebenen Stadtrechte war die Ernennung von Senatoren und Senatorssöhnen zu patroni oder zu hospilps der Stadt nur dann gestattet, wenn der zu Elirende in Italien weilte und ohne Amt \sinc. imperio pnvnlus) \var-). Allerdings hat dies vielleicht nicht überall gegolten oder man hat sich nicht überall daran gehalten. Im .Jahre 12 v. Chr hat eine afrikanische, freilich keine Bürger-, sondern eine Peregrinengemeinde'), aber im Jahre IG oder 17 u. Chr. eine afrikanische Bürgerkolonie (Assuras)*) den an- scheinend noch fungierenden Prokonsul von Afrika zum paironus ernannt^).

Wie dem auch sei, ich kann nicht glauben, daß dfe Antiocheuer auf den Einfall gekommen sind, den Vertreter des Kaisers und siegreichen Heerführer zu ihrem Bürgermeister zu ernennen oder daß dieser es angenommen hat. Ich möchte glauben und ich habe dies liereits Inscr. sei. 9502 A. 2 angedeutet, daß die Antiocheuer auf den Gedanken einer solchen Ehrung des ihnen von dem Eeldzug gegen die Honionadenser in bester Erinnerung gebliebenen Quirinius gekommen sind, als Quirinius Avieder einmal nach dem Osten, in ihie Mähe kam, vielleicht ihre Stadt berührte, aber diesmal sine imperio privatvs, nämlich als Begleiter des jungen C. Caesar, des Adoptivsohns des Kaisers, der von

1) Dio 5ß, 25, G. Ein Verbot war dies nicht (naQiiyyii/.e), jedenfalls kein unter Strafe gestelltes, wie ein ühnliciies aus dem Jahre ü2 n. Chr. (Tac. ann. 15, 22).

2) CIL II suppl. 5430 ilnso: sei. G0H7) Kap. 130, 131. Vgl. Mommsen, Ges. Sehr. 1,239.

3) Imcr. sei. 6095.

4) Maria Marchetti, BuU romunale 1912. S. 113.

5) Doch ist Hühners Bemerkung, Eph. ep. IL \<. 14b not. 3 zu beachten.

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256 Mitteilungen und Nachrichten.

1 V. Chr. bis Anfang 4 n. Chr. als Oberstatthalter im Osten weilte. Dieser wird dazu ermächtigt gewesen sein oder sich filr dazu ermächtigt gehalten haben, den Autiochenern eine Abweichung von ihrem Statut, wenn die Ernennung des Quirinius zum Bürgermeister eine solche war, zu gestatten. Die Aufmerksam- keit, die die Antiochener dem Quirinius erwiesen, war nun zugleich eine Hul- digung für den Prinzen selbst, unter dessen Begleitern Quirinius von Anfang an eine hervorragende, zuletzt die erste Stelle') einnahm. Auch ein M. Servilius, den nach den beiden uns beschäftigenden Inschriften die Antiochener nach Quirinius zu ihrem Bürgermeister ernannten und der sich ebenfalls durch Caristanius Fronto vertreten ließ, dürfte einer der Begleiter des Prinzen ge- wesen sein und nicht, wie Ramsay meint, Statthalter der Provinz Galatien^); er war wohl sicherlich der Konsul des Jahres 3 n. Chr., also einer der jüngeren Begleiter des Prinzen, und ist dann wohl gegen Ende 2 n. Chr. nach Rom zu- rückgekehrt, um dort das höchste der alten senatorischen Ämter zu über- nehmen. Begleiter eines Prinzen scheint auch ein dritter^) vornehmer Römer gewesen zu sein, dem die Antiochener ihr Bürgermeisteramt übertragen haben, Cn. Domitius Ahenobarbus*), Konsul im Jahre 32 n. Chr., Vater des späteren Kaisers Nero, al)er nicht Begleiter des C. Caesar, wie irrtümlich Sueton im Leben Neros c. 5 berichtet, sondern 20 Jahre später Begleiter des Germanicus^). So wenig ich diese Vermutungen als ganz sicher hinstellen möchte, so werden sie doch, glaube ich, mehr Beifall finden als die Behauptung Ramsays, die Antiochener würden wohl niclit lange mit der Übertragung des Duovirats au Quirinius gewartet liaben, weil das eine Undankbarkeit gewesen wäre'') oder aber als seine Vermutung, daß ihm und dem angeblichen Statthalter Galatiens, M. Servilius, das Duovirat von Antiochia in aufeinander folgenden Jahren oder gar gleichzeitig übertragen worden sei, um bei dem Kampf gegen die Homo- nadenser die Kraft der Kolonie unter den Befehl eines einzelnen Mannes, des

1) Seit dem Stiuze des Lollius, also seit dem .Jahre 1 n. Chr. Es ist nicht nötig, anzunehmen und nicht gerade wahrscheinlich, daß Quirinius erst damals zu Gaius gestoßen ist; er muß jedenfalls nach Asien gekommen sein, als Tibo- rius noch in Rhodus ;ivar, also spätestens im Ja,hre 2 n. Chr.

2) Expositor 1912, 403, Bearing of reccnt discovery 287. Ihm schließt sich Cheesman S. 258 an.

31 Oder gar ein vierter, denn in der einen, am Schlüsse unvollständigen Inschrift des Caristanius Fronto Unser, sei. 9503) scheint außer Quirinius und Servilius noch ein dritter vornehmer Römer genannt gewesen zu sein, den Caristanius Fronto vertreten hat.

4) CIL III suppl. 6809 (Inscr. sei. 26961; eine der frühesten Entdeckungen Ramsaj'S auf dem Boden von Antiochia Pisidiae.

6) Vgl. Frosopogr. imp. Rom. II, p. 18 n. 109. Jedenfalls ist kein anderer Aufenthalt des Ahenobarbus im Osten bekannt, und keinenfalls war er jemals Statthalter einer der Provinzen des Ostens, was Sueton sicherlich erwähnt hätte. Auch P. Cornelius Dolahella, Statthalter von Dalmatien 14 bis 18 n. Chr. und Quiuquennalis der Hauptstadt dieser Provinz Salonae. war dies nicht wäh- rend seiner Statthalterschaft, sondern einige Jahre später, denn er ließ sich als Quinquennalis vertreten durch denselben Mann, der auch den im Jahre 7 oder 8 geborenen, im Jahre 23 mit der Toga virilis bekleideten Prinzen Drusus vertreten hat Unser, sei. 7160).

6) Expositor 19l2. S. 409.

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Mitteilungen iiml Nachrichten. 257

von jenen zum Stellvertietor ernannten Caristanius Fionlo zu stellen'). Der Hochstkommandievende. an der Spitze seiner Legionen, wird wohl kaum nötig goliabt haben, sich an dio Zivilbevölkerung der Kolonie um Unterstützung zu wenden; wenn aber doch, wird er sich niclit gescheut haben, den Biirger- meistern oder den Bllrgem direkt Befehle zu erteilen, und nicht den Umweg genommen haben, sich selbst zum Bürgermeister ernennen zu lassen und dann einen Stellvertreter zu emeuuen'''j. Meiner Meinung nach ist also das antioche- nische BUrgermei'^teramt des Quirinius zwar durch seine, kriegerischen Erfolge in Pisidien veranlaßt, fallt aber nicht mit ihnen zusammen, sondern später als sie, und zwar wahrscheinlich in die Zeit der Oberstatthalterschaft des C. Caesar im Osten, in eines der Jahre 1 vor bis 4 n. Chr.-').

Aber gegen diese Ansetzung des Duovirats des t^uirinius, so wird man, oder wird doch Ramsay, wenn er diese Zeilen lesen sollte, einwenden, spricht die Tatsache, daß nach dem ausdrücklichen Zeugnis einer der beiden neuen In- schriften der Vertreter des Quirinius in dem Duovirat, Caristanius Fronte, der erste gewesen ist, dem in der unter Augustus, nach Ramsa3''s Meinung*) 25 V. Chr. oder bald danach gegründeten Kolonie nach Beschluß des Gemeinde- rats auf öffentliche Kosten eine Statue gesetzt worden ist. Huic primo omnium publice d. d. statua posita est. „Schwerlich .'^ind viele .Jahre nach Gründung der Kolonie verstrichen, ehe eine Statue in der Stadt errichtet wurde^).'' Sollte es sich nicht deshalb empfehlen, das Duovirat des Quirinius in eine etwas frühere Zeit, in die Zeit, in der, wieder nach Ramsay, Quirinius dort amtierte, in eines der Jahre 11 bis 8 v. Chr.^), zu setzen? Ich halte es für sehr wohl möglich, daß die junge Kolonie Jahrzehnte hat verstreichen lassen, ehe sie einem ihrer Mitbürger .auf Gemeindekosten eine Statue hat errichten lassen Private, Körperschaften, ja der Gemeinderat aus eigenen Mitteln'; konnten schon vorher

1) Reeent discovery S. 287. Auch Cheesman a. a. 0. ist geneigt, die Wahl der Statth,alter zu Bürgermeistern durch die Rücksicht auf den Krieg zu erklaren. In dem mir nachträglich zu Gesicht gekommenen Aufsatz Studies in the Roman province Galatia I (Joxirtial of Roman studies 7, 1917) führt Ramsay dies weiter aus.

2) Im Notfall, das heißt, wenn das Gebiet der Kolonie bedroht war, hatten freilich die Btti-germeister oder ihr Stellvertreter das Recht, die Kolonisten zu den Warten zu rufen und hinauszuführen, aber sie hatten sich dabei nach den Beschlüssen des Gemeinderats zu richten, und nur eine sehr geringe Straf- gewalt (Lex col. Genotivae Kap. CHI mit deu Ausführungen Mommsens, Ges. Sehr. I, 214). Dem Oberfeldherrn wurde durch Übernahme der Bürgermeister- stelle seine Aufgabe nicht ox-Ieichtort.

4) Und zwar in keines der letzten, da nach ihm und zwar, meiner Meinung nach, ebenfalls als Begleiter des f'. Caesar M. Servilius noch dieselbe Ehre genoß, und dieser, wie oben gesao;t, spätestens Ende 2 n. Chr. zum Kon- sulat nach Rom zurückkehrte.

4) Cities of St Paul 268, Expositm- 1912, 405, Bearing of rev. discovery 288. Sicher ist dies übrigens keineswegs.

5) Ramsay, Expositor 405.

6) So jetzt Ramsay, Expositor 1912, S. 40G und ähnlich Rccent discovery S. 289; vgl. S. 281, A. 1.

7) Z. B. in Herculanum CIL X, 1136; auch BüJger aller Stände, mit dem Gemeinderat an der Spitze, aus freiv.'illigen Beiträgen; CIL. X, 1435 decnriones et pieps Herculanensis. Das ist eben nicht ex decreto dectiriomtm pecunia publica, wie z. B. CIL X, 790, 791.'

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258 Mitteilungen und Nachrichten.

auch auf öftentlic}n>n Plätzen Statuen erricbten lassen . Sie tat es, sie ling au, verdienteu Mitliüvgern Statxien auf Geiueindeliosten zu Rnichteu. als zum ersten Mal dazu Veranlassung schien und dafür Stimmung war; ob das im J. 8 V. Chr. oder i)n J. 'J u. Chr., im zweiten oder im dritten Jahrzehnt der Kolonie eingetreten ist, entzieht sich uusrer Beurteilung.

Im übrigen halte ich es keineswegs für unmöglich, und darin muß ich Checsmaii und Bleckmann Recht geben, daß der Krieg gegen die Homonadenser und damit die erste sj'rische Statthalterschaft des Quirinius, wenn wirklich in diese der Krieg gehört, sich unmittelbar oder bald an sein Kon.sulat (12 v. Chr.) angeschlossen hat, also in die Zeit von 11 bis 9 v. Chr. zu setzen ist. Ein Blick auf die von Mommsen, Res gestae Divi Augr S. IGG gegebene Liste der Statthalter Syriens zeigt, daß in dieser zwischen 12 und 8 v. Chr. (M. Titius) für Quirinius sehr wohl Platz ist; nur die Liste der ersten Ausgabe (18G.5, S. 114), in der vor Titius M. Tullius Cicero eingeschoben war, konnte die Einsetzung der Statt- halterschaft des Quirinius in die .Jahre 3 und 2 v. Chr. zwingend erscheinen lassen').

Charlottenburg.

Zur lex Ursonensis. Von Emil Eicßliug.

Die Hauptschwierigkeit, die die lex Ursoncnsi.'' bietet, ist die Frage nach ihrer Entstehung. Feststeht, daß die ursprüngliche Fassung des Gesetzes in die Zeit Caesars fällt, während die Tafeln, die uns heute vorliegen, erst in flavischer Zeit eingraviert worden sind. Was in der Zwischenzeit mit der lex geschehen ist, wie die Mängel, die das Gesetz aufweist, zu erklä,ren sind, entzieht sich unserer Kenntnis. Besonders strittig ist die Frage der zeitlichen Einordnung der capp. 129—131. Sie sind in kleinerer Schrift als die übrigen Kapitel ein- graviert, und unter dieser Schrift sind die Spuren einer älteren größeren Schrift zu erkennen, deren Buchstaben dieselbe Größe haben wie die der übrigen Kapitel. Da außerdem in cap. 130 derselbe Gegenstand wie in cap. 97 und zwar in ver- schiedener Weise behandelt wird, so liegt der Schluß n.ihe, anzunehmen, die capp. 129 131 seien ein Nachtrag. So glaubt neuerdings auch Lommatzsch"), daß der ausgetilgte Teil des Gesetzes, der unter den capp. 129 131 gestanden habe, überflüssig geworden, ausgetilgt und durch die neue „Bestimmung über die Annahme eines Patrons" ersetzt worden sei. M. E. handelt es sich dagegen bei den capp. 129 131 um keinen Nachtrag, sondern um ein Versehen des Graveurs. Zunächst muß betont werden, daß die Spuren der Rasur nicht genau mit den capp. 129 131 zusammenfallen; denn sie beginnt schon am Ende von cap. 128 und reicht in cap. 131 nicht ganz bis an den Schluß. Das ist wichtig Lommatzsch

1) Die Einreihung des Cicero an dieser Stelle beruhte auf völlig unzu- reiihendem (Trunde, wie S. 16.5 der 2. Ausgabe anerkannt wird (de tempore non constat usw.i. Auch sonst unterscheidet sich die 2. Ausgabe der C^uirinius- Abhandlung nicht unwesentlich von der ersten: der sehr anfechtbare Ausdruck, daß Lucas den Josephus ausgeplündert habe, findet sich erst in der zweiten (S. 176).

2) CIL 1. 2. Nr. 594 (1918), p. 494.

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Mitteilungen und Nachrichten. 259

macht im CIL I, 2, Nr. 594 die Buchstaben, unter denen Rasur zu erkennen ist, durch < > kenntlich:

cap. 128, Z. 30 = e(x) h{.ac) Hege)

Z. Bl < iii^ poUestna) esto. cap. 131, Z. 13 = actio petiti > o persecutioquc h(af.) liege)

iu-s potest{as)que esto. Die Rasur muß also im Zusammenhang stehen mit dem Schluß.satz^) von cap. 128.

Betrachten wir diesen Satz genauer, so finden wir weitere Eigentümlich- keiten, die die folgende Skizze") wiedergeben mag:

SQVEPECVN

CVirORVMVOLLT REG IVDIC APVT -"11 VIR 'lllllii vertieft |i|||||| , 'l!l|i!l!llll|!'PRAEFACTIO- PETITIO- PERSECVTIOQE H- L

IVS POTESTO (kleinere Schrift).

Nach Fabricius ') sind hinter II VIR etwa 7 —8 Buchstaben, in der nächsten Zeile vor PRAEF etwa 6 Buchstaben getilgt; die letzte Zeile (his potesto) ist nahe an die vorletzte geruckt und hat kleinere Buchstaben.

Da der formelhafte Schlußsatz in den umliegenden Kapiteln wiederkehrt, müssen wir dort nach den getilgten Buchstaben zwischen II VIR und PRAEF suchen: in allen in Betracht kommenden Kapiteln steht nun der Schlußsatz so wie in cap. 128 außer in cap. 130, das die Lösung gibt. Hier heißt es: = aput duovir(u»i) interregem praef{ectum) actio ....

Also interregem hat an der vertieften Stelle gestanden. Am Ende der drittletzten Zeile stand -INTER, am Anfang der folgenden Zeile REGEM, was sich mit den Angaben von Fabricius etwa deckt. Weiter vermissen wir in cap. 128 nach praefectnm das -ve~, das in den übrigen Kapiteln dabeisteht; eine Ausnahme ist wiederum nur cap. 180, da hier drei Glieder verbunden werden und deshalb die Verbindungspartikel fehlt.

Die Schlußsätze von cap. 128 und cap. 130 müssen also im Zusammenhang stehen. Es hat offenbar fälschlich in cap. 128 der Schlußsatz des cap. 130 ge- standen; der Gi-aveur hat interregcin ausradiert, dagegen nach jjrae/' keinen Platz gehabt, das ,re" von cap. 128 zu ergänzen. Zu erklären ist dieses Durchein- ander nur so, daß der Graveur irrtümlich am Schluß des cap. 128 (frühestens vor den Worten c. c. G. J.) in den ähnlichen Schlußsatz von cap. 130 hinein- gei'aten ist. Dieses Versehen konnte um so leichter vorkommen, da die Anfangs- und Schlußworte der benachbarten Kapitel teils ähnlich teils gleich sind. Auch hat Dessau*) mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß die Numerierung der Kapitel erst nach der Eingi-avierung des Textes erfolgt ist, so daß eine Ver- wechslung der Kapitel nur zu leicht möglich war. Seinen Irrtum hat der Graveur nun zunächst nicht gemerkt und hat die cap. 131, 132 u. s. f. bis zum Schluß der Tafel weiter eingraviert. Hier angelangt, merkte er ei'st, daß er Ende cap. 128 bis Ende cap. 130 übersprungen hatte. Aus dem von cap. 130 geholten Schluß- satz, der fälschlich in cap. 128 stand, stellte er nun den richtigen Schlußsatz

1) Den Herren Fabricius und Dessau, die mir Mitteilungen über epi- graphische Einzelheiten in freundlichster W^eise gemacht haben, bin ich zu großem Dank verpflichtet.

2) Aus den Notizen von Fabricius.

3) SBer. Hrid. AI. 1916, p. .50ff. 4) TlVm. Stud. XXEV (1902), p. 243.

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260 MitteUunyen und Nachrichten.

her, indem er das intcrnycin ausradierte; ferner tilgto er das folgende cap. 131, um iu den so erhaltenen Raum die oapp. 12;», 130 und 131 in kleinerer Schrift einfügen zu können.

Daß die Beweisführung stimmt, und in dem Raum der capp. 129 131 ursprünglich nur das eine cap. 131 gestanden hat, bestätigt auch ein Indizium äußerer Natur. Man kann nämlii.h am Original die ur.'iprüngliche Buch- stabenzahl, die für den Raum der jetzigfu capp. 129 lol iu Betracht kommt, annähernd bestimmen. Fabricius') hat berechnet, daß auf der Flache der jetzigen cap. 129 131 Raum für 21 22 Zeilen zu je 40 Buchstaben in ursprünglich großer Schrift ist. Das K.apitel 131 hat 826 Buchstaben I Da die Schlußzeilo des ur- sprünglich mit großen Buchstaben geschriebenen Kapitels 131 nur zur Hälfte") beschrieben war, Fabricius aber mit ganzen Zeilen rechnet, so müssen zu den 826 Buchstaben noch etwa 20 hinzugefügt werden, so daß man der Berechnung von Fabricius fast auf den Buchstaben genau gleichkommt. Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß cap. 131 ursprünglich in großen Buchstaben in dorn Raum der jetzigen capp. 129 131 gestanden hat.

Gleichzeitig erhalten wir einen Einblick in die Werkstäfcte des Graveurs. Mit Abkürzange'n verfährt er willkürlich. So küi'zt er in cap. 128 Z. 30 perse- i'v,tlq(ue) c{x) ab also Worte, die nicht auf Rasur stehen und deshalb die Abkürzungen von cap. 130 genau wiedergeben mußten wahrend er in cap. 130 Z. 51 pcrseciitinqu[e ex . . . schreibt. Andrerseits haben wir keinen Grund, dem Graveur Fehler wie z. B. das sinnlose Hinzufügen von aed(ilis) in cap. 130 Z. 1 in die Schuhe zu schieben.

Darmstadt.

Zu der lateinischen Grabschrift in Kapitalkursive. Von W. Scheel.

Die paläographisch recht interessante Inschrift, die O.Schissel vonFleschen- berg und C. F. Lehmaun-IIauptS) besondeis nach tler Seite ihrer Wichtigkeit als hervorr.i.gendes Beispiel für die epigraphische Vulgärschj-ift ausfülirlich behandelt haben, zeigt auch in ihrem kurzen Text einige Besonderheiten, die ein noch- maliges kurzes Eingehen darauf zu rechtfertigen vermögen.

Der Stein, den Rudolf von Scala iu Rom für das epigraphische Seminar zu Innsbruck erwarb, kann zwar seinem Fundorte nach nicht genauer nach- gewiesen werden, doch spricht auch wiederum nicht.s d.agegen, die Inschrift für .stadtrömiscli zu h-alten, wie dies die Her,ausgober zu tun scheinen*). Dann würde sie in aiisprecheudor Weise die Beispiele vormehren, wo ein durch seinen Namen {Callimwhus) anscheinend dem Sklavenstande angehöriger Mann seiner contuber- nalis ein anspru(;hsloses kleines Denkmal setzt. Solche Steine haben wir z. B. ans Rom in C VI (4,2) 31121. 34934. 35145. 364.56 u. a.; umgekehrt erscheinen Widmungen von Skkavenfrauen an ihre unfreien Mtlnner ebenfalls mehrfach C VI 9114 D 7377; C VI 99i!3 D 7425; C VI (4,2) 35343 u. ü. Bei einer Durch-

1) SBcr. Und. Ak. 1916, p. 51.

2) Das zeigt das Aufhören der Rasur auf der halben Zeile, QIL a. a. O.

3) In dieser Zeitsrhriß XVH (1920) Heft 1/2 S. 129 ff.

4) a. a. O. S. 120 Anm. 1.

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MHteilunffen und Naehriehten. 261

sieht von C VI 4. 2 habe ich übrigens nicht den Eindruck gewonnen, als ob die Bezeichnung contubernalis öfter für Frauen als fiir Männer gebraucht sei').

Auch der Name der Verstorheuen ist auf römischen Steinen nicht un- erhört: eine Cornelia Inventa setzt ihrem Bruder C VI 35024 ein Denkmal.

Der anspruchslose Text hüte in seiner einfachen Satztügung nichts Be- sonderes, wenn nicht die letzte Reihe mit ihren Abkürzungen v b. m. gewisser- maßen ein epigraphisches Rätsel bildete.

Die Herausgeber haben scheinbar diese letzte Zeile al.s selbständigen Zusatz, Akklamatiou, aufgefaßt und iu eine Reihe iuit den bekannten Schlüssen gestellt, die als V S votHtn solvit, V S L M volum solvit lihens incnto, V S M Votum solvit nieräo, V S L P voto suscepto libens posuit u. a. erscheinen Sie lösen auf: v(ovit'?) b(ene} m{ercnti'i); dabei ist zuerst das doppelte Fragezeichen un- verständlich. Denn daß der letzte Bachstabe J/ merenti bedeutet, kann füglich nicht bezweifelt werden, wenn man die zahlreichen Steine durchmustert, die in C VI einem durchaus ähnlichen Milieu entstammen. Es ist aber ohne Zweifel diese Unsicherheit durch die Auflösung v(ovit) entstanden, die als richtig nicht anerkannt werden darf, und zwar aus doppeltem Grunde.

Erstlich ist die Auflösung i\ovit) mindestens sehr selten und ungewöhn- licli; zweitens ist das dadurch entstandene Latein nicht einwandfrei. Wenn der trauernde Gatte seiner conluhernalis ein Denkmal setzte (fecit , so darf diese Nachricht nicht durch den Zusatz einer doch klärlich früher liegenden Widmung wieder zerstört werden. An eine Auflösung voto könnte man allenfalls denken, wenn nicht die Wortstellung dagegen spräche; eine Auflösung vovit oder auch etwa voverat ist dagegen abzulehnen.

Nun werden gerade auf einfachen Grabsteinen, vielleicht aus Sparsamkeits- rücksichten, öfters auch Substantiva abgekiirzt, die sonst meist ausgeschrieben erscheinen; so fand ich coniugi bene merenti als C B M (C VI 3-5137. 36531), amico bene merenti als A B M (C VI 3469*3). Beide Male wird hier am Schlüsse der Dedikation der Adressat nochmals wiederholt; so ersetzt das Substantiv in der Dedikationsphrase die sonst gern eingefügte appositioneUe Beifügung r-a- rissimae, dulcisdmac, piissimcie, optimae, sanctissimae, incomp/irabili o. ä., die ja hier auch durch das anheimelnde suae schon vorweggenommen ist.

Auf unserem Steine handelt es sich um ein contuberinnm zwischen einem Unfreien, der seine Stellung nicht näher bezeichnet, dem Namen nach aber wohl ein griechischer Sklave war, und einer Unfreien. Solche Sklavouehe wurde in der Kaiseiv.eit als eine dauernde und auch rechtlich gültige Verbindung auf- gefaßt"); es wird der Mann der Sklavin und die Frau des Sklaven nicht nur contubernalis genannt, sondern auch die Bezeichntmg coniunx^) gebraucht. In den Digesten wird sogar zur Erklärung des contuberniums das feierliche Wort uxor eingeführt, das sonst nur die freigeborene Gattin des freien Römers he- zelchuet: Contuhernales quogite servorum, id est tixorcs et natos insiructo fundo coii- tineri verum est (Dig. 33, 7, 12 § 33; vgl. auch S 7).

