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KOMPENDIUM

DER

THEORETISCHEIt PHYSIK.

um

VoH

De. WOLDEMAB tOIGT,

O. Ö. PROFESSOR DER PHYSIK AN DER UNIVERSITÄT GÖTTINQEN.

IN ZWEI BÄNDEN.

EBSTEB BAND.

MECHANIK STARRER UND NICHTSTARRER KÖRPER.

WÄRMELEHRE.

LEIPZIG,

VERLAG VON VEIT & COMP.

1895.

Druck Ton Mettgor & Wittig in Leipzig.

I

Vorwort.

1

Je weiter die theoretische Physik sich entwickelt, und je ge< waltiger die Werke anschwellen , welche einzelne Teile derselben i erschöpfend zu behandeln bestrebt sind, um so gebieterischer stellt

sich das Bedürfnis nach einer kurzen zusammenfassenden Darstellung der gewonnenen Besultate heraus, welche dem Lernenden nach Bewäl- tigung einiger Spezialgebiete einen Überblick über die gesamte Dis- ziplin zu erwerben gestattet Eine solche Darstellung, die, wenn sie die Kürze nicht auf Kosten der Strenge und Vollständigkeit erzielt, auch dem reifen Forscher willkommen sein dürfte, fehlte bisher in der deutschen Litteratur; das vorliegende Werk sucht diese Lücke, - die ich in meiner Lehrthätigkeit häufig empfunden habe, auszu- ^ fallen.

^'> Was dem Lernenden die Gewinnung eines umfassenden Stand-

^ punktes auf Grund der vorliegenden Handbücher erschwert, sind nach

meiner Ansicht nur zum geringeren Teile die Schwierigkeiten der all- gemeinen Theorieen, zum größeren die umständlichen mathematischen Entwickelungen, welche zur Durchführung spezieller Probleme nötig sind und häufig die allgemeinen physikalischen Überlegungen auf lange \ Zeit fremdartig unterbrechen, ohne immer zu Eesultaten von wirk-

lich physikalischem Interesse zu führen. ^ Da nun das Verständnis der Grundlehren, der theoretischen

^ Physik bis zu einem gewissen Grade von der Fähigkeit, spezielle

Probleme analytisch zu bewältigen, unabhängig ist, so habe ich ge- ^ meint, die zur Ermöglichung eines Überblicks erforderliche Kürze

der Darstellung in erster Linie dadurch erzielen zu müssen, daß ich auf alle Anwendungen der Theorie von speziellem und beson- ders von. spezifisch mathematischem Charakter verzichtete. Die

(c\0 0\

I 0>

H

IV Vorwort.

Möglichkeit ihrer Lösung und der Weg zu ihrer Durchführung ist zwar häufig angedeutet; ausfiihrliche Behandlung hahen aber nur Probleme von allgemeiner physikalischer Bedeutung gefunden.

Bezüglich der hierbei inne zu haltenden Grenze war ein Schein von Willkür mitunter nicht ganz zu vermeiden.

Daß spezielle Probleme, welche selbst wieder zu einer aus- gedehnten Theorie Veranlassung geben und daneben höchste prak- tische Bedeutung besitzen, wie die Falle der Platten und der Stabe in der Elasticitätslehre, behandelt sind, wird allerdings nicht be- anstandet werden. Dagegen wird^man vielleicht die Entwickelung der- jenigen allgemeinen Integrationsmethoden, welche Analoga zu den GEEEN'schen Funktionen yerwenden, als dem oben gegebenen Pro- gramme entgegen ansehen, während ich sie um der Aufklärung willen, die sie über den Anteil der einzelnen Volumen- imd Oberflächen- elemente an dem Zustandekommen einer Erscheinung liefern, für physikalisch interessant halte. Ebenso könnte man etwa die in der Hydrodynamik und Optik, der ElaÄticitäts- und Elektricitätslehre besprochenen Eeflexionserecheinungen beim Vorhandensein ebener Grenzflächen als aus dem Bahmen des Buches fallend betrachten, während ich sie zur Verdeutlichung der Vorgänge, welche in den allgemeineren Fällen an jedem Oberflächenelement stattfinden, auf- genommen habe. Und so darf ich auch versichern, daß in anderen vielleicht strittigen Fällen Air die Entscheidung jederzeit älinliche allgemeine Erwägimgen maßgebend gewesen sind.

Der Verzicht auf die Behandlung spezieller FäUe hat manche Vorteile zur Folge gehabt Nicht nur rücken zusammengehörige theoretische Entwickelungen dichter zusammen, treten die allgemeinen Gesetze und die Beziehungen verschiedener Gebiete zu einander schärfer hervor, es wird auch eine sonst vielfach merkliche Ungleich- förmigkeit beseitigt, welche daraus fließt, daß Gebiete, die sich ana- lytisch einfach darstellen, unabhängig von dem wirklichen physika- lischen Interesse durch die Breite der Behandlung und die Zahl der durchgefahrfcen Einzelprobteme ein Übergewicht über diejenigen er- halten, welche der Analysis größere Schwierigkeiten bieten. Diese Vorteile dürften in dem vorliegenden ersten Bande besonders in dem dritten, die Wärmelehre umfassenden Teile hervortreten, der unter Einwirkung des gesteckten Zieles umfassender Darstellung eine gegenüber der sonst gegebenen sehr abweichende Gestalt er- halten hat. Beispielsweise stellt sich in demselben die meist als selbständiges Kapitel breit behandelte Wärmeleitung als ein spezieller Fall der allgemeinen, nicht umkehrbaren Zustandsänderungen dar,

Vorwort. V

und die thermisch-chemischen Umsetzungen schließen sich den ther- misch-mechamschen eng an.

Auch die Mechanik hat unter dem Einflüsse der allgemeinen Tendenz des Buches eine absonderliche Grestalt gewonnen. Jene spezieU^i Gebiete, welche wegen der Einfachheit der physikalischen Grundlagen bereits fast zu einer Domäne der Mathematik geworden sind, insbesondere die Mechanik starrer Körper und idealer Flüssig- keiten, sind ftberaus kurz behandelt; dagegen nehmen einen be- träditüchen Eaum die mechanischen Theorieen anderer Ge- biete der Physik ein, die ich in diesen Teil, gewissermaßen als spezielle Probleme der allgemeinen'^ Mechanik, aufgenommen habe, um in jenen Gebieten die Grundgesetze später frei von speziellen Vorstellungen allein aus den Resultaten der Beobachtung entwickeln zu können. Beanspruchen auch manche dieser Theorieen, wie z. B. die hydrodynamischen der Wärme- und Elektricitätsbewegung, nichts anderes zu sein, als mechanische Analogieen zu den behandelten Vorgangen, so sind sie doch zur Veranschaulichung derselben so nütz- lich, daß sie nicht fehlen durften.

Die Theorieen exakter Beobachtungsmethoden sind nach der Gesamtdisposition, als zu speziell, im allgemeinen bei Seite gelassen; indessen ist doch häufig Gelegenheit genommen, auf Beobachtungs- meihoden und ihre Resultate, soweit sie prinzipielle Bedeutung besitzen, hinzuweisen.

In der Einleitung habe ich die Frage der physikalischen Ein- heiten und Dimensionen etwas ausführlicher behandelt, als gewöhn- Uch geschieht, weil ich gefunden habe, daß die allgemeinen Grund- lagen für das numerische Rechnen in der Physik keineswegs überall so klar erfaßt werden, als wünschenswert ist.

Obgleich das Hauptziel meiner Arbeit nur die zusammenfassende Darstellung bereits bekannter Resultate war, so hat doch die eigen- artige Gestaltung des Buches nicht selten die Einfügung eigner neuer Untersuchungen nötig gemacht,^ bestimmt, bald spezielle Re- sultate zu verallgemeinem, bald nähere Verbindungen zwischen Ver- schiedenartigem herzustellen. Der Kundige wird diese Stücke leicht erkennen.

Während des Druckes dieses Bandes sind die ,,Elemente der theore- tischen Physik", von Herrn C. Christiansen (Leipzig 1894) erschienen, die in mancher Hinsicht dasselbe erstreben, wie das vorliegende Buch. Indessen erreicht der Verfasser das Ziel einer kurzen Übersicht fast auf dem entgegengesetzten Wege, wie ich, nämlich wesentlich durch Beschränkung der Anzahl der behandelten Gebiete, während er eine

VI Voriport

große Menge spezieller Probleme durchfuhrt Charakteristisch ist^ daß bei ihm die Eigenschaften der Erystalle nur in der Optik erwähnt werden, während sie in meiner Darstellung, ihrer großen prinzipiellen Bedeutung entsprechend, in allen Gebieten ausfiihrlichst behandelt sind, so daß die isotropen Körper oft nur die Stellung spezieller Fälle einnehmen.

Was die äußere Form des Buches anlangt, so bin ich Herrn Dr. PooKELS für vielfältige Hilfe bei der Schlußredaktion, sowie flir die Aufstellung der Litteratumachweise zu großem Danke verpflichtet. Letztere, die an das Ende der einzelnen Teile gestellt sind, sollen Aufschluß darüber geben, wo sich neue Begriffe und allgemeine Sätze zum ersten Male finden; sie beziehen sich aber nur in seltenen Fällen auf die Form der Entwickelung, die ftir die speziellen Zwecke des Buches oft stark verändert und nach Möglichkeit vereinfacht ist. Von Handbüchern ist nur eine Auswahl der neueren angeführt

Korrekturen haben die Herren Prof. Riecke, Dr. Pockels und Dr. Brodmann gelesen, und ich darf hoffen, daß bei so vielfacher Prüfung der Satz von wesentlichen Fehlem frei sein wird.

Zu besonderem Dank bin ich dem Herrn Verleger dafür ver- pflichtet, daß er nicht die neue Satzweise für die Formeln gewählt hat, welche auch den kompliziertesten Ausdruck in eine Zeile zu zwätigen sucht. Selbst wenn durch jene der Preis eines Buches um eine Kleinigkeit herabgedrückt wird, halte ich diese Neuerung für sehr wenig glücklich; wo man sonst den Aufbau einer Gleichung mit einem Blick übersah, muß man jetzt zuvor ein System von Klammem entwirren, was einen unnötigen Aufwand an Zeit und Aufmerksamkeit erfordert Ich glaube, es ist nützlich, diese Ansicht einmal nachdrücklich auszusprechen.

Göttingen, im September 1894.

W. Tolgt.

Inhalt.

Seite Einleitang*.

Physikalische Gr^setze und Konstanten, Einheiten und Dimensionen. . . 1

Erster Teil. Meehanik starrer KSrper.

I. Kapitel. Bewegung eines materiellen Punktes.

§ 1. Geschwindigkeit und Beschleunigung 9

§ 2. Kxsft und Masse U

i$ 3. Die Bewegungsgleichungen 19

§ 4. Lebendige Kraft, Arbeit, Potential, Energie 21

§ 5. Beispiele konservativer Und nichtkonservativer Kräfte 28

II. Kapitel. Bewegung eines Systemes von materiellen Punkten.

§ 6. Die Schwerpunkts- imd Flächensätze; die Gleichungen der lebendigen

Kraft imd der Energie 86

§ 7. Wechselwirkungen, die nur Funktionen der Entfernung sind. Die

Gesetze von Newton und Coulomb 43

§ 8. Konservative Wechselwirkungen allgemeiner Art Das W. W£B£K*scke

Grundgesetz 48

§ 9. Der Satz vom Virial; kinetische Theorie der Gase und Lösungen . 53

§ 10. Weitere Ausbildung der kinetischen Theorie ; die mittlere Weglänge der Moleküle. Innere Reibung, adiabatische Erwärmung, Effusion, Diffusion 62

g 11. Weitere Ausbildung der kinetischen Theorie; das Gesetz der Ver- teilung der Geschwindigkeiten 75

§ 12. Die Gleichungen von Hamilton und Lagranoe. Cyklische Systeme 78

UI. Kapitel. Bewegung starrer Körper,

§ 13. Starre Körper; unendlich kleine Verrfickungen, lebendige Kraft,

Trägheitsmoment, Arbeit äußerer Kräfte 93

§ 14. Bewegungsgleichungen und Gleichgewichtsbedingungen 102

§ 15. Konservative Wechselwirktmgen zwischen starren Körpern. . . . 113

§ 16. Molekulare Theorie der Elastioität 119

§ 17. Die Einflihriing der Symmetrieelemente in physikalische Gesetze,

welche sich auf Krystalle beziehen 128

§ 18. Cyklische Systeme, welche starre Körper enthalten, Maxwell^s

Theorie der Elektrodynamik 145

vm Inhalt.

TV, Kapitel. Die PotentialfunktioneiL

Seite

§ 19. Die NEWTOK'sche Potentialfunktion von stetigen Massenverteilungen 155 $$ 20. Die NEWTON'sche Potentialfunktion von neutralen Polsystemen. Mole- kulare Theorie der diälektrischen [und magnetischen Influenz,

der Pjro- und Pi3zoelektricität 162

§ 21. Die NEWTON'sche Potentialfdnktion von Doppelflftchen ... . . . 172

§ 22. Der GiiEEN'sche Satz und die GasEK'schen Funktionen 179

§ 23. Die Zerlegung von Vektorkomponenten in potentielle und rotato- rische Glieder; ihre Anwendung auf die Momente neutraler

Körper 188

§ 24. Die NEWT0N*8che Potentialfunktion mit zwei Unabhängigen . . . 195 § 25. Weitere aus der NEwroN'schen abgeleitete Potentialfunktionen . . 201

Litteratur zum I. Teil 208

Zweiter TelL Meeliaiiik'iiiiAtstarrer ESrper*

I. KapiteL Die Grundgleichungen für das Gleichgewicht und die Bewegung nichtstarrer Körper.

§ 1. Unendlich kleine stetige Verrückungen in einem nichtstarren Körper 211

§ 2. Die inneren Krfifte eines nichtstarren Körpers 219

§ 3. Die HAMiLTOM^sche Gleichung für nichtstarre^ Körper. Einfuhrung

eines rotierenden Koordinatensjstemes 227

II. Kapitel. Hydrostatik.

§ 4. Die allgemeinen Gleichgewichtsbedingungen; der Druck im Innern

einer ruhenden Flüssigkeit 233

§ 5. Zurückführung der Grenzdrucke auf Oberflächenspannungen; der

erste Hauptsatz der Kapillaritätstheorie 239

§ 6. Über die Gestalt einer unter gegebenen Ejräften im Gleichgewicht befindlichen Flüssigkeit. Der zweite Hauptsatz der Kapillari- tätstheorie 244

§ 7. Besultierende Komponenten und Momente de hydrostatischen Druckes

gegen starre Körper. Kapillare Ejräfte 253

§ 8. Das Gleichgewicht der Elektricität in einem Leitersystem .... 260

III. KapiteL Dynamik idealer Flüssigkeiten.

§ 9. Die £uLER*schen Gleichungen 264

§10. Potentialbewegungen^ begrenzt "^durch feste und bewegte Wände. . 272 § 11. Allgemeinste Flüssigkeitsbewegungen ohne freie Grenzen .... 282 § 12. Grundgleichungen für die Bewegung imponderabler Fluida innerhalb ponderabler Körper. Strömung von Wärme oder ';Elektricität in

einem Leitersystem und verwandte Erscheinungen 289

§ 13. Die Bewegung imponderabler Fluida innerhalb ponderabler Körper;

allgemeine Sätze über den stationären Zustand 299

§ 14. Die Bewegung imponderabler Fluida innerhalb ponderabler Körper;

allgemeine^Sätze über den veränderlichen Zustand. Diffiision . 308 § 15. Bewegungen tropfbarer Flüssigkeiten mit freier Oberfläche. Wellen- bewegungen 818

§ 16. Andere Formen der hydrodynamischen Grundgleichungen .... 827

MmlL rr

IV. Kapitel. Elasticität und Akustik.

iselte

17. Das Gresetz der elaatiflchen Krflfte 830

16. Eindeutigkeit des elastischen Problems i840

§ 19. Elastiscbe Flüssigkeiten. Ebene und Ku^wellen im unendlichen

Baume. Refleadon und Brechung an einer ebenen Grenze . . 845 § 20. Elasüsche Flüssigkeiten mit beliebiger Begrenzung bei beliebiger -

Erregung. Besonanzerscheinungen 866

§ 21. Isotrope elastiscbe Körper. Gleichgewicht und Bewegpii^ in einem

unendlichen Medium 879

§ 92, Gleichgewicht isotroper Medien bei beliebiger BegreMrang. Der

BBrn'selie Satz 391

§ 23. Eia durch Einwirkungen auf seine Grundfillchen gleielifönnig ge- spannter Cylinder ans beliebiger homogener Sabstanz .... 406 § 24. Gleichgewicht «nd Beweg^nng eines unendlich dünnen Scsbet. Der

KiBOHHOFF^dbe 6atz 412

§S5. Unendlich kleine Verrückungen ursprünglich gerader Stftbe; Saiten 418 § 26. Gleichgewicht einer gleichförmig gespannten Platte ans beliebiger

homogener Substanz 436

§ 27. Gleichgewicht und Bewegung einer miendlich dünnen elastischen

Platte 440

§86. Unendlich kleine Verrückungen ursprünglich ebener elastischer

Platten; Membranen 442

y. Kapitel. Innere Reibung und elastische Nachwirkung.

§ 29. Die Druckkomponenten der inneren Reibung und der elastischen

Nachwirkung * 456

§ 80. Die hydrodynamischen Gleichungen bei Berücksichtigung der inneren

Reibung - 462

§ 81. Die elastischen Gleichungen bei Berücksichtigung der inneren Reibung 467 § 82. Ebene Wellen in einem unendlichen elastischen und absorbierenden

Medium 471

§ 33. Beziehungen zur Theorie des Lichtes 478

§ 34. Medien ohne innere Kräfte; mechanische Analogie zu den Glei- chungen des elektromagnetischen Feldes 486

Litteratur zum II. Teil 492

Dritter Teil. Wirmelehre.

I. Kapitel. Thermisch-mechanische Umsetzungen.

§ 1. Grunddefinitionen. Die erste Hauptgleichung der mechanischen

W&rmetheorie 495

§ 2. Allgemeine Bestimmung des zu vorgeschriebenen Zustandsänderungen erforderlichen Aufwandes von Arbeit und Wärme. Die zweite Hauptgleichung der mechanischen Wärmetheorie 500

§ 3. Spezifische und Reaktionswärmen 509

§ 4. Mechanische Wärmetheorie für ideale . Gase. Bestimmung der

CABKOT'schen Funktion . 513

§ 5. Allgemeines über Energie und Entropie 517

X Inhalt

. Seit

§ 6. Mechanische Wftrmetheorie für elastische Körper 523

8 7. Thermische Dilatation. Adiabatische Deformation. . hS2.

§ 8. Nicht umkehrbare Vorgänge ohne Wärmebewegung ^40

§ 9. Nicht umkehrbare Vorgänge, 4ie mit Wärmebewegung verbunden

sind. Theorie der Wärmeleitung ........... 547

§ 10. Die allgemeinen Bedingungen des thermisch>mechanischen G-leich-

gewichtes ^^^

n. Kapitel. Thermisch-chemische Umsetzungen.

§ 11. Grundyorstellungen und Definitionen . ...... 566

§12. .Allgemeine Sät^e über das thermisch-chemische Gleichgewicht . . 569 § 13. -Eine Komponente in h Phasen. Gleichgewicht zwischen yersc^ie-

. . denen Aggregatzuständen desselben Körpers 576

§ 14. Eine Komponente in k Phasen. Eigenschaften eines Gemisches von zwei coezistierenden Phasen. Einfluß der Oberflächenspannung

in der Grenzfläche 587

§ 15. (n + 1) Komponenten in einer Phase. Dissociation der Gase und

Lösungen 593

§ 16. Zwei Phasen mit mehreren Komponenten, deren eine beiden Phasen . gemeinsam ist. Siede- und GeMerpunkte von Lösungen; der Osmotische Dinick 60^

Litterattir ium m. Teil. ...*... 609

EBSTLEITUNG.

Physikalische Gesetze nnd Konstanten, Einheiten

nnd Dimensionen.

Bei der Erschließung neuer Gebiete der Physik sind zwei Stufen der Entwickelung jederzeit zu unterscheiden. Auf der ersten, der Vorstufe, handelt es sich um die Erforschung der Qualität der beobachteten Erscheinungen, um ihre Unterscheidung von ver- wandten oder fremden, um die Feststellung der Umstände, unter denen sie eintreten oder nicht eintreten, sich wandeln oder un- geändert bleiben. Auf der zweiten, der Hauptstufe, mit deren Erreichung das Gebiet erst als der exakten Wissenschaft gewonnen zu betrachten ist, gilt es die Quantität der Veränderungen fest- zustellen, deren Summe die beobachtete Erscheinung ausmacht, und zahlenmäßige fielationen zwischen ihrer Größe und derjenigen der die Erscheinung bedingenden Umstände zu gewinnen. Die ge- fundenen Beziehungen werden mit oder ohne Mitwirkung theore- tischer Betrachtungen in mathematische Formeln gefaßt und ge- stalten sich dadurch zu physikalischen Gesetzen.

Je nach den Gebieten, denen die behandelten Erscheinungen angehören, haben diese Gesetze wesentlich verschiedene Formen. In einigen Gebieten ist es möglich gewesen, geschlossene Aus- drücke zu finden, welche innerhalb des ganzen, der Beobachtung zugänglichen Größenbereichs der Variabein die Beobachtungen an- scheinend vollkommen darstellen; von solcher Art sind u. a. das NBWTON'sche Gesetz der Gravitation, das FuESNBL'sche Gesetz der Doppelbrechung, das NEUMAim'sche Gesetz für die Wechselwirkung zweier Stromkreise. In anderen Gebieten muß man sich mit dem Ansatz unendlicher Reihen begnügen und die Beobachtung ent- scheiden lassen, eine wie große Zahl von Gliedern zur befriedigenden

Voigt, Theoretische Physik. 1

EifUeüung.

Wiedergabe der Thatsachen nötig ist; dies geschieht u. a. bei der Darstellung der Erscheinungen der Elasticität, der Farbenzerstreuung, der thermischen Dilatation. In einzelnen Fällen gewinnt man aller- dings eine für die Praxis genügende Genauigkeit schon bei Be- schränkung aut die ersten Beihenglieder, indesen darf dies nicht darüber täuschen, daß das betreffende physikalische Gesetz allgemein zu erkennen und in einen geschlossenen Ausdruck zu fassen bisher noch nicht gelungen ist.

Die Parameter der mathematisch formulierten physikalischen Gesetze sind die physikalischen Konstanten.

Von ihnen sind zwei Arten zu unterscheiden: universelle, die mit gleichem Zahlwert in Geltung bleiben, wenn das betreffende Naturgesetz auf verschiedene ihm unterworfene Körper angewandt wird, und die daher ein für allemal angebbar sind und indivi- duelle, welche von der Art dieser Körper abhängen und demnach für eine jede Substanz einzeln bestimmt werden müssen. Die Be- schleunigung durch die Schwere an irgend einer Stelle der Erd- oberfläche ist in diesem Sinne eine uni.verselle Konstante, der elastische Dehnungswiderstand eines Stabes, eine der Substanz des- selben individuelle; die Oberflächenspannung in der Grenze zweier Flüssigkeiten ist dieser bestimmten Kombination eigen- tümlich.

Mit der mathematischen Formulierung des physikalischen Ge- setzes und der zahlenmäßigen Bestimmung seiner Konstanten ist die Erforschung eines Erscheinungsgebietes zu einem gewissen Ab- schluß gelangt, die Herrschaft über dasselbe gewonnen.

Die erste Vorbedingung für die Erreichung dieses Zieles ist die Entdeckung einer Methode zum zahlenmäßigen Ausdrücken oder Messen der betreffenden physikalischen Erscheinungen.

Unter der Messung einer Größe F versteht man ihre Ver- gleichung mit einer als Einheit gewählten Normalgröße ® derselben Art; ihr Verhältnis zu dieser, nämlich

®

heißt ihr Zahlwert oder ihre Zahlgröße; die physikalischen Gesetze sind daher Gleichungen zwischen den Zahlwerten ver- schiedener physikalischer Größen.

Die vorstehende Definition führt sogleich zu dem Satz:

Der Zahlwert einer Größe ist der gewählten Einheit indirekt proportional.

Physikalische Ossetxe und Konstanten, 8

Normalgrößen oder Etalons, welche geeignet sein sollen, als Einheiten für die bezügliche Orößenart zu dienen, müssen sich ent- weder unyeränderlich aufbewahren oder aber jederzeit in derselben Größe wieder herstellen oder auf dieselbe Größe zuifückführen lassen; sie müssen außerdem eine genaue Beobachtung und dadurch eine scharfe Vergleichüng mit den auszumessenden gleichartigen Größen gestatten.

Etalons dieser Art bietet uns in einigen Gebieten die Natur Selbst in wünschenswertester Brauchbarkeit, in anderen müssen sie künstlich hergestellt werden; ersteres findet statt bei der Zeit- messung, für welche durch die gleichförmige Rotation der Erde ein immer gleichmäßig abgegrenzter Normalzeitraum (der Sterntag, oder, weniger einfach definiert, der mittlere Sonnentag) geliefert wird; letzteres bei der Längenmessung, wo ein im wesentlichen willkürlich gewählter Stab von möglichst sicherer Begrenzung und Ton bekanntem Verhalten äußeren Einflüssen gegenüber die Ein- heit, das Meter, darstellt

Für alle Arten physikalischer Größen kann man die Einheiten willkürlich festsetzen, solange man sie ohne Beziehung aufeinander betrachtet; eine zwischen mehreren von ihnen stattfindende mathe- matische Beziehung läßt entweder für eine der darin auftretenden Größen eine Verfügung geeigneter erscheinen, als alle anderen, oder bestimmt sogar in speziellen Fällen ihre Einheit Yollständig durch die der übrigen.

Diese Verhältnisse werden an einem höchst einfachen Beispiel aus der Geometrie noch klarer werden.

Von der Fläche 8 eines Rechteckes läßt sich leicht beweisen,

daß sie dem Produkt der Seiten x und y proportional ist, d. h.,

daß zwischen den betreffenden Zahlgrößen eine Formel von der

Gestalt besteht

S = f.x.y^

in der f eine allen Rechtecken gemeinsame Konstante ist; ähnliche Formeln, aber mit verschiedenen Konstanten, gelten für Flächen von anderer Begrenzung.

Die Größe von f hängt dabei von den für Längen und Flächen gewählten Maßeinheiten ab, die zunächst ganz willkürlich fest- gesetzt werden können. Sind dieselben z. B. so bestimmt, daß ein Quadrat von der Seitenlänge a gleich der Flächeneinheit gesetzt ist, so gilt außer der obigen Formel noch

l=/'.a^

wodurch f gegeben ist.

1*

MrUeituhg.

Die erstere Formel würde sich nun aber am einfachsten ge- stalten — und diese Bücksicht ist bei der Ausgestaltung auch sehr vieler physikalischer Gesetze maßgebend wenn der Faktor f gleich Eins wäre; nach der zweiten Formel ist dies erreicht, wenn speziell die Fläche eines Quadrates, dessen Seite der Längeneinheit gleich ist, zur Flächeneinheit gewählt wird. Dann gilt

d. h. das Produkt der ZahlgröBen der Seiten giebt unmittelbar die Zahlgröße der Rechtecksfläche.

Genau ebenso erhält man durch geeignete Wahl der Volumen- einheit den Inhalt F eines rechtwinkligen Prismas von den Seiten Xy y, z gegeben durch die Formel

JT^ x.y.z.

Diese Beispiele erläutern, wie eine Beziehung zwischen ver- schiedenartigen Größen, welche keinerlei willkürliche Eonstanten mehr enthält, die Einheit einer dieser Größen durch diejenigen der anderen bestimmt; die so gewonnenen Einheiten nennt man abgeleitete oder zusammengesetzte, die sie bestimmenden, will- kürlich gewählten, aber fundamentale oder Grund-Einheiten.

Den Zusammenhang zwischen den fundamentalen und den aus ihnen abgeleiteten Einheiten kann man anschaulich auf folgende Weise durch eine Art von Erweiterung des gewöhnlichen Multiplikationsver- fahrens hervortreten lassen. In den obigen Formeln für S und F sind alle auftretenden Größen zunächst reine Zahlen, nämlich die Zahlwei*te der Längen x, y, z der Fläche 5, des Volumens 7; ar, y, z er- scheinen als unabhängige, 8 und V als abhängige Variable. Man fügt nun auf beiden Seiten die Einheiten der unabhängigen, hier also Meter, so oft hinzu, bis rechts alle Zahl werte in die bezüglichen physikalischen Größen verwandelt sind; die Formeln nehmen hier- durch die Gestalt an:

/S (Meter)» = x (Meter) .y (Meter),

r (Meter) ' = ar (Meter) . y (Meter) . z (Meter).

Die jetzt links neben 8 und V auftretenden Faktoren geben die Einheiten (Quadratmeter, Kubikmeter) an, in welchen sich die Ab- hängigen S und y gemäß den bestehenden Eelationen ausdrücken, oder setzen die Benennungen fest, welche 8 und F beizulegen sind, wenn man den Unabhängigen die gewählten Benennungen er- teilt. Das eben skizzierte Verfahren erfährt in allen Gebieten der Physik die größte Anwendung und Verallgemeinerung.

Einheiten*

Ist z. B., was sehr häufig yorkommt^ eine physikalische Größe oder Funktion F einem Produkt von Potenzen verschiedener Variabein x, y, z, . . . proportional, also

F ^ f,3i^ .y^ .sfi , , . .y I)

wobei f die Proportionalitätskonstante bezeichnet, und werden die Einheiten von ar, y, z, . . . (welche fundamentale oder auch ab- geleitete, teilweise einander gleich oder sämtiich verschieden sein können) mit ;, ^, j . . . bezeichnet, so geht man aus von dem wie oben gebildeten Ausdruck

Für seine Verwertung sind die zwei Fälle zu unterscheiden, daß die Einheit g von F bereits festgesetzt oder aber noch un- bestimmt ist.

Ist erstens die Einheit von F noch verfügbar, so kann man zur Vereinfachung der Formel dem Faktor /"einen bequemen, univer- sellen Zahlenwert beilegen. Die Formel II ergiebt dann für die Einheit von F zunächst den Wert

s^^'-""^»'---. m)

Nun mögen die Einheiten ;, Q, ),..., soweit sie zusammen- gesetzte sind, mit Produkten von Potenzen der Fundamentaleinheiten a, 5, c, ... proportional sein und diese Werte in den Ausdruck von g eingesetzt werden; die dadurch gewonnene Formel

g="°-^y---, IV)

stellt die Einheit oder die Benennung von F, in welcher der Faktor f im allgemeinen von f verschieden ist, in ihrer Zusammensetzung aus den Fundamentaleinheiten a, 6, c, . . . dar.

Die abgeleiteten Einheiten werden meist nicht, wie oben ,,Quadratmeter'^, „Kubikmeter^^, vollständig ausgesprochen, sondern mit einem abgekürzten Namen belegt

Was den Zahlwert F anbetrifiPt, so ergiebt für ihn der auf 8. 2 angeführte Satz, daß derselbe bei Veränderung der Funda- mentaleinheiten dem Aggregat a"* . f^ . C . . . indirekt, bei Änderung der Konstanten f dieser direkt proportional bleibt Besonders häufig und wichtig ist der schon in den obigen geometi'ischen Bei- spielen vorliegende Fall, daß f gleich Eins ist

Ist zweitens über die Einheit g für F bereits verfügt, ent-

6 EifUeitung.

weder, weil von der Natur ein Normalwert von F bequem dar- geboten wird, oder aber weil F noch durch eine andere Beziehung mit Fundamentalgrößen in Verbindung steht, dann wird durch die Gleichung II die Konstante/* bestimmt. Schreibt man diese Gleichung nämlich in die Form

8r \ (F.%)

^ f[7:^r7) -

80 erscheint der Faktor von / als die Einheit dieser Größe; ihr Zahlwert bestimmt sich durch ein einziges System zusammen- gehöriger Werte von F, x, y, r, . . .

Wir schließen aus dieser Betrachtung den allgemeinen Satz:

Die Konstanten physikalischer Gesetze sind keines- wegs stets reine und ohne weiteres ein für allemal angeb- bare Zahlen, sondern im allgemeinen von den gewählten Fundamentaleinheiten abhängig.

Wir haben uns bisher nur mit solchen Funktionen F beschäftigt, welche die Gestalt von Produkten aus Potenzen der Variabein, näm- lich der Zahlwerte verschiedener physikalischer Größen, besitzen. Die hier erhaltenen Resultate gelten aber fast ohne Modification ganz allgemein. Dies rührt daher, daß die allgemeinste Form einer physikalischen Größe durch ein Aggregat aus Gliedern von der oben betrachteten Form und von gleicher Benennung ge- geben ist.

Die Wahrheit dieser Bemerkung erhellt, wenn man eine be- liebige Beziehung zwischen der Abhängigen F und den Unab- ' hängigen o:, y, z, . . . dem S. 4 erörterten Verfahren unterwirft.

Die Benennung tritt hierbei nur in der Form eines gemein- samen Faktors aller Glieder auf und kann sich demgemäß den Argumenten irgend welcher Funktionen nur insoweit verbinden, als dieselben in letzteren als Faktoren auftreten.

Enthalten diese Argumente also die Zahlwerte physikalischer Größen in anderer Weise, so kann man ihnen ihre Benennung nur dadurch erteilen, daß man dieselbe nach dem oben angegebenen Verfahren gleichzeitig in Nenner und Zähler zufügt und dadurch auch die in den Argumenten vorkommenden Parameter zu be- nannten Größen macht.

Aus der Beziehung

F = fxy^ <?« »"* cos [by + c) folgt, wenn man, wie früher, durch den entsprechenden deutschen

Dimensionen.

Buchstaben die Einheit oder Benennung einer jeden Größe be- zeichnet und unter f eine reine Zahl versteht, d, h.f=l setzt:

{Fl 5») = f{x j) (y 5)8 tf(« S-) «)-• cos [(Ä r ^) (y 9) + ^] » also

Ähnlich folgt aus

8 = 5^, a = 5+8, b = rS c = l.

rt.,

wenn Sf gegeben ist:

und daraus die Benennung von /^ und ^ , nämlich

Mit dem Begriff der Einheit oder der Benennung steht im nächsten Zusammenhange der etwas allgemeinere der Dimension.

Es sei wieder^ was wir jetzt als den allgemeinsten Fall er- kannt haben, die Benennung g einer Funktion F bei Einführung der Fundamentalgrößen a, b, c . . . gegeben durch

Vertauscht man hier rechts die Einheiten o, b, c . . . der Fundamental- größen mit Symbolen ^, -B, C ., welche nur ihre Gattung charakteri- sieren, aber über die zu ihrer Messung benutzten Einheiten nichts aussagen, und beseitigt den Zahlenfaktor f, so heißt das Kesultat

Ä<'.Bß.Cr . . .

die Dimension \F] der Funktion F\ die Formel

[F] = Ä^BßCr ... VI)

nennt man die Dimensionalgleichung von F und spricht ihren In- halt dahin aus, daß F in Bezug auf die Fundamentalgrößen Ay By Cy . , . resp. o, /?, y, . . . -ter Dimension ist

Die Dimension [F] giebt hiemach nichts weiter an, als das Schema, nach welchem die Größe F aus den Fundamentalgrößen aufgebaut ist, und erscheint als einfache Erweiterung des gleich- namigen Begriffes in der Geometrie; denn wenn man als Symbol einer Länge den Buchstaben L anwendet, ergiebt die Anwendung des oben erläuterten Verfahrens auf den Wert einer Fläche S oder eines Volumens V

8 Einleihmg.

was S als Gebilde zweier, V als solches dreier Längsdimensionen erscheinen läßt.

Während man bei der speziellen numerischen Anwendung physikalischer Gesetze stets nach den Einheiten oder Benennungen der in ihnen auftretenden Größen zu fragen hat, bietet bei der allgemeinen theoretischen Entwickelung die Beachtung ihrer Dimensionen besondere Vorteile. Sie gestattet insbesondere die schnelle Beurteilung, ob verschiedene Größen gleichartig sind, und wenn sie sich unterscheiden, wodurch; beides läßt sich häufig aus den durch die Entwickelung unmittelbar gefundenen Formeln nicht sogleich erkennen. Daneben erlaubt aber die Kenntnis der Di- mension auch jederzeit leicht, die Einheit oder Benennung der untersuchten Größe zu bestimmen, wenn numerische Rechnungen dieselbe erfordern. Man hat hierzu nach den Gleichungen IV und VI in dem Ausdruck für die Dimension \_F] nur die Symbole für die verschiedenen Größenarten mit deren Einheiten zu ver- tauschen und das Resultat durch den Faktor f zu dividieren, welcher sich nach dem oben Gesagten aus der Gleichung für F und den- jenigen für die in ihr vorkommenden zusammengesetzten Argumente bestimmt.

Hiernach erscheint es gerechtfertigt, wenn wir im Folgenden für jede uns entgegentretende physikalische Funktion die Dimensional- gleichung aufstellen.

L Teil. Mechanik starrer Körper.

L Kapitel.

Die Bewegung eines materiellen Punktes.

§ 1. Gesohwindigkeit und Besohleunignng.

Die Aufgabe der Mechanik im weitesten Sinne des Wortes ist die Ableitung der Gesetze für die Bewegungen der Körper. Die Bewegung, d. h. die Ortsveränderung, welche ein Körper erleidet, ist bestimmt, wenn zu jeder Zeit der Ort eines jeden beliebig an oder in ihm markierten Punktes bekannt ist. Da aber von der- gleichen Punkten an jedem Körper unendlich viele verschiedene gewählt werden können, deren Bewegungen im allgemeinen von- einander unabhängig sind, so würde zur Bildung des allgemeinsten Bewegungsgesetzes eines beliebigen Körpers die Aufstellung einer unendlichen Anzahl von Beziehungen nötig sein. Indessen be- trachtet man in der Mechanik nur solche Bewegungen, bei denen die einzelnen Teile der Körper durch gewisse Bedingungen in ihrer Bewegungsfreiheit beschränkt sind; von diesen Bedingungen kommen insbesondere zwei Arten in Betracht, nach deren Eigen- schaften man die Körper in starre und in nichtstarre sondert.

Aber auch in einer solchen Beschränkung ist das Problem zu kompliziert, um direkt in Angriff genommen werden zu können; wir gewinnen einen Weg zu seiner Lösung, indem wir zunächst einen einfachen speziellen Fall erledigen, der so gewählt ist, daB sich die allgemeineren auf ihn zurückführen lassen.

Dies ist der Fall, in welchem der bewegte Körper als ein ma- terieller Punkt betrachtet werden kann, d. h. in welchem seine Bewegung nach derjenigen eines einzigen geeignet in ihm mar- kierten Punktes beurteilt, also von der Größe, Gestalt, Zusammen-

10 /. Teil, Mechanik starrer Körper. I. Kap.

Setzung des Körpers, sowie auch von seiner Orientierung gegen irgend welche feste oder bewegliche Richtungen durchaus abgesehen wer- den darf.

Die umstände, unter welchen dies zulässig ist, von vom herein scharf zu bezeichnen, ist nicht möglich; es bedarf hierzu vielmehr der Resultate, die erst im Laufe der Entwickelung der Theorie ge- wonnen werden. In den meisten Fällen, aber nicht immer, genügt das eine, daß die Dimensionen des betrachteten Körpers gegen bei seiner Bewegung sonst in Betracht kommende Längen, etwa die in endlicher Zeit zurückgelegten Wege oder die Entfernungen von anderen bewegten Körpern, unendlich klein sind. Wir werden später auf diese Frage zurückkommen.

Ist der Ort des betrachteten materiellen Punktes durch seine Koordinaten x, y, z in Bezug auf ein absolut festes Koordinaten- system gegeben, so wird seine Bewegung durch deren Abhängigkeit von der Zeit bestimmt, d. h. durch drei Beziehungen von der Form:

Diese Gleichungen geben durch Elimination der Zeit zwei von t freie Formeln

2) ^/>(^,y,^) = 0, ^S[x,y,z) = Q,

die Gleichungen der Bahn, d. h. der Kurve, auf welcher der Punkt während seiner Bewegung fortwährend bleibt, dazu noch eine dritte t enthaltende

2') X[x, y, z, 0 = 0,

welche für jede Zeit den Ort in der Bahn bestimmt und passend in die Form

T) s = F{t)

gebracht werden kann, in welcher s den längs der Bahnkurve ge- messenen Abstand dieses Ortes von einem beliebig auf derselben festgelegten Anfangspunkt bezeichnet.

Die Gleichungen (1) und (2, 2') resp. (2, 2") sind äquivalent, aber erstere bestimmen die Bewegung des Punktes in symmetrischer, letztere in unsymmetrischer Weise.

Unsymmetrisch wird auch die Bewegung eines Punktes be- stimmt durch das Gesetz, nach welchem sich der Radiusvektor von dem Koordinatenanfangspimkt aus nach Größe und Richtung ändert, d. h. durch die Angabe der Beziehung

3) r=yü(0

§ 1. Ein materieüer Punkt 11

I

3")

und zweier von den drei

cos (r, x)^ A{t)j cos (r, y) = B{t), cos (r, z) = C(f), 3')

welche wegen

nicht voneinander unabhängig sind. Wegen

r* Ä ar* + y* + z\ cos (r, ar) : cos (r, y) : cos {r, z) ^ x:y:z

kann man Größe und Richtung des Vektors r symmetrisch durch die Koordinaten ausdrücken, welche wir auch seine Komponenten nennen können, weil er sich aus ihnen nach der Methode des Parallelepipeds zusammensetzen ls£t.

Diese einfachen Bemerkungen haben eine gewisse Wichtigkeit wegen der Anwendungen, welche von ihnen gemacht werden.

Jede physikalische Funktion, welche zu ihrer vollständigen Be- stimmung eine Zahl und eine Richtung erfordert, bezeichnet man nämlich im weiteren Sinne gleichfalls als Vektor, denkt sie durch eine auf der sie charakterisierenden Richtung aufgetragene Strecke von einer ihrer Größe proportionalen Ijänge repräsentiert und be- stimmt sie symmetrisch durch ihre Komponenten oder Pro- jektionen, die mit der Größe und Richtung des Vektors in derselben Beziehung stehen, wie nach (3") x, y, z zur Größe und Richtung von r.

Während die Komponenten bald positiv, bald negativ sein können, betrachtet man den Wert des Vektors selbst, den man auch als die nach der Methode des Parallelepipeds aus den Kom- ponenten erhaltenen Resultante bezeichnet, als stets positiv; aus- genommen ist nur der Fall, daß der Vektor zufallig in eine Rich- timg fällt, an welcher man aus irgend einem Grunde schon eine positive und eine negative Seite unterschieden hat, hier kann man ihm dann nach Belieben auch das Vorzeichen der Richtung geben, in welche er fallt

Den Vektoren oder Vektorgrößen stehen einerseits die durch eine bloße Zahl bestimmten Größen, die Skalaren, andererseits die komplizierteren Funktionen, welche noch mehr Bestimmungsstücke, als die Vektoren, verlangen, gegenüber.

Zur numerischen Anwendung der Formeln (1) und der mit ihnen äquivalenten ist die Festsetzung der Einheiten für Längen und Zeiten nötig. In der theoretischen Physik wird als Längeneinheit das Centimeter, als Zeiteinheit die Sekunde, d. i. der 86400. Teil des mittleren Sonnentages, gewählt; in den verwandten Gebieten

12 /. Teil, Mechanik starrer Körper, I, Kap.

der Technik und der Astronomie werden nach Bequemlichkeit andere Verfügungen getroffen.

Aus den Gleichungen (1) leiten wir durch Diflferentiation ab

.^ dx , dy . dx ,

worin u, v, ir neue Bezeichnungen sind.

«, V, w betrachten wir als Komponenten eines Vektors F, den wir die Geschwindigkeit des Punktes nennen.

Für denselben gilt, da nach (2")

dx^ + dy^ + dz^ =^ ds^^ dx:dy\dz^ cos (*, x) : cos (*.y) : cos («, z) ist

4')

r=y«» + «« + tr« = ^,

. COs{?^a:):cos(?^y):COS(r,z) = u:v:w = cos(«,ar) : cos(Ä,y) : cos(Ä,r).

Die Geschwindigkeit V ist also gleich dem Verhältnis des m dt zurückgelegten Weges ds zm der dazu aufgewandten Zeit und fallt mit ihrer Eichtung jederzeit in die Tangente der Bahn. Man kann sie nach dem Obigen sowohl als absolute Größe betrachten, als mit einem Vorzeichen versehen; u, », w erscheinen nach ihrer Defini- tion (4) als die Geschwindigkeiten der Projektionspunkte des be- wegten Massenpunktes auf die Koordinatenaxen. Wir erhalten aus (4) weiter

und fassen «', v\ uf als Komponenten eines neuen Vektors B auf, den wir die Beschleunigung des bewegten Punktes nennen. Es gilt dann wiederum:

g. j B^ = yir'M^'t/2~+^,

\ cos [Bj x) : cos (-B, y) : cos (-B, z) = m' : t?' : w.

Da tt, r, w nicht mit u\ v\ w proportional sind, so fällt die Rich- tung der Beschleunigung B im allgemeinen nicht in die Richtung der Geschwindigkeit V^ sondern ist gegen die Tangente an der Bahn geneigt

Die während dt eintretenden Zuwachse dx^ dy, dz der Koordi- naten kann man in Summen von Teilzuwachsen 2dx^y ^^Vk^ 2dz^ zerlegen, und gleiches gilt demnach auch von den Pro- jektionen oder Komponenten der Geschwindigkeit w, », lo. Setzt man nun korrespondierende u^^ Vj,, w^ ebenso zu einer Resultierenden Fj^ zusammen, wie oben m, v, w zu F^ so erkennt man, daß das

§ 1, Oesehuftndigkeit und Beschleunigung. 18

System der V^ dann in Bezug auf die Bewegung des Punktes mit dem einen V äquivalent ist, wenn gilt:

Diese Formeln enthalten den Satz vom Parallelogramm oder Parallel- epiped der Geschwindigkeiten.

Genau dieselbe Operation läBt sich mit den Zuwachsen der Geschwindigkeitskomponenten oder den Beschleunigungskomponenten

du , dv , dw ,

- = „, _ = «, _ = «,

vornehmen, und man gelangt dadurch zu dem analogen Satz für die Beschleunigungen. Ein System von Beschleunigungen B^ ist mit einer einzigen B dann äquivalent, wenn

«' = 2uic, V = 2vj^, w = ^w]^, 6')

Da nach (4) und (4')

TP-dx j^dy j'dx

' da ^ ds

ist, so kann man auch schreiben

, dV dx , Ty^d^x dt ds ds*^

dt ds ^ ds*' , dV d% , T^cPx

^)

dt ds ' ds^'

letzteres Formelsystem läßt die Beschleunigung B als aus zwei Teilen zusammengesetzt erscheinen, einem ersten parallel ds oder F gelegenen von der Größe

^"'^ dt " d^'

einem zweiten normal zur Bahn in der Oskulationsebene oder in dem Krümmungsradius q der Bahnkurve nach deren konkaver Seite hin gelegenen von der Größe

Wegen

wird die gesamte Beschleunigung B gegeben durch

= ^,» + =(!?)•+ ^. 7")

14 /. Teil, Mechanik starrer Körper. L Kap.

Geschwindigkeit und Beschleunigung sind die ersten zusammen- gesetzten oder abgeleiteten Größen, denen wir in der Mechanik begegnen. Die sie definierenden Formeln haben die einfachste Form I ohne Parameter; sie bestimmen also, nachdem die Einheiten für Länge und Zeit festgesetzt sind, die Einheiten von Geschwindigkeit und Beschleimigung vollständig. Die Dimensionalgleichungen für beide sind, falls die Dimensionen von Längen und Zeiten durch die Buchstaben l und t bezeichnet werden,

8) [D^^^S [£] = lt-^.

§ 2. Kraft und Masse.

Die Beschleunigung eines Massenpunktes verschwindet nur,

wenn gleichzeitig

w'=0, v'=0, tt?'=0

ist; ein Punkt, dessen Koordinaten diese Bedingungen erfüllen, be- wegt sich mit konstanter Geschwindigkeit in gerader Linie. Von einem solchen nehmen wir nach dem Vorgang von Galilei i) an, daß er sich selbst überlassen ist, d. h. keinen Einwirkungen unter- liegt; die Existenz einer Beschleunigung führen wir auf die Wir- kung einer Kraft zurück, deren Größe und Richtung wir nach der Größe und Richtung der vorhandenen Beschleunigung beurteilen. Und zwar setzen wir nach Newton^) die Kraft K der bewirkten Beschleunigung parallel und bei demselben Massenpunkt ihrer Größe proportional, was sich ausdrückt durch die Formeln

9) K=^BC, K\\B,

in denen C eine dem betrachteten Massenpunkt individuelle Konstante bezeichnet. Projiziert man K als Vektor, wie -ß, auf die Koordinaten- axen und bezeichnet die Projektionen oder Komponenten mit X, Z, Z, so kann man die gemachte Annahme symmetrisch ausdrücken durch

10) X = Cu\ Y = Cv', Z = Cw.

Zerlegt man jede dieser Gleichungen in n Theile von der Form

Xfe = Ci/i, Jjk = Cvjcj Zk = Cw]c,

so stellt jedes derartige Tripel die Werte der Beschleunigungs- komponenten «i, ri, w'jc bei Einwirkung der Teilkomponenten X^j JT^, Zj. dar, die ebenso zu Einzelkräften Kj^ zusammengesetzt werden können, wie X, Y Z zu K. Die gleichzeitig mrkenden K^ sind hiemach mit dem einzigen K äquivalent, wenn

11) x=-5^x„ r=j?j;, z^:sz^.

§ 2, Kraft und Masse. 15

Diese Formeln enthalten den Satz des Parallelogramms oder Pa- rallelepipeds der Kräfte^.

Bezüglich der in (9) und (10) enthaltenen Konstante C erkennt man, daß sie für verschiedene materielle Punkte derselben Substanz mit der Quantität M der in ihnen enthaltenen Materie, die durch den erfüllten Baum gemessen wird, proportional sein muB. Denn ein Punkt von doppelter Masse z. B. läßt sich als aus zwei ein- fachen Punkten zusammengesetzt betrachten und muß daher zwei gleiche Einwirkungen, welche nach (11) äquivalent sind mit einer von doppelter Größe, zu seiner Bewegung erfordern, als der ein- fache Punkt

Hierdurch gewinnen wir den Ansatz

K=^BMf, K\\B\ 12)

' derselbe giebt uns das erste Beispiel einer Beziehung von der Form (I), die einen Parameter enthält, und zwar ist das Beispiel von ganz besonders großer Bedeutung und sehr geeignet, die Rolle, welche diese Parameter in der Physik spielen, ins rechte Licht treten zu lassen.

Der Factor f erscheint zunächst als eine der Substanz des materiellen Punktes individuelle Konstante; denn unsere Über- legung hat sich nur mit der Vergleichung von Punkten gleicher Substanz beschäftigt

Wir dürfen ihn aber dann als eine universelle Konstante be- trachten, wenn wir über die Bedingung, unter welcher ;swei Massen von verschiedener Substanz als gleich gelten sollen, geeignet verfügen. Damit nämlich / für alle Substanzen den gleichen Wert habe, müssen, was ohne Kollision mit früheren Verfügungen möglich ist, solche Massen einander gleich gesetzt werden, an welchen dieselbe Kraft die gleiche Beschleunigung hervorbringt In der That ergiebt sich aus den auf zwei verschiedene Substanzen angewandten Gleichungen

K=BMf und K^BMf

durch Elimination von f die Beziehung

welche das Gesagte beweist

Diese letzte Gleichung giebt zugleich ein Mittel an, verschiedene Massen ihrer Größe nach miteinander zu vergleichen und daher auch, falls man die eine zur Masseneinheit wählt, sie zu messen.

16 /. Teil, Mechanik starrer Körper. L Kap.

Denn man braucht sie nur durch dieselbe Kraft; zu beschleunigen, so wird dann

sein müssen.

Nun eine erste freilich noch nicht flir die praktische An- wendung geeignete Methode der Messung von Massen gefunden ist, tritt auch das Bedürfnis nach einer Masseneinheit auf.

Als solche gilt in der Physik die Masse eines Eubikcentimeters Wasser im Zustand der größten Dichte bei 4^ C. unter dem Druck von einer Atmosphäre, das Gramm, in der Technik die Masse eines Kubikdecimeters Wasser, das Kilogramm, in der Astro- nomie die Masse der Erde.

Wir werden sehen, dass mit der Verfügung über die Längen-, Zeit- und Masseneinheit ein System von Grundeinheiten gebildet ist, durch das sich alle physikalischen Größen messen lassen, wenn es auch zum Zwecke kürzeren Ausdruckes häufig vorteilhafter ist, den zusammengesetzten Größen eigene Einheiten zu erteilen. Zahl- werte, die unter Zugrundelegung jener drei Fundamentaleinheiten ausgedrückt sind, bezeichnet man als in absolutem Maße ge- geben, und unterscheidet die verschiedenen benutzten Systeme durch Symbole, welche angeben, welche Einheiten für Länge, Masse und Zeit gewählt sind. So wird das gebräuchliche absolute Maßsystem der theoretischen Physik durch (cm, gr, sec), das der Technik durch (m, kg, sec) bezeichnet.

Nunmehr ist in der Formel

rechts Dimension und Einheit der beiden variabeln Faktoren voll- ständig bestimmt; das weitere Fortschreiten gestaltet sich ver- schieden, je nachdem man die Einheit und Dimension der Größe links, der Kraft nämlich, unabhängig von dieser Gleichung durch anderweite Überlegungen festsetzen will oder nicht. Nach beiden Richtungen hin wird der vorstehende Ansatz benutzt

In der theoretischen Physik ist man, wie schon in der Einleitung gesagt ist, bestrebt, im Interesse der Einfachheit aus den Be- ziehungen von vorstehender Form die Parameter, soweit nur immer möglich, fortzuschaflfen. Dies geschieht, indem man die noch ver- fügbaren Dimensionen und Einheiten so bestimmt, daß der Para- meter gleich einer reinen Zahl und zwar am besten gleich der Ein- heit wird.

Verfährt man hier demgemäß, so erhält man

§ 2. Kraft und Masse. 17

K^MB, 12')

und dadurch zugleich die Dimensionalgleichung einer Kraft in der Form

[Z] = m/^^ 12')

worin m die Dimension einer Masse bezeichnet Femer erkennt man, daß durch die getroffene Verfügung diejenige Kraft gleich Eins gesetzt wird, die der Masse Eins die Beschleunigung Eins erteilt

Die so definierte Krafteinheit, die konsequent aus der Definition der Kraft entwickelt ist, heißt die Dyne; sie ist die in der wissen- schaftlichen Physik fast allein gebräuchliche, ob sie gleich nicht sehr anschaulich und leicht herstellbar ist

In der Technik und den Gebieten der Physik, die mit ihr in besonders naher Verbindung stehen, der mechanischen Wärmetheorie und der Elektrodynamik, wird häufig eine andere, sehr anschau- liche und bequeme Krafteinheit angewandt, deren Einführung ein Beispiel für die zweite mögliche Art der Verwendung des obigen Ansatzes giebt

Die einzige Kraft, welche uns in immer gleicher Weise und mit zeitlich unveränderlicher Stärke zur Verfügung steht, ist die Schwerkraft Vielfältige Beobachtungen, deren genaueste von Bessel*) geliefert sind, haben festgestellt, daß ihre Wirkung auf einen materiellen Punkt mit dessen Masse, wie sie oben definiert worden, proportional ist Diese Wirkung nennt man sein Ge- wicht G, Die Beschleunigung, w^elche die Schwerkraft einem ma- teriellen Punkte erteilt, und welche nach dem eben Gesagten und nach der Beziehung

^=^Mf

von seiner Masse unabhängig ist, wird gebräuchlicher Weise durch den Buchstaben g bezeichnet; das Gewicht des Massenpunktes ist dann allgemein durch die Formel

G=^fMg 13)

oder in dem speziellen Falle, daß /*= 1 gesetzt ist, durch

G=^Mg 13')

gegeben.

Danach der Beobachtung^ auf der Erdoberfläche nicht sehr erheb- lich variiert, so ist auch das Gewicht eines bestimmten Massenpunktes auf derselben angenähert konstant; wo es sich um eine schärfere Definition handelt, benutzt man diejenige Kraft, welche der Massen-

ToioT, Theoretische Physik. 2

18 /. Teil. Meckamk starrer Körper, L Kap.

punkt unter der geographischen Breite von 45 <* und in der Höhe der Meeresoberfläche durch die Schwere erfahrt, also

13") G = fMff

46 '

als sein Gewicht im engeren Sinne des Wortes; eine eindeutige Festsetzung ist allerdings auch hierdurch nicht geliefert

Das so definierte Gewicht der Masseneinheit, in der Regel des Kilogrammes, führt jene zweite Verfügung über die Konstante f als die Einheit der Kraft ein. Aus der Formel

K^BMf wii'd dann, indem Jr=l, M=l, B = g^^ gesetzt wird,

und es ergiebt sich hierdurch als zulässig, die Konstante f nach Größe und Dimension zu bestimmen durch die Formel

Die allgemeine Beziehung nimmt hierdurch die Gestalt an

14) jr= ^

und sie läßt erkennen, daß bei dieser Verfügung über f die Kraft K ihrer Dimension nach eine Masse ist, wie auch ihre Einheit nur Ton derjenigen abhängt, in welcher die Masse gerechnet wird. Die Konstante f aber wird eine reciproke Beschleunigung, d. h.

Für den Übergang von wissenschaftlichen zu technischen Kraft- einheiten kann die Regel von Nutzen sein, welche die obige Formel an die Hand giebt: Vorausgesetzt, daß die Masseneinheit ungeändert bleibt, erhält man aus der Größe K^ einer Kraft in wissenschaftlichen Einheiten ihren Zahlwert K^ in technischen, indem man erstere durch 981 dividiert Wird gleichzeitig, wie häufig geschieht, die wissenschaftliche Masseneinheit g mit kg vertauscht, so wird

14') Z, = "^

9.81.10*

In der That ist die technische Krafteinheit, das Gewicht von 1 kg in physikalischen Einheiten gleich 9-81.10*.

Auf die astronomische Masseneinheit werden wir später ein- gehen.

§ 3. Beicegungsgkichtmgen für einen Massenpunkt, 19

§ 3. Sie Beweg^gflgleichungen.

Stellen wir uns weiterhin zunächst nur auf den Boden der Physik, so werden wir die Gleichungen

K^BM, K\\B

oder die mit ihnen äquivalenten^)

als das Resultat der bisherigen und die Grundlage flir die weiteren Entwickelungen, welche sich speziell auf die Bestimmung der Be- wegung eines Massenpunktes bei gegebenen Kräften beziehen werden, zu betrachten haben. Aus ihnen folgen unter Berücksichtigung der Beziehungen (7) leicht die folgenden drei Sätze % welche in nächstem Zusammenhang mit der in Formel (7") geleisteten Zerlegung der Beschleunigung B stehen.

Die Komponente der wirkenden Kraft nach der Richtung der Tangente an die Bahn ist gleich dem Produkt aus der Masse in die Tangentialkomponente der Beschleunigung oder der Bahn- beschleunigung:

P=Jlf^. 15')

Die Komponente der Kraft nach der Richtung der Haupt- nonnale ist gleich dem Produkt aus der Masse in das Quadrat der Geschwindigkeit dividiert durch den Krümmungsradius der Bahn:

Die Komponente der Kraft nach der Richtung der Binormale verschwindet:

Njj = 0. 15'")

Das Aggregat MV^Iq führt auch den Namen ^ der „Centri- fugalkraft'^ und wird anschaulich als ein Maß des Bestrebens des Massenpunktes gedeutet, den Krümmungsmittelpunkt zu fliehen; die Komponente Nj kompensiert gerade diese Wirkung.

Ist der Massenpunkt an eine feste, aber beliebig bewegte Ober- fläche gebunden, deren Gleichung

(p[x,y,z,t)^0 16')

sein mag, so sondern sich aus den Komponenten X, Z, Z die Reaktionskräfte der Oberfläche aus, die zwar, wenn die OberflSi,che keine tangentiale Wirkung übt, ihrer Richtung nach bekannt sind, deren Größe iV" aber von der Inanspruchnahme durch die äußeren

20 L Teü, Mechanik starrer Körper, L Kap,

Kräfte X, T, Z abhängt und daher im allgemeinen unbekannt ist Die obigen Gleichungen werden hiemach

M j^ = X + iVcos (n, x)y

16)

JI/^=r+J\rco8(n,y), M^^Z+Ntos[n,z).

dt*

Ganz ebenso gilt, wenn der Massenpunkt auf einer durch die beiden Gleichungen

17') qpj {x, y, z, t) = 0, y, {x, y, 2:, /) = ü

gegebenen Kurve zu bleiben gezwungen ist, das System

17)

-Jf ^-Tj- = X+ JVjCOs(»j, or) + -A^jjC08(nj, x), .V^ = r+ J\'; cos(ni, y) + iV, cos(n,, y), M -r^ == Z + N^cos{n^, z) + N^ cos (n^, z) ,

dt*

worin JV^ und iV^ die Komponenten der von der Kurve ausgeübten gesamten Reaktion N nach den Normalen n^ und n^ auf den beiden Oberflächen qp^ == 0 und cp^ = 0 bezeichnen. Der ver- größerten Zahl der Unbekannten entspricht die vergrößerte Zahl der Bedingungen.®)

Die Systeme (15), resp. (16) und (17) bestimmen bei allein von t, Xj y, Zj Uy V, w abhängenden Kräften die Bewegung eines Massen- punktes vollständig, wenn noch sein Anfangszustand gegeben ist, d. h. seine Koordinaten und seine Geschwindigkeitskomponenten für irgend einen Zeitpunkt vorgeschrieben sind, oder andere hiermit äquivalente Nebenbedingungen vorliegen.

Gleichgewicht findet statt, wenn bei verschwindender Ge- schwindigkeit auch die Beschleunigung verschwindet, also die Kom- ponentensummen nach den Koordinatenaxen und damit nach allen Richtungen gleich Null sind.

Die drei Bedingungen

18) X=-5'X, = 0, r=^7, = o, z^2:z^ = o

enthalten nach dem Gesagten bei einem frei beweglichen Massen- punkt, welches auch im allgemeinen die Abhängigkeit der Kräfte sei 9 nur dessen Koordinaten und bestimmen demgemäß für diese ein oder mehrere Systeme von Werten, welche den Gleichgewichts- lagen des Punktes entsprechen.

§ 4. Lebendige Kraft, Arbeit. 21

Ist der Massenpunkt an eine feste, ruhende Oberfläche gebunden, 80 enthalten sie, wie in den Systemen (16) und (17) hervortritt, außerdem noch deren unbekannte Eeaktionskraft N\ man kann die- selbe eliminieren, indem man die Formeln (18) mit den Faktoren C08(«j, x\ cos(*j,y), C08(*j, z) und cos (5,, x), cos(*j,y), cos(*2> ^) zu- sammenfaßt, in denen «^ und s^ die Richtungen zweier verschiedener in der Oberfläche gelegener Linienelemente bezeichnen. Die beiden Bedingungen

Xcos(«i, x) + rcos(*i, y) + ^cos(*2, z) = 0, |

Xcos («2, x) + Tcos (*2, y) + ^^cos («g, z) = 0 J

bestimmen mit tp (:r, y, z) = 0 zusammen die Koordinaten der Gleich- gewichtslagen.

Gleiches gilt für einen an eine ruhende, feste Kurve gebun- denen Punkt in Bezug auf die drei Gleichungen

Xcos [8j x) + Tcos (*, y) + ^cos (*, z) = 0, \ 9i i^y Vj ^) = 0, 9?2 {xj y, z) = 0. J

§ 4. Lebendige Kraft, Arbeit, Potential, Energie.

Aus den allgemeinen Bewegungsgleichungen (15) erhält man durch Zusammenfassung mit den Faktoren dx^udty di/ = vdt, dz = todt die Formel

^Md{F^ = Xdx + Tdy + Zdz\ 19)

darin heißt der Ausdruck

\MV^=^^ 19')

die lebendige Kraft ^ des Massenpunktes,

Xdx + Ydy + Zdz^d'Jl 19")

die Arbeit^*^ der wirkenden Kräfte bei der Verschiebung ds. Die Arbeit stellt sich im allgemeinen nicht in der Form eines voll- ständigen Differentiales nach der Zeit dar, und die dafür eingeführte kurze Bezeichnung d^ui soll demgemäß nur einen unendlich kleinen mit dt proportionalen Betrag bedeuten; in ähnlichem Sinne wollen wir weiterhin das Symbol öT immer verwenden. Die Gleichung (19) oder die kürzere Form

dW^d!A 20)

heißt die Gleichung der lebendigen Kraft für den betrachteten

22 /. TeiL Mechanik starrer Körper. L Kap,

Massenpunkt Sie liefert durch Integration zwischen zwei Zeit- punkten (1) und (2)

12)

20') %^W,^f^u4=^^,„

(1) worin ui^^ im allgemeinen nur dann bestimmbar ist, wenn inner- halb des Integrationsbereiches die Bewegung, d. h. x, y, z als Funktionen von t bestimmt sind.

Die Arbeit ist im allgemeinen Ton den Komponentensummen aller wirkenden Kräfte zu bilden. Man kann sie in Teile zer- legen, die den einzelnen wirkenden Kräften entsprechen, und im Anschluß an (11) schreiben

21) (TJl = JS'rf^^,

wo

21') d'Jj^ = Xj^dx + Y^dy + Z^dz

sich auch auf die Form bringen läßt

21") dAy^ = K^ cos {K^, s) ds.

Ist die Bewegung an eine ruhende Kurve oder Oberfläche gebunden, so verschwinden nach den aus (16') und (17') durch vollständige Difl'erentiation nach der Zeit folgenden Formeln die von den Eeaktions- kräften herrührenden Anteile, und die Gleichung der lebendigen Kraft enthält nur die Arbeiten der direkt gegebenen äußeren Kräfte.

In dem Falle, daß die Arbeit dA^ einer Kraft K^ sich in der Form eines vollständigen DiflFerentiales nach der Zeit darstellt, sagt man, daß JTfc ein PotentiaP^) </>fc besitzt, das man durch die Gleichung

22) d!A^ = - ^ ^fc

bis auf eine additive Konstante definiert Gilt dies von allen wir- kenden Kräften und bezeichnet 0 =t= -2* 0^ ihr Gesamtpotential, so nimmt die Gleichung der lebendigen Kraft die Gestalt an

22') dE^d{W+ 0) = O

oder integriert

22") E=W+ 0 = Const,

in welcher die neu eingeführte und wie 0 nur bis auf eine addi- tive Konstante definierte Funktion £* die Energie des Massen- punktes unter dem Einfluß aller wirkenden Kräfte^^ heißt 0 und W erscheinen als Teile von E, die während der Bewegung

§ 4. PotenHalf Energie. 23

jeder nur auf Kosten des anderen wachsen und abnehmen, und werden auch als potentielle und kinetische Energie bezeichnet

Lebendige Kraft, Arbeit, Potential und Energie haben dieselbe Dimension, es gilt nämlich

[«P] = [^ = [0] = [^ = m P /-2. 22"')

Ihre wissenschaftliche Einheit, nämlich das Produkt der Kraft- einheit in die Längeneinheit, führt den Namen Erg.

Um Energien oder Arbeiten von physikalischen Einheiten (g, cm, sec) in technische (kg, m, sec) überzuführen, hat man nach der Gleichung

£r^

V

9.81.10'

zu verfahren; in der That ist die technische Arbeitseinheit, das Kilogrammeter, oder die Arbeit, welche erforderlich ist, um den Angriffspunkt der Krafteinheit (des kg) um 1 m zu heben, gleich ^.10^

Der Wirksamkeit einer Kraftmaschine wird nach der Arbeit be- urteilt, welche sie in der Zeiteinheit liefert, d. h. nach der Funktion

r=^, 23)

welche wir kurz ihren Effekt nennen wollen; für F gilt die Di- mensionalgleichung

[I-^^mPir^. 23')

In dem wichtigen Falle, daß die Arbeit gegen eine konstante der Bewegung entgegengesetzte Widerstandskraft W geleistet wird, welche die Geschwindigkeit V konstant erhält, hat die hervorgebrachte Leistung den Wert

r^JFF. 23")

Bei physikalischen Messungen drückt man derartige Leistungen in Erg per Sekunde aus, wie überhaupt durch die Präposition „per** eine Größe auf eine bestimmte Zeit oder Länge bezogen wird. In der Technik, wo es sich häufig um sehr bedeutende Lei- stungen handelt, hat man als Einheit für dieselben die sog. Pf er de - kraft, nämlich 75 kg.m per sec. eingeführt Sie ist gleich 9. 81. 75. 10^ Erg per Sekunde.

Die Elektrotechnik hat aus Gründen, die später klarer hervor- treten werden, für Arbeit und Leistung Einheiten eingeführt, die aus den wissenschaftlichen abgeleitet sind. Eine Arbeit von 10^ Erg nennt sie 1 Joule, eine Leistung von 10^ Erg per Sekunde 1 Watt

24

7. Tnl. Mechanik starrer Körper. 1. Kap.

Die Bedingungen für die Existenz eines Potentiales sind in dem allgemeinsten Falle, daß die Kraflkomponenten von der Zeit, den Koordinaten und ihren Differentialquotienten nach der Zeit ab- hängen, ziemlich kompliziert Man erhält sie^'), indem man die allgemeinste Variation einer Funktion (p von ^ ar, y, z, ar', y', / . . ., worin die oberen Jndices Differentialquotienten nach der Zeit be- zeichnen, bildet und auf eine Form zu bringen sucht, welche der das Potential definierenden Gleichung

24) Xdx + Ydy + Zdz = - cf 0

entspricht.

Es ist zunächst

240

Berücksichtigt man, daß nach der Definition ist, so kann man leicht bilden

d (f

d X

d_

d

d dx

Sx

dx^^'

hieraus folgt durch Einsetzen in (24')

24")

8x

dq> d d (p cP dtp dP ^V i dx''dilx''^di^'dö^'''d?ds^^'''

+

Sy\...\+Sz\...\

\

4- Sx"( -* - '^ --^4- ] +

+

§ 4, PotenÜalf Energie,

25

Sind nun die Variationen Sxy Sy, Sz , . . die während der Zeit ^^ im Laufe der Bewegung wirklich eintretenden Verände- rungen, so ist

Sx ^==x'dty Sy ^=ydt^ 8z =^z'dtj Sx' = x''dt, Sy = y'dt^ S z = z'dt,

und auch S(p fp.dt\ dann hat die rechte Seite der letzten Formel aber immer die Form eines vollständigen Differentiales nach der Zeit, wenn rp die Zeit nicht explicit enthält, d.h. d(pldt=^Q ist Deutet man also links die negativ genommenen Faktoren von Sxj 8yj 8 z als die Ausdrücke für die Kraftkomponenten X, J, Z^ so läßt sich dann die rechte Seite als das negative Differential eines allgemeinen Potentiales 0 betrachten. Es entspricht sich also

J= -

7= -

Z= -

d <p dy

d <p d%

, d d g>

cP dq>

dt dx' dt* dx

//

+ 4.

dg> d^ dq>

dtdy' df^ dy"

^±dg>

25)

dtdx' dt* dx''

d <p

dx" ' dt* dx

nt

q:...j+y'(., .)+/(.. .y

X

d g> d dq> . \

T^^Ttdx'"^ '") ""•••

^fft( d q> d djp^. \

25')

und jederzeit, wenn die Kraftkomponenten sich in der voratehenden

Form (25) darstellen, ergiebt der letzte Ausdruck (25') das wirksame

Potential

Der wichtigste Fall ist der, daß die Komponenten nur von den

Koordinaten allein abhängen; dann muß gleiches von tp gelten und

es wird

0 = <jp.

Hier läßt sich also einfach schreiben

0 0 ,^ dO

X= -

7 =

Z^ -

dO

d%

26)

dx' ^ ~ dy' und auch eine von 0 selbst unabhängige Bedingung für die Existenz eines solchen speziellen Potentiales bilden, nämlich

ör_^ ö^^öX dX ^dY dlö'~^y^ dx ~' dx ' dy dx

26')

26 /. Teü, Mechanik starrer Körper. L Kap.

Die Gleichung der lebendigen Kraft (22") gewinnt in diesem Falle eine einfache und anschauliche Bedeutung.

Wenn 0 nur die Koordinaten enthält, so giebt jede Gleichung 0 = Const eine Oberfläche, und man kann mit dergleichen Poten- tialflächen den ganzen Baum erfüllen. Die Gleichung der leben- digen Kraft sagt in diesem Falle aus, daß, wo immer der Massen- punkt dieselbe Potentialfiäche erreicht, er dies stets mit der gleichen Geschwindigkeit thut; insbesondere besitzt er, wenn er einen und denselben Punkt mehrfach passiert, daselbst immer dieselbe Ge- schwindigkeit.

Wegen dieser Eigenschaft der Bewegung nennt man Kräfte, welche ein nur von den Koordinaten abhängiges Potential besitzen, konservativ und dehnt diese Bezeichnung auch auf den Fall irgend welcher Potentiale aus.

Es möge bemerkt werden, daß die vorstehenden Entwickelungen den allgemeinen Fall nicht umfassen, unter "welchem die Arbeit (TA verschwindet, also auf ein konstantes Potential führt. Dieser tritt jederzeit ein, wenn die Kraftkomponenten die Form haben

X= Cv -Btü,

26") r=^M?-(7M,

worin A, By C beliebige Funktionen der Zeit, der Koordinaten und ihrer Differentialquotienten sein können. Betrachtet man A, B, C als die Komponenten eines Vektors JD, wie u, v, w die Komponenten der Geschwindigkeit Tsind, so steht die resultierende Kraft K nor- mal auf der Ebene durch JD und F und hat die Größe

26'") K=D Fsin {D, F) .

Faßt man die Gleichungen (15) mit den Faktoren Sx, Sy, 8 z zusammen, welche beliebige Variationen der Koordinaten x, y, z be- zeichnen soUen, so erhält man^^)

worin S'A die Arbeit bezeichnet, welche die Kräfte bei der durch 8x^ Sy, Sz bestimmten willkürlichen Verschiebung Ss leisten. Die- selbe Formel gilt auch für bedingte Bewegungen, und zwar enthält in diesem Falle S'A allein die äußeren, nicht die ßeaktionskräfte, wenn nur die Jar, 5y, Sz und damit die Richtung und Größe der resultierenden Verrückung 8s den Bedingungen genügen, die man aus (17') resp. (18') durch Variation bei unveränderter Zeit erhält.

§ 4. Oleickung der virtuelien Verrückungen. 27

Derartige Yerriickungen nennt man virtuelle, und demgemäß auch die Formel (27) die Gleichung der virtuellen Ver- rückungen.

In diesem Sinne verstanden, gestattet die Formel (27) die Bück- gewinnung der allgemeinen" Gleichungen für freie und bedingte Be- wegung.

Nach der Methode von Laghange^*) wird nämlich die Bedingung

dadurch berücksichtigt, daß man die Formel

ox oy ^ ox

mit einem imbekannten Faktor X multipliziert der Gleichung (27) zufügt und danach alle Variationen Sx^ Öy, 5 z als willkürlich be- trachtet Man gelangt so zu dem System

ar ox '

27')

das nur der Form nach von (17) verschieden ist.

Die Bedingung des Gleichgewichts verwandelt sich aus dem gleichen Grund in^®)

S'A = XSx + YSy + ZSz = 0; 28)

sie sagt aus, daß für einen Massenpunkt Gleichgewicht stattfindet, wenn bei jeder virtuellen Verschiebung die an ihm geleistete Arbeit verschwindet

Hat die wirkende Kraft ein Potential </>, welches nur die Koordinaten enthält, so ist die Bedingung (28) identisch mit

5f/> = 0; 28')

in der Gleichgewichtslage hat im allgemeinen 0 einen größten oder kleinsten Wert.

Wenn die Bedingung (28) nicht erfüllt ist, so tritt Bewegung ein. Gemäß der Formel (19) gilt dann für den ersten Zeitmoment

d (m^) = du4,

WO der Ausdruck links, da die Bewegung von der Geschwindigkeit

28 /. Teil, Mechanik starrer Körper, L Kap,

Fss 0 an beginnt, jedenfalls positiv ist. Es folgt hieraus, daß für die aus der Euhe beginnende Bewegung eines Massenpunktes stets

28") £f ^ > 0

ist, was, im Falle, daß ein Potential vorhanden ist, auf

28'") rf * < 0

führt.

EUeraus folgt weiter, daß, wenn in der Gleichgewichtslage </> ein Maximum ist, eine unendlich kleine Ablenkung aus dieser Position eine Bewegung veranlaßt^ welche den Massenpunkt noch weiter von der Gleichgewichtslage entfernt; wenn ein Minimum, dann eine solche, die ihn nach der Gleichgewichtslage zurückfuhrt. Im ersteren Falle heißt das Gleichgewicht labil, im zweiten stabil, auf der Grenze zwischen beiden indifferent

§ 5. Beispiele konservativer und nicht konservativer Kräfte.

Die in den vorigen Abschnitten entwickelten allgemeinen Grund- sätze sollen nunmehr auf die wichtigsten Kräfte, für deren Ein- wirkung die Körper unter der auf Seite 10 gegebenen Bedingung als Massenpunkte angesehen werden können, angewandt werden.

Euer kommt in erster Linie die Schwerkraft in Betracht. Dieselbe kann an der Erdoberfläche innerhalb erheblicher Bereiche als von konstanter Größe und Kichtung angesehen werden; ihre Größe ist nach Formel (13') gleich M^j ihre Richtung steht normal zur Erdoberfläche. Legen wir also die ^-Axe des Koordinaten- systems vertikal nach unten, so nehmen die Gleichungen (15) für die freie Bewegung die Gestalt an

2») 3?'-». S'-O. ^-^'

woraus allgemein die Gesetze des Wurfes und, falls der Massen- punkt seine Bewegung ohne Anfangsgeschwindigkeit beginnt, die Gesetze des freien Falles ^^ folgen.

Die Schwerkraft erfüllt die Bedingungen (26') identisch, sie ist also eine konservative Kraft. Ihr Potential hat den Wert Mff z, und die Gleichung (22") der lebendigen Kraft lautet für sie, wenn die Bewegung frei oder an eine ruhende Kurve oder Oberfläche

gebunden ist

J^-'2ffz = Const]

die Konstante bestimmt sich zu Null, wenn man die XJ-Ebene in

§ 5. Schwerkraft. 29

diejenige Höhe legt, in welcher V verschwinden würde, wenn die Bedingungen ihre Erreichung gestatteten. Aus

r^ = 2gz 29')

folgt dann

-^^±dt, 29'0

eine Gleichung, welche sich direkt integrieren läßt, wenn der Punkt an eine feste Kurve gebunden, also ds durch dz und z ausdriickbar ist In diesem Falle liefert die Gleichung der lebendigen Kraft allein die yollkommene Lösung des Bewegungsproblems. Das Vorzeichen in der letzten Gleichung bestimmt sich, wenn die Be- wegungsrichtung für einen Wert von z vorgeschrieben ist, und kehrt sich im Laufe der Bewegung um, sowie die Höhe z = 0 er- reicht wird.

Befindet sich der Massenpunkt auf einem Zweig der festen Bahn, welcher an zwei Stellen die Höhe ;? = 0 erreicht und da- zwischen durchweg tiefer liegt, so führt er eine Oscillationsbewegung zwischen jenen beiden Stellen aus, deren Periode gleich dem Inte- grale des Ausdrucks in Formel (29") ist, genommen von einem Um- kehrpunkt bis zu diesem zurück.

Ist die feste Kurve eine in einer vertikalen Ebene liegende Ki'eislinie, so erhält mau diejenige Bewegung, die man als ebene Pendelbewegung bezeichnet, und die man einem schweren Punkte auch dadurch erteilen kann, daß man ihn mit einem Faden von verschwindend kleiner Masse an einem Stützpunkte aufhängt und mit einer Anfangsgeschwindigkeit versieht, die ihn durch seine Gleichgewichtslage hindurchführt.

Kann man das Quadrat der Schwingungsweite neben dem- jenigen des Kreisradius R vernachlässigen, so liefert obige Formel für die Periode T der Oscillation den Wert^®)

29'")

Die Beobachtung der Oscillationsdauer giebt ein Mittel zur Bestimmung der Konstanten g der Schwere, deren Kenntnis von großer Wichtigkeit ist, da zahlreiche Messungen von Kräften auf ihrer Vergleichung mit dem Gewicht eines Körpers von gegebener Masse beruhen und die Bestimmung des letzteren in absolutem Maße diejenige von g voraussetzt. Indessen kann man in Praxi die Ver- hältnisse nicht so einrichten, daß man den oscillierenden Körper

30 /. TeiL Mechanik starrer Körper. L Kap.

mit einiger Schärfe als materiellen Punkt betrachten kann, und die strenge Theorie der Beobachtungsmethode erfordert demgemäß noch andere, als die bisher gewonnenen Hülfsmittel.

Nächst der Schwere erregen wegen ihrer zahlreichen Anwen- dungen die Centralkräfte^®) besonderes Interesse. Man versteht unter diesem Namen Kräfte, welche nach einem ruhenden oder in gegebener Weise bewegten Punkte, dem Kraftcentrum, hin gerichtet sind und ausschließlich von der Entfernung r des be- wegten Massenpunktes von jenem Centrum abhängen.

Der einfachste Fall ist hier der, daß das Attraktionscentrum ruht, und wir wollen uns auf ihn allein beschränken.

Die Bewegung muß nach Symmetrie in der Ebene bleiben, welche durch die anfänglichen Lagen des Eadiusvektors r^ und der Geschwindigkeit F^ bestimmt wird. Wir wählen sie zur XZ-Ebene und legen das Kraftcentrum in den Koordinatenanfang. Die Be- wegungsgleichungen lauten dann

30) Ki--^V^ ^r^=-A'f,

WO positive Werte K einer nach dem Centrum hin, negative einer von dem Centrum hinweg gerichteten Kraft entsprechen; im ersten Falle nennen wir die Wirkung anziehend, im letzteren ab- stoßend.

Kräfte der vorausgesetzten Art befriedigen die Gleichungen (26'), sind also konservativ; ihr Potential lautet bei Verfügung über die willkürliche Konstante

300 ib^fKdr.

Die Gleichung der lebendigen Kraft (22") giebt bei Einftlhrung von Polarkoordinaten r und tp

30") M^^^^+^^c„

worin c^ eine Konstante bezeichnet, dg) I dt = tp heißt die Winkel- geschwindigkeit des Massenpunktes; ihre Dimension ist, da Winkel- größen reine Zahlen sind,

30'") iff'l = r-i.

Gleichung (30") liefert ein erstes Integral der Bewegungs- gleichungen (30); ein zweites erhält man, wenn man sie mit den Faktoren y und x zusammenfaßt in der Form

§ 5. Centralkräfte mit ruhendem Centrum. 31

dy dx ck ni\

wo unter c^ wieder eine Eonstante verstanden ist Hierfür kann man auch schreiben

S = <'.' 31')

falls man mit cCx di^ unendlich kleine Fläche bezeichnet, welche der Radiusvektor während dt bestreicht; (fx I ^^ "= / heißt die Flächengeschwindigkeit des Massenpunktes und hat die Dimension

M = P^^ 31")

Sie ist nach der letzten Formel bei Centralbewegungen der be- trachteten Art konstant. Bei Einführung von Polarkoordinaten er- hält man aus (3r)

2 dt "''a- ^1 )

Aus (30") und (31'") läßt sich nach Belieben dt oder dq) elimi- nieren; im ersteren Falle erhält man

oder auch

(1 + (^)) + ^ = <'^ 32)

^0=T=^''9' 32'

V 2M

V

und hieraus durch Integration die Gleichung der Bahn ; im letzteren

=^-== = ±^c^dt

Ci - 0 _ 1 oJ )

und hieraus durch Integration die Bestimmung des Ortes des Massenpuuktes in der Bahn als Funktion der Zeit

Die letztere Formel versagt, wenn der Massenpunkt unter der Wirkung der Centralkraft einen Kreis um das Kraftcentrum als Mittelpunkt beschreibt, ein Fall, der bei jedem Kraftgesetz durch geeignete Wahl des Anfangszustandes erzielt werden kann. Hier gelangt man in einfachster Weise zu dem Gesetz, welches <p mit t verbindet, wenn man in (31"') r konstant = R nimmt

Für die ümlaufszeit T ergiebt sich ein interessanter Satz, wenn man den Gedanken ausdrückt, daß bei kreisförmiger Bahn jederzeit die Centrifugalkraft die Centralkraft kompensieren muß. Dies giebt nach (15")

32 /. Teil. Mechanik starrer Körper, I. Kap.

K^MR

m-

woraus sich für die Umlaufsdauer wegen dfpjdt=2nlT ergiebt

oder, wenn die Centralkraft mit der Masse M proportional, also K = MK^ ist

Bei der Wirkung von Centralkräften, die von einem ruhenden Centrum ausgehen, ist durch die Formeln (82') und (82'^ die Lö- sung des Bewegungsproblemes allgemein auf Quadraturen zurück- geführt.

Ist die Bahn und das Kraftcentrum gegeben, so gestattet die Gleichung (82) die Bestimmung des wirksamen Potentiales bis auf eine multiplikative Konstante Cg, ohne daß das Bewegungsgesetz bekannt zu sein braucht; c^ bestimmt sich dabei, wenn die Ge- schwindigkeit des Massenpunktes an irgend einer Stelle seiner Bahn gegeben ist, nach Formel (81'").

Einen merkwürdigen Wert für die bei der Centralbewegung wirkende Kraft erhält man in folgender Weise.

Bezeichnet man das Lot von dem Kraftcentrum auf die Rich- tung des Bahnelementes ds mit n, so ist

33) / = |n|i = inr=o,,

woraus beiläufig ?^ indirekt proportional mit n folgt. Führt man den Winkel r zwischen der Richtung von ds und der Sichtung der X-Axe ein, von der aus tp gezählt werden mag, so ergiebt sich

88') Cj= ^rrsin(T-y)

und daher

QQffy. 2 Cj cos T __ 2 c, sin T

ÖO j M = -, z r , V

r sin (t 9) ' r sin (t 9) *

Hieraus folgt durch Differentiation nach der Zeit unter Berück- sichtigung der Beziehung ctg(T (p) =^ drjrdtp

Q,A\ du _^ (Px 2Cj cos <p dx dv __ cPy 2 c, sinqp dt

^ 57 "" 57» "" "" r sin« (t - (p) dt' dt ~~ dt^ ^ '" r sin« (r - <p) 'dt '

und wegen r cos qp = x, r sin qp = y nach (80)

Q4'\ r 2cg Af dl __ MV rfjr _ 2c,r3f rfr

' "" r sin* (t q)) d t ~' sin (t -- (p) d t ~" n* dt '

§ o, Widerstandskräfte, Gleitende Reibung, 33

worin (t (f) der Winkel zwischen der Bichtung von r und der Yon ds ist, und dx j dt die Geschwindigkeit bezeichnet, mit welcher die Bewegungsrichtung sich dreht.

Von nicht konservativen Kräften haben besonders diejenigen eine praktische Bedeutung, deren Richtung stets in die Bewegungs- richtung des Massenpunktes fällt und deren Größe allein von seiner Geschwindigkeit abhängt. Dann ist

X=i:,^, Y^K^tl Z=.K,'^, 35)

WO JTj eine Funktion der Geschwindigkeit F allein und positiv oder negativ ist, jenachdem die Kraft antreibend oder hemmend wirkt. Die Arbeit nimmt die Form

d!A=-K^ds^K^Vdt 35')

an und ist ersichtlich im allgemeinen kein vollständiges Differential nach der Zeit

Hemmende Kräfte dieser Art erleidet ein Massenpunkt, der sich in einer Flüssigkeit bewegt*^ Ihr genaues Gesetz ist unbekannt; bei kleiner Geschwindigkeit erhält man eine angenäherte Dar- stellung der Wirklichkeit, wenn man K^ mit V proportional, etwa = Ä r setzt Hier wird dann aus (35)

X=-ÄM, Y=-kv, Z=-kw' 36)

k heißt die Konstante des Flüssigkeitswiderstandes und hat die Dimensionalgleichung

[Ä] = m^-i. 360

Ihre Größe bestimmt man am bequemsten durch die BeobacTitung der abnehmenden Schwingungsamplitude eines Pendels, welches in der betreffenden Flüssigkeit schwingt.

Eine antreibende Kraft dieser Art von nahe konstanter Größe K^ erfährt eine steigende Eakete; unter Berücksichtigung des Luft- widerstandes wirkt auf sie tangential K=Kq K^{F), demnach eine Kraft, die mit wachsender Geschwindigkeit ihr Vorzeichen um- kehrt und aus einer antreibenden zu einer hemmenden wird.

Einen wesentlich anderen Charakter, als die vorstehend be- sprochenen, allein von der Geschwindigkeit abhängigen Widerstands- kräfte, besitzt die gleitende Reibung*^) eines Massenpunktes an einer festen Oberfläche oder Kurve.

Zwar ist auch ihre Richtung derjenigen der Bewegung ent- gegengesetzt, aber ihre Größe hängt von dem Reaktionsdruck ab, welchen die feste Oberfläche oder Kurve auf den Massenpunkt aus-

VoioT, Theoretische Physik. *•' 3

34 /. Teil. Mechanik starrer Körper. L Kap.

übt, und damit in einer meist komplizierten Weise sowohl von dem Bewegungszustand, als von den wirkenden äußeren Kräften.

Die Beobachtung gestattet ftlr die Größe der Reibungskraft, welche ein bewegter Massenpunkt erfährt, den Ansatz

37) K=]Srn

zu machen, wo n eine der Kombination der Substanzen des Massen- punktes und der Oberfläche oder Kurre individuelle Konstante, der sogenannte Reibungskoeffizient, und N der absolute Wert der normalen Reaktion der Bahn ist Für n gilt ersichtlich

37') [n] = 1.

Auch ein ruhender Massenpunkt kann auf einer festen Ober- fläche oder Kurve eine Reibungskraft erfahren. Um für deren Ge- setze eine Übereinstimmung mit den allgemeinen Gleichgewichts- bedingungen und einen stetigen Anschluß an die Werte, die bei der Bewegung eintreten, zu erhalten, muß man sich vorteilen, daß ihre Richtung jederzeit derjenigen der Tangentialkomponente P der äußeren Kräfte nach der Oberfläche oder Kurve entgegengesetzt und ihre Größe derjenigen von P gleich ist, so lange P^Nn bleibt; für P > Nn tritt ja Bewegung ein. Es wird demnach die gleitende Reibung im Zustand der Ruhe kleiner, als in dem der Bewegung sein, also, wie man sagt, nur unvollständig in Anspruch ge- nommen werden, so daß man setzen kann

38) K^^Nnß,

worin ß einen echten Bruch bedeutet.

Hieraus folgt, daß die allgemeinen Gleichgewichtsbedingungen für einen Massenpunkt auf reibender Oberfläche oder Kurve nicht eine einzelne Gleichgewichtslage, sondern ein endliches Bereich be- stimmen, innerhalb dessen er an jeder Stelle ruhen kann, und dessen Begrenzung durch den extremen Wert /9 = 1 gegeben ist; ß = 0 bestimmt den speziellen Punkt, wo die Inanspruchnahme der Reibung verschwindet, und wo demgemäß der Punkt ohne gleitende Reibung im Gleichgewicht sein würde.

Wirkt von äußeren Kräften nur die Schwere, so erkennt man leicht, daß das Gleichgewichtsbereich des Massenpunktes auf einer reibenden Oberfläche begrenzt ist durch eine Kurve, längs deren die Tangentialebene den Winkel v mit der horizontalen einschließt, der bestimmt ist durch

38') tgi/ = w;

§ 5. Gleitende Reihung, 35

Analoges gilt von dem Gleichgewichtsbereich auf einer festen rei- benden Kurve. Der durch die Gleichung (38') definierte Winkel v heißt der Eeibungswinkel der Substanz des Massenpunktes gegen die Substanz der festen Bahn.

Befindet sich der Massenpunkt M auf einer reibenden horizon- talen Ebene, und wirkt außer der Schwere noch eine horizontale Kraft K^, so ist Gleichgewicht vorhanden, so lange

K^<Mgn 39)

ist^ und die Bewegung beginnt, sowie

K^ = Mffn. 39')

Hierauf beruht die gebräuchlichste Methode zur experimentellen Bestimoiung von n.

B^i allen Bewegungen unter der Wirkung gleitender Reibung ist wesentlich, daß der Massenpunkt am Rotieren gehindert ist, weil nur beL Erfüllung dieser Voraussetzung, also bei reinem Gleiten, die obigen Resultate anwendbar sind, überhaupt der Körper als Massen- pnnkt zu betrachten ist

8'

IL Kapitel.

Bewegung eines Systemes von materiellen Punkten.

§ 6. Schwerpunktg- und Flachensätze; Gleichung der Energie.

Unter einem Punktsystem wollen wir eine Anzahl, sagen wir Yon n Massenpunkten von den Massen tw^ = 1, 2 . . . n) verstehen, die ihre Bewegung derartig gegenseitig beeinflussen, daß bei gleich- zeitigem Vorhandensein aller jeder einzelne sich anders bewegt, als wenn er bei sonst ungeänderten Umständen allein vorhanden wäre.

Nach der Grunddefinition von Kraft müssen also durch das Vorhandensein der übrigen Massenpunkte Kräfte auftreten, die mit den sonstigen Bedingungen des Problemes nicht gegeben sind. Wir drücken dies dadurch aus, daß wir in den für jeden einzelnen Punkt THj^ aufgestellten Bewegungsgleichungen (15) aus den Kraft- komponenten Anteile aussondern, welche die Beträge darstellen, die infolge der Anwesenheit der übrigen Punkte wirksam werden; diese Anteile mögen, soweit sie von dem Massenpunkt rrij^ herrühren, mit ^hkj ^hkj ^hk bezeichnet werden. IBezeichnen wir den übrig blei- benden Rest, d. h. die Komponenten, welche w^ nach Beseitigung aller anderen Massenpunkte m^^ erfährt, und die sowohl von festen Kraftcentren, wie von der Reaktion fester Oberflächen oder Kurven herrühren können, mit J?^, T^, Zj^, so nehmen die Bewegungs- gleichungen folgende Gestalt an

40)

=

X*

+

*(A)

Xhkf

m^

=

Yk

+

Yhki

m^

dt^

-

Zh

+

*(A)

Zhkt

worin der Index k{k) bedeuten soll, daß die Summen über alle Werte von k mit Ausnahme von h auszudehnen sind. Für A = 1, 2, . . . n genommen, bilden sie die Grundlage für die Theorie

§ 5. Wechselmrkungen xwisehen Massenpunkten. 37

der Bewegungen von Punktsystemen, deren Untersuchung um so wichtiger ist, als sie nicht nur die Grundlage für die gesamte Astronomie, sondern auch für die Theorie derjenigen Massensysteme bilden, welche den Raum anscheinend kontinuierlich erfüllen.

Um aus ihnen Folgerungen zu ziehen, müssen wir den Kräften ^hki Yhki Zhicj welche man auch kurz, im Gregensatz zu den äußeren Kräften X^, T^, Z^, die inneren Kräfte des Punktsystemes nennt, spezielle Eigenschaften beilegen, die zum Teil durch die vorausgeschickten Definitionen an die Hand gegeben, zum Teil will- kürlich gewählt sind.

Wir wollen zunächst annehmen, daß die Komponenten mit den Indices hk und kh allein von dem Zustande der Massenpunkte

m

h

und THjc und zwar speziell nur von ihrem relativen Ver- halten abhängen; wir werden sie in diesem Fall als von den Wechselwirkungen jener beiden Punkte herrührend bezeichnen können. Dann dürfen wir folgern, daß die resultierenden Kräfte A'fcfc und Kjch in der Richtung der Verbindungslinie r^t zwischen nif^ und wijfc liegen müssen und nur von deren Größe und etwa ihren Differentialquotienten nach der Zeit abhängen können. Denn nach der Definition, die wir von materiellen Punkten auf Seite 9 gegeben haben, ist an jedem einzelnen keine Richtung vor der anderen ausgezeichnet; die einzige ausgezeichnete Richtung an dem Punktpaare w,^ und w^ ist also die ihrer Verbindungslinie, und aus dem gleichen Grunde ist ihr relatives Verhalten nur durch die Größe des Abstandes rnje und seiner Änderung mit der Zeit gegeben.

Weiter wollen wir annehmen, daß die Kräfte JT^^ und Kj^^ von gleicher Größe und entgegengesetzter Richtung sind. Man kann diese Annahme ersetzen durch die Hypothese, daß die Wechsel- wirkung zwischen den Punkten m^ und mjc auf den E^räften beruht, welche die Teile eines und desselben auf beiden Massenpunkten befindlichen Agens aufeinander ausüben. Denn daß die zwischen gleichen Mengen dieses Agens wirkenden Kräfte einander ent- gegengesetzt sind, folgt aus der Symmetrie, und die Wechselwirkung zwischen zwei verschiedenen Quantitäten läßt sich in eine Summe von Wechselwirkungen zwischen gleichen zerlegen.

Die als Resultat dieser Erörterung erhaltenen Eigenschaften der inneren Kräfte lassen sich folgendermaßen analytisch formulieren:

Xj,^ + XuH^O, YHu + run^O, Zj,u + ZuH^O, 40')

Jftk : r^fc : ^Äk = XftÄ : Ykh : ^fcÄ == (^ä - x^ : (y* y*) : (^a ^*); 40")

Xhk=^ Xkh = F{rkTci f'hkj ^Äfc? •)? 40'")

88

/. T&iL Mechanik starrer Körper. IL Kap.

wobei durch obere Indices die Differentialquotienten nach der Zeit bezeichnet sind.

Wir können nunmehr das System (40) auch schreiben:

41)

hk

fc(A)

hk

W»A

J-^ rr 2ffc Vk Ä -^ A/ifc ,

k(h)

mu

'hk

~dW = '^'^ "" -5'^Äfc— -

positive iTj^fc entsprechen hierin anziehenden, negative abstoßenden Wechselwirkungen.

Die gewonnene Form giebt die Möglichkeit, einige von den inneren Kräften des Systems ganz freie Beziehungen^*) zu gewinnen.

Summiert man die einzelnen Gleichungen (41) über alle Massen m^ und definiert die Koordinaten |, i/, f des Schwerpunktes oder Massenmittelpunktes des Systemes durch die Gleichungen

wobei, wie weiterhin, immer die Summen ohne Index über alle Werte 1, 2 . . . n der Summationsvariabeln zu erstrecken sind, so erhält man

43)

dt'

^^h^^^y

Der Schwerpunkt des Systemes bewegt sich also wie ein Massen- punkt, in welchem alle Massen des Systems vereinigt sind und alle äußeren Kräfte angreifen. Sind speziell die äußeren Kräfte gleich Null, so findet die Bewegung in gerader Linie und mit gleich- förmiger Geschwindigkeit statt.

Faßt man die Gleichungen (41) mit den Faktoren 0, r^, y^^; h) 0> -^ ^h'f "I/h^ ^Ä> ö zusammen, summiert die erhaltenen Re- sultate und definiert die Flächengeschwindigkeiten cpk, i/^a, xk des Massenpunktes m^ in Bezug auf die Koordinatenebenen YZ, ZX, XY durch die Formeln

§ 6, Schtoerptmkts- tmd FULchensätxe.

39

1 / ^*Ä

* dt d».

l ( dxj^ dxA

v' - 1 f ^^'^ ^"^A

44)

und die Drehungsmomente i^, il/^, iV^ der auf 7«^ wirkenden äußeren Kräfte um die Koordinatenaxen durch die Formeln

so erhält man

^n-^^H^H-^H^H, ^-^hYh-vA 44')

2^'m

2:5^^

2^771

'^ dt

= -s^A,

= -2*3^^,

2N,.

45)

Bezeichnet man kurz ^Sm^^h, ^mj^iphj ^m^Xh als die Flächen- momente des Systems um die Koordinatenaxen X, F, Z, so giebt das erhaltene Formelsystem ihre Geschwindigkeiten gleich den be- züglichen halben Summen der äußeren Drehungsmomente.

Da sich sowohl die Flächen-, als die Drehungsmomente bei der Koordinatentransformation wie die Komponenten einer Vektor- größe verhalten, so kann man sie zu je einer Resultierenden zu- sammensetzen, deren Größen und Richtungen sich nach den all- gemeinen für Vektoren gültigen Formeln (3") bestimmen. Diese Re- sultierenden stellen die größten Werte dar, welche bei der gegebenen Bewegung das Flächenmoment und bei den gegebenen Kräften das Drehungsmoment um irgend eine Axe annehmen; die Richtung der bezüglichen Axe ist dabei die der Resultierenden selbst

Fehlen äußere Ej-äfte, so sind die Flächenmomente JSmufp'h^ -S'iWfci^i, JSmj^x'h lim die Koordinatenaxen konstant, und Gleiches gilt von Richtung und Größe des resultierenden Momentes*^

Faßt man die Gleichungen (41) mit den Faktoren dx^^ dy^ dzj^ zusammen und summiert über alle Massenpunkte, so erhält man wegen

rhkdrHj, = {xh ^k)[dxh dx^ + (y^ 2/k){dyh dy^)

+ {Zh Zk){dzn dzi,) das Resultat

40 /. TeiL Mechanik starrer Körper, U, Kap,

46) i2;mndFn^ = ^{Xndxj, + Yndy, + Zndz^) - JS' K^j^dm^,,

worin die Summe -2" über alle Kombinationen der Massenpunkte zu je zwei zu erstrecken ist. Hierin ist

46') \:sm,F,' = :sw,= w

die Summe der lebendigen Kräfte der einzelnen Massenpunkte oder kurz die lebendige Kraft des Systemes,

46") ^(X, dx, + r, dy, + Z,dz^== 2d!A, = dA

die Summe der von den äußeren Kräften während dt dm dem System geleisteten Arbeiten oder kurz die äußere Arbeit,

46'") - 2' Kn^dm^ = 2' d'A, , = d'Ai

die Arbeit der Wechselwirkungen oder kurz die innere Arbeit, sodaß man für (46) auch schreiben kann

47) dW=d!A + d:Ai,

Besitzt die Arbeit einer Wechselwirkung cP-^ä^ die Gestalt eines vollständigen DifFerentiales nach der Zeit, so nennt man die Funktion 0/ik, welche durch die Gleichung

47') d:Anic^ -dibj,^

bis auf eine additive Konstante definiert ist, das Potential der Wechselwirkung JT^k, und

47") <i> = ^'<D^fc

das innere Potential, oder das Potential des Systemes auf sich selbst.

In diesem Falle kann man für (47) auch schreiben

48) dE^d{^+ (l>)=.d'A,

wo E die Energie des Systemes heißt, und y['und tf>, wie früher, als Teile von E die kinetische und die potentielle Energie genannt werden.

Die Gleichung (48) sagt aus, daß es unter den gemachten Vor- aussetzungen fiir jedes Punktsystem eine ausschließlich von seiner Konfiguration und seinem Bewegungszustand abhängige Funktion E giebt, welche in jedem Zeitelement um den Betrag der äußeren Arbeit Wächst; verschwindet die letztere, so ist die Energie kon- stant, und die Bewegung besteht in einer wechselseitigen Umsetzung zwischen ihren beiden Anteilen 0 und W,

Die gesamte Energie E ist durch Gleichung (48), ebenso wie

§ 6, Oleiekung der E^iergie. 41

0, nur bis auf eine additive Konstante bestimmt, über die man verfügen kann, indem man die Energie des Systems in einem be- liebigen Normalzustand beliebig, etwa gleich Null, festsetzt. Inte- griert man die Gleichung von dem Normalzustand (0) aus bis zu dem betrachteten (1), so ergiebt sich daher

(1) E = CdA , 48')

(0)

d. h., die Energie ist gleich der Arbeit, die erforderlich ist, um den Zustand des Systemes aus dem normalen in den gegenwärtigen überzuführen, oder, was hiermit identisch ist, gleich der Arbeit, welche bei der Überführung aus dem gegenwärtigen in den Normal- zustand aus dem System gewonnen werden kann.

Die allgemeine Bedingung dafür, daß eine Wechselwirkung ein Potential besitzt, d. h., unter Weglassung der Indices geschrieben

ist, erhält man leicht auf dem S. 24 eingeschlagenen Wege.**) Da K nur eine Funktion von r und seinen Diflferentialquotienten nach der Zeit sein darf, so geben die Formeln (25) und (25') ohne weiteres

^ ■" öT " d> ör' ^ di^ dr" ± ' ^^^

^ [dr" dtdr"' ^ '") ( ^^)

n, ( d<p d_ dg> ^ \

Der wichtigste Fall ist wiederum der, daß (p und demgemäß K und 4> nur von r allein abhängt; hier gilt einfach

0) = ^ und ^= Jy, 49")

es hat somit jede nur von der Entfernung abhängige Wechsel- wirkung ein Potential.

Die lebendige Kraft V eines Punktsystems, und analog sein inneres Potential 0, gestattet eine eigentümliche Zerlegung*^, die eine entsprechende der Energie E zur Folge hat und für gewisse Anwendungen wichtig ist.

Sei das Massensystem in mehrere Gruppen geteilt, und seien diese Gruppen durch die oberen Indices n unterschieden, während die unteren sich auf die Punkte derselben Gruppe beziehen.

50)

42 L Teil Mechanik starrer Körper, IL Kap.

Die lebendige Kraft der Teile einer dieser Gruppen

transformieren wir durch Einführung der absoluten Geschwindigkeits- componenten /?'», y" des Schwerpunktes der Gruppe und der re- lativen Ufc, t>l, xol der Teilchen ml gegen jenen. Setzt man dann

(a»)2 + iß-)' + ir? = (n',

80 bezeichnet -P* die resultierende Schwerpunktsgeschwindigkeit der Gruppe, SSJ die relative Gesamtgeschwindigkeit von m% und man erhält nach leichter Eechnung, da

oder kurz

50') = ¥^ + ^r

d. L, die lebendige Kraft der Gruppe ist zerlegt in die lebendige Kraft der Schwerpunktsbewegung und die lebendige Kraft der Be- wegung relativ zum Schwerpunkt Genau so läßt sich die lebendige Kraft aller Gruppen, d. h. des ganzen Systems, schreiben

50") ^=^a+2Pi.

Das Gesamtpotential 0 ist nach (47") gleich -2" tf>^j^; faßt man unter 0^ alle Wechselwirkungen zusammen, die zwischen Massen ver- schiedener Gruppen stattfinden, unter 0^ die zwischen Massen der- selben Gruppe, so kann man auch zerlegen

50'") 0/= 0„+ 0..

Hieraus folgt schließlich die Zerlegung der Energie

E ^ Ea + Ei,

Wir fügen hieiran eine allgemeine Bemerkung. Die Gleichung der Energie

ist im vorstehenden bewiesen allein für ein System von Massen- punkten mit Wechselwirkungen spezieller Art; sie wird neuerdings aber hypothetisch auf Massensysteme ganz beliebiger Art ausge- dehnt.*®) Maßgebend ist dabei die Anschauung, daß die Energie der sichtbaren Bewegung, auf welche unsere Formel zunächst be- zogen ist, nur einen Teil der Gesämtenergie eines Körpers darstellt, daß andere in anderen Formen existieren, einer z. B. durch die

§ 7, Wechselwirkungen, die nur van der Entfernung abhängig sifid, 43

direkt nicht wahrnehmbaren Bewegungen seiner kleinsten Teilchen gegeben ist, und daß bei ihrer Berücksichtigung sich alle in der Natur Torkommenden Kräfte als konservativ erweisen.

Daß in der That eine solche Vorstellung das Gültigkeitsbereich der Energiegleichung vergrößert und scheinbare Widersprüche zum Verschwinden zu bringen vermag, zeigt die vorstehende Zerlegung. Denn wenn man die mit dem Index (z) versehenen Anteile an leben- diger Xraft und Potential auf unsichtbare Bewegungen bezieht, so erhält man bei alleiniger Einführung der auf die sichtbaren bezüg- lichen Anteile (a) einen Widerspruch mit der Energiegleichung, den die vervollständigte Betrachtungsweise hebt Umgekehrt giebt in diesem Fall die Formel

(TA - d{il>a + ^a) = d{(I>i + Wi) = dE,

den Wert der Energie wandelung an, der durch unsichtbare Vor- gänge zu erklären ist, und damit zugleich ein Mittel, um seine Größe, die wegen der nicht direkten Wahrnehmbarkeit der die innere Energie enthaltenden Vorgänge einer Berechnung aus dem Bewegungszustande unzugänglich ist, quantitativ zu bestimmen, wenn man nur zuvor äußere Merkmale festgestellt hat, welche einen be- stimmten inneren Zustand eindeutig charakterisieren.

Für derartige Anwendungen der Energiegleichung werden die späteren Teile mannigfaltige Beispiele liefern.

§ 7. Wechselwirkimgen, die nur Funktionen der Entfernung sind.

Die Gesetze von Ne^wtoii und CouIjOmb.

Die Bewegung eines Punktsystemes zu bestimmen ist auch in dem relativ einfachen Falle, daß äußere Kräfte nicht wirken, also die Gleichungen (48) und (45) sechs erste Integrale liefern, und daß die inneren Kräfte nur Funktionen der Entfernungen sind, eine die Kräfte der Analysis im allgemeinen übersteigende Aufgabe.

Um so bemerkenswerter ist ein spezielles Gesetz der inneren Kräfte, welches die Reduktion des gestellten Problemes auf das ein- fache und auf Seite 31 bereits gelöste der Bewegung eines Massen- punktes unter der Wirkung eines festen Attraktionscentrums ge- stattet Es ist das der Fall, wo die inneren Kräfte den Produkten der wechselwirkenden Massen in ihre Entfernung proportional sind. Dabei dürfen auch äußere Kräfte wirken, die konstant und den Massen proportional sind.

Hier nehmen die Gleichungen (41) die Form an

44

1. Teil. Mechanik starrer Körper. IL Kap.

51)

dt* dt* dt*

k(h)

C f 2: mj,{Zh 2k);

leih)

dabei sind A, J5, C und f die, übrigens willkürlichen, Konstanten der äußeren und inneren Kräfte.

Dieses System ist nun aber unter Bücksicht auf (42) identisch mit

51')

d^Xi

dt*

:=C-^f{z^-^:Smj,,

oder, da nach (43)

51")

ist, auch mit

d*S j d*fj j. d*i ^

dt*

d

dt*

f d*(Xf^ - f)

51'")

dt*

f{xj, - I) 2mu , ;jr72 = - fil/h - v)^rnjcj

dt*

dt*

= —fi^h- S)-2'Wfc.

Die relative Bewegung jedes Massenpunktes tw^ um den Schwer- punkt, dessen Bewegung durch (51") gegeben ist, vollzieht sich also ebenso, als wenn letzterer ein festes Kraftcentrum wäre, welches die Summe aller Massen enthielte und nach demselben Gesetze wirkte, wie die einzelnen Massenpunkte.

Eine ähnliche ZurückfÜhrung und darauf gegründete Lösung des Bewegungsproblemes ist bei inneren Kräften, welche beliebige Funktionen der Entfernungen sind, nur möglich, wenn die Anzahl der bewegten Punkte gleich zwei ist

Hier folgt nämlich aus den Gleichungen (42), falls die beiden Punkte durch die Indices (1) und (2) charakterisiert werden,

52)

{

(mj + mj) {x^ - I) = Wj (ar^ - x^), {m^ + m^)[x^ - |) = »»i (^2 - ^1)

§ 7. Netptofis Öesetx, der allgemeinen Öravitation.

45

woraus die Werte der Entfernungen r^ und r^ der beiden Massen von dem Schwerpunkte sich bestimmen zu

{m^ + wig) r^ = m^ r^g , {m^ + m^) r^ = »i^ r^^ . 52')

Setzt man noch K^^ = m^m^R, wo R eine Funktion von r^^ allein ist, so kann man die Bewegungsgleichungen (41) schreiben

dt' -^-'^2^ ^^^ .

dt^

^ Ä m^R

X^ Xi

IS

52")

oder wie oben

WgÄj

^i-^

dt^

m^Äj

«j - I

52'")

worin R^ und i?2 bezeichnen, daß in der Funktion Rir^^^) ^^ ''la resp. der erste oder zweite der Ausdrücke aus Gleichung (52') ein- gesetzt ist.

Die relative Bewegung jedes der beiden Massenpunkte um den Schwerpunkt ist also dieselbe, als wäre dieser ein ruhendes Kraft- centrum, dessen Wirkung dem aus K^^ durch die ausgeführte Sub- stitution erhaltenen und nur von der bezüglichen Entfernung r^ resp. r^ abhängigen Gesetz folgt

Von allen Wechselwirkungen der in diesem Abschnitt be- trachteten Art beansprucht das weitaus größte Interesse die An- ziehung, welche nach Newton's Hypothese ^^ zwei Massen unter den Umständen, wo man sie als materielle Punkte betrachten kann, auf- einander ausüben, die sogenannte allgemeine Gravitation. Für sie ist

Khh =

r '

53)

woraus folgt

^1>KI.= -

kmj^m^

hk

53')

k bezeichnet eine universelle Konstante, deren Dimension immer

46 /. TfeiL Mechanik starrer Korper, IL Kap,

unter Zugrundelegung der Seite 17 getroflfenen Verfügungen über Kraft und Masse gegeben ist durch 53") [Ä] = wi-i/3^2.

ihr numerischer Wert ist durch die Beobachtung zu bestimmen.

Die vorstehende Form des Elementargesetzes hat wie spä- ter zu erweisen sein wird zur Folge, daß für die Anziehung, welche von kugelförmigen Massen mit in koncentrischen Schichten homogener Verteilung auf äußere Punkte ausgeübt wird, die Gesamt- masse im Mittelpunkt vereinigt gedacht werden kann. Da diese Voraussetzung bei den Weltkörpem aller Wahrscheinlichkeit nach nahezu erfüllt ist, so sind dieselben für die Berechnung ihrer fort- schreitenden Bewegungen äußerst nahe als materielle Punkte zu betrachten, und da die übrigen Voraussetzungen, auf welchen die Grleichungen (43), (45) und (48) beruhen, gleichfalls bei dem Gresetz der allgemeinen Gravitation zutreffen, so sind deren Resultate so- gleich auf die kosmischen Bewegungen anwendbar.

In dem Falle, daß das Massensystem sich auf nur zwei Punkte von sehr verschiedener Masse reduziert, wie bei der Betrachtung der Sonne und eines Planeten, oder eines Planeten und eines Satel- liten, kann der Massenmittelpunkt als mit dem Punkt von größerer Masse nahe zusammenfallend betrachtet werden; der Punkt von kleinerer Masse bewegt sich relativ zu dem ersteren in einem Kegel- schnitt, dessen einen Brennpunkt jener einnimmt Bei dieser Bewegung ist nach (31') die Flächengeschwindigkeit konstant, d. h. die Radien- vektoren bestreichen in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Laufen um denselben Punkt von sehr großer Masse mehrere von sehr kleiner, deren Wechselwirkungen vernachlässigt werden können, in elliptischen Bahnen, so verhalten sich die Quadrate der ümlaufs- zeiten wie die Kuben der großen Axen der Bahnellipsen ; ein Satz, der in nahem Zusammenhang steht mit dem aus Gleichung (32'") geschlossenen.

Dies sind die von Kepler^®) gegebenen Gesetze der Planeten- bewegung. —

Die Konstante k des NEWTON'schen Gesetzes läßt sich infolge des oben citierten Satzes über die Attraktion von Kugeln leicht durch die Beschleunigung g der Schwere an der Erdoberfläche aus- drücken. Bezeichnet man nämlich die Masse der Erde durch M^ ihren Radius durch jß, so folgt aus (53) für die Beschleunigung eines Massenpunktes an der Erdoberfläche

53'") i, = *ß?, alsoÄ = :^^.

§ 7, Newtons Gesetx der allgemeinen Oravitation. 47

Der numerische Wert von k ist im (cm, g, 8ec)-Sy8tem, da M^ 6-03. 10«^ R = 6-37.108, ff = 981 ist

Ä = 6-63.10--8. -

Da die Gravitation eine allgemeine Eigenschaft der Materie ist, 80 kann man sie zur Definition einer von der bisher benutzten abweichenden Masseneinheit*®) verwenden. Geht man auf den ersten Ansatz (12) zurück, durch welchen der BegriflF der Kraft eingeftLhrt ist, nämlich die Beziehung

und wendet ihn auf einen Massenpunkt m an, der sich unter der Wirkung der Gravitation eines im Eoordinatenanfang festgehaltenen Massenpunktes M nach diesem hin bewegt, so giebt obige Formel

hieraus folgt

kfnid g* T)

M^i-'Br''.

k

Macht man hierin /* = A, was zulässig ist, da weder über die Kraft-, noch die Masseneinheit bereits verfügt ist, so folgt

M^Bt\

d. h., es ist diejenige Masse als Masseneinheit definiert, welche in der Entfernung Eins die Beschleunigung Eins bewirkt. Die Masse hört damit auf, eine Fundamentalgröße zu sein, sie wird zu einer abgeleiteten; demgemäß ist ihre Dimension jetzt auch

Da durch die Verfügung /*= A nur über die Masseneinheit ver- fügt ist, so behalten wir immer noch Freiheit, die Krafteinheit beliebig zu bestimmen, und sowohl das NEWTON'sche Gesetz, als der obige Ansatz flir K legen es nahe, f ^k^\ zu machen. Dann ist K = mB und also die neue Krafteinheit durch die neue Massen- einheit ebenso definiert, wie in unserem früheren System durch das Gramm. Die Dimension von K ist natürlich ganz verändert; es gilt jetzt

[ü:] = ^^-4.

Die Masse der Erde bestimmt sich in diesem Maßsystem laut (53'") gemäß

ist also gleich dem Produkt aus der Beschleunigung der Schwere an der Erdoberfläche in das Quadrat ihres Kadius.

48 /. Teil, Mechanik starrer Körper. IL Kap.

Das NEWTON'sche Gesetz (53) hat nicht nur in der Mechanik Bedeutung, sondern es stellt nach den Untersuchungen von Cou- lomb ^^ auch die Elementarwirkung der statischen Elektricität und des Magnetismus dar; mit dem Unterschied freilich, daß hierbei die Faktoren m^ und m^ nicht die ponderabeln Massen der aufeinander wirkenden und als Massenpunkte betrachteten Körper bezeichnen, sondern von ihrem magnetischen oder elektrischen Zustand abhän- gige Funktionen, wie man kurz sagt, die Größen ihrer elektrischen oder magnetischen Ladungen. Von diesen Ladungen giebt es laut der Beobachtung zwei Modifikationen, so nämlich, daß gleichartig geladene Körper einander abstoßen, ungleichartig geladene einander anziehen.

Man drückt diese Eigenschaften in der Formulierung des Kraft- gesetzes aus, indem man den Ladungen Vorzeichen beilegt und sie demgemäß auch positiv oder negativ nennt, für die Kraft JT^j^ und ihr Potential 0]^^ aber den Ansatz macht

54) ÄÄk = - —-^ , 0Äfc = + -;: ,

^hk ^hk

worin Ch und ejc die Größen der Ladungen bezeichnen, *' aber eine positive Konstante, über die man so lange willkürlich verfügen kann, als über die Einheit der Größen e nichts bestimmt ist, und durch deren Bestimmung man umgekehrt über die Einheit der Ladung verfügt

Über die Anwendung dieses Gesetzes wird im IV. Teil ausführ- lich gehandelt werden.

§ 8. Konservative Wechselwirkungen allgemeiner Art; das W. Weber'sche Grundgesetz.

Die allgemeine Form, in welcher konservative Wechselwirkungen und ihre Potentiale sich darstellen, ist in den Gleichungen (49) und (49') gegeben. Falls die Funktion (p nur r und dr j dt^r enthält, nehmen dieselben die spezielle Gestalt an

welche zeigt, daß die nächste Verallgemeinerung, welche über eine Funktion von r allein hinausgeht, für die wirkende Kraft eine Ab- hängigkeit sowohl von r, als von r" liefert; ausgenommen ist nur der Fall linearer Abhängigkeit von r', welcher Kraft und Potential

§ 8. W, Weber's Orundgeseix. 49

von r unabhängig werden läßt^ also faktisch eine Erweiterung nicht bezeichnet

Für nur zwei Massenpunkte und die Einwirkung äußerer mit den bezüglichen Massen proportionaler, im übrigen aber konstanter Kräfte läßt sich auch hier das Bewegungsproblem auf das der Ein- wirkung eines festen Kraftcentrums auf einen Massenpunkt und auf Quadraturen zurückführen. Denn wegen der Beziehungen (52) und (52') erhält man auch hier die Gleichungen (52"'), nur daß Ä^ und -ffg jetzt außer den respektiven Entfernungen r^ und r^ der Massen- punkte vom Schwerpunkt auch deren erste und zweite Differential- quotienten nach der Zeit enthalten.

Betrachtet man nur den einen Punkt m^ und legt die XJ'- Ebene der Ebene der relativen Bewegung um den Schwerpunkt parallel, so erhält man die beiden Integrale durch die Gleichung der leben- digen Kraft und den Flächensatz in der Form

155^2 + g^_g^ SR, = r 55')

geliefert, worin SS, die relative Linear-, 9?, die relative Flächen- geschwindigkeit und gl das relative Potential für die Masse Eins, wie es die Substitution (52') liefert, bezeichnet, S und E' aber die Integrationskonstanten sind. Drückt man die relative Bewegung durch die Polarkoordinaten r, und gp, aus, so kann man aus den beiden Gleichungen (55') rfqpj eliminiren und erhält dadurch, dag, nur r^ und ri enthält, eine Gleichung zwischen diesen beiden Größen und damit zwischen r, und ^; drückt man endlich dt in 91^^ durch r, und dr^ aus, so erhält man eine Gleichung zwischen r,, dr^ und d(f^, die Differentialgleichung der Bahn.

Unter den Wechselwirkungen der behandelten Art erregt be- sonderes Interesse diejenige, welche dem Ausdruck

T=j(i+::) 56)

entspricht, in dem a und c Konstanten bezeichnen. Aus ihm folgt

r

J(i-^' + =-^^), *-+?(.-?); 56^

der Wert von K läßt hervortreten, daß c diejenige relative Ge- schwindigkeit ist, welche zwei ohne relative Beschleunigung bewegte Massenpunkte besitzen müssen, um nach dem obigen Gesetz keine Wirkung aufeinander zu üben.

Voigt, Theoretische Physik. 4

50 /. Teü. Mechanik starrer Körper. II. Kap.

Setzt man in (56')

CL ^~ Ä ^1 Cq

80 erhält man die Erweiterung, welche W. Weber'^) dem Coulomb'- schen Gresetz gegeben hat, um die Erscheinungen der Elektrostatik, Elektrodynamik und Induktion durch eine einzige Formel zu um- fassen; dieselbe lautet

56

T i__'A^(,_5 + ?^'), *_+?ti(,_^).

Für ihre Anwendung hat man sich die Vorstellung zu bilden, daß ein elektrischer Strom in einem linearen Leiter a dadurch zu- stande kommt, daß in demselben gleichzeitig gleiche Mengen posi- tiver und negativer Elektricität mit gleichen Geschwindigkeiten nach entgegengesetzten Richtungen strömen. Befinden sich auf der Längen- einheit des Leiters die positive und die negative Elektricitätsmenge 6, und besitzen sie die Geschwindigkeiten ± U, so nennt man 2eU= J die elektrische Stromstärke in dem speziellen Maße, in dem e ge- messen ist Wir legen der Stromstärke die Richtung bei, in welcher sich die positive Elektricität bewegt.

Ein solcher äußerlich ruhender Strom von konstanter Stärke übt auf ruhende elektrische Teilchen keine Einwirkung, weil für die in ihm strömende positive und negative Elektricität (r )* und r" die gleichen sind; dagegen zeigt er spezifische Wirkungen auf andere ruhende Stromläufe und, äußerlich bewegt oder in seiner Strom- stärke verändert, auch auf statische Elektricität

Um diese Kräfte abzuleiten, dient die Hypothese, daß die Summe der Wirkungen, welche die positive und die negative Elektri- cität in einem Teil des Leiters erfährt, die Kraft ergiebt, welche auf die ponderable Materie dieses Teiles ausgeübt wird; daß da- gegen die Differenz der nach der Richtung des Leiters genommenen Komponenten dieser Wirkungen die sogenannte elektromotorische Kraft darstellt, welche sich in einer Beschleunigung der Elektricitäts- bewegung und damit einer Veränderung der Stromstärke äußert.

Denke man sich nun die Elemente ds^^ und ds^ zweier linearer Leiter «^ und s^, die selbst mit den beliebigen Geschwindigkeiten Fj und V^ in den beliebigen Richtungen /^ und l^ bewegt werden, und innerhalb deren die elektrischen Teilchen ± «^ und ± e, mit den veränderlichen Geschwindigkeiten ± U^ und ± U^ fließen, dann ist allgemein

§ 8. W. Weber' 8 Chnmdgesetx,. 51

r"- -— 1/24- ^'^«» I ^''' I ^'^r«

I O ^**' . I O ^*'' TT I ft Ö**" TT

57')

dsi dt ' dst dt ' dli dt ' dl^ dt '

hierin ist für ein Teilchen ± «/» resp. «^=±1^, duj^/ dt = ±dUj^ldt zu setzen.

Bezeichnet man die Elementarwirkung, welche ein Teilchen ±e^ von einem anderen ±e^ ertährt, durch K±t^^±^ und die Summe über alle Teilchen in ds^ resp. ds^ durch JS*^ resp. JS'^^ dann wird nach der oben gegebenen Definition die ponderomotorische Wir- kung Fi2 von ds^ auf ds^ in der Eichtung der Verbindungslinie r liegen und gegeben sein durch

die elektromotorische JE{2 hingegen in ds^ fallen und lauten

^l2 = -s\-5',{jr+ .., + ..+ir+ ... _ ^- JT. ... + ^- jr_ ... _ jco8(r, «i) 58')

Diese Ausdrücke berechnen sich sehr leicht unter Kücksicht auf (57) und (57^ und ergeben, wenn man noch die Stromstärken /j und /j einführt und cos (iE, *j) = ö r / ö s^ setzt , die beiden Grundformeln

jp ik'J^J^ds^ds^l d^r .drdr\ -q.

^12 = r^ yjj^, "^dJ, dij ' ^^^

j^ Sk'e^ds^ fJ^f d*r .dr dr\dr 1 dJ^ dr d r\ -^,.

^^-+ ~'e^~\r*yd^;dl ''^d7^'dj)di,'^2^'dtd7,d7j'^^^

wo die Differentialquotienten von r nach t sich allein auf die Wirkung der Translation von ds^ und ds^ beziehen.

Diese Gleichungen geben die Elementargesetze der Elektro- dynamik und Induktion linearer Leiter, das erstere mit dem von Amp£re'^ herrührenden identisch, das letztere mit dem von F. Neu- MA2«3^*^ angegebenen wesentlich gleichwertig.

Das W. WEBER'sche Potential 0i2 der Wechselwirkung zwischen den elektrischen Teilchen der Elemente ds^ und ds^ erhält man aus der zweiten Formel (56") unter Rücksicht auf (57) folgendermaßen

fpi _ _ 2k'JiJtd8id8^ dr^dr . g^.

^^ rc^ ds^ dSi ' '

gehören rf*j und ds^ zwei geschlossenen linearen Stromläufen s^ und «3 mit in ihrer ganzen Ausdehnung konstanten Stärken J^ und J^ an, 80 folgt hieraus das Gesamtpotential (P^j ihrer Wechselwirkung

52 /. Teil, Mechanik starrer Körper, IL Kap.

60') 0,, = - ^^ ff^^^^ 1^ 1^ ,

woraus durch teilweise Integration nach s^ oder s^ resultiert

Nun ist aber leicht ersichtlicher Weise d^r^lds^d8^= —2008(8^,8^), also

worin U^^ ^^^^ ^^^® Bezeichnung ist

0J3 ist das Entgegengesetzte von dem durch F. Neümann^*) angegebenen elektrodynamischen Potential zwischen s^ und s^ , dessen Variation die Arbeit aller Wechselwirkungen i^2 angiebt; /7i2 ist also dieses Potential selbst für die Stromstärken /^ = /^ = 1. Es kann dazu dienen, um die aus dem Ausdruck (59') flir £[2 durch Summation über *j und s^ folgende elektromotorische Gesamtkraft -£12, die in s^ durch die Bewegung von s^ und s^, wie durch die Änderung von J^ induziert wird, in einlacher Weise auszudrücken.

Berücksichtigt man nämlich, daß identisch

r dt 1 ö*r 1 dr dr

Ö5g ~" r ds^dt r^ds^dt

ist, SO erhält man durch geeignete teilweise Integration des ersten Güedes der Formel (59') nach s^ leicht

ßi\ IT _-. ^Kh rCrf r7 \^l ^^^ i^^\^ 1 dJ^ dr dr ^A;^12- JJ ^^ ^^\r'Vds,ds^ ^ds.dsjdt 2r dt ds.di, '

Vergleicht man hierin das erste Glied mit Formel (59) und benutzt, daß P12 dr die Arbeit der Wechselwirkung P[2 ist, und vergleicht man das zweite Glied mit der Formel (60'), so erhält man

61') E,, = 2., (/, ^ + 77,. "^ = 2e, '-^

Die Ableitung dieser wichtigen, ebenfalls von F. Necmann*^) herrührenden und vielfach geprüften Formel setzt aber voraus, daß dr/dt längs s^ sich stetig ändert, also der induzierende Stromlauf keine sogenannten Gleitstellen enthält Doch läßt sie sich durch eine spezielle Untersuchung der in diesen stattfindenden Vorgänge auch allgemein beweisen.

Das W. WEBEEsche Grundgesetz führt also, auf lineare Strom- läufe angewandt, zu Resultaten, welche mit der Beobachtung im Einklang sind. Bei der Übertragung auf räumliche Strömungen bieten sich in- dessen Schwierigkeiten, die bisher noch nicht befriedigend gehoben sind.

<^ 9. Oleiekung des ViriaU. 53

62)

(

§ 9. Der Satz vom Yirial; kinetisohe Theorie der Gase und

Lösungen.

Multipliziert man die Gleichungen (40) resp. mit x^^, y,^, Zj^ und addiert sie, so kann man das Resultat schreiben'®)

k

wobei

den Abstand des Massenpunktes m^ vom Eoordinatenanfangspunkt bezeichnet. Die Funktion auf der rechten Seite dieser Gleichung heißt das Virial der auf 7w^ wirkenden Kräfte.

Ist nur ein Massenpunkt Torhanden und dieser in oscillato- rischer Bewegung, so daß über eine angemessene Zeit genommen der Mittelwert von <P[r^jdfi verschwindet, so wird

m -^')^ = - i {Xx + Yy + Zz)^ , 620

WO der Index fi anzeigt, daß von den Klammerausdrücken der mittlere Wert genommen werden soll.

Sind hingegen sehr viele Massenpunkte vorhanden und in solcher Bewegung, daß in der aus (62) durch Summation über alle Massenpunkte erhaltenen Formel der Ausdruck 2mj^r^^ sich mit der Zeit entweder gar nicht oder nur gleichförmig ändert, so er- hält man nach leichter Umformung der letzten Summe:

\2mj, n^ = - i^(X,x, + Ynyu + Z^zh)

worin 2P dieselbe Bedeutung hat, wie auf Seite 40.

In beiden Fällen ist also die mittlere lebendige Kraft gleich dem mittleren Virial.

Die letzte Formel läßt sich bei Einführung der ganzen leben- digen Kraft Wy der resultierenden Kräfte JT^ resp. Jf)»fc und der relativen Entfernung r^^ zwischen mj^ und ?nfc schreiben

V= -:^^'ir,rÄC0s(Ä^„r,) + i-5"Ji:,fcrfc,. 63')

jffcfc ist, wie früher, positiv im Falle der Anziehung, negativ im Falle der Abstoßung gerechnet. Für ein System, welches nur äußeren oder nur inneren Kräften ausgesetzt ist, reduziert sich die rechte Seite auf das erste resp. zweite Glied.

63)

54 /. TeiL Mechanik starrer Körper. IL Kap.

Man benutzt diese Formel, um sich von dem Verhalten der Gase Rechenschaft zu geben, welche, obwohl ihre kleinsten Teile in anderen Aggregatzuständen gegenseitige Anziehungen zeigen, eine Expansiykraft besitzen, die auf gegenseitige Abstoßung zu deuten scheint.

Dazu stellt man sich nach dem Vorgang von D. BERNOuiiiJ^^ vor, daß die Atome, welche gemäß den Sätzen der Chemie sich im allgemeinen in dem Verbände von Molekülen oder Molekülgruppen befinden, eine Bewegung besitzen, deren Geschwindigkeit mit ge- steigerter Temperatur wächst, und daß bei dieser Bewegung ein oft- maliges Zusammenstoßen und Zurückprallen der Moleküle statt- findet, welches mit steigender Temperatur ihren Zusammenhang immer mehr lockert. Im festen Zustande sollen diB Moleküle wesentlich um unveränderliche Euhelagen oscillieren, im flüssigen durch den ganzen erfüllten Saum fortschreiten, dabei aber dauernd gegen- seitigen Attraktionen ausgesetzt sein, während im gasförmigen der Abstand der Teilchen so groß gedacht wird, daß dieselben nur selten merklich aufeinander einwirken, im allgemeinen vielmehr mit kon- stanter Geschwindigkeit geradlinig fortschreiten. Als ein ideales bezeichnet man ein Gas dann, wenn seine Verdünnung so groß ist, daß von allen Wechselwirkungen zwischen seinen Molekülen ab- gesehen werden kann.

Ein homogener fester, flüssiger oder gasförmiger Körper, der sich in äußerer Kühe oder in einer hinreichend langsamen äußeren Bewegung befindet, erfüllt demnach die Bedingungen, unter welchen die Formel (63) anwendbar ist

Betrachten wir ein von festen Wänden umgebenes Gasquantum, dessen Moleküle als starre Punkte angesehen werden können, also je nur aus einem Atome bestehen, in dem oben definierten idealen Zustande, und sehen wir von der Wirkung der Schwere ab, so ist die einzige Wirkung, welche dasselbe erfährt, die Reaktion der festen Wand gegen die anprallenden Moleküle, die, weil sie auf molekularen Kräften beruht, notwendig normal zu der festen Wand gerichtet ist Dieselbe erstreckt sich, was später näher begründet werden wird, im Mittel gleichmäßig über die ganze Fläche der Wand und kann demgemäß für jedes Flächenelement do mit dessen Größe proportional, nämlich =^pdo, gesetzt werden, p heißt dann der Druck, unter welchem das Gas steht, oder welchen dasselbe gegen die Wand ausübt; seine Dimension ist

63") |>] = m/-i^-2.

§ 9. Kinetische Theorie des Qctsdmckes, 55

Wir erhalten demgemäß

- i -S' JT, r, cos (Ä,, r J = + \Jdo r cos {n, t\ 64)

wo n die Eichtung der äußeren Normale auf do bezeichnet. Das Integral bestimmt aber das dreifache des von dem Gase erfüllten Vo- lumens Vy und die Formel (63') ergiebt sonach, wenn die Wechsel- wirkungen zwischen den einzelnen Teilchen zu vernachlässigen sind:

V=|;?i;. 64')

Dieses Eesultat läßt sich auf den Fall übertragen, daß zwar noch von den Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Molekülen abgesehen wird, jedes Molekül jit aber mehrere Atome m^ enthält, welche Kräfte aufeinander ausüben.

Ein solches Molekür bewegt sich nach den gemachten Grund- annahmen und nach den Formeln (43) mit Ausnahme der sehr kurzen Zeiträume, wo es sich in der Wirkungssphäre der Wand befindet, so, daß sein Schwerpunkt mit konstanter Geschwindigkeit in gerader Linie fortschreitet.

Beziehen wir also das Molekül auf ein in seinem Schwerpunkt festes, parallel mit sich fortschreitendes Koordinatensystem, so ändern sich die Bewegungsgleichungen dadurch nicht und geben deshalb auch die Grundgleichung (62) in ungeänderter Form wieder; nur tritt an Stelle der gesamten lebendigen Kraft W der Atome jetzt die ihrer Bewegung relativ zum Schwerpunkt des Moleküls f^,-. Da nun bei der großen Anzahl von Molekülen, innerhalb deren die Atome sich voraussichtlich periodisch bewegen, alle überhaupt mög- lichen Bewegungszustände stets gleichzeitig und gleichmäßig verteilt Vorhandensein werden, so wird auch für diese relative Bewegung die über alle Atome und Moleküle erstreckte Summe JSm^r^j in der r^ jederzeit die Entfernung von dem zugehörigen Molekülschwerpunkt bezeichnet, sich mit der Zeit nicht ändern, also aus der Gleichung für die relative lebendige Ejraft ebenso herausfallen, wie oben aus der für die absolute aufgestellten.

Diese Überlegung führt zu dem Resultat, daß jedenfalls für die Perioden, innerhalb deren die Moleküle keine äußeren Kräfte er- fahren, die Beziehung

V,^\2'[Kj,^n^\ 65)

gültig ist, unter ^< die innere oder relative lebendige Kraft aller Moleküle, und entsprechend, unter den K^ k die zwischen den Atomen desselben Moleküles stattfindenden Wechselwirkungen verstanden.

56 /. Teil. Mechanik starrer Körper» IL Kap.

Zweifelhaft bleibt sonach, da wir Zusammenstöße der Moleküle miteinander noch ausschließen, nur die Anwendung dieser Formel auf die Zeiten, wo sich die Moleküle der Wirkung der Wand ausgesetzt finden. Indessen ist es nicht wahrscheinlich, daß durch letztere die innere lebendige Kraft beeinflußt wird; denn die Anzahl der Stöße gegen die Wände hängt bei sonst ungeänderten Umständen wesent- lich von der absoluten Größe des gaserfüllten Gefäßes ab, und es sprechen keine Anzeichen dafür, daß diese auf die innere lebendige Kraft der Moleküle influiert. Wir werden daher die Formel (65) als unter den gemachten Annahmen allgemein gültig betrachten.

Setzt man nun in die Gleichung (63') die in (50") gegebene Beziehung W = Wa+ Wt ein und berücksichtigt, daß in dem vor- ausgesetzten Falle das erste Glied rechts mit ^pv, das zweite mit ^^^KhicThkji und nach (65) mit W. identisch ist, so erhält man

65-) ^a = ipv,

d. h. die Formel (64') mit dem einzigen Unterschiede, daß an Stelle der gesamten lebendigen Kraft der Molekularbewegung die, bei ein- atomigen Molekülen'damit identische der Schwerpunktsbewegung steht. Bei ungeänderter lebendiger Kraft ^a, d. h. nach dem Vorausgeschickten, bei ungeänderter Temperatur ist sonach fiir das gegebene Gasquantum das Produkt aus Druck und Volumen konstant, in Übereinstimmung mit dem bekannten Gesetz von Botle und Mabiotte^®). Bei wechselndem Wärmezustand eines idealen Gases dient aber, wie in dem, die Wärmeerscheinungen behandelnden Teil auseinandergesetzt werden wird, der einem jeden Zustand ent- sprechende Wert des Produktes vp zur Definition der sogenannten absoluten Temperatur T, indem man nach Gay Lussac^^ setzt

66) pv=-MBT,

und unter M die Masse des Gases und unter JB eine seiner Qualität individuelle Konstante versteht. Daraus folgt, daß nach der kine- tischen Vorstellung die lebendige Kraft der Molekularbewegung innerhalb der Masseneinheit ein Maß der absoluten Temperatur ist; denn es gilt in der That

66') ^ = |5T.

Die erhaltene Grundformel (65') wollen wir nach zwei Richtungen hin umformen. Erstens wollen wir die lebendige Kraft ^o durch den arithmetischen Mittelwert der Quadrate aller Schwerpunktsgeschwin- digkeiten ausdrücken, der nach dem Seite 52 Bemerkten mit {y\ zu bezeichnen ist; es ist dann

§ 9. Okiehung von van der WacUs. 57

«P. = i^(n^ 67)

und die Grieichung (65') wird dadurch zu

\M{J% = pv. 67')

Zweitens wollen wir das Verhältnis der Masse M des Gases zu dem von ihm anscheinend gleichförmig erflillten Volumen v

|=C 68)

setzen und als die Dichte des Gases bezeichnen; es gilt dann für o

[(>] = m M, 68')

und die Gleichung (67') nimmt die Gestalt an

Sie gestattet yiV% , nicht zu verwechseln mit dem arith- metischen Mittel aller Geschwindigkeiten F^ , für wirkliche Gase, die dem Gesetz (66) sehr nahe folgen, zu bestimmen und dadurch eine Vorstellung über die Schnelligkeit ihrer Molekularbewegung zu gewinnen. Für Luft erhält man bei einer Temperatur von 0^ C. ca. 480 m, für Wasserstoff ca. 1840 m.

Bildet man unter Berücksichtigung der Eesultate der Chemie bezüglich der Molekulargewichte, genauer der Molekularmassen, ju^, die mittlere lebendige Kraft eines Moleküles für verschiedene Gase bei gleicher Temperatur, so findet man sie merklich gleich; es ist also

fiKinX =^fJik{n% für n = 7V 70)

Das gleiche Resultat läßt sich theoretisch dadurch gewinnen, daß man ein Gemisch der beiden Gase als im Temperaturgleichge- wicht befindlich betrachtet und die Bedingung dafür aufsucht, daß die Wechselwirkungen zwischen den beiderseitigen Molekülen den mittleren Zustand einer jeden Molekülgattung nicht ändern*^). Ferner ergiebt die Formel (69)

Qh (?/.% = o. (/i'\ für pH^^pu, 70')

und durch die Verbindung beider Resultate folgt

-?* = A für p,^p, und n=r,; 71)

die Dichten sind also bei gleichem Druck und gleicher Temperatur den Molekularmassen proportional (Gesetz von Gay Lüssac *^).

Nun ist aber g/fi =: cc die Anzahl der Moleküle in der Vo- lumeneinheit, daher läßt sich die letzte Formel auch schreiben

58 /. Tßil. Mechanik starrer Körper. IL Kap.

71') cck = ofk für Th = Tu und p^ = pu

und dahin formulieren, daß gleiche Volumina verschiedener Gase bei gleichem Druck und gleicher Temperatur die gleiche Anzahl von Molekülen enthalten (Gesetz von Avogadro*^).

Befinden sich in demselben Eaum gleichzeitig mehrere Gase und genügen sie der Grundannahme, daß von den Kräften zwischen ihren Molekülen abgesehen werden kann, so giebt Formel (65') unmittelbar

72) :S{Wa\ = ipv,

wo {Va)k sich auf die Teile einer Gasart k bezieht. Wäre diese Gasart in dem Volumen v für sich allein vorhanden, so würde sie unter einem Drucke pj. stehen, gegeben durch

72') ('^-)* = |p.«;

hieraus folgt, daß bei gleichzeitiger Anwesenheit mehrerer Gasarten in demselben Räume, so lange die gemachte Voraussetzung erfüllt ist,

72') P = ^P„

d. h. der aktuelle Druck p gleich der Summe der Partialdrucke p^^ ist, welchen jedes Gas für sich bei gleicher Temperatur in dem glei- chen Volumen ausüben würde (Gesetz von Dalton**).

Bedenklicher als die Berechnung des Einflusses, welchen die inneren Bewegungen und Kräfte des einzelnen Moleküles in der Virialgleichung (63) ausüben, ist die Beurteilung der Wirkung von Kräften zwischen den Atomen verschiedener Moleküle, die um so bedeutender werden muß, je dichter das Gas ist Hier ist man nur auf ungefähre Schätzungen angewiesen.

Lägen die sämtlichen Moleküle in gleichförmiger Verteilung durch das Volumen v fest und in so dichter Lagerung, daß die Sphäre merklicher Wirkung eines jeden von ihnen eine sehr große Anzahl der anderen umschlösse, so würde die Wirkung ihrer At- traktion auf innere Punkte sich zerstören, dagegen auf die Ober- flächenelemente do eine normale Resultierende p'do geben, die sich zu dem Druck pdo der Wände addieren müßte. Da diese Resul- tierende unter den gemachten Voraussetzungen an jeder Stelle der Oberfläche von einer Anzahl Teilchen herrühren würde, die der Dichte Q des Gases direkt, oder dem Volumen, welches die ganze Masse erfüllt, indirekt proportional wäre und auch auf eine analoge Anzahl wirkte, so wird es wahrscheinlich, daß in diesem Falle p' mit v^ in- direkt proportional etwa gleich a/v^ ist.

Wären die Moleküle in Bewegung, und übten sie aufeinander nur Kräfte aus, welche sich in der Undurchdringlichkeit des einen für

§ 9, Oeseix des osmotischen Druckes. 59

2

die Teile des anderen äußern, so würde vermutlich deren Wirkung nur die sein, daß das Gesamtvolumen v in der obigen Formel (65') durch den flir die Bewegung wirklich freien Anteil desselben [v b) ersetzt werden muß, wo b sich nicht streng bestimmen läßt

Durch derartige wenig befriedigende Überlegungen gelangt man dazu, die Formel (65') für allgemeinere Fälle zu erweitem zu

1'a=[p + $){v-b), 73)

worin W„ wie oben, die lebendige Blraft der Schwerpunktsbewegung der Moleküle bezeichnet, die nach Abzug der lebendigen Kraft der Atome um die Molekülschwerpunkte allein übrig bleibt. Indem man auch hierin die linke Seite als ein Maß der absoluten Temperatur betrachtet, gelangt man zu der Gleichung von van der Waals**)

MB T=[p + 5) iy-b), ISO

welche sich dem Verhalten der Gase bis unter den Kondensations- punkt hinab in höchst merkwürdiger Weise anschließt, wenn man a und b als Konstanten betrachtet. Über die Natur aller dieser Konstanten wird in einem späteren Teil zu sprechen sein.

Ebensowenig theoretisch streng zu begründen und ebenso überraschend in der Übereinstimmung mit der Erfahrung sind die Anwendungen der kinetischen Vorstellungen zur Erklärung der Eigenschaften von Lösungen, insbesondere stark verdünnten. Nach dem Vorgang von yak 't Hoff*^) denkt man sich gewöhnlich die Moleküle der gelösten Substanz innerhalb des Lösungsmittels in derselben Weise in fortschreitender Bewegung begriffen, wie die Teile eines Gases innerhalb eines sonst leeren Gefäßes; die Stelle der Reaktion der festen Wände vertritt dabei die Attraktion der Teile des Lösungsmittels, welche auf innere Punkte nach Symmetrie unwirksam ist, auf Stellen nahe der Oberfläche aber eine senkrecht zu dieser stehende Eesultierende ergiebt, welche die Moleküle hin- dert, die Flüssigkeit zu verlassen.

Die Fundamentalerscheinung, welche diese Vorstellung nahe legt, ist die sogenannte Osmose, die sich folgendermaßen auf- fassen läßt

Es sei ein vertikaler Cylinder in seinem unteren Teil mit dem reinen Lösungsmittel, in seinem oberen mit der Lösung gefüllt und die Grenze durch eine sogenannte halbdurchlässige Wand, d. h. durch eine poröse Platte gebildet, welche zwar dem Lösungsmittel, nicht aber der gelösten Substanz den Durchgang gestattet. So wenig

60 /. Teil, Mechanik starrer Körper. IL Kap,

die Wirkungsweise einer solchen Platte mechanisch klargestellt ist, so kann man doch annehmen , daß sie die aufprallenden Moleküle der gelösten Substanz zurückwirft, während sie denen des Lösungs- mittels den Durchgang durch die Poren gestattet.

Während nun in einem für sich allein vorhandenen Quantum der Lösung die Stöße der Moleküle der gelösten Substanz gegen diejenigen des Lösungsmittels nach allen Seiten hin gleichmäßig wirken, giebt die poröse Wand, welche gewisse Stöße auffängt, der Wirkung der entgegengesetzt gerichteten ein Übergewicht über die anderen. Wäre Wand und Lösung beweglich, so würden dieselben sonach in entgegengesetzter Richtung beschleunigt werden, während ihr gemeinsamer Schwerpunkt in Ruhe bliebe. Ist dagegen, wie bei der Anordnung des Versuches in Wirklichkeit, die poröse Wand im Cylinder fest, dieser beiderseitig offen, und wirkt auf die Oberflächen der Flüssigkeit der Druck der Atmosphäre, so folgt die Lösung dem erhaltenen Antriebe und bewegt sich von der po- rösen Wand hinweg, während reines Lösungsmittel durch dieselbe nachdringt und sich mit der Lösung mischt. Diese Bewegung dauert, wenn keine anderen Kräfte wirken, so lange an, bis die ganze Flüs- sigkeit sich auf der oberen Seite befindet; sie kann aber durch eine Kraft oder einen Druck, welcher die Lösung nach der porösen Wand hindrückt, aufgehoben werden. Der Überdruck, welcher, wenn die Schwere nicht w^irkt, hierzu auf die freie Oberfläche der Lösung ausgeübt werden muß, ist gleich dem Druck, welchen die poröse Wand durch die Molekularstöße der gelösten Substanz erfährt, und heißt der osmotische Druck der Lösung.

In der Praxis tritt an Stelle eines solchen äußeren Druckes zumeist die Wirkung des Gewichtes der über der porösen Wand stehenden Lösung, abzüglich der Gegenwirkung des auf der anderen Seite drückenden reinen Lösungsmittels.

Es mag bemerkt werden, daß es feste Wände, welche die vor- ausgesetzte Eigenschaft der Halbdurchlässigkeit in voller Strenge besitzen, nicht giebt, die vorstehende Schilderung der Wirklichkeit also nicht ganz entspricht, daß vielmehr stets eine kleine Menge der ge- lösten Substanz durch die poröse Platte dringt. Am vollständigsten kann man die gemachten Voraussetzungen durch Schichten gewisser Flüssig- keiten erfüllen,*^) welche man zwischen die Lösung und das reine Lösungsmittel einschaltet, und welche ihrerseits zwar das Lösungs- mittel, aber fast nicht die gelöste Substanz auflösen. Indessen ge- statten dieselben nicht die Messung des osmotischen Druckes in der oben beschriebenen Weise, da sie keine Festigkeit besitzen; über-

§ 9. Oesetx des osmotischen Druckes. 61

haupt wird dieser Druck in der Regel nicht direkt beobachtet, sondern aus gewissen, später zu betrachtenden Eigenschaften verdünnter Lö- sungen berechnet.

Wenn die oben auseinandergesetzte Anschauung über das Wesen der Osmose richtig ist, so müssen die früher für die Gase gemachten Ansätze sich auch hier als gültig erweisen. Es ist nun sehr merkwürdig und nahezu unverständlich, daß die Beobachtungen über den osmotischen Druck mit der einfachsten Formel (65') resp. (66)

in welcher jetzt Wa nur die lebendige Kraft der Moleküle der ge- lösten Substanz und p den osmotischen Druck bezeichnet, in naher Übereinstimmung sind, obgleich dieselbe unter Vernachlässigung aller Wechselwirkungen erhalten ist, und obgleich der Raum von den Teilchen des Lösungsmittels anscheinend viel dichter erfüllt wird, als bei einem der Kondensation nahen Gase von dessen Molekülen. Der Sinn dieser Thatsache läßt sich dahin aussprechen, daß der osmotische Druck in einer Lösung derselbe ist, welchen das gleiche Quantum gelöster Substanz, bei derselben Temperatur innerhalb des- selben Raumes vergast, auf dessen Wände ausüben würde.