Auf einem Grabstein erscheint die Bezeichnung nxcir für die Sklavenehe mit contubernalis verbunden in C VI 85185: . . uxor Euplo contubernali bene merenti. Der Stein ist iu Rom nahe der Via Salaria gefunden worden.

1) Anders Thes. IV 790, 55, 77, (U; Klio a. a. O. S. 130 Aum. 10.

2) Marquardt-Mommsen, Handburh VU, 1 (1886; S. 176 und Anm. 3; C. VI 4086. 4354. 6440. 8740. 87&S. 8848. 8929. 9914. ü.

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262 Mitteilungen und Nachrichten.

Wenn also die Sklavenfraii sich hier als uj-or nennt, so ist es wohl auch umgekehrt angängig, daß der Mann der Sklavin diese seine Frau neben der üblichen Ehebezeichnnng seines Standes noch besonders feierlich als nxor anredet. Vielleicht darf man darin den deutlichen Rest eines noch lebendigen Bewußt- seins einstiger freier Abkunft erkennen, wenn hier dieser Calliinachus seiner geliebton Frau aui dem letzten Denkmal alle Ehren geben will, die ihr zwar rechtlich nicht zukommen, die aber wenigstens der Grabstein ihr nicht vor- enthalten soll.

Ich l'ise daher auf: D{is) m(anibus) s(nci-iim). Collimnchus fccit Clandiac Inventae contubernali suae u(xori) b(ene) m(err.nti).

Nowawos.

Zur ältesten attischen Inschrift 'j. Von Wilhehii Brnii<1eiistein.

(J? )'("•)■ <i()/);<;tüh' Tiarzöiv tira/.<oxaTa nait,£i ToC'TO iexüv luv.

So las F. Studnic'/ka die älteste attische Inschrift"). „Wer von den Tänzern .am zierlichsten t.mzt, der soll dieses (Gefäß) empfangen." Ein unbe- hagliches Gefü'hl tiberläuft einem bei der Lesung und Interpretation von Atxäv^), denn das A i^t niciit gut erhalten, außerdem ist das Verbum Sfxäv nirgends belegt, und seine Bildungsweiso begegnet sprachwissenschaftlich -lautlichen Schwierigkeiten, die Studniczka nicht verborgen blieben.

Es ist zweifellos, daß dixär ein abgeleitetes Verb sein müßte. Die Verba auf <iu» sind nun, wenn abgeleitet, immer denominativ*), aber unser Nomen heißt äoyJi (iSoxl,), das davon abgeleitete Verb müßte also 6oxä(o (öoxi'uu) heißen. do/i'/ aber kommt von iSi'xo/jai und steht zu diesem in einem schon indo- germanischen Ablaut, der in gleichgebauten (analogen) Fällen ausnahmslos vorhanden ist''). Studniczka (S. 220) fuhrt nun einige Verba mit „e''-Vokalis- nius als Gegeninstauz an. TiCiJäv kommt von ntiii':; neöäi' von iceif)'/. Soll die Bildungsweisc bei unserm Verb gl6i<'.h sein, so lautet die Fortsetzung Soxäf von rfo/>;. Studniczka's Argument ist darum nicht ganz verständlich. Das von ihm wegen i-'xi/Ti vorausgesetzte txär gehört nicht hierher:

1. Weil es nicht Denominativ ist (was es ja wegen der Bedeutung sein soll).

2. Ist die Deutung von "xi/ti jetzt eine andere, t'xijn ist durch Haplologie aus *r:Xc.Ttjri entstanden, i-xtii- ist Schwundstufe zu txoyz-. Diese Form ist erhalten in txovri -> Ixwf und gehört zu einem athematischen Verbum *nek-mi wie altind. vnSmi beweist'')- Studniczka erwägt noch eine Möglichkeit, die

1) Vgl. unten S. 265 f.

2) Mitten, d. archflolog. hisiiluts in Athen XVIII, ßd. lö, 18'J3, S. 225 ff.

3) So erging es wenigstens mir, als diese Inschrift im Seminar des Hen-n Prof. C. F. Lelnnanu-IInupt besprochen wurde. Ich opponiei-te. Daraus eutstand dieser Aufsatz.

4) Brugmanu-Thumb, Griech. Gramm.*. S. 350.

5) Tiaidf/i'^g ist natürlich ein ganz anderer Fall. Die Nomiualstämme auf es!os stehen nicht im Ablaut yiy(e)vofiai: ytrot;. Ein Denominativ davon wird gebildet wie reXeajw von lii.og, wie tT6?.e(a}aa.

6) Boisacq, IHctionaire etym., S. 236.

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Müteüungen und Nuchriehten. 2(i3

Analogiebildimg. Von r(/"i koiuito einursoits r/.unc, imclorersoits n/iKttfn- ge- bildet wordeji. Nun könueu aber Veiba auf -aC,(iv niauchmal direkt vom Ur- verbum gebildet werden, als Inteusiva oder Frequeutaliva^). Stiidiiiczka nimmt offenbar an, daß ihyaC,fir direkt von Jf'^fo/«« gebildet worden sei, und zu diesem Aexi'iCfir ;uialog zu den vielen anderen Füllen von nebeneiiiaudi rstelienden Verben auf -«)• und -ut.nr ein tStxnv geschalfoii worden sei. (üan/. abgesehen davon, daß i)f;fi;5f(>' ziemlich spilt'ist, wäre diese Aiialogiobildnng ganz singular, ein Novum, und ist daher als Hypothese ad hoc abzulehnen. Nicht mir das, sie wäre auch gegen das Sprachgefühl (Ablaut!), das durch (Soxi) und Formen wie :r{)0(ji!(i;<'«v verstärkt wurde. Außei'deni ist der etymologische Zusammen- hang von ihxaC,tiv mit <iixo/(ui (vorausgo^ötzt, daß er überhaupt besteht), nicht gefühlt worden, wie das Eiymologicum magniim beweist, das nümlich dixuCii/dd von <U-x(i (zehn) ableitet.

Eine Bildung ihxüy ist daher nnmöglicli.

3. Ein anderes lautliches Argument ist folgendes: Im Attischen und Alt- jonischen haben wir durchweg 6i/0fiui-). Wackernagel'') behauptet zwar anders. Als erstes Argument sieht er an, daß alle übrigen Dialekte außer den beiden genannten A'xoucti haben. Das ist aber eine bloße B"hauptung. Denn aus dem erwähnten Tatbestand folgt meiner Ansicht nach höchstens, daß es im Ur- griechischen (oder im Indogermanischen) fii'xo/iai geheißen haben mußte und erst im jonisch-attischen sekundär zu ät/u^ini wurde. Die Ableitung des einfachen und zusarami'iigesetzten Verbums haben immer -/-*}, während in etymologisch dazugehörigen Hauptwürtcrn -x- ru.~ urgriechischer Zeit erhalten blieb, weil eben der Zusammenhang mit lU/ofira nie gefühlt wurde'). Darin stützt uns Wacker- nagels Erkläi'ung dieser Aspirierung, durch die sich eben das Joniscli-attisclie vom übrigen (Triocliischen unterscheidet. Sie ist vom Verbum und zw.ar von der 3. plur. Perf. Pass. (ffiJt'/ctrf« eingedrungen. Es war überhaupt im Attischen Neigung zu aspii-ierter Aussprache") (vgl. die aspirierten Perfecta [xixoifct]). ]>as Hauchdissimilationsgesetz erlosch in Attika schon um 500') (regressive Assimi- lation gab es schon im G. und 5. JluL), und später trat sogar Aspiratenassimi- lation ein.

Da .auch das Altjonische überall ä^'/o/iai (literarisch und inschriftlich) auf- weist, müssen wir ein urjonischos ih'-y^oiic'.i annehmen. Zu erklären ist nur der Übergang in 6i'xu/i(ti im Neu jonischen (Herodot). Wackernagel sieht ih'>:i>/(r!i als das m'sprünglicho an. Aber ich meine, daß es dann noch mehr zu erklären gibt, nämlich den angenommenen Wandel von dtxonai zu dtyo^ia im Alljonischen und die liückverwandlung zu dtxo/'ni im Neujouisclien, ein Verfahren, gegen

1) Küliner-Blass, Grierh. Grnmm:' II,], §328,4, 8. 2G1.

2) Kühner-Blass, Griech. Gramm.^ I, 1, S. 148, wo erwähnt ist, daß auch in vereinzelten dorischen Inschriften dt/o/iai steht.

3) Uomeiix/'he Fniycn, S. 23ff'.

4) Vgl. dazu die Beispielsammlung Wackernagels a. a. 0. S. 25, zu der aber zu bemerken ist, daß viele dort angeführte Wörter neujonisch sind: oderaber bei den Tragikern erscheinen, wo dorischer Einschlag möglich ist; dadurch wurao die Analogiewirkung so daß alle Nomin.alkomposita -x- haben nur vorstärkt.

5) Dies ist leicht einzusehen. Bei „Empfang" ist der Zusammenhang mit „empfangen" unmittelbar gegeben, während bei ,. Wildlang" der Zusammenhang mit „fiingeu" erst bei einiger Überlegung zu Bewußtsein kommt.

6) Meisterhans-Schwyzer, Gramm, der attischen Inschuften, % 29,8; § 3'J, 5.

7) Brugmann-Thumb a. a. O. S. 123, 124 (aspirierte Aussprache); S. 143.

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ütjj Mitteilungen und Nachrichten.

das eine alte Regel spricht: entia non surt mnltipUcandci praeter neccssitatem. Dem- zufolge erscheint mir i^iyouc.t als urjonisch. Das neujonische lUxoiiai (trotz des noch bestehendem i^E(St-//(Tci, das jede Analogiewirkung verloren hat), ist m. E. eine Erscheinung jener Haucherleichterungstenden?, die sich im Neujonischen am stärksten zeigte, nicht nur beim Spiritus asper, sondern auch im Sahdhi {('.Rtxrcoficd, 'E:nü?.T>jg statt 'E<p-); ferner schon bei Homer: TeTvxö; zu cev/w^).

Syntaktisch wäre zu bemerken, daß wir im Nachsatz einen acc. c. iuf. in imperativischer Bedeutung vor uns haben, wenn wir Studuiczka folgen, der aber im Attischen sonst nicht belegt ist, wie überhaupt mit Infinitive uud imperativischer Bedeutung in der 3. Person seiton sind-).

Es sind aber auch rein epigraphische Einwände zu machen.

1. "Wenn A ergänzt wird, kommt man mit der linken Spitze in das folgende ^ hinein.

2. Der obere Querbalken ist etwas konkav; hätte der Schreiber ein A ritzen wollen, so hätte er eher einen konvexen Strich gemacht, weil er die Tendenz haben mußte, mit dem Strich möglichst herunter zu kommen, was auf der Vaseuwulbung nicht so einfach ist

3. Drittens müßten sich jenseits des Bruches Spuren des eingeritzten A zeigen, und das ist nicht der Fall, obwohl die Vase dort unversehrt ist. In- folgedessen bleibt nur eine Lesung tlbrig (alle sonstigen Möglichkeiten hat Studniczka abgewiesen), nämlich von \—\. Gerade wo der Bruch ist, müßten die Eitzlinien des Buchstaben gelaufen sein.

Auch der zweite der eben angeführten epigraphischen Einwände (daß der Querbalken etwas konkav ist) fällt nun weg, denn es fehlte jede stärkere Ten- denz nach abwärts, und die Querbalken-Ritzlinie paßte sich der Gefäßwölbung an und ist auf der Photographie nicht so steil, wie sie gewöhnlich (unter Vor- ausnahme des angeblichen A) publiziert wird. Der schiefe Q.uerbalken des Heta findet sich sehr oft, manchmal promiscue gebraucht mit nor- malem Heta').

Es handelt sich nun, dieses mkj' zu deuten. Keine "Wurzelverwaudtschaft kann mit txdc und exuir bestehen.

Exag kann wegen der Bedeutung uud Lautgestalt nicht in Betracht kommen: a/fxai = 'pour soi, separe^: das davon gebildete Verbum müßte heißen ixuaiw > txai'iü^). ixcov fällt weg durch seine Bedeutung („wollen, vs-ünsohen"). Ebenso die dazu gehörigen Eigennamen 'Exktij usw.

Es bleibt nnr mehr ein Eigennamen übrig, mit dem Laut-Verwandtschaft bestehen kann, nämlich 'Exeu.?/ (und dazu'Exü/.eioi Ztic usw.)*). Seine Deutung ist bisher noch nicht gelungen. Ohne weitertjs kann angenommen, daß dies ein redender Name ist, insbesondere deswegen, weil diese Heroine gleichsam einen Charaktorzug verkörpert, den der Gastlichkeit. Die Namensbedeutung steht sicher in Wechselbeziehung zur Sage (wobei es für unsere Frage gleich- giltig ist, ob die Sage von Hekale aitiologisch aus dem Namen entstanden

1) Thumb, Handbuch der griecli. Dialekte, § 329,6 vulg. attisch. Dazu G. Meyer, Griech. Gramm", % 257, 209, 310.

2) Delbrück, Vgl. Syntax (IV), 2, S. 455 und Brugmann-Thumb a. a. 0 § .380.

3) Roehl, lOA Nr. 482 < (Abu Simbel); Nr. 79, 33ß; IG XU III Nr. .537; 403; 350; 573, 590, 591; Roehl, Imaghies^ S. 8, Nr. 2; S. 81, Nr. 31; S. 70, Nr. G u. a. m.

4) Boisacq a. a. O. S. 232, 234 s. v.

5) Pauly-Wissowa. BE VH, S. 2665 s. v.

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Mitteilungen und Nachrichten. 265

ist oder infolge seiner Bedeutung in der Sage verwendet wurde). Dafür hat Bechtel viele Beispiele gebracht. Ich denke außerdem au einige Namen an.<; Homer, die den Zusammenhang zwischen Namen und Sage schlagend dartun trotz der Entlehnung. &e(iairti<; ist = assyr. larSilu = Verläumdung; IJüräuQoq = sanier. 6[p]are-ffnr= Bogen des Steinbockes'). Hekale war eine freiindlielie, alte Frau, die den Theseus gastlicli aufnahm. Danach bedeutet der N;ime also die „Freund- liche", die „(r.astliche". So ver-stand auch Suidas den Namen: „i/ :i()öc f'cvrifV xaXovoa'^). Und Kallimachos, der höchstwahrscheinlich aus älteren Attido- graphen schöpfte, sagt: tye yi.g miyo^ axiJjunov (frg. 41). Nur so hat es auch einen Sinn, wenn berichtet wird, daß Thesous den Kult einsetzte als Dank für die gastliche Aufnahme, in dem nämlich dem Zeiq'LxöJ.eKx; das 'lixa}.t)oioy Opfer feierte und einsetzte. Denn Zeii 'ExtD.Etoc ist natürlich der „Gastliche". Wie konnte sonst Zeus zu diesem Beinamen kommen? Doch nicht, indem er zu Ehren der Hekale ihren Namen als Beinamen annimmt!

Davon auf die Bedeutung des Verbums txnv zu schließen, ist durchaus legitim. Z. B. wird die Bedeutung von iVii^wr (Thuk.) erschlossen aus einer Hesychglosse (rri'v'«'' aTvyvdoc.c. ixäv heißt also „erfreuen" (.,bewii-ten")').

Die Bedeutungsgruppe „erfreuen, freundlich, gastfreundlich" kommt ja sehr hättfig vor. Es seien nur zwei Beispiele angeführt:

(fiXoipQuir freundlich: tf'i?.o(ppoytju<( gastliche Autiiahme tnlyaQiq freundlich: /api'CjOfiai erfreuen. Der Nachsatz unserer Inschrift muß also heißen: „Dieses Gefäß sollihn erfreuen." Dadurch fällt auch die erwähnte syntaktische Schwierigkeit weg, denn wir haben nunmehr einen uom. c. inf. in imperativischor Bedeutung.

Der Name Stambul. Von E. Kaiinka.

Lange Zeit heiTSchte die Meinung, die auch heute noch weit verbreitet ist, daß der türkische Name Stambul auf ein griechisches (()? tn/t nü).{iv) zu- rückgehe, ähnlich wie Isuik auf iq Ni'xutui; Stambalia auf ig tu mO.aia (andere Beispiele s. Hesseling Sevue des e'tudes grecques 18iK) III 196) und wie die Griechen manche Euiuenslätten (t)i Tovq atvkovc nennen. Da jedoch allmählich die Ein-

1) Vgl. E. Aßmann, Berl. phil. Woch. 1910, Nr. 4, S. 29 ff.

2) Die Etymologie ist natürlich nicht zu brauchen.

3) Das Suffix -lo (vgl. dazu die vielen Eiger.namen-Sippen wie Olveic. Ohtt, OHD.ck;) kommt im Griechischen in mannigfacher Bedeutung vor. Das Masku- linum ist oft nomen agentis, besonders im Italischen und Germauischen. In adjektivischer Funktion bezeugen diese Nomina mit Vorliebe den durch den Verbalbegriff hervorgebrachten Zustand. Daher im Slav. die Funktion dieses Suffixes als Formans des sogen, pt. praet. act. (Brngmann, Vergl. Gramm. II, 1, S. 373f.). Dies alles stimmt ganz besonders gut auf nnsern Fall: ixuXtj die „Erfreuende", die „Freundliche", die „Gastfreundliche" (Bewirtende). Zur Bil- dung im Griechischen vergleiche man noch 7it(<j<;«Ao,' von naaatu {nt'iyrvfii), ilyiÄr/ zu fiyu), lat. apoluvi der Hirtenstab, der die Herde treibt, agilis „beweglich" = altind. ajiras. Ob im Zusammenhang mit homer. i-'xijkog besteht [nach dem Muster von aiyäta, alyriXoQ und Jon. ni-tiji.ov, att. ntralor nach nexä-aui] oder mit alt- indisch saMi „Freund", sei dahingestellt.

Klio, Beiträge zur alten Geschieht« XVll 3/4. 18

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266 Mitteilungen und Nachrichten.

sieht duichgedrungen ist, daß die dovisclie Form rav iu der Zeit, als Stambul auftauchte, längst außer Gebrauch gekommen war, zumal in einer solchen Welt- stadt und ihrer Umgebung, so hat mau zur türlcischen Vokalharmonie seine Zuflucht genommen, die Stimboli (azijv nö/.iv) in Starabol verwandelt liabe(Hesse- ling a. a. 0. 104 und Kretsclimer in der Festsrhrift für Jiigic 553, vgl. By:ant. Z''itschriß l'.W XVIII 255). Aber dieser Ausweg ist nicht gangbar; denn die türkische Vokalharmonie vollzieht sich lediglich innerhalb der Reihe a e und der Reihe i ii u (hul-mah, hil-mck; ew-in, tulsch-un), vermischt aber die Reihen nicht; niemals also tritt a lautgesetzlich für i ein und so hätte die Vokal- barmonie *Slhnhül höchstens zu *Slumbül umbilden können').

Mithin ist die Zurückführuug von Hlambul auf ic. tijI- nu/.tv endgültig auf- zugeben und es bleibt nur die unmittelbare Herleitiing aus KoivcTavTiroinoXii; übrig. In der Tat unterliegt die Auslassung unbetonter Silben zumal in einem so langen AVort keineswegs den Bedenken, die Hesseling 190 erhebt; ich ver- weise nur auf die arabisch-türkischen Namen Iskendcrije und Jnkcndcnin für '.■lA(-|«r(S;iK« CA).ti<!.rAQL0V), wo die unbetonten Anfangssilben \lXt völlig unter- drückt worden sind, oder IsmiA = 4' {^'iao)!u]6{nur). Ja die Beschränkung auf die Silben axitv und :inl muß sich nicht einmal erst in türkischem Mundo voll- zogen haben-); denn die griechische Umgangssprache ist reich an solchen Kür- zungen; vgl. Kwarl i\\r h'(o(i')oTavtlvog, ii-(>iij für ^^evpw, (ü)7iiam. (zta)aai^(k{xo)vT((-^). Nachdem einmal durch Weglassung der Anfangssilbe Ka>y der Anlaut doppel- konsonantisch geworden war, konnte sich naturgemäß ein vokalischer Vorschlag entwickeln, der teils wie e, teils wie i klang (Estamhol neben Istambul) , während für ein griechisches (i; vor r nach Verlust des Aulautes niemals ein e einge- ti eten wäre.

Innsbruck.

11 Die von Gustav Meyer (Tiirh. Studien I = Wiener SUzungsher. 1893, Bd. 12«, I. Abb., S. 14) angeführten Belege für Ersatz eines tonlosen grie- chischen i durch ein türkisches a sind sämtlich anders zu erklären, meist durch Angleichnug an ein benachbartes <>.

2) Kollege .1. H. Mordtmaun bemerkt mir hierzu: „isianbol als Bezeichnung von Konstantinopel ist tatsächlich erheblich älter als die Eroberung der Stadt durch die Türken, s. (be Stellen der arab. Autoren im Artikel Ccmstimiinopel d(>r Enzy- klopncdie des Islam. Über Tskcnderun = '.U.fcio'b"'))' der Byzantiner vgl. eben- falls Enzykl. des Islam s. v.; die mittelgriecli. Form geht auf ein syrisches Deminutivum zurück (vgl. die gräzisieiien Eigennamen Gnionas., I'eirünas etc.); die moderne Form Alexandrelto erscheint iu der romanischen Beminutivform (vgl. schon alte Eigennamen lulitta, PoUittd). Iskenderun, Alexandrotte be- zeichnet also die Stadt zum Unterschiede vom afrikanischen Alexandria .als Klein- alexandrien; dieses nachzutragen zu Nöldekes Bemerkungen, Beilr. z. Gesch des Ale.randcrromans S. 9."

[8) Solche Unterdrückung unbetonter oder minder stu.k betonter Silben in der einheimischen Aussprache langer Namen erklärt es auch z. T., daß bei Herodot aus dem Namen Nebukaduezar (bab. Xobukudurmtir., altpers. Nabuk"dra- cara) mit Hineinspielen weiterer Mißverständnisse eine Nitokris werden konnte (Herodot mag etwa *Niikotris aus *Ninihidris gelnirt haben). Vgl. Einl. in die. Alter- iinnsiciss. III" S. S2 und über den späteren babyl. Vokalismus, besonders den Wandel von fl zu X und seine Wiedergabe durch die Grieclicn. Zeitschr. f Assijr. VIII (1892) S. 330£f. und Klio III. 494f. Anm. 3. Vgl. im Übrigen auch u. S. 282. C. F. E.-H.]

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Mitteilungen und Nachricktei^. 267

Die älteste Inschrift Athens'). Von E. Kaliuka.

Gerade vor dreißig Jahren habe ich während meines ersten athenischen Aufenthaltes den Schluß der eingeritzten Inschrift, deren erster Vers lantet oi »'IT vo/jjarCor ji/'.rTwy t'aukwraTu :i(ti"C.fi, genau untersucht in der Hoffnung, eine hel'riedigende Deutung des Nachsntzes zu gewinnen. Das ist mir nicht gelungen, und ich habe Zeichnung und Photographie an Stndniozka abgelrrli'U, der sich damals mit demselben Denkmal be.schiUtigte. Freilich war ich auch mit seiner Lesung tovto dcxhi' fiir iAtlian. MUt. 18ii:i, XV'III, 226if.) nicht einverstanden, teils weil sie in Wider.sprurh stnnd mit meinen Beobachtungen, teils weil ich aus .sprachlichen Gründen an ihr Anstoß nahm. Schon Wacieruagel, der spracli- wissenscliaftlicbe Berater Sludniczlcas. hat gefühlt, daß miiide.stens «.in;?!!)' statt ötxär zu erwarten sei. MatUrlich lilßt sich einwenden, daß derartige Augenblicks- bildungen ot't in wunderlicher Weise gegen Spracligesetzo verstoßen. Ünwill- kürlicli alier di-angt sich die Frage avit. vtozu der iTelegenheitsdichter übeidianjit sich ein eignes Verb schuf, wievv^ohl das geläufige iiyfoiUn ebensogut seinen Zweck erfiUlt hätte; denn ^iir nach dsytnr ist völlig entbehrlich, ja noch mehr als das. (Jesundes Sprachgefühl sträubt sich gegeji die unattische Form inner- halb di'r rein attischen Aul^evung des Atheners und nur der vorangehende epische Vers enlsrlmliligt den epischen Anklang. Vollends ist nacli dem relativen Vordersatz das scbwacbe, enkliti^clie juv unerträglich: entweder gar keine Riirkverweisung auf das vorangegaugcne of, da der Relativsatz für sich allein sclion als Glied des Hauptsatzes emiifnnden werden konnte, oder wenn schon dann dem natiirliclien Sprachgebranch entsijrecbend ein eigentliches Demonstrativ. Anch im Deutschen ist es anstandslos, zu sagen: „Wer jetzt am zierlichsten tanzt, (der) soll dies bekommen": sprachwidrig ab^'r wäre: „Wer jetzt am zierlichsten tanzt, dies soll er bekommen." Da überdies eine Form von «croi; den Nachsatz zu erotfnen scheint, so erwartet man darin unbedingt eine Beziehung auf üc; und eine solche Empfindung mag v. Wilamowitz und Kirchhofl' bestimmt haben, den Nachsatz mit toi" zu beginnen. Tatsächlich habe ich, ohne von einer bestimmten Deutung voreingenommen zn sein, nach ToTo weder ZA gelesen, dessen li)iko llält'te fehlen würde, noch □• dessen oberster Qiieislrich bedenklich schief geraten wäre, sondern ^, wie schon der erste Herausgeber Kumanudis; und Beisch, der auf meine Bitte die Stelle nachprüfte, glaubte gleiclifalls bei günstiger Beleuchtung das obere Ende des kleinen Schlußstriches zu erkennen; der wagerechte Grundstrich innerhalb des Bruches dagegen scheint auf Täuschung zu lieruhen. Es wird also bei 1^0 T oT =^ ToC'TOf sein Bewemb ii haben.

Der vierte Buchstabe danach, den Studniczka für "^ erklärte, ist viel- mehr 1, wie gleichfalls schon Kumanudis, der die Inschrift vielleicht doch noch in weniger beschädigtem /nstande vor Augen hatte, erkannt hat. Auch

[1) Um dieselbe Zeit, als die Inschrift in meinem Semin.ar behandelt wnrde (vgl. ob. S. 262 Aura. 'i). brachte ich deren Schwierigkeiten in der (irnvro Aenipovlaiin zur S]irache. Meiner Anregung, seine mir daraufhin auf (Irund seiner Autf^j.sie gemachten Mitteilungen niederzuschreiben, hat Kollege E. Kaliuka bereitwillig entsprochen. C. F. L -H.]

18*

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268 Mitteilungen und Nachrichten.

Reisch hat mir bestätigt, daß er in scharfem Sonnenlichte das obere Ende des schrägen Striches zu sehen glaubte.

Als ich mir die Buchstabenfolge ToTo A' F H A K /^ J /^ vor kurzem wieder einmal durcli den Kopf gehen ließ, verfiel ich auf iniror fxctiuiv (in den habe ich mich verliebt), wies aber diesen Lösungsversuch sofort mit Entrüstung zurück, weil in so fiiihor Zeit ij noch ganz offen gesprochen und noch lange nicht mit ( wiedergegeben wurde. T^m so freudiger war meine Über- raschung, als ich bei neuerlicher Besichtigung der Photographie entdeckte, daß es mit dem ) eine eigene Bewandtnis habe. Nicht nur unterscheidet es sich von den zwei andern Iota dieser Inschrift (?), wie auch andre ihrer Buchstaben keineswegs gleichmaCig sind (2 ""J Si "^ sechsmal neben ein- maligem A ), Sonden. Jer zweite der vier Striche erscheint weit über seinen Schnittpunkt hinab verliingert. Das hat man so erklärt, daß der Griffel aus- gefahi-en sei; aber genauere Betrachtung sowohl der Zeichnung wie der Photo- graphie lehrt, daß diese scheinbare Verlängei-ung des Striches ihn keineswegs fortsetzt, wie sie es tun müßte, wenn der (rriffel wider Willen des Schreibers ausgeglitten wäre; sondern es ist ein feiner Strich, der am rechten Rande des zweiten Querstriches von J ansetzt, also offenbar mit Absicht später hinzu- gefügt ist. Das läßt sich nur als Ausbesserung oder Ausbesserungsversuch verstehen. Ich vermute, daß der Schreiber aus Versehen J geschi-ieben hatte und an dessen Stelle -^ setzen wollte; da aber in dem brüchigen Firniß eine völlige Umänderung von J zu ^ undurchführbar schien, so begnügte er sich mit dem langen Hauptstrich des ^.

Darf mau somit glauben, daß '^ ^ M 1 /\ >| n beabsichtigt war, so ist damit eine Verijalform gewonnen, die, wenn auch nicht belegt, doch ganz gesetzmäßig vom Stamme xav gebildet ist wie ^xfi'fit/v von xti- oder ^xtÜ/^u/v von xtv: ein athematisches Präteritum. Die erotische Bedeutung von xai'eai^ai kommt auch sonst vor, weungleii'h sie nicht so häuHg ist wie die der lateinischen Verba wror. incendor fliigro ardeo. Herraesianax hat einmal xetieaäcu in diesem Sinne mit dem Genetiv verbunden (xaitzo für Nayi'ovc, a. Athen. 598a); aber dieser vereinzelte Fall, der sich mit Anlehnung an i()ür erklärt, beweist natür- lich nicht, daß niclit vier Jahrhunderte früher ein Athener xa/ialhti mit dem Akkusativ verbinden konnte in Anlehnung an iptXtlr Ayanäv und die zahlreichen Verben der Gemütsbewegung, zu denen der Akkusativ hinzutritt, um anzu- zeigen, auf wen sie hinzielt. Das Präteritum offenbart einen tiefern Einblick in das Erlebnis; es erzählt, daß der anmutige Tänzer es ist, den der Schreiber niclit erst jetzt durch den Tanz lieb gewonnen hat, für den er entbrannt ist. Es ist ein stilles Geständnis, das er der Kanne anvertraut, vielleicht um es einem guten Freunde zu zeigen. Zweifellos ist es eine fein gebildete Gesellschaft, in der sich der Vorgang abgespielt hat, schon dadurch über die TioXXul erhaben, daß in ihr die Schreibkenntnis verbreitet war, die damals an der Wende vom VIII. zum VII. Jahrhundert noch eine .A.rt Geheim- wisseuschaft war.

Innsbruck.

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Mitteilungen imd Nachrichten. 269

Aus und um Konstantinopel'). Von C. F. Lchmanu-Uaupt.

2. Ein Nachklang der Argonauten-Snge?

Zu den zahlreichen Orten, die nach dem unter Septimius Sevenis abgefaßten Avän):ovg Boanönov des Dionysios von Bjzanz-) in ihrem Namen oder gemäß der Überlieferung Erinnerungen an die Argonautensage festhalten"), gehören auch

1) Vgl. Klio XV, S. 484 ff.

2) Siehe oben Bd. XVII, S. 62.

3) Es .sind namentlich die folgenden: a) Bn(>ßvatii, der Eponym des heute Kiathane-su genannten östlicheren von den beiden Flüssen, die sich von Norden her in das goldene Hörn nahe bei dessen westlichstem Winkel ergießen; ihn betrachteten „viele" nach Dien. Byz. (ed. Wescher, Paris 1884) § 24, p. 12 ob. als 'läaoit xni roig niv cdrih Mivvoii; tjyffiöra Toi' 7i>.ov. b) das 'laaüriov, Dion. Byz. § 46, zwischen dem heutigen Kabar-tasch und Orta-küi {'A^r/elov Dion. Byz. § 48, s. P. Gyllius, Gcogr. Gracc. Min. (OGM) II, p. 37a Anm. c) Der riQotv "AXioi (Senex Marinas), der auf dem Klidion genannten Kap, ttirk. Defter- dar-burnu, stand (GGrJf II, 87b) und der als Nereus, Phorkys, Proteus gedeutet wurde . . . oi Se 'luaovi xal roi^ avv avn'o (fpaarr/iicc rov 7i).ov. d) Dion. Byz. § 68 (§§ 57—95 fehlen bekanntlich in dem von Wescher edierten Codex und sind nur in Gyllius' lateinischer Übersetzung erhalten); Sinui mincupatus Phar- macias a Medea Colchide quae in hoc loco reposuit pharmacnrum arculas, das heutige Therapia. c) Beim Fanum Europacnm, 'le{>t)v tüjv BvL.ai'Xiwv, 'le^öv 'PovfxijJ.Ut^ (Gyllius, GGM II, 56b), daraus wohl (vgl. u. sub h) Imroa Kale.isi, das genau dem Fanum Asuiticum gegenüberliege, habe lasen den zwölf Gottern geopfert (Dion. Byz. § 75). f) Dion. Byz. § 87; Ex Cijancis Europaeis truiicienti in Asiam primum quidcm est Promontorium uunrupatum Aneyreum : ab hoc enim aiunt hipideam ancoram accepissi; navigantes cum lasonc vatis admonitu (lieute neugr. fioftiov, türk. Jum burnti, GGM 11, 71a). g) Darauf folgt bei Dion. Byz. 88): Pyr- gos Medeae Colchidis, petra roiunda, in directum iumulum data. li) Dion. Bj'z. § 92: Post Chela.s est nuncupatum Hieron a Phryxo, Nephelc et Athamantis filio, acdificatum quum navigaret ad Colchos, Su.pra iemplum est muriis in orbem pro- cedens; in hoc est arx munita . . . Possessio atiiem fani conlroversa fuil, maxime om- nium Chalcedonii hunc locum sibi hereditarium asscrere conabantur; verum.tamen possessio semper remansil Byzantinis § 93: In fano . . . stalua aerea est antiquae artis, aetatem puerilem prae sc ferens: das genau dem auf der europäischen Seite belegenen 'lenöv tCov liv'C.avriiav (ob. sub e) gegenüber befindliche h6i»\\m\.e'It()ov Xa).xri6ori(uv oder To Xa'/.xiji'iurtov (Strabo XII, 412. C. 563), bei dem nach Polyb. IV, 39, 6 lasen auf der Rtlckkehr von Kolchis den zwölf Göttern geopfert habe, mit dem Kultbild des Zeus ürios (Cic. :n Vcrrem IV, 58. § 129), der mit und vor Poseidon unter den zwölf Göttern die Hauptrolle spielte. Die Stelle der Buig nimmt heute das vielbesuchte „Genuesenkastell" Anadolu Kawak ein, das zum ersten Mal genauer von Karl Lehmann-Hartleben. Das Kap Hieron und die Sperrung des Bosporus (Festschrift zu C. F. Lehmann- Haupt' s sechzigstem Geburtstag = lanits I, S. 168 fi'.) beschrieben worden ist. Die Bezeichnungen Geroköi und loros Kalessi sind nach ihm wohl beide Ableitungen von „Hieron" (vermut- lich nach ihm auch Imros Kalessi ob. sub e). Die jetzige Anlage kann nicht älter sein als das 6 Jahrhundert v. Chr. Aber aus Dionysios' Bericht geht her-

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27(J Mitteilungen und Nachrichten..

KdXafioi; xai IlvSJ-tccg^), deren Lage dorn iieutigen Kurutsclieschme entspricht^), letztere Ortliclikeit ausgezeichnet durch einen von Medea gepflanzten Lor- heer*). Als daher im Jahre 1915 E. Forchheimer, dem wir gemeinsam mit

vor, daß zu Ende des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts ,.an der Stelle des Genuesenkastells bereits eine große Befestigung vorhanden war". i) Dion. Byz. §§ 94—97: Sab Fani . .Promontorium sitbit et Argyroni{(')nm (vgl. GGM 11 fr. 60 p. 81a nebst Anm.) nominattun ... 95: Post . . . sucredunt et suheunt hca niincu- pata Hcrndis K/.iitj et Nyniphacum; ubi nominala Insana laurus npiid quam aiicnt Amycnm Behrycum regem hnbitarc pugillatus pagna omnibiis .mac aelat/s homhiibus praestitcm nisi a l'olluce rictua fuissct . . . poenasque dedit contra externos crudeUtatis, exortaque planta illiun insnniae signe divinius quam humana mens asseqiii queat. Nam si quis haiic laurum intulerit in convivium, convivos insania afficit et contiimelia implebit. Hoc sane expcrientia didici, natiiram imniortali memoriae regis illiits iuiquitateni ex ip.'ia lauro- 9(i: Nach dem Wahnsinns-Lorbeer die Bucht Mukaporis und das l\ap Altroi 'PryyoQ. 97: "Erittr y.u'/.Tioi'Apvxoq tJii'xXtjniv. Dienach dem Bebrykerkönig genannte Bucht ist die von Beikos. Über die Lage der Jä(f,r7j 'Fv/üvovi;, des „Wahnsinns- Lorbeers", herrschen Zweifel. Doch ist er am wahrscheinlichsten an der nach einem Feigenbaum genannten Quelle Sj'kia in der Vallis Divae Galntinae zu suchen. Gyllius, GGM. 84b: Cum ad Imne fonlem accessis.'icmiis et lauriim vieinam decer- psissemus, eamque in navem attulissemus, tot contcntiones intcr remiges et leciores exortac ut putarem Syciam olim appeUalam fuicsi l'v/oroiv (id est Laurus In- sana), ut appellat Dionysins. Der Hafen, an dem die Argonauten anlegten und wo gleichfalls ein Lorbeer unmittelbar am L'ler stand, in dessen Nähe die Argonauten sich nach der Besiegung des Amykos an Orpheus' Gesaug er- freuten, wird Argyronium gewesen sein. Dieser Anlegeplatz war nach Scliol. Apol. Bhod. H, 159 vom Nj'mphaeum fünf Stadien entfernt, was zu der Entfernung bis zur Sykia stimmt (s. Müller, GGM p. 8'2b, Anm. 2). Die Herculis lO.lvij liegt auf dem 'Hieseuberge', den die Türken Jusa-dagh nennen und das „Riesengrab" (bei einer Kapelle auf dessen Gipfel) gilt ihnen als Grab des Josua. Ich vermute, daß man im Altertum dieses Grab wie dem Herakles und dem ,.Eiesen" Amykos (Valer. Flaccus nennt ihn gignntem, s. Müller, GGM -p. 81, Anm. 1 zu Fragm. 61) so auch dem Jason zuschrieb: die Zuweisung au Josua, der hier nichts zu suchen hat, wird sich aus dem Umstände erklären, daß bei der Hellenisierung der jüdischen Namen seit Antiochus Epiphanes Jason für Josua eintrat: die Muhamniedaner konnten daher unter Jason den Josua ver- stehen. Übrigens erklärte mir bei meinem Besuch ein anwesender Türke, der Kiese liege nur zur Hälfte darin, der Oberkörper sei anderswo begraben. [Korr.- Zusatz. Die Argonauten hatten ja auch bei Kj'zikos mit (sechsarmigen) Riesen zu kämpfen (Apoll. Rhod. J, 942if.) „Vielleicht hat" (K. Jjehmanu-Hart- leben) „hier Jason einen Riesen besiegt, dessen Grab man zeigte. An dem haftete dann der Name des Riesen und seines Bezwingers, welch letzterer als der bekanntere sich durchsetzte."] k) An der asiat. Küste dann noch der 4-i,l^ov linqv (Dion. Byz. § 99), dazu GGM II, 8b.

1) Dion. Byz. § 51: "Evä^tr Kü>.aßoi xai Bvd-ia^ ü ßiv ä.xö tov 7i).r'/l^ovg (sc. xaXAfiov)' ö 6s, axtnji zCav axQorylujv ä'^io xov ßvStoi xcna nc-ipiTooTTijV üivv/xccarai' öüifirtj äs iv aixü), Mr/öslag T^; 'Aifjzov <f,inöv, wc löyoQ.

2) Das zeigen sowohl die Lage zwischen dem Archeion = Ortakoi und der § 53 beschriebenen Strömung, die eindeutig auf Amaut-köi führt (vgl. u. S. 280 Anm. 1), wie die näheren Angaben des Dionyäios (s. Gyllius, GGMU. 88).

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Mittdlnngen and Nachrichten.

271

Strzygowski das ausgezeichnete Werk über dieantiken Wasserbehälter Konstan- iinopfh verdanken, in einer Ecke des Vorliofes der türkischen Moschee von Kurutsclieschme das beifolgend abgebildete (Abt) 1), jetzt im Altertumsmnseum zu Kou»iautinopel betindlichü, in ungewöhnlicher Weise mit Lorbeerzweigen ge-

Abb. 1.

schmückte Kapitell erblickte, stieg ihm sogleich die Vermutung auf, daß es sich hier um eine Erinnerung an den Lorbeer der Medea handle').

1) Ich verdanke die Mitteilung zunächst Forchheimer selbst, der hiu- zufitgte, er habe die Leitung des Antikenmuseums darauf aufmerksam gemacht, und daraufhin sei das Kapitell ins Museum verbracht worden. Auch .L H. Mordt- mann wies mich auf den Forchheimerschen Fund hin. Andererseits teilte mir E. Unger mit, daß er seinerseits auf das Kapitell an seinem Wohnorte Kuru- tscheschme aufmerksam geworden sei und für die Überfülirung ins Museum Sorge getragou habe. Es scheinen also der erste Beobachter Forchheimer und

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27-2

Mitieiliingcn und Nachrichten.

Das Kapitell zeigt außer den Lorbeerzweigen Weinblfltter und eine Art von Rosetten. Wie die Seitenansicht mit ihrem Ansatz (Abb. 2) erkennen Iftüt, innß mindestens eine weitere Säule mit einem entsprechenden Ansatz vor- handen gewesen sein; zwischen beiden war dann wohl nach Art eines Ikonostas ein Gemälde eingelassen.

Abb. 2.

Hat der Lorbeer auf dem Kaiiitell etwas mit dem der Medea zu tun, so wäi'e ni. E. anzunehmen, daß die heidnische Legende in irgendeiner Weise christianisiert und dann aut dem Bilde zur Darstellung gebracht worden wäre: also etwa eine Heilige, die einen Lorbeer pflanzt oder wartet.

E. laiger, beide durch ihre zu verschiedenen Zeiten gemachten Mitteilungen, veranlaßt zu haben, daß der (leneral direkter der Museen Haül-Bey die Über- führung ins Museum verfügte. Liventar Nr. 2792: Chapiteau veiiant de Kou- routii(liesch)i}e 1917. Halil-Be}' hat auch auf meinen Wunsch die Photographien

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Mitteilungen und Nachrichten. 273

Die Heilige braucht in der Kirche nicht notwendigerweise die Hauptrolle gespielt, die ikonostasartige Anlage nicht vor dem Altar gestanden zu haben.

In der von Justinian gegründeten Kirche des Sergius und Bacchus'), in der die schOne, den Kaiser und seine Gemahlin Theodora nennende friesartige In- schrift, weiß auf blauem Grunde, noch heute erhalten ist, zeigen zwei von den Silulen, die das Hauptschiff vom rechten Seitenschiff trennen, ähnliche Ansätze. Daß die Dekoration des Kapitells etwas sehr Ungewöhnliches sei, bestätigte mir Wiegan d, als er das Kapitell auf meinen Wunsch gemeinsam mit mir im Museum zu Stambul besichtigte. Aber daß obige Erklärung als alleinige nur dann in Betracht käme, wenn diese Verzierung mit Lorbeerzweigen nicht etwa als ein Glied einer rein künstlerisch-dekorativen Entwicklung betrachtet werden könnte, war uns Beiden klar und, wenn ich nicht irre, wies mich Wiegaud schon damals auf den Lorbeersehmuck der Kapitelle von Amida hin").

Sehr belangreich erschien es mir daher, als ich bei einem Besuche in Ephesos Frühjahr 1918 das Kapitell des ionischen Rundbaus kennen lernte, auf dem die Voluten mit einem Gewinde von Ranken, die in Palmetten endigen, verkleidet sind^). Dieser Rundbau der nach Benndorfs*) ansprechender Ver- mutung als Siegesdenkmal für die Seeschlacht bei Kyme 133;2 errichtet wurde, in der die Ephesier über Aristonikos, den unehelichen Sohn Eumenes IL von Pergamon, siegten, der das Testament seines legitimen Bruders Atfalos III. an- focht — ist auch sonst durch das Auftreten und Überwuchern pflanzlicher Motive gekennzeichnet*). Von den Parallelen, auf die Benndorf hinweist, sei hier nur das „sicher hellenistische Kapitell im Museum von Girgenti"*) hervor- gehoben.

Alle diese Stücke aber zeigen keinen Lorbeer, sondern nur Rankengewiude mit Palmetten und außerdem Akanthus.

Einen charakteristischen und in gewissem Grade wesentlichen Bestand- teil bildet der Lorbeer dagegen auf den Kapitellen von Amida-Diarbekr''). „Das

der Kapitelle anfertigen lassen und sie mir zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Es ist mir eine Freude, Sr. Exz. Herrn Halil-Bey dafür wie für viel- fache weitere Förderungen meinen wärmsten Dank auszusprechen. Für archä- ologisch-kunstgeschichtliche Beratung und Auskünfte habe ich Tb. Wiegand sowie zwei jüngeren, damals zeitweilig in Konstantinopel anwesenden Ge- lehrten, Dr. H. Glück (jetzt Privatdozent für Kunstgeschichte des Orients in Wien) und besonders Karl Lehmanu-Hartleben herzlich zu danken.

1) Sie ist eines der interessantesten Bauwerke von Konstantinopel. Daran, daß sie im allgemeinen nicht die ihr gebührende Beachtung findet, hat der Bei- name Küiük Aja Sofia, „Kleine Hagia Sophia", wohl seinen Anteil.

2) Er machte mich auch auf den Ansatz und seine architektonische Funk- tion aufmerksam und setzte mich so zu der einschlägigen Beobachtung in der Kirche des Sergius und Paulus in den Stand.

3) Siehe Forschungen in Ephesos, veröffentlicht vom (isterreichisch-archäologischen Institut I (1906) S. 151 (George Niemann). Jos. Keil, Ephesos. Ein Führer durch die Ridnenstätte und ihre Geschichte, S. 73, Abb. 35.

4) Ephesos I, S. 165. 5) Akanthus am Gesimse, Eph. 1, S. 151 ; 158.

6) Eph. I, S. 160, Abb. 105.

7) M. von Berchem, Amida, ist mir in Innsbruck nicht zugänglich. H. Glück hatte die Freundlichkeit, mir aus Korr.-Bögen, die ihm als Mitarbeiter Strzy- gowski's am kunsthistorischen Institut in "Wien zugänglich waren, die ein-

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274 Miitciboigcn und Nachrichten.

KapitPll mit der unter der Ei/ke durchgezogeiien Guirlande ist ein für alle uns bekanuten alten Bauten von Aniida typisches Motiv^).'' Aber: der sonstige Schmuck der Kapitelle ist zwar gleichfalls püaiizlioher Xatur, besteht jedoch durchweg aus stilisierten Akanthus-Blatter-n"). Die Lorbeerblätter haben, um mit Karl Lshmann-Hartleben zu sprechen, durchweg die „ältere Form, wo die Blätter dichtgi-ilräugt, wie iueiiiandergcsteckt sind"*. Diese Form hat sich anscheinend aus der antiken Lorbeerguirlande und dem Loi-beerkranz ent- wickelt, wie er beispielsweise auf den „schönen Porph^'rsarkophagon des Kou- stantinopler Museums vorliegt''^).

■In grober Ausführung findet sie sich auf einem sonderbaren GebiilVstück beim Penlnpyrgium in Koustaulinopel'' (Abb. 8). ..Die Verliindung der aulikeu

Abb. 3.

(ruirlande mit dorn :,onderb:ir uaturalistischeu Blatt und dem einigermaßen rätselhaften CJegenstaud am linken Ende' schien Karl Lohmann-Hartleben, dem ich die Mitteilungen über dieses Fundstück und die Photographie verdanke, sehr iuteressant.

sohlägigeu Abliildungen zu übersenden, aus Strzygowski's Ansfiihrungeu im Araida-Werk die wichtigsten Sätze zu kopiereu und Beobachtungen aus Eigenem hinzuzufügen.

1) Strzygowski, Amida, S. 208.

2) Es handelt sich besonders um folgende Kapitelle: ...VItes Kapitell aus der Kosmaskirche,'' Amicia, Abb. 115: „Die Guirlanden zeigen die typische Lor- beerfügung mit dem Edelstein in der Mitte wie an der Corona trinmphalis (Strzygowski. Amid, S. l'AS). Vgl. Abb. 87 .aus derselben Kirche. Eglise Jaco- bitc Ste. Mariamaua, Amida, pl. XXIT, 1. 2" (H. Glück bemerkt: 'Auch Abb. 205 und 208 im Amida -Werk aus der Kirche el Hadra in Kharkh geben Guirlanden- kapitelle. aber es ist nicht zu erkennen, ob mit Loi'beerdekoration oder nicht.') ..Bekannt war das Kapitell mit durchgezogener Guirlande aus Syrien (Serajilla s. de Vogne, La Syrie Centrale, pl. 31, 1). Butler. Architictiirc and othcr arts I, p. 2>^." (Glück fügt hinzu: 'Butler gibt übrigens auf dem Fries des a. D. 1.34 datierten Grabes des Tib. Claudius Sosander in Behinderiya schöne Lorbeer- guirlande n.')

3) Daß diese Sarkoph.age jetzt im Hofe des Stamliuler Antiken-Museums zusammengestellt sind, ist ein besonderes Verdienst H.alil Bey"s, der auf Grund einer bis d.ahin unbeachteten Notiz eines türkischen Schriftstellers mehrere von den zu ihnen gehörigen Deckeln im Garten des Eski Serai, wo sie vergTaben waren, entdeckte. Mindestens einer dieser Sarkophage stand bisher vor der als türkisches Waffenmnseum dienenden, zwisclien dem Garten der Eski Serai und dem Museum belegenen Ireuenkirche, der einzigen altbyzantinischen christ-

MitteünngpAi und Nachrichten. 275

Die einzigen Beispiele von Kapitellen mit Lorbeerranken, die ihm, der sich speziell mit der byzantinischen Kunst Konstantinopels vertraut gemacht hat, bekannt waren, sind zwei Kämpferkapitelle aus weißem Marmor von der großen Blacherne nkirohe.

Das eine (A) liegt in der kleinen Kapelle der Hagia Paraskeuo bei der Blachoruonkirche. Maße: „Oberer Säulendm. 88 cm, obere Länge 50 cm, Höhe 32 cm. Auf allen vier Seiten in einem von Lorboerranken eingefaßten miadrati- scheu Mittelfeld der Reichsapfel, darüber ein Kreuz. Die Ranken sind flach- rundlich gemeißelt. Kreuz und Reichsapfel eckig geschnitten."

Das zweite Stück (B) liegt wenige Schritte von dort im üaiten, wo es an der Bronzeeinfassung vermauert ist. Die Anordnung der Lorbeerrauken ist die gleiche; tibor die Innenfelder läßt sich nichts sagen, da sie überputzt sind. Obere Länge 43 cm. Die Ranken sind hier tief unterschnitten.

„Die verschiedene Technik und die MaßdifTerenz weisen darauf hin. daß sie Steine vom gleichen Bau und von gleicher Verwendung, aber aus ver- si^hiodener Zeit stammen, etwa aus zwei verschiedenen der zahlreichen Restau- rationen der Blacbernenkirche. A wäre wohl das ältere Stück und könnte noch in d.as 7. oder 8. .Tahrhiindert gehören, während B wohl am ehesten in die makedonische Zeit" (d. h. dio Zeit der makedonischen Herrscher armenischer Abkunft, 8fi7— 1025) „zu setzen ist. Doch ist solche Datierung ganz unsicher".