Da die Formel (65') hier gilt, so kann man aus ihr genau wie S. 57 auch die Folgerung

in, = '-f

ziehen, wo p die Dichte der gelösten Substanz innerhalb der Lösung und p den osmotischen Druck bezeichnet, und mit ihrer Hilfe aus Q und p das mittlere Quadrat der Molekulargeschwindigkeit berech- nen. Dasselbe vermag man auch durch die Formel (70)

zu leisten, wenn man nur das Molekulargewicht fiu der gelösten Sub- stanz kennt, indem man für ju^ das Molekulargewicht irgend eines Gases und für {Fj^\ den ihm entsprechenden Wert setzt. Wählt man für die Substanz h etwa WasserstojBf und bezieht die Atom- gewichte auf Wasserstoff als Einheit, so erhält man, da Wasserstoff zwei Atome im Molekül enthält, jtt^ = 2 , und

(^a=;,7 (18,4.10*)*.

Die Anwendung dieser Resultate wird durch den Umstand be- einträchtigt, daß die meisten löslichen Substanzen ihre molekulare Konstitution von einem Lösungsmittel zum anderen ändern, bald mehrfache, bald Teilmoleküle bilden, zuweilen auch in ihre Atome

62 L TeiL Mechanik starrer Körper, IL Kap.

zerfallen. Auf diese Vorgänge , die man aus dem yerschiedenen physikalischen und chemischen Verhalten derselben Substanz in yer- schiedenen Lösungsmitteln erschließt, ist an dieser Stelle einzugehen nicht der Ort.

§ 10. Weitere Ausbildung der kinetischen Theorie; die mittlere Weglänge der Moleküle. Innere Eeibung, adiabatisohe Erwärmung,

Effoflion, Siffiision.

Wir wenden uns nunmehr zu einer genaueren Verfolgung der Wirkungen, welche die Kräfte zwischen den einzelnen ]|J[olekülen eines Gases ausüben, als sie oben zum Zwecke der Ableitung der van DE» WAALs'schen Gleichung erforderlich war.

Das charakteristische dieser Wirkung ist die Ablenkung der Moleküle von ihren ursprünglichen in anders gerichtete geradlinige Bahnen; der im Mittel zwischen zwei solchen Ablenkungen, die man kurz Stöße nennt, liegende geradlinige Weg, die freie mittlere Weglänge, sowie die mit ihm im Zusammenhange stehende Anzahl der Zusammenstöße, die ein Molekül in der Zeiteinheit erleidet, liefern eine deutlichere Veranschaulichung der wirklich stattfinden- den Bewegung, als es die früheren Resultate zu geben vermochten. Mit der Bestimmung dieser Größen wollen wir uns im Anschluß an die Untersuchungen von Claüsius*^) zunächst beschäftigen und dabei die Geschwindigkeit aller Moleküle innerhalb des Gases der Einfachheit halber als gleich annehmen.

Denken wir uns ein ruhendes Molekül und ein gegen dasselbe anfliegendes, so wird sich um den Schwerpunkt des ersteren eine Kugel von der Eigenschaft konstruieren lassen, daß, wenn die noch geradlinige Bahn des Schwerpunktes des zweiten Moleküles dieselbe schneidet, die Ablenkung desselben aus seiner ursprünglichen Rich- tung infolge der Wechselwirkung eine merkliche Größe hat Der Radius R dieser Kugel ist nicht gleich dem Radius der Wirkungs- sphäre, von der ja oben angenommen war, daß sie eine große An- zahl von Molekülen umschlösse, und mag daher den neuen Namen des Stoßradius, die Kugel den der Stoßkugel empfangen. Ihre Beträge werden wahrscheinlich von der Geschwindigkeit des stoßenden Moleküles, also von der Temperatur des Gases abhängen.

Sei nun ein System gleichförmig verteilter und festgehaltener Moleküle gegeben; v von ihnen mögen in der Volumeneinheit enthalten sein, vds also in einer Schicht von der Fläche Eins und der Dicke ds.

§ 10. Mutiere Weglänge der Moleküle. 63

Bewegen sich innerhalb dieses Systemes n Moleküle in paral- leler Sichtung mit gleicher Geschwindigkeit F, so ist der Bruch- teil dn/n der während dt abgelenkten bestimmt durch das Verhält- nis der in einer ebenen Schicht von der Dicke des durchmessenen Weges d$ = Fdt durch Stoßkugeln bedeckten, also undurchlässigen Fläche zu der gesamten; d. h., es gilt

^ ^nR^vVdt. 74)

Wegen der unendlichen Kleinheit von ds sind dabei die undurch- lässigen Stellen als yon Stoßkugeln nur einfach bedeckt zu be- trachten.

Hat das bisher ruhend angenommene gestoßene System eine gemeinsame Bewegung, deren Geschwindigkeit V^ den Winkel (p mit derjenigen der Bewegung jener n stoßenden Moleküle einschließt, so gilt dieselbe Formel bei Vertauschung der absoluten Geschwin- digkeit F mit der relativen ß, die bestimmt ist durch

ß2= ^2 + ri»-2rri cosy. 740

In dem oben bezeichneten allgemeineren Fall, daß sich alle Moleküle in beliebigen Richtungen, aber mit konstanten Geschwin- digkeiten durcheinander bewegen, erhält man Aufschluß über die stattfindenden Ablenkimgen, wenn man eine gegen die Gesamtzahl der überhaupt vorhandenen Moleküle kleine Anzahl n die immer- hin absolut noch sehr groß ist von irgend einem Zeitpunkte an als stoßend betrachtet. Der stattfindende Vorgang läßt sich dann auf den einfacheren reduzieren, daß alle n stoßenden Moleküle mit der Geschwindigkeit F parallel fortschreiten und von den gestoßenen, mit den Geschwindigkeiten F^ = F behafteten, der Bruchteil

2nmiq>dq> nn

Bewegungsrichtungen besitzt, welche mit derjenigen der ersteren Winkel zwischen y und cp + dq> einschließen. Dann wird

dn

^ = nR^vFdt jsin 9) sin ^ 9) rf qp

0 oder ausgerechnet

^^J^^^^R2^rdt, 75)

n 8 '

Hieraus folgt durch Integration

n^n^e^ , 75^

64 /. Teil, Mechanik starrer Körper, IL Kap.

worin n^ die Anzahl der zur Zeit ^ = 0 in irgend einer Bewegung begriffenen Moleküle, n die Anzahl der von ihnen zur Zeit t noch nicht von ihrem Wege abgelenkten bezeichnet.

Wir haben bei der Ableitung dieser Fundamentalformel die Geschwindigkeiten aller Moleküle des Gases als gleich angenommen. Da die Gleichung (75), so lange man R als von V unabhängig betrachtet, V linear enthält, so ist zu vermuten, daß bei Ausdehnung der Betrachtung auf verschiedene Geschwindigkeiten, die, wie später zu zeigen, prinzipielle Schwierigkeiten bietet, an Stelle von V angenähert das arithmetische Mittel ^ aller vorhandenen Ge- schwindigkeiten gesetzt werden kann, welches, wie schon bemerkt, keineswegs mit dem früher eingeführten y(^'% identisch ist.

Die erhaltenen Resultate liefern sogleich noch weitere Folge- rungen.

Da dn I dt die Anzahl der innerhalb der Zeiteinheit von n bewegten Molekülen abgelenkten ausmacht, so giebt dnj ndi auch die Anzahl a der auf ein Molekül in der Zeiteinheit kommen- den Stöße, VI a die mittlere freie Weglänge L zwischen zwei Stößen an. So gelangt man von (75) ausgehend zu

' ndt 3 ' a 4n B^v

Schreibt man die letztere Formel

76')

V

R \nR^vv^

SO spricht sie den Satz aus, daß die mittlere Weglänge L sich zu dem Stoßradius R verhält, wie das Gesamtvolumen des Gases v zu dem von den Stoßkugeln eingenommenen Raum.

Da R jedenfalls eine außerordentlich kleine Größe ist, so er- giebt sich stets, wenn

infolge großen Wertes v einen neben 1 merklichen Wert hat, auch für L ein sehr kleiner Wert, und man hat Ursache, anzunehmen, daß in allen den Verhältnissen, welche bei den Arbeiten mit Gasen in der Praxis vorliegen, selbst bei sehr kleinen Verdünnungen, die bekannten Gase diese Eigenschaft besitzen. Man wird sich daher vorstellen müssen, daß die Bewegung der Gasmoleküle, obwohl in der größten Zeit geradlinig verlaufend, sich doch nicht über irgend merkliche Räume erstreckt, sondern in Zickzackbahnen innerhalb mikroskopischer Be-

§ 10, Kinetische Theorie der inneren Reibung, 65

reiche stattfindet In der That zeigt Formel (75'), die sich mit Hilfe von (76) und der Beziehung Ft=:s auch schreiben läßt

daß schon den zehnfachen Betrag der mittleren Weglänge nur eine ganz verschwindende Zahl von Molekülen unabgelenkt zurücklegt Dies hat dann die wichtige Folge, daß die Gestalt des Gefäßes, welches das Gas enthält, auf die Molekularbewegung nur in sehr geringem Maße einwirken kann; von dieser Thatsache ist oben be- reits Anwendung gemacht, als der Druck des Gases gegen die Wände als längs derselben konstant eingeführt wurde, und wird auch weiter noch Anwendung zu machen sein.

Die vorstehenden Eesultate kommen zur Anwendung bei Ab- leitung der Grundgleichung für die innere Reibung eines Gases aus der kinetischen Vorstellung*®), d. h. der wechselseitigen Beschleuni- gung und Verzögerung, welche zwischen den Teilen eines Gases stattfindet, das sich mit einer von Ort zu Ort wechselnden Geschwin- digkeit bewegt, eine Untersuchung, die deshalb von grosser Bedeutung ist, weil sie die Mittel zur numerischen Bestimmung der oben ein- geführten Größen cc und L durch die Beobachtung liefert

Für ihre Entwickelung hat man sich vorzustellen, daß ein jedes Volumenelement des Gases eine scheinbare Gesamtbewegung mit den Geschwindigkeitskomponenten w, v, w besitzt, und daß zugleich seine Moleküle mit der relativen Geschwindigkeit V gegen das Volumen- element, die nur von der Temperatur abhängt, nach allen Seiten hinfahren. Bringt man den Schwerpunkt des Volumenelementes durch Zufügung der Geschwindigkeitskomponenten « , t?, «? an jedes Molekül zur Buhe, so darf man annehmen, daß die Be- wegung nach allen Bichtungen in gleicher Weise stattfindet

Wir betrachten den einfachsten Fall, daß die Geschwindigkeiten der Volumenelemente des Gases überall parallel gerichtet und in parallelen Ebenen konstant sind; die Z-Axe sei die Richtung dieser Geschwindigkeiten w, nach der ^-Axe finde allein ihre Veränderung statt Eine Schicht von einer gegen die mittlere Weglänge großen Dicke dz erleidet dann von den Nachbarschichten eine Beschleu- nigung dujdtj die dadurch bewirkt ist, daß nach beiden Seiten hin Moleküle ausfahren und dafür von beiden Seiten her Moleküle mit anderen mittleren Geschwindigkeitskomponenten U nach der X-Axe eintreten. Da die Dicke der Schicht groß gegen L sein soll, so durchdringen sie von den eintretenden Teilchen, ohne abgelenkt zu werden, nur unmerklich wenige; die übrigen erleiden im Innern eine

VoiöT, Theorotitfche Pliynik. 5

66 /. TeiL Mechanik starrer Körper, IL Kap.

Ablenkung, beginnen somit ihre neue Bewegung als der Schicht momentan angehörige Teile.

Für die Flächeneinheit der Schicht gilt demgemäß die Formel

hierin bezeichnen die Indices e und a, daß die bezüglichen Summen über die ein- resp. austretenden Moleküle fi zu nehmen sind, die In- dices -j- und , daß sie sich auf die positive oder negative Be- grenzung der Schicht beziehen.

Beachtet man, daß ^^iiiU)^ und -5'a(^&')- einerseits, ^^ijil^^ und -5*0 (jwt/)^ andererseits nur dadurch voneinander verschieden sind, daß sie für zwei verschiedene, um dz voneinander entfernte Flächen- stücke gelten, so kann man statt (77) auch schreiben

wo nun beide Summen sich auf die positive Grenzfläche der Schicht beziehen. Wir brauchen somit allein den durch diese Fläche statt- findenden Austausch von Molekülen in Rechnung zu ziehen.

Bezeichnen wir mit n' die Anzahl der Teilchen, die, von einem Raum Clement dk auf der positiven Seite der Grenzfläche ausgehend, die Flächeneinheit der Grenze erreichen, so läßt sich schreiben

78) :S,fiU=fiCn'Udk,

(+) worin das Raumintegral über den ganzen positiven Halbraum er- streckt werden kann, obgleich nach dem Obigen nur Teilchen aus äußerst kleiner Entfernung die Schicht erreichen. Analog ist

78') :SafiU=fiCn'Udk,

(-) das Integral in demselben Sinne über den negativen Halbraum ausgedehnt.

Kombiniert man miteinander stets je zwei in Bezug auf die Grenze sich spiegelbildlich entsprechende Volumenelemente und be- zeichnet ihre normalen Abstände von dieser mit ± c, so wird hiemach

78") XfiU^2afiU^(xJn'{U^c- U.c)dk,

denn die Anzahl n kann für die beiden korrespondierenden Elemente dk wegen der konstanten Dichte und der gegenüber dem Gesamtwert nur unbedeutend variierenden Molekulargeschwindigkeit als gleich

§ 10. Ktnetisehe Theorie der inneren Reibung. 67

betrachtet werden. Da faktisch nur sehr kleine Werte c in Be- tracht kommen, so läßt sich (78") auch schreiben

2,iiU ^ 2apiU=2 lif^^^n' cdh , ' 78'")

worin das Integral über den positiven Halbraum auszudehnen ist und dUjdz den Wert dieses Ausdruckes in der Grenzfläche selbst bezeichnet

Es erübrigt noch die Bestimmung yon n' und von U, die mit Strenge nicht ausgeführt zu werden braucht, weil die ganze Ent- wickelung auf der Wirklichkeit nicht genau entsprechenden Voraus- setzungen beruht

Um n' zu berechnen, wollen wir dem ganzen System die Ge- schwindigkeit — u erteilt denken, wodurch die Grenzfläche selbst zur Buhe gebracht wird, die benachbarten Raumelemente dk aber von ihren Geschwindigkeiten nur unendlich kleine Beträge übrig behalten. In diesem Zustande kann man die Bewegung in jedem Volumenelement als nach allen Sichtungen in nahe gleicher Weise stattfindend betrachten.

In einem Baumelement dk befinden sich nach der früheren Bezeichnung fortwährend vdk, aber infolge ihrer Bewegung in ver- schiedenen Zeitmomenten im allgemeinen verschiedene Moleküle. Da ein jedes von ihnen in der Zeiteinheit a Stöße erfährt, so be- ginnen in der gleichen Zeit avdk Moleküle nach einer Ablenkung innerhalb des Volumenelementes ihre Bewegung. Von ihnen besitzt der Bruchteil dcjl^n eine Bewegungsrichtung, die innerhalb eines EHementarkegels von der üfPnung dca liegt, und von diesen erreicht wiederum nur der Bruchteil

r

unabgelenkt die Entfernung r, in welcher der von dk ausgehende Elementarkegel die Grenzfläche der Schicht treff'en möge.

Bezeichnet man den Winkel, den die nach dk hin positiv ge- rechnete Richtung von r mit derjenigen der Z-Axe einschließt, durch y, so ist die öröße do des Flächenelementes, welches der Ele- mentarkegel aus der Begrenzung der Schicht ausschneidet, gegeben

durch

cos (pdomar^dd} ;

die Anzahl der während der Zeiteinheit von dk nach der Flächen- einheit der Grenze kommenden Moleküle wird demgemäß

68 /. Teil, Mechanik starrer Korper, IL Kap,

79) „'dA = ?L!L^»Jir^,

worin n' die frühere Bedeutung hat

Die gesamte Geschwindigkeit U der Moleküle parallel der X-Axe rührt zum Teil von der Schwerpunktsgeschwindigkeit u der Vo- lumenelemente dk her, aus denen sie kommen, zum Teil von der relativen Geschwindigkeit V der Moleküle gegen dk, welche viel größer als u und dabei für alle Elemente konstant ist Den letz- teren Anteil darf man als bei der Integration in (78'") aus dUjdz herausfallend betrachten und demgemäß dUjdz mit du/ dz ver- tauschen, wo sich dujdz auf die Grenzfläche selbst bezieht, also bei der Integration über den Halbraum konstant ist

Hiemach wird, da noch c = r cos qp ist,

80)

n

du

SSefiU—^af^U^ -^-^' ~ Ccos^tp ^m (pdtpCd'ilJ Cre ^dr,

0

1 78 d«<

und durch Einsetzen dieses Wertes in (77')

80) Pä7 = *^^^^V*«-

Der Faktor

81) fj=::^avfiZ^

heißt der Koeffizient der inneren Reibung des Gases und ist der numerischen Bestimmung durch die Beobachtung zugänglich.

Vertauscht man in dem obigen Ausdruck nach (76) aL mit F und setzt füi- vfi, d. h. für die Summe aller Massen in der Volu- meneinheit, die Dichte q, so erhält man auch

81') i7 = i(>rZ.

Benutzt man für /' den nach (69) berechneten Wert von '^{F\, was zulässig ist, wenn man nur ungefähre Resultate haben wiU, so gestattet die empirische Bestimmung von iy und q, auch Z und a= Fj L zu berechnen. Die so gefundenen Zahlen für Z liegen für die schwer kondensierbaren Gase bei 0^ C. Temperatur und 1 Atm. Druck in der Nähe von 10~*cm, die für a in der Nähe von 10* bei Zugrunde- legung der Sekunde als Zeiteinheit

Hieraus folgt, daß die Gasmoleküle bei den vorausgesetzten Verhältnissen frei nur fast unmerkliche Wege zurücklegen, wodurch

§ 10, AdiabaMsehe Erwämumg eines Gases, 69

nachträglich nun auch die Entwickelungen, welche zu der Schluß- formel (80') führten, gerechtfertigt sind.

Auf die Folgerungen aus jener Gleichung, wie auch auf das Verhalten eines bewegten Gases an festen Wänden, d. h. auf die sogenannte äußere Gasreibung*®), wollen wir nicht eingehen; un- abhängig von der kinetischen Vorstellung werden diese Punkte im folgenden Teile behandelt werden.

Eine weitere Anwendung von den im Eingang dieses Ab- schnittes erhaltenen allgemeinen Resultaten wollen wir auf die Erklärung der sogenannten adiab a tischen Temperaturänderung ^^ eines Gases durch bloße Volumenänderung ohne thermische Ein- wirkung machen.

Wir denken uns ein Element do der das Gas umschließenden Gefäßwand in normaler Richtung mit der gegen die Geschwindig- keit der Gasmoleküle sehr kleinen Geschwindigkeit tt' nach innen verschoben und betrachten die Einwirkung dieser Bewegung auf ein gegen do prallendes Gasmolekül; da die Dauer der Einwirkung, die vrir kurz als Stoß bezeichnen, äußerst kurz ist, so können wir u' während derselben als konstant betrachten.

Für ein Atom tw^ des betrachteten Moleküles gilt, falls wir die X-Koordinatenaxe vorübergehend mit der Normalen auf do zu- sammenfallen lassen, nach (40) das System von Bewegungsgleichungen

'«*'^? = + ^^**' %^^ = -^^"' "»»tI^ = -^^»*5 (82)

<*^ kih) ®^ k(h) "^ fc(A)

X^, die Wirkung der Wand, ist eine Funktion von (j:^ x) allein, falls mit X die Koordinate von do bezeichnet wird. Faßt man diese drei Gleichungen mit den Faktoren

{Uf^--u')dt=^d{Xf^'^x), Vf^dtz^dt/j^, tc^dt^dz^

zusammen und integriert von dem Zeitpunkt t^ des Eintritts in die Wirkungssphäre bis zu dem ^ des Austritts aus derselben, so er- hält man wegen

das Resultat

i ^, [{r^,' - {KV - 2k' ((«Ol - («Oo)]

»1 kih)J

kih)

82')

70 /. Teil. Mechanik starrer Körper, IL Kap,

Summiert man diese Formel über alle Atome m^ eines Moleküles fi und bedenkt, daß

h k{h)

82") :S2; f{X,, dx, + r,, dy^ + Z^^ dz,) = A,

h k{h)J

die Arbeit der inneren Kräfte des Moleküles während des Stoßes

ist, so erhält man

83) e^^e^^fiu'iU^^ ü^).

Hierin bezeichnet e die gesamte Energie des Moleküles, U seine Schwerpunktsgeschwindigkeit normal zu do; da, u' sehr klein gegen U ist, kann man dabei den durch «' bewirkten Unterschied zwischen t^ und Z7j vernachlässigen und setzen

83') <?i -<?o = 2|ti«' ?7,

worin den Normalgeschwindigkeiten u' und U des Flächenelementes und der Moleküle gleiche oder entgegengesetzte Vorzeichen beizulegen sind, je nachdem sie vor dem Stoß entgegengesetzte oder gleiche Richtung hatten.

Nun stoßen nach (79) gegen do während der Zeit dt

öo ) ndkdodt = 7 5 e l

von dem Yolumenelement dk ausgehende Moleküle; sie besitzen die N ormalgesch windigkeit

83'") U=^Fcos(pj

und ein jedes erfährt bei dem Stoß die durch (83') gegebene Energie- änderung. Demgemäß erleidet die Energie E des ganzen Gases durch

»•

die Verschiebung von do während cf^ die Änderung

n

00

84) } dE= ayfiu ^jcos^ysinyrfy ldi/;le"^rfr,

I 0 00

= \ FL avfiu^dtdo,

oder wegen F= La

84') dE^^ IF^vfjiu'dtdo.

Nun ist aber u^dt die normale Verschiebung des Elementes do, also u'dtdo die durch sie bewirkte Verkleinerung des Volumens v des Grases; summiert man also die letzte Gleichung über alle Ober-

§ 10, Adiabatisehe Erwärmung eines Oases, 71

äächenelemente, so erhält man als gesamte Energieänderung infolge der Yolumenänderung dv den Wert

dE= -^F^vfidv. 84")

Da nun noch

die lebendige Kraft der Schwerpunktsbewegung der Moleküle des gesamten Gases darstellt, so ist die vorstehende Formel identisch mit

^ dv Q-v

a

Die betrachtete Energieänderung bezieht sich zunächst nur auf die der Oberfläche unmittelbar benachbarten Teile; bei hinreichend lang- samer Verschiebung der Oberflächenelemente wird sich aber der Zustand im ganzen Innern ausgleichen, ohne daß dabei eine Energieänderung eintreten könnte, und da nach Gleichung (66')

lWa = MBT 85')

ist, unter M die Gesamtmasse des Gases verstanden, und da sich Wa mit E ändern muß, so wird als Folge der Kompression eine Ände- rung der Temperatur des Gases eintreten.

Um dieselbe zu bestimmen, ist die Kenntnis des Zusammen- hanges zwischen E und 4^«, der gesamten und der äußeren kinetischen Energie der Molekularbewegung, erforderlich.

Dieser ist ohne weiteres gegeben, wenn die Molejcüle ein- atomig sind, denn dann ist die innere Energie der. Moleküle ver- schwindend, also E=^ Wa', hier folgt aus (85)

/*a = ^-f/v, 86)

worin / den natürlichen Logarithmus bezeichnet, oder wegen (85')

IT==IC -^llv, 86')

und

Tv^ = C, 86")

worin C und C Konstanten bezeichnen.

Im Falle mehratomiger Moleküle ist eine allgemeine Beziehung zwischen E und Wa auf rein mechanischem Wege ohne spezielle An- nahmen nicht zu gewinnen ; mit Hilfe von thermischen Betrachtungen kann man aber, wie im dritten Teile gezeigt werden wird, finden

^^^MBäT^ ä^. 87)

X 1 ^ X 1 '

WO X eine dem Gas individuelle Konstante bezeichnet.

72 /. TeiL Mechanik starrer Körper. IL Kap.

Hiemach wird allgemein

870 1J. = ^^=-(._1)^,.

a

und daraus durch Integration

87") Tr— 1 = C\

Berücksichtigt man, daß gleichzeitig gilt

pv = MBT, so folgt aus (87") auch 87"') pv-== C\

*

als die Beziehung zwischen Druck und Volumen, welche bei rein mechanischer Einwirkung auf das Gas stattfindet.

Für den Wert von h giebt bei Berücksichtigung des Umstandes, daß ^a als ein Teil von E notwendig kleiner als E sein muß, die vorstehende Betrachtung die Ungleichung

7c-\^\, d. h. 7C^\\

der größte Wert ^/g findet bei einatomigen Gasen statt

Außer den vorstehend erörterten Problemen kann man ins- besondere den Vorgang der Wärmeleitung ^^) innerhalb eines Gases auf Grund der oben benutzten Anschauungen behandeln; die Aus- gleichung der Temperatur zwischen verschieden warmen Teilen eines Gases stellt sich dann dar als durch den Transport lebendiger Kraft ^^a von den wärmeren nach den kälteren Stellen bewirkt. In- dessen ist die theoretische Verfolgung dieses Gedankens dadurch erschwert, daß mit den Temperaturänderungen notwendig Druck- änderungen verbunden sind, die eine Bewegung der Volumenelemente neben derjenigen der einzelnen Moleküle bewirken, und bietet über- dies das prinzipielle Bedenken, daß sie von der Strahlung der Wärme von Molekül zu Molekül abstraliiert, die möglicherweise auf den gan- zen Vorgang sehr wesentlicli einwirkt. Darum soll von derselben abgesehen werden.

Der Vorgang der Effusion eines Gases aus einem Reservoir durch eine sehr kleine Öffnung in einer unendlich dünnen Wand^*) läßt sich, wenn man annimmt, daß der Zustand in unmittelbarer Nähe der Öffnung sich trotz der dauernden Ausströmung immer merklich dem im Innern des Reservoirs vorhandenen gleich erhält, leicht mit Hilfe der Gleichung (79) erledigen, denn die Masse W des in der Zeiteinheit austretenden Gases ist gleich der auf ein

§ 10. Diffusion in verdünnten Lösungen, 73

Oberflächenelement von der Größe der Öffnung q in derselben Zeit aufEällenden, also gegeben durch

3f'="^Ji/5?7.'"^rfÄ, 88)

die Integration über den Halbraum erstreckt Dies giebt aus- gerechnet, da v jti = (> die Dichte des Oases ist,

M" =^\aviiqL= \qQF, 88')

worin, wie oben gesagt, F bei nicht gleichen Geschwindigkeiten der Moleküle angenähert mit ^ vertauscht werden kann.

Die Formel wird bezüglich der Proportionalität mit q, p, Fj nicht aber bezüglich des absoluten Wertes von JIT durch die Beob- achtung bestätigt, was nach dem Vorausgesclückten begreitlich ist

Sie läßt sich auf die gegenseitige EfFusion zweier Reservoire, in denen verschiedene Drucke, aber gleiche Temperaturen herrschen, erweitem und giebt dann die von (1) nach (2) übergehende Menge

M{2=^Ml^m = \q F{(f, -(>,).- 88")

Schwierigkeiten bietet dagegen die Behandlung der Diffusion innerhalb eines Gasgemisches von überall gleichem Druck, aber wechselndem Mischungsverhältnis^^), weil hier Zusammenstöße außer zwischen Molekülen gleicher Art auch zwischen solchen verschiedener Art, und zwar alle in von Ort zu Ort wechselnder Häufigkeit, statt- finden.

Von dieser Komplikation ist in bemerkenswerter Weise frei das Problem der Diffusion innerhalb einer ungleichmäßig konzentrierten, übrigens aber verdünnten Lösung"); denn hier überwiegen die Zusammenstoße zwischen den Molekülen der gelösten Substanz und denjenigen des Lösungsmittels so über diejenigen zwischen den ersteren Molekülen allein, daß die letzteren außer Betracht bleiben können.

Eine andere Vereinfachung wird dadurch bewirkt, daß, wenn auch möglicherweise infolge des wechselnden osmotischen Druckes die Dichte der Flüssigkeit an den Stellen verschiedener Konzen- tration etwas verschieden ist, dieser Unterschied wegen der äußerst geringen Kompressibilität der Flüssigkeiten außer Betracht bleiben und demgemäß die Stoßzahl a als konstant betrachtet werden kann.

Die Formeln (75) und (76) lassen sich ohne weiteres auf unseren Fall übertragen; nur ist natürlich jetzt unter B der Stoßradius für das Zusammentreifen eines Moleküles der gelösten Substanz mit einem des Lösungsmittels zu verstehen.

74 /. Teil, Mechanik starrer Körper, IL Kap,

Ist die Konzentration, also die Anzahl p der Moleküle fjL der ge- lösten Substanz in der Volumeneinheit, und damit die Dichte q = vfi derselben eine Funktion allein der einen Koordinate z, so ist die Differenz AT der in positiver und negativer Bichtung während der Zeiteinheit durch die Flächeneinheit normal zur Z-Axe gehenden Quantitäten der gelösten Substanz, d. h. die Stärke des Diffu- sionsstromes, nach (79) gegeben durch

worin p«« und q+c die Dichten in zwei sich spiegelbildlich ent- sprechenden Volumenelementen in den normalen Abständen ± c von der betrachteten Fläche bezeichnen.

Aus demselben Grunde, der für die Umformung (78") maß- gebend war, können wir hierin

89') (._.-(>+.= -2c|?=-2rco89)^J

setzen und erhalten bei Benutzung dieses Wertes aus (89)

89") M' = -laL^l^ = -iriJ/.

Die zeitliche Änderung der Dichte q infolge der Diffusion ist dann, wie leicht erkennbar, gegeben durch

Der Faktor 8 = \VL von d^ q/öz^ heißt der Diffusionskoeffizient der gelösten Substanz in dem bestimmten Lösungsmittel und ist der Beobachtung zugänglich; aus bekanntem S und aus, wie Seite 61 ge- zeigt, berechnetem F bestimmt sich sonach L und cc. Die erhaltenen Werte sind begreiflicherweise für L viel kleiner, ftir a größer, als die oben für Gase angegebenen.

In dieser Entwickelung ist von Kräften, welche auf die Mole- küle der gelösten Substanz wirken, abgesehen; sie gilt daher nur, falls die Moleküle sich in der Lösung nicht elektrolytisch dissoziieren ; denn im anderen Falle bewirken die elektrischen Ladungen, mit denen nach den Vorstellungen der Elektrochemie die Teile der Moleküle, die Ionen, behaftet sind, fem wirkende Kräfte, welche auf die Diffusion einwirken. Doch läßt sich auch dies kompliziertere Pro- blem, welches in engem Zusammenhang mit der Elektrolyse in Folge eines durch die Lösung gehenden Stromes steht, im Anschluß an die kinetische Vorstellung lösen.**) Dabei sind selbstverständlich die Bewegungen jedes Ions für sich zu betrachten.

§ 11. MaxweWs Oesetx der Oesehtffindigkeiten, 75

§ 11. Weitere AuBbUdnng der kinetischen Theorie; das Gesetz der

Yerteilnng der Geschwindigkeiten.

Die Moleküle eines Gases können nicht dauernd sämtlich gleiche Geschwindigkeiten besitzen, denn wenn man ihnen dergleichen fiir einen Augenblick erteilen könnte, so würde dieser Zustand im näch- sten Augenblick durch die Wechselwirkungen der Moleküle unter- einander zerstört werden. Unter allen Verteilungen, welche, im Laufe der Zeit wechselnd, sich einstellen, ist nun eine wahrschein- licher als alle übrigen, und sie wird demgemäß das durchschnittlich stattfindende Gesetz darstellen.**)

Sei ein Gasvolumen gegeben, welches die Schwerpunktsgeschwin- digkeit h mit den Komponenten a, b, c parallel den Koordinaten- axen besitzt, so läßt sich dasselbe durch Erteilung der entgegen- gesetzten Geschwindigkeit zu äußerlicher Ruhe bringen. In diesem Zustand hat ein Molekül, welches zuvor die absoluten Geschwindig- keitskomponenten tt, V, w besaß, die modifizierten

it = « a, )o = V b, lo = t£j c.

Von den resultierenden relativen Geschwindigkeiten

ist nach der auf S. 67 ausgesprochenen Annahme jeder bestimmte Wert in allen Richtungen gleich oft vorhanden.

Der Bruchteil aller Moleküle, welcher bei beliebiger Geschwin- digkeit parallel ¥ und Z eine Geschwindigkeit parallel der X-Axe zwischen u und n + du. hat, muß, falls f{\[) eine noch unbekannte Funktion von u bezeichnet, gegeben sein durch

f{n)d\i,

der Bruchteil mit entsprechenden Geschwindigkeiten parallel ¥ oder

Z durch

f{t))dt), f{\D)dro.

Daraus folgt, daß der Bruchteil, welcher gleichzeitig Geschwin- digkeiten

parallel X zwischen u und u + rfu

¥ \> t) + dt> Z \x> \o + dto

besitzt, gegeben sein muß durch

^ =:f{n)f{\>)f{im)d\idt)d\\).

Ist 92 die Anzahl aller in dem gegebenen Volumen vorhandenen

76 /. Teü, Mechanik starrer Körper. IL Kap,

Moleküle und denkt man sich ihre Geschwindigkeiten S durch Strecken repräsentiert^ die von einem Eoordinatenanfang aus konstruiert wer- den, so daß ihre Projektionen gleich u, u, \o sind, so giebt

90) n = 5R » = SR/"(u)/*(d)/'OD) rfu rfö rf w

die Anzahl solcher Strecken, welche in dem Volumenelement d\\d)Qdxo an der Stelle u, b, m endigen.

Zerlegt man andererseits den Raum um den Eoordinatenanfang in Kugelschalen von der Dicke rf S, so ist die Anzahl der Strecken, welche innerhalb einer solchen Schale endigen, gleich 5Ri^(S3)rf8S, worin P{^) ebenfalls eine noch unbekannte Funktion von S be- zeichnet. Da nun alle Richtungen gleichwertig sind, so endigt in- nerhalb eines Volumenelementes cfOrfS jener Schicht eine Anzahl u', gegeben durch

90') u' = ^ ^^^^^^- = SR i^; (S) rfD rfSB ,

worin F^ eine Abkürzung ist.

Ist das Volumenelement d€Xd^ an der Stelle ii, \),.\o gelegen, und ist seine Größe gleich dndt>d\ry, so muß auch u = ii' sein; dies ergiebt aber

90") /(u) A^) A^») = ^1 (55) = J^'i (l/u^ + + m») .

Diese Formel spricht eine Eigenschaft der Funktion f aus, welche ihre Form vollständig bestimmt; ihr genügt allein der Ansatz

91) A») = o«-^'»',

in dem a und b Konstauten sind. Das negative Zeichen im Ex- ponenten erscheint notwendig, da f nicht mit unendlichem u selbst unendlich werden kann.

Nach der Definition von f{M)d\i als Bruchteil aUer Teilchen muß

91') rf{n)dn = 1

_ CO

sein; dies ergiebt )/^9r(a/b)= 1, also

91") /•(u) = A, -*•«•, /•(t,) = A «-*.«., /(m) = A«-b.»'.

yn yn yn

Hieraus folgt sofort

91'") ^'(JB) = -^«-6-8-,

und da F{^) = 4 « 83« /; (83) ist,

92) i^{«) = ^' *-«-*'«•.

y 71

§ 12, MaoßweWs Oeseix der Geschwindigkeiten. 77

Dies ist das MAXWELL'sche Gesetz für die Verteilung der re- lativen Geschwindigkeiten SS gegen den Schwerpunkt des bewegten GasTolumens; i^(95)rfSS giebt den Bruchteil aller Moleküle an, welche in beliebiger Richtung eine Geschwindigkeit zwischen S3 und SS + ^$ besitzen.

F{^) hat ein Maximum fiir 83 = 1/0; 1/6 = ® ist also der wahrscheinlichste Wert von SS, d. h. der, in dessen Nähe auf gleiches J9S mehr Moleküle kommen, als irgendwo anders.

Beschränkt man sich weiterhin auf ein ruhendes Gas, so erhält man, da nur die absoluten Geschwindigkeiten an Stelle der relativen treten,

F{T)=^ -^^ e- <yi ^)\ 92')

Die mittlere Geschwindigkeit /^ ist gegeben durch

F^=: CFF{F)dF, 92")

0

der mittlere Wert aller Geschwindigkeitsquadrate durch

OD

{F\=^ CF^F{F)dF. 92'")

0

Die Berechnung dieser Integrale ergiebt

r^ = -Lr, (F»)^ = |r«, 93)

y n daher

r^/l/(n; = 1^ = 0,9213. 93')

Das Verhältnis dieser beiden verschieden definierten Mittelwerte ist also für alle Gase von gleicher Größe.

Da nach Formel (69) der Wert von {F\ = Sp j q für die ein- zelnen Gase aus der Beobachtung bestimmbar ist, so ist für sie auch

^. = ]/f, 93")

ZU berechnen.

Die Aufklärung, welche das MAxwELL'sche Gesetz über den mittleren Bewegungszustand in einem Gase liefert, und der Nach- weis, daß zwischen den mittleren Werten aller Potenzen der Ge- schwindigkeit F für alle Gase konstante Zahlenverhältnisse bestehen, sind die eigentiich wichtigen Resultate der obigen Entwickelung. Eine praktische Anwendung zur Berichtigung der oben unter Vor- aussetzung gleicher Geschwindigkeiten entwickelten Theorien der

78 /. Tßü. Mechanik starrer Korper. IL Kap.

inneren Eeibung, der Diffusion und ähnlicher gestattet das Gesetz, wenigstens ohne gleichzeitige Einführung spezieller Hypothesen über den Bau und die Wechselwirkung der Moleküle, nicht; denn so lange man den Zusammenhang nicht kennt, in welchem der Stoßradius R mit der relativen Geschwindigkeit steht, und demgemäß variierende Geschwindigkeit und konstanten Stoßradius nebeneinander benutzt, ist der Gewinn an Strenge illusorisch.

Doch kann man in den Fällen, wo es wahrscheinlich ist, daß die Berücksichtigung der verschiedenen Werte der Geschwindigkeit auf den Mittelwert /^ führen würde, den aus (93") folgenden Aus- druck für diese Größe setzen.

So würde die Formel (88') für die Effusion eines Gases in den leeren Raum unter seiner Anwendung die Gestalt

94) ^' = ?V^

annehmen, die für die gegenseitige Effusion zwischen zwei Beser- voiren (88") analog

94') ^i,' = ,;^(V?iCi-}^3~P,)-

Sind die Temperaturen beiderseitig die gleichen, so ist

also

94") ^12' = ? yfl^^i - P2) = Yf^(Pi - P2)

Die hieraus folgenden Resultate für das Verhältnis der Ausfluß- mengen verschiedener Gase bei gleichem Druck und gleicher Tem- peratur sind von der Beobachtung befriedigend bestätigt

§ 12. Die Gleichungen von Hamilton und Lagbanos. Cyklische

Systeme.

Bezeichnet man mit Sx^^, St/j^, Szj^ willkürliche Variationen der Koordinaten z^, y,^, z^ des Massenpunktes wi^, faßt nach Multiplika- tion mit ihnen die Gleichungen (40) additiv zusammen und summiert das Resultat über alle Massenpunkte des Punktsystemes, so erhält man

§ 12, Oleiekung der virtueÜen Verrüchmgen, 79

^h

In den Ausdrücken für die Kraftkomponenten sind hier im all- gemeinen auch die Reaktionskomponenten enthalten, welche durch etwa die Bewegung beschränkende Nebenbedingungen geliefert wer- den. Feste Kurven oder Oberflächen, an die ein einzelner Punkt gebunden ist, werden ihre Reaktionen in der Form äußerer, feste Verbindungen zwischen mehreren Massenpunkten in der Form innerer Kräfte auftreten lassen.

Falls die Variationen 5a:^, Sy^^, 8z^ die Eigenschaft haben, mit den Bedingungen vereinbare Verrückungen aller Massenpunkte zu ergeben, wollen wir sie wie S. 27 virtuell nennen; an Bewegungen dieser Art können die Reaktionskräfte, welche nur den Bedingungen widersprechende Bewegungen verhindern, keine Arbeit leisten, bei der Beschränkung auf virtuelle Verrückungen enthält demnach die Formel (95) keinerlei Reaktionen, sondern nur die direkt gegebenen äußeren und inneren Kräfte und läßt sich unter Benutzung früherer Bezeichnungen kürzer schreiben, wie folgt '^^i

M^'»+rf?^y*+ rf?N-^^<-^^ = 0- 95')

Diese allgemeine Gleichung der virtuellen Verrückun- gen hat den ganzen Inhalt der Bewegungsgleichungen (40) in sich aufgenommen, so daß jene in allgemeinster Fassung aus ihr zurück- gewonnen werden können.

Ist nämlich die Bewegung irgend welchen Nebenbedingungen von der Form qp| = 0 unterworfen, worin die g). die Koordinaten be- Hebiger Punkte des Systems und außerdem die Zeit enthalten kön- nen, so hat man diese Bedingungen nur bei konstanter Zeit zu variieren und mit willkürlichen Faktoren X^ multipliziert zu (95') hinzuzu- fügen*®); dann kann man sämtliche 3xf^, Sy^, Sz^ als willkürlich betrachten und demgemäß die erhaltene Gleichung in 3n zerfallen, welche mit den Nebenbedingungen zusammen die Bestimmung der sämtlichen Koordinaten und der Faktoren X^ gestatten.

Nach dem auf S. 41 Entwickelten besitzen die Wechselwirkungen ein Potential im engeren Sinne des Wortes, wenn

S^A. = -ä(I) 95")

ist, wo 0 eine Funktion von den Koordinaten aller Massenpunkte, aber nicht von deren Differentialquotienten nach der Zeit ist.

Verschvrinden bei verschwindenden Geschwindigkeiten auch die Beschleunigungen, d. h., ist das Punktsystem im Gleichgewicht, so muß gelten

S'J. + S'A^^O, 96)

80 /. Teü, Mechanik starrer Körper, IL Kap,

oder wenn ein Potential existiert,

96') 50-d'^ = O.

Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so tritt aus der Ruhe eine Be- wegung ein, für die nach Gleichung (47), falls die Bedingungen die Zeit nicht enthalten,

97) d'A. + d:A>0,

oder bei Existenz eines Potentiales

97') di^-d'A<0

ist

In dem speziellen Falle, daß äußere Kräfte fehlen und die in- neren ein Potential im engeren Sinne des Wortes haben, wird die Gleichgewichtsbedingung (96') zu

98) J* = 0,

diejenige für den Beginn der Bewegung aus dem Zustand der Ruhe (97') zu

98') d(l}<Q.

Hieraus folgt, daß der Gleichgewichtszustand dadurch charakteri- siert ist, daß für ihn tf> ein Maximum oder ein Minimum annimmt, und zwar zeigt (98'), daß stabiles Gleichgewicht einem kleinsten, labiles einem größten Wert von ^ entspricht

Die Gleichung (95) läßt sich auf die Form bringen

wo ^= \JSm^Vj^ wie früher die lebendige Kraft des Punktsystemes bezeichnet; hieraus folgt durch Multiplikation mit dt und Integra- tion zwischen zwei Grenzen t^ und f^, an welchen sämtliche Varia- tionen Sxf^^ dtfj^j Szj^ verschwinden^^,

99') j{SW+S^A, + ^^ = 0,

oder, falls ein Potential existiert,

99") f{S{V- (U) + yA)dt^O.

Diese Gleichung heißt das HAMiLTON'sche Prinzip und ist von be- sonderer Wichtigkeit für die Einführung neuer Variabein in die Bewegungsgleichungen.

Sind dieselben mit Pi, P2 *-• Pn bezeichnet und dabei so gewählt,

§ 12, Oleichung von Hamilton find Lagrange, 81

daß sie die der Bewegung gestellten Nebenbedingungen identisch beiriedigen, so wird

*^/^ = f ö>7*^*' *y/^ = fö|^/^^' ^^. = fäS^/^i. 100)

also die Arbeit

i^A = 2{X^ Sx^ + Y, Sy^ + Z,Sz>i^ 2P, dp, , 100') falls

(d X dv d X \

X,jf^+Y,^^+Z,-,^]^P^ 100")

gesetzt wird.

Analog wie (100), aber nur unter der Voraussetzung, daß die Nebenbedingungen und daher die Beziehungen, welche die p, durch die x^ y^ ar^ definieren, die Zeit nicht enthalten, gilt

worin kurz

t: = ?* 101')

gesetzt ist. Hieraus folgt, daß unter der gemachten beschränkenden Annahme die lebendige Kraft W eine homogene BNinktion zweiten Grades der q, ist, deren Koeffizienten von den p. abhängen, während das Potential 0 nur die p. enthält.

Wegen der genannten Eigenschaft der lebendigen Kraft wird in diesem Falle die Energie E gegeben sein durch

£=«/+0=^|^y^-.^, 101")

wo Aj die sogenannte LAGKANGE'sche Funktion, definiert ist durch

y^-a> = ^. 102)

Weiter erhält man

SA==S{1f-iP) = 2: (1^^ Sp, + || Sq;j , 102-)

und die Gleichung (99") nimmt die Form an

dt^O. 102")

Da aber nach der Definition (lOl')

ddp

isty so kann man in dieser Gleichung die in die Sq. multiplizierten Glieder durch Teile integrieren, wobei die abgesonderten Tenne

Voigt, Theoretische Fhjaik. 6

82 /. Teil. Mechanik starrer Körper. IL Kap,

an den Grenzen verschwinden, weil daselbst die Sxj^, Si/j^, Sz^ und nach (100) auch die 8p^ gleich Null sind. Man erhält sonach

u

woraus, da alle Sp^ voneinandjer unabhängig sind, folgt

oder indem man das Moment der Koordinate p^

einführt, auch

dQ. dA,

103') -TT" ^ = ^r

* dt dp. *

Dies sind die von Lagkange gegebenen Bewegungsgleichungen ^% Die p^ resp. </. heißen die verallgemeinerten Koordinaten resp. Ge- schwindigkeiten, die P. die verallgemeinerten äußeren Kräfte; letztere sind wesentlich durch die Gleichung (100") definiert und haben, wenn die p. gewöhnliche Koordinaten sind, die Bedeutung der gewöhnlichen Komponenten, wenn die p^ Drehungswinkel sind, die Bedeutung von Drehungsmomenten, was sich leicht nach- weisen läßt

Hängen die inneren Kräfte des Punktsystemes von den relativen Geschwindigkeiten ab, so bleiben die Formeln (103) anwendbar, wenn man nur nach (55) A = W (p setzt

Werden die vorstehenden Formeln auf ein starres System an- gewandt, so ist in ihnen 0 als konstant zu beti*achten, und die HAMiLTüN'sche Gleichung wird zu

«1 103") J{8W+S'J)dt=0,

<b die LAGRANGE*sche zu

Die vorstehenden Formeln gestatten eine Umformung®^), die sich bei manchen Anwendungen nützlich erweist

Wir wollen annehmen, unter den Koordinaten p. wäre eine Kategorie, die wir mit r^ die ihnen entsprechenden Kräfte mit Ej^ bezeichnen wollen, für welche wir an Stelle der Geschwindigkeiten

§ 12, Gleichungen von Lagrange. 83

die Momente

dr.

K

dt

h

dA

'%

^\~

als Unabhäugige einzufuhren geeignet finden; dann können wir mittels der der letzten Formel analogen die Sj^ durch die Ä^. und alle r^, p. und q. ausdrücken und das Resultat in A einsetzen.

Bezeichnen wir die so erhaltene Form von A durch {A), so ist ersichtlich, da p. explicite und implicite in Sj, vorkommt,

^Pi ^Pi 7 ^%^Pi ^Pi 7 ^^Pi'

analog auch

'^A^ = 1^ + ^sp, ^M=^-^ + ^sp, ^/f- = ^s '3. 105')

Versteht man nim die durch & bezeichnete Differentiation so, daß dabei /?., y^ t^^ und S^ als Unabhängige behandelt werden, und setzt kurz

, A^2lS^s^=^Ä, 105")

so erhält man

dA_^A!_ dji ^ * 4' _»A' __ _^A' dp. '^ ^p.' dq.~ ifq^ ' ö r. " ^ r. ' '"» "" ^ 5.

106)

Daraus folgt auch, daß für die Kräfte P. die Gleichung (103) sich schreiben läßt

woraus man auch auf dem umgekehrten Wege, wie der ist, welcher zu (103) geführt hat, schließen kann

fdt{SrsA' + :2;p.Sp;} = o, loe")

wo die Variation «J^s die /? und q allein betrifft

Für die Kräfte R lassen sich die ursprünglichen Formeln

d (dA\ dA^ dt[dsj dr^-^^

nicht ebenso umgestalten; doch hat dies keinen praktischen Nach- teil, da es sich bei Kräften dieser Art immer nur um die Kenntnis der geleisteten Arbeit handelt, die sich, wie später an einem wich- tigen Beispiel gezeigt werden soll, auf anderem Wege durch ^ ausdrücken läßt.

6*

84 L Teil, Mechcmik starrer Körper. 11, Kap.

Wenn die lebendige Kraft W die spezielle Eigenschaft hat, Glieder, welche mit Produkten der Geschwindigkeiten q^ und s^ proportional sind, nicht zu enthalten, kann man aus den vorstehenden Formeln eine sehr merkwürdige allgemeine Folgerung®*) ziehen.

Aus

107) ^= ^,+ *,- 0,

worin Wq und W, die nur die q^ und nur die «^ enthaltenden Teile von V bezeichnen, erhält man sogleich, da ^, homogen vom zweiten Grade in den Sj^ ist,

107) ^' =*;,-*;- *

und unter Rücksicht auf (106')

V, ordnet sich hier also dem inneren Potential (P zu, und zwar nicht nur formell, sondern auch wesenthch, da es ebenso wie jenes zwar die Koordinaten /?j, aber nicht die Geschwindigkeiten q^ enthält

Bei Bestimmung der Kräfte P^ erscheint sonach ^, als ein von den Geschwindigkeiten s^ abhängiger Teil eines Ge- samtpotentiales (0) = y^", + 0, und umgekehrt kann man dabei stets das Potential durch einen Teil der gesamten lebendigen Kraft ersetzen, der von den Geschwindigkeiten q^ unabhängig ist.

Dies Resultat erinnert an die Tendenz der kinetischen Gas- theorie, den Druck, welchen das Gas auf die Gefaßwandung ausübt, durch eine Bewegung zu erklären. Wir wollen den Zusammenhang mit jenen Betrachtungen noch etwas weiter verfolgen.

Hier bestimmen die Koordinaten p^ den äußeren, r^^ den inneren Zustand des Gases; bei äußerer Ruhe ist Wq = 0.

Die lebendige Kraft W, ist äquivalent mit einem Anteil 0, des Potentiales der Masse auf sich selbst. Wegen des verschwindenden Wq ist bei einer Volumenänderung die Arbeit der äußeren Kräfte das Entgegengesetzte von derjenigen der inneren, also

108) (TA = d{(I>) = d{W, + 0).

Wird jedes Oberflächenelement do um dn nach innen ver- schoben, so leistet die äußere Kraft, welche den inneren Druck p kompensieren muß, die ATheii pdndo= —pdv] hieraus folgt

108') rf^= -pdv = d{^f,+ 0).

Kombiniert man hiermit die aus dem Viiialsatz abgeleitete Formel (65')

§ 12. Cykltsehe Systeme. 85

SO erhält man

_jl. = l<!^, .„s'i

eine Gleichung, welche mit (85) wesentlich identisch ist und die Bedingung adiabatischer Volumenänderung enthält; dies ist auch he- greiflich, da wir nur Kräfte der Art P. ins Spiel gebracht, also auf den inneren Zustand des Gases direkt nicht eingewirkt haben.

Durch die Einfuhrung gewisser spezieller Eigenschaften der Variabein p. kann man aus den LAGEANGE'schen Gleichungen (103) einige allgemeine Sätze ableiten, die in inniger Beziehung zu wich- tigen Fundamentalsätzen aus dem Gebiet der Wärme- und Elek- tricitätslehre stehen.®^)

Wir betrachten ein Punktsystem, dessen allgemeine Koordi- naten p^ in zwei Klassen von verschiedener Natur zerfallen.

Die Koordinaten pa der ersteren Klasse, die wir aus später zu erörternden Gründen die Positionskoordinaten des Systems nennen wollen, sollen die Eigenschaft haben, nur sehr langsam mit der Zeit zu variieren, so daß man ihre Geschwindigkeiten qa als un- endlich klein erster Ordnung betrachten kann.

Die Koordinaten der zweiten Klasse p^ sollen dagegen schnell mit der Zeit variieren, also große Geschwindigkeiten y^ ergeben, aber die Funktion A = W <!> soU nicht merklich von den p^ ab- hängen. Koordinaten dieser Art haben u. a. die Punkte einer in stationärer cyklischer Bewegung befindlichen Flüssigkeit; man nennt daher allgemein nach dem Vorgang von v. Helmholtz die pt cy- klische Koordinaten und ein Massensystem, dessen Bewegung durch dergleichen gegeben ist, ein Cykel.

Über die Beschleunigungen wollen wir annehmen, daß

dqj,f dt = yi als unendlich klein erster,

dqaldt=^ q'a

als unendlich klein zweiter Ordnung angesehen werden könne.

Enthalten die Nebenbedingungen der Bewegungen die Zeit nicht, so ist die lebendige Kraft von der Form

W=:^\[22Qaa'qaqaf + -S" -5* Qj j/ y^ Jy + ^ JS* Q^ 6 9^« ?&)? a a* 6 y ah

WO die Q nur die Positionskoordinaten pa enthalten, wie dies auch von dem Potential 0 gilt, und y«' resp. q^,* Geschwindigkeiten von der Gattung der q^ resp. q^ bezeichnen.

"86 /. Teil. Mechanik starrer Körper. IL Kap.

Es folgt

B ^ d Ä ^^ , ^^

^% ^% b' a

also

Hierin sind jedenfalls die Summen, welche die Faktoren oder 9a 9a' enthalten, zweiter Ordnung; es bleiben also die Glieder erster Ordnung

[ö7r] = ^9b'Qbb'+:Sqb'^-Q-~qa'

V'%1 b' b' a ^Pa

d_/dA dt

Diese stehen in der Gleichung (103), falls man sie auf die Ejräfte erster Art anwendet, neben endlichen Gliedern von der Form

^Qbb' -jp-9bqb',

sind hier also zu vernachlässigen, so daß dort resultiert

109) ^-=-11'

dagegen, wenn man sie auf die Kräfte zweiter Art P^ anwendet, neben streng verschwindenden Gliedern dA/dpi, so daß sie hier zu be- rücksichtigen sind und liefern

Die Pi sind unendlich klein erster Ordnung; man kann sie end- lich werden lassen, wenn man die dq^jät^gl endlich, dafür aber die Qab unendlich klein annimmt, also in W nur Glieder von der Form

Qa a' qa qa' Uud Qf, y qb ?6'

vorkommen läßt.

Die erhaltenen Resultate ergeben als zulässig, daß man unter den gemachten Voraussetzungen auch für die Differentiationen der lebendigen Kraft den Wert

§ 12. Oyklische Systeme. 87

W=^i2:^Q,yqt,qy 109")

benutzt; demgemäß kaim man auch den Aiisdruck für die Energie schreiben:

Aus (109) folgt, daß die Kräfte erster Art einem eigentümlichen Eeciprocitätstheorem®*) unterliegen.

Ändert man eine Koordinate der Gattung /?«? ^^ Dut paf be- zeichnet werden möge, so entspricht dem eine Änderung von P«, gegeben durch

ebenso erhält man für die Änderung von P«' durch Variation von p^

dPoT d*A

'^Pa "■ ^Pa'^Pa'

hieraus folgt

a ^ * a'

^Paf ^Pa

Diese Formel, welche bei der vorausgesetzten Eigenschaft der Koordinaten erster Art immer gilt, ist ftir beliebige p^ nur dann erfüllt, wenn der Bewegungszustand ein derartiger ist, daß

i.,m.o

(öj

ist; diesen Zustand können wir als einen stationären bezeichnen. Für die Arbeiten der Kräfte P^ und P^^ während dt erhält man nach (109) und (109')

^ Pa

110')

die Arbeit der Kräfte erster Art wird also in gewöhnlicher Weise den zeitlichen Änderungen der Koordinaten proportional, diejenige der Kräfte zweiter Art aber der Änderung der Momente. Für letztere wird hierdurch nahe gelegt, wie das auf S. 83 vorausgesetzt ist, in der LAGRANGESchen Funktion A die Momente als unabhängige Variable einzuführen. Wir können also die Koordinaten pj^ nun- mehr, wenn wir wollen, mit den früheren r^^ identifizieren und er- halten bei Benutzung der Bezeichnung q^^^ sj,, Q^ = /S^,

(f ^a = Padpa, d'A^ = S^dS^, 1 10")

88 I' Teil Meehanik starrer Korper. IL Kap.

wobei sich P^ = öAjdpa und «» aus der modifizierten Lageange- sehen Funktion A nach (106) so bestimmt:

Die Gesamtarbeit der Kräfte Ä* resp. P^ wird hierdurch zu 110'") -S-ef ^, = - -^l^rfÄfc,

und ist damit durch A so ausgedrückt wie auf S. 83 angekündigt Betrachten wir nun genauer den einfachsten Fall, daß von den Variabein der zweiten Art nur eine vorhanden , das Massen- system, wie man sagt, ein Monocykel®^) ist, dann wird

daher die Änderung von E mit der Zeit

111-) äE^,.ä[^y:E^^äp^-2^^ä,..

Läßt man gemäß den obigen Annahmen, da dqa = qadt ist, hier noch das letzte Glied als unmerklich klein fort und setzt f&r die übrigen ihre Werte nach (HO') ein, so gelangt man zu

111") dE=-^Aj, + 2:aAa,

oder anders geschrieben

iin rff- SdAa = ?^rf(|^) = qidq,.

Die gesamte Energieänderung, vermindert um die zur Vergrößerung der Positionskoordinaten pa nötige äußere Arbeit, ist also gleich der zur Vermehrung der Geschwindigkeit qi erforderlichen Arbeit

Diese Arbeit hat die Eigenschaft, durch Division mit q^ oder mit qi, mal einer Funktion von Qi ein vollständiges Differential zu liefern. Unter diesen integrierenden Nennern ist besonders

ausgezeichnet, weil er bei verschwindender Kleinheit der qa nach (111) die Bedeutung der lebendigen Kraft W hat Es ist dann also

112) -^ = ^ ? = d{iql).

g 12. Monoctjkei. 89

In der mechanischen Wärmetheorie, welche die Wärme« erscheinungen als auf den Bewegungen der kleinsten Teilchen der Körper beruhend ansieht, und speziell in der oben besprochenen kinetischen Gastheorie betrachtet man die Koordinaten der Orte dieser Teilchen während ihrer Oscillationen als Variable der Gattung Pi,, die Koordinaten, welche den Ort und das physikalische Ver- halten, z. B. Größe und Gestalt des ganzen Körpers bestimmen, als Variable der Gattung pa. Die Geschwindigkeiten g^ sind sehr groß und in einem homogenen gleich temperierten Körper im Mittel überall gleich; die Geschwindigkeiten qa sind gegen sie verschwin- dend, in vielen FäUen sogar streng gleich Null; gleiches gilt von allen Beschleunigungen. Die lebendige Kraft rührt dann also aus- schließlich von der inneren Bewegung her und hat demgemäß den oben benutzten Wert

man betrachtet denselben, wie f&r Gase oben entwickelt ist und wie auf andere Körper hypothetisch übertragen wird, als der sogenannten absoluten Temperatur T des Körpers proportional, etwa gleich äT.

Femer hat man die Vorstellung, daß man zwar Arbeiten der Gattung (P^a auf mechanischem Wege leisten, nämlich den Körper im Ganzen bewegen oder deformieren kann, aber nicht Arbeiten der Art (P^hj welche Einwirkungen auf die einzelnen Moleküle er- fordern würden, daß man letztere aber durch Zufuhr von Wärme bewirken kann; demgemäß stellt in (112) 2d^Aa die gesamte mechanisch, iA}, die kalorisch geleistete Arbeit dar, und man erhält somit:

j ^-^kd[iq;). 112-)

Der Zusammenhang dieser Formel mit der sogenannten zweiten Hauptgleichung der mechanischen Wärmetheorie wird später hervor- treten. —

Wir können die vorstehenden Betrachtungen etwas erweitem, indem wir einen Körper betrachten, dessen Positionskoordinaten pa endliche Geschwindigkeiten qa besitzen, dessen lebendige Kraft aber Glieder, die mit Produkten der y. und qj, proportional sind, nicht enthält^*) Die pj, sollen weder in der lebendigen Kraft V, noch im Potential 0 vorkommen, dagegen soU, was auf S. 84 er- läutert ist, (P von qj, abhängen.

90 I' TeiL Mechanik starrer Körper. II. Kap.

Dann können wir setzen

113) W^ ^a+^6,

und nach dem oben Gesagten Wj, als mit der absoluten Temperatur T proportional betrachten, nämlich schreiben

113') Wj,^T%\

aus dem gleichen Grunde dürfen wir auch 0 statt von q^ von T abhängig ansehen. Aus (103) erhalten wir dann wegen A = W -^ <l> als Wert für eine der Kräfte erster Art

"^ dt\ dq^ I dp^ op^

differentiert man dies wegen T, während /?« ^^d qa konstant bleiben, so erhält man

Nun werde dem Körper Arbeit zugeführt, sowohl durch Ver- mittelung der Kräfte P«» Pb] wir können dann nach Obigem 2dAa als auf mechanischem, d^A}, als auf kalorischem Wege geleistet betrachten. Wegen E ^ W + (l> erhält man aus (111")

114) :ScPAa + d^A^ = d{Wa + ^h) + dH^.

Es ist aber einerseits

andererseits wegen auch

und hieraus folgt durch Subtraktion

Setzt man dies in (114) ein und bedenkt, daß allgemein cPAa = Pa^Pa ist, so erhält man

a

Ä(a-^i^^--.<'^.+^''.+ll^'-.

§ 12, Monoeykel. 91

oder unter Benutzung von (113")

rf'^6 ^:S^dp, + dW, + II rfT. 114")

Ist (P speziell von T unabhängig, und wird die Veränderung so geleitet, daß die lebendige Kraft Wt konstant ist, so giebt dies unter Rücksicht auf die zweite Formel (113'")

a

Wird nur die eine Koordinate pa verändert, so reduziert sich diese Gleichung auf

d'A,^^T^j^,dp,. 114"')

*

Auch diese Formel steht mit gewissen Eesultaten der mecha- nischen Wärmetheorie in innerer Beziehung.

Neueste Anwendungen der LAGBANOE'schen Formeln haben er- geben, daß sie unter Umständen zu brauchbaren Resultaten führen, wenn das System, auf welches sie angewandt werden, gar nicht einen Komplex von ponderabeln Massen, oder wenigstens nicht von solchen allein, darstellt und die Größen /?. nur irgend welche Variabein sind, die seine augenblickliche Konfiguration bestimmen. Dann sind naturgemäß auch die P^ keine Kraftkomponenten im mechanischen Sinne mehr; immer aber muß das Produkt p^P^ die Dimension einer mechanischen Arbeit haben, und dadurch bestimmt sich, wenn über die p^ verfügt ist, die Natur der P.,

Derartige Betrachtungen liefern für die untersuchten Erschei- nungen Theorien, die von den sonst entwickelten einigermaßen ab- weichenden Charakter besitzen und die bezeichnend Beschrei- bungen durch mechanische Analogie genannt werden. Sie haben eine besonders große Bedeutung in der Elektricitätslehre er- halten, wo wir näher auf sie eingehen werden. Indessen kann schon hier ihr Verhältnis zu der älteren Art der Anwendung mechanischer Grundsätze auf Vorgänge, welche nicht mechanische im engeren Sinne sind, geschildert werden. Das ältere Verfahren legte eine mehr oder weniger vollständige Vorstellung von dem Mechanismus jener Vorgänge zum Grunde, betrachtete beispielsweise die Elektricität als eine Substanz, die sich in den Leitern durch äußere Einwirkungen gegen beträchtliche Widerstände bewegt und auf andere Elektrici- täten femwirkende Kräfte ausübt. Die Metliode der mechanischen Analogien enthält sich derartig detailierter Voraussetzungen und

92 /. TeiL Mechanik starrer Körper, IIL Kap,

schreibt den elektrischen Körpern nur gewisse aUgemeine, an me- chanischen Systemen erkannte Eigenschaften zu, ohne die Frage zu erörtern, wie jene Eigenschaften in dem nicht rein mechanischen System möglich sind.

Liefert das ältere Verfahren eine größere Anschaulichkeit, so ist ihm das neuere durch die größere Strenge, welche in der Be- schränkung auf das kleinste Maß der zu einem bestimmten Zwecke nötigen Annahmen liegt, und durch die Vielseitigkeit der gewonnenen Resultate jedenfalls überlegen.*^

m. Kapitel.

Bewegung starrer Körper.

§ 13. Starre Körper; unendlich kleine Terrnokongen; lebendige Kraft; Trägheitsmoment; Arbeit äuBerer Kräfte.

Ein System von Massenpunkten wird als ein Körper bezeichnet, wenn seine Masse den Eaum anscheinend stetig erfüllt; es heißt starr, wenn seine Bewegung durch Bedingungen derart beschränkt ist, daß keiner seiner Punkte seine relative Lage gegen die übrigen yerändem kann.

Die erste Eigenschaft wird analytisch dadurch ausgedrückt, daß wir den vom Körper eingenommenen Raum in Volumenelemente dk zerlegen und ein jedes als mit einer Masse 6^771 erfüllt betrach- ten; meist kann dann jedes Volumenelement direkt als Massenpunkt behandelt werden.

Besitzt das Verhältnis

Tk-O 116)

an irgend einer Stelle des Körpers einen von der Gestalt und Größe von dk unabhängigen Grenzwert, so nennen wir in sinngemäßer Erweiterung der Definition (68) q die Dichte der Massenverteilung an der betrachteten Stelle, wobei wie in (68') gilt

[p]«m/-3. llö')

Ist ^ innerhalb des Körpers konstant, so nennen wir ihn homogen, im anderen Falle inhomogen. Man kann den Fall, daß q inner- halb des Körpers längs einzelner Flächenstücke unstetig wird, ftir die Betrachtung dadurch ausschließen, daß man jene Flächen als Teile der Oberfläche des Körpers ansieht; weil ferner in der Wirklichkeit sich in einem unendlich kleinen Räume stets nur unendlich wenig Masse befindet, so kann man q in der Physik als innerhalb der Körper endlich und stetig betrachten.

Da das Gewicht des Massenelementes dm^ nämlich dGy gleich gdm ist, so nennt man

dk dk ' '

94 /. Teil, Mechanik starrer Körper, III. Kap,

das spezifische Gewicht des Körpers an der betrachteten Stelle; wegen der Veränderliclikeit von ff an der Erdoberfläche ist y nicht streng der Substanz individuell und kommt daher überhaupt weniger zur Verwendung als p. Seine Dimension ist gegeben durch

[y] = m/-2^-2.— 115'")

Die zweite Eigenschaft drückt man analytisch aus, indem man festsetzt, daß die Koordinaten a, b, c aller Massenelemente dm gcg;on ein mit dreien von ihnen, welche nicht in einer Geraden liegen, fest verbundenes Koordinatensystem J, J5, C sich mit der Zeit nicht ändern.

Behalten wir für ihre Koordinaten gegen ein absolut festes System X, Y, Z die Bezeichnung x, y, z bei, so können wir den Zu- sammenhang der beiden Koordinatensysteme durch das Schema aus- drücken:

a b c

116) •'■ ^

«1 «2 «3

/*! 1^2 ßa

- -h \ri Vi 73

worin f, l;, 5 die Koordinaten des Anfangspunktes des Systemcs A, B, Cy und a,j, ßj^, y^^ gewisse Richtungscosinus sind, j, ^, g und drei voneinander unal)hängige Winkel bestimmen vollständig die Lage des Systems A^ B, C und daher auch diejenige des starren Körpers gegen das absolut feste System A^, Y, Z,

Für beliebige unendlich kleineVerrückungen Sx^ äy, Sz gilt hiemach

dx = Si + aöa^ + bSa^ + c S a^ ,

116') ^ Sij=^St) + adß, +bSß^ +cSß^,

I dz ^ Si + aÖy^ +b8y^ + cSy^,

wobei wegen der Orthogonalitätsbedingungen nur drei der neun Va- riationen Sa^^y Sßj^, dy^ voneinander unabhängig sind. Führt man die Abkürzungen ein

116") J y^Sa^ + yja^ + y^Sa^ = - {a^Sy^ + a^Sy^ + «3^/3) = ^m , l a^Sß, + a,dß, + a,Sß, = -{ßja,+ ß,Sa^^ ß,Sa,) = ^11 ,

wobei d'I, ^m, S* n nicht Variationen von Funktionen I, m, 11, son- dern allein unendlich kleine Größen bezeichnen, so wird

/ Sa^=y^S*m-' ß^S'n, Sß^ = u^S'n y^S'{, Sy^=ß^S*l a^3'm,

116'") Sa^ = y,d^m-ß,d\ äß.^a.S'u^y.S'l, Sy,=ß,yi-a^3'm,

\ 3^3='r3^ta-ß^S'n, J/?3 =«3^11-^3^1, Sy^=ß^y{-a^S'mj

§ 13. Unendlich kleine Verriiekungen. 95

und das System (116') reduziert sich unter Berücksichtigung von (116") auf«^

*x = d^y + (z - ä) (T m - (y - ^) J'n, |

Diese Formeln zeigen bei genauer Analyse, daß die allgemeinste unendlich kleine Verrückung eines starren Körpers gegeben ist durch die Superposition dreier Verschiebungen parallel den Koordinatenaxen ^j, S\), 5i, welche äquivalent sind mit einer einzigen Verschiebung

^ \ = Y{W+ "w"-rw

in einer Kichtung S, bestimmt durch

cos (gar) : cos {^y) : cos {^z) = S^ : S\) : d^,

und mit drei Drehungen von der Größe S'i, ^m, ^n um zu den Axen X, F, Z parallele Axen durch den Punkt y, 9, j, welche äquivalent sind mit einer einzigen Drehung von der Größe

um eine Axe b durch denselben Punkt J, tj, 5, deren Kichtung ge- geben ist durch

cos (b, ar) : COS (b,y) : COS (b, z) = S'l : S'm : S'n .

Nimmt man hinzu, daß nach geometiischer Anschauung par- allele Verschiebungen, wie auch Drehungen um dieselbe Axe sich zu Resultierenden zusammensetzen, deren Größe je gleich der Summe der Komponenten ist, so ergiebt sich aus Vorstehendem, daß für die Zusammensetzung von beliebigen Verschiebungen und von Drehungen um beliebige durch einen Punkt gehende Axen bei entsprechender Kleinheit ganz allgemein die Methode des Parallelepipeds gilt, falls man die Drehungen durch Vektoren repräsentiert, welche auf der Drehungs- axe nach der Seite hin aufgetragen werden, von der aus betrachtet sich die Drehung als im positiven Sinne stattfindend darstellt

Hieraus folgt für den Zusammenhang zwischen den um die Axen Aj JB, C stattfindenden Drehungen S'\>, S* q, S'x und den um Parallele zu den Axen X, T, Z durch den Anfang von Aj B, C wir- kenden 5*1, S'm, S*n das (116) entsprechende Schema

I 3'\> 3'q S'x

^^ «1 «2 «8 117)

ßi ßi ß%

Yi n Yz

96

/. TeiL Meehamk starrer Körper. III, Kap,

Zwischen den Drehimgskomponenten (J* p, d'q, «J*! und den Bich- tungscosinus a^, ß^, y^ finden dabei die Beziehungen statt:

i ^p = u^Sa^ + ß^Sß^ + y^Sy^ = -{cc^Sa^+ß^Sß^ + y^Sy^),

117') I ^(\ = a^Sa^ + ß^8ß^+y,Sy^^^{a^8a^+ß^Sß,+y^8y^),

femer

¥i=Ä^t-/93^q, 8ß,^ß,S'\>-'ß,S'x, 5/93=/9,/q-/9,yp,

Die Formehl (116"") lassen sich auf eine neue wichtige Form bringen, indem man die Verschiebungskomponenten S'xqj S^y^, 8* z^ einführt, welche der ursprünglich im Eoordinatenanfang ar = y = z = 0 stehende Punkt erfährt; man erhält so

# 8x = S'xq + z 8*m ^ y8>n j

118) 8y^8'yQ + xSn -zS'l ,

8z ^ S'Zq + y8*l X S^m \

die zu der Verschiebung hinzukommende Drehung erscheint hier um die Axen X, Z, Z selbst ausgeführt, und es ist daher

gesetzt Für parallele Axen j&nden sich sonach die Drehungen als gleich. Ein diesem System entsprechendes kann man für die beweg- lichen Axen A, jB, C aufstellen. Bezeichnet man nämlich mit 5*«, (S* &, S* c die nach den Axen Ä, B^ C genommenen Komponenten der Verschiebung eines beliebigen Punktes mit ^Ta, ^5, ^c, diejenigen des Punktes 0 = 0, & = 0, c = 0, so erhält man aus (118) leicht

/ ^a = ^a + c5'q-*J'r,

118') . ^* = d'6 + a^r-cJ'p,

«Tc = 5'c + * J'p - a J'q .

Giebt man den willkürlichen Verrückungen die speziellen Werte, welche sie bei der Bewegung während des Zeitelementes dt annehmen, so erhält man, indem man durch die oberen Indices Geschwindig- keiten bezeichnet,

119)

8x = X 8tj 8i=^l'8t, 8'\ =V8t, 3'p = p'5^

8y =^y'8t, 8\i =t(8t, S'n\= vx' 8t^ ^q =q'^^.

8 z = z' 8tj 8i ^h'St,

^'r = r St u.s.f.

§ 13, Lebendige Kraft.

97

119')

119")

Hierin haben zwar x, . . , ^'^ . . . zugleich die Bedeutung von Differentialquotienten der Abhängigen x,,., ;, . . nach der Zeit, nicht aber gilt analoges von T, m', n', p', q', r'.

Durch die vorstehende Substitution nimmt beispielsweise das System (116"") die Form an

^' = J' + (^-ä)m'-(y-l|)n'» y' = ^'+(:r-j)n'-(^-i)r,

/ = ä' + (y-tj)r -(;r--y)m';

ebenso wird aus (118')

a = a' + cq'— Ar ,

*' = 5' + ar'-cp',

c = c' + Ä p' a q' ,

wo nun a, b\ c resp. a', V, c' die Geschwindigkeitskomponenten nach der augenblicklichen Richtung der Axen Ay B, C bezeichnen, aber nicht die Differentialquotienten von a, b, c resp. a, b, c nach der Zeit, die ja nach S. 94 verschwinden.

Diese Formeln kommen bei der Bestimmung der lebendigen Kraft W eines starren Körpers, deren Definition nach (46') lautet:

2W=fdm{x^ + y'*+z^, 120)

zur Anwendung. Der Wert, der sich unmittelbar durch Einsetzen der Ausdrücke (119') ergiebt, schreibt sich einfacher, wenn man folgende Bezeichnungen einführt:

fdm=^m, f{x-^i)dm=^^'mj f(y-^t))dm=fj'm,

f{z--i)dm = ^m,

- /(y - 9) (^ - b)dm = =' , - f{z - J) (:r - ^)dm = H' , f[Lv-^? + \^-i)'^dm = E, f[{z--if + (x^mdm^H,

Hierin bezeichnen |' = | y, ^/ = ^ 9> S* = ? ä ^i^ Schwer- punktskoordinaten des Körpers in Bezug auf ein Axensystem X, % 3> welches parallel zu X, ¥, Z durch die Stelle y, t), j gelegt ist, und es heißen E, H, Z die Trägheitsmomente, =.\ H\ Z' die Devia- tionsmomente des Körpers um dieselben Axen, Definitionen, die man sinngemäß auf beliebige Axen überträgt®^

Bei Benutzung dieser Abkürzungen schreibt sich 2«f'=m(j'2 + t|'2 + j'2)

+ 2m[i (m' r - u v') + t)' (n |' - l' ^) + j' (f rj' - m' r)] \ 120") + PE -I- m'«H + n*Z + 2m'n'='+ 2n'rH'+ 2rni'Z\

Voigt, TheoretiBche Physik. 7

120')

98 /. Teä. Mechanik starrer Körper. 111. Kap.

120"')

Nach der Definition (120') lauten die Trägheits- und Deviations- momente um die Axen X, Y, Z selbst

(Ho =Ai/' + z^dm, Ho =f{z^ + x^dm, Z^ ^ f{x^ + y^dm , < Ho' = -fyzdm, Hq' = -fzxdm, Zq' ^—fxydm.

Das Trägheitsmoment M um eine beliebige durch den Anfangs- punkt des Systemes X, D, 3 gehende Axe, deren Richtung durch die Cosinus «o» ßo^ To bestimmt ist, aber wird, falls e den Abstand des Massenelementes dm von der Axe bezeichnet, nach der allge- meinen Definition (120') 120"") M=^fe^dm

oder nach Einsetzen des leicht zu erhaltenden Wertes von e 121) M = = «0» + Hß,'+Zr,'+ 2='Äy„ + 2HVo«o + ^Z'aJ,. Also ist das Trägheitsmoment um jede Axe durch den Anfangspunkt des Systems X, S, 3 durch die Trägheits- und Deviationsmomente um die Axen X, % 3 bestimmt, und zwar wird X = l/j/M^ durch den Radiusvektor parallel der Drehungsaxe in einem gewissen EUipsoid, dem Trägheitsellipsoid, um den Koordinatenanfang als Centrum re- präsentiert/^ Das Trägheitsmoment M nimmt seine größten und klein- sten Werte an, wenn die Drehungsaxe in eine der Hauptaxen des Ellipsoides fallt Wählen wir diese Hauptträgheitsaxen zu Koordi- natenaxen A^ B, C, so werden die hierauf bezogenen Deviationsmomente

121') A'=-/a*c?m = 0, B'=-/*crfm = 0, r'= -/carfwi = 0,

die entsprechenden Trägheitsmomente A, B, f werden die Haupt- trägheitsmomente, und die Gleichung (121) nimmt die Form an

121") M = Aao' + B/3o*+r?'o''

Die Trägheits- und Deviationsmomente E, H, Z, Z', H', 2' um die Axen X, % 3 drücken sich nach ihren Definitionen und bei Benutzung des Schemas (116), in welchem nur, da die Anfangspunkte der Systeme A, B, C, und X, % 3 zusammenfallen, jetzt j = ^ = 5 = 0 zu setzen ist, durch die Hauptträgheitsmomente A, B, f folgender- maßen aus:

(£=^Aa,^ + Ba^^ + ra,\ £' = Ai9,/i + B/S^r, + T/?,/,,

121"') H=kß,' + Bß,' + rß,\ H' = Ay,a, + Br,«, + r7',a3,

l Z = Ay,2 + By,2 + pyj«, Z' = Aa,ß, + Ba^ß^ + Va^ß^.

Das erste Tripel dieses Systemes ergiebt

121"") Z + H + Z = A + B-f-r.

Vergleicht man das Trägheitsmoment M um eine beliebige Axe (z. B. um eine durch den willkürlichen Koordinatenanfangspunkt) mit

§ 13. TrägheitS' und Deviatumsmomenie. 99

demjenigen M, um eine zu ihr parallele durch den Schwerpunkt des Körpers, so giebt die einfache Rechnung den Zusammenhang^^)

M = M, + mi3P, 122)

worin d die senkrechte Entfernung der beiden Axen bezeichnet.

Aus Vorstehendem folgt, daß die Tr&gheits- und Deviations- momente eines Körpers um beliebig gerichtete und durch einen be- liebigen Punkt gehende Axen bestimmt sind durch sechs Größen, nämlich die Trägheits- und Deviationsmomente um drei zu einander normale Axen durch den Schwerpunkt des Körpers, oder, anders ausgedrückt, durch die Hauptträgheitsmomente für den Schwerpunkt und die drei Winkelgrößen, welche die Lage der Hauptträgheitsaxen bestimmen.

In manchen Fällen ist es bequem, ein Trägheitsmoment durch denjenigen Abstand Xa von der bezüglichen Axe a auszudrücken, in welchem die ganze Masse m des Körpers vereinigt werden müßte, um das gleiche Trägheitsmoment Ma zu geben, d. h.

M«=m;f«2 122')

zu setzen; heißt dann der Trägheitsradius des Körpers in Bezug auf die Axe

Schließlich bemerken wir noch, daß fiir Trägheitsmomente M und Deviationsmomente A die Dimensionalgleichung lautet

[M] = [A] = mP._ 122")

Unter Berücksichtigung dieser Sätze läßt sich nun der Aus- druck (120') für die lebendige Kraft eines starren Körpers noch ver- einfachen.

Ist der Körper frei beweglich, so kann man ohne Beschränkung den Koordinatenanfang des Axensystems Ay B, C in den Schwerpunkt legen, also

J = I, ^ = ^, i = ? daher |' = 17' = ^ = 0 und zugleich der Übereinstimmung halber

r = k\ m' = fi\ n' = V

setzen. Führt man noch die resultierende Verschiebungsgeschwindig- keit ft>', die resultierende Rotationsgeschwindigkeit t durch die Gleichungen

I' + ^'2 4. ^2 ^ ^'2 ^ l'i ^ ^'2 ^ y'2 ^ ^'2 123)

ein, und bezeichnet das Trägheitsmoment um die momentane Kota- tionsaxe mit M, so gUt nach (121):

7*

100 /. Teil. Mechanik starrer K&rper, IIL Kap.

123') EA'» + Hfi'^ + Zv'^ + 2 =>'i/' + 2 \KvX + 22' i>' = Mr'*, 123") 2y>'=m6>'2 + MT'«

Ist der Körper um einen festgehaltenen Punkt drehbar, so legt man in diesen die Anfangspunkte der beiden Systeme Z, T, Z und Ä^ B, Cj setzt also y = ^ = j = 0 und daher 5' = 5' = j' = 0, und erhält jetzt :

123"0 2'f^=MT^

Statt Yon der Formel (120) für die lebendige Kraft kann man von der äquivalenten ausgehen

124) 2 W = fdm{a'^ + *'» + c'%

worin a', ä', c' die Geschwindigkeitskomponenten nach den Sichtungen der Axen -4, -B, C bezeichnen. Unter Benutzung der Formeln (119") erhält man dann, falls man die Koordinaten des Schwerpunktes in Bezug auf das System A, B, C mit a, /9, y, die Trägheits- und Devia- tionsmomente wie früher mit A, B, f, A', B', f bezeichnet

124') j + 2m[a'(q> - r'/S) + 5'(r'a - + c'(p'/9 - q'a)] I +P'*A + q'2B + r'*r + 2q'r'A'+2r'p'B' + 2p'q'r.

Dieser Ausdruck hat gegenüber (120") den Vorteil, daß Schwerpunkts- koordinaten, Trägheits- und Deviationsmomente sich während der Bewegung nicht mit der Zeit ändern; dafür sind allerdings Linear- und Winkelgeschwindigkeiten auf mit der Zeit wechsehide Richtungen bezogen.

Eine analoge Umformung, wie mit der lebendigen Kraft W^ kann man auch mit der virtuellen Arbeit S^A äußerer Elräfte an einem starren Körper vornehmen, die nach (46") definiert ist durch

125) ^A = 2[XJx^ + Y^Sy^ + Z^Sz^;

wirken die Kräfte nicht in endlicher Stärke auf einzehie Punkte, sondern in unendlich geringer auf jedes Volumenelement dk, sind sie, wie wir sagen, körperliche Kräfte, so kann man hierfür schreiben

125') d^A==fdk{?liSx + ^Sy + SSz),

wo nunmehr de, ^, 3 auf die Volumeneinheit bezogen sind. Es

gilt dann für sie, wie für ihre Resultierende fi die Dimensional-

gleichung

125") [S] = m/-2^-2.

Die Anwendung der Formeln (118) fiihrt unter Rücksicht auf die Definitionen (44') sogleich auf die Beziehung

§ 13, Arbeit an einem starren Körper,

101

S^A =^X,ö^x, + Y.S^y, + Z^Sz^ + L,Sl -V MJm + N^Sn, 126)

wo 2^, 1^, ^Q die Summen aller Komponenten nach den festen Axen X, J", Z und i^, J^, iVJj die Summen aller Drehungsmomente um dieselben bezeichnen. Ebenso folgt durch Benutzung von (116"")

S A=^ X8i + Y8\i + ZSi + ZS'i + MS'm + NS'n, 126')

worin Komponenten und Momente sich auf die zu den X, Y, Z parallelen Axen 3£, D, 8 durch den Punkt ar = 5, y = \), ^ = i beziehen. Dabei ist übrigens, wie leicht zu erkennen,

Z^Z,^tfZ+iY, M^M,-^iX+iZ, N^N,-^iY+\iX,

Endlich gelangt man, wenn man in (125) das Koordinatensystem Ä^ B, C einftlhrt, mit Hilfe von (118') auch zu dem Werte

S'A=:^AS'a + BS'b + CS'c + PS'\>+QS'q + BS'x, 126")

worin A, By C die Komponenten, P, Q, R die Momente in Bezug auf jenes Axensystem bezeichnen.

Da die beiden Koordinatensysteme X, ?), 3 ^nd A, Bj C einen gemeinsamen Anfangspunkt haben, gilt, wie leicht erkennbar, für die Beziehungen zwischen den auf beide bezogenen Größen das Schema:

A

B

c

P

Q

R

X

«1

«2

«3

L

«1

«8

«s

Y

Ä

Ä

ß.

M

ßx

Ä

ß.

Z

n

n

n

N

rx

72

Vi

126"')

Haben die auf alle Punkte des starren Körpers wirkenden Kräfte ein nur von den Koordinaten abhängiges Potential §, so daß die auf die Volumeneinheit bezogenen Kräfte X, % 3 gegeben sind durch

1

dx

?)=-

3=-

dx

127)

so nimmt auch die negative virtuelle Arbeit die Form einer Varia- tion an von der Funktion

0 = /5rfÄ,

127')

welche das Gesamtpotential der auf den Körper ausgeübten Wirkung ist. Da aber eine Veränderung der Lage des starren Körpers nur durch Parallelverschiebung und Drehung zu erzielen ist, so ist bei Beziehung auf das System X, Y, Z

102 /. Teü. Meehanik starrer Körpar. III. Kap.

127")

Vergleicht man diese Formel mit der oben für d'A erhaltenen (126), so ergiebt sich, daß für einen Körper, der körperlichen Kräften unter- liegt, welche ein Potential haben, die Gesamtkomponenten und Mo- mente, welche er erfährt, gegeben sind durch

Gleicherweise erhält man bei Beziehung auf das System % 3 durch Vergleichung mit (126')

128')

Y ^^ V- ^^ 7- ^^

r ^^ TU ^^ \r ^^

a I ' am' du'

oder bei Anwendung des Systemes A, B, C nach (126") auch

128')

, 8 0 j. 6 0 ., 6 0

^ " " "öT ' ^ " "■ T^ ' ^^ - "■ ö r '

§ 14. Bewegungsgleichungen und Gleichgewiohtsbedingnngen.

Da die Lage eines starren Körpers nach dem im Eingang des vorigen Paragraphen Gesagten durch sechs Unabhängige gegeben ist, so genügen auch sechs Gleichungen zur Bestimmung seiner Bewegung, wenn dieselben keine weiteren Unbekannten enthalten. Die sechs Formeln (43) und (45), welche die Schwerpunkts- und Flächensätze für ein Punktsystem aussprechen und daher auch ftlr einen starren Körper gelten, besitzen diese Eigenschaft, falls die inneren Kräfte des Systemes, über alle Maßen summiert, verschwindende Komponenten- summen und Drehungsmomente ergeben. Wir dürfen nach den auf S. 37 angestellten Betrachtungen annehmen, daß dies in Wirklich- keit stets stattfindet; denn entweder kann man die Volumenelemente selbst als Massenpunkte ansehen und daher ihren Wechselwirkungen die Eigenschaften beilegen, welche die Vorbedingungen för ihr Ver- schwinden aus jenen Gleichungen bilden, oder man kann sie wenig- stens als Punktsysteme betrachten, deren einzelne Punkte dann Wechselwirkungen von jenem Charakter liefern.

§ 14, Bewegy/ng eines starren Körpers, 103

Indessen kann man sich auch ohne derartige Überlegungen die Notwendigkeit der Gültigkeit jener Gleichungen klar machen. Ent- hielten sie nämlich, auf einen starren Körper angewandt, die Kompo- mentensummen und Momente der inneren Kräfte, so müßte der Körper, wenn er weder Anfangsgeschwindigkeiten, noch äußeren Kräften aus- gesetzt ist, von selbst eine Bewegung beginnen. Dies würde aber, wie sich unten noch weiter ausgeführt findet, mit der Gleichung der Energie in Widerspruch treten ; denn in einem starren Körper ist die nur von den relativen Verhältnissen des Systemes abhängende innere Kräftefunktion konstant, es kann sich bei einem solchen also die lebendige Kraft nur infolge äußerer Arbeit vermehren.

Die Formeln (43) und (45) Uefem hiemach unmittelbar die Bewegungsgleichungen für einen starren Körper. Führt man in ihnen die Beziehungen (119') ein, so nehmen sie die Gestalt an:

m

d_ ii

d

'"ä7(y' + (^-*)'"'-(^-^)«') = ^o,

i7(9' + (|-j)n'-(?-ä)I') = ^o.

d m

129)

"^d

129')

+ 57^^o + nt'Zo'+n'Ho'] = i;o.

^ [er ?- i'l) - m'dj + 17 9 + f J) + 9(|I' + i?ni' + ^0]

+ ^[m'Ho + n'=; + fZo'] = -«fo»

'«Ä [(^'^ - ^''^) - "'(^^ + ^9 + ^h) + i(|l'+ ^;m' + f uO]

In diesen Gleichungen sind alle, die Bewegungen etwa be- schränkenden Bedingungen, wie das Festhalten eines einzelnen Punktes oder einer Drehungsaxe, durch eingeführte Reaktionskräfte berück- sichtigt zu denken.

Diese zunächst sich bietende Gestalt der Bewegungsgleichungen hat noch den Ubelstand, daß L^j M^, Nq, E^, H,,, Zq, Eq\ Hq, Zq' sich auf die absolut festen Axen beziehen, dagegen T, m', n' auf zu ihnen pa- rallele durch den Punkt jr = y, y = ^, ^ = J. Man kann aber leicht die nötige Umgestaltung erhalten, wenn man benutzt, daß nach den oben gegebenen Definitionen

104

/. Teil. Meehanik starrer Kärper. III. Kap.

129")

t ^o ^> ^0 ^> ^0 ^>

Zo^L + t)Z-ir,...

=0 = H + »I (9» + j* + 2(H' + jO), . . .

ist, wobei wie oben | X = |' , . gesetzt ist.

Zieht man noch den Wert (120") der lebendigen Kraft heran, der in denselben Größen ausgedrückt ist, so erhält man

130)

Ä (4?) + ['' ^'' 9' + ^ i') - I' ("•' ^' + "' *')] = ^ ' Ä (If) + *" ["'(^'^ + '''^') - ^(''3?' + "«'9')] = ^.

Diese Formeln vereinfachen sich noch weiter, wenn man, was stets zulässig, aber nicht immer vorteilhaft ist, fiir den Anfangspunkt des Koordinatensystemes Ä, B, C den Schwerpunkt des Körpers wählt, also J = |, 9 = 17, i = S und daher ' |' = iy' = i;* = 0 setzt, wobei man dann wie Seite 99, auch T, m, n' mit A', fjL, v ver- tauschen kann. Hierdurch erhält man dann

130")

dt

{bW\ y d ldW\ y d (d^\

d d

wobei fiir ^ der Ausdruck (123") zu setzen ist; die linken Seiten der drei ersten Gleichungen werden dahei mit m cP ^ j di^j mcPtjjdf^y md^^jdfi identisch.

Diese Gleichungen liefern direkt sechs erste Integrale des Be- wegungsproblemes, wenn die X, . . . iV konstant oder nur von der Zeit abhängig sind. Sie sind u. a. brauchbar für die Behandlung der Be- wegung eines freien Körpers und ergeben hier das Resultat, daß die- jenigen Parameter eines Körpers, welche allein in die Bewegungs- gleichungen eingehen, seine Masse m und die drei Hauptträgheits- momente um den Schwerpunkt A, B, V sind; denn die E, H, Z, E', H', Z' lassen sich, wie oben gezeigt, durch jene ausdrücken. Verschiedene Körper, welchen gleiche Werte m und A, B, V entsprechen, welche in gleichen Anfangslagen gleiche Anfangsgeschwindigkeiten besitzen und

§ 14, Bewegung eines starren Körpers, 105

gleichen äußeren Gesamt -Komponenten X, Y^ Z und -Drehungs- momenten L^ M, N unterliegen, bewegen sich identisch. Hierbei sind als gleiche Lagen und gleiche Bewegungen diejenigen bezeichnet, bei welchen das Koordinatensystem Äy By C sich gleichmäßig verhält Da zwei auf denselben starren Körper ausgeübte Kraftsysteme in Bezug auf jede Art von Bewegung äquivalent sind, wenn sie gleiche Eomponentensummen X, T, Z und gleiche Gesamtmomente L, J/, N liefern, so ist auch ein beliebiges Kraftsystem K^ mit einer einzigen Kraft K* mit den Komponenten X', T^ Z\ die in einem Punkt x\ y\ z' angreift, dann gleichwertig, wenn

r = X, r = r, ^ = ^, 131)

y'Z'-^z'T^L, z'T^x'Z'^M, xT-^T^JV 131')

ist Hieraus folgt, daß das gegebene Kraftsystem durch eine Kraft nur dann ersetzbar ist, wenn die Bedingung

LX+MT+NZ=^Q 131")

erfüllt ist; findet dies statt, so bestimmt (131) Größe und Sichtung von X' vollständig.

Der Angriffspunkt x% y\ z' wird dagegen durch (131') nicht voll- ständig gegeben, sondern nur eine Gerade, welche X' enthalten muß; denn es gelten die Formeln

x'Z+y'M+ z'N^O, 131'")

x'{rN^ ZM) + y'i.ZL - XN) + z\XM - TL) = + JK» + N^.

Dies Resultat sagt aus, daß jede auf einen Punkt wirkende Kraft innerhalb des starren Körpers beliebig in ihrer Richtung verschoben werden kann, ohne ihre Wirkung zu ändern.

Die Bedingung (131") ist stets erfüllt, wenn die wirkenden Kräfte X^ sämtlich parallel sind; in diesem Fall ist dann auch X' den X^ parallel.

Sind die Kräfte X^ überdies den Massen proportional, die auf die Masseneinheit bezogenen Komponenten also konstant, wie dies bei der Schwerkraft stattfindet, so geht die Richtung der Resultierenden X' bei jeder Lage des Körpers durch seinen Schwerpunkt

Denn nehmen wir z. B. die Z-Axe den X^ parallel, so ist

x=r=o, z=:sK„

also wird aus (131'")

a:'i?-y'| = 0, x'l + y' »/ = !* + »/*, woraus folgt x' = |, y' = ij.

106

/. Teil. Mechanik starrer Körper. IIL Kap.

Diese Eigenschaft ist der Grund, aus welchem der Massenmittel- punkt auch Schwerpunkt genannt wird.

Die allgemeinen Bewegungsgleichungen (130) und (130') lassen sich leicht auf das Koordinatensystem A, JB, C transformieren, wenn man nur bedenkt, daß sich die j', t)\ j' in die a', 5', c', und die T, m', n' in die p', q', r ebenso wie Kraftkomponenten transformieren.

Dabei ist es vorteilhaft zhx benutzen, daß sich die Ausdrücke (l'j + V't)' + C'hl und (r j' + m'9' + u'ä'), direkt in {aa + ßV + yO und (p'a'+ (\V + r'c') überführen lassen.

Bedenkt man noch, daß nach dem Wert (124') von W

a (p'a' + q'b' + r'c') - p' («a' + ß\S + yc')l

ist, und daß noch zwei ähnliche Formeln gelten, so gelangt man bei Berücksichtigung der Definitionen von p', q', r' leicht zu folgendem System ^•^):

132)

d {bW\ . ,b'^ ,bW j

dt

A. dt

bt'

bb'

(b^\,.b^ .bW j.

ba'

bt'

132'j

d (bW\ , rb^ rb^ , eb^

bt' ^ öq' "^ ^ de' bb' " '

^-dt[-b7) + ^^-^-''^

bx ,bW

ba' ,b^

bc ,b^

bq'

öp ob ba '

Diese Gleichungen stellen die Schwerpunkts- imd Flächensätze in Bezug auf das bewegliche Koordinatensystem A, B, C dar. Man kann sie direkt aus der HAMiLTON'schen Gleichung ableiten, die, weil für einen starren Körper das innere Potential konstant ist, nach (103") die Form

132")

besitzt; man hat hierzu für S^A den durch die Variationen ^'a, ^'b, J'c, ^'p, d'^q, S^ gegebenen Wert (126") zu benutzen und nach (124')

§ 14, Rotation um einen festen Punkt 107

ZU setzen, worin nun die Variationen Ja', ... Sx' durch J'a, . . . J'r und ihre Differentialquotienten nach der Zeit auszudrücken sind. Es ist dabei keineswegs So! = dSajdt u. s. f., weil die Richtungen, auf welche sich diese Größen beziehen, mit der Zeit wechseln; der Zusammen- hang ist vielmehr nur zu gewinnen, indem man a', . . . r' durch auf das feste System bezügliche Größen ausdrückt, diese Werte variiert und in die Resultate dann Ja, . . . Sx einführt

Von den vorstehenden allgemeinen Gleichungen machen wir nun Anwendungen auf speziellere Fälle. Ist der starre Körper um einen festen Punkt drehbar, so legt man in diesen passend den Anfangspunkt sowohl des festen Systemes Xj ¥j Z, als des beweglichen S, % S resp. A, By C, setzt also in (130) und (130'), was y^ betrifft, selbstverständlich erst nach ausgeführter Differentiation , j' = 5' = j' = 0. Wird von einer Reibung an der Befestigungsstelle abgesehen, so bewirkt die Befestigung nur Reaktionskomponenten und keine Mo- mente; von den Gleichungen

Ä(4f)-^. i^m-'' Mw)-'' '=»' i(^)=^. im-"' im-)-''- "'1

sind aJso die letzten drei von Reaktionen frei und als die eigent- lichen Bewegungsgleichungen zu bezeichnen. In ihnen kann man für V^ nach (120") spezieller setzen

2 W=^£V^ + Hm'»+ Zn'» + 2 E'tn'n' + 2 H'n'I' + 2Z'I'm'. 133")

Die Gleichungen (133') sind mit dem System (130'") formal identisch; die Rotation eines frei beweglichen Körpers um seinen Schwerpunkt findet also ebenso statt, als wenn der Körper in dem- selben unterstützt und den gleichen Kräften und Anfangsgeschwindig- keiten ausgesetzt wäre.^*)

Die Formeln (1 32'), nehmen in unserem Falle wegen 0'= b'= c'= 0 die Gestalt an

d

dt dt

133")

worin für W die aus (124') folgende spezielle Form

2«^:=Ap'2 + Bq'2 + rr'2+2A'q'r'-h2B'r'p'+2rp'q' 133 gesetzt werden kann.

ffff\

108 7. TeiL Meehanik starrer Körper. III. Kap,

Legt man die Axen Ä, B, C in die Hauptträgheitsaxen durch den festen Punkt, so sind die Deviationsmomente A'=B'=r' = 0 und das vorstehende System reduziert sich auf^*)

134)

B^' + (A-.r)rV = e, r^ + (B-A)pY = Ä.

dt

Von besonderem Interesse ist der, allerdings nur unter der Vor- aussetzung, daß zwei von den A, B, V einander gleich sind, durch- fuhrbare Fall, daß als einzige äußere Kraft die Schwere wirkt ^*) Dann ist, falls man die ^-Axe vertikal nach unten legt, das Ge- wicht des Körpers mit G bezeichnet und wieder unter a, ß, y die Koordinaten des Schwerpunktes in Bezug auf das System Ä^ B, C der Hauptträgheitsaxen versteht,

134') P^G ißrs - rr^) Q==G {yy, - ay,), R^G {ay, - ßy,).

Liegt spezieller der Schwerpunkt auf der C-Koordinatenaxe im Ab- stand s vom Drehpunkt, so ist a = ^ = 0, y = s, also

134") P=^-^Gsy^, Q^Gsy^, Ä = 0.

Die allgemeine HAMiLTONsche Gleichung (132") nimmt hier die Gestalt an

134"') f{SW+GsSy,) = 0,

worin für W der Wert (133"") zu setzen ist.

Ist der Körper um eine feste Axe drehbar, so wählen wir diese zur Z- und C-Axe und haben demgemäß in den Gleichungen (130) und (130') sowohl y', t)\ j' als m' und V gleich Null zu setzen; hieraus folgt, daß man in dem ersten Tripel von dem Wert (120") für 2W nur das Glied 2n'(|'5'- t/j'), in dem letzten nur

Zn'»+2tn'n'E'+2fn'H'

zu berücksichtigen braucht Man erhält demgemäß

135) l

Hierin enthalten X, Y, Z, L, M Eeaktionen, welche die feste Axe

|--^r^ = ^. +'»^^ = ^' 0 = ^,

§ 14, Rotation um eine feste Axe. 109

aof den Körper ausübt, N dagegen, wenn von Axenreibung ab- gesehen wird, nicht; für die Bewegung ist somit nur die letzte Gleichung maßgebend, welche, da das Trägheitsmoment um die Z-Axe bei der Botation um diese nicht variiert, durch Einführung des Yon einer beliebigen Anfangslage aus gerechneten Drehungswinkels / die Form gewinnt

2 j;^ = N. ISSO

Von besonderer Wichtigkeit ist der Fall, daß das Drehungs- moment N dem Drehungswinkel x proportional ist, wo dann die letzte Formel auf die Gestalt

2 ^ii = - ^X 135")

gebracht werden kann. Ist D positiv, so tritt eine Oscillation mit der Periode

r=2;.|/|

135'")

ein, deren Beobachtung bei bekanntem D zur experimentellen Be- stimmung von Z, bei bekanntem Z zur Bestimmung von D dienen kann.

Bei negativem i> tritt eine Rotation mit immer beschleunigter, bei verschwindendem eine solche mit konstanter Geschwindigkeit ein.

Liegt die Drehungsaxe horizontal, und ist N das von der Schwere auf den starren Körper ausgeübte Moment, also gleich Gs sm Xy worin G und s die frühere Bedeutung haben und / den Winkel zwischen s und dem nach unten gerichteten Lot bezeichnet, so hefert die Formel (ISö') die Theorie des zusammengesetzten Pendels, dessen Schwingungsdauer sich äußerst scharf bestimmen und zur Berechnung der Schwerekonstanten ff benutzen läßt^^

Die ersten fünf Gleichungen (135) geben interessante Aufschlüsse auch über die Bewegung freier, sowie nur in einem Punkte unter- stützter Körper, wenn man berücksichtigt, daß in den Fällen, wo die Reaktionen verschwinden, der Körper die vorgeschriebene Be- wegung auch ohne die betreffende Unterstützung ausführt.

Ist die C-Axe eine Hauptträgheitsaxe des Körpers, so ist wegen ^3 = 1 und y^ = y, = ^3 = /Jg = 0 nach (121'") E* und H' gleich Null, also nach der vierten und fünften Gleichung (135) auch L und M, Wirken keine äußeren Kräfte, so sind Z und M mit den Ee- aktionsmomenten der Befestigung identisch, diese verschwinden daher unter der gemachten Annahme gleichfalls. Es genügt in diesem

110 /. Teil, Mechanik starrer Körper, III, Kap.

Falle also, den Körper in dem beliebigen , zum Eoordinatenanfang gewählten Punkte der C-Axe zu unterstützen, um die Rotation um dieselbe mit konstanter Geschwindigkeit dauernd zu erhalten. Wegen dieser Eigenschaft heißen die Hauptträgheitsaxen durch einen be- liebigen Punkt des starren Körpers die ihm entsprechenden perma- nenten Drehungsaxen.

Geht die C-Axe überdies durch den Schwerpunkt des Körpers, so ist I und rj dauernd Null und gleiches gilt nach den beiden ersten Gleichungen (135) von X und Y, also, wenn äußere Kräfte nicht wirken, auch von allen Reaktionskomponenten. Hier ist also gar keine Unterstützung nötig, um die Rotation um die (7-Axe gleichförmig zu erhalten. Die Hauptträgheitsaxen durch den Schwerpunkt heißen deshalb die natürlichen Drehungsaxen eines freien starren Körpers.

Wir woUen schließlich aus den allgemeinen Formeln (130), in denen, wie oben gesagt, alle, die Bewegungsfreiheit einschränkenden Umstände durch Reaktionskräfte ausgedrückt zu denken sind, die Bedingung dafür ableiten, daß ein starrer Körper als ein materieller Punkt zu betrachten ist, oder anders ausgedrückt, dafür, daß seine Schwerpunktsbewegung von seiner Gestalt, Massenverteilung und Orientierung unabhängig ist Die Gleichungen (130) beantworten die Frage dahin, daß hierzu die Komponentensummen X, Y, Zy welche sowohl über die direkt gegebenen als über die Reaktionskräfte zu erstrecken sind, ausschließlich von dem Verhalten des Schwer- punktes des Körpers abhängig sein müssen.

Die ersteren Kräfte liefern im allgemeinen dann von anderen Umständen abhängige Gesamtkomponenten, wenn sie nach Größe und Richtung Funktionen des Ortes und der Geschwindigkeit ihres Angriffspunktes sind. Stetige Veränderlichkeit vorausgesetzt, läßt sich hier aber immer durch Verkleinerung der Dimensionen des Körpers ein Zustand erreichen, wo diese Abhängigkeit innerhalb einer festgesetzten Grenze bleibt, d. h. analytisch ausgedrückt, wo bei Entwickelung der Koraponenteusummen nach den Koordinaten relativ zum Schwer- punkt des Körpers die folgenden Glieder neben dem ersten, innerhalb des Körpers konstanten vernachlässigt werden können. Es werden dann die Komponentensummen nur Funktionen von dem Verhalten des Schwerpunktes, und damit wird der Körper zum materiellen Punkt.

Ein Beispiel für das entgegengesetzte Verhalten liefern solche Reaktionskräfte, deren Komponenten sich nicht mit alleiniger Hilfe der Bedingungsgleichung, auf Grund welcher sie eingeführt sind, bestimmen lassen, sondern auch in den Flächensätzen (ISO') auf-

§ 14, Oleichgewichtsbedingungen. 111

treten, also von der Rotation des Körpers abhängen. Dies findet z. B. bei dem Rollen eines Körpers auf einer mit gleitender Rei- bung behafteten Unterlage statt. Hier wird also auch bei Dimensionen, die gegen alle sonst in Betracht kommenden unendlich klein sind, der Körper niemals als ein materieller Punkt zu betrachten sein. Setzt man in dem System der Bewegungsgleichungen (1 30) und (130') die sämtlichen Geschwindigkeiten gleich Null, so werden die Unken Seiten aller Gleichungen homogen linear in den sechs Be- schleunigungen d^' Idt, d\)' /dt, dil Idt, dV f dtj dm' fdt, dv! jdt. Hieraus folgt, daß diese Beschleunigungen gleichzeitig nur dann ver- schwinden können, wenn die auf den rechten Seiten jener Gleichungen stehenden Komponenten- und Momentensummen verschwinden. Da nun die Komponenten- und Momentensummen in Bezug auf beliebige rechtwinkelige Axen nach dem oben entwickelten homogene lineare Funktionen von den dort auftretenden sind, so ergiebt sich als not- wendige imd hinreichende Bedingung des Gleichgewichtes, daß in Bezug auf ein beliebiges Axensystem^^

Z= r=^=i; = JIf=iV^=0 136)

sein muß. Dabei sind, wie oben, Bedingungen, welche die Beweglich- keit des Körpers vermindern, durch geeignete Reaktionskräfte aus- gedrückt zu denken. Die Formeln (136) bilden die Grundlage der gesamten Statik starrer Körper*.

Wir knüpfen hieran eine Bemerkung über die inneren Kräfte eines starren Körpers.

Wären die Momenten- und Komponentensummen der inneren Kräfte nicht gleich Null, so würden im Zustand der Ruhe und bei verschwindenden äußeren Kräften die Beschleunigungen rfj'/d^, d)^' /dt, di' Idt, dV /dt, dm' /dt, du' j dt nicht gleich Null sein, es würde also auch nach (120") die lebendige Kraft zunehmen. Hierin würde, wie schon auf S. 103 hervorgehoben ist, ein Widerspruch mit der Energiegleichung liegen.

Nach den Entwickelungen auf S. 79 und 80 kann man die sämtlichen Bedingungen des Gleichgewichtes durch die einzige Formel

^^ = 0 137)

umfassen, wo SA die Arbeit der äußeren, Kräfte bei einer virtuellen Verrückung bezeichnet Führt man die Bedingungen, denen die Be- weglichkeit des starren Körpers unterliegt, nach der Methode von Laobanoe ein, so kann man jedes System von Verschiebungen Jj, S\^j 8^ und von Drehungen 9\, d'nt, S'w als virtuell betrachten und gelangt hierdurch zu Bedingungen, welche mit (136) äquivalent sind.

112 /. Teü, Mechanik starrer Körper. IIL Kap,

Haben die äußeren Kräfte ein Potential 0, so ergiebt die Formel (137) 137') (J0 = O,

und da, wenn kein Gleichgewicht vorhanden ist, beim Beginn der Bewegung aus der Ruhe nach (98')

137") rf0<O

ist, so ist nach den Betrachtungen auf S. 28 die Bedingung (137) äquivalent damit, daß im Fall stabilen Gleichgewichtes 0 ein Mini- mum, in demjenigen labilen Gleichgewichtes 0 ein Maximum ist

Die Beobachtung der Gleichgewichtslage eines um eine feste Axe, sagen wir die C- resp. Z-Axe, drehbaren Körpers wird in der Praxis bei der sogenannten Drehwage zur Messung von Drehungs- momenten benutzt

Sei N{x) ein in seiner Abhängigkeit vom Drehungswinkel ;^ be- kanntes Moment, so nimmt der Körper bei dessen alleiniger Ein- wirkung eine Ruhelage ein, gegeben durch

Wird jetzt außer JV noch ein zweites Moment N^ ausgeübt, und ruht der Körper nun in einer durch Xi gegebenen Lage, so muß

sein, und diese Beziehung drückt iV' durch bekannte Größen aus.

Das bekannte Drehimgsmoment N wird in der Praxis entweder durch Aufhängung des Körpers an einem Draht oder an zwei sehr dünnen nahezu widerstandslosen Fäden hervorgebracht

Rührt das zu messende Moment JV' von einer einzigen Kraft K^ her, deren Angriffspunkt im Abstand A von der Drehungsaxe liegt, und steht Ä' normal zur Axe und zu A, so ist iV^' = A K\ wo A der Hebelarm der Kraft heißt. In diesem Falle liefert die Be- stimmung von N^ zugleich die von K\

Bei der gewöhnlichen Wage geschieht die Messung von Kräften dadurch, daß man neben einem unbekannten Moment N{x) zwei zu vergleichende N^ und JVg anbringt; diese sind entgegengesetzt gleich, wenn die Ruhelage des starren Körpers dieselbe ist, wie bei alleiniger Einwirkung von N{x)' Die Momente ä\ und A^ werden durch die Gewichte G^ und G^ von Massen m^ und m^ geliefert, die an glei- chen Hebelarmen angreifen; Gleichheit von N^ und N^ bedingt also

die von G\ und G^, oder wegen ff,, =^ ^hff ^^^^ ^^® ^^^ ^\ ^^^ ^2' Hierauf beruht die Bestimmung von Massen mittels der Wage.

§ 15, Wechselwirkungen xwischen starren Körpern, 118

§ 15. Konservative Wechselwirkungen zwischen starren

Körpern.

Nach der Definition (126') ist die virtuelle Arbeit der Wechsel- wirkung zweier Körper iw^ und mj^

worin die Xj^j^ . . . , Xjch ... die Komponenten, die X^^k 9 J^th die Momente der Wechselwirkungen, J|fe . . . , ^^^ . . , die Verschiebungen der Schwerpunkte parallel den festen Axen X, Y, Z, und ä'Xj^..,, S'Xjc,,. die Drehungen um Parallele zu diesen Axen durch die be- züglichen Schwerpunkte bezeichnen.

Wir wollen untersuchen, welche Bedingungen die Kräfte und Momente erfüllen müssen, damit ^'-^^ = S(I>kkj d. h. die voll- standige Variation einer nur von der relativen Lage abhängigen Funktion 0^^^ = 0^^ ist ^^

Das Problem hat eine ganz spezielle physikalische Bedeutung, weil die Wechselwirkungen zwischen den Molekülen fester Körper aller Wahrscheinlichkeit nach zu der allgemeineren Art gehören, auf die uns die Betrachtimg der starren Körper geführt hat, so daß näm- lich das eine Molekül auf das andere nicht nur Komponenten, son- dern auch Drehungsmomente ausübt Daß dabei trotz aller Ver- änderungen, welche durch die relative Bewegung der Atome eines Moleküls bewirkt werden, gewisse Richtungen dauernd ausgezeichnete bleiben, zeigt das Verhalten der Krystalle.

Die relative Lage der beiden Körper m^ und tw^ ist durch sechs Variable vollständig bestimmt, z. B. durch den Abstand J?;^» ihrer Schwerpunkte und die fünf Winkel, welche die Orientierung zweier in den Körpern festen Axensysteme Aj^, B^y C^ und A^ By, gegeur einander und gegen die Sichtung von E festlegen. Es handelt sich darum, ^-^^^ auf eine solche Form zu bringen, daß darin, statt der in (138) enthaltenen zwölf, nur sechs voneinander unabhängige Varia- tionen auftreten. Dazu benutzen wir, daß SA^it bei Variationen, welöhe die relative Lage der beiden Körper nij^ und mi^ nicht ändern, verschwinden muß, und demgemäß <^^ sich dabei nicht ändern darf.

Eine gemeinsame Verschiebung J er von wi;^ und wi* ist durch -

Voigt, Tbeoretiache Physik. 8

114 J. TnL Mechamk starrer Körper, IIL Kap.

gegeben; soll für beliebige Eichtung und Größe von Sa stets S*^kk = 0

sein, so muß gelten

138') Xfck + Xjth = Yhk + ^hh = ^hh+^kh = 0 .

Eine gemeinsame Drehung Sr um eine beliebige Axe durch den willkürlichen Anfangspunkt des Systemes X, ¥j Z ist ebenso ge- geben durch

sik^ CkS'fi VkS'^, 3vk==ikS'v - ^s'x, ä^^fjj.yx- iiS^fij

Sollen diese Werte ebenfalls S^n^ zu Null machen, so muß gelten:

I^k + -^kh + ZkJtflhic ^hk^hk 0, ^hk + ^kh + ^hkikk— ^hkVhk = 0,

worin die relativen Koordinaten

|a 1* = ^hk7 Vh ^fc = Vhkj Sa "■ öfc = S*t

gesetzt sind.

Aus den Formeln (138") folgt unter anderem, daß, wenn die Resultante der Wechselwirkung zwischen m^ und mjc mit der Ver- bindungslinie Eh]c ihrer Schwerpunkte parallel ist, die Drehungsmomente, welche mJ^ und niu um parallele Axen erfahren, entgegengesetzt gleich sind, und dasselbe gilt umgekehrt

Sind speziell die Körper wi^ und wi^ identisch und symmetrisch gegen eine Ebene gelegen, so muß nach Symmetrie das Moment um die Normale zu dieser Ebene verschwinden, dagegen das Moment um jede Axe, die jener Ebene parallel ist, für »1^ und wijk gleich groß und entgegengesetzt gerichtet sein; hieraus folgt nach (138"), daß die Resultante der Wechselwirkung der Verbindungslinie der beiden Schwerpunkte parallel sein muß.

Sind dagegen die Körper identisch imd mit allen entsprechenden Axen einander parallel, so müssen nach Symmetrie die Momente um parallele Axen für m^ imd m^ gleiche Größe und gleiches Vor- zeichen besitzen.

Die Benutzung von (138") ergiebt

S'^.u = Jifc {Sink + \Vkk[yvH + S'vk) - \Skk{^tJik + S'pL^))

+ rkk iSfi,^ + iCkki^n + n,) - ii,k (^n + ^'n))

138"-) ] +Z„,{S^j, + \tnk {^fik + S^lik) -\nkk {^n + d'X,))

+ \{Lnj,-LkKWh-S^h) + \[Mnk---Mj,n)[S^lin^Sr(ik)

+ \[NHk'-NkH){Sfißn-9vu).

§ 15, Wechselwirkungen xwischen starren Körpern* 115

Diese Formel läßt b^Ahk in der That nur von sechs Aggregaten der zwölf Variationen abhängig erscheinen, die man durch Yer- gleichung mit den Formeln [W^'") geometrisch deuten kann.

Existiert ein Potential 0^^ der Wechselwirkung zwischen m^ und mit, so kann man nach (188'") wegen S*A},it » <^^ die Kompo- nenten und Momente auf folgende Weise bestimmen.

Man unterwirft beide Körper beliebigen Verschiebungen und Drehungen, die nur der Bedingung genügen, daß

nn + ^A* = 9^1^ + ^iii» = ^n + ^n = 0 ist; dann bestehen die Beziehungen

r r ^^ftfc M M ^^^t

ö-.

138"")

Aus diesen Werten folgen mit Hilfe von (138') und (138") alle ge- suchten Größen; es folgen aus ihnen auch durch Elimination von 4^1; die Bedingungen, denen die Komponenten und Momente zu ge- nügen haben, damit ein Potential der Wechselwirkung existiert

Eine durch Symmetrie ausgezeichnete Darstellung flir die Arbeit der Wechselwirkung zwischen zwei Körpern erhält man durch die Überlegung, daß, wenn man durch den Anfangspunkt des absolut festen Koordinatensystemes zwei Axensysteme Ä^y J3^, (^ resp. ^t, -Bij 0\t legt, welche bei allen Bewegungen der Körper m^ und m^ je den drei in diesen festgelegten Axensystemen A^y -B^j Cn resp. ^ky ^ki Qc9 z. B. den Hauptträgheitsaxen durch die bezüglichen Schwerpunkte, parallel bleiben, dann die relative Lage der beiden Schwerpunkte durch die zwei Systeme relativer Koordinaten Ä^jk? hk, Chk und ajtn, bkkj <?kA9 ^on denen das erste sich auf die Axen A'^, j5^, C|^, das letzte auf die Axen A^, Bit, C^ bezieht, voUständig bestimmt ist

Es muß demgemäß möglich sein, d^Aj^j^ auf die Form zu bringen

y-^hk = ^hkSaf^ic + BUSbhk+ OlkSckk \ + ^kh^^kh + BihSbjtj^ + Cij^Sc^j^j J

wo die S die durch Verschiebung und Drehung bewirkten Änderungen der relativen Koordinaten und die Af^j^, ... zu bestimmende Funk- tionen sind.

Um letztere zu finden, geht man am besten von der gesuchten

8*

116 /. Tetl. Mechanik starrer Körper. III, Kap,

Form (139) aus und bringt sie durch Eoordinatentransformation auf die. primäre Gestalt (138).

Bezeichnet man die Änderung von a;^jt, . . . durch bloße Ver- schiebung mit ^flÄfc, und die Drehungswinkel des Körpers m^ um die Axen Aj^, B^, Cj^ mit S'p^, S*qj^y S^Vj^j so wird

Sbhu = S'bkk + Ckk yph CLhkS'rf,,

und ganz analoge Formeln folgen für ^aj^A» durch Vertauschung von h mit k und umgekehrt

^flAfc, (J'Äfck, ^Cfck sind dabei ersichtlich die Komponenten der- selben relativen Verschiebung von m^ gegen m^ nach den Axen A^j -Bfc, Cfc, deren Komponenten nach X, J", Z mit #1^*, ^i^Ak» S^^ be- zeichnet sind. Faßt man also Alj^ ^hki ^Ik ^ Komponenten eines Vektors JT^ nach ^4^, J9i, Ci auf und bezeichnet dessen Komponenten nach X, Z, Z mit Z,^ Y^ Zj^y so ist ersichtlich

139") AUä^anu + £Ui'bHk+ClkS'c,u = XnS^nk+yKSfjf,j, + Z^dC,k.

Femer stehen die Komponenten S'p^, S'gj^, J^r^ der Drehung des Körpers m^ um die Axen A^^, B^, C^ in analoger Beziehung zu den Drehungen d^A^, J*^^, 9v^ um Parallele zu X, F, Z, und dem- gemäß erhält man leicht

I(*AkCAfc ChJcBhk) S^Ph + (^Afc^Afc «AkCXk) ^Vä + («Ak^;:k-*Ak^^k)5'r, H'lkkZn -&klA)^AA+ (?AkX, -l^k^A) S^fiK + {ikk Tn - r/AkX^)3'n.

Dabei besteht ebenso, wie zwischen den resp. Verschiebungs- und Drehungskomponenten, auch zwischen den Komponenten A^^j Bi^^j Chk und Xhj Yh, Zh ein System linearer Gleichungen mit den Kon- stanten

139"")

Ak

Chk

\

<

<

«,*

Y,

ßr"

A*

A*

Zu

n*

y,*

n"

worin die c^, /9*, y'* die Eichtungscosinus des Systems A^, B^y C^ gegen das System X, Y, Z bezeichnen.

Stellt man die entsprechenden Formeln nun auch f&r die Glieder mit den Indices kh auf, so erhält man schließlich, da |;^j^ = |^ |^,

IkA = Ik ■" Ia> ••• ^^*

§ 15. Wechselwirkungen ^(Wtsehen starren Körpern, 117

y^KM ^{^H -^ic) Sin + {n - Yu) Sf!n+{Zn--Zj,) S^ +(X,-X,)*|,+ (7, - rn)Sfi, + {Zj, - Zn)SZ^

HnfcnZ^-^hYu)SfhHU^i^-hnZj)S^l^i^+{iuKYu-ri^^ Die Vergleichung mit (138) ergiebt

140)

1400

dies Wertsystem erfüllt die Bedingungen (138') und (138") identisch, rechtfertigt somit auch indirekt den gemachten Ansatz (139).

Die vorstehenden Formeln gestatten, wenn S A^^y^ in der voraus- gesetzten Gestalt erhalten ist etwa durch ein Potential 0^^, welches in den a^^ h^^ c^^^ und a^^ h^^ c^^ ausgedrückt ist aus den^j^^, . . . und urffc*, ... die Komponenten und Momente der Wechselwirkungen zu berechnen und ebenso das umgekehrte Problem, wenngleich minder einfach, zu behandeln. In dem Falle, daß die Körper identisch und parallel gelegen sind, also Ln% = A&, M^y, = AT^ä, JVJ^i = N^^ ist, wird = Xfc, = Ji, ^^ = ^ Z^ und Al^ ... wie Aln^ . . . nehmen direkt die Bedeutung der Hälfte der Komponenten An^^ . . . resp. -^tAj d^r ausgeübten Kräfte nach den Axen A^^ B^j C{, an, die ja nun mit Ai^ JS^', Oi, parallel sind.

Die vorstehenden Formeln führen dann auf

SA = AnicSünu + BhkSbuu + CnicSc^k und

''**^""^^' ^''^^^k;.' ^''^'^t^

140")

Ein sehr allgemeiner und wichtiger Fall der Wechselwirkung zwischen zwei Körpern m^ und m^ ist der, daß die einzelnen Raum- elemente beider als materielle Punkte betrachtet werden können, also körperliche Elräfte aufeinander ausüben, die den wirkenden Massen proportional und im übrigen nur Funktionen der wechselseitigen Entfernung sind, demgemäß nach S. 41 jedenfalls ein Elementar- potential von der Form F{r^^dm^dm^ besitzen. Hier nimmt dann das Potential der gesamten Wechselwirkung die Form

^12= ff d^i^^2^ir,^) 141)

an.

Auch die Teile eines und desselben Körpers üben aufeinander Wirkungen, welche ein Gesamtpotential liefern; schreibt man dasselbe aber als ein Doppelintegral in der Form (141), so ist der Faktor y,

118 /. TeiL Mechanik starrer Körper. IIL Kap,

beizufügen, weil bei dieser Darstellung jede Kombination von zwei Massenelementen zweimal berücksichtigt ist Bezeichnen daher dm und drrC Elemente desselben Körpers, so erhält man für sein Potential auf sich selbst

141') ([>' = \ffdmdm'F{r).

0 resp. 0' lassen sich nur in wenigen Fällen in geschlossener Form berechnen, doch bieten mitunter auch Reihenentwicke- lungen anschauliche Resultate. So z. B. in dem wichtigen Falle, daß die Gestalten beider Körper beliebig, aber ihre Dimensionen sehr klein gegen ihre Entfernung sind, so daß man F{rj^^) nach Po- tenzen der Koordinaten (jTj |j), (y^ tj^), (Zj fj) resp. (t, |,), (y» "^ ^s)> (^2 ^ ^) ^®^ Massenelemente dm^ resp. dm^ relativ zu den beiden Schwerpunkten entwickeln kann.

Wir wollen zunächst nur wegen ar,, y,, z^ entwickeln, also die Wechselwirkung zwischen einem Element dm^^ und dem Körper m^ berechnen. Versteht man unter e die Entfernung des Schwerpunktes l2> ^2' ^2 ^^^ rfmj, so erhält man bei Beschränkung auf die Glieder zweiter Ordnung und bei Rücksicht auf die Definitionen (120')

(I>'=^dfn,fdm^F{r,,),

= dm, [m,F{e) + \{H, + Z, - H,)^^^'^ +.. + ..

dies läßt sich, wenn M, das Trägheitsmoment des Körpers m, um die Richtung von e bezeichnet, nach (121) auch schreiben

141')

<P = dm, [m,F{e) + i(E, + H, + Z,)^

-iM.ra=!-i^')].

Beschränkt man sich auf dieselbe Annäherung in Bezug auf den Körper m, , so betriflFt die Entwickelung in Bezug auf ar^ , y^ , z^ in (141') nur das erste Glied, und man erhält ohne Rechnung, wenn man gleichzeitig durch (121"") die Hauptträgheitsmomente einfahrt,

141")

0 = mj wi, F{E)

+ i^^h(^ + Bt + r,) + ^(A, + B, + r,)]

, (d^F{E) 1 dF(E)\f ^ . ^ .

§ 16, Molekulare Theorie der Elastieität. 119

Hierin bezeichnet E die Entfernung der Schwerpunkte und M^ resp. M, das Trägheitsmoment von m^ resp. m^ um die Richtung von K

Die ersten beiden Glieder dieser Formel sind Funktionen von B allein, das letzte enthält auBerdem noch seine Richtungscosinus gegen die absolut festen Axen. Indessen ist die letztere Abhängig- keit natürlich nur scheinbar yorhanden.

Drückt man nämlich M/k durch die Hauptträgheitsmomente Aa, B/k, fh und die Richtungscosinus a^, ßhj Yn ^on E gegen die Haupt- trägheitsaxen von m^ aus, setzt also

so erkennt man, daß alles auf das absolut feste Koordinatensystem bezügliche hinwegfaüt Dabei hat Ea^j ^ßiy ^Yi resp. die Bedeu- tung von «12, Äi2, Cj, und Eo^, Eß^y Ey^ die von a^y \^j c,j in den obigen Formeln (139) bis (140"), und es ist zugleich

^ = «!,' + *. ,* + ''i,* = «31* + *m' + c^j«; 0i2 also in der Seite 115 u. f. vorausgesetzten Gestalt erhalten.

Man kann demgemäß nun auch die Gleichungen (139'"') und (HO') zur Berechnung der Komponenten und Momente der Wechsel- wirkung anwenden. Die Resultate sind sehr kompliziert; dagegen läßt sich aus den Formeln (137') und (137") ohne alle Rechnung ein einfacher Satz über die Gleichgewichtslage eines jeden der beiden Körper ableiten, wenn man dieselben je im Schwei^unkt unterstützt, aber übrigens frei bewegUch denkt

Ein jeder der beiden Körper ist nämlich dann im stabilen resp. labilen Gleichgewicht, wenn er mit der Hauptträgheitsaxe größten resp. kleinsten Momentes in der Richtung der Verbindungslinie E der beiden Schwerpunkte liegt, und zwar entsprechen sich die beiden Angaben direkt, wenn der Faktor von (w^Mj + mjMi) positiv, indirekt, wenn er negativ ist

In dem Falle, daß die wechselwirkende Kraft die Gravitation ist, hat F{E) den Wert —fjEy der bezügliche Faktor wird daher '-\fjE^j und demgemäß giebt hier die Axe kleinsten Trägheits- momentes stabiles Gleichgewicht

§ 16. Molekniare Theorie der Elastieität.

Mit den Entwickelungen des vorigen Abschnittes steht eine Theorie im nächsten Zusammenhang, deren Ziel ist^ die in elastischen deformierten Körpern herrschenden Druckkräfte aus Wechsel- wirkungen zwischen ihren Molekülen zu erklären. ^^)

120 /. TetL Mechanik starrer Körper, III. Kap.

Dieselbe geht von der Vorstellimg aus, daß ein elastischer Ery- stall, der den allgemeinsten Fall eines homogenen elastischen Körpers repräsentiert, im natürlichen oder undeformierten Zustand, d. h^ wenn er weder körperliche, noch Oberflächendruckkräfte erfährt und überall dieselbe Temperatur besitzt, gebildet ist durch eine sehr große Zahl gleicher, regelmäßig yerteilter und mit ihren korrespon- dierenden Axen parallel gelegener Elementarteile, die man fiir die Zwecke dieser Entwickelung als starre Körperchen denken kann, und die sich unter ihrer Wechselwirkung im Gleichgewicht befinden. Ob diese Elementarteile direkt Moleküle der Substanz oder Gebilde höherer Ordnung sind, ist ohne Belang.

Im deformierten Zustand ist jedes von ihnen yerschoben und gedreht, und wir nehmen an, daß diese Änderungen unendlich klein und stetige Funktionen der Koordinaten sind.

Wir konstruieren nun an der Stelle x, y, z ein Flächenelement und über demselben einen normalen Cylinder vom Querschnitt q; die Richtung der Cylinderaxe bezeichnen wir durch n und rechnen sie nach Innen positiv, die Komponenten aller Wirkungen, welche die Teilchen jenseits des Flächenelementes auf die Teilchen inner- halb des Cylinders ausüben, bezogen auf die Einheit des Quer- schnittes, nennen wir die Komponenten des molekularen Druckes gegen das an der Stelle x, y, z gelegene und durch die Normale n definierte Flächenelement ®^

Wir können sonach in leicht verständlicher Bezeichnung schreiben

142) j; = i-^^j*«, j„ = -i^^i;.., ^, = 1^^^,,,

9 i a 9 i a ^ i a

worin mit i die Teilchen innerhalb des Cylinders, mit a die Teilchen jenseits des Flächenelementes bezeichnet werden. Da die Wirkungen molekulare sind, so erstrecken sie sich in merklicher Stärke nur auf unmerkliche Entfernung; innerhalb der Sphäre ihrer Wirkung soll aber trotzdem eine sehr große Anzahl von Teilchen liegen. Ihre Koordinaten mögen, da die Teilchen unendlich klein sind, und eine Unterscheidung verschiedener Punkte, z. B. des Schwerpunktes, in ihnen demgemäß keinen Sinn hat, wie bei einzelnen Massenpunkten durch x^ y^ z^ und jr«, y«, Za bezeichnet und ihre relativen Koordinaten

^i ^o = Xiay Vi—ya^ Via^ ^i Za =^ Zia

gesetzt werden.

Die in (142) auftretenden, eigentlich sechsfachen Summen, die f6r uns zunächst nur den Sinn von ßechnungsgrößen haben und erst später physikalische Bedeutung gewinnen werden, lassen sich auf dreifache

§ 16, Molekulare Theorie der Elastieität 121

reduzieren. Bezeichnet v die Anzahl der Elementarteilchen inner- halb der Yolumeneinheit, so kommt in jedem der Ausdrücke (142) eine Kombination 77ia in bestimmter relativer Lage so oft vor, als in dem Abschnitt des Cylinders vom Querschnitt q und einer Höhe gleich der parallel n gemessenen relativen Koordinate n' von m,- gegen nia Teilchen liegen, also vqn^ mal. Demgemäß können wir schreiben

X^^^v^n'T, Y^^v2'iiT, Z^^v^'n'Z', 142^

wo nun die Summation 2^ über alle möglichen Kombinationen von Teilchen m^ und ma auszudehnen ist, doch so, daß jede einer be- stimmten relativen Lage entsprechende Kombination nur einmal zu nehmen ist Dies kommt darauf hinaus, daß ein in der Grenzfläche gelegenes Teilchen mi mit allen auf der negativen Seite von q ge- legenen rria kombiniert werden soll.

Die Summen (142') lassen sich noch umgestalten. Da jedes Elementarteilchen in gleicher Weise von den anderen innerhalb der Wirkungssphäre liegenden umgeben sein soll, so muß auch jeder Kombination mit den relativen Koordinaten x\ y\ z' und n' sich eine entsprechende mit den Koordinaten —x\ —y', z' und n' zuordnen, welche nach der Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung ent- gegengesetzt gleiche Komponenten —X\ —Y\ ^Z^ liefern muß.

Daher kann man auch setzen

und die Summen über alle auf ein an der Stelle x, y, z liegendes Teüchen ausgeübten Molekularwirkungen erstrecken.

Die Größe dieser Druckkomponenten hängt außer von der Lage des Punktes x, y, z und der Richtung der Normalen n von der An- ordnung der Elementarteilchen des Krystalles ab, die bei jeder De- formation im allgemeinen verschieden sein wird. Im natürlichen Zustand setzen wir diese Summen für jede Stelle und jede Normalen- richtung gleich Null, eine Annahme, die im Eingang des nächsten Teiles ausführlicher begründet werden wird.

Wählt man für die Richtung n successive die Richtung der +X-, +Y'j -h^Axe, so erhält man neun spezielle Druckkomponenten

^Xi ^«> ^«J ^y^ YyJ ^y> -^.> ^,> ^«J

dabei ist zum Beispiel

worin x\ y\ £ die relativen Koordinaten des einen angezogenen

122 /. TeiL Mechanik starrer Körper. IIL Kap.

gegen alle die anziehenden Teilchen und X\ Y\ Z^ den die letzteren entsprechenden Komponenten bezeichnen.

Aus den gegebenen Definitionen folgen sogleich die Formeln

X^ = X^ cos (n, x) + Xy cos (7i,y) + X, cos (w, z),

143') . r^ = r„co8(n,x) + ryCOs(n,y) + i;co8(«,z),

.^« = ^„<^s(»i,ar) + ^j^C08(«,y) + ^,co8(n,z),

und aus ihnen als spezieller Fall für zwei entgegengesetzte Bich- tungen Ton n

143") ^ =5 X»„, 1^ = JT-^, ^„ s=s ^_„.

Für die weitere Entwickelung denken wir den Körper im defor- mierten Zustande befindlich und mit u, v, w die Verschiebungen, mit ly m, n die Drehungen seiner Teilchen bezeichnet^ beide auf das System Xj Y, Z bezogen. Die «, v, tr, welche, so lange der Zusammenhang des Körpers nicht gestört ist, notwendig stetige Funktionen der Koordi- naten sein müssen, entwickeln wir innerhalb des Bereiches der Mole« kularwirkung nach Potenzen der relativen Koordinaten und erhalten, indem wir, wie oben kurz

Xi —Xa x\ yi-^y^ ^ y\ z^^ z^^ z\ auch

144) Mi -- Ua ==: u\ t?| »a = v\ tOi --- Wa ^ to'

setzen, als erste Annäherung

,/ V ^** J- •/ ^** _L ^' ^**

1440 I « ^^d^ + yäiT + '^äü:'

ox ^ oy d%

Auch /, m, n betrachten wir als stetige Funktionen der Koordinaten und dürfen uns hier, wie die Folge zeigt, mit dem niedrigsten Grad der Annäherung begnügen xmd /, m, n innerhalb des Bereiches der Wirkungssphäre konstant setzen.

Demgemäß legen wir durch den Anfangspunkt des absolut festen Systemes X, JT, Z ein zweites Koordinatensystem Ä^ 5, (7, welches im ursprünglichen Zustand mit X, Y^ Z zusammenfällt, aber bei der De- formation sich mit den Elementarteilchen dreht

Die auf dies System bezogenen Koordinaten von m,- und m^ seien cLij biy Ci und fla, Äfl, c«; wir setzen wie oben

144") H^-^ aa== Oiaj *< *a = *<a> <^« -^ <?« = Cj«,

§ 16. Malekuiare Theorie der Eaastieität 128

und in dem spezidilen Falle, dafi nur ein angezogenes Teilchen mi mit allen kombiniert wird,

CLia = a', bia = b\ Cia = c\ 144'")

IEa ist dann das Potential ^> der Wechselwirkung nach dem Inhalt des vorigen Abschnittes nur eine Funktion von a\ b\ c\ und es gilt fbr die parallel Äj B, C genommenen Komponenten

^•--1?. ■»•=-!?. '^--I?. •«)

und weiter einerseits

a' = ar' + y*n s^m^ ar' » a' Vn + c'wi, \

c' = z' + x'm y'ly z' =^c' -- <£m + ä7, j

andererseits ein gleiches System Formeln fllr die Komponenten A\ B\ C und X\ r, Z\

Diese Werte mögen sich auf den deformierten Zustand be- ziehen^ f&r den natürlichen mögen dieselben Buchstaben mit dem Index 0 versehen werden; es ist dann zugleich

«i = x\ Vq = y\ cj> s= / und /^ = m^ « w^ = 0.

Bezeichnen wir die Komponenten der Verschiebungen na^^h dem System Äy By C mit fy g^ A, die relativen Verschiebungen mit /!«, gi^y Ka oder in dem oben erörterten speziellen Falle mit f\ g\ h\ so wird

außerdem, da 0, und somit Ä\ By CP nur von a\ b\ c' abhängen,

1460

zugleich ist unter Vernachlässigung der Glieder zweiter Ordnung

y :=ü' +4/ ~«o», [ 146")

A' = tr' + fltowi *o^, J

oder unter Bücksicht auf (144^)

^-4(U-«) + %U + c|,(|j + /), I 146'")

ÖX

124 /. TeiL Mechanik starrer Körper. IIL Kap,

Setzt man die Werte (146'") in (146) und das Resultat in das zweite System (145') ein, so erhält man:

147)

Femer giebt die Kombination der unter Benutzung von (146'") be- rechneten Ausdrücke (146') flir J!, ff C" mit dem auf die Eraft- komponenten bezogenen zweiten System von (145') die definitiven Werte von Z', F, ZT.

Endlich findet man durch eine einfache geometrische Betrach- tung die Beziehung zwischen der Anzahl v^ der Teilchen in der Volumeneinheit vor der Deformation und der v nach derselben:

Damit sind alle zur Berechnung der Druckkomponenten X^, ..., ^, nach (143) nötigen Größen erhalten.

Bei der Bildung dieser Werte hat man zu berücksichtigen, daß l^nij n und die Differentialquotienten von Uj Vj w innerhalb des Summationsbereiches konstant, überdies unendlich klein erster Ord- nung angenommen sind. Man gelangt dann auf zwei Gattungen von Summen.

Die erste Gattung hat die Form

2 O^O^O? 2

^ b '^o ^0 ? "a" b ^*o > ^' ^* ^* >

die Summen in dem Sinne genommen, wie in (142') festgestellt ist; sie stellen, da der Index ^ auf den ursprünglichen Zustand hinweist, und da in diesem die Axen ^, J?, C mit den Axen J, Z, Z zusammen- fallen, die Werte der Molekularkomponenten X^, . . . Z^ im natür- lichen Zustand dar und sind demgemäß gleich Null. Durch diese Überlegung reduziert sich die Anzahl der Glieder in den allgemeinen Werten X , ..., ^, erheblich.

X' 'S

Die zweite Gattung von Summen hat die Form

2 ö öa'o 0 ' 2 ö ö6i ^0^0 > ^- 8- 1-, welche sich nach Einfuhrung des Potentials auch schreiben läßt:

_^QÖ^q^»2 __?^LQ_?!_^q_J'c' USf

2 O da»^t ^0 J 2 O öai ÖÄi 0 0 ' ^- ^' ^•

Diese Summen sind von der hervorgebrachten Deformation ganz

§ 16. Molekulare Theorie der Elasticität

125

unabhängig und bestimmen sich allein durch das Gesetz der Wechsel- wirkung und die Anordnung der Elementarteilchen der Substanz: sie sind also dem Medium individuelle Konstante. Wir bezeichnen sie mit CÜ, wobei die unteren Indices auf den Nenner des Differen- tialquotienten, die oberen auf seine Faktoren hinweisen; z. B. ist hiemach

6*0

^81

^81

1470

Die neun Komponenten X^ ... Z^ stellen sich als homogene lineare Funktionen der neun Argumente

du dx '

du

+ n,

du

dx.

m,

dv dx

w,

dv dv

dy ' d%

+ 1,

dv) dx

+ wi,

dw dy

-i,

dw 1^

dar, die sich aus den Verschiebungen u, v, w und den Drehungen ^ m, n an der betrachteten Stelle ableiten.

Das System von Faktoren dieser Funktionen stellt sich in der obigen Bezeichnung folgendermaßen dar.

du(du , \(du \\(dv \dv(dv , j\\[dw ^ \(dy> ,\

dw di:

~K

cv

\ c\\

c\\

<^\\

^12

o\\

o\\

G\\

C\\

-^

c\,

\ c\\

G\\

c\\

/T2 2

c\\

C\\

C\\

c\\

-^,

o\\

1 c\\

C\\

o\\

^12

^12

c\\

o\\

0\\

-Y,

<^i,

\ G\\

o\\

o\\

QX1 ^22

^22

o\\

^28

c\\

-^,

c\\

\ c\\

C\\

c\\

^22

^28 ^22

c\\

/T22

^28

c\\

-Y,

c\\

1 nt%

1 ^i\

c\\

c\\

^22

A>88

^22

G\\

^78

o\\

-K

c\\

9\\ .

c\\

/Tri 2

^82

^82

^ii

^88

o\\

-^.

c\\

' G\\

c\\

c\\

/nr2 2 ^82

/>28 ^82

c\\

^22 ^^88

o\\

-2,

o\\

\ o\\

c\\

c\\

/^8 2 ^82

'^82

c\\

/T82 ^88

c\\

148)

Zu diesem Schema ist zu bemerken, daß es sich nur auf die Abhängigkeit der X^...Z^ von den du/dx ... dw/dz imd nicht auch auf die umgekehrte bezieht

Da nach (147') das System der C^n zu der Diagonalen des vorstehenden Schemas symmetrisch angeordnet ist, so giebt es eine homogene Funktion I" zweiten Qrades der oben stehenden neun Argumente, welche die Eigenschaft hat, daß

126 /. Teil Meehamk starrer Körper. IIL Kap.

Y dF' Y BF' Y ^^'

Durch ganz analoge Ausdrücke, wie sie in (142") ftlr die Kom- ponenten der Molekulardrucke aufgestellt sind, kann man nun auch molekulare Momente Z^, M^j iV^ definieren; nach den Formehi (138") sind aber, wenn die Entfernungen, in welche die Elementar- teilchen überhaupt wirken, nur unmerklich klein sind, die Momente um eine Ordnung höher unendlich klein, als die Komponenten, und ihr Einfluß im allgemeinen die nicht wahrscheinlichen Fälle aus- geschlossen, wo in den Summen die Komponenten sich gegenseitig zum größten Teil zerstören neben dem jener zu vernachlässigen.

Sind diese Momente unendlich klein und wirken äußere Kräfte nicht drehend auf die Elementarteile ein, was der gewöhnliche Fall ist, dann besteht, wie später aus allgemeinen mechanischen Sätzen abgeleitet werden wird, zwischen sechs der neun Druckkomponenten ganz allgemein das Formelsystem

148') Y^^z. z^^x. x„=r.

Dieses System kann dazu dienen, die Drehungskomponenten /, m, n der Elementarteilchen, als direkt nicht wahrnehmbare Größen, aus den Resultaten, welche das Schema (148) enthält, zu eliminieren, und X^, . . . Xy andererseits aber auch die Molekulardrehungen /, TW, » selbst nur durch die äußerlich am deformierten Körper wahrnehmbaren Verrückungen u, r, w auszudrücken.

Diese Elimination ist zwar umständlich, aber ohne alle prin- zipielle Schwierigkeit, und liefert folgende wichtige Resultate.

Die sechs unabhängigen Druckkomponenten X^ Y ^ Z , Y . Z , X werden homogene lineare Funktionen nur allein der sechs Argumente

r*-"^«' ä^-y»' a*-^"

dx'^dy'^y^' Wi'^dl^^^^ di'^'di^^v' welche die Deformationsgrößen an der Stelle ar, y, z heißen, und sie genügen den Formeln

148'") ^A'.^^.^y ^ = ^

' dx.. dx^^ dx. dx ^

welche die Bedingungen dafür sind, daß sich die X^, . . . X als par- tielle DiiTerentialquotienten einer Funktion F von diesen sechs Ar- gumenten ausdrücken lassen, gemäß den Beziehungen

148'") ^.= -||, ^,= -||-

§ 16. Molekulare Theorie der EiasHeäät

127

Bezeichnen wir die 21 Eonstanten dieser homogenen Funktion zwei- ten Grades mit e^jt » Cf^Ky so gilt folgendes System von Faktoren fttr die Abhängigkeit der X,, . . . X^ Ton den ar . . . . :r , aber nicht um- gekehrt.

*.

*.

y.

',

'y

-^.

«^u

«1.

«'ij

«14

«If

«16

-^.

«M

''m

«84

«86

«86

-^.

«^»X

«"ss

«^8»

«84

«8«

«86

-^.

«44

«46

«46

-z>

«81

«.»

<^63

««4

«66

«66

-^.

«^61

«"as

«68

«84

«66

«66

149)

Die Drehungskomponenten ly m^ n werden lineare Funktionen von allen neun partiellen Differentialquotienten der «, Vy w, oder anders ausgedrückt, sie enthalten außer den sechs Argumenten

x'

. . X auch noch die Kombinationen

welche, wie leicht direkt nachzuweisen ist und später noch besonders gezeigt werden wird, die Drehungskomponenten des Yolumenelementes an der Stelle or, y, z im ganzen bezeichnen und von seiner Defor- mation unabhängig sind.

Von den höchst allgemeinen, durch das Schema (148) angedeu- teten Formeln gelangt man zu einem spezielleren System, wenn man die beschränkende Annahme macht, daß die Wechselwirkungen zwi- schen den Elementarteilchen nur Funktionen ihrer Entfernungen sind, also nach allen Seiten hin gleichmäßig stattfinden. Dann ist, wie sich leicht durch Rechnung zeigen läßt:

ö« <P <P

d*0

V : . . . = a'* : a' Ä' : a' c' . . . ;

150)

öa*« da'db' ' da' de in Folge dieser Beziehungen wird in dem Schema (148)

(t\ = C^i = er*" = . . . 150')

d. h^ man darf, ohne den Wert von C zu ändern, die Tier Indices untereinander beliebig yertanschen.

Diese Eigenschaft Ycreinfacht das System (148) außerordentlich; es Tersdiwinden aus ihm von selbst die Drehungskomponenten /, m, n der Elementarteilchen, die hierin derThat auf die Wechselwirkungen keinen Einfluß haben können, und die neun Differentialquotienten der

128 /. TßiL Mechanik starrer Körper. IIL Kap,

», Vy w verbinden sich zu den sechs Aggregaten x^j , , , x in (148"), zugleich werden von selbst die Formeln (14&') und (148'") erfüllt; außerdem aber wird in X^ der Faktor Yon y, gleich demjenigen Yon X in X, u. s. f., was sich auch so ausdrücken läßt, daß die zweiten Difierentialquotienten yon F nach den Deformationsgrößen stets das gleiche Resultat liefern, wenn die vier im Nenner auftreten- den Buchstaben die gleichen sind, so daß also gilt

150 ) 5 5— = ^ 5— U. 8. f.

Das so entstehende System von Molekulardrucken stimmt mit dem Schema (149) überein, wenn man dort

setzt, hat also nur 15 unabhängige Faktoren und gilt, wie gesagt, nur dann, wenn die Elementarwirkungen nicht mit der Sichtung variieren, die Elementarteilchen also den Charakter von materiellen Punkten haben. ®^)

Die Systeme (148) und (149) stellen die allgemeinsten, aus den gemachten Annahmen ableitbaren Resultate dar; sie gelten f&r Kry- stalle jedes Systemes, nehmen aber für bestimmte von ihnen, und gar für isotrope Medien, erheblich einfachere Formen an. Für die Gewinnung derselben kommen gewisse allgemeine Grundsätze in Be- tracht, deren Darlegung nunmehr vorgenommen werden soll.

§17. Die Einfahnmg der Symmetrieelement^ in physikalische Oe-

setse, welche sich auf Krystalle besiehen.

Überall, wo, wie in dem vorigen Paragraphen, eine allgemeine Entwickelung zu Resultaten geführt hat, die f&r jeden homogenen Körper in gleicher Weise gültig sind, bietet sich die Aufgabe, die- selben für die einzelnen ErystaUgruppen nach den diese auszeichnen- den Eigenschaften zu spezialisieren.

Für diese Aufgabe wird stets die auf die Erfahrung gegründete fundamentale Hypothese benutzt, daß die Symmetrie des physika- lischen Verhaltens nie geringer ist, als die Symmetrie der Wachs- tumserscheinungen, die sich meist in derjenigen der Ery stall- form ausdrückt, so daß also krystallographisch gleichwertige Richtungen jedenfalls auch physikalisch gleichwertig sind.

§ 17. KrystctUographische Sf^mmeirieelemente, 129

Die krystaUographischen Symmetrieelemente sind Symmetrie- centrum, Symmetrie- oder Spiegelungsebene, Symmetrieaxe, Spiegel- dreh- oder kurz Spiegelaxe.

Ein Symmetriecentrum ist ein Punkt von der Eigenschaft^ daß die Vertauschung aller Yon ihm ausgehenden Eichtungen mit den entgegengesetzten (Inversion) das Erystallpolyeder mit sich selbst zur Deckung bringt

Eüne Symmetrieebene ist eine Ebene, in Bezug auf welche gespiegelt das Polyeder mit sich zur Deckung kommt

Eine Symmetrieaxe ist eine Axe Yon der Eigenschaft, daß eine Drehung um dieselbe das Erystallpolyeder mit sich zur Deckung bringt Ist 2 9r/n der kleinste der Axe entsprechende Drehungs- winkel, so haben alle Drehungswinkel 2nhl rijwo h = 1, 2, ...n— l,n ist, die gleiche Eigenschaft, und die Axe heißt n-zählig. Krystallo- graphisch möglich sind nur die Fälle n » 2, 3, 4 und 6.

Eine Spiegeldrehaxe ist eine Axe Ton der Eigenschaft, daß durch eine Drehung um dieselbe und eine folgende Spiegelung in Bezug auf eine zu der Axe normale Ebene das Polyeder mit seiner ersten Position zur Deckung gelangt Ist n / n der kleinste Drehungswinkel, welcher dieses leistet, so haben Drehungen um (2A+ l)7r/2n für A = 1, 2 . . . n 1 dieselbe Eigenschaft, und die Axe heißt n-zählig. Krystallographisch möglich sind, was hier zu beweisen nicht nötig ist, nur die Fälle n=^2 und 3.