„Wie die Kapitelle verwendet waren, ist nicht auszumachen. Es finden sich bei der Blachernenkirche die verschiedensten Reste; völlig unbearbeitete Kämpfer, koi-inthische Kapitelle, solche mit Vögeln an den Ecken, Kapitelle mit dem s. g. Pfeifenornament, alle in meist kleinen Bruchstücken, deren Datierung äußerst schwer ist. Doch habe ich nichts gefunden, was mit Sicher- heit älter als justinianisch ist."

Diese beiden Kämpfe i-kapitelle A und B zeigen nun nach Lehmann-Hart- leben die „gleiche jüngere Form der Lorbeerranke mit den voneinander ge- lösten Einzelblä,ttern", wie sie an uuserem Kapitell aus Kurntsolieschme zum ersten Mal auftüritt (Abb. 1, 2).

Aber selbst auf diesen ihm dem Stile der Lorbeerranken nach nächstver- wandten Kämpferkapitelleu bildet der Lorbeer doch wieder nur ein die Haupt- darstellung begleitendes, sie umrahmendes Ornainent.

Man kann, wenn man die Eckguirlanden der Kapitelle von Amida und des Gebälkstücks vom Pentapyrgion in Konstautinopel mit den Kämpfer- kapitellen von der Blachernenkirche vergleicht, höchstens von einem stärkeren Hervortreten der Lorbeerranke als dekorativen Beiwerks sprechen.

Für das Erscheinen der Lorbeerrankeu als Hauptbestandteil der eigent- lichen Dekoration eines Kapitells bildet bisher das Kapitell Kurutscheschme den einzigen Beleg. Und bis weitere Bindeglieder gefunden werden, wird man immerhin für diese Absonderlichkeit ein Nachleben des 'Lorbeers der Medea' wenigstens insofern in Betracht ziehen können, als eine ohnehin in Konstan- tinopel und Umgegend hervortretende Neigung zur Bevorzugung des Lorbeers als Dekorationsmotiv der Darstellung der christianisierten Legende vom Lor-

lichen Kirche, die nicht in eine Moschee umgewandelt worden ist. Bei dem Transport dieser kolossalen Sarkophage ließen sich sehr lehrreiche Beob- achtungen über primitive und doch sehr wirksame Transportmethoden machen: die einschlägigen ägyptischen und assyrischen Darstellungen schienen lebendig zu werden.

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276 Mitteilungen und Nachrichten.

beer der Medea und der sie begleitendeu arcliitektouischen Umrahmung förder- lich gewesen wäre').

Sicherheit für die Annahm© des Nachlebens der Legende wäre freilich erst zu gewinnen, wenn die Bau- und Kultgeschichte der christlichen Kirche von Bythias, die einst auf der Stelle oder in der Nähe der heutigen türkischen Moschee von Kurutschoschme stand, erforscht werden könnte. Dazu anzuregen, ist, da mir dazu keine Gelegenheit mehr erwachsen wird, ein Hauptzweck dieser Zeilen'). Daß hier wieder einer der im Orient und dort uicht allein so

1) Korrektur- Ztisatz : K. Lehmann-Hartleben, dem ich eine Korrektur zugesandt hatte, schreibt mir: ..Für die Veröffentlichung des Kapitells, das ja wirklich ein Prachtstück ist, müssen Ihnen die Byzantinisteu sehr dankbar sein. Der Lorbeerschmuck bleibt tatsächlich etwas in dieser anspruchsvollen Form so Singuläres, daß Ihre Verknüpfung mit der antiken Sage sehr plausibel wird. Das Kapitell scheint mir in seiner zeitlichen Stellung am ehesten mit dem prächtigen Kapitell des Heraklius im Konstantinopler Museum Nr. 703 und seinem Berliner Gegenstück (Wulft', Altckrist liehe und hyzant. Kunst, Hamlb. der Kunstwissenschaft, Abb. 357; zusammenzugehören. Damals muß sich eine natu- ralistische Strömung mit zugleich starker plastischer Durchbildung der Orna- mente geltend gemacht haben, die wir noch nicht genau fassen können, die aber in diesem Kreis Schöpfungen von einer Frische hervorgebracht hat, wie sie seit Jahrhunderten nicht dagewesen war. Die Umspannung des Kapitell- körpers mit Ranken ist ein Gebilde der justinianischen Zeit, und tritt uns am vollendetsten in K.aveuna entgegen. Aber dort ist eine strenge, abstrakte Stili- sierung herrschend. Sie klingt auch noch in unserm Kapitell in den einzelnen Feldern, die durchaus systematisch zwischen den Kanken stehengelassen sind und dann mit Blätter)) oder Rosetten gefüllt werden, nach. Andererseits aber leben ja diese Kanken wirklich. Die nächste stilistische Analogie, die ich zu dieser Vegetabilisierung der den Kapitellkörper umspinnenden 'Ranke)) kenne, findet sieh auf einem Kapitell in Brussa, von dem meine Photographien leider nur ungenügend sind, wo man die Umbildung einer Blattranke, die an einem Kapitel) aus Sa)) Apollinare Nuovo (Rave)ina) noch streug und flächig stilisiert ist, zu einem plastischen, bewegten und lebendige)) Organis)nus verfolgen kann- Nun m)iß ich zwar zugeben, dafl es an einer direkten Vorstufe für d.as Kapitell aus Kurutschesme dieser Art vorerst noch fehlt, d. h , um mich so auszudrücken an einem justinianisch stilisierten Kapitell mit Lorbeerranken. Solche aber be- gegnen als \ve)in auch weniger auffälliges Beiwerk, als sie an den Blachernen- kapitellen sind, am Rande der Plinthe oben auf den Herakliuskapitellen und in gleicher oder analoger Bedeutung auch a)ii untere)! Abschluß des Kapitells von Kiir)itschesme, ein neuer Beweis für die enge stilistische Zusammengehörigkeit. Von hier aus konnte die Entwicklung leicht zur Einrahmung ganzer „Bildfelder" wie auf den Blacheruenkapitellen führen, leicht aber auch konnte ein Bildhauer dieser offenbar sehr produktiven Periode auf die Idee kommen mit denselben Ranken, den Kapitellkörper zu umkleiden, in einer Form, die trotz ihrer Frische doch noch in der gitterartigen, durchaus nicht natiu-lichen Lagerung der Rauken mit den gefüllten Feldern dazwischen an ältere Dekorationsstufen anklingt. So erscheint es mir trotz alledem, so lange wir die christliche Umgestaltung des Lorbeers der Medea nicht auch noch anderweitig belegt haben, ))icht un- möglich, daß es sich hier um einen rein kuustgeschichtlichen Ablauf handelt, für den kein gegenständlicher Anstoß gesucht zu werden braucht, wen)) a)ich

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Mitteüungev nnd Nachrichten. 277

häufigen Falle vorliegt, wo die Kultstätte trotz ein- oJer melirmaligen Weclisels des Bekenntnisses diesollje bleibt'), wird man aus dem Fundort des Kapitells mit um so größerer Wahrscheinlichkeit erschließen dilrfeu, als das gleiche ja fUr eine große Anzahl der Moscheen von Stunibnl, die Aja Sofia an der Spitze, gilt.

3. Kadi-kiti ^ Chalkadoii.

Auf der Stittte der alten megarischen Kolonie Chalkedon (Kalchedou), Byzanz gegenüber, am Südeingang des Bosporus auf der asiatischen Seite, liegt heute Kaili-köi, das „Richterdorf', nur wenig entfernt von dem etwas weiter nordwestwftrts gelegenen Skutari (einst Chrysopolis).

Daß dieses bescheidene Dorf je der Sitz eines besonders hervorragenden Richters in islamischer Zeit gewesen wäre wie andere Orte des gleichen Namens, wird nicht überliefert, noch spricht irgend etwas dafür"-*).

Ich habe daher in Kitdi-köi stets eine volksetymologische ITnibllduiig aus dem alten dorischen Namen der Stätte Chalka(lim^) gesehen, wobei die neben- tonige Anfangssiibe verloren ging oder unterdrückt wurde^).

der Zufall, daß der byzantinische Marmorlorbeer gerade (zuerst?) an der Stelle des Medealorbeers aufsprießen sollte, sonderbar wftre. Auch an dem Horaklius- kapitell findet sich übrigens der Steinsteg für eine Bildwand in älterer Zeit ist er mir sonst nicht erinnerlich, außer in der Küiiik Aja Sn/ia (vgl. o. vS. 273 Anni. 1). Dagegen zeigt ihn ein schönes wohl etwas jüngeres Kapitell aus der Kloster- kirche von Antigoni (einer der Prinzeuinseln), das in der stilistischen Nachfolge unserer Kapitellgruppe zu neuer Systematisierung und abstrakterer Stilisierung steht. Hier kann man vielleicht so etwas, wie eine hauptstädtische Schul- tradition fassen. Das Kapitell von Knrutschesnie dürfte unter den genannten Stücken das älteste sein."

„Ich hoffe, daß Ihnen diese Bemerkungen, die ich mit aller Reserve zu machen wage, die Möglichkeit einer rein künstlerischen Eiklärnng des Phänomens etwas aussichtsreicher erscheinen lassen. Gewiß würden Nachgrabuniien in Kurutschesme weiterhelfen. Kann man darauf hoffen?"

1) Vgl. dazu ^rwcn/en einst und Jetzt I, 130ff.; Ä'feXIII ( 191H) S. 31.) s. meine G-ricchische Geschichte; Kinl. i. d. Altertumsiriss. Ill-, S. lüß.

2) Kollege .1. H. Mordtmann bemerkt mir hierz\i; .,der Kadi hatte seinen Amtssitz sicher in (Chrysopolis-)Skutari, das in später byzantinischer Zeit, wohl wegen der günstigeren Anlegemöglichkeit für Schiffe, (Chalkedon-)Kadi- köi in den Schatten zu stellen begann. Möglich ^väre liöcbstens, daß irgend ein bekannter Richter aus Skutari dort seinen Landsitz gehabt hätte, etwa wie am Bosporus Vanni-köi nach einem aus Van stammenden Si^heich ul-Islam und Deflcrdar-burnu' (o. S. 269 Anm. 3 sub c) „nach einem Schatzmeister benannt sind."

8) Die dorische Form mit n statt )) ist bezeugt (IG III, 6091, Inschrift auf einer Herme Kopf abgebrochen , aus Rom) Ztvoxuäxijq 'Ayaü^Mooo^ Ka).- Xadorun;, Porträtbüste (wohl Kopie) des Philosophen, also frühestens 4. .Jahrh. Ferner auf den Münzen der Stadt von ca. 280 v. Chr. bis in die Kaiserzeit letzter Beleg: (Furia Sabina) Tranquillina, die Gemahlin Gordians III. (238—244) KalxaSoriwv und Kal/_u. (früher, seit ca. 4ö0 nur K(dx-). S. Head, HN' p. 511f. und schon Boeckh, C/G III, p. 126. Daß in den offiziellen Schreibungen die Form Ka).X(:<i(uy überwiegt, ist sicher sekundär und hängt mit dem mytho- logischen Euhemerismus zusammen. Kalchadon sollte nach Kalchas" gleich- namigem Sohne benannt sein (Hyginus, Patria Constantinupoleos ed. Preger

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278 Mitteilungen und Nachrichiev.

Man könnte einwenden wollen, der dorische Dialekt habe sich sicher nicht bis in die byzantinische Zeit lebendig erhalten. Aber Eigennamen gegen- über wäre ein solcher Einwand grundsätzlich abzulehnen, nni so inelir als « statt >j das „festoste Merkmal" des Dorischen ist, „das sicli am längsten gegen- über der vordringenden Koivt'/ behauptete" ')•

Jedoch der allgemeinen Erwägungen können wir entraten.

Nocli in römischer Zeit finden wir in derMegaris dorische Namensformen.

In Selymbria (Silivri): .i/j/J.ioj T/iog i}eü> Acx^'Y^Ta rl/i/v (''.:x(<So)xt^).

In dem weiter abgelegenen Chersonasos auf der Krim wird noch zur Zeit des großen Mithradates Enpator, wie das Ehrendokrot für Jiö(favTO(; '.ioxkr/- ;itoduj()ov SivojTttrq^) zeigt, der dorische Dialekt angewendet, und zwar nicht bloß in Eigennamou wie gerade dem der Stadt und ihrer Bewohner ,Ve<«;o»'«- aniir, A'foaovc.iiltc'.ii;. sondern auch in den Wortformen nnd in der Plexion: l'.ftü)}', «,«<■'; avvoiylictg; toi? iv nx/iäi röir noXinxy, —xvf^äf, i'Tiii'taf: o i^ättog; arvißc. ro vi'xaiit« yerhoftm usw.

Und wenn man auch in standigen Wendungen wie dcSu/ßctt läi ßovXCu xtt't TÜ)i lU'uKoi; . . . i'r Tel jto/.tnät; livay^utpai il'i'i(fia/i« einen bewußten Ar- chaismus erblicken könne, so ist dieser Gedanke für die gesamte Fassnng jenes Ehrendekrets ausgeschlossen.

Weiter aber: hintei Skutari und also unweit von Kadi-köi = Chalkedon liegt der „Alem-dagh"', der „Signal-Berg"*), häufig nach seinem Hauptgipfel allgemein Bulgnrlu genannt. Er führte noch in byzantinischer Zeit den mehr- faclj bezeugten deutlich dorischen Namen Daniatry.s {.Ic/itanvi; oder J((fii:Tijig).

Auf den Damatrys zog sich lustinanos IL vor Pliilippikos zurück, hier wurde er von des Letzteren Feldherrn Elias, nachdem sein Heer ihn verlassen, ermordet (711 n. Chr.)'')-

p. '.1 1. 15) wie Clirysopolis von seinem Enkel Chry.sos, dem 'Sohno des Aga- memnon und der Chrvso' (Dion. Byz. § 109; Hygin. p. 5 I. 7ff,;. Denn die Stadt hat ihren Namen wie die „Prinzen"- Insel Chalki sicher von den an beiden Stellen noch heute nacliweisbaren Kupferminen (J. H. Mordtmanni, wird also im Volksmunde stets Cllalkadon geheißen haben. 4) Vgl. o. S. 2(JG.

1) A. Thnmb, Ildmlli. d. griech. Dialekte, S. 74, § 79.

2) .1. H. Mordtmann, Archäol.-Epigr. Mitt. (iu>< Üshrt: VTII (1884), S. 208, Nr. 21. (Collitz-)Bechtel Nr. 3072.

3) Latyscbev, Instr. or. septentr. Ponti Eunini I, no. 185. (Collitz-)Bechtel no. 30H7, Dittonberger, Si/Il.^ no. 326, ^ no. 709.

4) ..Fahnenberg" (Byz. Zeitschr. I, S. (!40) ist, wie mir J. H. Jfordtmann mit Recht bemerkt, eine ganz schiefe Übersetzung.

5) Georgius Cedrenus, Hift. Comp. I, p. 783,19 s; ror rff <l't>.i.i7iixoC ttjjo- XaßörToq y.u\ ri/v TiöÄir (sc. —inoTitjf) xpari/aetvTOi; avTog r/o' .] (tß(cr (tia arTji.ä^^v., 784,4 s: <> dt 'Hi.lug f/,- Xüyovc flltojy r<]> fiVTrc nn 'lovanvunoi- oryanli xtd i.uyov anit^tla.^; (Soi'c «irw ntfiK iavTÜv t'ilxvoe. iiißvor «If inoi.eiifiUvtoq'Iov- aririavov . . . !//)• xdpfJJ/v edrov i'.ntrfiis xnl Tigög 'l'ikinnixör rintr.reO.l. Joh. Zonaras XIV, 25. (p. .329 Dind. [1870J; § 24, vol. HL p. 242 Bonn [18971* nw 61 <}'iÄi7inixot' si'nMi'iijayzuc xid n^oxc'ia}M{i('ivxo; T/^r fitya?.u^v/.ir txiriroQ n' r<;j J aaaiovi taxi/tiooe etc. Constant. Manasses, Cnmp. Chronicum 40ö9. «) 1 rf'' j'f otruhißi/Tog r.i-TiU-aS, taTHttjOag \ oia T()ißou(r().; oiioTg ^vcfiiamg rfn/tluiW/,-^ | xrt'i Tunoig tfa(i(cyyu)Si)ii xal }.u<fOig ÜTCOxnt'jUVOig \ AynaT(i(iTontdfiiTC<i 7i(n>g o(ieiji yijXöipot i I änsQ xkxu <}vr)'/&Eiicv <fC(/^iy toi- J ufxttTQVoi. Gelzer's Wen-

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MiUcilnngim und Nachrichten. 279

Bis zum Oaruatrys gelangteu die 30000 'skytliisclien" Patziiinlieii (Pe- tschenegi-n'), die Kouslantiiios Monouiachos (1042 54) - zugleich um sich ihrer zu entledigen als Söldner gegen die ,.Tiu'ken" nach Iberien-Genrgien hatte senden wollen, die aber dann, den Bosporus durchschwimmend, nach Europa zuriickkehrtpu, sich mit ihren Stammesgenossen vereinigten und Thrazien verwüsteten').

Und schließlich spielt Damatrys eine Rolle im vierten Kreuzzuge, als die Lateiner in Asien am il. Juni bei Skutari-t'hrysopoHs landeten, um nach der Flucht Alexios' III. Angelos zugleich mit dessen aus dem Kerker gehollen blinden Bruder Isaak II. Angelos und des letzteren Sohne Alexios IV. Angelos am 18. Juli 1203 zum ersten Male in Konstantinopel einzogen. Eine römische Abteilung war damals m-<)? n»»' .'ti'.itaT.Qi-y aufgestellt, um die feindliche Reiterei In Schach in halten. Sie hatte keinen Erfolg-).

Die Zeugnisse für Damatrys reiclien also bis in die Konjuenenzeit^), während das kleinasiatisch-bithynische Ufer erst unter Orchan, dem Zeit- genossen der Audrouiken, sowie .Johannes' V. und Johannes' VI. Kantakuzenos, dessen Schwiegersohn er wurde, von den Türken endgiltig erobert wurde.

Daß dorlsclie Namen, die sich bis in die Komuenenzeit erhieltoii, nicht etwa in der Paläologenzeit ihres alten fxewandes verlustig gingen, läßt sich gleichfalls beweisen.

Orchan's großer Sieg (1330) über Andronikos III. Paleologus wurde liei 'I'iAoxorifrj erfochten*;.

Auf dem gewiß nicht erst in christlicher Zeit als heilig verehrten IJerg Damatrys entsprang eine heilige Quelle, die wegen ihrer milcliigeu Farbe r<c>.((^oTifiii genannt wurde''). Diese Quelle auf Borgeshöhe wai- gewiß vor- luals der Demeter-Damatnr heilig; Quollen- und Höhenverehrung .-ind ja fUr ihren Kult bezeichnend'').

düng {Abi: d. bys. Knisergcxih. bei Krumbacher, By'. Literaturgesch.- . S. 9,5r^']: ,,Iu der Ebene von Damatrys wurde der- Tyrann von allen verlasocn und von Elias, wie er es verdiente, getötet,'' trifft nicht zu. Man könnte bestenfalls von einer Hochebene sprechen.

1) Zonar. XVII, 20 (p. 17G Dind., § 20 s. vol. III, p. 043 Bonn; iii dl nnyai toTt 'Pwunioii; iti-rn Tour TovoxCoy i^aitr yc.xn ti/V 'nönr. nhVTfifrJiSty.u y_iXiMi-:i Ilar- 'Cjivaxiov ö tcvcoaoÜToj(>, iTTik^-Sctftivoq . . . n- Xovnortu/.fi iUtni(>t'.iiiv, k',- 't^-lijQlar xeXtvacci i'Trekttth', tA^cc^ (nroii xa'i Tt'jnijyi'jtoijn r;)^ t'xiot. "i^' ilurr :rtui rer i4 nfirxxQvv ijXKUiv, HiTi/Har xai 7T(>di7uj nijoßc.lviiy nix i'j!tt).oy. £•/..■ dl Tovnioo) dt ■/mQi'iar.vTti il/in tov Ttoi^'&jtin- i'fitevxorii aiv Toic 'i/nnois rl/y i}u).r'.oiiay i'ii(;no{>!i^fitv- oaiiiyoi . . . cÜTi'xa (JvyTeTiti/i'yyjy Tioiijüaueyoi tl/y odoi:toi)i'av toi:; <ju(>yey:''Si tjmx;;)- yvjyro . . .

2) Niketas Chouiatas, Uiit. III, p. 717s. (Bonn). xmcuMyti^; niv tg Xak- x>iduyi( . . . Ol 6! j'f Aj^i/jfiojyeq ti'u —xovtp.quu n^ioaiq/ovoiy . . . xai <f.(i/.ay£ tzf()(! TIC ävojü-tr ntQi röy d cc^tax qvc. //yjirjt'At; . . .

3) Nicht bloß geschichtlich, sondern auch literariscli, denn aucli die Zeug- nisse für lustinianus II. und Konstantinos Monomachos (S. 278 Anm. ."< und ob. Anm. 1) stammen aus der Komuenenzeit.

4) Nikephoros üregoras, Hist. Byz. IX, 9 (vol. I, p. 434, 4, Bonn). Johannes Kantakuzenos X., Hist. II, c. 8 (p. 300,21; 361, 14, Bonn). N. Jorga, Gach. des osman. Eeichcs I, S. 107.

5) Byz. Ztschr. IX, S. 064 f. u. vgl. I, 040.

0) Siehe O. Kern bei Pauly-Wissowa IV, 2, S. 2059 f.

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280 . Mitteüimgen und Nachrichten.

Um so merkwttrdigei' mutet es an, daß in nächster Nähe von Konstan- tinopel auf ebenfalls ruegarischem Gebiet bei den Byzantinern eine Ortschaft mit dem dorischen Namen JafioxQär(f)in (offenbar = ]ij/.ioxi)i';iTj) mehrfach ge- nannt wird. Hier stand, vermutlich ebenialls einen alten Quollenkult fort- setzend, eine Kirche des heiligen Michael'), als Heerführers der himmlischen Schaareu. Bei diesem wurde Konstautinos Mononiachos, der als Günstling der Zoe unter Michael IV. in die Verbannung nach Lesbos geschickt worden war und dort auch während der kurzen Herrschaft Michaels V. (1042) hatte ver- bleiben müssen, nach des letzteren Tode aber von Zoe zurückberufen war, von einem ihrer Abgesandten begrüßt und mit dem königlichen Ornat bekleidet, worauf dann in Koustantinopel (1041) die Vermählung des nunmehrigen Kaisers Konstantinos Mononiachos (1042 54) mit der 62jä)irigeu Zoö stattfand').

In oben diesem Heiligtum von Damokraneia erklärte sich Bryennius bereit, die Adoption zum Caesar an sich vollziehen zu lassen, die ihm der Kaiser Nice- phorus Bntoniates (1078 1081) angeboten hatte. Bryennius weigerte sich, zu diesem Zwecke nach Konstantinopel selbst zu kommen, er fürchte zwar Niemanden außer Gott, mißtraue aber fast der gesamten Umgebung des Kaisers'').

Am Belangreichsten aber ist folgender Bericht:

Der Usurpator Joliannes (VI.) Kantakuzenos kämpft gegen den Magnus Dux Apokaukos, den Vei'treter der Johanna von Savoyen, der Wilwe Andro- nikos' III., die die VorheiTschaft für ihren unmündigen Sohn Jobannes V. führte. Als Kantakuzenos Konstantinopel bedrohte, übernahm der Abt des Minoriteuordens, Aregos, ein Savoyer, auf Veranlassung der Lateiner die Ver- mittlung zwischen beiden Parteien und es gelang ihm, den Kantakuzenos zum Frieden geneigt zu machen und ihn gleichzeitig zu bestimmen, seine Truppen Zurückzuziehen. Als jedoch Aregos als ehrlicher Makler die Vorschläge des

1) Nicht zu verwechseln mit dem bei Theophanes und Prokop genannten Michailion, wie es Gyllius und du Gange (Noten zu Nikeph. Bryennios), p. 229 tun; dieses Michailion ist vielmehr = Arunutköi. Vgl. o. S. 270 Anm. 2.

2) Zonar. XVII, 20 (p. 15(i Dind.: III, p. G16, § 15.59, Bonn) nitn' o /lern rov 'Pio/Kd'oy ctiTox(i<'<zoJii ft Mi/ai))., oix vn- iCor Xeyo/itvwv üvi'jXOOQ, ßauiXevisa-:; e/f Aiafiov 7i£(iiooiZFi Tof c(rJ;j(( tn' «/t/«/c äi'/ txm ni:n?.r(0/jfycttg, ^^ i'i"v?.ov ifV x6 ?J;^ö- Tvnor. ü'.t'i ijV T(>r Hjinvri; /(>uvov rTjC. ßaaikflaq rov Mi/a!jl vntQtitJtoq xal ovüs tov (hvi4(tov Mr/arj). Eiiieienri'oov ztri/tjxev. Imi (if xQittoq fnaiiji.l^ev eig rljv Zioi'/i; kiiTdi jHtr tiji v7ii(to^l((i; ö i"a'!^(iw:iog xal ijyi-TO ngüg T/yv tCov nuXeotv ßaai- Itioiaar. wc d'^yyvg tytyuvei iTte/il^rj tov n(iuijw tiq xrtl Tig fx nur ßnoiltiujr nifif^e'ig xcu ntQi tüv iv J a/ioxo« re i'k ror r'nj/iaT^arr/yoö yi'.öi' ai'Tw tiTi-Tvyrj- xdjg oroVijV ivSii'ivaxct ßaa'O.tiov . . .

3) Nikephoros Brj'ennios, Comm. IV, 'A, p. 132, 17 ss. otx äXXojq ocr ti/V v'io!^soi'ai' Xuußnrfiv xal ti/V ii/ti/r. ei /</; jrporfpor zr'. txscrwy tguaipaÄi'oaiTO. ßov- Xazai oi'V tiquzsqov zO> ßaaiX.tl ßtßaiCuoai. zn nag' cdxtiv aif/iuir ixs/voig i^ayyiX.- S-ivra, xal ovzai zijg :i(}A£«üc: ^gcXfftiv oiv zO> nuzjjiaii/tj xal Tif<ji zi)v raoi' ye- yinBui zov za^iagyov züjv nyvj dvyafttvjv Mi/atp., üg 'i'd(>vz(ii h' zöj iifpl zi/y B^iqxtjy xiviyUo .Ja/ioxiiaylag xäxtlae za zT/g vto9fiJi'ag Inl zolg xalaat/ai yi- yf-aitai xal zö> azs<fäyu> zaiytwSh'/ycd ovyt/l^a'g. zCuy di nptaßciuy i\>o^utyioy 6ii\ zi ov ßovXezai Zft zr/g zeXtTi/g aizoi- ytyhoitai ytyoiitvvj xaza zfjv ßaaiXi'da zOjv nöXeotv, ipoßtXa^ai jily tipt/aey ov6fya nXl/y zöy l^ioy, ihiiaztty ä't zi'oy neol zov ßa- aiX.ia zolg nXeioroig.

41

Mitteilungen und Nachrichten. 281

Kantakuzenos nach Konslantinopel überbrachte, hielt mau ihn hin und benutzte die Rückwärtsbewegung der gegnerischen Truppen zu einem Überfall, der je- doch mißlang, weil Kantakuzenos ilinen zuvorkam. In seiner nach seiner Ent- thronung (13ö5) geschriebenen Gescliiclite berichtet uns Kantakuzenos in diesem Zusammenhange, wie er Rhegiou (Kiitschük Tschekmcdje), Athyra {Böjiik Tschek- medje), Damokraneia und Selymbria (Silivri) eingenommen und den Wieder- aufbau der zerstörten Feste Apameia (Fnviia) angeordnet habe'). Da tritt uns die dorische Namensform geschichtlich und literarisch bei dem Schwiegervater des Orchan, des osmanischen Eroberer.s der bithy- nischen Küste, entgegen.

Damit ist der Kreis geschlossen. Die Möglichkeit und hohe Wahrschein- liclikeit meiner Herleitung des Namens Kadi-köi aus Chalkadon wird damit bewiesen. Aber es kommt noch hinzu, daß der Name Damokrania noch heute fortlebt. Nach Kantakuzenos' Angaben muß Damokraneia zwischen Silivri und den beiden Buchteu liegen, die die Türken ihrer Gestalt nach mit dem Namen des kleinen und des großen 'Schubfaches' (tschekmcdsche) benannt haben. Dazu stimmt es auch, daß unter den Ortschaften, die Kantakuzenos von seinem Heere wegen ihrer nahen Nachbarschaft zu Byzanz besetzen bißt, von den voi-- erwähnteu Ortschaften das an dem östlicheren 'kleinen Scliubfach' gelegene Rhegion und Apameia genannt werden-). Man wird also Damokrania zwischen der größereu westlicheren 'Schubfach'-Bucht (Athyra) und Selymbria suchen.

Genau an der der byzantinischen Angabe entsprechenden Stelle liegt nun heute noch wie mir Kollege .T. H. Mordtmann, dem ich überhaupt den Hinweis auf die Namen Damatrys und Damokraneia verdanke, mitteilt am Marmara-Meer das kleine Dorf Damok ran ia, und damit ist auf megari- schem Koloiiialgebiet in nilchster Nähe der größten megarischen Kolonie Byzanz und unweit von Chalkadon das Fortleben einer spezifisch dorischen Namens- form nachgewiesen.

Damokrania auf europäischer, Kadi-köi = Chalkadon auf asiatischer Seite bewahren die wichtigste, zäheste Eigentümlichkeit des dorischen Dialekt.^ bis auf den heutigen Tag und treten damit den tsakonischen'') Foi-men wie mati = fiaTqg, fona = <pwvi/ zur Seite.

1) Job. Kantakuz., Hist III, 82 (p. .503, 5 ss.) xal nt/tTiouai (seil, .lazirot) Aio Tiräg tj/S tG>v /iievovQÜov rälsfuc /.lovaj^ovg . . . >jv rff u fiiv trepog ci'riör l;< ^itßwing Tijg naTpffiac o;xiag Ayy^ t/] ßaaiViSi, züii' /nevovQtuiv ijyovfjtrog. IUI, 8H (p. 508,6) ü Tü>r jjierovQiwv ijyov/tevoq, 'A^r^yog iivofiaaiiivoq . . . III, 84 (p. 518. 14 ss.) ßctaü-eig <)(•, (Job. Kantakuzenos stellt sich natürlich selbst immer als den legi- timen Herrscher hin) tTiei fi!/ äyvotiv za jr^iarrufiefa iri/f, RolXüiv ix hvC^avTiov oarifitQai ßrjvvdvnov, tu t6 'I^yiov elXey f'^ i(p66ov inell^uiv xal "AH-v^av xal .4 a- ßoxpä veiav xal Sskvfißpi'at'. xe/.ei'aa(; 6i 'Anäfinav ipiJOV(>wv ti xaxeaxaft/ith'Ov zei/ia^'/yai . . .

2) Joh. Kantak. a. a. 0. fortfahrend: xai azoartuv xazaXinüiv iv 'PrjyUo xal 'Ana/ielq xal EunvQiTij xal zij nouq z/] -Hqxij Xljivjj noXci, üq «)' T«i'rä zt yiioipoTf v, i'yyvz^QVJ Evtarrlov tü)V äXi.ujv livxa xal ijiexöpo/xäg nvioZvzo avve/tli; xaza zov Bi%avzlov xal X/jaztü«; zl/V iüXijV t;(<ör OTputiäi' avzoq i<Jic/_u}()rjaev tig JtSvfiötei/oi:

3) Der Name Tsakonen ,.scheiut in irgendeiner Weise mit dem der Aäxwyeg zusammenzuhängen" (Thumb, Handb. d. grlcch. Dialekte, S. 90, § 97): über die lautphysiologische Verwandtschaft der Sibilanten und der Lateralen, aus der sich auch sonst belegte Übergänge zwischen beiden Lautklassen erklären, s. meinen Samaiiumukm (1892) T. I, S. 158 f.

Kilo. Beitrüge zur alten Geschichte XVII 3/4. 19

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282 Mitieilnngen und Nachrichten.

Es tragt sich, ob diese Ermittlung etwa tür ilie Frage der Herleitung des Namens Stamlml etwas austrägt. Der Name Byzauz ist im Volksmunde längst gf'slortjiii, aber in Stambul hat man doch ein doris>:hes Element erblicken wollen: Entstehung aus (t-/)«,- lar niiXiiv). Als sich Zweilei regten, ob ein dorisches cär bis in die Türkenzeit habe fortleben können, hat man das a aus der tilrkischeu Vokalharmonie erklären wollen, wogegen sich mit Recht E. Killinka') gewendet hat.

Seine scharfsinnige Herleitung von Stambul aus Konstantinopolis hat Vieles fiir sicli.

Ich möchte aber glauben, daß sie an Bestand noch gewänne, wenn man sekundiir eine Anlehnung an die Namen in Betracht zöge, die als erstes Ele- nu'Ut eine zu u verkürztes griechisches tlq aufweisen (Isnik aus fii Ntxciuty, Ismitl statt ' Isnikniid ans (■/',• yixoiii'/dtitt)).

Bei der Landbevölkerung nm Byzanz und auf diese kommt es au werdeii «ir ein schnell gesproclienes, gleichsam formelhaft verkürztes und erstarrtes u (%■ r/:r :i<'i?.ir schon in verhflltnismäßig früherZeit anzunehmen haben.

Wenn nun, wie schon oben bemerkt, das r. sich gegenüber der vor- dring, udiii l\oiri'i am ziihesten behauptet hat"), wenn wir in einer von E. v. Hiller mit AV.ibiscboinlichkeit iils naidichristlich angesprochenen rhodischen Inschrift") f(f, /;.•>)( )('.ifj,,- linden, wenn wir nach allem Vorausgegangenen auch mit einem Eorlbesteben des ti'.v in jener Formel bis in den Beginn der christlichen Zeit zu rechnen hab'Mi, so ist nicht reclit abzusehen, in welcher Weise und in widchem Alorneni diese Formel im Munde der Bauern sich iu V '''/'' -iü/./r (■.V tili pölhi) vorwamlelt haben sollte'').

Nehmen wir nun an, daß bei der Bildung des Namens Stambul neben der LTmforuiuug aus Kuivarfuzn'oiJio^.i^ auch die Anlehnung an V r«i' nülir eine Rolle gesi>ielt hat, so schwindet, wie mir scheint, besonders ein Bedenken, das gegen Kalinka's Erklärung in ihrer Vereinzelung geltend gemacht werden könnte, nämlich der Wegfall <ler ersten Silbe Kwr, der ohne eine solchen Anlehnung ydiwierigkeiten machen könnte, da die Ttirken doch den Namen Konstan- tinos schon von ihrem tapferen Gegner Konstantin XIII. Palaiologos sehr gut kenneu mußten, wie denn ja die Araber Konstantinopel stets Konstantina nennen*).

1) Ob. S. 26ü.

'2) Näheres darüber s. bei A. Thumb, Die griech. Sprache im Zeitalter des HcUtwsmus (ü'Ol), S. 44 ff.

:SI ICrXlI. ]. Nr. 17.5.

•I) I>aß Kiiinnavuvoinolti literarisch (vgl. den Index zu Theophanes ed. de Boor und zu Zouaras, ed. Bonn, s. v.) und inschriftlich verhältnismäßig viel seltener vorkommt als Umschreibungen und Verkürzungen wie Bctai?.!^, liaoi- f.triiidi'. .i(</./,'. »^ ^ixaii.tvovo« rcör nultwv (vgl. o. 230 Anm. 2 u. 3), ij KivaTctvrlyov, i\i<i Piii/tii, konuiit sicher großenteils auf Rechnung des höfischen Stils nnd er- gibt iliher kauiw eine üegeninstanz.

[Wenn gegen den AVegfall der unbetonten Anfangssilbo Kwi- ein Bo- denken zu erheben wäre, so würde dieses auch gegen die Herleitung von Kadiköi aus l'halkadon spi-echen: aber ich glaube, dni-ch die oben angeführten Beispiele snlciie Bedenken zerstreut zu haben. E. Kalinka.j

[.">) Der Übergang vom Dialekt zur Koine hat sich natürlich nicht in einem ,.Momeut ' vollzogen, sondei'n allmählich, an verschiedenen Orten zu ver- schii'driHMi Zeiten, in l.akonien haben sich bekanntlich dialektische Laute und

43

Alitteünngen und Naehrichieii. '283

4. Der thrnkisclie Gott Zbclsiirdos.

Eine allbeachtete Emendatlon m Cicero.

Bei Cicero In Pisonem XXXV, § 85 lesen sämtliche Handschriften iuvis (oder iovix) vel sitri. Dies hat Hadriamis Turnebus in Infis JJrii emoudiert, lind so lesen auch noch die neuesten deutschen Ausgaben').

Danach liätte also L. Calpuinius Piso als Statthalter von Macodonien das auf bithj'uischem Gebiete belegene und entweder zu Bithynien unter Nikoniedes oder zu Bj'zanz i;ohörige') Heiligtuni des Zeus Urios, das 'hijov xnr' i'^o/i/i; geplündert.

Dieses spezifische griechische Heiligtum hätte Cicero nicht als fanum antiqaissiiiium barbarorum fianctissimnmgue bezeichnen können.

Diese beiden Einwände hat J. H. Mordtmann^) mit Recht erhoben. Ich füge zu dem ersteren hinzu: Wenn man auch einen solchen Übergrifi' des Piso nicht für undenkbar zu halten braucht, so hätte Cicero sicher nicht versäumt, ihn besonders zu rügen.

J. H. Mordtmann bat aber gleichzeitig unter vielfaltiger Beistimmnng vor nunmehr 43 .Jahren eine völlig einwandfreie und einleuchtende Verbesserung der handsc'iriftlichpn Lesung gegeben. Zu lesen ist Invin ZrchxHdji.

Das Vorhandensein dieser thrakiscben Gottheit hatte Mordtmann gleich- zeitig aus zwei verderbten Abschriften von Inschriften ermittelt.

Cyriacus von ^Vucona hatte eine Inschrift des Ti. Claudius Zena.-, Komman- danten einer Triere der Flotte von Perinth, und seiner Sohne kopiert, die ge- widmet war J// ZBEAlOYl'Aii^) so Mordtmann. [iorghesi') hatte nur .111 HEA:£0YP lii. DiimonC^) l.etonte^ daß das Ms. ("od Vat. .'iiöO vor dem B ein X hatte und las J// Z. UEJ^OYPJil, wußte also mit dem Z nichts anzu- fangen.

Besondern Scharfblick erforderte die Heilung der zweiten Verderbnis. Kanitz') hatte auf einem Bas-Eelief, von Berkovitza (im Kaza Sliva), über der

Formen bis zum heutigen Tag ' (vgl. o. S. 281) „erhalten, und wielange Eigen- namen ihren dialektischen Lautbestand selbst in verkehrsreicher Gegend be- wahren konnten, hat L.-H. in seineu dankenswerten Ausführungen dargetan. Für ausgeschlossen aber halte ich es nach wie vor, daß der Artikel rf;r an einer StJltte des AVeit Verkehrs nicht bloß bis an den Anfang unserer Zeitrechnung sondern bis ins Mittelalter hinein gesprochen woi'den .sei. E. Kaiinka.]

1) Z. B. ed. C. F. W. Maller 1904, ed. A. Klotz l'JlD.

2) Über die Kämpfe zwischen Byzantinern und Bithynicrn um das Hierou s. die Zu.sammenstellungen von Gyllius und C. Mtiller, GGMll, p. 71 ss. Vgl. auch oben S. SHO Anm. 3 sub li.

3) Me/angcs </' Epigniphie II, Itenie Arrheol. 2. Serie 3(J (1878), p. 802. Diese Mel. Ep. IE (I s. vol. 35, p. 101) ss., p. 137 ss.) knüpfen an an Duraont, Insrripfions et Monuments figure's de la Thrace, und entsprechen in ihrer Numerierung der bei Dumont.

4) A. a. O. p. 301 f.

5) Oeuvres lll, p. 271.

«) A. a. O. Nr. 72a. Vgl. de Rossi, Ins-r. CItristianae Urbis Romae U (1888), S. 369, wo auf Mordtmanu's richtige Lesung des Gottesnamens Bezug genommen wird.

7) Donau, Bulganen und der Balkan S. 384.

19'

284 Mitteilungen und Nachrichten.

Darstellung (Stehender Zeus, rechtsgewandt, vor einem Altar den rechten Arm zum Schleudern der Blitze erhoben) gelesen;

MOPAnopi:^ lopois

was Mordtmann*) verbesserte in

JJI ZBEASOyPJil MOKAnOPi:^ AÜPON hl ^ßf).ao{(_iiot MoxänoQK; S&qov^).

Auf Grund dieser beiden Inschriften, deren Lesung er durch den Hinweis auf thrakische Namen mit dem Anlaute /.^i stützte, gelangte Mordtmann zu der treffenden Berichtigung der Cicerostelle. Da ihm aber nur diese zwei ver- derbten Zeugnisse zur Verfügung standen, so emeudierte er lovis Svelsnr{d)i, wohl in der Annahme, daß der Ausfall des einer Haplogiaphie zuzuschreiben sei*). Für den so von Mordtmann ermittelten thrakischen Gott haben sich seit- her eine große Anzahl weiterer Beiego gefunden, die das Z am Anfang sichern, das bei Cicero weggefallen sein wii-d, weil dem Schreiber die Gruppe Zv im Anlaut befremdlich schien.

Zunächst stellte Perdrizet') im Ganzen drei griechische^) nnd zwei lateinische'^) Inschriften zusammen, die den Gott nennen. Er schloß sich Mordtmann in der Berichtigung Si^elsiirdi bei C'icero In Pitionem an und äußerte die Vermutung'), das Heiligtum des Gottes habe in dem Gebiet der Denthe- leten gelegen gegen die nach Cicero! Piso, obgleich sie Verbündete des römischen Volkes gewesen seien, einen Vernichtungskrieg geführt habe'*).

1) A. a. O. p. 301.

2) Mordtmann's Erkenntnis wird durch S. Frankfurters Kopie des Originals in der Gemeindeschule von Berkovitza (Archaeol. Mut. «its Ösicrr. XIV [18!)0], S. 144 sub 4) bestätigt: nur lautet der Gottesname Zße).{tioi(id(cp). Frankfurter verweist nur auf Dumont 72a und bemerkt: „In ZßtKOovQAoQ, Zßfl.aovi>t}oc hat man doch wohl eine thrakische Gottlieit zu erkennen.''

8) Zum d in Si'elsur((l)i bemerkt Mordtmann : On pourrait meine relenir la le^on des manuscrits, en comparant te mot sura dans les noms propres thraces Moea- sitra (Tab. Pent), Diie-sura (Dumont ur. 11(1), i'ocoe/t'S-i;:; (Dum. 2).

4) Rei'ue des Etndes Andenncs W99: zitiert liev. Epiffraphique I, p. 405. Dort ward auch auf eine Arbeit von Seure, Hei: des Etudes Grecques 191.3, p. 225ff. im Sinne des Widerspruchs Bezug genommen.

5) Die dritte griechische ist IG XIV, nr. 9Ö1. ..6eö> ZßtQ^ovQSu) xnl 'lu/ißa- (loüAy iTiKfavtjiiTäzoii (sie!)."

6) Die eine stammt aus Lupusna unweit Berkovitza; sie wurde von Frankfurter n. a. O. S. 144, sub .5 signalisiert, ohne daß der verstümmelte Gottes- iiame erkannt worden wäre; das geschah bei Dumont-Homolle, Melanies d'epi- grapkie (= 2. Auflage des Dumout'schen Werkes) p. 570. Die andere ist CIL in, 8191 = Dessau II 1 nr. 4077 (vgl. III 2, p. CLXXXI) '[d]eo Zb[,eyt]urdo\ besser doch wohl Zb[els]urdo.

7) Deshalb wohl Rev. Epit/rapliiquc I (lOlS), p. fiJö die Bemerkung, Per- diizet h.abe Mordtmann's Conjectnr vervollständigt: completant une conjecture de Mvrdtiumin.

8) Dcmcletui quac natio seinper oboedien« huic imperio ctiam in illa omniavi barbarorum defedionc Maeedoniara C. Scntio praetore tutata est, nefariam bellum et crudele intidisii eisque cum fidelisbimis sodis uti pobscs, hostibus iiti acerrimia maliiisti.

Mifteilunyen und Nachrichten. 285

Eine sechste Inschrift fand daiin Dobnisky') im Dorfe Chatrovo (Kreis Dupnitza) Jii Zße[X]\aov(>d(o | tö> xv(ii'w Be>.ßaßQi\i}Vol xo>/i!}tf(i | (ivt!t)j\xay.

Kazarovv") hat dann die sieben bisher bekannten Belege, als deren sechsten er mit Kocht Cicero In Pisonem 85 rechnet, mit austührlichen lite- rarischen Belegen zusammengestellt, von der Inschrift von Chatrovo eine Ab- bildung gegeben und selbst zwei weitere Inschriften veröffentlicht, die er gleich- falls im Kreise Dupnitza im Doi'fe Golomo-Selo gefunden hatte. Sie finden sich auf Monumenten, die beide von einem Titus Flavius Amotokos, Sohn eines gleichnamigen Vatei-s, gesetzt sind.

Amatokos ist ein echt thrakischer Name, der Träger also, wohl zu tra- jauischer Zeit, des römischen Bürgerrechts teilhaftig geworden.

1. Kvoi'u) I d-sv) 7i(>o\yoitxüi ZßeX\aov^ö<a </'/.. Al/täioxo^ 'PX. ^A\[/i]aToxov v'k'ic tv^äfievog drt97jxsv.

2. Tu) xv'jiw I J(( ZßeX\<!0VQ6u) \ ('n-i-9-ijxtv \ T. ftO-n. 'A/iülToxog T. \ '/'[A. '.Ixir- röxov liöc.

L)ic Bezeichnung ji^oyovixiig, dio auch 'AnuA/.wri 'AKorjvv) zukommt, vergleicht Kazarow mit anderweitig belegten yevixuc und yevtaxö^.

Meines Erachtens dienen alle diese verwandten Bezeichnungen dazu, Einheimisches, von den Vätern Ererbtes im (Gegensatz zu den den Griechen und Römern abgelauschten Keuerungeu zu kennzeichnen.

Kazarow führt unter Hinweis auf eine Kartenskizze der Uuigegeud von Dupnitza, die er beigibt, weiter aus: Goleme Selo und etwas westlich davon Chatrovo liegen beide etwas nnw. von der Stadt Dupnitza. Nur wenig südlich von Golomo Selo liegt der Euincnhugel Tzariöina, in dem von zwei Zuflüssen der Rasmetanilza, eines linken Nebenflusses der olieren Struma, gebildeten Winkel. Dieses '-I'/aricii:a bedockt eine thrakoromanische Siedlung. Sie hat eine größere Anzahl von Altertümern und Inschriften ergeben, u. A. zwei Reliefs mit Dar- stellungen dos Zeus^). Von den Umwohnei-u wird sie als Steinbruch benutzt.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß die drei Inschriften von Chatrovo und Golemo Selo aus Tzaricina stammen und daß hier das von Piso zerstörte Heiligtum des Zeus Zbelsuvdos lag. Jedenfall,'-- hat man es nach den Inschriften- lunden in der unmittelbaren Nachbarschaft zu suchen. Damit würde auch Per- drizet's Vermutung, daß die Zerstiirung im Kriege gegen die Dentholeten er- folgte, bestätiirt. Denn Tzaricina liegt mitten in deren ehemaligem Gebiet, das sich am Nordlaufe dos Strynion erstreckt.

Es wird Zeit, daß die Ausgaben des Cicero sich die vor fast einem halben .Jahrhundert gefundene richtige Lesung lovis Zbelsurdi zu eigen machen und daß man aufhört, In Pisonem % 85 als Beleg für den Zeus Urios anzuführen, über den sich Cicero nur In Vcrrem TV, 57, 128 äußert.

(Folgen die Verheerungen, die nach Cicero daraufhin 1 die Danthaleten oder Dentheleten angerichtet haben) . . . Tkcssiiloniccnse^ cum oppido despcrassent, iHunirc arrcin cocgcrunt. A tc lovis Zhclsuri fanv)u antiqtmsinuun etc. (ob. S. 28.f, Abs. 'i) (Ureptnm est.

1) Arehäol. Brricht des biilgar. Natiomilmnseums I (1007), p. 152, Nr. 203 (Bulgarisch).

2) Nuuvelles itiscriptions rclativas au Dien. Thrace Zbdsourdos, Revue archeul. 4. Serie, XXI (1913). p. iUüri.

8) Das eine bei Kazarow, Abb. 5, wiedergegeben.

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286 Mitteilungen und Nachrichten.

Zu Semiramis :^ Istar').

Die Semiramis der griechischen Sage ist einerseits die historische assyrisch? Königin Sammuramat, die Mutter des Hadadnivftri IV. (so schon von C. P. Tiele, Bab.-ass. Gesch, 1886, S. 212 vermutet, s. meine Gesch. Bnb. u. Ass., Lief. 4, 1888, S. 629, A. 2), wie C. F. Lehmauu-Haupt seither ausfuhrlich nachgewiesen, andrer- seits die Göttin Istar (.s. des gleichen Forschers Art. Semiramis bei Röscher, Bd. 14, Sp. 691 f.). Ein weiterer Beweis für letzteres bildet die Überlieferung, daß Semiramis ein Pferd geliebt hätte. Vgl. einerseits Plinius, HN. VIII, 42 (64), § 155: eqmiin adamatum a Semiramide usqve in coilum Juha nuctor est und danach Lord Byron's Don .Juan. Canto V, Strophe ()0: „(Semiramis) . -hy chroniclers so coarse . . . has been accused . . . of an improper friendship for her hör sc"') und andrerseits den 6. Gesang des Gilgainos-Epos, Z. 53 51, Liebschaft der Istar mit dem Pferd, dem Sohn der (Göttin) Silili, welch' letztere in dem Monatsnamen Sililiti fortlebte'). Nichts mit Silili hat der alte König Sulili zu tun*), der = Su- mula-ilu ist (ähnlich Su-abu = Sumu-abu).

So führt also die Kette vom Gilgamos-Epos bis Lord Byron über Berosus, .Tuba (der bekanntlich diiobus libris Assyriorum historiam schrieb, wie wir au-^. Tatian, adv. Graccos, c. LVIII wissen, vgl. Berosi historiae od. ,T. D. Cr. Richter Lips. 182-5, p. 35) und Plinius; Juba kann die betr. Notiz natürlich nur aus Be- rosus geschöpft haben, und dem Berosus war, wie sich ja mehr und mehr herausgestellt, die babyl. Literatur im Original zugänglich, also auch das Gil- gamos-Epos.

Zu den Belegen fiir Semiramis = Istar (neben und außer Semiramis = Sammuramat) habe ich nun, wie ich annehmen darf, ein neues, bisher über- sehenes und wichtiges Beispiel beigebracht.

München. F. Hommel.

Zum Nachleben der assyrischen Sprache, Religion und Dynastie.

P. Jensen's scharfsinnige Erschließung der aramäischen Inschriften von Assur und Hatra^), die mit ungewölmlichen Schwierigkeiten der Schrift zu kämpfen hatte, hat neben wichtigen sprachlichen auch etliche bemerkenswerte geschichtliche und kulturgeschichtliche Ergebnisse gezeitigt.