Zwei Symmetrieaxen oder zwei Spiegeldrehaxen sind gleich- wertig, wenn es gelingt, das Polyeder dadurch mit sich zur Deckung zu bringen, daß man die eine dieser Axen in die Richtung bringt, in der ursprünglich die andere Axe lag. Symmetrieebenen sind gleichwertig, wenn man das Polyeder dadurch mit sich zur Deckung bringen kann, daß man es mit der einen Symmetrieebene in die- jenige Ebene legt, welche ursprünglich die andere Symmetrieebene enthielt

Drei zueinander normale gleichwertige Axen heißen cyklisch Ter tauschbar, wenn man das Erystallpolyeder dadurch mit sich zur Deckung bringen kann, daß man die Sichtung der drei Axen, die in gewöhnlicher Reihenfolge gerechnet mit X, T, Z bezeichnet werden mögen, so verändert, daß T, Z, X oder Z, X^ T in die ur- sprünglichen X, r, Z fällt

Die an einem Erystallpolyeder überhaupt möglichen Symmetrie- elemente sind keineswegs sämtlich voneinander unabhängig. Schon in dem Torstehend Angegebenen tritt dies hervor; denn offenbar ist eine sechszählige Symmetrieaxe zugleich auch zwei- und dreizälilig,

VoiuT, Theoretische Physik. 9

180 L TeiL Meehanik starrer Korper. IIL Kap,

eine zwei- oder dreizählige Spiegelaxe zugleich auch zwei- oder drei- zählige Symmetrieaxe. Während aber diese Eigenschaften als in der Definition eingeschlossen zu betrachten sind, treten durch gleich- zeitiges Vorhandensein zweier unabhängiger Symmetrieelemente mit- unter dritte auf, die von der Existenz jeder einzelnen von ihnen unabhängig sind.

Die hierauf bezüglichen, durc}i einfache geometrische Über- legungen abzuleitenden Gesetze haben nur zum Teil physikalische Bedeutung. Die wichtigsten sind die folgenden.

Steht eine p-zählige Symmetrieaxe normal zu einer n-zähligen, so giebt es notwendig noch (n 1) p-zählige gleichwertige; dieselben lieg^i in der Ebene normal zu der p-zähligen Axe, und die Nachbar- axen schließen gleiche Winkel ein. Hieraus folgt, daß p notwendig eine gerade Zahl sein muß, wenn n > 2 ist Ist n eine gerade Zahl, etwa = 2 m, so sind die bezüglichen Axen paarweise entgegengesetzt gerichtet; ihre Winkel werden durch 2 m gleichfalls unter sich gleich- wertige Symmetrieaxen halbiert

Mit zwei zu einander normalen yierzähligen Symmetrieaxen werden hiemach notwendig noch weitere vier verbunden sein, die mit jenen Winkel Yon 7r/2 und n einschließen; alle sechs aber sind gleichwertig.

Mit ihnen treten femer auf zwölf gleichwertige zweizählige Axen Yon paarweise entgegengesetzter Richtung, welche die zwischen den yierzähligen Axen liegenden rechten Winkel halbieren, sowie acht gleichwertige dreizählige von paarweise entgegengesetzter Richtung, welche durch die Mitte der Oktanten gehen, die durch je drei vier- zählige Axen bestimmt werden.

Drei Yertauschbare, zu einander normale zweizählige Axen sind notwendig Yerbunden mit drei entgegengesetzt gerichteten, gleich- wertigen, zweizähligen Axen; je drei einen Oktanten umgebende von diesen sechs sind cyklisch vertauschbar. Durch die Mitten der Oktanten gehen acht dreizählige Axen, von denen die vier um eine zweizählige Axe liegenden abwechselnd gleichwertig sind.

Geht durch eine n- zählige Symmetrieaxe eine Symmetrieebene, so giebt es, je nachdem n gerade oder ungerade ist, noch n/2 1 oder n 1 gleichwertige Symmetrieebenen, welche ebenfalls durch jene Axe gehen.

Steht eine Symmetrieaxe oder eine Spiegeldrehungsaxe nonnal zu einer m- zähligen Spiegeldrehungsaxe, so giebt es noch weitere 2771 1 gleichwertige Axen, die auf der letzteren senkrecht stehen und paarweise entgegengesetzte Richtung haben; ihre Winkel werden durch m gleichwertige Symmetrieebenen halbiert.

§ 17. Krystaüograpkisehe Ortippen. 131

Zwei zu einander normale zweiz&hUge Spiegeldrehungsazen ziehen die Existenz von noch weiteren vier nach sich, die mit ihnen die Winkel n und di/2 einschließen; alle sechs sind gleichwertig und einander paarweise entgegengesetzt Mit ihnen ist notwendig yer- bunden das Auftreten Ton acht dreizähligen Symmetrieaxen, welche durch die Mitten der durch die ersteren bestimmten Octanten gehen, und Ton denen die rings um eine Spiegelaxe liegenden abwechselnd paarweise gleichwertig sind.

Ist ein Centrum der Symmetrie vorhanden, so bedingen eine Symmetrieebene und eine senkrecht zu ihr stehende geradzahlige Symmetrieaxe sich gegenseitig.

Wir wollen nunmehr die 82 Erystallgruppen zusammenstellen und durch je ein System voneinander unabhängiger Symmetrie- elemente charakterisieren. Dies kann nach dem soeben Gesagten auf sehr yerschiedene Weise geschehen; ftlr die Zwecke der An- wendung in der theoretischen Physik ist es am rationellsten, solche Symmetrieelemente zu bevorzugen, welche zu einem rechtwinkeligen Koordinatensystem, das wir alsHauptaxensystem mit demErystall- polySder verbinden, in direkter Beziehung stehen. Von diesem Axensystem soll jederzeit die Z-Axe mit der ausgezeichneten Sym- metrie- oder Spiegelaxe zusammenfaUen, wenn die Krystallgruppe eine solche besitzt; von der X- und T-Axe soll, wenn die Symmetrie nicht gestattet, beide in Symmetrieaxen zu legen, die X-Axe jeder- zeit bevorzugt werden. Der Buchstabe C bezeichne das Vorhanden- sein eines Symmetriecentrums,- Sa das einer Symmetrieebene normal zur Richtung a; J^ weise auf eine m- zählige Symmetrieaxe in der

Richtung ft, ST auf eine n-zählige Spiegeldrehungsaxe parallel c hin. Drei Axen, welche cyklisch vertauschbar sind, seien durch die Zeichen «%« verbunden.

Bezüglich der Anordnung und Bezeichnung der Krystallgruppen schließe ich mich an die Vorschläge von Schönelies ^^ an.

Die Erystallgruppen werden in sieben Systeme verteilt; in jedem System kehren mehr oder weniger vollständig dieselben Unter- abteilungen wieder.

Die holoedrische Gruppe enthält die Gesamtheit der in dem System vorkommenden Formelemente. Die übrigen Gruppen werden als hemiödrische und als tetartoedrische bezeichnet, je nachdem sie im Maximum die Hälfte oder ein Viertel der Maximal- zahl von Flächen der holoedrischen Gruppe aufweisen können. Bei den meisten Sjystallsystemen sind mehrere HemiSdrien und Tetar-

9*

132 /. Teil. Mechanik starrer Körper. III. Kap.

toedrien möglich, welche dann durch besondere Bezeichnungen charak- terisiert werden müssen.

Im monoklinen und rhombischen System werden diejenigen Halbäächner, welche beide Seiten der ausgezeichneten Axe gleich- wertig belassen, kurz als hemi^drisch, diejenigen, welche dieselben ungleichwertig werden lassen, spezieller als hemimorph-hemiedrisch oder kurz als hemimorph bezeichnet

Das rhomboedrische, das tetragonale oder quadratische und das hexagonale System zeigen in ihren Unterabteilungen die größte Analogie.

Bleiben aUe Symmetrieaxen erhalten, aber verschwinden das Centrum der Symmetrie und die Symmetrieebenen, so entstehen, je nachdem die eine oder die andere Hälfte der ursprünglichen Flächen beibehalten wird, zwei Halbflächner, die sich gegenseitig nicht zur Deckung bringen lassen; man nennt sie enantiomorph und be- zeichnet mit demselben Namen die Hemiedrie der Gruppe.

Fallen mit dem Symmetriecentrum die zur ausgezeichneten Z'Axe normalen zweizähligen Symmetrieaxen weg, so werden da- durch die beiden Seiten der Hauptaxe ungleichwertig und die Hemi- edrie nach dem Vorstehenden hemimorph.

Verschwinden endlich die Nebenaxen und die durch die Hauptaxe gehenden Symmetrieebenen, während die Hauptaxe ihre Natur behält und das Symmetriecentrum bestehen bleibt, so sind die beiden Seiten der Hauptaxe spiegelbildlich gleich und die Hemiedrie heißt paramorph.

Das tetragonale und das hexagonale System gestatten je noch eine vierte Hemiedrie, bei der die Hauptaxe ihre Natur ändert ; sie wird nach dem Charakter der Hauptaxe bezeichnet

Viertelflächner erhält man einmal, indem man als einziges Sym- metrieelement die Hauptsymmetrieaxe mit dem durch die Holoedrie gegebenen Charakter beibehält; sie sind als die normalen durch kein Beiwort charakterisiert.

Im tetragonalen und hexagonalen System ist außerdem noch eine Tetartoedrie mit geändertem Charakter der Hauptaxe möglich, welche durch diesen definiert ist

Im regulären System sind drei Hemiedrien möglich, welche trotz der abweichenden Symmetrieverhältnisse des Systemes den eben besprochenen so analog sind, daß sie durch dieselben Bei- worte bezeichnet werden können. Die einzige Tetartoedrie ist eine mit verändertem Charakter der Hauptaxen.

Nach diesen Vorbemerkungen wird die folgende Zusammen- stellung verständlich sein.

§ 17, Kryatallographische Gruppen, 133

Triklines System.

1. Holoödrie C

2. Hemiedrie

Monoklines System.

3. Holoedrie C^ « oder CE^

4. Hemiedrie E^

5. Hemimorphie A*

Bhombisches System.

6. Holoedrie CA^^AJ oder CA^^E^

7. Hemiedrie A} A^

M X

8. Hemimorphie ^»^^x

Bhomboedrisches System. 9. Holoedrie OA^^AJ oder CA^E^

Z X t X

10. Enantiomorphe Hemiedrie A^ A}

11. Hemimorphe Hemiedrie ^><

12. Paramorphe Hemiedrie C A^

13. Tetartoedrie A^

Tetragonales System.

14. Holoedrie C A^^ A^ oder CA^E^

Z X t X

15. Enantiomorphe Hemiedrie ^% ^^x

16. Hemimorphe Hemiedrie ^z^x

17. Paramorphe Hemiedrie C A^

18. Tetartoedrie A^

19. Hemiedrie mit Spiegeldrehungsaxe ^^ ^x

20. Tetartoedrie mit Spiegeldrehimgsaxe 8^

Hexagonales System.

21. Holoedrie 0 A^ A^ oder CA^E^

m X S X

22. Enantiomorphe Hemiödrie ^z ^x

23. Hemimorphe Hemiedrie -^Z-®»

24. Paramorphe Hemiedrie G A^

25. Tetartoedrie . A^

26. Hemiedrie mit dreizähliger Symmetrieaxe A^E^A^

27. Tetartoedrie mit dreizähliger Symmetrieaxe A^ E^

Reguläres System.

28. Holoedrie OA^AJ^

X ff

29. Enantiomorphe Hemiedrie ^^ "^^

30. Hemimorphe Hemiedrie 8^8^

31. Paramorphe Hemiedrie CA^ »^ A^ »^ A^

32. Tetartoedrie A^ -* ^ * - A^ .

134 L Tbü, Mechanik starret Körper, IIL Kap.

Die Anwendung dieser Tabelle zum Zwecke der Spezialisierung allgemeiner physikalischer Gesetze für die B^rystalle irgend einer Gruppe geschieht so, daß man den Erystall nacheinander auf gleichwertige Koordinatensysteme bezieht und ftir jedes das allgemeine Gesetz bildet Da für gleichwertige Koordinatensysteme der Zusammenhang zwischen Abhängigen und Unabhängigen sich durch dieselben Glei- chungen mit denselben Konstanten ausdrücken muß, so giebt die Kombination der verschiedenen Formeln eine Reihe von Beziehungen zwischen den Konstanten, welche das ursprüngliche Gesetz speziali- sieren, eventuell vereinfachen. E^ mag dabei daran erinnert werden, daß die Existenz eines Symmetriecentrums die Äquivalenz von Ko- ordinatensystemen mit entgegengesetzten Axenrichtungen ausspricht^ die Existenz einer Symmetrieebene aber die Äquivalenz von zwei Systemen, von denen nur die normal zur Symmetrieebene stehende Koordinatenaxe die entgegengesetzte Richtung besitzt, die anderen beiden aber gleiche.

Die vorstehende Tabelle enthält die im allgemeinsten Falle zur Geltung kommenden Symmetrieeigenschaften der 32 Krystallgruppen. Es giebt aber viele Fälle, wo die Verhältnisse sich vereinfachen und die Anzahl physikalisch verschiedener Gruppen sich reduziert, weil nach dem physikalischen Gesetz, um dessen Spezialisierung es sich handelt, der behandelte Vorgang selbst eine Symmetrieeigenschaft besitzt

Der häufigste Fall ist der, daß jener Vorgang ein Symmetrie- centrum hat Dies findet zum Beispiel immer dann statt, wenn die Unabhängigen und die Abhängigen die Komponenten je einer Vektorgröße, z. B. einer Kraft oder einer Geschwindigkeit nach den Koordinatenaxen, und die Beziehungen zwischen ihnen homogen linear sind; denn in diesem Falle ändert die Vertauschung der Koordi- natenaxen mit den entgegengesetzten die Formeln durchaus nicht

In allen diesen Fällen ist also die Symmetrie des physikalischen Vorganges um das Element C höher, als diejenige der Krystallform; es resultiert hier die folgende Tabelle.

Triklines System. Gruppe 1 und 2 C.

Monoklines System. Gruppe 3, 4, 5 CÄ^K

Rhombisches System. Gruppe 6, 7, 8 C'^ >^A

§ 17. Konaiantensysieme der Krystaüpkysik. 135

Ehomboedrisches System.

Gruppe 9, 10, 11 <?^.'^.*-

Gruppe 12, 13 CÄ^\

Tetragonales System.

Gruppe 14, 15, 16, 19 C^^/^,*-

Gruppe 17, 18, 20 CÄ^\

Hexagonales System.

Gruppe 21, 22, 23, 26 C'J/^^».

Gruppe 24, 25, 27 CÄ^\

Reguläres System.

Gruppe 28, 29, 30 ^^.H*-

Gruppe 31, 32 CA^'^A^'^A^.

Die 32 Gruppen ordnen sich also in Bezug auf physikalische Vorgänge, welche ein Centrum der Symmetrie besitzen, in 11 Klassen; aber auch von diesen fallen in speziellen Fällen noch mehrere zusammen.

Ein zweiter spezieller Fall ist der, daß der Vorgang die Un- gleichwertigkeit entgegengesetzter Richtungen Yerlangt, also mit einem Symmetriecentrum unvereinbar ist Dies tritt z.B. ein, wenn ein System von Vektorkomponenten durch homogene Funktionen zweiten Grades von einem anderen System Vektorkomponenten ge- geben ist Denn hier kehrt bei der Vertauschung eines Koordinaten- systems mit den entgegengesetzten die eine Seite dieser Beziehungen ihr Vorzeichen um, aber die andere nicht

Eine solche Eigenschaft hat zur Folge, daß bei allen Krystall- gruppen, welche ein Symmetriecenixum b^Len, nämüch bei

den Gruppen 1, 3, 6, 9, 12, 14, 17, 21, 24, 28, 31, sowie bei isotropen Medien Vorgänge der genannten Art unmöglich sind, also die Konstanten, welche ihre Größe messen, verschwinden müssen.

Wir wollen nun einige der wichtigsteii in der theoretischen Physik vorkommenden allgemeinen Beziehungen zusammenstellen und flir die 32 krystallographischen Gruppen spezialisieren.

Es empfiehlt sich dabei, dieselben auf die spezielle Form zu bringen, daß eine physikalische Größe F^ welche den Charakter eines Skalares besitzt und die demgemäß vom Koordinatensystem unabhängig ist, einer Funktion von Vektorkomponenten oder ihnen verwandten Argumenten gleich gesetzt wird. Eine solche Größe muß dann, auf verschiedene physikalisch gleichwertige Koordinaten-

136 /. Teil, Mechanik starrer Körper. IIL Kap,

Systeme bezogen, die gleiche Form mit gleichen numerischen Werten der Eonstanten erhalten.

Mitunter werden die physikalischen Gesetze durch die Theorie direkt in der oben erörterten Form geliefert; das im vorigen Ab- schnitt abgeleitete elastische Potential bietet hierfür ein Beispiel und die Funktion F hat hier unmittelbar eine physikalische Be- deutung. Wo man die gewünschte Form erst künstlich hersteUen muß, fehlt dagegen der Funktion F häufig eine solche. Sie wird dann z. B. nur durch die Werte ihrer Differentialquotienten nach gewissen auxiliären Argumenten definiert, wie das unten an einem Beispiele gezeigt werden soll.

Wir betrachten zunächst Funktionen F von Vektorkompo- nenten und bemerken dazu im voraus, daß die DifferentialquotienteD von F nach diesen Argumenten wieder Vektorkomponenten sind.

L Es sei F eine lineare Funktion der Vektorkomponenten X, r, Z, etwa 151) F^a^X+a^r+a^Z,

so ist mit dieser Form ein Centrum der Synmietrie unvereinbar. Die Differentialquotienten werden

1K1'\ dF[ _ dF _ dF _

101 ) dX " ^1' äT " ^3' dZ ~ ^3*

Wir erhalten demgemäß die folgende Zusammenstellung.

Schema I.

Triklines System. Gruppe 1 a^ = flj = flj = 0.

Gruppe 2 01,0^, Og.

Monoklines System. Gruppe 3 a^ = a, = Oj = 0.

Gruppe 4 Qj, a^, 0

Gruppe 5 0, 0, a,.

Rhombisches System. Gruppe 6, 7 a^ = a, = a, = 0.

Gruppe 8 0, 0, Oj.

Rhomboedrisches System. Gruppe 9, 10, 12 a^z= a^^a^zz^ ©•

Gruppe 11, 13 0, 0, a,.

Tetragonales System. Gruppe 14, 15, 17, 19, 20 01=03 = 03 = 0. Gruppe 16, 18 0, 0, O3.

§ 17. KonsUnüensysteme der KrystdUpkysik, 137

Hexagonales System. Gruppe 21, 22, 24, 26, 27 0^ = 0^ = 03 = 0. Gruppe 23, 25 0, 0, a^.

Beguläres System und isotrope Körper. Gruppe 28 bis 32 0^ = 03 = 03 = 0.

n. Es sei F eine büineare Funktion der sechs Vektorkomponen- ten X, Yj Z und Vy V, W und zwar gesetzt

F^ ?/(Oii Jf + 0,3 Y+ 0,3^+ r{a3iX+ti33 r+ 0,3^

+ ^(«31^+032^+033^.

I

152)

Die durch einen solchen Ansatz gegebenen Vorgänge besitzen ein Centrum der Symmetrie, es tritt sonach hier die vereinfachte Einteilung der Gruppen von S. 134 in Kraft. Die Differentialquo- tienten von F nach U, F^ W liefern die Gleichungen

M = ^-^ = Oll X -I- Qu r 4- 0,3 Z,

dF V V //

r = g^ = 0,1 X + O33 r + 0,3 Z,

BF *

1520

worin «, ü, w Abkürzungen sind, welche Vektorkomponenten bezeich- nen, falls gleiches von Uj F^ W gilt und F eine skalare Funktion ist

Das Vorstehende zeigt, daß, wenn der Ansatz (162') die direkt gegebene Beziehung zwischen den Vektorkomponenten u, v, to und X, Y, Z ist, durch (162) eine Funktion F geliefert wird, an welche man bequemer, als an (152'), die Symmetriebetrachtungen anknüpfen kann.

Das Besultat der Spezialisierung giebt die folgende Tabelle. ^^

Schema 11.

Triklines System. Gruppe 1, 2 o^i, 0^, a^^\ Oj^, o,,, O33; 031, O33, O33.

Monoklines System. Gruppe 3, 4, 6 Ou, a^, 0; a.i, o,,, 0; 0, 0, 033.

Rhombisches System. Gruppe 6, 7,. 8 a^, 0, 0; 0, a,,, 0; 0, 0, 033.

EhomboSdrisches System. Gruppe 9, 10, 11 Ou, 0, 0; 0, a,i, 0; 0, O,^,,. Gruppe 12, 13 On, a^, 0; - o„, Oi^, 0; 0, 0,. Q33.

138 L Teil Meekanik starrer Körper. IIL Kap.

TetragonaJes System. Gruppe 14, 16, 16, 19 0^, 0, 0; 0, 0^, 0; 0, 0, O33. Gruppe 17, 18, 20 0^1, o^,, 0; - Oi,, o^, 0; 0, 0, 0,3,

Hexagonales System. Gruppe 21, 22, 23, 26 a^, 0, 0; 0, o^, 0; 0, 0, 033. Gruppe 24, 26, 27 q^^, Qj,, 0; - Oi,, a^i, 0; 0, 0, 033.

Reguläres System und isotrope Körper. Gruppe 28, 29, 30, 31, 32 o^, 0, 0; 0, o^, 0; 0, 0, n^y

Die Anzahl der verschiedenen Klassen reduziert sich hier also auf sechs.

Ein wichtiger spezieller FaU ist der, daß X= [7, 7= T, ^= F ist; dann treten die a^k immer nur in den Kombinationen o^k + ^a auf, woraus folgt, daß man ihnen ohne Beschränkung der Allgemein- heit die Bedingung a^k = dkh auferlegen kann. Dann nimmt das Schema II für die sechs unabhängigen Konstanten die folgende ver- einfachte Form an.

Schema 11'.

Triklines System.

^11 > *^22' ^88' ^28» ^81' ^12'

Monoklines System.

«UJ Ö33, O33; 0, 0, Qij.

Rhombisches System.

^11» öjj, a,,; 0, 0, 0.

Rhomboedrisches, tetragonales, hexagonales System.

^\\y «11» ^88 5 0> 0> 0. Reguläres System und isotrope Körper. ^11» ^\v h\^ 0, 0, 0. Ein weiterer Spezialfall ist der, daß die sechs Variabein nur in den Verbindungen TW-^ZV, ZU-^XW, J T- 7 £/^ vorkommen; dann erscheint a^^, Q33, 033 gar nicht, und die übrigen nur in den Gliedern O33— Ö33, Og^ 0^3, 0^3 a,,. Hier kann man ohne Beschränkung

«28 *= - «82 = «1% «81 = - «18 = «2'» «12 = - «21 = «8'

setzen und erhält für letztere Größen die folgende Zusammenstellung.

Schema H". Triklines System. Monoklines System. Rhombisches System. «/, fl2'i «s'- 0, 0, Q3' a/ = 0,' = 03' = 0.

§ 17, Konstantensysteme der KrystaÜphysik. 139

BhomboSdrisches System. Gruppe 9, 10, 11 a,' = a,' « Oj' « 0.

Gruppe 12, 13 0, 0, Oj'.

Tetragonales System. Grappe 14, 15, 16, 19 o/ = a^' = Og' = 0. Gruppe 17, 18, 20 0, 0, o,'.

Hexagonales System. Gruppe 21, 22, 23, 26 a^' = o/ = Og' = 0. Gruppe 24, 26, 27 0, 0, a^\

Reguläres System und isotrope Körper, a/ = a; « 03' = 0. -

In verschiedenen Gebieten der Physik spielen gewisse Funktio- nen eine Bolle, welche zwar nicht selbst Vektorkomponenten sind, sich ihnen aber insofern verwandt erweisdb, als sie sich ebenso, wie Potenzen und Produkte von solchen, auf wechselnde Koordinaten- systeme transformieren. Wir wollen solche jetzt auch in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen und mit

Z, M, iV, P, e, E

im folgenden Funktionen bezeichnen, die sich orthogonal transfor- mieren, wie X», P, ^, rzy2, Ziy2, XZ}^; U, T, W mögen die frühere Bedeutung behalten.

m. Es sei F eine bilineare Funktion der neun Argumente Z, My Nj P, Q, -B, U, r, W^ und zwar von der speziellen Form

P= U{\^L + b„ Jlf + bi3iV + 6,,P+ b„ q + \^E)

+ 7 (b,i i -f. b„ Jf + b,3 J\^+ b,^P+ b,, q + \^B)

+ W{\^L + \^M+ h^N+ b3,P+ b,5 q + \^IC).

Die Differentialquotienten von F nach U^ Fy W sind wieder Vektorkomponenten, die nach L^ M . » . B haben denselben Charakter wie die letzteren Größen. Es gilt

|f=b,,i/+b,,r+b3,r 153")

153)

Diese Annahme giebt ein zweites Beispiel ftir den oben schon er- wähnten Fall, daß das physikalische Gesetz mit der Existenz eines Symmetriecentrums am Krystall unvereinbar ist.

140

L Teil Mechanik starrer Körper, UL Kap,

Die Anwendung des S, 134 entwickelten Verfahrens führt hier auf die folgenden Systeme von Konstanten.®*)

Schema III. Triklines System.

Gruppe 1

alle &»fc =

= 0.

Gruppe 2

^1 ^11

»18 6.8 "88

^84 ^8

*8« 6,6

Monoklines System.

Gruppe 3

alle b»k =

= 0.

Gruppe 4

^11 ^s

0 0

6l8 «»88

0

0 0 0 0

^84 Ki

6,8

6«, 0

Gruppe 5

0 0 0 0

^81 ^8»

0 0

^88

^24 6,5

0 0

0 0

^88

Bhombisches System.

Gruppe 6

alle hi =

= 0.

Gruppe 7

0 0 0 0

0 0

6i4 0

0 ^85

0 0

0 0

0

0 0

*8e

Gruppe 8

0 0 0 0

0 0

0 \s

K 0

0 0

^81 ^8

»88

0 0

0

BhomboSdrisches Syste

m.

Gruppe 9

alle b»» =

= 0.

Gruppe 10

0 0 0 0

0 0 0

6i4 0

0-6i4- 0 0

0

.6„y2

0

Gruppe 11

0 0

- '>88 ^88 ^81 '»81

0 0

^88

0 K-

6i. 0 0 0

0 0

Gruppe 12

alle bftfc =

= 0.

Gruppe 13

6., 6.,

0 0 b..

6i4 \i

^16-6,4-

0 0

-b„y2

-6„y2

0

§ 17. Konstantensytteme der Krystaüphyaik.

141

Gruppe 14

Tetragonales System, alle hkt = 0.

Gruppe 15

0 0 0

0 0 0

0 0 0

^4

0 0

0 0 .

0 0 0

Gruppe 16

0 0

0 0

6,1

0 0

*88

0 0

61,

0 0

0 0 0

Gruppe 17

aUe

5»* =

= 0.

Gruppe 18

0 0

0 0

081

0 0

6,«

fl5

0

-t>14

0

0 0 0

Gruppe 19

0 0 0

0 0 0

0 0 0

0 0

0' 0

0 0

6,«

Gruppe 20

0 0

081

0 0

0 0 0

f>14

0

6l8

0

0 0

Gruppe 21

Hexagonalea System, alle bkh = 0.

Gruppe 22

0 0 0

0 0 0

0 0 0

0 0

0 0

0 0 0

Gruppe 23

0 0

0 0

hl

0 0

^88

0

0

0 0

0 0 0

Gruppe 24

alle bj» =

.0.

Gruppe 25

0 0

^81

0 0

081

0 0

^88

6u 0

6i«

-6u 0

0 0 0

Gruppe 26

^1 0

0

-in 0

0

0 0 0

0 0 0

0

0 - 0

0 0

142 I. IM. Mechanik starrer Körper. IIL Kap.

Gruppe 27

-

hl -bat 0

-b„ 0 0 0-b„y2

b„ 0 0 0-b„}^ 0 0 0 0 0

Eegniäres System.

Gruppe 28, 29, Gruppe 30, 32

31

alle bfci = 0.

0 0 0 bi4 0 0 0 0 0 0 bi4 0 0 0 0 0 0 bi4

Isotrope Körper. Alle bfc» = 0.

154)

IV. Es sei neben L, Af, N, P, Q, B das System Variabler

A, B, C, D, E, G gegeben, das sieb orthogonal transformiert, wie

V*, F*, w*, rwß, wu-ß, ur\2

und es sei die bilineare Funktion F gegeben durch

i?= J(c„Z + Ci, Jf + c„iV+ C14P+ c„Q + Ci.i?) + J(c,i Z + c„ilf+ c„iV+ c,^P+ c„e + c„i2) + C (c„ L + c,3 il/ + c„iV+ c,^ P + c,j <? + c,e 1?) + i>(c„ i + c«>/+ c^iV+ c^P+ c„ Q + c^Ä) + -S(c„i + c„^+ c„7V^+ Cg4P + c„ e + c,,iZ) + e(c„Z + c„^ + c„iV+ Ce,P+ c„ Q + c,gi?).

Die Differentialquotienten von F nach ^, B,... oder nach Z, M, . . . haben den Charakter dieser Größen. Es gilt

154') TT = "^i ''' + '" "^ + "^i» ^+ fu -P + «1« <2 + «18 -K»

154") ^ = '^n^ + ^i^ + <:sif^+ + ^ + c„ G.

Die durch diesen Ansatz gegebenen Vorgänge sind wiedemm centrisch symmetrisch; die Spezialisierung ist also unter Benutzung der Tabelle auf S. 134 auszuführen. Die Resultate enthält das nach- stehende Schema. **)

§ 17, KansiantwuystBme der KrystaUphystk.

143

Schema lY.

Triklines System.

Gruppe 1 und 2

^11 hl

^2 ^8 ^2

^82 ^42

^62 '62

^28 ^88 ^48 ^68

'es

Cl4 ^24 ^84 C44 C54 ^64

^1« '26 '86 '48 ^65

'86

^16 '26

'se

^46 ^66

^66

Gruppe 3 bis 5

Monoklines System.

«11

«1»

«18

0

0

«16

fjl

«38

0

0

«86

«81

«88

ü

0

«86

0

0

0

«44

«4«

0

0

0

0

C.^

c„

0

'61

"62

^68

0 0

66

Bhombisches System.

Gruppe 6 bis 8

Gruppe 9 bis 11

Gruppe 12, 13

«11

«18

«18

0

0

0

«81

«88

«88

0

0

0

«81

«88

«88

0

0

0

0

0

0

«44

0

0

0

0

0

0

«68

0

0

0

0

0

0

«66

mbc

»Sdriflc

shes

System

«11

«18

«18

«14

0

0

«18

«11

«18

-«14

0

0

«81

«81

«88

0

0

0

«41-

-«41

0

«44

0

0

0

0

0

0

«44

«4iy2

0

0

0

0 1

fl4y2(«ll-«18)

«11

«18

«18

«14-

■«2«

0

«18

«11

«18

-«14

«88

0

«81

«81

«S8

0

0

0

«41

-«41

0

«44

«46

«68y2

«58

«68

0

-«45

«44

_ «4,^2

0

0

0

C,.V2

c.Vs

!(c,,— c„1

144

/. TeiL Mechanik starrer Körper, III, Kap,

Gruppe 14, 15, 16, 19

Gruppe 17, 18, 20

Gruppe 21 bis 27

Gruppe 28 bis 32

TetragonaJes System.

tu

«12

«18

0

0

0

«H

«11

«13

0

0

0

Csi

«81

«38

0

0

0

0

0

0

«44

0

0

0

0

0

0

«44

0

0

0

0

0

0

«66

«11

«12

«18

0

0

«18

«1»

«11

«18

0

0-

«16

«31

«81

«SS

0

0

0

0

0

0

«44

0

0

i

0

0

0

0

«44

0

«61-

-«61

0

0

0

«66

Hexagonales Syst

em.

«11

«12

«13

0

0

0

«12

«11

«18

0

0

0

«81

«81

«33

0

0

0

0

0

0

«44

0

0

0

0

0

0

«44

0

0

0

0

0

0 (c

11 —«12)

Beguläres

1 System.

«11

«12

«12

0

0

0

«12

«11

«12

0

0

0

«12

«12

«11

0

0

0

0

0

0

«44

0

0

0

0

0

0

«44

0

0

0

0

0

0

«44

Isotrope

Körper.

c

«1

«1

0

0

0

«1

c

«1

0

0

0

«1

«1

c

0

0

0

0

0

0

«2

0

0

0

0

0

0

«2

0

0

0

0

0

0

c

worin c Cj = c^ gesetzt ist.

Von dem Ansatz (154) sind zwei spezielle Formen von be- sonderem Interesse, die den Seite 138 betrachteten von (152) durch- aus entsprechen. Ist

§ 18. Siromläufe als eykHsche Systeme, 145

^«Z, jB = Jf, C^N, 1)^P, E^Qy O^B,

so kommen die Eonstanten tkk und Ckh i^^^ ^ der Kombination (Cftk + Cfcfc) vor; man kann also ohne Beschränkung der Allgemeinheit Cfck = Cjkfc setzen, woraus für die wenigen speziellen Fälle, wo die vor- stehenden Systeme c^k = c^h ergeben, Cä* = CjkÄ = 0 folgt Der Vergleich mit dem Schema (149) zeigt, daß das elastische Potential die Form (154), die elastischen Drucke die Form (154') mit der angegebenen Vereinfachung besitzen und demgemäß zu behandeln sind. Man kann übrigens die Spezialisierung statt an ihnen, auch an den S, 125 definierten Summen 6?** ausführen: doch geben hierzu die obigen Schemas nicht die Mittel.®^

Die zweite spezielle Form des Ansatzes tritt dann ein, wenn F die Produkte ^ X , JBM, CN, DP, EQ, GR gar nicht, die übrigen nur in Differenzen von der Art AM— BL, Ä N -^ C L , . , . enthält. Dann treten die Eonstanten nur in den Kombinationen Cä* Ck^ auf, und man darf, außer 0/^^ = 0, auch Cä* = c^ä setzen. Wo die vorstehenden Eonstantensysteme die Beziehung c^k = Ck^ zeigen, folgt hieraus c^k = ^kh == 0.

Bei der Einfachheit der Verhältnisse und dem großen Umfang von Schema IV mag die Aufstellung der diesen beiden speziellen Formen von F entsprechenden Schemata unterbleiben.

§ 18. Cyklisohe Systeme, welche starre Körper enthalten. MaxwelIi's Theorie der Elektrodynamik.

Am Ende des zweiten Eapitels ist der Betrachtung ein Massen- system unterworfen worden, dessen allgemeine LAGBANGE'sche Eoordi- naten p in zwei Gruppen zerfallen: langsam veränderliche oder Positionskoordinaten /?«> deren Geschwindigkeiten als unend- lich klein erster Ordnimg betrachtet wurden, und schnell veränder- liche oder cyklische Eoordinaten pi,, die aber in der Lagrange'- schen Funktion A=W 0 nicht auftreten sollten.

Unter der Annahme, daß beide Arten von Beschleunigungen unendlich klein wären, erhielt man dann aus den allgemeinen For- mehi (103) die speziellen (109) und (109') für die Eräfte und P^, welche die beiden Arten von Eoordinaten zu vergrößern streben:

Finden zwischen den Massen des Cykels keine Wechselwirkungen statt, sind also etwa auftretende innere Eräfte ausschließlich kineti- schen Ursprunges, so wird A mit der lebendigen Eraft W identisch,

Voigt, TlieoretfBche Physik. 10

146 /. TeiL Mechanik starrer Körper. JJL Kap,

die sich nach den gemachten Annahmen gemäß der Formel (109") als eine homogene Funktion zweiten Grades der cyklischen Ge- schwindigkeiten qb darstellt, deren Koeffizienten allein von den Po- sitionskoordinaten pa abhängen.

Enthält das Cykel nach seinem äußeren Verhalten, d. h. nach seinen Positionskoordinaten pa beurteilt, nur starre Körper, so kommen für die Kräfte, die sie ausüben und erfahren, die in diesem Kapitel ent- wickelten allgemeinen Grundsätze zur Anwendung, und daher mag ein Beispiel dieser Art von hervorragendem physikalischen Interesse hier eingefügt werden.

Die MAXWELL'sche Theorie ®^ der Elektrodynamik beruht darauf, daß man die wahrnehmbaren Vorgänge dieser Art zurückführt auf das Bestehen cyklischer Bewegungen, welche das Wesen der so- genannten galvanischen Ströme ausmachen sollen. Diese Be- wegungen, über deren speziellere Eigenschaften nach dem S. 90 Ge- sagten Annahmen nicht gemacht zu werden brauchen, müssen sich, um die scheinbaren Femwirkungen zwischen Stromleitern hervor- zubringen, nicht nur in diesen selbst abspielen wo man die Ströme in der alten Theorie ausschließlich verlaufend annahm sondern auch in dem zwischen ihnen ausgebreiteten nichtleitenden Medium.

Betrachtet man nur Uneäre geschlossene Stromleiter, so ist deren elektrodynamisches Verhalten, abgesehen von ihrer geometrischen Konfiguration, die sich in den Koordinaten pa ausdrückt, je nur von einer elektrischen Variabein abhängig, die man die Stärke 4 des in einem jeden cirkulierenden Stromes nennt und durch seine Fem- wirkungen, z. B. elektromagnetischer Art mißt. Man wird daher flir jeden linearen Stromlauf auch nur eine cyklische Geschwindigkeit y^ als charakteristisch betrachten und kann dieselbe hypothetisch direkt mit der Stromstärke proportional setzen. Identifiziert man gar direkt qi, mit 4, so verfügt man dadurch nur über die Einheiten, in denen man die Kräfte Pj, welche die cyklischen Geschwindigkeiten qi zu vergrößern streben, und die man im allgemeinen Sinne die elektro- motorischen nennt, messen wiU.

Ist nur ein linearer Stromlauf* upid außerdem kein elektrodyna- misch wirksames System, z. B. auch kein konstanter Magnet oder kein Stück weiches Eisen vorhanden, so stellt derselbe nach der Be- zeichnung von S. 87 ein Monocykel dar;- die lebendige Kraft V nimmt für ihn die einfachste Form

155') W=-\i^A

an, worin A nur die Positionskoordinaten pa des Cykels enthält.

§ 18. Siromläufe als cyklisehe Systems, 147

Als wirksame äußere Kräfte P^ sind hier einerseits die von der gahanischen Kette ausgeübte autreibende, elektromotorische Kraft im engeren Sinne S, andererseits die verzögernde Kraft R des Leitungswiderstandes einzusetzen, so daß die zweite Formel (155) geschrieben werden kann

Ihren Inhalt können wir dahin aussprechen, daß die elektromoto- rische Kraft ü zwei Gegenkräfte zu überwinden hat, eine von der Zeit abhängige, die verschwindet, wenn alle Teile des Leiters ihre relative Lage beibehalten und die Stromstärke i konstant ist, und eine zweite, in diesem Fall allein übrige, deren Natur aus experimental festgestellten Thatsachen zu erschließen ist. Hierzu eignet sich das OHM'sche Gesetz, wonach die Stromstärke unter den letztgenannten Umständen der elektromotorischen Kraft der Kette direkt propor- tional ist, während deren Faktor nur von den Dimensionen und der Substanz des Leiters abhängt. Es ist sonach R =s iW zu setzen, wo JF den Namen des Widerstandes des linearen Leiters führt; die Formel (155") verwandelt sich dadurch bei Berücksichtigung von (155') in

E^^ + iW. 155'")

dt '

Bringt man hierin das erste Glied rechts auf die linke Seite^ so stellt sich

^^^E' 155"")

als eine zu E hinzukommende elektromotorische Kraft dar, welche von der zeitUchen Änderung der Konfiguration und Intensität des Stromlaufes abhängt und als induziert bezeichnet wird.

Wir erweitern nun die Betrachtung auf ein von zwei cyklischen Koordinaten abhängiges System, oder ein Dicykel, welches nach dem Gesagten als das Bild eines aus zwei linearen Stromläufen s^ und *2 bestehenden Systemes zu betrachten ist®®); von weiteren elektro- dynamisch wirkenden Systemen sei auch jetzt abgesehen. Hier sind zwei Stromstärken ij, i,, zwei Widerstände äTj, ^ und zwei elektro- motorische Kräfte E^^ E^ zu unterscheiden, und W ist eine quadratische Form von \ und ij. Bezeichnet wieder p eine der Positionskoordi- naten des Systems und P die äußere Kraft, welche ihre Vergröße- rung bewirkt, so folgt allgemein

10*

148 /. Teii, Mechanik starrer Korper. IIL Kap.

oder, wenn man spezieller einführt auch

156') P= _ ^(»^«^ + 2i,«,^' + ^«^).

P reduziert sich auf das erste oder letzte Glied, wenn man ent- weder in dem zweiten oder dem ersten Stromlauf die Stromstärke verschwinden läßt Da aher nur der Strom die Ursache der statt- findenden Kräfte P ist, so kann die Position des stromlosen Kreises, d. h., können die Werte seiner Positionskoordinaten in diesem Falle auf P keinen Einfluß haben; hieraus folgt, daß A^^ nur Koordinaten p enthält, welche dem ersten, J^^^ nur solche, welche dem zweiten Stromlauf entsprechen; A^^ kann dagegen von beiden Gattungen abhängen.

Hieraus folgt in Übereinstimmung mit (155""), daß

^^^ ' dT ^^^' Tt ^12' ^"^"^ Sr" ^"' Tt ^"

die in s^ und s^ durch Selbst- und Wechselinduktion hervor- gerufenen elektromotorischen Kräfte darstellen.

Bisher ist die Betrachtung noch ganz allgemein, also auf beliebig deformierbare Stromläufe anwendbar.

Wir denken uns nun aber spezieller beide Stromläufe starr, z. B. durch aufgewickelte Drahtspulen gegeben; dann ist die Lage eines jeden durch sechs Positionskoordinaten bestimmt, die aber jetzt weder in A^^^ noch in A^^ auftreten können. Denn nach dem EInergieprinzip kann ein starrer Körper durch bloße innere Wir- kungen keine Komponenten oder Momente erfahren; solche würden aber vorausgesetzt werden, wenn, nachdem t^ = 0, resp. i^^O gesetzt, der erste, resp. zweite Stromlauf also faktisch beseitigt ist, bei den gemachten Annahmen ein P von Null verschieden wäre. Demgemäß ist dA^^ jdp =^ dA^^I dp ^ 0 zu setzen und die Gleichung (156') für starre Stromläufe einfacher zu schreiben

156") P= -

1 1

12 dp

Diese Formel zeigt, daß die Richtung der Kraft P sich umkehrt, wenn man eine der Stromrichtungen umkehrt, also eines der i\ mit 4 vertauscht; man darf dies dahin deuten, daß auch die Wirkung jedes beliebigen Stückes des geschlossenen Stromlaufes mit der Richtung des in ihm fließenden Stromes sein Zeichen wechselt

§ 18. Stromläufe ah eykUaeke Systeme, 149

Versteht man speziell unter 1^^ t;^ f^ die Schwerpunktskoordinaten der beiden Stromläufe, unter Xhj (J''hj ^h ihre Drehungswinkel um die Eoordinatenaxen, so ergiebt sich für die Komponenten und Momente der äußeren Kräfte, welche nötig sind, um die qa unendlich klein, d. h. die Stromläufe im Gleichgewicht zu erhalten:

A=-h^äÄ,' ^"^-hhj^^ N,^-hhQ

. 156'")

V

h

Ihnen entgegengesetzt gleich sind daher die Komponenten und Momente, welche die beiden Stromläufe aufeinander ausüben;

-4j2 kann also als der Wert des Potentiales 11^^ ihrer Wechsel- wirkung für i^ =* lg = 1 aufgefaßt werden.

Nachdem so die Bedeutung von Ä^^ entwickelt ist, gewinnt man die von A^^ und A^^ durch die Betrachtung der beiden Formeln (156). Sie erscheinen dort nämlich als die Werte, welche A^^ annimmt, wenn der zweite Stromlauf mit dem ersten oder der erste mit dem zweiten identisch ist und mit ihm zur Deckung gebracht wird. A^^ und

-ij2 sind also die Potentiale /Z^j und 11^^ der Stromläufe «jund s^ auf sich selbst. Hieraus folgt, daß, wenn die Abhängigkeit des Po- tentiales n^^ von Gestalt und Lage der beiden Stromläufe gewonnen ist, dann die Werte von 77^^ und 11^^ ohne weiteres aus jenem folgen.

Um nun 11^^ zu bestimmen, betrachten wir die Wechselwirkung zwischen zwei ebenen Stromläufen, die vom Strom 1 durchflössen werden und unendlich klein gegen ihre Entfernung sind. Diese Wirkung muß dem Produkt der umlaufenen Flächen proportional sein, denn man kann jene in gleich große und gleichwertige Flächen- elemente zerlegen und statt allein die ganze Fläche ein jedes Ele- ment im gleichen Sinne von dem Strom Eins umlaufen denken, ohne nach der zu (156") gemachten Bemerkung die Wirkung zu beein- trächtigen. Das Potential der Wechselwirkung muß sich also in. der Form

schreiben lassen, wo y nur von der relativen Lage von df^ gegen

rf^, d. h. von der Entfernung r und den drei Winkeln zwischen

den Richtungen von r und den Normalen ti^, n^ auf s^^ s^ abhängt.

Hieraus folgt für das Potential der Wechselwirkung zwischen

einem beliebigen endlichen Stromlauf *i und dem unendlich kleinen «2

der Ausdruck

n,, = df,fcf„,^df„ 157')

150 L Teil Mechanik starrer Körper, IIL Kap.

worin das Integral über alle Elemente einer durch den Stromlauf begrenzten, aber sonst völlig beliebigen Fläche zu erstrecken ist Da der Wert des Integrales von der Gestalt der willkürlich ein- geführten Oberfläche unabhängig ist, so darf man auch statt eines Flächenelementes rf/J von geeigneter dreieckiger Form die drei Flächen normal zu den Koordinatenaxen setzen, welche mit df^ zu- sammen ein Elementartetraeder begrenzen. Es muß also auch sein

157") y«>m =" qP«!«. cos (nj, x) + qpy.n, cos {n^,y) + y,,«. cos (14, z),

worin die Funktionen qpxin,? ^y^ntj ^x^n^ das bezeichnen, was aus y>nint wird, wenn man n^ resp. in die X-, J-, Z-Axe legt, und außer von der Entfernung r nur noch von der Lage von n^ gegen r abhängen können. Durch Wiederholung dieser Operation in Bezug auf die zweite stromumfiossene Fläche gelangt man dazu, das Potential der Wechsel- wirkung zwischen zwei unendlich kleinen, ebenen, je von der Strom- stärke Eins durchlaufenen geschlossenen linearen Leitern bei Reduktion auf die Flächeneinheiten zu schreiben

157'")

+ [9zxC0s(w2,a:) + »'.yC0s(w2,y) + (p,,cos{n^,2)]cos{n^yZ),

worin die rechts stehenden Funktionen (p sämtlich nur noch von der Entfernung r abhängen können.

Nun ist aber die gegenseitige Lage der beiden Normalen //^ und «2 und der Verbindungslinie r vollständig bestimmbar durch die drei Wi^el {ti^, n^), (Wj, r) und (n^, r), wobei r immer in dem Sinne von (1) nach (2) hin gerechnet werden mag, imd es ist

cos(ni, Wg) = cos(7ij, ar)cos(w2>^)+ co8(7ij,y)cos(w2,y) -|- cos(nj, z)cos{n^, r), cos (Wj , r) = cos (r, x) cos{n^, x) + cos (r, y) cos (n^, y) + cos (r, z) cos (n^, z) , cos (Wj , r) = cos (r, x) cos (w^, x) + cos (r, y) cos (w^, y) + cos (r, z) cos (w,, z) .

Die Funktion y„^„, in (157'") kann daher, da sie linear in den cos{n^,x\ cos (71^, y), cos(Wj,z) und den cos(w2,x), cos(w2,y), cos(w2, z) ist, nur die Form haben

1 58) y ^ ^ = 'U; cos (Wj, Wg) + / cos (wj, r) cos {n^, r) ,

worin 1/; und/ Funktionen von r allein sind; ein Resultat, das noch ganz ohne Benutzung spezieller empirischer Gesetze gefunden ist.

Es scheint aber, daß man ohne Zuhilfenahme einer experimen- tellen Thatsache die Funktionen 1/; und / nicht bestimmen kann.

§ 18. Stromläufe als eyklüehe Systeme. 151

Die einfachste zu diesem Ziele führende Erfahrungsthatsache dürfte die sein, daß, wenn man zwei zunächst in einer Ebene liegende unend- lich kleine Stromläufe «i und 4 betrachtet und dann si um seinen Mittelpunkt so dreht, daß seine Normale mit der Verbindungslinie r zusammenfällt, in dieser Lage die Komponente seiner Wirkung auf siy normal zur Ebene genommen, ebenso groß ist, wie zuTor die in der Verbindungslinie liegende war. Dies kommt darauf hinaus, daß, wenn sl im Eoordinatenanfang und n^ in der Z-Axe, 82 aber auf der X-Axe liegt, bei ungeändertem r der Wert von -I^^, wenn n^ parallel Y liegt, ebenso groß ist, wie der von Y^^y wenn n^ paral- lel X liegt Wir wollen diese Eraftkomponenten aus (158) be- rechnen.

Legt man r, ri^ , n^ in die X Z-Ebene, setzt L.ryX^yy L.n^yX^u^ L^n^yX ^ a^y so ist

y»i»4 = ^ cos («1 ^a^j^x cos (6fi - y) cos (a, - y), also nach leichter Rechnung allgemein

^12 = - %^ =• -^^ cos y - f sin K + «, - 2y) sin y,

^1» = -"Tif = -if- «° y + 7 sin («, + a, - 2y) cos y.

Nun ist in beiden Formeln y « 0 zu setzen, in der ersten c^j r= c^g as« ^ , in der zweiten c^j = 0, a^^ ^ -, dann resultiert

und dies ergiebt nach dem eben Gesagten, wegen (X^i^^ (Y^i)iij

sogleich '

X^^rd^ffldr 158')

und, indem man dies in (158) einsetzt,

9«,m = '^f cos {n^y n^ + r -^ cos (n^, r) cos (w,, r) . 158")

Berücksichtigt man, daß

/ \ d^r ^ dr dr ira\

cos(7i,,n,) = r^— . H ^ 5 , 159)

-cos(ni,r) = ^, +cos(w„r)«^ 159')

ist, so findet sich

ÖV /^ , dw\ dr dr d* R 1 ea"\

152 /. Teil, Meekanik starrer Körper. IIL Kap.

wenn ^ryj^ dRjdr gesetzt wird, worin R eine Funktion von r allein bezeichnet

Für die Wirkung eines endlichen Stromlaufes s^ auf einen un- endlich kleinen 4 erhält man hiemach das Potential:

1 60) U, = df,j^ df, = df, ^/|| df, .

Dies Integral soll nun allein von der Gestalt der EandkurTe, nicht von der Form der hindurchgelegten Hilfsfläche abhängen. Dies wollen wir zur Bestimmung von R benutzen, indem wir durch Be- trachtung eines speziellen Falles einen Wert von R ableiten und uns danach überzeugen, daß derselbe ganz allgemein der gestellten For- derung genügt

Unterwirft man der Berechnung einen Ereisstrom, auf dessen Axe df^ liegt, und wählt als Oberfläche /J eine Kugelfläche von be- liebigem Badius, so kann man leicht erhalten:

160') fl^rf/; = 2^ p<'^'-' + '--?- t'""^"'^ ^rfr ;

' J Ol»! '* J Ti* - V dr '

hierin ist e die Entfernung des Kreisstromes s^ von der durch s^ gelegten Ebene, r^ die von einem Randpunkte von s^, r^ die von dem Axenpunkt der Oberfläche. SoU das Integral von dem Radius der Kugeloberfläche unabhängig sein, so kann es auch von r^ nicht abhängen, welche Größe von den unter dem Integral stehenden allein mit jenem Radius variiert.

Durch teilweise Integration kann man für R oder besser für {rR)r:sro leicht eine Differentialgleichung bilden; da dieselbe sich von erstem Grade und erster Ordnung findet, so ist eine jede Lösung mit einer Konstante die vollständige.

Die Formel (160') macht wahrscheinlich, daß R eine rationale Funktion von r ist; nimmt man probeweise den einfachsten Ansatz

so findet sich w = 1 , also

100") Ä = Ä/r.

In der That giebt die Einführung dieses Wertes

/

^^df^ = - 2^Ä(1 -cosi9-).

dfii

wenn & den Winkel zwischen r^ und r^ bezeichnet, also eine von r^ und daher dem Radius der Kugelfläche unabhängige Größe.

§ 18. Stromläufe als eykliaehe Systeme, 153

Man erkennt nun auch leicht, daß die Funktion R^ kjr diese Eigenschaft, die Verwandlung des Oberäächenintegrales in ein Rand- integral zu gestatten, für jede Gestalt der Oberfläche besitzt. Denn das Integral

i^'^/i

bat die Bedeutung der Öfihung des von df^ nach der Begrenzungs- kurve von f^ konstruierten Kegels, und zwar positiv oder negativ genommen, je nachdem die Normale n innerhalb des Kegels dem Element df^ abgewandt oder zugewandt ist

Hiemach ist der definitive Wert des Potentiales zwischen zwei endlichen Stromläufen mit der Stromstärke Eins

n,,^-Ä,,^kjdf,jdf,^. 161)

Derselbe läßt sich natürlich auch in ein Doppelintegral über beide Bandkurven s^ imd s^ verwandeln; das Resultat dieser Umformung, welche im nächsten Kapitel ausführlicher besprochen werden wird, ist

^. = - = - kjds,jd*, ^(^ , 161')

falls «j und s^ in positivem Sinne um n^ und n^ gerechnet werden. Dabei bleibt naturgemäß eine zum Argument des Integrales additiv hinzutretende Funktion, die bei Integration über einen der Kreise identisch verschwindet, willkürlich.

Die Konstante k bestimmt sich, wenn die Einheit festgesetzt ist, in welcher die Stromstärken gerechnet werden, und ihre Festsetzung dient umgekehrt dazu, um bestimmte Stromeinheiten zu definieren.

Setzt man A = 1, so ist dadurch die sogenannte elektrodyna- mische Stromeinheit festgestellt.

Nach dem auf S. 149 Gesagten unterscheidet sich nun iZj^ und /Zgj von i7j2 nur dadurch, daß in dem Ausdruck für iZj^ *, mit *j, resp. «j mit s^ zur Deckung gebracht wird. Infolgedessen gilt

J J »• I 161")

n.. = - X. =. - Aj'rf.Jrf^^^^^JiiL^

'22 "" -"22

und es ist nunmehr das Formelsystem (156) in allen seinen Teilen vollkommen bestimmt

Die vorstehenden Resultate, welche mit den auf Seite 52 ab- geleiteten sachlich durchaus übereinstimmen, sind unter spezieller Voraussetzung starrer linearer Stromläufe abgeleitet und haben zu-

154 /. Teil. Meehamk starrer Körper. IIL Kap,

nächst nur für solche Gültigkeit; sie lassen sich aber auf Grund der Bemerkung Yon S. 149, daß jeder lineare Strom durch ein System von Elementarströmen ersetzbar ist, welche die Elemente einer beliebigen durch den Stromlauf begrenzten Fläche umlaufen, sogleich auf beliebig deformierbare übertragen. Denn nach dieser Auffassung kann man jede Deformation durch einen Transport von Elementen dieser Fläche ohne Deformation derselben bewirken. Die Formeln (156) geben hiemach auch die bei Gestalt- und Größenänderungen beider Leiter vorkommenden ponderomotorischen und elektromotorischen Kräfte an.

Femer kann man im Anschluß an die Formeln (156) leicht den Fall erledigen, daß außer den Stromläufen andere elektrodyna- misch wirkende Systeme von unveränderlicher Stärke vorhanden sind, d. h. konstante Magnete.

In dem einfachsten Fall, daß außer. ihnen nur ein linearer Strom gegeben ist, nimmt die lebendige Kraft den Wert

162) ^^=^\i^A + + Ä"

an, worin Ä linear, Ä' quadratisch homogen in den cyklischen Ge- schwindigkeiten der unveränderlichen Systeme ist

Sind diese Geschwindigkeiten gleich Null, so bleibt von V nur das erste Glied; in diesem Falle kann man, ohne die Wirkung zu ändern, das konstante System verrücken, woraus folgt, daß Ä die Positionskoordinaten /?' desselben nicht enthält. Ä ist also ebenso, wie in (155"), das Potential des Stromlaufes auf sich selbst

Femer kann Ä' die Positionskoordinaten p des Stromlaufes nicht enthalten, weil sonst auch bei verschwindender Stromstärke eine ponderomotorische Kraft auf den Leiter ausgeübt werden würde, was den Grundannahmen widerspricht

Wir erhalten sonach bei Benutzung der Bezeichnungen aus (156) einfach

162') i>=_(m + f^), E^^^{iÄ + Ä'),

und dies läßt erkennen, daß die von den p und ;>' abhängende Funktion —Ä als das Potential der Wechselwiricung zwischen dem unveränderlichen System und dem vom Strome Eins durchfiossenen Leiter aufgefaßt werden kann, welches in den Formeln für P und E dieselbe Stelle einnimmt, wie das Potential der Wechselwirkung zwischen den beiden Stromläufen in (156) und (156').

Die Ausdehnung der vorstehenden Behandlimgsweise auf andere als lineare Leiter läßt sich gleichfalls durchführen®^; wir kommen auf diese Erweiterung der Theorie an geeigneter Stelle zurück.

IV. Kapitel

Die Potentialfonktionen.

§ 19. Die HEiT^TON'sohe Potentialfanktion von stetigen Massen- verteilungen.

Das Potential 0 der nach dem NEWTON'schen Gesetz statt- findenden Wechselwirkung zwischen zwei Massenpunkten m und m^ ist nach Formel (53')

^.. km nii

r

WO r die Entfernung zwischen m. und m^ bezeichnet, und Dimension und Zahl wert der Eonstante k auf S. 47 festgestellt ist

Das auf die Masse Eins des einen, als angezogen betrachteten Massenpunktes m angewandte Potential

<P r-

nennt man die Potentialfunktion des Massenpunktes m^^^] ihr hierdurch definierter Wert bildet den Ausgangspunkt der folgenden Entwickelungen. Da indessen das NEwroN'sche Gesetz mit anderer Bedeutung sowohl der Massen tr^, als der Eonstanten k, in anderen Gebieten der Physik, als der Mechanik Anwendung findet, so wollen wir den dem Sinn nach allgemeineren Ausdruck

in welchem f eine beliebige Eonstante, und m^ nicht nur eine ponderable Masse, sondern irgend eine die Größe der Wirkung des Punktes charakterisierende Quantität bezeichnet, weiterhin benutzen. Um zu den Gravitationswirkungen zurückzukehren, haben wir dann bloß /"= A zu setzen und m^ mit einer ponderabeln Masse zu identifizieren, um zu elektrischen oder magnetischen Wirkungen zu gelangen, ist nach S. 48 /*= + A' zu wählen und »i^ mit einer elektrischen oder magnetischen Quantität zu vertauschen.

156 L Teil, Mechanik starrer Körper, IV, Kap,

^Ä?

Die Potentialfunktion eines Systemes diskreter Massen- punkte m^ folgt aus obiger Definition in der Form

163) Vf^T^

h

WO Vj^ die Entfernung des Einheitspoles von wi^ bezeichnet.

Wir betrachten weiterhin die Koordinaten x,^, y^, z^ der wir- kenden Punkte 171^ als unveränderlich gegeben, die Potentialfunktion also als nur von den Koordinaten x, y, z a-bhängig, welche den Ort der angezogenen Masseneinheit bestimmen. Als Funktion von x, y, z besitzt nun die Potentialfunktion eines Punktsystemes offenbar fol- gende Eigenschaften.

q> ist eindeutig und stetig, d. h. regulär, im ganzen Raum, giebt in dem Punkt m^ den Grenzwert

163') hm{r,(p)=fm,

und erfüllt, falls alle Massenpunkte im Endlichen liegen, im unend- lichen die Gleichungen

163") liin(r„9,)=/-^«,„ lim (v|f ) = - /"-S

worin Tq die Entfernung vom Koordinatenanfang bezeichnet; letzteres können wir kürzer dahin ausdrücken, daß die Funktion (p in m^^ unendlich groß erster, im Unendlichen unendlich klein erster und zugleich ihre Derivierten unendlich klein zweiter Ordnung werden. Endlich befolgt (p überall die Beziehung®^)

Diese Summe der drei zweiten Differentialquotienten nach den Koordinaten werden wir weiterhin kurz durch

A(p, oder, wo es der Deutlichkeit wegen wünschenswert erscheint, durch

A,y,y oder A,?» bezeichnen; während das Aggregat

in dem i// eine Funktion von x und y allein bedeutet, in

Aajyt/; oder l^^ip abgekürzt werden soll.

§ 19, Die Potantialfunkttan stetiger MassenverteUtmgen. 157

Sind wirksame Punkte in unendlich großer Zahl längs einer stetig gekrümmten Kurve s^ verteilt, die ganz im Endlichen liegen mag, so daß auf dem Linienelement ds^ die Masse dm^ ausgebreitet ist, so heißt dm^j ds^^ r^, vorausgesetzt, daß der Grenzwert von der Größe von ds^ unabhängig ist, die Dichte der Kurvenbelegung oder die lineare Dichte an der Stelle arj, y^, Zj, und nimmt die Potentialfunktion (168) die Form an

in der wir r^ als eine stetige Funktion von s^ ansehen wollen.

Diese Funktion verhält sich in endlicher Entfernung von der Kurve und im Unendlichen, analog wie die Potentialfunktion (163), regulär, erfüllt auch die Bedingungen (163") und (163"'), wird aber bei Annäherung an die Kurve derart unendlich, daß die Formeln gelten

worin n die senkrechte Entfernung von der Kurve und r die lineare Dichte im Fußpunkt von n bezeichnet*^).

Dies kann man beweisen, indem man die belegte Kurve zer- legt in ein dem genäherten Punkte unendlich nahes Sttick, welches als eine mit homogener Dichte r belegte Gerade betrachtet werden kann, und den Rest, der zu dem ünendlichwerden der Potential- funktion nur einen Beitrag von niedrigerer Ordnung liefern kann.

Die Potentialfunktion y' einer homogenen Geraden von der Länge 2L und der linearen Dichte t auf einen Punkt im normalen Ab- stand n von ihrer Mitte bestimmt sich durch eine einfache Rechnung zu

164"')

daher wird

B(p' 2ftL

Wird n unendlich klein gegen X, so wird

und dasselbe gilt nach dem Obigen für die Potentialfunktion cp einer beliebigen stetig gekrümmten Kurve mit stetig wechselnder Dichte. Erfüllen die wirkenden Massenpunkte in unendlich großer Zahl eine stetig gekrümmte Oberflächeoj, welche wiederum ganz im End- lichen liegen mag, und befindet sich auf dem Flächenelement do^

158 L Teil. Mechanik starrer Körper, IIL Kap,

die Masse dm^j bo heißt dm^fdo^^ a^, vorausgesetzt, daß sein Wert von der Gestalt und Größe von do^ unabhängig ist, die Flächen- dichte der Belegung an der Stelle x^, y^, Zj von Oj, und lautet die Potentialfunktion dieser Massenverteilung

165) ^^ff^,

worin wir or^ als auf o^ stetig annehmen.

Diese Funktion verhält sich in endlicher, wie in unendlich großer Entfernung von der Fläche o^ regulär und erfüllt daselbst die Glei- chungen (163") und (163'"); sie ist in der Oberfläche endlich und geht stetig durch sie hindurch; aber ihre Ableitungen nach den Nor- malen Wj und iig auf den beiden Seiten von o^ erfüllen die Gleichungen

•"O") (0), - (01 --■""••' (i+i>).

worin o" die Dichte und Ä' und Ä" die Hauptkrümmungsradien der Oberfläche an der Stelle n = 0 bezeichnen; letztere sind positiv ge- rechnet, wenn sie in die Normale n^ fallen*'). Der horizontale Strich über einem Ausdruck bedeutet hier und später, daß sein Wert in der Oberfläche genommen ist

IJie Endlichkeit von tp in der Oberfläche erkennt man ohne Kechnung, wenn man Polarkoordinaten vom Einheitspol aus einführt

Die übrigen Sätze beweist man, indem man um die Stelle n = 0 eine unendlich kleine Kugel konstruiert und durch dieselbe ein Bereich ß aus der Oberfläche ausschneidet, auf dem <t^ als konstant gleich ir angesehen werden kann, und dieses der Betrachtung unterwirft; der Teil von o außerhalb ß kann keine Unstetigkeit verursachen, darf also außer Betracht bleiben. Zerlegt man ß durch ein System von durch die Normale n gelegten Ebenen in unendlich schmale Sektoren und faßt dieselben paarweise zusammen, so ist ersichtlich, daß ein zwischen denselben Ebenen gelegenes Sektorenpaar zu den Werten von

den gleichen Anteil geben muß, wie der zwischen denselben Ebenen liegende Doppelsektor einer mit der konstanten Dichte tr belegten Eugelfläche vom Eadius i2, falls R den mittleren Krümmungsradius der beiden Kurven darstellt, in welchen die Oberfläche o innerhalb ß von den beiden unendlich nahen Ebenen geschnitten wird.

Nun ist aber, wie eine einfache Rechnung ergiebt, die Potential- funktion qp' einer homogenen Kugelfläche vom Radius B, der Dichte c

§ 19. Die PotenHalfunkHon stetiger Massenverteilungen. 159

und der Gesamtmasse M für einen äußeren Punkt, falls e den Ab- stand desselben vom Kugelcentrum bezeichnet,

fUr einen inneren Punkt

9>i = 4 «/-Ä «r = /-^ ; 166)

also wird fiir einen Doppelsektor, welcher von zwei, im Winkel dx durch die Bichtung von e gelegte Ebenen begrenzt ist,

rfy;=iZ^^, d<p\^AfRadx.

e

Für Punkte unendlich nahe der Kugelfiäche erhält man

dtf)\^ AfRadx, dtp\^ AfRadx^

ö (d (p'^ d (d (p'^

de^ "" "^ B ' de« "* '

wobei das Differentialzeichen d nur zum Unterschied von dem dx entsprechenden d gesetzt ist.

Nun sind nach dem Vorstehenden flir unendlich nahe Punkte die Unterschiede der Werte von <p und seiner Differentialquotienten auf beiden Seiten der Oberfläche identisch mit denjenigen der Funktionen

fdip'a und fd(p\,

die Integrale über alle Doppelsektoren ausgedehnt. Benutzt man bei der Berechnung, daß

fdx = n,. f^^^{± + l.;j

ist, und ftthrt wieder die Normalen n^ und n^ auf beiden Seiten der Oberfläche nach Außen gerichtet ein, so erhält man

Vi ^ ^2 = Ö ?

wo -B' und J?" in dem oben festgesetzten Sinne positiv zu rechnen sind. Dies sind aber die zu beweisenden Formeln.

Erfüllen endlich die wirksamen Punkte einen ganz im Endlichen

160 Z TW/. Mechanik starrer Körper. IV. Kap,

liegenden Baum k^ und bezeichnet, wie früher dm^jd^^^s p^, die stetig gedachte Dichte der räumlichen Verteilung an der Stelle x^,^iyZ^, so nimmt die Potentialfunktion den Wert

167) y=//-

r

an. Diese Funktion verhält sich mit ihren ersten Deri vierten im ganzen Räume regulär und erfüllt im unendlichen die Glei- chungen (163"), im ganzen äußeren Raum die Gleichung (163'"); ihre zweiten Differentialquotienten springen beim Durchgang durch die Grenze, falls q die dort vorhandene Dichte, und n die in be- liebigem Sinn gerechnete Normale bezeichnet, gemäß den Formeln

167')

Hiermit steht im Zusammenhang, daß in dem von Masse er- füllten Raum die Beziehung gilt

167") Jy,.= -4;r/'p,

wo Q die Dichte an der Stelle j:, y, z bezeichnet**).

Daß (p im ganzen Innern des Körpers endlich ist, ergiebt sich wiederum ohne Rechnung durch Einführung von Polarkoordinaten.

Zum Beweise der übrigen Sätze schneiden wir durch eine un- endlich kleine Eugelfläche um irgend einen Punkt der Oberfläche von k^ ein nahezu halbkugeliges Bereich ß von konstanter Dichte q aus dem Körper aus, welches den Einheitspol enthält, und schließen wie oben, daß der äußere Teil von Aj zu etwaigen Sprüngen, die (p und seine Derivierten beim Durchgang durch die Grenze erleiden, keinen Anteil geben kann.

ß zerfallen wir durch Meridianebenen, durch die Normale auf der Oberfläche als Polaxe gelegt, in Doppelsektoren von der Winkel- öffnung dx, deren jeden wir als das Stück eines analogen Doppel- sektors aus einer VoU- oder Hohlkugel von bestimmtem Radius an- sehen können. Jeder Doppelsektor von ß giebt also zu den Unstetig- keiten von cp den gleichen Anteil, wie ein Doppelsektor gleicher Winkelöffittung aus einer gewissen homogenen Voll- oder Hohlkugel.

Nun kann man aber leicht berechnen, daß die Potentialfunktion (p^ einer Hohlkugel von den Radien B^ und iZ,-, der Dichte q und

19, Die PotentialfunkHon stetiger Massenverteilungen.

161

der Gesamtmasse M auf einen Punkt im Abstand e yom Centrum, je nachdem derselbe sich im Außenraum, innerhalb der Masse oder im Hohlraum befindet, gegeben ist durch

Ti--s?W--»fl-/'T'

,i_l;A(3^.._.._£^),

Für eine Vollkugel ist i?j = 0, Ra^ R zu setzen, woraus folgt

168)

-/■^,

- Ve

168')

Diese Werte zeigen, daß qp' und seine erste Derivierte nach der Nonnalen stetig durch die sämtlichen Grenzen gehen, gleiches gilt somit auch von dem allgemeinen qp. Femer springt der zweite Dififerentialquotient nach der Normalen beim Austritt aus der Masse um —iTifQ, also einen von dem Badius imabhängigen Betrag; gleiches gilt sonach auch von q), so daß wir zunächst die Resultate haben

dn,

ön.

168")

Hieraus lassen sich aber leicht die Formeln (167') gewinnen. Aus den drei ersten von ihnen folgt weiter

A qc,- A = ^^fQj also wegen A ^a = 0 ,

A qp,= —^nfQ.

Nun zerlege man den Körper durch eine stetig gekrümmte Fläche in zwei Teile; im ersteren hege der Punkt x, y, z, und zwar unendlich nahe an der Trennungsfläche. Ebenso zerlege man y in (p^ und y^, die von den beiden Teilen herrühren. Dann ist nach der letzten Formel

A ^1 = - 4;r/'(>,

wo Q die Dichte an der inneren Stelle ar, y, z bezeichnet; zugleich gilt daselbst

A % = 0,

Voigt, TheoretiBche Phjeik. 1 \

162 /. Teil. Mechanik starrer Körper, IV, Kap,

also folgt, als für alle inneren Punkte gültig,

Im vorstehenden sind überall stetige Dichtigkeiten r, or, q voraus- gesetzt, aber es ist leicht zu erkennen, welche der erhaltenen Re- sultate auch bei unstetigen gültig bleiben. Von praktischem Interesse ist nur der Fall, daß die räumliche Dichte g längs einer Fläche unstetig ist, wo wir dann nach S. 93 diese Fläche passend als zu der Begrenzung des Körpers gehörig betrachten. Auch in ihr bleibt <p mit seinen ersten Differentialquotienten endlich und stetig, während die zweiten springen, imd zwar in der durch die Formeln (167') gegebenen Weise, falls man in ihnen an die Stelle von q die Differenz der Dichten zu beiden Seiten der Unstetigkeitsfläche setzt

§ 20. Die NBWTON'sche Potentialfimktion von neutralen FoLBystemen. Molekulare Theorie der dielektrlBchen und magnetischen Influens,

der Fyro- und Fiezoelektricitat.

Bei den Anwendungen der Potentialfunktion auf die Lehre von der Elektricität und dem Magnetismus wird man, wie schon auf S. 48 gesagt ist, veranlaßt^ Wechselwirkungen in Betracht zu ziehen, bei denen die wirkenden Massen 7nf^ bald positiv, bald negativ, also die Kräfte bald abstoßend, bald anziehend sind.

Die Sätze des vorigen Abschnittes sind für positive und nega- tive Massen durchaus gleichmäßig gültig, nur ist der angezogene Einheitspimkt immer positiv vorausgesetzt; soll er negativ sein, so ist f mit /* zu vertauschen.

Zu neuen Verhältnissen gelangt man, wenn man negative und positive Massen, je in gleichen Quantitäten einander unendlich nahe angeordnet, zu einem System vereinigt, welches als neutral be- zeichnet werden mag, und dessen Potentialfunktion bestimmt

Hier kommen zunächst die Systeme von diskreten Massen- punkten oder Polen in Betracht, die mit einiger Wahrscheinlichkeit als Analoga zu den Atomgruppen gelten können, welche die pon- derabeln Körper bilden.

Ist yj die Potentialfunktion irgend eines Massensystemes, so ist

169) »-»^ly.

WO / eine beliebige Sichtung und A eine auf derselben abgegrenzte unendlich kleine Strecke bezeichnet, die Potentialfunktion eines gewissen neutralen Systemes, das aus zwei dem obigen kongruenten

§ 20. Die Poienüalfunktion neutraler Punktsysteme, 163

eiDfachen Systemen besteht, von denen das eine/ mit den gleichen Massen behaftete, um Xj2 in der Richtung +/, das andere, mit den entgegengesetzten Massen behaftete, um Xj2 in der Rich- tung — / aus der ersten Position verschoben ist; die Formel gilt indessen nur solange, als X unendlich klein ist gegenüber der Ent- fernung des angezogenen Elinheitspoles von aUen Punkten des Systemes. So giebt

^^^fmX-^ 169')

die Potentialfunktion eines Punktepaares, welches durch das Mo- ment jKj = mX und die Richtung der Axe /, Ton m nach + m positiv gerechnet, charakterisiert ist;

dasjenige eines neutralen Doppelpaares, dessen Punkte ± wi in den Ecken des Parallelogrammes mit den Seiten A und X parallel / und V liegen und für welches /, l und ju, = mXX charakteristisch ist. Durch Wiederholung dieser Operation, die wir kurz Multi- plikation nach bestimmten Richtungen nennen woUen, gelangen wir zu immer höheren Potentialen**), deren allgemeinster Ausdruck die Funktion

ist, wenn v == a + ß + y . , .

a^ ß, y . . , mag der Grad der einzelnen Multiplikation, V der Gesamtgrad des Potentiales und auch des zugehörigen Punkt- systemes heißen. Ein Potential vom Grad v entspricht im allge- meinen einem neutralen Punktsystem von iV=2»' Polen; indessen können sich von diesen in bestimmten Fallen sehr viele zu mehr- fachen Punkten summieren oder wegen ihres entgegengesetzten Zeichens in ihrer Wirkung zerstören.

Es ist bemerkenswert, daß die absoluten Beträge der parallel a, 3, c . . . stattgefundenen Verschiebungen in dem Ausdruck (169'") für q)y gar nicht auftreten; daher kann man über sie ganz beliebig verf&gen. Dies zeigt, daß dieselbe Potentialfunküon <p einer unend- lichen Vielheit von Punktsystemen entspricht und unter Umständen ganz andere Symmetrieeigenschaften besitzen kann, als das zugehörige Punktsystem.

11*

164 /. Teil, Mechanik starrer Körper, IV. Kap.

Die Polsysteme, welche dem Potential (169'") entsprechen und somit durch successive Multiplikation aus einem Pol abgeleitet werden können, wollen wir einfache nennen; ihnen treten gegenüber die zusammengesetzten, welche durch Ineinanderstellen mehrerer einfacher erhalten werden. Ihre Potentialfunktionen werden durch Summen von Gliedern der Form (169'") dargestellt.

Ein Hauptvorzug der Potentialfunktionen einfacher neutraler Polsysteme gegenüber denjenigen zusammengesetzter ist, daß man ihre Symmetrieeigenschaften außerordentlich bequem beurteilen und demgemäß leicht spezielle Ausdrücke bilden kann, welche gewünschte Symmetrieelemente besitzen. Die letztere Aufgabe bietet sich, wenn es sich, wie zum Zweck der Erklärung gewisser elektrischer und mag- netischer Erscheinungen, darum handelt, Punktsysteme aufzufinden, die geeignet scheinen könnten, Moleküle von krystallisierten Sub- stanzen zu bilden, also ein Potential auszuüben, welches die Sym- metrie der betreflfenden Krystallform hat.

Das Gleiche, wie von der Symmetrie der Potentialfunktion, gilt auch von der Symmetrie der nach irgend einer Richtung ausgeübten Komponenten, sowie von dem Potential und den Komponenten der Wechselwirkung zwischen zwei derartigen Systemen.

Es kommen hierfür folgende äußerst leicht nachweisbare Sätze in Betracht®^

Die Symmetrie der Potentialfunktion (p^ ändert sich nicht, wenn man irgend welche von ihren Multiplikationsrichtungen mit den entgegengesetzten vertauscht

Der Wert der Potentialfunktion (py bleibt ungeändert, wenn man eine Multiplikationsrichtung von geradem Grade oder aber zwei von ungeradem Grade gleichzeitig umkehrt.

Die Potentialfunktion <py besitzt ein Centrum C der Symmetrie, wenn ihr Gesamtgrad v eine gerade Zahl ist

Sie besitzt eine Symmetrieebene E, wenn die Multiplikations- richtungen (auch ihrem Grade nach) zu dieser Ebene symmetrisch liegen oder mit Hilfe des ersten Satzes so gelegt werden können.

Sie hat eine w-zählige Symmetrieaxe A, wenn die Multiplikations- richtungen zu je n von gleichem Grade auf einem Kreiskegel um -/ in gleichem Winkelabstand angeordnet werden können.

Außerdem ist A spezieller eine zweizählige Symmetrieaxe auch dann, wenn die Summe der Grade aller normal zu A liegenden Multi- plikationsrichtungen eine gerade Zahl ist.

Beliebige Multiplikationen nach der Sichtung von Ä stören diese Symmetrie nicht, wie überhaupt verschiedene Multiplikationsgruppen,

§ 20. Die PotenHalfunktion neutraler Punktsysteme. 165

welche A je denselben Charakter erteilen, sich in ihrer Wirkung nicht beeinträchtigen.

Endlich besitzt die Potentialfunktion eine m- zählige Spiegel- drehungsaxe 8, wenn normal zm S m Multiplikationshchtungen von gleichem, aber ungeradem Grade liegen, von denen die benachbarten den Winkel n/m einschließen, während parallel S eine Multipli- kation von beliebigem ungeraden Grade stattfindet.

Multiplikationen, welche die Eichtung S zu einer 2 m -zähligen Symmetrieaxe machen, stören jene Symmetrie nicht.

Mit Hilfe dieser Sätze kann man leicht Potentialfunktionen tp^ bilden, welche die Symmetrie irgend einer der 32 Krystallgruppen besitzen, also auch die neutralen Polgruppen ableiten, welche jene Potentiale ausüben; hierbei wird man, um letztere von mögUchst übersichtlichem Bau und möglichst hoher Symmetrie zu erhalten, die Verschiebungen X für gleichwertige Multiplikationsrichtungen auch gleich groß wählen.

Für das Verständnis der insbesondere von krystaUinischen Nicht- leitern gezeigten elektrischen Erscheinungen kann man sich einen Krystall als ein regelmäßig angeordnetes System derartiger Polgruppen mit elektrischen Ladungen denken, deren einzelne Punkte sich unter der Gesamtheit der auf sie ausgeübten Kräfte im Gleichgewicht be- finden oder wenigstens, was für viele Wirkungen keinen unterschied macht, um eine Ruhelage osciUieren. Die Anordnung der Pole im Molekül, und damit die direkt beobachtbare elektrische Wirkung des ganzen Körpers auf äußere Punkte, wird sich ändern können in- folge der Einwirkung äußerer elektrischer Kräfte, infolge einer Tem- peraturänderung, die den Bewegungszustand beeinflußt, und infolge einer Deformation des KrystaUes, welche die Anordnung und Orien- tierung der einzelnen Moleküle verändert

Die Verfolgung dieser Vorstellung liefert eine molekulare Theo- rie der vorgenannten, an elektrischen Nichtleitern beobachtbaren Erscheinungen, welche man resp. dielektrische Polarisation, Pyro- und Piezoelektricität nennt; der ersteren entspricht bei magnetisier- baren Körpern der Vorgang der Influenzierung durch magnetische Kräfte.

Für diese Theorie ist zu erwägen, daß die Potentialfunktionen der durch successive Multiplikation aus einem Punkt erhaltenen Pol- systeme außerordentlich schnell mit der Entfernung abnehmen, so daß ihre Wirkungen bei einigermaßen großer Polzahl nahezu als molekulare im gewöhnlichen Sinn des Wortes, nämlich als in jeder merklichen Entfernung unmerklich, betrachtet werden können. Durch

166 /. Teil* Meehanik starrer Körper. IV, Kap,

die erwähnten Umgestaltungen können sie aber zu Femwirkungen von viel größerer Intensität gebracht werden.

Um dies zu erkennen, wollen wir die Potentialfimktion des Volumenelementes rfA^ eines aus Molekülen der betrachteten Art zu- sammengesetzten neutralen Körpers berechnen; dieselbe ist zunächst gegeben durch

m

h

170) ^'^f2-^,

^h

wo wift die Masse des einzelnen Atomes oder Poles bezeichnet. Ver- stehen wir unter ar^, y^, z^ einen beliebig innerhalb des Volumen- elementes gelegenen Punkt, unter r seine endliche Entfernung von dem Enheitspunkt an der Stelle x, y, z, unter ah, bk, c^ die rela- tiven Koordinaten von nih gegen ihn, so kann man schreiben

1700

8^ ö-i ö^

+ i Q—i -2" »ift flft* + ....

Hierin ist ^m^ nach der Annahme gleich Null; die drei Sum- men ^m^a^y ^m^bk, Sm^Ch kann man bei stetig mit dem Ort wechselnder Verteilung und bei einer Dichte, die innerhalb dk^ eine sehr große Anzahl von Polen Platz finden läßt, als mit dk^ propor- tional betrachten und daher setzen

170") -2'wia Ca = cfj rfÄj , Sm^ bh = ß^dk^, -5*m/^ c^ = ^j rf A^ .

Man versteht nun allgemein unter den Momenten ^, B, C eines neutralen Körpers nach den Koordinatenaxen die Aggregate 171) 2mt,Xh Ä, ^rriht/h B, SSmj,Zf,=^C,

summiert über alle in dem Körper enthaltenen Pole.

Die Ay JS, C transformieren sich wie Kraftkomponenten, sind auch,

wie sie, von der Lage des Koordinatenanfangspunktes unabhängig,

lassen sich also als Komponenten eines Vektors M betrachten, dessen

Größe durch

171-) JP=^Ä^ + B^ + C^,

dessen Richtung durch

171") cos {L,x) : cos {L^y) : {L,z) = Ä: B : C

gegeben ist®^

Der Vektor jlf heißt das Gesamtmoment des neutralen Kör- pers, seine Richtung L dessen Axe.

§ 20, Die Potentialfunktion neutraler Punktsysteme, 167

Diese Definitionen finden in gleicher Weise bei magnetisch, wie bei dielektrisch erregten Körpern Anwendung.

Das Moment D nach einer beliebigen Richtung ist nach den allgemeinen Eigenschi^en der Vektoren durch

J)^Mcos{D,Z) 171'")

gegeben; M stellt sich also als der absolut größte Wert dar, den D für irgend eine Richtung annehmen kann.

Berücksichtigt man dies, sowie, daß eine Verlegung des Koordi- natenanfangs die Momente nicht verändert, so erkennt man, daß in Gleichung (170") a^, /Sj, y^ die Momente der Volumeneinheit darstellen. Die Potentialfunktion qp' ist bei Beschränkung auf die niedrigsten Glieder eine lineare Funktion von ihnen und lautet nun- mehr für Punkte in endlicher Entfernung von dk^

wofür man bei Einfilhrung des Gesamtmomentes jttj der Volumen- einheit und der Richtung l^ der Axe auch schreiben kann

if'^fti,^dh,. 172-)

Vergleichen wir dies mit der Formel (169'), so erkennen wir, daß, wenn die a^, /Sj, y^ nicht verschwinden, das Volumenelement rfÄj sich wie ein einfaches Polpaar verhält Verschwinden sie aber, so muß man die Entwickelung von 1 /r^ nach Potenzen von «ä, &a> <?* weiter fiihren und erhält dann die Potentialfunktion (p dargestellt durch ein Aggregat höherer Potentiale der oben besprochenen Art mit speziellen Multiplikationsrichtungen.

Haben die Moleküle in irgend einem Zustande des Körpers, den wir den normalen nennen woUen, die Eigenschaften jener durch suc- sessive Multiplikation aus einem Punkt abgeleiteten Polsysteme, so ist, was die unmittelbare Anschauung lehrt, ihr Moment stets gleich NuU, sowie ihr Grad höher ist als zwei; das Gleiche gilt, da die Momente cfj , /9j , y^ des Volumenelementes in Bezug auf die Koordi- natenaxen nach ihrer Definition mit den Summen der bezüglichen Momente aller in demselben enthaltenen Moleküle identisch sind, auch für jene.

Nun erfordert aber auch die niedrigste Symmetrie einen Grad der molekularen Potentialfunktion, der mindestens gleich drei ist, höhere Symmetrie Grade, die selbst zwölf übersteigen; daraus folgte

168 /. TeiL Mechanik starrer Körper, IV, Kap.

daß, wenn das Volumenelement eines Körpers merkliche femwirkende Kräfte ausübt, seine Moleküle sich nicht in jenem normalen Zu- stande befinden können.

Man kann nun jeden elektrisierten Nichtleiter und jeden magnetisch erregten Körper, welcher klein ist gegen seine Entfernung von dem angezogenen Einheitspunkt, als ein Volumenelement betrachten, über- dies kann man die' Formel (172) sofort auf endliche Körper anwenden, indem man sie über deren Volumen integriert; es sind also Mittel vorhanden, um zu prüfen, ob ein Körper sich wie ein neutrales Pol- system mit von Null verschiedenen Momenten cc^, ß^, y^ verhält

Letzteres ist in der That der Fall, und es bietet sich daher die Aufgabe, das Gesetz, welches die erregten Momente aj, /S^, y^ mit den erregenden Ursachen verbindet, aufzusuchen.

Eine strenge Analyse würde von bestimmten Annahmen über die Konstitution der einzelnen Moleküle und über ihre Anordnung im Körper ausgehen müssen und dadurch sowohl prekär in den Grundlagen, als kompliziert im Aufbau werden. Aus diesem Grunde ist eine solche bisher noch nicht' versucht worden; man hat sich vielmehr mit einem Ansatz geholfen, der jene Schwierigkeiten umgeht, und hat die Momente cc^, ß^, y^ an irgend einer Stelle des betrachteten Körpers in erster Annäherung linearen Funktionen gleich gesetzt von denjenigen Argumenten, welche erfahrungsgemäß das Entstehen von Momenten bewirken: bei der dielektrischen oder magnetischen Influenz von den Komponenten der wirkenden elektrischen oder magnetischen Kräfte, bei der Pyroelektricität von der Temperatur- änderung gegen den normalen Zustand, bei der Piezoelektricität von den Parametern, welche die Deformation des Volumenelementes bestimmen.

Die Verfolgung dieses Weges ist indessen von der molekularen Vorstellung unabhängig und gehört demgemäß nicht an diese Stelle.

Von der allgemeinen Potentialfunktion g/' eines neutralen Volumenelementes können wir, wie schon oben erwähnt, zu der Potentialfunktion eines endlichen neutralen Körpers von analoger Konstitution übergehen, indem wir die Formel (172) über sein ganzes Volumen integrieren. Der resultierende Ausdruck ®®)

173)

^=^il"^^

in welchem cc^, ß^, y^ als im allgemeinen stetige Funktionen der Koordinaten anzusehen sind, gilt für endliche, imendlich dichte Pol-

§ 20, Die PotentialfunkHon endlicher neutraler Körper, 169

Systeme, gleichyiel, ob dieselben elektrische oder magnetische Ladung haben, und ist für die Theorie der sogenannten Dielektrika, wie der Magnete von fundamentaler Bedeutung; er giebt, da er auf Wechselwirkungen beruht, ebensowohl das Potential des Körpers auf den Pol, als dasjenige des Poles auf den Körper an.

(p ist im ganzen äußeren Baume endlich und stetig, erfüllt dort die Gleichung A y = 0 und wird, wenn das System ganz im Endlichen üegt, im Unendlichen derart unendlich klein, daB auch lim (r^ (p) verschwindet, also, nach unserem kurzen Ausdrucke, unend- lich klein zweiter Ordnung. Seine Differentialquotienten nach den Koordinaten x, y, z des Einheitspoles sind im äußeren Baume iden- tisch mit den negativen, auf jenen Pol ausgeübten Kraftkomponenten.

Ist der Körper homogen erregt, d. h., sind «j, ft, 7i in seinem Innern konstant, so kann man q) unter Einführung einer sehr kleinen Größe Aj auf die Form bringen

das Integral ist die NEWTON'sche Potentialfunktion des mit der Dichte ^/Aj erfüllten Volumens h^\ q> entspricht also nach (169) dem dar- aus durch einfache Multiplikation nach der Bichtung der Axe \ gebildeten neutralen System.

Für innere Punkte verliert (p zunächst vollständig seine Be- deutung, denn die Ausgangsformel (172") setzt ausdrücklich eine endliche Entfernung r^ voraus, da sonst die Entwickelung nicht mit dem niedrigsten Glied abgebrochen werden kann. Es ist demgemäß über den Sinn, den (p und seine Differentialquotienten im Innern des Systemes annehmen, eine besondere Untersuchung anzustellen nötig; bei derselben sehen wir aber, um nicht in jedem Volumenelemente unendlich viele verschiedene Werte von (p zu erhalten, von der Art, wie die Formel (173) abgeleitet ist, d. h. von der früheren Annahme diskreter Pole, gänzlich ab und halten uns nur an die analytische Definition, operieren dadurch gewissermaßen mit lauter Mittel- werten.

Daß ip auch im Innern des erregten neutralen Körpers endlich ist, erkennt man, wenn man Polarkoordinaten vom Einheitspol aus einführt Um zu untersuchen, ob die unendlich nahen Teile über- haupt einen endlichen Beitrag zu seinem Wert geben, schließt man den Punkt a:, y, z passend durch eine unendlich kleine Kugel mit dem ihm benachbarten Mittelpunkt a, i, c ein, innerhalb deren a^, /9j, y^ als konstant angesehen werden können. Indem man dann mit der

170 /. Teil. Mechanik starrer Körper, IV. Kap.

Gleichung (173') den Wert (168') der NEwroN'schen Potentialfunktion (jpj einer homogenen Kugel auf innere Punkte yerbindet und bildet

»'^-ö^^i + TrÄ + ^^ri,

erhält man leicht als Potentialfunktion der kleinen Kugel 1 73") cp = *ff{a, {z-a) + ß,{y-b) + y,{z- c)).

Dieser Wert wird mit unendlich kleinem Radius selbst unendlich klein, da (^ «), (y *), (^ c) notwendig kleiner, als dieser sind.

Hieraus folgt, daß die unendlich nahen Teile des Systemes keinen merklichen Anteil zu der Potentialfunktion ergeben, der Punkt also im Innern eines neutralen Körpers dasselbe Potential erfährt, wie in einem unendüch kleinen Hohkaum von beHebiger Ge- stalt In diesem Sinne ist also der obige Ausdruck für qp, wie auf äußere, auch auf innere, und selbstverständlich ebenso auch auf der Grenzfläche beliebig nahe Punkte anwendbar.

Die Potentialfimktion (173) gestattet eine wichtige Umformung durch teilweise Integration, welche jedenfalls zulässig ist, so lange der Einheitspol außerhalb des Systemes liegt Man erhält nämlich, falls man unter n^ die innere Normale auf dem Oberflächenelement rfo^ versteht und

(a^ cos (rtj, x) + /Sj cos {n^,y) + y^ cos (n^, ;?)) = a^ ,

setzt,

173'") (p=f C^^ + f C-^y^J^

wodurch sich (p als die Summe eines gewöhnlichen NEwroN'schen Flächen- imd eines Körperpotentiales darstellt; a^ ist die Flächen-, (>j die Raumdichte der äquivalenten Verteilung.

Bei homogener Erregung verschwindet das Raumintegral, und man erhält spezieller bei Einfährung des resultierenden Momentes /l^ und der Axe l^ desselben

co8(n,,/|)(/0|

>

V = fl^ij

eine Formel, deren Beziehung zu der früheren (173') leicht erkennbar ist Ist speziell die Gestalt des Systemes die eines Fadens von wechselnden, aber gegen die Länge unendlich kleinen Querdimensionen, und liegt die magnetische, resp. elektrische Axe überall der Faden- axe parallel, so kann man die Formel (173) schreiben

§ 20, Die Potentialfunktion endlicher neutraler Körper, 171

r al

anter g den Querschnitt des Fadens verstanden; hieraus folgt auch

worin das mit ' bezeichnete Glied sich auf das positive, das mit " sich auf das negative Fadenende bezieht

Ist fji^q^, d. h. das Moment der Längeneinheit, längs des Fadens konstant, so ist das Integral gleich NuU, und die Potentialfunktion (p reduziert sich auf die Anteile der beiden Endquerschnitte; schreibt man fi^q^^ = m^, so wird für das Solenoid, wie man derartige Fäden nennt,

worin r die Entfernung des Einheitspoles vom positiven, r" die vom negativen Pole des Solenoides bezeichnet.

Liegt der Einheitspol im Innern des neutralen Körpers, so läßt sich die Umformung (173'") gleichfalls als zulässig erweisen.

Denn schließen wir ein unendlich kleines Bereich um ihn herum aus, so wird nach dem Obigen dadurch (p nicht geändert, das Ober- flächenintegral in (173'") ist aber nunmehr auch über die Grenz- fläche dieses Bereiches zu erstrecken. Führt man aber Polarkoordi- naten von dem Einheitspol aus ein, so erkennt man leicht, daß mit abnehmendem Bereich und demgemäß abnehmender Grenz- fläche der darauf bezügliche Anteil des Oberflächenintegrales ver- schwindet. —

Während hiemach der Übertragung des Wertes (173) und (173'") der Potentialfunktion auf innere Punkte kein Hindernis entgegen- steht, wird diejenige der durch sie gegebenen Ausdrücke fl\r die Kraftkomponenten dadurch unmöglich, daß in ihnen die unendlich nahen Elemente einen endlichen Anteil zu dem Werte geben. Hiermit hängt zusammen, daß die Kraft, welche ein in einem un- endlich kleinen Hohlraum befindlicher Punkt erfährt, von der Gestalt dieses Hohlraumes abhängt®^ Eine einfache Überlegung zeigt, daß durch den Wert

Z=— öy/öar, Y= -- d(p I dy, Z = dff / dz

speziell diejenige Kraft gegeben ist, welche der Punkt in einem röhrenförmigen Hohlraum erfährt, dessen Axe parallel der elektrischen.

172

/. Teil. Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

resp. magnetischen Axe l^ an der betreffenden Stelle liegt, und dessen

Querdimension unendlich klein gegen seine Länge ist Denn ein

fadenförmiges Element, welches den Hohlraum ausfüllen würde, ist

nach (173"") äquivalent mit zwei auf seinen Endflächen liegenden

Polen, deren Massen unendlich klein vierter Ordnung sind, also in

Entfernungen, die unendlich klein erster Ordnung sind, keine

endliche Wirkung üben.

Die zweimalige Anwendung der Überlegung, welche zu der

Formel (172) für die Potentialfunktion eines Volumenelementes

führte, liefert als das Potential der Wechselwirkung zwischen zwei

in endlicher Entfernung voneinander liegenden Volumenelementen

die Formel

. 1

174)

7 =f

a

8^ a.-^ + ß.

- d

1

öa? \ ^ ^x^

+ ß

dy

«i^ + A . 1

+ r

a

1 dx.

+ ßi

r

r dy,

+ ri

+ ri

+ ri

r

al

r

dkdk^,

oder unter Einführung der Axen /, l^ und der Gesamtmomente ju, /Uj für beide Volumenelemente

174')

r

^J^" = ^''^i eJdT, "^^ "^^

Durch Integration über die beiden Volumina k und A^ folgt hieraus das Potential der Wechselwirkung zwischen zwei endlichen neutralen Polsystemen. Die Kraftkomponenten und Drehungsmomente der Wechselwirkung folgen hieraus gemäß den auf S. 102 ange- gebenen Regeln.

§ 21. Die NE^wTON'sche Fotentialfanktion von Doppelflächen.

Ein ganz ähnlich weittragendes Interesse, wie die im vorstehenden behandelten neutralen Systeme von diskreten Massenpunkten, besitzen die Gebilde, welche man erhält, wenn man entgegengesetzt gleiche Massen auf zwei unendlich nahen parallelen Flächen derart stetig ausgebreitet denkt, daß durch Normalen aufeinander zu beziehende Flächenstücke entgegengesetzt gleiche Massen tragen.

Jedes Flächenelement einer solchen Doppelfläche ^^^ kann als ein Punktpaar der in (169') vorausgesetzten Art behandelt werden,

§ 21, Die PotenHalfunkÜon vofi Doppelflächen, 173

dessen Axe in die Normale auf der Fläche fällt, und man erhält so, wenn v sein auf die Flächeneinheit bezogenes Moment nach der be- liebig positiv gerechneten Normale bezeichnet, für die Potentialfiinktion der Doppelfläche auf Punkte in endlicher Entfernung den Wert

" - '•/''

^do^. 175)

Ist V, auf der Fläche o. konstant, so läßt sich dies Integral allgemein bestimmen und giebt, wenn co^ die Ofihung des von dem Ein- heitspol nach der Eandkurve von o^ konstruierten Kegels bezeichnet,

?P= ±fv,(o„ 175')

wo das positive oder negative Zeichen zu nehmen ist, je nachdem das von der Bandkurve begrenzte Stück der Fläche dem Einheitspol die Seite der positiven oder der negativen Normalen zuwendet ^®^) Die Potentialfunktion einer homogenen Doppelfläche ist also nicht von deren Oestalt, sondern allein vom Verlauf der Eandkurve abhängig.

Dies Resultat giebt das Mittel an die Hand, die Definition (1 75) der Potentialfunktion einer Doppelfläche mit stetig wechselndem Mo- ment widerspruchslos auch auf unendlich nahe Punkte zu über- tragen. Denn begrenzt man ihr dem Punkt imendlich nahes Bereich /9, innerhalb dessen Vj als konstant angesehen werden darf, durch eine Randkurve (t, so kann man, indem man (t festhält, ß jederzeit so ausbauchen, daß die Entfernung aller seiner Teile von dem be- trachteten Punkt unendUch groß gegen die Dicke der Doppelfläche ist, ohne die Potentialfunktion zu ändern. Nur am Rande der Doppelfläche versagt das Verfahren, dort verliert der obige Ausdruck (175) also seine Bedeutung.

Für eine geschlossene homogene Doppelfläche vom Mo- ment V giebt die Formel (175') auf innere {i) oder äußere (a) Punkte angewandt

(Pi=±^^f^^ = 0, 175")

worin das obere oder untere Vorzeichen gilt, jenachdem die innere Seite der Doppelfläche die der positiven oder der negativen Normalen ist.

Die Potentialfunktion qp einer Doppelfläche mit stetig wechseln- dem Moment ist im ganzen Räume stetig, wird im Unendlichen unend- Uch klein vom zweiten Grade und springt beim Durchgang durch die Doppelfläche um 4tnfvj falls v das Moment an der Stelle des Durch- ganges ist, während ihre Dififerentialquotienten stetig hindurchgehen.

Den Beweis kann man ähnlich, wie denjenigen der entsprechenden Sätze über Flächenpotentiale, führen.

174 /. Teil, Mechanik starrer Körper, IV, Kap.

Man schneidet aus einer der beiden parallelen Flächen, etwa durch eine Kugel um denjenigen Oberflächenpunkt, in welchem man das Verhalten der Potentialfunktion untersuchen will, ein unendlich kleines Bereich ß von konstantem Moment v aus, errichtet in seinen Randpunkten Normalen und grenzt dadurch auf der Parallelfläche ein Stück ab, welches gleiche und entgegengesetzte Gesamtmasse ent- hält, wie ß.

Die Unstetigkeit der Potentialfunktion der ganzen Fläche und die ihrer Differentialquotienten in dem betrachteten Punkte können nur von dieser unendlich kleinen homogenen Doppelfläche herrühren. Sie muß also dieselbe sein, wie die einer beliebigen homogenen, ge- schlossenen Doppelfläche, welche jenes ausgeschnittene Bereich ent- hält. Nun zeigt Formel (175"), daß für eine solche die Potential- funktion auch in unendlicher Nähe endlich ist, beim Durchgang von der negativen zur positiven Seite um 4nfv springt, ihre Differential- quotienten sich aber stetig anschließen; dasselbe gilt sonach auch für die gegebene Doppelfläche mit stetig wechselnder Dichte, falls man unter v das Moment der Flächeneinheit an der untersuchten Stelle versteht.

Wir schreiben daher

176)

y+ qp- = 47t fv,

176')

ftM

.+(^!) -«, (r.t).

Da die Potentialfunktion einer Doppelfläche mit konstantem Moment nach dem zu der Formel (175') Gesagten von der Gestalt der Fläche unabhängig und nur durch den Verlauf der Randkurve bestimmt ist, so muß sich ihr Wert in ein Randintegral verwandeln lassen, aus dem jede Beziehung auf die Gestalt der Fläche ver- schwunden ist. Eine additive Funktion, welche bei der Integration über die geschlossene Kurve identisch verschwindet, bleibt bei dieser Umformung unter dem Randintegral willkürlich.

Man erhält eine solche Umwandelung leicht auf geometrischem Wege.

2n '- [a + ß + y) ist die Fläche eines sphärischen Dreieckes auf der Kugel vom Radius Eins mit den Außenwinkeln a, ß^ y\ daraus leitet sich ab

als der Wert der Fläche eines sphärischen Polygons mit den Außen- winkeln a^. Geht man zu einer stetig gekrümmten Kurve über, be- zeiclinet den unendlich kleinen Winkel zwischen zwei aufeinander

§ 21, Die PotenHcdftmktion von Doppelflächen. 175

folgenden Linienelementen mit (Ca und führt die Länge des Linien- elementes rfo"j, sowie den Wert P des Krümmungsradius der Kurve auf der Kugel durch die Beziehung (ta ^ da^jP ein, so gelangt man zu

«1 = 2«-/^'-, 177)

wofUr man auch schreiben kann

a>, = 2 ;i ^ J^"> y "'\ 177')

falls ds^ das Element der Randkurve von öj, r seine Entfernung von dem betrachteten Punkte und R den Krümmungsradius der Kurve bezeichnet, in welcher eine in ^f« zu r normale Ebene durch den Kegel coj geschnitten wird.

Auch die Komponenten der Wirkung, welche der angezogene Punkt seitens der Doppelfläche erleidet, lassen sich durch Rand- integrale darstellen.

Hierbei kommt ein wichtiger, von Stokbs gegebener Satz über die Verwandelung eines gewissen Oberflächenintegrales in ein Rand- integral zur Anwendung. ^^*)

Sei A eine auf der Oberfläche o stetig veränderliche Funktion des Ortes, und bezeichne n diejenige Richtung der Normalen auf der Oberfläche o, welche von der beliebig positiv gerechneten Rand- kurve s in positivem Sinne umlaufen wird, so ist

^1 =/(4rC0s(n, y) - -M.cos(n, z)) do ^JA-^ds. 178)

Für den Beweis wollen wir der Bequemlichkeit halber an- nehmen, daß auf der ganzen Oberfläche o die positive Normale einen spitzen Winkel mit der Y- und ^-Axe einschließe. Ist dies nicht der Fall, so hat man o in Stücke zu teilen, auf denen cos(n, y) und cos(7i, z) ihr Zeichen nicht wechseln, diese gesondert zu be- handeln und schließlich die für sie erhaltenen Resultate zu addieren. Gleiches gilt, wenn die Oberfläche mehr als eine Randkurve besitzt.

Bezeichnet man mit dxdz und dxdy die Projektionen von do auf die XZ- und ZT-Ebene, so erhält man zunächst

Führt man nun ein

als Gleichung der gegebenen Oberfläche,

176 /. Teil, Mechanik starrer Körper, IV. Kap.

als die Gleichungen zweier Oberflächen, welche mit der ersteren zusammen einen Punkt Xj y, z der Oberfläche bestimmen, so kann man umgekehrt auch schreiben

Setzt man noch fest, daß dcc, und dn drei Linienelemente bestimmen, die zu einander liegen, wie X zu T zu Z, so erhält man

j __ rn/dxdx dxdx\dÄ_^(Bxdy dxdy\dÄ'\j -.n

und fügt man unter dem Integral den verschwindenden Ausdruck

j d X d X d X dx\ dA

hinzu, so giebt dies

Nimmt man nun an, die F^ und ^g seien so gewählt, daß die Oberfläche o durch ringförmige und durchmesserartige Kurven in Elemente zerlegt wird, so ist in Bezug auf a von dem centralen Wert Uq bis zum Randwert a^ zu integrieren, in Bezug auf ß von einem beliebigen Anfangswert ß^ bis zu einem Endwert ß^, w^elcher der gleichen Kurve a und somit auch gleichen A und x entspricht.

Man erhält dann aus (178') durch teilweise Integration, bei der sich das Flächenintegral forthebt.

«1 ^ ßi

d X

178") J,=J[Alf^dß^f\A

da

da.

Das zweite Glied verschwindet nach dem Gesagten wegen der Ein- wertigkeit von A und dx/dcc, das erste giebt an der unteren Grenze den Wert Null, da dort, für den innersten, unendlich kleinen King. Adxjdß konstant ist Sonach bleibt allein der Wert an der oberen Grenze, der sich auf die Randkurve bezieht, und in dem man [dxjd ß) mit dx oder {dxjd8)ds vertauschen kann. Dies giebt aber die zu beweisende Formel (178).

Stellt man ihr entsprechende für mit A gleichartige Funktionen B und C auf, in denen die Y- und Z-Axe dieselbe Rolle spielen, wie vorstehend die X-Axe, und summiert die bezüglichen Integrale Z^, /,, Jy so erhält man den allgemeinen Ausdruck des STOKEs'schen Satzes, nämlich die Gleichung

§ 21. Die Potenüat/unktion von Doppelfläehen.

177

+

as ds ds

\ds..

178'")

Mit Hilfe dieses Satzes wollen wir nun die Z-Komponente der Wirkung der homogenen Doppelfläche auf den Einheitspol berechnen.

Man erhält zunächst, weil r die Koordinaten x und x^ nur in der Verbindung x -- x^ enthält,

= +fi>

^C08(ni,:r) + ^^^C08(ni,y)

und wenn man benutzt, daß A (1 /r) = 0 ist,

1

179)

^=+/'v iWirfe

ö«

C08(nj,y)-g-^C08(ni,x)

r

1

do.

+ \rx;h ^^' ^'^ ' "^^ ~ ö^v cos K , X) j

Die Anwendung der Beziehung (178'") liefert hieraus sofort, wenn man die entsprechenden Ausdrücke für Y und Z hinzufügt, das System von Werten:

1790

hierin bezeichnen dx^, dy^, dz^ die Projektionen des Linienelementes (f«j auf die Koordinatenaxen.

Man kann also die Wirkung der Doppelfläche ersetzen durch die ihrer Bandkurren «^ , falls man von den einzehien Linienelementen

VoiOT, Tbeontiaeha Physik. 12

178 /. Ttä. Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

ds^ eine Kraft ausgeübt denkt, deren Komponenten je bis auf eine willkürliche additive Funktion von der Form rf|/rf«^, . . . gegeben sind durch

Y'=f^{[x-x,)dz,-[z-z,)dx,),

179")

f".

z' =- '^ ((y - yi) ''^1 - (' - *i) ^vi)

Diese Ausdrücke geben eine Resultierende K' von der Stärke

179'") Jr = ^*sin(r,*0^*i.

wo r nach dem Einheitspol hin positiv gerechnet ist, deren Richtung normal steht auf der Ebene durch r und ds^ und zwar in dem Sinne, der einer positiven Drehung um die positive Richtung ds^ entspricht^ falls v^ positiv ist, was man bei homogenen Doppelflächen durch Verfügung über die positiv genannte Richtung der Normalen n^ stets erreichen kann.

Dies Gesetz stimmt mit dem nach Biot und Savabt ^^^ benannten für die Wirkung eines in ds^ fließenden, mit Vj proportionalen gal- vanischen Stromes auf einen nordmagnetischen Einheitspol durchaus überein; eine homogene magnetische Doppelfläche ist somit bezüg- lich ihrer magnetischen Wirkung einem in ihrer Randkurve krei- senden Strom vollkommen äquivalent

Das Potential der Wechselwirkung zwischen zwei Doppelflächen o und Oj mit den konstanten Momenten v und v^ schreibt sich unter Benutzung der auf S. 173 angestellten Überlegungen

180) '^-f'^JS^'x^o^JT^-

Dieser Ausdruck gilt jederzeit, wenn die beiden Doppelflächen entweder direkt keine einander unendlich nahen Flächenelemente besitzen oder doch ohne Veränderung der Randkurven in eine solche Form gebracht werden können. Er gilt also jedenfalls nicht, wenn die beiden Randkurven durcheinander geschlungen sind.

Die Gleichung (180) läßt sich unter Benutzung des Satzes (178'") leicht in ein Doppelintegral über die Randkurven s und s^ beider Doppelflächen umformen.

Denn man kann zunächst nach (175) und (180) schreiben

§ 22. Der Green' sehe Sah,. 179

=+/',»»jd*jrfo[jjiy ' "

0 = + vjdoi^^ cos («, *) + 1^ cos («, y) + |^ cos (», z) j

+ 5? \a^ '^^ ("' "^^ - öi *'*'" ("' '\

hierauf den Satz (178''') dreimal anwenden und dadurch erhalten r/>= - fvv^ rrdxdx, + dydy, + dxdx, ^ ^fpp^ rCcoBedsda,^ jg^.^

worin den Winkel zwischen den Linienelementen ds und ds^ be- zeichnet.

Dieser Ausdruck stimmt mit dem von Neumann gegebenen und schon Seite 52 und 153 benutzten Potential der Wechselwirkung zwischen zwei in s und s^ fließenden, ihrer Stärke nach mit v und v^ proportionalen, galvanischen Strömen überein.

§ 22. Der 0BEEK*8che Satz und die OiiEEK*8chen Funktionen.

Ist dk das Element eines beliebig begrenzten Raumes A, do das Element seiner Begrenzungsfläche, und sind ?7und Fzwei Punktionen von X, y, z, welche die Bedingung erfüllen, daß £/, dVjdx, dVjdy^ dVjdz innerhalb des betrachteten Raumes eindeutig und stetig sind, so gilt, wie durch Rechnung leicht zu erweisen ist.

Hierin bezeichnet n die Richtung der inneren Normale auf der Oberfläche von ä. Diese Gleichung führt den Namen des Green'- schen Satzes.^®*)

Ist auch r und dUjdx, dUjdyj dUjdz innerhalb k einwertig und stetig, so läßt sich die vorstehende Gleichung auch unter Ver- tauschung von U und V aufstellen, und aus beiden folgt durch Subtraktion

S^UAr-rAU)dk=-j[uf^-T':^do. 181')

12»

180 /. Teil. Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

Wählt man speziell J/^= V, so ergiebt die Gleichung (181) 181") fvA^dk^ ^Jy^^Ldo-^feFdk,

wonn

(Zh K-)*+ m'= « '

gesetzt ist; nimmt man U= l, so folgt aus (181) 181'") fAFdk^-ff-do.

Die vorstehenden, gleichfalls von Gbeen gegebenen Gleichungen erweisen sich nach vielen Richtungen hin überaus fruchtbar.

Zunächst wollen wir sie anwenden, um zu beweisen, daß die in den vorigen Paragraphen untersuchten Potentialfunktionen tf' vollständig charakterisiert sind durch ihr reguläres Verhalten, durch die Erfüllung der Gleichung A(p = 0 außerhalb der wirksamen Massenverteilungen und durch die Art ihres Verschwindens im Unendlichen; ferner bei Punkt- und Linienpotentialen durch die Stellen und die Art des Unendlichwerdens, bei Flächen- und Doppelflächenpotentialen durch das Verhalten der Funktion und ihres ersten Differentialquotienten nach der Normalen an den mit Masse belegten Flächen, bei Raumpotentialen durch die überall stattfindende Stetigkeit der Funktion und ihrer ersten Differentialciuotienten und die Gültigkeit der Gleichung

Die Potentialfunktion (173) eines endlichen neutralen Körpers ist nach (173'") auf solche der vorstehenden Art zurückführbar, bietet sonach nichts Neues.

Den angekündigten Beweis führen wir in der Weise, daß wir annehmen, es seien zwei Funktionen y^ und (p^ mit den gleichen Eigenschaften, also auch gleichen Unstetigkeiten und gleichen Para- metern m, T, ö", Q, V möglich, und zeigen, daß ihre Differenz qpj qp^ = qp' notwendig im ganzen Räume verschwinden muß.

Die Funktion qo' verhält sich nach ihrer Definition mit ihren ersten Differentialquotienten überall regulär und erfüllt die Gleichung ^qt)'=:0; sie wird im Unendlichen selbst von mindestens erster, ihre ersten Differentialquotienten werden von mindestens zweiter Ordnung unendlich klein. Bildet man also für cp' die Gleichung (181") imd bezieht dieselbe auf den ganzen von einer unendlich fernen Fläche begrenzten Raum, so verschwindet in ihr sowohl das Raumintegral links, als das Oberflächenintegral rechts, und man erhält

§ 22, Der O rem' sehe Satx, 181

Q = fQ(p'dk\

hieraus folgt die Konstanz, und da qp' im Unendlichen gleich Null ist, auch das Verschwinden von (p\ womit der angegebene Beweis geliefert ist

Die Gleichung (181") gestattet auch zu beurteilen, welcherlei Randbedingungen neben den für jede Stelle eines endlichen Rau- mes k vorgeschriebenen Werten A V erforderlich sind, um eine stetige und eindeutige Funktion V innerhalb k vollständig zu bestimmen.

Diese Bedingungen müssen nämlich jedenfalls zur Folge haben, daß für die Diflferenz f\ T\ = V^ von zwei Funktionen, welche das gleiche A ?^ ergeben und den gleichen Randbedingungen genügen, das Oberflächenintegral in (181") entweder verschwindet oder zu einer Summe von stets positiven Gliedern wird. Ersteres findet statt für Teile der Oberfläche, wo entweder Toder dVfdn vorgeschriebene Werte annimmt, letzteres für Teile, wo das Gleiche für

{F^^T^^-i^dVldn) oder {i\^V - {dTjdnf^-^)

stattfindet, falls I\ und F^ längs der Oberfläche beliebig wechselnde Größen bezeichnen. Somit wird in allen Fällen, wo längs der Oberfläche zum Teil das eine, zum Teil das andere, zum Teil das dritte stattfindet, fQF^dk = 0, also V^ konstant sein müssen, und diese Konstante bestimmt sich durch die Oberflächenbedingungen selbst in allen Fällen zu Null, ausgenommen den einen, daß längs der ganzen Oberfläche dVjdn gegeben ist. In diesem Falle ist also V nur bis auf eine additive Konstante, in allen übrigen aber voll- ständig bestimmt

Es ist_zu bemerken, daß F, dVjdn und {F^^f^-^-^-dVjdn) resp. (^F^^ r^ {d F I dnf^-^'^), so weit sie nicht der Forderung der Stetigkeit widersprechen, willkürlich vorgeschrieben werden können; nur in dem obigen speziellen Falle, daß dV jdn auf der ganzen Begrenzung gegeben ist, wird eine Beschränkung der freien Verfügung durch die Formel (181"') geliefert

Es mag schon hier hervorgehoben werden, daß vorgeschriebene OberHächenwerte von

i^F/f^^-^-dfldn) oder (F^^T- {d'FI dnf^-^)

hervorragendes Interesse nur bieten, wenn A = ä = 1 ist, wo sich beide Ausdrücke auf {F^V ^ dVj dri) reduzieren; auf diesen Fall wollen wir uns weiterhin auch beschränken.

Eine überaus wichtige Formel, die unter anderem auch dazu benutzt werden kann, um V aus längs der ganzen Oberfläche von k

182 J. Tsü, Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

gegebenem T resp. dVjdn oder (F^V dVjdri) wirklich zu be- rechnen, erhält man aus (IST), indem man

r

setzt, wo r die Entfernung der Stelle ar, y, z von einem beliebig innerhalb k festgelegten Punkt a, b, c bezeichnet.

Durch eine kleine Kugelfläche ist dann der Punkt a, ä, c aus- zuschließen, um einen Raum zu erhalten, innerhalb dessen U die vorausgesetzte Stetigkeit besitzt Das Oberflächenintegral

bI-

^^ -T^JLUo

dn dn

liefert über die kleine Kugel ausgedehnt im ersten Glied Null, im zweiten —inVabe] man erhält also in Bücksicht auf A(l/»') = 0

182) r...--i/(x.|J-F.'J:)«.-^/^^.,

wo das Flächenintegral nur über die ursprüngliche Begrenzung, und das Baumintegral zwar zunächst über den Baum k mit Aus- schluß der kleinen Kugel zu nehmen ist, aber beliebig auch über diese erstreckt werden kann, da der ihr entsprechende Anteil un- endlich klein ist^®^)

F drückt sich also im allgemeinsten Falle aus als NBwroN'sche Potentialfunktion einer Oberflächenbelegung von der Dichte

ö- = dr/ 4nfdn,

einer Doppelbelegung von dem Momente

v=: + Vj^nf

und einer räumlichen Verteilung von der Dichte

p = - Ar/4;r/.

Letztere verschwindet, wenn der gegebene Wert von A F gleich Null ist

Wird Firn Unendlichen von beliebigem, dFjdn von höherem als erstem Grade unendlich klein, so kann man für k den unend- lichen Baum nehmen und das über die unendliche Kugelfläche er- streckte Integral vernachlässigen.

Ist dann weder F noch dF/dn längs irgend einer im End- lichen gelegenen Fläche unstetig, so giebt das erste Integral in (182) den Wert Null, und F bestimmt sich als die Potentialfunktion einer räumlichen Massenverteilung, denn es wird unter Benutzung von (167")

§ 22. Der Green' sehe SaH. 183

'-••--i/^-/-/

qdk

Speziell wird hier F= 0, wenn noch A '^= 0 ist

Ist dagegen zwar A ^ tiberall gleich Null, aber F oder dFjdn längs einer Fläche unstetig, so ist diese Fläche als Begrenzung des Kaumes anzusehen und unter BUcksicht auf (165') und (170) zu bilden

'■-=+ :rrj «-''.) TS- "— 0 T^

do,

wo «j nach der Seite des Wertes }\ positiv gerechnet ist

V bestimmt sich hier in der That als Potentialfunktion einer einfachen oder Doppelfläche.

Bei den vorstehenden Betrachtungen war das Verhalten von F im unendlichen vorgeschrieben; es giebt Fälle, wo dasselbe nicht gegeben ist, aber aus den für das Endliche geltenden Bedingungen erschlossen werden kann.^^®)

Sei A^nur im Endlichen von Null verschieden und / A Fdh über den ganzen Raum k integriert endlich, und zwar gleich 4^^; sei ferner dFjdn nur an im Endlichen liegenden geschlossenen Oberflächen o^ vorgeschrieben, und -- 2 f{ß FldrC^do^^ über sie alle summiert endlich, und zwar = + ^nM^^ Wir erstrecken Formel (182) auf den Raum zwischen den o^ und der unendlich großen Kugelfläche 0 und erhalten, wenn wir den Radius der letzteren mit R bezeichnen, _

47iJ r

Es gut aber nach (181'")

/H^^ = ""/^ '"^^ "/II^^ = + ^ ""(^^ + ^'^^ ' also ist das Integral links endlich und wird durch R dividiert unendlich klein. Bezeichnen wir noch die Eonstante / Fd 0 1 4nR^ durch C, so erhalten virir

r„,^.C=-±lki^-T'3do-^lAV'-^. 182') ^"^ 47iJ \r an an/ 47iJ r *

184 /. TeH. Mechanik starrer Körper. IV, Kap.

Diese Formel zeigt, daß, wenn man den Punkt o, &, c ins Un- endliche rückt, F— C gleich {M^ + M^j R, also unendlich klein wird, wie 1/-Ä, daher dVjdn, wie 1/Ä^ Schreiben wir daher die Formel (181") für F-C, statt für F, so ergiebt die frühere Schluß- weise, daß F bis auf eine additive Eonstante durch die aufgestellten Bedingungen bestimmt ist

Erfüllt F die Bedingung A i^= 0, so ist JW^ = 0; ist außerdem noch —JSf{dFjdn)do^ und demgemäß Mo gleich Null, so wird F im Unendlichen erst um eine Größe zweiter Ordnung von C ver- schieden sein.

Diese Eesultate bleiben auch dann gültig, wenn von den Ober- flächen ö^ Teile ins Unendliche reichen, die eine z. B. eine unend- liche Ebene ist, falls nur längs jener Teile F von mindestens erster, d F jdn von zweiter Ordnung unendlich klein wird.

Man kann die vorstehenden Betrachtungen leicht auf den Fall erweitem, daß die Funktion F in dem Raum k mehrdeutig ist, aber ihre Differentialquotienten eindeutig sind.^^^ Die Mehrwertigkeit von F kann nur eintreten, wenn der Eaum k mehrfach zusammen- hängend ist.

Man kann ihn dann einfach zusammenhängend machen durch gewisse Querschnitte, die zu den direkt gegebenen als weitere Be- grenzungsliächen hinzutreten; aus der gemachten Voraussetzung der Eindeutigkeit der Differentialquotienten folgt, daß F beim Übergang über jeden Querschnitt um einen konstanten Wert springt

Die Größe dieses Sprunges ist bekannt, wenn die Oberflächen- werte F gegeben sind, die ja natürlich die Eigenschaft der Funktion F im Innern von k bezüglich der Mehrwertigkeit teilen müssen; sie ist unbekannt, wenn dFjdn gegeben ist. Bezeichnet man das Ele- ment der Hilfsquerschnitte mit do\ so liefert hier die Formel (182)

182")

'^«*"~ 47rJ \r dn

die Normale n' nach der Seite des Wertes F^ positiv gerechnet; sind mehrere Querschnitte o^ vorhanden, so hat längs eines jeden im allgemeinen ^i ^ einen verschiedenen Wert Jedes der Inte- grale über einen Querschnitt o' stellt sich als die Potentialfunktion einer darauf befindlichen homogenen Doppelbelegung vom Moment (/j /a)/^^ dar.

§ 22, Die öreen^schen Funktionen.

185

Bezeichnet man das letzte Integral durch W, so ist

r+ r= u

im ganzen Räume A, auch beim Durchgang durch die Hilfsquer- schnitte, eindeutig und stetig, und man kann statt der Torigen For- mel auch schreiben

^^^ ^nJ \r dn dnj ^nJ r

182'")

Versteht man unter 6^ eine Funktion, die innerhalb k überall eindeutig und stetig ist und speziell der Gleichung a & = 0 genügt, so folgt für sie aus (1810

*

Multipliziert man diese Formel mit 1 1 47t und addiert sie zu (182), so erhält man

ahe

=-JI(-i)i!-^(^)l

do

-^'J(^n)^'^^*-

183)

Wir wollen nun G noch verschiedenen Bandbedingungen unter- werfen, welche diese Funktion vollständig oder bis auf eine additive Eonstante bestimmen.

Ist erstens 6r= 1/r vorgeschrieben (erste GBBEN'sche Funktion^®®) G^ oder GREEN'sche Funktion im engeren Sinne), so wird aus (183)

ab

-l-ß'-^^^ä.-l,f.r{a,.l)ä.,

183^)

ist zweitens dGjdn = c^d{\jr)jdn (zweite Green'sche Funk- tion*^*) G^y wo c eine Konstante bezeichnet, deren Wert aus (181'") folgt, wenn man dort V ^ G setzt, so wird

worin C eine andere Konstante bedeutet; ist drittens

ö((?+i)/ö« = ^»(G + l),

186 1, Teil. Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

(dritte GBBEN'sche Funktion"") Ö3), so wird

183'") r,.. = 1-J[f^ V- %) (^ + 1) ./. - i-/A r((?3 + i) rf* .

Diese drei Formeln zeigen, daß, wenn für einen Raum k die drei GßEEN'schen Funktionen G^^ ffg, G^ gefunden sind, die Be- stimmung von Taus gegebenen inneren Werten von A ^ und gegebenen Bandwerten T, d F/dn, [F^ F ^ d F/dn) auf Quadraturen zurück- geführt ist Bei gegebenen d Vjdn bleibt eine additive Konstante erst in G^ und sodann in F nach dem Früheren unbestimmt Daß es für jeden Baum drei Funktionen von den Eigenschaften von (?,, ^2' ^'3 gi^^^ kann man dabei am einfachsten aus der physikalischen Bedeutung folgern, welche diese Funktionen besitzen und welche uns später beschäftigen wird.

Die Ausdehnung dieses Verfahrens auf mehrwertige Funktionen F bietet nach dem auf S. 184 Gesagten keine Schwierigkeit

Unter allen Funktionen U oder F^ auf welche die vorstehenden Entwickelungen anwendbar sind, beanspruchen diejenigen das größte Interesse, für welche innerhalb k speziell überall gilt

A?7= Ar=0;

für sie vereinfacht sich eine Reihe der vorstehenden Gleichungen in bemerkenswerter, allenthalben leicht ersichtlicher Weise.

Nur auf einige spezielle Resultate soll besonders aufmerksam gemacht werden.

Zunächst folgt aus (181') und (181'"), wenn ?/und T mit ihren ersten Ableitungen innerhalb k regulär sind.

Sind U und F in (181') zwar innerhalb k im übrigen regulär, werden sie aber je in einem Punkte a^jh^^c^ resp. «g, ä^, c^ wie I/tj resp. l/rg unendlich, so giebt die Betrachtungsweise, welche zu der Formel (182) führte,

also in allen Fällen, wo das Obcrflächenintegral verschwindet,

184') r,.»... = u^^^

Hieraus folgt der Reciprocitätssatz ^^^), daß von zwei Funktionen U und F der vorausgesetzten Art, welche an der Oberfläche von k entweder den Bedingungen U r=F = Const oder

§ 22. Die Green' 8chen Funktionen. 187

F^V^dUldn^F^r^d F/dn = 0

genügen, diejenige, welche in einem Punkt (1) unendlich wird, in dem Punkte (2) denselben Wert annimmt, wie diejenige, welche im Punkte (2) unendlich wird, im Punkte (1).

Die Bedingungen d F/dn = d U /dn = 0 kann man den Funk- tionen U und F, wenn sie nur in einem Punkte unendlich werden, nach früher Gesagtem nicht auferlegen, wohl aber dann, wenn jede an einer Stelle a^, b^, c^ resp. a^, b^, c^ sich wie 1/r, an einer zweiten a[, b[, c. resp. a^, Ä^, c^ sich wie 1/r' verhält Dann giebt die obige Betrachtungsweise

^, 6i c, Fa^' i^f c' = ^0,6, c, £^a,' 6,' c,' 1 84")

Diese Resultate gestatten die Anwendung auf die in (183) ein- geführten GsEEN'schen Funktionen G^.

Leitet n^an aus G^ und G^ zwei neue Funktionen F^^ und F^ durch die Beziehungen

ab, so verhalten diese sich wie U und F in Gleichung (184'), sind also symmetrisch in Bezug auf die beiden Punkte mit den Ko- ordinaten a, b, c und x, y, z.

Leitet man hingegen aus G^ eine Funktion

ab, wo r die Entfernung der Stelle x^y^z von a, b, c, r die von a'j b\ c bezeichnet, so hat F^ die Eigenschaft von U und F in Gleichung (184">

Da nach dem S. 186 Gesagten sich zeigen läßt, daß für jeden Baum GEEEN'sche Funktionen G^ resp. Fj^ existieren, welche den S. 185 gestellten Bedingungen genügen, so kann man die Formeln (183') und (183") zur Ableitung gewisser allgemeiner Sätze benutzen.

Versteht man nämlich unter r^ die Entfernung von einem außerhalb des Baumes k gelegenen Punkte a^j b^, c^, so ist inner- halb k 1

Af = 0,

und man erhält aus (183') resp. (183"), wenn man Fs= Ijr^ setzt,

^-~ 185)

4nJ dn Vq ^ r^ 4nJ dn

Hierin kann man l/r^ auffassen als die Potentialfunktion einer

188 /. Teil. Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

in a, b, c befindlichen Masse Eins auf den Punkt a^, b^, c^, und die Formeln zeigen dann, daß diese Potentialfunktion stets durch die- jenige einer einfachen oder doppelten Belegung der Oberfläche o von k zu ersetzen ist, deren Dichte resp. deren Moment sich durch /\ resp. 7^2 ausdrücken läßt

Daraus folgt nun auch, daß die Wirkung einer beliebigen, innerhalb k gelegenen Massenverteilung auf Punkte außerhalb k durch eine einfache oder doppelte Belegung von o hervorgebracht werden kann.

Erstreckt sich k ins Unendliche, und liegt a^, b^, Cq innerhalb einer k im Endlichen begrenzenden Oberfläche, so erfordert die im Unendlichen liegende Begrenzung eine spezielle Betrachtung. Wir werden diesen Gegenstand im vierten Teile auf eine andere Weise der Untersuchung unterziehen.

Wendet man die Gleichung (182) auf eine Kugel vom Radius R um die Stelle a, b, c an, so erhält man unter Benutzung von (184)

186) ^-=lir/^rf'',

also den Wert von F im Centrum gleich dem arithmetischen Mittel der auf der Oberfläche der Kugel liegenden Werte, gleichviel, welche Größe ihr Kadius R besitzen möge.^^*)

Dieser Gauss' sehe Satz ergiebt unter anderem, daß innerlialb des Raumes k die Funktion V weder Maxima, noch Minima an- nehmen kann, sondern mit ihrem Werte immer zwischen dem kleinsten und größten in der Grenze liegenden bleiben muß. Ist auf der ganzen Oberfläche F konstant, z. B. gleich Null, so gilt das Gleiche auch im ganzen Innern, gleichviel ob der Raum endlich oder unendlich ist

Femer folgt aus (186), daß T überall innerhalb k verschwindet, wenn es innerhalb eines endlichen räumlichen Bereiches gleich Null ist. Denn wäre dies nicht der Fall, so müßte man eine Kugel kon- struieren können, in deren Centrum F= 0 wäre, während auf der Oberfläche / zum Teil verschwindet, zum Teil gleiches Vorzeichen besitzt, und dies würde der vorstehenden Gleichung widersprechen.

§ 23. Die Zerlegung von Vektorkomponenten in potentielle und rota- torische Glieder; ihre Anwendung auf die Momente neutraler Körper.

Von den im vorigen Abschnitt abgeleiteten allgemeinen Resul- taten, welche in vielen Gebieten der theoretischen Physik zur Lösung

§ 23. JZerlegtmg von Vektorkomponenten, 189

187)

spezieller Probleme nützliche Hilfe bieten, wollen wir hier nur eine Anwendung auf die wichtige Aufgabe machen, für einen gegebenen Saum k beliebig als reguläre Funktionen der Koordinaten Xj y, z gegebene Komponenten X, Y, Z eines Vektors Ä", z. B. die Kom- ponenten körperlicher Kräfte, in einer gewissen Weise in Aggregate von Differentialquotienten zu zerlegen. Wir setzen"^

\ ax dy dx 1^

Y= - i^^- 4- - - ---^

\ dy dx dx ) ^

\ dx dx oy 1^

dx "^ dy "^'dx '

und suchen 0, Aj M, N diesen Bedingungen gemäß zu bestimmen. Man erhält zunächst

-A^-L^-If. -A«-|Mf, -A/V---|{; i

worin U eine neue Bezeichnung ist

Liegt man der Funktion 0 noch eine geeignete OberHächen- bedingung auf, so wird sie durch die ei-ste der vorstehenden Glei- chungen vollständig oder bis auf eine additive belanglose Konstante bestimmt.

Indem wir die Komponente von K nach der inneren Normale

Jf cos(n, x) + 7co8(w, y) + ^cos(n, z) = P 188)

setzen, wollen wir die Oberflächenbedingung fQr </> schreiben

|^+P=(2, 188')

wobei wir uns die Verfügung über Q zunächst vorbehalten. Ks läßt sich dann setzen

wo fpQ durch die Gleichung

A0o=ö 188'")

und die Oberflächenbedingung (188') bis auf eine Konstante be* stimmt ist

190

/. Teil. Mecfianik starrer Körper, IV. Kap.

Es sind hierdurch auch die Werte der Ausdrücke

189)

BN BM By B

BA BN Bx

BM

Bx

^=._(x+4^^

Bx ]' B0

BN _ (y B0\

"■ "ä^ " " r "^ ~bv) '

d BA

By B0

-^--(^+4?)

By y ' Bx

bekannt.

Differentiiert man diese Formeln nach x,yj z, addiert sie und

integriert das Resultat über den Baum A, so erhält man

189')

S[^^''^Vo=h^o-^^

wodurch eine die Willkürlichkeit der Wahl von Q beschränkende Bedingung gegeben ist

Wir fuhren nun drei neue Funktionen A, JB, F ein, die wir zu- nächst nur den Bedingungen

189")

\^A-[X^%^], AB-(r+||). A/--(.+lf),

BA_ Bx

+!'^t^=o

unterwerfen. Die letztere gestattet, die drei ersten auf die Formen zu bringen

B IBJ. __ BJB\ _ _B_ (Br_ BA\ _ _ /^ B0\ By\By Bx) Bx[Bx Bx)"' [ '^Bx)^

x[Bx By) Bx[By Bx)'" [ "^dy)'

\Bx Bx) By\Bx By) \ ' Bx)^

B

J_ Bx

deren Yergleichung mit (189) ergiebt, daß man

BF

A Bn BB

Bx

Bx BT

By Bx jy^Bn^BA

By'

BA

Bx '

BB

Bx

By Bx

setzen kann; hierin bezeichnet 11 eine willkürliche Funktion, die man aber ohne Beschränkung mit NuU vertauschen kann, da sie bei Einsetzung der vorstehenden Werte von A, M, N in (187) herausfallt, also an einer eigentlichen Zerlegung von X, T, Z keinen Anteil hat

§ 23. Zerlegung von Vektorkomponenten, 191

Sonach wird

. dB dr T^ er ba

^=ö^ By^^'-Bx Bx>

By Bx '

189'")

und man kann den Bedingungen (189") fQr A, B, I" genügen, indem man

setzt, worin die Funktionen A^, B^, /J, den Bedingungen

190)

und

4- J- lio = J_ HTa- ±^)^t _ _L CQi do, "^ By '^ Bx 47iJ V Bn)ir 4nJ r

190')

da;

genügen müssen.

Es ist zu bemerken, daß ^q, Bq, Fq zu A, M, iV Anteile Aq, Mq, N^ geben, welche nach (189'") die Gleichungen

BJS^ _ BM^ ^ BA^ _ IN^ ^ IM, _ B_A^ ^ ^ By Bx Bx Bx Bx By

befriedigen, also, wie oben die von 11 abhängigen, zur Zerlegung keinen Anteil geben, falls nur Q für alle Punkte von k der Bedingung

Qido,

/

= 0 190")

genügt; ist diese Gleichung erfüllt, so kann man sie ebenfalls gleich Null setzen.

Die Bedingung (190") ist aber bei endlichem A mit (189') nur dann vereinbar, wenn auf der ganzen Oberfläche 0 = 0 ist; verfügt man demgemäß über Q, so ist die Zerlegung eindeutig bestimmt

Ist der Baum k unendlich, wird er etwa durch im Endlichen hegende geschlossene Flächen o^ und eine Eugelfläche 0 von dem unendlich großen Badius R begrenzt, so ist an ersteren Q = 0 zu setzen, wälirend es an letzterer willkürlich bleibt; denn für die unendliche Kugel nimmt die Gleichung (190") die Form an

-i-/(2rf. = o

und ist nach (189') stets erfüllt

Man kann in diesem Falle also auch ^^ = 5^ = JJ^ = 0 setzen, aber da die Gleichung (188') als Grenzbedingung in Wegfall kommt, ist die Zerlegung (187) im allgemeinen nicht eindeutig.

192 /. TeiL Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

Doch ist 0, und damit auch A, M, N, nach S. 183 bis auf eine irrelevante Konstante bestimmt, wenn H nur im Endlichen von Null verschieden und fHdk, über den ganzen Raum, sowie JSfPj^dOf^, über alle Oberflächen o^ erstreckt, endlich ist. Fehlen die Oberflächen ö^, so ist speziell 0^ = 0; ist überall

so ist 0 = 0, und die allgemeinste Zerlegung lautet:

191")

"" ö* öy' "" dx dx^ dy dx

und

, dM . öiV ^

öa? öy ö»

Gleiches gilt bei endlichem ä, wenn noch an der Oberfläche P = 0 ist

Die im vorstehenden bewirkte Zerlegung der Vektorkomponenten X, r, Z zerfällt dieselben in zwei Teile, die resp. nur von 0 oder nur von A^ M, N abhängen, von wesentlich verschiedenen Eigen- schaften. Letztere ergeben sich am deutlichsten, wenn man Z, Yj Z als. Komponenten einer körperlichen Kraft auffaßt und die Drehungs- momente i, M^ N berechnet, welche ein sehr kleines, am einfachsten kugelförmiges Bereich des homogen gedachten Körpers, auf welchen sie wirken, um Parallele zu den Koordinatenaxen durch das Kugel- centrum erleidet Entwickelt man innerhalb desselben X, Y, Z nach Potenzen der relativen Koordinaten x, y, z gegen den Kugelmittel- punkt, so erhält man nach (lg?') leicht

191'")

M^f{zX^xZ)dm = i^^ A M, N=f{xY^yX)dm^^^^AJV.

Es geben also die von 0 abhängigen potentiellen Glieder in (187) keinen Anteil zu den Drehungsmomenten und die von A, M, TV abhängigen solche, die mit AA, AM, A ^ proportional sind; wir können demgemäß die letzteren Glieder rotatorische nennen. Die Anteile A^, M^, N^ liefern keine Beiträge zu i, Mj Nj charakteri- sieren sich also auch hierdurch als fremdartig.

Der Vollständigkeit halber fügen wir hier noch eine zweite

§ 23. Zerlegung der Momente neutraler Körper. 193

Zerlegung von Vektorkomponenten an, obgleich dieselbe nicht allein auf Potentialbetrachtungen beruht.^^*) Sei entsprechend (187)

x=H_s^, r=if_^/, z^z-^,^-

gesetzt, aber 4> beliebig gelassen; dann kann man S, H^ Z noch einer willkürlichen Bedingung unterwerfen. Wählt man dafür die Gleichung

so drückt dies aus, daß

Sdx + Hdy + Zdz

einen integrierenden Faktor besitzt; nennt man denselben 1 / P, so kann man setzen

S=-P'-f, H=-P'J'-, Z=-P'-f

ÖX ^ dy ^ ax

und daher auch

Die Drehungsmomente Z, My iV^ bestimmen sich daraus nach (191'") zu

15 \dx dy dy dx )^ ] 15 \dx dx dx dx )' ~ 15 \dy dx dx dy )^

1920

es erweisen sich hier also die von F und II abhängenden Glieder in (192) als die rotatorischen.

Von den beiden Zerlegungen (187) und (192) machen wir eine Anwendung auf die Momente a, ß, y der Volumeneinheit in der Potentialfunktion (173) oder (173")

el- aJL e'

/• r ^i ^^t i r r Qt ^*i

^/^ + ff

eines neutralen, d. h. magnetisch oder dielektrisch polarisierten Körpers, worin ist

Voigt, Theoretiache Physik. X3

194 /. TeiL Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

^1 = - i^i ^^8 K> ^) + ßi ^^ K> y) + ri ^^s (»j, z)) ,

Nach der ersten Zerlegungsart (185) können wir setzen a = a+a\ /9 = /9'+/S", y = /+/' und

193)

^ " dy dx ^ P d% dx ' ^ '^ dx öy '

dx dy dx

Die potentiellen Glieder a', /9', y geben ein Gesamtmoment von der Größe /tt'= ög/ön', wo n' die Normale auf der Fläche % = Const bezeichnet; seine Axe fällt mit n' zusammen.

Zerlegt man also durch Flächen % = Const, die um gleiche Inkremente 8^' fortschreitenden Konstanten entsprechen, den Körper in Schichten, so ist /tt'd'n' = ^£', daher das Produkt aus Dicke und Gesamtmoment fär alle Schichten konstant Jede Schicht laßt sich also als eine Doppelfläche mit konstantem Moment v = ^'^n' auffassen. Eine Polarisierung von dieser Eigenschaft nennt man lamellar. Für sie nimmt die Potentialfunktion den Wert an

,93-) ^.= _fJ-^f^_/-J-^ga.

Die rotatorischen Glieder a", /9", /' haben die Eigenschaft, die äquivalente Raumdichte

tf

"" \dx ^ dy ^ dx )

zu Null zu machen. Zerlegt man also den Körper in Fäden, deren Seitenwände ausschließlich durch Kurven von der Gleichung

dx \ dy i dz = a" : /9" : ;'"

gebildet werden, so ist für jeden einzelnen der Anteil d<p' der Potentialfunktion gegeben durch

193") d<p" = - /•[(/*" cosK, /*")^)„+ (^"cobK, jtt")^)^

WO die beiden Glieder mit a und b sich auf die Flächenelemento do^ beziehen, die von dem Faden aus der Oberfläche des Körpers ausgeschnitten werden. Der Faden ist demnach vollkommen durch die Wirkung seiner Endflächen ersetzbar, nach S. 171 also ein So- lenoid; der ganzö Körper läßt sich in ein System von Solenoiden

§ 24. Die logaritkmiache Potentialfunktion. 195

zerlegen, und man nennt daher die durch a\ ß", y" gegebene Er- regung solenoidal. Bildet man die ihr entsprechende Potential- funktion des ganzen Körpers, so erhält man

Gemäß dem Vorstehenden kann man also die allgemeinste Erregung eines neutralen Körpers jederzeit in eine lamellare und eine solenoidale zerlegen.

Nach (192) können wir aber auch schreiben

Diese Werte ergeben die Axen tiberall parallel der Normalen n" auf den Flächen = Const und die Momente jtt" gleich 9t ö $ / ö n". Zerlegt man also, wie oben, durch Flächen ^ = Const, die um gleiche Inkremente 8^" fortschreitenden Konstantenwerten ent- sprechen, den Körper in Schichten, so wird fi' Sn" = K JC"; man kann diese Schichten also als Doppelflächen mit yariablem Moment auffassen. Eine solche Erregung heißt komplex-lamellar.

Die allgemeinste Polarisierung läßt sich also auch als die Super- position einer einfach und einer komplex lamellaren aufhssen.^^^

§ 24. Sie HBWTON'sche Potentialfonktion mit iwei unabhängigen.

Sind die Massen, deren Potentialfunktion mit 9) bezeichnet ist, parallel der Z-Axe mit konstanter Dichtigkeit q unendlich aus- gedehnt, so ist (p eine Funktion nur von x und y, und die Unter- suchung seiner Eigenschaften kann sich auf die X T-Ebene beschränken.

Um die Form zu bestimmen, welche tp unter dieser Voraus- setzung annimmt, gehen wir von dem Fall aus, der alle übrigen als spezielle abzuleiten gestattet, daß die ganze Masse einen Cy linder von endlichem Querschnitt mit in der Xr-Ebene beliebig wechselnder, aber yon z unabhängiger Dichte erfüllt Dann bestimmt sich für alle Punkte der XY-Ehene, deren normale Entfernungen vom Cylinder klein gegen dessen Länge sind, durch einfache Rechnung

y=-2/'//pi/(^)rf:r,rfy,, 194)

worin e = y{x z^)^ + (y yj)* den Abstand des Flächenelementes dx^ dy^ von der betrachteten Stelle x, y bezeichnet Eüne bei der Inte-

13»

196 L Teil. Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

gration auftretende (im allgemeinen unendlich große) Eonstante ist in <p hineingezogen.

Ist Q^ nur längs eines unendlich dünnen Fadens vom Quer- schnitt q^ von Null verschieden, und setzt man Pj ^i = »^i j so wird

bedeckt die wirkende Masse eine Cy linderfläche mit der Dichte a^, und bezeichnet ds^ ein Element ihrer Schnittkurve mit derX F-Ebene, so gilt 194") 9P=-2/-/cr,/Wrf*,;

hat die Cylinderfläche eine Doppelbelegung von dem auf die Flächen- einheit reduzierten Moment v^ nach der Richtung der Normalen »j, so ist

194'") ^^^2ffv,^lds,.

Die Stetigkeitseigenschaften dieser Funktionen folgen unmittelbar aus den in den §§19 und 21 gegebenen Sätzen und stimmen mit denjenigen der gewöhnlichen NEWTON'schen Potentialfunktionen voll- ständig überein; nur im Unendlichen macht sich die fortgelassene unendliche Konstante, sowie die jetzt vorausgesetzte Erstreckung der Masse in's Unendliche geltend, und demgemäß wird dort (p, falls nicht f Qidx^dy^ verschwindet, logarithmisch unendlich; zugleich werden die ersten DiflFerentialquotienten nach den Koordinaten un- endlich klein vom ersten Grade.

Statt den vorstehend angegebenen Übergang von dem Newton'- schen Potential zu machen, kann man auch direkt von dem Elementar- gesetz

und daher dem Potential <i> = 2fmm^ le für die Wechselwirkung zwischen zwei Massenpunkten ausgehen und die Entwicklung der im Anfang von § 19 parallel gestalten, muß dabei aber alle Massen ausschließlich in der AT- Ebene verteilt annehmen; die dieser Elementarwirkung zugehörige Potentialfunktion

195) y = -'2fm^l[e)

führt den Namen der logarithmischen.^^®)

Es spielen bei diesen Betrachtungen die Potentialfunktionen einer homogenen Kreislinie und einer ebensolchen Kreisfläche dieselbe Rolle, wie oben diejenigen der homogenen Kugelfläche und Vollkugel.

§ 24. Die logarithmiscke PotenÜalfunktion. 197

Man erhält durch einfache Rechnung die Potentialfunktion (p* der Kreislinie von dem Eadius R, der Lineardichte a, der Masse M auf äußere und innere Punkte, falls H die Entfernung des Einheits- poles vom Kreiscentrum bezeichnet, folgendermaßen:

,p\=^-AnfR<rl{E)=-2fMl{E), 1

Analog findet man für die PotentialfTinktion der Kreisfläche von dem Radius R, der Flächendichte q, der Masse M

y; = - 2 7tfR^Ql[E) = - 2fMl{E), 1

Daraus ergeben sich die folgenden Differentialeigenschaften der logarithmischen Potentialfunktionen.

Wie auch immer die Masse verteilt sei, in den Bereichen, wo keine Masse liegt, gilt die Gleichung

an Kurven, welche eine stetig veränderliche Lineardichte tragen, ist

[dn^ji U^Va" R" '

196')

wo die Indices (1) und (2) sich auf die beiden Seiten der Fläche beziehen, (t die Dichte, R den Krümmungsradius der Kurve an der Durchgangsstelle bezeichnet, und R nach der Seite der Normalen «j positiv gerechnet ist; an Doppelkurven mit stetig veränderlichem Moment v^ springt die Potentialfunktion beim Durchgang von der Seite der negativen zu derjenigen der positiven Normale, so daß

9)+ y. = Anfv 196")

wird, worin v das Moment der Längeneinheit an der Durchgangs- stelle bezeichnet, während die Differentialquotienten stetig bleiben; an der Grenze von Flächenstücken mit stetig veräüderlicher Dichte p^ verhält sich (p mit seinen ersten Differentialquotienten stetig, während die zweiten springen gemäß den Formeln

-äjr - -äl^ = - 4 « /•? cos» (n, :r) ,

d^ q> d^ <p

-J^ - -J^ = - 4 ?!/•(> C08»(n,y) ,

ä^ - ä^ = - ^ ^/-p cos(n, y) cos (n, x) ,

196'")

198 /. Teil. Mechanik starrer Körper. IV. Kap.

in denen q die Flächendichte an der Durchgangsstelle bezeichnet; hiermit hängt zusammen, daß im Innern derartiger Bereiche die Beziehung

196"") A,9> = 4^+0=-4«/'(,

gültig ist

Die Verallgemeinerung dieser Sätze auf unstetige Dichtigkeiten bietet keine Schwierigkeiten, aber auch kein hervorragendes physi- kalisches Interesse.

Ist dg das Element eines beliebig begrenzten Flächenstückes g der XZ-Ebene, ds das Element seiner Randkurve, n die Richtung der inneren Normale auf dsy und bezeichnen U und F zwei Funk- tionen Yon X und y, die der Bedingung genügen, daß

^' dx ' dy

auf g einwertig und stetig sind, so gilt der (181) analoge GREEN*sche Satz

Findet gleiches in Bezug auf F, dU/dx, dUjdy statt, so gilt die vorstehende Formel auch bei Vertauschung von U und F^ und die Diflferenz beider führt auf

197') /(J^A.r- TA.JOrf?» -/(F-fJ-F-fJ)rf..

Wenn speziell U= T ist, folgt aus (197)

197") fFA,rdq = - fr^ds-fe^Fdq,

worin kurz

gesetzt ist; ist U= l, so ergiebt sich

197'") fA,rdq=-f^ds.

An diese Formeln können genau dieselben Betrachtungen ge- knüpft werden, wie an die entsprechenden (181) bis (181'") für die NEWTON^sche Potentialfunktion. Speziell ergiebt sich aus ihnen, daß eine einwertige und stetige Funktion von x und y innerhalb g voll- kommen bestimmt ist, wenn an jeder Stelle A2^> ^^^ »^ der Ober- fläche F oder {F^F— df /dn) einen gegebenen Wert hat Gleiches

§ 24. Die logarithmische PotenticUfunktion. 199

gilt, wenn für einen beliebigen Teil der Oberfläche F, für einen an- deren ö r/ön, für den Rest {F^ V— d Vjdn) vorgeschrieben ist Ist aber überall dF/dn selbst gegeben, wobei die Bedingung (197'") zu berücksichtigen ist, so bleibt in F eine additive Eonstante willkürlich.

Die Ausdehnung dieser Betrachtungen auf den Fall, daß das Bereich q sich bis ins Unendliche erstreckt, bietet keine Schwierig- keiten, wenn, über die im Unendlichen liegende Grenzkurve aus- gedehnt, das Linienintegral in (197") verschwindet; indessen findet dies bei der logarithmischen Potentialfunktion von im Endlichen lie- genden Massen nur statt, wenn die Summe derselben gleich Null ist.

Hieraus folgt, daß die auf S. 198 angegebenen Eigenschafken die logarithmischen Potentiale auch nur in diesem Falle eindeutig be- bestimmen ; in anderen Fällen ist noch die Angabe des Grenzwertes nötig, dem sich <p im Unendlichen nähert, d. h., da derselbe bei ganz im Endlichen liegenden Massen mit 2fl{e^^m^ identisch wird, wo e^ die Entfernung vom Eoordinatenanfang bezeichnet, die Angabe der Größe von 2m^.

Setzt man in die Gleichung (197') U = 2/(tf), wo e die Ent- fernung des Elementes dq^ von einem Punkte a, b des Bereiches q bezeichnet, so erhält man durch eine der auf S. 182 ausgeführten analoge Operation

^- = i/(^(«) '-^-^'-B^'^ ^/'W A. Vd, 198)

und damit die Bestimmung von F an der Stelle a, b durch eine (182) genau entsprechende Formel, die auch dieselben Folgerungen gestattet, wie jene.

Endlich kann man auch der GKEEN'schen Funktion G im Baume eine analoge Funktion ff' in der Ebene zuordnen, welche inner- halb q eindeutig und stetig ist, die Gleichung A2Ö'=0 erfüllt und demgemäß liefert

'^-»=^/(('W+ö')|J- r^^±^ds+^m+G^)^^rdq. 198')

Unterwirft man noch C der Bedingung, am Bande entweder l{e)+G^ zu Null oder ö (/(<?) + C)/ö» zu einer Konstanten oder end- Hch F^{l{e)+G')''d{l{e)+G')jdn zu Null zu machen, so ist, faUs G' den Bedingungen gemäß bestimmt ist, die Berechnung von F auf Quadraturen zurückgeführt.

Auch der GAuss'sche Satz des arithmetischen Mittels läßt sich auf die logarithmischen Potentialfunktionen übertragen und als Aus-

200 /. Teil. Mechanik starrer Körpßr, IV. Kap,

gangspunkt für dieselben Schlußreihen benutzen, die auf S. 188 daran geknüpft sind.

Eine Anwendung der erhaltenen Resultate machen wir auf die Zerlegung der innerhalb eines Flächenstückes q der Xi^- Ebene regulären Komponenten X und Y eines Vektors K in Teile nach dem Schema

Man erhält zunächst 199') - A,a> = l^- + ^^L = Jf, _ ^^JV = -^f - l-J ,

worin H eine neue Bezeichnung ist Setzt man

200) X cos (n, x) + Ycos {n, y) = P,

so kann man tf> durch die erste Gleichung (199') und die Rand- bedingung

200') «^^ + 7> = Q

bis auf eine belanglose Eonstante bestimmen; Q bleibt zunächst verfügbar, muß aber jedenfalls der Bedingung

200") / e rf* = 0

genügen.

Es läßt sich dann setzen

200"') 'l'=''t>,-^^fn,l{e)dq„

worin 0^ durch die Gleichung A tf^o = ^ ^^^ ^^® Bedingung (200^) bestimmt ist.

Führt man zwei Funktionen ^ und B ein, welche den Be- dingungen

201)

dAdB^Q dx dy ~'

genügen, so kann man auf demselben Wege, der zu Formel (189'") führt, schließen, daß

2010 ^=1^-11

' oy öx

sein muß.

Für A und B erhält man die Werte

^ 25. Die »weite Potentialftmktion. 201

201")

worin Aq und B^ den Bedingungen

AA = 0, Aßo = 0. 4# + -öF = - i/«i'W''*i 201'")

genügen müssen. ^^ und i?^ sind ohne Einfluß auf die Zerlegung, können also gleich Null gesetzt werden, wenn / Q^ l[e)ds^ für alle Punkte innerhalb q^ verschwindet; dies erfordert aber im allgemeinen, daß Q am ganzen Bande gleich Null ist.

Erstreckt sich q ins Unendliche, so ergiebt sich dieselbe Schwierigkeit, die S. 191 besprochen ist. Die Zerlegung (199) ist nur dann eindeutig, wenn // im Unendlichen verschwindet und so- wohl flldqy über die ganze Ebene, als ^\fFf^dSj^, über etwaige im Endlichen liegende Begrenzungen erstreckt, endlich ist.

Fehlen jene Begrenzungen, so ist </>^ = 0; gilt überall

80 ist 0 = 0, und die allgemeinste Zerlegung lautet hier:

^=-4f-' ^= + 4f-- 201"")

Gleiches gilt bei endlichem y, wenn noch am Eande P ver- schwindet

Die in (192) gegebene zweite Zerlegungsart von Vektorkompo- nenten bietet bei Übertragung auf Funktionen von nur zwei Koordi- naten keine speziellen Vorteile.

§ 25. Weitere aus der HEWTON*8chen abgeleitete Potentialfanktionen.

Neben dem NEWTON'schen und dem daraus gewissermaßen ge- wonnenen logarithmischen Potential spielt in der Physik noch das- jenige eine besonders hervorragende Rolle, dessen Potentialfunktion (zweite Potentialfunktion ^^^ nach Mathibü) die Form hat

^ = Z^. 202)

x\uch dieses besitzt eine Verwandtschaft mit dem NEwroN'schen Potential, da, wie leicht durch Rechnung zu zeigen, die Relation besteht:

202 /. Teil. Mechanik starrer Körper, IV. Kap.

202') At/; = ^ = 9),

woraus auch folgt:

202") A A i/' = 0.

Dieser Zusammenhang gestattet, eine Beihe von Eigenschaften der neuen Potentialfunktion, wenn sie von irgend welchen Massen- yerteilungen genommen ist, fast ohne Rechnung abzuleiten.

Es genügt, nur die wichtigsten anzuführen.

Die Potentialfunktion

203) V'^^ff^irdo,,

Ton einer flächenhaften Masse von der Dichte Cj gebildet, ist samt ihren ersten und zweiten Differentialquotienten stetig und endlich; an der Fläche gilt

^»■) (-M+(t^).--^'"'""

203'")

203-) (.«■|v)__(?.;aj.)_._4,^,(.^. + ^,),

wo (T die Dichte an der betrachteten Stelle der Oberfläche und Ä', Ä" das Paar der Hauptkrümmungsradien, nach der Seite von ti^ positiv gerechnet, bezeichnet.

Eine homogene Eugelfläche vom Radius M^ liefert für innere resp. äußere Punkte

falls e die Mittelpunktsdistanz des Einheitspoles bezeichnet.

Ist 204) V^ = \ffQirdk,

die zweite Potentialfunktion einer räumlichen Verteilung von der Dichte pj, so ist im Endlichen i/; mit seinen drei ersten Differential- quotienten einwertig, endlich und stetig und erfüllt die Gleichung

204') AAi//= -^.nfQ.

Eine homogene Vollkugel vom Radius Ä^ giebt für innere und äußere Punkte

204") , , ^ ps/ , Ä,»\

Liegen die wirkenden Massen sämtlich im Endlichen, so werden

§ 26. Die xweite PotenUalfunktion. 203

beide Funktionen im Unendlichen selbst unendlich groß, wie die Entfernung von jenen, während ihre ersten Differentialquotienten nach den Koordinaten endlich bleiben. Die zweite Potentialfunktion

v = i//

*i|:/«i 205)

einer Doppel fläche von dem Moment v^ der Flächeneinheit verhält sich mit ihren beiden ersten Differentialquotienten im Endlichen überall regulär, dagegen springt AV ^^^^ Durchgang durch die Fläche, so daß gilt

( A 1/^)+ - ( A V')- = ^'Jtfv. 205')

Wie früher die NEWTON'sche Potentialfunktion die Mittel bot, Funktionen V zu konstruieren, welche innerhalb eines gegebenen Raumes den Ausdruck A V einer gegebenen Funktion der Koordinaten gleich machen und an der Oberfläche entweder selbst oder in ihrem Differentialquotienten nach der Nonnalen oder in einer linearen Funktion beider gegebene Werte annehmen, so leistet die zweite Potentialfunktion ähnliches bezüglich des Ausdruckes AA?^.

Um dies zu zeigen, gehen wir von der Gleichung (181') aus und vertauschen in derselben U mit A ^; sie lautet dann

/(ArAr-rAAr)rfÄ = -/(Ar|^-r-^^^)rfo 206)

und ist gültig für alle V und A ^, die sich mit ihren ersten Differen- tialquotienten innerhalb k regulär verhalten.

Setzt man speziell V= W^ so erhält man aus (206)

/M'AA»^rfÄ=/(Ar^^^-/^^^)rf(^+J(Ar)>rfÄ, 206') setzt man r= 1, so folgt

Ja A Wdk = ^jl^-do. 206")

Aus der Gleichung (206') kann man Folgerungen ziehen über die Oberflächenbedingungen, welche neben inneAalb k vorgeschrie- benem A A ^ eine mit ihren ersten drei Differentialquotienten da- selbst reguläre Funktion eindeutig bestimmen. Nimmt man nämlich an, daß zwei Lösungen W^ und fV^ mit den gleichen Bedingungen vereinbar wären, so würde, für die Differenz W^ W\ = W^ gebildet, die Gleichung lauten

0 = /( A /r' ^^ - r ' ^ J-) do+fiAfyydh. (206'")

204 /. Teil. Meehamk starrer Körper. IV. Kap,

Jede» System von Oberflächenbedingungen fllr W^ welches dieses OberHächenintegral zu Null oder zu einer Summe von Quadraten macht, giebt

A /^' = 0;

haben dann weiter die Oberflächenbedingungen die spezielle Eigen- schaft, daß für einen Teil der Oberfläche W^ für einen zweiten ö/r/ön, für einen dritten [F^W^diridn) vorgeschrieben, also W resp. ö"7r / d n oder {F^lr - WW' / d n) ebenda gleich Null sind, so ist nach den Entwickelungen auf S. 181 JP überall gleich Null, also W eindeutig bestimmt Ausgenommen ist nur der Fall, daß längs der ganzen Oberfläche d IV j d n vorgeschrieben ist, in welchem Falle eine additive Konstante willkürlich bleibt

Zieht man diese Resultate in Betracht, so giebt die Überlegung der Bedingungen, unter denen das Oberflächenintegral in (206'") ver- schwindet, daß flir jedes Oberflächenstück mit vorgeschriebenem ff^ vorgeschriebenes d ^Vjdn oder A^^ kombiniert werden kann, mit vorgeschriebenem dfi'ldn vorgeschriebenes ^ oder dÄ^Vjdnj mit vorgeschriebenem F^fF^dH'ldn vorgeschriebenes F^ /s. W ÖA^/ön. Die letztere Bedingung scheint ohne Interesse; bei überall gegebenem d A^Vj dn ist die Bedingung (206") in Betracht zu ziehen.

Vertauscht man in (206) W und F und zieht das Resultat von (206) ab, so erhält man

/(rAAT- FAAfrjd^

do.

Diese Formel gilt unter der Voraussetzung, daß sich V und W mit ihren ersten drei Differentialquotienten innerhalb k regulär ver- halten.

Setzt man für F den Wert r ein, wobei r die Entfernung von einer Stelle aj b, c des Raumes k bezeichnet, so muß man diese Stelle durch eine kleine geschlossene Fläche aussondern, da dort A F unendlich wird. Das hierüber genommene Oberflächenintegral liefert wegen AF= 2/r nur in seinem letzten Teile einen endlichen Wert, und zwar +S7ifFabc\ das Raumintegral kann auch über den ausgesonderten Teil erstreckt werden, ohne seinen Wert zu ändern.

Die letzte Gleichung liefert daher

§ 25, Die xfceits PotentialfunkHon. 205

»■-'. - - iJir^t^- ^»t + f *a? - ^'^ ä

do

-Ä/'-^^'^^*-

207')

ff^abe drückt sich also als ein Aggregat von Potentialfunktionen erster und zweiter Art aus; diejenigen zweiter Art rühren her von räum- lichen Verteilungen und einfachen oder doppelten Flächenbelegungen, diejenigen erster nur von den letzteren beiden.

Man wird hieraus schließen dürfen, daß das vollständige Inte- gral der Gleichung A A'^ = S(ar,y,z), worin g eine gegebene Funk- tion ist, durch eine Summe von Potentialfunktionen erster und zweiter Art erhalten wird.

Bezeichnet F eine mit ihren ersten drei Differentialquotienten überall in k reguläre Funktion, welche ebenda die Gleichung

AA-^=0

erfüllt, so giebt diese statt F eingesetzt:

208)

87rJ\ an on an an J

und die Addition beider Formeln liefert:

Die Funktion F kann man ähnlich wie die GnEEN'sche Funk- tion 6 in (183) benutzen, doch hat man Sorge zu tragen, daß sie durch die ihr auferlegten Eandbedingungen eindeutig bestimmt ist. Hat F z. B. die Eigenschaft, an der Oberfläche den Bedingungen zu genügen,

» - dF Fr

' an an

so wird ^ durch AA^j /^ und d^Fjdn gegeben sein nach

8nt/ \\ r] on on

do

-^-J(F+r)AAirdk;

2080

206

/. TßiL Mechanik starrer Körper. IV. Kap,

ist hingegen vorgeschrieben

F—^-T und Ai^=— =,

r

SO wird W durch A A ^, ^ und A ^ ausgedrückt

208") '

r.

abe

^ 1 / b(F+ r)

Ar +

dn

do

-^/(^+r)AAr(/Ä,

Durch vorgeschriebene d Fj dn und ö A F j dn ist -P nur bis auf eine additive Konstante bestimmt, und gleiches gilt somit auch in Bezug auf W.

Setzt man auch bei dieser zweiten Potentialfunktion, wie in § 24 bezüglich der ersten, Massen voraus, deren Dichte von z nicht abhängt, so hat man das Elementarpotential (202), in welchem r* = tf* + z* ist, in Bezug auf z von oo bis + oo zu integrieren. Das Resultat, die zweite elementare logarithmische Poten- tialfunktion, lautet bis auf eine belanglose unendliche Konstante

209) ip= -i/'wiic» /(««).

Diese Funktion giebt in der That

209') Ag 1/^ = - /'wii / (tf ») = ()K> ,

also die erste logarithmische Potentialfunktion, und hieraus folgt leicht eine ganze Reihe von Stetigkeits- und Dififerentialeigenschaften dieser neuen Funktion.

Der GBEEN'sche Satz läßt sich genau (207) entsprechend auf- stellen und an die daraus folgende Formel

210)

f{jrA^A,r^rA2A^^)dq

J \ * an an * dn an }

die analoge Schlußreihe anknüpfen wie an (207).

Setzt man hierin

F^e^l{e),

worin e die Entfernung des Punktes x, y von einem willkürlich in- nerhalb q festgelegten a, h bezeichnet, so muß man diesen durch eine unendlich kleine Kurve ausschließen und erhält, da f&r deren Verlauf - ö(A r)/ön = 4/^ ist,

§ 25. Die xteeite Potentialfunktüm in der Ebene. 207

^'^ =-8^J r^W-ä^i ^«^ -ön- + ^^Wä^ - ^^-b\T'

Wah findet sich also durch Potentiale erster und zweiter Art aus- gedrückt^ woraus zu folgern, daß das allgemeine Integral der Glei- chung A2A2^= ^{^jV) die Form einer Summe von logarithmi- schen Potentialfunktionen erster und zweiter Art besitzen wird, unter sinngemäßer Übertragung der Flächenintegrale in Eurvenintegrale.

Auch die Aufstellung einer Art von GsEEN'scher Funktion, welche dazu dient, um W aus vorgeschriebenen fV und dff^ldn, oder H^ und A ^, oder ÖÄ f^jdn und d H^jdn zu berechnen, ist ebenso möglich, wie das auf S. 205 für die räumliche Betrachtung erwiesen ist

Noch mögen zwei andere aus der NEwroN'schen Potential- funktion abgeleitete Funktionen erwähnt werden, die,- wie jene, außerhalb wirkender Massen die Gleichung Ay = 0 erfüllen. ^^®)

Da

/-/((.,-z)+r)=-^/((.,-.) + r) = l ist, wo wie früher

ist, so giebt

yi = /y^((^i-^) + 0^"*i 211)

eine Potentialfunktion, welche als die erste abgeleitete bezeichnet werden mag, da

ist Ihre Eigenschaften sind leicht aus denen der NEWTON'schen Potentialfunktion zu finden. Weiter legt die Beziehung

^]^^z,-z)l{[z,-z) + r)-r\=-^[{z,-z)l{{z,-z) + r)-T]

nahe,

<Pn = fj [(^1 - ') i ({'i -z) + r)-r] dm, 212)

als eine zweite abgeleitete Poteutialfunktion einzuführen; für

--0^ = 9'»' -ö^» -dT-f- 212)

Litteratur zum I. Teil.

Meehanik. Rausenbergeb, Analytische Mechanik. 1893. Buddb, All- gemeine Mechanik der Punkte und starren Systeme. Berlin 1890. Schell, Theorie der Bewegung und der Kräfte. Leipzig 1879. Despetroüs-Darboux, Cours de mecanique. Paris 1884. Souoff, Theoretische Mechanik, übers, von 2jIWet. Leipzig 1878. Ball, Theoretische Mechanik starrer Systeme, herausgeg. von GRAVELiirs. Berlin 1889. Poinsot, £l6ments de statique. 12. edition. Paris 1877. Roüth, Treatise on analytical statics. Cambridge 1891. Mathieu, Dynamique analytique. 3. edit Paris 1878. Routh, Dynamics of a System of rigid bodies. London 1891. Jacobi, Vorlesungen über Dynamik, herausgeg. von Clebsch. Berlin 1884. Voigt, Elementare Mechanik. Leipzig 1889. Thomsok und Tait, Treatise on natural philosophy. Cambridge 1883, 1886. KiBCHHOFF, Mechanik. Leipzig 1877. Everett, Units and Physical Constants. London 1879. Herwig, Physikal. Begriffe und absolute Maße. Leipzig 1880.

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*^) Newton, 1. c. Liber II. Sect. 1 3. •*) Amontons, M^moires Acad. des Sciences. Paris 1699.

Jjitieraiur zum I. Teil. 209

II. Kapitel. ") Laorange, M<^canique analytique. II. partie, Sect III, Art. 1 u. 2. •■) d'Arct, M^moires de l'Acad. r. des Sciences. 1752. S. 344 —62; Laplace, Oeuvres. T. I. Livre I. Nr. 21. "*) E. Scherinq, Abhandl. d. K. Ges. d. Wiss. Göttingen. 18, S. 32. 1873. *") F. Nbuuakn, Einleitung in die theoretische Physik. 1883. S. 201. ^) R. Mateb, Die organische Be- wegung in ihrem Zusammenhange mit dem Stoffwechsel. Heiloronn 1845. Helmholtz, Über die Erhaltung der Kraft 1847. (Klassiker- Ausgabe Nr. 1.) *^) Newton, Phil, nat principia math. Liber III. Theorema VII. '•) Kepler, Astronom ia nova 1609. Harmonices mundi 1619. '*) Gauss, Allgemeine Lehr- sätze in Beziehung auf die im verkehrten Verhältnisse des Quadrates der Ent- fernung wirkenden Anziehungs- und AbstoBungskräfte, Art 1. Evebett, Physi- kalische Einheiten und Konstanten. Kap. VI. § 73 75. ^°) Coulomb, M^moires de TAcad. r. des Sciences. Paris 1785. S. 569—611. (Klassiker- Ausgabe Nr. 18. j '^) W. Weber, Elektrodynamische Maßbestimmungen, Art. 19. Abhandl. der konigl. Sachs. Ges. d. Wiss. 1846. Werke, Bd. 3, S. 142. **) AuptRE, M^m. de PAcad. des Sciences VI. 1823. S. 204, 232, 252. •») F. Neümank, Abhandl. der Berl. Akad. 1845. § 1. S. 15. (Klassiker Nr. 10. S. 17.) »*) F. Neumann, Abhandl. der Bcrl. Akad. 1845. § 11. S. 67. (Klassiker Nr. 10. S. 10.) '^) F. Neümann, Abhandl. der Berl. Akad. 1848. S. 1—5. (Klassiker- Ausgabe Nr. 36. S. 3—6.) ••) Clausius, Pogo. Ann. 141, S. 125. 1870. Jubelbd. S.411. 1874. '^) D. Bernoulu, Hydrodynamica seu de viribus et motibus fiuidorum common tarii. 1788. Sect X. S. 200. **) Botle, A defense of the doctrine touching spring and weight of the air. London 1662. Mariotte, Essai sur la nature de l'air. Paris 1676. ■•) Gay-Lussac, Ann. de chim. et de phys. XLIII. 8. 137. 1802. Gilbbrt's Ann. 12. S. 257. (Klassiker -Ausgabe Nr. 44.) **) Clausius, Pooo. Ann. 100, S. 370. 1857. *') Gay-Lussac, Mem. de la soc. d'Arcueil. 1609. II. S. 207. Gilbert's Ann. 36, S. 6. 1870. ^') Avooadro, Essai d'une manidre de d^terminer les masses relatives des mol<^cules ^l^mentaircs des Corps et les proportions selon lesqnelles elles entrent dans les combinaisons. Joum. de phys. par Delam^therie. LaXIII. S. 58—76. 1811. (Klassiker- Ausgabe Xr. 8.) **) Daltok, Gilbert's Ann. 27, S. 388—399. 1807. (Klassiker- Ausgabe Nr. 44). **) Van der Waals, Kontinuität des gasformigen und flüssigen Zu- standes. London 1873. Übers. Leipzig 1881. Kap. VII. *•) Van t'Hopf, Lois de r^quilibre chimique dans Tetat diluä ou dissous. Stockholm 1886. Zeit- schrift f. physikal. Chemie 1, S. 481. 1887. -~ *•) Lhermite, Compt. Rend. 39, S. 1179. 1854. Nernsi, Zeitschrift f. physikal. Chemie 6, S. 37. 1890. ~ *') Clausius, Mechanische Wärmetheorie, Bd. 3, Abschnitt 11. Pooo. Ann. 106, S. 289. 1858. ^') Maxwell, Illustrations of the dynamical theory of gases. Phil. Mag. (4) XIX. S. 31. 1860. Scientific papers. I. S. 391. '— ") O.E. Meyer, Kinetische Theorie der Gase. 1877. S. 146—152 u. 326. ^) W. Voigt, Nachr. d. K. Ges. d. Wiss. Göttingen 1885. S. 228. ^^) Maxwell, Phil. Mag. (4) XX. S. 31. 1860. Scientific papers. I. S. 403. "j 0. E. Meter, Kinetische Theorie der Gase. S. 49—52. 1877. *») Majcwell, Phil. Mag. (4) XX. S. 28. 1860. Scientific papers. I. S. 394, 400—403. ^) Riecke, Zeitschr. f. physikal. Chemie. 0. S. 564. 1890. ") Riecke, Zeitschr. f. physikal. Chemie. 6. S. 571. 1890. *«) Maxweix, Phil. Mag. (4) XIX. S. 22. 1860. Scientific papers, I. S. 380—381. ") Laqranoe, M6c. analyt. Part. II. Sect. II. Art. 5 (S. 251). 1788. «») Laoranoe, M6c. analyt. Part IL Sect. IV. Art 11 (S. 314—315). *•) Hamilton, Philosophical Transactions. 1834. S. 251, 807. 1835. S. 99. *^) Laoranoe, M^canique analytique. IL partie. Sect. IV. Art. 10. Tome I. S. 318. 1811. •*) RouTH, Stability of motion. 1877. S. 61. Dynamics of a System of rigid bodies. I. S. 337. 1891. ") Thomson-Tait, Natural philosophy. I. section. S. 318, 319. ^) v. Helmholtz, Crelles's Journal 87, S. 111. § 2. 1884- •*) V. Helmholtz, Crelle's Journal 100, S. 137. § 4. 1887. «) v. Helm- holtz, Crelle's Journal 97, S. 111. § 3. 1884. ••) J. J. Thomson, Anwendungen der E^namik auf Physik und Chemie. Übers. Leipzig 1890. S. 14—15. *^) Boltz- mann, Katalog math. u. math.- phys. Modelle etc. München 1892. S. 89 98.

HL Kapitel. •») Laoranoe, M6c. analyt H. part Sect IX. S. 212.

Voigt, Theoretische Physik. 14

210 Litteratur xum L Teil

**) Euler, Theoria motus corporum solidorum. 1765. Cap. Y. Nr. 422. S. 166.

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IV. Kapitel. •**) Lagrange, Nouv. m6m. de TAcad. de Berlin. 1777. S. 155 174. Greek, Essay on the application of math. analysis on the theories of electricity and magnetism. 1828. Art. 1. ^') Laplace, M^m. de TAcad. Paris. 1781. S. 249— 267. ") Christoppel, Crelle's Journal 64, S. 321— 369. Art. 11. 1865. Clausius, Potentialfunktion. §§ 37— 39 u. 51. Betti, Potential- theorie. Kap. I. §§ 5 u. 10. »") Poisson, M6m. de ITnstitut XIL Paris 1811. S. 5, 30—34. Green, Essay. . . Art 4. Paci, Giomale di Mat. XV. 1877. S. 289—298. Beltrami, Annali di Mat (2j X. S. 59. 1880. •*) Poisson, BulL soc. philo- matique. III. S. 388—392. 1813. •*) Maxwell, Treatise on Electricity and Magnetism. I. Teil. Kap. IX. Art 129b u. 129c. »•) Voigt, Beiträge zur molekularen Theorie der Pi6zoelektricität. Nachr. d. Ges. d. Wiss. Göttingen. 1893. S. 659—661. »'^ PoissoN, M^moires de l'Acad. Paris. V. 1822. S. 267— 269. •*) PoissoN, 1. c. S. 294. ••) Maxwell, Treatise on Electr. and Mt^. 3. Teil. Kap. II. Art 398—400. '*<^) v. Helmholtz, Pogg. Ann. d. Phys. u. Chem. 89, S. 225—230. 1853. LipscHrrz, Crelle's Joum. 68, S. 1—53. 1861. Einl. u. § 2. C. Neumann, Untersuchungen . . . Kap. IV. *°*) G. Neumanm, Unter- suchungen . . . Kap. IV. § 2. **^*) Stokes, Smith's Prize Examination. 1854. Cam- bridge IJniversity Calendar. ***') Biot u. Savart, Annales de chim. et phys. XV. 1820. p. 222— 223. 1") Green, Essay . . . Art 3. "*) C. Neumann, Unter- suchungen ... S. 119— 123. KiRCHHOPP, Mechanik, 16. Vorlesung. § 4. ^'^•jKirch- HOPP, Alechanik. 16. Vorlesung. § 7. "^Kirchhopp, Mechanik. 16. Vorlesung. § 8.

1*8) Green, Essay . . . Art. 5. "») F. Neumann, Potential. Kap. 11. $$ 5. S. 270. DiNi, Atti d. Acad. dei Lincei (2) III. S. 129—132. 1876. "«) Pockels, Über die partielle Differentialgleichung £^u -{■ k^ u ^ 0. Leipzig 1891. S. 255.

"*) Green, Essay . . . Art. 6. *") Gauss, Allgemeine Lehrsätze etc. Art 20.

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n. Teü. Mechanik nichtstarrer Körper.

*

L KapiteL

Die Grnndgleichungen für das Gleichgewicht und die

Bewegung nichtstarrer Körper,

§ 1. Unendlich kleine, stetige Verrüclnmgen in einem nichtstarren

Körper.

Als nichtstarre Körper bezeichnen wir solche, deren Teilchen gegenseitige Verschiebungen gestatten, also unabhängig Toneinander veränderliche Koordinaten besitzen. Bedeuten ar, y, r die Anfangs- werte der letzteren, x + u, y + t?, z + to ihre zu beliebiger Zeit geltenden Beträge, so sind u, v, to, die Komponenten der Ge- samtverrückung eines Teilchens, im allgemeinsten Falle Funk- tionen der Anfangswerte der Koordinaten x, y, z und der Zeit t

Erfüllt der betrachtete Körper anfänglich einen Eaum k stetig, so entsprechen auch allen Punkten von k bewegte Massen und dem- gemäß Yerrückungen u, v, w. Letztere müssen dabei stetige Funktionen der Koordinaten sein, wenn bei der Bewegung weder mehrere Massen an dieselbe Stelle gelangen sollen, was mit der Undurchdringlichkeit der Materie in Widerspruch kommen würde, noch neue Begrenzungsflächen am Körper entstehen oder gar Zer- faUungen desselben in mehrere Teile eintreten sollen, was die Be- dingungen der Bewegung vollständig verändern würde. Wir schließen weiterhin derartige Singularitäten prinzipiell aus.

Sind aber u, v, w stetige Funktionen der Koordinaten, so können wir sie in der Umgebung oder, wie wir sagen wollen, dem Bereich B einer beliebigen Stelle x, y, z nach dem TAYLOE'schen Lehrsatz ent- wickeln und für einen Punkt mit den Koordinaten ar^ == a: -|- 1, yj = y + 1?, Zj = z + f schreiben

14*

212

II. Teil. Mechanik niehtstarrer Körper. L Kap.

1)

. ydu , du . ydu . S^d^u , u B^u , yy d^u

dx

By

dx

2 Bx^

dxdy

, udv , dv , ydv . f* d*r , ^ ö*» , uy

10

dx

di€

dx

2 dx^

dw

dw , P d^w

dxdy

d^w

dxdx

d*r dxdx

d^w

I •••? I •••?

1 * ^ dx dy ^ dx 2 dx^ ^ ' dxdy ^^ dxdx '

WO nun rechts u, v, w und ihre Differentialquotienten sich auf die Stelle I = i;/ « f s=s 0, d. h. den Punkt x, y, z beziehen.

Wir konstruieren um x, y, z eine Kugel ä' mit beliebigem Badius, doch so, daß sie vollsl&ndig in dem betrachteten Bereiche liegt, und bestimmen für sie, indem wir die Verrückungskomponenten Mj, r^, tr^ analog wie Geschwindigkeitskomponenten behandeln, die ihnen ent- sprechenden Schwerpunktsverschiebungen und Flächenmomente in Bezug auf die Koordinatenaxen gemäß S. 38 und 39.

Bezeichnet man die ersteren als mittlere Verschiebungskom- ponenten mit «^, t?^, tr^, so geschieht ihre Berechnung nach dem Schema u^^h! = ftt^dK u. s. f. und ergiebt

i

2)

u.

= M + Xj* + *2* ^ ^" + ••• j

Vfj, =v +Xi^Av +Xa*AAv +...,

w^^w + Xi* A«? + V A A*^ + .... Hierin ist gesetzt

es ist dann zugleich

2-)

2")

/^ ^f^ =/^ = 2A'x,* u. 8. f.

Versteht man femer unter /^, w^, n^^ mittlere Drehungen um die Koordinatenaxen bei gegebenen Flächenmomenten, so ist die Berechnung der letzteren auszuführen nach dem Schema:

4/^Ä'xi* = /(^;wj ^v^)dk! u. s. f., woraus folgt

2"')

/.

m.

1 (^^

Fx

dtc^ dx

du

+

+

\ A (1^

-^' +

A

A

_ dj\ dx)

/du ^ dio\ [di dx)

^dv du\ ^dx dy)

■f" •>

'^" 1 1 t

§ 1, Homogene Deformation, 213

Zieht man von den in (1) gegebenen Werten der m^, üj, w^ die- jenigen Beträge ab, welche den Verrückungen bei einer gleich- förmigen Verschiebung imd Drehung des ganzen Bereiches B um die oben bestimmten mittleren Werte entsprechen, bildet also

m' = Mj M^ + rif^t} -m^f, I

t?'= v^- Vf,+ l^^^n^^j I 3)

w' = M?! Wf, + wi^l lf,ri, )

so kann man die resultierenden u\ v\ «?' als die einer reinen Deformation des Bereiches entsprechenden Verriickungskomponenten bezeichnen. Zieht man sie allein in Betracht, wie weiterhin zu- nächst geschehen mag, so bezieht man damit das betrachtete Bereich des nichtstarren Körpers auf ein gemäß den Werten w^, v^, w^ ver- schobenes und gemäß /^, th^, n^ gedrehtes Koordinatensystem.

Es mag bemerkt werden, daß es nicht angängig ist, statt der ein- gefährten /^, m^, n^ die vielleicht näher liegenden arithmetischen Mittelwerte (i, wij^, «J« der Drehungen innerhalb k\ definiert durch

^;A'=/^^'-^rf*',

zu benutzen, da dieselben sich nicht wie Vektorkomponenten ver- halten. —

Die Ausdrücke (3) sind im allgemeinen sehr kompliziert; sie nehmen aber eine überaus einfache Gestalt an, wenn man das Bereich B des Punktes x, ^, z so klein wählt, daß innerhalb einer festgesetzten Genauigkeit die Entwdckelung (1) mit dem linearen Glied abgebrochen werden kann. Dann gilt nämlich, wenn man wieder die schon S. 126 benutzten Abkürzungen

du _ dv^ dtc ^ .

dv j^ dtc __ _ dw I ö** ^ _ ^** ^ ^^ _ I

einführt:

«' = ily« + w, + iCy,, 3")

Die Funktionen ar , . . . ar , deren Werte mit der Orientierung des Koordinatensystems variieren, nennt man die Deformations- größen des betrachteten Gebietes oder an der Stelle ar, y, z; ihre Dimension ist

214 II, Teil, Mechanik nichtstarrer Körper, L Kap.

3'") [xj [xj = l;

sie sind also reine Zahlen.

Wenn, wie in unserem Falle, innerhalb des Bereiches die De- formationsgrößen Konstanten sind, nennt man die Deformation eine homogene.^)

Setzen wir

I* + ^* + ?* = ?*, i = Qcc, ri^Qß, f = QY, so bezeichnet q den Eadiusvektor von x, y^ z nach der Stelle ^ + 1> y + ^> ^ + f j ^i^<i ^> ßi 7 siii^i seine Richtungskosinus, u', t?', «?' können wir als Komponenten einer relativen Gesamtverschiebung ^ auffassen und setzen

worin nun «', /?', y' die Richtungskosinus von s bezeichnen und g eine neue Bezeichnung ist Die Formeln (3") geben dann

ö'/^ = iyx« + y/ + iy.r,

und zeigen, daß im allgemeinen s nicht mit q parallel ist Dies wird jedoch der Fall sein, wenn die Bedingungen erfüllt sind:

wobei 1 = a^ + /?* + ^'^ ist

Diese Gleichungen bestimmen sowohl die Richtungskosinus der speziellen Radienvektoren (>, denen parallel die Verschiebungen ihrer Punkte stattfinden, als auch den Wert des ihnen entsprechenden o-, welches hier offenbar die Bedeutung der Verlängerung ihrer Längen- einheit, ihrer sogenannten linearen Dilatation hat

Durch Elimination von a, /?, y folgt aus (4)

<^'- K+yy+ ^.)^*+ (yy^,+ ^.^x + ^«yj, - i(y/+ ^«*+ V))^

eine der Wurzeln o-j, o-g, (T3 dieser, wie jeder kubischen Gleichung ist stets reell, wir wollen sie mit (Tj, den ihr entsprechenden Vektor mit Q^ bezeichnen.

Drehen wir nun das Koordinatensystem X, Y, ^ so, daß die X-Axe mit p^ zusammenfällt, so muß in (3") | = Pi, «? = ?=0 zur Folge haben «'= pj o-^ , 1?'= 0, tr'= 0, d. h. es muß für diese Lage der Axen sein

4") ^x=^i^ yx=^x=o.

.(

§ 1, Homogene Deformation. 215

Hiernach wird aus (4)

ein Gleichungssystem, das durch die Wurzel o-j und die ihr ent- sprechenden Werte «^ = 1, jS^ = y^ = 0 identisch befriedigt wird.

Für die beiden anderen Wurzeln folgt aus der ersten dieser Formeln, daß sie entweder gleich a^ sein oder aber Richtungen pj und (>3 normal zu q^^ entsprechen müssen. Ersteres ist im allgemeinen mit (4) imvereinbar, es muß also letzteres gelten.

Legt man demgemäß die noch willkürliche Axe ¥ in die Eichtung von (>j, so folgt in derselben Weise wie oben, daß dadurch

wird, während pg mit der Z-Axq zusammenfällt

Wir erhalten sonach das Resultat, daß im allgemeinen nur die Punkte dreier zu einander normaler Axen, der Hauptdilatations- axen, die wir weiter mit Xq, T^, Zq bezeichnen wollen, in der Richtung der Radienvektoren verschoben werden, und daß die diesen Axen entsprechenden Deformationsgrößen nach (4") und (4"') die Werte haben

^x'=^i. yv'=^2. ^.'-<^3. y,'=^/ = <=o, 5)

worin die (t^ die Hauptdilatationen heißen.^ Für diese erhält man aus (4') die Beziehungen

aus denen zugleich folgt, daß die drei Aggregate rechts die einzigen aus den Deformationsgrößen zu bildenden Invarianten sind. ^

Die relativen Koordinaten |, 17, f nehmen infolge der Deforma- tion die Werte

an, durch deren Diskussion man leicht die Bedeutung der allgemeinen Deformationsgrößen ^3. , . . . a: erhält

Bei Einführung der Hauptdilatationsaxen wird ein&tcher

lo = 10(1 + ^1). ^0 = ^0(1 + ^2)» S(; = So(i + s)- 6')

Nach den Formeln (6) resp. (6') bleiben im Innern des Be- reiches B bei der Deformation Gerade gerade, Ebenen eben, über-

216 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper, L Kap.

haupt behält jede Oberfläche iliren Grad. Parallele Gerade und parallele Ebenen bleiben parallel.

Ein spezielles Interesse bietet die Deformation einer Kugel innerhalb des gewählten Bereiches, weil sie eine deutliche An- schauung von der Verteilung der Verrückungen um einen Punkt gewährt. Aus ihrer ursprünglichen Gleichung |* + r/* + f ^ = ^' ^ird bei Voraussetzung des Hauptaxensystemes nach den Gleichungen (6')

also die Gleichung eines Ellipsoides, des sogenannten Dilatations- ellipsoides, dessen Mittelpunkt von demselben Massenteilchen ge- bildet wird, das ursprünglich im Eugelcentrum lag, und dessen Hauptaxen in die Hauptdilatationsaxen fallen und sich je durch die entsprechenden Hauptdilatationen bestimmen.

Verbindet man mit diesem ein koncentrisches und gleichliegendes Hülfsellipsoid, dessen Gleichung ist

a'"\ io I Vo i io 7? 2

^ ^ 1 + ^ 1 + a, ^ 1"+"^ - ^1 '

SO giebt (6') den Satz, daß ein Punkt |, rj, f der Kugelfläche nach der Deformation diejenige Stelle des Dilatationsellipsoides einnimmt, in welcher letzteres geschnitten wird von dem Radiusvektor nach der Bertihrungsstelle einer normal zum Strahl durch |, t;, f an das Hülfsellipsoid gelegten Tangentenebene.*)

Wird der durch die erste Deformation hervorgerufene Zustand einer neuen Deformation unterworfen, welche durch die Größen x^,... x^ bezeichnet werden mag, so nehmen die relativen Koordinaten die Werte an

r= r (1 + ^x) + \v'^i + ir ^:, «. s. f.,

aus denen hervorgeht, daß sich im allgemeinen nacheinander hervor- gebrachte Deformationen nicht einfach summieren. Dies geschieht indessen, wenn die Deformationen unendlich klein sind. Dann gilt einfach:

r = 1(1 + x, + ari) + -lrj{xy + xi) + \^{x, + xl), u. S. w.

Diesen wichtigsten Fall wollen wir weiter allein vor- aussetzen.

Dann gewinnen die sechs Deformationsgrößen x^ , , , x des Bereiches B eine vereinfachte und anschauliche Bedeutung.*)

x^, ^y» ^t sind die linearen Dilatationen parallel den willkür- lichen Koordinatenaxen X^ Y, Z.

§ 1. Unendlich kleine Verrückungen. 217

*»—— - -~

y«> ^«» 'y ^^^ Verkleinerungen der Winkel zwischen Richtungen, Welche ursprünglich der Z- und Z-, der Z- und JC-, der X- und J-Axe parallel waren.

Femer erhält man nunmehr leicht den Wert der linearen Dilatation einer in beliebiger Richtung gelegenen Strecke; es wird nämlich, wenn Uj ß, y ihre Richtungscosinus bezeichnen, nach den Fonneln (6)

X = x^€€^ + yyß^ + z^r^-^yjr + ^zr^ + ^y^ß- ')

Parallel den drei Hauptdilatationsaxen wird X resp. mit <t^, a^, a^ in (5) identisch.

Die kubische Dilatation oder die Dilatation der Volumeneinheit & aber wird

* = ^x + yy + ^s» 7')

ist also identisch mit der ersten der in (5') angegebenen Invarianten. Für die Einführung neuer Koordinatensysteme in die Ausdrücke der Deformationsgrößen ist zu bemerken, daß, wie eine einfache Rechnung zeigt,

^»J Vyi ^«> y,> ^x» ^y

sich genau in derselben Weise transformieren, wie die Produkte

X\ P, ^, 2YZ, 2ZX, 2XY

Ton Vektorkomponenten.

Die sechs Größen x^j , , , x bestimmen nach dem Vorstehenden Yollständig die Deformation des betrachteten Bereiches und sind für jede einzelne Stelle voneinander unabhängig; dagegen können sie innerhalb des deformierten Körpers als Funktionen der Koordi- naten nicht durchaus willkürlich vorgeschrieben werden, vielmehr müssen ihre Differentialquotienten gewissen Bedingungen genügen, welche daraus entspringen, daß die sechs Größen x^, . . . :r von nur drei willkürlichen Funktionen u, v, to der Koordinaten abgeleitet sind ®).

Man erhält diese Gleichungen, indem man die Bedingungen dafür aufstellt, daß von den folgenden Ausdrücken:

dx\dy)^ dy' dy\dy)''dy dx' dx[dy) ''^[dx'^ dy dx)' dx^dx)" dx' dy[dx)'^^[dx'^ dy dx)' 'dx[dx)''dx dx'

218

n. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper, L Kap.

je die drei in einer Linie stehenden die Differentialquotienten einer und derselben Funktion sein müssen. Sie lauten demgemäß

8)

dx^ ^

S^«""

dydx'

d^x^ dx^ "^

d

d^x^ dxdx'

d^x dy^ ^

di

dxdy'

2

dydx

+

d'y,

dxdx

+

dydx'

dxdx

+

dxdy

+

d*x^ dxdy'

dxdy

+

d^x

2

dydx,

+

ö'y.

dxdx'

Genügen die Gesamtverrückungen u^ v, w der Bedingung der Stetigkeit, so muß die Begrenzungsääche eines nichtstarren Körpers stets von denselben Teilchen gebildet sein; denn um jedes der Ober- fläche beliebig nahe Teilchen als Mittelpunkt kann man eine ganz im Innern des Körpers liegende Kugel konstruieren, die sich nach (6") in ein Ellipsoid um dasselbe Teilchen als Centrum deformiert Nur bei unendlich starker Deformation kann daher der Abstand des Punktes von der Grenzfläche unendlich klein höherer Ordnung werden.

Man kann dies Resultat anschaulicher dahin aussprechen, daß die Grenzschicht des Körpers sich bei der Deformation zwar außerordentiich stark vergrößern und dabei verdünnen oder verklei- nem und dabei verdicken kann, aber immer dieselben Teilchen enthält.

Die Gleichung der Grenzfläche, welche zu irgend einer Zeit t von einem System Koordinaten x, y, z erfüllt wird, muß hiemach, wenn während der unendlich kleinen Zeit r die Verrückungen «, V, w eintreten, zur Zeit t + r von den Koordinaten x + u^ y + ^j z + to befidedigt werden. D. h., es muß nebeneinander bestehen

und 9)

F{x,y,z,t)^0

dF , dF , dF , dF ^

dt ox dy dx

Sind u^ v^ w als Funktionen von :r, y, z und t gegeben, so muß jede Fläche jP, welche geeignet sein soll, den nichtstarren Körper

§ L Grenxbedingungen für die Verrückungen, 219

ZU begrenzen, dieser Gleichung genügen. Ist hingegen F als Funk- tion von Xy y, z und t gegeben, so liefert die Gleichung (9) eine Bedingung für die Geschwindigkeiten

oder im speziellen Falle des Gleichgewichts für die Verrückungen M, Vy w an der Grenzfläche^.

Trennt die Fläche zwei Körper, von denen mindestens der eine nicht starr ist, so kann man die Gleichung (9) ftir beide Körper aufstellen und sodann d Fj dt eliminieren. Man erhält dadurch die Bedingung

die ebenso für w', v\ w' aufgestellt werden kann, oder, indem man die Bichtung der Normalen auf der Grenze, nach einer beliebigen Seite positiv gerechnet, mit n bezeichnet,

("i «2) ^^ ^ ^) + K "~ "2) cös ^y) + ("'i ^^2) ^^s («, 2^) = 0 , 9")

was anschaulich die Bedingung dafür ausspricht, daß die Grenzfläche auch bei der Deformation Grenze bleibt

Hängen beide Körper in der Grenze fest zusammen, so muß noch spezieller gelten

Mj = ttj , Vi = Ü2 , «^1 = ti?3 . 9'")

§ 2. Die inneren Kräfte eines niohtstarren Körpers.

Ein beliebiger Teil eines nichtstarren Körpers stellt ein Massen- system unter der Wirkung innerer und äußerer Kräfte dar. In betreff der inneren Kräfte können wir auf dem, S. 102 bei der analogen Frage für starre Körper eingeschlagenen Wege schließen, daß sie die Eigenschaft haben, über den ganzen betrachteten Teil summiert, verschwindende Komponentensummen und Drehungs- momente zu liefern.

Auch die Schlußweise auf S. 103 ist anwendbar, wenn wir die Annahme benutzen, es ließe sich jeder Teil eines nichtstarren Kör- pers in einem beliebigen Zustand zu einem starren machen, ohne seine inneren Kräfte zu verändern.

Dies hat zur Folge, daß, wenn man für irgend einen Teil eines

220 //. Teil, Mechanik niehMarrer Körper. L Kap.

nichtstarren Körpers nach Maßgabe des S. 38 und 39 Angegebenen die Schwerpunkts- und Flächengleichungen bildet, aus denselben die inneren Kräfte des Teiles vollständig herausfallen, so daß die For- meln die in den Systemen (43) und (45) des vorigen Teiles gegebene Gestalt annehmen, in welcher allein die Komponenten- und Mo- mentensummen der äußeren Kräfte auftreten, die der betrachtete Teil erfährt.

Letztere zerfallen in zwei Gruppen, nämlich einerseits in solche, welche, etwa femwirkend nach Art der Schwere, auf innere Punkte ausgeübt werden, andererseits in solche, welche von den umlagernden Teilen desselben oder eines anderen Körpers nur auf die an der Grenzfläche liegenden Massen wirken. Erstere beziehen wir auf die Vo- lumeneinheit und setzen ihre Komponenten gleich X*, r*, Z^; letztere beziehen wir auf die Flächeneinheit der Begrenzung und be- zeichnen ihre Komponenten mit X^, Y^, Z^, wobei der Index n auf die Eichtung der inneren Normale des Oberflächenelementes hin- weist, gegen welches sie wirken.

Die durch diese Komponenten bewirkten Drehungsmomente drücken wir wie früher (S. 39) aus, lassen aber die Möglichkeit zu, daß die kleinsten Teile des Körpers auch noch direkt Drehungs- momente erfahren durch Kräfte, welche sich in den Komponenten- summen nicht geltend machen, etwa weil unendlich benachbarte Punkte entgegengesetzt gleiche Kräfte erfahren. Letztere Momente bezeichnen wir, soweit sie den Charakter von Femwirkungen haben, mit Z\ M\ iV, soweit sie von den direkt anlagernden Teilen aus- geübt werden, mit i^, M^, N^ und beziehen wie oben die ersteren auf die Volumen-, die letzteren auf die Flächeneinheit Diese Momente haben nach S. 101 für alle parallelen Axen die gleichen Werte.

Der Kürze halber sollen weiterhin die Kräfte und Momente X\ r, Z', L\ JT, N' körperliche, die A;, r„, Z^, L^, M^, 3; innere oder molekulare genannt werden; wirken die letzteren gegen die äußere Grenzfläche des aus einem oder mehreren Körpern gebildeten Systems, so mögen sie oberflächliche heißen und mit Xj Y, Zj Lj M^ N bezeichnet werden; wirken sie gegen die Grenze zwischen zwei durch (A) und [k) charakterisierten Körpern, so mag für sie die Bezeichnung X^uj ^Äfc> Z^^^ Lhuj ^»j A^k angewandt werden.

Unter Berücksichtigung dieser Festsetzungen nehmen die Glei- chungen (43) und (45) des vorigen Teiles die Form an®):

§ 2. Innere Kräfte niehtttarrer Körper.

221

j^^dk^jZ'dk+jZ^do,

10)

10')

+ j{M^ + zX,-xZ^do,

Die körperlichen Kräfte und Momente sind oben auf die Vo- lumeneinheit bezogen, weil diese Festsetzung keinerlei Gesetz ihrer Wirkung voraussetzt; sind sie aber speziell den Massen pro- portional, so ist es vorteilhaft, sie auf die Masseneinheit zu beziehen und daher

X'=pX, r=(>7, Z" ^qZ, r =^qZ, AT =-gM, i\^ = p^ 10")

zu setzen.

Die Dimensionalgleichungen der verschiedenen Arten von Kräf- ten und Momente sind folgende:

[JE] = [7] = [^ = ltr-\ [L] = [M] = [iV] = p^2, iq..)

Wendet man die sechs Gleichungen (10) und (10') auf ein cylindrisches Yolumenelement von gegen die Querdimensionen un- endlich kleiner Höhe an, so verschwinden aus ihnen alle Raum- integrale und auch die über die Mantelfläche erstreckten Flächen- integrale als unendlich klein höherer Ordnung, und das erste Tripel liefert *

j; + x.„ = r, + 7.« ^Zn + z^n = 0; ii)

die Berücksichtigung dieses Resultates läßt im zweiten Tripel auch noch die mit JT^, ¥^, Z^ multiplizierten Glieder verschwinden und ergiebt

222

IL Teil, Mechanik niehtstarrer Körper. I. Kap.

Ist die eine Grundfläche des Cylinders eine Begrenzung des Körpers, in welcher die Komponenten und Momente direkt gleich X, Z, Z, resp. L, Mj N gegeben sind, so nehmen diese Gleichungen die Gestalt an

L^ + I^M^ + M^Y^ + N^O,

11")

in denen n als äußere Normale auf der Grenzfläche des Körpers betrachtet werden kann.

Die Formeln (11) und (ll') können auch auf den Fall ange- wandt werden, daß der Cy linder über einem Element der Grenze zwischen zwei verschiedenen Körpern h und k konstruiert ist; er- fährt die Grenzfläche selbst Kräfte imd Momente, wie dergleichen z. B. durch eine ihr mitgeteilte elektrische Ladung oder durch längs der Grenze stattfindende Molekularkräfte bewirkt werden könnten, so ergeben sie in sofort verständlicher Bezeichnung

11'") <

die Normalen sind nach der Ableitung der Formeln je die äußeren auf dem durch den Index h resp. h bezeichneten Teil des Körper- systemes.

Wählen wir femer als das Integrationsgebiet ein Tetraeder von unendlich kleinen Kanten, dessen Flächen resp. normal zur X-, T-j Z'Axe und einer beliebigen Richtung n liegen letztere positiv aus dem Tetraeder heraus gerechnet , so ergiebt sich unt^r Be- nutzung von (11) und (IT)

' ^n = ^x cos {n, x) + -Xy cos (n,y) + X, cos (n, z),

12) ' ^n = ^x Cös (n, x) + Jy cos (w,y) + 7, cos (n, z),

^n = K COS (w, x) + Z^ COS (n,y) -|- Z^ cos {n, z),

/ i;„ = i^ COS (n, x) + Ly cos (n,y) -f- L^ cos (n, z),

12') \m^ = M^ cos (n, x) + My cos {n,y) + M^ cos («, z),

l iV;^ = iV^^ cos (71, x) -h Ny cos (7i,y) + N^ cos (n, z).

Endlich erhält man durch Anwendung der Formeln (10) auf ein unendlich kleines Prisma, dessen Flächen den Koordinaten- ebenen parallel sind:

§ 2, Innere Kräfte nichtstarrer Körper,

223

^^ = Z' ^^'^

öX dX

y a

dt^

dx

dy

dx

^ = 7'---=^-—»-^^

^ dfi

dx

dy

dZ dZ

= ^' - ^r^ - -^ -

dx

ÖL

dx dM

dx dN

00/

dL

y

dy

dy dL^

~dt

'dt' dZ^

'dt'

13)

+ ^«-^.»

ÖJf„ ÖJlf

y z

dy

dN

^ y

dy

dx

dN^ ~dt

+ ^«-^.,

+ ^."-^x-

13')

Für die Ableitung der letzten drei Formeln sind die ersten drei zu benutzen und ist außerdem in Betracht zu ziehen, daß sich innerhalb des Integrationsgebietes die x, y, z nur unendlich wenig Ton Konstanten unterscheiden.

Die Gleichimgen (11) bis (13) haben den ganzen Inhalt der Formeln (10) in sich aufgenommen, so daß letztere aus ihnen zurück- gewonnen werden können, und zwar auch für den allgemeinsten Fall eines Systemes von verschiedenen Körpern.

In der That führt die erste Gleichung (13), über das ganze System integriert, sofort auf

-Z J(> ^ rf Ä == ^JZ' rfÄ - ^ Jdö ( J^cos (n,ar) + Jy cos (n,y^

wo die Summe 2 sich auf die verschiedenen homogenen Teile des Systemes bezieht, und n die äußere Normale auf der Grenzfläche eines homogenen Teiles des Systemes bezeichnet Die Oberflächen- integrale reduzieren sich nach (12) auf 2fdoX^ und ergeben nach (IT") den Wert -2"/X^j^rfo^j^, soweit sie Grenzflächen zwischen zwei Körpern h und k des Systemes betreffen, dagegen, soweit sie sich auf äußere Begrenzungen des Systemes beziehen, nach (11") den Wert -Z/X^rfö^, so daß man schließlich erhält

^/*s«

^2fx'dk + 2JXdo,

in Übereinstimmung mit der ersten Gleichung (10),

Integriert man hingegen die erste Formel (13') über das ganze körperliche System, so erhält man

0 = 2fL'dk

2fdo (L^ cos (71, x) + Jy cos (n, y) + L^ cos (n, z)) + 2f{Y^ - Z^) dk.

224

//. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper, I. Kap.

Hiervon behandelt man das Oberflächenintegral genau wie das Yorige, das letzte Eaumintegral hingegen schreibe man

/■

= 1 do {z i; cos («, z) - yZ^ cos (n,y)) dY dY-\

und dies giebt leicht

dt^

-^S)]

dky

wodurch man wie früher erhält

2SQ[y%-'^S]dk=2J{F+yZ^-zT)dk+2Jß+JZ-lf)do.

Dies ist aber die vierte Gleichung (10) in allgemeinster Fassung. Die vorstehenden allgemeinsten Resultate sind für die An- wendungen zu vereinfachen, da wir in Wirklichkeit, wie es scheint, keine Mittel haben, durch Oberflächenkräfte direkt auf die kleinsten Teilchen der Körper Momente auszuüben; hiemach ist

zu setzen. Das hat dann zur Folge, daß nach (11") zunächst in den Oberflächen der Körper die inneren Momente i^, Jf^, jS\ sämt- lich verschwinden, und man gelangt zu keinen Widersprüchen mit der Erfahrung, wenn man nun auch überall und für beliebige n

L = .if = a; = 0

« » n

nimmt Die körperlichen Momente L\ M\ N^ sind durch mecha- nische Mittel zwar nicht hervorzubringen, es liegt aber jedenfalls die Möglichkeit vor, sie durch elektrische Kräfte ?u bewirken; man würde hiemach also das System (13) zunächst zu schreiben haben®):

14)

d»a; ^ ^, _ ^\

dX.. dX

d^x

dx

dy BT.

14')

dY

dx dy

dZ dZ^ _. ^> X y_

dx dy

0 = i' + r, - z^.

dx ' 0 7 ~dx^ BZ

§ 2, Innere Kräfte niehtstarrer Körper. 225

Schließt man aber solche Mittel aus und setzt i' = JT = iV^ = 0, so wird aus den letzten drei Qleichungen noch einfacher

Diese Annahme wird in der Praxis meistens gemacht; das aus ihr folgende Resultat (14") ist bereits auf Seite 126 benutzt worden. •) Unter seiner Berücksichtigung ist der Spannungszustand an irgend einem Punkte eines beliebigen nicht starren Körpers durch die sechs Komponenten

^x^ ^y> ^z^ ^zJ ^xy V

die für eine einzelne Stelle willkürlich vorgeschrieben werden können, vollständig bestimmt. Als Funktionen der Koordinaten und der Zeit unterliegen sie aber den drei Gleichungen (14), zu denen als Bedingungen für die Grenze zwischen zwei Körpern {h) und (Ä) drei Formeln treten, die wir in der allgemeinsten Fassung, unter Berücksichtigung äußerer auf die Grenzfläche wirkender Drucke mit den Komponenten X^^^, }\j., Zj^j^, nach (IT") schreiben

Ä)* + {XX +_x,, = 0, (7j, + (7^ + r;, = 0, .

Die Bichtungen n^ resp. w^ sind dabei die der äußeren Normalen auf der Oberfläche von (A) resp. (A).

Die Formeln vereinfachen sich, wenn entweder die Drucke gegen die Grenzfläche, oder die Spannungen im Nachbarkörper Null sind oder vorgeschriebene Größe haben.

Die Druckkomponenten -i'^. . . . X sind vom Koordinatensystem abhängig und ändern ihre Werte bei Einführung anderer Axen- richtungen. Für die Ausführung der Transformation ist die Be- merkung von Wichtigkeit, daß sich die sechs Druckkomponenten hierbei vollständig wie die sechs Komponentenprodukte

X2, P, Z^, rZ, ZX, XY

verhalten.

Bezeichnet man die Resultante aus X,,, Y^y Z^ mit P^, und führt man ihre Richtungscosinus mit der Bezeichnung a\ /?', y* ein, während man cos (w, x), cos (n, y), cos (n, z) in of, /?, y abkürzt, so wird aus dem System (12)

P^a^^X^a + X^ß + X^Y, P^ß'^Y^a+Y^li+Y^r,

P,y=^z^a + z^ß + z^r.

Voigt, Theoretische Physik. 15

22b //. Teil Mechanik nichtstarrer Körper, I. Kap.

P^ fällt im allgemeineii nicht in die Richtung von n; aus- genommen sind die speziellen Werte a, /?, y, für welche gilt

15) o=7,« + (i;-P)/9+7.y,

wobei mit P der spezielle Wert von P^ bezeichnet ist, der normal zu dem entsprechenden Flächenelement wirkt.

Dieses Formelsystem stimmt vollständig mit (4) überein und ge- stattet die gleichen Folgerungen. Insbesondere ergiebt dasselbe, daB im allgemeinen nur drei zu einander normale Richtungen, die Hauptdruckaxen, existieren, in denen dieDrucke, die Hauptdrucke Pj, Pg, Pg, normal gegen das zugehörige Flächenelement wirken.

Wählt man die Hauptdruckaxen zu Koordinatenaxen JP, J^, ^, so nehmen die bezüglichen Druckkomponenten die Werte an ^^

15') x/= p, , r/= p, , zj>= p, , i;«= zj>= x;= o .

Zwischen ihnen und den auf ein beliebiges Axensystem X, Y, Z bezogenen Werten bestehen die Beziehungen

, p,+p,+p,=x^+r^+z^, i5'')}p,p,+p,p,+p,p,=r^z^+z,x^+x^r^-{r^^+zj+x^'), \ PrP,Ps=x^ry2.+2rA^,-{xj,'+r^z,*+z,x^*);

die Ausdrücke rechts sind die einzigen von einander unabhängigen aus den Druckkomponenten zu bildenden Invarianten.

Bei Einfuhrung der Hauptdmckaxen -P, 7*^, Z^ nimmt das System (12) die Form an

16) X„^= P,cos(n, x), 7„«= P2C0s(n,y), ^„o= PjCOsC«, z),

woraus durch Elimination der Richtung von n die Beziehung folgt

/Xn2 IY''\^ (Z^\^

Da X^, Y^j Z^ die Komponenten nach den Hauptdruckaxen von der Druckkraft P^ sind, welche gegen das durch die Richtung von n charakterisierte Flächenelement wirkt, so stellen sie auch die Ko- ordinaten i, f], C ^^8 Endpunktes eines mit P^ proportionalen Vek- tors vom Koordinatenanfang aus dar, und die Gleichung

-■1 iih (*)■+ i-k)'-

zeigt, daß die allen möglichen Richtungen von n entsprechenden Endpunkte ein dreiaxiges EUipsoid das Druckellipsoid er-

§ 3. Hamilton' 8 Öleichung für nichtstarre Körper.

227

fallen, dessen Hauptaxen nach Bichtung und Größe durch die Hauptdrucke Pj, Pj, Pj bestimmt sind.

Kombiniert man mit diesem Ellipsoid die concentrische und gleicbliegende Hilfsfl&che zweiten Grades, deren Gleichung lautet

+

+

= 1,

16'")

Pi ' n P.

80 ergiebt das Formelsystem (16) das Eesultat, daß, wenn man an die Hilfsfläche (16'") eine Tangentenebene normal zu n, d. h. parallel zu dem Flächenelement legt, gegen welches P^ wirkt, die Richtung des Radiusvektors nach der Berührungsstelle mit derjenigen von P^ identisch ist

Dieser Satz gestattet, zu jedem n das zugehörige P^ zu kon- struieren, und umgekehrt ^^)

§ 3. Die EAMiLTON'sohe Olelohung für niohtstarre Körper. Kinfinhnmg eines rotierenden Koordinatensystemes.

Die Gleichungen (14) sind bei Annahme der Beziehungen (14") und (14"') in eine einzige zusammenzufassen, welche den Vorteil des leichten Überganges zu anderen Koordinatensystemen bietet ^*) Man erhält nämlich durch Multiplikation mit den virtuellen Ver- rückungen Sxy Sy^ Sz und Integration über das ganze System in Berührung stehender Körper:

(

-T+ '

+ C

dt*

-r+

-^+

dx

dx dx

ex^ ex,

"I" "äT! f"

+

+

dy

d Y y

dy BZ.

^)

+

8x

y

dy

+

d dZ.

i)*.]_0.

Sind die Variationen Sx^ Sy, Sz im Innern des ganzen Systems, auch beim Durchgang durch die Grenze zweier verschiedener Körper, stetig, so ergiebt diese Formel durch teilweise Integration, da sich die auf die Zwischengrenzen bezüglichen Glieder nach (14'") zusammenfassen :

- X

+ r,{

6 dy d dx

dx

+

dy

) H- ^. (

ddx y döy ddx

* dx '^ y dy "*" * dx

X ddx

-r

)^^(

d öx . d dy

"T

dx * dx ) ^ y\ dy * dx --Jdo{Xdx + rSy + ZS7) = 0.

%

17)

15'

228 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper, L Kap.

Dieselbe Formel gilt auch, wenn die Variationen in der Grenze unstetig sind, falls nur ihre Komponente normal zur Grenze nicht springt und der Druck senkrecht gegen die Grenzfläche wirkt

Vergleicht man diese Formel mit (95') des ersten Teiles und berücksichtigt, daß

17') rSx + TSy + Z'Sz = S'aa

die auf die Volumeneinheit bezogene virtuelle Arbeit der körper- lichen Kräfte,

1 7") XSlc + TSy + ZSl=^ S'ao

die auf die Flächeneinheit bezogene der Oberflächendrucke gegen eine äußere oder eine Zwischengrenze ist, so erkennt man, daß

17'")

dx

+^.(^+^)+^-.(^+^)-*''"

die auf die Volumeneinheit bezogene Arbeit der inneren Kräfte sein muß; denn andere als diese drei Arten von Kräften treten nach der Annahme nicht ins Spiel.

Die Gleichung (17) läßt sich daher schreiben

woraus bei Einführung der gesamten virtuellen Arbeit S*A für den Fall des Gleichgewichtes spezieller folgt

18') S"^ =fdk{S'aa + dVf) + fdoSrao = 0.

Sind die virtuellen Verrückungen die in der Zeit dt wirklich eintretenden, d. h., ist

Sx = -=-dt, Sy = -j^dt, Sz = -^dt, dt ^ dt ^ dt

SO giebt die Formel (18)

18") dW=d^,

die Gleichung der lebendigen Kraft, welche auch zeigt, daß im Falle, wo kein Gleichgewicht stattfindet, das nichtstarre System die Bewegung aus der Ruhe so beginnt, daß

18'") d'ui > 0

ist.

Benutzt man die Umformung von Seite 80 und integriert die Formel (18) nach der Zeit ZTsdschen zwei Grenzen, an denen die Variationen Sx, Sy, Sz verschwinden, so erhält man

§ 3. Hamilton' 8 Gleichung für niektstarre Körper, 229

h

fdt{SW+S'A):=:0 19)

und damit die Gestalt, welche das HAMiLTON'sche Prinzip flir nicht- starre Körper annimmt

Ein sehr wichtiger Fall ist der, daß die Arbeit der inneren Kräfte 5*«« die Gestalt der vollständigen Variation Ton einer Funk- tion besitzt, die nur von dem augenblicklichen Zustand abhängt, also

S'ai = S(p

ist, wo man (p die auf die Volumeneinheit bezogene Potentialfunk- tion der inneren Ejräfte nennen kann; setzt man dann f (pdk = 4>, d. h. gleich dem Gesamtpotential, und fdkS'ua+ fdoS*ao= SA^t d. h. gleich der gesamten äußeren Arbeit, so wird die Bedingung des Gleichgewichtes (18') zu

J'^a-^0 = O, 19')

die Gleichung der lebendigen Kraft zu

rf(«^+ a>)^dE^d!Aa, 19")

wo E die Energie des nichtstarren Systemes heißt. Ebenso ver- wandelt sich die Ungleichung (18'") in

d'Aa-d0>O 19'")

und die Formel (19) des HAMiLTON'schen Prinzipes in

Jdt{S{W^ 0) + S'Aa) = 0. 19"")

Wenn äußere Kräfte nicht wirken, wird aus (19') und (19"')

<y0 = O, resp. d(p< 0,

was in der S. 28 ausgeführten Weise dahin gedeutet werden kann, daß im Zustande stabilen Gleichgewichtes <P ein Minimum wird. Eine Anwendung der Formel (19) wollen wir auf die Trans- formation der allgemeinen Bewegungsgleichungen (14) auf ein um die Z'Axe mit gleichförmiger Geschwindigkeit rotierendes Koordinaten- system Sy Hj Z machen ^^.

Wir bezeichnen die Rotationsgeschwindigkeit mit (o und setzen demgemäß, indem wir t von einem beliebigen Zeitpunkt aus rechnen,

.r = I cos ö) ^ 7; sin (ö^ ^

y = Isino)^ + lycosw^, z = f. )

230 //. Teil. Mechanik niohtstarrer Kärper, L Kap.

Hieraus folgt, wenn man kurz die Differentialquotienten nach der Zeit durch einen oberen Index bezeichnet:

20')

X = ^ cos CO t f/ sin 0) t '— ^ 0} sin CD t fj o) cos (o t ,

y = I' sin w ^ + v' cos (üt + ^(o cos mt ricosiucotj

/ = r.

Die Variation der lebendigen Kraft \fj der Volumeneinheit nimmt demgemäß die Grestalt an

20") d^ = ||<y| + ||5, + ||5|' + ||^V + ||dT,

aber die geleistete Arbeit

SA = /{Sa. + S'aa)dk + fSa^do

behält in den |, 17, f dieselbe Form, wie in den x, y, z, was aus ihrer Definition leicht zu ersehen ist.

Setzt man 3^^ = f Sxpdk, nach (20") berechnet, in das Hamil- TON'sche Integral ein, integriert die mit S^, Stj', S^ multiplizierten Glieder durch Teile nach der Zeit, indem man ^|, Srjy Sy an den Grenzen verschwinden läßt, und integriert die mit

multiplizierten Glieder durch Teile nach den Koordinaten, die sich in den bezüglichen Nennern befinden, so erhält man

21).

-Jdo \^(S + S„)H+ (H+H„) äV, + (Z+ Zjä;]) =0.

Da die ^|, Stj, S^ willkürlich sind, zerfällt die obige Gleichung in drei für jeden inneren Punkt und drei für jeden Oberflächen- punkt gültige.

Wir bilden sie, nachdem wir die Werte der Differentialquotien- ten von 'ip wie folgt eingesetzt haben:

21')

I Äg|)-*.(r-v»), Äd?)-^^^^, Ä(^?) -or.

§ 3. Rotierendes Axensystem, 231

Sie lauten dann:

p(r-2//cü-|fü») = s'-

d=; ds^ ds^ X

öl ö// d^ '

(>(V' + 2|'a>-i7ö*)=:lf «

dH^ dH^ BHf,

d$ drj di '

Q^'^r^

dZ^ dZ^ dZ^

dS dri ÖC '

S'^S.-^H-h Ä =2

r+z_ = o.

21")

Bringt man die in den beiden ersten Oleichungen links neben pI" und Qfj*' stehenden Glieder auf die rechte Seite, so kann man sie mit S^ und IT vereinigen und als die scheinbaren körper- üchen Komponenten deuten, welche neben den wirklichen infolge der Botation des Eoordinatensystemes als auf das Yolumenelement dk ausgeübt einzuführen sind..

Die Anteile

sind die auf die Volumeneinheit bezogenen Komponenten der Centri- fugalkraft, die Anteile

welche verschwinden, wenn der Körper relativ zu dem System S, H ruht, sind die Komponenten einer Kraft, welche parallel der SH- Ebene senkrecht gegen die Projektion der relativen Bewegungs- richtung von dk auf diese Ebene mit der Stärke 2 ^ )/ 1'* + rj'^ wirkt

Von den Formeln (21") geht man leicht zu denen über, welche die Bewegung auf ein mit seinem Anfangspunkt an der Erdober- fläche befindliches und mit der Erde rotierendes Koordinatensystem beziehen.

Sei JR der Erdradius, und & die nördliche geographische Breite des Koordinatenanfanges für das zu S, H, Z parallele System S^, jffi, Zj, dessen Ebene S^ Z^ außerdem mit der Ebene SZ zu- sammenfallen möge, dann ist

| = Äco8t9--f-|i, «7 = ^1, f =Äsint9- + fi.

Führt man endlich noch ein Axensystem A, B, C ein, dessen C- Axe normal zur Erdoberfläche und dessen ^-Axe nach Süden ge- richtet ist, so wird

Ij = a sin ??• + c cos &, <7i = ^^ = « cos i?- + c sin i?-, oder

a = li sin i9* ^^ cos ^, ^ == i?i , c = ^^ cos & + Ci siii ^'

232 //. Teil, Mechanik niehtstarrer Körper, L Kap,

Man erhält demgemäß leicht, indem man die erste und letzte Glei- chung (21") mit den Faktoren sini9", C08i9-, resp. cos^, sind- zu- sammenfaßt und berücksichtigt, daß die rechten Seiten jener Formeln für alle rechtwinkligen Koordinatensysteme ihre Gestalt beibehalten:

Q [a" - 2 ^' Q> sin !?• - ((Ä + c)cos& + a sin &) ö>» sin &\

21'")

da db de

()[*" + 2(a'sint9- + c'cosi?-)« - Acö*]

^ff^^^a ^^l Ö^c

da db de

Q [c" 2 ä'q> cos 19- [{B + c) cos i9" + a sin &j w* cos &\

_ dC^ da da

9a Öfc Ö C '

Diese Gleichungen kommen mit speziellen Werten der auf den rechten Seiten stehenden Kraft- und Druckkomponenten u. a. zur Anwendung bei der Theorie der Bewegungen, die in der Atmo- sphäre der Erde (oder eines anderen Weltkörpers) unter Mitwirkung der Botation auftreten.

Ueber einen unendlich kleinen Körper integriert, wobei die in- neren Kräfte verschwinden, geben sie die Gesetze der Bewegung eines Massenpunktes relativ zur rotierenden Erde.

IL Kapitel.

Hydrostatik.

^meinen Oleiehgewiehtsbedingnngeni Innem einer ruhenden

Ein nichtstarrer Körper, in welchem im Zustand der Ruhe tangentiale Drucke niemals auftreten, heißt eine Flüssigkeit, und wenn er diese Eigenschaft auch bei der Bewegung beibehält, eine ideale Flüssigkeit.

Die Komponenten T^, Z^j X wirken tangential gegen die Ko- ordinatenebenen, sie müssen also bei allen Flüssigkeiten im Zustand der Ruhe verschwinden. Führt man dies ein, so ergiebt das Sy- stem (12)

= ^x <^ös (n, x), r, = Ty cos (n,y) , Z^^Z^ cos (n, z),

und da die Resultierende P. von X., IT, Z^ nach der Annahme in die Richtung von » fallen soll, so folgt für jedes n

den gemeinsamen Wert dieser Größen nennen wir kurz den Druck an der Stelle x, y, z und bezeichnen ihn durch den Buchstaben/?. Bei Einfahrung dieser Resultate und unter Voraussetzung des Gleichgewichts nehmen die Gleichungen (14) die Form an^*)

r = |^, r = J?, ^ = J^, 22)

ox' öy' ö*' '

worin die -T, y, Z^ die Komponenten der körperlichen Bj-äfte be- zeichnen und auf die Volumeneinheit bezogen sind, während das System (14'") liefert

Pu-Pu+Pku-^^^ 22')

worin p^j^ die auf die Flächeneinheit der Grenze zwischen den Flüs- sigkeiten (A) und (Ä) wirkende, von ersterer nach letzterer hin po-

234 //. Teil. Mecfianik nichtstarrer Körper. IL Kap,

sitiv gerechnete Kraft bezeichnet, über deren Natur auf S. 222 ge- sprochen ist Daß sie normal zur Grenze wirken muß, folgt aus (14'''), wenn man berücksichtigt, daß die tangentialen Komponenten von {Pn\ und {Pn\ verschwinden. Wir wollen /?^j^ den in o^^ wir- kenden Grenzdruck nennen.

Die Gleichungen (22) und (22') bilden die Grundlage für die Lehre vom Gleichgewicht der Flüssigkeiten. Sie sprechen bei ge- gebenen -T, Y^, Z* zunächst Eigenschaften des Druckes f aus, liefern aber auch nach dessen Elimination Bedingungen, welche die Kräfte allein erfüllen müssen, wenn anders Gleichgewicht unter ihrer Ein- wirkung möglich sein soll; beide Fragen hängen also aufs Engste zusammen.

Durch Elimination von p erhält man aus (22)

2T\ bY^^bZ^ i^l^^ djr^dT_

' dx dy ^ dx dx ^ dy dx ^

und dies sagt aus, daß zum Gleichgewicht erforderlich ist, daß die auf die Volumeneinheit bezogenen körperlichen Kräfte ein Potential haben müssen.

Bezeichnet man dasselbe mit 0\ so giebt die Integration von (22)

22'") 0'+;? = Const,

und damit die Bestimmung des Druckes an jeder Stelle der Flüssig- keit, für welche die Funktion 0' gilt, wenn er für eine Stelle vor- geschrieben ist

Besteht das System aus mehreren in Berührung befindlichen Flüssigkeiten, und ist für die Grenzflächen, falls ein solcher statt- findet, der Sprung von (b^ und von p gegeben, so kann man die Formeln (22) auch über diese Grenzen hinweg integrieren und erhält beispielsweise, wenn die Indices h und k sich auf zwei beliebig ge- wählte Punkte im Innern der beiden Flüssigkeiten beziehen, und wenn, ebenso wie p^k den durch (22') definierten Sprung des Druckes bezeichnet, auch

23) a>;, = 0i - «>[

gesetzt wird,

23') {01 + pu) - (0; + Pk) = 0it + Phu^

Da die DiflPerenz links vom Integrationsweg, und somit von der SteUe, wo derselbe die Grenzfläche passiert, unabhängig sein muß, so ergiebt sich, daß für alle Punkte der Grenze ö^^ zwischen den- selben zwei Flüssigkeiten 23") 0i,. + p,, = Cnu,

§ 4. Qnmdgleichungen der Hydrostatik. 235

d. h. konstant sein muß; diese Beziehung giebt in dem voraus- gesetzten Fall eine charakteristische Eigenschaft jener Grenz- fläche an.

Die bisher gemachte Annahme, daß die auf die Volumeneinheit bezogenen Kräfte oder Potentiale als Funktionen des Ortes ge- geben wären, ist in der Praxis ziemlich häutig erfüllt Der wichtigste und zugleich einfachste Fall ist der der Einwirkung der Schwere auf eine Flüssigkeit von unveränderlicher Dichte p, wo bei senk- recht nach unten positiv gerechneter iT-Axe J'= r' = 0, Z" = gg ist; hier ist dann

il>'^^gQz und *;, = - g~z{s^ - (>,). 23'")

Ein anderer tritt bei einer gleichförmig rotierenden Flüssigkeit ein, die man für die Anwendung der Formeln (22) nach dem S. 231 Ab- geleiteten in Bezug auf ein mit ihr rotierendes Koordinatensystem als ruhend ansehen kann, wenn man außer den wirklich ausgeübten Kräften die Centrifugalkraft in Rechnung zieht Deren Potential ist, falls man die ^-Axe zur Rotationsaxe wählt,

0'= -^^«2(^2+^2). * 23"")

Komplizierter sind die Fälle, wo die wirkenden körperlichen Kräfte und die Grenzdrucke /?Ajt von der Gestalt und der Massen- verteilung der Körper abhängen; sie ergeben sich, wenn zwischen den Teilen der Flüssigkeit von unveränderlicher Dichte Fem- wirkungen — z. B. die allgemeine Gravitation oder molekulare Wirkungen z. B. KapiUarkräfte bestehen; sie treten auch ein, wenn magnetisch oder dielektrisch polarisierbare Flüssigkeiten in ein magnetisches oder elektrisches Feld gebracht werden.

Alle diese Kräfte haben, auf die Volumeneinheit bezogen, Potentiale und genügen daher der Bedingung (22"); dies findet dagegen z. B. nicht statt bei den Wirkungen, welche eine vom galvanischen Strom durchflossene Flüssigkeit von konstanter Dichte im magne- tischen Felde erfährt, und bei ihnen kann sonach die Flüssigkeit im Gleichgewicht nicht verharren.

In vielen Fällen sind durch die Stellung des Problemes nicht die auf die Volumen-, sondern die auf die Masseneinheit be- zogenen Kräfte direkt, z. B. als Funktionen der Koordinaten, ge- geben. Setzen wir dann wie S. 221

T^qX, T^qY, Z'=qZ, so wird aus (22)

236 IL TeiL Mechanik nichtsiarrer Körper, IL Kap.

24) ,X=||,,F=|J, ,^=|J,

während (22') ungeändert bleibt.

Bezüglich ihrer Dichte q verhalten sich die tropfbaren und gasförmigen Flüssigkeiten verschieden.

Die Dichte der ersteren ist nur wenig mit Druck und Tem- peratur veränderlich, die der letzteren sehr bedeutend, und zwar in der Weise, daß sie bei konstanter Temperatur mit unendlich ab- nehmendem Drucke, bei konstantem Drucke mit unbegrenzt wachsen- der Temperatur unendlich klein wird.

Die Abhängigkeit der Dichte vom Druck können wir direkt in Rechnung ziehen, da der Druck in unseren Gleichungen bereits als Unbekannte auftritt, und wir setzen demgemäß

Q = fiP)'

Die Abhängigkeit von der Temperatur kann dagegen nicht in derselben Weise eingeführt werden, da die Gresetze, nach welchen die Temperatur während des thermischen Gleichgewichts innerhalb eines Körpers variiert, durch besondere Gleichungen gegeben sind, die erst später abgeleitet werden können. Wir repräsentieren des- halb die Einwirkung der Temperatur dadurch, daß wir q außer von p im allgemeinen auch von den Koordinaten x, y, z direkt ab- hängig denken.

Ein wichtiger Fall ist der bei tropfbaren Flüssigkeiten vor- komn^ende, daß die Dichte mit dem Druck sehr wenig, mit der Temperatur beträchtlicher variiert; hier ist dann q eine Funktion der Koordinaten allein.

Dasselbe tritt ein, wenn verschiedene Flüssigkeiten in demselben Eaume vereinigt, etwa bei verschiedener Dichte in einem Gefäß übereinander geschichtet sind. Mischen sie sich, so ist dabei die Dichte mit dem Ort stetig veränderlich, im anderen Falle den man indessen bequem als einen Grenzfall des ersteren betrachtet springt sie beim Durchgang durch die Trennungsfläche. Es möge übrigens bemerkt werden, daß das Gleichgewicht von in Berührung befindlichen mischbaren Flüssigkeiten ein unvollkommenes ist, solange noch Konzentrationsdifferenzen vorhanden sind; doch geht der Ausgleich im allgemeinen so langsam von statten, daß man während desselben angenähert die hydrostatischen Gleichungen (24) anwenden kann.

Alle Fälle, wo die Dichte eine Funktion allein der Koordinaten ist, führen im Grunde auf die im Eingang gemachte Voraussetzung,

§ 4. Grundgleichungen der Hydrostatik. 237

daß X\ Y\ Z^ Funktionen der Koordinaten sind, zurück; indessen ist es doch nicht ohne Interesse, sie von einer anderen Seite zu be- leuchten, welche über das Verhalten der Dichte p Aufschluß giebt Wie allgemein auch immer das Gesetz der Dichtigkeit und der Kraft gewählt werde, stets folgt aus den Grundgleichungen (24) die Formel

X:y:^ = |^:|^:|^, 24')

ox oy ox '

oder der Satz, daß die Eesultierende aller wirksamen Kräfte an der Stelle x^ yj z normal gegen die hindurchgelegte Fläche p = Const steht. Hieraus folgt, daß, wenn diese Kräfte ein Potential oder genauer gesprochen, da sie sich auf die Masseneinheit beziehen, eine Potentialfunktion <J> haben, stets die Flächen konstanten Potentiales und konstanten Druckes zusammenfallen müssen, oder daß p die Koordinaten or, y, z nur in der Kombination 4> enthalten kann. Die Formeln (24) ergeben dann

d0__dp d0_dp^ d0_dp « , ,.

■^^öar"ö^' ^^J^^dy' -^^-^äT» ^'^ )

60

dp

d* '

dp .

und hieraus folgt

- Qd(p = dp oder (> = - -^ ; 24' ')

letztere Beziehung zeigt, daß, wenn die wirkenden Kräfte ein Potential haben, die Dichte, wie allgemein ihre Abhängigkeit auch gedacht werden mag, notwendig in Flächen konstanten Potentiales und konstanten Druckes selbst konstant sein muß. Die Grenze zwischen zwei nicht mischbaren Flüssigkeiten muß also, vorausgesetzt, daß der Druck stetig durch sie hindurchgeht also p^k verschwindet, in diesem Falle gleichfalls durch eine Potential- und Druckfläche gebildet sein.

Gehen wir nun zu spezielleren Annahmen über das Gesetz für die Dichte über.

Ist erstens q nur von p abhängig, so setzen wir kurz

^ = dn, 25)

wo n eine ebenfalls nur von p abhängende Funktion bezeichnet, und erhalten aus (24)

X=:|^, F=^^, Z=^, 25)

ax ^ oy ox ^ '

woraus sich, analog wie aus (22), ergiebt, daß unter der gemachten Voraussetzung die notwendige Bedingung des Gleichgewichtes ist.

238 //. Teü. Meehanik nichtstarrtr Körper. II. Kap.

daß die auf die Masseneinheit bezogenen Kräfte X, Y, Z eine Potential- funktion 0 haben.

Durch Integration erhält man aus (25')

25") /7+0 = Const.,

wobei die Integrationskonstante bestimmt ist, wenn filr eine Stelle x„, y^, Zq der Druck gleich p^ gegeben ist. Die Auflösung dieser Formel nach p beantwortet die fVage nach dem Druck an einer beliebigen Stelle der Flüssigkeit, wenn deren Dichte nur vom Drucke abhängt.

Für den zweiten speziellen Fall, daß die Dichte q eine stetige Funktion der Koordinaten allein, also vom Drucke unabhängig ist, folgt aus (24) durch Elimination von p

dx dy ' dx dx ^ dy dx ^

26) ä7 '^.. f jj^ ~ ;i. >

26')

hieraus kann man durch Elimination von q noch bilden

'(g-if)+-(ii-©+^(if-ii)-«

und

\dx dy ) ' \dx dx j ' \dy dx )

wobei natürlich die drei Grleichungen nicht voneinander unab- hängig sind.

Die erste Formel (26') enthält eine Bedingung, welche die Kraftkomponenten X, F, Z bei ganz beliebiger Abhängigkeit der Dichte von den Koordinaten befriedigen müssen, damit Gleichgewicht möglich sei; dieselbe ist z. B. stets erfüllt, wenn die Kräfte ein Potential haben. Im übrigen kommt dieser Fall, wie gesagt, auf den im Eingang behandelten zurück.

Die Gleichung (18') der virtuellen Verrückungen für das Gleich- gewicht eines nichtstarren Körpers nimmt nach S. 233 für eine Flüssigkeit die spezielle Form an

Ist die Flüssigkeit inkompressibel, so verschwindet nach (7') der Faktor von p und damit die Arbeit S^cci der inneren Kräfte, so daß nur

w

27') fdk 9aa + fdo S'a^ = 0

§ 5. Orenxdrucke und Oberfläehenspannungen. 239

übrig bleibt Um aus letzterem Ausdruck die Gleichungen (22) und (22^) abzuleiten, hat man die Bedingung der Inkompressibilität

^ + ^ + ^ = 0 27")

mit einer willkürlichen Funktion l der Koordinaten und dem Ele- ment dk multipliziert und über das ganze System integriert zu (27') zu addieren und wie gewöhnlich zu yerfahren ; man erhält dann die früheren Gleichgewichtsbedingungen zurück mit X an Stelle von p.

§ 5. Zurüokfühnmg der Chrenzdnicke auf Oberfläohenspaimiuigen; der erste Hauptsatz der Kapillaritatstheorie.

Wir haben bei Aufstellung der hydrostatischen Gleichungen den Fall zugelassen, daß der Druck p beim Durchgang durch die Grenze zweier Flüssigkeiten oder einer Flüssigkeit und eines festen Körpers sich sprungweise ändert, und haben gezeigt, daß dies eine gegen die Grenzfläche selbst wirkende Kraft voraussetzt, die den Sprung des hydrostatischen Druckes kompensiert. Sie muß dem- gemäß normal gegen die Grenze wirken, und ihr auf die Flächen- einheit bezogener Betrag, der Grenzdruck pj^j^ in der Sichtung von der Flüssigkeit (A) zur Flüssigkeit {k) positiv gerechnet der Bedingung p^^ p^ + p^^ = 0 genügen.

Mit diesem Grenzdruck wollen wir uns jetzt näher beschäftigen.

Da er normal zur Grenze steht, so wird die -^-Komponente seiner Wirkung gegen ein beliebiges Stück o der Grenzfläche o,^^ gegeben sein durch

^o = SPhj, cos (n, z) d Oj^j^, 28)

wobei auch n von (A) nach (k) hin positiv gerechnet ist

doj^j^cos{ny z) kann, je nachdem die Normale einen spitzen oder stumpfen Winkel mit der Z-Axe bildet, gleich ±dxdy gesetzt werden; wir wollen der Einfachheit halber das betrachtete Stück der Grenzfläche so wählen, daß ersteres stattfindet, und erhalten dem- gemäß

^0=" ffPh\dxdy = /pM^dG), 28')

wo das Integral über die Projektion oo von o auf die XT- Ebene auszudehnen und p^j^ als eine Funktion von x und y allein zu be- trachten ist, die sich innerhalb (o regulär verhält

Ähnlich wie S. 200 kann man aber jederzeit setzen

P^^="-J^+-d^'^ 28")

240 //. Teil. Mechanik niehtstarrer Körper, IL Kap,

wo Ä und B Funktionen von x und y sind, denen man noch die Bedingung

auferlegen kann, in der /J^^ eine willkürliche Funktion von x und y bezeichnet.

Aus (28') folgt dann nach der Gleichung (178'") des ersten Teiles

29) Zo=-f(Ädx + Bdy),

worin dx und dy die Projektionen des Eandelementes d(T von w, somit auch des Eandelementes ds von o bezeichnen^ und die Inte- gration in positivem Sinne rings um o zu führen ist Hierfür kann man auch setzen

29') Zo== f{Ä cos {s, x) + B cos («, y)) rf« ,

d. h., man kann die Wirkung des Grenzdruckes p^^ auf das Flächen- stück 0 zurückführen auf die von Kräften oder Spannungen, welche die Elemente ds seiner Kandkurve erfahren. Bezeichnet man ihre Größe pro Längeneinheit durch 5^^ und charakterisiert ihre Rich- tung durch den Buchstaben 8, so muß also gelten

29") Zo^fSHjcCOs{S,z)ds.

Bis hierher ist die Umformung eine rein mathematische Operation. Legt man aber nunmehr den Spannungen S wirkliche Existenz bei, so kann man über sie in ähnlicher Weise, wie S. 222 u. f. über die Druckkomponenten der inneren Kräfte, einige Sätze er- halten, indem man die Formel (29') resp. (29") und die ihnen ent- sprechenden für die Komponenten parallel zu X und Y auf ver- schieden gestaltete, unendlich kleine Flächenstücke anwendet und berücksichtigt, daß, wenn die Lineardimensionen derselben unendlich klein erster Ordnung sind, die Komponenten, welche sie erfahren, nach (28) zweiter Ordnung, die Momente um beliebige durch das Flächenstück gehende Axen aber dritter Ordnung sein müssen.

So erhält man bei Betrachtung eines streifenförmigen Flächen- elementes das Besultat, daß gegenüberliegende Seiten gleiche und entgegengesetzt gerichtete Spannungen erfahren, und daß diese Spannungen in der Ebene des Elementes selbst liegen müssen. Der Grundeigenschaft der Flüssigkeiten, im Gleichgewichtszustand keinen tangentialen Druck zuzulassen, entspricht es dabei, daß auch Anormal gegen ds wirkend angenommen wird. Die Anwendung der Formel (29') auf ein dreieckiges Flächenstück liefert dann so- gleich das Resultat, daß S zwar vom Orte auf der Grenzfläche,

§ 5, Grenxdrucke und Oberfläehenspannungen, 241

nicht aber von der Kichtung des Elementes ds abhängt, gegen welches es wirkt

Um die Resultate dieser Überlegungen in (29") einzuführen, legen wir normal zu den Richtungen von s und von n, deren gegen- seitige Beziehung bereits festgelegt ist, und zwar in den Außenraum von ©Äfc hinein positiv gerechnet, die Richtung von S, Dann liegt ^ zu n zu Sj wie X zu Z zu Z, und man kann nach bekannten Futidamentalformeln sogleich schließen, daß

cos {S, z) = cos (n, t/) cos {s, x) cos {n, x) cos (ä, y) 29'")

ist Die Einsetzung dieses Wertes in (29") und die Vergleichung des Resultates mit (29') ergiebt

A = Shic cos (n, y) , 5 = S^j, cos {n, x), 30)

oder wenn man die Gleichung der Oberfläche z = F{xyp) einführt und

^" - A.i/M||f7(||f

setzt,

^ = ^--ö7' ^=-^-K' 30')

worin P^k ^^^ ^hk nur Funktionen des Ortes auf der Oberliäche sind. Damit diese Substitution erlaubt sei, muß in Gleichung (28"')

_/• _^^^hk dF ^Phk dF__^{SHjc <^o« (^> y)) ^ i^hk C08 (^> ^)) o^,/x '^*"" da? dy dy dx'^ dx dy ^

sein, was eine durchaus zulässige Verfugung darstellt.

Durch die Oberflächenspannung Äa^ drückt sich nach (28") der Grenzdruck p^jc dann aus gemäß den Formeln

öy öy dx dx \ ^

^ d{Sj,j,coB{n,y)) d{Sf^j^ cos (w , »)) i ^

" dy "^ dsc ' ^

andererseits bestimmt sich erstere durch letzteren vermittelst der Beziehung

S,^^sm^{n,z)^A^ + JB^

worin A und B gemäß den allgemeinen Regeln in § 24 des ersten Teiles bestimmt gedacht sind.

Die Oberflächenspannung Äi^^ an einer beliebigen Stelle von Of^|, kann im allgemeinen stetig mit dem Ort variieren, und wird dies auch thun, wenn äußere Ursachen, wie elektrische oder magnetische Kräfte, den Grenzdruck p^k bewirken; rührt letzterer hingegen nur von

VoioT, Theoretische Physik. jg

242 //. Tßü. Mechanik niehtstarrer ITörper, ZT Kap,

molekularen Wirkungen her, so erscheint es als das nächstliegende, die Oberflächenspannung 5^^ als längs der ganzen Oberfläche o^k kon- stant anzunehmen. Denn Einfluß auf ilire Größe könnte, so lange nicht andere Begrenzungsstücke unendlich nahe sind, wie bei sehr dünnen Lamellen, bei gegebenen Flüssigkeiten {h) und (A) nur die Gestalt von o^jc in der Nachbarschaft des betrachteten Punktes haben; da aber die Richtung von /Sj^^^ unveränderlich in die Tangential- ebene fällt, erscheint es sehr unwahrscheinlich, daß ihre Größe von der Krümmung der Grenzfläche abhängen sollte.

In der That gelangt man zu einer der Beobachtung vollkommen entsprechenden Theorie der Kapillaritätserscheinungen, wenn man die Oberflächenspannung 5^^ als eine, der KomBination der zwei Körper (A) und (A) individuelle Konstante einfuhrt

In diesem Falle wird aus (30'") einfacher

31) ;,,,»_ 5,» (15^|l£I + Ü?|^)

was, falls man unter R^ und Ä, die beiden Hauptkrümmungsradien der Oberfläche 0^^ an der betrachteten Stelle versteht, diese, wie 71, von der Flüssigkeit (A) nach (A) hin positiv gerechnet identisch ist mit

31') p^^ = + *** (ir "^ i")

Die Gleichung (31) resp. (31'), mit anderer Bedeutung der Kon- stanten Äfcfc zuerst von Laplace ^^) angegeben, heißt der erste Haupt- satz der Kapillaritätstheorie, S^k die Kapillaritätskon- stante für die Kombination der Flüssigkeiten (A) und (A), ihr Faktor in der letzten Gleichung die mittlere Krümmung der Oberfläche an dem Punkte, auf den sich R^ und 7?^ bezieht

Die Dimension der Oberflächenspannung Sj^k ist aus der Formel (31') leicht zu 31") [iS] = m^-2

zu erschließen. Über ihr Vorzeichen kann man aussagen, daß es für zwei Flüssigkeiten, die in Berührung miteinander im stabilen Gleichgewicht verharren können, positiv sein muß: bei negativem Shk giebt eine Vergrößerung der mittleren Krümmung eine Ver- kleinerung von phkj also eine Kraft, welche nicht eine Bückkehr in die ursprüngliche Lage, sondern eine Bewegung von derselben hinweg hervorruft, die schließlich eine Mischung beider Flüssigkeiten bewirkt An der Grenze zwischen einer Flüssigkeit und einem festen Körper kann Sj^k sowohl positiv als negativ sein.

§ 5. Grenxdrurke und Oberfläehenspannungen, 243

Die Gleichung

Ph— Pk+ Phk = 0 gestattet noch eine andere Deutung, wenn man die Vorstellung zu Grunde legt, daß weder der Druck p noch das Potential <f>' der auf die Volumeneinheit bezogenen Kräfte beim Durchgang durch die Grenzfläche unstetig wird, sondern beide sich daselbst nur sehr schnell ändern.

Wendet man dann die Gleichung (22'") auf zwei dem Element dojij^ der Grenzfläche diesseits und jenseits sehr nahe Punkte an, so wird

Äußere köi*perliclie Kräfte, nach Art der Schwere, geben demgemäß zu der Potentialdifferenz rechts keinen endlichen Anteil, wohl aber bei ausreichender Intensität die Molekularwirkungen, die nahe der Grenze, der unsymmetrischen M^^senverteilung wegen, wirksam wer- den müssen, während sie im Innern eines homogenen Körpers sich zerstören. Der Wert des Grenzdruckes

Phk = Pk Ph wird also in der auf Molekularkräfte basirten Theorie durch die Potentialdifierenz <t>h c/>i dargestellt, die sich in der That auf die Form (31') zurückführen läßt

Dies ist die Grundlage der LAPLACE'schen Theorie der Kapil- laritätserscheinungen ^•).

Betrachtet man ein Stück der Trennungsfläche, das durch eine Kurve « begrenzt ist, und verschiebt man jedes Randelement ds um eine willkürliche Strecke Sn, die sich längs s stetig ändert, in der Tangentialebene normal nach außen, so leistet dabei die Oberflächen- spannung Skk eine Arbeit

S'a,= SnufSnds = S,,jcSoi,u, 32)

worin Sohk die durch die Verschiebung bewirkte Vergrößerung der innerhalb s liegenden Grenzfläche bezeichnet Verechiebt man da- gegen jedes Eandelement ds in einer Richtung normal zu ä^^^, so ist die dabei geleistete Arbeit gleich Null.

Da man jede Vergrößerung der Grenzfläche, auch durch aus- schließliche Änderung der Krümmung bei festgehaltener Grenzkurve, durch analoge mit den einzelnen Flächenelementen vor- genommene Prozesse bewirken kann, so giebt die Gleichung (32) den allgemeinen Wert für die bei diesem Vorgang durch die Span- nung Ä/kfc geleistete Arbeit

16*

244 //. Teil, Mechanik nichlHarrer Körper, IL Kap.

So lange die Veränderung in den Grenzen bleibt, innerhalb deren die Spannung ^1^* konstant ist, hat die einer einzelnen Grenz- fläche 0^^ entsprechende Arbeit S'a, ein Potential qp„ welches lautet 32') ^»= ShuOhk-

Nachdem die Arbeit der Oberflächenspannung bestimmt ist, kann man auch die Gleichung der virtuellen Verrückungen für eine ruhende Flüssigkeit unter Berücksichtigung der Oberflächenspannung bilden. In dem gewöhnlichen Falle inkompressibler Flüssigkeiten lautet sie, wenn S*^ay S'Ao und S'^s die gesamten Arbeiten der körperlichen Kräfte, der Oberflächendrucke und der Oberflächen- spannungen bezeichnen,

32") SAa + SAo -I- <r^, = 0 ;

dazu tritt als Nebenbedingung die Konstanz des von jedem Flüssig- keitsteilchen eingenommenen Volumens oder die Inkompressibilitäts- bedinguiig (27").

Haben die wirkenden Kräfte Gesamtpotentiale </>«> ^i^o> ^»j wie dies für die Oberflächenspannung eben gezeigt ist, so ist die vor- stehende Gleichung äquivalent mit der Bedingung

32'") <l>a + *o + tf^ = Minimum.

Diese Formel kann man, wie das von Gauss ^^) geschehen ist, als Ausgangspunkt für die Theorie der Kapillarität wählen und 4*, darin aus der Annahme von Molekularwirkungen zwischen den Flüs- sigkeitsteilchen bestimmen. Wir haben einen anderen Weg einge- schlagen, da die GAUSs'sche Theorie als eine streng molekulare nicht zu betrachten ist, insofern die einzelnen Teilchen nicht unter allei- niger Wirkung von Molekularkräften im Gleichgewicht befindlich gedacht sind, sondern die molekulare Attraktion durch die Inkom- pressibilität der Flüssigkeit kompensirt wird.

Eine rein molekulare Theorie wird anscheinend nur so zu ge- winnen sein, daß man sich auf den Boden der kinetischen Gastheorie stellt und der Attraktion die Zusammenstöße der bewegt gedachten Teile entgegenwirken läßt

§ 6. Über die Gestalt einer unter gegebenen Kräften im Gleich-

gewicht befindlichen Flüssigkeit.

Eine gegebene Menge einer gasförmigen Flüssigkeit wird, wenn sie nicht in ein festes Gefäß eingeschlossen ist, nach der S. 236 erörterten Eigenschaft, auch bei beliebig verkleinerter Dichte immer noch einen Druck auszuüben, sich unbegrenzt ausdehnen, und ihre Dichte wird, wenn sie auch in gewissen Bereichen infolge wirkender

§ 6. Grenzflächen tropfbarer Flüssigkeiten. 245

Kräfte eine endliche sein kann, sich nach außen hin im aligemeinen asymptotisch der Null nähern.

Von einer Gestalt, welche das Gas unter den gegebenen Kräften annimmt, kann in diesen Fällen nicht die Rede sein; ein Bild seiner Ausbreitung wird aber durch das Gesetz, nach welchem seine Dichte mit dem Ort wechselt, speziell durch die Gestalt der Oberflächen konstanter Dichte geboten werden.

Anders verhält es sich mit tropfbaren Flüssigkeiten. Wenn wir von ihrer Verdampfung absehen, so nehmen sie auch im unbe- grenzten leeren Raum bei endlicher Quantität nur ein endliches Volumen ein und eine bestimmte Gestalt an. Ihre Oberfläche in diesem Zustande nennt man in aller Strenge eine freie Ober- fläche, insofern auf sie kein äußerer Druck wirkt Man spricht aber im weiteren Sinne von einer freien Oberfläche auch dann, wenn eine Flüssigkeit durch diese Fläche gegen ihren Dampf oder gegen ein Gas abgegrenzt ist, vorausgesetzt, daß letztere gegenüber der Flüssigkeit eine verschwindend kleine Dichte besitzen.

In diesem Falle ist nämlich nach (24") die Änderung des Druckes innerhalb des Gases oder des Dampfes verschwindend klein gegen- über derjenigen, welche auf gleichen Strecken innerhalb der tropf- baren Flüssigkeit stattfindet, und demgemäß ist der gegen die Ober- fläche der Flüssigkeit wirkende Druck als konstant zu betrachten. Gegen die freie Oberfläche im engeren Sinne wirkt also der Druck Null, gegen die im weiteren Sinne überhaupt ein konstanter Druck.

Hiemach reduziert sich die Aufgabe der Bestimmung der freien Oberfläche einer Flüssigkeit auf diejenige der Auffindung einer be- stimmten Fläche konstanten Druckes, und ist in den Fällen, daß die Dichte q nur vom Druck oder nur von den Koordinaten ab- hängt, durch die Formeln (25") und (22"') überall da bereits voll- ständig gelöst, wo die Kräfte X, T, Z von der Gestalt der Flüssig- keit unabhängig und Grenzdrucke p^^^ nicht wirksam sind^^. Die in diesen Gleichungen auftretenden Integrationakonstanten bestimmen sich hierbei in der Regel durch die gegeben gedachte Menge der von der Fläche konstanten Druckes und von der etwa noch vor- handenen Gefäßwand begrenzten Flüssigkeit

Wenn die wirkenden Kräfte aber von der Gestalt der Flüssig- keit abhängen, so ist die Aufgabe schwieriger, und es giebt, auch bei fehlenden Grenzdrucken, keine allgemeine Methode, sie zu lösen. Für den praktisch wichtigen Fall, daß die Kräfte aus der Centri- fugalkraft der gleichförmig rotierenden inkompressibeln Flüssigkeit und ihrer gegenseitigen Gravitation bestehen, geht die Aufgabe

246 //. Teä. Mechanik niehtatarrer Körper. IL Kap,

dahin, eine Oberfläche von gegebenem Inhalt zu finden, längs welcher die Summe der Potentialfunktionen der Gravitation aller Massen und der Centrifugalkraft konstant sind.

Ein besonderes Interesse nehmen bei der Frage nach der Ge- stalt einer tropfbaren Flüssigkeit die Molekularwirkungen in An- spruch, welche durch den Grenzdruck p^u die Erscheinungen der Kapillarität verursachen.

Nach (23") ist bei Existenz eines Potentiales 0' der auf die Volumeneinheit bezogenen äuSeren Kräfte an der Grenze zweier Flüssigkeiten {h) und (A), in welcher das Potential um 0«]^, der Druck um p^u springt, die Summe

^hk + Phk = Cäh, d. h. konstant Diese Bedingung giebt bei Berücksichtigung der Kapillarkräfte

33) 0;^, + ÄÄk(-l- + -l-) = (7Afc,

und damit, wenn 0' als Funktion der Koordinaten vorgeschrieben ist, die Differentialgleichung der Trennungsfläche OAt^*).

Die Konstanten C^jt bestimmen sich, wenn die Gesamtmassen der Flüssigkeiten gegeben sind, durch diese, in anderen Fällen durch die festgesetzten Koordinaten eines Punktes der betreffenden Oberfläche.

Eine mitunter besonders bequeme Verfügung beruht auf folgen- der Überlegung.

Hat an irgend einer Stelle a die Fläche o^jc eine verschwin- dende mittlere Krümmung, also einen verschwindenden Grenzdruck PJ^Jc, so kann man, da W>\ und 0i^ nur bis auf eine additive Kon- stante definiert sind, ebenda 0^» zu Null machen und erhält hier- durch Cj^j^ = 0.

Solche Stellen haben aber die Grenzflächen zwischen zwei Flüssigkeiten immer dann, wenn sie Teile besitzen, die sich ins Unendliche erstrecken, falls dort die Potentialflächen die Gestalt von Ebenen annehmen. Nimmt man also daselbst sowohl Wi als 0i gleich Null, so folgt gleiches für 6^^.

Erstrecken sich die gegebenen Flüssigkeiten nicht ins Unend- liche, so kann man sie in den Fällen, wo sie mit festen Körpern in Berührung sind, mittels durch jene gefiihrte Kanäle immer mit je einer unendlichen Flüssigkeit 'gleicher Art kommunizieren lassen, ohne dadurch die Bedingungen des Problemes zu ändern. Auch hier bestimmt sich, wenn man an einer ebenen Stelle von deren Grenz- fläche die Potentiale 0i und 0i verschwinden läßt, Cj^* zu Null.

§ 6, Kapillare Qrenxfiäckm, 2 AI

Ist die wirkende körperliche Kraft der Masse proportional, also 0; = 0^^, 0i = 0pt, so schreibt sich die Formel (33)

^{Qu - Qh) + Snu [-^ + -^) = Ck,\ 33')

bei gleichen Dichtigkeiten (»% und q^ yerschwindet die Wirkung der äußeren Kräfte Yollständig und die Bedingung wird zu

:^ + :^ = ^**- ^^")

Diesen Fall kann man realisieren, indem man eine Flüssigkeit in einer anderen von gleicher Dichte, mit welcher sie sich nicht mischt, suspendiert.

Ist die eine (A) der beiden Flüssigkeiten ein 'Gas, z. B. die atmosphärische Luft, so kann man Q}^ neben qx vernachlässigen; zugleich sei q^ mit q und Sj^^ mit S vertauscht Die Formel (33') lautet dann

^(i + i)-^«»"^- 33'")

Ist die wirkende Kraft die Schwere und ist die Z-Axe positiv nach oben gerechnet, so nimmt die Gleichung die Form an

'{-k + i)-^^~'-^-^ 33"")

die Krümmungsradien B^ und ß^ sind dabei aus der l^lüssigkeit heraas positiv gerechnet

Denkt man sich die Flüssigkeit mit einem unendliclien Reservoir kommunizierend, dessen Oberfläche an dieselbe Gasatmosphäre grenzt, wie die eigentlich betrachtete, so kann die Flüssigkeitsoberfläche in dem Eeservoir als eben angesehen werden; rechnet man z von deren Niveau aus, so ist (7=0.

Hat die Flüssigkeit die Form einer sehr dünnen Lamelle zwi- schen zwei Lufträumen, so kann man die Formel (33'") auf die eine Seite a derselben anwenden und, da die Krümmungsradien auf der zweiten Seite b überall denen auf der ersten Seite nahezu entgegen- gesetzt gleich sind, für die zweite bilden

Die Differenz beider Formeln giebt

oder, da die linke Seite nach dem oben Entwickelten gleich dem

248 IL Teil. Mechanik niehtstarrer Körper. TL Kap.

Sprung ist, den der Druck beim Durchgang durch die Lamelle erleidet,

Die Krümmungsradien sind von der Seite b nach der Seite a positiv gerechnet

Kommunizieren die beiderseitigen Lufträume miteinander, so ist pa = pb, und die vorstehende Gleichung wird zu

34'") _1_ + 1 = 0;

dies ist die für Minimalflächen charakteristische Bedingung, was sich auch aus der Gleichung (32'") in Verbindung mit (32') ab- leiten läßt

Beobachtungen an Lamellen sind sehr geeignet, die Existenz der Oberflächenspannung S zu veranschaulichen, und auch, indem man die Kraft mißt, die erforderlich ist, um ein bewegliches Stück ihrer Begrenzung festzuhalten, ihre Größe zu bestimmen; dabei ist zu bemerken, daß, so lange die Dicke der Lamelle nicht unter eine gewisse Grenze sinkt, ihre Spannung das doppelte von derjenigen in einer einfachen Grenzfläche beträgt Allerdings gestatten nur ver- hältnismäßig wenig Flüssigkeiten die Herstellung von Lamellen in zu Messungen geeigneten Dimensionen.

Die Grenzbedingungen, welche neben den vorstehenden Differentialgleichungen (33) und (34) zur Bestimmung der Trennungs- fläche zwischen zwei Flüssigkeiten erforderlich sind, erhält man durch Formulierung der Bedingung dafür, daß die sie begrenzenden Linienelemente unter der Wirkung der auf sie ausgeübten Kräfte im Gleichgewicht sein müssen. Äußere und Oberflächendruckkräfte liefern hier einen verschwindenden Beitrag, es kommen sonach aus- schließlich die auf die Randkurve wirkenden Oberflächenspannungen in Betracht.

Treffen längs einer Kurve drei Flüssigkeiten (1), (2), (3) zusammen, und sind ^S'^g, Sjj, S^^ die in den Grenzflächen wirkenden Spannungen, V'v Vif 7'3 ^^® Winkel, welche die Begrenzungen der Flüssigkeiten (1), (2), (3) an dem betrachteten Linienelement einschließen und welche wir ihre ßandwinkel nennen wollen, so ist die Bedingung dafUr, daß die Komponentensummen der drei Spannungen nach allen Richtungen verschwinden,

35^ •• = _ •'. =- "..

sin (pi sin <p^ siu gp.

§ 6. Ztceiier Hauptsatz der Kapülarttätslehre. 249

Diese Formel stellt den zweiten Hauptsatz der Eapillaritätslehre dar und ist zuerst von F. Neümann*^ angegeben; sie bestimmt zu- sammen mit der Beziehung <Pi+fp2 + g>s=^^ alle drei Winkel qp^ vollständig.

Man ersieht aus (35), daß drei Flüssigkeiten längs einer Kurve nur dann im Gleichgewicht sein können, wenn die drei Ungleichungen bestehen

^28 < ^12 + ^81 > ^31 < '^83 + ^l%9 ^18 < ^81 + ^88' ^^1

Ist eine von ihnen nicht erfüllt, so wird sich die eine Flüssigkeit als eine Schicht zwischen die beiden anderen hineinschieben und sie trennen.

Sind sie aber erfüllt, so ist das Gleichgewicht stabil, denn bei einer Verschiebung der Grenzkurve wird eine Kraft erregt, die sie in die frühere Iiage zurückfuhrt.

In der That, betrachtet man die Gesamtkomponente N der drei Spannungen nach einer beliebigen Richtung n normal zu einem Linienelement der Grenzkurve, so ist zunächst nach (36):

iV = Äjg cos v^ + Äjj cos v^ + üSjjj cos v^ = 0,

falls i'j, Vj, V3 die Winkel zwischen Ä33, S^^, S^^ und n bezeichnen. Hält man alle drei Grenzflächen von einer beliebigen endlichen Entfernung a von der Schnittkurve aus fest und verschiebt das be- trachtete Linieneleraent in der Richtung n um Sn aus seiner Gleich- gewichtslage, so wird eine Kraft SN entstehen, gegeben durch

SN = (aSj3 sin v^ Sv^ + S^^ sin v^ Sv^ + S^^ ^i^ ^3 ^^s) oder, da Svj^ = sin i/^ ist, durch

SN== ---^ (5,3 sin« v^ + 8^^ sin» v^ + 8^^ sin« v^).

Die Kraft ist also negativ, da nach der Voraussetzung alle <Sa* > 0 sind; das Gleichgewicht ist somit stabil.

Stoßen in einer Grenzkurve mehr als drei Flüssigkeiten zu- sammen, so ist die Gleichgewichtslage nicht bestimmt, da für vier Winkel nur drei Bedingungen vorhanden sind, und das Gleich- gewicht selbst im allgemeinen labil.

Dies erkennt man in dem Falle, daß vier Flüssigkeiten (1), (2,) (8), (4) vorhanden sind, einfach so, daß man an dem betrachteten Linien- element zwei der vier Grenzflächen [z. B. (2, 3) und (3, 4)] unge- ändert läßt und die beiden anderen [(1, 2) und (1, 4)] parallel mit sich in einer beliebigen Richtung n fortschiebt, so daß parallel 71

250 //. Teil. Mechanik nichtetarrer Körper. IL Kap.

ein Stück einer neuen Grenze zwischen den Flüssigkeiten (2) und (4) entsteht, die zuvor sich noch nicht längs einer Fläche berührten. Parallel mit n wirkt nun auf das Linienelement, in dem jetzt (2), (3\ (4) zusammenhängen, in leicht verständlicher Bezeichnung

^24 + ^23 cos V,3 + ^3^ COS ^3^ = A\ ,

auf dasjenige, in welchem (1), (2), (4) zusammenhängen,

- ^24 + ^12 cos Via + *i4 cos ^14 = N^. Da die ursprüngliche Lage eine Gleichgewichtslage sein sollte, muß

^12 cos Via + ^23 cos Vas + *34 cos V34 + 5^1 cos v^i = 0

sein, es ist also A\ + N^ = 0, aber je nach den Werten der Äj^» und der Richtung von n kann N^ und N^ ebenso wohl positiv als negativ sein, während zum stabilen Gleichgewicht N^>i) und N^<0 er- forderlich wäre. Damit ist aber die Labilität des Gleichgewichtes erwiesen.

Läuft die Grenzfläche zwischen zwei Flüssigkeiten (1) und (2) gegen einen stetig gekrümmten starren Körper (0), so wird die Kom- ponente der Oberflächenspannungen normal zu dessen Oberfläche durch seine Festigkeit zerstört, und die Gleichgewichtsbedingung betrifll nur die tangentiale. Sie lautet hier, falls man die Rand- winkel der Flüssigkeiten (1) und (2), welche sich zu ;r ergänzen, resp. mit q)^ und (p^ bezeichnet:

Ä,a cos ijpi + iSoi = ^02 oder

Ä,a cos 9>a + S^^ = Ä^i

Sq^ und 5Jja bezeichnen die Oberflächenspannungen in den Grenzen zwischen der Flüssigkeit (1) oder (2) und dem Körper (0); sie sind positiv oder negativ, je nachdem die Flüssigkeiten das Bestreben haben, ihre Berührungsfläche mit dem festen Körper zu verkleinem oder zu vergrößern.

Man erhält somit für die Randwinkel die Beziehungen

35") co8 9>i = -'^<"-7-A.-, cos y, = -^' - -^'«i .

Es scheint hiernach, als ob bei geeigneten Werten von S^^ und fij,a der absolute Wert von cos qpj resp. cos tp^ größer als Eins, der Rand- winkel also imaginär werden könnte. Die Beobachtungen zeigen indessen, daß, wenn die eine der beiden Flüssigkeiten, z.B. (2), gegen den festen Körper eine negative Oberflächenspannung besitzt, sie ihn bei stattflndender Berührung in einer dünnen Schicht über-

§ 6. Satz von Ijophce. 251

zieht, d. h. benetzt, so daß der feste Körper dadurch gewissermaßen die Eonstante der Flüssigkeit (2) erhält

Demgemäß wird dann Ä^g = 0, S^^ == -Sj^ und wir erhalten

cos qpi = 1 , cos ^2 = + 1 ,

d. h. die Grenzfläche (1, 2) tangiert die Oberfläche des festen Kör- pers nach der Seite der Flüssigkeit (1) hin.

Der an sich denkbare Fall, daß sowohl S^^, als 8^^ positiv, und die Ausdrücke (35") ihrem absoluten Werte nach größer als Eins sind, scheint in der Natur überhaupt nicht vorzukommen; es bleibt vielmehr bei allen bekannten Kombinationen 8^^ 8^^ erheblich kleiner als das entsprechende 8^^.

Ein besonders wichtiger Fall ist der, daß die eine der beiden Flüssigkeiten (1) und (2), z. B. (2), ein Gas ist; dann ist 8^^ ver- schwindend, 8^^ = 8, 8^Q = 8^ und die Bedingung (33) wird zu

cos 9^1 = - ^ ; 35'")

über sie gilt dasselbe, was zu der allgemeineren Formel gesagt ist Hat die Flüssigkeit die Gestalt einer im Luftraum ausgespann- ten Lamelle, die gegen einen starren von ihr benetzten Körper läuft, so wird wegen 8^^ = 8^^ die Grenzbedingung zu cos qp^ = cos^j, = 0; die Lamelle muß also überall normal auf dem festen Körper stehen. Treffen mehrere Lamellen derselben Flüssigkeit in einer Kurve zusammen, so befinden sie sich nach (35) u. f. nur dann im stabilen Gleichgewicht, wenn ihre Anzahl gleich drei ist, und wenn sie die Winkel von 120^ miteinander einschließen.

Aus der allgemeinen Differentialgleichung (33) für die kapillare Oberfläche

tl)? Q M _L_ M Q l^ COS {n, x) d C08(w, y)\

*** = - \i: (ä^ + jij = ^A. [ ex +- dy ~) '

in welcher die Konstante C^j^ nach S. 246 gleich Null gesetzt und die Normale n von der Flüssigkeit h nach der Flüssigkeit k hin positiv gerechnet ist, kann man einen einfachen und allgemeinen Satz ableiten, wenn man dieselbe über die Projektion cj eines beliebigen Bereiches o der Fläche o^^ auf die X 7- Ebene integriert Der Ein- fachheit halber sei angenommen, daß diese Projektion g> die X Y- Ebene überall nur einfach überdeckt, so daß in der Formel

dxdy = (/cö = ± f/ocos(n,z)

immer dasselbe Vorzeichen etwa das positive gilt; in dem allgemeineren Falle hat man das Integrationsbereich to in ange- messene Teile zu zerlegen.

252 //. Teil. Mechanik niehtstarrer Körper. IL Kap.

Unter Anwendung der Betrachtungsweise, welche zu der Formel (29") gefuhrt hat, erhält man dann, wenn man die Randkurre von o mit s, ihre Projektion auf die XZ- Ebene mit (t und deren äußere Normale mit v bezeichnet:

36) / 0ikCOs(n,z)£/o = Sj^^f d(T cos {n,v) = Sf^j^fdscos(S,2).

Konstruiert man nun durch die Randkurve s einen geraden Cylinder parallel der Z-Axe bis zu der Oberfläche <f> = 0, über deren Lage wie oben so verfügt ist, daß sie durch eine Stelle verschwindender mittlerer Krümmung auf o^^ hindurchgeht, und setzt man wie S. 247 0]^]^ = {Qj^ (ij 0, so kann man das Integral links auch schreiben

(('fc-eA)/*C0S(71,z)(/0,

wo die Integration über die ganze Begrenzung 0 des konstruierten cylindrischen Stückes ausgedehnt ist Dies giebt aber auch

((>k-Pfc)J|^£/Ä oder --{Qj,^Q^)jZdk,

wo Z die auf die Masseneinheit bezogene Komponente der wirken- den körperlichen Kraft bezeichnet, und das Integral über den Inhalt des Cylinders erstreckt ist.

Diskutiert man die verschiedenen nach den Umständen mög- lichen Vorzeichen, so ergiebt die ganz allgemeine schließliche Formel

36') ^ {Qu - Qh)fZdk = Snufd.^cos{S,z)

das Resultat, daß die in der Randkurve s angreifende Oberflächen- spannung der Differenz der auf den Cylinder wirkenden körperlichen Kräfte bei Erfüllung mit der Flüssigkeit (A) oder (Ä) das Gleich- gewicht hält. Dies kann man auch dahin aussprechen, daß diese Spannung jenen Cylinder, gefüllt mit der einen Flüssigkeit, innerhalb der anderen trägt.

Im Falle, daß die Schwere die einzige wirkende körperliche Kraft ist, entspricht die Oberfläche 0 = 0 nach S. 247 dem unendlichen Niveau. Ist in dasselbe ein vertikaler Cylinder oder ein vertikales cylindrisclies Rohr von ringsum gleicher OberflächenbeschaflFenheit eingetaucht, so ist, wenn man für s die Randlinie der Oberfläche öai wählt, daselbst l_ S^z konstant und zwar gleich dem Randwinkel qp/,, falls (A) die untere Flüssigkeit bezeichnet und die ^Axe ver- tikal nach unten gerichtet ist. Es gilt dann

36") (pfc •- Qk)ff^= ShkS cos (fh j

worin /' das über das unendliche Niveau gehobene Volumen bedeutet

§ 7. Wirkungen des Dntekes gegen starre Körper, 253

Ist (ph> ^1^7 80 ist r< 0, und es findet demgemäß eine Depression der Oberfläche o^^j. unter das unendliche Niveau der FlQssigkeit statt Ist die Flüssigkeit k ein Gas, so gilt nach früheren Bezeich- nungen

Qgr=G = Sscosfp, 36'")

wo G das gehobene Gewicht bezeichnet Dieser spezielle Satz ist von Laplace^') gegeben und liefert bei benetzenden Flüssigkeiten, wo y = 0, also G = 8s ist, die Theorie einer bequemen Bestim- muDgsmethode für S. Hängt man nämlich eine, etwa aus dünnem Blech gefertigte, Cy linderfläche über einem großen Flüssigkeitsreser- voir mit zunächst horizontaler Oberfläche so auf, daß ihre Axe ver- tikal steht, und die untere horizontale Begrenzung fast die Ober- fläche berührt, so ist die Kraft, welche nötig ist, um den Cylinder nach erfolgter Benetzung in dieser Position zu erhalten, gleich 2Ssj wenn * die Länge der Grundlinie des Cylinders ist

Bei nicht benetzenden Flüssigkeiten leiden alle Methoden, bei welchen der Randwinkel in Betracht gezogen werden muß, an ün- genauigkeiten, welche daraus fließen, daß der Einstellung einer Flüssigkeit an einer nicht benetzten Wand eine starke gleitende Reibung entgegenwirkt

Die sicherste Methode ist hier die Messung des Krümmungs- radius jB in der Kuppe einer Rotationsfläche und des hydrostatischen Druckes, welcher ebenda wirkt und welcher aus der Höhe der Kuppe über dem unendlichen Niveau folgt Aus (33"") erhält man dann

, 2S

Andere Beobachtungsmethoden, welche die gleichzeitige Be- stimmung des Randwinkels und hierdurch der Difi'erenz der Ober- flächenspannungen 5^j 5^3 der Flüssigkeiten gegen die feste Wand, bei nur einer Flüssigkeit und einem Gas von S allein , zum Ziele haben, beruhen auf der Messung von Dimensionen an theoretisch nach ihrer Gestalt bestimmbaren Grenzflächen, z. B. an Tropfen auf ebenen Unterlagen, an Flüssigkeitssäulen in engen Röhren oder zwischen parallelen Platten.

ff 7. Besultierende Komponenten und Momente des hydrostatischen Dmckes gegen starre Körper. Kapillare Kräfte.

Die Kräfte und Momente, welche durch die Wirkung des Druckes/? gegen einen festen Körper k\ z. B. gegen ein Stück des die Flüssig-

254

//. Tct/. Mechanik nirhfstarrer Körper, IL Kap,

37)

keit enthaltenden Gefäßes entstehen, sind durch die folgenden For- meln gegeben:

X' = fp cos {n\ x) d o\

T = fpGO^{n,y)do,

Z' = f p cos (n, z)do ^

L' = f p (y cos (w', z) z cos (?//, y)) r/ r/ ,

M ^ f p{z cos (n', x) j: cos (n', z)) (fo' ,

N = f p {x cos (n ,y) y cos (n', ar)) do .

In ihnen ist das Integral über die gesamte von der Flüssigkeit be- deckte Oberfläche o von k' auszudehnen; die Normale v! ist aus der Flüssigkeit heraus positiv gezählt.

Ist die Oberfläche geschlossen, und ist die Flüssigkeit in ihrem Innern vorhanden, so kann man die Oberflächenintegrale in Raum- integrale über das von der Plüssigkeit erftülte Bereich k verwandeln, da p nach Annahme stetig ist; es folgt dann unter Rücksicht auf (22)

37')

Die Gesamtkomponenten und Momente, welche das Gefäß er- fährt, sind also dieselben, welche die Flüssigkeit seitens der ausge- übten Kräfte X\ JT, Z^ erleiden würde, wenn sie in einen starren Körper verwandelt werden könnte.

Ist die geschlossene starre Fläche rings von der Flüssigkeit umgeben, läßt sich /?, das nur für den äußeren Raum definiert ist, in den Innenraum K stetig analytisch fortsetzen, und gilt gleiches demgemäß von X', T und Z\ so erhält man die obigen Resultate, nur mit entgegengesetztem Vorzeichen und mit Vertauschung von A mit Ä'. Die auf den starren Körper ausgeübten Komponenten und Momente sind also hier denjenigen entgegengesetzt gleich, welche sich mit den in sein Inneres analytisch fortgesetzten Kraftkompo- nenten X*, T, Z^ berechnen würden.

Ist die Flüssigkeit homogen, so sind sie denjenigen Komponenten und Momenten entgegengesetzt gleich, die ein Hohlraum von gleicher Größe wie der Körper, mit derselben Flüssigkeit erfüllt, durch die gleichen körperlichen Kräften erfahren würde.

Dies ist die allgemeine Fassung des sogenannten Archimedischen

§ 7. KapiÜare Kräfte gegen starre Körper, 255

Prinzipes **), auf dem die bekannteste Methode zur Bestimmung der Dichte fester Körper beruht

Sind unter den auf die Flüssigkeit ausgeübten Kräften solche, die, ähnlich wie Gravitationswirkungen, von dem betrachteten festen Körper ausgehen, und die S. 37 zusammengestellten Eigenschaften besitzen, so geben diese gleichfalls ihren Anteil zu den berechneten X', ... Z'; es ist aber zu bedenken, daß die Gegenwirkung, welche die Flüssigkeit auf den festen Körper ausübt, diesen Teil kom- pensiert

In der That läßt sich dann z, B. die erste Gleichung (37') schreiben, indem man X* als von allen Elementen dk' des festen Körpers auf das Element dk der Flüssigkeit ausgeübt gleich fdk'Xijff einfuhrt:

X'=/rfÄ/rfÄ'12fc.;

die Gesamtkomponente X[ , welche die Attraktion der Flüssigkeit auf den Körper ergiebt, ist aber

X[ = fdkfdkXl'^j

also der oberen entgegengesetzt gleich.

Ebenso erhält man dem ersten Moment in (37)

L'^fdkfdk\Zl^yu-'H^z^) entsprechend die Reaktion

Z'i = fdKfdk{Zl^j,iji^ ywk^ie)y

welche ersteres gerade aufhebt

Demgemäß kann also auch die Molekularattraktion zwischen Flüssigkeit und Körper, oder die OherHächenspannung in der Grenze zwischen beiden keine resultierenden Kräfte und Momente auf den Körper ausüben.

Anders verhält es sich dagegen mit der Wirkung der kapillaren Oberflächenspannung, welche zur Geltung kommt, wenn die Grenze 0^^ zweier Flüssigkeiten (A) und {k) gegen die Oberfläche des Körpers läuft, und welche die Tendenz hat, diese Oberfläche zu verkleinem.

Wird die Oberflächenspannung wieder mit Sj^^ bezeichnet, so nehmen die Werte X, Y, Z bei ihrer Berücksichtigung die Ge- stalt an

X'= /;?cos(n', ar)r/o'+ AS)ik/cos(5, x)d8\ j

r= fpcoH{n% y)do + Sn,fcos(S, f/)d/, \ 38)

ir'=: /;7cos(n', z)do'+ /SÄ*/cos(fi', z)ds\ )

Hierin bezeichnet ds das Element der Bandkurve s, normal zu welcher die Spannung Sf^j^ wirkt

256 //. Teil, Mechanik nichtstarrer Körper. IL Kap.

Bestimmt man die Integrationskonstante wie auf S. 246 durch Einführung einer Stelle a der Grenzfläche o^jt, für welche die mittlere Krümmung verschwindet, der Druck /?« beim Durchgaog durch die Fläche also nicht springt, und für welche beiderseits der Potentialwert gleich Null gesetzt ist, so wird nach (22'")

Führt man diese Werte in die erste Gleichung (38) ein, so erhält man, weil fcos{n'jx)do' über eine geschlossene Fläche ge- nommen verschwindet,

j r = - / (c/>' cos («', x)do\ - /(Ö? cos («', x) do%

\ +Äj,»/cos(Ä,x)rf/;

das erste Integral bezieht sich auf den mit (A), das zweite auf den mit (Ä) bedeckten Teil der Oberfläche o des Körpers k\

Begrenzt man einen Teil o der Trennungsfläche o^jt vollständig einerseits durch die Grenzlinie s\ andererseits durch eine beliebige auf oi^ji gezogene Kurve ä, und wendet auf diesen Teil die Glei- chung (36) an, indem man nur z mit x vertauscht, und addiert man das Resultat zu (38'), indem man bedenkt, daß in (36) die Spannung S von außen, in (38) von innen her gegen die Bandkurve s' wirkend eingeführt ist, so erhält man nach leichten Reduktionen

^g,,^ I X' = - / ('0' cos {N, X) dO\^f (0' cos {N, X) d 0)^

Hierin bezieht sich das erste Integral auf das ganze von s be- grenzte Stück Oi^=ol+o der Oberfläche von (A), das zweite auf das ganze von s begrenzte Stück Ojt = oi + ö der Oberfläche von (A), welche zum Teil an die andere Flüssigkeit, zum Teil an den festen Körper grenzen; JV ist die aus der betreffenden Flüssigkeit heraus positiv gerechnete Normale auf 0; das Bandintegral bezieht sich auf die willkürlich gezogene Grenzkurve s, und die Spannung S^k ist von außerhalb o gegen sie wirkend eingeführt

Für manche Anwendungen ist es bequem, das Bandintegral zu schreiben 38'") / cos (S,x)d8 = f cos (n, v)d(T,

worin o* die Projektion von s auf die J^^- Ebene und v ihre Nor- male bezeichnet, welche zu (t und X liegen muß wie n zn s zu S.

Die Oberflächenintegrale lassen sich nach dem S. 252 an- gewandten Verfahren häufig anschaulich deuten.

Vergleicht man die Schlußformel (38") mit der Ausgangs- formel (38'), so erkennt man den Satz, daß man zum Zwecke der

§ 7. Kapillare Kräfte gegen starre Körper, 257

Berechnung der Komponenten X, T, Z', welche der betrachtete feste Körper erfährt, seiner Oberfläche o' ein beliebiges benachbartes Stück o der gegen ihn laufenden Trennungsfläche o^u der beiden Flüssigkeiten (A) und {k) zufügen kann, wenn man nur die gegen dasselbe beiderseitig wirkenden hydrostatischen Drucke ebenfalls in Rechnung zieht und die Oberflächenspannung 8^]^ nicht gegen die wirkliche Randkurve 9 der Grenzfläche o^j^ am starren Körper, sondern gegen die zweite Begrenzung s von o wirken läßt. Dieser

fruchtbare Satz läßt sich direkt durch die Überlegung plausibel machen, daß man im Gleichgewichtszustand das Stück o der Trennungsfläche starr werden und fest am Körper haften lassen kann, ohne das Gleichgewicht zu stören.

Ist die wirkende Kraft die Schwere, und liegt die positive Z-Axe vertikal nach oben, so ist (li = Qffz also

+ ÄÄfc/cos(S, ar)rf*, j

worin z die if-Koordinate von d 0 bezeichnet Ist endlich die obere Flüssigkeit {k) ein Gas oder der leere Raum, so gilt noch einfacher, indem man die Indices jetzt fortläßt,

r== -- ff Q f^ cos{N, x)d 0 + S f coQ{Sf x)ds . 39')

Diese Gleichungen, denen analoge für T' und Z' zuzufügen sind, gestatten viele interessante Resultate ohne alle Rechnung ab- zuleiten. *^)

Befindet sich ein beliebiger Körper, dessen Oberfläche von Ort zu Ort beliebig wechselnde Natur hat, so daß die Grenzwinkel der Flüssigkeiten ruigsum stetig variieren, schwimmend in einem unend- lichen Bassin, in welchem zwei verschieden schwere Flüssigkeiten übereinander geschichtet sind, so daß sein oberer Teil ganz in der oberen, der untere in der unteren Flüssigkeit liegt, so rücken wir die Grenzkurve s ins Unendliche; dort liegt die Grenzfläche o^j, beider Flüssigkeiten und demgemäß S^k in der XJ- Ebene, und in- folge dessen sind hier die Randintegrale in den Formeln (39) für X\ F und Z' gleich Null. Die Oberflächenintegrale in dem Ausdruck für X und y verschwinden gleichfalls, denn die Projektionen der Ober- flächen 0^ und Ok überdecken die TZ- und i/X-Ebene überall ein geradzahliges Mal. Demgemäß erfahrt ein schwimmender Körper unter den vorausgesetzten Umständen keine horizontale Kraftwirkung.

Dagegen geben die Oberflächenintegrale in dem Werte von Z' die Gewichte der Flüssigkeiten, welche zwischen den Flächen 0^

VüiCKT, Theoretliiche Physik. 17

258 //. Tnl. Mechanik niehtstarrer Korper, 77. Kap,

resp. Ofc und der Ebene des unendlichen Niveaus liegen, und zwar mit verschiedenem Vorzeichen, je nachdem sich die begrenzenden Stücke unterhalb oder oberhalb der Ebene r = 0 befinden. In dem auf die untere Flüssigkeit (ä) bezogenen Integral erscheinen die unterhalb dieser Ebene gelegenen Volumina mit negativem, die ober- halb gelegenen mit positivem Zeichen, in dem auf die obere Flüssigkeit {k) bezüglichen, wegen des entgegengesetzten Sinnes der Normalen, umgekehrt Demgemäß ergiebt sich folgendes Resultat. Bezeichnen Fj^ und Fj, die Volumina der Teile, in welche die Ebene z = 0 den festen Körper zerlegt, und bezeichnet F das Volumen der unteren Flüssigkeit, welches aus dem Niveau herausgeschoben ist, positiv, wenn es gehoben, negativ, wenn es gesenkt ist, dann gilt

39") -Z'=i7(?*^»+Pt^* +(?»-('»)?').

Die ersten beiden Glieder geben die Größe des Auftriebes, wie er dem archimedischen Prinzip entspricht, das letzte den Einfluß der Kapillaritätskräfbe. Die Gleichung (39") stellt eine Ver- allgemeinerung des LAPLACE'schen Satzes (36'") dar.

Schwimmen in dem vorausgesetzten Bassin zwei in Bezug auf die r^-Ebene spiegelbildlich gleichgestaltete und gleichgelegene, im übrigen beliebige Körper, so wird die Grenzfläche Oä* der Flüssig- keiten durch die Z^-Ebene normal geschnitten. Die Schnittkurve *i wählen wir neben einem unendlich großen Halbkreis s^ zur Be- grenzungskurve s und betrachten zunächst die X- Komponente der Kraft, welche auf den nach -f X zu gelegenen Körper wirkt

Die Projektion von s auf die YZ-Ehene besteht aus der T-Axe und der Kurve s^, die umschlossene Fläche sei mit q bezeichnet, die Neigung der Kurve s^ gegen die J^-Axe mit v. Dann giebt Formel (39)

+ 00

40) X'=-ff{Qh- ^o/l z\dq- 5a» j ^ ~^^ " dy.

00

Von z ist der absolute Wert \z\ genommen, weil, wie man leicht erkennt, das Integral stets positiv sein muß.

Haben die Körper die Gestalt von Cylindem, deren Axen der 7-Axe parallel liegen, so verschwindet das zweite Integral; das erste, welches den hydrostatischen Druck gegen die Fläche q angiebt, aber von der Form und Entfernung der Cylinder im übrigen ganz unab- hängig ist, bleibt allein übrig; die auf die Cylinder ausgeübte Krall findet stets im Sinne einer gegenseitigen Anziehung statt

Für die T- Komponente der wirkenden Kraft ergiebt sich der

§ 7. Kapillare Kräfte gegm starre Körper. 259

Wert Null; die ^-Komponente bestimmt sich nach Formel (39"), nur ist unter V ausschließlich das verschobene Flüssigkeitsquantum auf der einen Seite der Z^- Ebene zu verstehen.

Ahnlich kann man den Anteil, welchen die Eapillaritätskräfte an der ^-Komponente geben, überall da leicht anschaulich be- stimmen, wo sich um den untersuchten Körper auf der Flüssigkeits- oberfläche eine Kurve s von der Eigenschaft ziehen läßt, daß in ihr die Oberflächenspannung Sj^j^ horizontal liegt In allen diesen Fällen gilt die Formel (39"), wenn man das in ihr auftretende Volumen seitlich begrenzt durch den vertikalen Cylinder durch s. Ein einfaches Beispiel giebt ein Rotationskörper, der in einem gleich- falls als Rotationskörper gestalteten Gefäß koaxial schwimmt

Wenn in dem unendlichen Bassin zwei Körper verschiedener Oberflächenbeschaffenheit schwimmen, so daß zwischen ihnen auf der Oberfläche o^j^ eine Kurve «, zu ziehen möglich ist, die durchaus in der Höhe des unendlichen Niveaus liegt und sich nach beiden Seiten ins Unendliche erstreckt, so kann man sie durch einen gleichfalls im Unendlichen liegenden Ejreisbogen s^ zu einer ge- schlossenen Kurve s vervollständigen.

Über den umschlossenen Teil von 0^ und Oj, integriert ver- schwinden in Formel (39) die Oberflächenintegrale und es bleibt

X' = + 8^^ /cos (Ä, x) ds, 40')

d. h. die Gesamtkomponente aller von außen gegen s wirkenden Oberflächenspannungen nach der Richtung von X.

Sind die beiden Körper Cylinder von der gegen ihren Abstand bedeutenden Länge Z, deren Axen der F-Axe parallel liegen, und schneidet die Oberfläche die A' 7- Ebene unter dem Winkel r, so giebt die Formel

^' = ± 5^, / (1 - cos T)rfy =±Sn,L{l^ cos r), 40")

wo sich das obere Zeichen auf den nach + X, das negative auf den nach X gelegenen Cylinder bezieht

Die ausgeübte Kraft wirkt also im Sinne einer Abstoßung der beiden Körper.

Eine der auf S. 256 ausgeführten Umformung analoge gestatten auch die unter Berücksichtigung der Oberflächenspannung gebildeten Drehungsmomente Z', M\ N\ welche ein starrer Körper in einer Flüssigkeit erfährt; aber die Resultate geben nicht Veranlassung zu ähnlich allgemeinen und anschaulichen Sätzen, wie sie vorstehend abgeleitet sind.

17*

262 //. Teil, Mechanik nichtstarrer Körper. IL Kap,

und demgemäß

41'") A * = -',1' + 4{«- + \^ = - 4nk^Q,

worin Q die freie Raumdichte bezeichnet Wir wollen indessen Ton diesem Fall weiterhin absehen.

Der Wert der freien Flächendichte a bestimmt sich aus der Potentialfunktion 0 der gesamten Verteilung gemäß Gleichung (165') des ersten Teiles; da aber 0 innerhalb eines jeden homogenen Konduktors konstant ist, so liefert sie für die Grenzen gegen Nichtleiter

hingegen für die Grenzen Of^j^ zwischen zwei Leitern (A) und(k) fr^k^ 0; dies zeigt, daß wohl auf ersteren, nicht aber auf letzteren eine Flächenbelegung vorhanden ist

Indessen müssen jene Zwischengrenzen eine Ladung anderer Art zeigen; denn die in ihnen wirkende elektromotorische Kraft verlangt zum Gleichgewicht als Kompensation ein Gefälle der Potentialfunktion 0, das sich, wenn die elektromotorische Kraft nur in einer unendlich dünnen Schicht wirkt, durch eine ünstetig- keit von 0 beim Durchgang durch die Grenze äußern muß. Setzt man

42) *^-*^=:0,„

so kann nach den obigen Annahmen 0/^^ nur von der Beschaffen- heit der beiden Leiter (A) und (A) abhängen, muß also längs der Grenze Ohk zwischen zwei homogenen Leitern konstant sein.

Ein solcher Potentialsprung verlangt aber zu seiner Entstehung, daß die Grenzfläche O^u als Doppelschicht mit konstantem Moment v^t geladen ist, dessen Größe sich nach Formel (176) bestimmt zu

wobei das Moment positiv gerechnet ist in der Richtung von (A) nach (A).

An äußeren Grenzflächen des Leitersystemes findet nach den gemachten Annahmen eine solche Ladung nicht statt.

Im äußeren Raum muß 0 der Bedingung

42'") A <»= -4i;rA>o

genügen, falls Qq die Dichte der gegebenen elektrischen Verteilung bezeichnet, und, wenn letztere, wie auch die Leiter sämtlich im End- lichen liegen, sich im Unendlichen so verhalten, daß lim {r^ 0) und

§ 8. Gleichgewicht der Mektricität. 263

lim {tq^ö ^P/dr^) endlich sind, wobei r^ die Entfernung vom Ko- ordinatenanfang bezeichnet.

Hiermit sind die Fundamentalgesetze des elektrischen Gleich- gewichtes in Leitern, nämlich die charakteristischen Eigenschaften der Potentialfunktion aus den vorausgeschickten Hypothesen ab- geleitet Eine Ableitung auf anderer Grundlage und, daran an- schließend, die speziellen Anwendungen der vorstehenden Formeln sollen an einer anderen Stelle Platz finden.

Auch Nichtleiter für Elektricität oder Dielektrika erhalten durch die Wirkung elektrischer Kräfte scheinbar freie Ladungen. Man hat versucht ^^)y diese Thatsache dadurch zu erklären, daß man sich die Vorstellung bildete, die Isolatoren enthielten unzählige lei- tende Köri^erchen in eine kontinuierliche nichtleitende Substanz ein- gebettet, und auf erstere die Betrachtungen dieses Paragraphen anwandte.

Die gleiche Behandlung, wie die Dielektrika, gestatten die magne- tisch erregbaren Körper bei Annahme zweier magnetischer Fluida, die sich innerhalb der kleinsten Teile, aber nicht zwischen ihnen bewegen können.

Nach der Seite der Qualität vermag man auf diese Weise die genannten Erscheinungen darzustellen; bezüglich der Quantität sind aber gegen diese Auffassung Bedenken erhoben, welche darauf beruhen, daß die bei Nichtleitern aus der Beobachtung zu schließen- den scheinbaren Ladungen unter Umständen stärker sind, als sie aus der angedeuteten Theorie, auch unter Annahme günstiger Struktur- verhältnisse, folgen. Diese Fragen sind noch nicht abgeschlossen.

Endlich hat man noch eine Erweiterung der erörterten Vor- stellung in dem Sinne vorgenommen, daß man die kleinsten Teile der Dielektrika je mit Systemen permanenter elektrischer Pole fest verbunden dachte, die ihrerseits eine elektromotorische Kraft ausüben. Da dieser Effekt sich bei einer Deformation des Dielek- trikums ändern muß, so giebt die erwähnte Anschauung die Grund- lage für eine Theorie der Piezolektricität, die auch bis zu For- meln, welche die Prüfung durch die Beobachtung gestatten, durch- geführt worden ist*")

Wir werden in dem Kapitel über Elektrostatik eine von spe- ziellen Annahmen über die Struktur der Dielektrika freie Ableitung der Grundgesetze für ihre elektrische Erregung mitteilen.

III. Kapitel.

Dynamik idealer Flüssigkeiten.

§ 9. Die EuiiEB'sclieii Gleiclituigen.

Eine ideale Flüssigkeit ist nach § 4 eine solche, in der auch bei der Bewegung tangentiale Druckkomponenten nicht zu stände kommen. Für diese gilt dann, wie auf S. 233, wegen

i; = ^, = j; = o,

auch

und die allgemeinen Bewegungsgleichungen (14) nehmen, wenn man in ihnen die Geschwindigkeitskomponenten

dx , dy t dx ,

als Funktionen der Koordinaten und der Zeit betrachtet, die von EuLEB^^ angegebene Form an

43)

du' (du' , ,du' , ,du' ,du'\ ,r, dp

^'-Ji = nöT + « öl^ + " öy + '" ö^J = -^ - öl'

dv' (dv' ,dv', ,dv', ,dv'\ t^ dp

<^ dT = ? i^ + « ö^ + " ö7 + '" ötJ = -^ - d y '

dw' (dw' . ,dw' , ,dw' , ,dw'\ rwi dp

Die körperlichen Kräfte X*, T^ Z" sind dabei, wie in den Grund- formeln (10) aus den dort angegebenen Gründen, auf die Volumen- einheit bezogen; indessen hat es keine Bedenken, durch die For- meln Z' = () X, T ^ Q 1\ Z" ^ Q Z die für die Masseneinheit gelten- den Komponenten A', F, Z einzuführen, weil bei Bewegungsvorgängen in der Praxis Kräfte, welche nicht mit den Massen proportional sind, wie z. B. elektromagnetische Wirkungen auf Stromleiter, nur bei nahezu inkompressibeln Flüssigkeiten in Betracht kommen; wo dann die

§ 9. Die Euler^sehen hydrodynamisehen Oleiekungen, 265

Dichte Q als konstanter Faktor geführt werden kann; wir werden demgemäß auch bei den allgemeinen Sätzen die Eraftkomponenten X, 7, Z und eventuell deren Potentialfunktion 0 benutzen.

Die Dichte q wird meist als gegebene Funktion des Druckes p betrachtet, und wir setzen allgemein

i = ^, n=f^P; 43')

bei inkompressibeln Flüssigkeiten ist q konstant, also 11 = pJq + (7, worin die Konstante C beliebig gleich Null gesetzt werden kann.

Eine letzte Beziehung zwischen den fünf Unbekannten u, v, w\ /?, Q erhält man durch die Überlegung, daß für jedes Volumen- element die Differenz der Massen der in einem Zeitelement ein- -und ausströmenden Flüssigkeitsmengen der in derselben Zeit eintretenden Vermehrung der Masse des Elementes gleich sein muß; dies liefert die sogenannte Kontinuitätsgleichung

«l«' + ^' + ^^ + f! = 0 43")

ox ay o X a i '

oder

An der Grenze zwischen zwei Flüssigkeiten (A) und (A) gilt nach (9") und (14'")

(wi MiO cos (v, x) + {li vj,) cos (v,y) + {^Ch »4) cos {v, z) = 0 , 44)

Ph Pk+Phk = 0, 44')

unter v die Richtung einer Normalen auf der Grenzfläche und unter Phk den in der Richtung von (A) nach (A) positiv gerechneten Grenz- druck verstanden; Pf^j^ wird in der Hydrodynamik meist gleich Null gesetzt.

Die Grenzbedingungen (44) und (44') bleiben gültig in einer Unstetigkeitsfläche im Innern einer einzigen Flüssigkeit, an der Grenze zwischen einer Flüssigkeit und einem festen Körper, endlich auch längs einer sogenannten Eintrittsfläche, durch welche hin- durch gegebene Zuströmungen stattfinden; sie liefern aber in den beiden letzten Fällen keine Bedingungen für den Druck p.

An einer freien Oberfläche, d. h. einer Fläche, welche die Flüs- sigkeit gegen den leeren Raum abgrenzt, ist der äußere Druck /?' = 0; dasselbe muß dort, falls der Grenzdruck verschwindet, auch für den inneren Druck/? gelten. Grenzt die Oberfläche die Flüssigkeit gegen ein Gas ab, dessen Dichte verschwindend ist gegen diejenige der Flüssig-

266 //. TetL Mechanik nichtstarrer Körper. IL Kap,

keit, in dem also p als konstant betrachtet werden darf, so folgte daß an dieser Oberfläche auch p konstant sein muß.

Im Innern einer tropfbaren Flüssigkeit können mit den Ko- ordinaten stetig variierende Geschwindigkeiten nur eintreten, so lange die Größe von p nicht unter einen gewissen kleinsten nega- tiven Wert herabsinkt; unterschreitet p diesen Wert, so tritt ein Zerreißen der Flüssigkeit und demgemäß eine unstetige Bewegung ein; da indessen in den Hauptgleichungen nur die Differential- quotienten des Druckes nach den Koordinaten auftreten, so kann man bei inkompressibeln Flüssigkeiten, ohne die Art der Bewegung zu ändern, jederzeit durch Vergrößerung aller äußeren Drucke um denselben Betrag das Untersclireiten jenes Grenzwertes von p inner- halb der Flüssigkeit unmöglich machen und dadurch jene Grenzfälle, wo die Lösungen ihre Geltung verlieren, ausschließen.

Da wir u, v\ w als Funktionen der Koordinaten und der Zeit betrachten, so ist durch

45) dx:dy:dz = u:v:tD

eine Kurve gegeben, welche durch ihre Tangente an jeder Stelle und zu jeder Zeit die Sichtung der eben stattfindenden Geschwindigkeit angiebt; sie heißt eine Stromlinie. Ist «', v, w\ o, p von der Zeit unabhängig, also die Bewegung, wie man sagt, stationär, so ruhen alle Stromlinien und sind mit den Bahnkurven der Teilchen iden- tisch, was im allgemeinen Falle nicht stattfindet

Ein von lauter Stromlinien begrenzter Faden heißt ein Strom - faden; ist die Bewegung stationär, so muß das durch jeden beliebig gelegten Querschnitt q desselben Stromfadens in der Zeiteinheit gehende Flüssigkeitsquantum

Q q {u' cos (v, x) + V cos (v, y) + w cos (f , z)) = Qq Fcos ( r, v), wo V die Normale auf q und 45') V = ^u^ + ü 2 + Mj'ä

die resultierende Geschwindigkeit bezeichnet, denselben Wert haben. Hieraus folgt, daß ein Stromfaden bei verschwindender Geschwindig- keit sich über alle Grenzen ausbreitet, bei unendlicher Geschwindig- keit sich zu einer Linie zusammenzieht, aber nicht innerhalb der Flüssigkeit aufhören kann.

Wie die Geschwindigkeitskomponenten u\ v\ w\ so sind auch die Rotations- oder Wirbelkomponenten

^^^ ^=*te""ölj' '"=*(ä7-ä^J' ^=i(ä^-ö^J

§ 9, Stromlinien und Wirbellinien. 267

im allgememen Funktionen des Ortes und der Zeit; demgemäß ist

durch

dx\dy\dzr=il:mxn' 45'")

eine Kurve gegeben, deren Tangente an jeder Stelle in die daselbst stattfindende Rotations- oder Wifbelaxe Mit; eine solche Kurve heißt eine Wirbellinie. Die Wirbellinien behalten ihre Lage unverändert nur dann bei, wenn die Flüssigkeitsströmung stationär ist. Ein Faden, dessen Oberfläche von Wirbellinien erfüllt ist, wird ein Wirbelfaden genannt

Aus der Definition (45') der Wirbelkomponenten folgt die iden- tische Gleichung

dV dm' , Bn' rx ^«v

multipliziert man dieselbe mit dem Raumelement dk und integriert über einen beliebigen Raum, innerhalb dessen sich T, m', vi regulär verhalten, so erhält man

/(/cos(v,x) + m'c08(if,y) + n'co8(v,2:))rfo = 0, 46')

wo do das Element der Oberfläche von k, und v die Richtung seiner Normalen bezeichnet

Bei Einführung der resultierenden Wirbelgeschwindigkeit

D = yP + m'2 + n'2 * 46")

kann man dafür auch schreiben

/J9cos(i?,i/)rfö = 0. 46'")

Wendet man diese Formel auf einen beliebigen Abschnitt eines Wirbelfadens an, so wird, weil die Mantelfläche keinen Anteil zu dem Integral giebt, nur das auf die Endquerschnitte bezügliche übrig bleiben. Das Resultat spricht den Satz aus, daß längs desselben Wirbelfadens das Produkt q JD cos (2^, v) aus der Größe eines beliebig gelegten Querschnittes und der Komponente der Wirbelgeschwindig- keit normal zu ihm konstant ist

Hieraus folgt, daß ein Wirbelfaden innerhalb der Flüssigkeit nicht aufhören kann, sondern entweder von Oberfläche zu Oberfläche, oder in sich zurück verlaufen muß.