In parthischer Zeit um 210 n. Chr. sind in einer viergliedrigen Gene- rationenreihe wenigstens drei, wenn nicht gar vier assyrische Namen vertreten:

1) An die E.ed. eingegangen Ende April 1920.

2) Daß Plinius Byron's Quelle war, wies mir mein Kollege, der Auglist Jos. Schick, nach auf Grund der großen Byron-Ausgabe von E. H. Coleridge, vol. VI (Don Juan), London 1903, wo sich zu Canto V, LXI auf p. 23C die Note findet: Pllny, Nat. Eist. lib. VIII. mp. XLII (ed. 1593, 1,39.2) citcs Juha, king of MaHrrtanin . . ., as his authority for the calnmny.

3) Vgl. etwa gar A'i^ Gottheit Dun-iag-ga-na bei Gudea. welcher Name be- deuten könnte: „Ein Füllen (war) in ihrem Leib" (?;.

4) Genealogie Hadadnirari's IV. I K 35, Nr. 3, gegen Schluß. Vgl. meine Gesch. des alten Morgenlandes (Sammlung Goeschon) S. 48, n. 76. Am Schluß d»r betr. Inschrift lies ib-bu-u SI (= x>alesi)-tuB-iu (also = an/i isSakkütiSu „zu seinem Priester(fürsteu)tum".

5) Bert Sitzungsber. 1919, S. 1042«.

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Mitteilungen und Xucli richten. 287

ASiur-iariii, sein Sohn .l.««/' ah-iddin (As.sarharldouJ, Jessen .Sohn Ana, dessen vermutlicher Sohn Aisur-ah-iddin.

„Und, wie die Namiu 'Assor hat den Bruder gegeben' und 'Assor hat den Vater gegeben' fi»r Großvater und Entel zu zeigen scheinen, mit wenigstens zum Teil noch bekannter Bedeutung. D. h. in Assur vielleicht noch im dritten nachchristlichen Jahrhundert eine fragmentarische Bekan n t schall mit der Sprache der A.ssyrer!"'

Die assyrischen und babylonischen CrOtter leben aber in dieser Zeit nicht nur in Personennamen, „sondei'u auch im Kultus" fort, „insonderheit in dem der ijenü loci, des Assor- A.ssur und der Srrua. Nun sind die Pflastersteine, auf denen dieser Gutler gedacht wird, alle über einem alten Ais>ir-Tura\)e.\ ge- funden, die einzige Gedenkschrift aber, in der Xabii genannt wird, iiber einem alten A'abil -Tempel! Somit haftete die Verehnmg dieser drei Gottheiten noch an ihrer alten Stelle. In den Ruinen des Partherbaues aber ist über dem alten .4ä.ifttr-Tempel eine Inschrift 'Haus des Assor und des Bei . . .' gefunden worden. Folglich hat ASSnr-Assor wohl noch in der letzten Partherzeit auf den Ruinen seines alten Tempels ein Kultgebiludn gehabt, iler Gott von Assur zusammen mit'' (Nabu.) ,dem von Babylon! Nun aber heißt es in einer Inschi-ift 'Den Stein (?; meiner Schwester . . ., wer da sucht'" (das heißt wohl um ihn wegzunehmen), „'gegen die kommt herauf ... Assor der Gott'. Somit der Gott Assor unter dem Partherbau in den TiMlmmern seines alten Tempels gedacht? Deshalb die Grabinschriften auf den Pflastersteinen?"

Und weiter: der oben genannte Assarhaddon fuhrt einen as.syrischen Königsnamen und war anscheinend „ein Tempelschreiber. Und seine Familie mit ihr besonders engen Beziehungen zum Assor-Kultus eine Pi-iesterfamilio?" In des Königs Assarliaddon Auftrage „machte aber seinerzeit dessen Sohn Assurbanabal einen seiner Brüder" fSaniassumukin) „zum König von Babylon"', zwei andere je zum urifjaUn von Harran und von As.sur. „Der urigallu aber ist offenbar etwas wie ein hiichster geistlicher Würdenträger. Somit der Assar- haddon unserer Inschriften ein Hinweis dai-auf, daß sich noch im dritten nach- christlichen .lahrhundert eine Assor-Priesterfamilie in Assur von dem Könige Assarhaddon ableitete oder gar wirklich von ihm abstammte?" C. F. L.-H.

Antike Technik.

Das lang vernachlässigte Gebiet der antiken Technik beginnt endlich mehr als seither studiert zu werden. Hermann Diels') hat sein ausgezeichnetes Buch über dieses Thema in 2. Auflage erscheinen lassen und neben einzelnen Verbesserungen um das 7. Kapitel über die antike Uhr vermehrt. Hat er sich auf einzelne Probleme beschränkt (I. Einleitung, IL Antike Türen und Schlösser, III. Dampfmaschine, Automat und Taxameter, IV. Antike Telegraphie, Y. Die antike Artillerie, VI. Die antike Chemie dazu jetzt das zusammenfassende Buch von E. V. Lippmann, Entstellung und Ausbreitung der Alchcmie, Berlin 1919, VII. Die antike Uhr), und hat er zu ihrer Ergründung so tief wie irgend möglich ge-

1) Antike Technik. Sieben Vorträge von H. D. Zweite erweiterte Auflage mit 78 Abb., 18 Tafeln und 1 Titelbild. Leipzig 19'20, Teubner, 9 M., gebunden 11 M. + 120% T.-Z.

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288 Mitteilungen und Nachrichten.

graben, so hat Aliiert Neuburger*) eiu größeres Werk über die Technik des Altertums geliefert, das mehr in die Breite geht. Es ist nicht aus den Quellen, sondern unter Benutzung der neuei'eu Spezialliteratuv gearbeitet und gibt haud- buohartig am Schluß der einzelnen Abschnitte sehr dankenswerte Literatur- Übersichten. Den Text begleitet eine Menge Anschauungsmaterial archkolo- gischer Art. Der Verfasser hat sich die neueren Forschungsergebnisse zu eigen gemacht und selbständig verwertet. Falsch ist es, wenn er (S. ä) von der hohen Ehre, die der Techniker im Altertum genoß, spricht. Da hätte ihn ein tieferes Studium von Diels (vgl. S. 29ff.) eines besseren belehren können. Auch sonst kommen allerlei kleinere Versehen vor. Aber als Ganzes kann das Werk als Nachschlagebuch von Nutzen sein, namentlich für diejenigen Gebiete, die Diels nicht behandelt hat.

Auch der Historiker, der sich nicht auf das enge Gebiet der politischen Geschichte beschränkt, wird reiche Belehrung aus diesen Büchern schöpfen. Ganz besonders sei auf den einleitenden Vortrag von Diels über „Wissenschaft und Technik bei den Griechen" verwiesen. In welch' helle Beleuchtung wird hier die Lebensarbeit zweier hervorragender Milesier, des Auaximander und Hippodamos, gerückt (S. 12): ..Ohne Auaximanders geniale Intuition sind weder Pythagoras noch Hei-aklit denkbar. Aber dieser außerordentliche Mann war kein Stubengelehrter. Er ist groß geworden in der frischen Seeluft Milets, dessen überseeische Handelspolitik ihn auch zu praktischem Eingreifen ver- anlaßte." Und von Hippodamos, dem größten Stadtarchitokteu, der auf Ver- anlassung des Perikles den Welthafenplatz des Piraeus neu aufbaute und da- durch das Vorbild schuf für das langweilige geradlinige Stadtschema der hellenistischen und römischen Epoche, erfahren wir (S. 16) : „Er entwarf nicht nur Stadtpläne, sondern auch Stadtverfassungen, in denen die übliche Dreizahl eine beherrschende Stellung einiiimmt: drui Stände, dreierlei Grundbesitz, dreier- lei Klagefürinen usw. Natürlich ist diese dreieckige Verfassung aus der pj'tha- goreischen Staatsmathematik, deren letzter Ausläufer Platous Gesetze sind, Papier geblieben," so gut wie wahrscheinlich R. Steiners Dreigliederung in unserer Zeit, an die man unwillkürlich erinnert wird. Das Überraschendste ftlr den Historiker bei der Lektüre von Diels ist aber die Gewinnung eines tiefen Einblicks in die großartige Entwicklung der Technik gerade bei den sizilisch- italischen Griechen. AVir wußten längst, daß dieser Teil des hochbegabten Volkes den hervorragendsten Typ einer kolonialen Entwicklung mit all' den Vorzügen und Schattenseiten einer solchen darstellt, weshalb man gern die westgriecliische Gruppe das antike Amerikanertuui genannt hat. Diels hat dieser Auffassung durch seine interessanten Forschungsergebnisse neue Unter- lagen verschafl't. Seit 48iJ nimmt SizUion, an der Spitze Syi'akus, einen groß- artigen Aufschwung. Was im Mutterland und im Osten erst der Hellenismus zuwege gebracht hat, das nimmt hier im Westen, wo das übliche koloniale Schnelltom|io uns entgegenti-itt, ülier 100 Jahre früher Gestalt an. „Sizilien selbst und vor allem Syrakus stand bereits gegen Ende des 5. Jahrhunderts das zeigen die winiderbareu Münzen des Enainetos und Genossen, die mit Selbstgefühl ihren Namen neben das Guttorbild setzen auf einer hohen Stufe künstlerischer und technischer Vollendung." Unter dem älteren Dionysios, um 4(J0, wird Syrakus die Hochburg der Technik und ist es geblieben bis auf

1) Die Technik den Altertums. Leipzig li'lV). K. Voigtländer. 5G9 S. m 070 Abb., geb. 2(i M.

Mitteilungen und Nachrichten. 289

Archimedos, Jeu genialsten Mathematiker und Techniker, den Gauli des Alter- tums. Die gewaltige Entwicklung der Mechanik in den Mauern von Syrakus, die vor allem hier die erste kriegsttlchtige Artillerie für den Land- und See- kampf geschafleu hat, ist es gewesen, die aus dieser Stadt für lange Zeit die Metropole Sizilien.s und Italiens und aus ihren Herrschern die führenden Per- sönlichkeiten des Westens gemacht hat. Diels hebt hervor (S. 20), daß es ihrer wissenschaftlich -tpchnisclien Einsicht und ihrer rücksichtslosen Tatkraft zu verdanken ist, daß Sizilien und Italien damals nicht karthagisch wurden. Aber noch mehr: Dieses Syrakus. die erste wirkliche (iroßstadt der Antike im Westen, war es auch, die die etruskische Fremdherrschaft über Italien erschüttert und die -Bahn freigemacht hat für das Emporsteigen der italischen Stämme, allen voran der Latiner mit Rom an der Spitze. Aber Aoui liat dann der großen Schrittmacherin schlecht gedankt. Archimedes' letztes Wort beim Eindringen der Römer in Syrakus an den ersten feindlichen Soldaten: noli turbare circulos meos und dessen brutale Tat als Antwort haben einen noch tieferen Sinn, als Diels (S. 30f) darin sucht. Grriechische Wissenschaft und Technik, die den Italikern das Emporsteigen erst ermöglicht hatten, erhalten hiermit den Todes- stoß. Das brutale Eroberervolk mit seinem einseitig praktisch gerichteten Sinn ilbemimmt alles, was gut und brauchbar für seine Zwecke ist, von dem be- siegten Gegner. Aber, da die Forschung jetzt zum Stillstand kommt, reißt die wissenschaftliche Tradition ab, und die Antike geht seitdem den Weg abwärts, ähnlich wie das heute bei Europa der Fall sein wird, wenn es dem Unverstand der Welt gelingen sollte, das deutsche Wirtschaftsleben und damit auch die deutsche Wissenschaft und Technik zu erdrosseln.

Doch zurück zu Diels. In dem geistvollen, stofl'reichen Buch fällt auch so unendlich viel nebenbei ab. Wie unmodern wir selbst heute noch sind, lernen wir S. 160 aus dem allerliebsten Wortspiel der griechisclien Anthologie {Antli. Pal. X, 48), das den Sechsstunden -Arbeitstag (7 l Uhr) empfiehlt und den ganzen Nachmittag der Erholung gewidmet sehen möchte. Die wenigen deutschen frofessoren, die heute noch Frühaufsteher und Morgenarbeiter sind, hören auf S. 198fi"., daß sie damit in anständigster Gesellschaft sich befinden, insofern kein Geringerer als Piaton aus dem Bedürfnis nach Früharbeit heraus sogar eine Nachtuhr mit Weckeinrichl ung sich konstruiert hat, um in der Frühe damit seine Schüler und (renossen zu den Vorlesungen und ("bungen zu rufen. Oder, um etwas ganz anderes anzuführen : Die Quellenuntersuchuugeu anstellen- den Historiker seien auf die Ausführungen S. 13öf. über die ..Autorenethik" des 2. .Jahrhunderts n. Chr. verwiesen, höchst beherzigenswerte Sätze, die für die ganze .Späl antike Geltung haben und daher den Foscheru, die sich mit der Hisloria Augiistii beschäftigen, vor allem empfohlen seien.

Breslau. Ernst Kornemann.

Schussenried und Buchau. Von C. F. Lelimiinn-Hanpt.

In den Torfmooren um den oberschwäbischen Federsee zwischen Schus.«;en- ried und Buchau sind neuerdings durch die Ausgrabungen des von R R. Schni id t geleiteten Urgeschicli tlichen Forscliungsinstitu ts in Tübingen höchst überraschende Funde gemacht worden. Mehrere neusteinzeitliche Pfahl- und Moordörfer in üben-aschend guter Erhaltung wurden aufgedeckt, forner eine Wasserburg der alteren Hallstattzeit.

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290 Milfcilungcn und Nuchrichirn

Dor jetzt verhaltui.smaliig kleine Federsee ') hat eiuscmals, nach der Aus- dehnung der 'rorlyeliichteii zu schließen, das Becken in seiner ganzen Länge ausgef Villf , das durch die Moränen der letzten (vierten) der von den Alpen her nordwärts vordringenden Eiszeiten, der ., VVürm"-Eiszeit, und des auf sie fol- genden „Bilhr'-Vorstoßes vorgezeichnet wurde. In der Südostecko des Fodersee- heckens im Steinhauserried. nahe bei Schussenried-Ort, hatte man schon um 1870 überraschend wohlerhaltene Balkenhöden sowie Töpferwaren und Stein- gerilto von hoher Kunstfertigkeit entdeckt. Kino Reihe dieser wertvollen Funde Avurde damals durcli Oberförster Frank der Wissenschaft gerettet, wahrend die Fundstelle selbst bald wieder in Vergessenheit geriet.

Im Herbst l'.U'.l und im Sommer 1920 sind die Fundstellen im Steinhauser- ried, im Herbst l!>2ü das Moordorf Du]leurie<l bei Bucliau erschlossen worden, denen sich im Sommer 1021 die Hallstattwasserburg anschloß").

Wer Erhaltungszustand der tief im Torfmoor gefundenen Anlagen") muß jeden •Allgenzeugen mit Eistaunen erfüllen. Nicht nur wohlerhaltene Balken- böden, .sondern saubere Hütten mit Bretterwilndon und eingestürzten Schilf- dächorn, Gasseuzüge und freie Platze traten hei-vor, so ilaß scliließlich regel- rechte Dörfer enthüllt wurden.

l>ie älteste Siedlung ist die im Dullenried: Rechteckhäuser ohne fest- stellbare Bretterwände offenbar eine dem Giebelhaus vorausgehende Hütten- form mit Pultdach. Im Steinhäuserried wurden in den tieferen Schichten Pfahl- bauten auf Tragpfählen gefunden, die, wie die Untersuchung der liegenden Schichten ergab, nicht mitton im freien Wasser am Ufer des einstigen Feder- sces, sondern im Sumpfgolände eines Flüßehens, des Federbaches, standen. Der Boden der pfalilbauhütten umfaßte 72 qm: jede Hütte enthält einen größeren Speise- und Schlafraum mit oflonem Herd und einer Schlafbank und ferner einen kleinen Wii"tschaftsraum mit überwiilbtem Backofen. Au der Schmalseite der mit einem Giebeldach bedeckten - Hänser lehnte sich ein überdachter Vorplatz an, hinter ihm die Tür zur Behausung: also eine dem Megaron ent- sprochende Uausform. Die Birkenrinde, die in sauberen Schachbrettmustern die Schlafbänke bedeckte, ließ sicli in einzigartiger Frische .abheben und kon- servieren, und die Vorräte an Haselnüsse konnten von den Früchten des Vor- jahres kauxn unterschieden worden. Die Häuser waren an parallelen, 4 m breiten Gassen gebaut. Diesem Pfahldoi-f ,,Riedscbachen" war ein anderes benachbartes Dorf „Aichbtlhl" ungefähr gleichzeitig. F-s war jedoch kein Pfahldorf; es be- saß keine Tragpfähle, sondern die Balkenlagen wp.ren unmittelbar auf die Moor- lläche aufgesetzt: eine Siediungsform, die als „Moordorf" zu bezeichnen ist.

Ein solches „Moordorf" war auch nach dem Untergang der Pfahlbaii- siedlung in Riedschachen über derselben angelegt worden. Die Häuser waren jedoch wesentlich kleiner, durchschnittlich 24 ([lu BodeuHächc. Das bisher zur Hälfte freigelegte Dorf hatte etwa HO Hütten an paralleU-n (fassen von 1,3(J m Breite. Den Unterschieden in der Bauweise und im Kulturinhalt der beiden Siedlungen in Riedschachen liegen wohl völkische Verschiedenheiten zugrunde.

1) Wallenxtems Lager, 11. Auftritt. 1. Arkebnsier; „Ich bin von Buchau am Federsee".

2) Dem Leiter des Forschungsinstituts und sciuen Helfern bin ich für Führungen und ciugehende Aufschlüsse an den Ausgrabungsstätten (Okt. 1921) zu besonderem Danke verpflichtet.

3) Über die neolithischen Anlagen s. II. Reinerth, Steinzeitdörfer im Turfc des uberschwilbischen Fedcrsecs, Deutsrhe Torfiiulustrie-Zfiliü)(/, III, Nr. 2G (25. VI. 1921).

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Mitteilungen und Nachrichten. 291

Nach K. R. Schmidt's und seiner Mitarbeiter Ausiclit ^eliört die Ptahibausied- liiug dem nordisi'li-indogermanisohen Kiüturkreise an. Die darüber gelegene jüngere Moorsiedlung dagegen entspringt einer Mischung dieses Kreises mit doni westiuittelländischen, dessen Träger mit denen der ex'steren um 2500 v. (,'hr. im oborschwilbisohen Laude zusaniniengetroffou waren.

Für den Verkehr der Steinzeitleute von Riedschachen mit ilirou Stamnies- genosseu im Norden des Soebeokens (in Buchau, bei Alleshausen und Seekirch) .sprechen Einbitnme, einer von über t) m Länge mitten im ehemaligen Seegebiet, andere im Ufergelände des Federbaches gefunden, sowie ein wohlerhaltoner Bohlenwog aus Birkenstämmen ,ils tragenden Langholzern und halbgespaltoneu Bohlen als Querlagen, der durch das schon zur Steinzeit vermoorte Gelände führte. Höchst eigenartig und aufschlußreich erwies sich, trotzdem erst ein kleiner Teil des Gesamtgeländes der Siedlung hat untersucht werden können, die Hall- statt-AVasserbtirg bei Buchaul).

Die Wasserburg, auf einer Insel des ehemaligen Federsoes gelegen, war von drei Pallisadenreihen auch sie von erstauulich guter Eihaltung um- geben; die beiden inneren mit Übergreifen der Schenkel, so daß, wie in Troja. an den Eingängen die unbeschildete Seite etw.iigor Augreifer bedi'oht werden konnte. Die äußerste Pallisadeureihe stand im Wasser, so daß Boote in deren Schutze an der Böschung vor der mittleren PaJlisadeureiho anlegen konnten. Zwischen der ersten und zweiten Pallisadenreihe reiche keramische Funde aus dem Abfall. Aufgedeckt bisher; ein Gebäude, offenes Viereck, die beiden Schenkel nach einem kleinen Zwischenraum je durch ein rechteckiges, den Schenkeln an Breite gleiches, aber seine Länge erheblich übertreffendes Ge- bäude verlängert (Scheune und sonstige W^irtschaftsräume). Gegenüber der Wasserburg, am ehemaligen Ufer des Federsees, Begräbnisstätte der Hallstatt- zeit, also zur W^asserburg gehörig.

Das Museum der kleinen einstigen freien Reichsstadt Buchau birgt in seltener Lückenlosigkeit eine vollständige Folge von Fundstücken aus den sämtFcheu H.auptperioden vom Neolithicuni bis in die neueste Zeit. Aus der jüngeren Steinzeil die Funde von DuUonried und vom Steinhausorried; neben Keramischem von besonderem Interesse: ein Giebelfirst, bestehend aus zwei dünnen Baumästen mit der Rinde, die durch ein Seil ans Bast in besonders kunstvoller Weise verknetet waren; das Bastseil jetzt in einer kon.servierenden Flüssigkeit aufbewahrt, die eigentümliche Knotung (vgl. gordischer Knoten Vj in moderner Nachbildung.

Unter den Funden aus der Hallstatt-Zeit rageu die Grab-Beigabeu eines jungen, offenbar vornehmen Mädchens hervor, besonders ein feingearbeiteter und verzierter Bronzegürtel, der Verschluß verstellbar je nach der Taillenweite der Trägerin; die vorn zu tragende Seite besonders reich und sorgfältig verziert; das eine Ende, das von dem anderen mit dem Oberteil des Schlosses ver- sehenen — beim Tragen bedeckt wurde, nur mit schw.'icher Andeutung der Ver- zierung. Es folgt der Latf'ne-Depotfnnd ausderNäho des Kappeier Walilos, unweit Kappel bei Buchau: ein eisernes Pferdegeschirr mit charakteristisch keltischen Ornamenten und ein ähnlich geai-beiteter Teil eines Herdes oder Rostes zum Braten der Opfertiere, ferner eiserne Waffen. Aus römischer Zeit: Kleinfunde, darunter ein fein gearbeiteter und verzierter Bvonzegriflel. Dann,

1) [Vgl. dazu H. Reinerth's Vortrag, Die vorrjrschirliUiche Wassa'burg hei Biiihaii. Ein KnUiirbild ims dem 1. Jährt uns. v. Chr. Korr. -Zusatz.]

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292 Mitteilungen und Nachrichten.

als Zeuge des Eindringeus der (Jermanen, große aleinauuische wohl erhaltene Schwerter etc.^)

Angesichts dieser geschlossenen Kette kommt einem gerade hier die f-a. 11 OM Jahre nml'assonde Lücke, die für das südliche Deutschland zwischen dem späteren Paiäolithicum und dem eigentlichen Neolitliicnm (um 31.00 v. Chr.) besteht, besonders nachdrücklich zum Bewußtsein.

Ist doch in der allernächsten Nachbarschaft, an der Schüssen -Quelle, die berühmte Renntierjägorstation aus der Spätzeit des (um 14000 v. Chr. an- zusetzenden) Magdalenien gefunden worden, die in die Zeit des ,,Bühl"-Vor- stoßes nach der letzten großen (,,Würm''-jVereisung gehört.

Die großen Höhlenfunde Schwabens, namentlich in der großen Ofnet und im Sirgenstein, versagen hier mehr oder minder vollständig-;.

Das Querijrofil der großen Ofnet zeigt über dem Dolomitsand, der die Tiefe der Höhle über verwitterten Jui'ablöcken erfüllt, folgende Schichten der älteren Steinzeit (Paläolithicum. dem Diluvium angehörig): Spät- und Früh- Aurignacien, Früh-Solutreen, Spät-Magdalenien. Es folgt, zum Teil bis in den Grund der Magdalenienschicht hineinreicliend. eine dem Azilien-Tardenois angehörige Schicht, das als späteste Schicht des Paläolithicums den Über- gang zum frühesten NroJithicum, dem sogenannten Mesolithicum, einleitet. Diese Azil-Schicht ist ausgezeichnet durch die merkwürdigen beiden in Oker gebetteten Schädelgi'äberS), das eine mit '27, das andere mit 6 Schädeln, unter denen die von Frauen und Kindern weitaus die Überzahl bilden: sämtliche Schädel, nach Westen, der untergehenden Sonne, zugerichtet, nach dem Toteu- reich hinblickend. Sonstige Schichten des Mesolithicums fehlen vollständig. Über dem Azilien-Tardenois folgt gleich eine mächtige Schicht (0,53 m) der eigentlichen jüngeren Steinzeit, darüber schmale .Schichten der jüngeren Bronze- zeit, der Hallstatt- und der Lateneperiode, darüber dann das Mittelalter.

Beim Sirgensteinprofil liegt die Sache noch erheblich auffallender. Hier liegen über der Tertiärschicht die Diluvial.schichten des Paläolithicums in bemerkenswerter Vollständigkeit. Das Altpaläolithicum, das in der Ofnethöhle fehlt, ist mit dem Primitiv-Mousterien und der La Qiiiaa-Periode vertreten. Diese erste der Moustierzeit angehörige ßesiedelung der schwäbischen Alb (durch die Neandertal-Rasse) erfolgte während der vierten, der sogenannten „Würm''-

1) Auch für das Mittelalter und die Neuzeit ist das Museum, das dem Interesse der Bewohner <ler kleinen schwäbischen Stadt seine Entstehung, Er- haltung und ständige Bereicherung verdankt," von eigenartigem Werte, denn schwerlich wird man anderswo eine solche Sammlung alter, jüdischer, schwer gestickter Stoffe und Metallarbeiten (Leuchter etc.J finden, wie sie hier aus- gestellt sind. Buchau ist der Sitz einer in frülier Zeit ]jrivilegierten jüdischen Gemeinde und die erwähnten Stücke, zu denen noch interessante Dokumente aus der Goschiciite der Gemeinde im Original kommen, stammen aus der älteren Zeit der noch heute bestehenden Synagoge.