Erstreckt man die Integrale über den von einem geschlossenen Wirbelfaden eingenommenen Raum, so wird

fldk = fm'dk =.fn'dk==0', 46"")

denn man kann z. B. das erste schreiben

f DcoB{D,x)qd8 == Dqfoos{8,x)d8,

woraus die Richtigkeit der gemachten Bemerkung sofort erhellt

268 IL Teil, Mechanik mcktstarrer Körper, III, Kap,

Zwischen den Strömungs- und ßotationskomponenten ergiebt sich ein bemerkenswerter rein kinematischer Zusammenhang durch Anwendung des wiederholt benützten STOKEs'schen Satzes von S. 177 auf das Integral der Geschwindigkeitskomponente nach einer ge- schlossenen Kurve <t, welches man die Cirkulation der Flüssigkeit längs dieser Kurve nennt ^^).

Man erhält sogleich

{/ (jl cos (<T, X) + V cos {fT, y) + W cos (<T, Z)) d (T = 2 f (J cos [Vj x) + m cos [v, y) + .n' cos (v, zfjdm,

worin (o eine beliebige durch die Kurve a begrenzte Fläche und v die Richtung ihrer positiven Normalen bezeichnet.

Auf eine Kurve und eine Fläche angewendet, die in der XT- Ebene liegen, folgt daraus

47') / {u cos ((T, x) + V cos (<T,y)) cf o* = 2 // n' dx dy,

Mechanische Beziehungen zwischen Strom- und Wirbell inien erhält man folgendermaßen*®).

Fügt man zu der ersten Gleichung (43) auf der linken Seite additiv und subtraktiv das Aggregat

dx dx

hinzu, so nimmt die Gleichung bei Einführung der resultierenden Geschwindigkeit V aus (45') die Form an:

oder anders geordnet und bei Einführung der auf die Masseneinheit bezogenen Kraftkomponenten X, Z, Z

48') ?i*^ + 2(«'m' - «'«') = X- A(/7+ ^V^.

Haben die äußeren Kräfte eine Potentialfunktion </>, so kann man das ganze System (43) schreiben

^--- + 2(wm-rn')=--^,

48")

+ 2{vl-um)=-j^,

worin <U.+ 11+ \V = ii gesetzt ist. Im Falle stationärer Bewegung ist

du ldt = dv' jdt^dw jdt=Q

§ 9. Wirbelbewegungen. 269

und die Gleichungen (48") ergeben dann durch Zusammenfassung mit den Faktoren «', v, w resp. T, m', ri

oa? öy ö* '

49)

Diese Formeln sagen aus, daß bei stationärer Bewegung die Oberflächen fl = Const. von einem Netz aus Stromlinien und Wirbellinien überzogen sind. Ferner ergeben sie, wenn v die Rich- tung der Normalen auf diesen Flächen, positir von kleineren zu größeren ß gerechnet, und 0 den Winkel zwischen Strom- und Wirbellinien an einer Stelle einer Fläche £i = Const bezeichnet:

~==2FDsm0. 490

Das erstere Resultat läßt sich auch so aussprechen, daß längs jeder Strom- und jeder Wirbellinie fl konstant ist, der konstante Wert aber im allgemeinen von Linie zu Linie variiert, und daß nur diejenigen Stromlinien gleichen Werten Ü entsprechen, welche durch eine Wirbellinie verbunden sind, und umgekehrt

Der schon von Daihiil BEBNOUiiLi^^ abgeleitete Satz, daß bei stationärer Bewegung längs einer Stromlinie 0 + ZT + ^ F* konstant ist, ist hierin enthalten und bildet die Grundlage für viele An- wendungen. So liefert er für eine schwere, aus einem Gefäß aus- fließende Flüssigkeit das ToKiCELLi'sche Theorem '^), indem man ihn auf eine Stelle der freien Oberfläche im Reservoir und auf die Ober- fläche des Strahles an der Austrittsstelle anwendet Sind dort die äußeren Drucke gleich, sind die Geschwindigkeiten resp. gleich V^ und F^ , und ist die Tiefe der Öffnung unter dem Spiegel im Ge- fäß gleich h, so folgt

2ffh= Fl«- ?;^ 49")

wo nun Fq^ meist neben F^^ vernachlässigt werden kann.

Über Wirbelbewegungen existieren einige allgemeine Sätze, die

man von Helmholtz^^ verdankt

Aus den Gleichungen (43) kann man durch Elimination der

durch (43') definierten Funktion 77 drei neue bilden, die sich unter

Rücksicht auf (43'") folgendermaßen schreiben lassen:

V 7/ , i/öY dZ\ ydu' , ,du' , ,du' ^dt' + ^[-Bx-dy)^^Fi + ö-y + '^ "ä^ } 50)

y du' , , d v' , , bvf

270 //. na. Mechanik niehtstarrer Körper, ni. Kap.

Benatzt man die auf S. 189 gegebene Zerlegung der Eraft- komponenten und setzt nach den Formeln (187')

SO erhält man statt des Systems (50), indem man nur den ersten der rechts stehenden Werte benutzt,

50")

(7)

dl-]

dt ^ '~^ dx^ dy ^ dx

Haben die wirkenden Kräfte eine Potentialfunktion, so ist

^ = M = iV=0

und die vorstehenden Gleichungen ergeben in diesem Falle, daß für ein Flüssigkeitsteilchen, welches zu irgend einer Zeit nicht rotiert d. h. verschwindende /', m\ ii besitzt, /'/(>, »i'/Pj '^Vp konstant, also gleichfalls dauernd Null sind.

Man darf daher behaupten, daß bei Einwirkung konservaÜTer Kräfte innerhalb einer idealen Flüssigkeit Wirbelbewegungen weder entstehen noch vergehen können.

Ist die Bewegung eine ebene, etwa ti und v von z unab- hängig und w = 0, so ergeben die Formeln (50") spezieller, daß dabei für jedes Flüssigkeitsteilchen n\^ sich mit der Zeit nicht ändert

Wir betrachten nun zwei Flüssigkeitsteilchen, die zur Zeit t die

Koordinaten a:, y, z und x -\- Sx^ y + 8y, z -\- Sz besitzen und auf

einem Wirbelfaden im Abstand Ss liegen; dann muß zu dieser Zeit

gelten :

-^. ^ V bs ^ m! bs ^ n' ÖS

51) ^^ = -D"' ^y^~D~' *^==~Ö~-

Die Geschwindigkeitskomponenten u, v, w und «'+ Su^ »'+ Sx>\ tu'-j- Sw stehen dabei in der Beziehung, daß

D \ ox dy axj '

ist, woraus nach (50") auch folgt

§ 9. Wirbelbewegungen, 271

51')

Wirken nur konservative Kräfte, so giebt dies wegen

«./ i^ dx d ö X /*

O M = d —TT = --TT- 11« S. I.

dt dt

äS. = ,'^-ä[L), äSy^e'iä{"^j, äS.= ,'-±ä{^), 51")

und hieraus folgt flir die Werte

(^:r)j= Sx + dSx, [dy\=z Sy + dSy , (Sz\=^ Sz + ddZj welche öx^ Sy, Sz zur Zeit t+ dt besitzen, das System Formehi:

(*4-^('.'+<.^(:-))-<.4.'(7),'

worin der Index 1 wiederum bezeichnet, daß der Wert der be- treffenden Größen zur Zeit t + dt zu nehmen ist. Vorstehende Gleichungen geben das Resultat

welches aussagt, daß die betrachteten beiden Flüssigkeitsteilchen auch zur Zeit t +dt noch auf einer Wirbellinie liegen, und daß ihr Ab- stand sich in demselben Verhältnis geändert hat, wie i^/(>, oder aber, daß das Produkt qSsjD konstant geblieben ist

Hieraus folgt auch, daß ein Wirbelfaden während der Be- wegung seinen Charakter beibehält; ein Abschnitt desselben von der Länge Ss und dem Querschnitt q verwandelt sich also während dt in einen eben solchen von der Länge {S8\ und dem Querschnitt q^ Seine Masse bleibt dabei ungeändert, d. h. es ist qQSs^{qQSs\, und da gleichzeitig qSs/D ^^^ {qSsID\ ist, so folgt, daß das Pro- dukt qJD aus Querschnitt und Rotationsgeschwindigkeit f)ir einen Abschnitt eines Wirbelfadens bei dessen Bewegung konstant ist.

Da überdies nach S. 267 das Produkt qJD längs desselben Wirbelfadens stets konstant ist, so kann man dasselbe als einen Para- meter betrachten, der einen bestimmten Wirbelfaden ein für allemal charakterisiert

272 IL TeiL Mechanik ni^chtstarrer Körper . III, Kap.

§ 10. Fotentialbeweg^geii, begrenzt durch feste und bewegte Wände.

Haben die äußeren Kräfte X, f, Z eine Potentialfunktion 0, so ist eine partikuläre Lösung der allgemeinen Gleichungen (43) gegeben durch ^^

wo F, das öeschwindigkeitspotential, eine stetige Funktion der Zeit und der Koordinaten sein muß, aber in mehrfach zusammen- hängenden Räumen vieldeutig sein darf, wenn nur seine Differential- quotienten eindeutig sind.

Diese Lösung ist die vollständige, wenn die Geschwindigkeiten so klein sind, daß man in (43) die Glieder, welche die Produkte der Geschwindigkeitskomponenten enthalten, neben den übrigen vernach- lässigen kann. Hier ist dann speziell dFjdt^ T {}U + IT), wo T eine Funktion von t allein bedeutet, also, falls F* eine Funktion der Koordinaten allein bezeichnet,

52') F = f{T-^(t}-n)dt + r.

Die Formeln (52) stellen eine Bewegung dar, welche stets und überall parallel der Normale JV auf den Oberflächen F= Const statt- findet und zwar mit einer Geschwindigkeit

Die Bedingungen für die Existenz eines Geschwindigkeits- potentiales sind

dfp' dv' ^ dti dw'___dv' ^ ^' _ n

dy d X d X d X d x d y

d. h.

r=m'=?i'=0;

sie zeigen, daß eine wirbellose Bewegung eine Potentialbewegung ist, und umgekehrt

Unter Berücksichtigung dieser Resultate folgt allgemein aus den drei Gleichungen (48"), daß

52") ^f^+ii=T

d. h. eine Funktion der Zeit allein, im Falle stationärer Bewegung aber spezieller, daß

52"') ß= 0 + n+\r''=c

§ 10. PotetUiaibewegungen oßme freie Ober fläche. 273

d. h. im ganzen Ton der Flüssigkeit erfüllten Baum konstant sein muß.

Die Formeln (52") resp. (52'") enthalten neben dem Geschwindig- keitspotential noch die Funktion 11 und durch sie den Druck /?; wo p vorgeschrieben ist, liefern sie also eine Bedingung für F, wo das nicht der Fall ist, eine solche für p. Ersteres findet an sogenannten freien Oberflächen statt, letzteres an Flächen, wo dFjdv gegeben ist, z. B. an festen Körpern. Wir beschränken uns zunächst auf den letzteren Fall, es kommen also jene Formeln bei der Bestimmung von F für uns zunächst nicht in Betracht.

Die Kontinuitätsgleichung (43") wird bei Einführung der Lösungen (49) zu

^^+7^ = 0 53)

oder

d(dF\,d(dF\,d(dF\^dQ ^ .„ .

und die Bedingung an den Oberflächen, wo die Geschwindigkeits- k'omponente v nach der Normalen v vorgeschrieben ist, zu

^ = v' . 53")

Diese Oberflächen können durch starre, aber irgendwie bewegte Wände gebildet werden, sie können aber auch beliebige Ausströmungs- oder Einströmungsfiächen sein, die nur für die Betrachtung gezogen werden, weil in ihnen die Normalgeschwindigkeit gegeben ist, die aber die Flüssigkeit nicht wirklich begrenzen.

Ändert sich die Dichte jedes Flüssigkeitsteilchens während der Bewegung nicht, d. h., ist dgldt=0, etwa weil die Flüssigkeit überhaupt inkompressibel ist, so lautet die Gleichung (53)

Ai'=0, 53"')

und sie bestimmt mit (53") nach S. 181 die Funktion F in ihrer Abhängigkeit von x, t/, z und t bis auf eine additive Funktion der Zeit vollständig, falls v' für die ganze Umgrenzung der Flüssigkeit gegeben ist und letztere vollständig im Endlichen liegt.

Gleiches gilt nach S. 183 für eine unendliche Flüssigkeit, wenn die Oberflächen, längs deren dFjdv gegeben ist, vollständig im Endlichen liegen; gleiches auch, wenn sie, wie etwa eine unendliche Ebene, sich zwar ins Unendliche erstrecken, dort aber dFjdv von mindestens zweiter Ordnung unendlich klein wird, so daß jedenfalls das Integral fdo{dFjdv), über sie alle ausgedehnt, endlich ist.

VoiOT, Theoretische Phjrnik. 18

274 IL Teil. Mechanik niehtsiarrer Körper, IIL- Kap.

Die Bestimmung von F kann dann nach 8. 185 mit Hilfe der zweiten ÖREEN'schen Funktion G^ geschehen.

Versteht man nämlich unter G^ eine innerhalb des zunächst als einfach zusammenhängend gedachten Raumes k eindeutige und stetige Funktion, welche der Hauptgleichung A G^^ 0 genügt und an der Oberfläche die Bedingung

7^

6 Ö, , r

= c

d y d y

erfüllt, wo r die Entfernung von einem Punkte o, b, c der Flüssig- keit, V die innere Normale bezeichnet, so ist jederzeit

54) /-.,.= __L/4f(ö,+ ^)rf. + C.

Ist dabei die Flüssigkeit von den Wänden, längs deren d Fjdv gegeben ist, vollständig begrenzt, so muß für sie gelten

ist dies nicht der Fall, sondern erstreckt sich die Flüssigkeit ias Unendliche, so kommt diese Bedingung in Wegfall.

Ist der von der Flüssigkeit begrenzte Raum mehrfach zusam- menhängend, z. B. von ringförmiger Gestalt, so genügen die bis- herigen Angaben nicht mehr, um F zu bestimmen, da in diesem Falle daQ Potential mehrwertig sein kann; sie sind dann durch die Festsetzung der Potentialsprünge zu ergänzen, die an den Hilfs- querschnitten stattfinden, durch welche der Raum in einen einfach zusammenhängenden verwandelt werden kann. Diese Potentialsprünge entsprechen Cirkulationen in den bezüglichen ringförmigen Bereichen, welche unabhängig von der Bewegung der Oberflächenelemente von k vorgeschrieben werden können. Die Methode zur Bestimmung von F giebt in diesen FäUen die Formel (182") des ersten Teiles an.

Ein spezieller Fall ist der, daß die Begrenzung der Flüssigkeit durch ruhende feste Wände gebildet wird und nur durch ge^en deren Gesamtdimensionen kleine Öffnungen y,^ in den Wänden, die wir Quellen nennen wollen, Flüssigkeit zu- oder abströmt^).

In diesem Falle ist G^ + (1 /r) längs jeder dieser Offiiungen als konstant anzusehen, so lange der betrachtete Punkt a, &, c sich in endlicher Entfernung von ihr befindet; die Formel (54) nimmt hier also die Gestalt an

54V F=--]^^2:q,[G, + \)+2:c,,

§ 10, Potentialbewegungen ohne freie Oberfläche. 275

wonn

die in der Zeiteinheit durch die Oifiiung q^ zuströmende Flüssig- keitsmenge die Ergiebigkeit der Quelle bezeichnet

Für den Halbraum ist G^ gleich der reziproken Entfernung 1/r' von dem Spiegelpunkt der untersuchten Stelle in Bezug auf die begrenzende Ebene; daher wird in der Oberfläche (zg = 1/r und demgemäß bei beliebigem dFjdv

2nJ dv r ^ ^

was sich in dem zuletzt betrachteten speziellen Falle verwandelt in

Von besonderem allerdings mehr theoretischen als prak- tischen — Interesse sind weiter die Fälle, daß die Zuströmung und Abströmung von Flüssigkeit durch unendlich kleine geschlossene Oberflächen o^ im Innern des erfüllten Raumes, je von den Er- giebigkeiten Qj^, stattfindet; wenn dabei im übrigen die Begrenzung nur durch feste Wände gebildet ist, so muß -SQ^^O, d. h. die durch diese Quellen zu- und abströmende Flüssigkeitsmenge, gleich groß sein; dies ist nicht erforderlich, wenn sich die Flüssigkeit ins Unendliche erstreckt.

Ist die Flüssigkeit nach aUen Seiten unbegrenzt, und liegen alle Quellen im Endlichen, so ist G^ = Const, denn der Ansatz

p - .^_ s;Sh

^0- 4nQ-r^

gentigt hier für sich allein schon allen Bedingungen; ist dagegen eine feste Begrenzung gegeben, so kann man

F^F, + F, und

^i = + Ä/W(^« + 7)'''' + ^ 5^'")

setzen, um mit Hilfe von G^ die Grenzbedingung dF j dv ^Q zu erfüllen.

In den FäUen, wo die Begrenzung nur diLrch feste Ebenen ge- bildet wird, kann man die Funktion /\ als NEWTON'sches Potential von mit Q,JA:nQ gleichen oder entgegengesetzten und in den Spiegel- punkten der Quellen angebrachten Massen immer dann erhalten,

18*

276 IL Teü. Mechanik nichtstarrer Körper. III. Kap.

wenn diejenigen Spiegelpunkte, welche in den von Flüssigkeit er- füllten Raum k fallen, ausschließlich in den Quellen selbst liegen. Dies findet u. a. statt beim Halbraum, bei einer von parallelen Ebeneu begrenzten Schicht, bei dem rechteckigen oder gleichseitig drei- eckigen Prisma, bei dem Keil von der Öffnung nja, wo cc eine ganze Zahl ist. In ähnlicher Weise kann für diese Räume G^ ge- bildet werden.

Die Betrachtung gestattet die Ausdehnung auf ebene Bewegungen, und es lassen sich hier auch Begrenzungen in Kreisbogen durch die Methode der Spiegelpunkte behandeln.

Ebene Strömungen sind im allgemeinen leichter zu behandeln, als räumliche, weil partikuläre Integrale der Hauptgleichung für das Geschwindigkeitspotential

sowohl durch den reellen, als den imaginären Teil einer jeden Funktion von x + iy geliefert werden.

Setzt man F + iS = f{x + iy), so ist wegen

ÖF^ d_S dF^ _d_S d X d y ^ dy d x

die Gleichung der Stromkurven

dF dF , j

ox dy ^

allgemein integrabel und liefert

55') S = Const. ;

S führt deshalb den Namen der Strömungsfunktion. Längs fester

Grenzen muß die Strömungsfunktion konstant sein.

Vorstehendes liefert eine erste physikalische Deutung der Funk- tion 6^3 oder, noch bequemer, der S. 187 aus ihr abgeleiteten

^3 = ^'2 + 7 - 7 für einen allseitig begrenzten Raum k. Denn da im Innern von k Ar^ = 0 und da an der Oberfläche dF^ldv == 0 sein soll, so läßt r^ sich jederzeit auffassen als das Geschwindigkeitspotential der stationären Bewegung, welche, von zwei Quellen in a, b, c und a\ b\ c von den Ergiebigkeiten ±4;r(> ausgehend, in dem mit inkompres- sibler, reibungsloser Flüssigkeit erfüllten und von festen ruhenden Wänden begrenzten Raum k stattfindet.

Da eine solche Bewegung innerhalb jedes beliebig gestalteten Bereiches möglich ist, so kann man daraus schließen, daß sich 8t«tä eine Funktion F^ diesen Bedingungen entsprechend bestimmen lassen

§ 10, Poientialhewegungen ohne freie Oberfläche,

277

muß. Dieselbe Schlußweise läßt sich in Bezug auf ebene Bewegungen und die ihnen entsprechende zweite GnEEN'sche Funktion CP^ resp. die daraus abgeleitete /^ = (?!, + l{e) l{e) anwenden.

Besitzt die Flüssigkeit keine freie Oberfläche, so sind alle zur Bestimmung von F dienenden Gleichungen in dieser Größe linear; hierauf beruht, daß man in dem speziellen Falle, daß die Begren- zung der Flüssigkeit durch die Oberfläche eines starren, beliebig bewegten Körpers gebildet wird, das Geschwindigkeitspotential in einer bemerkenswerten Weise in Teile zerlegen kann.**) Wir be- schicken uns bei dieser Betrachtung wieder auf unveränderliche Dichte p, resp. inkompressible Flüssigkeiten.

Sind j', ^', 5' die Komponenten der Lineargeschwindigkeit eines in dem starren Körper festen Punktes f, ^, j, und sind T, m', n' die- jenigen seiner Rotationsgeschwindigkeit um Parallele 3E, ^, 3 zu den absolut festen Axen X, Y^ Z durch diesen Punkt, so kann man setzen

F-i^F^ + ti'F^ + j;F^ + {'P^ + m'F, + n'F^, wo nun wegen /S^^y^F^O und

J^— (j' + (^- J) m' - (y - 9) n') cos (n, x) + (9' + (^- J)n - (z - j)r) cos(n,y)

+ (j' + (y 9) 1' - (* - 1)^') cos (n, z) die F^ sämtlich der Hauptgleichung

A.,. = 0 und aoBerdem den speziellen Bandbedingungen

56)

56')

57)

U =C08(n,a:), g^ = cos(n,y),

a ri

:ö^ = (y - 9)cos(n,z) - (r - a)cos(n,y),

bF,

5^' == (^ - J) cos(n,a:) - (x - f)cos (n,z).

^ = (ar - j)cos(7i,y) - (y- 9)cos(n, jr)

570

--—■ =s cos(n,z),

genügen müssen.

Da die Lage der Oberfläche gegen das absolut feste System X, y, Z wechselt, und da die Bedingungen (57') an dieser Oberfläche erfüllt sein müssen, so sind die Fy^ Funktionen außer von den Koordi- naten X, y, X der betrachteten Stelle in der Flüssigkeit noch von der Gestalt und der Lage des Körpers abhängig; sie sind aber unab- hängig von seinen Translations- und Botationsgeschwindigkeiten.

Die vorstehende Zerlegung läßt sich ohne Abänderung auch auf den Fall übertragen, daß sich mehrere starre Körper in der Flüssigkeit bewegen, und jederzeit sind die F^^ dann eindeutig be-

278 //. Teil, Mechanik nichtstarrer Körper, II I. Kap.

Stimmt, wenn man sie den obigen Bedingungen unterwirft und außerdem noch festsetzt, daß sie eindeutige und stetige Funktionen der Koordinaten sind, die im Unendlichen verschwinden.

Wird nur ein starrer Körper, innerhalb der Flüssigkeit bewegt, so kann man den ganzen Vorgang auch auf ein in ihm festes Koordinatensystem A, B, C beziehen. Für eine Stelle o, b, c der Flüssigkeit sind dann dFjda, dF/db, dFjdc nach wie vor die absoluten Geschwindigkeitskomponenten, nur genommen nach den bewegten Axen, und die Funktion F folgt noch derselben Gleichung

58) Aa6c^=0,

da sie Differentialquotienten nach der Zeit nicht enthält

Bezeichnet man mit a', 5', c' die Geschwindigkeitskomponenten des im Anfang des Systems A, B, C befindlichen Punktes des Kör- pers, mit p', q', r' die Rotationskomponenten des Körpers, beide auf das System A, B, C bezogen, so sind (a' + cq' Ar'), (b' + ar' c\)% (c' + Äp' aq') die absoluten Geschwindigkeitskomponenten des Punk- tes a, b, c des Körpers nach den Axen A, B, C, und die Oberflächen- bedingung lautet

-p = (a'H- cq'- ^r')cos(n,a) + (b'-f- a r' c p') cos (n, *) -h (c' -f Ä p' a q') cos (w, c) . Man kann daher auch hier zerlegen 58") i^= a'g, + b'5, + c'53 + p'g, -f q'S, + r'g,

und für die g^ analoge Formeln aufstellen, wie (57) und (57'); diese Funktionen g^ sind hier aber, da die Lage des starren Körpers gegen das System A, B, C unveränderlich ist, nur von der Gestalt des Körpers abhängig.

Nach den vorstehenden Entwickelungen ist die lebendige Kraft W eines Systems von starren Körpern und der Flüssigkeit, innerhalb deren sie sich bewegen, eine homogene Funktion zweiten Grades der Geschwindigkeiten j , xf, 5', T, m', 11' resp. a', b', c', p', q', r' dieser Körper, welche vollständig, bekannt ist, wenn die vorstehenden Glei- chungen für das betrachtete System integriert sind. Hierauf beruht die Möglichkeit, die Gesetze der Bewegung eines solchen zusammen- gesetzten Systems unter der Wirkung gegebener äußerer Kräfte aus der HAMiLTON'schen Gleichung abzuleiten.^®)

Nach der Gleichung (99) des ersten Teiles ergiebt sich hier

§10, Bewegimg st irrer Körper in einer Flüssigkeit 279

'

wobei das Integral links über Körper und Flüssigkeit ausgedehnt ist Für die starren Körper kann man die virtuellen Verrückungen be- liebig vorschreiben, auch so, daß sie für ^ = f^ und t^ t^ verschwinden. Durch sie bestimmen sich die virtuellen Verrückungen für alle Teile der Flüssigkeit, wenn man denselben noch die Bedingungen auf- erlegt, daß sie für t = t^ verschwinden, und daß die durch sie mo- difizierte Bewegung der Flüssigkeit wieder eine Potentialbewegung ist. Damit sind dann jene Variationen auch für t ^ t^ bestimmt, aber nicht notwendig gleich Null.

Trotzdem verschwindet an der oberen Grenze der auf die Flüssigkeit bezogeue Teil des Integrals auf der linken Seite der Gleichung (59); denn er läßt sich schreiben

= e/^(

Sx cos (n, x) + Sy cos (n, y) + Sz cos (n, z)) do

/■al ddx , ddp . ddx \ ,,

und beide Integrale verschwinden: das Raumintegral wegen der Inkompressibilitätsbedingung; das Oberflächenintegral, soweit es sich auf die Grenzen der starren Körper bezieht, weil sich durch die für sie zur Zeit t =^ t^ geltenden Werte Sx =^ Sy =^ dz ^ 0 die Normalkomponente der Verrückung der anliegenden Flüssigkeitsteil- chen ebenfalls zu Null bestimmt; soweit es sich auf die unendlich fernen Teile bezieht, weil nach den Betrachtungen auf Seite 184 durch Bewegungen der betrachteten Art im EndUchen für unendlich ferne Punkte nur solche von zweiter Ordnung hervorgerufen werden. Demgemäß gilt auch im vorliegenden Fall

f{SW+S'jrjdt=:0. 59')

Co

Die Arbeit S'A wird teils an den starren Körpern, teils an der Flüssigkeit geleistet und möge daher in S'Ajc + S^Af zerlegt werden. SoU ein Geschwindigkeitspotential existieren, so müssen die auf die Flüssigkeit wirkenden Kräfte konservativ sein. Die Arbeit solcher Kräfte würde, wenn der ganze Raum von homogener Flüssigkeit erfüllt wäre, bei jeder Bewegung, welche die äußere Begrenzung nicht verändert, verschwinden. Hieraus folgt, daß die faktisch an der Flüssigkeit geleistete Arbeit S'Af das Entgegengesetzte ist von der S^A'icj welche an den starren Körpern durch dieselben Kräfte

280 //. Tnl, Mechanik ndehUtarrer Korper. III. Kap.

geleistet werden würde, wenn ihre Dichte gleich derjenigen der Flüssigkeit wäre. Man kann demgemäß

setzen und behaupten, daß sowohl S V, wie S^A nur von der Gestalt, Massenverteilung, Lage und Bewegung der starren Körper abhängen. Bezeichnet man die Potentialfunktion der wirkenden Kraft mit 4>, so ist nach dem Gesagten

worin (>k, die Dichte der festen Körper, mit dk yariieren kann, Qf, die Dichte der Flüssigkeit, aber konstant ist

Die HAMiLTON'sche Gleichung läßt sich weiter vollständig so entwickeln, wie das auf S. 107 angedeutet ist, und filhrt, wenn es sich um die Bewegung nur eines Körpers in einer unendlichen und im unendlichen ruhenden Flüssigkeit handelt, bei Benutzung des im Körper festen Systemes J, B, C auf die Formeln (182) und (132') des ersten Teiles zurück.

Den Wert der lebendigen Ejraft W zu bestimmen muß man, wie oben gesagt, im allgemeinen das Strömungsproblem, das durch die Formeln (53) und (53") definiert ist, gelöst haben; in dem Fall, daß ein einziger Körper vorhanden ist, welcher Symmetrieelemente besitzt, kann man, wenn die Bewegung auf ein in ihm festes System Jj S, C bezogen wird, wenigstens die Form von W bestimmen, ohne jene Vorbedingung zu erfüllen.

Den allgemeinen Wert W der lebendigen Kraft können wir nämlich definieren durch

+ c'(a3ia'+ «336'+ . . .)

+

worin die a^jc, welche beiläufig der Beziehung 0^^ = 0^^ genügen, nur von der Gestalt und der Massenverteilung des Körpers abhängen. Denn V^ setzt sich zusammen aus der lebendigen Kraft des starren Körpers, welche von dessen Parametern nur solche enthält, die sich durch seine Massenverteilung bestimmen (nach S. 100 nämlich m, a, ß, y, Aj B, F, A\ B\ /") und aus derjenigen der Flüssigkeit, deren Parameter nach dem zu (58") Gesagten nur von der Gestalt des Körpers abhängen.

Fallen nun die Symmetrieelemente beider zusammen, was z. B. stets stattfindet, wenn der starre Körper homogen ist, so kann man

60)

§ 10, Bewegung eiarrer Körper in einer Fliiesigkeit, 281

schließen, daS nach gleichwertigen Richtungen gleiche Translations- oder Sotationsgeschwindigkeiten des Körpers auch gleiche Werte der gesamten lebendigen Ejraft ergeben. Hiemach muß W eine skalare Funktion der zweimal drei Yektorkomponenten q', b', c' und p', q\ x' sein, welche die Symmetrie des starren Körpers besitzt und nach den in § 17 des ersten Teiles gegebenen allgemeinen Grund- sätzen für spezielle Fälle spezialisiert werden kann'^.

Um dies auszuführen, zerlegen wir den Ausdruck (60) nach dem Schema

2«P= «Pi + 2«P,+ V3, worin

*i = ö'Kitt' + a^^^'+ OisO + 6' Kitt' + a„b' + o^jC')

+ c'(a5i0'+a„b'+a33 0, % = tt'(a,,p' + a^^d + a,er') + b'(fl^p' + a,,q' + o^^rO

+ c'Coj^p'+OBjq'+ajer'),

+ r'{fle4p'+ae6<^'+«660-

Jede dieser drei I\mktionen hat den Typus 11, der auf Seite 137 behandelt ist

Ist die Z'Axe in Bezug auf die Gestalt und Massenverteilung des Körpers eine Symmetrieaxe Ton höherer Zähligkeit, als zwei, so reduzieren sich hiemach diese Ausdrücke auf

60')

Ist femer die positiTe und die negative Drehungsrichtung um die Eoordinatenaxen oder die positive und negative Yerschiebungsrichtung ihnen parallel gleichwertig, so muß V^ verschwinden, und es resultiert

W=a,^ (a'« + V) + a„ c'' + a^{p'* + q'*) + a^ t'». 60")

Dieser Ausdruck gilt unter anderem für eine vier- oder sechsseitige Pyramide, für ein analoges Prisma, für einen beliebigen Botations- körper, sämtlich mit homogener Dichte erfüllt gedacht

Sind alle drei Koordinatenaxen gleichwertig, so wird noch spezieller a^ = a^^ , a^^ = a^.

282 IL Teil, Mechanik niehisiarrer Körper, III. Kap.

§11. Allgemeinste Flnssigkeitsbewegnngen ohne freie Oberfläche.

Wendet man die Resultate der in § 23 des I. Teiles allgemein durchgefiihrten Zerlegung von Yektorkomponenten auf die Geschwin- digkeitskomponenten u', V, u! an, so erhält man folgendes Resultat

Innerhalb eines beliebig begrenzten Raumes k lassen sich stetige Geschwindigkeitskomponenten jederzeit darstellen in der Form

61)

wobei

~' bx by ö* '

. _bF BU dW ^ "" dy "^ dx dx '

fy= + -~

"" dx dx dy ^

^ dU , dV , dW

Diese Zerlegung ist, vorausgesetzt, daß man Anteile an F, V] F, W\ welche sich in dem obigen System rechts herausheben, außer Be- tracht läßt, eindeutig bestimmt, wenn man F die Oberflächen- bedingung auferlegt, daß

fxjp

61') -^— = m'cos (v, x) + V cos (v,y) + tr'cos [vj z) =* v\

Aus dem Ansatz (61) folgt unter Benutzung von (43'")

außerdem

61'") A?7=-2/', Ar=-2m', A^'=-2n'.

Man kann daher für F, U, T, W folgende Werte bilden:

worin F^ durch die Gleichung

62') Ai^o = 0

und die Bedingung (61') bestimmt ist;

^^> ^--d^--d^^ '-TF'TT' '*'~~SV~'d^' worin

ß2'"\ J ^^^ \ ox )i r ^ 4nJ \ oy ji r

4nJ \ ax Ji r

§ 11, Allgemeinste Strömungen ohne freie- Oberfläcke, 283

Erstreckt sich die Flüssigkeit ins unendliche, so kommt nach S. 191 für die unendlich ferne Begrenzung die Gleichung (61') als Bedingung für F resp. Fq in Wegfall, und die Bestimmung der Funktionen F^ U, F, W hört auf, eindeutig zu sein, ausgenommen den Fall, daß dgjodt im Unendlichen verschwindet und f(dQlQdt)dk, über den ganzen Raum, ^fvj^dOf^, über etwaige im Endlichen liegende geschlossene Begrenzungsflächen o^^ erstreckt, endlich ist. Fehlen die Grenzflächen o^, was wir weiter zunächst voraussetzen wollen, so ist F^ gleich Null; ändert sich überdies für das einzelne Teilchen die Dichte o mit der Zeit nicht, ist etwa die Flüssigkeit inkompressibel, so ist auch F=0, und man kann ohne Beschränkung der Allgemeinheit setzen

. dW dV . du dW , dV du ßQ,

dy ox ' ox o X ^ ox oy '

wobei

dx dy^ " d X dx ^ '~ dy dx und

dkl

^j^_ 1 f<dk, ^^ 1 rv{dk, j.^ 1 ru;iä

ist

Man erhält hier durch Kombination der letzten Gleichungen

63')

U

= 4^J («"i cos (vj, y) - »i cos (»1, z)) -^

1 Cldtc, dv,\ dk, p

63")

worin v^ die innere Normale auf do^^ bezeichnet, und, wenn das auf die unendliche Begrenzung bezogene Oberflächenintegral verschwindet, ^®)

2nJ r ' 2nJ r ^ 2nJ r ' '

Es ist von Interesse, daß eine der vorstehenden analoge Zer- legung auch bei Bewegungen mit wechselnden Dichtigkeiten an- wendbar ist, soweit jene stationär sind.

Denn die Gleichung (43") lautet in diesem Falle

!^ + öl^ + ^' = 0, 64)

dx dy dx ' '

man kann also für Strömungen in einer unbegrenzten Flüssigkeit setzen

284 //. Teil. Meehamk niehtstarrer Körper. IIL Kap.

^ ox oy

und für U, SS, S3 ähnliche Ausdrücke bilden, wie sie in (63'") dar- gestellt sind.

Die Formeln (68) und (63'") gestatten, die (Jeschwindigkeits- komponenten an jeder Stelle der Flüssigkeit zu irgend einer 2^it als die Wirkung der Wirbel aufzufassen, welche gleichzeitig in der- selben irgendwo stattfinden. Jedes Yolumenelement Sk^ giebt zu u, v\ w Anteile Su, Sv\ Sto\ welche sich in Bezug auf Stellen in endlicher Entfernung von Sk^ folgendermaßen ausdrücken:

du = \ Tii mi

271 \ oy

65)

Sv'=^\ h^ '

2n \ ^ dx

Diese Anteile kann man als Komponenten einer Geschwindig- keit Ss ansehen, deren Richtung sich dadiLrch bestimmt, daß nach Vorstehendem

r l[Su'+m[Sv + n[dw'^Q

650 \ dr j. r , dr j. , . dr^ , ^

ist; 88 steht also normal auf der Ebene durch die Botationsaxe in 8\ und durch die Verbindungslinie r; die Seite, nach welcher liegt, folgt aus der Rotationsrichtung in S\, Die Größe Ton Ss findet sich zu

65") 88^ l/*M'H<yö'*+^t^'*= iAj^L«?^

2 71 r

worin D^ die Rotationsgeschwindigkeit und x ^^^ Winkel zwischen der Rotationsaxe und r bezeichnet.

Gleiche Richtung und Größe mit 8s besitzt die Kraft, welche nach dem sogenannten BiOT-SAVABT'schen Gesetze ein in x, y, r be- findlicher magnetischer Einheitspol seitens eines in dk^ parallel J)^ fließenden galyanischen Stromes von mit D^ proportionaler Stärke erleidet.

§ IL Allgemeinste Strömungen ohne freie Oberfläche. 285

Die erhaltenen Resultate über die Größe und die Richtung von Ss genügen in einfachen Fällen z. B. wenn ein einziger oder zwei parallele und coaxiale kreisförmige Wirbelfäden vorhanden sind um über die Bewegung der Flüssigkeit und demgemäß der Wirbelfäden, die nach S. 271, falls nur konservative körperliche Kräfte wirken, mit jener fortschwimmen, eine Vorstellung zu geben,

Summiert man Su, Sv, 8w' über einen geschlossenen Wirbel- faden, vom normalen Querschnitt q^ , so ist zu berücksichtigen, daß längs desselben nach S. 267 q^Di konstant ist; bezeichnet man die Projektionen des Axenelementes ds^^ des Fadens durch dx^^ dy^^ dz^, so erhält man fiir Punkte, die keinem Teil des Wirbelfadens unendlich nahe liegen.

(^«')=^/(-i-''^.-'i

{Sv') =

_ Ji».

65'")

Vergleicht man diese Resultate mit dem System (179') des vorigen Teiles, so erkennt man, daß die Geschvdndigkeit {Ss) nach Richtung und Größe übereinstimmt mit der Kraft, welche eine magnetische Doppelfläche von dem konstanten Moment +q^D^I27tf, welche durch den Wirbelfaden begrenzt ist, auf einen Einheitspol an der Stelle x, y,'z ausübt.

Da jene Kraft ein Potential besitzt, so hat auch die Ge- schwindigkeit {Ss) ein Geschwindigkeitspotential, was begreiflich ist, da die Stelle, auf welche sich die Formeln beziehen, außerhalb des Wirbelfadens liegt.

Für ebene Flüssigkeitsbewegungen kann man nach S. 200, wenn die XZ- Ebene der Bewegungsebene parallel gelegt wird, allgemein die Zerlegung anwenden:

, dF.dW , dF dW ^,..

ox dy oy ox ^ '

aus der folgt

und

Aj/r=-2n'. 66")

286 U. TeU. Mechanik niektstarrer Körper, IIL Kap.

unterwirft man F noch längs der Grenze s des Flächenstückes, für welches die Zerlegung gelten soll, der Bedingung

66'") I7 = "' ^^^ (^'j ^) + '^' ^^^ (*'' y) = *^''

80 ist es dadurch vollständig bestimmt; außerdem gilt

' dy dx

und

Erstreckt sich die Flüssigkeit über die ganze unendliche Ebene, und genügt die Bewegung der Bedingung

so kann man nach S. 201 Z' konstant setzen und erhält

68 ) M = "ä— , t? = 5— ,

^ 1 rl ,dl{e) .dl(e)\.

68") \ = - 2l^/(^^^^ (^1' ^^ ~" ^1 ^^® (*'i'y)) 'W ^*i

Wenn das Bandintegral unendlich klein ist, so giebt dies^^

68'") W=-:^jn\l(e)dq„ .

eine Formel, die sich genau so deuten und verwerten läßt, wie (63'"); ^ ist nach S. 276 mit der Strömungsfunktion S identisch, und die Formel JF = Const bestimmt daher die Stromkurven.

Ist n! zu der betrachteten Zeit nur in diskreten, unendlich kleinen Flächen y^, die in endlichen Entfernungen von einander liegen, von Null verschieden, d. h., ist nur in einzelnen parallel der Z-Axe liegenden Fäden Wirbelbewegung vorhanden, und setzt man für ein jedes derselben den Wert von

69) /^ = ^„

SO wird

69') W^-2NJ{e>),

WO nun e^ die Entfernung der betrachteten Stelle von dem Aten

§ IL Aligemeinste Strömungen ohne freie Oberfläeke, 287

Wirbelfaden bezeichnet JT ergiebt sich hier gleich dem logarithmi- schen Potential eines Systemes von in der XT-Ebene verteilten Massen- punkten Nj^. Da nach dem auf S. 270 Gesagten bei ebenen Be- wegungen unter der Wirkung konservativer Kräfte n' für jedes Flüssigkeitsteilchen konstant ist, so ist auch iVJ^ eine den Wirbel- faden (A) charakterisierende Konstante.

Die dieser Strömungsfunktion W entsprechenden Werte der Geschwindigkeiten u und v an einer beliebigen Stelle x, y sind nach (68')

jeder Wirbelfaden giebt also einen Anteil ä^ zur Gesamtgeschwindig- keit, welcher normal zu e^ steht und die Größe iVJ^/tf^ hat

Dieser Anteil ist, wie oben gesagt, unabhängig davon, ob in .r, y sich etwa ein Wirbelfaden befindet; ein solcher wird also ebenso in Bewegung gesetzt, wie ein wirbelloses Flüssigkeitsteilchen. Für den Äten Faden gilt somit

oder anders geschrieben

i\r,«i=-iv,^ivriizif*, J^^„i=^.i^r^^^'^^pi er-)

die Summen sind über alle Fäden mit Ausnahme des Aten zu er- strecken, da dieser sich selbst eine Translationsbewegung nicht erteilt

Diese Formeln haben eine gewisse Ähnlichkeit mit denen, welche die Gesetze der ebenen Bewegung eines Punktsystemes unter alleiniger Wirkung innerer Kräfte, die proportional sind mit N•^^J^^ und l/^^jy aussprechen; nur stehen hier die Geschwindigkeiten der Massen- punkte N^ an Stelle der Beschleunigungen dort, und die inneren Kräfte liegen hier normal, dort parallel der Verbindungs- linie der Punkte.

Infolge dieser Analogie haben einige aus dem System (69"') zu ziehende Folgerungen Verwandtschaft mit den für Punktsysteme der genannten Art geltenden Sätzen.

Es gilt ein Schwerpunktssatz

^iV;,Mi = 0, ^iV;ri = 0, 70)

ein Flächensatz

ein Satz über das innere Potential des Punktsystemes

288 IL TeU. Mechanik nidtUtarrer Körper. IIL Kap.

70") 2rA\N,le^,^C,

endlich ein Satz über das Trägheitsmoment um den Eoordinaten- anfang

70'") 2N^el^C\

die alle durch geeignete Zusammenfassungen der Formeln (69") leicht erhalten werden können; C und C" bezeichnen in den letzten beiden Formeln Eonstanten und die Summen 2 sind über alle K die Summen JS'' über alle Kombinationen von h und k zu erstrecken.

Die allgemeinen Sätze (70) bis (70'") liefern jederzeit Integrale für das Problem der Bewegung eines Systemes von geradlinigen, parallelen Wirbelf&den in einer unendlichen Flüssigkeit, die aber nur in den einfachsten Fallen flir sich allein ausreichen, um das Problem zu Ende zu führen. Die Bewegung wird durch äußere Kräfte, welche ein Potential haben, nicht beeinflußt, sondern nur der herrschende Druck; im allgemeinen Falle ist auf die Formeln (48) zurück- zugreifen. —

Sind Begrenzungen vorhanden, so kann man bei inkompres- sibeln Flüssigkeiten nichtsdestoweniger die Wirbelbewegungen zu einer beliebigen Zeit willkürlich vorschreiben, so weit dabei kein Widerspruch mit der identischen Formel

a /_' dm' ön; ^ Q

dx dy dx "~ entsteht.

Wendet man dann für U^ F, IF die Gleichungen (68'") an, so erfüllen die nach (63) hieraus folgenden u\ v, w die Grenzbedin- gungen nicht; letztere lassen sich aber, so weit sie für die Oberfläche nur die Normalgeschwindigkeit v vorschreiben, jederzeit durch Zu- fügung einer Potentialbewegung, d. h. durch Benutzung des allge- meinen Ansatzes (61), befiiedigen, wo nun jP außer der Hauptgleichung A -^ = 0 noch die Bedingung zu erfüllen hat

+

(IJ-|f)^^«(^'^))-

Die so erhaltenen m', t?', w gelten aber nur für den Moment, für welchen die T, m', n vorgeschrieben sind; damit sie immer gelten, die Bewegung also stationär sei, müssen körperliche Kräfte spezieller Art wirken, deren Komponenten aus (48') folgen, falls man dort du Idt, dv jdt, dto jdt gleich Null setzt. Wendet man auf sie die Zerlegung (187) des ersten Teiles an, so erkennt man,

§ 12. Imponderable Fhtida innerhalb ponderahkr Körper, 289

die Potentialfunktion 0 von p I q = 11 untrennbar ist, so daß nur die Summe beider Ausdrücke sich bestimmen läßt

Bei vorgeschriebenen Kräften ist die Bewegung im allgemeinen veränderlich und bietet dann der analytischen Behandlung selir große Schwierigkeit.

§ 12. Ghmndgleichimgen für die Bewegung imponderabler Fluida

innerhalb ponderabler Körper. Strömung von W&rme oder Elek-

tricitat in einem Leitersystam und verwandte Ersclieinungen.

Wir wollen uns nunmehr den Raum, innerhalb dessen die strö- mende Flüssigkeit sich befindet, von einem feinen Netzwerk von regelmäßigem und gleichförmigem Gefüge erfüllt denken, welches der Bewegung einen Widerstand entgegensetzt Die auf die Massen- einheit bezogenen Komponenten X^, Y^, Z^ dieses Widerstandes setzen wir an jeder Stelle einerseits der Dichte der strömenden Flüssigkeit proportional und denken sie andererseits von der Größe und Eichtung ihrer Geschwindigkeit abhängig; in erster Annäherung können wir sie dann als lineare Funktionen der Geschwindigkeits- komponenten u, V, w' einführen. Endlich machen wir, wie in § 8, die Annahme, daß die inneren Kräfte der Flüssigkeit vernach- lässigt werden können.

Dann erhalten wir aus (48), indem wir für die auf die Massen- einheit bezogenen körperlichen Kräfte, ausschließlich der Wider- standskomponenten Xq, Yqj Zq, die Bezeichnungen X, T, Z beibehalten und unter x^^^ ein System von Konstanten verstehen,

dazu

~dx "^ öy "^ dx '^ dl ""

Da die innem Kräfte der Flüssigkeit verschwinden, kann in der Grenze zweier Körper (A) und {k) eine unendliche Kondensation und demgemäß eine Flächendichte rr^j^ entstehen, deren Anwachsen gegeben ist durch

i^h («A C08 K, x) + v^ cos (n^,y) + w^ cos («^, z)) .- . d <r

+ PikK^ö^K»^) + Vk^^^(%^!/) + «^fcCOsCwjtjz)) + -g^ = 0,

worin «^ und w^ die inneren Normalen auf den bezüglichen Ober- flächenelementen bezeichnen.

Voigt, Theoretiaclie Phjrilk. 19

290

IL TeiJL Mechanik niehtstarrer Körper, III, Kap,

Hierin wollen wir abgekürzt

()u = u, p r' = 0, Q %o = lü, Q {v! cos (n, jt) + V cos {n^y) + w cos (n, z)) = n

setzen und u, ü, m die Strömungskomponenten nennen; sie stallen die Menge Flüssigkeit dar, welche an der Stelle j:, y, z in der Zeit- einheit durch ein Flächenelement dq normal zur X-, Z-, ^Axe resp. zur Richtung von n hindurchtritt, durch dies Element dividiert Es ist also

[M] = [ö] = [,u] = [«] = m /-2 ^-i .

Endlich nehmen wir an, daß etwa wegen der sehr bedeutenden Größe der Eonstanten x^^ die Beschleunigungen du' jdtj dv' jdtj dfß jdt neben den übrigen Gliedern vemachlässigt werden können. Dies wird stets dann stattfinden, wenn mit dem Verschwinden der äußeren Kräfte auch die Geschwindigkeit eines jeden Flüssigkeits- teilchens in unmerklich kurzer Zeit verschwindet, also das Fluidum sich so verhält, als besäße es keine Trägheit, als wäre es, wie man sagt, imponderabel.

Dann erhalten wir

71)

I

x„ u + Xjj t) + Xj3 m = 7,

71')

dx^'dy^ dx ^ d t '^ ^ ' "* + "* + ^ = 0.

Die Koeffizienten x^^^, welche in homogenen Körpern konstant, in inhomogenen stetig mit dem Ort veränderlich sind und in den Grenzen springen, heißen die Widerstandskoeffizienten des Me- diums und spezialisieren sich eventuell nach dessen Symmetrie- elementen gemäß den früher hierfür angegebenen Regeln und nach Schema II auf S. 137.

Die drei Gleichungen (71) können wir nach u, ö, ro auflösen und also das ganze System schreiben

71")

§ 12, Impimderable Fluida innerhalb ponderabler Körper, 291

ö u ÖJD , Ott I ^ ? _ I) dx"^ dy'^ dx '^ dt " '

71")

Die Faktoren A^^ heißen die Leitfähigkeitskoeffizienten der Substanz und lassen sich ähnlich behandeln, wie die x^^j^. Bei isotropen Körpern wird

und analog

- - - - -o' - -. -1.

^23 *32 ^31 ~ *13"~ ^12 ~" *21 ~" ^11 ^22 ^33 ~" 1 >

daraus folgt, daß hier die Strömung der treibenden Kraft stets par- allel verläuft.

Es mag hervorgehoben werden, daß die letzten Formeln un- geändert bleiben, wenn wir, etwa weil die Trägheit der betrachteten Flüssigkeit gegen die sonst bekannter unmerklich ist, die bisherige mechanische Definition der Masse und die daraus fließende der Dichtigkeit aufgeben und irgend eine andere, z. B., wie bei den elek- trischen Massen, die durch ihre Femwirkimgen gegebene, an ihrer Stelle einfahren. Nur die x^^ und A^^^ verändern dabei ihre Dimen- sionen und ihre numerischen Werte.

Die Formeln (71) bis (71") sind geeignet zur Ableitung der Gesetze, nach welchen die Strömung der als Fluida aufgefaßten Wärme und Elektricität in Leitern stattfindet n, t), \\) bedeuten

auch dann die in der Zeiteinheit parallel den Koordinatenaxen durch eine dazu normale Flächeneinheit strömenden Mengen, X, Yj Z die auf die Masseneinheit bezogenen treibenden Kräfte, die im Falle der Wärmeströmung Temperaturdifferenzen, im Falle elektrischer Strö- mung meist elektrostatischen Ladungen ihren Ursprung verdanken.

Bei den elektrischen Vorgängen kann man dabei, wie in § 8 des ersten Teiles schon benutzt ist, zwei Fluida mit entgegengesetzten Dichtigkeiten in voneinander unabhängiger Bewegung befindlich denken.

Femer sind die Formeln in etwas speziellerer Fassung auf den Vorgang der Diffusion einer gelösten Substanz innerhalb eines Lö- sungsmittels oder derjenigen zweier mischbarer Flüssigkeiten ineinander anwendbar und bieten auch Vorteile zur anschaulichen Deutung der Gesetze der magnetischen und dielektrischen Polarisation.

Charakteristische Eigenschaften der allgemeinsten thermischen und elektrischen Strömungen erhält man durch Diskussion der For- meln (71"), diq noch keinerlei beschränkende Annahmen enthalten.*)

19*

292 //. T&a. Mechanik niehistarrer Körper. IIL Kap.

Die durch sie dargestellten Strömungskomponenten lassen sich in zwei Teile zerlegen nach dem Schema

U = 14 + Ug, 0 = Uj + Dg, tu = iDj + lUg,

Uj = AjX + ;.; J^ + ;.; ^, Ug = - T3 Y + Tj if,

72) \ \^}:^X+i^^Y+l\Z, 1)2= -^i^+^8^J

wobei

72')

außerdem kurz

^83 ^^ ^1 ^1 » '''■32 ^^ "1 '•" ^1 >

^31 ^^ ^"2 ^2 ' ^18 ^^ '"2 "T" ^2 ' ^12 = ^"8 "" ^8 ' ^1 = ^3 "^" ^3 '

gesetzt ist.

Die Komponenten Uj, Uj, mj geben zusammengesetzt eine Strö- mung ®j, welche gegen die Kraftrichtung ebenso liegt, wie die Nor- male auf einer Tangentenebene an dem Ellipsoid

72") 1 = Aj-r» + l^y^ + A3Z« + 2;v\yz + 2l\zx + 2;;, xy

gegen den Radiusvektor nach der Berührungsstelle.

Das Ellipsoid (72") heißt, weil seine Axen mit den Wurzeln aus den Leitfähigkeitskoeftizienten A^^ indirekt proportional wachsen, das Widerstandsellipsoid.

Die Komponenten u^, ü^, vo^ geben zusammengesetzt eine Strö- mung Sj, welche senkrecht steht auf der Richtung der Bj'aft K imd der Richtung des Vektors T, den man erhält, wenn man r^, t^, t^ als Strecken aufdenKoordinatenaxen aufträgt und zu einer Resultierenden zusammensetzt Die Gesamtströmung SS, ist gegeben durch

72'") S, = Z fsin (Z, 7) ;

sie hat, wenn K nach einem festen Punkte gerichtet ist, den Charakter einer Rotation, und man nennt demgemäß die Konstanten Tj^, welche für ihre Größe maßgebend sind, die rotatorischen. SS, ver- schwindet, wenn die Bedingimgen X^^ = A^^ bestehen.

Dasselbe Verfahren kann man auf das Formelsystem (71) an- wenden und erhält bei mit (72') korrespondierenden Bezeichnungen

X =i X^ -{• X^^ 1^ = Ij + y, , ^ Ä ^j + ifj ,

A'j = Xj u + X3 1) + Xg tu , Ag = TT, ü + TTj m ,

73)

ii = xi m- Xgt) + x; , i^i = - ^, w + JTj u ,

^1 =x;u + x;D + X3m, ^2 = - ^jU + TTib,

§ 12, Imponderabfe Fluida innerhalb pmiderabler Körper, 293

WO der Zusammenhang zwischen S3 und der Resultierenden K^ von Zj, JTj, Z^ durch ein zweites EUipsoid

1 = x^x^ + x^y* + XjZ* + 2x\yz + 2x\zx + 2x\xy U')

bestimmt wird, welches man das EUipsoid der Leitfähigkeiten nennt *^)

Die Axen der beiden Ellipsoide fallen im allgemeinen nicht zusammen, sondern nur in dem Falle, daß die rotatorischen Kon- stanten Xy^ resp. n^ verschwinden. In diesem speziellen Falle sind die gleichgelegenen Axen für beide Ellipsoide einander indirekt proportional.

Dem EUipsoid der Leitungsfähigkeiten kann man eine sehr anschauliche Bedeutung geben, wenn man aus den allgemeinen For- meln (71) die Komponente S der wirkenden Kraft nach der Strö- mungsrichtung, aus den Formeln (71") die Komponente \ der Strö- mung nach der Richtung der Kraft bildet Man erhält, wenn durch 0, 6, c die Richtungscosinus der Strömung 93, durch a^h^c diejenigen der treibenden Kraft K bezeichnet werden,

f = ir(Aja« + A3i2-hA3C« + 2A;ic + 2A;ca +2A^ai), J ^

oder wenn 91 den Radiusvektor im EUipsoid (73') in der Richtung von 95, R denjenigen im EUipsoid (72") in der Richtung von K bezeichnet

» = 581*, K^\m. 740

Die erstere Formel gestattet unmittelbar die Anwendung auf einen linearen Leiter, und 9%^, das Quadrat des Radiusvektors im Leitfähig- keitseUipsoid, erscheint hier als seine spezifische Leitungsfähigkeit Bezieht man den KrystaU auf die Hauptaxen -X®, 7®, Z^ des WiderstandseUipsoides als Koordinatenaxen, so wird

i'j = Ag = Ag =s 0 , Aft Ä A^ , Tft s= ta, und das System (71") ergiebt

= -h AJX<> - xi + x\ z\

ü^ = + Jf « + II Y^ - tJ ^^ 74")

tt)« = - xlX^ + xl ro + II Z\

Dies System kann man geometrisch deuten, indem man beide Seiten der Formeln mit einer unendlich kleinen Zahl e multipUziert und B u®, « t)^, als die Komponenten einer sehr kleinen Verrtickung <$ an einer SteUe mit den Koordinaten X®, Y% Z^ in einem nicht- starren Körper betrachtet

Die Verrtickung dieses Punktes ist dann nach dem System (74") bewirkt durch eine gleichförmige Dilatation des Körpers nach den

294 //. TeiL Mechanik nichtatarrer Körper. IIL Kap,

drei Axen Jk?*, Y^, Z^ um die Beträge cA,^, «AJ, 6 A3 und eine gleich- zeitige Drehung des Körpers um die Richtung des Vektors T und um den Betrag e T.

Diese Deutung zeigt beiläufig, daß der Vektor T nach Größe und Bichtung unabhängig vom Koordinatensystem und allein durch die Natur des Krystalles bestimmt sein muß, auf den sich die For- meln beziehen.

Ist die Strömung eine ebene, ist etwa == 0, so wird durch Elimination von Z aus (71") erhalten

hz ^'81

I 1) =3 ^*1 ^8 -" ^81 ''1Z X4- *83 ~ ^ ? ^-«3 Y

*88 ^88

ein System, an welches ähnliche Betrachtungen geknüpft werden können, wie oben an (71").

Noch wichtiger ist der Fall, daß die eine Kraftkomponente verschwindet, und die beiden anderen, sowie alle für die Strömung gültigen Grenzbedingungen, von der jener entsprechenden Koordinate unabhängig sind, etwa ^=0 ist und X und Y die i?- Koordinate nicht enthalten. Dann sind auch u, D, ID Funktionen von x und y allein, und der Vorgang kann, obwohl die Strömung parallel Z nicht verschwindet, ganz in der X7- Ebene verfolgt werden, da die Grenz- bedingungen die Komponente \o nicht enthalten. Man kann dann u und t) älinlich wie oben zerlegen und setzen

75')

I 11 = ;.

u = x^^x+i^^Y= A,x+ >t;r- TgT,

auch eine Widerstandsellipse

1 = X^x^ + A,y« + 2X\xy,

die Schnittellipse des EUipsoides (72") mit der AT- Ebene, einfuhren, auf deren Hauptaxen bezogen A^ = AJ, T3 = Tg und A3 = 0 ^ard, und das letzte Formelsystem lautet

Fällt die ^-Axe mit der Richtung des Vektors T auf S. 292 zusammen, so ist in den wichtigsten Fällen, wo die rotatorischen Glieder in der Natur vorkommen, nämlich bei gewissen Gruppen des rhomboedrischen, des tetragonalen und des hexagonalen KrystaU- systemes, zugleich die X- und T-Axe gleichwertig, \o mit Z gleich Null, und die Formeln (75) und (75') nehmen die gleiche Gestalt an:

75") ii = AX-Tr, ü = Ar-fTX.

§ 12. Strömung bei teirkendem Potential, 295

Aus derselben folgt, daß, wenn man t/A = tgor setzt und den Winkel der Strömungsrichtung mit der JT-Axe i9", den der Kraftrichtung mit der X-Axe 0 nennt, jederzeit

,V^ = 0 + «

ist, also die beiden Richtungen um eine konstante Größe gegen- einander geneigt sind.

Im Vorstehenden sind keinerlei Annahmen über das Gesetz, nach welchem die treibenden Kräfte wirken, eingeführt. Der wich- tigste hierfür in Betracht kommende Fall ist der, daß sie eine Potentialfunktion besitzen. Bei der Wärmeströmung ist dieselbe eine Funktion der Temperatur und in erster Näherung ihr pro- portional, kann aber, da die A^^ schon Proportionalitätsfaktoren dar- stellen, auch der Temperatur an der Stelle x, y, z einfach gleich gesetzt werden. Gleiches gilt bei dem Vorgang der Diffusion in Bezug auf die Konzentration der Lösung.

Bei Existenz einer Potentialfunktion 0 werden die ersten drei Gleichungen (71") zu

11

= ).,,

d0

dx

+ ^u

80

dy

+ ^18

80

8x '

\>

80

dx

60

80 8y

80

80

8x '

80

Z f" ^«8 "^7. h ^

81 8x ^ " dy ^ 8x '

76)

0 betrachten wir innerhalb der Körper mit stetig wechselnder Be- schaffenheit als selber stetig, lassen aber zu, daß beim Durchgang durch Flächen, wo jene springt, die wir also passend als Grenz- flächen ö^^ zwischen zwei Körpern (A) und {k) ansehen, auch 0 un- stetig wird. Wir setzen, wie S. 284,

0, - 0, = 0,, 76')

und betrachten dabei 0;,^ als gegeben.

Ein Sprung des Potentiales läßt sich nach dem auf S. 261 Ge- sagten durch die Molekular Wirkung der diesseits und jenseits der Grenzfläche ö^^ verschiedenen Substanz der Körper (Ä) und (k) er- klären; bei elektrischen Vorgängen ist nach der Beobachtung 0^,^ eine der Kombination der Körper (A) und {k) und der Temperatur der Grenzfläche individuelle Konstante, deren elektromotorische Kraft.

Die beiden Formeln (71'")

29ö //. Teil. Mechanik niehtstarrer Körper. lU. Kap,

76")

j dx '^ dy

i

dx ^ dt

da.

erfordern, um zur Bestimmung von <U verwertet zu werden, noch Festsetzungen über die Funktionen q und /r, die, wenn die Teilchen der Flüssigkeit, etwa nach Ai:t der elektrischen Fluida, auf einander Femwirkungen ausüben, mit 0 im Zusammenhang stehen müssen. Der einfachste Zusammenhang ist der, daß q mit 0, und (Tj^j^ mit dem Mittelwert von 0 in der Grenze o^j^ proportional, etwa

76"') (, = ^0, ,.,, = 1^,^(0, + aii)

ist, worin fi und v sich mit dem Orte stetig ändern können. Man kennt übrigens kein Beispiel far von Null verschiedenes o-^^, wenn die Körper {h) und (A) beide Leiter sind, und kann daher an Zwischengrenzen auch rx^^ = 0 setzen:

An den äußeren Grenzflächen des stromdurchflossenen Systemes können je nach deren Natur verschiedene Bedingungen bestehen.

Grenzt in ihnen das System an einen Nichtleiter, so wird dort

76"") n + ^ = 0,

wobei (7 s= f 0 ist Werden sie als Eintrittstiächen für die Strö- mung betrachtet, so kann daselbst 0 oder n selbst vorgeschrieben gedacht werden, es kommen auch Fälle vor, wo das Aggregat 5*0+11, in welchem 5 eine Funktion des Ortes bezeichnet, ge- geben ist Die erste und letzte Größe kann, soweit die Bedingung der Stetigkeit nicht verletzt wird, als willkürliche Funktion von Ort und Zeit gewählt werden; die Wahl der n ist durch eine aus (76") folgende Bedingung beschränkt, welche für einen Körper lautet

J ixdo^J -q]

^ dk.

Die vorstehenden, aus der Vorstellung einer gegen Widerstände stattfindenden Flüssigkeitsbewegung abgeleiteten Formeln können umgekehrt benutzt werden, um physikalische Vorgänge, welche durch eine Funktion 0 der Koordinaten und der Zeit bestimmt sind, die den vorstehenden analoge Bedingungen erfüllt, als Strömungs- vorgänge zu interpretieren.

Die Kombination der ersten Formel (76") mit den Werten (76) und (76"') giebt der Hauptgleichung der Potentialfunktion für einen homogenen Leiter die Gestalt

§ 12, Strämung bei wirkendem PotenHoL 297

+ (^23 + ^82) J^Ji + (^81 + ^is) g^^^ + (^12 + ^21) 5^ '

wofür man nach (72') auch schreiben kann

+ 2 A; ^— ^ + 2 A^ ^— ^ + 2 A^

77)

dydx ^dxdx ^dxdy^

sie ist also von den rotatorischen Gliedern gänzlich frei. Auf einen

isotropen Körper bezogen nimmt die rechte Seite die Gestalt A A <f^ an.

Bei ElinfÜhrung der Widerstandsaxen erhält man hieraus

Die gleiche Form kann man bei Einführung von schiefwinkligen Koordinatenaxen X, ©, 3 auf unendlich viele Weise erhalten**). Denn setzt man

y = <^aiJ + «229 + «23ä«

^==«31? + «829+^83*»

SO ergiebt sich als Bedingung fhr die Beziehung das System Formeln

^1 ^21^81 + k <^22«82 + h ^28^33 = ^^

woraus man auch folgern kann

"11* . ««1* , ^31* _ 1

A*^ A^ jo /, '

Aj Aj *3 *

^'U"l8 I "88 "«8 "'«4"

"18 _i_ "88 "«8 i_ "88 "88 l\

k■^ Aq A3

Die letzteren Gleichungen geben aber die Bedingung dafür an, daß

^- + y\ + ^ = ?•_ + .«)i + ii

298 //. Teil, Mechanik nichtstarrer Körper. III. Kap.

ist, und damit auch dafür, daß die Axen X, % 3 in dem sogenannten Hauptellipsoid **)

A| ^2 Ag

ein System konjugierter Durchmesser bilden. Das Hauptellipsoid wird in dem speziellen Falle, daß die rotatorischen Glieder ver- schwinden, mit dem EUipsoid der Leitfähigkeiten identisch. Macht man die Substitution**)

78) aryÄ=iyÄ?, y}/x^fimy zvr=fyx|,

so bildet man dadurch den von dem homogenen Leiter mit den Eonstanten A^, A^, A3 eingenommenen Raum k auf einen anderen X ab; dem Hauptellipsoid in k entspricht dabei in x eine Kugel^ welche den gleichen Inhalt besitzt, falls speziell

78') = AJ A* XI

gesetzt wird. Zugleich nimmt die Hauptgleichung (77) die Gestalt an

78") /'^öT = ^^*'f*'

wie sie fiir isotrope Leiter gilt.

Hat das Medium, welches der Behandlung unterworfen wird, speziell die Eigenschaft, daß für dasselbe die rotatorischen Kon- stanten verschwinden, so folgt aus den Werten

J U = /" -^ -, t) =—/"—-- , tu = ^J - -

' ^ ox^ ^ dy ^ ax

die innerhalb des homogenen Leiters durch ein beliebiges Flächen- stück o gehende Strömung

Jxido^ ^ j\).l ^^ cos {n,x) + II 1^ cos [n,y) + A3« ~ cos (n, 2:)) rfö ,

also

78"") jwdo = - xf^dcü ,

worin [das Integral über das durch Abbildung aus 0 gewonnene Flächenstück co zu erstrecken ist, und v die Normale auf dem Flächen- element d<D, A(ö<i>/öi/) die normale Strömung durch dasselbe bezeichnet.

Diese Betrachtungen ergeben das Resultat, daß man für die Behandlung der Strömung an Stelle eines homogenen krystalli-

§ 12, Strömung bei wirkendem Poteniial. 299

nischen Leiters jederzeit einen durch die Substitution (78) aus ihm transformirten isotropen Körper substituieren kann. Dabei bleiben die Grenzbedingungen, soweit sie die Werte <l> vorschreiben, stets ungeändert; soweit sie aber u oder §* 0 + n vorschreiben, nur dann, wenn das Medium rotatorische Eonstanten nicht besitzt.

Eine Ausdehnung dieser Behandlungsweise auf ein System kry- stallinischer Leiter ist deshalb nicht möglich, weil die Widerstands- axen für die verschiedenen Teile im allgemeinen verschiedene Größe und Richtung haben.

Schließlich mag noch auf eine wichtige geometrische Eigenschaft der Substitution (78) aufmerksam gemacht werden. Da sie linear ist, so führt sie Gerade wieder in Gerade, Ebenen in Ebenen über und beläßt Abschnitten von gleicher Länge auf einer Geraden auch diese Eigenschaft. Hieraus folgt sogleich, daß konjugierten Diame- tralebenen und konjugierten Durchmessern des Hauptellipsoides im Räume k zueinander normale Diametralebenen und zueinander nor- male Durchmesser im Räume x entsprechen, und umgekehrt.

Das Gleiche giebt die Berechnung mit Hilfe der auf S. 297 aufgestellten Formelsysteme.

Ist 0 nur von zwei Koordinaten, etwa x und y, abhängig, so tritt der S. 294 charakterisierte Fall ein, und man kann den Vor- gang ganz in der Zr« Ebene darstellen. Dies gilt zwar immer, wenn alle Verhältnisse des Problems längs der Z-Axe konstant sind, also z. B. für cylindrische Körper bei längs der Axenrichtung konstanten Anfangs- und Oberflächenbedingungen, nicht aber auch stets bei unendlich dünnen Platten parallel der Xr- Ebene; sind diese z. B. nach beiden Seiten hin durch Nichtleiter begrenzt, so wird die Z-Komponente der Strömung, also m, verschwinden müssen, und es kommen für u und ö die Formeln (75) zur Geltung. Noch anders gestalten sich die Verhältnisse, wenn längs der Seitenflächen etwa S*0+ n gegeben ist, ein Fall, auf den wir bei Gelegenheit der Wärmeleitung eingehen wollen, wo er besonderes Interesse gewinnt.

§13. Sie Bewegung imponderabler Plnida innerhalb ponderabler Körper; allgemeine Sätze über den stationären Zustand.

Wir gehen nunmehr zu spezielleren Anwendungen der im vo- rigen Abschnitt abgeleiteten allgemeinen Grundbedingungen über und wenden dieselben zunächst auf den stationären Zustand an, wo der ganze Vorgang von der Zeit unabhängig ist.

300 //. TnL Mechanik nichtstarrer Körper» HL Kap.

Hier reduzieren sich die Formeln (76") auf

l "A + "k = 0,

während die Gleichungen (76) und (76') ungeändert bleiben, die Bedingungen an den äußeren Grenzen des Systems aber die Gestalt annehmen, daß entweder 0, oder n, oder g^ 0 + n als Funktion des Ortes vorgeschrieben ist.

Man kann die Betrachtung noch etwas Terallgemeinem, indem man in den Gleichungen (79) die Null auf der rechten Seite je durch eine gegebene Funktion der Koordinaten ersetzt, die resp. mit r und \j^^ bezeichnet werden mag; man erhält dann

( öji öro _

Diese Gleichungen entsprechen nach der Bedeutung der n, ü, m und n dem Falle, daß jedes Volumenelement dk eine Quelle von der Ergiebigkeit rrfÄ, jedes Grenzelement rfö^^ eine solche von der Ergiebigkeit f^j^rfö^j^ enthält

Wir werden nun zunächst beweisen, daß die Gleichungen (79) resp. (79') mit den dabei angegebenen Neben- und Grenzbedingungen 0 vollständig bestimmen, indem wir uns der S. 181 in einem spe- zielleren Falle angewandten Methode bedienen und zeigen, daß, wenn zwei Lösungen tfK^) und 0^) j^ii^ gegebenen r, f^^, 0^^ und 0 resp. n, oder 5* ^ + » vereinbar wären, deren Dififerenz 0' eine Konstante, und zwar im allgemeinen gleich Null sein müßte.**)

0' genügt, falls wir die, statt aus 0, aus 0' gebildeten Größeij^ gleichfalls durch den Index ' bezeichnen, nach (79') und (76') den Gleichungen

I— 4- -I- = 0 ni + iTi = 0, 0;=0i;

außerdem muß an den äußeren Grenzen des körperlichen Systeme», je nachdem dort 0, n, oder 5^ 0 + n vorgeschrieben ist, 0', n', oder 32 cp» ^ „» gleich Null werden.

Wir bilden nun aus der ersten Formel (79")

^/*'(i^

dy dx)

§ 13. Stationäre Strümung imponderabler Fluida. 301

WO das Integral je über ein Bereich auszudehnen ist, innerhalb dessen die Beschaffenheit des Mediums stetig variiert, wie man kurz sagen kann, über einen Körper die Summe JS über alle, und erhalten

Die Oberflächenintegrale verschwinden, soweit sie sich auf Zwischengrenzen beziehen, nach den beiden letzten Formeln (79"); soweit sie sich auf die äußere Begrenzung des Systems beziehen, überall da, wo 0' oder n' verschwinden, und ergeben

wo _ _ _

ga0' + n' = O ist.

Setzt man noch abgekürzt die quadratische Form

so erhält man

-S'/S« W^do + JSf fl'rfA = 0.

Ist ii eine definite Form, wie da3 bei isotropen Medien aus der Definition folgt, und wie wir auch bei anderen auf Grund aller Erfahrungen über die Werte der Eonstanten A^j^ bei den verschie- denen physikalischen Phänomenen annehmen dürfen, so folgt aus dieser Gleichung in Verbindung mit 0^ = 0i, daß 0' im ganzen Systeme konstant sein muß, und diese Eonstante bestimmt sich stets zu Null mit Ausnahme des einen Falles, daß an der ganzen äußeren Grenze n vorgeschrieben ist, wo sie willkürlich bleibt In diesem Ausnahmefall ist also noch eine weitere Angabe, etwa diejenige des Wertes von 0 für einen Punkt, nötig, um das Problem voll- ständig zu bestimmen.

Sind Quellen nicht vorhanden, und ist an der äußeren Be- grenzung überall n gleich Null, so ist die Lösung des Problemes allgemein stets angebbar, wenn die Potentialsprünge 0;^^^, unter Berücksichtigung der Durchgangsrichtung durch die Zwischen- grenzen über jede innerhalb des Systems zu ziehende geschlossene Eurve summiert, sich zu Null ergänzen. Dann ist für jeden homo- genen Teil 0^ konstant, wobei die relativen Werte der Eonstanten durch die Bedingungen

bestimmt sind.

<^» - *^* = <«»**

302 IL Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. III. Kap,

Diese Lösung entspricht verschwindenden u, to, m, also nicht einem Strömungs-, sondern einem Gleichgewichtszustand, wie der- selbe in § 8 näher untersucht ist

Da alle Bedingungsgleichungen für <U in dieser Größe linear sind, so kann man 0 jederzeit in eine Summe von Teilen zerlegen, deren jeder Oberflächenbedingungen unterworfen werden kann, welche von den für (p gegebenen abweichen, etwa vereinfacht sind, wenn nur diese Bedingungen, über alle Teile von <P summiert, die direkt vorgeschriebenen liefern. Jeder Teil wird dann vollständig bestimmt sein, wenn die für ihn geltenden Bedingungen den aus dem Vor- stehenden ersichtlichen Charakter haben.

Diese Zerlegungen haben einmal einen praktischen Nutzen, in- dem sie ein kompliziertes Problem auf eine Anzahl einfacherer re- duzieren; sie besitzen aber auch theoretisches Interesse, weil bei der Zerlegung der Einfluß der einzelnen, <i> bestimmenden Umstände sich anschaulich sondert

Für einen homogenen krystallinischen Leiter ist nach dem am Ende des vorigen Paragraphen Gesagten und imter den dort an- gegebenen Bedingungen das Problem der Bestimmung der Strömung zurückführbar auf dasjenige der Ableitung einer Funktion 0 aus der Hauptgleichung

und aus gegebenen Oberflächenwerten von

0, d(Dldv, d^U^-^dd^ldv.

Diese Aufgabe, welche eine Erweiterung des in § 10 erörterten Problemes der stationären Potentialbewegung einer inkompressibeln Flüssigkeit darstellt, ist in § 22 des I. Teiles allgemein behandelt

0 erscheint dort als die Potentialfunktion von nach ge- wissen, durch die GREEN'schen Funktionen ausgedrückten Gesetzen in die Ferne wirkenden räumlichen und flächenhaften Massen- verteilungen: hier bestimmt es sich durch die von den einzelnen Punkten des Raumes und der Oberfläche ausgehenden Strömungen. Man sieht daraus, daß man dieselben Formeln auf zwei durchaus verschiedene Weisen deuten kann; ein Umstand, der für die Auf- fassung gewisser, später zu behandelnder Erscheinungen bedeutungs- voll geworden ist

Ist der homogene Leiter unbegrenzt, und ist allein an der Stelle a, b, c des Raumes ä, also im Punkte a, ß, y des Raumes % im Abstand p von |, //, f eine Quelle von der Ergiebigkeit Q vor- handen, so wird

§ 13. Stationäre Strömung imponderabler Fluida. 303

0=._O_ ^__0

471 A ^ 4 71 A V (I - «)* + (I? - |9j« + (C - yj«

Q

1/ l A? + AS + AS

80)

Die Flächen konstanten Potentiales in k sind also EUipsoide, die dem Hauptellipsoid (77'") ähnlich und homothetisch sind. Für eine Anzahl von Quellen gilt analog

1 Q

0^-—Y^-\ 80')

4 7iA ^^' '

worin Q^ die Ergiebigkeit, und q^ die Entfernung der Aten im Räume x befindlichen Quelle von der Stelle |, ^, J bezeichnet

Befinden sich die Quellen in einem endlichen homogenen Körper ä, so kann man jederzeit setzen

wo nun <pQ innerhalb k regulär ist, der Bedingung A^tfC^o'^ ^ 6®" nügt und an der Oberfläche die Wirkung der Summe -2* so kom- pensieren muß, daß die dort geltenden Bedingungen erfüllt sind.

Ist nur eine Quelle im Punkte a^ b, c vorhanden, und ist an der ganzen Oberfläche 0 konstant oder g^0 Aö<i>/öv gleich Null vorgeschrieben, so gilt für 0 der Reciprocitätssatz (184) auf S. 186; sind zwei Quellen von entgegengesetzt gleicher Ergiebigkeit an den Stellen a, b, c und a\ b\ c vorhanden, und ist längs der ganzen Oberfläche d 0/0 v = 0, so gilt der Reciprocitätssatz (184").

0^j kann in diesen Fällen zur physikalischen Deutung der Gbeen'- schen Punktionen G^ auf S. 185 dienen; 0 ist dabei wesentlich iden- tisch mit den auf S. 187 aus ihnen abgeleiteten resp. Funktionen 7"^.

Ist der Raum k durch eine Ebene e begrenzt, so gilt Gleiches vom Raum x und einer Ebene £, und man kann bei gegebenen Quellen leicht 0 so bestimmen, daß in der Grenze entweder 0 oder ö 0/öf verschwindet; man hat zu diesem Zwecke nur in den Spiegel- punkten der Quellen in Bezug auf e Quellen mit der entgegen- gesetzten oder der gleichen Ergiebigkeit anzubringen. Hierdurch sind dann auch die GREEN'schen Funktionen G^j G^ resp. F^, F^ für den Halbraum gegeben.

Die Lage der, diesen Spiegelpunkten im Räume k entsprechen- den kann man ohne Rechnung finden, wenn man den oben ange- gebenen Satz benutzt, daß normalen Durchmessern einer Kugel im Räume x konjugierte Durchmesser des Hauptellipsoides im Räume k

304 //. Teil Mechanik nichtsiarrer Körper. IIL Kap,

entsprechen. Die Verbindungslinie jeder Quelle mit der korrespon- dierenden ist sonach dem Durchmesser parallel, welcher der zur Grenze parallelen Centralebene des Hauptellipsoides konjugiert ist; die Abstände beider Quellen Ton der Grenzebene sind gleich.

Durch das Verfahren der wiederholten Spiegelung läßt sich die Stromverzweigung in einer Reihe von endlichen, nur von Ebenen be- grenzten Körpern behandeln; doch haben diese Probleme für Kr}'- stalle geringeres praktisches Interesse, weil die Größe der erforder- lichen Flächenwinkel jener Körper im Räume k von den Leitungs- fähigkeitskonstanten des Mediums selbst abhängen.

Gleiches gilt von der Anwendung des Spiegelungsverfahrens in Bezug auf eine Kugelfläche vom Radius P im Räume x\ hier kann man bei beliebigen Quellen auf der KugelAäche 0 zu Null machen, indem man zu jeder, im Abstand a, vom Centrum befindHchen, eine auf demselben Radiusvektor im Abstand a^ = P^/cCf^ gelegene hinzu- fügt, deren Ergiebigkeit Q^ bestimmt ist durch die Beziehung

Qk = QHi^klP^QkPI(^n oder <2Ä/a.= «iV^i-

Hierdurch ist also auch die GREEN'sche Funktion Cj resp. F^ für die Vollkugel gegeben.

Der Kugel im Räume x entspricht im Räume k ein, dem Hauptellipsoid ähnliches Ellipsoid.

Bei unkrystallinischen Medien haben diese Methoden eine große Wichtigkeit und gestatten dort auch die Anwendung auf gewisse Systeme von homogenen Leitern, die durch Ebenen gegeneinander abgegrenzt sind.*®)

Das Strömungsproblem kann nach dem auf S. 294 Gesagten auf zwei verschiedene Weisen zu einem ebenen werden, entweder in- dem ID gleich Null, oder indem 0 von z unabhängig wird.

In beiden Fällen kann man schließlich schreiben

du , dt) , r

d"7+ö7=='^' "A + "k = Uif

Hat der betrachtete Körper keine rotatorische Eigenschaft, ist also A^^ = ^21 ' ^^ kann man durch Einführung eines Hauptaxen- systemes X^, Y^ aus (81) erhalten

81') -««=^?||, -"" = ^211

und hierauf die (78) analoge Substitution

81") xfÄ^^^Ä\, yyT=i?VJö, A^^A\Al

anwenden, welche die gleichen Folgerungen gestattet, wie jene.

§ 13, Ebene Strömung mit Rotation. 305

Ist nur eine Quelle von der Ebrgiebigkeit Q an der Stelle ar=a, y =i vorhanden, so erhält man den (80) entsprechenden Wert

Q

0= -

dem für eine beliebige Anzahl von Quellen mit den Ergiebigkeiten Qj^ in den Punkten a^^, i^ der durch Erweiterung erhaltene Ausdruck

"f^-^h^^^nh), 81"")

entspricht; c resp. e^ bezeichnet die Entfernung des betrachteten Punktes |, tj von der betreffenden Quelle im Räume x.

Bei beliebiger Begrenzung ist das auf S. 303 auseinandergesetzte Verfahren anwendbar und gestattet bezüglich gewisser Beciprocitäts- sätze, sowie bezüglich der physikalischen Interpretation der Gbebn'- schen ebenen Funktionen (?i analoge Polgerungen, als dort bezüg- lich der räumlichen G^^ gezogen sind.

Die Methode der Spiegelpunkte gilt hier in der Ebene, wenn die Begrenzungen durch Gerade und Kreisbögen gegeben sind, ähn- lich wie früher im Räume bei ebenen und kugeligen. Grenzen.

Von besonderem Interesse sind bei dem ebenen Problem die Medien, für welche die rotatorischen Glieder nicht verschwinden. Legt man die ^Axe in die Richtung des Vektors T, so nehmen in den wichtigsten ersten beiden auf S. 294 angegebenen Fällen die Gleichungen (81) die mit (76") gleichwertige Gestalt an:

^d0 8 0 ^ ^ö0, 8 0 ooN

^u = Ä^-r-^-, -t) = A^ + r^. 82)

Die Kauptgleichung lautet hier, soweit man von räumlichen Quellen absieht,

A,/i> = 0; 82')

die Komponente n der Strömung nach der Richtung der Normalen n

auf einem Kurvenelement ds wird zu

^80 , 80 QO"\

8n ds ^ *

falls man cos(n, ar) = cos(ä, y), cos(n, y) = + cos(*, :r) setzt.

Ist das Bereich der XZ- Ebene, in dem die Strömung statt- findet, gar nicht oder aber durch Kurven begrenzt, längs deren 0 vorgeschriebene Werte annimmt, so kommen die rotatorischen Glie- der für das Problem der Aufsuchung von 0 nicht in Betracht; anders natürlich, wenn längs der Grenzen n oder 3*0H-n vor- geschrieben ist, die selbst r enthalten. Dies ist von Belang, wenn es sich um den experimentellen Nachweis der Ebdstenz der rotato- rischen Konstanten für ein Medium, eventuell um ihre Bestimmung

Voigt, Theoretische Physik. 20

306 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper, III, Kap.

handelt, und die Beobachtung nur an die Werte von 0, nicht aber an die Größe und Richtung der resultierenden Strömung an- knüpfen kann.

Die durch (82) dargestellte Strömung läßt sich jederzeit als eine Potentialbewegung auffassen, deren Potential im allgemeinen mehrwertig ist; hierin, und in dem eigentümlichen Zusammenhang, der zwischen jener Strömung und der bei verschwindender Rotations- konstante T stattfindenden besteht, liegt das besondere Interesse, welches diese Vorgänge besitzen.

Setzt man t = 0, also

wo sich A^ als Strömungspotential darstellt, so kann man nach S. 276 für 0 den reellen Teil einer Funktion f{x + iy) wählen; gleich- zeitig giebt dann der imaginäre Teil eine Strömungsfunktion JSy deren Konstantsetzen die Gleichimg der Stromkurven liefert.

Bei nicht verschwindendem r bilden wir aus dieser Funktion

f{x + iy) = (0 + i2),

indem wir wie auf S. 295 rll = tga setzen,

831 ! ^^"^ "*" '^^ " ^^ ~ '■*« «) A^ + iy) = (1 - «'tg «) (^ + i^h ' \ ={(li + 2tga) + i{2- 0iga)= <lf+i:S',

worin 0'

und 2!^ neue Bezeichnungen sind.

Wegen

80 8Z 80 8Z

dx "^ 8y ' 8y ~ 8x

gilt dann

.8 0' ^ .8 0' .8 0'

83')

8x ^ 8y ^ 8n

sowie

83")

.8Z' ^ , 8Z'

ri^i ' rinr.

Demgemäß stellt sich 0' als das Potential, -2" als die Strö- mungsfunktion der rotatorischen Bewegung dar, und es gilt

83-) <2> = 4=:f^-^, ^=4±:^.

' ^ l+tg^a' l+tg"o

Ergiebt die dritte Formel ^ mehrwertig, während seine physikalische Bedeutung Einwertigkeit verlangt, so ist die bez. Lö- sung nur in einem angemessen begrenzten Bereich der Ebene an- wendbar.

§ 13. Ebene Strömung mit Rotation, 307

Die vorstehenden Eesultate gestatten ohne Eechnung wichtige Folgerungen abzuleiten.

Ist 0' = ax^ JS* = ay, so verlaufen die Stromlinien parallel der X-Axe, und es wird

0 ist also konstant, wenn gleiches für x -— y ig cc gilt Diese Be- wegung läßt sich durch zwei Gerade parallel zur X-Axe begrenzen, falls in ihnen das Medium an Nichtleiter stößt; ist die Breite des so erhaltenen Streifens gleich b, so ist die Differenz ^^j der Potentialwerte in gegenüberliegenden Punkten

^j2 = ab sin a cos a; 84')

ihre Beobachtung gestattet die Bestimmung von a und somit die- jenige der rotatorischen Konstanten t.

Ganz analog läßt sich die radiale Strömung in einem schmalen Ejreissektor verwenden, wenn letzterer von Nichtleitern begrenzt ist.

Für eine Quelle in der unendlichen Ebene ist nach (81'")

0=-^/W, 85)

worin Q die Ergiebigkeit der Quelle und e ihren Abstand von dem betrachteten Punkt bezeichnet Hieraus folgt bis auf eine irrelevante Eonstante

^=--^i>, 85')

falls & den Winkel zwischen dem von der Quelle hinweg positiv gerechneten e und der X-Axe bezeichnet, und

*^=-2&('W + **8«), ^=-2fi(*-/Wtg«). 85")

Es sind in diesem Falle also die Kurven sowohl konstanter 0' als konstanter JS^ logarithmische Spiralen mit der Quelle als Pol; erstere schließen mit den Eadienvektoren die Winkel (3r/2) + a, letztere, die Stromkurven, mit ihnen die Winkel a ein. Durch Ver- gleichung mit S. 286 erkennt man, daß in dem vorliegenden Fall die Quelle zugleich die Rolle eines Wirbelfadens spielt

Ist parallel der X-Axe eine geradlinige Grenze vorhanden, längs welcher n verschwindet, so kann man der dadurch gelieferten Bedingung genügen, indem man

20*

308 //. Teil. Mechanik niehtstarrer Körper, UL Kap.

setzt, worin e die Entfernung des in Bezug auf die Grrenzgerade ge- nommenen Spiegelpunktes der Quelle und &' den Winkel von e gegen die X-Axe bezeichnet

Diese Formeln ergeben um den Spiegelpunkt eine entgegen- gesetzte Rotation, wie um den QueUpunkt; der ihnen entsprechende Ausdruck für 0 ist in der stromdurchflossenen Halbebene ein- wertig.

Das Spiegelungsverfahren ist bei der Grenzbedingung n = 0 mitunter auch anzuwenden, wenn mehrere geradlinige Grenzen vor- handen sind, und läßt sich mit einer der S. 304 erwähnten Ab- änderung analoger auch auf kreisförmige Grenzen tibertragen.

§ 14. Die Bewegung imponderabler Fluida innerhalb ponderabler Körper; allgemeine Sätze über den yeränderliohen Zustand. Biffiuiion.

Wenden wir uns nunmehr zur Behandlung des veränderlichen Zustandes, so sollen auch hier zunächst die Bedingungen untersucht werden, welche neben den Formeln (76") das Strömungsproblem vollständig bestimmen*^. Wir fügen zu den oben benutzten, daß an den Zwischengrenzen 0^ 0^^ = (^^^ und an den äußeren Grenzen des Systemes entweder 0 oder n oder 3^0 + n vorgeschrieben ist, noch die weitere, daß zu irgend einem Zeitpunkt, von welchem aus wir t rechnen wollen, 0 für das ganze System gegeben ist.

Wären zwei Lösungen </>j und <i>2 mit diesen Bedingungen vereinbar, so müßte ihre Differenz 0^ 0^ = c/>' den beiden Gleichungen (76") analoge befriedigen, es müßte an den Zwischen- grenzen 0' stetig sein, an der äußeren Begrenzung des Systemes 0 oder n' oder g* 0' + n' verschwinden, desgleichen zur Zeit f = 0 im ganzen System 0' selbst.

Hieraus folgt aber, wie sich zeigen läßt, daß 0' in dem ganzen System verschwinden muß. Denn bezeichnet man wieder alle statt aus 0 aus 0' gebildeten Funktionen durch den Index ', so folgt aus der ersten Formel (76"), die wir nach (76"') schreiben

««) fe + S + lr + '-l?-».

sei ^//«,.(«+^ + « + ,^).,«_o,

WO die 2fdk sich auf das ganze System erstreckt und die Inte- gration nach der Zeit von ^ = 0 bis zu einem beliebigen t t^ ge- nommen wird; hieraus erhält man aber leicht

§ 14. Veränderliehe Strömungen imponderabler Fluida. 309

2'JJ(tfn'dtdo

-^If {'■'-£ +.-?^+»'^).*..+t^/.|<.'

2

rfÄ = 0.

86")

Das Oberflächenintegral verschwindet an den äußeren Grenzen, soweit daselbst 0 oder n vorgeschrieben ist, und giebt, soweit gleiches flir 5*0 + n gilt, + JSff^^^^dodt Wo die Bedingung (76"") gilt, also n + vd(Pldt =: 0 ist, wird aus dem Oberflächenintegral

Für die Zwischengrenzen folgt durch Zusammenfassung der auf dasselbe Flächenelement doj^j^ bezüglichen Teile, falls man das gelegentlich der Gleichung (76"') über cr^^ Gesagte benutzt, daß sich die bezüglichen Tenne sämtlich hinwegheben. Führt man noch die durch (79"') definierte Abkürzung ß ein und berücksichtigt, daß 0' für ^ = 0 überall verschwindet, so erhält man aus (86') schließhch

:sff^^(l>'^dodt + 2^Jsi'dkdt + ^:sfv{W\do + \:sffjL{0'\dk^O, .

86"')

und dies ergiebt, daß, wenn fl eine definite quadratische Form und fji und V positiv ist, 0' zu jeder Zeit innerhalb des ganzen Systemes gleich Null sein muß. Damit ist auch erwiesen, daß 0 durch die oben zusammengestellten Bedingungen vollständig bestimmt ist.

Wie früher für den stationären, so bietet auch hier für den ver- änderlichen Zustand die Zerlegung der Potentialfunktion </> und dem- gemäß diejenige der in ihr linearen Bedingungsgleichungen praktisclie und theoretische Vorteile.

Wir wollen von diesem Hilfsmittel eine Anwendung auf den Fall machen, daß die Bedingungen für die äußere Grenzfläche des körperlichen Systemes die Zeit nicht explicit enthalten, also 0 resp. n oder g^ 0 + n als Funktionen des Ortes allein gegeben sind, worein verschwindendes a einbegriffen sein mag. Dann bestimmen dieselben mit den Gleichungen (79) und den Bedingungen (76) und (76') zusammen eine Funktion 0^ welche den mit den Bedingungen vereinbaren stationären Zustand charakterisiert Ist dabei an der ganzen Oberfläche u vorgeschrieben, so muß /nrfö = 0 sein.

Setzen wir nun

0= 00+01, 87),

810 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. III. Kap.

80 muß (p^ die unter Rücksicht auf (76) gebildete Hauptgleichung

erfüllen, in den Zwischengrenzen

87") = 0i? und ujj + iii? = 0

und an den äußeren Grenzen des Systemes, je nach den dort für 0 vorgeschriebenen Bedingungen, 0^, oder g* + gleich Null ergeben. Ist zur Zeit ^ = 0 der Wert von 0 gleich F {z, y, z) vor- geschrieben, der natürlich den Bedingungen 0^ 0,^ = 0^* genügen muß, so gilt ebenda für 0*^

Multipliziert man die Gleichung (87') mit 0^dk und integriert über das ganze körperliche System, so erhält man unter Benutzung der Bezeichnung (79'")

\~:sffjL{0^)^dk = :sfWnUo'^:sfn^dk.

Das Oberflächenintegral verschwindet, soweit es sich auf Zwischen- grenzen bezieht, und giebt an den äußeren Grenzen den von Null verschiedenen Wert -2'/g*(0^ do nur, soweit g* + n^ = 0 vorgeschrieben ist. Man erhält sonach*®)

d

87'") ^-^:sffi{0ydk = - :sfd\0ydo - 2fSi^dh.

Diese Formel zeigt, daß der Mittelwert von [0^ in dem ganzen System dauernd abnimmt; diese Abnahme muß indessen mit der Zeit immer langsamer werden, da 2fii[0ydk jedenfalls nicht kleiner als Null werden kann, und sie verschwindet ganz, wenn die rechte Seite der Gleichung (87'") verschwindet Im allgemeinen ist hierzu erforderlich, daß auch im ganzen System verschwindet, nur in dem speziellen Falle, daß längs dessen gesamter Außengrenze n vorgeschrieben, also = 0 ist, geschieht dies schon, wenn inner- halb des Systemes konstant ist.

Hieraus ist zu folgern, daß unter den gemachten Voraussetzungen mit wachsender Zeit endlich ein stationärer Zustand eintritt, der im allgemeinen gar nicht, in dem speziellen Falle, daß an der ganzen äußeren Fläche n gegeben ist, aber nur in einer additiven Konstante von dem Anfangswert 0 = jP abhängt.

Diese Konstante C, die, wie S. 301 gesagt, bei dieser letzteren Form der Oberflächenbedingung durch alleinige Betrachtimg des

§ 14. Veränderliche Strömungen imponderabler Fluida. 311

definitiven Zustandes ohne eine spezielle auf sie bezügliche Angabe nicht bestimmbar ist, findet sich bei Rücksicht auf die Anfangswerte, aus welchen jener Zustand sich entwickelt hat, und auf die Be- dingung JSfn rfo = 0 folgendermaßen.

Aus (86) erhält man durch Integration über das körperliche System

somit also

:Sffi0dk=: Const.,

oder da zur Zeit ^ = 0 gilt 0 =^ F, zur Zeit des stationären Zu- standes 0 =i Cj auch

C ist somit das in einem gewissen Sinne berechnete arithmetische Mittel aus den Anfangswerten von 0.

Über die Art der zeitlichen Veränderung von erhält man für Medien ohne rotatorische Qualität eine merkwürdige Fprmel, indem man durch Integration über dSi^jdt bildet

A^Jfl.« = 2^/'^„.i.

woraus gemäß der Hauptgleichung und den Grenzbedingungen von S. 301 für a>^ folgt

-jj\2JnUk + 2fvWYdo =-^22ffil^Ydk. 88)

Setzt man hier den Wert der EQammer links aus (87'") ein, so erhält man

d oder, was hiermit identiscli ist,

^ft^m'^-^dk = 0, 88')

eine Formel, die gar nichts auf die örtliche Veränderlichkeit von 0^ bezügliches mehr enthält

Beim Eintritt des stationären Zustandes ist 0^ im ganzen System konstant und zwar, wenn längs der ganzen Oberfläche n von

312 //. T&ü, Mechanik nichtstarrer Körper, IIL Kap.

der Zeit unabhängig ist, im allgemeinen von Null yerschieden; hier wird dann noch einfacher

88") . 2:j^^;

Zum Zwecke der Ableitung allgemeiner Sätze über den ver- änderlichen Zustand in einem homogenen krystallinischen Körper kann man die erste Gleichung (76") durch Einfuhrung der schon oben benutzten Substitution (78) auf die Form

89) AAf,^*-^-!?"^

reduzieren. Führt man eine Funktion X ein, welche der Gleichung

890 ÄAf,fX+,u^ = 0

genügt, so erhält man fiir 0 und X eine dem GBEEN'schen Satze ähnliche Gleichung, indem man die erste Gleichung mit Xdxdt, die zweite mit (Pdxdt multipliziert und die Differenz über einen Kaum x im Ä-fifZ- System, innerhalb dessen 0, X und ihre ersten Derivierten sich regulär verhalten, sowie über die Zeit von ^ =: 0 bis zu dem betrachteten Moment, der ^ = f^ gesetzt werden mag, integriert Der Raum X entspricht dabei einem Kaum k in dem eigentlichen Körper, wie er durch die Substitution (78) sich aus x ergiebt**). Man erhält

89")

- fifdx{H)X\ + fxfdxid^X), « 0.

Hierin bezeichnet (o die Oberfläche von x, und v die nach innen positiv gerechnete Normale auf dw.

Wir wollen nun annehmen, X werde zu dem Zeitpunkt t=t^ an einer Stelle Uj ß, y des Raumes x unendlich und gleichzeitig im übrigen Eaume x gleich Null, so muß man in den auf die Zeit f = /^ bezüglichen Teüen der vorstehenden Integrale den Punkt a^ ß^ y durch eine kleine Oberfläche (o\ sagen wir durch eine Kugel vom Radius (), ausschließen und das Raumintegral nur auf den in Bezug auf sie äußeren Teil x x' von x ausdehnen, das Oberflächen- integral aber auch auf die Oberfläche (J von x\ Das erste Raum- integral über X 7i verschwindet dabei nach der Annahme ; das fragliche Oberflächenintegral, welches zu dem in (89") vorhandenen

§ 14. VeränderUeke Strömungen unponderabler FhMa, 313

hinzutritt, lautet, da nur die unmittelbar t^ benachbarten Elemente des Zeitintegrales einen Wert geben,

J^-xfdtfd.'{x^-i^%), 90)

worin r eine sehr kleine Zeit bezeichnet

Nun wollen wir spezieller annehmen, daß X in der Nähe von ^ = ^ sich verhält, wie die der Gleichung (89'] genügende Funktion

y = -^ «" ^ 90')

worin r = ^ #, p^ = (| «)* + (i? /?)* + (f y)^ und C eine Kon- stante ist

Es ist dann

und man kann schreiben

Läßt man hierin q und r zugleich unendlich klein werden und zwar so, daß q^/t an der unteren Grenze verschwindet, an der oberen aber unendlich wird, so läßt sich das Integral berechnen.

Setzt man nämlich

so wird

y II J q J \Bq q I

0

und es verschwindet wegen (o^ ^ Ang^ das erste Glied der Klammer mit verschwindendem (>, das zweite giebt, da 0 stetig ist,

Verfugt man noch über die willkürliche Konstante so, daß so folgt schließhch

/= ^fl(Paßy 90'")

und die Gleichung (89") nimmt die Gestalt an

814 //. Teä, Mechanik niehistarrer Körper, IIL Kap,

91) f^0aßy = - kjdtjdm (x ^ - 0 ^) + (ifdx (0X)o,

0

drückt also den Wert von 0 zur Zeit ^ an einer beliebigen Stelle von X mit Hilfe der Funktion X durch die Randwerte von 0 und d0jdv zu jeder Zeit zwischen 0 und t^ und den Anfangswert 0^ von 0 im ganzen Innern von x aus.

X ist indessen durch die bisherigen Festsetzungen noch nicht vollständig bestimmt

Legt man ihm die Bedingung auf, daß es an der Oberfläche von X verschwindet, so fällt d0/dv aus der letzten Gleichung heraus, und 0aßY bestimmt sich allein durch 0 und 0q\ legt man ihm die Bedingimg dX/dv = Const auf, so wird 0a ßy his auf eine additive Eonstante durch 00/ dv und 0q ausgedrückt; setzt man endlich 8*X ÄöX/öfrsO, worin g auf der Oberfläche variieren kann, so wird 0aßy durch das Aggregat ^^0 kd0ldv und 0^ gegeben.

Daß durch diese Festsetzungen X jedesmal völlig bestimmt ist, folgt aus den Betrachtungen auf S. 809, in denen nur die Zeit f=^ an Stelle von ^ = 0 zu setzen ist.

In der That, vertauscht man in der Hilfsfunktion X das Argu- ment t mit ^1 f und bezeichnet das Resultat als Funktion von t durch 0^, 80 erfüllt 0' nach (89') die Gleichung

91-) AA0'-/i^' = O

und verhält sich in a, ß, y zur Zeit ^ = 0 nach (90') und (90") wie die Funktion

91") ^' = 1/(4^)

8 -'*^

4a

ist aber im übrigen mit seinen ersten Derivierten endlich und stetig.

Diese Funktion 0 hat dann eine einfache Bedeutung.

Sei über die Oberflächenwerte von 0 resp. d0\dv so verfugt, daß das Oberflächenintegral verschwindet, und sei 0^ überall gleich Null mit Ausnahme eines Volumenelementes x an der Stelle |, 17, f, wo es gleich Eins ist, so wird aus (91)

0«^y = x'(X),«o = ^'(*')r = ..;

also ist 0^ identisch mit dem Potentialwert 0, welcher unter diesen Bedingungen zur Zeit t^ in a, /9, y eintritt, dividiert durch x.

Setzt man in (89") für X den früheren Wert und zugleich für 0 die Funktion 0 mit dem Pol in a, /9', / statt in a, /9, y ein.

§ 14. Veränderliche Strömungen imponderabler Fluida. 315

was durch 0'' bezeichnet werden mag, so muß für die Zeit t^t^ der Punkt a, ß, y, für ^ = 0 der Punkt a , /9', y ausgeschlossen werden. Die Baumintegrale, welche über den äußeren Baum zu erstrecken sind, yerschwinden beide; Ton den Oberflächenintegralen bleiben, wenn, wie vorher, die auf die äußeren Begrenzungen bezüg- lichen durch die Verfügungen über X und 0' zu Null gemacht werden, nur die über die Hilfsfiächen erstreckten und liefern

Da nun aber X [t) = 0' (^ "~ 0 ist, so giebt dies auch

^-Vyt. = 'K'ß^yi. 91'")

und damit den Satz:

Wird an der ganzen Oberfläche co entweder 0, oder 00/ dv oder 5*<J> AÖ0/ÖV dauernd gleich NuU erhalten und wird <J> zur Zeit ^=0 einmal in cc, ß, y, das andere Mal in a', ß", y in gleicher Weise unendlich, im übrigen Null, so hat 4> zur Zeit t^t^ das erste Mal in «', ß!^ /, das zweite Mal in a, /9, y den gleichen Wert.

Ist der Baum A unbegrenzt, so genügt man allen für ^ ge- stellten Bedingungen, indem man X = ;^ setzt *^; hierdurch erhält man dann aus (91)

worin = (I - a)* + (1? -/?)* + (? - y)^ ist.

Es trägt also jedes Baumelement dx einen mit dem Anfangs- wert 0Q proportionalen Teil zu dem in a, /9, y zur Zeit t^ statt- findenden Wert 4> bei, gemäß der räumlichen und zeitlichen Ent- fernung in der Weise geschwächt, wie es der Faktor von ^^dx im obigen Ausdruck angiebt

Ist 0Q nur in einem Baumelement von Null verschieden, und zwar <i>^d^ == Vo» so erhält man flir aUe endlichen Werte p

Hieraus folgt, daß zu einer Zeit

y « -^ 92")

0 einen Maximalwert erreicht von dem Betrage

9o M

92"') Dieser Maximalwert nimmt also indirekt der dritten Potenz der

316 //. Teü. Mechanik nicktstarrer Körper. III, Kap,

Entfernung ab, und die Zeit, welche bis zu seinem Eintritt verläuft, ist mit dem Quadrat der Entfernung proportional; die Fortpflanzung geschieht also nicht gleichförmig.

Ist 00 längs Gerader parallel zur Z-Axe konstant YOi^eschrieben, so giebt Formel (92)

worin «2 -- (I _ ^Y -j- (^ _ ^a ist; gilt gleiches fiir Ebenen parallel zur Ä-fif- Ebene, so erhält man

Diese Formeln lassen sich ähnlich, wie (92), auf die Fälle spezialisieren, daß <J>^ entweder nur längs einer Geraden, oder nur längs einer Ebene von NuU verschieden ist, und ergeben ähnliche, aber abweichende Gesetze für die Fortpflanzung von 0^.

Ist der Raum k irgendwie begrenzt, so kann man X = ;if + X^ setzen, wo X^ der Gleichung (89') genügt, sich in k regulär ver- hält imd dazu dient, um die Wirkung von x ii^ der Grenze so zu kompensieren, daß die dort geltenden Bedingungen erfüllt werden.

Für eine Ebene kann man die Bedingung, daß X oder dXjdv längs derselben verschwindet, dadurch erfiillen, daß man X^ resp. gleich ^x' oder +x' setzt, wo x diejenige Funktion bezeichnet, welche aus x wird, wenn man darin die Stelle or, ß, y mit ihrem Spiegelpunkt a', /9', / in Bezug auf die Grenzebene vertauscht.

Um die Wirkung allein der in der Grenzebene vorgeschriebenen Werte von <J> oder d^bjdv zur Geltung kommen zu lassen, kann man den Anfangswert </>o überall gleich Null setzen und erhält so, da x' ^ der Grenze gleich Xj dx'jdv ebenda gleich -^dx/dv wird, die beiden Formeln

94)

0

f,0,^^ = + 2xjdrj^[ib\,^^^^d^',

0

Ist im Baume x die Grenze die S-ff- Ebene und ist längs der- selben <J> oder dU^jdv örtlich konstant, obwohl zeitlich variabel, so ergiebt dies wegen

§ 14. Diffuium.

317

und

=i/(S

8

l^-|i--2,K-,)p/{ji-y

94')

die Resultate

h

*.--l/^/(^L.;

0

4Jlr

dl

VT

(p.

(A^

aßY

= + ^|/^/w<'-)^"^"7f

94")

welche angesehen werden können als die Fundamentalgesetze für die Fortpflanzung ebener Wellen des imponderabeln Fluidums")._

Ist z. B. 0 als periodische Funktion der Zeit mit der Periode T gegeben, so pflanzen sich, wie die Ausrechnung des letzten Inte- grales lehrt, in großer Entfernung y die Maxima und Minima mit der Geschwindigkeit VAnXjiiT parallel der Z-Axe fort, während ihre Größen in geometrischer Progression abnehmen.

Von den speziellen Vorgängen, auf welche die in diesem Para- graphen angestellten allgemeinen Überlegungen Anwendung gestatten, werden die wichtigsten in späteren Abschnitten Besprechung finden. In näherer Verbindung mit den in diesem Teil behandelten Be- wegungen ponderabler Massen steht von ihnen nur die Diffusion einer gelösten Substanz in einem Lösungsmittel, falls man die bei der Lösung stattfindende Volumenänderung yemachlässigen darf. Damit ist verwandt die Diffusion zweier Flüssigkeiten, die sich in allen Verhältnissen und ohne Kontraktion mischen**).

Hier liegen die Verhältnisse insofern besonders ein&ch, als bei einer Flüssigkeit alle Richtungen unterschiedslos, und die Formeln (76) daher mit den ein&cheren

u = A-^

3 ö<P ^ ,00)

da? ' ' äy ' " dx

zu vertauschen sind.

Die Potentialfunktion, welche die Diffusion bewirkt, wird, wenn man von der Schwere absehen kann, nur von der Konzentration der Lösung oder auch der Dichte (>' der gelösten Substanz innerhalb der Lösung abhängen und kann nach der Beobachtung, welche die aus

318 //. Teil. Mechanik niefästarrer Korper. III. Kap.

dieser Annahme gezogenen Folgerungen befriedigend bestätigt, der Dichte proportional, oder bei geeigneter Definition des Faktors k ihr gleich gesetzt werden. Man erhält so

95) u^-l^^, t, = -X^, to = -X^, n = -X^,

und aus (86) wegen ft = 1

95-) ^Ae' = ^;

l ist der Di£fusionskoe£&zient, über dessen kinetische Deutung S. 74 gesprochen ist; hängt p' nur von der ^-Koordinate ab, so ergiebt (Oö') die dort erhaltene spezielle Form

^ ö»» "~ di '

An festen Wänden ist dg' /dn^s^O, dagegen an Stücken der lös- baren Substanz (>' = p', d. h. gleich der Dichte in konzentrierter Lösung. Flächen letzterer Art sind also als Eintrittsflächen zu betrachten, und zwar streng genommen als mit der Zeit veränder- liche, da die Herstellung der vom Oberflächenelement do während dt abströmenden Menge dm=^ ^ o'ndodt die Auflösung einer Schicht von der Dicke dn erfordert, gegeben durch rfm= —Q^dudo, worin Qq die Dichte der festen Substanz bezeichnet Es gilt sonach für die Verschiebung der Grenzfläche

indessen kompliziert ihre Berücksichtigung das Problem überaus, da sie neben der Bewegung der gelösten Substanz auch noch eine solche des Lösungsmittels veranlaßt; man trifit deshalb in Praxis Vorkehrungen, dieselbe bei Beobachtungen zum Zweck der Bestim- mung von X zu vermeiden.

§ 15. Bewegungen tropfbarer Flüssigkeiten mit freier Oberfläche.

Die Strömung von Elektricität und Wärme erstreckt sich in einem unendlichen Leiter jederzeit, wenn auch eventuell mit un- endlich abnehmender Intensität, nach aUen Seiten bis ins Unend- liche; dagegen sind in wirklichen Flüssigkeiten, welche bis ins Un- endliche reichen, Bewegungen möglich, die sich auf endliche Bezirke beschränken und durch eine Unstetigkeitsfläche gegen den äußeren ruhenden Teil abgegrenzt werden, so lange nur die Grundeigenschaft

§ 16. Bewegungen mit freier Ober flocke, 319

der idealen Flüssigkeiten, keine tangentialen Druckkomponenten zu- zulassen, vorhanden ist

Längs solcher Flächen muß dann also

u' cos (n, x) + v' cos (n,y) + w' cos (n, z) = 0 und

d. h. gleich derjenigen Funktion der Koordinaten sein, welche den Druck in dem ruhenden Teile der Flüssigkeit nach den in § 4 dieses Teiles entwickelten Gesetzen angiebt Wirken keine Kräfte, so giebt die zweite Bedingung/? = Const Dasselbe gilt angenähert, wenn die ünstetigkeitsfläche die Grenze zwischen einer bewegten tropfbaren Flüssigkeit und einem ruhenden Gas, also eine freie Ober- fläche im weiteren Sinne des Wortes ist.

Bei tropfbaren Flüssigkeiten kann der Druck in der ünstetigkeits- fläche auch verschwinden, ohne daß der Vorgang unmöglich wird, und dann kann man ohne Änderung der Bewegung die ruhende äußere Flüssigkeit vollständig beseitigen und dadurch die Grenze im strengen Sinne zu einer freien Oberfläche machen.

In diesem FaUe ist auch die Voraussetzung, daß die ünstetig- keitsfläche ruht, nicht mehr nötig, jede Fläche /? = 0 wird eine freie Oberfläche darstellen können, wenn nur die Bedingung

erfüllt ist.

um die neue Bedingungsgleichung p = f{xyy,z) oder p = Const auch durch die Geschwindigkeiten auszudrücken, müßte aus den Hauptgleichungen (43) erst ein Wert für p durch einmalige Inte- gration gewonnen werden. Dies ist aber weder auf Grund der Gleichungen (43) direkt, noch auch mit Hilfe der allgemeinen Sub- stitution (61) möglich. Man gelangt dazu aber^^) mit Hilfe jener zweiten Zerlegung von u, r', to, die S. 193 angegeben ist, und gemäß welcher man setzen kann

Hieraus folgt sogleich für die Wirbelkomponenten

dHdG öGdH

2r = 2m' =

271'==

dy dx dy dx^

dHdG ÖGdH

dx dx dx dx^

dHdG dG dH

dx dy dx dy'

970

320

IL TSeiL Meekamk niekUtarrer Särpmr. UL Kap.

und dies giebt

97")

ox dy 0% '

d. h. die Wirbellinien sind die SchnitÜnirven der Oberflächen G = Const und JS = Const

Durch eine ein£Gu;he Rechnung findet man weiter

öHdG öQdH

d

dy dt

t '^ dx\dt'^ dt) '

dt dx dt dx

dV^ dB da dG dB dx di dx dt dx

u. 8. f. und die Gleichungen (43) nehmen, falls man ein Kräfte- Potential 0 voraussetzt und

dt

97'")

abkürzt^ die Gestalt an

dBdG _dQdB dt dx dt dx

dBdG dGdE

98)

dt dy dt dy

dBdG dGdE dt dx dt dz

di

dSl' dx '

dSl' dy '

dSl'

dx '

Nun bewegen sich aber nach S. 271 die Flüssigkeitsteilchen bei Einwirkung konserrativer körperlicher Eräfte mit den Wirbellinien« und hieraus folgt, daß unter den gemachten Voraussetzungen

98') und

dB _ dG _^ dt ~~ dt "^

fl' = r,

d. h. gleich einer Funktion von t allein sein muß. Diese Gleichung liefert allgemein das Gewünschte, denn sie ergiebt

98")

oder auch, da nach (98')

rrdG ö-/ 'öö^ , 'öö , ,dG

d x

dy

und dies nach (97)

dx ,dF

)

ist, auch

jrn . , d F . , d F ,

§ 15, Bewegungen mit freier Oberfläche. 321

- 77= 0 - 1^8 + g - T. 98'")

Für die stationäre Bewegung einer inkompressibeln Flüssigkeit folgt aus (98")

;? = (>(C-*-|F2), 98'"')

worin C eine Konstante bezeichnet; dies giebt, wenn äußere Kräfte nicht wirken und an irgend einer Stelle der Flüssigkeit p == p^, V^Vq vorgeschrieben ist,

also die kleinsten Drucke an den Stellen größter Geschwindigkeit.

Verbinden wir mit diesen Formeln die auf S. 266 gemachte Bemerkung, daß innerhalb tropfbarer Flüssigkeiten der Zusammen- hang zerreißt, wenn der Druck einen gewissen negativen Grenzwert erreicht, so können wir schließen, daß stets diskontinuierliche Be* wegungen einsetzen werden, wenn die Geschwindigkeit eine gewisse Größe überschreitet

Ein hierher gehöriger besonders einfacher Fall ist derjenige einer ebenen stationären Potentialbewegung, welche durch eine feste Wand begrenzt wird, die irgendwo eine einspringende scharfe Kante besitzt An ihr würden, wenn man das Geschwindigkeits- potential nach den früher gegebenen Eegeln berechnet, die Potential- j3ächen unendlich nahe zusammenrücken; es würde also die Ge- schwindigkeit imendHch groß werden und der Druck unter jede negative Grenze herabsinken, d. h., die so gefundene Bewegung würde unmöglich sein.

In Wirklichkeit verlassen daher die bisher längs der Wand verlaufenden Stromlinien an jener Kante in zunächst tangentialer Richtung die Wand und erfüllen weiterhin eine Fläche, längs deren die Bewegung diskontinuierlich ist Der zwischen ihr und der Wand liegende Baum kann im einfachsten Fall mit ruhender Flüssig- keit angefQUt sein, er kann auch unabhängige Strömungen ent- halten; jedenfallB aber müssen in der Diskontinuitätsfläche die Be- dingungen (44) und (44') erfüllt sein.

Auch bei der Strömung gasförmiger Flüssigkeiten würde eine ähnliche Anordnung eine Diskontinuitätsfläche hervorrufen; denn an der Kante würde eine unendlich kleine Dichte und demgemäß eine faktische Trennung des Gases von der Wand eintreten. Dagegen würde sie bei einem imponderabeln Fluidum keinerlei Singularitäten bewirken. -

Beschränken wir uns weiterhin auf Grenzen, in denen p = Const.

Voigt, Theoretische Physik. 21

322 IL Teü, Mechanik mehtstarrer Körper. III. Kap.

ist, 80 gilt dort nach (98"), da man die Konstante mit T vereinigen kann, ganz aUgemein

oder

dF

99') 0-^^'a + -_^y.

bei einer Potentialbewegung wird spezieller, wegen G^ = 0,

99") 0 + |r* + ||'=r,

bei reiner Wirbelbewegung, wo dFjdt = 0 ist, gilt nach {99')

Im Falle des stationären Zustandes folgt aus (98") allgemein 99'") "Öi + \1^ = Const.

Die Kontinuitätsgleichung (43") lautet bei Einfuhrung der obigen Substitution und unter der Annahme, daß jedes Flüssigkeitsteilchen seine Dichte unverändert beibehält,

100) A^+^A(?+(^^ + ^^ + ^^)=0;

sie giebt mit den zwei Gleichungen (98'), die ausführlich lauten:

100')

dB ldF_ dB dFdH dFdH dt "^ [dx dx "^ dy dy ^ dx dx

'^ \dx dx '^'dy dy "^ dx dx)" '

dO IdF ö_^ , ö^ ö_^ , ö^ ö_Ö\ \dx dx dy dy dx dx)

dt

^«liW^mhm)'"'

die drei Hauptgleichungen des Problems, denen zu genügen indessen große Schwierigkeit bietet Demgemäß sind Probleme, welche Wirbelbewegungen mit freier Oberfläche betreffen, streng überhaupt noch nicht behandelt, und auch bei Potentialbewegungen, für welche die letzten beiden Gleichungen identisch erfüllt sind, ist nur die Durchführung gewisser ebener Probleme gelungen, noch dazu be- schränkt auf stationäre Strömungen.

Hier giebt nach S. 276 der reelle Teil einer beliebigen Funktion von X + iy, z. B. F + iS = f{x + ly), eine partikuläre Lösung für F, und die Grenzbedingungen lassen sich, falls äußere Kräfte fehlen, dahin formulieren, daß zugleich mit S auch J' konstant sein muß.

§ 15, Bewegungen mit freier Oberfläche. 323

Diese Umstände haben gestattet, eine Reihe von ebenen Bewegungen zu finden, die, von Unendlich nach Unendlich verlaufend, teils von freien Randkurven, teils von festen Wänden begrenzt sind und als ebene Flüssigkeitsstrahlen bezeichnet werden können.") In dem Falle, daß mehrere solcher Flüssigkeitsstrahlen zusammenstoßen, können dann die festen Wände ganz in Wegfall kommen.**)

Weicht die freie ObeVfläche der bewegten Flüssigkeit, deren Gleichung nach (99'") durch

gegeben ist, nur wenig von einer Potentialääche '

ab, welche dieselbe Flüssigkeit im Zustand der Ruhe zu begrenzen vermöchte, so kann man die Aufgabe, eine ihr entsprechende statio- näre Potentialbewegung zu finden, durch successive Annäherung lösen.") _

Hierzu kann man zuerst die Fläche </> = C als feste Wand betrachten und ein ihr entsprechendes Geschwindigkeitspotential I\ nach früheren Methoden aufsuchen, aus demselben P^ in erster An- näherung = P\ berechnen und die Oberfläche

bestimmen. Diese korrigierte Oberfläche wird flir ein neues Problem als feste Wand behandelt, eine zw^eite Annäherung F^ für F aufge- sucht und mit dieser eine zweite korrigierte Grenzfläche von der Gleichung

itj + ^ri^c

bestimmt u. s. f.

Es gelingt auf diesem Wege leicht, Bewegungen spezieller Art innerhalb einer unendlichen oder geeignet begrenzten schweren Flüs- sigkeit mit freier Oberfläche zu linden.

Beschränkt man sich von vornherein auf so kleine Geschwin- digkeiten, daß man überall die in ihnen quadratischen Glieder neben den linearen vernachlässigen kann, so gelingt es auch, Fälle nicht stationärer Bewegung mit freien Oberflächen aufzufinden, die man allgemein als Wellen bezeichnen kann.^^

Unter der gemachten Voraussetzung gilt zunächst der S. 272 bewiesene Satz, daß körperliche Kräfte, die eine Potentialfunktion haben, stets eine Potentialbewegung veranlassen; gs ist also im obigen Ansatz (97) G = 0 zu setzen, das Geschwindigkeitspotential F

21»

324 //. TetL Mechanik nichtstarrer Körper, III. Kap,

aber als eine Größe erster Ordnung zu betrachten, welche bei Vor- aussetzung einer inkompressibeln Flüssigkeit die Gleichung erfüllt

101) aJ^=o.

Femer nehmen hier die Bedingungen

p = Const. und dp I dt ^ 0

relativ einfache Gestalten an. Denn au» (98") folgt, falls man die willkürliche Funktion T der Zeit in F hineinzieht,

Q ^^ dt' also als erste Grenzbedingung

101') 0 + ^ = Const. ;

dies giebt direkt die Gleichung der freien Oberfläche. Die zweite Bedingung aber lautet, wenn 0 die Zeit nicht explicite enthält wegen dx / dt = ÖF/ dx, .,..

d^F dFd0 dFd0dFd0_^ dt^'^ dx dx ^ dy dy '^ dx dx "

imd muß gelten für Punkte, welche der vorigen Gleichimg genügen. Da aber alle Glieder der letzteren Formel bereits erster Ordnung sind, muß sie bei Vernachlässigung der Glieder zweiter Ordnung für Punkte erfüllt sein, welche tf> = Const machen; das sind die Punkte einer freien Oberfläche, welche die Flüssigkeit im Gleichgevrichts- zustande zu begrenzen vermag.

Die letzte Formel kann man, wenn man mit v die Nonnale auf der Oberfläche </> = Const bezeichnet, auch einfacher schreiben:

101") j^+4^4^=,o.

Ist die wirkende äußere Kraft die Schwere, und ist die ^-Axe vertikal nach unten gelegt, so wird (t> = ^r, die letzte Gleichung wird also für ein bestimmtes z, etwa für z = 0 gelten und lauten

ini'"\ ^^F ÖF f.

101 ) T7r-^Tr = Ö'

dazu kommt für die, die Flüssigkeit sonst noch begrenzenden festen Wände

lOr") 4^ = 0.

o n

Im Falle periodischer Bew^egungen ist jP= Äsina(^+ t^) zu setzen, worin q und t^ Konstanten bezeichnen, deren erste mit der Periode r der Bewegung durch die Beziehung czr = 2w zusammen-

§ 15, Beilegungen mit freier Oberfläche,

325

hängt, während R eine Funktion der Koordinaten allein ist, fär die folgende Beziehungen gelten

AH = 0 für alle Punkte,

dR

a^R + g^ =0 für z = 0,

Fr

dn

= 0 an begrenzenden festen Wänden. ,

102)

Diese Bedingungen haben die größte Ähnlichkeit mit denen, durch welche 8. 181' u. f. eine Funktion Fäer Koordinaten bestimmt worden ist Doch sind zwei Unterschiede zu beachten.

Erstens ist a hier nicht durch das Problem direkt gegeben, sondern ist selbst erst aus den Bedingungen (102) zu bestimmen.

Zweitens ist in der zweiten Formel (102) das Vorzeichen, welches die beiden Glieder verbindet, das entgegengesetzte von demjenigen in der Grenzbedingung JPF— dF/ dn ^ Oj welche in der allge- meinen, auf S. 181 behandelten enthalten ist Hieraus folgt, daß auch bei gegebenem cc das System (102) die Aufgabe nicht eindeutig bestimmt

Ein wichtiger spezieller, aber immerhin noch ziemlich allge- meiner Fall ist der, daß die Begrenzung der Flüssigkeit nach unten, d. h. für r = Ä, durch eine horizontale Ebene, nach den Seiten durch einen vertikalen Cylinder gebildet wird. Hier erhält man eine Lösung durch den Ansatz

R^ZÜ,

in dem Z nur z, U nur x und y enthält Die Gleichungen (102) nehmen dabei die Form an

z dx* - u ^^y '

dZ

a^Z+g^ =0 für z = 0,

^=-0 für z=-A, dx

FD

1020

« =0 längs des Cylinders. ,

Aus der ersten Formel folgt, daß sowohl der rechts-, als der linksstehende Ausdruck konstant sein muß; wählt man diese Kon- stante positiv gleich x^ so erhält man

d'Z

^^,=x2^, A^U^^x^U,

102")

326 IL T^L Mechanik fitchtstarrer Körper. IIL Kap.

Z bestimmt sich bis auf einen konstanten Faktor A zu 102'") Z = ^(^(^-*) + tf-^C—«)),

während als Beziehung zwischen cc und x folgt

102"") xg[&'^ - e-^^\ = a\(^^ + 6-*^^*),

Die Bedingungen für U nehmen eine Gestalt an, die uns bei der Behandlung der Schwingungen innerhalb einer elastischen Flüssig- keit beschäftigen wird, wo überhaupt die allgemeinen Eigenschaften der Wellenbewegungen ausführlich zur Sprache kommen werden.

Fehlt die seitliche Begrenzung der Flüssigkeit durch den Cylin- der, so bleibt x willkürlich, im anderen Falle werden durch die Grenzbedingung dU jdn ^0 unendlich viele diskrete Werte als mit dem Problem vereinbar bestimmt; jedem x entspricht nach (102"") eine Bewegung mit anderer Periode.

Eine interessante partikuläre Lösung erhält man, wenn man die Gleichung (101"') statt nur für z = 0, für alle z gültig annimmt*^ Man kann sie dann auch nach z differentiieren und unter Benutzung von A J^ = 0 aus ihr büden

eine Gleichung, die neben A -P = 0 für alle Punkte gelten kann, weil die eine nicht t, die andere nicht z enthält. Als Grenz- bedingung für z = 0 bleibt die Formel (101'") bestehen; hinzu kommt, wenn die Flüssigkeit unendlich tief ist, noch die, daß F ^ 0 sein muß für r == oo.

Bei diesen Betrachtungen ist von der durch kapillare "Wirkung erzeugten Oberflächenspannung abgesehen. Berücksichtigt man die- selbe, so ist p nicht konstant, sondern nach (22') um eine Kon- stante von dem Kapillardruck /?Q verschieden zu setzen; daher lautet die erste Grenzbedingung (1 Ol'), falls H^undU^ die Hauptkrümmungs- radien der Oberfläche bezeichnen, unter Berücksichtigung von (31')

103) 0 + ^^ + f (^ + i-) = Const

In dem Falle, daß die einzige äußere Kraft die Schwere, also il),=i —gz ist, weicht die freie Oberfläche unendlich wenig von einer horizontalen Ebene ab, es ist also

103') ^^=_Ä(-g- + -|l^);

dies giebt, wenn man die Gleichung (103) nach t difi'erentiiert und berücksichtigt, daß

§ 16, Die Lagrange' sehen Oleichwigen. 327

''* ^^ und AF=0 ist,

dt dx

die Fundamentalgleicbung für die Behandlung derKapillarwellen^% die eine der obigen analoge Behandlung gestattet.

§ 16. Andere Formen der kydrodynamiaolLen Gnindgleiolinngen.

sVon den allgemeinen Bewegungsgleichungen (14) für nichtstarre Körper gelangt man durch Einführung der Fundamentaleigenschaft der idealen Flüssigkeiten

7 = ^=X = 0, X = r = ^ = ü

z X y ' sc y x r

und unter der Voraussetzung, daß die wirkenden körperlichen Kräfte der Masse proportional sind, zunächst zu

Die in § 9 benutzte Betrachtungsweise behandelt weiterhin die Geschwindigkeitskomponenten dx/dt == u, dyfdx^Vy dzjdt == to als Funktionen der Koordinaten und der Zeit, untersucht also, was an beliebigen Stellen zu wechselnden Zeiten stattfindet, ohne Rück- sicht darauf, welche Teilchen der Flüssigkeit dabei ins Spiel kommen.

Umgekehrt kann man die Betrachtung auf die wechselnden Zu- stände richten, welche ein und dasselbe Flüssigkeitsteilchen mit der Zeit annimmt. Bezeichnen a, b, c irgend welche Parameter, welche ein bestimmtes Flüssigkeitsteilchen definieren, so werden seine Ko- ordinaten zu beliebiger Zeit x, y, z, seine Dichte q und der ihm zu- gehörige Druck p Funktionen von (z^ b, c und t sein.

Multipliziert man nun die Gleichungen (104) mit dxida, dt/jöa, dz/da oder dx/db, dyjdb, dz/db oder dx/dc, di/ldc, dzjdc und addiert, so ergiebt sich das System

Idp (d^x Y\^^x(^y Y\^yA.i^ 7\^^(\ ~^F'a^\rt^''^lda'^\dl^'^'^)~da'^\dt^ ^jda"^

\^Bp_ qdb

1 dp

104')

q de

welches in dem Falle, daß ein Kräftepotential 0 existiert und die Dichte Q nur vom Druck p abhängt, wenn man wieder

^=^dn 104")

328

IL Teil. Meehantk niohistarrer Körper. III, Kap.

setzt, die Fonn annimmt

104'")

d(II+0) . d*xdx , cPydy , cPxdx

da

dt^ da^ dt^ da^ dt* da

d(II+0) , d^xdx , d^ydy , d^xdx

d&

rf/« db^ dt* db^ dt* db

8(11-^0) , d^xdx , d^ydy , d*xdx r TIS äT + t:5 ä-r +

de

dt* de ^ dt* de ^ dt* de

0, 0, 0.

Diese Gleicfanngen rühren , wie die früheren Grundgleichongen {4S\ von EüLEB®^ her, werden aber gewöhnlich nach Lagbangb*^) ge- nannt, der sie unabhängig von Euleb gefunden hat

Die Eontinuitätsbedingung, welche aussagt, daß die Masse ein^ beliebig abgegrenzten Bereiches von Flüssigkeitsteilchen während der Bewegung sich nicht ändert, läßt sich allgemein schreiben

105)

d(Qdk) r. dt "'

worin dk ein Volumenelement der Flüssigkeit bezeichnet Bei Ein- führung von Oj by c läßt sich schreiben

105')

dk^

dx dy dx d ad a da

dx dy dx WbdlbJb

dx dy dx

de de de

da dbdc iss 0 da db de ;

die Eonstanz von gdk kommt sonach auf die Gleichung

105") e 0 = Const (^),

oder, wenn q konstant ist, auf

105'") 0 = Const(^)

heraus. Der Fall 0 := 0 ist hierbei ausgeschlossen.

Die Begrenzung der Flüssigkeit enthält nach S. 218 immer die- selben Teilchen; denkt man also ihre Gleichung in x, y, z und t aus- gedrückt, so muß bei Einführung der Werte von Xj y, z ia a^ b, c und t letzteres aus der Formel für die Oberfläche der Flüssigkeit herausfallen, und diese sich in eine Gleichung zwischen a, b und c ver- wandeln. Daher ist es vorteilhaft, über die Größen a, d, c so zu verfügen, daß das Eonstantsetzen einer von ihnen die Gleichung der Begrenzung giebt

Neben dieser Bedingung ist in der Grenze zwischen zwei Flüssig- keiten h und k noch die weitere zu erfiillen, daß dort Pj^ Pj^==Pjti

§ 16, Die H. Weber'sehen Gleichungen,

329

sein muß; gleiches gilt fUr etwaige Unstetigkeitsflächen und für freie Oberflächen.

Die vorstehenden Formeln, welche anscheinend in allen den Fällen Vorteile bieten, wo die Oberfläche der Flüssigkeit veränder- lich ist, sind erst in sehr wenig Fällen integriert worden, von denen der interessanteste Wellen von endlicher Höhe an der Oberfläche einer schweren Flüssigkeit liefert®*). Auch für die Gewinnung all- gemeiner Sätze, wie sie S. 268 bis 271 abgeleitet sind, bieten sie gegenüber den dort benutzten Formeln (43) besondere Vorteile nicht

Multipliziert man die Gleichungen (104''') mit dt und integriert sie zwischen Grenzen ^=0 und t=^t^, so erhält man nach geeigneter Umformung des zweiten Gliedes durch teilweise Integration,

wenn man

/(/7+ ib^^r^dt^S

106)

setzt:

da

+

dxdx . dydy,dxdx H da '^ dt da "^ 'dt da

= 0,

1060

ü

Verfügt man über a, i, c spezieller so, daß sie den Anfangswerten von ar, y, z gleich werden, und nennt die korrespondierenden Anfangs- werte der Geschwindigkeitskomponenten resp. t£^, ü^, to^, so erhält man für die untere Grenze

dx

= u

di-'^oy

dx ~di

= tr.

dt 0' di ~ "0^ dt 0' da~ *' db

und für die Gleichungen (106') daher die Form:

dx « d X fx d X f^ ff

^ = 1) 5i: = 0, g^ = 0 u.s.f.

«0 =

^0==

M?0 =

Ta~ '^'didä^'didä'^'didä^

dSl' ^dx d_x dy dy dx dx 'W '^Ti db '^dtdb'^dtdb^

dSl'dxdxdydydx dx ~de' '^didc'^'didc'^'dide'

106")

Zu diesen Formeln, welche wie die EuLEE^schen (43) vom zweiten Grade und der ersten Ordnung sind, kommen die Gleichungen (104") und (105") hinzu, um das Problem vollständig zu bestimmen; sie sind von H. Weber **) gegeben, aber zu speziellen Folgerungen noch nicht benutzt worden.

IV. Kapitel.

Elasticität nnd AkustiL

§ 17. Das GtesetE der elastisclien Kräfte.

Ein Körper heißt elastisch, wenn in ihm eine von einem be- liebigen Anfangszustand ausgehende Deformation Spannungen erregt welche diese Deformation rückgängig zu machen streben; er heißt vollkommen elastisch, wenn bei konstanter Temperatur der Spannungszustand allein von dem augenblicklichen Deformations- zustand abhängt und die Spannungen nur mit den Deformationen verschwinden. .

Bedeuten, wie in § 1, tz, v, to die Komponenten der ilie De- formation bewirkenden Verschiebung eines Punktes mit den Anfangs- koordinaten X, y, Zj so ist nach S. 213 der Deformationszustand eines geeignet um den Punkt x, y, z abgegrenzten Bereiches B voll- kommen bestimmt durch die sechs Deformationsgrößen

107)

du df> duf

^x-Q^y Vy-ey ^«"ä^'

^dv Bic ^dw du du _.dv

dx dy^ * dx ö»' v dy dx

Von diesen stellen, wie S. 216 gesagt, die drei ersten die linearen Dilatationen, die drei letzten die Winkeländerungen für drei zu de« Axen X, Y, Z parallele Eichtungen innerhalb des Bereiches B dar. Bezeichnen wir, wie in § 2, die Komponenten der gegen ein Flächenelement mit der inneren Normale n wirkenden Druckkraft P^ mit X^j ¥^, Z^, so ist nach S. 225, bei Ausschluß von auf die kleinsten Teile wirkenden Drehungsmomenten, der Spannungszustand des Bereiches B vollständig bestimmt durch die sechs Druck- komponenten

107') X,, i;, Z,, Y^, Z^, X,,

welche gegen Flächenelemente normal zu den Koordinatenaxen wirken.

§ 17, Das Gesetz der elastischen Kräfte. 331

Soll also der Spannungszustand des Körpers nur von dem augen- blicklichen Deformationszustand abhängen, so müssen die sechs Druckkompcgnenten (107') an jeder Stelle im allgemeinsten Falle Funktionen der sechs DeformatiousgröBen (107) im ganzen Körper sein.

Die denkbar einfachste Annahme ist nun offenbar, daß der Spannungszustand innerhalb B Ton der Deformation allein des Bereiches B abhängt, und weiter, daß die Beziehungen zwischen den Druckkomponenten und den Deformationsgrößen lineare sind.

Demgemäß machen wir als erste Annähenmg den Ansatz

- ^y = ^21 ^x + ^22yy + ^28^. + ^24^. + ^26 ^x + ^26 ^y » i ^^'^")

Die Koeffizienten c^j^ heißen die Elasticitätskonstanten der Substanz ; fn nicht homogenen Körpern betrachten wir sie als stetige Funktionen der Koordinaten.

Löst man die vorstehenden Gleichungen nach den ar^p . . . auf, so erhält man

-^« = *ll^x + *12^y + *18^.+ ^14^".+ *M^x + *16^y/

~yy = *21^x + ^22i; + ^23^. + *24^« + ^25^x + *2eA;, 107-)

•••"••••••• ••••••••••••••• j

worin die Koeffizienten ^^j^, weil sie die hauptsächlichsten der beobacht- baren elastischen Veränderungen messen, die Elasticitätsmoduln genannt werden.

Diese Formeln gelten, wie vorausgeschickt, nur dann, wenn die Temperatur bei der Deformation sich nicht ändert. Die Drucke X^j ' - ' ^y sind dabei die durch die Deformationen jt^., . . . ^ erregten, aber nicht immer die gesamten vorhandenen; bei Gasen z. B. ist notwendig vor der Deformation bereits ein von Null verschiedener Anfangswert XJ^ = YJ^ = ZJ^ = p^ vorhanden, zu dem sich die obigen Größen addieren.

Die Anzahl der Konstanten und Moduln reduziert sich ganz allgemein, wenn man die Annahme einführt, daß auch auf die elastischen Körper die Energiegleichung anwendbar ist.

Nach den auf S. 228 und 229 abgeleiteten Formeln wird der Zuwachs der Energie eines elastischen Körpers in der Zeiteinheit gegeben durch den Ausdruck

-dt =J^*[*^ dt - (^^Tt + ^y öl + ^' Ti

108)

332 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper, IV. Kap,

Damit der Ausdruck rechts ein Di£ferential einer nur Tom augenblicklichen Zustand abhängigen Funktion, eben der Energie, nach der Zeit sei, ist erforderlich, daß die Druckkomponenten Differentialquotienten einer Funktion der sechs Deformationsgrößen, nämlich des elastischen Potentiales (p der Volumeneinheit^ nach ihren Argumenten sind, also die Formeln gelten

108')

y ^^ ^y TP- _ ^y

woraus folgt, daß sein muß

108") -^ = 1^ i^'^^^Ix öA, ^ öl^ dY, ^BX^

ö*. dyy dx^ dxg dtfy dx^ dx^ dy^ '

Setzt man in (108) die Werte (107'") der Deformationsgrößen und die Werte (107") der Druckkomponenten ein, so kann man den Zuwachs der Energie in der Zeiteinheit auch schreiben

109) ^ =^ J^*I*P^ - V'-ef + yy-jf + ^.-äf

+ y«-# + ^«-öf + ^y^JJ 5

vergleicht man dies mit der Formel (108), so erkennt man, daß, falls y' den Wert von (p bezeichnet, wenn darin die Deformations- größen nach (107'") durch die Druckkomponenten ausgedrückt sind, auch

109')

sein muß, woraus dann folgt

109") ^ = -^ -^ = ^ ^ = ^ ^L ^

dZ, dYy BX^ dZ,' dYy dXj dX^ dY^'"'

Diese je fünfzehn Gleichungen (108") und (109") ergeben, mit den obigen Ansätzen (107") und (107"') verbunden, je fünfzehn Be- ziehungen von der Form

und reduzieren so die Anzahl der unabhängigen Elasticitätskonstanten und -moduln im allgemeinsten Falle je von 36 auf 21.

§ 17, Das Gesetz^ der elasiisehm Kräfte, 333

Für das Potential tp der Volumeneinheit erhält man zugleich die allgemeine Beziehung

-2cp^X^x^+ Y^^ + Z,z^ + r,y, + Z,z, + X^x^, 1 10')

für die Energie a der Volumeneinheit, falls ^\) die lebendige Kraft derselben bezeichnet,

e = i/; + 9P. 110")

Weitere Reduktionen treten ein, wenn der elastische Körper ein homogener Krystall ist, welcher Symmetrien besitzt, und ein spezielles, das Hauptaxensystem, eingeführt wird. Eier kommen die auf S. 217 und S. 225 angegebenen Eigenschaften der Defor- mationsgrößen und der Druckkomponenten zur Geltung , daß resp.

*«. y,. ^., ,y./y2> ^./y2". ^,/V2

und

^x, Yy, ^.. Y.f^, Z,-^, ^,f2

sich bei Einführung anderer Koordinatensysteme transformieren, wie die Aggregate von Yektorkomponenten

x», r«, ^«, rzy2", zxf2, xrY2.

Daraus folgt dann, daß man die aus (107") gebildeten Formeln

-r.y2=e,,y2a:,+ c,,y2y^+c,3y2z.+ c,,2^+c,,2^

111)

ohne weiteres nach dem Schema IV auf S. 143 für die verschiedenen Krystallgruppen spezialisieren kann; es steht nur beispielweise c^ an Stelle von c^, c^^Y2 an Stelle von q^, 2c^ an Stelle von c^^. Analoges gilt für die aus (107'") gebildeten Formeln

-a-.-.„J. + ,„r, + .„«, + i|J',V2+^2.y2+Ä^y2,

jÄ= ^^. + ^'-. + ^^. + 7 ^.V^+T^-l^+'f^.'^'

iir)

in denen beispielsweise s^^ an Stelle von c^, s^^jY2 an Stelle von ^4> ^44/ 2 ^^ Stelle von c^^ steht

334 IL Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

Wir werden im folgenden fast alle auf Krystalle bezüglichen Untersuchungen an die allgemeinsten Formelsysteme (107") resp. (107'") anknüpfen, also die speziellen Gestalten, welche jene annehmen können, nicht benutzen.

Doch ist die eine Bemerkung mehrfach von Interesse, daß, wenn die ^-Koordinatenaxe eine zweizählige Symmetrieaxe ist, von den Konstanten c^^^ und von den Moduln Sj^j^ die mit den Indices

111") (14), (24), (34), (64) und (15), (25), (35), (65)

verschwinden, und daß, wenn die Zähligkeit der Axe höher ist, als zwei, außer anderen Belationen jederzeit die gelten, daß

iirn 1 ^^* ^ ^"' ^^^ ^ ^^*' ^** ~ ^"' ^*^ ~

Häufig macht es das spezielle Problem wünschenswert^ neben dem Hauptkoordinatensystem X, Y, Z noch ein anderes S^ H, Z ein- zuführen; dann handelt es sich um die Transformation des elasti- schen Potentiales in die neuen Koordinaten. Seien die Koeffizienten der Transformation durch das Schema

I I V ?

X

112)

z

«1 ßi n

«8 ßt Vi

^ ß»

gegeben, und seien die Deformationsgrößen x^...x kurz mit p^j »ft? die analogen 1^) * •* ^n ^^ ^^ . . tt^ bezeichnet^ dann ist das elastische Potential in der ursprünglichen Form (p gegeben durch

h k

in der transformierten durch

m n

wobei alle Summen -2* von 1 bis 6 zu erstrecken sind. Ist dabei

m k

worin 5^^ und dj^^ die nach der Regel auf S. 333 sogleich angeb- baren Transformationskoeffizienten für die Deformationsgrößen be- zeichnen, so findet sich

h k tn n

m n nk nm kn '

m n h k

§ 17, Deutung der Ela^tidtätsmoduln, 335

woraus der Wert der abgeleiteten Elasticitatskonstante y sich er- giebt zu

Y„n-- ^^<=UuKJ,n^ 112-)

h k

dem entspricht umgekehrt

nK ' mn Am kn

m n

Ganz ebenso läßt sich die Transformation der Moduln ausführen. Man hat, falls X.,...^ kurz durch Pj, ...P^, analog S^j...S durch II^,...ITq bezeichnet wird,

h k m n

dabei gilt, wie nach S. 333 leicht zu erkennen,

m k

und hieraus folgt

h k m n

m n hk hm kn'

. m n h Jlc

also

'^., = -2:-^«»»rf*.rf»„, «benso *,, = ^•^«T„„5,„5,„. - 112")

Die Elasticitätsmoduln 5^^ lassen sich anschaulich deuten, wenn man die Gleichungen (14) und (14'") für das Gleichgewicht nicht- starrer Körper benutzt, wo sie lauten:

_ dX ÖZ„ dX

X+ X„ = 7+ 7„ = if + if„= 0. 113')

Man kann aus ihnen nämlich schließen, daß für ein rechteckiges Prisma, dessen Flächen den Koordinatenebenen parallel sind, und das keinen körperlichen Kräften, sondern nur Oberflächendrucken von für jede Fläche konstanter Größe und Richtung ausgesetzt ist, die inneren Spannungen X^,...X sämtlich konstant sind und sich nach den Gleichungen (113') durch die Oberflächendrucke bestimmen. Man kann über diese jederzeit so verfügen, daß von allen sechs Spannungen X^, . . . X^ nur je eine von Null verschieden ist, und daher in den Gleichungen (107"') für die Deformationen je nur ein Glied übrig bleibt

So liefert ein normaler Zug ± J, auf die Einheit der beiden Prismenflächen, welche normal zur X-Axe stehen, ausgeübt, X^^ A und demgemäß

386 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

113")

woraus also sogleich die «^^ sich als die Moduln der linearen Dila- tationen und der Winkeländerungen bei dem Zug parallel der Z-Axe ergeben. Gleicher Weise deuten sich die s^^^ und ^3^.

Für die Interpretation der übrigen muß man auf je zwei Flächenpaare tangentiale Kräfte wirken lassen, so auf die, deren äußere Normale die ± Z-Axe ist, eine Kraft F pro Flächeneinheit parallel der ^ 7-Axe und umgekehrt Dann ist Y^^ Z =^ ^ F und es wird

113'")

ly.=

*44^. ^x = *46^» ^, = ^46^;

daher stellen sich die «^^ als die Moduln der Axendilatationen und Axenwinkeländerungen bei tangentialen Drucken F heraus.

Dabei ist erkennbar, daß die Moduln der Axenwinkeländerungen bei normalen Drucken und die Moduln der Axendilatationen bei tangentialen Drucken in engster Beziehung stehen.

Wirken parallel der X-, Y- und Z-Axe gleichzeitig gleiche Drucke von der auf die Flächeneinheit bezogenen Größe py so wird die räumliche Dilatation

113"") * « {x^+y^ + z^i = ^p{s^^ + s^^ + ^33 + 2(*„ + ^31 + *„)).

Da & eine Invariante ist, so muß gleiches von dem Aggregat der Moduln 5^^ rechts gelten; dasselbe giebt den Modul der iä.umlichen Kx)mpression bei allseitig gleichem Druck an und behält, ebenso wie die ganze Formel (113""), ihre Bedeutung, wie weiter unten gezeigt werden wird, auch bei beliebiger Form des dem allseitigen Druck p ausgesetzten Körpers.

Die Elasticitätskonstanten gestatten im Anschluß an die Formeln (107") gleichfalls eine Deutung, nämlich durch die Gesamtheit der äußeren Drucke, welche erforderlich sind, um eine einzige Axen- dilatation oder Axenwinkeländerung hervorzubringen; aber diese Interpretation ist minder anschaulich, als die f&r die Moduln nach obigem mögliche.

Die Dimensionen der Elasticitätskonstanten sind gegeben durch

114) K*] = '«/-^'-^

die der Moduln durch

114') Wi^-'rn-Ht^

Beide werden seltener im (cm, gr, sec) System angegeben, sondern, da sie meist durch Beobachtungen gefunden werden, bei

§ 17, Elasfisehe Kräfte in isotropen Medien,

337

denen- Gewichte die wirkenden Kräfte repräsentieren, in einem eignen System, in welchem das Kilogramm die Krafteinheit, das Millimeter die Längeneinheit ist Es gelit dann der Zahlwert c^ resp. 8tp in physikalischen Einheiten aus dem c^ resp. s^ in diesen technischen hervor gemäß der Beziehung

8.

c^ = 98,1. 10« c,, ^^ = -^^-.10-«.—

114")

Wenn nun auch, wie oben gesagt, die folgenden Entwickelungen bezüglich der Krystallgruppeu meist durchaus al. gemein gehalten, also keine speziellen vereinfachenden Annahmen über ihre Symmetrie- verhältnisse eingeführt werden sollen, so erscheint doch mitunter rlie Anwendung oder Beschränkung der Betrachtungen auf isotrope Körper erwünscht

Für diese nehmen die Formeln (107") und (107"') nach dem Schema auf S. 144 die spezielle Gestalt an:

- X^ = cx^ + c^i/y + ^1^, = Cjo:^ + ^119-,

- -^t = ^\^x + hVy + ^^z = ^«^. + <^1 * J

- ^, = - ^y =* i(c - ^i)y« = i^2y.»

- ^x = - ^^, = i{<^- ^l)^x = i^S^x»

und

- -Y„ = - ^x = \iP - Cx)\ == i^8

115)

y

115')

- ^, = *j; + *1 ^y + h^n = h^x + \^^ -yy = *l-Yx + *^y +h^z'^h^y + h^y

-"y.--^y-2(*-*i)Jf;-2.,7.,

-^x=-^x = 2(5-,.,)Z, = 252^^, - ^y = - yx = 2(« - .^)^y = 2s^X^.

Hierin ist kurz A'^ + 1^ + Z^ = 0 gesetzt

Diese Formeln zeigen, daß bei isotropen Medien die tangen- tialen Druckkomponenten 1\. Z^, X^ mit den Wiukeländerungen y*> ^x> *y gleichzeitig verschwinden; bei ihnen fallen also auch nach s! 215 und S. 226 die Hauptdruckaxen X^ 7«, Z^ und die Haupt- dilatationsaxen X^, Y^, Zq zusammen, was bei krystallinischen Medien im allgemeinen keineswegs stattfindet

Aus den Systemen (115) und (115') folgt sogleich der Wert des elastischen Potentiales (p der Volumeneinheit

Voigt, Thcoreti^cbe Physik. 22

338 IL Teil, Mechanik ntchtstarrer Körper, IV, Kap.

oder kürzer

115") 2y = Cii9-2 + Cj,i?';

ähnlich bei Einführung der Druckkomponenten

2<p'= s^ 02 + ., (X,* + 7/ + Z/ + 2(7/ + ZJ + X^')), oder kurz 115'") 2(p'=s^0^ + s^&.

Diese Resultate stehen in Übereinstimmung mit der Forderung, daß (f vom Koordinatensystem unabhängig sein muß ; denn & resp. (^ ist die erste, -^(»'^^ i9') resp. -|-{ö^ ö') die zweite der in den Formeln (5') resp. (15") angegebenen Invarianten.

Für ideale Flüssigkeiten ist nach S. 233

116) i; = ^^ = a; = o, x^=r^ = z,=p,

also

HC) c = c^, p = -^c&; 2ff =- - p{h =^ + c&^',

für Gase wird noch spezieller w^egen der Gültigkeit des BoYLE'schen Gesetzes, welches aussagt, daß bei konstanter Temperatur das Pro- dukt aus Druck und Volumen konstant ist. die einzige Konstante

116") c =/><>,

d. h. gleich dem Anfangsdruck, unter dem das Gas vor der Defor- mation stand.

Die vorstehenden Entwickelungen gelten, wie ausdrücklich her- vorgehoben, nur, wenn die Deformation ohne Temperaturänderung vor sich geht, ein Fall, der bei Problemen des Gleichgewichtes meist nahe realisiert ist, weil hier die infolge der Deformationen immer auftretenden Temperaturdifferenzen Zeit haben, sich auszugleichen.

Ist dies nicht der Fall, so kompliziert das Problem sich erheb- lich und ist überhaupt nicht ohne Rücksicht auf Wärmeleitung und Strahlung zu behandeln; wir werden uns im nächsten Teile damit beschäftigen.

Nur in einem speziellen Falle ist von jenen Wirkungen abzu- sehen, nämlich dann, wenn die Deformationen so schnell, etwa periodisch, wechseln, daß ein Temperaturausgleich von irgend welchem Belang nicht eintreten kann. Dann gelten, \rie die späteren Ent- wickelungen zeigen werden, Formeln von genau derselben Gestalt, wie (107'') und (107"'), aber mit anderen Werten der Konstanten und Modulen. Man nennt im Gegensatz zu den früheren isothernii- schen dieselben adiabatische.

§ 17, Elastische Kräfte in isotropen Medien. 339

Der Unterschied beider Arten von Konstanten, der im nächsten Teil theoretisch bestimmt werden wird, ist bei festen und tropf bar- liilssigeu Körpern kaum merklich, hingegen bei Gasen sehr beträcht- lich; wir werden ihn demgemäß hier auch nur bei letzteren aus- drücklich berücksichtigen.

Der Ansatz (107") für die Komponenten der inneren oder elastischen Drucke ist, wie gesagt, nur als eine erste Annäherung zu betrachten, die allerdings in den bei weitem meisten und wich- tigsten Fällen die Beobachtungen mit genügender Genauigkeit darstellt Indessen ist in einzelnen Fällen eine weitere Annäherung dadurch gefordert, daß die Krfalirung Abweichungen von der Pro- portionalität zwischen den Drucken und den Deformationsgrößen erwiesen hat; um ihnen Rechnung zu tragen, hat man den Ansatz (107") durch Glieder, welche Potenzen und Produkte der Defor- mationsgrößen enthalten, zu erweitem. Die ganze Betrf^chtung kompliziert sich hierdurch bedeutend und die strenge Durchführung spezieller Probleme stößt auf nahezu unüberw^indliche Schwierig- keiten.

Kelativ einfach gestaltet sich die Erweiterung der Theorie in dem angedeuteten Sinne bei isotropen Körpern®*), weil, wie auf Seite 215 bewiesen ist, nur drei voneinander unabhängige Inva- rianten der Deformationsgrößen existieren, nämlich außer den oben schon benutzten & und iV noch

Will man also das elastische Potential isotroper Körper (115") durch Glieder höheren Grades erweitem, so können dieselben nur ganze Funktionen von i9-, ß-\ iV-" sein.

Beschränkt man sich auf Glieder dritten Grades und bezeichnet mit Cj, Cg, Cg drei Ergänzungskonstanten, so wird tp gegeben sein durch

2(p = Cj ,?•* + cj &' + c\ &^ + c^ x9 &' + 4 ,r. 117')

Auch die Gestalt, welche das elastische Potential (p in der an- gegebenen Erweiterung bei Einführung der Druckkomponenten an- nimmt, läßt sich leicht angeben, weil, wie S. 226 bewiesen,

0" = X^ YZ^ + 2YZX - X^ 17 - r if 2 _ zX^ 117")

X y z ' X X y x t V ^ ^ V *

für sie die einzige Invariante dritten Grades ist. Man kann daher schreiben

22*

340 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV, Kap,

WO sich die Ergänzungsmoduln Sy^j s^', s^' leicht durch Annähe- rung aus den Elasticitatskonstanten berechnen lassen.

Diese Erweiterung betrifft die eine der Seite 329 gemachten Annahmen, nämlich den linearen Zusammenhang zwischen Druck- komponenten und DeformationsgröBen ; aber auch bezüglich der anderen wäre denkbar, daß die Erfahrung eine Korrektion verlangte^ dahingehend, daß nicht nur der Deformationszustand in der nächsten Umgebung B eines Punktes die dort stattfindenden Spannungen be» stimmte, sondern ein größeres Bereich in Betracht zu ziehen wäre. Dies würde darauf hinauskommen, daß in den Gleichungen (3) noch höhere, wie die in |, ?;, ^ linearen Glieder als für die Deformation maßgebend zu betrachten wären.

Eine Ausdehnung der Theorie nach dieser Eichtung hin ist allgemein noch nicht Yorgenommen worden.

§ 18. Eindeutigkeit des elasÜBohen ProblesLB.

Mit den vorstehend abgeleiteten Formeln für die elastischen Drucke sind, um das Problem des Gleichgewichtes oder der Be- wegung eines Systemes elastischer Körper zu umfassen, die allge- meinen Gleichungen (14) und (14'") für die Abhängigkeit dieser Drucke von körperlichen und Oberflächenkräften und die allgemeinen Bedingungen (9") resp. (9'") für die Verrückungen in der Grenze zweier nichtstarrer Körper zu verbinden.

Das System der Hauptgleichungen (14), welches für jeden inneren Punkt des körperlichen Systems gilt, nimmt, wenn man wegen der Kleinheit der Verrückungen in den ausführlichen Werten von d^u/dt^, d^v/dt^, d^wjdt^ die Glieder zweiter Ordnung ver- nachlässigt, die Gestalt an

^ dt*

118)

^ dt* d*w

dx dy

ÖX, dx

_y, Ö5; ÖY^

dx dy

ÖY,

dx

_ r ^^' ^^y

az.

"^dt* dx dy dx'

in ihm bezeichnen die X\ T', Z^ die auf die Volumeneinheit be- zogenen Komponenten der wirkenden körperlichen Kräfte, die, falls letztere mit den Massen proportional sind, wie S. 221 gezeigt, mit gX, g¥, qZ vertauscht werden können.

Die Bedingungen für die äußere Begrenzung des Systems lauten verschieden je nach den dort obwaltenden Umständen.

§ J8, Eindeutigkeit des elasHachen Probleme. 341

Eine erste Klasse von Oberfläcbenelementen bilden diejenigen, längs deren alle Verrückungskomponenten (etwa gleich Null) vorge- schrieben sind; hier setzen wir

indem wir mit m^, w^, w^ gegebene stetige Funktionen des Ortes und der Zeit bezeichnen.

Andere Oberflächenelemente mögen nach Bichtung und Größe gegebene Drucke erleiden; hier gilt also

^ + Z= 7„ + F= ^ + F= 0, 118")

worin X, /, Z als Funktionen des Ortes und der Zeit gegebene Größen bezeichnen. Ist die gesamte äußere Begrenzung des Systemes von dieser Art, so müssen im Falle des Gleichgewichts die gewöhnlichen sechs Gleichgewichtsbedingungen durch die X\ Y\ Z^ und X, 7, Z zusammen erfüllt werden.

Weiter kann, wie beim Andrücken eines starren Körpers an einen elastischen, nur die normale Komponente der Verschiebung

u cos (n, a?) + V cos (n,y) + «? cos (w, z) ^ n^ 1 18'")

gegeben sein; gleichzeitig sind dann, wenn äußere Beibung fehlt, die tangentialen Komponenten der Druckkraft gleich NuU, d. h., es gilt

X^\Y^iZ^^ cos (n, x) : cos (n, y) : cos (n, z). 1 1 8"")

Erstreckt sich das System ins Unendliche, so kann es dort mitunter absolut festgehalten, also u, v, w von beliebiger Ordnung unendlich klein angenommen werden; in anderen Fällen ist das Verhalten der Verrückungen im Unendlichen aus demjenigen im Endlichen zu erschließen.

Weiter betrachten wir die Flächen, welche zwei elastische Körper gegeneinander scheiden, sehen aber dabei von den auf S. 222 eingeführten Grenzdrucken mit den Komponenten X^j^, Y^^^y Z^^^ von vornherein ab.

Hängen die Körper in der Grenze fest zusammen, so ist

««Ä - ^ = »A - Vfc = W^A - «^fc = 0

_ * _ [ 119)

berQhren sie dagegen einander nur, und zwar ohne Reibung, so ist K «Ö «'OS (n, ar) + (»^ v^ cos (», y) + (to^ w^ cos (n, z) - 0,

ißX + (^)k) cos (B, X) + {{YX + (XX) cos (n,y) } 1 19')

+ ((^A + (O*) «08 («, ') = 0,

342

IL Teil, Mechanik niehtstarrer Körper, IV. Kap,

und zugleich auch

1 1 9") [XX : (XX : (ßX = W* (XnX (ßX = C08(n, x) : C08(n,y) : C08(^^, r).

Handelt es sich um ein Bewegungsproblem, so muß noch für irgend eine Zeit, z. B. für ^ = 0, der Anfangszustand des Systems gegeben sein, etwa

120) 120')

M = «o> »"=^o> <^ = ^o>

du _ , dt ~ **o>

ö7 = "o'

dw ,

worin die m^, r^J,, ... stetige Funktionen der Koordinaten bezeichnen. Alle vorstehenden Gleichungen können ebenso wie auf ein absolut festes, auch auf ein parallel mit sich gleichförmig bewegtes Koor- dinatensystem bezogen werden.

Um die Eindeutigkeit zunächst des Gleichgewichtsproblems zu untersuchen, nehmen wir an, es seien zwei Systeme von Ver- rückungen mit den vorstehenden Gleichungen bei gleichen Werten der vorgeschriebenen Funktionen vereinbar, und setzen deren Differenzen gleich u\ v\ w\ die Differenzen der ihnen entsprechenden Drucke analog gleich X^y ... Xy. Dann gelten für u\ v\ mj' in jedem inneren Punkte die Formeln

121)

0 =

dX: dXl

+

dx

dy

0 = ^^« . ^^;

0 =

dx

ezi

+

dy

+

+

dZ' dz;

1 1 J 1

dx dy dx

ferner an den verschiedenen Arten von Oberflächenelementen resp.

121') oder 121") oder

121'")

u == V = W = \Jy

-3^ = ^ = ^n = 0,

und

m' cos (/i, x) + v' cos (w,y) + w' cos (n, 2:) = 0

Xni Yn'Zn = COS (u, x) i COS (w,y) : cos (n, z);

endlich an den verschiedenen Zwischengrenzen dieselben Bedingungen (119) bis (119"), denen die u, v, w selbst genügen müssen.

Multipliziert man die drei Gleichungen (121) resp. mit u^dk^ v'dk, w'dk, addiert sie, integriert das Eesultat über jeden Körper,

§ 18, Eindeutigkeit des elaetiseken Problems, 343

d. h. über jeden Teil des elastischen Systems, innerhalb dessen das elastische Verhalten stetig ist, und summiert danach über alle, so ergiebt sich nach Ausführung einer teilweisen Integration

Q ^ 2 \ do\ (XjJ cos (w, x) + Xy cos [n^y) + XI cos (n, z)) u + (Yx cos {riyx) + Y^ cos (n,y) + 7,' cos (w, zfj v + (ZI cos [rij x) + Z'y cos (n. y) + ZI cos (n, z)) w

oder nach (12) und (110")

0=-2'/rfo(^i?"+7^t;^+^t?)+ 2f2(p'dk, 122

wo ^' das elastische Potential der Volumeneinheit bezeichnet, ge- bildet von dem Verrückungssystem u\ v\ w\

Die Oberilächenintegrale verschwinden einzeln an den äußeren Grenzen und zerstören sich gegenseitig in den Zwischengrenzen, es bleibt daher nur

0 = :sf2(p'dk. 122')

<jp' ist nun nach S. 333 eine quadratische Form der sechs Argu- mente Xxy'X'y] ist diese definit, was wir auf Grund aller bisherigen Beobachtungen über die Werte der Elasticitätskonstanten annehmen dürfen, so kann das Integral nur verschwinden, wenn überall in dem ganzen System

^i = J^y = = yi = ^i = 4 = 0

ist Dies ergiebt für u\ v\ m?' durch Integration die Werte

m' = a + ^z Äy, A

v' ^b + hx^fzA 122")

M?' = c + /"y - ^j:, j

welche nach den Grenzbedingungen mit denselben Konstanten ^ ^9 Cj fi ff9 Ä ^^ ^^1^ Teile des elastischen Systems gelten und nach den Formeln (118) des L Teiles die Werte der Verriickungskompo- nenten bei einer beliebigen Parallelverschiebung und Drehung des Systems im ganzen angeben.

Uy V, w sind demnach durch die aufgestellten Bedingungen bis auf Glieder von der Form (122") bestimmt; die gemachten Annahmen

344 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV, Kap,

ergeben also stets die Deformation des Systemes, bestimmen aber im allgemeinen nicht zugleich seine Lage.

Auch letztere ist vollständig gegeben, falls die Gleichungen (121') oder (121"') genügen, um die sechs Konstanten o, b, c, /J p, h als der Null gleich zu bestimmen; oder anders ausgedrückt, falls jene Be- dingungen, in denen man u\ v\ to' als die Verrückungskomponenten auffaBt, dem elastischen System eine Bewegung ohne Deformation unmöglich machen. Dies findet z. B. statt, wenn in dem ursprüng- lichen Problem «, r, w für drei oder mehr nicht in einer Geraden liegende Punkte gegeben waren, u\ v\ w^ sich also für dieselben zu Null bestimmen.

Reichen diese Bedingungen zur Befestigung des Körpers nicht aus, so kann man deren willkürliche zufügen, welche aber natürlich nur die Lage, nicht die Deformation des elastischen Systems beein- flussen dürfen« Fehlen Bedingungen von der Art (118') oder (118'") gänzlich, so ist auch die Lage des Systemes gänzlich unbestimmt; sie wird in diesem Falle ohne Beeinflussung der Deformation am ein- fachsten dadurch bestimmt, daß man für ein einzelnes Volumen- element die Lage im deformierten Zustand, d. h. also die Verschie- bung und die Drehung aus der ursprünglichen Position heraus, vollständig vorschreibt, nämlich die Werthe von

(dtc dv\ (du dw\ Idv _ du\

angiebt.

Die im vorstehenden durchgeführte Betrachtung liefert eine notwendige Ergänzung zu der auf S. 835 u. f. gegebenen Deutung der Elasticitätsmoduln, denn sie erweist unsere Berechtigung, bei fehlen- den körperlichen Kräften die Drucke X^, . . . X innerhalb eines mit seinen Flächen den Koordinatenebeneh parallelen Prismas konstant zu setzen, wenn dessen Flächen konstante äußere Drucke erfahren. In der That sind die Deformationsgrößen und demgemäß die Kom- ponenten X , . . . X durch die aufgestellten Bedingungen (113) und (113'), wie wir gezeigt haben, eindeutig bestimmt.

Auch die allgemeine Bedeutung des in (113"") angegebenen Modul der kubischen Kompression ist dadurch bewiesen; denn all- seitig gleicher normaler Druck p gegen einen beliebig gestalteten Körper hat für sein ganzes Innere die Beziehimg

X y z /

zur Folge.

Für das Bewegungsproblem treten an Stelle der Haupt- gleichungen (121) die folgenden

§ 19. FAasHsehe Flüssigketten. 345

a»«' öx^ dx; dx;

^ ^ dt* ^ dx ^ by ^ d% ^ dr üx By ox

123)

außerdem ordnen sich den Nebenbedingungen noch die aus der Festsetzung des Anfangszustandes fließenden zu, daß für ^ = 0

^ dt dt dt ^

sein muß. Die Gleichungen (121') bis (121'") bleiben ungeändert bestehen, selbst wenn in (118') und (118") die tio, Vo, w?o ^nd X, Y, Z als Funktionen der Zeit gegeben sind.

Multipliziert man dann die Gleichungen (123) resp. mit {dt£ Idtjdkdt, {dv^ /dfjdkdtf {dw^ / dt)dkdt, integriert und summiert, wie oben, über das ganze elastische System und integriert schließlich noch über die Zeit Ton ^ = 0 bis t^ so erhält man durch ähnliche Behandlung wie oben

und hieraus folgt, wenn qj eine definite quadratische Form ist, daß u\ v\ vi von t unabhängig und von der Gestalt (122") sein müssen. Die Bedingungen (123') bestimmen aber sämtliche Eonstanten dieses Ansatzes und damit u', v\ tr' selbst dauernd und überall zu Null. Dies liegt daran, daß mit gegebenem Anfangszustande jene Festsetzungen, die beim Gleichgewichtsproblem mitunter erst zugefügt werden mußten, um das Problem zu bestimmen, jederzeit implicite ge- geben sind.

Die Voraussetzung der Gültigkeit dieser Untersuchung ist die Kleinheit der Verrückungen gegen ein absolut festes oder aber gleichförmig parallel mit sich bewegtes Koordinatensystem. Auf endliche Verschiebungen, wie sie in der Praxis bei sehr dünnen Stäben oder Platten vorkommen, sind die Resultate nicht anwendbar.®*)

§ 19. Elastische Flüssigkeiten. Ebene und Kugelwellen im

unendlichen Baume.

Die Erscheinungen der Elasticität sind bei festen und bei flüssigen Körpern in so vielfältiger Weise verschieden., daß es sich

346 IL TeiL Mechanik nickistarrer Körper, IV» Kap.

empfiehlt, für die Behandlung eine Sonderung derselben gemäß der Natur der betrachteten Medien eintreten zu lassen.

Wir wenden uns zunächst zu denjenigen Körpern, in denen die elastischen Vorgänge die einfachste Gestalt annehmen, zu den elastischen Flüssigkeiten. Unter ihnen nehmen wiederum die Gase deshalb eine ausgezeichnete Stellung ein, weil ihnen gegenüber die festen elastischen Körper, z. B. die Gefaßwände, in großer Annäherung als starr angesehen werden können; dies hat nämlich zur Folge, daß man deren eventuelle Beteiligung an den elastischen Erscheinungen innerhalb eines mit ihnen in Berührung stehenden Gases ganz ignorieren kann, was eine bedeutende Vereinfachung der Aufgabe bewirkt Bei tropfbaren Flüssigkeiten ist dies im allge- meinen nicht zulässig, da deren elastische Widerstandskräfte nur unbedeutend geringer sind, als diejenigen fester Körper.

Die Hauptgleichungen für eine homogene elastische Flüssigkeit lauten nach (14) und (116)

124) p_=X+c^-, (,^ = 1 +cg^, p__ = Z+c^;

an den äußeren Begrenzungen kann der Druck oder die Normal- komponente der Verschiebung vorgeschrieben sein, an den Zwischen- grenzen ist, wenn man von Grenzdrucken ;?^^ absieht und die Rich- tung der Normalen mit v bezeichnet:

124')

K ^^fc) ^ös (r, .r) -t- (ü^ v^) cos (v, y) + (w?^ irj cos (v, z) = 0, Gleichgewicht ist wegen der Bedingungen

124") T^^c^-^, r^-c^-^, ^'=^c|^

nur möglich unter der Wirkung von konservativen Kräften, und zwar gilt für deren Potential einfach

124'") *'=ci9' + c',

wo c eine belanglose Konstante bezeichnet.

Fehlen äußere Kräfte, so ist die räumliche Dilatation konstant und durch den sie bewirkenden Oberflächendruck p gegeben nach der Formel

p = ^c&.

Diese Beziehung zeigt, daß man die einzige Elasticitätskon- stante c einer Flüssigkeit durch die Beobachtung der einer gegebenen Druckzunahme p entsprechenden Kompression & bestimmen kann.

§ 19. Elastische Flüssigkeiten. 347

Geschieht die Kompression so, daß eine Temperatursteigerung aus- geschlossen ist, so liefert die Methode die S. 338 definierte iso- thermische Konstante Cp bei Gasen hat c^ speziell den Wert des Anfangsdruckes p^.

Für den Fall der Bewegung kann man von der Wirkung körperlicher Kräfte, soweit sie die Zeit nicht enthalten, absehen, da deren Wirkung sich einfach über die der Bewegung lagert; man kann also ausgehen von den Hauptgleichungen

PöF-^ö^' ^W'^J^' ^^^""''ör- ^^^^

Diese Formeln ergeben

(>^ = cAi^ 125')

d d

woraus folgt, daß die räumliche Dilatation sich mit Zeit und Ort ändert, während die Eotation an jeder Stelle in der einmal erregten, natürlich unendlich kleinen Intensität imgeändert fortbesteht

Dies zeigt, daß, wenn die Verrückungen u, r, w Anteile be- sitzen, welche eine Botation geben, diese keine eigentiich elastischen Erscheinungen bewirken, wie sie denn nach (116) und (116') auch keine elastischen Kräfte erregen; wir können sie daher weiterhin immer von der Betrachtung ausschließen.

Setzen wir demgemäß

dtp dv du dto dv du

dy dx ^ dx dx ^ dx öy '

SO bestimmen wir hierdurch die Verrückungskomponenten als die partiellen Differentialquotienten einer und derselben Funktion F der

Koordinaten und der Zeit, des Deformationspotentiales, so daß gilt

dF dF dF .oft\

dx ^ dy ^ dx ' und

x^^AJP. 126')

Eine durch Formeln von der Gestalt von (126) gegebene De- formationwollen wir weiterhin eine Potentialdeformation nennen; bei Flüssigkeiten kann sie als die allgemeinste Form einer Defor- mation gelten. Sie hat das Eigentümliche, daß in jedem Moment eine Schar von Flächen F = Const. existiert, senkrecht zu welchen an jeder Stelle die Verrückung 5, d. h. die Verbindungslinie der momentanen mit der ursprünglichen Lage des dort befindlichen

348 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

Massenteilchens steht; außerdem ist der normale Abstand benach- barter und gleichen Zuwachsen der Eonstanten entsprechender Flächen an jeder Stelle der Größe der Verrückimg S indirekt proportional.

Hieraus folgt indessen keineswegs, daß die Bewegung der ein- zelnen Punkte der Flüssigkeit eine geradlinige ist, denn sonst müßte aus dem Verhältnis uiviw die Zeit ganz herausfallen, was im allgemeinen nicht stattfindet.

Aus den drei Gleichungen (125) können wir nunmehr schließen

126") p^ = cA^',

wobei eine belanglose additive Funktion der Zeit allein in F hinein- gezogen ist.

Die Bedingungen für eine starre, beliebig bewegte Wand redu- zieren sich darauf, daß dFjdn als beliebige, aber stetige Funktion des Ortes und der Zeit vorgeschrieben ist; für eine Oberfläche, längs deren der Druck p gegeben ist, muß wegen p = ^cj^F= gd^Fjöt* das Potential F die Form

1 26'") F^r+ F" t - ^ffp{dt)^

haben, worin F^ und jF"* Funktionen der Koordinaten allein be- zeichnen, über die man mitunter, z. B., wenn ein gleichförmiges Wachsen oder Abnehmen von F mit der Zeit durch die übrigen Bedingungen des Problemes ausgeschlossen ist, einfach verfügen kann.

Aus gegebenen Anfangsverrückungen u, v, w und Gesch^nndig- keiten u\ v', to kann man nach den in § 23 des I. Teiles gegebenen Begeln die zur Zeit ^ = 0 stattfindenden Werte F^ von F und F^ von dFjdt berechnen.

Wenn es sich nur um die Bestimmung der räumlichen Dilatation ß- handelt, nicht auch um die der Verrückungen w, v, tr, und wenn an den Grenzen O- und zur Zeit t = Q -d- und d&fdt vorgeschrieben ist, kann man auch von der Gleichung (125') ausgehen; im allge- meinen ist es stets praktischer, direkt das Deformationspotential / aufzusuchen.

Von den Gestalten, in denen dieses sich findet, und welche je nach der Gestalt des von Flüssigkeit erfüllten Baumes und den an den Grenzen und zur Zeit ^ = 0 geltenden Bedingungen verschieden sind, haben zwei eine besondere Wichtigkeit, die durch die Art der Abhängigkeit von der Zeit charakterisiert sind.

Eine erste spezielle Bewegungsform ist gegeben durch ein Potential von der Form

§ 19, Elastische FHissf'pkeiten. Stehende Schwingungen, 349

F^R{x,y,z)T\(). 127)

Wegen der hieraus folgenden Beziehungen

« = rw||, r = rw|f, tr = rw|^ 127')

werden dabei die gröBten Elongationen , wie die Euhelagen tissrsstrssOy im ganzen Räume gleichzeitig erreicht; derartige Bewegungen nennt man stehende Schwingungen.

Femer finden die Bewegungen überall geradlinig statt, und ihre Richtungen stehen tiberall normal zu der Schar fester Flächen R = Const, welche man die Wellenflächen der stehenden Scliwingungen nennen kann. Wo R ein Maximum oder ein Mini- mum besitzt, ist die Verrückung dauernd gleich Null, befindet sich also, wie man sagt, ein Schwingungsknoten; wo A -B gleich Null ist, verschwindet dauernd die räumliche Dilatation ß-j befindet sich, wie man sagt, ein Schwingungsbauch.

Setzt man den Wert (127) in die Hauptgleichung (126") für F ein, so erhält man

T dt* "■ QU '

woraus folgt, daß jedes Glied dieser Gleichung einer Eonstanten gleich sein muß.

Der wichtigste Fall ist der, daß diese Konstante negativ, sagen wir gleich a* ist, weil er wegen

f_| + ^2y^0 127")

auf periodische Schwingungen führt; die Periode r hängt dabei mit u durch die Beziehung a^2n\T zusammen, und die allgemeine Losung für T lautet, da eine multiplikatire Eonstante in R gezogen werden kann,

y=sin(a^ + /S).

Für R gilt gleichzeitig im Inneni der Flüssigkeit die Formel

CAÄ+ (^«2^ = 0; 127'")

an der Oberfläche ist dRjdn oder R vorgeschrieben, je nachdem dort die Verrückung oder der Druck als periodische Funktion der Zeit gegeben ist

Die Werte von a resp. r werden dabei durch die Nebenbedingungou des Problems bestimmt, bleiben also willkürlich, wenn solche nicLt existieren; im ersteren Fall findet sich je nach umständen für sie bald nur ein einziger Wert, bald eine unendliche Anzahl diskreter Werte, z. B. Wurzeln transcendenter Gleichungen, und beides s;jj:t

350 //. Teil, Mechanik 7vcktstarrer Körper, IV, Kap,

aus, daß unter den gestellten Bedingungen stehende periodische Schwingungen nur von bestimmten Schwingungsdauem möglich sind. Bei dem einer stehenden periodischen Schwingung entsprechen- den Deformationspotential

127"") F = R{x,y, z) sin {at + ß)

heißt dann

ve^ - i/(iHiF(ir - if

falls n die Normale auf der Fläche R = Const. bezeichnet, die Am- plitude, und das Argument des Sinus die Phase der Schwingung. Der zweite spezielle Bewegungstypus ist durch das Potential

128) F^ P{x,y, z)Q(t^ f[x,y, z))

gegeben.

Hier findet eine Übereinstimmung der Bewegungen in verschie- denen Teilen des Raumes in der Hinsicht statt, daß der Faktor Q in verschiedenen Oberflächen von der Gleichung

f{x,y,z) = C^,

welche man die Wellenflächen der fortschreitenden Schwin- gungen nennt, zu den Zeiten t = Cj^ den gleichen Wert annimmt Jeder Wert von Q schreitet also von Wellenfläche zu Wellenfläche fort, und daher heißen die durch (128) gegebenen Bewegungen fortschreitende Schwingungen. Bringt man f auf die Form

/•(.r,y,z) = Ä/i;(|,7;),

wo I = Const. und i] = Const. die Gleichungen einer normalen Trajektorie aller Oberflächen /*= Cj^ darstellen, und s die auf ilu* von einer beliebigen dieser Flächen aus abgegrenzte Länge bezeichnet so heißt V nicht zu verwechseln mit der Verrückung v die Fortpflanzungsgeschwindigkeit längs jener Trajektorie.

Die Funktion F verhält sich wegen des Faktors P komplizierter als Qj ihr absoluter Wert ändert sich von einer Oberfläche f zur anderen; ihre wesentliche Eigenschaft stimmt aber mit der von Q überein.

Ein Wert

128') F==P'(x,y,z)Q{t+f{T,y,z))

stellt eine Bewegung dar, die sich mit der gleichen Geschwindigkeit, in den gleichen Wellen, aber in der entgegengesetzten Richtung fort- pflanzt, wie die durch (128) gegebene.

§ 19. Elastische Flüssigkeiten, Fortsehreitende Schwingungen. 351

Die aus (128) folgenden Ausdrücke für u, v, tc werden ziemlic'.i kompliziert; bezeichnet maai mit Q' den Diflferentialquotienten von Q nach t oder nach dem ganzen Argument, so erhält man

128')

die Werte lassen sich in zwei Teile zerlegen, welche je eine gerad- linige Bewegung normal zu einer Fläche Q = Const. resp. f = Const., oder, anders ausgedrückt, normal zu einer Fläche konstanter Ampli- tude und einer Fläche konstanter Phase von F darstellen. Enthält Q die Koordinaten nur in der Kombination /', so sind beide Teile parallel.

Der wichtigste Fall ist wieder der einer periodischen Be- wegung. Setzt man Q = sina{( f), also

F^Fsma{t-^f), 128")

so erhält man

u = y^-sin e^(^ -f) - aP |/cos e^(^- /'), 128")

Bringt man (128'") auf die Form

F = Pcos af^m at Psin ce f cos at

und vergleicht dies Resultat mit der Formel (127""), so erkennt man, daß eine fortschreitende periodische Schwingung als die Super- position zweier stehender, mit gleicher Periode, aber verschiedener Phase und Amplitude betrachtet werden kann. Andererseits zeigt die Beziehung

P (sin cc[t f) + sin a (^ + /*)) = 2 Pcos afsina i,

daß eine stehende periodische Schwingung sich jederzeit auffassen läßt als die Superposition zweier durch dieselben Wellentiächen mit der gleichen Geschwindigkeit in entgegengesetzter Richtung fort- schreitender Schwingungen gleicher Periode.

Unser Ohr hat die Fähigkeit, periodische Schwingungen der umgebenden Atmosphäre als Töne aufzufassen, und zwar solche, für w^elche das Deformationspotential durch eine einzige trigonometrische Funktion der Zeit gegeben ist, als einfache, solche, für welche es durch eine Summe derartiger Glieder dargestellt ist, im allgemeinen als zusammengesetzte Töne. Die empfundene Tonhöhe hängt von der Größe der Periode r oder von der sogenannten Schwin- gungszahl f = 1/t ab, die empfundene Intensität wahrscheinlich

352 //. TeiL Mechanik ntchtstarrer Körper. IV. Kap,

von der mittieren Energie der stattfindenden Luftbewegung in der Nähe des Ohres.

Die augenblickliche Energie 6 der Volumeneinheit ist nach (110") und (116')

129) 6 = |(()r» + ci9-^.

Daraus folgt die mittlere Energie e^ gemäß der Formel

129) $^ = ^J{QF* + c&*)dt,

t

worin t eine beliebige Zeit und r die Dauer einer Periode der Schwingung bezeichnet.

Sind die Schwingungen stehende, so ist nach (127)

129") r2 = (^j*GÄ, &^TAli;

entsprechen sie einem einfachen Ton mit der Periode r, so ist nach (127")

4/(^)*^-T/''^'-i«'.

also

oder wegen (127'") und, weil c/q r* ist, auch l--'9"') a^ = ^p„»(eÄ + ^) .

Hieraus folgt, daß in Schwingungsknoten gilt

in Schwingungsbäuchen

Für fortschreitende Schwingungen eines einfachen Tones erhält man ähnlich allgemeine Eelationen, wenn man sie, wie S. 351 gezeigt, als Superposition von zwei stehenden Schwingungen ansieht. Es folgt dann nach leichter Rechnung

€/. = i(('«^[Ö(P cos af) + Q{P sin af)] -f c[A\P cos af) + a\P sin af')]).

Ist die Bewegung eine Superposition verschiedener einfacher Töne, so ist die Energie gleich der Summe der Energien, welche jeder einzelne Ton für sich besitzen würde; denn die bei der

1 29"")

§ 19. Elaaidsehe Flüssigkeiten. Ebene Wellen. 353

Berechnung von 6^ auftretenden Glieder, die sich auf zwei Töne beziehen, verschwinden bei der Integration über die gemeinsame Periode.

Von besonderer Einfachheit und von großer Wichtigkeit ist der Fall, daß die Bedingungen des Problems derart sind, daß F nur von einer Koordinate abhängt, sagen wir von

s = Ix + my + nZj

worin l, m, n die Richtungscosinus der Wellennormalen s gegen die Eoordinatenaxen bezeichnen. Dann wird die Hauptgleichung zu

und ihre allgemeine Lösung besitzt die Form®^)

F^f,{s + vt) + ^2 (^ - ^^)^ 130')

worin

ist

Ist die elastische Flüssigkeit unbegrenzt, und ist für ^ = 0

SO erhält man durch eine einfache Rechnung den allgemeinen Wert F=\{F,{s+vt) + F,{s- vt)) + -^JF^ {&) da, 1 80'")

9 Vt

der sich auch schreiben läßt

■^ = i [^^/^oC«^)*^«^ +/^i(<r)rf<^] 130"")

» vt a vt

und aussagt, daß sich nach der Seite von +8 der halbe Wert eines Deformationspotentiales

F,-l-JF,{<T)da, nach der Seite von —s der halbe Wert eines Potentiales

^O+^/^lH*^«^

mit der Geschwindigkeit v in ebenen Wellen fortpflanzt.

Wenn die unendliche Flüssigkeit durch eine Ebene ä = 0 be- grenzt ist, die als Ganzes in gegebener Bewegung erhalten wird, d. h., längs deren die Verrückungen als Funktionen der Zeit allein

Voigt, Theoretische Physik. 23

354 //. TeiL Mechanik nichtstarrer Körper, IV. Kap.

vorgeschrieben sind, so pflanzen sich nach dem S. 347 Gesagton die tangentialen Komponenten nicht fort, und die Grenzbedingnng lautet für « = 0

Beginnt diese Bewegung zur Zeit ^ = 0, und ist im ganzen Ton der Flüssigkeit erfüllt gedachten Halbraume ä > 0 sowohl F^, als J^j gleich Null, so erhält man durch eine einfache Rechnung

131)

woraus folgt

131')

< » / V

F= -V Cs\a)da für ^>-^,

0

F=-0 für t^ ,

V

^ ds V

Ist beispielsweise S\t) A sin ut, so wird für .9>0und^>f/y

F = cos a ^

Die erzeugte Bewegung ist also eine mit der Geschwindigkeit v fortschreitende Schwingung. Führt man die Periode r ein und bezeichnet das Produkt vt, die Wellenlänge, durch l, so giebt dies

131") i^=-4^cos2jr(----f).

Ist dagegen F^ und F^^ zur Zeit ^ = 0 nicht gleich NuD, son- dern je gleich einer gegebenen Funktion Ton ä, und ist die Ebene 5 = 0 festgehalten, dF jds dort also gleich Null, so kann man fiir den positiven Halbraum die Formel (ISO'") anwenden, wenn man nur die Funktionen Fq und F^ in dem negativen Halbraume so definiert, daß sie für s = s^ denselben Wert annehmen, wie er für s = + s, vorgeschrieben ist

Wenn auch, der Übereinstimmung mit dem allgemeinen Fall wegen, oben die Untersuchung ebener Wellen an das Deformations- potential angeknüpft ist, so empfiehlt es sich doch bei dem vor- liegenden speziellen Fall mehr, von der Betrachtung der resultieren- den Verrückung

OS

§ 19, Elastische Flüssigkeiten, Ebene Wellen, 855

132")

auszugehen, welche normal zur Wellenebene, also longitudinal, stattfindet, und für welche nach (125) dieselbe Hauptgleichung

gültig ist, wie für F, Die bisherigen Resultate sind auf S direkt tibertragbar. So schreibt sich die Formel (130'") für die Wirkung einer AnfangSTerrückung Sq und einer Anfangsgeschwindigkeit S^

S = :k(S,{s + vt) + S,{s- vt)) + ^fs, (<7) da ; 1 32')

s vt

für die Fortpflanzung der normalen Verschiebung der Ebene s = 0 gilt nach (131')

5=5'(.-A) furo-:, 1

5 = 0 für ^< ; 1

für die normale Reflexion an der festen Wand « = 0 hat man den Anfangszustand in den negativen Halbraum so fortzusetzen, daß entgegengesetzten Argumenten s auch entgegengesetzte Funktions- werte Sq und Äj entsprechen, und dann die Formel (132') zu benutzen.

Außerdem bietet die Einführung von S aber besondere Vorteile, wenn es sich um die Wirkung einer Begrenzung handelt, an welcher der Druck, und daher wegen jt? = ci?* = cdS I ds auch dS / ds als Funktion der Zeit vorgeschrieben, oder aber dauernd gleich Null ist, wie letzteres an der freien Oberfläche einer tropfbaren Flüssigkeit stattfindet

Ist zunächst im positiven Halbraume iS^ = Ä^ = 0, und ist für s = 0 und ^ > 0 vorgeschrieben dS j ds = S"{t), so wird

S=-v fS"{<T)d(T für f > , ]

i " 132'")

V

Ist dagegen für den positiven Halbraum Sq und S^ als Funktion von s vorgeschrieben und dSlds = 0 für ^ = 0, so hat man Sq und iS'i in den negativen Halbraum einfach spiegelbildlich fortzusetzen und die Grundformel (132') anzuwenden.

Die Superposition der beiden Resultate, die sich auf in der Grenzebene gegebenes S, sowie derjenigen, die sich auf ebenda ge- gebenes dS/ds beziehen, gestattet dann gleichzeitig vorgeschriebenes

23*

356 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Kärper, IV, Kap.

Sq und Äj einerseits, gegebenes ä' resp. 5" andererseits zu berück- sichtigen.

Dabei tritt hervor, daß die Reflexion normal auffallender ebener Wellen an einer Ebene in derselben Weise stattfindet, ob S daselbst beliebig wechselnd gegeben ist, oder dauernd verschwindet; ebenso ergiebt beliebig wechselnd vorgeschriebenes dS/ds dieselbe Reflexion, wie dauernd verschwindendes. Im ersten Falle werden die auffallenden Verrückungen mit umgekehrtem, im letzteren mit gleichem Zeichen reflektiert.

Man kann leicht die Betrachtung auf den Fall erweitem, daß an zwei parallelen Ebenen ä = 0 und s = Z entweder S oder dSlÖJf auf Null erhalten wird, indem man den zwischen ihnen gegebenen Anfangszustand durch wiederholte geeignete Spiegelung an den beiden Grenzebenen in den äußeren Raum fortsetzt.

Größeres Interesse, als diese Probleme fortschreitender Schwingungen, besitzen diejenigen, welche sich aufstehende Sch^vin- gungen zwischen den Ebenen ä = 0 imd s = Z beziehen.

Die speziellen nach dem Typus (127"") gebildeten Werte

133)

as

V

resp.

Si = Äsin sin a{t + ^^),

Sil = ^ cos sin a{t + t^),

worin

aZ = nhv, ä 1,2, 3, ...,

entsprechen den Fällen, daß S resp. dSJds für s = 0 und s= L verschwinden; die Sch^dngungsdauern r und die Wellenlängen / folgen dabei dem Gesetz

T = 2i;/At;, A = 2Z/Ä. Dagegen entspricht

1 33') 5ui = ^ sin "- sin a{t + t^),

as

V

worin

aZ = -—7iv, Ä = 0,1,2,...

ist, dem Falle, daß 5 für ä = 0 und öS/ö* für 8 = Z verschwindet; zugleich gilt

T = 4Z/(2A+ l)v, ^=- 4ZI{2h+ 1).

Die Schwingungszahlen f = 1/ r schreiten in den ersten beiden Fällen

wie die natürlichen, in dem dritten wie die ungeraden Zahlen fort,

Sch^vingungsknoten entsprechen den Stellen, wo 5, Sch^iugimgs-

bäuche denen, wo dS/ds verschwindet; die Entfernung benachbarter

§ 19. Elastische Fiüsstgkeiten. Ebene Wellen, 357

beträgt A/2, und ihre Messung liefert wegen k = TV ein wichtiges Mittel zur Bestimmung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit v.

Diese Verhältnisse liegen angenähert bei den Pfeifen vor, d. h. bei cylindrischen, mit Luft erfüllten Röhren, welche an den Enden entweder durch feste Böden geschlossen sind oder sich in den Luft- raum öfl&ien; wenn der Querschnitt der Pfeife klein ist, kann am offenen Ende eine merkliche Verdichtung oder Verdünnung nicht ein- treten, ist also näherungsweise die Bedingung # = 0, d. h. ö5/Öä = 0 ei-föllt. Eine strenge Analyse muß allerdings die von dem Rohr aus im umgebenden Lufträume fortgepflanzten Schwingungen mit in Be- tracht ziehen*^); auch der Einfluß der Reibung und des Wärmeaus- tausches mit den Seitenwänden giebt zu Abweichungen von den obigen Formeln Veranlassung. ®®)

Ist 5 = 0 für 5 = 0, und ist Ä = ^ sin a^ für « = i, so erhält man

. . as , A 8in Binnt

S= "—f . 133")

8in

V

S wird also unendlich, wenn ccZ=^k7tv ist, und hieraus ist zu schließen, daß, falls die Ebene s = Z eine nur unendlich schwache Bewegung ausführt, welche die Superposition sehr vieler Schwin- gungen mit verschiedenen Perioden bildet, nur diejenigen stehenden Schwingungen innerhalb der Flüssigkeit merklich erregt werden, für welche die Bedingung uL = hnv erfüllt ist; dies sind dieselben Schwingungen, welche bei beiderseitig festgehaltener Begrenzung allein bestehen können.

Ahnliche Formeln wie (133") gelten, wenn für * = 0 nicht 5, sondern & verschwindet, und auch, wenn für s ^ L, statt S, & vor- geschrieben ist

Die Erregung von stehenden Schwingungen in Pfeifen bei Ein- wirkung auf deren Endquerschnitte kann man als Resonanz im weiteren Sinne bezeichnen; ist die Einwirkung eine periodische Dinickänderung, die durch über ein offenes Ende ziehende Wellen im äußeren Luftraum bewirkt wird, so giebt dies eine Resonanz im engeren Sinne. Wir gehen weiter unten auf allgemeinere Vor- gänge dieser Art ausführlicher ein.

Der Wert der mittleren Energie c^ nimmt bei Schwingungen, die in ebenen Wellen stattfinden, eine besonders einfache Gestalt an.

Für stehende Schwingungen, die einem einfachen Ton ent- si^rechen, ist nach (127"") allgemein

i^ = a cos -- (s + Sq) sin ce{t + t^),

358 //. Teil. Mechanik nichlstarrer Körper, IV. Kap,

und daraus folgt nach (129'")

6^ = ^ (sin*

worin das erste Glied der Klammer den kinetischen, das zweite den potentiellen Anteil der Gesamtenergie angiebt. Diese Teile wechseln also von Stelle zu Stelle, während ihre Summe überall konstant ist.

Führt man die größte Amplitude Ä = aujv der resultierenden Verrückung S=dF/ds ein, so giebt dies auch

133") 8,,= ^^^.

Für fortschreitende Schwingungen mit dem Potential

F=^ a sin a[t + t^

ist das Resultat bezüglich der Gesamtenergie €^ das gleiche; aber die zeitlichen Mittelwerte des kinetischen und des potentiellen Teiles sind hier im ganzen Saum konstant, und zwar einander gleich.

Fallen fortschreitende ebene Wellen auf eine ebene Grenze zwischen zwei verschiedenen Flüssigkeiten auf, so werden sie zum Teil zurückgeworfen, zum Teil in die zweite Flüssigkeit hinein fort- gepflanzt®^. Nach Symmetrie müssen alle die entstehenden Be- wegungen wieder in ebenen Wellen stattfinden, deren Normalen der Ebene durch das Ijot auf der Grenze und durch das Lot auf der einfallenden Welle, der sogenannten Einfallsebene, parallel liegen.

Wählt man die XY- zur Grenzebene, die XZ- zur Einfalls- ebene und rechnet die ^-Axe von dem ersten ins zweite Medium positiv, so sind ebene fortschreitende Wellen, welche bei dem be- trachteten Vorgang auftreten können, gegeben durch das Defor- mationspotential

I = asm [t+tQ'--j=asm27( \^—^ - yj ,

worin s == Ix + nz ist, und /, 0 und n die Richtungscosinus der in der Richtung der Fortpflanzung positiv gerechneten Wellennonnale s bezeichnen.

Die Bedingungen für die Grenzfläche, d. h. für z = 0, gehen nach (124') dahin, daß

§ 19. Elastische Flüssigkeiten. Ebene Wellen. 859

sein muß; letztere Formel ist nach (126") identisch mit

Bezeichnet man die einfallende, die reflektierte und die durch- gehende Welle resp. durch die Indices «, r und rf, so ist zu setzen

/ / Lx ■{■ nx

'i + t l X + n x""

^

134")

P = F 4- F F ^ F

Kombiniert man diese Werte mit den Grenzbedingungen (134) resp. (134'), so erhält man zunächst, da nach den letzteren für z = 0 die mit Ort und Zeit veränderlichen Faktoren stets gleich sein müssen,

^r = ^d = 0, Te == T^ = Tj = T, 135)

worin t die allen Wellen gemeinsame Periode bezeichnet; femer

/ / /

*e *'r ''d

was das Gesetz der Eefiexion und der Brechung der Wellennormalen ausspricht. Wegen A = tv und v^ = v^ kann man nämlich hierfür auch schreiben

/,= /„ A = jk, 135")

« d

woraus die Richtigkeit der gemachten Bemerkung erheUt.

So lange /^, d. h. lj^^\v^ < 1 ist, bleibt der zu dem Richtungs- cosinus l^ gehörige Winkel und somit die Lösung F^ reell.

An und für sich können den durch (135') definierten l^ und /^ je zwei Werte n^ und n^ entsprechen, gemäß den Gleichungen

n,= ±ynrxs n^= ±yi^^jr

und die Betrachtung des durch (134") gegebenen, gewissermaßen stationären Zustandes allein gestattet nicht die Entscheidung darüber, welche von ihnen den wirklichen Fortpfianzungsrichtungen entsprechen, lassen vielmehr alle vier Möglichkeiten gleichmäßig zu. Man kann zu dieser Entscheidung das Resultat der Anschauung heranziehen, daß die durch die einfallende Welle erregten Wellen von der Grenze r = 0 hinweggehen müssen ; noch befriedigender

360 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV, Kap,

erscheint die Anwendung der Überlegung, daß bei stetiger Änderung der Konstanten Qj^ und c^ die Fortpflanzungsrichtungen dieser Wellen sich gleichfalls stetig ändern müssen.

Läßt man nämlich c im zweiten Medium unendlich werden, so verwandelt sich dieses dadurch in einen bezüglich der Fortpflanzung longitudinaler Wellen starren Körper; die erste Bedingung (134) liefert {dFjdz\ = 0 für z = 0, die zweite verliert die Bedeu- tung einer Grenzbedingung, da die rechte Seite die Form O.oo annimmt Wir erhalten dadurch den Fall der Reflexion von einer festen Wand, der im folgenden Paragraphen ganz allgemein behan- delt werden wird und darauf führt, daß w^ = yi /^, d. h. = n ist

Läßt man dagegen c und q in beiden Medien gleich werden, so verschwindet die Grenze überhaupt und damit jede Unterbrechung der regelmäßigen Fortpflanzung; hier ist demgemäß

Indem wir dies benutzen, erhalten wir

oder indem wir die auf die beiden Flüssigkeiten (1) und (2) direkter hinweisenden Indices 1 und 2 einführen:

Unter Benutzung dieser Resultate und der Beziehungen

Ag = A^ = Aj , A^ = Ag , ^1*^2^ k'h geben die Grenzbedingungen

136) « « 2^.^._ !^^h^Jb?L,

Diese Formeln bestimmen die reflektierte und gebrochene Am- plitude, zunächst des Deformationspotentiales und, wegen der Be- ziehungen

d'F BF BF

dx ay dx

auch diejenigen der Verschiebimgen.

Nach der Ableitung ist ersichtlich, daß die Summe der Energien der so bestimmten reflektierten und gebrochenen Wellen gleich der Energie der einfallenden Welle sein muß, wenn man nur die Be- rechnung auf Volumina bezieht welche dieselbe Bewegung in ver- schiedenen Stadien der Fortpflanzung, nämlich erst als einfallende,

§ 19, Ekutiüeke FHissigkeitm. Ebene Wellen, 361

dann als retiektierte und gebrochene 'enthält Solche Volumina werden nach der geometrischen Anschauung geliefert durch recht- winkelige Prismen, deren Kanten |, ?/, f resp. parallel der Wellen- normalen, normal zur Einfallsebene, und parallel der Einfallsebene liegen, falls die | sich verhalten wie die Wellenlängen oder die Fort- pH anzungsgesch windigkeiten V, die 7] die gleichen sind, und die ^ sich verhalten wie die Eichtungscosinus n.

Hiemach muß also bei Berücksichtigung von Formel (185') gelten

(a| - a?) /j Wj (^j = flj /g fig Q^ , 136')

was in der That erfüllt ist.

Wegen der auf S. 358 entwickelten Beziehung zwischen der kinetischen und der potentiellen Energie fortschreitender ebener Wellen ist bei der obigen Begrenzung der sich entsprechenden Volumina auch die lebendige Kraft in der einfallenden Welle für sich gleich der Summe derjenigen in der gebrochenen und re- flektierten.

Die Formeln (136) zeigen, daß wegen des Auftretens der Dich- ten ()j und ^2 ^^8 einem Gas jederzeit nur sehr wenig Bewegung in eine tropfbare Flüssigkeit übergeht. Ist p^ grofli gegen p^ und nicht gleichzeitig l^ gegen /j? ^o kann man in erster Näherung schreiben

und erhält für das Verhältnis der einfallenden zur gebrochenen Energie

Findet sich durch die Bedingungen (134) l^, d. h. l^{v^lvj)>lj so wird der Ansatz für F^ imaginär, es kann also dann eine Be- wegung der durch denselben dargestellten Art im zweiten Medium nicht stattfinden.

Diesen Fall erledigt man durch die Bemerkung, daß die Haupt- gleichung für F, nämlich

unter der Voraussetzung ebener Wellen normal zur Z^- Ebene in- tegriert wird durch den reellen oder imaginären Teil von

2.-Ti / __ Ia;4-lti\

5 = a/''^ " \ 137)

worin a, I, n, D komplexe Größen sind, falls nur ist

()O^=c((»+n'0. 137')

362 IL Teil, Mechanik niehtatarrer Körper. IV, Kap,

Setzt man 137") I = / - il\ n = n - in\ ö = ^-^ ,

SO erhält man

137'") ' ^^V

I ^^^?^ = c(/r + ««');

diese Gleichungen bestimmen v und x bei gegebenen Z, /' und lun, um den speziellen vorliegenden Grenzbedingungen zu genügen, muß sich jP für z = 0 auf die Form

asin2;r I -r-

reduzieren. Wir erreichen dies, indem wir setzen 138) r=0, n = 0, /2_„»2^i^

woraus dann folgt, daß

1380 « = 0, vV = c

ist, und daß F^ sich auf die Form bringen läßt

138") F^^e'^^.' Lsin 25r(f - -f^ + a'^cos2n (f - -f^] ; zugleich schreiben «är auch

ZOO ; \ \ ^

i^^ = a^sin2;r(-^^ ^ ^ M + a;cos2;rf^ "^ i )'

TT r r

Die Anwendung der Grenzbedingungen (134) liefert zunächst

für die reflektierte Welle folgt, wie früher, n^ = »*«> filr die durch- gehende, da die Bewegung nicht mit wachsendem z unendlich werden darf, wi = + ]//J 1.

Vertauschen wir wieder /^, /^, l^ mit ^j ^, ^3 und n^, «^, «^ mit 7?j, Tij und Wg, so resultiert

2w, n\ /, /j^j ßj

139')

nUiai+n['liQl'

§ 19. Elastische Flüssigkeiten, Kugelwellen. 363

woraus folgt

a; + a;2=a^ 139")

Die letzte Formel zeigt, daß bei dieser Art der Keüexion die gesamte Energie der einfallenden in der reflektierten Welle ent- halten ist; die Beflexion wird deshalb eine totale genannt. Eine Bewegung im zweiten Medium fehlt allerdings nicht vollständig, aber sie pflanzt sich nicht mit gleicher Stärke in dasselbe fort, son- dern nimmt mit wachsendem Abstand von der Grenze schnell an Intensität ab. Übrigens hat sie wesentlich andere Eigenschaften, als die in das erste Medium reflektierte; ihre Wellenebenen liegen nor- mal zur X-Axe und pflanzen sich mit einer Geschwindigkeit v^/l^ der A'-Axe parallel fort, während die Ebenen gleicher Amplitude der Grenzfläche parallel sind; ersteres erklärt, daß diese Schwingungen dem ersten Medium Energie nicht entziehen.

Die reflektierte Bewegung unterscheidet sich von der bei der gewöhnlichen Reflexion erhaltenen, abgesehen von der Intensität, nur dadurch, daß die Phase um eine vom Einfallswinkel abhängige Größe geändert ist, was deutlich hervortritt, wenn man in dem An- satz (138'") schreibt

^,= yflr+aTsin2;r(^^-^^). ~

Neben den ebenen Wellen besitzen eine hervorragende Wichtig- keit die kugelförmigen. Man gelangt zu ihnen, indem man in die Gleichung (126") die Annahme einführt, daß F außer von t nur von der Entfernung r von einem beliebigen Punkt, etwa von dem Koordi- natenanfang, abhängt; die Gleichung nimmt dadurch die Form an

welche zeigt, daß rF bei kugelförmigen Wellen dieselbe Rolle spielt, w^ie F selbst bei ebenen. Die allgemeine Lösung

^ = jr {fiir + vt) + f,{r - vt)) HOO

stellt zwei in entgegengesetzter Richtung mit wechselnder Stärke sich längs der Radien fortpflanzende Bewegungen dar; spezieller giebt

F=^sma(t--^] 140")

eine fortschreitende,

F=^ sin-;- (r + r J sin a{t + Q 1 40'")

eine stehende periodische Bewegung mit Kugel wellen.

364 IL Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

Die resultierenden Verrückungen S liegen bei den kugeligen, wie bei den ebenen Wellen normal zur Wellenfläche, sind also longitudinal und besitzen den Wert

dr

Für eine fortschreitende Welle von der Form (140") giebt dies

er a ' (, r\ an (. r\

o = rSmaU cos ult ,

r* \ V I rv \ V / '

für eine stehende von der Form (l40"')

5 = - amia{t + g (^sin« (r + rj - -^ cos cf(r + r^)) ;

in beiden Fällen setzt sich die Verrückung aus zwei Gliedern zu- sammen, die mit wachsendem r verschieden schnell abnehmen.

In großer Entfernung von dem Centrum der Bewegung r = 0 übenviegt je das zweite Glied, und dort erhält man daher, wenn man wieder aa I v = Ä setzt,

Ä i r \ A

5=— -cos<^(^ 1, resp. 5= —sin a(^ 4- ^ cos a{r + rj.

Analoges gilt für die mittlere Energie c^; bei der Beschränkung auf das Glied niedrigster Ordnung erhält man aus (129'") resp. (129"")

Fortschreitende cylindrische Wellen mit konstanter Ge- schwindigkeit v, die den oben betrachteten ebenen und kugeligen zugeordnet werden könnten, existieren nicht Es ist nämlich nicht möglich, der Fundamentalgleichung

welche wegen c/(» = r* die Übertragung von (126") auf die Ebene darstellt, durch einen Ansatz von der Form

F=F{e)q{e±vt), worin

e"^ =^ [x - x^f + [y - y>,^,

zu genügen; denn die resultierende Gleichung

Q [P" +

^"^ + Q'(2P' + ^]=0,

e j " \ e

in welcher die oberen Indices die Differentialquotienten nach den ganzen Argumenten bezeichnen, ist bei willkürlich vorgeschriebenem Q überhaupt nicht zu befriedigen. Läßt man Q verfügbar, so muß.

§ 19. ElasHsche Flüssigkeiten, Oylindrische Wellen. 365

weil in P die Zeit nicht vorkommt, Q' = Q. Const sein, also einem

ganz speziellen Gesetz entsprechen.

Dagegen sind stehende cylindrische Wellen möglich; denn

aus dem Ansatz

P= A{e)sijia{t+ t^)

folgt für A die Gleichung

öc* e de v^

welche, wenn man die Bedingung hinzunimmt, daß Ä für e = 0 logarithmisch unendlich wird,

ergiebt, worin m und n Konstanten, Y^ und J^ die BESSEL'schen Funktionen bezeichnen. Es wird sonach hier

F =

m r, (^') + «/„ (^)] sia cc{t+t,); 141')

für sehr große e reduziert sich dies auf

ff« . , . ae a cos h ö sin

F'. --=. ^^-sina(^+g, 141")

unter a und b Konstanten verstanden, und zeigt, daß v bei großem e wieder die Eolle der Fortpflanzungsgeschwindigkeit spielt.

Die Ausdrücke für die potentielle und die kinetische Energie derartiger cylin drischer Wellen lassen sich e^nso ableiten, wie oben diejenigen für die Energien kugeliger. ^^

Bezüglich der bei ebenen und bei Kugelwellen stets auftretenden Fortpflanzungsgeschwindigkeit v = "^Q ist daran zu erinnern, daß nach S. 338 bei einigermaßen großer Schwingungszahl des erregten Tones für die Elasticitätskonstante c der speziell als adiabatisch bezeichnete Wert c zu setzen ist und nicht der durch statische Methoden nach S. 346 bestimmbare isothermische c^.

Bei tropfbaren Flüssigkeiten sind beide Werte nur unmerklich verschieden; bei gasformigen, wo das isothermische c^ nach S. 338 gleich dem Anfangsdruck p^ ist, den das Medium vor Beginn der Bewegung erfuhr, findet sich die adiabatische Konstante

c, = p'^x, UV")

WO X die schon auf S. 71 eingeführte und im folgenden Teile näher zu bestimmende, der Substanz des Gases individuelle Kon- stante bezeichnet, welche sich für die verschiedenen Gase zwischen |. und 1 bewegt.

366 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper, IV, Kap,

Die Formel

.2 _ r*

141"") v^ =

giebt, beiläufig gesagt, die bequemste Methode zu ihrer numerischen Bestimmung an die Hand, da v, p^ und q der Beobachtung leicht zugänglich sind.

Die Grundformeln der Elasticitätslehre sind unter der speziellen Annahme abgeleitet, daß die elastischen Drucke lineare Funktionen der Deformationen, also diese selbst, wie auch die Verrückungen und Geschwindigkeiten, sehr klein sind.

Dies ist in der Praxis auch bei Flüssigkeiten meist soweit er- füllt, daß die auf dieser Grundlage abgeleiteten Formeln mit der Erfahrung befriedigend stimmen ; doch kommen bei der Fortptlanzang sehr starker Töne oder Schalle in Gasen auch Fälle merklicher Abweichung vor. Diese erfordern also eine ergänzte Theorie, die man auf der Grundlage der, wie S. 337 angegeben, erweiterten Elasticitätstheorie, oder aber auf der Grundlage der strengen hydro- dynamischen Gleichungen (48) aufbauen kann.^^)

Bei dem sehr speziellen Interesse, welches diese Untersuchungen besitzen, kann hier auf dieselben nicht eingegangen werden.

§ 20. ElastiBche Flüssigkeiten mit beliebiger Begrenzung bei beliebiger Erregung. Eesonanzerscheinungen.

Um die allgemeine Aufgabe der Bewegung einer beliebig be- grenzten Flüssigkeit bei beliebigen Oberflächenbedingungen und b^.- liebigen Anfangswerten F=Fq und öFjdt^ F^ vorzunehmen, ziehen wir außer dem Defomiationspotential F noch eine Funktion G heran, welche ebenfalls die Hauptgleichung (126") erflillt und, wie F^ inner- halb des von der Flüssigkeit eingenommenen Raumes k sich regulär verhält, und bilden, indem wir cjq = v^ setzen,

dabei ist die räumliche Integration über das gesamte k auszudehnen, die zeitliche von ^=0 bis zu einem zunächst beliebigen t=T, Dies giebt sogleich

1.2 , /; .■ If - ,^iu + „>/.,/(<7 II - j-l^) ... 0,

0 Ü

und damit ein Analogon zu der aus dem GKEEN'schen Satz abge- leiteten Gleichung (181') auf S. ITO.^^)

1

§ 20, Elastische Flüssigkeiien bei beliehiger Begreniung, 367

Wir wollen nun für G eine Funktion wählen, die zwar im übrigen innerhalb k regulär ist, aber an einer Stelle a, b, c un- endlich wird, wie

^^^frj-^)^ 143)

worin r die Entfernung von jenem Punkte und x eine Funktion von folgenden speziellen Eigenschaften bezeichnet xi^) verhält sich mit seinen Differentialquotienten regulär, verschwindet aber für alle positiven und negativen Argumente s mit Ausnahme derjenigen, welche einem speziellen endlichen positiven Werte * = *j unendlich nahe sind; letzteres wollen wir dadurch ausdrücken, daß wir

X{s) = 0 setzen, wenn nicht

5j— €<*<«!+€ 143')

ist, unter a eine unendlich kleine Größe verstanden. Innerhalb des vorstehend umgrenzten Bereiches soll ;^ > 0 und

Jx{s)ds=::l 143")

«0

sein, sowie Sq um eine endliche Größe kleiner, s^ größer ist, als Sy Eine Funktion von diesen Eigenschaften ist u. a.

;^(ä)= J*^e-/'^*-'w« 143'")

für sehr große Werte von fi.

Weiter können wir die Funktion G noch geeigneten Anfangs- und Oberflächenbedingungen unterwerfen. In ersterer Hinsicht setzen wir fest, daß zur Zeit T, welche um einen endlichen Betrag größer als t^^s^jv sein mag, G und dGjdt innerhalb k überall verschwinden; über das Verhalten von G an der Oberfläche o von k behalten wir uns die Verfügung zunächst vor.

Um die Gleichung (142') auf ein G von obigen Eigenschaften anzuwenden, muß man den Punkt a, ä, c durch eine Fläche, z. B. eine kleine Kugelfläche vom Eadius R mit dem Centrum in a, ä, c, aasschließen. Der auf sie bezügliche Anteil des Oberflächeninte- grales in (142') lautet bei Einfühnmg der Kegelöffnung dco

v'fdtf [ßx + f ^) 1^ - (Ji/ (E + vt)-x{ß + vt)] F

ü

und reduziert sich bei unendlich kleinem R auf

da)

368 //. Teil. Mecßianik nichtstarrer Körper. IV, Kap.

T 0

worin, wie oben, t[ für s^^jv gesetzt ist

Von dem Raumintegral in (142') giebt der Anteil, welcher der Grenze t=T entspricht, den Wert Null, da G und dGjdt für jenen Zeitpunkt verschwinden; der Anteil für die Grenze ^=0 kann über den ganzen Baum k mit Einschluß der kleinen Kugel erstreckt werden, da diese nur einen unendlich kleinen Betrag liefert

Daher erhalten wir schließlich

T

144) AnvF^^Xt.) =f(0l^- - ^'~e^)äk - v^fätJ(G^ - jf) do.

Unterwirft man G der Bedingung, daß dGjdn an der ganzen Oberfläche von k verschwindet, so ist es damit vollständig be- stimmt Denn vertauscht man darin t mit T—t, so kann man das Resultat G(T—t) auffassen als das Deformationspotential, welches einer zur Zeit / = T— t^ an der Stelle a, b, c hervorgebrachten starken Verdichtung entspricht, falls die Begrenzung, von k starr ist und die Flüssigkeit im ganzen Räume k zur Zeit ^ = 0 ruht In diesem Falle hat man noch einfacher

T

144-) ^nvF^jA) =/(^^ - F'^^)dk-v^jdtJG^do,

eine Formel, die F an jeder Stelle durch die Anfangswerte von /' und dF/dt und die Oberflächenwerte von dFjdn bestimmt Setzt man, wie früher, für ^ = 0,

F F ^^ -- F und entsprechend auch

welch letztere Werte aus den über G gemachten Festsetzungen

bestimmbar sind, so wird (144') kürzer

T

144") ^itvF„,Xh) = /(<^o^, - Gl K) dk - v^fdtfG |^ do.

0

Ist Äj kleiner, als der kleinste der von a, b, c nach der Ober- •fläche 0 gezogenen Radien vektoren r, der mit r' bezeichnet werde, 80 kann man''*)

§ 20. Elastiaehe Flüssigkeiten bei beliebiger Begrenzung, 369

setzen, denn für alle Oberflächenelemente do ist dann das Argument Ton ;^ größer, wie s^, dort also 6^ = 0 und dGjdn = 0. Hier wird aus (144"):

^nvFai,,{t,) = J^[F^x{r) - vF^x'ir)\Tdrdcü, was durch teilweise Integration liefert

r

= -rj I F^rx[r) d(o +Jj \r F^ + v-^jx{r)drd(o.

u

Das erste Glied ist nach den vorausgesetzten Eigenschaften von x gleich Null, das zweite liefert

4nvFa,,(t,) ^f{rF, + v^'^^-^^dro. 145')

r = «,

Die Integration über co ist über die ganze Eegelöffnung, also bei Einführung von s^^doo = dO über eine Kugelfläche vom Eadius s^ zu erstrecken; fuhrt man die arithmetischen Mittelwerte von Fq und F^ auf einer Kugel vom Eadius s^ um die Stelle a, b, c ein, indem man

^J(ro)fO^ = I F, I.. , ,„^.,/(^xWO = ! F, : . 1 45")

setzt, so erhält man

oder wegen ä^ = v^^ auch

F„,,{t,) = <J ii |„, + ^^^^ . 145'")

Diese wichtige, zuerst von Poisson^') abgeleitete Formel zeigt an, daß der durch Anfangswerte F^ und F^ erregte Zustand inner- halb der Flüssigkeit aufgefaßt werden kann als die Superposition von Zuständen, die von allen Teilen der Flüssigkeit mit der kon- stanten Geschwindigkeit v gleichmäßig nach allen Seiten hin fort- gepflanzt werden. Ihre Gültigkeit ist bei begrenzten Bäumen k be- stimmt durch die Ungleichung s^ < r\ wo r' oben definiert ist, oder durch ^j < r'/ v; für den unendlichen Raum gilt sie ohne Beschränkung.

Für beliebig begrenzte Bereiche Funktionen G, den oben ge- gebenen Bedingungen entsprechend, zu finden, bietet im allgemeinen

Voigt, Theoretlache PhyBik. 24

370 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

große Schwierigkeit, doch gelingt es mit Hilfe der Spiegelungsmethode leicht, ein G zu konstruieren, welches längs einer Ebene die Be- dingung dG/dn = 0 erfüllt

Setzt man nämlich

146) G=^.^.'l^ + '-^':-y-^=ff+g,

worin r die Entfernung vom Spiegelpunkt von a, b, c in Bezug auf die Ebene bezeichnet, so kann nach der Bedeutung von G in jener Ebene eine normale Verrückung, also ein von Null verschiedener Wert von dG-dn nicht eintreten.

Ist die begrenzende Ebene starr, so ergiebt die Formel (144 ) zunächst

146') iTtvF^Uti) =S{{ffo + /o)^; - (^1 + ^'i)^;) A

wo das Integral über den nach der Seite der positiven Normale n gelegenen, oder kurz, über den positiven Halbraum ausgedehnt ist, für welchen allein F^ und F^ gegeben sind.

Nun unterscheidet sich aber ^ von g nur dadurch, daß in ihm der normale Abstand des Punktes a, i, c von der Grenzebene negativ, statt positiv auftritt; definiert man daher F^ und F^ für den negativen Halbraum so, daß ihre Werte den im positiven Halbraum liegenden spiegelbildlich entsprechen, so kann man statt der letzten Formel auch schreiben

146") 4t«/;,.(^i) = j\oK-ff,I\,)dk,

das Integral über den ganzen Raum erstreckt

Die feste Wand wirkt also ebenso, als wäre jenseits der An- fangszustand des positiven Halbraumes spiegelbildlich wiederholt und die Wand danach beseitigt. Jedes Element des positiven Halbraumes wirkt daher in a, i, c zweimal, einmal direkt, einmal durch Reflexion, und zwar, wie leicht nachzuweisen, nach einer solchen Zeit, als hätte sich die Wirkung, wie einem Lichtstrahle nach a, b, c hin folgend, mit der Geschwindigkeit v fortgepflanzt

Dasselbe Verfahren der Fortsetzung der Fimktionen F^ und F^ über die Grenzen von k hinaus läßt sich auf eine Reihe von durch Ebenen begrenzten Räumen übertragen. Auch sieht man leicht daß es nicht nur auf die Wirkung von Anfangszustanden beschränkt ist, sondern sich ebenso auf eine von irgend welchen Quellen aus- gehende dauernde Erregung übertragen läßt; z.B. auf die Schwingun- gen einer fernen Ebene, welche ebene Wellen gegen die Grenzfläche

§ 20, Elastische Flüssigkeiten bei beliebiger Begrenzung. 371

hinsendet Damit ist denn das Resultat beiläufig erhalten, auf wel- ches schon S. 358 Bezug genommen wurde.

Ist die die -Flüssigkeit begrenzende Wand nicht fest, sondern \¥ird sie in von Stelle zu Stelle wechselnder Weise bewegt, ver- schwindet dafür aber anfänglich sowohl F, als dF/dt innerhalb k überall, so bleibt von (144') nur

T

4^^a6c(^i) = - vJdtjG^^do. 147)

0

Bei einer unendlichen Ebene als einziger Begrenzung der Flüssigkeit ist für G der Wert (146) zu benutzen, aus dem leicht folgt

r _

0

Hierin kann man die Integrationsfolge umkehren und erhält nach (143")

< = <i r V

diese Formel bestimmt vollständig die in dem positiven Halbraum durch beliebige Bewegungen in der Grenzebene hervorgerufenen Vor- gänge. —

Eine zweite spezielle Verfügung über G bietet die Festsetzung, da£ an der Oberfläche G verschwindet. Dann nimmt (144) die Ge- stalt an

T

^nvFa^c{t^) =f{G,F, - G,F,)dk + v^fdifj^ldo 147")

0

und gestattet, F aus gegebenen F^, F^ und F zu bestimmen.

Nun ist zwar an der Ober däche einer elastischen Flüssigkeit in Praxis F nicht direkt vorgeschrieben, aber man kann es aus dort gegebenem & oder gegebenem /? = ci9" bestimmen, weil nach (126'")

( t

F^F\ + F\t + v^JJd'[dif 147'")

ü ü

ist, Indessen ist es hier im allgemeinen bequemer, die Untersuchung von vom herein auf die Auffindung von 0- zuzuspitzen, welches ja derselben Hauptgleichung folgt, wie F, und erst aus dem für x)- ge- fundenen Endresultat das zugehörige F" nach der letzten Formel zu berechnen.

24'

372 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV» Kap.

Wir bilden demgemäB

r

148) 47tv&auc{t,) ^f{G,&, - G,&,)dk + v^fdtj&^^do,

0

worin &q den Anfangswert von &, und r^^ denjenigen Ton d&jöt bezeichnet. Die Vensertung des ersten Integrales bei unbegrenztem k ist dieselbe, wie oben für F gezeigt ist.

Für den Fall, daß der Raum k nur durch eine Ebene begreDzt ist, in welcher & verschwindet, wie das etwa "bei einem großen Teicli. der an den Luftraum grenzt, nahe erfüllt ist, wird

148') G^g-g

und

1 48") », , It,) = -^J ((^„ - g\) &, -{ff,- g\) .>,) dk.

Setzt man nun \h^ und \>^ in den negativen Halbraum derartig fort. daß die Werte an jeder Stelle die entgegengesetzten von denjenigen sind, welche für die spiegelbildlich entsprechende Stelle vorgeschrieben waren, so erhält man

1 48'") {K » o(<i) = j^-/(<7o *i - 9, ^«) dk,

das Integral über den unendlichen Raum ausgedehnt

Es tritt also auch hier eine Reflexion ein, aber die Dilatationen

kehren bei der Reflexion ihr Vorzeichen um.

Ist i?-^ = i^j = 0 und 0- gegeben, so folgt aus (148). da

dg jdn = dgjdn

T

149) I % _ _

0

Kehrt man die Integrationsfolge um, so erhält man bei ttil- weiser Integration des ersten Gliedes

T

149')

= -J_ r' ^^ "t^L^j ^-d

2 TT J ^ dn

0

i>/(ff+7*)s^(' +■"""■

Ü

§ 20, Elastische Flüssigkeiten hei beHebiger Begrenxwig. 373

Hier ist wieder das erste Glied . gleich Null, das zweite giebt

">

Diese Formel bestimmt & innerhalb des positiven Halbraumes durch seinen mit der Zeit und dem Ort beliebig, aber stetig wech- selnden Wert längs der ebenen Begrenzung; durch Kombination mit (148'") kann man eine gleichzeitige Wirkung gegebener anfänglicher Dilatation und Dilatationsgeschwindigkeit mit berücksichtigen.

Wir gehen nun zu der allgemeinen Formel (144) zurück und setzen in ihr G ^ ff, während wir gleichzeitig die Zeit t^ so groß wählen, daß s^ = vt^ größer, als der größte von a, b, c aus nach der Oberfläche von k gezogene EÄdiusvektor r' ist Dann verschwindet nach dem S. 367 Gesagten das Baumintegral, was besagt, daß die gesamte Einwirkung des innerhalb k zur Zeit ^ == 0 vorhanden ge- wesenen Zustandes über die Stelle a, b, c hinweggegangen ist, das Oberflächenintegral gestattet die in (147') resp. (149") ausgeführte Umformung, und man erhält

^...w— i/[ilf+(i4^ + i>^^^'

dt r* I dn_

do. 150)

Wir wollen uns hierin F und dFjdn als Funktionen der Zeit für jedes Oberflächenelement vorgeschrieben denken, setzen also

wendet man dann die Spezialisierung von t auf die einzelnen Glie- der der Klammer in (150) an und bedenkt, daß

Bf[t.-'-) Bf[t,-^)

s= V

^K dr

ist, wo der partielle Dififerentialquotient nach r sich nur auf das, durch den speziellen Wert von t m f eingeführte r bezieht, so erhält man^*)

Diese Formel läßt sich sogleich auf den Fall übertragen, daß der Kaum k unendlich und einerseits von beliebigen im Endlichen liegenden geschlossenen Flächen o^, andererseits von der unendlichen Kugel begrenzt ist; man braucht dazu nur anzunehmen, daß einer-

■^ahM 4y,

do, 150')

374 IL Teil. Mechanik nichtstarrer Körper, IV, Kap.

seits Fq und I\ innerhalb k überall gleich Null sind, und anderer- seits die Zeit t^, zu welcher der Zustand in k untersucht vnrä, endlich ist, so daß von den durch die Flächen o^ eintretenden Bewegungen kein Anteil ins Unendliche gelangt ist

Infolge der ersteren Annahme verschwindet in (144) das Raum- integral, infolge der letzteren das Oberflächenintegral über die un- endliche Kugel.

Die somit in ihrer Bedeutung verallgemeinerte Gleichung (150'; lehrt den Zustand an einer beliebigen Stelle a, b, c eines beliebig abgegrenzten Teiles einer unendlichen Flüssigkeit kennen, wenn die durch seine Begrenzung eintretenden Bewegungen, d. h. die in ihr stattfindenden Werte von F und dFIdn, gegeben sind. Sie dis- pensiert von der Bestimmung der für jede Gestalt von k besonders zu findenden Funktion G, dafür verlangt sie aber die Kenntnis der Oberfiächenwerte von F und dFIdn, die nicht unabhängig von- einander willkürlich vorgeschrieben werden können.

Man kann diese Größen insbesondere aber dann angeben, wenn die Bewegung nur von einer Quelle außerhalb k herrührt, deren Wir- kung sich bis zu der Oberfläche von k theoretisch verfolgen laßt; in diesem Falle kann man die Bewegung innerhalb A, statt durch die Quellen direkt, durch Bewegung der Oberfläche o erregt betrachten.

Diese Auffassung erhält eine ganz besondere Wichtigkeit in der Optik, wo man ihren Grundgedanken als das HuYGHENs'sche Prinzip bezeichnet; aber sie ist auch in der Akustik überall da nützlich zu verwenden, wo es sich um die Fortpflanzung von Wellen innerhalb einer Flüssigkeit handelt, die von einer oder mehreren Quellen ausgehen und in ihrer Ausbreitung durch irgend welche gegebene, als Schirme wirkende Körper behindert werden. Um die Verhältnisse möglichst zu vereinfachen, kann man von den letzteren annehmen, daß sie nichts von der auffallenden Bewegung durch- lassen oder zurückwerfen, was voraussetzt, daß sie die Natur von Flüssigkeiten haben, die gleiche Werte v, wie die betrachteten, und außerdem ein sehr starkes Absorptionsvermögen besitzen.

Schließt man dann die Schallquelle in eine etwa kugel- förmige — Hülle von der beschriebenen Beschaffenheit ein, deren Innenraum mit dem äußeren nur durch irgend welche kleine Otf- nungen kommuniziert, so gestattet die Formel (150') bei Einsetzung der durch die Quelle in den Offnungen erregten Bewegungen, die im Außenraum erregten zu berechnen.

Die Diskussion der allgemeinen Formel oder ihre Anwendung auf die einfachsten Fälle zeigt, daß hierbei der undurchlässige

§ 20. Reaonanxeracheinungen. 375

Schirm keinen Schallschatten wirft, sondern die in der Öffnung erregte Bewegung sich nach allen Richtungen hin fortpflanzt.

Das analoge Resultat kann man übrigens ohne Benutzung der Gleichung (150') in dem speziellen Falle, daß im unendlichen Räume eine punktförmige Schallquelle und eine starre oder in gegebener Weise oberflächlich bewegte Kugel vorhanden ist, aus der all- gemeinen Formel (144') erhalten, da sich für diesen Fall die Funktion G bestimmen läßt

Die Entwickelungen dieses Paragraphen gestatten keine Über- tragung aus dem Raum in die Ebene, da eine dem oben benutzten g entsprechende Hilfsfunktion, welche nur von zwei Koordinaten ab- hängt, nach S. 3G5 nicht existiert.

Demgemäß sind räumliche Probleme, in denen eine Koordinate, etwa z, nicht vorkommt, trotzdem noch als räumliche zu behandeln, und auch in dem Fall einer dünnen ebenen Flüssigkeitsschicht zwischen festen, der XJ"- Ebene parallelen Wänden erhält man die Lösung am einfachsten, indem man die Schicht zu einer unend- lichen Flüssigkeit mit von z unabhängigen Grenz- und Anfangs- bedingungen ergänzt.

Man kann so z. B., wenn die Schicht seitlich unbegrenzt ist, die Wirkung eines Anfangszustandes nach dem PoissoN'schen Satz beurteilen und erkennt auf diese Weise leicht, daß Anfangsver- rtickungen, die ursprünglich auf einem Kreiscylinder konstant waren, zwar stets auf koaxialen Kreiscylindern konstant bleiben, aber sich allmählich über den ganzen Raum ausbreiten und an jeder Stelle erst nach unendlich langer^ Zeit verschwinden; hierdurch erklärt sich beiläufig auch, daß etwas den ebenen und den kugeligen fort- schreitenden Wellen Entsprechendes nicht zu stände kommt.

Dagegen kann man die speziellen Sätze, welche gelten, wenn der Vorgang nur von einer Koordinate und der Zeit abhängt, und welche S. 353 u. f. direkt erhalten sind, durch eine einfache Rechnung aus den allgemeinen Resultaten dieses Abschnittes zurückgewinnen.

Wir wollen schließlich noch eine Anwendung von der allge- meinen Formel (142') machen, welche Licht auf die Gesetze der Erregung von Schwingungen innerhalb einer beliebig begrenzten elastischen Flüssigkeit durch Einwirkungen auf Teile ihrer Ober- fläche wirft, Vorgänge, die man, wie schon S. 357 erwähnt ist, im allgemeineren Sinne als Resonanzerscheinungen bezeichnen kann. Dazu wollen wir annehmen, es sei G eine Lösung der Gleichung

376 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

welche den stehenden Schwingungen eines einfachen Tones inner- halb k entspricht, wie dieselben" eintreten, wenn ein Teil o^ der Begrenzung o von k durch eine feste Wand, ein anderer o, durch eine freie Oberfläche gebildet ist Wir setzen demgemäß

151) G = Rsma{t+tQ),

wo nun Ä eine Funktion der Koordinaten allein bezeichnet, die im ganzen Innern von k der Gleichung

151') ßf^Ä + t/^AÄ^O

und längs Oj der Bedingung öi2/ö« = 0, längs o^ der Bedingung Ä = 0 gentigt.

Für denselben ßaum k sind bei denselben Grenzbedingungen unendlich viele diskrete Werte von a, und somit auch von B, mög- lich, die den Eigentönen der Flüssigkeit unter den gegebenen Bedingungen entsprechen.

Wir wählen eine dieser möglichen Lösungen und setzen zu- gleich die obere Grenze T des Zeitintegrales gleich einem ganzen Vielfachen von deren Periode r =^2nla\ nehmen wir dann noch F und dFjdt zur Zeit f=0 selbst gleich Null, so erhalten wir aus (142')

151")

j [ccFt cos at^ (-^j sin atA Rdk

T T

= v^Jr doj^^ sin a(t + Q dt -- v^J^-^ do^fFsin a {t + t^) dt.

0 0

worin das erste Integral rechts über o^, das zweite über o^ zu er- strecken ist.

Von dieser allgemeinen Gleichung wollen wir nun Anwendungen machen.

Sei zunächst o^ = 0, also für die stehende Schwingung G der Kaum k rings von festen Wänden umgeben, dann verschwindet in der Formel (151") das letzte Integral. Eine vorgeschriebene Be- wegung dFjdn der zuvor festen Wand erregt dann eine innere Bewegung der Flüssigkeit, die zur Zeit t = T durch gewisse Werte von {F)^ und {dFjdt)T an jeder Stelle charakterisiert ist; über deren Zusammenhang mit den von ^ = 0 bis t = T auf die Oberfläche aus- geübten Einwirkungen erkennt man leicht folgendes.

Ist dFjdn eine endliche periodische Funktion der Zeit, so wird der Wert des Zeitintegrales rechts bei beliebig großem T immer end-

§ 20. Resonanxerscheinungen. 377

lieh sein, es sei denn, daß die Periode von dFjdn der von G gleich ist; in diesem Falle wird der Ausdruck rechts mit wachsender Zeit über alle Grenzen zunehmen können. Gleiches gilt sonach von dem Integral links, und zwar wird, da t^ völlig willkürlich ist, im ersten Falle sowohl das Integral über Ft, wie über {dFjdt)T endlich, im zweiten unendlich sein.

Werden also Teile der Wände, welche ein Flüssigkeitsquantum umschließen, so bewegt, daß die normale Komponente der Verschiebung durch eine Summe von unendlich kleinen Gliedern von allen mög- lichen Perioden dargestellt wird, dann können in endlicher Stärke nur die Eigentöne, welche die Flüssigkeit bei ringsum festen Wänden besitzt, ansprechen.

Damit sie wirklich ansprechen, ist noch erforderlich, daß die Teile des Oberflächenintegrales weder einzeln durch den Faktor R verschwinden, noch sich gegenseitig zerstören.

Am einfachsten werden die . Verhältnisse, wenn nur innerhalb eines sehr kleinen Flächenstückes q der Oberfläche die Verrückung, und somit dFIdrij von Null verschieden ist; hier kann man dann R als konstant ansehen und erhält für das Integral rechts den Wert

T

v^^^qj y- sin a{t + t^) dt.

0

Derselbe ergiebt, daß eine Erregung am wirksamsten ist an Orten, wo der absolute Wert von R ein Maximum, am unwirksamsten, wo er ein Minimum besitzt; ersteres entspricht den Schwingungsknoten, letzteres den Schwingungsbäuchen. Durch Bewegung eines Flächen- elementes q werden also Schwingungen, welche in q einen Schwin- gungsbauch besitzen, auch dann nicht erregt werden, wenn sie die- selbe Periode, wie dFjdny besitzen.

Man kann die Voraussetzungen dieser Entwickelungen angenähert realisieren, indem man ein kleines Stück der Wand von der Um- gebung trennt und an einer schwingenden Stimmgabel befestigt

Ein zweiter spezieller Fall ist der, daß o^ = 0 ist, daß also für die stehende Schwingung die natürlich tropfbare Flüssigkeit ringsum durch eine freie Oberfläche begrenzt ist; dann verschwindet in (151") das erste Integral rechts. Im zweiten können wir nach (147'"), da -P und d F j dt nsic^h Xun^übm^ für^=0 überall verschwinden,

( t

0 0

378 //. TeiL Mechanik niehtstarrer Körper, IV, Kap,

setzen und darin nach (124"") {)• mit —pjc vertauschen, wo /? den Wert des äußeren Druckes bezeichnet; hierdurch nimmt das zweite

Integral die Gestalt an

T t t

0 0 0

Periodische Druckänderungen an der Oberfläche können also die Eigentöne wecken, die der Flüssigkeit mit ringsum freier Oberfläche zugehören.

Dieser Fall hat kein praktisches Interesse.

Dagegen eignet ein solches in hohem Maße dem Falle, daß die Flüssigkeit, etwa ein Gas von einer festen Wand umschlossen ist, die eine oder mehrere kleine Offnungen besitzt, durch welche die Flüssigkeit mit einer gleichen, den Äußenraum erfüllenden, kom- muniziert Bei stehenden Schwingungen darf man diese Öffnungen als freie Oberflächen betrachten, da an ihnen merkliche räumliche Dilatationen nicht zu Stande kommen können. Es wird hier also in (151") das erste Integral rechts über die ganze feste Wand, das zweite allein über die Offnungen zu erstrecken sein.

Denkt man sich nun das System der Wirkung von Wellen ausgesetzt, die außen über die eine Öffnung hinziehen, so wird das erste Integral verschwinden, weil auf o^ jetzt öi^/öw = 0 ist; in dem zweiten kann man p als durch die über die Ofihung ziehenden Wellen immer dann vorgeschrieben betrachten, wenn deren Wellen- länge groß gegen die Dimensionen der Öffnung ist; denn dann liegen dieselben Umstände vor, wie zuvor bei den stehenden Wellen, und ^^ kann in der Ofinung von dem im Außenraum vorhandenen nicht merklich verschieden sein.

Demgemäß erhält man jetzt

151'") { _ T tt

0 0 0

eine Formel, welche zur Ableitung der Gesetze der Resonanz im engeren Wortsinne benutzt werden kann und analoge Eesultate aus- spricht, wie auf S. 377 formuliert sind.

Eine genaue Analyse würde die in Folge der inneren Bewe- gungen im Außenraum erregten Schwingungen mit in Betracht ziehen müssen und dann passend nicht die Entstehung der Bewegung, son- dern den schließlich eintretenden stationären Zustand betreffen.

§ 21. Oletehgewtcht in einem unendlich isotropen Körper. 379

Als nahe verwandt mit der Erregung stehender Wellen in einem Luftraum durch Eesonanz betrachtet man diejenige, welche durch Anblasen einer Öffnung in der begrenzenden festen Wand erfolgt; man denkt sich, daß hierbei in der Öffnung der Druck in einer Weise variiert, die der Superposition unendlich vieler, unendlich schwacher Töne entspricht, und kann demgemäß sofort die vorstehen- den Betrachtungen zur Anwendung bringen. Die Beobachtung be- stätigt diese Auffassung, indem sie zeigt, daß die durch Anblasen erregten Töne stehenden Schwingungen entsprechen, bei denen die Öffnung die Rolle einer freien Oberfläche spielt.

§ 21. Isotrope elastische feste Körper. Oleiohgewicht und Beweg^uig

in einem unendlichen Medium.

Den Flüssigkeiten stehen bezüglich ihrer elastischen Eigen- schaften am nächsten die isotropen festen Körper, auf welche sich einige der im vorstehenden erhaltenen Resultate ohne weiteres über- tragen lassen. Wir schließen daher ihre Betrachtung derjenigen der Flüssigkeiten unmittelbar an.

Die Gleichungen für einen homogenen isotropen Körper sind folgende. Für innere Punkte muß gelten

(1^ - ^) -

2 '-' ' 2 dx

c " c. ^ , c -h c, d & -2--^^ + 2~öy'

152)

2 '-' ' 2 dx'

für die Oberflächenpunkte müssen entweder die Verrückungen «, Vj w oder die Drucke

Ä^= -X = (ca ^+ Cj ^[cos {v, x) + \c^ [x^ cos (i^,y) + x^ cos(v,z)]

T = -X = (Ca Vy+c^^ cos (y, y)+\c^ [j^cos [v, z) + y^ cos ( v, .r)] 1152')

Z^ - X= (cg ^ + ^1 ^) cos (y, z)-\-\c^ [^ cos (i/, x) + V50s(v,y)] ,i worin v die äußere Normale bezeichnet, und c ^ c^ kurz = c^ gesetzt ist, gegebene Werte haben; es kann auch bloß die Normalkomponente der Verrückung und die Tangentialkomponente des äußeren Druckes vorgeschrieben sein, was wir der Einfachheit halber ausschließen wollen. Hierzu kommen die allgemeinen Bedingungen für den An- fangszustand, wie dieselben in § 18 auseinandergesetzt sind.

Alle Gleichungen sind in m, r, %o und den äußeren Kräften linear, darum kann man die allgemeinen Lösungen durch Superposition

380

//. Teil. Mechanik nickietarrer Körper. IV. Kap.

von partikulären bilden, die je nur einem Teil der wirkenden Kräfte entsprechen, wenn nur je die Summen der so eingeführten den auf- gestellten Bedingungen genügen.

Sind innerhalb des homogenen Körpers k die Komponenten Xj ¥, Z der körperlichen Kräfte stetige Funktionen der Koordinateiu so kann man nach S. 189 schreiben:

153)

"(

8 0 , BN +

X

d X 80

Z= -

d dM

8 0

dx *^ dx

y dx)'

dx) '

dÄ\

~ dy)'

worm

^ BM ^ dN ^

dx

dy

dx

ist, und die ^, A, M, N vollständig bestimmt sind, wenn an der Oberfläche gilt

153')

a /|)

^ h Xco%{vjx) + rcos(v,y) + i/Cos(v,2:) = 0.

Dasselbe Verfahren kann man auch auf gegebene Verrückungskom- ponenten m, ü, w anwenden und bilden

154)

dF dw dV

u = -.— +

dy

d X

dy dx

w =z-^ 4- d X dx

dx'

d W dx

dU

dy'

wenn

dx dy ist, und an der Oberfläche gilt

du ^ dV , d\V ^

dx

154')

Q Jp

y^ = M cos [v, x) + V COS (i/,y) + w cos {v, z).

Die in (154) gegebene Zerlegung läßt die Verrückungen aus einer Potentialdeformation mit dem Potential F und einer Drillungsdeformation mit den Drillungsfunktionen Uj V, W zu- sammengesetzt erscheinen; beide Teile stehen in nahem Zusammen- hang einerseits mit der räumlichen Dilatation ß-^ andererseits mit den Drillungskomponenten /, w, »; denn es ist

154") AF^ß, A^=-2/, Ar=-27M, A/^'=-2n.

§ 2L Potential' und Drillungsdefonnationwi.

381

Die Potentialdeformationen geben also keine Drillungen /, m, n, die Drillungsdeformationen keine Dilatation &.

Beide Zerlegungen (153) resp. (154) bebalten ihre Bedeutung nach S. 191 auch bei einem unendlichen Medium, wenn nur X, Yj Z resp. u, v, w im Unendlichen verschwinden, und wenn

dX ^ dY , dZ

du 1^ ör dw

über den ganzen Raum integriert, und

Zcos(w,ar) + Zcos(w,y) + ^C08(n,z) resp.

u cos (n, x) + V cos (n, t/) + to cos (n, z),

über etwaige im Endlichen liegende Grenzflächen des Mediums integriert, endlich sind.

Die Werte von (l>, Ay M, N resp. F^ U, F, W sind in diesem Falle auf S. 189 und 191 allgemein angegeben. Bei dem vorliegenden Problem sind zwar in der Regel X, Z, Z gegeben und u^ v, w ge- sucht; die Zerlegung ist aber natürlich auch dann noch auf letztere Größen anwendbar.

Durch die Zerlegung (154) werden auch die Druckkomponenten X^, ... X in potentielle imd rotatorische Teile zerfällt; man erhält nämlich, wenn man sich vorübergehend der Abkürzungen

dy dx ^ dx dx ' dx dy

bedient, die Formeln

dG

+ i{-=- +

dx d

))■

- ^y = ^2

d*F_ ßxdy

+ i

dx dB

d

dx dy

155)

Die potentiellen Glieder nehmen in dem Falle, daß das Defor- mationspotential F die Gleichung aF=0 erfüllt, eine hervorragend

382

//. Teil. Mechanik mehtstarrer Körper. IV. Kap.

einfache Form an und ergeben fiir die Drucke gegen ein Flächeu- element mit der Normalen v sogleich

o^F

"Yl^c.

d^F

-Zl^c

^ dxdv'

155') - Ji;'- Cg^^^^, - -y-iQyQ^j

Hieraus folgt für die Gesamtkomponenten der Wirkung, welche ein beliebiges Bereich ä, innerhalb dessen die Ableitungen von F sich regulär verhalten, von außen erfährt,

155")

(T) = Jx'rf^ = ^2/a|^^ä = 0,

und analog auch {T) = [Z") = 0.

Die rotatorischen Glieder werden besonders einfach, wenn nur eine der drei Funktionen U, F, fF, z. B. U, von Null ver- schieden ist Hier gilt dann

156)

-jr; = o, -r;= + c,S:, -^,"=-03-^

y

d^U

und gegen ein Flächenelement mit der Normale v wirkt

dW

156')

öxdy

i^,^)).

-j;=+ic,^^^:^cos(t.,y)-^

- 1; = + \c, (_.- cos(t.,x) + 2g^^co8(i.,y)

-^. =-i^2tä^cos(i;,x) + (-^--y,---^Jco8(i.,y)

+ 2 :5— ^ cos

(«'j ^))

Summiert man diese Werte über eine geschlossene Fläche o, innerhalb deren die Ableitungen von U sich regulär verhalten, so erhält man

156") (.r') = 0, (n = + ic,/AgrfA, (-?") = -ic,/A|^rf*;

alle Gesamtkomponenten verschwinden sonach, wenn A^ =0 ist.

Setzt man die Werte (153) und (154) in die Hauptgleichungeu (152) ein, so nehmen sie für den Fall des Gleichgewichtes die Form an

§ 21, Gleichgewicht in einem unendlich isotropen Körper. 383

(0 0 , BN dM\ , ^ (dW dr\ , ^ dF (0 0 , dN\ , , (du dW\ . , dF (60 , ajf d^\ , ^ /ÖF Ö^JN , ^ öi^

157)

Diese Gleichungen kann man befriedigen durch d. h. durch

.}

1570

4ncJ r '

. 157")

27rCjJ r ' 27iCiJ r ' 2nc^J r

Ist der Körper unbegrenzt, und verschwinden die körperlichen Kräfte, wie auch die Verrückungen, im Unendlichen, und verhalten sie sich im Endlichen, wie oben erörtert, so stellen diese Formeln die vollständige Lösung des Problems dar und zeigen, daß unter den gemachten Voraussetzungen konservative Kräfte nur Potentialdefor- mationen, rotatorische nur Drillungsdeformationen bewirken.

Sind 0, A^ Mf N nur innerhalb eines sehr kleinen Bereiches k^ von Null verschieden, so kann man für Punkte in angemessener Entfernung bilden

_^ H/" _^8

r r

worin

r '

r

^ ^ib.d

k. = r?.

gesetzt ist.

Ist Aj unendlich klein, und sind die C^ trotzdem endlich, so werden F^ U, V, W in k^ unendlich, dies Element muß dann also durch eine geschlossene Oberfläche o^ ausgesondert werden, und die resultierende Deformation ist als durch Drucke bewirkt zu betrachten, welche von innen her gegen o^ ausgeübt werden und sich nach den Formeln auf S. 382 berechnen lassen.

Wir wollen k^ an der SteUe a, b, c liegend und durch eine Kugel mit dem Centrum in a, ft, c ausgeschlossen denken.

384 //. TeiL Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

Bezeichnet man die Richtung von r positiv im Sinne vom Punkte a, ä, c hinweg und fuhrt durch

X a = ra, y ^ b ^ rßj z c ^ ry

ihre ßichtungscosinus «, ß^ y ein, so erhält man leicht Folgendes. Der Potentialdeformation, die durch

r

gegeben ist, entspricht

158) X^X=--'^-, Y=Y^-^^, Z^Z=-^'l^-^,

der Drillungsdeformation, gegeben durch

r

entspricht

158') x= Jt^ = 0, r^r^^ -^ l^»r-s ^= ^ = + -4S^ ;

analoges giebt Toder ^'gleich C^/r, resp. (7g /r. Das erstere System entspricht einem nach innen gerichteten Zug von der auf der Kugel- fläche konstanten Größe 2c^Cjr^, das letztere einem Drehungsmoment um die X-Axe von dem Betrag

158") (iV^ = \c^C^j{ß^ + y^dm = inc^C^.

Die Gesamtkomponenten sind für beide gleich Null.

Die in (157") enthaltenen Resultate sind wegen der Werte von 0, Aj Mf N durch drei- und sechsfache Integrale gegeben, und daher zum Teil wenig tibersichtlich. Man kann sie auf einem indirekten Wege aber sehr leicht durchaus in der Form dreifacher Integrale erhalten. ''5)

Hierzu gehen wir aus sron den partikulären Lösungen

159) i^=i?, c^=-^, r=+^, r=o,

worin r^ = x^ + y^ + z^ ist, und welche den Hauptgleichungen (152' resp. (157) bei verschwindenden X, }\ Z genügen, wenn nur

159') 2cf/ = c^p = {c-c^)p

ist Sie liefern die Verrückungen

1 KQ"\ i^ + ^i) ^* (^ + Ci)yz {c + r,) + (3r - e. Ir* 159 ) U = P— 4 , V =P—^ -a - > ^ —P iT-i ^

die im Unendlichen verschwinden, aber im Koordinatenanfang un- endlich werden; letzterer Punkt muß daher außerhalb des Mediums

§ 21, Gleichgewicht in einem unendlichen isotropen Körper. 385

liegen. Wir schließen ihn durch eine Kugel um den Koordinaten- anfang aus und erhalten für die Druckkomponenten gegen ein Flächenelement derselben

160)

^r- 2cr* ' *•"" 2cr* '

^ __ 3p (c» - Ci») x^ p{e-c{f *■"" 2cr* "^ 2cr« '

welche nach den Grenzbedingungen

durch von innen gegen die Wand der Höhlung ausgeübte Druck- komponenten Xj Tj Z hervorgebracht sein müssen. Diese letzteren geben über die Fläche der Kugel summiert die Resultate

(X) = 0, (F) = 0, [Z)^i7ip{c'- Cj). 160')

Ist der Hohlraum unendlich klein, so können in endlicher Entfernung von ihm die Verrückungen nicht von der Gestalt des Hohlraumes und der Verteilung der gegen seine Wandung wirken- den Drucke abhängen, sondern nur von der Größe und der Rich- tung ihrer Resultanten. Sie müssen also z. B. auch dann durch die Formeln (159) resp. (159") gegeben sein, wenn der Hohlraum aus- gefüllt ist und auf seinen Inhalt eine äußere körperliche Kraft von der Größe jener Resultanten ausgeübt wird. Es ist dann nur {Z) mit (>j Z^ dk^ zu vertauschen, wenn dk^ das Volumen, q^ die Dichte der den Hohlraum erfüllenden Masse bezeichnet, und Z^ wie sonst auf die Masseneinheit bezogen wird.

Es wird in diesem Falle also

^ _ 9\Zx{c '\-c;)xxdk^ ^ ^ Qy Z^[c + c^) y X dk^ ^nc{p c^)r^ ' Sti c (e Cj) r*

^ ^ gt ^ ((c + c,) »« + (3c - cQ r») dky ^

161)

Befindet sich das Volumenelement dk^ nicht im Koordinaten- anfang, sondern an der Stelle ^i,yi,^i, so ist nur x mit ;r ar^, y mit y yi, z mit z z^ zu vertauschen.

Von diesen Formeln ist nun sogleich der Übergang zur Lösung unseres allgemeinen Problemes möglich; denn wegen der linearen Form der elastischen Gleichungen finden sich, wenn an allen Vo- lumenelementen beliebig gerichtete Kräfte angreifen, die Verrückungen durch Erweiterung der obigen Ausdrücke durch ZufÜgung der von Xj und Jj abhängigen Glieder und Integration über alle Volumen- elemente. So gelangt man zu den Werten

Voigt, Theoretiitche Physik. 25

386 IL Teil. Mechanik niehtstarrer Körper. IV. Kap.

dkt

1 61-) r " 8^"c c^/ 1*^ + '^i^^y - yi) t^i (^ - *i) + ^1 (y - yi) + ^1 (^ - ^i):

+ {3c-Cj)j;r«

+ (3c-c,)^,r^]^,

welche, wie oben gesagt, nur noch dreifache Integrale enthalten.^*) Ist der Körper endlich, so genügen die Lösungen (157") resp. (161') nicht den Grenzbedingungen, sie stellen aber nach dem oben Gesagten immer noch einen Teil der allgemeinen Lösung dar. Eüi zweiter u\ v\ w^ muß dann den Bedingungen (152) mit verschwinden- den äußeren Kräften genügen und außerdem bewirken, daß an der Oberfläche entweder die Verrüekungen u\ v\ w\ oder die Drucke Xii, Yn, Zn den gegebenen Werten, vermindert um die aus m, t?, tr 3ich ergebenden Beträge, gleich werden.

Auch für die Behandlung des Bewegungszustandes in unend- lichen isotropen Medien erweist sich die oben gegebene Zerlegung der Verrückungen geeignet Nach S. 338 gelten hier bei hinlänglich schnell wechselnden Deformationen ebenfalls die Formeln (152), nur stehen die adiabatischen Konstanten an Stelle der isothemüschen. Die Gleichungen (152) nehmen »durch Einführung der in (154) ge- gebenen Werte die Form an

162)

d^ (dF , dW dV\ , ^ (dW dV\ , ^

dF

d^ (dF au dW\ , ^ (dU dW\ . ^ dF

dt^\dy dx dx I ^^ \dx dxj dy^

d' (dF ^ dV dü\ , ^ (dV dU\ , ^dF

- ' ' 1 i/. AI \ _j.cAg— ;

^ dt^yd^"^ 'dx dy )'~'^^^^[dx dy)

von den körperlichen Kräften und Oberflächendrucken kann hierbei, wenn sie nicht mit der Zeit veränderlich sind, abgesehen werden, da sie nur eine dauernde Deformation geben, über die sich die Schwingungen lagern, ohne von ihr beeinflußt zu werden.

Zu diesen Hauptgleichungen kommen noch Bedingungen fär den Anfangszustand und, wenn eine dauernde Erregung an den Grenzflächen wirkt, solche, welche die Art, wie diese stattfindet, ausdrücken.

§ 21, Schwingungen in einem unendlichen isotropen Medium, 387

Ist das Medium unbegrenzt und zeitlich wechselnden körperlichen Kräften nicht ausgesetzt, so können Bewegungen nur in Folge an- fänglicher Verrückungen oder Geschwindigkeiten eintreten.

Wir setzen fest, daß zu der (beliebigen) Zeit ^ = 0

du dv dw ifio'x

u = u^, v = »o» «^ = «^0» ~dt^'^^' Ö7""^i' yf^^^i ^^^^

*ist, und daß sowohl

dx "^ dy ■*" d% dx'^ dy'^ dx

im Unendlichen verschwinden und über den ganzen Raum integriert einen endlichen Wert ergeben.

Dann können wir die Zerlegung (154) auf die Anfangswerte anwenden und schreiben

"*'~ dx '^ dy

dx '

dFi dW^ "i ~ dx "^ dy

~'dx'

162")

die F, Uj Fj W werden dabei durch die gegebenen Größen vollständig bestimmt sein, und man wird auch umgekehrt jede einzelne von ihnen willkürlich vorschreiben können.

Infolgedessen müssen die allgemeinen F^ Uj F, fF in den Formeln (162) gleichfalls voneinander unabhängig sein, und jene Gleichungen in solche zerfallen, die sich nur auf je eine dieser Größen beziehen.

Die Gleichung für F lautet bis auf eine irrelevante Funktion der Zeit allein, die mit F verbunden werden kann,

ß-a^ = cA/; 163)

diejenigen für U, Fj JF, bis auf gleichfalls irrelevante Funktionen von X, resp. von y oder z und t

Q^^^ = \c,AU, (>^^ = ic,AF; p^J = ^c,Ar. 163')

Diese Formeln sind mit der Gleichung (126"), welche für elastische Flüssigkeiten gilt, der Form nach identisch, und gestatten, da bei einem unbegrenzten Medium die Fj U, F, JF voneinander unabhängig sind, genau dieselbe Behandlung, wie jene, insbesondere auch die Anwendung der PoissoN'schen Gleichung (145'"), welche ihre Werte

25*

388 //. Teil Mechanik niehtstarrer Korper. IV, Kap,

ZU beliebiger Zeit direkt durch die Anfangswerte ausdrückt Einen Unterschied bedingt allein der Wert der Fortpflanzungsgeschwindig- keit V resp. w, der für F gegeben ist durch

163") 1/^ =

für ü, Vy W durch

163"0 «* = |^.

Hieraus folgt, daß in einem elastischen festen Körper Anfangs- verrückungen und Anfangsgeschwindigkeiten, welche die voraus- geschickten Bedingungen erfüllen, sich in je zwei Teile von dein Charakter der Potential- und der Drillungsdeformation sondern, und daß ihre Wirkungen sich mit verschiedener Geschwindigkeit fort- pflanzen, sich also räumlich sondern.

Die Berechnung der einzelnen Teile ^^,, ^j, tZ^^, i/^, . , . ist meist umständlich, überaus einfach aber in dem Fall, daß der Anfangs- zustand nur von einer Koordinate, z. B. von r, abhängig ist Dann reduziert sich nämlich das System (162") auf

und man kann daher die Formel (163) auf w statt auf P^ die For- meln (163') auf u und v statt auf (7, T, W anwenden.

Hieraus folgt, daß unter den gemachten Voraussetzungen die normal zu der Wellenebene stehenden, also longitudinalen, Ter- rückungen Potentialdeformationen, die ihr parallel liegenden, also transversalen, Drillungsdeformationen bewirken.

Die Resultate bezüglich der Einwirkung des Anfangszustandes sind in der Gleichung (132') auf S. 355 enthalten bei Berücksich- tigung der hier stattfindenden Werte der Fortpflanzungsgeschwindig- keiten und der an Stelle von S tretenden m, r, w.

Etwas Ahnliches findet statt, wenn das Medium durch die un- endliche Ebene z = 0 begrenzt ist, welche parallel mit sich, aber sonst beliebig, bewegt wird. Sind dabei die Anfangsverrückungen und Geschwindigkeiten im positiven Halbraum gleich Null, so muß nach Symmetrie die fortgepflanzte Bewegung auch in W^ellenebenen parallel der A'^Z- Ebene stattfinden, wodurch sich wieder t< und r als Drillungs-, w als Potentialverrückung ergiebt

Hier gewinnen die Resultate (132") von S. 355 bei entsprechen- der Bestimmung der Geschwindigkeiten Geltung.

§ 2L Ebene Wellen in einem unendlichen isotropen Medium. 889

Wird die Ebene r = 0 absolut festgehalten, und ist der Anfange- zustand von x und y unabhängig, so ist das Verfahren der entgegen- gesetzt-spiegelbildlichen Fortsetzung des Anfangszustandes in den negativen Halbraum hinein anwendbar.

Sind in der Ebene z = 0 die äußeren Drucke und hierdurch nach (152^) X^, J^, Z^j die mit dufdz, dv/dz, dw/dz proportional sind, als Funktionen der Zeit allein vorgeschrieben, so wird Formel (132"') anwendbar.

Ist endlich die Ebene z=0 frei, also nach (152') bei den ge- machten Annahmen dujdz, dvjdz, dwjdz daselbst gleich Null, so ist die einfache spiegelbildliche Fortsetzung der Anfangswerte in den negativen Halbraum vorzunehmen.

Daraus ergeben sich dann die Regeln für die Behandlung einer planparallelen Schicht eines festen elastischen Körpers, deren Grenzen fest oder frei sind, oder gegebene Verrückungen oder ge- gebene Drucke erfahren; auf ihre Wiedergabe darf bei der großen Ein&chheit des Problemes verzichtet werden.

Komplizierter gestalten sich die Probleme der Reflexion und der Brechung schief auffallender ebener Wellen an der ebenen Grenze zwischen zwei elastischen Medien. Hier wird eine wesentliche Vereinfachung durch die Annahme der Isotropie der Medien nicht bewirkt, sondern nur eine formale, und daher mag dies Problem erst bei Behandlung krystaUinischer Medien und aus gewissen Gründen erst im nächsten Kapitel, in Angriff genommen werden.

Die mittlere Energie einer ebenen Welle berechnet sich genau so, wie auf S. 358 für longitudinale Wellen gezeigt ist, auch für transversale; bei Einführung der größten Amplitude A der Ver- rückung erhält man in beiden Fällen übereinstimmend

Neben den ebenen beanspruchen auch im festen elastischen Körper die Kugelwellen ein besonderes Interesse, welche auftreten, wenn jF, i7, T, W die Koordinaten nur in der Kombination enthalten, welche die Entfernung r des betrachteten Punktes von einem be- liebigen festen, etwa dem Koordinatenanfang ausdrückt

Die Gleichungen flir jene Fimktionen nehmen dann die Gestalt an

d^rF __ d^rF d^rU _ 1 d^rU d^rV _ ^ d^rV d^rW _ , d^rW ' ^

390 //. TeiL Mechanik niehtstarrer Körper. IV, Kap,

und gestatten dieselbe Behandlung, wie S. 363 die entsprechende für F allein. Die dort erhaltenen Resultate über die Potential- verrückungen, welche longitudinal stattfinden, sind sogar unge< ändert auf unseren Fall zu übertragen, es braucht also nur auf die UriUungsverrückungen, die sich durch U, Fj W bestimmen und deren Komponenten wir mit u\ v\ l^?' bezeichnen wollen, etwas näher eingegangen zu werden.

Aus

164-)

'^ dr r

dV X

dr r

,_ X dr r

dW X dr r

,_ dV X dr r

du y dr r

u

w =

folgt

u^x + ü'y + w'z = 0;

die resultierende Verrückung S^ ist also normal zu r oder trans- versal, analog wie bei ebenen Wellen.

Einen genaueren Einblick in ihre Natur erhält man, wenn man alle Teilchen betrachtet, welche auf einer Kugelfläche um den An- fangspunkt liegen; für diese sind mit r auch Uy Fy fT die gleichen, das System (164') nimmt also, wenn wir mit Z, M, A^ jenen Teilchen gemeinsame Funktionen von t allein bezeichnen, die Form

y! = Ny Mzj v^ ^ Lz Nx^ tr' = Mx Ly

an, deren Vergleichung mit den Formeln (118) auf S. 96 zeigte daß die Kugelfläche in dem Augenblick, wo die Werte w', t?', \t gelten, eine Gesamtdrehung vom Betrage

um eine Axe durch ihr Centrum, deren ßichtungscosinus resp. LjB, MjDj Njl) sind, erlitten hat.

Die Rotationsaxe fällt mit einer Koordinatenaxe zusammen^ wenn zwei von den drei Funktionen ?7, F, JF verschwinden.

Der einfachste Ansatz für eine fortschreitende, transversale Kugelwelle wird hiemach durch

164")

erhalten.

, dW y , dW jc , ..

dr r ^ dr r

JF

a . ( r

= SinaU + <L

r V " w

§ 21. Kugelwellen in einem unendlichen isotropen Medium. 391

Die resultierende Verriickung besteht wieder aus mehreren Grliedem, die nach verschiedenen Gesetzen mit wachsender Ent- fernung r abnehmen. In großen Entfernungen bleiben nur diejenigen merklich, bei welchen die Differentiationen nach den Koordinaten sich ausschließlich auf das unter dem Sinus vorkommende Glied beziehen, so daß man setzen kann, indem man dWjdt in W abkürzt,

«'=- ^, t;'=+ -, tt;'=0, 164'")

und ähnlich für die lebendige Kraft t/;' der Volumeneinheit

2V' = ^'^-^^'. 165)

G)'

Das Potential qp' der Volumeneinheit folgt nach (115") wegen iV* = 0 und tt? = 0 in der Form

^^•-^[(fc")'+(S)'+t(i)'+(if)'+i+ii)')i.

oder bei gleicher Beschränkung auf die höchsten Glieder

Hieraus folgt wegen c^I^q = «^

und

6 = ^ r^ = -^T^^-smVsm^a ^^ + ^, - J , 165")

wobei y den Winkel zwischen r und der +^-Axe bezeichnet. Daraus ergiebt sich der Mittelwert

'^ 2r*(jjr ' '

und bei Einfuhrung von acc/o)= A und a =^2n/r schließlich

«;=-S^8inV. 165'")

Die Fortpflanzung geschieht also nach verschiedener Richtung mit verschiedener Intensität, normal zur Rotationsaxe mit der größten, ihr parallel mit verschwindender.

§ 22. Gleichgewicht iflotroper Medien bei beliebiger Begrenzung.

Satz von Betti.

Wenn auf einen beliebig begrenzten isotropen elastischen Körper körperliche Kräfte wirken, so ist es nach dem vorigen Paragraphen

392 //. T(dL Mechanik nichtstarrer Körper. IV, Kap.

immer möglich, ein Yerrüclningssystem zu finden, welches den jene enthaltenden Hauptgleichungen genügt, aber den Oberflächen- bedingungen nicht entspricht Man kann dies System als einen Teil der allgemeinen Lösung ansehen, und das Problem ist voll- ständig gelöst, wenn es gelingt, ein zweites System Verrückungen zu finden, welches den Hauptgleichungen bei verschwindenden körperlichen Kräften genügt und an der Oberfläche die gegebeneu Werte der Verrückungen oder Drucke, vermindert um die von dem ersten System herrührenden Anteile, ergiebt Dies soll jetzt aus- geführt werden ; weil aber das Problem auch selbständige Bedeutung hat, wollen wir die bezüglichen Verrückungen wieder mit u, v, v, die Oberflächendrucke mit X, Y, Z, die Oberflächenverrückungen mit Uj V, w bezeichnen imd von dem Zusammenhang mit der oben gelösten Aufgabe absehen.

Bei verschwindenden körperlichen Kräften lassen sich die Haupt- gleichungen schreiben

^«^) 0^=-^:+«;-^«' ö7=-c-t4^''' 0^=-^^^^""-

die Grenzbedingungen lauten, wenn die Verrückungen in der Ober- fläche vorgeschrieben sind,

166') w = «o' ^ = ^o> ^^ = w^a»

wenn aber die Drucke gegeben sind, kann man sie nach (152') bei Einführung der Drillungen /, w, n leicht in der Form schreiben:

^ = -?- X - ^ i9- cos (i/, ;r) - n cos(v,y) + mcos{v,z).

166")

g^ = ^ T- ^ T> cos {i/,y) - / cos (i/, z) + n cos {if,x),

o tc 1 c

j— = —Z ^-& cos {vy z) m cos {v, x) + l cos {vjv),

0 V Ca

worin v die äußere Normale bezeichnet und, wie schon oben, c fj in Cj abgekürzt ist

Diese Formeln weisen darauf hin, daß bei gegebenen Ober- flächenverrückungen zunächst auf die Bestimmung von & aus- zugehen ist; aus dessen Werte allein findet sich dann m, r, tr nach den in § 22 des ersten Teiles entwickelten Methoden fiir die Be- stimmung einer Funktion yj aus gegebenem A'^ und i//. Bei ge- gebenen Oberflächendrucken muß aber &, l, m, n gefunden sein. um jene Methoden, und zwar für gegebenes A V^ und dxpjdvj anzu-

w

167)

§ 22, Der Beüi'si^ ScUx. 393

wenden; es bleibt in diesem Falle, wie begreiflich, in Uj v, w je eine additive Eonstante unbestimmt

Für die Lösung der Aufgabe, & und l, m, n zu finden, erweist sich eine Beziehung nützlich, welche den Namen des BETTi'schen Satzes fiihrt^^ Sind nämlich zwei Systeme von körperlichen Kräften X, Y, Z und 3£, % 3> sowie von Oberfiächendrucken X, ¥y Z und dij% S gegeben, und bezeichnen u, v, w und u, D, m zwei Systeme mit ihnen verträglicher Verrückungen in demselben homogenen elastischen Körper ä, so ist

/«"'*[(^-s?)"+(^-s)''+(^-w)"

+ Jdo{X\i + Fi + Zto)

Diese Gleichung wird bewiesen, indem man die Werte von

aus den Hauptgleichungen (118) einsetzt und das Raumintegral so durch teilweise Integration umformt, daß alle Oberfiächenintegrale verschwinden.

Man erhält aus ihr einfachere Eeciprocitätssätze, indem man Verfügungen trifft, welche eine größere oder geringere x\nzahl von Gliedern verschwinden lassen. Dabei ist indessen zu beachten, daß die damit eingeführten Annahmen über Kräfte und Verrückungen miteinander vereinbar sein müssen.

Betrachtet man z. B. zwei Gleichgewichtszustände, bei welchen die Oberäächenpunkte sämtlich festgehalten sind, und läßt körper- liche Kräfte nur auf zwei sehr kleine Bereiche ä' resp. F wirken, so erhält man

k' (Xu + ro + Zro) = r {diu + ©t; + 3tr); 167')

dies läßt sich, indem man von den Komponenten einige gleich Null setzt, noch weiter vereinfachen und ergiebt einen leicht in Worte zu fassenden Satz.

Befindet sich der elastische Körper unter alleiniger Wirkimg von Oberflächendrucken im Gleichgewicht, so nimmt die Formel (167) die speziellere Gestalt an

. fdo(Xü + Tt> + Z^) =-fdo{iü +fv + 3^), 167")

394 IL Teil, Mechanik nichtstarrer Körper. IV, Kap.

welche die Grundlage für die weitere Entwickelung dieses Ab- schnittes bildet

Bei derselben soll u, t?, w jederzeit das gesuchte System Ton Verrückungen und X, T, Z das ihm entsprechende System von Ober- Üächendrucken bezeichnen, welches mit dem der inneren Drucke durch die Beziehungen

x+ x,= r+ r, = z+z,=^o

verbunden ist

u, t), \v soll hingegen ein System von Hilfsverrückungen be- zeichnen, X, I), 3 das ihm entsprechende System von Drucken, und zwar wollen wir so über sie verfugt denken, daß Verrückungen und Spannungen an einer Stelle a, b, c des Körpers k unendlich werden, so daß dieselbe also durch eine unendlich kleine Ober- fläche, etwa eine Kugelfläche ä' um a, b, c als Centrum, ausgeschlossen werden muß, um die Formel (167") anwenden zu können.

Außer über die gegebene Oberfläche o von k sind dann dit Integrale in (167") noch über diejenige o' von ä' zu erstrecken; dit auf letztere bezüglichen Werte mögen aber, als für das Innere von k geltend, nicht durch einen Strich ausgezeichnet werden.

Führt man, wie auf S. 384, die Richtungscosinus a, ß, y de? Radiusvektors von a, b, c aus ein, so werden nach (152') die in dem Integral links in Formel (167") auftretenden Drucke an der kleinen Kugel die Werte erhalten:

168) r==rr=^{c,i/^ + c,&)ß-ic,{2/^r + i/.cc),

Da die wirklichen Verrückungen m, v, w innerhalb k stetig sind so kann man hierin die Werte der Deformationsgrößen statt ftr die Kugelfläche o' für ihr Centrum, d. h. für den Punkt a, b, c selbst nehmen.

Was die Verrückungen w, v, w in dem Integral rechts in Gleichung (167") angeht, so kann man auf o' für sie die Entwickelung setzen

168')

, (du . du a . du \ , (dtc , die ^ , dw \

r = 17 + r

§ 22. Oleichgewieht eines beliebig begrenzten isotropen Körpers. 395

wo sich nunmelir die Größen rechts ebenfalls auf die Stelle a, &, c beziehen.

Nach diesen Vorbereitungen wählen wir zunächst fiir die Hilfs- größen u, ö, xo die Komponenten einer Verrückung, die innerhalb k regulär ist, aber an der Stelle a, J, c sich verhält wie diejenige der S. 384 betrachteten Potentialdeformation mit dem Potential

?=•

nämlich wie

u' =

Setzen wir in der Formel (167") diese Ausdrücke neben den Werten (168) in das Integral links über die kleine Kugelfläche ein und bemerken, daß

/$'«" = /$>' = /^V'=^, 169')

aber

j'-^ßy-S'-^yu-j^-ß-^ 169")

ist, so reduziert sich dasselbe auf

In das Integral rechts ist neben den Werten (168') das g' ent- sprechende System der Potentialdrucke einzusetzen, das nach (158) lautet:

I=-2c,^, ^)=-2c,^, 3=_2c,^, 169'") woraus unter Rücksicht auf (169') folgt

g ''3 ^'a h c

Führt man diese Werte in (167") ein, so erhält man wegen c^ + c^ = c das Resultat

4nc&abc = Jdo [(Xw +^^+ Sic) - (Xu +Tö + Zio)] , 1 70)

wo sich das Integral über die gegebene Oberfläche des elastischen Körpers erstreckt

Kann man nun für den gegebenen Körper ein System Hilfs- größen u, ö, tu finden, welches die Hauptgleichungen (166) und die Nebenbedingungen (169) befriedigt, und überdies an der Oberfläche des Körpers verschwindet, so ist

396 //. Teil. Mechamk nichtstarrer Körper. IV. Kap.

170') ^nc»abc = Jdo{£ii+^+Si^);

es ist in diesem Falle also & durch die vorgeschriebenen Oberflächen- werte u, V, w mit Hilfe der aus den u, ö, to folgenden Oberflächen- drucke 3£, ^, 3 vollständig bestimmt und durch eine einfache Quadratur zu finden.

Ist hingegen das Hilfssystem u, t>, tt) so bestimmt^ daß an der Oberfläche de, % S verschwindet, so wird

170") i7ic&abc= -fdoiJ^i+Ti+Ziö)]

hier ist also & durch die Werte der Oberflächendrucke und die Oberflächenwerte der u, ö, ttJ bestimmt.

Diese Resultate haben große Verwandtschaft mit der S. 185u.f. auseinandergesetzten Methode der GEEEN'schen Funktionen zur Lo- sung von Randwertaufgaben flir Funktionen F, die der Gleichung A ^= 0 genügen.

Für den Fall gegebener w., r, w ist durch Vorstehendes alles erreicht, was zur allgemeinen Bestimmung von «, r, w nötig ist. Für den Fall gegebener X, Y, Z muß dagegen erst, wie hier ß-^ auch noch /, m, n gewonnen werden.

Zu diesem Zwecke wählen wir für u, ö, xo ein System von Ver- rückungen Uj, Dj, »1, das sich im übrigen innerhalb k regulär ver- hält, aber an der Stelle a, ä, c übereinstimmt mit demjenigen, welches einer Drillungsdeformation mit der S. 384 eingeführten Drillungs- funktion

entspricht, also mit

U' = -

r

ai 5^

r w ' -

171) «', = 0, t,',=-^=-^, „', = _^»+^.

Führt man in der Gleichung (167") diese Werte in den An- teil des Integrales links ein, welchen die unendlich kleine Kugel- fläche d liefert, so erhält man nach (169") den Wert Null

Die dem obigen U^ entsprechenden DriUungsdrucke werden nach (158')

171') X' = 0, t=-|c3f, 3'=+|c,-^;

setzt man sie neben (168') in den auf die Kugelfläche bezüglichen Anteil des Integrales rechts ein, so erhält man

und somit das Gesamtresultat

§ 22. Oleiehgewieht eines beliebig begrenzten isotropen Körpers, 397

^^c^laic = fdo [(Xuj + Yt)^ + Zro^) - [k^u + ^^v + Siw)] , 171")

worin Xj , Di , S^ die dem oben definierten System % , ö^ , Wj ent- sprechenden Drucke an der Oberfläche des elastischen Körpers be- zeichnen.

Führt man Hilfsgrößen u,, t>^j tP] ein, die in a, &, c mit den durch die Drillungsfunktion

bestimmten

»' = -

r

öl öi

übereinstimmen, so folgt analog

4nc^ma^c = Jdo[{X}i^ + Tö^ + ^2) (V + ^^ + 3a^)]- 172')

Endlich liefert ein System U3, D3, rOj, welches in a, i, c über- einstimmt mit den aus der Drillungsfunktion

1

folgenden

r

(üe Formel

4nc^naj,c = /rfo [(Xi^ + fS; + ^3) - {X^ü + f 3^ 4- 3,^)] . 173')

Werden die u^, ü^; ft);^ überdies den Bedingungen unterworfen, daß sie an der Oberfläche o verschwinden, so erhält man

^nc^laic = fdo{XÜ^ + 5^1 + ^1), 173")

werden sie so bestimmt, daß daselbst die ihnen entsprechenden Drucke gleich Null sind, so ergiebt sich

4^c,/a5c = - fdo{l^u + %i+ äT^); 173'")

Diese Formeln entsprechen genau den für t'^ahc abgeleiteten (170') und (170") und gestatten, wenn für einen Eaum k die zugehörigen "a> ^hi ^h göfttiiden sind, die Bestimmung der Drillungskomponenten /, m, n für eine jede Stelle aus gegebenen Werten der Oberflächen- verrückungen oder Oberflächendrucke.

Beide Systeme können, abgesehen von der Bedingung der Stetig- keit, im allgemeinen beliebig vorgeschrieben werden; nur in dem

398 //. Teil, Mechanik nicktstarrer Korper, IV, Kap,

Falle, daß auf der ganzen Oberfläche X, 1", Z vorgeschrieben sind, müssen diese mit den X, Y, Z zusammen die allgemeinen mechanischen Q-leichgewichtsbedingungen erfüllen.

Wie aus gefundenem i^- allein bei gegebenen m, v, Wj aus ge- fundenen iV-, /, m, n bei vorgeschriebenen X^ Y, Z sich schheßlich die Verrückungen w, r, w für jede Stelle bestimmen lassen, ist bereits auf S. 392 erörtert worden.

Die Bestimmung geeigneter Hilfsfunktionen u^, ö^, m^ ist im aD- gemeinen schwierig, läßt sich aber für den Halbraum, den wir durch die Bedingung z > 0 definieren wollen, verhältnismäßig leicbt durchführen.^®)

Bei gegebenen Oberflächenverrückungen m, r, tr handelt es sich zunächst nur um die Berechnung von &^ nicht auch voii /, m, n. Für dieselbe ordnen wir dem Punkte a^b,c seinen Spiegel- l)unkt a, by c in Bezug auf die Ebene z = 0 zu und bezeichneu die Entfernung von ihm mit r .

Setzen wir dann

_ _r r ^ ^ r'

~ bx bx ^ bxbx"*

174)

b- b-, ö»-,

vt *" *■ O *■

by by * bybi

öl ai b^\

bx bx *""» bx* ' so genügt dies System den Hauptgleichungen (166), wenn

174-) r,= rtj^_!^^?

ist Stimmt für r = 0 überein mit u\ t)\ id' in (169X verhält sich im übrigen filr z > 0 regulär und verschwindet für z = 0.

Das in der Formel (170') für * vorkommende Integral ist hier über die Ebene r = 0 zu erstrecken, die X, % 3 sind daher mit X,, ?)., 3a identisch.

Ihre Werte findet man leicht zu

r' e'- e* -

174*^ .\\ = 4rr. i . . '^l. = 4rr. ^^ ^. i = 4rr. -r-^.

wonn

174 ^ . _ M _ M

§ 22, Der Halbraum bei gegebenen Oberfläehenverrüekungen, 399

Vertauscht man weiterhin a, ä, c mit x, y, 2 und bezeichnet die Ko- ordinaten von do mit ar^, y^, um & sogleich als Funktion von x, y, z zu erhalten, wie es weiter gebraucht wird, so wird aus Formel (170')

r^ I I \ r . r . r -

wofür man auch setzen kann

oder, wenn man

JJ^ dx, dy, =A, JJ-^ dx^ dy, = B, JJ^ dz, dy,=C 1 75') setzt,

wo P eine gegebene Größe bezeichnet

A, Bj C sind nach S. 158 NEWTON'sche Potentialfunktionen mit der Konstante /"= 1 von Belegungen der XT-Ebene mit den Dichtig- keiten Uj V, 10 ; sie erfüllen demgemäß die Gleichungen

A^= AB= AC=0 176)

und, da sie symmetrisch zur Xr- Ebene sind, nach Gleichung (165') auf S. 158 auch die anderen

-— -=— 2;rM, -^~=—27tv, -5— =— 2;r«7. 176)

ox ' o* l ax '

Auch P erfüllt die Gleichung A i^ = 0, giebt aber für z = 0 auch dP/ör = 0.

Diese Eigenschaften zusammen mit der allgemeinen Beziehung, daß für eine Funktion y, welche die Gleichung a y = 0 erfüllt,

Azq>^2d(pldz 176")

ist, kommen nun bei der Bestimmung von u, v, w aus dem gefun- denen i^ zur Anwendung.

Die Hauptgleichungen (166) für w, r, w nehmen jetzt die Form an

dy dx^

a»p

71 A V =^ c^

?rA»f =^3^^, ,

177)

400

//. TeiL Mechanik nichtsiarrer Körper. IV, Knp,

die Grenzbedingungen lauten für z = 0,

177') M = w, » = 17, «? = «?.

Aus ihnen kann man nach dem Vorstehenden schließen

177")

» dy o ÖP

dA

dx'

wodurch alle Bedingungen befriedigt sind.

Die Gleichungen (177") stellen also die Lösung des Problemes der Deformation des positiven Halbraumes durch in der Grenz- ebene z = 0 ausgeübte Verrückungen dar.

Das Resultat drückt sich aus in Summen über die Wirkungen, welche die einzelnen Oberflächenelemente ausüben. Für ein einziges do := q im Koordinatenanfang und einen in endlicher Entfernung davon befindlichen Punkt x, y, z erhält man leicht, falls

.2 _

2

^a

r^ = ar^ + y^ + jr

177'")

2nu Cj/

q r

f («(3a* - 1) + vaß + toar)+ufi.

2nto c^if r

= -^(«ya + »y/9 + «.{3y*-l)) +

w

ein Resultat, das sich noch vereinfacht, wenn man nur eine der Komponenten w, w, w von Null verschieden annimmt

Es ist bemerkenswert, daß die im Innern des Körpers erregten Verrückungen ein Glied enthalten, das von dessen elastischen Kon- stanten vollkommen unabhängig ist

Nicht so einfach ist der Fall gegebener Oberflächendrucke.

Zur Bestimmung von & hat man zu setzen

. 178)

öl

u = -.-^ + -'--/+2z

^^

dx

d X

oy Cf äff

- + 2z

_ »• 1 »■ , o

dxdx'

"h

dydx'

"h

§ 22, Der HaUbraum bei gegebenen Oberflächendnteken, 401

worin der zweite Teil sich nur durch den konstanten Faktor .l/c, von demjenigen des Ansatzes (174) unterscheidet, also den Haupt- gleichungen genügt, da es jener thut; der Ansatz verhält sich für r = 0 wie u', ö', »' in Formel (169), ist im übrigen für z > 0 regulär und macht f&r z = 0 auch

3E. = II. = 3. = 0.

Für die Ebene z = 0 giebt er, da

1 + 1= *"

ist,

i = -^^, ^=^-/, » = ^/, 178-)

c + Cjöaj' c + Ol oy^ c +Ci dx^ '

und man erhält aus (17U'') sogleich, indem man, wie oben, a^bjc nunmehr mit x, y, z vertauscht

*=;i^)iiU^

178")

Führen wir die erste abgeleitete Potentialfunktion tp^ eines Massen- punktes Eins im negativen Halbraume von S. 207 mit der Kon- stante /*= 1 unter der Bezeichnung ein

/' = /(Zj + z + O 179)

worin r'* == (a: x^^ + (y yi)* + (^ + ^i)* ist, beachten, daß die Beziehung gilt

1^ = 1^ = 1, 179-)

und setzen kurz

ffX^'dx,dy,^Ä\ ffr^^dx,dy,^F, ffzJ'dx,dy,^C,

ö^' (9^ öa^_p, ^179")

80 erhalten wir

1 SP*

&= , \ ,^- 179'")

n(c + Cj) ax *

A\ B\ C sind nach der Definition* Potentialfunktionen der Art X Von Belegungen der Ebene z = 0 mit den Flächendichten X, r, Z und sie genügen demzufolge den Gleichungen

A^'= A5' = AC'^O; 180)

ebenso gilt ersichtlich

AP' = 0. 1800

Voier, TbeoretiBche Physik. 26

402

U, TdL Meohawik niehUtarrer Körper, IV. Kap,

Femer sind dA'/dzj dB" /dz, dC jdz die NBwroN'schen Plächen- potentiale von den gleichen Verteilungen, wie Ä\ B\ C, und es gilt demgemäß wie in (176') för 2: =:= 0

180")

^•^; = _2„j. ?5=-2«i; 4^- -2«^-

dx^

dx'

dx'

Diese Eigenschaften kommen bei der Fortführung unseres Pro- blemes zur Anwendung.

Zur Bestimmung von / ist ein System u^, D^, id^ zu finden, das den Hauptgleichungen (166) genügt, sich ftir r = 0 verhält wie Uj, bj, Xo\ in (171), im Halbraum z > 0 übrigens regulär ist und in der Ebene z = 0 die Drucke

werden läßt. Man erhält ein solches mit Hilfe der Ton einer im Spiegelpunkt ti,b,—c befindlichen Masse Eins genommenen Potentiiil- fiinktion

in der Form

181)

"1 =

2z

»'i=+^ + 2^

dxdydx

p, dx

dy'

«y , 2«.

8y*dx c + c,

ay

dy*

ay

9y

2c,

ay

ay

dx

al

^ ~" dy *" dydx* e -hCi dydx dydx^

welches, wie die Berechnung zeigt, allen gestellten Bedingungen genügt

Da in der Grenze z = 0

öl

r

' dx dx

ist, so erhält man

dx

9 7

ö d-j .j, ,

^ = = 4- ^^ öy öy dydx

^ c + Ci dxdy dxd\

181")

t)i== +

40

4(?

öy

öa?"

^1 = ; ä-1-

Dies ist nun in die erste Gleichung (173") einzusetzen, wobei,

§ 22, Der BaXbraum bei gegebenen Oberflächendnteken, 403

wie S. 399, x, y, z mit x^, y^, z^ und a^ b, c mit x, y, z vertauscht werden mag, um / für den Punkt x, y, z zu berechnen. So erhält man zunächst

oder wegen des Wertes von /j der d^/ /dzy^dy^ mit d^/jdxdy und d^xj^z^djfy^ mit ^d^z'ldzdy zu vertauschen gestattet, bei Einführung der Abkürzungen (179")

Die Berechnung von m ist nicht erforderlich, sondern das Re- sultat ist aus dem vorstehenden durch Yertauschung von x mit y und von y mit jt sogleich zu erhalten wie folgt:

e dP'

m s=s

1 ö /OB' _ 3A'\ -go'^

n Ä

71 (c" Ci"J dx Zur Bestimmung von n ist zu setzen

woraus durch leichte Rechnung folgt

27pr, ö» \ öa? öy / * '

Hiermit sind die ü'j lyfn,n durch die gegebenen Z, 7, i? voll- ständig bestimmt und es erübrigt nur noch die Ableitung der ihnen entsprechenden u, Vj w aus den Hauptgleichungen (166) und den Oberflächenbedingimgen (1 66").

Letztere nehmen in unserem Falle, wo die XZ- Ebene die Grenze büdet, die einfachere Form an

dt* 1 ^ dv 1 V , 7 \

fix C, Cg

Die Grenzbedingung für tr enthält also keine Drillungskomponente und ist deshalb die einfachste. Für w gelten bei Benutzung des Wertes (179'") von d^ die beiden Formeln

26*

404

IL Teil. Mechanik nichtstarrer Körper, IV. Kap.

d^P'

183')

-= - Aw,

dP'

c, 7r(c* Cj*) dx

denen man wegen der Eigenschaften (180) bis (180") der A\ Jffj C und P\ sowie wegen der allgemeinen Beziehung (176") genügt durch

183")

2Ätr = r— r H -= z-^ .

(c + Ci) ' r, \d» " dx Für und t7 lauten die Bedingungen

184)

1 d^P'

nc^dxdx

= Att,

1 d»P'

ne^dydx

= Av,

c, 7p(c* Cj*) 005 2nc^ dy \dx dy ) dx ^

1 ^

«P'

1 9 /aB^ dA'\ ^ _d

c, 7i(c* Ci*) öy 27IC, dx \ dx dy I dx '

)

Den Hauptgleichungen genügt man durch die partikulären Lösungeo tt' und v\ gegeben durch

1840

o » dA' dP'

dx

o , dB' ÖP'

welche in den Grenzbedingungen die Glieder X/c, und l'/^i hinweg heben; können also zwei Funktionen k" und v" so gefunden wer- den, daß

Att"==0, Ar" = 0,

184")

dP'

1 ÖP'

ö /öjy

+

23ie, dy \ dx

1 ä

27iCg öa;

^\ _ du''

dy)" dx'

Idß _ dA'\ ^ §^

V öa? öy / ö«

27i(c + Ci) 3y wird, so giebt

die vollständige Lösung.

Dazu definieren wir drei neue Funktionen A^\ B^\ (T da- durch, daß

185) ^'=^, Ä'=.i^\ 6^'=^^"

also auch

185') P' =

ap"

ö»

wird, wo P" aus J", B", C' ebenso gebildet ist, wie F aus i^', J,C\ und nehmen die Gleichungen (184") als fUr alle z gültig, so daß wir sie integrieren können. Es folgt dann

§ 22, Der Halbraum bei gegebenen Oberfläehendrueken, 405

1 aP" . 1 d IdE' dÄ"

M =

27i(c + Oi) dx 2ne^dy\dx öy / ' iqr"\

„^ 1 dP" 1 d IdW' dA''\ ^ ^

^ 2n(c + Ci) dy 27ic, öaj V ö» öy / '

wobei je eine additive Funktion von x und y unbestimmt bleibt, die gleich Null gesetzt werden kann, wenn die w", t?" den Haupt- gleichungen genügen.

Nun sind aber nach der Definition (179") ^',^',_C'_Potential- funktionen ebener Verteilungen von den Dichten X, Z, Zj wie sie S. 207 als erste abgeleitete bezeichnet sind; danach sind J^\E'\ C" die entsprechenden Potentialfanktionen zweiter Art, genügen nach der Formel (212') auf S. 207 auch der Gleichung Aqp^O, und gleiches gut somit von «" und »".

Es wird hiemach allen Bedingungen genügt durch die defini- tiven Werte

^ '^ dx dx e + c^ dx By \ dx dy j^ \ -loc/'^

2nc v^ -z— ^ ^— 6 /ag" dA''\ ^

* dx dy ß + e^ dy dx \ dx dy ]* ^

Die Ausdrücke für u, v, to nehmen eine besonders einfache

Gestalt an, wenn an der Oberfläche nur normale Drucke wirken,

also

X= 7=0 und daher

J' = 5' = 0, P'=:-^^-,

^"=J?»'=0, P"=^- = (7'

dx

3C' dx

186)

ist; sie lauten dann:

* dxdx c + Cj

2 . öyo» c + Ci öy '

o ö»0' , 2<T dC

1860

und C" ist definiert durch

C'^jJZ'x'dx^dy^.

Die gefundenen Resultate stellen sich dar als die Summen der Wirkungen, welche die einzelnen Flächenelemente der Grenzebene z = 0 infolge der erlittenen Drucke X, F, Z fortpflanzen. Ist die

406 U, Teil. Mechanik niehiatarrer Korper, IV. Kap.

ganze Ebene mit Ausnahme eines einzigen Elementes q im Eoordi- natenanfang frei, so wird für Punkte, die in endlicher Entfernung von q liegen, das letzte System die Gestalt annehmen

186")

^Z

af c, «1

q ir c4-<?i x + r\ '

[r ^c + Ci r J'

worin r* = ar* + y2 + z^ und a = x/r, ß = y/r, y = z/r ist

Das Gesetz der Ausbreitimg der Wirkung ist auch in diesem

einfachsten Fall ziemlich kompliziert

Analoge Behandlung, wie vorstehend für den Halbraum gezeigt

ist, gestattet eine planparallele Schicht und eine Voll- oder Hohl-

kugel/^

Zu neuen interessanten Verhältnissen gelangt man, wenn mau

die Oberflächendrucke als nicht direkt gegeben, sondern durch einen

ohne Reibung gegen die Oberfläche gedrückten zweiten elastischen

Körper bewirkt denkt Auf diese Fälle kann hier indessen nicht

eingegangen werden.

§ 23. Ein durch Einwirkungen auf die Grundflächen g^leichförmig gespannter Cylinder aus beliebiger homogener Substanz.

Es sei ein Cylinder aus beliebiger homogener Substanz ge- geben, und es seien in ihm die Deformationeu x^, ,,, x , und dem- gemäß auch die Spannungen X^, -^y längs der Axenrichtung konstant angenommen. In diesem Zustand wollen wir den Cylinder gleichförmig gespannt nennen.®^

Wählt man die Cylinderaxe zur ^-Axe, so ergiebt sich ans dieser Annahme durch eine einfache Rechnung für die Ver- rückungskomponenten u, v, w die allgemeiuste Form

u = U + z[f[ ^^g^Z'-hy),

187) t; =r + z(/3-i(7,z + Är),

w=-W+z{g^x+g^y-\-g^),

worin die fj g, h Konstanten und Z7, V, W Funktionen von x und y allein sind.

Setzt man fest, daß für ar = y = z = 0

iQ«,x t\ j öw dv dv du ^

187) w = ü = ?r = 0 und 3— = ä— = ä ^- = 0

ox ox ox oy

§ 23. Ein gleichförmig gespannter Oylinder,

407

ist, (L h. daß das Teilchen im Koordinatenanfang keine Verschiebung und keine Drehung um die Z-Axe erleidet, und daß das benach- barte, ursprünglich in die ^-Axe fallende Linienelement seine Rich- tung beibehält, so ergeben sich für U, F, W die Bedingungen

U=^r^W= (g) - (1^) = 0 für . = 0; 187")

außerdem wird f^ = f^ ^ 0.

Die vier Eonstanten y^, y,, ff^ und A lassen sich leicht deuten, denn es ist

- (^\ - V

___ , ö idtc du\ __ dm _ ,

A =i

187'")

also bezeichnet ^3 = c die lineare Dilatation der Axenfaser des Stabes, ff^ = /', ^j = wi', ä = n' die resp. Änderungen der Drillungs- komponenten Z, TU, n nach der Axenrichtung.

Infolge der Deformation nimmt die Faser des Cylinders, welche ursprünglich in die ^T-Axe fiel, eine geänderte Gestalt an.

Führt man den längs dieser Axenkurve gemessenen Abstand s eines ursprünglich der Koordinate z entsprechenden Querschnittes ein, so ist wegen der Kleinheit der Deformation Z' mit dl/ds, vri mit dm/ds, ii mit dnjds zu vertauschen, m und /' sind daher zu- gleich auch die reciproken Krümmungsradien der beiden Kurven, welche die Projektion der deformierten Axenfaser auf die XZ- und die 7^- Ebene liefert, beide nach der Seite der positiven X- resp. JT-Axe hin positiv gezählt; da ihre Werte von z unabhängig sind, so sind beide Kurven Kreisbögen, w' ist die gegenseitige Drehung zweier um die Längeneinheit voneinander entfernter Querschnitte z = Const des Cylinders. Wir können daher die Größen m, V weiter kurz die spezifischen Biegungen, v! die spezifische Drillung des Cylinders nennen, während c seine spezifische Dehnung ist.

Nach (187'") läßt sich nun (187) auch schreiben

u = U+ z{\mz n'i/), V = r z (^ /' 2: nx), w ^ H + z (— m'x + Vy + c'), ,

188)

408 II, Teü. Mechanik niehtsiarrer Körper. IV. Kap.

und dies ergiebt für die Deformationsgrößen die Werte

/ du dV ' , 7/ , '

^ ^ dW r . dW du . dV

I ,

+ -^:ry ^x= -»'y + -^»:rj ^u^'^ +

öy ' * ^ ^ dx ^ y dy ^ dx '

Für die Spannungen gelten im Falle des Gleichgewichtes wegen ihrer Unabhängigkeit von z die Formeln

dX ex^ dT dY„ dZ dZ^

^ öx oy ' dx dy ' dx dy ^

und für Punkte des Cylindermantels, der als frei gedacht sein mag.

1890

I

189") <

0 = X^ cos (n, *) + X^ cos (n, y), 0=7, cos (n, ar) + T^ cos (b, y),

0 = Z^cos{nyx) + Z cos{n,y).

Aus diesen Formeln folgen für die Integrale über irgend einen nor- malen Querschnitt des Cjlinders die Beziehungen

{ f^.dq = / Yydq = / TJq = f ZJq = f X^dq = 0, fX^xdq = / T^xdq = fZ^xdq = fX^xdq = 0,

/^,y rf? = / Y^ydq = / I^i^rfy = fX^ydq = 0,

fZ^ydq=^ ^ fY^xdq,

welche u. a. aussagen, daß ein Cylinder die vorausgesetzte, län^ seiner Axe gleichförmige Spannung nur besitzen kann imter der Einwirkung von Kräften auf die Grundflächen, welche über diese summiert, keine Komponenten normal zur Stabaze, sondern nur eine solche C parallel zu ihr und außerdem Momente i, Jf, N nm die Koordinatenaxen ergeben. Es gilt nämlich

(-/^.rfy=C, -•JZ^xdq^-^M, -fZ^ydq^+L,

189'") { . .

l S^.ydq^-Jr^xdq^iN,

wobei C, Zf M, N auf die am positiven, —C^ L, M, N auf die am negativen Ende liegenden Grundflächen wirken.

Die Gleichungen (189") und (189'") können dazu dienen, die Konstanten der Dehnung und Biegung c\ /', rn! ganz allgemein für beliebigen Querschnitt und beliebige Orientierung des Cylinders gegen die Krystallaxen zu bestimmen. Die dritte Gleichung (107'") liefert nämlich unter Rücksicht auf (188')

1 90) m x^ry^c= s^^ X^ + s^^ Y^ + s^^ Z^ + j?,^ 7, + ^35 Z^ + s^ X^ ,

und hieraus folgt, wenn die Z-Axe durch die Schwerpunkte der

§ 23, Eüi gleichförmig gespcmnter Cylinder, 409

Querschnitte des Cylinders geht und die X- und F-Axe deren Haupt- trägheitsaxen parallel sind, durch Integration über den Querschnitt nach Multiplikation mit 1, resp. x oder y

qxlm':=s^^M^\s^^N, 1900

worin x^ und x die Hauptträgheitsradien des Querschnittes q be- zeichneiL

Diese Formeln zeigen, daß bei Cylindem aus krystallinischer Substanz ein Drehungsmoment um die Längsaxe im allgemeinen neben der Drillung noch eine gleichförmige Biegung bewirkt, deren Betrag nach den Hauptebenen XZ und TZ durch die Moduln s^^ und «3g gemessen wird.

Die Bestimmung der spezifischen Drillung n' ist nicht in gleicher Weise allgemein durchführbar.

Aus der vierten und fünften Gleichung (107'")

' 190")

folgt zwar auf dieselbe Weise nach Multiplikation mit x resp. y und Integration

qxin'+J^xdq = - 8^^M+ \8^^2f,

qxlri-j^ydq = - «^3 i + ^s^^N,

19O"0

aber die weitere Entwickelung verlangt die Kenntnis der Funktion Wy für welche, wie auch für U und F, die Bedingungen sich durch Einsetzen der Werte (188') für die Deformationsgrößen in die Glei- chungen (189) und (189') ergeben.

In dem speziellen Fall, daß ein Moment N um die Z-Axe nicht stattfindet, kann man diesen Formeln sämtlich genügen, indem man

X,= 7^=7. = ^, = X^ = 0 191)

setzt; aus (190) folgt dann

^, = -L (TO'ar _ /> - cO, 191')

und dies verlangt, in die Gleichungen (190"), sowie die analogen für

410 //. TßiL Mechanik mchtstarrer Körper. IV, Kap,

die anderen Deformationsgrößen eingesetzt, für U, F, W Funktionen zweiten Grades von x und y, deren Konstanten sich sämtlich durch die Gleichungen bestimmen, welche die fünf Deformationsgrößen x^j y j y^, z^, X durch Z^ ausdrücken. Setzt man speziell

191") r = ax + by + \cx^ + dxy + \ey^,

so wird

/dW CdW

-^xdq = qxld, J^^ydq = q)4d,

und (190'") giebt nach Elimination von d

192) 2qn' = - (^^ + ?^y,

C tritt hierin nicht auf; ein longitudinaler Zug bewirkt also bei der vorausgesetzten Befestigungsart weder eine Biegung noch eine Drillung.

Ist N von Null verschieden, so kommt zu obigem noch ein mit N proportionales Glied hinzu, das sich aber nicht allgemein angeben läßt, sondern für jeden Querschnitt besonders bestimmt werden muß. Wir schreiben allgemein kurz

192') 2 y«' = - («-^ + ^) + (^ + ^.) .V,

worin die Parameter x^^ und x^^ sich leicht durch die beiden in (190'") auftretenden Integrale ausdrücken lassen.

Man bemerkt, wie die Nebenänderungen Drillung bei biegenden und Biegung bei drillenden Momenten von denselben Moduln *43 = Äg^ und «53 = s^^ abhängen; sie verschwinden mit diesen nach S. 334, sowie die CyHnderaxe in irgend eine elastische Sym- metrieaxe fällt.

Die Vergleichung der obigen Formeln (190') und (192^ zeigt daß man setzen kann

i\9ö) ^ - dC ^~ÖL' '"""öS' "^"FN'

worin

2p'^Ä^C^ und

193') 2p ^ A,,L^ + A,^}P + A^^N^

+ 2Ä,,ZN+2A^,MN

ist, und die Ä aus dem Vorstehenden sich ablesen lassen. Ebenso muß dann auch geschrieben werden können, was für später notiert werden möge

194) C=^-7, L = ^jr, -^=ä— 7? ^=3-7>

§ 23, Em gkiehßrmig gespannter Cylinder.

411 ^

wonn

2P' = a^c'2 und

2P = Oji /'« + a,,m'» + «33«'« J 194')

ist; die Xoefficienten a hängen mit den Ä zusammen durch die Formeln:

S ~ T > -^^1 ^ -^22 -^88 "" ^33? -^^22 ~ ^11 ^88 ~ ^18'

"^^S ~ -^11 -^22» "^^8 ~ "" ^11 -^28> -^^81 ^ "■ -^22 -^18'

-ö«12 = ^28 ^18

und

i> =

0

11

0

A^

-i,.