2) Für den, dem R. R. Schmidts großes Werk, Die diluvink Vorzeit Deutsch- lands (1913) nicht erreichbar ist, l)ietet eine vortveifliche Orientierung: E. E. Schmidt, Die ältesten Spuren des Menschen in Srhiraben und das Alter den Menschen- geschlechtes, Tübinger Blätter, N. F., 1. (15.) Jahrgang, 1914. Seite 31iF. Vgl. ferner: Ders., ScIiKühen in vorgeschichtlicher Zeit in der ITniversiiäts-Zcitiing (Sonderheft der Univ. Tübingen f. ihre Anqehörigeii im Felde 1917), S. '24ft'.

3) S. .darüber: E. E. Schmidt, Die altsieinzeitlichcn Sfhilrhlgriihcr ilrr Ofnet und der Bestallnngsritns der Diluviakeit. Stuttgart 1913.

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Mitteilun(/f:n iivd Knehrichten. 293

Eiszeit"'). Die Fauna zeigt den denkbar tiefsten Stand von Klim» und Teiu- peratnv. Darüber dann das .Tungpalilolithicuni in einer lückenlosen Schichten- folge. Früh-, Hoch-, Spilt-Aurignacien CHomo-Aurignaciensis), Solutveen, Früh-, Spttt-Magdalenien (Cro-Magnon-Rasse). Mesolithicum und Noolithicnni fehlen vollständig, über dem Spät-Magdalenien beginnt sofort die Bronzezeit.

Da.s die Azilstufe ablosende Frühneolithicum, auch Mesolithicum oder mittlere Steinzeit genannt, fehlt also durchweg. Wahrend die Azilknltur wie das PaläoliLhicum noch eine kontinentale Verbreitung hat und sich vorwiegend in Höhlen findet, liegt das Entstehungs- und Hauptverbieitungsgebiet des Meso- lithicums an den nordeuropäischen Küsten (Dänemark, Schweden, Norddeutsch- land, Balticum).

Es war nämlich ein Teil der diluvialen Jägerbevölkerung, für die die eis- freie, zerklüftete und höhlenreiche schwäbische Alb einen liesondors geeigneten Aufenthalt gebildet hatte, ihren mit dem Rückgang der diluvialen Vereisung abwandernden .N'ahnjngstieron nach dem eist'rei gewordenen Norden Kuropas gefolgt. Dort geht aus ihrer Mitte eine seßhafte Fischerbevölkerung mit einer frühneolithischen (mesolithischen) Kultur hervor, die bis nach dem Süden Deutsch- lands die verbliebene in einer Urbevölkerung mit einem neuen Kulturstrome durchdringt.

Für das südliche Deutschland war eine duuno Bivi)lkerungs.schi<;lit, nicht aber, wie man auf Grund der erwähnten anscheinenden großen Lücke leicht an- nehmen könnte, eine Jahrtausende währende Unterbrechung die Folge dieser Auswanderung, .bis ein neuer indogermanischer Völkerstroni die weiten Löß- gebiete des Neckars, die Hoclmfer der Donau \ind die schwäbischen Seen" be- siedelte.

Die Ausstrahlungen des nordeuropäischen Mesolithioums auf Süddeutsch- land und seine Urbevölkerung hat R. R. Schmidt nachgewiesen, der aber das ganze Material leider noch nicht veröffentlicht hat, so daß bisher nur eine kurze Notiz darüber vorliegt-).

Das Mesolithicum zerfällt nach R.R.Schmidt') in drei geologischePerioden. von denen die beiden letzten menschliche Be.'iedlung aufweisen.

Es haben sich nämlich in Norddeutschland Siduvankungen des /.urück-

1) Alter des Menschengeschlechts überhaupt: der Zeitraum vom Magdalenien bis zur Gegenwart wird nach dem Anwachsen des Miiotta-Delta's im Gebiet des Vierwaldstädtersees auf ICCXX) Jahre geschätzt; der Zeitraum zwischen ,.Würm"-Eiszeit und ,.Bühr'-Vorstoß (Aurignacien und Solutr^en) auf ca. 25000 Jahre; Dauer der „\Vürm"-Eiszeit (die die Kulturstufe von Moustier einschließt) ca. 10000 Jahre, also Auftreten des Mensclien (Neandertal-Rasse) in der schwäbischen Alb vor 40 50(XJ0 Jahren. AVeiter zurück führen die fo.ssilen Menschenreste in den breiten diluvialen Stromtälern, die zwischen den Moränen der dritten („Riß''-) und der vierten („W\\rm"-)Ei8zeit liegeii, also der letzten warmen Zwischeneiszeit angehören, seit deren Verlauf mindestens lOOOiiO Jahre verflossen seien müssen. Erheblich älter noch der menschliche Kiefer aus den Sanden bei Heidelberg (vgl. dazu Lit.Zentr. 1915 Sp. 550f.), nach der ihn begleitenden Tierwelt der Zwischenzeit zwischen der zweiten („Mindel"-) und der dritten (,.Eiß"-)Vereisung angehörig. (R. R. Schmidt, Tüh. Bltllter, a. a. 0.)

'2) Zur l'berganyskuUur vom PalUolithicuia zum Neolithieum in Dewtsehland (Bericht üher die Puläetlmolugisehe Kunfenn: in Tübingen liUJ, [Bruunschweig 19l'2Ji.

3) Brieflich.

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294 Miffeiluncferi iiml Nachrirhten.

weichenden Eis(»^> der Ictztf'n Eiszeit dui-cli IJclmn^fii und Senknngun des Ostsee- txebietos markiert.:

1. In der Yoldiazeit erfolgte eiiio Hebung des Linidos. Die Ostsee ist weit offen gewesen, so daß der Bottnische Meerbusen im Norden in den Ozean tmsmündete. Diese Frilhzeit wird iiacli einer ^Ntusrliei, die .sicli in ihren Ab- lagerungen findet, die Yoldiazeit genannt.

2. Dann hat das Land sich weiter gehoben und die Ost.see ist ein völliger Binnensee gewoiden. Diineniark war damals feste Landbrücke zwischen Deutschland und Sehweden. Die Zeit heißt nach einer Muschel die A ncy luszeit.

'd. Schließlich hat sieh das Land wifder gesenkt und der heutige Zustand ist eingetreten. Diese Zeit wird nacli ein<>r Muschel die Litori nazeit genannt.

In der Ancyluszeit ist die erste nordische Besiedlung eingetreten, der sogenannten Maglemosekult ur (llauptfundstiltte Magiemose bei Mulleru\i;. In der Litoriuazeit findet diese ihre Fortsetzung in der K j okon iiiüddinger- knltur^). In die Magleniosezeit fe.lleu namentlich Siedliiugsspuren in der Alt- maik liei Kalbe an der Milde und die Harpunenfunde von Feruewerder bei Potsdam.

Der Kjökennuiddingerstufe (erstes Auftreten der Töpferei; Wohn- bo.uten in Ditneniark liisher nicht beobachtet, wohl aber ein paar Bestattungen : ausgosti-eckte Skelette, in einem Falle von Steinen umstellt) gleichaltrig ist die CampigTiykultur, vor allem in Belgien und T'rankreicli, auch ober Teilgebiete von Nord- und Mittel- bis Süddeutschland verbreitet ist. Die Campignyleute in Belgien haben den Feuerstein für ihre Kern- und Walzenbeilo, die charak- terischen Geräte der KjOkenmOddingerMlufe. bereits bergmäiir.isch gewonnen.

Der reichste m esol ithieche Fund in Sl' ddeu tschland ist derHolile- lels bei Happurg in Franken: Steinbeile nordischer Form der Maglemose- kultur, daneben Kleingeräte, die nouh sptttpaläolitliische Überlieferungen uuf- weison.

Etwas jimger sind die Funde aus Hoeschberg bei Landskehl und der Egersheinier Mühle: Campignykultur, also KjOkenmnddingerzeit.

Die im ehemaligen Federsee gefundenen Anlagen bei Öchussenried und Bnchau um zu diesen zurückzukehren sind nicht nur vor- sondern auch sagengeschichtlich von Belang. Wie sich bei der Ausgrabung des Konigsgrabes von Seddiu in ilev Mark') die Sage, daß dort ein Herrscher in einem drei- fachen Sarge bestattet sei, bestätigt hat wenn es sich auch natürlich nicht, wie die Legende wollte, um einen goldenen, einen silbernen und einen kupfernen Sarg handelte, so wußte am Federsee bis vor kurzem manche Sage von ver- sunkenen Dürfern zu erzählen, die nun 'aus ihrem Miirchenschlafe' wieder er- weckt worden sind'*; ein neuer Beleg für die Zähigkeit der mündlichen Über- lieferung, deren Verkennnng in der modernen Forschung so manche Irrtümer in der Beurteilung des historischen Kerns von Legenden und Sagen gezeitigt hat*;.

11 Muschelhaufen (Abfälle von Fischermohlzeiten). verbreitet über Däne- mark und Schleswig-Holstein; zu finden außerdem an den Küsten von Irland, Frankreich, Portugal.

2) A. Kickebusch, Voss. Ztg.. PUO, Sonntafisheihige Nr. 1.

iJ) lloinerth. Sleinzeiidörfer S. 4(a). [Vonjcnch. Wasserburg, Sp. 1 u. i.

Korr.-Znsatz.]

i) Vgl. dazu meine Ausführungen, Die hislor. Semiramis und ihre Zeit (1910), S. liHft'., Lernet. (1911), S. 54, Einl. in die Altertiiiiiswissenschaft UV, S. 68f.

55

M'dtcthinficn und Nachrichtni. 295

Von der Philologenversammlung.

Anf dw 53. VersaminUiug deutscher Philologeu und Schulmänuer, die vom Ü7. bis 30. September in Jena tagte, wurden folgende, die alte Geschichte be- treffende, oder sie berührende Vorträge gehalten:

In den allgemeinen Sitzungen; U. v. Wilam o wi t z-Moell en d orft'. Über die Zukunft saul'gaben der deutschi'U Altertumswissenschatt. Stud- uiczk.'i. Arcliaeologisches aus Griechenland. Schwartz, Der liistorische Sinn der (Ijyzanliuisclieu) Reichskonzilieu. In der althistorischen-epi- graphisclien Sektieii (zum Teil in wech.selnder Kombination mit der orien- talischen, archaeologisclion und der historischen Sektion): Pick, Bio Münzkunde in der Altertumswissenschaft. Schulz, llber das Wesen des Kaisertums des Augustus. Schubart, Komische Regierungsgrundsäfze in der Pi-ovinz Aegypten. Tilubler, Die Anlange des Volkes Israel. Lehmann-Haupt, Das Grab des Nitokris (Herodot I 187;. Wiegaud, Über den Stand der Aus- grabungen der Ti"rliner Museen in louien. Drexel, Stand und Aufgaben der i-ömiscli-germanischen Forschung. .■Vrchaeologische Sektion: v. Bissing, Der altpersische Knuigspalast. Schweizer, Daidalos von Sikyon. v. Merck- lin, Ai'ohaeologio in Kußlaud. Egger, Über das Problem der Doppelkirchen von Acjuileja. Praschniker, Kunstgeschichtliche Ergebnisse meiner Foi'- schungen lU Albanien. AI t philologisch o Sektion: Reit z en stein, Horaz al.s Dichter. Körte, Die Tendenz von Xenophon's Auabasis. Immisch, Über eine volkstümliche Darstellungsform in der antiken Literatur. Maas, Die griecliische Metrik auf dem Gymnasium. Capelle, Der Geist der hipjio- kratischen Medizin. Meister, Zu Plautus. Germauistische Sektion: FeLst, Die religionsgeschichthche Bedeutung der Ruueiidenkmaler. Volks- kundlich-religionswissenschaftliche Sektion: Haas, Mehr Achtung vor dem lüyoi a.iio/ii.iixu^. Roitzenstein, Zur Geschichte dos Erlösungs- glaubens. Zimmern, Babylonische Vorstufen der vorderasiatischen M3 sterien- religionen? Ranke, Das Alter unserer Volkssagen. Clemen, Die Tötung des Vogetationsgeistes. Schecker, ''l'svdö^tc.vri^. Preuss. Zwei süd- amerikanische Typen von Ahnen- und DiimoniMiglaubeii. Ilisrorische Sek- tion: Neubauer, Über Kulturgeschichte im Gcschiclitsunlerriclit.

Diese Vorträge werden in kurzen Auszügen in den bei B. G. Teubner erscheinenden ^Verhandlungen" verötfentlicht.

Von besondurem Interesse war die Ausspraclio über die Hetiter- frage in einer kombinierten Sitzung der indogermanischen, oithistorischen. orientalischen und geographischen Sektion. Von den Indogermanisten, nament- lich Sommer uml Herbig, wurde anerkannt, daß der Bau der hethitischen (richtiger kanesischen) Sprache in sehr wesentlichen Zügen iiulogermauisch sei, wogegen der Wortschatz verhältnismäßig sehr arm an indogermanischem Gnto erscheint. Auf die für den Charakter dieser Mischsprache bedeutungsvolle Frage der gleichfalls vorhandenen nichtindogermanischen, an das Mitannische und Clialdische erinnernden Bildungseleniente wurde trotz besonderen Hinweises leider nicht eingegangen.

Für das Indogermanische besonders bedeutungsvoll ist der sonderbare Wechsel von r:n ))ei der Kasusflexion.

Auf

het. Nom W(i-ii-'tar : Gen. u-e-tc-na-ai „Wasser''

gi'iech. i'tSiup : ,. viSazo^ (<; aus n)

althochdeutsch ,, xvazzav : got. Nom tuoto, Gen. wutitis hatte schon Hrozny hingewiesen.

56

296 Mitteihmgen und Nnehriehten.

Heihii; fügte oiii weiteres Beispiel hinzu:

het. nt-tar : Üat.-Gen. ut-ta-ni-k-za „Bri'st"

griecli. (d'Snp : (jeii. ovShnoc aus n)

altiud. AiHmr : Opu. n'&nah. Womöglich noch solilagender sind die Fälle, wo nach Herbig im Hetiti- schen Formen fast gena\i in der Gestalt erscheinen, die dio Forschung für die indogermanische Ursprache erschlossen hatte:

griecli. 'hiv(fi) 'Hi'vovoi „schlagen, erschlagen"

altind. lidnti f/hnänii

iudogcrni. * g^ihenti ' (/'^hnonti

het. ku-en-zi tcu-na-nn-:/. C. F. L.-H.

Erster deutscher Orientalistentag.

Ua an eine Wiederaufnahme der internationalen Orientalistentagnngen auf unabsehbare Zeit nicht zu denken ist, hat die Leitnng der Deutschen Morgen- ländischen Gesellschaft alljährliche Orientalisteutagungen mit wechselndem Sitze geplant, deren erste in Leipzig vom 29. September bis 2. Oktober 1921 stattfand und mit der Feier des 75 j;ilirigon Bestehens der DMG. (Festvorti-ag Brockol- mann) verbunden war. Die alte (reschichte betrafen oder bertihrteu die folgenden Vorträge :

Allgemeine Sitzungen: B. Meißner, Die gegenwärtigen Hauptprobleme der assyriologischen Forschung. Ad. Erraan, Das Wörterbuch der ägyptischen Sprache (mit der höchst willkommenen Ankündigung meines demnächst er- scheinenden kürzeren Ägyptischen Handwürterbuchs). C.H. Becker, Der Islam im Rahmen einer allgemeinen Kulturgeschichte. Grujipe Ägyptologie: H.Schäfer, Das Bildnis in der ägyptischen Kunst. Gruppe Assyriologie: Forrer, Über die neuesten Forschungsergebnisse aus den Boghazköi-Iuschrifton. Lehmann-Haupt, Mitteilungen über das Corpus Inscriptionum Clialdicarum. Alttestamentlichc Gruppe: Budde, Über die Redaktion des Zwölf- prophetenbuchs. Sellin, Einige cruces intorpretum im Zwölfprophetenbuch. Kittel, Über die Zukunft der alttestamentlichen Wissenschaft. Gunkol, Die Komposition der Josephserzählungen. Herruiann, Beiträge zur Entstehung der Septuaginta. .Tirku, Neues keilinschriftliches Material zum alten Testa- ment. — Gruppe Indologie: Stein. Megasthones und Kantilya. Gruppe Ost- aaienf orsch ung: Heß, Kannten die alten ('liinesen das Römerreich? die Lösung des Rätsels von Ta-ts'in. Gruppe Semitistik und Islamknnde: Torczyner, Der Plural im Semitischen und Indogermanischen. Alttesta- mentliche und semitische Gruppe kombiniert; Sievers, Probleme semiti- scher Metrik.

Die nächste Tagung soll 19'22 in Berlin, dio übernächste 1923 voraussichtlich in München stattfinden.

In einer Veranstaltimg des Palästinaveroins (1. Okt.) sprach Blaucken- horn über die Steinzeit Palästina-Sj'riens und Greß mann über die Einwirkung ägyptischer Hofsitton auf Palästina.

Gelegentlich der Tagung des deutschon Vci'eins für Buchwesen und Schrift- tum (2. Okt.) in dem höchst anregenden und aufschlußreichen „Museum für Buch und Schrift", sprach D. Jacobs, Freiburg, über das Thema „Mohammed IL (der Eroberer von 1453j, sein Verhältnis zur Renaissance und seine Haudschriften-

37

Milfcihingni mnl Nachriehtni. 297

Sammlung-' und erbracht o dun üborraschenden Nachweis-, daß das große Interesse, das dieser ebenso grausame, wie als Feldherr und Staatsmann bedeutende nnd knnstliebende Herrscher der Konaissance entgegenbra.l.te, seine hauptsächliche Förderung dem an seinem Hot.» lebenden und von ihm persönlich begünstigten Cvriaou.s von Ancona (o. S. 283) verdankt.

Eingegangene Schriften.

1. G. Contonan, La deesse nue babylonienne, Etüde d'iconogiaphie com- paree, Paris. Tau! Oeuthner 1914.

2. Emil Daniels, Da^ antike Kriegswesen. Sammhiug Göschen. Zweite Auflage. Berlin nnd Leipzig, Vereinigung wissenschaltlii'her A'erleger, 1920. M. 'i.lO + l'ÜO/,,.

3. Ernst I>ieh), SUPPLEMENTÜM LYRICUM NEUE BRUCHSTUECKE. Archilochus Alcaens Sappho Gurinna Pindar Bacchylides. Kleine Texte für Vorte.sungen und Übungen von Han.-s Lietzmanu 33 34. Dritte Auflage. Bonn, A.' Marens u. E. Webers Verlag, 1917. Preis 2,10 M.

I. Hermann Diels, Antike Technik. Siebon Vorträge, zweitn enveiterte Auf- lage mit 78 Abbildungen, IS Tafeln und 1 Titelbibi. Verlag B. G. Teubner. Leipzig and Beil in 192<t.

ö. Lucien Guenoiiu, La Gessio Bononim. Paris, Librnirie Paul Geuthiier,

Bue Jacob 13, IVÖ». (\. Robert Helbing, Auswahl aus griechischen Ihm hriften. Mit einer Tatel.

Sammlung Goschen. Berlin und Leipzig 1915.

7. Otto Hot'fmann, Geschichte der griechischen Sprache. 1. Bis zum Aus- gang der klassischen Zeit. Zweite verbesserte Auflage. Sammlung Goe.schen

lOlG.

8. Jahreshefte de.s österreichischen architologischen Instituts. Wien, Band XVHI, 191.5. Mit 3 Tafeln und 202 Abbildungen im Text. Bd. XIX 'XX, 1920. Mit G Tafeln und 32(1 Abbildungen im Text.

9 .lanus, Arbeiten zur alten Geschichte, begrüudet von R. v Seala, Wien und Leipzig. Wilhelm Baumüller (s. o. Bd. XVI S. 344). Erstes Heft: Fest- schrift zu C. F. Lehmann- Haupts sochi-.igstem Geburtstage, herausgegeben von E. Regling und H. Reich. Mit 13 Abbildungen im Text und 3 Tafeln, 1921. _ Zweites Heft: Otmar Schisse'-Fle-icheuberg, Claudius Ruti- lius N.amautianus gegen Stiliclio, 19'20,

10. E. Jung, Die Herkunft Jesu im Lichte freier Forschung. Miinchon 1920. Ernst Roiclihai'dt.

II. Hans Kreller. Erbrechtliehe Untersuchungen auf Grund der Graeco-Agyp- tischen Papjruf:nrkundeu. Verlag und Druck von B. G. Teubner. Leipzig und Berlin 1919.

V2. Carolina Lanzani, Mario e Silla. Storia della democratia romana nej.li anni 87—82 v. Chr. (Biblioteca di filologia Classica diretta de Carlo Pasca!.) Catania, Francesco Battiato 1915.

13. R. V. Lichten iierg. Die ägilischo Kultur, Wissenschaft u. Bildung, Bd. 8.3. Zweite Auflage, Quelle u. Meyer, Leipzig 1918. Preis geh. M. 1.50.

14. Bruno MeilJner, Babyb'uien und Assyrien. Erster B.and mit PW Text- Abbildungen, 223 Tafel- Abbildungen und einer Karte. Kulturg.schichtlicho. Bibliothek, herausgeg. von W. Foy. I. Reihe: Ethnolog. Bibl. Bd. 3, Karl Winters IJniversitätsbuchhandlung Heidelberg, 1920.

Klio, BeiliUge zur »Iton Geschichte XVII 3/4. '^

58

298 Mitteilungen und Nachrichten.

15. Eduard Meyer, Ursprung und Anfänge des Christeutums. Erster Band: Die Evangelien. I. G. Cottasche Buchhandlung Nachfolger. Stuttgart und Berlin 1921.

16. Nikolaus Mtiller und Nikos A. Bees {biiti^, Die Inschriften der jttdischen Katakombe am Monteverde zu Rom. Schriften, herausgegeben von der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums. Mit 173 Ab- bildungen im Text. Otto Harrassowitz, Leipzig lOlH.

17. Friedrich Münzer, Römische Adelsparteien und Adelsfamilien. J. B. Metzler- sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 19'20.

18. Albert Neuburger, Die Technik des Altertums, mit 676 Abbildungen. E. Voigtländers Verlag in Leipzig, 1919.

19. Maurice Platnauer, The Life and Beign of the Emperor Lucius Septimius Seveius, Oxford L'niversity Press, London, Edinburgh. Glasgow, Newyork, Toronto, Melbourne, Cape Town, Bombay 1918.

20. F. Quilling, Die Juppiter-Votivsäule der Mainzer Canabarii. Frankfurt am Main, Schirmer und Mahlau 1919.

21. E. Samter, Die Religion der Griechen. Aus Natur und Geisteswelf. Band 457. Leipzig und Berlin, B. G. Teubner 1914.

22. Wilhelm Schubart, Einführung in die Papyruskunde. Weidniannsche Buchhandlung, Berlin 191Ö. Preis 16 M.

23. Fritz Schulz, Einführung in das Studium der Digesten. Tübingen 1916. I. C. B. Mohr (Paul Siebeck).

24. Andreas B. Schwarz, Die öffentliche und private L^rkunde im Römischen Ägypten. Studien zum hellenistischen Privatrecht. Abhandlungen der philologischen historischen Klasse der Sächsischen Akademie der Wissen- schaften, Rd. XXXI Nr. IH. Leipzig, B. G. Teubner, 1920. Preis 12 M.

25. Walter I. Snellmann, De interpretibus Romanorum deque linguae latinae cum aliis nationibu.s commercio. Pars I Enarratio. Pars II Testiraonia veterum. Lipsiae. in aedibus Dieterichianis, Th. Weicher 1914 und 1919.

26. Eduard Stemplinger, Sympathieglaube und Sympathiekuren in Altertum und Neuzeit. Verlag der ärztlichen Rundschau, Otto Gmelin, München 1919. M. 5.

27. H. Swoboda, Die griechischen Bünde und der moderne Bundesstaat. Rektoratsrede. Prag 1915. J. G. Calve.

28. Die Fragmente der griechischen Kultschriftsteller, gesammelt von Aloi^ Tresp. Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten. XV. Band, Heft 1. Alfred Töpelmann. Gießen 1914.

29. 0. Walter. Vorläufiger Bericht über die Grabungen in Elis 1914. Sondor- abdruck aus den .Jahresheften des österreichischen archäologischen Instituts. Bd. XVIII.

30. Derselbe. Ein Kolossalkopf des Zeus aus Aigeira. Desgleichen aus Bd. XIX 'XX.

31. Derselbe, Eine archäologische Voruntersuchung in Aigeira. Desgleichen.

32. Otto Weiureich, Neue Urkunden zur Sarapis-Religion. Sammlung gemein- verständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte 86. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck). Tübingen 1919.

M. 2 -f SOf/c-

33. Alfred Wiedemann.Das alte Ägypten, mit 78 Text- und 26 Tafel-Abbildungen. Kulturgeschichtliche Bibliothek, herausgegeben von W. Foy. 1. Reihe: Ethnologische Bibliothek Bd. 2. Carl Winters Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1920.

59

MiüeUnngcti und Nacli» iclitcn. 299

84. Georg Wilke, Archäologische Erläuterungen zur Germania lies Tacitus, mit

7-1 Abbilduiigou im Text. Verlag von Curt Kabitzscli. Loijizlg 1921. 35. Max ■\Vunilt, Plotiu, Studien zur Ue.sclüclite des Neuiilatoaisinut.. Erstes Heft. Alfred Krömer Verlag. Leijizig 1919. Geheftet '6 M. und Toucruugszusolilag. Mit folgenden ausländischen Zeitschriften ist der Austau.sch wiederher- gestellt: Classical Philolugy, Tho American Journal of Philology, Musee Beige, Mto^ 'E/.} iiio/ivi'^ftwi:

Personalien.

Xachdom Matthias Gelzor-Frankfurt und Wilhelm Weber- Tubingen den Kuf nach Göttingen abgelehnt hatten. i.->t Dr. Ulrich Kahrstedt, Privat- dozent in Munster, z. Zt. Berlin-Steglitz, Nachfolger Georg Bvisolts geworden.