^28

^.

-^8

194")

T8

Wenn die Moduhi s^^ und ^35 und damit die Nebenänderungen ver- schwinden, folgt aus (190')

qc=8^^C, qxlm'^s^^M, qxlV ^ s^^L 195)

und aus (192')

und in (193') wird in (194')

4^4 rt

23

^3 = «18 = «12 = 0.

Hieraus erhält man die für isotrope Körper gültigen Formeln, indem man nach S. 337 setzt

*88 "" *'

8

44

= *56=2ä3 = 2(*-äJ.

Die vorstehenden Betrachtungen liefern strenge Lösungen des Gleichgewichts-Problemes eines nur auf den Grundflächen von Oberflächendrucken beeinflußten Cylinders, wenn letztere eben die- jenige Verteilung über die Grundflächen besitzen, welche die spe- ziellen Werte von ?7, V^ W verlangen. In Wirklichkeit fehlen die Mittel, über die Verteilung dieser Drucke willkürlich zu verfügen, und man kann nur ihre Komponenten- und Momentensummen über die ganze Grundfläche vorschreiben. Trotzdem giebt die obige Ent- wickelung praktisch brauchbare Lösungen des genannten Problemes überall da, wo die Länge z^ des Cylinders groß gegen seine Quer- dimensionen ist; denn man kann annehmen, daß in einiger Ent- fernung von den Grundflächen die Art der Verteilung der äußeren Drucke über jene keinen Einfluß mehr übt, sondern nur die durch sie bewirkten Gesamtkomponenten und -momente.®^)

412 IL Teil, Meehamk mchtsta/rrer Körper. IV. Kap.

Die erhaltenen Lösungen gestatten auch eine Anwendung auf den Bewegungszustand, wenn die äußeren Bedingungen derartige sind^ daß sie überhaupt eine Deformation der behandelten Art zu- lassen, und die Bewegung eine so langsame ist, daß in den allge- meinen Bewegungsgleichungen (118) die Beschleunigungen neben ein- zelnen der übrigen Glieder vernachlässigt werden können. Dies findet in dem wichtigsten Falle periodischer Bewegungen immer dann statt, wenn die Länge X der Welle gleicher Periode, welche die vorausgesetzte Bewegungsart bei einem unendlichen Cylinder gleicher Natur erregen würde, sehr viel größer ist, als die Länge z^ des betrachteten Cylinders selbst

Teilt man nämlich dann den unendlichen Cylinder in Abschnitte von der Länge r^, so ist jeder einzelne als gleichförmig gespannt anzusehen und die hier räumlich aufeinander folgenden Zustände sind dieselben, welche bei dem betrachteten Cylinder von der Länge Zj zeitlich nacheinander eintreten. Veränderlich mit der Zeit sind in diesem Falle in obigen Formeln nur die vier Parameter c', /', m', n der Deformation.

§ 24. Gleichgewicht und Bewegung eines unendlich dünnen

cylindrischen Stabes.

Es sei nunmehr ein gegen seine Länge unendlich dünner Stab gegeben, der, obwohl ursprünglich gerade, durch die Einwirkung von körperlichen Kräften, die auf seine Elemente, und von Oberflächen- drucken, die auf seine Endquerschnitte wirken, beliebige endliche Gestaltsänderungen erlitten hat, doch so, daß die Deformations- größen überall unendlich klein sind.

Wir betrachten ein Element des Stabes, welches ursprünglich von zwei Querschnitten q und q' im Abstand ds begrenzt ist Da die Deformationsgrößen stetige Funktionen der Axenrichtungen sein müssen, so läßt sich ds stets so klein wählen, daß ihre Veränder- lichkeit parallel der Axe innerhalb des betrachteten Elementes be- liebig klein ist und vernachlässigt werden kann, ohne daß dabei ds klein gegen die Querdimensionen des Cylinders zu werden braucht. Das Stabelement ist dann gleichförmig gespannt, und wir können auf dasselbe die Resultate des vorigen Paragraphen anwenden.

Wir beziehen es zu dem Zwecke einmal auf ein in dem Schwer- punkt des Querschnittes q angebrachtes Koordinatensystem -I, i\ Z. dessen Axen gemäß den Formeln (187') mit dem Element verbunden sind, und außerdem auf ein absolut festes System 5", jff, Z. Die

§ 24. Ein unendlieh dünner eiastiaeher Oy linder. 418

Orientierung des Systemes JT, Y^ Z gegen Ai H, Z soll gegeben sein durch das Schema

X

Y

Z

M

«1

«»

«8

H

A

Ä

A

Z

Vi

Yt

Yi

I, f}j ^ mögen dabei die Koordinaten eines Punktes der Stabaxe nach der Deformation sein, der vor der Deformation die Koordinaten 1 = 0, 17 = 0, f=8« besaß.

Die HAMiLTON'sche Gleichung läßt sich dann nach S. 228 und 229 schreiben

Jdtjdq[fds (Syj - *9> + S\) + 8'aQ + S'a^] = 0, 196)

worin Stfß die Variation der lebendigen Kraft, Stp diejenige des elastischen Potentiales der Volumeneinheit, S^a^ die virtuelle Arbeit der auf die Volumeneinheit bezogenen körperlichen Kräfte bezeichnet, und S^cCq, 8^a^ die virtuellen Arbeiten der auf die Endquerschnitte 8 == s^ und s = 8^ ausgeübten und auf die Flächeneinheit bezogenen Oberflächendrucke bedeuten.

Zur Berechnung der lebendigen Kraft d8f\pdq eines Abschnittes des Stabes von der Länge d8 setzen wir voraus, daß die lebendige Kraft der Deformation verschwindend gegen diejenige der Translation und Botation ist, d. h. daß wir das Element als undeformiert bewegt ansehen können. Dann ist nach Formel (123") des ersten Teües

+«(!!)■+ «.■te)'+«(i-:)'l»*.

worin k^ A , k^ die unendlich kleinen Trägheitsradien des Volumen- elementes um die Hauptträgheitsaxen durch seinen Schwerpunkt, welche mit den Koordinatenaxen Xj F, Z parallel sind, bezeichnen; hl ist dabei, wie leicht ersichtlich, = xj + x^, wo x^^ und x die frühere Bedeutung haben.

Hierin können die Glieder hl{dljdff und ky{dmjdt)^ nur dann endliche Werte haben, wenn ö|/ö^, dfijdt, d^/dt unendlich schnell mit 8 wechseln, und können daher fortbleiben, wenn dieses ausgeschlossen wird; dnjdt steht mit jenen Größen in keinem Zu- sammenhang. Daher reduziert sich die obige Gleichung auf

414 //. TeiL Mechanik niehUtarrer Körper. IV. Kap.

ds l rüdcf =^ Tds

iseo

t j rpdq =^

worin T nunmehr die lebendige Kraft der Längeneinheit des Stabes bezeichnet.

Analog machen wir für die Berechnung der virtuellen Arbeiten d^cc^j S'uq, S'a^ der körperlichen Elräfte und der Oberflächendrucke die Annahme, daß die Arbeit der Deformation jener Ejrafte neben derjenigen der Translation vernachlässigt werden könne.

Bezeichnen wir die Komponenten der auf die Yolumeneinheit des Stabes bezogenen körperlichen Kräfte nach den absolut festen Axen mit ^, IT, Z' und nehmen an, daß die körperlichen Kräfte um Parallele zu diesen Axen durch das betrachtete Yolumenelement keine endlichen Momente ergeben, so ist

196") dsfdqS'a = ySds =^ giS^Si+STSv + Z'S^ds.

Ebenso findet sich, wenn man die auf die Endquerschnitte y^, wo k gleich 0 oder 1 ist, ausgeübten Gesamtkomponenten und Mo- mente mit

u4„ B„ I\, A„ M„ iV,

und die virtuellen Drehungen um die Parallelen zu den festen Axen S, H, Z durch die Schwerpunkte der Endquerschnitte mit ^'A^, S'ftff S^Vj^ bezeichnet,

( fdg 8'a^ = S'8^ 196'") J ^ ^ ^

S^S und S'Sj^ sind neue Bezeichnungen.

Die Variationen des elastischen Potentiales für das Volumen q ds können wir nach (17"') schreiben, da Sa.= Jqp ist,

, xr (ddw . ddv\ , (ddu . döw\ , ^ fdÖv , ddu\]

Nun ist aber nach (189) und (189') für jeden Querschnitt zwischen q^ und 7^, wie sich durch eine teilweise Integration leicht zeigen läßt,

J ^ l ' dx y dy ' dy ' *öx ' 9\dx dff }\

und man erhält durch Addition der letzten beiden Formeln

j

§ 24, Ein unendliöh dünner elasHaeh^r Oy linder, 415

äsfs^d, = - äs Ja, [Zj-^ + Z/-^ + Z,^^] . 197)

Hierein sind die Werte (188) von u, v, tr zu setzen und in ihnen die Variationen auf c, l%m',7i zu beziehen; nach Ausführung der Differen- tiation nach z darf man in denselben r =s 0 setzen, da jeder Quer- schnitt zwischen q^ . und q^ beliebig zum Querschnitt ar = 0 gemacht werden kann.

So erhält man

^-^^-ySn', ^^+xdn', ^ = - xSm' + ydl' + de', 19T)

und durch Einsetzen der Werte in Formel (197) und Ausführung der Integration unter Bücksicht auf die Gleichungen (189'")

dsfS(pdq « (Z3l' + MSm' + IfSn + CSc')ds, 197")

Bei der Ableitung dieser Formel ist bezüglich der Verrückungen UjVyW nur allein benutzt, daß die Deformationsgrößen TOn z unab- hängig sind, bezüglich der Druckkomponenten, daß sie den Formeln (189) und (189') genügen; dagegen ist von den speziellen Werten, welche die X^, ... X„ in der Elasticitätstheorie besitzen, kein Gebrauch gemacht, die Resultate haben also sehr allgemeine Bedeutung.

Nach (194) und (194^) ist aber in dem speziellen Falle, daß die Ansätze (107") resp. (107"') der Elasticitätstheorie gelten

^ aP' r dP ji^ dP 1^ dP

worin 2F ^ a^c'\

2P=aiiZ'*+aj,m'«+a33 7i'*+ 2a^mn + 2a^^nl' + 2a^^l'm

ist, und die a^j^ durch die Elasticitätsmoduln der Substanz und die Gestalt des Querschnittes bestimmt sind.

Sonach nimmt die Formel (197") in unserem speziellen Falle die einfache Gestalt an:

dsf8(p dq = (Z SV + MSm' + Ndn' + CSc) ds = {ßP+ SF) ds. 197"')

Dabei ist es nützlich, hervorzuheben, daß nach der Ableitung auf S. 411 a^ in Bezug auf die Querdimensionen des Stabes vom zweiten, die Hj^j^ aber vom vierten Grade sind.

unter B^ücksichtigung der vorstehenden Resultate nimmt die HAHiLTON'sche Gleichung (196) die Form an:

ti «1 fdt[Jds(dT^ 8F^ SP+ d"Ä) + J'5o + <yÄi] = 0. 198)

416 27. Tßil Mechanik niohtatarrer Körper, IV, Kap,

Ist der Stab bei gegebenen Positionen der Endquerschnitte und ohne die Einwirkung körperlicher Kräfte im Gleichgewicht, so reduziert sich die Gleichung einfach auf

»I 198') fds{dF + 8P)=^0.

Hierin enthält 8P nur 81% Sm, Sn'] wir woUen für SF = CSc einen entsprechenden von Sl, Sniy Sn abhängigen Wert bilden.

Dazu beachten wir, daß, wenn A, B, F die gegen einen Quer- schnitt q wirkenden Gesamtkomponenten parallel den absolut festen Axen bezeichnen, dann die Gleichungen (189), auf ein zwischen zwei Querschnitten q^ und q\ liegendes Stück des Stabes angewandt, ergeben, daß A, B und F längs des ganzen Stabes konstant sein, also auf beide Endquerschnitte q^ und q^ entgegengesetzt gleiche Kräfte wirken müssen. Gleiches gut beiläufig yon den Momenten Aj M, N um die festen Axen.

Nun sei die Z-Axe in die Richtung der auf den Endquerschnitt ji wirkenden Kraft gelegt, also ^ = 5 = 0, dann ist C = ryy, falls ^3 den Cosinus des Winkels zwischen der Z-Axe und ds an der betrachteten SteUe bezeichnet, imd es ist F längs s konstant

Um dann die virtuelle Änderung von c' zu bestimmen, hat man zu bedenken, daß die virtuelle Verrückung die Stabaze nicht zer- reißen darf, also eine stetige Funktion von s sein muß, im übrigen aber beliebig ist Man erhält sogleich das veränderliche Produkt y^Sc', durch Sl, Sniy Sn ausgedrückt, wenn man die virtuelle Ver- rückung so vornimmt, daß alle Punkte der Stabaxe um beliebige Beträge normal zur Z-Axe verschoben werden; dann wird, wie eine einfache geometrische Betrachtung zeigt

/3 Sc = S/s = Ä *^ - ^3 ^^y also die Gleichung (198^) zu

198") Jd8{SP+FSrs) = 0,

wo F längs s konstant ist

Diese Formel vergleichen wir mit der im § 14 des ersten Teiles für die Rotation eines schweren starren Korpers lun einen festen Punkt ebenfalls aus dem HAMiLTOK'schen Prinzip abgeleiteten Gleichung (134"'), welche lautet

k 198'") Jdt{SW + GsSy^) = 0;

<0

§ 24, Ein tmendlich dünner etastiseher Cy linder. 417

hierin ist V die lebendige Kraft des starren Körpers, G sein Ge- wicht, s der Abstand seines Schwerpunktes vom festen Punkte und yg der Cosinus des Winkels zwischen der Richtung von s und der Richtung der Schwerkraft.

Führt man ein im Körper festes Koordinatensystem J, ¥, Z ein, dessen Anfang in dem festen Punkt und dessen Z^Axe in s liegt, so ist W nach S. 107 eine quadratische Form der Botationsgeschwin- digkeiten /', m', n' um die Axen Z, Yj Z, und zwar gilt

worin £, H, Z die Trägheitsmomente, E', H', Z* die Deviations- momente um die Axen X, Yj Z bezeichnen.

Hält man hiermit zusammen, daß nach (194')

2P = «11 r 2 + aj2 m'^ + «33 n 2 + 20^3 mn + 203^ »7' + 2a^^ l'm

ist, so erkennt man, daß die formale Übereinstimmung der Glei- chungen (198") und (198"') eine vollständige ist.

Es entspricht daher jedem Stab von gegebener Substanz und gegebenem Querschnitt ein starrer Körper von bestimmten Trägheits- und Deviationsmomenten; es entspricht der längs 9 wechselnden Lage der im Querschnitt des Stabes festen Axen Z, JJ Z gegen das absolut feste System S, H^ 2 die mit der Zeit veränderliche Lage der im starren Körper festen Richtungen -I, Z, Z\ es entsprechen den für das Ende ä = 0 geltenden Richtungen der im Stabquer- schnitt festen Z, 7,^- Axen, sowie den dort stattfindenden spezifi- schen Biegungen und Drillungen dl/ dz, dmjdz, dnjdz eine Anfangsposition des starren Körpers und Anfangsrotationsgeschwindig- keiten dl/dt, dmjdt, dnjdt

Ein Unterschied liegt aber darin, daß bei dem Rotationsproblem die letzteren Größen direkt gegeben sind, bei dem elastischen hin- gegen die auf den letzten Querschnitt wirkenden Momente Z^, M^, i\^, aus denen sich zunächst die A, M, N um die absolut festen Axen be- stimmen, und da diese längs des Stabes konstant sind, auch die auf die vorgeschriebenen Axenrichtungen X, J", Z bezogenen Z^, M^, Nq, die im ersten Querschnitt y^ wirken. Aus ihnen folgen aber die /^, m^, n; für jenes Ende gemäß den Formehi (190') und (192').

Hiernach kann man behaupten, daß das elastische Problem auf das rein mechanische zurückgeführt ist, und daß jeder spezielle Fall, für welchen das Rotationsproblem eines schweren starren Körpers um einen festen Punkt gelöst ist, zugleich die Lösung eines elastischen Problemes liefert, das mit ihm, wie oben gezeigt, zusammenhängt.®*)

Voigt, Theoretische Physik. 27

418 IL Teil, Mechanik niehUtarrer Körper, IV. Kap.

Die allgememe Gleichung (198) giebt, wie für die endlichen Deformationen unendlich dünner ursprünglich gerader Stabe, auch die Mittel für die Behandlung derjeniger ursprünglich ge- krümmter, wenn man nur die Überlegung zu Hilfe nimmt, daß die Momente L^ M, N, welche nötig sind, um aus der ursprünglich gekrümmten Gestalt (a) den Stab in die neue {b) zu bringen , für jedes Element durch die Differenzen derjenigen gegeben sein müssen, welche das Element aus der geradlinigen Form einmal in die Form (Ä), das andere Mal in die Form (a) überfuhren.

Der Fall eines nicht isotropen Körpers, der wegen der von Element zu Element wechselnden Orientierung der Äxen XfT^Z gegen die Hauptaxen der Substanz große Schwierigkeiten bieten würde, darf hierbei ausgeschlossen werden. Für isotrope besteht die Erweiterung darin, daß an Stelle der Funktion 2P auf der Torigen Seite die neue tritt

worin /«, m^j ria die dem ursprünglichen Zustande des Stabes ent- sprechenden Werte von /', m', n bezeichnen.

Die Gleichgewichtsbedingungen werden dann in derselben Weise durch Benutzung der HAMiLTON'schen Gleichung erhalten, wie in dem Fall des ursprünglich geraden Stabes.®'*)

§ 25. unendlich kleine Verrückangen ursprünglich gerader Stabe; Saiten.

Wir wollen nun annehmen, was der praktisch wichtigste Fall ist, daß die Verrückungen aller Punkte des ursprünglich geraden Cylinders aus ihren Ruhelagen nur unendlich klein sind; hier sind dann auch die Axen X, J, Z an jeder Stelle nur um unendlich kleine Winkel gegen die Axen ä, H, Z geneigt.

Für einen beliebigen Punkt der ursprünglich in die Z^Axe fallen- den Stabaxe darf man jetzt in erster Näherung setzen: 199) i'^u, rj = v, C^ z + u>,

wo nun w, v, w Funktionen von z und t allein sind. Gleichfalls in erster Näherung ist dann nach (188)

worin n den Drehungswinkel des Querschnittes um die Z- oder Z-Axe bezeichnet. Da femer /'= dl\dz^ m'= dm jdz gesetzt war, so ist auch

199") l^-ll, .= +||,

§ 26, Unendlich kleine Verrüehmgen ektsHacher Stäbe.

419

199'")

wobei die Integrationskonstanten als weiterhin irrelevant unter- drückt sind.

Unter Berücksichtigung dieser Werte wird nun das System der Formeln (196'), (197'"), (196") und (196"')

"-i'^ Kr:)'+ *(l7)'+ *('.")'+ w + «.v(li)'].

Wir setzen diese Werte in die HAMiLTON'sche Gleichung (198) ein und zerlegen sie, indem wir je nur u, nur r, nur ir, nur n variieren. Wir erhalten auf diese Weise:

fdt{Jds [^qgSl^^J- CS^^ + qZ'Su>'\+r,Su>^ + r,8w,\ = 0,

Hierin, wie im folgenden, sind die Integrale nach t zwischen zwei beliebigen Grenzen t^ und ^, diejenigen nach z über die ganze Länge des Stabes, d. h. von z = 0 bis 2: = z^ |zu nehmen; in der letzten Gleichung ist xj + x^ in x^ abgekürzt

Entwickelt man diese Formeln in bekannter Weise, so ergiebt

200)

sich für alle Punkte der Z-Axe

d^v

d*w , ö(7 , „, id*n .

9

dN

ö«'

200')

fiir die Grundfläche z = 0

dM

dx

-^0=0,

ÖL

dx

+ ^0 = 0;

200")

27'

420 IL Teü, Mechanik niehtstarrer Körper. IV, Kap,

für die Grundfläche r = z^

Im Falle des Gleichgewichtes muß zugleich nach allgemeinen mechanischen Grundsätzen gelten, da sich dabei die äußeren Wir- kungen zerstören sollen,

lA^-^A^ + qfSdz^B^ + B^+qflTdz^r^+r^ + qfTdz

200"") = ^^ + iVj = 0.

yM^ + M^ + z^A^ + qfzS'dz^A^ + A^-^z^B^-qfzH'dz^^,

Hierzu kommen unter den S. 344 angegebenen Umständen noch die Bedingungen der Befestigung, auf die wir unten näher eingehen werden.

Alle diese Formeln sind, wie Gleichung (197"'), von den spe- ziellen Gesetzen, welche die Komponenten und Momente mit den Deformationsgrößen verbinden, unabhängig, besitzen also eine sehr allgemeine Anwendbarkeit.

Auf die uns hier speziell beschäftigenden elastischen Erschei- nungen wendet man sie an, indem man für Cy Lj M, N die Werte (194) unter Berücksichtigung von (194') und (199') einführt.

Wir wollen zunächst die Frage erledigen, welche Grenzbedin- gungen nötig sind, um mit den Hauptgleichungen (200') zusammen die Deformationen vollständig zu bestimmen.

Zur Behandlung des Gleichgewichtszustandes fassen wir die Formeln (200'), nachdem die Beschleunigungen darin gleich Null gesetzt sind, mit den Faktoren «, i?, «?, n zusammen und integrieren das Resultat über z von z = 0 bis z ^ z^\ wir erhalten dann unter Benutzung der Grenzbedingungen (200") und (200"')

+ ?/(£" M + ff' t; + Z' w) dz.

Führt man noch die Beziehungen (200"") und die durch (194) und (194') definierten Funktionen P und P' ein, so erhält man

201)

§ 25. UnendHeh kleine Verrüekungen elastischer Stäbe. 421

0 = [«1 - «0 - ^1 (öl) J A + [»1 - »0 - •^i (^^) J ^1 + K - «'o) ^1

[(r:).-(äl«.-[(r.l-(älA+!».-».)'^.

+

201')

-2/(P+Pyz+,/{F[«-«o- . g|)J +if

+ Z^w WQudz,

Hierin können wir den von den anderen Gliedern unabhängigen, nämlich allein w enthaltenden Teil

0 = («?i - w,)r^ - 2frdz + qfZ'(w - w^)dz

zuerst für sich betrachten.

Da 2P^ = aQ{dw I dz)^ ist, so kann man aus dem Verschwinden dieses Ausdruckes in der auf S. 181 und 342 angewandten Weise folgern, daß bei gegebenem Z' und (w?j w^) oder /\ die longitu- dinale Verrückung bis auf eine additive Konstante bestimmt ist.

Die übrigen Glieder ergeben, daß, wenn P eine definite qua- dratische Form ist, bei vorgeschriebenem H' und FT und zugleich gegebenem

?^i-«^-^i(-|^)^ oder ^1, Vi-v^-^Tj^llj^oder B^, n^-n^oder N^,

n stets bis auf eine additive Konstante, u und v bald bis auf eine Konstante, bald bis auf eine lineare Funktion von z bestimmt ist.

Hierbei hat w^ Wq die Bedeutung der Gesamtdehnung, n^ n^ die der Gesamtdrillung des Stabes ; {dujdz\ (dujdz\ und {dv / dz\'- (dv I d z)q geben die gegenseitige Neigung des letzten und ersten Elementes der Stabaxe, also etwa die Gesamtkrümmung; u^ Uq— z^[dujd z\ und v^ v^ 2:^ t? / ö z\ die Ausweichung des Endes z = z^ aus der Tangente an dem Ende z = 0 der Stabaxe, also etwa die Gesamtbiegung.

Diese Größen stehen auf der einen, die auf das Ende z = z^ ausgeübten Kräfte und Momente auf der anderen Seite und beide können sich paarweise bei der Bestimmung des Problemes vertreten.

Nimmt man als Befestigungsbedingungen hinzu, daß an einem Ende z. B. für 2r = 0, m, v, w, n und dujdz und dv/dz vorgeschrieben sind, so sind sämtliche Verrückungen vollständig bestimmt.

Genau dieselbe Überlegung kann man für den Bewegungs- zustand anstellen; man hat dabei nur statt der oben benutzten

422 //. Teil. Mechanik mchtstarrer Körper, IV. Kap.

Faktoren u, v, w, n jetzt du /dt, dv / dt, dwj dt, dn/ dt in An- Wendung zu bringen und außer über die Länge des Stabes auch in Bezug auf die Zeit zu integrieren, und zwar das letztere von dem Zeitpunkt ^ = 0, fllr welchen die antänglichen Verrückungen und Geschwindigkeiten gegeben sind, bis zu einem willkürlichen t = t^. Das Resultat ist die Formel:

+[(r.l«.-(i:Ul+[ßi).^.-(KlA])

201")

- J|P'+ P dz + qfdtf{S'u+irv+Z'w')dz,

0 0

in welcher die Geschwindigkeiten kurz durch obere Indices be- zeichnet sind.

Diese Formel läßt sich nicht weiter reduzieren, da für den Be- wegungszustand die Beziehungen (200'"') nicht gelten, und man er- sieht daraus, daß fär jedes Ende u oder ^, w' oder ß, u/ oder F. n' oder N, dujdz oder M, dvjdz oder A Torgeschrieben sein muß, um M, r, w, n allgemein zu bestimmen. Unbestimmte additive Konstanten oder lineare Funktionen von z kommen dabei nicht vor, da für die Zeit ^ = 0 alle Größen m, v, m?, n als gegebene ange- nommen sind.

Wir wenden uns nunmehr spezielleren Problemen zu und be- trachten zunächst einen Stab von solcher Substanz, daß für ihn die Moduln «34 und s^^ und damit die Nebenänderungen verschwin- den; hier erhält man aus (195) u. f.

202) (7=-l|^,i; = -^f-:, ^=+'-^S, ^^=-^^4: und somit das System der Hauptgleichungen (200') in der Form 202) p_ + _.^_ = M, ^_+__^if,

In ihnen, wie in den Grenzbedingungen, erscheinen hier die Variabehi Uj V, w, n völlig gesondert.®*)

§ 25. Oleiehgewicht eines elastischen Stabes. 423

Aus diesen Formeln folgen die für isotrope Körper gültigen, wenn man noch setzt

die letzte Spezialisierung liefert also keine formale Vereinfachung der Gleichungen und eine wesentliche Vereinfachung nur dadurch, daß bei isotropen Körpern die Bestimmung der Parameter x^ und x^ geringere Schwierigkeiten bietet, als bei krystallinischen.

In dem allgemeinsten Falle beliebiger Orientierung des Cylin- ders und nicht verschwindender Nebenänderungen ist die Bestim- mung der Xj und x^ bisher nur für einen elliptischen Querschnitt möglich gewesen.

Wenden wir uns zunächst zu der speziellen Gestalt, welche die Formeln (202') im Falle des Gleichgewichtes annehmen, so können wir dabei auch von der Wirkung körperlicher Kräfte 5^, ET, Z\ deren Behandlung kein theoretisches Interesse bietet, absehen und uns allein auf die Einwirkung von Kräften und Momenten auf die Endquerschnitte beschränken. Man erkennt, daß hierbei u und V Funktionen dritten, w und n Funktionen ersten Grades von z werden, deren Konstanten sich aus den Bedingungen für den End- querschnitt bestimmen. Biegung und Längsdehnung werden allein von dem Modul ^33 resp. *, Drillung von den Moduln s^^ und s^^ resp. 8^ abhängig, und die Beobachtung der betreffenden Defor- mationen liefert die klassischen Methoden zu deren Bestimmung,

Hierbei wird in der Regel das eine Ende [z = 0) des Stabes befestigt, das andere (z = z^ einer Kraft oder einem Moment aus- gesetzt.

Man hat so für z = 0 bei Dehnung und Drillung zu setzen

w = 0, 71 = 0; , 202")

bei Biegung, wenn das Ende eingeklemmt, also vollkommen be- festigt ist, und dadurch Verschiebung und Drehung verhindert wird,

tt = i; = 0, |!* = J^ = 0, 202")

dagegen, wenn das Ende auf einer Unterlage liegt, die eine Ver- schiebung unmöglich macht und ein Moment nicht ausübt, also wenn es unvollkommen befestigt ist,

w = v = 0, ^ = ^-", = 0. 202"")

Ein an beiden Enden unterstützter, in einem mittleren Punkte belasteter Stab wird in seinen beiden Teilen gesondert behandelt;

424 IL TeiL Mechanik niehtstarrer Körper, IV. Kap,

an den äußeren Enden gelten die Bedingungen (202'"'), an den inneren ist die ausgeübte transversale Kraft vorgeschrieben und muß außerdem «, r, du I dz, dv / dz für beide Teile übereinstinmien. Alle Moduln Sj^j^ sind nach den Formeln (112") von der Orientierung des Axensystems X, Y, Z gegen die Krystallaxen ab- hängig und dabei lineare Punktionen der 21 Hauptmoduln f^, die man erhält, wenn man das Hauptaxensystem zu Grunde legt Ihre allgemeinen Werte lauten, falls man für die Kichtungs- Cosinus der Axen X, ¥, Z gegen die Hauptaxen J^, T^, Z^ dasselbe Schema benutzt, das S. 413 für diejenigen gegen die willkürlichen Axen S, H, Z aufgestellt ist:

203) ] + 2 a,» [(*', + »!,) /?, Y, + s^ «s + *?« «3 ß»1

+ 2/?s* ['« ßs n + («^ + *^ n «8 + »^ «3 Ä] + 2^3* K Ä n + *^ yj «8 + (*ä. + '«) «3 ft].

*44 = 4 Wi «,» «,« + .», /9, V3' + *^ ^3* y»*) + (/?3 + ^3 ft)' + «M (^3 «a + «8 y«)* + C («8 ß% + Ä «3)'-

+ 8 (4 /?2 ^2 /'s ^3 + *31 ra «3 7% «8 + *1°2 «8 A «8 A)

+ 4 0?, ^3 + y, /?,) W, «, a, + *», /?, /9, + «^ y, y,)

203') I + 4 (y, «3 + «3 y*) («i"6 «8 «8 + «Js Ä Ä + *M n r^

+ 4 («3 /?, + /?j a,) («i'e a, a, + »^ /9, ß^ + «^ y, y,) + 2 K 0'8 «^8 + «8 y») («8 Ä + ß% «s)

+ *M («8 Ä + A «2) (/?8 ^8 + ^3 Ä)

+ O^a ri + r% ß%) (^8 «2 + «8 J'a)] ;

*jj geht aus »^^ durch Yertauschung von a,, /9j, y, mitccj, /?, , y, hervor.**)

Man erkennt leicht, daß wegen der Beziehungen, die zwischen den neun Bichtungscosinus stattfinden, die 21 Hauptmoduln in den vorstehenden Ausdrücken nur in je 15 unabhängigen Kombinationen auftreten, so daß also die Beobachtung von Biegung resp. Dehnung allein oder von Drillung allein auch bei vielseitigster Veränderung der Orientierung immer nur 15 Aggregate der «» abzuleiten gestattet um sie alle zu erhalten, ist also stets die Kombination der Unter- suchung von Biegung und von DriUung nötig; auch ist es im allge- meinen unumgänglich, Stäbe in Orientierungen zu benutzen, für

§ 25, Oleickgewidht eines elastischen Stabes. 425

welche die Nebenänderungen nicht verschwinden, und die daher theoretisch und praktisch erhöhte Schwierigkeiten bieten.

Aus den gefundenen Hauptmoduln s^k folgen die Hauptkonstan- ten gemäß den aus (107") und (107"') sich ergebenden Beziehungen

Ihre numerische Bestimmung hat ein hohes Interesse wegen der eigentümlichen Beziehungen, welche eine gewisse molekulare Theorie der elastischen Kräfte zwischen ihnen aufstellt.

Geht man nämlich von der Auffassung aus, daß die zwischen den kleinsten Teilchen eines elastischen Körpers wirkenden Kräfte nur Funktionen von deren gegenseitigen Entfernungen sind, so ge- langt man nach S. 128 zu den Gleichungen (150'")

die sich nicht ergeben, wenn man die Kräfte auch noch von der Richtung der Verbindungslinie abhängig, sagen wir kurz polar wirkend, annimmt.

Die Beobachtung hat entschieden, daß bei Krystallen diese Be- ziehungen mitunter angenähert, mitunter aber auch gar nicht erfüllt sind, und man gelangt dadurch zu der Auffassung, daß polar wir- kende Moleküle die Regel, solche mit verschwindender Polarität die Ausnahme darstellen. Ein eigentümlicher Zusammenhang zwischen elastischen und elektrischen Wirkungen wird dadurch an- gedeutet, daß, soweit die Beobachtungen reichen, anscheinend die Krystalle, deren Konstanten die Gleichungen (204) nicht erfüllen, piezoelektrisch erregbar sind, die übrigen nicht.

Eine gewisse Schwierigkeit bieten die isotropen Körper, für welche die aus den Formeln (204) folgende Beziehung

^1 = i <^2 oder c = 3 c^ 204')

Geltung behält, gleichviel ob man die Moleküle als polar wirkend annimmt oder nicht, wenn man nur die physikalische Gleichwertig- keit aller Richtungen dadurch bewirkt denkt, daß jede Orientierung des einzelnen Moleküles gleich häufig ist Denn offenbar wird die polare Wirkung der Moleküle dann nicht zur Geltung kommen, sondern nur ein mittlerer Wert der Kraft, der mit der Richtung nicht variiert

Nun zeigt die Beobachtung, daß bei isotropen Körpern die Be- ziehung (204') nur selten angenähert, meistens sehr wenig erfüllt

426 //. Teil Mechanik nichtstarrer Korper, IV. Kap,

ist, und fordert sonach eine von der zunächst liegenden und eben skizzierten abweichende Auffassung der Konstitution isotroper Körper.

Eine solche wird unmittelbar nahe gelegt durch die Wahr- nehmung, daß eine große Zahl sogenannter isotroper Körper, insbe- sondere alle Metalle, nur Anhäufungen von verschieden orientierten Krystallbrocken darstellen, deren einzelne Teile gegenüber der Mole- kularwirkungssphäre sehr groß sind, und man kann die Annahme plausibel machen, daß diese nur quasiisotrope Struktur bei schein- bar isotropen Körpern die Regel bildet

Das elastische Potential für solche Körper kann demgemäß aus dem für den KrystaU geltenden erhalten werden, indem man Ton dem letzteren den Mittelwert für alle möglichen Lagen des Krystalles gegen die Koordinatenaxen bildet Der so gefundene Ausdruck be- sitzt die Konstanten

1") I

worin

^11 + ^22 + ^33== 3^1 > ^23 + ^31 + ^12 = ^^2> ^44 + ^66 + ^66 = ^^3

gesestzt ist, imd erfüUt demnach die Beziehung (204') nicht, wenn die Konstanten c^ des EjrystaUes die ersten drei Formeln (204) nicht befriedigen.®^

Das Problem der Bewegung cylindrischer Stäbe, bei welchem wiederum von der Einwirkung körperlicher Kräfte abgesehen und nur anfängliche Verrückungen und Geschwindigkeiten, sowie zeitlich wechselnde Einwirkungen auf die Endquerschnitte in Betracht ge- zogen werden mögen, hat praktisches Interesse allein im Fall end- licher Länge und isotroper Substanz.

Die Formeln für Dehnung und Drillung nehmen die Ge- stalt an

worin bedeutet

von den Bedingungen für die Enden kommen besonders die in Be- tracht, daß die Verrückung, d. h. W vorgeschrieben, an festen Endpunkten speziell gleich NuU ist, oder daß die äußere Kraft, d. h. dfFjdz vorgeschrieben, an freien Endpunkten speziell gleich Null ist.

Dies alles stimmt vollständig mit dem System der Bedingungen

§ 25, Bewegung eines elastischen Stabes, 427

tiberein, welches für Schwingungen einer elastischen Flüssigkeit in ebenen Wellen gilt und S. 356 behandelt ist Für begrenzte Stäbe geschieht im Falle einfacher Töne die Integration durch trigono- metrische Funktionen von z, womit zusammenhängt, daß bei stehenden Schwingungen die Stäbe im allgemeinen in eine Anzahl gleichartig bewegter Teile zerfallen, deren Grenzen Schwingungsknoten bilden.

Die Gleichungen (202') für die Biegungen haben die Form

T-? + '"*?:? = 0 2«5")

worin

«» = -^ resp. = 205'")

ist, sind also Yon den früher behandelten verschieden.

Die Grenzbedingungen bieten eine wesentlich größere Mannig- faltigkeit als bei dem Problem der Dehnung und Drillung.

Gegebenes U bezeichnet vorgeschriebene Verrückung, gegebenes dUjdz vorgeschriebene Drehung des Stabendes um eine Queraxe; gegebenes d^üjdz^ entspricht vorgeschriebenem Drehungsmoment um eine Queraxe, gegebenes ö'?//ö 2^ gegebener transversaler KrafL

Welche Kombinationen dieser Angaben die Bewegung vollstän- dig bestimmen, ist aus den Betrachtungen auf S. 422 zu erschließen.

Man erkennt aus ihnen, daß, neben zur Zeit ^ = 0 vorgeschrie- benem U und d Uj dt, für jedes Ende

zugleich U und d Uj d z oder «7 und d^U/dz^ oder d^Ujdz^ und dUjdz oder d^U/dz^ und d^U/dz^

gegeben sein müssen, damit die Bewegung bestimmt sei. Von diesen Möglichkeiten besitzen die drei besondere Wichtigkeit, daß entweder U und dUjdzj oder C/^ und d^U/dz^, oder endlich d^U/dz^ und d^Ujdz^ verschwinden; sie entsprechen den Fällen, daß das be- treffende Stabende vollkommen befestigt, unvollkommen befestigt und vollkommen frei ist

Die Integration der Gleichung (205") geschieht bei endlichen Stäben im Falle einfacher Töne durch Exponentialgrößen und trigo- nometrische Funktionen von zr, womit zusammenhängt, daß bei stehen- den Schwingungen die Stäbe nicht in gleichwertige Teile zerfallen.

Ein rein theoretisches Interesse weckt der FaU der Fortpflan- zung einer Bewegung längs eines unendlichen Stabes, sei sie nun

428 //. Teil. Mechanik nirktstarrer Körper. IV. Kap.

durch dauernde Einwirkung auf einen Punkt, etwa einen Endpimkt, oder durch eine AnfangSYerrückung und -geschwindigkeit erregt

Für Dehnung und Drillung gelten hier die auf S. 353 und 355 abgeleiteten Formeln mit entsprechender Bedeutung von v; eine be- sondere Untersuchung erfordert dagegen der Fall der Biegung.

Zur Integration gehen wir aus von dem Ansatz®^

OD

206) ^=Ir{p^±iM&)^-

0

und bilden, indem wir mit t/;'(?) den Differentialquotienten nach dem ganzen Argument f bezeichnen,

00

d

0

F-//(.<±^>-(ä).$,

was sich durch die Substitution

a *

überführen läßt in

0

Hieraus folgt auch

00

d

d

0

S-±/r(..±$)y(f)^^,

oder bei Berücksichtigung von zjß= a

00

206") S=±//"(/"±T)v''(ä)''«-

0

Man erhält ebenso

CD

^.^^r{p>±^)r{^)äß,

0

cx>

2»') S-+/r(.'±T>"(S)^'«.

0

während auch gilt

207-) '-^T-Pif"[pt±^)^[^)da.

§ 25, Bewegung eines eHasHschen Stabes.

429

Sonach ist obiger Ansatz ein Integral unserer Gleichung ^ falls nur p == m und

nt) + ^(S) = 0, 207")

also

\f) ^ a cos ^ + Ä sin f ist

Ein zweites Integral wird nahe gelegt durch den Wert (206') von dF/dz, der offenbar dieselbe Behandlung gestattet, wie F selbst, und für den wir schreiben wollen

00

'-fr(p'±^M^]'"'-

207'")

wo ip*{C) == ö' cos ^ + V sin ^ ist

Mit Hilfe dieser Lösungen kann man nun leicht die Fort- pflanzung der auf ein Ende des nach der anderen Seite unendlichen Stabes ausgeübten Erregungen bestimmen; dabei kommen wieder die vier auf S. 427 angegebenen Kombinationen von Grenzbedingungen in Betracht®^

Ist für r = 0 Ü^F{t), dUjdz = F^[t), so wird

''" = ^/l^(' - 2-«^) ^'^ T + ^' (' - Ä) '"^ 2^] '-• 208)

0

Ist für z = 0 V=F{t), d^Ujdz^ = F[{t), so wird

^■-^/>'('-i^»)H^+-°T)

Ist far z = 0 d'Ujdz^ = F{t), dU/dz = F^{t), so wird

2080

F,\t— ^A (cos ~ sin ^]

^\ 20)/ V 2«e» 2«'/

dcc.

208")

Ist für z = 0 d^Ujdz^ = i?'(0, d'Ujdz* = /';(*), so wird ""= i^/[^('- Ä) ''^^Ä + ^»('- 2-ä;) «««-?] ''«• 208'")

0

Haben die Punktionen F und Fy^ die Eigenschaft, für ein negativ unendliches Argument zu verschwinden, so gilt gleiches von den

430 U. Teil, Mechanik mehtgiarrer E&rper. /F. Kap,

Werten U. Diese Resultate lassen sich leicht yerifizieren, wenn man die Gleichungen (206) u. fl zu Hilfe nimmt.

Komplizierter ist die Fortpflanzung einer anfanglichen Ver- rückung und Geschwindigkeit *auf einem beiderseitig ins unendliche reichenden Stab auszudrücken.®*)

Setzt man

für < = 0 ü= V^, dU/dt= U^ und Jdz fU^{^)d^^W^,

OD OC

SO erhält man 209)

<

+ W^{z+ lafiäi) (sina» _ cosof2)Jrfa, wofür man auch schreiben kann

+ 0D

JJ^^—. rr?7^(2r + 2ay^)(sina* + cosa«)

1/271*/ *-

OD

2090

Ist nur eine Anfangs verrückung, und zwar diese nur an einer Stelle z =i z^ von Null verschieden gegeben, so wird hieraus

209") U = ^ (sin ^^^^ + cos ^^^\ ,

2l/2^a)A 4w^ 4«^ y

worin

Co-«

ist, und e eine kleine Größe bedeutet

Diese Lösung zeigt, daß an jeder Stelle die Wirkung der an- fänglichen Verrtickung eine Schwingung mit abnehmender Amplitude und zunehmender Periode bewirkt.

Schließlich wollen wir noch die dem GnEKN'schen Satz für den Stab entsprechenden Formeln aufstellen und wie auf S. 376 u. £ daraus Folgerungen ziehen, die sich auf die Erregung von Schwingungen durch Resonanz beziehen.

Wir gehen aus von der allgemeinen für die Dehnungs- und Drillungsschwingungen eines Stabes gültigen Formel, die wir schreiben

210^ f.^_^,s3'^_ ^^Q

§ 25, Resonanx in elastischen Stäben»

431

worin A eine gegebene Funktion von z und t bezeichnet und v eine je nach dem Problem yerschiedene durch (205') gegebene Konstante ist Sei nun F eine Lösung der Gleichung

dt^

dx'

2100

faßt man dann beide Gleichungen mit den Faktoren F und W zusammen, integriert das Resultat in Bezug auf z von 0 bis z^, in Bezug auf t von 0 bis ^, wo z^ die Länge des Stabes und ^ eine beliebige Zeit bezeichnet, so erhält man leicht

ß^ew^^.ev

dt

dt

dz

ö

«1

dx dx

ii «j

dt + Jf{AF''Bir)dtdz.

00

21O'0

Wir wollen nun F speziell so wählen, daß es den stehenden Schwingungen eines einfachen Tones ohne Einwirkung äußerer Kräfte entspricht, also setzen

r=^sina(^ + g, 211)

worin Z der Gleichung

211')

c.«Z+.«fJ = 0

genügt Isif zugleich ^ ein Vielfaches einer Periode T = 2;r/a, und verschwindet ^und dJFjdt für ^=0, dann nimmt die vorstehende Gleichung die Form an:

J [("öt) ^^^ ^^0 "■ ^ ^^ ^^^ ^^0

0

Zdz

<i«i

^y^j\z'-^^w^-^

dx

dx

sma{t+tQ)dt+jjAZsma{t+tQ)dtdz.

0 0

211")

Dies Resultat vereinfacht sich noch dadurch, daß je nach den Umständen, unter denen die stehende Schwingung F stattfindet, für 2r = 0 und z = z^ entweder ^selbst oder dZjdz verschwinden muß.

Nimmt man für beide Enden Z = 0 an, so wird

-Z'=sin— z, az.^hvn. cos^^=±l> und die vorstehende Formel nimmt die Gestalt an

432 IL Teil. Mechanik nichtstarrer Kbrper, IV, Kap.

j [(^)t^ ^^ ^^0 - a ^^ COS at^

211'")

sm zdz

V

= avJiJF^ ^ r,,) sin a{t+ t^) dt

0

+ M ^ sin * sin a{t + ^q) dt dz.

0 0

Sie sagt aus, daß, wenn die Enden r = 0 resp. z = Zj gegebene Verrückungen Wq resp. F,^, beliebige Punkte zwischen ihnen mit Ä proportionale Kräfte erfahren, welche Anteile mit der Periode t Yon F enthalten, dann mit wachsender Zeit das Integral links und damit die durch JF gegebene Schwingung über alle Grenzen wächst Dies Resultat gilt für jedes a und jede Periode r, welche mit den Bedingungen des Problemes vereinbar ist; ausgenommen ist nur der Fall, daß die äußere Einwirkung A sich ausschließlich auf eine Stelle erstreckt, wo bei der stehenden Schwingung von der gleichen Periode ein Knoten liegt, also sin(az/t;) verschwindet.

Ganz analoge Formeln wie (211'") lassen sich für die FäUe aul- stellen, daß die Enden nicht befestigt, sondern frei sind, d. h., daß daselbst nicht F sondern d Fj d z verschwindet, oder daß an einem Ende F^ am anderen d Fj dz gleich Null ist

Aus ihnen allen folgt in der auf S. 377 ausführlicher be- sprochenen Weise, daß bei auf mittleren oder Endpunkten ausge- übten Erregungen die Eigentöne der Stäbe stärker als alle anderen ansprechen; und zwar werden die betrefiFenden Eigentöne bei Er- regung mittlerer Punkte durch die gegebenen Bedingungen fftrAe Endpunkte direkt bestimmt, bei der Ausübung von Verschiebungen auf einen Endpunkt treten diejenigen auf, welche festgehaltenem Ende, bei Ausübung von Kräften diejenigen, welche freiem Ende entsprechen.

Genau dieselbe Behandlung gestatten die Formeln für die Bie- gungsschwingungen von Stäben, die wir in der Form schreiben

worin A eine gegebene Funktion von z und t bezeichnet und w durch die Gleichung (205'") gegeben ist.

Wir ziehen eine zweite Funktion T heran, welche der Gleichung

212') •; l, + ««-, \ -B = Q

§ 25, Resonanx in elastischen Stäben,

433

genügt, multiplizieren die Formel (212) mit F, die Formel (212') mit Uj subtrahieren und integrieren* in Bezug auf z über die ganze Stab- länge Zj, in Bezug auf t über eine beliebige Zeit t^, und erhalten nach ausgeführter teilweiser Integration

0

«1 »1

/' ^^t-^It dz-Jj{Är-BV)dtdz

00

+ ^ JrT^^^Ö^-

dx dx^ dx dx^

dt=0.

212")

ö

Setzt man liier für F den Wert

r=^sina(^+g 213)

ein, der den stehenden Schwingungen eines einfachen Tones ohne äußere Kraft entspricht, wenn

«2^+fü2J^f =0 213')

ist, so erhält man wie oben, wenn C^ und dU/dt für ^ = 0 ver- schwinden, und t^ ein Vielfaches einer Periode von F ist:

«1 ti z,

J M-g--) sin utQ aUt^coscctQ

Zdz— \\ AZ%ma[t+Qdtdz

0 0

0

dx* öx

dx^

sma{t+Qdt=^0,

213")

0

Diese Formel gestattet dieselbe Behandlung wie (211"); durch Ein- fiihrung der Grenzbedingungen für F nach einem der auf S. 427 gegebenen Schemas verschwinden vier von den acht Gliedern des dritten Integrales und es bleiben sonach im ganzen fünf Glieder unter den Integralen nach t stehen, die fünf verschiedene Erregungsarten des Stabes repräsentieren. Enthalten die ausgeübten Wirkungen Anteile mit einer der flir F durch die Grenzbedingungen zugelassenen Periode, so wird das erste Integral und damit die Intensität der erregten Schwingung von dieser Periode mit wachsender Zeit über alle Gren- zen wachsen.

Eine nähere Erörterung dieser Verhältnisse ist nach dem früher Gegebenen nicht nötig.

Die am Anfang dieses Paragraphen vorgenommene Entwickelung der HAMiLTON'schen Gleichung hört auf, streng zu sein, wenn die Querdimensionen des Stabes so klein und zugleich die auf ihn aus-

VoiOT, Theoretiache Physik. 28

434 //. Teii. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

geübte Längsspannung /' so groß ist, daß in dem Wert (199") für <yP+ SF das Glied CSc die übrigen weitaus übertrifft»®)

In diesem Falle darf* man sich bezüglich des Wertes der line- aren Dilatation c' nicht auf die erste Annäherung (199') beschränken. Man erhält eine zweite, wenn man berücksichtigt, daß die relativen Koordinaten der Endpunkte eines Axenelementes ds nach der De- formation resp. gleich

sind; daraus folgt

V— ds. -ä- ds. - ' ds

was man nach (199) leicht in

überführen kann, da man ds mit dz identifizieren darf.

Benutzt man diesen Wert in der HAMiLTON'schen Gleichung (198) und nimmt den Stab so dünn an, daß die in SP enthaltenen, von M und v abhängigen Glieder ganz vernachlässigt werden können, und variiert man nur wegen u und v, während diese Größen an den beiden Enden z = 0 und z = zr^ gegebene Werte haben, z. B. gleicb Null sind, so erhält man statt der ersten beiden Formeln (200)

214')

p,/..(i,,*(?')'-iM(|l)* + ,H-).0,

während die beiden letzten sich wie früher finden lassen. Daraus folgt aber in bekannter Weise

214")

ö««> dC , „, , ö'n dK

Fehlen longitudinale Bewegungen und ebensolche körperlicht' Kräfte, so ist nach der dritten Formel innerhalb der benutzten An- näherung C konstant, nämlich gleich der auf die Enden wirkenden Spannung F, und es wird aus den zwei ersten Gleichungen (21 4'"!:

§ 25, Theorie dtr Saiden, 435

214'")

Zur vollständigen Bestimmung des Problems treten hinzu für die Enden z = 0 und z=^z^ vorgeschriebene Werte von u und v, sowie für irgend eine Zeit, etwa ^=0, vorgeschriebene m, r und du /dt, dv/dt; für die Enden der Saite gegebene du /dz und dv/dz, die ähnliches leisten würden, wie dort gegebene u und v, kommen in der Praxis nicht vor.

Dagegen sind Fälle denkbar, wo die Grenzbedingungen die Aggregate F^u ±du/dz und F^v ±dv / dz bestimmen, etwa gleich Null; dieselben werden dann eintreten, wenn die Enden der Saite nicht völlig unverrückbar fest sind, sondern transversalen Zugkräften etwas folgen können.*^) Solche Kräfte übt während der Bewegung die Spannung F der Saite selbst aus, und zwar ist der Betrag ihrer Komponenten parallel der X- und T-Axe resp. gleich ± Fd u/ dz, ± Fdv / dz. Tritt nun in jedem Augenblick eine Verschiebung des Befestigungspunktes ein, welche der wirkenden Kraft proportional ist, und versteht man unter F* eine geeignet bestimmte Konstante, so wird in der That F^u du/dz und F^v dv/dz am Ende z = 0, F^u + du/dz und F^v + dv/dz am Ende z = z^ verschwinden müssen.

Diese Haupt- und Nebenbedingungen enthalten die vollständige Grundlage der Theorie des Gleichgewichts und der Schwingungen von Saiten. Ihre Form stimmt überein mit derjenigen der für ebene Wellen in einer Flüssigkeit und der für Dehnung imd Dril- lung eines Stabes geltenden Formeln; ihre Behandlung ist also mit der auf S. 353 u. f. gegebenen identisch, doch haben hier andere spezielle Fälle praktische Bedeutung als dort

Für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit a> erhält man die Beziehung

(o^^F/qQ;

r ist darin die gesamte die Saite spannende Kraft, F] q der auf die Flächeneinheit bezogene Wert.

Das Problem der Saite fällt im Grunde aus dem Gebiete der elastischen Erscheinungen heraus, da die Elasticität bei ihrer Be- wegung keine Rolle spielt; ihr Interesse ist besonders in dem Um- stand begründet, daß sie hervorragend geeignet ist, auf verschiedene Erregungsarten anzusprechen und ihre Wirkung zu zeigen.

Benutzt man neben den von der Längsspannung jT abhängigen Gliedern die in (202') enthaltenen, welche von den Elasticitätsmoduln abhängen, so erhält man allgemeinere Formeln, welche, wie man sagt, die Steifigkeit der Saite berücksichtigen.

28*

436 //. Teil. Mechanik niehistarrer Körper, IV. Kap.

§ 26. Gleichgewicht einer gleichförmig geBpannten Platte von

beliebiger homogener Snbstanz.

Es sei nunmehr eine planparallele Platte aus homogenem Ma- terial gegeben, und es seien in ihr die Deformationsgrößen x^, , , , x und daher auch die Spannungen X^, ... X in zu den Seitenflächen parallelen Ebenen konstant angenommen. In diesem Zustand wollen wir die Platte gleichförmig gespannt nennen.

Legt man die Xl'^Ebene in die Mittelfläche der Platte, so er- giebt sich für die Verrückungen m, r, w aus der gemachten Annahme folgende allgemeinste Form:

u = U+ x{f^ + g^z) +y(f+ hz\ 215) ' v=^V+x[g + hz)+y{f^+(f^z).

w = r + xg\ + yg^ - \g^ x^- - \g^y^ - Äxy,

in der C', V, W Funktionen von z allein, die /*, g^ h abei% Konstanten bezeichnen. Verbindet man das Koordinatensystem so mit der Platte, daß für ar=y = 2 = 0

215 ) M = ü = tu = 0, 3^- = ^— = 3 = 0

' ox ay ox dy

ist, was aussagt, daß der Koordinatenanfang an seiner Stelle, das benachbarte Element der Xr-Ebene in seiner Ebene bleibt und keine Drehung um die Z-Axe erfährt, so ist

215") ?7= r= r= 0 für z = 0, und auch g[ ^g'^^f^g^ 0.

Die übrigen Konstanten /, ^, h lassen sich leicht deuten. Es ist nämlich

f' - ^A-j' '- - (§-;)-/■• 'f-iü^ ^fi-f-

215'")

= +wi'.

_^ i d (dv dw\ _ ö^ __ ]'

^dy\dx dyj dy

~' ^dy\dx dxj^^dxydx dy)~ dy'~ dx"^ '

d. h., es ist f\ = a die lineare Dilatation parallel der X, /i == *' diejenige parallel der T-Axe, 2f=d' die Winkeländerung zwischen der X- und T-Axe, dies alles in der Mittelfläche der Platte ge- messen; -\-g^ = m ist die Änderung der Drillung m nach der X-, ^2 =/' diejenige der Drillung l nach der 7-Axe, während ä = Jä' sowohl durch die Änderung von m mit y als von l mit x ge- geben wird.

§ 26, Gleichgewicht einer gleiehßrmig gespannten Platte, 437

Die Verrückungen werden unter Einführung der neuen Ab- kürzungen

u = U+ x{a + mz) + \y{d'+ k' z), \

v=F + ^x{d'+k'z)+y[b'^rz\ 216)

und die Deformationen lauten:

y^=d{^ ^«^rfT' ^y-d + kz. J

Die Hauptgleichungen werden nach den gemachten Annahmen

.^/. = ^^. = ^. = 0, 217)

ox ox ox ^ '

die Bedingungen für die Plattenflächen

:^=j; = ^ = 0, 217')

woraus für alle Stellen

A>J>^. = 0 217")

folgt.

Denken wir uns die Platte seitlich durch einen Cylindermantel begrenzt, und bezeichnen die äußere Normale auf einem seiner Elemente mit n, so muß dort

Ä'+ ä; = f +"i; = i;+ i^„ = 0 217'"}

sein; da Z^ nach (217") gleich Null ist, kann die gleichförmige Deformation der betrachteten Platte nur durch gegen den Rand wirkende Zugkräfte, die in der Xl'- Ebene liegen, und durch Drehungsmomente bewirkt werden.

Begrenzen wir die Platte durch zur XZ- und zur TZ- Ebene parallele Seitenflächen, so sind auf diese pro Längeneinheit des Randes der Mittelfläche folgende Komponenten und Momente auszuüben

-^XJz^A, -[Y^dz^B, -fX^dz^D, I

" 217""^ fX^z dz = M, +fr^zdz = Z, - fX^z dz = Ä". J

Von den Gleichungen (107"') lauten nunmehr die erste, zweite und letzte unter Benutzung der vorstehenden Resultate

- (a' + m'z) = «11 J, + «12 i; + «le Jj,, 1

- (6' -l'z)= *,i A; + «,, r^ + s„X^, 218)

- (<f + Ä'Z) = »gl A'^ + »83 Ij, + »85 Xj,. J

438 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Korper, IV, Kap.

Integriert man sie über die Dicke 2h der Platte, so findet sich: 218') 2AÄ' = 5,,yi + ^2,^ + ^3,2?,

integriert man sie nach Multiplikation mit 2:, so erhält man:

218") f Ä'Z' = - s,,M+ s,,Z - s,,K,

Hieraus folgt, daß gesetzt werden kann:

219) 1 worin

bedeutet, und

' ""ÖL' '^ ""öi/' '^ " dK' 219) worin

^ *A';^3 == *ii ^^+h2^^ + *«6^'- 2*,3ZJIf + 2*j,ilfr-2*,,iir. Umgekehrt ist auch

220)

wo Pj und Pg quadratische Formen von a, ä', rf' resp. von /', m\ k' bezeichnen, die aus den Umkehrungen der Formeln (218') und (218") . ebenso zu bilden sind, wie p^ und p^ aus diesen selbst.

Wir schreiben sie

^~ da" ^ ~ 'db '

■"öd"

l -L- Qi., ^- ö^>,

220')

^*- = yxi'w'H ^,2^'*+ /«6*'* - 2y„/'m'+ 2y,,in'Ä' - 2y„/'A':

dabei ist von Wichtigkeit zu beachten, daß P, den Faktor h, da- gegen P3 den Faktor h^ hat, daß beide also in Bezug auf die Dicke der Platte verschiedene Größenordnung besitzen.

Nunmehr können auch die noch in den Werten von u, p, tr unbekannten Funktionen ü, V, Jf von z allein leicht bestimmt werden. Denn aus der dritten, vierten und fünften Gleichung (107'") folgt bei Benutzung der Werte (216') von z,, y^, z^

§ 26, Gleichgewicht einer gleichförmig gespannten Platte. 439

dV

dx

= h\^x + h% ^y + *4e^^i/»

^ = *61^x + *52 ^y + he^y'

220")

Setzt man für X , ¥ , X die aus (218) folgenden Werte ein und berücksichtigt die Bedingungen (215"), so erhält man für U, V, W Funktionen zweiten Grades von z mit vöUig bestimmten Konstanten; das Problem ist also allgemein gelöst.

Wir bemerken, daß bei ausschließlicher Wirkung von Zugkräften A^ jB, I) die von den Drehungen abhängigen /', m', K und die quadratischen Glieder in U,F, ^ verschwinden, bei alleiniger Wirkung der Momente Z, M, K die a, b\ d' und die linearen Glieder in ?7, F, W gleich Null sind.

Von den Moduln haben die

*88> *43' *63' *44J *66' *4«

keinen Einfluß auf das gestellte Problem; die Deformation der Mittelfläche, welche durch a, ä', cT, /', m', K bestimmt wird, hängt ausschließlich ab von

*11> *12' *22' *16> *28' *66'

Von spezielleren Fällen kommt hier besonders der in Be- tracht, daß

*16 = ^26 ~ ^

ist, wie das z. B. stets stattfindet, wenn die Z- oder T-Axe eine mindestens zweizählige, die Z-Axe eine drei- oder sechszählige elastische Symmetrieaxe ist.

Dann ist 2Aa'=;?ii^ + Äij5, 2kb'=8^^A + g^^B, 2hd' = s^^B, \ ^

also wenn man abkürzt

^11 -- y ^M y ?13 y =— y

- « __ o »"'/22> , o _o «—/ll» 9 o _c a~ /12 fiV

*6S

~* Vae

9

440 U, Teä. Mechanik nichtsta/nrer Körper. IV. Kap.

Für isotrope Körper ist spezieller

221'")

«1

^11 "" ^22 ~ ^ "~ _ 5 2 ' ^12 "" ^1 ~ 58 _ ^9 «

/'eo = ?'2 = orÄ^:^^ = i(/ J'i)'

2U-5i)

worin ä, äj, ^2 die früheren, y, y^, y^ neue Bezeichnungen sind.

Bezüglich der Tragweite der im vorstehenden abgeleiteten Se- sultate und ihrer Anwendbarkeit auf die Praxis einerseits, auf Be- wegungszustände andererseits sei auf das S. 411 Gesagte verwiesen.

§ 27. Gleichgewicht und Bewegung einer unendlich dünnen Platte.

Das Problem einer beliebig gespannten unendlich dünnen Platte läßt sich ebenso auf dasjenige einer gleichförmig gespannten von end- licher Dicke zurückführen, wie das Problem des unendlich dünnen Cylinders auf dasjenige des endlichen, aber gleichförmig gespannten.

Denken wir uns die Mitt^lfläche der Platte vor der Deformation mit der Äi?- Ebene eines absolut festen Koordinatensystemes zu- sammenfallend und die Platte in diesem Zustande durch Ebenen parallel zu den anderen Koordinatenebenen in parallelopipedische Elemente zerlegt; denken wir uns femer in der der ä und H'Axe zugewandten Ecke jedes Elementes ein Koordinatensystem X, r, Z, wie in (215') festgesetzt ist, mit dem Element verbunden, so kann man die Volumenelemente jederzeit so klein annehmen, daß bei stetiger Deformation der ganzen Platte in einem jeden Element die Deformationsgrößen nicht merklich von x und y abhängen, ohne daß dabei die Querdimensionen der Volumenelemente verschwindend gegen ihre Dicke wären. In diesem Falle kann man also auf das Volumenelement sofort die im vorigen Paragraphen abgeleiteten Formeln anwenden. Dabei mögen die absoluten Koordinaten eines Punktes der Mittelfiäche nach der Deformation mit |, 1], ^ bezeichnet werden; 2A sei wieder die Dicke der Platte, dq ein Element seiner Mittelüäche, ds ein Element von deren Randkurve.

Die HAMiLTON'sche Gleichung lautet hier ti +/» 222) JdtJdz[fdq{S^P'^S(f + S'a^)+fdsS'a^'\==0,

to —h

und zwar bezeichnet darin S'ip und S(f die Variation der lebendigen Kraft und des Potentials der Volumeneinheit, S^u^ die gleichfalls auf die Volumeneinheit bezogene Arbeit der körperlichen Kräfte, S'a^

§ 27, Oleiekgewieht und Bewegung einer unendlich dünnen Platte. 441

die auf die Flächeneinheit bezogene Arbeit der auf die Randfläche wirkenden äußeren Drucke. An den Integralen nach z mögen der Kürze halber weiter die Grenzen h und + h fortbleiben.

Die lebendige Kraft eines Volumenelementes 2hdq drückt sich, wenn man wieder das einzelne Volumenelement als Ganzes bewegt denkt, analog wie in (196') aus; da aber alle Trägheiteradien un- endlich klein sind, so reduziert sich, wenn die d^jdt, dt}/ dt, d^/dt nicht unendlich schnell mit dem Ort auf der Mittelfläche der Platte wechseln, der Wert auf

ä,f^äz =Tä, = e (df )V (||)V %f) Ä ä,. 2220

Die Arbeit der körperüchen Kräfte an demselben Volumen wird, wenn diese Kräfte keine Momente um zu den festen Axen parallele durch den Schwerpunkt des Elementes liefern,

dqfS'aJz = S'Sdq=:2h{S'S^+irdr]+Z'd^)dq, 222")

worin ff, IT, Z' auf die Volumeneinheit der Platte bezogen sind.

EndUch wird die Arbeit der Oberflächendrucke an dem Rand- element 2 k ds, falls S% S^fi, S^v die Drehungswinkel angeben,

dsfS'adz^S'Sds \

^{4a^ + B8r] + rö^+AS'X + MS'ii + N8'v)d8, J

worin A, B, F, A, M, N, die Komponenten und Momente nach den festen Axen, sich auf ein Stück der Randfläche von der Länge Eins beziehen. T, S'S und S^S^ sind neue Bezeichnungen.

Die Variation des elastischen Potentiales des Volumenelementes 2 h dg wird hier wegen X^ = J^ = if^ = 0 einfach

ä,fä. S^=- ä,fä. [Z. ^^ -H 7/^ -H X, {^'^ +

döv^

223)

dx Hier hinein sind die Werte (216') zu setzen und das Resultat

== - dqjdz [X^{Sa' + z Sm) + ^ (^Ä'~ z SV) + X^{dd' + z dk')] nach z zu integrieren; dadurch erhält man nach (217"")

= + [{A8a' + BSb' + BSd') + [LSV + MSm + K8K)\ dq, 223') oder wegen (220) auch

dq JdzStp^ {SP^ + SP^) dq. 223")

442 //. TeiL Meehanik mehtstarrer Körper. IV, Kap.

Die HAMiLTON'sche Gleichung (222) lautet somit

223'") fdt[^dq{ST- SP^ - SP^ 4- S'S) + JdsS'S^ = 0.

Die vorstehenden Formeln gestatten leicht die Erweiterung auf den Fall ursprünglich gekrümmter Platten, wenn man sich dabei auf den allein in Betracht kommenden Fall isotropen Materiales beschränkt Indem man die auf S. 418 angewandte Schlußweise wieder benutzt, kommt man zu dem Resultat, daß P^ für den Fall daß die Änfangswerte von Z', m', K die Beträge Z«, iWa, ä« besaßen, den durch

gegebenen Wert annimmt, das übrige sich aber nicht ändert

Auf Folgerungen aus den vorstehenden allgemeinen Gleichungen, die sich auf endliche Formänderungen ebener oder ursprünglich gekrümmter Platten beziehen, gehen wir, weil sie zugleich nur umständlich zu erhalten und von geringerem praktischen Interesse sind, nicht ein.

§ 28. unendlich kleine Verrückungen ursprünglich ebener

elastischer Platten; Membranen.

In dem wichtigsten Fall, daß die Platte nur unendlich wenig von der ursprünglichen ebenen Gestalt abweicht und auch in ihrer Ebene nur unendlich kleine Verrückungen erfahren hat, bilden die in jedem Volumenelement konstruierten X, Y, Z-Axen nur unendlich kleine Winkel mit den absolut festen ä, H, Z-Äxen.

Es kann demnach hier

224) | = ar + M, rj = j/ + v, ^ = w

gesetzt werden, wo u, v, w sich auf die Mittelfläche r = 0 beziehen und nur von ar, y und t abhängen; es ist dann weiter in erster Näherung

, _^ du »/_ öt' ^'__^" I ^^

also nach (215'")> his auf zwei irrelevante Konstanten,

224") l=i^, m=-^.

' ay ^ ox

§ 28. ünendlieh kleine Verrückungen elastischer Platten,

443

Demgemäß wird, wenn wir nur Momente um die Randlinie der Platte zulassen, also N in dem Wert von S^S gleich NuU setzen,

SP, 8'S

= LS

8'S =

/du , dv\ \oxj \oyi \dtf dx)'

{S'Su + irSv + Z'Sw),

ASu + B8v + rSto + A~- mI**

oy ox

224'")

Führt man diese Werte in die HAMiLTON'sche Gleichung (228'") ein und variiert darin successive nur u, nur v, nur w, so erhält man:

MI "9 M^)'-^» m -^»(^) + 2*^'«

+ fB'S^ds\ = 0,

+ 2hZ

'H +/[

rdw +

''^©-«(ai'"}-»-.

225)

Die Entwickelung dieser Formeln durch teilweise Integration giebt, soweit man das resultierende Flächenintegral in Betracht zieht,

i/_ + ^ + 2hS',

dx oy '

da;* oy' oxoy

225')

Für Punkte der Eandkurven giebt das Nullsetzen der Faktoren von Su und Sv unter den Kurvenintegralen sogleich, falls man unter n die äußere Normale versteht:

444

//. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

225")

A cos (n, x) + D cos {n,y) = ^, icoQ{n,x) + Bcos{njy) = B;

außerdem folgt für den Fall des Gleichgewichts aus allgemeinen mechanischen Bedingungen

J^ds + 2hJS'dq = fBds + 2hjirdq = 0,

J(xB-^^^ds + 2hJ[xir-yS)dq = 0.

225'")

Hingegen sind die Glieder mit S{dwldx), S(dtcldi/) und Sw erst umzuformen. Wir haben zunächst

Jds \(KcoQ(n,x) - i;cos(7i,y) + ^) ^(^f )

+ {Mcos (n, x) + äTcos (n,y) - M) J (^^) 'öS

-[(

+ -^^ I cos

dx dy

) cos{n,x) + (II - ||j cos(7i,y) - F^dtc] = 0.

Liegt s zu n^ wie die J- zur X-Axe, so ist cos(n, ar) = cosf^yy). cos(7i,y) = cos(ä, ar) und

femer wird, da nach der Annahme das resultierende Moment A um das Randelement ds wirkt,

-^cos(7^,y) + Mco8(w,a:) = J,

^cos(n,ar) + Mcos(n,y) = 0;

daraus folgt für das obige Integral, falls man kurz cos(7i,x) = cosy setzt.

/rf,{(2

Ä'cos qp sin qp i sin^ qp + Jlf cos^ qp J)

+ (Ä' (cos* (f sin* qp) (i/ + M) cos qp sin qp)

-((

bM . BK

+

K\ , IdK dL\ .

-Jcos9P + (^--g^)sin(^

-rj^tr}.

dx dy)^^^^ ' \dx dy

Formt man das zweite Glied durch teilweise Integration über die ganze Randkurve um, wobei das abgesonderte Glied verschwindeu so ergiebt sich durch NuUsetzen der Faktoren von ^?r und Sidwjdn^

§ 28, Longitudinale Verriickungen in elastischen Platten, 445

d r-^.

Y- T-ff (cos ^(f sin ^<f) (Z + M) cos tp sin qpl

226)

, (dM , dK\ , /öJT öZ;\ . y, ^

2 JTcos 9? sin qp i sin^ (p + Mcos^ qp J = 0. 226')

Zugleich muß im Falle des Gleichgewichts gelten

Jrd8 + 2hJZ'dq = 0,

f{A+ yT) ds + 2hjyrdq = 0, \ 226")

J{M-^xr)ds 2hJxZ'dq==0.

Außer diesen Bedingungen für die Kräfte und die Momente existieren noch solche für die Verrückungen, auf die wir weiter unten eingehen werden.

Alle die vorstehenden Bedingungen (225') bis (226") sind unab- hängig von dem speziellen Gesetz, welches die Funktionen A, JB, JD und Z, Mj K mit den Verrückungen m, t?, w verbindet; sie haben also eine bemerkenswerte Allgemeinheit.

Auf das spezielle elastische Problem werden sie durch Ein- führung der Werte Ä^ Bj I) und i, JKJ K, welche aus den Formeln (220) und (220') folgen, angewandt.

Wir wenden uns zunächst zur Behandlung der longitudinalen Verschiebungen innerhalb einer Platte und bemerken dazu, daß wegen jener Werte geschrieben werden kann

A:=-^2hA^, B=-2hBy, i>= -2ÄJj^== -2A5^, 227)

worin nun

ist; zugleich nehmen die zwei ersten Gleichungen (225') die Form an

\ 22T\

die Randbedingungen (225") die andere

Z^+^'=:b;^+JB'=0, 227

worin gesetzt ist

^^cos(n,ar) + J^cos(n,y) = A^, A = 2hA\ jB cos(n,a:) + ^ cos(n,y) = B^, B = 2 kB,

446 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

Diese interessante Form zeigt, daß die für die ebenen Defor- mationen einer ebenen Platte maßgebenden Formeln aus den allge- meinen fiir räumliche Probleme gültigen auf S. 331, 340 u. f. durch eine einfache Übertragung auf die XJ"-Ebene, d. h. durch Nullsetzen der Komponenten und Verrückungen parallel der ^-Axe, sowie aller DiflFerentialquotienten nach Zj allerdings unter gleichzeitiger Ver- änderung der Elasticitätskonstanten c^^ in die y^^j, erhalten werden.

Hieraus folgt, daß man für eine ganze Reihe von räumlichen elastischen Vorgängen Analoga für die ebene Platte ohne alle Sech- nung behandeln kann; z. B. ist die Untersuchung über die Bestimmt- heit des elastischen Problems von S. 342 u. f. direkt auf den vor- liegenden Fall anwendbar.

Für spezielle Probleme kommen besonders solche Platten in Betracht, die sich für longitudinale Verrückungen wie isotrope verhalten, wozu eine bestimmte Symmetrie des Erjstalles, aus dem sie hergestellt sind, und eine bestimmte Orientierung der Platte gegen die Krystallaxen erforderlich ist.®^

Hier wird nach den ersten drei Formeln (221")

und die Gleichungen (227") lauten, wenn man

228)

setzt,

228')

du . dv CL > m Ti

y

Macht man hier die korrespondierenden Zerlegungen

d0 BN 80 , dN

^ = 3t: +

228")

^ dx d y^ dy dx und

_dF dW _dF dW

"■"öi "^ öy ' ^Ty "JJ'

SO zerfällt die letztere die Deformation in eine durch F bestimmte Potential- und eine durch H^ bestimmte Drillungsdeformation. Für die Potentialdeformation ist

^^^) I d^F

'^^dxdy'

^ M r.

§ 28. Longitudinale Verrücktingen in eiasiiachen Platten. 447

also in dem speziellen Falle, daß /^^F =0 ist,

daher

- < = ^3 /'f- , ~ Ä = n -/-f - , 229")

und falls wieder cos(n,a:) = cos(«,y),cos(n,y) = cos(*, ar) ist, und ^ und 8 die Komponenten nach den Richtungen von n und a be- zeichnen,

-^«=y2?-i» -*«=r2/^- 229"')

»» ' ^ a w' •* ' * OSO« '

Für eine Drillungsdeformation ist

230)

231)

daher also

^«- t/2\öydn ^ öicösj' «""^■'^aVdyd« dxdn)'

Die Grundgleichungen (228') nehmen infolge der Substitu- tion (228") flir den Fall des Gleichgewichtes die Gestalt an

(80 dm , A OTT , ^ öi^

eine partikuläre Lösung ist gegeben durch

Q<lJ = rAF, e^^i/aA//; 231')

woraus man schließen kann

^= r'^/**! '(*Vyi, '^'^ 2n'^/^i'(«V^r 231")

Diese Lösungen sind für eine unendliche Platte, die im Unendlichen fest ist, die vollständigen; sie geben in dem speziellen Falle, daß €p^ und N^ nur auf einem kleinen Flächeusttick q^ von Null ver- schieden sind, für Punkte in endlicher Entfernung von y^

F=Hl{e^), W=^Jl{e% worin ^^

gesetzt ist

448 //. Teil. Mechanik niehtstarrer Körper. IV. Kap.

Wenn q^ unendlich klein, aber H wie / trotzdem endlich ist, wird F und JT in q^ unendlich und dessen Ort muß demnach für die Betrachtung durch eine q^ umschließende Kurve *j ausgeschlossen werden. In diesem Falle sind die Deformationen als durch Drucke, welche gegen s^ wirken und sich nach (229") und (230') berechnen lassen, hervorgerufen zu betrachten.

Ist die Kurve s^ ein Kreis vom Radius e um q^ als Mittel- punkt, so wird die obige Potentialdeformation durch einen normal gegen s^ wirkenden Druck von der Größe 2y^ffle^, die DriUungs- deformation durch einen tangentialen von der Größe y^Jie' bewirkt

Die allgemeinen Lösungen (231"), die in Wirklichkeit vierfache Integrale enthalten, kann man auf eine einfachere Form bringen durch Betrachtung der kombinierten Deformation, die gegeben ist durch

232) F= --qx l{e% W= -pt/ l{e%

und die den Hauptgleichungen genügt, wenn gilt

232') 2qr = pr2=pir-rir

Es wird dabei

die Verrückungen sind also im Unendlichen nicht gleich NuU, u ist dort sogar unendlich.

Begrenzt man die Platte durch eine kleine geschlossene Kurve um den Koordinatenanfangspunkt, so sind gegen dieselbe Drucke auszuüben, deren Gesamtkomponenten sind

Hiernach kann man, analog wie auf S. 385 und 386, sogleich bilden, wenn alle Elemente der Platte Komponenten S, H erfahren

-='i(y+yO(x-xO(y-y,)]''''

232")

233)

«= - *

§ 28. Transversale Verrückungen m einer ehisHsehen Platte, 449

Wirken Kräfte S und H nur im Endlichen, und ist

fS,dq,^fH^dq,=^0, 233')

so ergeben diese Lösungen im Unendlichen « = r = 0 und lassen sich überdies auf die mit (161') übereinstimmende Form bringen

233")

Auch die in § 22 gegebenen Entwickelungen über Gleichge- wichtsdeformationen beliebig begrenzter isotroper Körper infolge von Oberflächendrucken und -verrückungen gestatten eine teilweise Über- tragung auf den Fall der Platte; doch mag deren Umständlichkeit wegen von der Auseinandersetzung abgesehen werden.

In gleicher Weise mag es an dem Hinweis genügen, daß die Fortpflanzung von longitudinalen geradlinigen Wellen innerhalb der Platte nach ganz analogen Gesetzen geschieht, wie die von ebenen Wellen im Baume; bezüglich der Kreiswellen gilt das auf S. 364 Gesagte.

Wir wenden uns nun zu dem wichtigeren Problem der trans- versalen Verrückungen einer Platte und betrachten zunächst die Bedingungen des Gleichgewichtes.®')

Die Hauptgleichung lautet nach (225')

0 = ??-?| + 2^T. + 2AZ'; 234)

mit ihr sind die allgemeinen, aus (220) und (220') folgenden Werte von Lj Mj K zu kombinieren.

Multiplizieren wir sie mit w und integrieren über die ganze Ausdehnung der Platte, so erhalten wir zunächst, falls n die äußere Normale bezeichnet,

- f [(i¥cos {n,x) + K cos (w, t/)) |j + (ü:cos(n,a:) - i;cos(n,y)) ^ ds

Voigt, Theoretische Physik. 29

wds

234')

450 //. Teil. Meckamh nicMstarrer Körper. IV. Kap.

durch teilweise Integration des zweiten Integrales und Benutzung der Formeln (226) und (226') ergiebt dies bei Berücksichtigung des Wertes von Pg

234") Q=J(rw - j|^W5-2j(P2-AZ'M?)rf9.

Hieraus folgt, falls P^ eine definite quadratische Form ist, was wir voraussetzen wollen, in mehrfach benutzter Weise, daß w bis auf eine additive lineare Funktion von x und y vollständig bestimmt ist, wenn, neben der äußeren Kraft Z' für alle Stellen der Platte,

noch r und J, oder r und dw j dn, oder w und J, oder w und dwjdn

für alle Bandpunkte F und J natürlich im Einklang mit den Bedingungen (226") vorgeschrieben sind.

Von besonderem Interesse sind die zwei Grenzfälle, daß P und J oder w und dwjdn ringsum gleich NuU sind; im ersten Falle ist der Band der Platte frei, im letzteren vollkommen befestigt.

Man kann die Gleichung (234") auf eine mit (201') korrespondie- rende Form bringen, indem man die erste Formel (226"), mit t«?Q, die zweite, mit (dw / dt/)^, die dritte, mit + (ötr/ÖJr\, multipliziert, zu ihr addiert, wobei durch den Index ^ der Wert in dem auf der Platte liegend gedachten Koordinatenanfang bezeiclmet werden mag. Das Besultat lautet

(»-/{4-«'«-'(l?).-»(lll

234'")

+

^fö-dfll-^K-di).])^'

-2fp,ä, + ,,fr[u,-.,-,m-,m]ä,.

bietet indessen hier keine besonderen Vorteile dar.

Dieselbe Betrachtung läßt sich für den Fall der Bewegung an- stellen, wie dies auf S. 422 gezeigt ist; statt mit todq ist dabei die Hauptgleichung mit {dwjdi)dqdt zu multiplizieren und sowohl über die Mittelfläche der Platte, als über die Zeit von ^ = 0 bis zu einem willkürlichen t =^ t^ tm integrieren. Die Resultate bezüglich der zur Bestimmung des Problems erforderlichen Randbedingungen sind mit den früheren identisch.

§ 28, Transversale Verrückungen in einer elasiisehen Platte. 451

In dem auf S. 439 besprochenen speziellen Fall, daß s^^ == «^^ = 0 ist, wird

^ Ua?'^" Öy«^lV' //--hy/l (^3^.1^2+ Öy9/22J>

235)

und die Hauptgleichung (234) für w nimmt die Form an P TT + * * ( Ji* ''" + 2 5^^-. ^^ (Xi, + 2rJ + j^ y,,) = Z\ 2350 Für isotrope Körper erhält man noch einfacher wegen

^11 ~ ^22 ~ ^12 ~ ^1 > ^66 = ^2 ~ Tu 1 " /)

(>|\v + iAVAaA3t^ = ^^ 235")

Im Falle des Gleichgewichts bei gegebenen Randwerten von w und dw/dn treten die auf S. 207 angegebenen Regeln in Kraft; die übrigen dort angegebenen FäUe von Randbedingungen haben kein physikalisches Interesse.

Das Problem der stehenden transversalen Schwingungen einer begrenzten ebenen Platte ohne äußere Kräfte bietet im allge- meinen der Behandlung große Schwierigkeiten.

Setzt man w ^ Ssma{t + t^), so gut für B die Gleichung

- a^R + (o'^Ai A^JR = 0, 235'")

wo (M}^^=^ h^Y I^Q 18*5 die Randbedingungen sind dem Schema auf S. 450 bei Berücksichtigung der für isotrope Medien vereinfachten Werte von F und A aus (226) und (226') zu entnehmen.

Bei rings freiem Rande ist bisher die Lösung nur für die Kreis- scheibe gefunden, bei teilweise freiem Rande für das Rechteck, hier nämlich in dem Fall, daß für ein Seitenpaar F und J, für das andere w und A gleich Null sind. Bei ringsum festem Rande sind die Schwierigkeiten geringer.'*)

Im allgemeinen findet sich, wie bei dem Stab, für a und damit für die Periode r der Schwingung eine unendliche Anzahl diskreter Werte; in speziellen Fällen können zwei oder mehrere zusammen- fallen, so daß also mehrere Lösungen R oder mehrere Schwingungs- formen demselben Ton entsprechen. Solche Töne heißen doppelte oder mehrfache.

Die Schwingungsknoten sind bei einfachen Tönen gegeben durch

Ä = 0, bei mehrfachen, falls Äj , Ä^ . . . demselben a entsprechen, durch

Äj + i?3+ . . . = 0;

29*

452 IL TeiL Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

da die i2^ nur Funktionen von x und y sind, so erfüllen die Knoten- punkte im allgemeinen gewisse Kurven, die Knotenlinien, stetig. Einfachen Tönen entspricht nur ein einzelnes System von Knoten- linien, n-fachen ein (n -— l)fach unendliches; die speziellen Formen hängen in letzterem Falle von der relativen Intensität ab, welche die einzelnen einfachen Schwingungen, d. h. von der relativen Größe, welche die einzelnen Funktionen Ä^ in der allgemeinen Lösung besitzen.

über die Erregung von transversalen Schwingungen in endlichen Platten durch Resonanz kann man einen allgemeinen Satz auf dem auf S. 433 für die transversalen Schwingungen endlicher Stäbe ein- geschlagenen Wege erhalten, der jenem genau entspricht und hier daher ausgelassen werden kann.

Die allgemeinen Gesetze für die Fortpflanzimg einer anfang- lichen Verrückung und Geschwindigkeit auf einer unbegrenzten isotropen Platte sind noch nicht gefunden.

Wenn in den Werten (224'") von 8P^ und SP^ zugleich wegen sehr geringer Dicke der Platte SP^ sehr klein und wegen sehr großer Aj JBj D auch SP^ sehr groß ist, so muß in den Ausdrücken für die Faktoren Sa, Sb\ 8d' der letzteren in SP^ noch die zweite Ordnung berücksichtigt werden. Bedenkt man die Bedeutung von a , b'j c und berücksichtigt, daß die relativen Koordinaten der Endpunkte eines Linienelementes, welches ursprünglich der f-Axe parallel lag,

H''*' IJ''^' rJ"'

diejenigen eines Linienelementes, das ursprünglich der JBT-Axe parallel lag,

ry^y^ di'^y' ry'^y'

sind, so erhält man leicht, indem man schließlich

setzt,

236)

2 /a._\a\

'■-^^i((^;^(lf''

Benutzt man diese Werte bei der Entwickelung der HAMiLTON^schen Gleichung (223'") und variiert allein w, während man zugleich die

§ 28. Theorie der Membranen, 453

von 8P^ herrührenden Glieder vernachlässigt, so erhält man zunächst

«1

P,P, [*,. (|^)>_ ^^,(U)'_ j BSI^^)'- L, (If I-;)

+ 2A T 8v3

= 0.

2360

Führt man die Variation bei gegebenen Randwerten Ton to, also ver- schwindendem Sw aus, so giebt dies**)

dabei muß, wenn Bewegungen und körperhche Kräfte parallel der Platte fehlen, nach (225')

0 = 1^ + 1^, 0 = 1^ + 1^, 237)

außerdem am Eande nach (225")

Ä cos (n, x) + I) cos(7i,y) = A, D cos (n, x) + B cos [n,y)^ B 237')

sein.

Hier kann man, da t in diesen Gleichungen'^nicht auftritt, Aj JB, D als von der Zeit unabhängig ansehen, was nur aussagt, daß der Einfluß der transversalen Schwingungen auf diese Größen höherer Ordnung ist

Der wichtigste spezielle Fall ist der, daß auf die Eandkurve eine konstante normale Zugkraft 11 wirkt; dann ist

u4 = neos (w, ar), = iZcos (n,y)

und n konstant; hieraus folgt

A== B = n, i> = 0 und

2Ä(> Jj = /lAa«' + 2AZ'. 237")

Dazu kommen für den Rand vorgeschriebene Werte von w, und für die Zeit ^ == 0 vorgeschriebene Werte von w? und dw / dt, um das Problem vollständig zu bestimmen; am Kand gegebene dwjdn kommen in der Praxis nicht vor, doch kann man, ähnlich wie S. 435 geschehen, den Fall konstruieren, daß am Rande F^w ^ dw I dn gegeben, etwa gleich Null ist, ohne daß derselbe eine praktische Bedeutung besäße.

Diese Formeln enthalten die Theorie des Gleichgewichts und der Bewegung einer Membran und sind die gleichen, ob jene von

454 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. IV. Kap.

isotroper oder anisotroper Substanz ist, was damit zusammenhängt daß die Elasticität der Membran bei der Erscheinung überhaupt keine Rolle spielt.

Ihre Gestalt stimmt überein mit derjenigen der Gleichungen für die nur Ton zwei Koordinaten abhängigen Verrückungen inner- halb einer elastischen Flüssigkeit; sie gestatten demgemäß die genau gleiche Behandlung, doch sind hier andere spezielle Fälle von praktischer Bedeutung, wie dort.

Im Falle des Gleichgewichts lautet die Hauptgleichung

238) 0 = /7AaM? + 2AZ';

sie läßt sich also bei gegebenem w nach S. 199 mit Hilfe der ersten GnEBN'schen Funktion behandeln.

Im FaUe der Bewegung ohne körperliche Kräfte erhält man

238') 2A(>^ = /7A3t^,

woraus sich der Wert der Fortpflanzungsgeschwindigkeit a> gerad- liniger Wellen ergiebt gemäß

238") «»^=2?^,;

n ist darin die gegen die Längeneinheit des Randes wirkende Zug- kraft, nj2h also ihr auf die Flächeneinheit bezogener Wert

Eine eigentliche Fortpflanzung von Kreiswellen auf einer Membran findet nicht statt, wie das schon auf S. 364 erwähnt und S. 375 näher begründet ist, sondern statt dessen eine Ausbreitung, welche die ergriffenen Punkte erst nach unendlich langer Zeit in die Ruhelage zurückkehren läßt.

Hiermit hängt zusammen, daß die Erregung einer transversalen Bewegung durch ebensolche Anfangsverrückungen und Geschwindig- keiten auf einer unendlichen Membran nach viel komplizierteren Gesetzen geschieht, als die einer Bewegung in einer unendlichen elastischen Flüssigkeit, obgleich die Bedingungen für erst^re aus denen für letztere durch die Vereinfachung hervorgehen, daß in ihnen jede Abhängigkeit von der z-Koordinate beseitigt wird. Wie man das räumliche Problem für das vorliegende ebene nutzbar machen kann, ist auf S. 375 erörtert worden.

Für die Erregung stehender Kxeiswellen durch die periodische Bewegung eines sehr kleinen Bereiches innerhalb einer sonst unbe- grenzten Membran folgen die Gesetze aus der Formel (141').

Von praktischer Wichtigkeit sind allein die Fälle stehender

§ 28. Theorie der Membranen. 455

Schwingungen in ringsbegrenzten Membranen. Hier erhält man durch die Substitution

«7 = Äsina(^+ ^^), 239)

welche einem einfachen Ton entspricht aus (238')

cr«Ä + «2AjÄ = 0, 239')

wo nun für a durch die Randbedingung ein System diskreter Werte bestimmt wird; unter bestimmten Umständen, z. B. bei Membranen von quadratischer Form, fallen mehrere dieser Werte zusammen und liefern dann, wie S. 451 schon ausgeführt, doppelte und mehr- fache Töne. -2*72^, über die demselben a entsprechenden Lösungen ausgedehnt und gleich Null gesetzt, giebt die Gleichung der Knoten- linien für den durch a definierten mehrfachen Ton.

Membranen mit ringsum festen Grenzen können in der Praxis nur durch Resonanz in Schwingungen gesetzt werden, und eben deshalb wollen wir schließlich noch die Grundformel der Resonanz für die Membran, die ebenso leicht, wie S. 431 für den Stab gezeigt worden, zu bilden ist, angeben; sie lautet, wenn ^ ein ganzes Vielfaches einer Periode bezeichnet:

h

I (utot^cosatQ— l-^j sinatQjRdq-] / dt j Z'-B sin a(^ + ^j,)rfy

0

+ a^^JdtJ(R^£-w^^)sma{t+t,)ds^O.

239")

0

Ist der Rand der Membran festgehalten, also sowohl w als £ gleich NuU, so wird noch einfacher

h

j (atot^cosat^ - (^] smat^ Rdq =-— Rdq / Z' sin a[t+ Q dt, 239'")

0

und diese Formel gestattet dieselben Schlüsse, die S. 432 an die entsprechende Formel für den Stab geknüpft sind.

V. KapiteL

Innere Beibnng nnd elastische Nachwirkung.

§ 29, Die Druokkomponenten der inneren Beibnng nnd der

elastischen Nachwirknng.

Die in den beiden vorhergehenden Kapiteln aufgestellten Gesetze für die Bewegung von Flüssigkeiten und von elastischen Körpern werden von der Beobachtung zwar angenähert bestätigt, bewähren sich aber keineswegs streng. Am auffälligsten von den obigen Resultaten abweichend ist die Erscheinung, daß ein in innerer, z. B. in Schwingungsbewegung begriffener, aber äußeren Einwirkungen nicht unterworfener, nichtstarrer Körper seine Energie nicht, wie oben entwickelt ist, unverändert beibehält, sondern anscheinend teilweise verliert Man hat aus ihr zu schließen, daß die bisher in nicht- starren Körpern wirksam angenommenen Druckkräfte nicht die einzigen in Wirklichkeit vorhandenen sind, und wo die Gleich ge- Wichtsphänomene mit der Theorie übereinstimmen, wie das jedenfalls vielfach anscheinend geschieht, wird man schließen müssen, daß die als Korrektionen zu den früher benutzten zuzufügenden Kräfte von der Bewegung, und zwar, nach dem oben Gesagten, von der inneren, d. h. der Deformationsbewegung jener Körper abhängen.

Um eine Verallgemeinerung der oben benutzten Ansätze zu erhalten, ist der einfachste Weg der, die Druckkomponenten durch Summen von Gliedern in der fiir die Elasticitätstheorie benuteten Form (107"), genommen über die Differentialquotienten der Defor- mationsgrößen nach der Zeit, auszudrücken, also zu setzen"*)

r X ^ - V ic''^ ^'^^ 4- c'^"^ -i^^ 4- c^^'^ ^' 4- r^^'> -^»- ^^x)-^[^UQ^j ■t-Ci2 Q^j -^■^l3 QfJ -+-^14 Q^J

240)

. (i) ^^x . (i) ^^\ ^ c

§29, Innere Reibung und elastische Nachwirkung, 457

wobei in den c^^i der Exponent j einen Index bedeutet, und J = 0, 1,2, . . . ist

Setzt man

(jy = Z, + ^,, . . . (j; = Z^ + A^, 240')

worin die X^, ... X die Bedeutung der gewöbnlichen elastischen Druckkomponenten haben, so sind Ä^, B , . . . A die zu den früheren Ansätzen gefügten Korrektionen. Für manche Zwecke ist es bequem, (240) abzukürzen in

(XJ = 2 ^^'» (^») = 2 ^'A 240")

wo dann der obere Index J sich auf die Ordnung der in -^■'^ . . Xy-^^ vorkommenden Differentialquotienten nach der Zeit bezieht, und X^, . . . Xy identisch mit X^, ... X ist.

Bei einem solchen Ansatz berührt also die Erweiterung nicht die früher gemachte Grundannahme, daß die Drucke in irgend einem Volumenelement ausschließlich von der Deformation desselben Volumenelementes, und zwar linear, abhängen; sie läßt aber die Drucke nicht mit den Deformationsgrößen verschwinden, sondern ergiebt sie nur dann stets gleich Null, wenn gleichzeitig auch alle in dem Ansatz (240) vorkommenden Differentialquotienten der Defor- mationsgrößen nach der Zeit gleich NuU sind; dies wird aber bei jeder Veränderung der Deformationen im allgemeinen erst nach unendlich langer Zeit eintreten.

Die zu den früheren elastischen Drucken X^,...X neu hinzu- gekommenen Summen A^, -^« mögen die Komponenten der inneren Reibung im allgemeinsten Sinne heißen.

Für die Gesamtkomponenten (XJ, . . . (X^) müssen die allgemeinen Gleichungen gelten, welche in § 2 dieses Teiles ganz ohne spezielle Annahmen über die Natur der inneren Drucke abgeleitet sind; auch die Grenzbedingungen für die Verrückungen bleiben die gleichen. Dagegen bedürfen die für letztere geltenden Anfangs- bedingungen einer Erweiterung, weil die Gleichungen (14) für die Bewegung des nichtstarren Systemes durch die verallgemeinerten Werte der Drucke höhere Differentialquotienten nach der Zeit, als die zweiten enthalten. Sind die höchsten vorkommenden von Äter Ordnung, so erfordert die Bestimmung des Problems die Angabe der Anfangswerte für die Oten bis {h l)ten Differentialquotienten der Verrückungskomponenten nach der Zeit, oder, mit anderen Worten, die Angabe eines Teiles der Vorgeschichte des elastischen Systemes bis zur Zeit ^ = 0.

458 //. Teil, Mechanik nichtstarrer Körper. V. Ka^.

Diese Überlegung steht in engem Zusammenhang mit einer eigentümlichen Deutung, welche man dem Ansatz (240) geben kann. Schreibt man die Konstanten desselben

ac

241) c',^l = (- iyJ-^—-.f^^id-)d»

0

und bezeichnet mit ^{t) irgend eine der Deformationsgrößen x , ...x , SO wird

CO . .

-t^** ~J^^i ^"^*^ ''*• 2 1727^7 -dir

•^ 0 -^

Dies ist aber, falls die Reihe konvergiert,

0

oder, wenn man t d- ^ r setzt,

t

241') ^cUl^f-=fi(T)f,,{t-r)dr.

OD

Dann wird, wenn man x^, , . . x als Funktionszeichen benutzt,

t - iK + ^:i = J dr ifn {t - r) x^ (r) + /i, {t - r) « (t)

OD

241")

d. h., es wird die Druckkraft zur Zeit t nicht nur abhängig von den Werten, welche die Deformationsgrößen zur gleichen Zeit besitzen, sondern auch von aUen Werten, die sie in früheren Zeiten t be- saßen; die Funktionen f^j^it r) stellen die Wirkungsgrade jeder einzelnen Deformationsgröße über die Zeit {t r) hinweg dar.

In dieser Deutung nennt man die Zusatzglieder A , , , , A die Druckkomponenten der elastischen Nachwirkung.*^ Innere Reibung und elastische Nachwirkung sind also bei dieser allgemeinen Auffassung im Wesen nicht verschieden.

Beide Ansätze (240) und (241") haben etwas unbefriedigendes, denn der eine enthält unendlich viele Konstanten, der andere unbe- kannte Funktionen, welche mit Hilfe der Beobachtung zu bestimmen sind. Da gemäß der Form (240) die Einwirkung einer vergangenen Deformation nach unendlicher Zeit verschwindet, so liegt es nahe, für die /J^j^(^— t) wiederum Reihen von Exponentialgrößen einzu- führen, was man auch unter Benutzung plausibler Hypothesen näher begründen kann.*®)

§ 29, Konservative und absorbierende Kräfte, 459

Sieht man von dem Wege ab, auf welchem die Formeln (241") gefunden sind, und betrachtet sie als einen frei gebildeten Ansatz, so könnte man yersuchen, ihn dahin zu erweitem, daß er auch den in Wirklichkeit sehr häufigen Fall, wo durch eine frühere Defor- mation dauernde Veränderungen bewirkt werden, mit umfaßt Hierzu müßten die /J^j^ für unendlich großes Argument von Null verschieden angenommen werden. Indessen erweist sich eine solche Annahme als unzulässig, da sie bei zeitlich konstanten Deformationen eine allmählich über alle Grenzen wachsende Wirkung ergeben würde.

Der Ansatz (241") kann also dauernde Deformationen nicht mit umfassen. Praktisch bringt dies keine Nachteile, weil durch die Beobachtung sichergestellt ist, daß die d^^uemden Deformationen dem Gesetz der Proportionalität mit den Druckkräften, welches durch (241") statuiert wird, nicht folgen.

Die ursprünglichen Gleichungen (240) sind in allen den Fällen vorzuziehen, wo die in ihnen enthaltenen Reihen stark konvergieren, und man für die Anwendung auf Beobachtungen mit einer endlichen Anzahl von Gliedern auskommt Für solche Zwecke ist es nützlich, die in (240") definierten Summen -2'X0'\ . . . -2* J^'> in Gruppen von Gliedern verschiedener Eigenschaften zu zerlegen. •*)

Zunächst unterscheiden wir solche mit geraden und solche mit ungeraden Differentialquotienten nach der Zeit, und darauf zerlegen wir jedes dieser Systeme von Druckkomponenten in zwei, (X<JJ)^ und {X^\ u. 8. f., mit den Koeffizienten «^^ und i^^^, von denen

hk kh' hk kh^ hh

ist Von jedem Anteil der Komponenten {X^^\ und {X^\ u. s. f. bilden wir danach die Arbeit J[^ resp. ^^J> während der Zeitein- heit, welche nach (17"') lautet, falls man dxjdt in / abkürzt,

^.<+ w+ ^«<+ ^.y;+ ^«<+ ^,<-

Jeder der so erhaltenen Ausdrücke' besteht aus einer Reihe von Aggregaten von der Form

welche sich auch schreiben läßt

dt

qp ... (— l)'»(y(»»)t/;0*-n) -f t^f*») y(i- «)) + (— l)'»(y(« + i)yi-n) + yA« + i)yO-«)),

460 IL Teil» Mechanik niektstarrer Körper. V, Kap.

oder kürzer

Ol V

worin &xldf = ;^^''' gesetzt ist, und 0 < w < j sein muß. Dies ergiebt

für gerades j, d. h. j = 2?«, falls n = 2m 1 gesetzt wird,

242) 2 (9>'t//'~> + V 9><'"») = '^^^^'y"'"'^ ,

und

242-) 0 = '<'^-(W^-») ;

für ungerades J, d. h. j = 2?« + 1, falls n=^ m gesetzt wird,

242")

aber

242'") y' t//2m + 1) _ ^/ y(2« + 1) = :^J^^±1»!^ .

Hieraus folgt, daß die Arbeiten ^^2«) ^^^ ^^»« + i) vollständige Differentialquotienten nach der Zeit sind, die sie liefernden Druck- komponenten also die Energie erhalten; sie erweisen sich daher als Ergänzungen des in (107") gemachten Ansatzes für die elasti- schen Kräfte, welche, wie jene, konservative Natur besitzen.

Die Arbeiten ^i2m + i) setzen sich aus zwei Teilen zusammeu.

a

aus einem Differentialquotienten nach der Zeit und einer quadrati- schen Form der [m + l)ten Differentialquotienten der Deformations- größen. Ist die letztere wesentlich negativ, so wird durch die Arbeit der betreffenden Kräfte die Energie des bewegten elastischen Körpers jederzeit vermindert, nie vermehrt; legt man also den ^^" + ^ die genannte Eigenschaft bei, so kommt dadurch der Ansatz (240; in Einklang mit der allgemeinen Beobachtung, daß die Energie der Deformations-Bewegung eines sich selbst überlassenen Körpers stets abnimmt, niemals wächst Wir nennen derartige Kräfte absor- bierende.

Die letzte der vier Arten innerer Arbeit A^^^ hat keine der beiden an den drei anderen nachgewiesenen Eigenschaften; sie kann vielmehr je nach dem zeitlichen Verlauf der Deformation bald die Energie derselben vergrößern, bald verkleinem; da ersteres der Beobachtung widerspricht, so wird man annehmen dürfen, daß die Koeffizienten der Drucke [X^^"*\ . . . [X^^'^\ in Wirklichkeit ver- schwinden.

§ 29, Konservative und absorbierende Kräfte, 461

Um die allgemeinen Ansätze für die verschiedenen Krystall- systeme zu spezialisieren, hat man die in § 17 des ersten Teües gegebenen Kegeln einfach auf die Arbeiten der einzelnen Anteüe

JCi), . . . Xü)

anzuwenden, die vom Koordinatensystem unabhängig sein müssen. Diese Arbeiten fallen unter die auf S. 142 angegebene Form (154) und ist darin A,B,C,D,E,G mit x^, y^, z^, yj y2, zj y2, xj}f2, L, M, N,P,Q,R mit d^xJdtJ, d^yJdP, d^zJdP, d^yJ-ßdVj d'zj-ßdt^, d^'x /y2dPj wo j beliebig ist, zu identifizieren. Dabei kann man auch noch die beiden Teile der Arbeiten, welche oben mit ^^ und ^, bezeichnet sind, gesondert behandeln, da sie ganz verschiedenen Charakter besitzen. Die Konstanten werte für eine jede Krystall- gruppe sind daher aus dem Schema IV auf S. 143 unmittelbar ab- zulesen, wenn man darin nur für die Kräfte der Gattung (a) die Beziehung c^^ = Cj^^, für die Kräfte der Gattung (ä) aber die Be- ziehungen C;y^ = 0 und c^ = Cjy, einführt Die Konstanten jeder Beihe der betreffenden Zusammenstellimg geben dann sehr leicht die Koeffizienten' der Komponenten X^"), . . . X<J).

Um die für die Anwendungen nötigen Formeln beisammen zu haben, setzen wir schließlich noch die Hauptgleichungen und die Grenzbedingungen in den verallgemeinerten Druckkomponenten hierher.

Es gilt für alle iiineren Punkte

PT?==^ ""l"ö^ + -öir"^"öT /' 243)

fiir die äußeren Grenzen

X+[XJ= Y+ (!]) = Z + {ZJ = 0, 243'

ftlr die Zwischengrenzen bei Ausschluß von Grenzdrucken

{^1 + = (^A + (^J* = (^A + {K\ = 0 ; 243")

dazu kommen die Bedingungen für die Verrückungen oder Geschwin- digkeiten, die je nach den Umständen verschieden lauten.

462 U. Teil. Mechanik ntchtstarrer Körper. V, Kap,

§ 30. Die hydrodynamiflchen Oleiohnngen bei Beriicksichtigiuig der

inneren Eeibung.

Nach den Darlegungen am Ende des vorigen Paragraphen sind absorbierende Kräfte bestimmten Charakters in nichtstarren Körpern durch einen Ansatz von der Form (240) gegeben, wenn in demselben nur ungerade Diflferentialquotienten nach der Zeit vorkommen, und die Koeffizienten den Beziehungen cO^ == ^j/l entsprechen. Für iso- trope Körper spezialisieren sie sich nach dem letzten System in Schema IV, welches sich auf S. 144 findet.

Den vorhandenen Beobachtungen an Flüssigkeiten wird indessen beMedigend schon genügt, wenn man sich auf die Einführung des niedrigsten derartigen Gliedes der Summen (240) in die hydrodyna- mischen Gleichungen beschränkt; dasselbe entspricht dem Wert j 1.

Hiemach nehmen die Druckkomponenten der inneren Reibung in einer Flüssigkeit die folgende einfache Form an, in der die Konstanten kurz durch a^ bezeichnet sind, und, wie bei den elasti- schen Drucken c Cj = Cg , auch a a^ = a^ gesetzt ist, ^^

- c; = «1 x^ + «1 y/ + fl < = «a < + «1 ^'y

<^x = ^, = 2-02 > -^y= -5«,= KV

a und a^ resp. a^ und Oj sind die beiden Konstanten der inneren Reibung der Flüssigkeit; ihre Dimensionalgleichung ist

{a;\^ml'U-\

Eine Relation zwischen a und Oj würde sich ergeben, wenn man, wie dies ausgesprochen ist, annehmen dürfte, baß bei einer nach allen Seiten gleichförmigen Dilatation die Kräfte der inneren Reibung verschwänden. Hierzu ist indessen gar keine innere Veran- lassung gegeben und die durchgeführten Bestimmungen der a^ bei festen Körpern stehen damit in vollkommenem Widerspruch. Es sind also im allgemeinen zwei Reibungskonstanten beizubehalten.

Die Bewegungsgleichungen (243) erhalten in Rücksicht auf

allgemein die Form

244)

§ 30. FUiangkeiten mit innerer Reibung.

463

du' ^1t

dtd ^-di

= Z'-

ö^ + i(a-ai)Att?'+i(a + ai)-^,

244')

worin X\ T, Z* wie früher die auf die Volumeneinheit bezogenen körperlichen Kräfte bezeichnen; hierzu kommt die Kontinuitäts- gleichung

Q dt " dx dy

du/ 1 dQ_^

244")

dx ^

und zumeist noch eine Bedingung für (>, z. B.

e = F{p); 244'")

indessen ist eine solche Gleichung nicht unbedenklich, da das Yo- lumenelement von der Dichte q bei Berücksichtigung der inneren Reibung gar keinen allseitig gleichen Druck von der Größe p, son- dern vielmehr parallel den Koordinatenaxen die verschiedenen Drucke

erleidet

Daher beschränken wir uns auf die Betrachtung inkompres- sibler Flüssigkeiten und gehen, indem wir zugleich die körperlichen Kräfte auf die Masseneinheit beziehen, aus von dem System

du' ^ ^P \ \ A '

dw' n d P , 1 A '

dx dy dx ~^

Zu diesen Hauptgleichungen kommen noch folgende Grenzbe- dingungen. Für die Geschwindigkeitskomponenten gilt in der Grenz- fläche zwischen zwei Körpern (A) und (A) mit der Normalen n, von denen der eine oder auch beide flüssig sein können,

(< O Cös (n, x) + {v^; - tT;) cos (n,y) + {w^; - t^^) cos (n, z) = 0, 2450 für die Drucke

245)

(J„+ JJ,+ X,,= 0, {r^+JBX+ 4= 0,(^+ CJ,+ i^^= 0,1 iK+^Jk+^jcH-Oy (^„+ ^n)*+ ^*.= 0,(i^„+ 6'A+ 4= 0,J

245")

464 IL Teil, Mechanik nichtstarrer Korper. V. Kap,

worin X^, . . , die von (ä) auf (ä), und Jjy^, . . . die von (A) auf (ä) aus- geübten Druckkomponenten bezeichnen, für die also gelten muß

245'") ^^+x^=f^+ r^= 4 + 4= 0.

Diese Komponenten rühren einmal von einem normalen Druck Phk r^sp. pj^j^ in der Grenze her, sodann von einem tangentialen Wider- stand J?^j^ resp. Rj^j^ welcher der Verschiebung der beiderseitigen Grenz- teile aneinander hin entgegenwirkt und nach Symmetrie der relativen Geschwindigkeit V^ resp. V^ entgegengesetzt parallel sein wird.

Wir erhalten demnach

246) J ^ ^ ^

Ä + ^Jä - Pick cos K, x) - R^ ""^^ = 0, u.8.f.;

hierin sind p^ und p^^ Ä^ und R^^ F^ und Fj^ dem Werte nach gleich, aber von entgegengesetzter Richtung; n,^ und n^ bezeichnen die resp. äußeren Normalen. R^ resp. Ä^ verschwindet, wenn /^^ gleich Null ist, man wird also in erster Annäherung

246') _ Ä^=«^«.

setzen können, worin a der Koeffizient der äußeren Reibung zwischen den Körpern (A) und [k) heißt Es ist ersichtlich

[ä] = ml'^t-K

Wenn a über aUe Grenzen wächst, so muß notwendig F^^ unendlich abnehmen, und im Grenzfall, wo die eine Flüssigkeit die andere oder den festen Körper, wie man sagt, benetzt, muß ^^ verschwin- den, d. h.

246") «Ä Wfc = üA «fc = wa ^k = 0

sein. Hier verliert wegen der Unbestimmtheit der Größe und Rich- tung von Rj^ das System (246) seine Bedeutung als Grenzbedingung und giebt vielmehr nur die Größe der Inanspruchnahme der Adhä- sion zwischen (A) und (A); es treten an seiner Stelle die drei For- meln (246").

Die Bewegungsgleichungen (245) werden fiir den Fall, daß die körperlichen Kräfte ein Potential haben, durch dieselbe Potential- bewegung befriedigt, die ihnen bei verschwindender Reibung genügt; denn wegen der Inkompressibilitätsbedingung, die für das Geschwin- digkeitspotential F die Bedingung A ^ = 0 ergiebt, verschwinden die mit a^ behafteten Glieder A w', A v, A to\ So lange also keine

§ 30. Flüssigkeiten mit innerer Reibung.

465

Grenzbedingungen zu erfüllen sind, hat die innere Reibung auf die Potentialbewegung durchaus keinen Einfluß.

An den Begrenzungen kann aber durch das Geschwindigkeits- potential im allgemeinen nur einer Bedingung, z. B. (245'), genügt werden; daraus folgt, daß Bewegungen mit irgend welchen Begren- zungen in reibenden Flüssigkeiten keine reinen Potentialbewegungen sein können.

Für die Wirbelkomponenten /', m', n folgt bei Existenz einer Potentialfunktion der körperlichen Kräfte aus (245), analog wie (50"),

dV jrdu' , rdu' , ,öt*'

-TT = t -^ h ^ r n -5—

ox ay ax

dt

dm' ~dt

dn'

= * h vfi -5-^ -f- n

dx

dy

dx

= l 1- m -5^ + n

+

AI',

+

2q

Am',

+

<h

0 »

An'.

246'")

dt ' dx ^ '" dy ^ " dx

Dies zeigt, daß der Fundamentalsatz für Wirbelbewegungen in reibenden Flüssigkeiten seine Gültigkeit verliert, daß nämlich die einzelnen Teilchen Wirbelbewegungen erhalten und verlieren können. Die Hauptgleichungen (245) lassen sich auch filr den einfach- sten Fall stationärer Bewegungen nur in sehr wenigen Fällen streng integrieren, so für die Strömung zwischen zwei koaxialen Kreis- cylindern parallel deren Axe und parallel deren Grundlinie, zwei Probleme, welche mit wichtigen Methoden zur Bestimmung der Reibungskonstanten o, und a in Zusammenhang stehen. Die Schwie- rigkeit liegt besonders in den in u, r', w quadratischen Gliedern und fällt zum Teil hinweg, wenn man sich auf so kleine Ge- schwindigkeiten beschränkt, daß jene Glieder neben den linearen vernachlässigt werden können. Man erhält dann aus (245), falls man p I Q = n und a^ I 2q = cc setzt,

du' yr dH . . ,

Ör' yr dir . . r

dt dy ^

dw' y dH . . ,

dt du'

+ |^' + 4^ = 0.

247)

in

dx ' dy ' dx

Wegen der linearen Gestalt dieser Gleichungen kann man wie der Elasticitätslehre verfahren, die Abhängigen, hier also 77, tt', ü, tt?', in je zwei Teile zerlegen und den ersten nur der Ein- wirkung der körperlichen Kräfte gemäß bestimmen, mittels des

YoiQT, TheoretUehe Phjsik. 80

466 IL TeiL Mechanik niekUtarrer Körper, V, Kap.

zweiten aber die Oberflächenbedingungen erfüllen. Sind die körper- lichen Kräfte zeitlich konstant, so können wir für ihre Behandlang die Bewegung als stationär betrachten.

Die Hauptgleichungen nehmen aber bei stationärer Bewegung, falls man die Komponenten von Kraft und Geschwindigkeit wie toher zerlegt, die folgende Gestalt an:

248)

8(0 + 11) ,dN_ ÖM _ (dF dW

dx '^ dy dx " ^^ \dx "*" ö

W dV\

y dx)'

dy '^ dx dx^^^[dy'^dx dx)'

dx '^ dx dy "^^[dx"^ dx dy)' A F n dU.dV.dW ^

woraus die partikulären Lösungen

( (* + /7) = Const

folgen; filr letztere Formeln kann man nach (61'") auch schreiben:

248") -2aZ'=^, -2am'=M, -2an'=iV.

Die erste Gleichung (248') bestimmt 11 vollständig, wenn dasselbe für eine Stelle gegeben ist; die übrigen drei lassen sich nach be- kannten Methoden integrieren und liefern in einer unendlichen Flüssig- keit, wenn überdies nach S. 283 JP = 0 ist, die vollständige Lösung. Sind aber Begrenzungen vorhanden, so geben diese Ausdrücke nur den einen Teil der Geschwindigkeiten «', »', w und der l!\uik- tion 77; der zweite hat den Gleichungen

^ dx dy ' dx ^ dx dy ^ dx

und dazu den Grenzbedingungen unter Rücksicht auf die von den ersten Teilen gelieferten Beiträge zu genügen. Die Grenzbedingungen nehmen ihre einfachste Form an, wenn die Begrenzung durch irgend- wie bewegte und von der Flüssigkeit benetzte Wände gebildet wird; hier schreiben sie direkt die Werte der drei Geschwindigkeitskom- ponenten für die Flüssigkeit vor.

Daß sie neben den Hauptgleichungen (249) zur Bestimmung der Uf V, w genügen, ergiebt sich leicht; multipliziert man die Formeln (249) resp. mit «' , v\ w', integriert sie über den von der Flüssigkeit erfüllten Raum und addiert die Resultate, so erhält man, falls V die innere Normale bezeichnet, wegen 19- = 0

§ 3L Feste Körper mit innerer Reibung, 467

j \u'cos{v,x) + t;'co8(i',y) + M?'cos(f^,z) Udo

= ^ J r TTT + ^ ö7 + "^ -dV) ^' f 249')

- aC{eu + 0V + 0w')dk.

Hieraus kann man aber nach früheren Methoden schließen, daß bei gegebenen Randwerten von «', »', w' durch die vorstehenden Gleichungen u, V, w für alle Stellen der Flüssigkeit bestimmt sind.

Ist tt', t?', w gefunden, so folgt 77 aus (249) durch eine Quadratur bis auf eine additive Konstante, und diese bestimmt sich, wenn sein Wert für irgend eine Stelle vorgeschrieben ist

Eliminiert man 77, so giebt (249) bei Einführung von 7^, U, V, W

aJ^=o, AA «7= aa ?"= AA »^=0,

ÖO- ÖF ÖJ^_^ 249")

und die Grenzbedingungen schreiben die Werte von

«'=— 4-^-— r'=— 4- -— vi^^—-^ 249'"^ bx by dx^ dy dx dx^ dx dx dy '

vor; es existiert keine allgemeine Methode, die Unbekannten ihnen gemäß zu bestimmen.

Sehr einfach wird dagegen das Problem in dem Falle ebener Bewegungen, in welchem C7= F= 0, F und W von z unabhängig sind, und die Formeln (249") die Gestalt annehmen:

Aj ^' = 0, Aa Aa ^ = 0. 249"")

Hier kann man nämlich die Oberflächenbedingungen auch bei der Vereinfachimg F =0 befriedigen. Denn aus vorgeschriebenen u imd V resp. dH^'/dy und dlVjdx folgt auch gegebenes dWjdn und dlFjdsj falls s das Element der Randkurve bezeichnet; statt des letzteren auch bis auf eine additive Eonstante gegebenes /T. Um aber aus Aa Aj ^, ^ und d Wj dn für alle Punkte W zu finden, ist S. 207 eine allgemeine Methode angegeben; das Problem ist hier- durch also auf ein früheres zurückgeführt.

§ 31. Die elasÜBchen Oleichungen unter Bernoksiohtig^nng der

inneren Eeibung.

Zur Bestimmung der Bewegungen elastischer Körper unter Wirkung der inneren Reibung ist der allgemeine Ansatz (240) mit den in § 2 gegebenen Sätzen über die Druckkräfte in nichtstarren

30*

470 //. Tetl. Meckamk niehtatarrer Körper. V, Kap.

ist, was u. a. dann gilt; wenn seine Axe eine zwei- oder mehr- zählige Symmetrieaxe ist. Dann sind die drei durch /', m und n gegebenen Bewegtingen Ton einander völlig unabhängig, und man kann die träge Masse jedesmal um eine bestimmte feste Axe drehbar anbringen. Ist sie z. B. mit dem Ende z = z^ des Stabes fest ver- bunden und um die ^-Axe drehbar, so ist ihr Drehungswinkel n^ gegeben durch Zj n' = n^ , und es gilt

251") gK.^=-iV,

worin 9K^ das Trägheitsmoment der Masse SK um die Z-Axe bezeichnet. Die Elimination von N aus der letzten Gleichung (250'") kann also in derselben Weise stattfinden, wie oben diejenige von C, Dasselbe Verfahren ist auf L und M anwendbar.

Um beliebige Schwingungen eines unendlich dünnen cylindrischen Stabes unter Berücksichtigung der inneren Eeibung zu behandeliL kann man, wie in § 24, jedes Längselement als gleichförmig gespannt betrachten und auf dasselbe die Formeln (250") und (250"') an- wenden, in denen nun c', /', m, n Funktionen der Zeit und des Ortes auf der Stabaxe sind.

In dem wichtigsten speziellen Falle, daß die Verrückungen und Drillungen der einzelnen Stabelemente unendlich klein sind, ist, wie in (199') gezeigt,

252) ' = -ä^, '»=äl?' "=äi' ' = Ji^

und da nach (200') außerdem, wenn körperliche Kräfte nicht wirken.

252')

d^w oö«n BN

ist, so kann man nach geeigneter Differentiation nach z in (250") statt Lj M, C, N überall u, Vy. lo, n einflihren und so die allgemeinen Bewegungsgleichungen für einen unendlich dünnen Stab bei Rück- sicht auf die innere Reibung bilden.

Dieselben nehmen für isotrope Stäbe relativ einfache Formen an und lauten dort:

^ _ ^s^ cO)^!^ ö^» _ ^ / 1 \\ ^^ a^' + ^n Die Summen sind hier, wie früher, von j = 0 bis j = cx) zu nehmen.

252")

§ 32, Ebene Wellen fW einem unendHohen Medium. 471

aber fbr die Anwendung nach einer endlichen Anzahl von Gliedern abzubrechen.

Für den Fall einer Saite kommen zu den beiden ersten For- mehi(2520 rechts nur noch die Glieder r{d*u)l{dz^ und r{d^v)l{dz^ hinzu, wo F die Längsspannung bezeichnet.

Die Theorie der gedämpften Schwingungen von Platten läßt sich in ähnlicher Weise entwickeln, bietet aber geringeres Interesse.

§ 32. Ebene Wellen in einem unendlichen elastisohen und

absorbierenden Medium.

Die im allgemeinen sehr komplizierten Gleichungen, die den Einfluß der inneren Eeibung auf die Bewegung elastischer Medien darstellen, nehmen eine relativ einfache Form an, wenn es sich um rein periodische Bewegungen handelt. Hier kann man für ti,v,w den reellen Teil von Ausdrücken von der Form

2nit

u = e "^ f(^>y;^) 253)

setzen, oder, da aUe Gleichungen linear sind, mit diesen Ausdrücken selbst rechnen, wenn man nur am Schluß sich auf den reellen Teil beschränkt Dabei mögen hier und weiterhin komplexe Größen durch deutsche Buchstaben bezeichnet werden. Es gilt dann

afu^/2^y ^^/2^y, öitt,^/2^y

und man kann statt des Ansatzes (240) schreiben, indem man die von u, \), m statt von u, v, w gebildeten Deformationsgrößen und Drucke angemessen bezeichnet und die Dichte q als Faktor vorzieht,

- (XJ = P(«iiJ«+ ^12^.+ ®i8Sz+ S:,,l,.+ (£1,8,+ ©lefy); , ^^^,,,

1

hierin sind die S^,^ komplexe Größen, die wir nach der Formel

S:ä*=C« + 'C\» 253'")

in den reellen und imaginären TeU zerlegen, und die definiert sind durch

CeA*=5;'^l(^T' 253"")

worin J = 0, 1, 2, . . . ist

472

II. TdL Mechanik niehistarrer Körper. V. Kap.

Für ein beliebiges krystallinisches Medium nehmen dann, wenn man wieder von körperlichen Kräften absieht, die Hauptgleichungen (243) die folgende Form an:

254)

+ (®14 + ^66)

+ (ex,+ ea.)älT,

+(®«+®«*)ä?fe+(®«.+®«)ä?^

+ ®:

66 ö

''". + e,X" + <^«S^ + (<^.8+eJä7£

a;'

öy

+ (®e3+eJä^ + (<5e.+ eJä^,'

ö«m

+ (©,1 + e„)^, + (©., + (£„), -^

+ e,

ÖX

öy'

s*a»

''Uieas+Sj''"

dy

Wir woUen sie benutzen, um die Fortpflanzung ebener Wellen zu untersuchen, und zwar zimächst in einem allseitig unbegrenz- ten elastischen Körper. Da hier die Koordinatenaxen vollständig

§ 32, Ebene Wellen in einem unendlichen Meditmi.

473

willkürlich sind, so kann man die Z-Axe in die Wellennormale legen und erhält hierdurch sogleich yiel einfacher:

44 ß^2 +®43 ö^. J

254')

Setzt man nun zur Integration

u = a8(^--j), ü = bg(^-^), w = cS(^--^), 255)

worin

0 =

Ct)

1 -»JC'

a = a + la*, b = /9 + i/?', c = y + if ist» so giebt (253)

255')

255")

Dieser Ansatz stellt eine in ebenen Wellen mit der Geschwindig- keit a> längs der ^Axe fortschreitende Bewegung dar, deren Ampli- tude mit

2nx»

proportional ist; x führt darin den Namen des Absorptions- koeffizienten.

Aus den Gleichungen (254') wird durch das Einsetzen dieser Werte

o = a(e:56-o^ + b(ä:,, + c®„, j

0 = a®« + b(e,, - 0^ + c (£43, 256)

o = ae3, + be3, + c(e33-o^J

Diese Formeln bestimmen a : b : c und 0.

In dem speziellen FaUe, daß die Eonstanten ^ der Bedingung

®** = e»*

genügen, stimmt das System (256) mit demjenigen überein, welches die Lage und Größe der Maxima und Minima der Funktion

o*=e66ö'+®44«>*+®33c'+2e,3bc + 2e:3,ca + 2®3,ab 256') bestimmt.

474 II, Teil Mechanik mehtstarrer Körper, V. Kap,

I/o kann hiemach als der Eadiusvektor r in einem gewissen komplexen dreiaxigen Ellipsoid aufgefaßt werden, welches durch die Konstanten des elastischen Mediums, durch die Periode der fort- gepflanzten Schwingungen und durch die Richtung der Wellen- normalen bestimmt ist; a, 6, c stellen die komplexen £ichtungs- kosinus von r dar.

Dies komplexe Ellipsoid wird zu einem reellen, wenn in den Eonstanten ®^j^ die imaginären Theile C^k verschwinden, also 6jkk= C^jt wird; dies ist der Fall, wenn die Konstanten K^^^ ^^ ungerades r gleich Null sind, also nach S. 460 nur Energie erhaltende Kräfte wirken. Hier kann man nämlich den Gleichungen (256) durch reeUe a, b, c und o genügen und daher a = a, b = ß, c = y, o = « und X = 0 setzen. Zugleich werden die Verrückungskomponenten UjV,tp mit a, ß, y proportional, und, da letztere von der Zeit nicht abhängen, so finden in diesem Fall die Schwingungen in geraden Linien statte sind, wie man sagt, geradlinig polarisiert; die Schwingungs- richtung, wie auch die Größe der Fortpflanzungsgeschwindigkeit ro ist von den Konstanten des Mediums, der Scliwingungsdauer und der Lage der Wellennormalen abhängig. ^^^

Die Existenz des hier aus (256^) resultierenden reellen EUlipsoides

256") «*= C,,a2-H C,,/9*+ (733^2+ 2C,3/9y+ 2(73,/«.}. 2C,^aß

spricht dabei den Satz aus, daß jeder Wellenebene drei im all. gemeinen verschiedene Fortpflanzungsgeschwindigkeiten und drei zu einander normale Schwingungsrichtungen zugehören.

Die eine dieser Schwingungsrichtungen ist streng longitudinal, die anderen streng transversal, wenn eine Axe des Ellipsoides in die ^-Axe fällt, d. h.,

ist

Dies findet jedenfalls aber nicht allein dann statt, wenn die ^Axe eine irgendwie vielzählige Symmetrieaxe des Krystalles ist.

Die beiden transversalen Wellen besitzen gleiche Fortpflanzungs- geschwindigkeiten, wenn zugleich das Ellipsoid ein Botationsellipsoid um die iT-Axe ist, d. h., wenn gilt

q^,= c,, und c;,= o.

Dies findet immer aber nicht allein dann statt, wenn die Zähligkeit der ^Axe eine höhere, als zwei ist. In diesem Falle sondern sich also die beiden transversalen Schwingungen nicht bei der Fortpflanzung, woraus folgt, dass jede beliebige transversale Schwingung sich parallel jenen Eichtungen ungeändert fortpflanzt.

§ 32, Ein Medium ohne Absorption, 475

Wegen dieser Eigenschaft könnte man die elastischen Symmetrie- axen von höherer Zähligkeit, als zwei, und die Eichtungen, welche etwa sonst noch die obigen Erscheinungen zeigen, um eine in der Optik gebräuchliche Bezeichnimg zu übertragen, Schwingungsaxen nennen.

Das Hilfsellipsoid (256") kann auch über die Abhängigkeit der Geschwindigkeiten und der Schwingungsrichtungen von der Richtung der Wellennormalen Aufschluß geben, wenn man die C^^^ durch die auf irgend ein absolut festes Koordinatensystem bezogenen Haupt- konstanten C^jt ausdrückt, wie dies auf S. 334 gezeigt ist Noch einfacher erhält man jenen Zusammenhang, wenn man statt des obigen Wertes (255") für g mit x = 0 den allgemeineren

g = ^e"^n'"^>', 256")

worin r = Ix + fiy + vz ist und A, fi, v die Eichtungskosinus der Wellennormale r bezeichnen, in die Hauptgleichungen (254) einführt Das allgemeine dadurch erhaltene Resultat ist außerordentlich kom- pliziert und nur bei den höchstsymmetrischen Bj7stallsystemen zu übersehen. Wir wollen uns darauf beschränken, das Verhalten von (o und a, ß, y in der Nähe gewisser Schwingungsaxen, welche mit der Z-Axe zusammenfallen mögen, zu untersuchen.

Damit die Z-Axe eine Symmetrieaxe von höherer Zähligkeit, als zwei sei, ist jedenfalls erforderlich, daß gilt

^11 = ^32 J ^13 = ^28 y ^44 = ^ß6 5

ist die Zähligkeit höher, als drei, so muß auch noch C^^, C^^, C^^, Cgg, C^j C^Q verschwinden.

Femer ist, wenn die Wellennormale der iZ'-Axe unendlich nahe liegt, X und fi von erster Ordnung, v bis auf zweite Ordnung gleich Eins.

Schließt man Größen zweiter Ordnung aus, so erhält man hier- nach aus (254)

+ y(^i3+^44)^. 0^(^{{C,e+C,,)fi + {C\^+CJk)+ß{C^+2C,,fi + 2C,,X--co^

0 = («A + ßfi){C,, + CJ + y{C,, - co^) .

476 //. Teil Mechanik nichtstarrer Körper. V. Kap.

Für die transversalen Wellen ist y eine Größe erster Ordnimg denn die Schwingungsrichtung liegt der Xr-Ebene unendlich nahe; das letzte Glied in den ersten beiden Gleichungen ist für sie also zweiter Ordnung und deshalb zu vernachlässigen.

Wendet man das Resultat auf eine vier- oder sechszählige Axe an, so erhält man sehr einfach

was für beide transversale Wellen

ergiebt Hieraus folgt, daß die beiden Flächen, welche man erhält, wenn man cj auf der Sichtung der Wellennormalen aufträgt, in der Z'Axe eine der ZZ-Ebene parallele Tangentenebene haben, sich dort also berühren, wenn die Zähligkeit der Z-Axe vier oder sechs ist

Dies findet ersichtlich nicht statt, wenn die Axe dreizäJilig ist, dort schneiden sich also die beiden Flächen.

Die dreizähligen Schwingungsaxen haben also einen merklich anderen Charakter, als die vier- oder sechszälüigen; eine Ver- schiedenheit, die sich in der Optik bei den Axen der einaxigen und der zweiaxigen Medien ähnlich wiederfindet

Gehen wir mm zu dem allgemeinen Falle komplexer (J^^^ zurück, so resultieren dort auch komplexe n, D, c und o; daraus folgt, daß hier die Bewegung in jeder Welle nicht geradlinig, sondern ellip- tisch ist. Wir können nämlich setzen

257) a = ae»v, b == be'^ , c = cc*'^,

worin a, ä, c, y, yj, x reelle Konstanten sind, und dadurch die Kom- ponenten Uy V, w auf die Form periodischer Funktionen mit um gewisse Konstanten verschiedenen Phasen bringen; solche setzen sich aber jederzeit zu elliptischen Bewegungen zusammen, deren Bahn- gleichungen man durch Elimination der Zeit leicht bilden kami. Femer erhalten wir hier gedämpfte Schwingungen, insofern die Amplituden mit wachsendem z in geometrischer Progression abnehmen. Für den reellen und den imaginären Teil von o^, d. h. für

fa)«(l-x») j 2g)»x

(1 + X«)« (1 + 7(Y '

liefern die Gleichungen (256) nach Elimination von aißiy zwei kubische Gleichungen, die aus

§ 32. Reflexion und Brechung ebener Wellen, All

0 =

2^35 ^Z, (K33-0')

257')

durch Sonderung des Beeilen und des Imaginären erhalten werden.

Diese Formeln sind im allgemeinen überaus kompliziert und geben im allgemeinen mehr als drei Wurzeln für co^, also auch mehr als drei in einer jeden Eichtung sich fortpflanzende Wellen. Eelativ einfache Gestalt nehmen sie an, wenn die imaginären Teile der Konstanten ^j^j^ klein gegen die reellen, und demgemäß x klein neben Eins ist Dann wird nämlich der reelle Teil bis auf Glieder zweiter Ordnung dieselbe Gestalt annehmen, als wenn gar keine Ab- sorption stattfände, es gelten also für die Fortpflanzungsgeschwindig- keiten die oben angegebenen Sätze. ^^^

Die im Vorstehenden behandelten Lösungen für u, ö, xo lassen sich leicht in der Eichtung erweitern, daß der reelle und der imaginäre Teil des Exponenten von e verschiedene lineare Funktionen der Koordinaten enthält, indem man setzt

8 = ^«v['('-^) --<„-], 257")

wo nun r ^ Xx + iiy -\- vz^ r^ z== V x + ^jü y + v* z und sowohl A*+ ju^+ 1^*= 1, als X^+ jia'*+ 1^'^= 1 ist. Hier ist dann also in den Ebenen r = Const. die Phase, in den Ebenen r'=Const die Amplitude die gleiche.

Derartige Lösungen kommen u. a. zur Geltung, wenn eine ebene Welle mit konstanter Amplitude, in einem nicht absorbieren- den Medium fortgepflanzt, auf die ebene Grenze fallt, welche dies Medium von einem absorbierenden trennt. Die in dem zweiten Medium erregten Wellen haben dann notwendig jene allgemeinere Form.

Die Grenzbedingungen, welche den Vorgang der Eeflexion und Brechung an der Grenze zweier elastischer, ev. mit innerer Eeibung behafteter Medien (1) und (2) regeln, sind in § 30 allgemein angegeben.

Legen wir die XJT-Ebene in die Grenze, so lauten dieselben

Ui^Ug, t),=:02, lüi^m^, 2

(x.)i=(3y«, C)i=(f:)2, (3:)i=(s:)2-

Ihre allgemeine Verwertung liefert ungemein komplizierte For- meliiy die bisher noch geringes Interesse erwecken. Einige wichtige Eesultate sind aber ohne alle Eechnung zu erhalten.

478 //. Teil. Mechanik nichtstarrer Körper. V. Kap.

Die Grenzbedingungen sind BärnÜich linear, daher kann man auch bei dem Problem der Eeilexion und Brechung mit den kom- plexen Ansätzen (257) rechnen und braucht nur am Ende den imaginären Teil zu beseitigen.

Die für die reflektierten und gebrochenen ebenen Wellen neben der für die einfallende in die Grenzbedingungen einzusetzenden partikulären Lösungen müssen jene Gleichungen zu jeder Zeit und an jeder Stelle der Grenze z = 0 erfüllen. Hieraus folgt aber, daß in ihren Exponentialgrößen t^ x und y allenthalben denselben Faktor haben, daß also

1 X fi xX* xju'

T ' CJ ' Ol ' ft) ' Ol

für alle Wellen den gleichen Wert besitzen müssen.

Aus der ersten Beziehung folgt, daß die Schwingungsdauer durch Reflexion und Brechung auch in dem hier vorliegenden, so allgemeinen Falle nicht geändert wird; die beiden folgenden ent- halten das Brechungsgesetz für die Ebenen gleicher Phase, die beiden letzten ein analoges für die Ebene gleicher Amplitude. Hier- bei ist nicht zu übersehen, daß die Nenner co selbst im allgemeinen Funktionen der Sichtungen der Normalen auf den betr. Ebenen sind und von der Schwingungsdauer t abhängen; letzteres bewirkt Erschei- nungen, welche der Dispersion in der Optik entprechen.

In dem speziellen Fall, daß die Wellennormale der einfallenden Welle in die X^-Ebene fällt, ist für alle Wellen des Systemes jti = 0, liegen also alle Wellennormalen in der Z^-Ebene.

Ist noch spezieller das erste Medium frei von Absorption, so ist in ihm x = 0, es muß also für das zweite Medium, wenn wegen dort vorhandener Absorption x nicht verschwinden kann, notwendig r = jit' = 0 und r' = 1 sein; d. h., die Ebenen konstanter Amphtude müssen daselbst parallel der Grenze liegen.

§ 33. Benehungen zur Theorie des LiohtoB.

Die im vorigen Paragraphen beschriebenen Vorgänge haben so große Ähnlichkeit mit den bei der Fortpflanzung des Lichtes innerhalb krystallinischer Körper beobachteten, daß es nahe liegt, die letzteren als in Schwingungen eines Mediums bestehend anzu- sehen, welches sich im Krystall befindet und sich der Erystallsub- stanz ähnlich verhält, indessen nicht mit ihr identisch sein kamu weil die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes unvergleichlich

§ 33. Beziehungen zur Theorie des Lichtes, 479

viel größer ist, als sie sich für nicht absorbierende Medien aus der Dichte und den Elasticitatskonstanten des Erystalles nach den Eesultaten des vorigen Abschnittes berechnet. Dieses hypothetische Medium bezeichnet man als den Lichtäther.

Da nach dem Obengesagten flir den Äther Gleichungen von der Form der in (254) gegebenen gelten sollen, und da diese Gleichungen für das Quadrat der Fortpflanzungsgeschwindigkeit co Werte liefern, welche gegeben sind durch lineare Funktionen der allgemeinen elastischen Konstanten, dividiert durch die Dichte des Mediums, so wird man aus den beobachteten enormen Lichtgeschwin- digkeiten in allen bekannten Körpern auf eine sehr geringe Dichte und eine sehr große elastische Widerstandskraft des Äthers schließen müssen.

Außerdem wird man dem Äther eine Eigenschaft beilegen müssen, die das Zustandekommen gewisser Wellen verhindert, welche von den obigen allgemeinen Formeln gefordert werden, aber der Beobachtung nicht entsprechen.

Beobachtungen verschiedener Art haben mit großer Schärfe den Nachweis dafür geliefert, daß ebene Lichtwellen mit konstanten Am- plituden in isotropen Medien nur transversale Schwingungen ent- halten können, und machen es wahrscheinlich, daß sie in krystallini- schen Medien streng oder wenigstens nahe transversale Bewegungen ausführen. Da nun die longitudinalen Schwingungen jederzeit von Kompressionen und Dilatationen begleitet sind, so werden erstere nicht zu Stande kommen, wenn die letzteren durch irgend einen umstand unmöglich gemacht werden. Dies drückt man, ohne sich über die Ursache der Erscheinung zu äußern, analytisch dadurch aus, daß man die Verrückungskomponenten u, v, to der Bedingung

^=fl^ + ä^ + ä^ = 0 258)

unterwirft ^^) Diese Bedingung kann natürlich neben den drei all- gemeinen Bewegungsgleichungen (243) durch die drei Funktionen M, V, w nur dann erfüllt sein, wenn von den letzteren drei Formeln die eine mit Hilfe der Gleichung & = 0 aus den beiden anderen folgt, d. h., wenn die Koeffizienten der Kräfte (ZJ, . . . (X) gewisse Bedingungen erfüllen.

Diese Bedingungen folgen aus (243), wenn man die drei Formeln, in denen man nach dem Früheren die körperlichen Kräfte X, T, Z gleich Null setzen kann, nach x, y, z differentiiert und addiert und in dem so resultierenden Ausdrucke:

480

//. TeiL Mechanik niektstarrer Kärper. V. Kap.

2580

I»-äC

da;

+

d KZ,)

X

dy

Bx

P(^x) , «(^v)

+

+

^M]

dx\ dx ' dy ' ö* / '

die Faktoren der unabhängigen Diflferentialquotienten der Ver- rückungen fiir sich gleich Null setzt ^^^) Dabei ist zu berücksich- tigen, daß wegen der Willkürlichkeit des Gesetzes der fortgepflanzten Schwingungen verschieden hohe Differentialquotienten der Ver- rückungen u, V, w nach der Zeit Toneinander unabhängig sind, von den gleichen Differentialquotienten nach der Zeit aber eine größere Zahl durch die Bedingungen verknüpft ist, w^elche aus & = 0 durch Differentiation nach den Koordinaten und nach der Zeit hervorgehen. Es sind dies, wenn der Kürze halber

gesetzt wird, allgemein die Formeln:

' dx^ öy* "~ dx^ ~~ dydx dxdx ~ dxdy

sie ergeben, daß von den 30 dritten Differentialquotienten von u'J', t?0"), ifyCO nur 24 voneinander unabhängig sind, woraus folgt, daß für jedes System von Konstanten c^J^ sich 24 Bedingungen aus der Gleichung i^* = 0 ergeben müssen.

Diese führen auf folgendes System von Werten der Koeffizienten

ö" &^^'^ ö« &^'^

= 0;

259)

'

d\

^Vy

dh.

d'y.

dh^

d^x^

dfi

ö^'

et^

dfi

di^

dt^

-X0-)

X

0

-2cü)

66

- 2c<-i)

66

-2d})

66

0

0

Y(J) y

66

0

-2cO")

44

0

-2cO0

64

0

s

_2c<A

66

-2cO')

44

0

0

0

45

7(y)

s

66

0

0

44

46

•4

X

0

-2cO-)

64

0

46

66

SS

'■ y

0

0

_2c<Ä

46

64

66

66

Es ist bemerkenswert, daß für die allein übrigen Koefiicienten die Beziehung

kh hk

gilt, daß sonach Kräfte der auf S. 460 als vierte bezeichneten Art

§ 33. Bezeichnungen xur Theorie des Lichtes. 481

durch die Einführung der Inkompressibilitätsbedingung unmöglich gemacht werden.

Die Bewegungsgleichungen (243) oder (254) nehmen bei Ein- führung dieser Vereinfachungen und unter Benutzung der Ab- kürzungen

I

_ , /Ott) öö\ ^_i(Bvi dto\ ^ ,/öö du\

in welchen u, ö, W die schon S. 471 eingeführten komplexen Ver- rückungskomponenten bezeichnen, die Gestalt an^^^;

dt*^dx[dm) dy\dn)' dt^^öxydn) dx\dl)'\

worin

ffi = ©44 1^+ e„m*+ ©ee"'- 2(6:56««» + ©64«^ + ®45tnO 259")

ist, und die S^^^ die in (253"") definierten komplexen Funktionen der Schwingungsdauer t bezeichnen.

Für jedes t, d. h. für jede Farbe, läßt sich ein Koordinaten- system angeben, auf welches bezogen der reelle, und eines, für welches der imaginäre Teil von (E^g, ©^4, ©4^ yerschwindet; diese Axen wird man als die Symmetrieaxen der konservativen und der absorbierenden Kräfte für das bestimmte t bezeichnen können. Verschwinden die absorbierenden Kräfte, oder fallen nach den allgemeinen Symmetrie- verhältnissen des Krystalles beide Axensysteme zusammen, so müssen die Erscheinimgen der Fortpflanzung von Schwingungen symmetrisch in Bezug auf die durch jene gegebenen Koordinatenebenen verlaufen, wenn die Erregungen symmetrisch zu ihnen stattfinden. Im allge- meinen Falle hingegen besitzen sie derartige Symmetrieebenen nicht.

Die Formeln (259') und (259"), welche das Eesultat der Ein- führung der Bedingung i?* == 0 in die allgemeinen Gleichungen (254) sind, gestatten die Ableitung aller bekannten Erscheinungen, welche die Fortpflanzung von Lichtwellen innerhalb durchsichtiger oder absorbierender, z. B. farbiger, Krystalle begleiten, und verbinden daher diese Vorgänge nahe mit denen der Elasticität und der inneren Beibung. Ihre Behandlung wird in dem letzten Teil dieses Buches vorgenommen werden.

Während die Ableitung der obigen Hauptgleichimgen der Optik aus den Vorstellungen dieses Teiles überaus glatt und einfach möglich war, bietet diejenige der Grenzbedingungen eine eigentümliche Schwierigkeit

Voigt, Theoretische Physik. 31

482 //. Teil. Mechanik nicktstarrer Korper, F. Kap,

^ Nachdem durch die Einführung der Bedingrung d* = 0 die An- zahl der in einer Richtung fortgepflanzten Wellen reduziert ist, so daß sie in durchsichtigen krystallinischen Medien nunmehr zwei betragt ist es nämlich nicht mehr möglich, den für die Grenze zwischen zwei zusammenhängenden nichtstarren Körpern geltenden aUgemeinen Be- dingungen ______

260) Wi = t£2, üi = Va, iri=tt?a,

2600 {X\ + (X)2= (XX + (Y:\ = {X\ + (^)a = 0

durch sie zu genügen; denn mit den vier Konstanten der beiden reflektierten und der beiden gebrochenen Wellen, die zu einer ein- fallenden gehören, kann man nicht sechs Gleichungen befriedigen.

Daß die Grenzbedingungen fQr die im Äther fortgepflanzten Bewegungen mit den für die Schwingungen der ponderablen Körper gültigen nicht übereinstimmen, kann an sich allerdings nicht Wunder nehmen, da der in der Trennungsfläche stattfindende Vorgang in beiden Fällen ein ganz yerschiedener ist.

Mit den schwingenden ponderabeln Körpern bew^egt sich auch die Grenzfläche selbst, bei Ätherschwingungen steht infolge des Ruhens der ponderabeln Teile die Grenzfläche zwischen zwei hetero- genen Bereichen fest, und die Bewegung fuhrt wechselweise Äther in der einen und der anderen Richtung durch sie hindurch.

Daher kann man zwar die beiden ersten Bedingungen (260) für optische Probleme ungeändert beibehalten, wenn man einen festen Zusammenhang zwischen dem in beiden ponderabeln Körpern befindlichen Äther annimmt; statt der letzten aber wird, wenn die Dichte Q in beiden Körpern verschieden ist, d. h., der Äther sich in verschieden komprimiertem Zustande befindet, die Gleichung

I Qi[ui00s{v,x) + v^cos{v,y) + w^cos{v,z]

l = [^3 cos (i;, ar) + v^cos{v,y) + w^cos{Vjz\

einzusetzen sein, welche ausdrückt, daß in der Grenzfläche das auf der einen Seite eintretende Quantum dem auf der anderen aus- tretenden gleich sein muß.

Auch die Bedingungen fftr die Drucke (260') nehmen unter den Vorliegenden Verhältnissen andere Gestalt an. Denn der Äther wird hier nicht nur unter der Wirkung innerer Kräfte stehen, sondern auch unter der Wirkung solcher, die von der ponderabeln Masse ausgehen, und wenu die letzteren sich auch nach Symmetrie im Innern eines homogenen Körpers zerstören, so werden sie doch in der Grenze, entsprechend der Unsymmetrie der diesseits und jenseits

§ 33. Die Qrenxbedingungen der Optik.

483

verschiedenen Masse, einen Grenzdruck erzeugen, dem verwandt, der auf S. 222 eingeführt ist.

Hiemach werden an die Stelle der Gleichungen (260") die all- gemeinen (14'") zu setzen sein, welche lauten:

(a;), + (^), + x,^ = (i;)i + (7,), + 1^3 = {z;), + {Z\\ + ^, = o. 2m")

In ihnen sind allerdings die Xj^, Y^^, Z^^ unbekannt und erfordern zu ihrer Bestimmung spezielle Annahmen, die als einigermaßen willkürlich am besten vermieden würden.

Man umgeht dergleichen, indem man als Erfahrungsthatsache benutzt, daß in der Grenztiäche selbst, auch zwischen zwei absor- bierenden Medien, Energie der fortgepflanzten Scliwingungen nicht verloren geht. ^^^ Dies kann man einerseits aus optischen Messungen schließen, sicherer noch aus der Beobachtung, daß in der Grenze keine Wärmeentwickelung stattfindet, die zu erwarten sein würde, wenn daselbst optische Energie verschwände, ein Umsatz, der im Innern absorbierender Körper in der That stattfindet.

Um diesen Gedanken analytisch zu formulieren, bilden wir die Gleichung der lebendigen Kraft für ein System von Körpern, welche Äther enthalten. Wir erhalten dieselbe einmal, indem wir die Gleichungen (243) mit den Faktoren

dx ,1 dy jy dx j,

dt^^^ rf7''*' rfV''*

zusammenfassen und das ßesultat über das System integrieren, in der Form:

^ = - 2/ ^^) «' + ^y;) V + {z;) w'

do

+

2/ [W'i + (2;)y;+ (^.)^;+ {r.)y;+(4)4+ (X,)x^

dk.

261)

Sodann können wir sie auch erhalten, indem >\'ir das System (259') nach Zufügung des Faktors q analog hehandeln und von dem Resultat den reellen Teil nehmen; in der komplexen Form schreiht sie sich

ä7 = ^P

J[(^,,-C08K^)--^--C0S

+

^.,-cos(»',ar)

öl

+ _cos(i.,y)-g-^co8

[v, 2) j V (V, :r) j to

do

-2 2(,/(

31

261')

484 n, TeiL Mechanik niohtatarrer Körper, V, Kap.

V bezeichnet hierin die äußere Normale auf der Begrenzung des betrefifenden homogenen Teils des Systemes; von den unter dem Summenzeichen stehenden Oberflächenintegralen beziehen sich immer zwei Anteile auf dasselbe Flächenstück.

Diese beiden Zerlegungen in ein Kaum- und ein Oberflächen- integral sind im allgemeinen verschieden; die Oberflächenintegrale sind aber gleich, wenn u, v, w in der Grenze Funktionen derselben Funk- tion von t, X und y sind, wie dies nach S. 478 bei den Problemen der Reflexion und Brechung der Fall sein muß. Die Eaumintegrale sind beide von der Form, welche S. 459 betrachtet ist, und werden durch die angenommenen Kräfte, soweit sie konservativ sind, zu vollstän- digen Diflferentialquotienten nach der Zeit, soweit jene absorbierend sind, zu wesentlich negativen quadratischen Formen gemacht

In betreff der Form (261) ist dies unmittelbar aus den Ent- wickelungen in § 29 evident; in betreff der Form (261') erkennt man es leicht, wenn man den Wert (259") von ® benutzt und be- rücksichtigt, daß die imaginären Teile von I, m, n den ersten Diffe- rentialquotienten von /, m, n nach der Zeit proportional sind.

Soll nun in den Grenzflächen bei den Schwingungen Energie nicht verloren gehen, so müssen die Oberflächenintegrale entweder die Form vollständiger Differentialquotienten nach der Zeit haben, oder, da dies ersichtlich nicht möglich ist, verschwinden, und zwar, da erfahrungsgemäß die einzelnen Oberflächenelemente von- einander unabhängig sind, in ihren auf die einzelnen Elemente bezüglichen Teilen für sich.

Betrachten wir also wie oben zwei Medien (1) und (2), die durch die XZ-Ebene geschieden werden, so ergiebt dies

oder wegen i£/= u^% rj'== v^' auch

Bedenkt man, daß u, t?, w voneinander unabhängig sind, und ® alle drei Größen enthält, so kann man hieraus schließen

Formeln, welche vereinbar sind mit der aus der dritten Gleichung (259^) bei Anwendung auf die Grenze und bei Berücksichtigung von (260") folgenden Gleichung

§ 33, Die Orenxbedmgtmgen der Optik. 485

Die Verhältnisse yereinfachen sich noch dadurch, daß die Verglei- chung der aus diesen Gleichungen folgenden Resultate mit der Beobachtung auf die Relation q^ = q^ fahrt, die sich mit der Grund- vorsteDung eines innerhalb der verschiedenen Körper befindlichen Fluidums von konstanter Dichte aufs beste verträgt Hierdurch er- hält man das System von Grenzbedingungen ^®®)

aus ihnen folgt w^ = w^y was mitunter praktisch statt einer der letzten beiden Formeln benutzt wird.