Friedrich MUnzer-Künigsborg folgte zum 1. Oktober einem Rufe an die I''niversitilt Münster an Stelle vü7i Otto Seeck, der von .seineu Amtspflichten entbunden worden ist. Sein Nachfolger wurde Oscar Leuze-Halle.

Walther Kolbe-Greifswald hat einen Ruf uach Graz als Nachfolger R. von Scalas abgelehnt.

Dr. Johannes Hasebroek, ein Schüler v. Domaszewskis, hat sich in Hamburg für aito Geschichte habilitiert. Fri edrich Oertel hat sich nicht, wie oben (S. 136) berichtet wurde, in Berlin, sondern in Leipzig habilitiert.

Georg Herbig wurde Otto Schraders Nachfolger auf dem Lehrstuhl für indogermanische Sprachwisson.schaft und Altertumskunde in Breslau.

Otto Seeck ist kurz nach seiner Emeritieruiig am 29. Juui 1921 in Münster, 71 Jahre alt. gestorben. Es ist ihm vergönnt gewesen, sein großes Werk Geschichte lies Vntergavgs der auliken ^yeU mit dem "'.'I. Band 1920/21, ge- widmet seinem Sohne Fritz, „der zur Rettung des Überfallenen Deutschland vergebens sein junges, freudenreiches Leben hingeopfert hat", noch zu Ende zu führen. Mit den Uegesien der Kaiser und Papste für die Jahre 311 bis 476 n. Chr., Stuttgart 1919, hat uns der bis zum letzten Atemzug unermüdlich schafi'ende Forscher noch eine ungemeiu wertvolle Vorarbeit zu einer Proso- pographie der christlichen Kaiserzeit geliefert. Mit der Erfor.schuug der Spät- antike wird sein Name für allo Zeiten verbunden bleiben. E. K.

Georg Christian Moll er-Berlin ist am 3. Oktober im Alter von 45 .Jahren in der Universitätsklinik zu Upsala gestorben. Die deutsche Aogyptologie hat mit ihm einen ihrer belahigsten Köpfe % erloreu.

Bruno Meißuer-Breslau ist als Nachfolger von Friedrich Delitzsch nach Berlin übergesiedelt; sein Nachfolger wurde vom 1. Oktober 1921 ab Arthur U n gn a d - Greifswald.

Als Nachfolger von Ulrich v. Wilanio witz - Moellendorff wurde Werner Jager-Kiel nacli Berlin berufen. Franz B oll -Heidelberg, der Her- mann Diels-Berlin ersetzen sollte, hat deu Ruf abgelehnt.

Christian Jenseu-Königaberg geht als Nachfolger AVerner Jägers nach Kiel, Otto Weinreich-Heidelborg für Gotthold Gundermann nach Tübingen. Sein Nachfolger in Heidelberg wird Karl Meister-Königsberg, für den Ernst Bickel-Kiel berufen worden ist.

Theodor Birt-Marburg ist von seinen Amtspflichten entbunden worden. Sein Nachfolger wird Ernst Lommatzsch-Greifswald.

Ernst Buschor-Freiburg wurde als Leiter des wiedereröffneten deut- schon archäologischen Instituts in Athen berufen.

20*

()0

300

Namen- und Sachverzeichnis.

Nicht, aufgenommen sind (ifgenstUndp, die nur gesireifl, iiiihi neu betiandell wurden. Dip hoch- gesinnten Zahlen bezoichnon dir Anmerkungen. Das laleini.sche .\l|ihabpl ist uucti für griechische usw. Namen maBgeljend gewesen. Inschriften, l^apyri, Zitate siebe unter diesen Stichwiirtern.

A u. A Ulli Ptolemaeeriiischrifteu von Thera 94'8

aegyptisch: -Kalender in .s. Verhält- nis zum maliodonischen . . 91 97

.A em ilius Lejiidns, Statue in Dilphi

157/9

Aemilius Paulus: Tiischrit'ten an s. Denkmal in Delphi .... 179ff.

L. Aemilius Regillus: Dankanatheni in Delphi 150

Aenea.s: in den GrilndungssagenRoms 137ff.; s. Weslland.sfahrt. . . 149 Ö2

Aeni auenbu nd: neuer Heleg fiii .s. Existonü 184 6

aetoli.sch: Epinieleten in Delphi

199 2(»

Alnsia-Asv, alte Bezeichnung der Insel KypVos 230'39

Alemannen bei Libanios? '240/42

Araphiklyonie, delphische: 5 jähriger Turnus der Doierstimme 190: Ver- leihung \'in Doppelstatuen 190/91; Streit um die euböisclieStimme 197 98

Antioohia in Pisidien: Inschrift des Caristanius .... 104/10; •2ö2'i>H

Antipatros, Sohn des Herodes: s. Prozeß 99 101

Aphrodeisios, Frfi lassung surkunde in Delphi 182'83

ApoUon Alasiotas: Hauptgott von Alaäia 2ci4'5

Appellation u. Provokation im röna- schen Stnifrecht 98101

Appian: die Vorlage seiner Eiiiphylui 'du

Arcbelaos von Ka].padukion und die Mission des Eurj'kles .... hl

Archelas. delphischer Ar';hont 2(XI Ol

Archonten. delphische; Liste von 290-20:) 19G

Ardv:?: (Tesandtschaft on Assurbanabal

118

Argonauten sage: Nachklänge; Funu eines Lorbeerkapitells in Kuru- tscheschme 270ff.

Aristippos, Kommaiidaul von Thera

95 •;

Seite

.i^rtabazos und die Belagerung von Sestos 72

Artemis Limnatis; Heiligtum im Orenzgebiet zwischen Messenien und Lakonien 40'

Asiuius Flaccus: Politie- Verleihung in Delphi 188/89

Asstirbanabal : der t'ylindor B 115(3: s. ,,a.niialistischoti" Berichte 117; Sieg über Dugdamiiie 12(1.22; letzter Zug gegen Elani 121 22

a.ssyrisch: Nachleben der Sprache, Religion und Dynastie i. parthischer Zeit' . . . . ' 286/7

Asy = Ala.-iia, alte Bezeichnung der Insel Kj'pros 231/39

Athen: Ehrendekret für die Retter der Demokratie 242'48; Einsetzung und Sturz der ,. DreilJig"' . . . . 1 15

Athener: ihre 'fakfik in der Schlacht bei Marathon 221/29

Attalus. gallischer Christ; s. Prozeß

98/101

attisch: älteste Inschrift 262/5; 267'8

Augu.s-tu.s: s. Verhältnis zu C. lulius Eurykles 48ff.: zu Herodes von lu- daea 53ff

Aurignac - Periode des Paläolithi- cnms: Mensch v. - . . . . 292/3

Aziz-Tarden o is , jüngste Periode d. Pnläolithicums 292

Bel-sunu, St.'ttthalter von (lindanu: Datierung s. Eponyiuats . . 115f.

B 0 V ö 1 k e r u n g s z a h 1 ; von Karthago 125

Boreigoner llijft.

Buchau am Feder,see; Hallstatt- Wasserburg; Museum . . 291 2

Bythias: s. Lage 269'70; Pflanzung eines Lorbeers durch Modea 270: Nach- klang der ArgonautensageV . 270tt'.

Byzanz: Pausanias Heros Ktistes 59ft.; Aufstellung der Schlangensäule 64f.

( 'aesar; imGefeciitvonRuspina 20"! 20; in der Schlacht von Thapsus 102 4

Namen- und Sachverzeichnis.

TOI

Sein- Caligula: Statue in Delphi lC6ft'.

Callimachus: Grabstein für s. Frau

129/3G Ciiinpaiiiscli: Chronik aus dera4. Jahr-

hnn.Iert i43'ß

M. Ca)>lirani uh; Pioxeniedokret in

Delphi - . 174 75

Caristanius aus Antiochia: l'räl'ekt

des Quiiinius . . . 104ft.: 252/5« P. Carsuleius: Proxeniedekiet in

Delphi lt>9,7ü

(nialkadon = Kadi-koi . . 277/81 Chronik, cam]ianische aus dem 4. Jahr- hundert 143/40

Claudi a In venta: ihr (Trabstein 120 3G Tib. Claudius t'elsus: Verloihuuj;

der Politie in Delphi .... 188 oontubernalis: Gehrauch dos Wortes

l:SO; 261 Q. Coponius: Reiterstatue in Delphi

16162 ! P. Cornelius Scipio: Statue in j

Delphi 153/55 |

('remutius Cordus: Vorlage türAppi- i

ans Emphylia 40/43 |

Cro-Magnon. Menschenrasse v. 2'.t3 Cyriacus v. Ancona. . . 283. 297

Damatrys: „Sigualberg" bei Skutari

278.79

i itfioxfiäritc. Ort bei Konstantinopyl

279 '81

Jn/iooitt 111^ 'At>/i-).u. Bouleut in Delphi 158

Datierungen: Einsetzung und Sturz der ,,DreiUig'' in Athen 1 15; '\'^er- leihung der Würde des Heros Ktistes an Pausanias til 62; Sturz des Pau- sanias 66/73; Ostraki'fmos u. Achtung desTlieuiistokles 6(i.73; des.srnFlucht zu Artaxerxes 71 '3; Achtung u. Tod des Leotychidas 66 73; Belagerung von Sestos 72; Regierungen: Vespa- siaus 74/82; Titas" 75 76, 80. 81/82; Nervas 82 86; Traiaus 86/93; Ptolo- mtieriuschrifteii von Thera 94/98; Statthalterschaften des P. Sulpicins Quijinius in Syrien 104 110, 252''8; Tod des Gyges li;! 20; Kimuierier- eiui'üUe 113''22; unediurte lateinische Grabinschi'it't aus Rom 129 36; lokri- scher Dichter Stesichoros 149ft'.; del- phische Inschriften . . . 153.203

].)aulis: Proxeuiedelsret der Stadt in Delphi lMl/2; Scliiddckret . . 182

Dannuna = Mykeiiari . 233 u. 233'

Delphi; Rüinerstatuea i.53/69; ROmer- inschrit'ten !G9fi'. ; Inschrifttii am Denkmal dtw Aeinilius Paulus 179 89

delphisch: Liste der Archonten von 2iKl— 2aj 196: - Auiphiktyonie s. o.

1 1 0 n t li !i 1 i a t i s ; Zuteil . zu Sparta 46. 46 *

heitc

.,DreiBig" in Athen: ihre Einsetzung u. ihr Sturz 1 15

Drusillii, Schwester d'^s Caligula: Statue in Delphi 167/68

D u g d a m ni e - L y g d a ui i s : Niederlage gegen Assiirbanabal . 120 22

'■J')''' '/"' *'■ Verleihung an die Retter der Demokratie in Athen . 244/45

tyxztjUic: Verleihung »hne die der Isotelie m.iglich .'.... 247/48

Ehrendekret: in Athen für die Retter der Demokratie 242/48

Einleitung von Geschiihtswerkeu in Form viin Grundrissen . . 13'

Eircnaio.s: Ehreniuschril't für Ari- stijipos 9.5,97

Elam : Assurbanabals 1. tztor 7A\g 121/22

'Eknrfv: =^ 'IC/.c.cm'oi .... 195

Elisah = Alasia? 231

Ennius: s. Darstellung der (Teschichtc des Romulus 16 32: a) Sabinerkrieg 17, 22; b) Tarpeja-Episode22 24; c) Au- gurium 25/28; d) Haub der Sabine- rinuen 28i29; e) Entrticknug . 30 32

Epimeleten, aetolisrhe in Delphi

199,2<>J

euboeisch- Festlegung des Beginns des Jahrs 191; Streit um die Stimme der delphischen Amphiktv- onie 197/98

Kiijvif'Ktic. . Spiele zu Kh)'en des Eury- klos in Sparta 52. 58

('. lulius Eurykles, s. Lebensbe- schreibiuig 14'.58; Teilnahme bei Ak- tinni 44 15; Abstammung 45 46; \'er- hilltnis zu Augustus 4.Sff. : Prägung voll Münzen 49/.50; Stellung iu .Sparta 49.53; Missionen bei Herode« 53/56 II. Arcludaos 57; ICii>\x).nu . .52. 58

Eusi>bius: Wertung s. Dateiiangaben

1]8'20

Faustianus Caeleth arida(s) 219'5Cl Fcdersee: neolithische u. Hallstatt- Anlagen im 289/94

Freilas s u iigstirk 11 ndf! u in Delphi

182/83

(iadatas; Dareios" Erlaß an ihn . 72

geographische Listen der ägyp- tischen Dvnastiteu u. ihre Wertung

232/ai

Grahi iisc li ri f t. lateinische in Kapi- talkursivc 129 '36. 260/62

griec h isc lie; Inschriften iu Delphi 1.53 203: HVaditioncn vnn der (frün- düng Roms 137/52

Gvges: l'atierung s. Todes . 113/2(.l

'Aß iji'inK/fi^ , delphischer Aii-hont 17t>

Hadrian ; Adoption durch Traian K7/88;

b. Regierungsantritt 87

302

Namen- und Sachverzeichnis.

Seite

Hnllstatt-Peviode .... 289. 291 ixäv: auf dc>i' ältesten, attischen lu-

.schril't 262/05

Hoiüdes von Jinlaea: die Mission des

Eaivkles 5:5; Prozeli gegen Anti-

patros 99/101

Hevos Ktistes: Paiisauins in Bj-zanz

59 ff'. 'W(iii« iii;dc'i)(ioii, Bouleut in Delphi,

Gesandtoi- in Rom 158

Hieromuenionen: die Zeit ihrer

Funktion 202 (zu 38)

Honio-Aurignncensis . . . . 29;3 lioni onadensior: ihre Bekämpfung

durch Sulpicius Quirinius

10.'). IW. 107/9. 25a. 2'J8

lusclirif ten: assyr. -babyl.: Weihin- sclu'ift A.ssurbauabals au Mavduk (^Vincklt■r ÄOF I, S. '192) 12(J'22; lateinische: CIL I, 2 N r. 594 258 ( lO ; unediert: aus Karthago(V) jetzt in l)jursholm2-l!l/5n; Meilenstein von der die Baetica durchsclineidenden StraUe 251/52: Graliinschrift in Jvapitalkur- sivo 129;:«!. 2m 62; Inschrift aus An- tiochia 101 112. 2."i2 58; ijriech isch p: I(i II^ 10 212/48; Y, 1, 1431 Ai;*: IX, 2, 38 164: XII, ii. 227, 466, 467 94 9.S; Dittenberger, Si/ll." öSH 156'; Millcihtngen den arch. Inst. Athen XV III (189;;fl S 225ft'. 262 5. 267/8: aus Delplii 15;^;2(B

LisoÄi'ii:! I in;, iooriiifii:. tooTivi^iiiq: Bedeutung ..'..... 189/90

1 so t ol i e; Verleihung an die Retler der Demokratie in Athen 245 6. 247/48: nicht unbedingt mit iyxnion: ver- bunden 247/8

Istar-Semiramis 286

Kadi-koi = Chalkadou . . . 277/81

Kaise rdaten, römische 74 93: ^'espa- siau 74 82: Titus 75 76). 80. 81/2; Nerva 82/86; Traian 86/93; Hadriau . . 87

Kalender: Verhältnis zwischen make- donischem u. ägyptischem . 94. 97

Kallistratos, Epinielet in Delphi

166/67

Kapitalkursi vo: auf einer Grabin- schrift 129. 1316;

Kapitelle: mit Lorbeerzweigen ans Kurutscheschme 270 77; aus Amida- Diarbekr 273 f.

Karthago: Mauerumfang 122/28; Be- völkerungszahl 125: Gründung 138. 142: ==Eli,sah? 231

Kimmerier: Datierung ihrer Raub- züge 113,22

Kittim = Kypros 231

Konstantin d. GroUe: Aufstellung der Schlaugeusäule 64; s. ev. Kenntnis

Seite von der Verleihung der Würde des Heros Ktistes an Pausanias . 02/66

Kurutscheschme: Fund eines mit Lorbeerzweigeu geschmückten Kapi- tells 270ft'.

Kypros: = Alasia = Asy 230, 9 ; Vor- kommen von Elfenbein 231; Doppel- beuennung Kittim u. Eli.^ah . 231

Labienus: Kampf gegen Caesar iu Afrika 102 04; 204,20

Leotychidas: Datierung s. Sturzes

67/73

L e X U r s o n e n s i s 258 60

Libanios: or. 47 u. die Alemannen

240 42

1.1. Licinius Lucullus: Statue in Delphi . . 163 64

Livius: Benutzung des Ennius 17 ;"32: des Piso 22

Lorbeer: von Medea in Bythias ge- pilanzi 270; am Kapitell von Kuru- tscheclime 270 77; an Kaiiitellen von Aniida-Diarbekr 273f ; . Schmuck in der byzautinischen Kunst . . 276'

Ivdische Goschichte: Errechnung der ' Daten 114

Ly damis-Dugdamme .... 1202

Lvkou, Philosoph: Ehrung iu Del))hi

191

Lykophrou von C'halkis: \'erh:iltnis zu Tiinaios l;-i8ff.

Lvsander und die Einsei zitng der ■„Dreißig" in Athen .....■" 3/11

Lysias: s. Isotelie 247 .s

Macnxo^, Mr'.QXo^: Schreiljweise ein zeitliclies Kritorinni .... 159'

Magau, Lage 112 13

Magdalenien 292f.

makedonischer Kalender im Ver- hältnis zum ägvptischen . . 94. 97

Marathon: Verlauf der Schlacht 221 9

Medea: Nachklang der Argouauten- sage 270f{'.

Memmia Eurvdice, Statue iu Delphi

16'.»

Meraniier: die verschiedenen Ge- schlechter dieses Gentilnamens

169 u. 11,9'

P. Memmius Kegulus: Statue iu Delphi 1<»'9

Menedemoä, Philosoph: Ehrung iu Delphi 19091

Menekrates: Proxeniedekret in Del- phi 193

Menschengeschlecht: Alter d. 293

Menschenrassen: älteste . . . 293

Mesolithicitm 293

Miltiades: in der Schlacht bei Mara- thon 221 9

Mo erbau ten des Neolithicums 289/94

N'ainen- und Sac/ivcrzriclmis.

303

Moustier-Zeitd.raläolithicums292f. mox: Gebraurli lioi Tacitus . . 109 Münzen: von Sparta mit dem Namen

des Eurykles 49 50

Munichia; Ehrtnia; der Kamptteil-

nehnier ... 7 ... . 24248

Nanas-Ody s s eus 139fi'.

Neandertal-Meuschenrass e . 292 iVerva, s. Regierungszeit ... 82

Odvsseus-Nanas 139 ff.

C. Örconius: Proxeniedekret in Del- phi 176 ß

Orientalistentag 293f.

Paläolithiciim 292f.

Pantoleon I. u. II., aetolische Stra- tegen 197

PaLilu.s, Apostel: s. Prozeß . 99. 100

Pausania'^: Heros Ktistes von Bj'- zanz59flf. ; Datierung der Verleihung 61 62: Kenntnis davon bei Konstantin d. Gr. 62 66; s. Sturz 66; Brief an Xerxes 71 2

Penatenkult: Herleitung aus Troia

138. 140

Perser: ihre Taktik bei Marathon

121 29

Pfahlbauten des 'Neolithieums 289 94

Philippi.sche Aera: ihre Bedeutung fuv die Kaiserdateu . . SiX 82. 88

Philippiib Arrhidaeus . . 80. 82

Philologen Versammlung . 293 t.

Phiiometor: Brief betreffend die Gar- nison in Thera 94ff. ; Vertreibung durch Euerget.es u. Rückkehr . 97

Piraens: Ehrung der Kampfteilnehmer

244 48

Piso: Quelle für Livius .... 22

C. PoHius: Statue in Delphi . 164 5

Pontifex maxirnus mit .Jahreszahl- angabe auf einem Meilenstein 251 52

Posidippo.^: Epigrammdichter für delphische Inschriften .... 201

P o s t u ni i n s A 1 b i n u s : Reiterstatue in Delphi 162'63

Proxeniedekrete in Delphi. 169tf.

Provokation: im römischen Straf- recht 98 101

Ptolemaeer: In.schriften in Thera 94 98

Pythokles, Dionysospriester: auf So- terienliste in Delphi .... 192

P. Quinctilius Varus: Statthalter von Syrien 106; Richter im ProzeS gegen Antipatros .... 99 100

Quellenforschungen über: die Ge- schichte des Romulus bei Ennius 16 32: die Vorlage von Appians Emphylia 33 43; die griechische Tra- dition der Gründungssagen Roms

137 42; den Ursprung der lalinischen Naclu-ichten bei Timaios 142 43; eine campanische Chronik des 4. Jahrh.

143'6

Relatio ad principera . . . 98101 Remus: das Augurium . . . 25 28 Rhome: 1. Eponvme Roms . . 148 Richtertexte: i'u Delphi . . . 199 Romers tat uen in Delphi . 153/169 römische: Kaiserdaten. . . . 74/93 Rom: GrUndungssagen . . . . 137ft'. Romulus: Darstellung s. Geschichte

bei Ennius 16 32

Ruspina: Vorlauf des Gefecht.s 204'20

Sabinerkrieg: in der Darstellung des Ennius . ' 16 24. 28 29

Sagen: Untersuchungen über: Grün- dung Roms 137 46; Verbrennung der Schiffe durch Frauen 146 48; West- landfahrt des Aeneas 149 52; Nach-

, klänge der Argonautensage . 269'77

San bar: Lage 235 36

Satyros: Epimeletentext in Delphi 20(.)

Schiffsverbrennung ilurch Frauen

146,48

Schlangensäule: Inschrift nicht ein- zige Quelle Herodots für Salamis. Plataeae, Artemision 63'; Aufstellung in Byzanz 641'.

S c h u s s e n q u e 1 1 e : Renntierjäger- station der Madeleine-Zeit . . 292

Schwertrecht der Provinzialstatt- halter 98ff.

Seeräuber: Urkunde über ilire Be- kämpfung in Delphi . . . 170 74

Semiraniis-Istar 286

C Sentius Saturninus: .Statthalter von Syrien 106 7. 108 '; s. Verhiiltnis zu Volumnius 111

M. Servilius: Duumv'v von Antiochia in Pisidien 111. 256

Sestos: Belagerung durch die Griechen

72

ü)a(cvS'jo^ aus Hvpata, thessalischer Stratege: s. Familie . . 188 '6. 187

Soterienliste in Delphi . . 1912

Soteris: Freilassungsurkundo in Delphi " 183

SwtIvjv. delphischer Archont . 195

Sparta: Stellungnahme zu Antonius u. Oktavian 46: Stellung des Eurykles 50ff.: Zuteilung der Denthaliatis 46. 46''; Eioia/.eic. , 52. 58

Stambul: Ableitung des Namens 265.6.

282

Stesichoros lokrischer Dichter: s. Datierung 149 50; s. Iliupersis mit der Westlandfahrt des Aeneas . 150 52

C. Sulpicius Galba: Proxeniedekret in Delphi 178/9

304

Xavifn- iDiil Snchvrr.ieichnis

V. Sulpiciu« Quiriniiis, Statthalt'-r von Syrien: DatiPiiiDtv -s. Slatthalter- schafteu 101 in. •252T>S

Syrien: die Statthalter im letzten Jahr- zehnt V. Chr. Oeb lOß 07

Tacitus: Gobraurh von mc,\ . . l'Ä Taktik: Caesars in der Schiaoht von

Thap.sus IIA*; von Ruspina ■A>4,'-20;

der Perser u. Athener in der S'hlacht

bei Maralbon 221/!»

Tarpeia: IHrstellnnn; der Episode bei

Enuius . 22'24

Teihnik. antike: moderne Literatur

daniber 287/9

Tochniten: ihre Stellung ... 192 T n' 9- o o) f -T n 9- ovir I nv, Sla Jt in Phokis

li)5 Thapsus: Verlnnt der Schlacht 102/4 Themist o kl es: <Jstrakis)iios u. Aech-

tung (!6 73; Flucht -/.i. Artpxences 71/3 Thera: Datierung '1er Ptolemfierin-

schriften . 9J 98

Therameues u. die Eiii-'"ti'ung der

„Dreißig" in Athen ..... 3/11

Thetonion 1!)8 9

Tiniaio s: s. Darstellung der Uründung

Roms 137 fl'.: seine latinische (juell'

142 43

Sc-ite M. T i t i u s , Statthalter v. Syrien 107. 108' Titas; ■». Regierunaiszeit 75 7ti. W) 81/82 Traian: Regierungsdaner 93; Adop- tion Hadriaus 87/8; Aemterlautbahn u. (l-eburtsdatam 91/93

T. Varius T. f. Sabinus: Pvoxenie- ilekret in Delphi .... 176/77

Vespasiitn: s. Regierungszeit . 74/82

Vol u Hin i US , der Römer: s. \'^evhältnis zu Saturninus 111

Volu uin i u s, der Herodianer: ^'ertret6l• der Anklage gegen die Söhne des Rerodes 11112

\Va;j.- rrl)urg derHallstatt-Zeit 289. 2'»1

Xeiiou: Aiiatheiu in Delphi . . •J.Ol

Xenotinios: Proxciiiedrkret, in Del-

pbi 192.93

Zbolsurdos, thrakischei- (iotl . •2.-*3;.")

Zitate: lateinisch: Instinus IX, 1, 3

59 73; lusephus anl. X VIT, 133 101 ;

hell. Li,l. I, mb 111 12; b,U. Äfriiv-

»nm 12— in 204 20; Ci» oro in Pixonem

XXXV, sa'i 283; gviechisch Ly-

sias geijrn Eraio.-itfirnc'' § 71 7, S. -9;

[ Dien. 1.73 143ti'; Libani opeii le..-.

I Fürst er III, or. 47 4 u. § 11 . 24U'2

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Bd. 17

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