Diese Bedingungen sind höchst allgemein; sie gelten für isotrope, wie für krystallinische, für durchsichtige, wie für absorbierende Körper und fuhren auf der Erfahrung durchaus entsprechende Resultate.

Die vorstehenden Betrachtungen gestatten noch eine Erweiterung, indem man die von den ponderablen Massen auf den Äther in ihrem Innern ausgeübten Kräfte nicht nur in die Grenzbedingungen, son- dern auch in die Hauptgleichungen einführt; sie fallen dann unter die in den allgemeinen Bewegungsgleichungen (243) auftretenden äußeren, auf die Volumeneinheit bezogenen Komponenten Z*, T', Z^. Diese Kräfte brauchen nämlich nicht allein von den Deformationsgrößen x^, . . . X abzuhängen, sondern können Funktionen der Verschiebun- gen M, v, w und aller ihrer Differentialquotienten sein. ^^®)

Beschränkt man sich, um nicht in durchsichtigen Körpern mehr als zwei Wellen zu erhalten, auf nullte, erste und zweite Differential- quotienten nach den Koordinaten und beliebige nach der Zeit, so kann man diese sehr allgemeinen Ansätze, genau wie oben den spezielleren, zunächst in absorbierende und in konservative Teile zerlegen und sodann durch die Einführung der Bedingung t^* = 0 spezialisieren. Unter den so erhaltenen Resultaten befindet sich naturgemäß das System (259) als spezieller Fall, außerdem geben sie aber noch Formeln, welche die Ableitung der Erscheinungen der natürlichen und der magnetischen Girkularpolarisation gestatten.

Wir wollen auf diese Betrachtungsweise nicht eingehen, sondern eine andere anwenden, welche die gleichen Resultate auf einem wesentlich einfacheren und anschaulicheren Wege liefert, überdies mit früheren Entwickelungen in engem Zusammenhange steht

486

//. Teil. Mechanik nichUtarrer Körper. V. Kap.

§ 34. Medien ohne innere Kräfte; mechaniBche Analogie zn den

Gesetzen des elektromagnetischen Feldes.

Die allgemeinen Gleichungen (13) und (IS') auf S. 223 fiir nicht- starre Körper, welche die Wirkungen von Drehungsmomenten L\ M*y N" noch nicht ausschließen, lassen sich folgendermaßen schreiben:

262)

= Z'-

dx

-f

dy dx

dy

+

dx

0 = i'-

dL

X

dx

ÖL ÖL 1

worin

Y + Z

g ^ y yf y/

9 ^yj

« y Y"

-Z''

gesetzt ist

Denken wir uns nun ein nichtstarres Medium, in dem Moment^n- drucke L, . . . N, nicht wirken, so ist für dieses

262') 2 7,"= - r, 1Z';= - M\ . 2 j;'= - iV ;

sind auch noch die X,,, Yy, Z,, X^, X', . . . gleich Null, so ist

['>* dfi

262")

~ l~ dy ~ dx '

dx

Von einem solchen Medium dürfen wir sagen, daß in ihm innere Kräfte überhaupt nicht wirken, denn Y!^\ Z'^^ Xy haben nach den Gleichungen (262') den Charakter äußerer Kräfte (genauer äußerer Momente). Ein solches Medium würde, in freiem Zustand betrachtet, keiner Deformation irgend einen Widerstand leisten. ^^^

Wir wollen dasselbe nun innerhalb eines Raumes betindlich denken, wo es, etwa seitens einer sehr großen Zahl regelmäßig ver- teilter Ej'aftcentren, unter denen wir uns ponderable Moleküle vor- stellen können, Kräfte und Drehungsmomente erfährt, sowie es aus einem ursprünglichen Normalzustande verschoben wird. JT, T*, Z^ sind dann die auf die Yolumeneinheit bezogenen Kräfte,

262") Z'=2^= -27, ^=2X=-2^. 3^=27= -2T

' y Z ' t X' X m

die auf die Volumeneinheit bezogenen Momente.

§ 34, Ein Medium ohne innere Kräfte. 487

Führt man noch die Geschwindigkeiten

dx f dy , dx

Ti"'^' 'di'^^' ~di

ein, so erhält man bei Beschränkung auf unendlich kleine Werte derselben

Ott' _ ^ dN^ __ ÖAT ^'dt ^ ^ 2dy 2dz '

du/ », , SM' dU

263)

dt ^ 2dx 2dy ' )

Zu diesen Hauptgleichungen kommen Oberfiächenbedingungen für die Grenze zwischen zwei Medien, die wir nur für den speziellen Fall aufstellen, daß die Grenze durch die AT-Ebene gebildet wird.

Setzt man voraus, daß die beiden Medien in der Grenzfläche zusammenhängen, so muß jedenfalls daselbst

< = «2> ^1 = ^2 ' 263')

sein, während bezüglich derKomponente to Gleiches nicht auszusagen ist. Denn einerseits ist bei einem Fluidum ohne innere Kräfte, wie schon S. 260 bemerkt, eine Kondensation in der Grenze nicht ausgeschlossen, also die Bedingung ^^tc^':=t q^w^ keineswegs notwendig; andererseits würde dieselbe, solange über das Verhalten von q keine spezielle Annahme notwendig ist, dies also als unbekannt gelten muß, keine Bedingung für u\ v\ to liefern.

Die allgemeinen Bedingungen für die Drucke

(^.)l=(^.),. mi=(^.)». (^.)l=(^z).

nehmen hier, da nach S. 486

2 X= M\ 2 7= - L\ Z=0 ist, die spezielle Form an:

L\=L\, MI=M;. 263")

Bildet man aus dem System (263) die Gleichung der lebendigen Kraft, so ergiebt sich für die Volumeneinheit

und über ein beliebiges endliches Volumen integriert.

488

//. TßiL Mechanik ntefUstarrer Körper, F. Kap.

dW

dt

= I r[(JVco8(f;^) - M'cos{vyz)) u + (X'cos (f/, z) - iVcos {v.x") v 263'")] + ( jlf 'cos {v,x) - Z' cos(f;,y)) tc'] rfo

+J[(jrtt'+ !'«'+ ^M?') + {rV+ 3rm'+ iV'nOJrfÄ,

worin fr die äußere Normale auf das Oberflächenelement bezeichnet Das Oberflächenintegral verschwindet, soweit es sich auf Zwischen- grenzen bezieht, nach den Grenzbedingungen (263') und (263"), resp den ihnen bei beliebiger Lage des Grenzelementes entsprechenden. Die Funktion unter dem Baumintegral ist die Arbeit der wirken- den Kräfte ftir die Kaum- und Zeiteinheit. Man kann sie denselben Betrachtungen unterwerfen, wie die Arbeit der inneren Kräfte eines elastischen Mediums auf 8. 459, und für die Komponenten und Momente solche lineare Ausdrücke bilden, welche die Energie stets erhalten, und solche, welche sie stets verzehren. Ein System ersterer Art ist u. a.

27 = flu tt -1- Oja V -f- Ojj M7 , 264) - r = flgi m" -f- fljg t?" -f. 0,3 !£?",

l ^ = «31 M + «82 ^ + «83 "^ »

i' = &11 / + Äj3 m -J- Äi3 n,

264') -^=*21^+*23"» + *2S«.

eines der letzteren

- Z' = Cum'+ Cjgü'-t- Cjjtr ,

264") -1"= ^21 ^'+^22 «'+^23«^'.

- ^' = ^31«*'+ ^32^'+ ^33«^'-

Für ihre Konstanten müssen dabei die Beziehungen a^^^ a^^*

*/ik= Ku^ ^Afc= ^kÄ gelten-

Das System (264') wollen wir nach l, ntj n auflösen und

schreiben

- 4/ = ^iiZ' + e^^AT + e^^N\

264'") - 4in = e,,L' + e^^AT + e,,N%

- = ^31 Z' -f e^^M' + e^^N\

Betrachtet man endlich die Dichte q als unendlich klein, oder zieht sie in die Faktoren a^^, a^^, a^^ hinein, um eine symmetrische Endform zu erhalten, so nehmen die Formeln (263) und (264'") folgende Gestalt an

§ 34, Em Medium ohne innere Kräfte.

489

ä7Kl«'+ «31»'+ «88«»') = - ('^31«'+ <'S«'''+ «SS«»')

dazu kommt wegen der Werte von l, m', n'

265)

iT?(^3i^' + ^sa^' + ^8s^')= ^"'

öi;'

2650

dy dx

Diese Systeme von Hauptgleichungen (265) und (265^), von Ober- flächengleichungen (263^) und (263"), gehen in die von Hebtz^") formulierten Grundgleichungen der MAXWELL'schen Theorie der Elektrodynamik über, wenn man

mit den Komponenten der elektrischen,

mit den Komponenten der magnetischen Kraft identifiziert

Nichtleiter für Elektricität sind dann solche Körper, in welchen

nur Energie erhaltende, Leiter solche, in denen auch absorbierende

Kräfte auf den Äther wirken.

Wir machen die obige Einführung nur für isotrope Körper, wo

in den Systemen (264) bis (264'") sich die rechten Seiten auf die

Diagonalglieder reduzieren, deren Konstanten gleich werden und weiter

ohne Index geführt werden mögen. Man erhält hier

dS ^ , dN dM

dZ ^ r dM dA

dt dx oy \

266)

490

//. leiL Mechanik niehtstarrer Körper, F. Kap.

266')

e —^ - Ä.

e

dA dH

dt ' dx

dZ

dy^

dM dZ

dA-

dt " dx

dx '

dN __ dS dt "^ dy

dH

dx '

und außerdem an einer der Xr-Ebene parallelen Grenze zwischen zwei Körpern (1) und (2)

266") \-\. H,^H^, A=A^ M,^M^.

Folgerungen aus diesen Gleichungen werdet im IV. Teil ge- zogen werden, wo sich auch eine Ableitung aus der Erfahnmg ohne Zuhilfenahme spezieller Vorstellungen finden wird.

Die obigen linearen Ansätze (264) sind ganz spezielle und nur aus- gewählt, um eine spezielle Gestalt der Endformeln zu erhalten. Die allgemeinst möglichen, welche für die Zwecke der Optik Bedeutung gewinnen, sind nach den allgemeinen Angaben auf S. 460 zu bilden.

Wir können demgemäß folgende Zusammenstellung geben.

267)

Konservative Kräfte.

;j/2j ^ 11 12 13 ''

wobei ci^J}= c^^l*

hk kh

267')

wobei a^Jl= dj}*

hk kh

267")

3. Art.

dt

ö2i

2. Art - r= ~ ^ .- (aOV + a(j')m + d^^n ) ,

^^J ^ 11 ' 12 ' 13 ^'

Ö2i

Qf3 Ml ^ 12 ' 13 "

und zugleich

'■>-•

- 7v' =

-^(iiO*'M + qS^)v + dJhü)y

ßpj Ml 21 31 ''

Hier ist nicht notwendig a|^^

ith

267'")

4. Art. - Z' =

S2j + i ^^»j+1 ^12 *^13 ''

worin m =-m.

kh

§ 34, Bexiehungen xur Optik, 491

5. Art. - i' = -^^-TT (*^^*> m + b^^'^n) , 267'")

worin UJl==^ it^J.

In die Gleichungen (263) bis (263") eingesetzt, führt die erste oder zweite Art auf die Gesetze der Doppelbrechung, die dritte auf diejenigen der natürlichen, die vierte oder fünfte auf diejenigen der magnetischen Zirkularpolarisation.

Absorbierende Kräfte. 1. Art - r = ~^(yV?« + J'l^ + r?,"^)^ 268)

worin M = yU).

2. Art - r = -^.^ (c<i)/ + cO-)m + d^^n ) , 268')

worin c^J. = c(.-5.

Sie geben, neben den konservativen eingeführt, die Modi- fikationen, welche die genannten optischen Erscheinungen in absor- bierenden Körpern erfahren.

Endlich sei noch ein spezieller Ansatz von abweichendem Charakter erwähnt

Setzt man

^r = ^4^, _r==e4^,. -^ = ^4-. 268") as ö« ' '

worin s eine willkürliche Richtung bezeichnet, so laßt sich für die Arbeit schreiben

fdk{Tv:+ Tv + Z'w) = - ef(^'^+^^+w'^QO%[n,s)do,

woraus hervorgeht, daß sie als ganz in der Oberfläche geleistet auf- gefaßt werden kann.

Dieser Ansatz erweist sich geeignet, um die optischen Er- scheinungen in bewegten Medien abzuleiten.

Die Grenzbedingungen behalten in allen Fällen die in (263') und (263") gegebene Gestalt

Auf die Behandlung spezieller hierher gehöriger Probleme wird im V. Teil eingegangen werden; hier handelt es sich nur um die Herstellung der Verbindung zwischen der Dynamik gewisser nicht- starrer Körper und den Grundformeln der Optik.

Litteratnr zum H. Teil.

ELiBCHBOFF, Mechanik. Lieipzig 1877. Yoior, Elementare Meehanik. Leipzig 1889. Thomson und Tait, Treatise on Natural Philosophj. Cambridge 1888, 1886. RiEMANN, Partielle Differentialgleichungen, herausgeg. von Hat- TENDORF. 2. Aufl. Braunschwetg 1876. F. Neuicakn, Vorlesungen über die Theorie der Kapillarität, herausgeg. von Wai^oebin, Leipzig 1894. ÜATHiEr, Theorie de la Capillarit^. Paris 1888. Lamb, Treatise on the math. theory of the motion of fluids. Cambridge 1879. Basset, Treatise on Hydrodynamics, Cambridge 1888. Lam£, Le^ons sur la th^orie math^matique de l'^asticite des Corps solides. Paris 1852. Clebsch, Theorie der Elasticitfit fester Korper. Leipzig 1862. Übersetzung mit Anmerkungen von SADTr-YENANT. Paris 1883. Beer, Einleitung in die math. Theorie der Elasticität und KapillaritSt Leipzig 1869. Navieb, Le9ons sur Tapplication de la möcanique. I. Resistance des Corps solides. 3. 6dit. par Saint- Vekant. Paris 1864. P. Neumanm, Voi^ lesnngen über die Theorie der Elasticität, herausgeg. von 0. E. Meyeb. Leipzig 1885. Jbbetson, Math, theory of perfectly elastic solids and viscoos fluids. London 1887. - Love, Treatise on the math. theory of elasticity. Cambridge 1892. PoiNCABt, Le^ons sur la th^orie de T^lasticit^. Paris 1892. Dchem, Hydrodynamique, £lasticit6, Acoustique. Cours profess^ en 1890 91. Paria 1891. W. Thomson, Artikel Elasticity in der Encyclopaedia Britannica, 9. ed.« 1878. Rayleigu, Theory of sound. London 1877. Übers, von Nebsen. Brann- schweig 1880. Boüsstnesc^, Application des potentiels k T^tude de T^quilibre et du mouvement des solides ^fastiques. Paris 1885.

L Kapitel. ^) Moebiüs, Der barycentrische Calcul. 2. Abschn., Kap. III. Leipzig 1827; Thomson-Tait, Natural Philosophy, Vol. I, Sect 155—159, S. 114 115. *) Cauohy, Ezercices de Mathematiques II, S. 62. 1827. •) Bbltrahi, Rendiconti del Circolo Matematico di Palermo III, S. 73, 1889. *) Cauchy, Exercices de Math. II, 8. 62, 1827; III, S. 237—242, 1828. *) W. Thomsos, Theory of Elasticity, Chap. VIII, IX; Math.-phys. papers m, S. 94. •) Kibch- HOFF, Mechanik, 27. Vorlesung, S. 399. ^) Poisson, Tiait^ de M^canique, Livre VI, Chap. I, No. 652. «) Voigt, Theoret. Studien über d. Elasticittts- verhältnisse der Krystalle, S. 11. Abhandl. Ges. d. Wiss. Göttingen 1887. ») Cauchy, Exercices de Math. II, S. 111, 1827; HI, S. 166, 1828. ") Caucht, ibid. II, S. 52. ") Cauchy, ibid. II, S. 53, Th^or^me HI. ") Thomsok- Taft, Treatise on Natural Philosophy, I, S. 327. ^*) Elibchhoff, Mechanik. 9. Vorlestmg.

n. Kapitel. ^^) Poisson, Trait^ de M^canique, Livre V, Chap. II, Nr. 581. 1833. *^j Laplace, I. SuppUment au livre X de la M^canique Celeste, Nr. 3. 1805. Oeuvres, T. IV, S. 366. »•) Laplace, 1. c. Nr. 1. »') Gauss, Prin- cipia generalia theoriae figurae fluidorum in statu aequilibrii. Comment sog. Gottingensis VII, 1830. Werke Bd. V, S. 29—77. »») Poisso», Tiaite de Möcanique II, Nr. 583 - 584. ") Laplace, 1. c. Nr. 4, S. 369. ^) F. Nkt- MAKN, Vorlesungen über d. Theorie der Kapillarität (herausgeg. von Wahokrui, 1894), S. 161. **) Laplace, II. Supplement au livre X de la M^. Celeste, Oeuvres T. IV, S. 432. '*) Abchikedeb, De iis quae in aqua vehuntur, Liber h Theorema VI u. VII. Opera, herausgeg. von Heibebo, Leipzig 1881, S. 868—869. "j Kibchhoff, Mechanik, 13. Vorlesung, S. 149. **) Coulomb, M^m. AcaoL roy. des Sciences Paris 1785, S. 578—611. '") Clausius, Mechanische Wfinne- theorie, II, Abschnitt 8, § 4. Poisson, Theorie du Magn^tisme. M^m. Acs<L Paris V, 1821—22, S. 247, § 1. ") Riecke, Molekulartheorie der pigzoelcktr. u. pyroelektr. Erscheinungen. 8. 6. Abhandl. Ges. d. Wiss. Göttingen 38, 1^91

Liiteraiur xum IL Teil. 493

III. Kapitel. '0 Euleb, Priucipes genuraux du mouvement des fluides. Hist de l'Acad. de Berlin 1755. p. 286. Theorie des Gleichgew. u. d. Bewe- gung d. Flüssigkeiten. Übers, von Bbanobs, Leipzig 1806. S. 189 140. ") W. Thomsok, On vortex motion, Trans. Roy. Soc. Edinb. XXV, 8. 248—49. 1869. **) Lamb, Mathematical theory of tiie motion of floids, (Cambridge 1879). Chap. VI, Art. 145. •*) Daniel Bebnoülli, Hjdrodynamica, Sect lA, S. 179. 1788. ^*) ToBBiCELLi, Trattato del moto dei gravi, Floren« 1641. **) V. Ueluholtz, Cbbllb's Joamal 66. S. 25—55, § 2. 1858. ^) v. Helm- HOLTZ, 1. c. S. 25. •*) Basset, Hydrodynamics, III. Chap. '*) ELibch- HOFF, Mechanik, 18. Vorlesung, § 3. ^) Kibcbhoff, Mechanik, 19. Vorl., § 2.

KiBCHHOFF, 1. c. §§ 2, 8. ^) V. Helmholtz. Cbelle's Journal 66, S. 88, 1858. »•) KiBCHHOFF, Mechanik, 20. Vorl. § 2. *») Stokes, Cambr. and Dublin Math. Joum. 6, S. 215-38, 1851. W. Thomson, Trans. K. Soc. Edinb. 21, S- 165, 1857. *») BoüssiNESQ, Compt Rend. 63, S. 104, 1867. Lioüville's Joum. de math. (2) 14, S. 265, 1869. **) Lam^, Theorie analytique de la chaleur, § 25. 1861. *•) Lama, 1. c. S. 42. **) Stokes, Cambr. and Dublin Math. Joum. 6, S. 224. 1851. *>) Kibchhoff, Mechanik, 16. VorL §§ 5 u. 6.

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^^) RiEMANN, Partielle Differentialffleichungen (Braunschweig 1876). S. 135. RiBCUHOTF, Vorlesungen Über die Theorie der Wärme (Leipzig 1894), 2. Vorl. § 6. **) FicK, Poggend. Annalen 94, S. 66. 1855. ") Clebsch, Cbelle's Joumal Bd. 66, S. 1. 1859. ^*) Kibchhoff, Mechanik, 22. Vorlesung. ") Voigt, Math. Annalen Bd. 28, S. 14—33, 1885. »•) Voigt, Nachrichten v. d. Ges. d. WisB. Göttingen 1891, S. 54—64. ") Kibchhoff, Mechanik, 25. Vor- lesung, § 3. '^ BoüssiNESO, Application des potentiels etc., Note II, § IV, Nr. 24.

*») KoLAÖEK, Wied. Annalen 5, S. 425, 1878. W. Thomson, PhiL Magazine (4) 42, S. 868—77, 1871. Basset, Hydrodynamics Vol. 11, Chap. XVII, S. 177.

^ EüLEB, De principiis motus fluidorum. Novi comm. acad. sc. imp. Petro- politanae 14, Teil I, 6. Kap., S. 358. 1759. '') Lagbange, M^canique analy- tique II, Sect XI- *") Gebstnbb, Theorie der Wellen etc. Prag 1804. Ran- KiNB, Phil. Transactions 1863, I, S. 227. ^) H. Webeb, Cbelle's Joumal 68, S. 287. 1868.

rV. Kapitel. •*) Voigt, Wied. Annalen 52, S. 536. 1894. •*) Kibch- hoff, Cbelle*s Joumal 66, S. 291. 1859. F. Neumann, Vorl. Über Elasü- citätstheorie, §§ 60, 61. ^ d*Alembebt, M^m. de TAcad. Berlin 1768.

•^ V. Helmholtz, Cbelle's Joumal 57, S. 1. 1860. •*) Kibchhoff, Pogg. Annalen 134, S. 177. 1868; ges. Abhandlungen S. 540. ••)Poisson, M^moires de rinst. Paris, II, S. 305, 1819 und X, S. 317. 1831. Geben, Trans. Cambridge phil. soc. 1888, Math. Papers S. 284. ^^) Kieicann, Über d. Fort- pflanzung ebener Luftwellen von endlicher Schwingungsweite. Abhandl. k. Ges. d. Wiss. Göttingen, Bd. 8. 1860; Werke, S. 145—164. ") Kibchhoff, Berl. Sitzungsber. 1882, S. 644; Wied. Ann. 18, S. 667; ges. Abhandl. Nachtrag S. 26.

'») Kibchhoff, Mechanik, 23. Vorl. § 3. ^) Poisson, M^m. de l'Insitut III, S. 121. 1820. ^*) Kibchhoff, Beri. Sitzungsber. 1882, S. 641, § 2; Wied. Annalen 18, S. 663, 1883; ges. Abhandl. Nachtrag S. 22. '^ Voigt, Elemen- tare Mechanik, S. 439—441. '•) W. Thomson, Natural philosophy 1883, §§ 730, 731. '0 Beth, Nuovo Cimento (2) VII, S. 89. (Teoria dell* elasticiti § 6). 1872. ^») Cbbbuti, Mem. R. Acad. d, Line. (3) XIII, S. 81. 1881/82. Boüs- siNESQ, Application des potentiels etc. Chap. in u. IV. ^') Cebbuti, Bend. Acad. d. Line. (4) 11, S. 461, 586. 1886. ^) Voigt, Theoret. Studien über d. Elasticitfttsverhaltnisse d. Kryst S. 52—79. Abhandl. Ges. d. WLbs. Göttingen 34. 1887. •*) Saint- Vbnant, Memoire sur la torsion des prismes etc., M^m. sav. Strang., Chap. HI, § 33, T. XIV, S. 291—99. Paris 1856. ««) Kibchhoff, Mechanik, 28. Vorl., § 5, S. 422. ») Kibchhoff, 1. c. § 7. •*) Poisson,

494 Litteraiur xum IL TßiL

M^m. sur T^uilibre et le mouvement des corps ^lastiques § IV. M^m. Acad. Paris VIII, 1829. Trait^ de m^canique, Livre IV, Chap. 8, § 5. ") Voigt, Wied. Ann. 16, S. 404. 1882. ") Voigt, Theoret Studien üb. d. Elasticitäts- Verhältnisse der Krystalle, S. 52. Abhandl. Ges. d. Wiss. Göttingen 34, 1887. ®^) Boü88iNE8(i, Application des poteutiels, Note II, § 1. ^ Bovssixesq, 1. c. Note n, § 8. Nr. 17. «*0 Boussikesq, 1. c. Note II, § 8. Nr. 20. ^) KiBCHHOPP, Mechanik, 29. Vorl. § 7, S. 445. »^ Pockels, Über die part Differentialgleichung Af* + A;'f* 0. Leipzig 1891, S. 36. •■) Kibchhopt, Mechanik, 30. Vorl., § 8, S. 459. •») Kirchhopp, 1. c. § 4, S. 460. •*) Kirch- uopp, Crelle's Joum. 40, 1850, § 4. Voigt, Nachr. Ges. d. Wiss. Göttingen 1893 Nr. 6. »») Kirchhopp, 1. c. § 5, S. 465.

V. Kapitel. ••) Maxwell, .Constitution of bodies, EncycL Brit VI, S. 313. 1877; Scientific papers II, S. 623. •') Boltzmann, Pogg. Annalen, Erg.-Bd. 7, S. 629—30. 1876. •«) Wiechert, Über elastische Naihwirkung, Königsberg 1889; Wied. Ann. 60, S. 335. 1893. »») Voigt, Wied. Ann. 43, S. 414—420. 1891. ^^) Stores, Transact Cambridge phil. soc. VIII, P. III, S. 297. 1847. "*) Voigt, Über die innere Beibung der festen Korper, § 2. Abhandl. Ges. d. Wiss. Göttingen, Bd. 36, 1889. »<>«) F. Neumann, Pogg. Ann. 26, S. 418, § 3. 1832. "») Voigt, Wied. Ann. 23, S. 109, 1884. *^) C. Neumann, Theorie der magnetischen Drehung der Polarisationsebene des Lichtes. § 8. Halle 1863. »«») Volkmann, Wied. Ann. 36, S. 354—360. 1888. Voigt, Wied. Ann. 43, S. 423. 1890. *^) Kirchhopp, Abhandl. d. Berliner Akad. 1876, S. 73; ges. Abhandl. S. 366. Voigt, Wied. Ann. 43, S. 410, Ab- schnitt II u. IV. »«0 Voigt, 1. c. Abschn. III. >««) Kirchhopp, 1. c S. 74 —75 bezw. S. 366-67. "») Voigt, 1. c. Abschn. I. »") Voigt, Wied. Ann. 62, S. 665. 1894. "») Hertz, Wied. Ann. 40, S. 577, 1890.

IIL Teil, Wärmelehre.

L Kapitel.

Thermiscli-nieclianisclie Umsetzungen.

§ 1. Onmddeflnitionen. Die erste Hauptgleichnng der meohaniBchen

Wäimetheorie.

Die Beobachtung, welche der ganzen Wärmelehre zur Grundlage dient, ist die Wahrnehmung unseres Temperatursinnes, daß ver- schiedene Körper sich im allgemeinen in verschiedenen Wärme- zuständen befinden, oder, wie man sagt, verschiedene Temperaturen besitzen, und daß mit den Änderungen der Temperaturen Ver- änderungen in dem sonstigen Verhalten der Körper zusammenhängen.

Um den Wärmezustand eines Körpers konstant zu erhalten, muß man ihn durch Hüllen aus Substanzen, welche für Wärme in jeder Weise undurchdringlich sind, adiathermane Nichtleiter, von anderen Körpern trennen, ein Prozess, der in Wirklichkeit nur angenähert möglich ist, den wir aber zum Zwecke der Feststellung fundamentaler Definitionen voUkpmmen realisiert denken dürfen.

Bringt man innerhalb einer solchen Hülle zwei verschiedene Körper zur Berührung, so verändern sie im allgemeinen ihren Wärme- zustand und nehmen schließlich einen konstanten neuen Zustand an, von welchem wir aussagen, daß in ihm Temperaturgleichgewicht herrscht, oder daß beide Körper gleiche Temperatur besitzen. Der- selbe Vorgang tritt ein, wenn wir mehrere beliebig temperierte Körper in dieselbe isolierende Hülle bringen.

Auf diesem Vorgang und der darangeknüpften Festsetzung be- ruhen die gewöhnlichen Methoden der Temperaturmessung, bei denen als Maß der Temperatur eines Körpers gewisse erfahrungsmäßig vom Wärmezustande abhängige Eigenschaften eines mit ihm in Temperatur-

496 IIL 2bt/. WärmelehrB, L Kap.

gleichgewicht gelangten Normalkörpers oder Thermometers benutzt werden.

Sind die Normalkörper feste, so wird ihre Länge, sind sie flüssige, so ihr Volumen, sind sie gasförmig, so der yon ihnen auf das sie einschließende Oefäß ausgeübte Druck als Maß der Temperatur r benutzt, indem man die Änderungen der ersteren Größen denen der letzteren proportional setzt

Indessen geben verschiedene Normalkörper, nach dieser Kegel benutzt und durch Anwendung auf dieselben zwei Normaltempera- turen graduiert, im allgemeinen verschiedene Temperaturangaben; nur die Gase liefern stets nahezu, und je weiter ihr Zustand von ihrem Kondensationspunkt entfernt liegt, d. h. je verdünnter und je wärmer sie sind, um so genauer übereinstimmende Skalen. Daher ist man übereingekommen, Gase, die sich in diesem sogenannten idealen Zustande befinden, als Normalkörper für die Festlegung einer Temperaturskala zu benutzen, so daß man also, indem man den Druck, welchen ein in einem unveränderlichen Volumen ein- geschlossenes ideales Gas ausübt, mit P bezeichnet, zu setzen hat

P= a + br.

Die Konstanten a und b werden durch zwei willkürlich als 0 und 100 festgesetzte Temperaturgrade Schmelzpunkt und Siede- punkt des Wassers unter 76 cm Quecksilberdruck im Meeresniveau auf 45^ Breite bestimmt, so daß also durch die Beobachtungen der zugehörigen Drucke P^^undP^Q^ das Thermometer vollständig graduiert ist. Es gilt nämlich:

oder

Die vorstehende Definition der Temperatur läßt scheinbar im Stiche, wenn es sich um Körper mit zeitlich und räumlich variabler Temperatur handelt Hier muß man sich ein Volumenelement des betrachteten Körpers in äußere und innere Euhe versetzt^ mit einer isolierenden Hülle umgeben, aus dem Zusammenhang der übrigen getrennt und mit dem Thermometer in Berührung gebracht denken; ist die Temperatur des letzteren der des Volumenelementes gleich, so verharren beide im Wärmegleichgewicht. Dieser Prozeß ist prak- tisch nicht ausfuhrbar, kann aber zur Definition ebensowohl heran- gezogen werden, wie ähnliche in anderen Gebieten der Physik.

§ 1. Kalorische und mechanische Einwirkungen. 497

Die Temperatur t eines Körpers betrachten wir als eine neue Fundamentalgröße und setzen ihre Dimension

M = «;

sie als reine Zahl zu führen, wie mitunter geschieht, empfiehlt sich wegen daraus folgender Mißstände nicht

Um die Temperatur eines Körpers zu ändern, ist das ein- fachste Mittel, ihn mit einem kälteren oder einem wärmeren Körper in Berührung zu bringen, wodurch, wie man sagt, ein Wärmeübergang von dem wärmeren nach dem kälteren eingeleitet wird. Die Quantität der übergegangenen Wärme beurteilt man nach der Wirkung, d. h. der Temperaturänderung, die sie hervorbringt. Als Wärmeeinheit kann man dabei, so lange es sich nur um thermische Vorgänge handelt, eine ganz belieljige Wärmemenge wählen und auch deren Dimension willkürlich lassen, also die Wärmemenge als neue Funda- mentalgröße betrachten. In der theoretischen Physik dient als W^ärmeeinheit die Grammkalorie, d. h. diejenige Wärmemenge, die bei Ausschluß aller anderen Einwirkungen erforderlich ist, um 1 g Wasser unter Atmosphärendruck von 0^ auf l^C. zu erwärmen; in der Technik die (Kilogramm-) Kalorie, welche sich ebenso auf das Kilogramm bezieht, und mitunter für 15^ statt für 0^ definiert wird.

Diese Einheiten sind theoretisch nicht sehr glücklich gewählt, weil sie zur Definition den Begriff der Temperatureinheit voraus- setzen, sie sind aber praktisch sehr bequem. So geschieht es, daß, obwohl eine absolute Einheit der Wärme vorhanden und im Ge- brauch ist, die Kalorie mehr, als irgend eine andere spezielle Ein- heit, noch neben der absoluten benutzt wird. Wir wollen Wärme- mengen, die in Kalorien ausgedrückt sind, durch den Buchstaben ^, ihre Dimension durch w bezeichnen.

Eine zweite besonders einfache Art, die Temperatur eines Körpers zu (erhöhen, ist die, daß man auf ihn gar nicht kalorisch, sondern nur mechanisch einwirkt, ihn z. B. komprimiert oder seine Teile gegeneinander reibt. Dieselbe wird in Praxi bald absichtlich aus- geübt, wie bei den angeführten Beispielen, bald stellt sie sich als Begleitung ausgeübter kalorischer Wirkungen infolge der veränderten Temperatur von selbst ein und ist nur durch besondere Kunstgriffe zu verhindern.

Die Beobachtung hat gezeigt, daß, wenn diese mechanische Ein- wirkung nur zur Erhöhung der Temperatur dient, also z. B. dem betrachteten Körper keinerlei Geschwindigkeit erteilt, die zugeflihrte Arbeit ^ hinsichtlich der bewirkten Temperaturänderung jederzeit

Voigt, TheoretiBche Physik. 32

498 IIL Teü, Wärmelehre. L Kap.

mit einer ihr proportionalen Wärmemenge W äquivalent ist, so daß

1) ^ = « r.

Der Proportionalitätsfaktor % der numerisch gegeben ist durch die Arbeitsmenge, welche mit der Wärmeeinheit, also z. B. mit einer Grammkalorie, äquivalent ist, hat nach vielfachen und genauen Messungen für alle benutzten Körper und für jede Art mechanischer Arbeit denselben Wert und heißt das mechanische Wärme- äquivalent Seine Bestimmung nach einer Reihe von sehr ver- schiedenen Methoden und der dadurch erbrachte Nachweis seiner Unabhängigkeit von der Art und Weise der Arbeitszufährung ist hauptsächlich von Joule geliefert. ^) Für die Dimension von Ä gilt

Der aus den zuverlässigsten Beobachtungen geschlossene Zahlen- wert von St ist im [cm sec g] System bei Voraussetzung von Gramm- kalorien

« = 4,22.10%

bei Voraussetzung von Kilogrammkalorien und der technischen Arbeits- einheit aber 91 = 430.

Diese Resultate legen eine andere Wärmeeinheit nahe, als die oben benutzte, welche von der Temperatureinheit unabhängig ist und demzufolge theoretisch den Vorzug verdient, nämlich die Wärme- menge, die mit der Arbeitseinheit äquivalent ist; dieselbe ist dar- gestellt durch n /r=l/9l,

sie ist also der 4,22 .10^ Teil von einer Grammkalorie.

Der Zahlwert einer in dieser Einheit angegebenen Wärmemenge mag mit il bezeichnet werden, dann ist

1'") ß = 91 IV und [ß] ^ TW ? ^-2. _

Hält man zusammen, daß nach §*6 des ersten Teiles bei rein mechanischen Einwirkungen und bei rein mechanischer Energie, wio sie durch die kinetische Energie der sichtbaren Bewegung und die potentielle Energie der Wechselwirkung zwischen allen Volumenelemen- ten bestimmt ist, der Zuwachs dE der Energie eines körperlichen Systemes der zugeflihrten Arbeit (VA gleich ist, daß aber zugeftlhrte Arbeit nach dem eben Gesagten noch eine andere Wirkung üben kann. als eine Vergrößerung dieser rein mechanischen oder sichtbsui^n Energie, nämlich eine Steigerung der Temperatur, so wird man zu- nächst zu dem Schluß geführt, daß eine Temperaturerhöhung ebenfalls eine Energievermehrung repräsentiert, daß also neben der äußeren

§ 1. Erste Bauptgleickimg, 499

sichtbaren oder mechanischen noch eine unsichtbare oder thermische Energie in einem jeden körperlichen System in Betracht zu ziehen ist

So gelangt man zu der Erweiterung der Energiegleichung (48) des ersten Teiles in

die auf ganz andere Weise bereits S. 42 plausibel gemacht ist.

Nimmt man noch hinzu, daß bezüglich der Vermehrung dieser inneren Energie auch eine Wärmemenge statt einer Arbeit wirksam sein kann, so erscheint eine zweite Erweiterung wahrscheinlich durch ZufÜgung der etwa zugefiihrten Wärme in mechanischem Maße rf'fl auf der rechten Seite der Gleichung, welche dadurch die Form an- nimmt *)

rf£*= d£.+ dE^^ d'A + rf'fl. 2)

Diese Oleichung, welche wir als hypothetische Erweiterung der früher abgeleiteten Formel der Mechanik betrachten, sagt aus, daß, wenn einem System Wärme und Arbeit zugeführt wird, und zugleich ein Austausch von innerer und äußerer Energie stattfindet, die Änderung der Gesamtenergie stets gleich der Summe aller gemachten Auf- wendungen ist Man bezeichnet sie wohl als die erste Haupt- gleichung der mechanischen Wärmetheorie.

Sie darf aber nicht etwa in dem Sinne aufgefaßt werden, als ob die in ihr angedeuteten und in Zusammenhang gebrachten Um- setzungen stets im ganzen Umfang physikalisch möglich wären; als ob wir beispielsweise, wenn wir d^A + d^i2 = 0, also die Summe der äußeren Einwirkungen verschwindend nehmen, beliebig viel der inneren Energie in äußere überführen könnten; oder als ob, wenn wir dE^+ dE^= 0, also den Anfangs- und Endzustand gleichwertig annehmen, es möglich wäre, beliebige zugeführte Wärme d'i} als Arbeit d^A wieder zu gewinnen. Die Formel spricht nur eine Be- ziehung aus, die, wenn alle vier Änderungen dE^, ^^o» ^-^ ^^^ d'ii möglich sind, jederzeit erfüllt sein muß.

Bei den Problemen der Wärmelehre ist häufig eine andere Zer- legung der Energie von Nutzen, als die im vorstehenden eingeführte E = E.+ E^j nämlich die durch Absonderung der lebendigen Kraft V der sichtbaren Bewegung erhaltene E = E^+ W. Hier kann £*', da femwirkende Kräfte im allgemeinen ausgeschlossen sein werden, in einem anderen Sinne als die innere Energie des Systems be- zeichnet werden. Gleichung (2) nimmt dadurch die Gestalt an

dE + dW=:^d'A + d'il. 2')

32*

500 III. mi, Wärmelehre. L Kap.

In unserer Grundformel (2) ist E eine Funktion nur des augen- blicklichen Zustandes, dE ihre Änderung in einem beliebigen Zeit- raum; cVA und d^Sl sind aber keine Differentiale, sondern nur will- kürlich gegebene, unendlich kleine Beträge von Wärme und Arbeit Dies hat zur Folge, daß angewandt auf den Übergang zwischen zwei verschiedenen Zuständen (1) und (2) die obige Formel ergiebt

(2) (2)

T) £,- E^^Jd'A + Jd'ü =^A,, + ß,„

(1) (1)

wo die Werte der Integrale rechts von dem Integrationsweg, d, h. den zwischen (1) und (2) passierten Zwischenzuständen, abhängen, ^j, und ßjj aber Abkürzungen bezeichnen, die auch weiter in gleicher Bedeutung benutzt werden sollen.

Ist speziell der Anfangs- und Endzustand der gleiche, die Ver- änderung ein sogenannter Kreisprozeß, so folgt hieraus

n 0 = (.^ + (ß) ,

worin die Klammer () die bei dem Kreisprozeß im ganzen zu- geführten Beträge andeutet Bei einem Kreisprozeß ist also die er- forderliche Arbeit und die erforderliche Wärme für sich je von Null verschieden, ihre Summe aber verschwindet

Es mag im voraus darauf hingewiesen werden, daß, weil d'*u4 und d^ii positiv oder negativ sein können, {A) und (fl) keineswegs die ganzen in Bewegung gesetzten Beträge bedeuten, sondern nur die Differenzen der zu- und der abgeführten Mengen. Dies ist ins- besondere von Bedeutung bei der zugefuhrten Wärme (fl), die wir nach S. 497 geeignet temperierten Wärmereservoiren entnommen denken müssen; dieselbe wird bei ganz verschiedenen Temperaturen zu- und abgeführt werden, und es ist daher ersichtlich, daß am Schluß des Kreisprozesses zwar das, wie man sagt, arbeitende System, nämlich der Körper, der den Kreisprozeß durchläuft, und auch das Arbeitsreservoir, aus dem (A) bestritten wird, wieder in den Anfangszustand zurückgeführt ist, nicht aber die beteiligten Wärmereservoire.

§ 2. Allgemeine Bestimmung des zu vorgeschriebenen Zustands-

ändenmgen erforderlichen Aufwandes von Arbeit und Warme. Die

zweite Hauptgleichung der mechanischen Wärmetheorie.

Während im vorigen Abschnitt d^A und d^£i imendlich kleine, aber willkürlich zu wälilende Beträge von zuzuführender Arbeit und

§ 2. Zugefährie Arbeit 501

Wärme bezeichneten, sollen dieselben jetzt nicht mehr als direkt gegeben betrachtet, sondern aus der durch sie zu bewirkenden Zustandsänderung des gegebenen Körpers berechnet werden.

Der Zustand des in Ruhe befindlichen homogenen Körpers sei durch eine Anzahl von n unabhängigen Variabebi a, b, c , , , bestimmt, eine Zustandsänderung ist dann durch ein System von Variationen

düj dbj de . , ,

dargestellt, und es ist die Aufgabe, d*^ und rf'fl als Funktionen dieser Größen zu finden.

Die Zustandsänderungen teilt man in zwei Klassen: umkehr- bare und nicht umkehrbare, je nachdem man sie in den beiden, durch entgegengesetzt gleiche Werte der Variationen da, db, de,,.. gegebenen Eichtungen unter entgegengesetzt gleichen Aufwendungen von Arbeit und Wärme bewirken kann oder nicht. Zu den um- kehrbaren gehören unter anderen die isothermischen Deformationen vollkommen elastischer Körper, die erhalten werden, wenn man den Kör- per in Berührung mit einem unendlichen Wärmereservoir von gleicher Temperatur unendlich langsam anwachsenden äußereren Kräften aussetzt Zu den nicht umkehrbaren gehören u. a. die mechanischen Vorgänge, bei welchen durch Reibungskräfte Arbeit in Wärme über- geführt wird.

Da rf'^ und rf'fl Funktionen der unendlich kleinen Variationen da, db, de, . . . sind, so kann man durch Entwickelung bilden

d'A ^ A^da+u4j^db + ui^dc + . . .,]

d'n== n^da+ i2j^db+ QJe + ...;] ^^

bei umkehrbaren Zustandsänderungen sind dann die A^,*.. ß«,.. nur Funktionen und zwar naturgemäß eindeutige der Ausgangs- werte a, b, e . . ., welche als solche zu bestimmen unsere Aufgabe ist. Die Anzahl der Variabein a, b, c . . . ist je nach der Natur des betrachteten Körpers verschieden. Für eine homogene gasförmige oder tropfbare Flüssigkeit braucht man zur Festlegung des Zustandes nur zwei Variabein, etwa das Volumen, welches die Flüssigkeit ein- nimmt, und die Temperatur, welche sie besitzt; flir homogene feste Körper bedarf man deren im allgemeinsten Falle sieben, nämlich außer der Temperatur etwa die sechs Deformationsgrößen, die, wenn der Körper homogen deformiert sein soll, in seiner ganzen Ausdehnung konstant sein müssen. Bei besonderer Form des festen Körpers und bei beson- derer Verteilung der äußeren Einwirkungen genügt auch wohl eine kleinere Anzahl.

502 IIl. Teil. Wärmelehre. I. Kap.

Der Wert der Arbeit d^^ berechnet sich in allen Fällen voll- ständig nach der S. 40 gegebenen Definition

f d'ui = 2 (X, dx, + r, rfy, + Z,dz^

' \ =:SK,ds,coH{K,ds,);

er nimmt z. B. für einen kontinuierlichen Körper den Wert an

[ d'^ = J dk{r dx + r dy + Z' dz)

3") { .

I +Jdo{X„dx+r;dy + Z„dz),

worin X*, P, Z^ die Komponenten der auf die Volumeneinheit be- zogenen körperlichen Kräfte, X^, Y^, Z^ die Komponenten der auf die Flächeneinheit bezogenen Oberflächendrucke und x, y, z die Ko- ordinaten ihrer Angriffspunkte bedeuten.

Für eine im Gleichgewicht befindliche Flüssigkeit reduziert sich dieser Ausdruck bei verschwindenden X\ T ZP^ da hier nur eine normal wirkende Druckkraft P von überall konstanter Größe übrig bleibt, wie schon auf S. 238 benutzt, auf

3"') d'A ^ -PdF,

worin d V die die Zustandsänderung begleitende Volumenvergrößerung bezeichnet.

Der zu einer gegebenen Zustandsänderung aufzuwendende Wärmebetrag rf'fl läßt sich allgemein nicht ebenso vollständig angeben; doch gelingt es ohne irgend eine Voraussetzung über die Natur des betrachteten Körpers immerhin, ganz allgemein die ana- lytische Form zu finden, in welcher sich d^Q, darstellen muß.

Zur Erreichung dieses Zieles ist eine Vorbereitung nötig.

Ist der Zustand des betrachteten Körpers von n Variabein ab- hängig, die man bequem als die Koordinaten eines Punktes in einem n dimensionalen Räume auffassen kann, so ergiebt^ da die Energie eine Funktion dieser Variabein ist, die aus der Gleichung (2') für <f' ß = 0 und d^=0 hervorgehende Formel

dB' = d'A die Differentialgleichung einer einfach unendlichen Schar räumUcher Gebilde von (n 1) Dimensionen, die wir kurz Flächen nennen wollen. Ihr Integral sei 4) f{aj Ä, c . . .) = <ö,

und o> bezeichne den Parameter dieser Schar.

Jede dieser Flächen ist der geometrische Ort aller derjenigen Zustände, die man von einem auf ihr liegenden Anfangszustand ohne thermische, durch alleinige mechanische Einwirkung erreichen kann:

§ 2, Zugeführte Wärme, 503

man nennt sie kalorische oder adiabatische Flächen. Ist der Zustand des Körpers durch nur zwei Variabein bestimmt, so wird der oben betrachtete Raum von n Dimensionen zu einer Ebene; die kalorischen Flächen verwandeln sich in kalorische Kurven.

Drückt man nun einen beliebigen Anfangszustand durch n neue voneinander unabhängige Koordinaten aus, unter denen auch co ist, z. B. durch

(p (a, bj Cj . , .), xp[a, b, Cj . . .)j . . . a> (o, &, c . . .),

und demgemäß eine Zustandsänderung durch die n Differentiale

dtp, dxfj, . . . dü)y

so muß sich nach (3) die zu dieser Änderung aufzuwendende Wärme- menge d^ii als Funktion von d(p, drp, , . , don schreiben lassen:

d'i2 = n^d(p + Ily^d^ß + . . . n^ dm. AT)

Hierin muß aber, da bei verschwindendem doa die Veränderung auf

einer kalorischen Fläche liegt, d^ü mit dco verschwinden; d. h., es

müssen alle 11^ mit Ausnahme des letzten gleich Null sein, so daß

resultiert

d'i2=ndo), 4")

worin 77, der Kürze halber für 77^, gesetzt, eine Funktion der n Variabein qp, i/;, . . . tu ist, die ohne Beschränkung der Allgemein- heit als stets positiv betrachtet werden kann.

Dies ist die Form, in der man allgemein d^ ii darstellen kann; in welcher Weise die Funktionen 77 und od von den direkt gegebenen Variabein abhängen, ist in jedem einzelnen Falle aufzusuchen. Die erste dieser beiden Aufgaben läßt sich aber ganz allgemein noch eine Strecke weit durchführen.

Außer den kalorischen Flächen

ü) = Const.

sind hierfür noch die Temperaturiiächen

r = Const. von Nutzen.

Wenn nämlich die Variabein a, &, c, . . . den Zustand eines homo- genen Körpers vollständig angeben, so müssen sie auch seine Tem- peratur eindeutig bestimmen, und daraus folgt, daß durch konstantes t ein geometrischer Ort, eine Fläche im n-dimensionalen Räume, eine Kurve in der Ebene, gegeben ist Wir können also auch r als eine der neu eingeführten Unabhängigen (p, i/v . . . betrachten.

Von allen Veränderungen sind nun diejenigen die wichtigsten, welche ganz auf Temperatur- oder ganz auf kalorischen Flächen

504 IlL Teil. Wärmelehre, L Kap,

verlaufen; solche sind auch praktisch in ziemlicher Annäherung zi erhalten, indem man den zu ändernden Körper mit einem sekr großen Wärmereservoir von konstanter Temperatur in Berühnng erhält oder mit nicht für die Wärme durchlässigen Hüllen umgfebt und das eine, wie das andere Mal mechanisch auf ihn einwirkt

Kreisprozesse, welche aus zwei auf verschiedenen kalorüschen und zwei auf verschiedenen isothermischen Flächen liegenden Wegen zusammengesetzt sind, heißen CARNOT'sche Kreisprozesse^; sind die Parameter dieser Flächen resp. r^, Zg und ot^, (o^, wobei r, > Tj und cöj > (öj gesetzt sein mag, so ist ein CARNOT'scher Kreisprozeß durch ein Kurvenviereck mit den festgelegten Eckpunkten auf den Kurven (tj, (o^), (r^, cj^), (r,, ro^), (r^, (o^) charakterisiert, welche mit 1), 2), 3), 4) bezeichnet werden mögen.

Es ist dann bei einem Umlauf im Sinne wachsender Zahlen die für jede Seite des Kurven Vierecks aufzuwendende Wärme ge- geben durch

CO,

5)

worin der Zusatz r = r^ resp. r = Tg den Integrationsweg zwar nicht erschöpfend, aber doch für das Verständnis ausreichend charak- terisiert; ferner ist nach (2") und (2'")

5') (ß) = fl„ + ß,, = /(/7(x = r.) - i7„ = ,.,) dcj

und

5") (ß) + (^ = 0.

Hieraus folgt, daß, wenn die Klammer in dem Integral (5') positiv ist, der Kreisprozeß Wärme in Arbeit verwandelt, wenn negaüV. Arbeit in Wärme; bei entgegengesetzter Umlaufung findet das Um- gekehrte statt.

Mittels zweier Wärmereservoire kann man mehrere beliebige Körper gleichzeitig CARNox'sche Kreisprozesse durchlaufen lassen, deren adiabatische Strecken ganz beliebig sind, während die iso- thermischen gleichen Temperaturen, z. B. r^ und r^, entsprechen müssen. Wir wollen zunächst annehmen, daß alle diese Kreispro- zesse umkehrbar, d. h. in beiden Richtungen ausführbar sind.

Seien nur zwei arbeitende Körper ä' und k" vorhanden und für beide die dem obigen (o^ ro^ entsprechenden Änderungen der

§ Camofsehe Kreisprozesse, 505

Parameter w' und w" unendlich klein, resp. gleich dw' und da)'\ 80 wird nach dem Vorsteheaden die während der durch da)' und da/' charakterisierten Veränderungen von ihnen aus dem höheren und tieferen Reservoir aufgenommene Wärme resp. sein

diii' = n[da}', d[ii'' = zr; do)

;l

•6)

wohei ohne Beschränkung der Allgemeinheit sämtliche /7 > 0 ge- nommen werden können.

Läßt man nun k' hei der höheren Temperatur Wärme auf- nehmen, Ä" bei der tieferen, so ist bei n- maligem, resp. n"- maligem Umlauf der Kreise die Summe aller zugeführten Wärmemengen aus dem oberen Reservoir

aus dem unteren i 6')

din = - n'n[da)'+ n"n{'da)", )

also die Gesamtsumme

(ß) = n'(/7^ - /Z;) rfco' - »" (77^' - n[') d(o". 7)

Unter Rücksicht auf die Gleichung (2'") folgt hieraus die ganze zugeflihrte Arbeit

(^ = - (fl) = - n' (77^ - 770 ^«>' + «" (^2' - ^1') ^ß^"- '^0

Bei umgekehrter Richtung der Umlaufung beider Kreisprozesse kehren alle fl und ^ die Vorzeichen um.

Diese Formeln können zur Auffindung einer allgemeinen Eigenschaft der Funktionen 77 benutzt werden durch Einführung der von Claüsius*) aus der Erfahrung, daß Wärme von selbst jeder- zeit vom wärmeren zum kälteren Körper übergeht, abgeleiteten fun dameutalen Hypothese, daß es nicht möglich ist, durch irgend einen Kreisprozeß ohne Arbeitsaufwand Wärme von einem niedriger temperierten Reservoir nach einem höher tem- perierten überzuführen. Denn wenn durch geeignet gewählte Werte von n und n" (^ zu Null gemacht wird, soll hiemach sowohl bei der ersten, wie bei der zweiten Richtung des Umlaufs rf^ ß ^ 0, also dlQ^O sein, was nur möglich ist, wenn beide Größen gleich Null sind, d. h., wenn gilt

n'n'^dfü'=n''n;;dfü'',\

7fL n[ d(ü = n' JJ'^ da)'\ daraus ergiebt sich

8)

506 ///. TeiL Wärmelehre. L Kap.

n\ "" n'{ '

oder ausführlicher geschrieben, um die in jedem Ausdrucke statte findenden Werte der Argumente (p, ip,'*. r, (o hervortreten zu lassen,

^,. jg'(y;, ya, . . .Tj^üO ^ II" (q)'i, rff'j, . , . u,ia")

Hieraus folgt aber notwendig, daß die Funktionen 11 die Form haben müssen eines Produktes aus einer universellen Funktion der Temperatur, die mit T bezeichnet werden mag, und einer der Substanz individuellen Funktion von o), die n heißen mag, so daß also

8") /7'=r^'(«'), /7"= T;i"(ö>")

wird. Setzt man dieses Resultat in die Beziehung d'Sl ^ Ildo} ein, so erhält man

9) d'fl= Tn[Gi)d(a,

worin n{po)d(ü als ein vollständiges Differential in dH abgekürzt werden mag. Es ist dann H eine Funktion, die konstant ist, wenn (o sich nicht ändert, und die also ebensowohl als Parameter der adiabatischen Flächen betrachtet werden kann, wie (o selbst

Sonach sind wir zu dem allgemein gültigen Besultat gelangt, daß

9') rf'fl = TdH

ist, d. h., daß die zu einer bestimmten, umkehrbaren Zustandsände- rung aufzuwendende Wärmemenge gegeben wird durch eine universelle Funktion der Temperatur, multipliziert in die Variation einer, jeder Substanz individuellen Funktion H der den augenblicklichen Zu- stand bestimmenden Variabeln, welche auf jeder kalorischen Fläche konstant ist

Die Gleichung (9) resp. (9') wird die zweite Hauptgleichung der mechanischen Wärmetheorie genannt*)

Integriert man die Gleichung (91) nach Division durch T über einen beliebigen umkehrbaren Kreisprozeß und bezeichnet die In- tegration über eine geschlossene Bahn hier und weiterhin durch Klammern um das Integralzeichen, so erhält man

9") (/)4^ = 0,

eine Formel, die sich der Formel (2'") für Kreisprozesse zuordnet Verläuft der Kreisprozeß durchaus auf derselben Temperatur- fläche, so ist die Funktion T konstant und nach (9") (ß) und somit auch {A) gleich Null.

§ 2. Zweite Hauptgleiehtmg, 507

Dies ergiebt den Satz, daß die durch einen umkehrbaren iso- thermen Kreisprozeß zu gewinnende Arbeit stets gleich Null ist.

Die oben eingeführte Funktion H nennt man die Entropie des betrachteten Körpers im augenblicklichen Zustand®), die vorläufig noch unbekannte Funktion Tder Temperatur r die CABNOT*sche Funktion.

Letztere steht in enger Beziehung zu dem CARNOT'schen Satz über das Verhältnis der bei einem CABNOx'schen Kreisprozeß in Arbeit umgewandelten zu der überhaupt in Bewegung gesetzten Wärmemenge, ein Verhältnis, welches man den Wirkungsgrad v des Prozesses nennt Verläuft der Kreisprozeß zwischen den Temperaturen Tj und Tg, wobei Tg > r^ sein möge, und zwischen den Entropien H^ und H^, wobei ^2 > ^i s®^ möge, so ist die aus dem Reservoir von der Temperatur r^ entnommene Wärmemenge nach (9')

die an das Reservoir von der Temperatur r^ abgegebene

die in Arbeit umgesetzte also

(fl) = fl, - ß, = (r, - T,){H, - H,), wofür man wegen (2'") auch schreiben kann

(ß) = - (^ = fl, ^«^ = ß, ^i^' . 9'")

Hieraus folgt für die Größe des Wirkungsgrades

Diese Gleichung spricht den CAENOT'schen Satz aus, wonach der Wirkungsgrad eines CAENOT'schen Prozesses nicht von der arbeitenden Substanz, sondern nur von den Temperaturen abhängt, zwischen denen er verläuft.^)

Die ganze vorstehende Entwickelung ruht auf der Annahme, daß die beiden auf S. 504 eingeführten und kombinierten Kreis- prozesse in beiden Richtungen ausführbar sind. Indessen ist schon früher bemerkt, daß es Zustandsänderungen giebt, die eine Umkeh- rung nicht gestatten.

Enthält einer der beiden S. 505 benutzten Kreisprozesse einen Teil von diesem Charakter, so führt die dort angestellte Betraclitung, statt auf die Gleichungen (8), auf die Ungleichung

während aus (^ = 0 sich wie früher

508 ///. Ibü. Wärmelehre. L Kap.

ergiebt Hieraus folgt also

i?; //;' '

oder

Ist der Kreisprozeß Q umkehrbar, so gilt für ihn nach (8")

man erhält also

oder nach (6) auch 10)

TT// rp

T, - T,

Diese Ungleichung gewinnt erst dann an Wert, wenn man weiß, ob der nicht umkehrbare Kreisprozeß, den wir weiterhin ohne den Index (") lassen wollen, Wärme in Arbeit oder Arbeit in Wärme verwandelt Gewöhnlich nimmt man als Eesultat der Erfahrung an, daß alle nicht umkehrbaren Kreisprozesse das letztere leisten. In diesem Falle würde also (— rf^fl) die aus dem oberen, (+ djß) die aus dem unteren Reservoir entnommene Wärmemenge sein, und die Ungleichung (10) in der Form

10') ^^ + ^^0

aussagen, daß bei dem nicht umkehrbaren CABNOT'schen Prozeß die Summe der aufgenommenen Wärmen durch den entsprechenden Wert der CABNOT*schen Funktion dividiert nicht notwendig gleich Null ist, sondern auch kleiner, als Null, sein kann.

Diese Gleichung läßt sich leicht auf einen beliebigen Kreis- prozeß erweitern; denn einen solchen kann man durch eine Zick- zackkurve ersetzen, deren Wegelemente abwechselnd adiabatisch und isothermisch sind, und zwar können die letzteren so gewählt werden, daß sie überall durch ein und dasselbe System adiabatischer Flächen begrenzt werden. In diesem Falle giebt es zu jedem isothermischen Linienelement ein zweites mit demselben do), das im Kreisprozeß in entgegengesetzter Richtung durchlaufen wird, und fiir beide gilt demgemäß die Ungleichung (10'). Summiert man dieselbe über den ganzen Kreisprozeß, und berücksichtigt, daß auf den adiabatischen Linienelementen Wärme nicht aufgenommen wird, so erhält man für denselben

§ 3, Spezifische und Beakiumstoärmen. 509

(/)-#^0, 10")

wo nun d^ ii in demselben Sinne, wie in Formel (9"), positiv ist, wenn eine Wärmezufuhr, negativ, wenn eine Wärmeentnahme für den Körper stattfindet, und das Integral alle auf dem Kreisprozeß stattfindenden Wärmezufuhren umfaßt®)

Der hier eingeschlagene Weg hat den Ubelstand, eine Eigen- schaft nicht umkehrbarer Kreisprozesse zu benutzen, die in deren Definition nicht liegt, sondern als Besultat der Beobachtung anzu- sehen ist Wir werden analoge und noch weitergehende Resultate später auf einem befriedigenderen Wege gewinnen.

§ 3. Spesiflflche und Beaktionswärmen.

Ehe wir in der Bestimmung des Wertes der zu einer gegebenen Zustandsänderung notwendigen Wärme d'fl weiter fortschreiten können, müssen wir den dazu nötigen Begriff der spezifischen Wärme erörtern.

Wenn ein homogener, gleich temperierter Körper von der Massel infolge der Zufuhrung der Quantität d' JF von Wärme in kalorischem Maße eine Temperaturänderung dr erfährt, so bezeichnet man das Verhältnis

als die spezifische Wärme der Substanz des Körpers bei dem beschriebenen Vorgang^). Dabei ist ersichtlich

[C] == 7D m-^ u-\ 11')

Da nun aber 9id^fr=:d^£2 die zugefugte Wärmemenge in ab- solutem Maße war, so stellt

die gleiche spezifische Wärme in absolutem Maße dar. Es gilt dafür

Die spezifische Wärme ist keineswegs, wie der Mame anzudeuten scheint, eine der Substanz des betrachteten Körpers allgemein oder auch nur in einem speziellen Zustande, d. h. für spezielle Werte der diesen bestimmenden Variabein, individuelle Konstante, sondern eine Funktion der Verhältnisse der Variationen, welche diese Variabein während der Zuführung der Wärmemenge d^i2, eventuell unter gleich- zeitiger mechanischer Einwirkung, erleiden.

510 ///. Tea, Wärmelehre. L Kap,

Man erkennt dies, wenn man der letzteren Formel unter Be- nutzung von (9) oder (9') die Gestalt giebt

-^^ „_ Tn{(o)d(o __ TdH

^ Mdx ^ Mdx

und sich erinnert, daß r und co voneinander unabhängig sind, also das Verhältnis dcofdr völlig unbestimmt ist, so lange nicht in den durch die ursprünglichen Variabein a, b, c . . , ausgedrückten Zu- wachsen

12')

dco = -^da + j-^db + ^dc+..

das Verhältnis

daidb: de: . . .

und damit die Richtung der gesamten, die Erwärmung begleitenden Zustandsänderung vorgeschrieben ist. Außerdem erfordert aber, wie gesagt, die Bestimmung von F noch die Festsetzung der Änfangs- werte a, b^ c , . ., von denen aus die Veränderung stattfindet

Dieselbe Betrachtung, wie an die Gleichung (12), kann man auch in für das Folgende noch geeigneterer Weise an die Formel 1 Q\ j^ du'- d'A

anknüpfen, die man aus (11") durch Einsetzen des Wertes von (ti2 gemäß (2') bei verschwindendem d W erhält In der That kann man 'unter Rücksicht darauf, daß d^^ kein vollständiges Differential ist, auch schreiben

und gelangt zu der gleichen Folgerung, wie oben.

Unter den unendlich vielen spezifischen Wärmen, die ein Körper in einem bestimmten Zustand besitzt, erwecken diejenigen ein be- sonderes Interesse, welche Zustandsänderungen entsprechen, bei denen alle Variabein a, ä, c . . . bis auf eine konstant bleiben. Wir wollen dieselben durch einen oberen Index bezeichnen, welcher diejenige Variable enthält, die sich allein ändert

Sonach würde

da da

die spezifische Wärme bei konstantem &, c, . . . bezeichnen, und man

§ 3, Spexd fische und Reaktionstcärmen, 511

und

kann unter Bücksicht hierauf den allgemeinen Wert (12) auch schreiben

^ aa -{• VT" » ö + . . . da ob

Diese Resultate vereinfachen sich erheblich flir homogene Körper, welche, wie die meisten, mit denen man thermisch operiert, unter all- seitig gleichem Druck sich im Gleichgewicht befinden, also in ihrem Zustande durch nur zwei Unabhängige bestimmt sind. Wählt man für letztere Druck P und Volumen F, so wird aus Formel (13)

r=-^-^— 5l^-V- -15)

/^-J=^ = /;, /Tn=,iZ__^/;, 15-)

worin F^ und F^ neue, dem eingebürgerten Gebrauch entsprechende, im allgemeinen Falle aber nicht so praktische Bezeichnungen sind. Die allgemeine spezifische Wärme (14') nimmt die Form an

r^-^ «£ ._ 15")

äT'^^ + äp'*^

Die gewöhnlichen Beobachtungen über die Temperaturwirkung von Wärmeaufnahme oder -abgäbe finden in der Weise statt, daß sich die betreffenden Körper dauernd unter dem Atmosphärendruck befinden und ungehindert ausdehnen können; sie liefern also /^^J oder Fp, Die gewöhnlichste der angewandten Messungsmethoden ist die der Mischung, bei welcher die Menge der yon einem festen Körper während des Temperaturausgleiches an einen umgebenden flüssigen abgegebenen Wärme aus der Temperaturerhöhung geschlossen wird, welche dieser erfährt. Es gilt dabei das Gesetz

T t"

M fr^dr = M'fr;dr, 16)

in welchem die oberen Indices sich auf die beiden im Wärme- austausch befindlichen Körper beziehen, r', r", die resp. Anfangs- temperaturen und r die erreichte Mischungstemperatur bezeichnet.

512 III. Teil Wärmelehre. I. Kap.

Ist für die eine Substanz F^ als Funktion von r YöUig bekannt, so liefert diese Methode die mittlere spezifische Wärme des anderen Körpers innerhalb der benutzten Temperaturgrenzen, und, wenn man für diese betr. spezifische Wärme selbst einen Ansatz von der Form

einführt, bei geeigneter Veränderung der Grenztemperaturen auch die Zahlwerte der einzelnen Koeffizienten F^, F^, F^, . . .

Ijetztere sind im allgemeinen Funktionen des Druckes P, unter welchem der Körper bei der Temperaturänderung steht, ändern sich aber meist nur wenig mit P. Bei Gasen ist F^, als Funktion von V und T dargestellt, mit r nur mäßig, mit F aber anscheinend gar nicht veränderlich.^^)

^ F^ gestattet keine direkte Beobachtung, da in jedem Falle die Vorrichtungen, die erforderlich sind, um das Volumen des Körpers bei der . Erwärmung konstant zu erhalten, sich an dem Wärme- austausch so stark beteiligen, daß die Messungen unsicher werden.

Dagegen giebt es Hilfemittel, auf die wir im nächsten Para- graphen eingehen werden, um, wenigstens für Gase, mit ziemlicher Genauigkeit das Verhältnis

16") -^^ J-=.x

V V

zu bestimmen, wodurch also indirekt auch F^ geliefert wird.

Zahlreiche Beobachtungen haben gezeigt, daß x, und somit auch F^, ähnlich wie jT^, bei Gasen von der Temperatur nur wenig, vom Volumen aber anscheinend gar nicht abhängig ist ^^); eine Thatsache, die, wie sich zeigen wird, große theoretische Bedeutung besitzt

Es giebt für Körper der betrachteten Art Zustände, für welche bei konstantem Druck eine zugeführte Wärmemenge keine Temperatur- änderung bewirkt, F^ also = oo wird. Dies findet dann statt, wenn die Körper die dem vorhandenen Druck entsprechende Temperatur besitzen, bei welcher sie eine Umwandlung aus einer Modifikation (z. B. einem Aggregatzustande) in eine andere erleiden, und dem- gemäß beide Modifikationen nebeneinander im Gleichgewicht sind. Hier verliert C^ resp. P^ seinen Sinn, die zugefügte Wärme dient nicht mehr zur Temperaturerhöhung, sondern zur Umwandlung einer bestimmten Quantität dM der Substanz in die durch Wärmezufuhr entstehende zweite Modifikation.

Das Verhältnis

l7^ ^'^-/

*') dM - ^

§ 4, Wärmetheorie für ideale Oase. 513

heißt die spezifische Beaktioniswärme in kalorischem, das Verhältnis

diejenige in absolutem Maße; beide sind ersichtlich Funktionen des Druckes oder der mit ihm eindeutig verbundenen Reaktions- temperatur allein.^*) Ihre Dimensionalgleichungen lauten:

[2;] = M7m-i, [A\^Ptr\

In dem speziellen Falle, daß die Umwandlung den Übergang aus dem festen in den flüssigen oder aus dem flüssigen in den dampf- förmigen Zustand betrifft, heißt L resp. -^1 die spezifische Schmelz- wärme oder die spezifische Verdampfungswärme. Alle diese Größen werden uns weiterhin noch vielfach beschäftigen.

§ 4. Mechanische Wärmetheorie far ideale Oase. Bestimmung der

CASiroT'Bchen Funktion.

Da T eine universelle Funktion der Temperatur allein ist, so ist sie für alle Substanzen gefunden, wenn es gelingt, sie für eine zu bestimmen. Körper, für welche das Problem durchführbar ist, sind die sogenannten idealen Gase.

Unter einem idealen Gase versteht man in der Wärmelehre speziell eine gasförmige Flüssigkeit, welche die drei Eigenschaften besitzt:

1) Das BoYLE'sche Gesetz über den Zusammenhang zwischen Volumen V und Druck P zu befolgen;

2) die spezifische Wärme bei konstantem Druck F^ und

3) die spezifische Wärme bei konstantem Volumen F^ mit dem Volumen gar nicht, mit der Temperatur nur wenig zu ändern.

Die wirklichen Gase erfüllen diese Voraussetzungen nicht genau, aber um so strenger, je weiter entfernt sie sich vom Kondensations- punkt befinden; deshalb erscheint die Ann^me von Körpern, die ihnen völlig entsprechen, physikalisch unbedenklich.

Die erste Eigenschaft führt zusammen mit der auf S. 496 ge- gebenen Definition der Temperatur zu der Formel

-f-r=.^^M£, 18)

in der S eine für alle Gase gleiche Konstante, JB aber der ge- gebenen Gasart individuell ist; man nennt diese Gleichung, wie schon S. 56 erwähnt, das Gesetz von Boyle und Gay Lussac.

Weil bei der Temperatur r = J die idealen Gase in jedem Volumen den Druck Null auf die Gefaßwände ausüben und dement-

VoiOT, Theoretlflche Physik. 83

514 lU. T&il Wärmelehre, L Kap.

sprechend durch einen beliebig kleinen Druck auf ein unendlich kleines Volumen gebracht werden würden, so betrachtet man diese Temperatur als besonders geeignet zum Nullpunkt einer allgemeinen

Temperaturskala und nennt

S + t

die absolute Temperatur des Körpers, dessen Temperatur nach der CELSius'schen Skala r beträgt.

Der Zustand eines ruhenden Gases wird, wie schon S. 501 ge- sagt, durch nur zwei Unabhängige yollständig bestimmt, läßt sich also durch einen Punkt in einer Ebene repräsentieren, t = Const gesetzt definiert eine Kurve in dieser Ebene, co = Const oder JEZ"=ConsL eine andere; diese Temperatur- und kalorischen Kurven treten^ wie oben gesagt, an Stelle der im allgemeineren Falle betrachteten 1)- dimensionalen räumlichen Gebilde analogen Charakters. In der rP-Ebene sind die Temperaturkurven für ein ideales Gas nach (18) gleichseitige Hyperbeln, welche die Koordinatenaxen zu Asymptoten haben.

Um die zweite und dritte der für ideale Gase charakteristischen Eigenschaften zu verwerten, führen wir zunächst das spezielle Gesetz (18) für r, welches

IS') MB^==P, M£^=^r, MBdx^PdV+rdP

ergiebt, in die Gleichungen (15') für die spezifischen Wärmen F^ und r^ bei konstantem Druck und konstantem Volumen ein.

Wir erhalten so 18") T-^^^J-—- + ij, r^ = j___,

woraus nach leichten Reduktionen für dE^ der Wert folgt

19) rf^ = ^[(r^-r„-5)(* + r)^ + /;rfr].

Da hierin rechts ein vollständiges Differential stehen muß, so ergiebt sich, wenn, wie angenommen, für ideale Gase F^ und F^ vom Volu- men unabhängig sind, und wenn ein Unendlichwerden der Energie mit unendlichem Volumen ausgeschlossen wird, zunächst die Bedingung

190 -T, - /; = B,

Welche eine wichtige Beziehung zwischen der BoYLE'schen Konstante und den spezifischen Wärmen F^ und F^ darstellt Zugleich nimmt (19') die Form an 19") d£r=-MF^dr,

welche zeigt, daß die innere Energie eines idealen Gases eine f\ink- tion von dessen Temperatur allein ist. ^')

§ 4, Bestimmung der Camot* sehen Funktion, 515

Setzt man die erhaltenen Werte (3'"), (90 und (19") für d'A, (TSi und dF in die Energiegleichung (2^ und zugleich d W wie bis- her gleich Null, so erhält man

Mr^dr^ - Pdr+ TdH oder

dH^^[r^dT + B{S + T)^-y 20)

Da dieser Ausdruck ein yollständiges Differential sein muss, so be- stimmt sich hieraus bis auf einen konstanten Faktor, der nach (9') in die Funktion H hineingezogen werden kann,

T=S + T, 20')

wodurch die Gleichung (21) die Form annimmt

dH=Ml^r^^ + B^-y 20")

Die gesuchte universelle CABNOT*sche Funktion der Temperatur ist hiernach die absolute Temperatur selbst^*), für welche weiterhin nun auch der Buchstabe T beibehalten werden mag, so daß die Gleichung (9') ihre Form

d'n^TdH 21)

bewahrt; das BoYLE'sche Gesetz aber geschrieben werden kann:

F r= 1\ 21')

oder bei Einführung der Dichte () ^ M/F auch

P^BTq, 21")

BeschrSLnkt man sich, wie meist zulässig ist, auf solche Fälle, in denen man F^ als konstant betrachten kann^^), so folgt aus (19"), wenn man £^ f&r r = ^ gleich Null setzt,

E = Mr^ T 22)

aus (20"), indem man eine irrelevante Konstante unterdrückt,

H^M(rj(T) + £l{F)), 22')

oder nach (19') und wegen /^//^^ = x

H^Mrj[r—^T). 22")

Bei Absonderung einer anderen Konstanten erhält man nach (22') hierftlr auch

ir^Mrj{r'<P) oder ir'^MrjiT-iP^"^). 22"')

Diese Formeln liefern die Gleichung der kalorischen Kurven in den drei Gestalten

r«-ir=^o^ r^'/p^-i^^i, v-p^a^, 23)

worin die A^ Konstanten bezeichnen; die letzte Gleichung läßt er- kennen, daß diese Kurven eine den Temperaturkurven PV = Const.

33*

i

516 IIL Teil. Wärmelehre. L Kap,

ähnliche Gestalt besitzen, aber, falls die P-Axe vertikal steht, starker fallen, als jene. Zugleich giebt sie ein Mittel zur experimentellen Bestimmung von x fiir ein ideales Gas an; denn jede Beobachtung über den Zusammenhang von Druck und Volumen bei adiabatischen Zustandsänderungen wird von dieser Größe abhängig. Adiabatische Vorgänge spielen sich aber am vollkommensten bei raschen Schwin- gungen ab, die den erzeugten Temperaturdifferenzen keine Zeit zur Ausgleichung lassen; demgemäß ist auch die genaueste Methode zur Bestimmung von x auf die Messung der Fortpflanzungsgeschwindig- keit von Schallwellen gegründet. Wir kommen hierauf weiter unten zurück.

Nachdem oben die CABNOT'sche Funktion T der absoluten Temperatur S + t gleich gefunden ist, gewinnen die am Ende von § 2 erhaltenen allgemeinen Resultate anschaulichere Bedeutung. Dies gilt insbesondere von den Formeln (9") und (9'").

Aus (9") folgt bei Anwendung auf den CAENOT'schen Kreispro- zeß von S, 504:

d. h., die absoluten Werte der bei einem umkehrbaren CAENOT'schen Prozesse aus dem oberen und unteren Reservoir entnommenen Wärmemengen sind deren absoluten Temperaturen proportional. Dieses Resultat kann man zur Feststellung einer absoluten Temperatur- skala benutzen, welche den Vorteil hat, sich nicht auf das Ver- halten spezieller (bis zu einem gewissen Grade hypothetischer) Körper zu stützen; die so erhaltene Skala stinmit natürlich mit der des Luft- thermometers überein, soweit das dieses letztere füllende Gas als im Idealzustande befindlich betrachtet werden kann. Aus (9'") folgt für den Wirkungsgrad

T T 23") v= 'y >

was aussagt, daß eine vollständige Umwandlung der in Bewegung gesetzen Wärme nur möglich wäre, wenn das untere Reservoir auf die Temperatur des absoluten Nullpunktes gebracht werden könnte. Schließlich sei noch auf die mechanische Deutung aufinerksam gemacht, welche die zweite Hauptgleichung der mechanischen Wärmetheorie (21) durch die Vergleichung mit der Formel (112^ auf S. 89 erfährt; ebenso auch auf die Beziehungen, die zwischen den Entwickelungen auf der vorigen Seite und den auf S. 71 und 72 mitgeteilten Resultaten der kinetischen Gastheorie bestehen.

§ 5, Energie und Entropie. 517

§ 5. Allgemeines über Energie nnd Entropie.

Wie die erste Hauptgleiöhung (2) der mechanischen Wärme- theorie

eine Definition der Energie enthält, so liefert die zweite (22) in der Form

dH =

T

eine Definition der Entropie. Beide bestimmen die betreffende Funktion nur bis auf eine additive Konstante, über die man ver- fugen kann, indem man für einen gewissen Zustand des Systemes, den Normalzustand (0), Entropie und Energie gleich Null setzt Dann ist für jeden anderen Zustand (1) Energie und Entropie ge- geben durch die beiden Formeln

(1) (1)

E = j{dCA + <ni), H^J-^; (24)

(0) . (0)

in Bezug auf die letztere ist nur Sorge zu tragen, daß der Zustand (1) aus dem Zustande (0) auf umkehrbarem Wege erreichbar sei, da nur in diesem Falle das Integral eine eindeutige Bestimmung von H ergiebt

Es ist nützlich, darauf hinzuweisen, daß, wenn für alle Teile eines körperlichen Systems, z. B. für die Elemente eines Systems von chemischen Verbindungen, die Normalzustände festgesetzt sind, dann die Energie und die Entropie jenes Systems in allen beliebigen Zuständen, in welche dasselbe durch Zufuhr oder Ent- ziehung von Wärme und Arbeit versetzt werden kann, gleichfalls vollständig bestimmt sind.

Die oben speziell für ideale Gase gefundenen Werte der Energie (22) und Entropie (22^ haben sich mit der Masse des be- trachteten Gases proportional ergeben; es bietet sich demgemäß die Frage, unter welchen Umständen dies bei beliebigen anderen Körpern gleichfalls stattfindet Diese Frage ist ein spezieller Fall der allgemeinen und fundamentalen, unter welchen Bedingungen die Energie eines körperlichen Systems gleich der Summe der Energien seiner Teile ist, wenn man die Zerlegung in beliebiger Weise be- wirkt Wir wollen letztere Frage jetzt in Angriff nehmen.'®)

518 UL Teil Wärmelehre. L Kap,

Was zunächst die Energie des ganzen Systems angeht, so ist dieselbe nach (24) in der Form zu schreiben

h worin

(1) (i)

(0) (0)

ist, und die Summe 2 sich auf alle Zufuhren von Wärme und Arbeit bezieht, welche die einzelnen Teile von Quellen außerhalb des Systems erhalten. Dagegen wird die Energie eines einzelnen Teiles (Ä) gegeben sein durch

worin die Summe -2* die seitens der anderen Teile {k) des Systemes an {h) stattfindenden Abgaben darstellt. Hieraus folgt

h h h k

oder auch

24') ^=2^»-22(^** + ßJ,

h h k

was bedeutet, daß die Gesamtenergie der Summe der Teilenei^een nur dann gleich ist, wenn bei der ganzen Überfuhrung aus dem Normal- in den betrachteten Endzustand die Summe der inneren Austausche gleich Null ist.

Dieses ganz allgemeine Besultat läßt sich in speziellen Fällen noch anschaulicher und einfacher darstellen.

Wir wollen zunächst voraussetzen, daß die Teile des Körpers aus dem Ganzen durch Zerlegung seines Volumens hergestellt sind, im Grenzfall die Teile die Raumelemente eines endlichen, homogenen oder stetig veränderlichen Körpers darstellen.

Haben dann die zwischen den Teilen stattfindenden Wechsel- wirkungen Potentiale <J>^, so erhält man durch eine leichte Eeduktion

h k

und dies zeigt, daß, wenn irgend welche Femwirkungen von der Art der Gravitation in Betracht gezogen werden, die Summe links im allgemeinen nicht verschwindet; es sei denn, daß die beiden Zu- stände (0) und (1) derselben äußeren Konfiguration des körperlichen Systems, also gleicher Gestalt und gleicher Massen Verteilung ent- sprechen.

§ 5, Energie und Entropie, 519

Finden keine Femwirkungen, sondern nur Druckkräfte in den Grenzflächen zwischen den Teilen statt, so ist

^hk = /(^^« + y'dv + Zdw\do^,

Aj^ = j (Xdu + Ydv + Zdw\do^\ hierin gilt längs desselben Flächenelementes

^* + ^=^* + i'» = ^* + = o,

und es wird daher also stets

sein, wenn die Körper fest zusammenhängen, und die Drucke beliebig gerichtet sind, oder wenn die Körper aneinander hingleiten, und die Drucke normal zur Grenze stehen.

Bezüglich des zwischen den Teilen (h) und (A) des vorausgesetzten Systems stattfindenden Wärmeaustausches ß^^^ und ß^^ können wir auf Grund der bisherigen Eesultate nur wenig behaupten. Erst in § 9 werden wir Mittel erhalten, zu zeigen, da:i, gewisse Grenzfälle ausgenommen, die zwischen räumlich getrennten Teilen eines Systems stattfindende thermische Wechselwirkung immer der Bedingung

genügt.

Demgemäß können wir für den FaU, daß von fernwirkenden Kräften zwischen den Teilen des Systems abgesehen werden könne die Beziehung

E=^E, 24")

anwenden, die bei einem homogenen Körper die Gestalt

£' = jtf 6 = r«! 24'")

annimmt, in welcher £ die Energie der Massen-, £^ diejenige der Volumeneinheit bezeichnet

Diese Eesultate sind im Grunde stillschweigend bereits in den früheren Abschnitten benutzt worden, wo mit homogenen Körpern operiert wurde; denn die jenen zugeführte Arbeit und Wärme wird in Wirklichkeit direkt nur den an der Oberfläche liegenden Kaum- elementen mitgeteilt und pflanzt sich zu den inneren fort; die ganzen Überlegungen der §§ 2 und 4 sind also nur haltbar, wenn

ist.

Sind di^ Teile des Systems nicht in verschiedenen Räumen liegende Massen, sondern Bestandteile, welche in demselben Volumen

520 UI, Teü, Wärmelehre. L Kap,

nebeneinander existieren, etwa die Elemente einer chemischen Ver- bindung, so liegen die Verhältnisse total anders und werden im folgenden Kapitel genauer untersucht werden.

Was dann weiter die Entropie eines Systems angeht, so setzt die Definition (24) voraus, daß die Wärmezufulir dSi ausschließlich auf umkehrbarem V7ege, also durch Abgabe von einem gleich- temperierten Körper, stattfindet. Dies ist angenähert erfüllt auch innerhalb eines Systems von stetig mit dem Ort wechselnder Temperatur, falls der Austausch nur zwischen unendlich benachbarten Elementen, wie man sagt durch Leitung, nicht durch Strahlung stattfindet Zerlegt man ein solches System durch beliebige Flächen in unendlich kleine Teile, innerhalb deren die Temperatur als kon- stant betrachtet werden kann, und stellt die frühere Überlegung an, so erhält man

U vT*^^* TT C^3l^

also

h h k J ^h

worin das letzte Integral verschwindet, wenn der Austausch nur zwischen den benachbarten Elementen stattfindet, und die frühere Beziehung cF£ikjc + fmkh = 0 gültig ist

Für einen Körper mit stetig wechselnder Temperatur, der für Wärmestrahlung undurchlässig ist, kann man daher setzen

25') H=^^H^,

woraus für einen homogenen und gleichförmig temperierten bei mit (24"') übereinstimmender Bezeichnung auch folgt

25") H^Mfi^Ffi,.-^

Die Energiegleichung (2') wird für ^ = 0 bei Einfiihrung des Wertes von (Tii zu

26) dE'=d'A+ TdH

und stellt in dieser Form ein wichtiges Hilfsmittel dar zur Be- stimmung der Funktionen E^ oder H für eine bestimmte Substanz aus empirischen Gesetzen über deren Verhalten thermischen und mechanischen Einwirkungen gegenüber.

Sei z. B., was die Resultate besonders symmetrisch werden läßt, der Zustand des Körpers durch die Temperatur x oder T und be- Uebige 1) unabhängige Variable a, ä, c, . . . bestimmt, so wird

§ 6, Allgemeine Orundformeln,

521

26')

dT '^ ^ ' o da

d'A ^ At dT + ^ Aa d a ,

wobei die Summen über die von allen Variabein a, b, c , . , her- rührenden Anteile zu erstrecken sind.

Setzt man dies in (26) eii^ und berücksichtigt, daß die Di£Ferentiale samtlich voneinander unabhängig sind, so erhält man

dT

dE' da

dT

« ' da ^

26")

oder bei Einf&hrung der Abkürzung

worin S den Namen der freien Energie trägt *^, auch

dS

-Q-ji == At Hf

dS da

-A -^-A.

27)

27')

Die Verbindung dieser Werte mit der dritten Gleichung (26') ergiebt

d'A=-HdT+dS, 27")

worin dS die gesamte Änderung von S mit a^b^c,.., und T bezeichnet. Für isothermische Vorgänge erhält man noch einfacher

dA^drS, 27'")

was eine wichtige Eigenschaft der freien Energie ausdrückt

Aus (27') folgen Beziehungen zwischen den Aj^ und H, indem man S eliminiert, z. B.

28)

dAj,

dA^ dH

dAj, dA^ dH

da

dT ~ da '

db dT ~ db

und auch

dA dA^ db " da '

dA dA

a _ e

de - da '•••'

28')

die Verbindung der Werte (27") mit der zweiten Gleichung (26') führt dann auf

was man auch schreiben kann

diH-Aj.) c\ ^^a

dH=^ j^ dT + dAr ^-Öji-da^

wobei dAr die gesamte Änderung von At mit T, a, b, c zeichnet.

28'") . be-

522 ///. Teü, Wärmelehre, L Kap.

In dem wichtigsten speziellen Falle, daß die Arbeit verschwindet, wenn da = db = ... = 0 ist, d.h., daß At^O ist, giebt dies einfacher

28"") dH^^dT-%^-^da.

Nun ist allgemein bei umkehrbaren Zustandsänderungen

29) rf'fl = MrdT= TdH,

worin r die aUg^emeine spezifische Wärme bezeichnet. Benutzt man dies, und versteht unter JT^ denjenigen speziellen Wert von JT, der da = db = ...0 entspricht, so wird

29') ^-^^^^

29") d'ü = MF" d T.+ TS (-^ .^ -^) da ,

oder in dem speziellen Falle Ar = 0 auch

29'") d'ii = Mr'^d T-^T^^ da.

Diese Gleichung wird für den Fall dT ^ 0 identisch mit der Formel (114'") auf S. 91 und deshalb durch die Vorstellungen, die zu jener geführt haben, mechanisch interpretiert.

Von den obigen Eesultaten wollen wir eine Anwendung auf den wichtigen Fall machen, daß es sich um einen Körper handelt, der unter allseitig gleichem Druck P im Gleichgewicht ist; hier ist außer T nur noch eine Unabhängige einzuführen. *®)

Wählen wir hierfür das Volumen, setzen also a = /', so ist r^= /; und

30) dA = -PdV, daher A^= - P, ^r = 0 , und wir erhalten sofort aus (27') und (27")

qri/x öS __ p BS __ JT öS __ dP ^ f dV ' dT ' dV^öT'

30") rf'ß = y¥/; d T +T^dF; r,= -J ^ .

Wählt man dagegen als zweite Unabhängige den Druck, setzt also a = P, so ist r^= F und

31)

d'A=- P[^dP + l^d 7') , ^Iso

und man erhält analog ^ dP^ dP^ dT~ BT ' öP~ dT^

§ 6, Wärmeikeorie für elasiisoke Körper, 523

d^ü = ]i/r^dT-T^^dP, r^=~^^. 31")

Beachtet man, daß

ist, worin a der Eoef&sient der thermischen kubischen Dilatation, ß derjenige der elastischen kubischen Kompression ist, ersterer bei konstantem Druck, letzterer bei konstanter Temperatur ge- nommen, — so erkennt man, daß Beobachtungen über die Abhängig- keit dieser Größen, sowie der spezifischen Wärme F von Druck und Temperatur die Bestimmung von H und ä, und wegen (27), auch von f gestatten.

der Regel wird man a, /9, F^ dabei durch Konstanten oder durch lineare Funktionen hinreichend genau darstellen, auch die Änderung von T häufig neben seinem Gesamtwert vernachlässigen können; dadurch erhält man dann für HunA S resp. f Funktionen von ziemlich einfacher Gestalt

§ 6. MechanlBche Wärmetheorie für elastische Körper.

Die im vorigen Paragraphen entwickelten Grundsätze wenden wir nunmehr auf umkehrbare Zustandsänderungen eines elastischen, beliebig deformierten und temperierten Körpers an. ^®) Wir können dabei, weil die obigen Betrachtungen sich zum Teil nur auf homo- gene Körper beziehen, nicht den gesamten Körper mit einem Male, sondern nur seine einzelnen Volumenelemente, in denen die Defor- mationen \ind die Temperatur als konstant angesehen werden dürfen, der Behandlung unterwerfen. Warum und inwieweit in diesem Fall die Wärmezufuhr zu jedem Volumenelement als auf umkehrbarem Wege stattfindend angesehen werden kann, ist oben angedeutet und wird später noch genauer erörtert werden.

Als ursprünglichen oder normalen Zustand betrachten wir denjenigen, der sich bei überall gleicher Temperatur T^ einstellt, falls auf den Körper entweder keinerlei oder aber bestimmt gegebene äußere Kräfte wirken; der deformierte Zustand ist dann für jede Stelle gegeben durch die sechs Deformationsgrößen x^, . , . x und die von Ort zu Ort wechselnde Temperatur T; erstere werden als neben 1 sehr kleine Größen angesehen, während T, und auch die relative Temperatur T Tq= r, wo t eine allgemeinere Bedeutung hat, als in den früheren Paragraphen, zunächst beliebige Größen haben können.

524 ///. rni. Wärmelehre. L Kap.

Die Deformationsgrößen sollen innerhalb eines homogenen oder in seiner Natur stetig veränderlichen Körpers stetige FunktioneD der Koordinaten sein, sie können aber in der Grenze zwischen zwei dergleichen Körpern springen; die Temperatur soll indessen überall stetig sein, da auch in der Grenze zweier Körper, welche ursprüng- lich verschieden temperiert zur Berührung gebracht werden, sich nach der Erfahrung augenblicklich ein stetiges Temperaturgefalle bildet

Die Verrückungskomponenten mögen, wie im IV. Kapitel des n. Teiles, mit «, r, w bezeichnet werden, die Komponenten der körperlichen, auf die Volumeneinheit bezogenen Kräfte mit X\ ¥^, iT, diejenigen der auf die Flächeneinheit bezogenen äußeren Drucke mit Xy r, Z] dagegen mögen die Komponenten der inneren Drucke als von den früher betrachteten, rein mechanischen, durch Berück- sichtigung des Einflusses der Temperatur verschieden, gleich Äj., H^y Z^, . . . gesetzt werden; sie gestatten indessen die unge- änderte Anwendung der auf S. 221 u. f. angestellten Überlegungen.

Demgemäß haben sie in jedem Punkte des körperlichen Systemes den Hauptgleichungen

32)

an der äußeren Begrenzung den Bedingungen

32') Ä,+ 2: = /f„+r=z„+^ = o,

an der Grenze zwischen zwei Körpern (ä) und (A) den Formeln

32") {SS + (5A = {HX + (HX = (ZX + {ZX = 0

ZU genügen, in denen

32'") H^Z, Z^S, S^H

und

32"") K = ^x cos (n, x) + Sy cos (n, y) + S, cos (n, z),

ist.

Die einem beliebigen Volumen k zugeführte unendlich kleine äußere Arbeit ist definiert durch

d'J[ = f{Tdu + Tdv + 2rdw)dk

33) { •"._..__

-f / {Xdu + Ydv + Zdw)do,

und läßt sich durch Berücksichtigung von (32') und (32""), sowie durch eine teilweise Integration leicht auf die Form bringen

§ 6, Wärmetkeorie für elastische Körper,

525

d'A =fdk{Tdu + rdv + iPdw)

+ -^-^{H^du + H^dv+H^dw) + ^^{Z^du + Zydv + Z^dw)

33')

Für ein unendlich kleines Volumen dk benutzt, giebt diese Formel nach Division mit dk den Wert der auf die Volumeneinheit be- zogenen Arbeit d^A I dk ^ d^a^

d'a^ = {rdu+ Tdv + Z'dw)

d

33")

-^[Z^du + Zydv + Z.rfti?),

oder unter Berücksichtigung von (32)

d'a^^-'{S^dx^-^-H/y^+Z^dz^+H^dy^+ZJz^+S^dx^)+d^lf^, 34)

worin ^ifj^ die lebendige Kraft der Volumeneinheit an der betrach- teten Stelle ist.

Hierzu fügen wir, indem wir unter t^ die auf die Volumenein- heit bezogene Energie verstehen:

dt, = -f-?'- dx, + ^ •l rfy + !_*.. dz^ + I *»- dy^ + J*' dz.

1 dx » dy ^y dx ' dy '^'^ dx *

34')

ebenso giebt sich für die Entropie tj^ der Volumeneinheit, welche nach ihrer Definition von der Bewegung unabhängig sein muß:

'^^/i -V^<^-,+ i^äy.+ i^'i^.+ '^äy.+ p^dz

dx

dy "^y

y

d%

dy

dx ""«

X

^ dx "^""y^ dT^^' y

34")

Da zwischen den vorstehend definierten Größen die Beziehung

rf«! = d'a^ + d'm^ = d'a^ + Tdri^ 34'")

besteht, in welcher sich das von der Geschwindigkeit abhängige Glied d'kfß^ heraushebt, so sind die hier vorliegenden Verhältnisse

526 IIL TeU. Wärmelehre. L Kap.

den am Eude des yorigen Paragraphen vorausgesetzten gleich, auch ist der Wert rf*«^ von der einfachsten Gestalt, bei veelcher ^t ver- schwindet

Demgemäß können wir alle dort allgemein erhaltenen Resultate auf unser Problem einfach übertragen.

Setzen wir abgekürzt

35) e^^Tfj,-yj, = el- T.?, = |„

worin 1^ als die freie Energie der Volumeneinheit zu be- zeichnen ist, so erhält man aus (27')

aus (28)

35") ^^ _ ^'^* ^ly. ^^y

und aus (28') 35'")

dx ~ BT'' " dx " BT

X ' y

«5 ^.BH^ 3^ ^ «5

dy dx ^ dx dx ^

y X t X

Mit der Formel (28") korrespondiert wegen der Beziehung (29)

r

und wenn man nach (29') die spezifische Wärme /"^ bei konstanter Deformation, welche durch dx^= ^Vy^ . . . = dx = 0 definiert ist und der Größe F^ auf S. 522 entspricht, mittelst der Beziehung

Qft/\ r -^ —^^ ^*

einführt, giebt dies auch

36") dn^=^-^dT+ i^^dx^+ . . . + ^^'^^ dx^.

Hierdurch ist di]^ mit Hilfe von wohldefinierten und direkter oder indirekter Bestimmung durch die Beobachtung zugänglichen Großen ausgedrückt.

Weitere reciproke Beziehungen erhält man durch Kombination von (35") und (36') in der Form

^^ f T dx "dT^^"' T dx r öT« '

sie sprechen einen merkwürdigen Zusammenhang zwischen der spe-

§ 6. Wärtnethearie für elasUseke Körper. 527

ziiischen Wärme /'^ und den Gesanitdruckea 5'a.;...S aus, auf den wir bei gewissen speziellen Fällen noch zurückkommen.

Eine zweite wichtige spezifische Wärme, nämlich diejenige F^ bei konstanten Spannungen S^, . . . S , erhält man, indem man in der Formel (36) die Veränderungen dx , . . , dx so bestimmt, daß sie die dS^. . . . dS,, zu Null machen; man kann das Resul- tat schreiben

w^enn man sich in den ersten Faktoren der Ausdrücke in der Klammer die Drucke durch die Deformationsgrößen und die Temperatur, in den zweiten die Deformationsgrößen durch die Drucke und die Temperatur ausgedrückt denkt

Bis hierher sind die Entwickelungen yoUständig allgemein; nunmehr wollen wir zu speziellen Ansätzen übergehen und nehmen dazu an, daß die Abweichungen der vorkommenden Temperaturen T von der normalen T^, also T— To = t als eine Größe erster Ordnung neben T^ betrachtet werden können, wie gleiches für die Deformations- größen gegenüber Eins gilt Wir können dann 1^ nach Potenzen von x^y . . . X und t entwickeln und mit dem niedrigsten Glied ab- brechen. Macht man die beiden* speziellen Annähmen, daß im Normalzustande, d. h. mit verschwindendem x^, . . . a: und r, sowohl die Drucke, als die Entropie verschwinden von denen nach dem oben Gesagten die erstere wesentliche, die zweite nur formale Bedeutung besitzt , so stellt sich |j als eine homogene Funktion zweiten Grades dar, die wir bei Einführung der Konstanten c^^ qj^ und r schreiben woUen*^:

+ ^22y/+2ca3V«+2e24yyy. + 2c3,yy2r^+2c2^yya:y

Für die Größe von r folgt aus (36')

betrachtet man hierin, gemäß der eingeführten Beschränkung auf Glieder zweiter Ordnung, q und T als die konstanten Normalwerte ^Q und Tq, wie dies weiterhin geschehen soll, so findet sich in gleicher Annäherung F^ konstant

Aus (37) erhält man gemäß den Beziehungen (35')

37)

370

528 IlL TeiL Wärmelehre. I. Kap.

( -5x=^ii** + --- + ^ie^y-yi^= -{^x + 9i^)y

87")

- '^^ = ^«1 + + ^66 *y - ?€ '^ = - (-^y + ^) >

(fo^ä^

die Größen X., . . . X stellen sich also als die elastisrfb^n isothermischen Drucke des Ansatzes (107") auf S. 331 dar, die Produkte y^r als die Zuwachse, welche sie infolge der Temperaturänderungen erhal- ten, und die man kurz die thermischen Drucke nennt. '^)

Die isothermischen Elasticitätskonstanten o^^ und die Eon- stanten qj^ der thermischen Drucke folgen aus |^ durch zweimalige DiiFerentiation; denn es ist

Die freie Energie 1^ läßt sich unter Einführung des elastischen Potentials y^ der Volumeneinheit schreiben

und für die gesamte Energie e^ der Volumeneinheit findet man nach (35)

37'") «1 = (91 + V'i) + ^;(yi + . . + y«^y) + i'-cr»- '^),

worin (y^ + t//j) den rein mechanischen Anteil derselben darstellt; die innere Energie e\ wird daraus durch Beseitigung des Glie- des i//j , der lebendigen Kraft, erhalten. Da die Deformationsgrößeii, sowie die Differenz T T^, = t, als Größen erster Ordnung gelten^ so enthält s[ Glieder erster und zweiter Ordnung nebeneinander; bei Beschränkung auf die ersteren wird unter Bücksicht auf (37') sehr einfach

37'"') b\ = To (?i ^x + + 96^y) + Po r^r.

Die elastische Energie ist hieraus vollständig verschwunden, und der

übrigbleibende Teil ist mit i?, Tq identisch.

Bezeichnet man die isotiiermischen Elasticitätsmoduln, wie im IV. Kapitel des 11. Teiles, mit Sj^j^ und setzt abgekürzt

38) 9ihi + 9%'ia + '*' + 9b ^fs = ^h>

so gilt auch umgekehrt

36') «1 ^Äi + «« ^Ä2 + + «6 *Aa = 7fc-

Unter Berücksichtigung dieser Beziehungen kann man die ersten sechs Gleichungen (37 ') leicht nach x^j . . . x^ auflösen, indem man sie mit den Faktoren .9^^, ^/^^ ^m zusammenfaßt; setzt man noch

§ 6. Wärmetheorie für elaetiscke Körper.

529

die erhaltenen Werte in die letzte Gleichung (37") ein, so erhält man das (37") entsprechende System

- ^x = *ii Ä, + . . . + *ie Ä - «1 T,

- = *fli + . . . + «ae S„ a- T,

66

+ ^1 = V (^1 Ä + . . . + öfl Äy),

worin nach Formel (36"")

38")

T,

^.= ^d + T^(7i«i+--- + y6«6>

9o

38'")

Es ist also in der eingeführten Annäherung, sowie F^, auch F^ von Xx, . . . ^y und r unabhängig.

Weiter gut bei Vernachlässigung der Glieder zweiter Ord- nung auch

«; = (j.F^T ^T,{a,S. + ... + a,S,) = f], T,. 38'"')

Für krystallinische Körper, welche Symmetrieen besitzen, spe- zialisieren sich die Teile des Ansatzes (37) nach den Schemas IV und n auf S. 137 imd 143. Für isotrope Körper wird speziell

- 2yT(xa, + yy+z«)

39)

39')

oder bei Benutzung der Abkürzungen & und &^ von S. 336

2|i = c, 19-« + c^&' - 2yT,^ - "^-V, und hieraus folgt

Hy^c^yy + c^d-^-qr, Z^=-\c^z^,

Z^ = c^z^ + c^& qr, 5y = iCjOTy,

^y = «1 Ab + * Äy + *1 2, a T , ZjB =■ 2 «3, Za ,

2r, = «1 Sb + 'i ^ + * 2g a T , ^y = 2 *3, ^ ,

Vo

wobei wie früher c Cj = c,, * «^ = ä^ gesetzt ist. Für Flüssig- keiten wird speziell

39")

c = Cj , Cg = 0 , also y = 3 a c.

39'")

Voigt, Theoretische Physik.

84

530 lU. Teil. Wärmelehre, L Kap.

Bei isotropen Körpern hat, wie man sieht, der thermische Druck die Natur eines hydrostatischen Druckes; er ist normal gegen das Flächenelement gerichtet und von dessen Orientierung unab- hängig. Die Entropie enthält die Deformationsgrößen nur in der Kombination &^ und hieraus folgt bei Rttcksicht auf (36), daß auf die spezifischen Wärmen auch nur das .Verhalten der räumlichen Dilatation Einfluß hat Demgemäß muß hier die spezifische Wärme bei konstanter Deformation mit der bei konstantem Volumen identisch sein, und da nach der vorletzten Gleichung (39") auch nur eine spezifische Wärme bei konstanter Spannung existiert, muß diese mit derjenigen bei konstantem allseitig gleichen Druck übereinstimmen.

Wir wollen demgemäß, um die Verbindung mit der früheren Bezeichnung herzustellen, für isotrope Körper setzen

39"") ^. = ^., r, = r^.-

Diese Resultate bedürfen einer Ergänzung, wenn im Normal- zustande die äußeren Kräfte, und daher die inneren Spannungen, nicht verschwinden, sondern beliebig vorgeschriebene Werte 5^, . . . rj besitzen, ein Fall, der fast nur bei Gasen ein Interesse hat und daher durch einen Zusatz erledigt werden mag. Hier ist zu dem Werte von |j in (37) noch. das Glied

hinzuzufügen, welches bewirkt, daß in den Formeln (37"), wie denen des Systems (38) bis (38""), B^- Sl= SL, . . . Sy S'y = 5y an SteUe der Sxi i ' ' Sy tritt, und daß sich in (37"") auf der rechten Seite

d. h. die Arbeit, welche die Deformation bei konstanten Anfangs- spannungen erfordert, den übrigen Gliedern zuordnet, so daß €^ = c^j + rj^ T^ wird.

Die Notwendigkeit dieser '^Ergänzung erkennt man deutlich, wenn man die Energie eines idealen Gases berechnet, das im Normal- zustande unter dem Druck P^ stehen mag. Hier wird die ergänzte Formel (37"") zu

40) €l=Toyi^-|-(>or/;-P,*;

zugleich folgt aus (39')

(40') BL=^Hy^Z,=p^ --c^ + qx.

Nun giebt aber das Boyle-Gay LussAC'sche Gesetz bei vollständiger

Dififerentiation

PdV+VdP^MBdT,

^ 6. Wännetheorie für elastische Körper. 531

und hieraus folgt in der jetzt benutzten Bezeichnung

p^^P,ß' + BQ,T^^P,» + 4^. 40")

Die Vergleichung mit (40') zeigt, daß bei idealen Gasen einer- seits c = Pq sein muß, was schon früher benutzt ist, andererseits

q^BQ,^^; 40'")

letzteres führt, in (40) eingesetzt, sogleich auf

«'i = n?o^. 40"")

in Übereinstimmung mit Formel (20), wenn man berücksichtigt, daß wir bei der jetzigen Betrachtung die Energie von dem Normal- zustande r = 0, nicht von T= 0 aus rechnen.

Der Ansatz (37), welcher für sehr kleine Temperaturintervalle T= T— 7{j gilt, muß für größere verallgemeinert werden, und es vnrd der nächste Grad der Genauigkeit erreicht, wenn man die Konstanten Cj^j^, q^ und r mit linearen Funktionen der Temperatur vertauscht; eine Berücksichtigung höherer Potenzen der Deformations- größen ist dabei noch nicht nötig, da diese in praxi immer sehr klein sind.*^

Dieser verallgemeinerte Ansatz führt auf dieselben Formeln für die Druckkomponenten S^,, . . . Sy, nur ist die Bedeutung der c^,^ imd qj^ eine andere geworden; dagegen ist der Ausdruck für rj^ viel kom- plizierter, denn es tritt zu den in (37") aufgefiihrten Gliedern noch der negative Wert von 1^ selbst, nachdem in demselben die c^^, qj^ und r mit öc^^/ör, öy^/ör und drjdr vertauscht sind.

Wir wollen ihn daher nicht aufstellen, sondern nur hervorheben, dass nach (36') unter der geraachten Voraussetzung, falls man dfpjdr in (p abkürzt, folgt

^d = y [yi^* + ••• + ?i^y -h r + 2r'r] . 41)

[Es wird hier also I^ sowohl von der Temperatur, als von den Deformationsgrößen abhängig.

Die Formeln (36'") aber lauten hier

0 y

bei isotropen Körpern enthält F^ = F^ die Deformationsgrößen nur in der Kombination 0- = x^ + y + z^, und es gilt

34*

532 UL Teil. Wärmelehre. L Kap.

wodurch eine merkwürdige Beziehung zwischen der Wärmekapacitat der Volumeneinheit qF^ und dem Koeffizienten q des thermischen Druckes ausgesprochen ist.

§ 7. ThermiBche Dilatation. Adiabatische Deformation.

Die oben gefundenen Formehi (37") für die in einem elastischen, beliebig temperierten Körper wirkenden Gresamtdrucke, welche allerdings kleine Abweichungen r der Temperatur T von der An- fangstemperatur Tq voraussetzen, bieten die Grundlage f&r die Ent- wickelung der allgemeinen Gesetze der thermischen Dilatation bei mäßiger Temperaturänderung. *^

Wir betrachten zunächst nur Körper mit in der ganzen Aus- dehnung konstanter Temperatur ohne Einwirkung äußerer Kräfte. Man genügt in diesem speziellen Falle den Haupt- und Oberfiächen- bedingungen (32) und (32') zugleich, indem man überall

setzt Es folgt dann aus (38")

42) j:, = «1 r, y^ = a, r, z^ = a^ t, y, = a^ t, z^ = a^ t, x^ = a^ t,

und hierdurch werden die Konstanten a^, a^, o, als die Konstanten der thermischen linearen Dilatationen parallel den Koordinaten- axen, a^, a^, a^ als diejenigen der thermischen Axenwinkel- änderungen definiert; sie sind sämtlich reine Zahlen, es gilt also

42') W = 1 .

Die räumliche thermische Dilatation findet sich nach (42)

42") i9- = («1 + flg + a^)T = ar ,

der Faktor von r ist also der kubische thermische Dila- tationskoeffizient

Die lineare thermische Dilatation X in einer beliebigen, durch die Eichtungskosinus a^, ß^, y^ gegebenen Richtung s ist nach For- mel (7) auf S. 217

42"') A = a.r = [a^a] + a^ß\ + a^y] + a^ß^y^ + a^y.^. + a«a,/!.)T,

woraus folgt, daß aus einer Kugel, die aus einem beliebigen Krystall hergestellt ist, durch gleichförmige Erwärmung jederzeit ein Ellip- soid wird.

Von erheblichem praktischen Interesse ist femer die thermische Änderung des Winkels zwischen zwei in oder an einem Krystali

§ 7, Thermische Dilatation. 533

bezeichneten Ebenen , welche der Beobachtung fast noch leichter zugänglich ist, als die lineare Dilatation einer an ihm markierten Strecke.*^)

Seien die Gleichungen der beiden Ebenen vor der Deformation

^^+yßh + ^rh^r'h für Ä= 1 und A = 2, 43)

so sind

r r r

t M __A ;• h

bA •"■ a ' ^'Ä "~ o » bA "IT

die Abschnitte, welche dieselben auf den Koordinatenaxen markieren. Infolge der Deformation erhalten die Schnittpunkte die folgenden Koordinaten

du (■{ _i^^\ ^^ t, Bu u, Bv y 1-% \ ^^\

^* ölt' ^*ö^' ^^y "^ 'dlj'

und wenn man die Gleichungen der Ebenen nach der Deformation schreibt

xan+yß'n + zn^rn, 43')

so läßt sich cChlr^j ßhl^hj Yhlfh dadurch bestimmen, daß die Gleichungen (43') durch die Koordinaten des vorstehenden Systems befidedigt werden müssen.

Man erhält, da u^ v, w unendlich klein sind, durch Annäherung sehr leicht

f* =, _ /^l-« + Aö!« + A^) u. s. f., 43")

oder, da und r^ sich auch nur um eine Größe erster Ordnung r A r^ = Q^ unterscheiden,

„;=«,|i + ^)- (-4-: +/?.!-:+..£) u.s.f. 48'")

Nun sind zwar die Strecken, welche bei der Deformation aus den Loten r^ und r^ werden, nicht mit r^ und r^ identisch; sie unterscheiden sich aber, wie die bloße Anschauung lehrt, nur um eine Größe zweiter Ordnung von ihnen; daher dürfen wir Qj^Jt^^ mit der linearen Dilatation A^ in der Richtung von r^ identifizieren.

Ist weiter x ^^r ursprüngliche, x der durch Deformation er*

534 ///. TeU, Wärmelehre. L Kap.

44)

44')

haltene Winkel zwischen den beiden Ebenen und ;^' ;^ = v, so er- hält man wegen

cos/ = «j «3 + ß^ ß^ + riri7 cos;ir' = «;«; + /?; ß'i + r\ r^

sogleich

cos x cos / = t^ sin ;jf

- [ySßiYt + Yißi) + ^^{ri^2 + <^iY2) + ^Kft + ft «!)]•

Setzt man in diesen allgemeinen Wert die Ausdrücke (42) und (42"'), so ergiebt dies schließlich:

vsin;ir = «12 T sin;jr = \2[a^ a^ a^ + a^ ß^ ß^ + a^ Yi Y^)

+ «4(A Y2 + ßiYi) + «6 (/l ^2 + Y2^) + «eK Ä + ^ißl)]^ - [«1 W + ^1) + «2 0?? + ßl) + «3 (r? + ^1)

+ ^^{ßiYi + ß2Y2) + «öO'i 0^1 + YtCC2) + «e(ö^i A + «^2ft)]^c<>8/-

Die Formel vereinfacht sich erheblich, wenn die beiden Flächen ursprünglich zu einander normal waren.

Bei regulären Krystallen und isotropen Körpern wird

44") & = 3aT = ar, X = ar, v = 0;

bei idealen Gasen ist überdies

44'") 3fl = a=l/r;

denn aus dem BoYLE-GAY-LussAc'schen Gesetze folgt

i dV _ Bq VdT "" P '

und die linke Seite ist gleich a, die rechte gleich 1 / T.

Die Hauptgleichungen (32) werden im Falle des Gleichgewichtes auch durch beliebige konstante, aber von Null verschiedene Werte der Druckkomponenten H^, ...5 befriedigt Bestimmt man deren Größe dadurch, daß man die Deformationsgrößen sämtlich gleich Null setzt, so geben die Gleichungen (37")

und aus den Formeln (32') und (32"") kann man dann diejenigen Werte der äußeren Drucke bestimmen, welche notwendig sind, um die Wirkung der konstÄuten Temperaturänderung t gerade zu kom- pensieren.

Für ein rechteckiges Prisma, dessen Flächen den Koordinaten- ebenen parallel sind, erhält man die Werte (45) selbst als die Be-

§ 7. AdiabaUsche Deformation. 535

träge der Komponenten der äußeren Drucke. Sie drücken sich in den der direkten Beobachtung zugänglichen thermischen Deformations- koeffizienten a^ und den iso thermischen Elasticitätskonstanten c^j^ aus gemäß der Formel (38')

9/» = «1 ^h\ + S Cäs'+ «6 ^fcö ^^T

Das allgemeine Problem der Deformation eines verschieden tem- perierten Körpers ist bei gegebener Temperatur auf dasjenige der Deformation eines Körpers unter der Wirkung körperlicher Kräfte und oberflächlicher Drucke zurückführbar. Denn in den Haupt- gleichungen (32) lassen sich die Anteile, welche die thermischen Drucke zu den S^,**.S liefern, als körperliche Kraftkomponenten deuten, in den Oberflächenbedingungen (32') als die Komponenten von Oberflächendrucken.

In praxi komplizieren sich die Verhältnisse dadurch, daß die Temperaturverteilung nicht direkt gegeben, sondern aus gewissen Bedingungen, welche ihrerseits die Deformation des Körpers ent- halten, zu bestimmen ist Die Gleichungen dieses Problems werden in § 9 abgeleitet werden.

Adiabatische Zustandsänderungen eines elastischen Körpers sind solche, bei denen keinerlei Wärmeaustausch zwischen den einzelnen Volumenelementen des Körpers, wie auch zwischen dem Körper und seiner Umgebung stattfindet. Sie treten bei homogenen Deformationen stets dann ein, wenn der Körper von adiather- manen Hüllen umgeben ist, bei nicht homogenen allein im Falle von schnellen Schwingungen, bei welchen der Wärmeübergang zwischen Nachbarelementen der Kürze der Zeit halber, welche ein jeder Zu- stand andauert, nicht merklich ist. Letzteres ist bei allen tönenden Schwingungen sehr nahe erfüllt; für sie gelten daher in erster Linie die folgenden Gesetze. ^^

Da die Entropie ri^ im natürlichen Zustande des Körpers gleich Null gesetzt war, so sind adiabatische Zustandsänderungen solche, bei welchen ly^ = 0 bleibt. Dies ergiebt nach (37") und (38") zwei Formen der daraus folgenden Beziehungen, nämlich

jT- = q^x^ + ... + q^Xy 46)

und

^rp' =a^S^+ ,,. + a^By', 46')

die erstere bestimmt die bewirkte Temperaturänderung r durch die hervorgebrachten Deformationen, die letztere durch die erregten

536 lU. Teü. Wärmelehre. I. Kap,

Druckkomponenten. Das Verhältnis beider Formeln bei gleichem r, nämlich:

46")

T^ aiA^ + .,. -^ a^Sjf

drückt das Verhältnis der beiden spezifischen Wärmen r^/Fd durch die bei einer adiabatischen Deformation einander entsprechenden Drucke und Deformationsgrößen aus.

Für isotrope Körper liefert (46) unter Berücksichtigung, daß hier /^ = /i ist,

Da T„t a&

wobei 3 a nach Formel (44") die^Bedeutung des kubischen thermischen Dilatationskoefficienten a und 3(« + 2s{) nach Formel (1 1 3"") auf S. 336 diejenige des kubischen Kompressions moduls ß besitzt; (46*) ergiebt wegen T, = F^

47') SlIpl^a{S. + Hy+Z,),

also bei allseitig gleicher Druckänderung /?. = P P^,

47") ^p=3ap.

■'■0

a, der thermische lineare Ausdehnungskoeftizient, ist je nach der Substanz meist größer, in vereinzelten Fällen auch kleiner, als NuU; in dem ersteren Falle bewirkt nach der letzten Formel ein allseitig gleicher Druck eine Steigerung, in letzterem eine Erniedrigung der Temperatur. Dies Resultat ist durch Beobachtungen bestätigt Durch Elimination von r folgt aus (47) und (47")

48) -/ = x= 5^ ,

V

eine Beziehung, die eine experimentelle Bestimmung von x ermöglicht» Bedenkt man nämlich, daß bei isothermischer Deformation

48') 19«, = - 3 (5 + 2 s^)p

ist, so kann man, indem man die demselben Druck entsprechende adiabatische Dilatation, durch &^ bezeichnet, auch schreiben

48") ^ = 1^'

woraus die Richtigkeit der gemachten Bemerkung erhellt.

Für ideale Gase ist nach (44'") 3a= l/T^, also wird für sie aus (47") 48'") Qor.r^p.

§ 7. Adiahatisehe MasHcitätskonstanten, 537

Hierin bezeichnen r und p nur die einander entsprechenden Zu- wachse von Druck und Temperatur, sind also, um zu den Formehi von § 4 zurück zu leiten, durch d T und dP zu ersetzen. Es wird dann wegen Fq ^ M

Mr^dT= FdP, oder, da

MBT=FP,B = r^- /; und /;//; = x

ist, auch

dT , ..dP

Dies giebt durch Integration

T" = A^ i^-i oder F** P = A^,

worin A^ und A^ Konstante bezeichnen, in Übereinstimmung mit den Formeln (28'") flir adiabatische Zustandsänderungen idealer Gase. Entnimmt man den Formeln (46) und (46') den Wert der adia- batischen Temperaturänderung r und setzt ihn resp. in die Gleichungen (37") und (38") ein, so resultiert ein System von Beziehungen zwischen den Druckkomponenten Sxj^'Sy und den Deformationsgrößen Xa^,...Xy, wie es speziell den adiabatischen Deformationen entspricht^^ Es wird

- Ä = cJi ar, + cl^i/y + c[^ z, + c'i^y. + c\^ z^ + c\q Xy ,

worin

49)

50)

4. = c,, + -Yr^ 49')

ist; analog wird

X^ = Äj^ ÄJC + Äj3 Hy + *J3 Zg + S^^Hg + *jg Zg. + 5jg ^y ,

Xy = Ägj ^a; + Ägg Hy + Äg3 Zj -[- SQ^Hg + Ägg ^a, + *gg Äy,

worin

«. ö, ^0

Berücksichtigt man das auf S. 338 über Deformationen ohne Wärmebewegung Gesagte, so erkennt man, daß die Faktoren clk mit den dort erwähnten adiabatischen Elastizitätskonstanten, die sj^jt mit den adiabatischen Elastizitätsmoduln des Körpers identisch sind; ihr Zusammenhang mit den isothermischen Kon- stanten und Moduln c^^ und Sj^j^ ist nach (49') und (50') in sehr

538 IIL Teil, Wärmelehre. L Kap.

einfacher Weise durch die Koeffizienten der thermischen Drucke und der thermischen Deformationen vermittelt.

Eine besonders einfache Bedeutung haben die Formeln für die Elasticitätsmoduln, weil diese Größen, wie im IV. Elapitel des II. Teiles gezeigt ist, das Maß einer Reihe von wichtigen Defor- mationen bilden.

Der isothermische Modul Sj^ der räumlichen Kompression bei all- seitig gleichem Drucke ist nach Formel (113"") auf S. 336

h = *11 + h2 + *38 + 2(*23 + «31 + 5i2),

für den adiabatischen sj^ erhält man nach (50')

51) sl = s,--^^^{a,+a, + a,)'^s,-^^,

worin a nach (42") die Bedeutung des kubischen thermischen Dila- tationskoeffizienten hat.

Der isothermische Modul der linearen longitudinalen Dilatation bei einseitiger Dehnung eines Cylinders ist, wenn die zunächst beliebige Z'Axe in die Richtung der Cylinderaxe gelegt wird, nach der ersten Formel (190') auf S. 409 gleich s^^; für den adiabatischen giebt (50')

WO «3 nach (42) der lineare thermische Dilatationskoeffizient nach der Cylinderaxe ist

Die isothermischen Moduln der Drillung eines Cylinders durch ein Moment um seine Axe, sind, wenn man wieder die ^-Koordinaten- axe in die Cylinderaxe legt, nach Formel (192') auf S. 410 gleich j^ und Ägg, die adiabatischen werden nach (50')

darin haben a^ und a^ nach (42) die Bedeutung der Koeffizienten der thermischen Winkeländerungen der Y- und Z-, resp. der J- und ^Axe. Die isothermischen und adiabatischen Moduln sind hier also gleich, wenn die Cylinderaxe sich durch die Erwärmung nicht gegen die Ebene des Querschnittes neigt Dies ist immer der Fall, wenn die Cylinderaxe in eine krystallographische Symmetrie- axe fällt

Für isotrope Körper vereinfachen sich die Formeln (49), da (49') hier speziell die drei Beziehungen

52) e = c + -t^^-, c\ = c,+ ^, c,^c, liefert, zu

§ 7. Adiahaiiache EhsHcttätskonstanten. 539

-s;=^2^.+ (^i + ^r;)'9', -J^. = i^2y.

52')

ebenso ergiebt (50') hier

S ^ S , Äj— ^j -— -- , ^2 <^2 > ^^ J

und wird demgemäß aus (50)

.' I

Bei Flüssigkeiten wird c^== 0, c = c^, also auch 0^= 0, c'= Cj-, c ist dabei identisch mit dem auf S. 347 eingeführten c^, c* mit dem S. 365 benutzten c.

Es ist bemerkenswert, daß bei allen isotropen Körpern der unterschied zwischen isothermischen und adiabatischen Konstanten oder Moduln sich nur bei solchen Deformationen geltend macht, die von einer kubischen Dilatation begleitet sind.

Bei allen festen und tropfbar flüssigen Körpern ist der Unter- schied der adiabatischen von den isothermischen Konstanten und Moduln sehr klein; bei den gasförmigen dagegen wird er außer- ordentlich bedeutend.

Wir wollen c' für ein ideales Gas bestimmen.

Hier ist c = P^, d. h. gleich dem Druck im Normalzustande, q = PqITq, worin T^ die Normaltemperatur bezeichnet; es folgt aus der ersten Formel (52)

p *

worin Qq den Werten P^ und Tq entspricht Da nun femer

^Q == B =T - r

Vo -'^o ^

ist, so wird auch

c^^:P,^^^P,^, 52-")

eine Beziehung, die unter etwas abweichender Bezeichnung schon auf S. 365 erwähnt und benutzt worden ist.

I

I

540 m. Teü. Wärmelehre. L Kap.

§ 8. Hicht umkehrbare Vorgänge ohne Wärmebewegnng.

Im vorstehenden sind ausschließlich umkehrbare Zustands- änderungen eines körperlichen Systemes, oder wenigstens solche, die sich nur unendlich wenig von dergleichen unterscheiden, der Be- trachtung unterworfen worden. Auf nicht umkehrbare ist ein großer Teil der erhaltenen Resultate, nämlich alles, was sich auf die zweite Hauptgleichung der mechanischen Wärmetheorie, d. h. auf die Formel d^ii = TdH gründet, nicht mehr anwendbar. Trotzdem kann man diese Vorgänge der Theorie bis zu einem gewissen Grade unterwerfen, weil die Energiegleichung für alle Arten von Vor- gängen gültig ist, und der analytische Ausdruck der Energie eines Systemes flir jeden Zustand, der überhaupt aus dem Normalzustand auf umkekrbarem Wege zu erhalten ist, und es scheint, als ob alle Zustände diese Eigenschaft besäßen jederzeit nach früheren Methoden angebbar ist Demgemäß giebt die Formel

53) dE^dlA + dia,

wenn d\A und rfjß die auf dem nicht umkehrbaren Wege gemachten Aufwendungen von Arbeit und Wärme bedeuten, und dE die Differenz der den beiden Endzuständen entsprechenden Energieen angiebt, eine jederzeit gültige und fruchtbare Beziehung.

Nehmen wir z. B. den wichtigsten speziellen Fall an, daß das körperliche System aus einem Anfangszustand (1) der Buhe, welcher kein Gleichgewichtszustand war, in Bewegung gekommen und unter der Wirkung innerer Widerstände nach einiger Zeit in einen stabilen Gleichgewichtszustand (2) gelangt ist, ohne daß während des Über- gangs äußere Einwirkungen stattgefunden hätten, so giebt die letzte Formel das Resultat, daß sich dabei die innere Energie nicht ge- ändert hat, also 53') El = E[

sein muß. Für homogene Körper reduziert sich diese Formel auf

53") («0, = W, .

Der Anfangszustand ist dabei vollständig gegeben zu denken, der Endzustand nur bis auf den Wert einer der Unabhängigen, meistens der Temperatur, der dann durch vorstehende Formel be- stimmt wird.

Wir betrachten einen elastischen Körper, der ursprünglich bei normaler Temperatur T^ irgendwie homogen auf das Potential <p\

§ 8. Nicht umkehrbare Vorgänge. 541

der Volumeneinheit gespannt gewesen ist und nun ohne Arbeits- und Wärmeaufnahme diese Spannungen verliert

Hier ist, da wir von den extremen Fällen, in denen die Glieder zweiter Ordnung Bedeutung erhalten könnten, absehen, von dem Wert (38"") der inneren Energie e\ der Volumeneinheit

auszugehen. Im ersten Zustand ist nach Annahme r gleich Null, dadurch 51 mit X, , . . . ä„ mit X, identisch und somit

sc « ' y y

im zweiten Zustande ist

daher

Die Formel (53") ergiebt also in unserem Falle für die ein- tretende Temperaturänderung

^=-^K^.+ --- + «eJ;)- 53'")

Die aus (37"") analog zu gewinnende Formel

r- +

^^(?i^2 + --- + ?6 4)

wtLrde dem Falle entsprechen, daß in dem zweiten Zustande die Deformationen, welche an und für sich durch die Temperaturände- rung bewirkt worden wären, durch äußere Kräfte rückgängig gemacht würden, deren Arbeit wiederum durch eine Wärmeentnahme kompen- siert wäre ein Fall, der kein praktisches Interesse hat

Ist der Körper beliebig gestaltet und war er ursprünglich einem allseitig gleichen normalen Gesamtdrucke P ausgesetzt, so ist

-5c = ^ = ^* =* -P> Ji = ^jB = -^ = 0,

also

ToP^ . n^«

«0

worin a den kubischen thermischen Dilatationskoeffizienten bezeichnet Ist der Körper ein Cylinder, dessen Axe in die Z-Axe fällt, und war er ursprünglich durch einen longitudinalen Zug von der Größe Z pro Flächeneinheit gestreckt, so ist

^,= -^, x,= r^=r. = ^, = x^ = o,

also

^0

542 ///. TeiL WärfruUhre. I. Kap.

worin ^3 den thermischen longitudinalen Ausdehnungskoeffizienten des Cylinders bezeichnet

Diese speziellen Formeln nehmen für isotrope Körper einfachere Gestalten nicht an; die allgemeine Gleichung (53") hingegen lautet

53"") x: = _ i]>^ (z. + r, + ^.)- -

Po -*p

Von dem betrachteten Falle gänzlich fehlender kann man leicht zu dem unvollständiger Arbeitszufuhr oder Arbeitsleistung übergehen, der überall da stattfindet, wo beim Beginn des nicht umkehrbaren Prozesses die inneren Spannimgen des betrachteten Körpers durch die äußeren Drucke und Kräfte nicht vollständig im Gleichgewicht gehalten werden. Sind die äußeren Kräfte und Drucke konstant, so ist es bequemer, den ihnen entsprechenden Zustand des Körpers als den normalen einzuführen, und von ihm aus Spannungen und Deformationen zu rechnen. Dann ist also von dem nach S. 530 vervollständigten Ausdruck für die Energie

«1 = Po ^.^ - '^o(«i -X + . . . + «flS;)

auszugehen und dieser in die allgemeine Formel

54) {e\\ - {%\\ =^a. + (ü.

einzusetzen, in der ct^ und co^ die zu der Überführung aus dem Zustand (1) in den Zustand (2) auf irreversibelm Wege erforderliche Wärme und Arbeit bezeichnen. Man erhält dadurch

54^) Qo^.T + r,{a,SL + . . . + a,Sy) + (S:r, +. . . + ^ x,)

= a. + ö).,

wobei rechts für a. nur der Anteil der äußeren Arbeit zu setzen ist, welcher der Steigerung der inneren Energie zu gute kommt, d. h. derjenige, welcher im Zustande des Gleichgewichtes die inneren Spannungen Si, . . 5J bewirken würde, also nach (34) der Anteil

derselbe ist hier mit dem positiven Zeichen zu nehmen, weil die Arbeit das Verschwinden, nicht das Entstehen der durch jrjB, . . . Xy gegebenen Deformation begleitet.

Sonach gilt in dem betrachteten allgemeineren Falle einfach

54") Q^r^T + T,(a,5; + . . . + a^S;,) = «..

Für die Ausdehnung eines Gases mit unvollkommener Arbtit benutzt man am einfachsten den Wert der Energie aus (40"") und erhält so ohne weiteres 54"') (>^ /; r = a. + (o..

§ 8. Verhalten der wirkliehen Gase. 543

Die Formeln (53"') bis (54'") setzen wesentlich den Ansatz (37) für die freie Energie |j voraus und verlangen daher im allgemeinen, um verwendbar zu sein, unendlich kleine Änderungen der Tem- peratur und der Deformationsgrößen. Nur für ideale Gase gilt, wie der Wert der Energie (40""), auch die Formel (54"') allgemein; dagegen würde für die wirklichen Gase und für Dämpfe das Verfahren die Anwendbarkeit verlieren, sowie die Druckänderung p mit dem Gesamt- druck Pq vergleichbar ist Denn für diese Körper, wie für alle Flüssigkeiten, ist der Parameter c des Potentiales mit Pq identisch, darf also nicht mehr als konstant angesehen werden, sowie der Gesamtdruck im Laufe des Vorganges um eine endliche Größe variiert. Da aber die nicht umkehrbaren Veränderungen dieser Körper ein hohes Interesse besitzen, so soll ihre Theorie nunmehr unabhängig von dem Ansatz (37) allgemein entwickelt werden.

Der Grundgedanke des einzuschlagenden Weges, der auch für beliebige feste und tropfbarflüssige Körper anwendbar ist, besteht darin, daß in die Grundformel (53)

dE^dl^ + dlii

links der Wert der Energieänderung eingesetzt wird, wie er sich aus dem Betrage cTA an Arbeit und ^ i} an Wärme berechnet, die auf umkehrbarem Wege die Energieänderung dE hervorzubringen vermögen; die hierdurch erhaltene Formel

(f^-h^ß = (/I^-t-cfiß 55)

bildet die Grundlage des folgenden.

Wir betrachten nun speziell einen Körper, der, wie eine ruhende Flüssigkeit, unter allseitig gleichem normalen Druck im Gleich- gewichte ist

Wählen wir als unabhängige Variabein F und T, so ist nach (30) und (30")

d'^^-PdF, d!il=^Ml\dT+T^,dV, also giebt (55)

Mr^dT+ (t| f - P) ^ r= rfl^ -t- rfjß; 55')

wählen wir P und T, so ist nach (31) und (31")

also nach einfacher Umformung

-d{VF) + Mr^dT+[^ r- t|^) dF=d,A + d[,9.. 55")

544 ///. Tfnl. Wärmelehre. L Kap.

Hieraus erhält man durch Integratiou zwischen zwei Endzustanden

(1) und (2) (2)

55-) {FP),^{Fi\ +f[Mr^dT+ (r-r|^)dp] =^,+ fi,

(i)

Die letzte Formel kann zur Berechnung der fundamentalen Beob- achtungen von W. Thomson und Joule*') über die Dilatation einiger Gase bei unvollständiger Arbeitsleistung benutzt werden. Die Ge- nannten unterzogen der Messung die Temperaturändenmg, welche ein Gas beim Ausströmen aus einem Gasometer erlitt, während seine. Geschwindigkeit durch einen im Ausflußrohr eingeschalteten Widerstand einen porösen Pfropfen auf eine solche Größe herabgedrückt wurde, daß seine lebendige Kraft vernachlässigt werden konnte.

Bezeichnet P^ den Druck im Gasometer, Pg den im äußeren Lufträume, und begrenzt man durch eine diesseits und eine jenseits des Pfropfens normal zu der Bewegungsrichtung konstruierte Fläche, etwa durch zwei normale Querschnitte durch das cylindrische Aus- flußrohr, ein Volumen U, so wird der darin enthaltenen Masse, die zusammengesetzt ist aus dem umschlossenen Gasquantum und dem Pfropfen, während dt eine Arbeit zugeführt, welche gegeben wird durch

d'i^ = Pi qi ds^ Pj q^ ds^ ,

worin die y^ die Querschnitte und die dsj^ die während dt von den in ihnen befindlichen Gasteilchen zurückgelegten Wege bezeichnen. Es ist dann also q^ds^=^dU^ das Volumen, welches das während dt austretende Gasquantum innerhalb des Gasometers, q^ds^^ dl\ dasjenige, welche es im äußeren Lufträume einnimmt Ist P^ und Pj konstant, so läßt sich die Formel auf eine beliebige endliche Zeit anwenden und ergiebt

als den Betrag der beim Ausströmen einer Masse ^iPi = '^P3=-^ aufgewandten äußeren Arbeit; hierin bezeichnet q^ und q^ die Dichte des Gases innerhalb und außerhalb des Gasometers.

Ist während des Ausströmens ein stationärer Zustand erreicht also die Wandung allenthalben von gleicher Temperatur, wie das Gas, so ist fi^ gleich Null, und die Formel (55'") nimmt bei Be- nutzung des obigen Wertes von A^, in dem man U^ mit /^, U^ mit Tj identifizieren kann, die Gestalt an

(2)

55"") j^Mr^dT+(v^T^^dP

= 0;

CD

§ 8, Verhalten der wirklichen Gase, 545'

sie gestattet, wenn F und /'^ als Funktionen von P und T bekannt sind, die einer gegebenen Druckänderung P^ Pj entsprechende Temperaturänderung T, T^ zu berechnen.

Bei idealen Gasen ist dVjdT^ F/T und F^ konstant, also

T3 - r, = 0.

Für kleines t = T^ Tj und kleines » « P^ P, kann man schreiben

und aus beobachteten Wertpaaren r und n den Differentialquotienten ör/öT berechnen; indessen ist dies Verfahren wegen der starken thermischen Änderung von V bedenklich.

Legt man die Van der WAALs'sche Gleichung (78') auf S. 59 fiir Gase und Dämpfe zu Grunde, setzt also

p MBT a .^.

80 wird

dT j _ 2a(K-*)«

Der ganze Ausdruck rechts kann, da er bei idealen Gasen ver- schwindet, bei den wirklichen als eine Größe erster Ordnung an- gesehen werden. Betrachtet man noch ä/T als von erster Ordnung^ so erhält man bis auf zweite Ordnung exklusive

2g

dT 2a

MB TV

und wenn man auch a so klein annimmt, daß das Glied im Nenner neben 1 vernachlässigt werden kann.

Setzt man dies in (55"") ein und bedenkt, daß der Ausdruck unter dem Integral ein vollständiges Differential sein muß, so findet sich

also

er dP

2a

^ M'

\BT^ '

^.

2aP

-+nT),

worin die Funktion f von T allein durch Anwendung der Formel

Yoier, TheoretlBChe Physik. 35

'546 III. TnL Wärmelehre. L Kap.

auf yerschwindende Drucke, wo die Eigenschaften idealer Gase ein- treten, sich zu einer Eonstante /^ bestimmt, so daß folgt:

56 j ^j» ~ M^BT* "^ ^ '

Integriert man unter Rtcksicht hierauf den Ausdruck (55"") zwischen den Grenzzuständen (1) und (2), so erhält man

Da Tj Tj = T immer sehr klein neben T^ oder 7', ist, so kann man, indem man wieder P^ P, = :t setzt, das Resultat auch schreiben

56'") Mr,T=-^[-^^-^r-l>).

Nach den Beobachtungen über die Abhängigkeit des Volumens von Druck und Temperatur ist für die von Joule und Thomson untersuchten Gase (Luft und Eohlensäur'^) a und b positiv und das erste Glied der Klammer größer, als das zweite; in der That lieferten die Messungen eine Temperaturemiedrigung beim Aus- strömen, welche mit steigender absoluter Temperatur abnahm und der Größe nach befriedigend mit der obigen Formel übereinstimmt

Da positives a nach S. 58 einer wechselseitigen Anziehung der Gasteile entspricht, so ist eine solche auch durch die genannten Beobachtungen festgestellt.

Dasselbe Resultat giebt auch 'Formel (55'), wenn man darin nach (56)

setzt; r^ muß hier konstant sein, und man erhält

57') ^^ + ß^=^/;r + «(-l--J--),

also bei Ausdehnung ohne Wärme- und Arbeitsaufnahme

57") ,if/;r=+a(-^--l).

Einer Abkühlung bei Volumenvergrößerung entspricht a > 0, einer Erwärmung a < 0.

Die am Anfang dieses Abschnittes eingeführte Annahme, daß alle Zustände eines Systemes auf umkehrbarem Wege aus dem Normalzustand erhalten werden können, gestattet aus der Ungleichung

() - rj. ^0,

die nach Seite 509 für nicht umkehrbare Kreisprozesse unter ge-

§ 9. Wärmeleittmg und DefarmaHov. 547

wissen Voraussetzungen zu erhalten war, eine interessante Folgerung zu gewinnen.*®)

Wir wollen annehmen, daß der Kreisprozeß nur auf einem Teil zwischen den Zuständen (0) und (1) nichtumkehrbare Änderungen enthalte, und daß diese ohne äußere Wärmezufuhr vor sich gingen. Dann fällt jener Teil aus dem obigen Integral wegen des ver- schwindenden d^ii fort, und es bleibt nur

(0)

jT-^^O, 58)

(1) oder, da für die Zustände auf dem umkehrbaren Teil des Kreises

rf'ß= TdH

//,-/f,^0, H,^H,. 58)

Dies sagt aus, daß unter den gemachten Voraussetzungen auf dem nicht umkehrbaren Teil bei mangelnder Wärmezufuhr die En- tropie des Körpers stets zunimmt.

Fügt man die plausible Annahme hinzu, daß die Zustands- änderungen, welche in der Natur in abgeschlossenen Systemen sich von selbst abspielen, niclitumkehrbare sind, so erhält man das Resultat, daß diese Vorgänge jederzeit von einem Wachstum der Entropie begleitet sind.

Wir werden ein diesem Resultat nahe verwandtes im nächsten Ab- schnitt auf einem anderen Wege beiläufig noch einmal ableiten, der die S. 508 gemachte Annahme über nicht umkehrbare Vorgänge nicht voraussetzt.

§ 9. IFicht umkehrbare Vorgänge, die mit Wärmebewegung verbunden sind. Theorie der Wärmeleitung.

Einer der wichtigsten nicht umkehrbaren Vorgänge ist die inner- halb eines körperlichen Systemes infolge von Temperaturdiflferenzen stattfindende Wärmebewegung; auch für sie und die sie be- gleitenden Vorgänge bietet die Energiegleichung in der Form (53), wie sie den Ausgangspunkt der Entwickelungen des vorigen Para- graphen bildete, die geeignete theoretische Grundlage.

Wir schreiben dieselbe zunächst, indem wir die BezeichnuDgen €j, ti, V, w, X\ y, Z^ und X, Y, Z in demselben Sinne benutzen, wie S. 524 u. f.

35*

648 m. Teä, Wärmdehre. L Kap.

69)

f{dB^)dk ==f{Tdu + rdv + Z'dw)dk

+ f(Xd'v + Yd~i+Zdw)d& + dlii.

Hierin sind, solange die Wärmezufuhr völlig willkürlich ge- lassen wird, Beziehungen zwischen den äußeren und den inneren Elräften nicht vorhanden, und die in § 6 hierfür benutzten Gleichungen haben deshalb zunächst keine Gültigkeit

In der That, könnte man einem beliebig abgegrenzten Volumen k des Körpers für sich allein in unendlich kleiner Zeit eine endUche Wärmemenge zufuhren, so würde dessen Temperatur sich augen- blicklich um einen endlichen Betrag erhöhen, und in gleicher Weise würden seine inneren Drucke variieren, während in seiner Umgebung aUes konstant bliebe, und daher auch die gegen seine Oberfläche wirkenden Drucke die früheren Werte behalten müßten; dies würde dann einen Fall geben, welcher der Ausdehnung eines Gases bei un- voUkommener Arbeitsleistung analog wäre und an gewissen Stellen auf unendliche Beschleunigungen führte.

Anders in der Wirklichkeit; die stets langsame Wärmeeinstromung, welche nie ein Volumenelement allein trifft, und die große Fort- pflanzungsgeschwindigkeit von Deformationen innerhalb elastischer Körper wirken übereinstimmend daMn, daß in letzteren auch bei Wärmebewegungen in jedem Augenblick die verallgemeinerten elasti- schen Fundamentalgleichungen (32) und (32') äußerst nahe gültig ^nd. Ist dies aber der Fall, so kann man die Gleichung (69) imter Benutzung von (32) und (32') umformen und bei Einführung der inneren Energie b\ der Volumeneinheit erst schreiben

590 J{d e; -1- S^ dx^+ ...B^dx^)dk^ din ,

und sodann bei Berücksichtigung von (35) und (35') auch folgern

59") J[Tdfi^)dk^dlSi.

Letzteres giebt, auf ein Volumenelement angewandt, die Gleichung

Tdri.= ^^=-dlio

^ dk

und somit dieselbe Formel, als wenn die Wärmezufuhr in umkehr- barer Weise stattfände; wir wollen deshalb auch weiterhin an d^Q und d^m den Index ^ nicht mehr anbringen.

Durch Vorstehendes ist die auf S. 623 eingeführte Annahme begründet und ihr Gültigkeitsbereich begrenzt

Zerlegt man den Körper durch eine beliebige Fläche in zwei Teile (l) und (2) und bezeichnet die Wärmemenge, die (1) von (2)

§ 9. Wärmeteitung und Deformation. 549

erhält, mit d^ii^^j die umgekehrte mit d^ii^ij so folgt aus (59") er- sichtlich

denn wenn man das Integral über den ganzen Körper erstreckt, darf nur die von außen zugefiihrte Wärme übrig bleiben. Gleiches gilt offenbar bei beliebiger Zerlegung des Korpers für den Wärme- austausch zwischen beliebigen Teilen (Ä) und (A), sodaß aus den obigen Voraussetzungen nunmehr auch die Beziehung

d'ii,,+ d'ii,,= 0

folgte welche auf S. 519 erwähnt und benutzt ist.

Nimmt man an, daß die ganze Wärmezufuhr direkt nur einer unendlich dünnen Oberflächenschicht zukommt, der Körper also, wie man sagt, absolut adiatherman ist, so kann man statt (59'') schreiben

JT^^dk^jSlJo, . 59'")

worin ß^ die durch da eintretende, auf die Einheit von Zeit und Fläche reduzierte Wärmemenge in absolutem Maße bezeichnet, deren Dimensionalgleichung lautet

[ßj = »i^3. . 59"")

Hierin ist dfj^jdt ein totaler Differential quotient, insofern er die ganze durch TjX^, ^w vermittelte Änderung von ly^ darstellt; er ist zugleich ein partieller, insofern er sich auf eine einzige Stelle X, y, z des Körpers bezieht

Bei der vorstehenden Entwickelung ist in Übereinstimmung mit dem Inhalt von § 6 stillschweigend angenommen, daß die Druck- komponenten Sg^j ' ' ' ^y 1^611^6 absorbierenden Anteile enthalten, also durchaus konservativ sind. Ist dies nicht der Fall, enthalten sie vielmehr noch Glieder H«, Äy in sich, welche, wie die Kom- ponenten der inneren Reibung im engeren Sinne des Wortes, von den Deformationsgeschwindigkeiten abhängen, so fällt deren Anteil in dem Raumintegral auf der linken Seite von (59') nicht fort, es bleibt vielmehr, wenn wir

{Sxdx^+ ... + S^dxy)^ d'aj 60)

setzen, d^aj in den weiteren Formeln bestehen, sodaß (59") lautet

J{Tdf]^ + d'aj)dk = d'i2, 60')

und analog (59"), falls d'aj/dt aj gesetzt wird,

f^T-^ + aijdk^fn^do. 60")

550 ///. Teil. Wärmelehre. L Kap,

Ganz ähnliche Entwickelungen sind in den Fällen anzuwenden, daß noch Kräfte von der Art der höheren Glieder des allgemeinen Ansatzes (240) auf S. 456 eingeführt werden.

Indessen kompliziert sich hier die Betrachtung dadurch, daß dann |j und ^\ noch von mehr, als den früheren sieben Argumenten abhängen, und sie mag daher umsomehr unterbleiben, als die Resultate praktische Bedeutung zunächst noch nicht haben.

Wendet man die Gleichung (59'") oder (60") auf ein unendlich kleines Yolumenelement an, so müssen in dem Oberflächenintegrale die endlichen Glieder sich gegenseitig zerstören, weil das Volumen um eine Ordnung höher unendlich klein ist, als die Oberfläche des Elementes.

Man erhält, indem man für das Volumen k zunächst einen un- endlich niedrigen Cylinder wählt, dessen Grundflächen die inneren Normalen + n und n haben,

61) ß+„ + ß-„ = 0,

eine Formel, die auch gilt, wenn der Cylinder über der Grenzfläche zwischen zwei verschiedenen Körpern h und k errichtet ist, und die sich hier anschaulicher schreibt

Wählt man für k ein Elementartetraeder, dessen Flächen normal zur X-, T-, Z'kxe und einer beliebigen nach außen positiv gerech- neten Richtung n sind, so folgt

61") ß^= fl^ cos [tIj x) + ßy cos (n,y) + fi, cos(n, z) ,

ß^, ß , ß^ sind hierin die speziellen Werte, die ß^^ annimmt wenn die Normale n auf dfo in die X-, J-, Z-Axe fällt; sie sind innerhalb k als Funktionen der Temperatur zu betrachten und dürfen mit dieser selbst stetig gesetzt werden.

Betrachtet man ß^^, ß , ß^ als die Komponenten eines Vektors ß^, dessen Richtung {s) sei, so ist nach (61")

61"') ß^= ß,cos(n,5).

Auf der Geltung der Beziehungen (61) bis (6r") beruht die Berechtigung, für die Vorgänge des Wärmeaustausches zwischen sich berührenden Volumenelementen die Wärme als eine Flüssigkeit zu betrachten; ß^, ß , ß^ sind dann die Strömungskomponenten, ß, die resultierende Strömung, die parallel mit s stattfindet

Setzt man ß„ aus Formel (61") in (60") ein, so erhält man, da nach der gemachten Annahme die teilweise Integration er- laubt ist.

§ 9. Wärmeleifung und Deformation. 551

62')

J (ß^ cos (n, x) + £i cos {n,y) + ii^ cos (n, z)) do

Diese Formel gilt für jede Gestalt des Volumens A, also folgt auch für jede Stelle

und damit das Gesetz, nach welchem sich die Entropie f}^ der Yolumeneinheit unter den gemachten Voraussetzungen mit der Zeit ändert.

Entnimmt man der Formel (36") den allgemeinen Wert für dfi^jdt, der Formel (60) den für a^, so erhält man schießlich

dT dSl^ dSiy dSl^

hier erscheint die Temperatursteigerung gegeben durch den Wärme- strom und durch die mechanische Wirkung der konservativen, wie der absorbierenden Kräfte; das letzte Glied stellt die S. 460 er- wähnte, in der Volumeneinheit während der Zeiteinheit absorbierte Arbeit dar.

Die Gleichung (62') ist abgesehen von der Beschränkung auf sieben Argumente noch ganz allgemein, setzt z. B. nichts über den Grad voraus, in welchem die Druckkomponenten die Temperatur und die Deformationsgrößen enthalten; ebensowenig ist über das Gesetz der ii etwas angenommen. Nun erst wollen wir hierüber besondere Verfügungen treffen.

Für die Behandlung spezieller Probleme beschränkt man sich in Bezug auf ii^j ^yj Um stets auf einen Ansatz, der, etwa wie der Ansatz (37) für |., als eine erste Annäherung zu betrachten ist Man setzt nämlich, da die Wärmeströmungen unzweifelhaft von der Ände- rung der Temperatur mit dem Orte abhängen, die Strömungs- komponenten gleich linearen Funktionen der Temperaturgefälle nach den Eoordinatenaxen, nimmt also

63)

552 UI. Teil Wärmelehre, L Kap.

Hierin sind die A^j^ die Wärmeleitungskoeffizienten in mecha- nischem Maße, /^j = Kkl^ diejenigen in calorischem Maße; und zwar gilt offenbar

dagegen

63") [/^J=M?/-^r-itt-i.

Die Formeln (63) stimmen mit den auf S. 295 u. £. behandelten Ansätzen für die Strömungskomponenten einer imponderabeln Flüssig- keit Yollständig überein, gestatten also ohne weiteres die Übertragung der dort aus ihnen gezogenen Folgerungen.

Was die Druckkomponenten angeht, so wollen wir uns zunächst auf konseryative Kräfte beschränken, die S^, ... S^ also gleich Null setzen; sodann wollen wir, als in der Praxis meis^ genügend, den Ansatz (37) einführen, welcher für ^^ eine Funktion zweiten Grades von Xgsy . . . Xy uud T giebt, und aus welchem das System der Druckkomponenten (37") folgt.

Benutzt man gleichzeitig die obigen Werte von ß«» ßy» fit> so erhält man aus (62')

64)

^^^ ÖT ^ ^1 Öi« +^2y^ + ^83 ä^ + (^23 + ^82) Qydx

+ (^31 + ^13) Ö^CÖX + ^^12 + ^2l)-ö^ö^

•3

- ^-ßjiai ^x + 92!/y + ?3 ^* + y^y« + 95^' + ye^y)»

oder unter Rücksicht auf (38") auch

^'^Tt^^^Wx*^^^ di/ ■*" '^33 a j^l T- l^Ajj, -t A33J ^^^^

64')

+ (^1 + ^is) "ä^ö ^ +(^2+^1) öa?9y

Hierin ist innerhalb der durch den Ansatz (37) eingeführten Annäherung q und T als konstant, etwa gleich q^ und 7^ anzusehen. Für isotrope Körper giebt (64) unter Rücksicht auf (39"")

65) /'.(>«47=^AT-'roy-|f-,

oder, da nach der vorletzten Formel (39") 61') r r - Hkl"

ist, auch

§ 9, WärmeleUung und Deformation, 553

/;?oT/-=^Ar-p,i^3^^; 65")

die Deformationen haben hier also nur dann Einfluß auf r, wenn sie mit der Zeit veränderliche räumliche Dilatationen i^ bewirken.*^ Die Formeln (64) resp. (65) bilden mit den Gleichungen (32) nach Einsetzen der Werte (37") flir die Drucke Sx, ... Äy die Hauptgleichungen für das ganz allgemein und streng gefaßte Problem des Gleichgewichts und der Bewegung elastischer Körper ohne innere Reibung, bei Berücksichtigung der thermisch-mechanischen Umsetzungen, oder, anders ausgedrückt, für das Problem der Wärmeleitung bei Ein- führung der mechanisch-thermischen Wirkungen; dazu kommen die Grenzbedingungen der Elasticität für äußere und Zwischengrenzen, in den Sb> Äy statt in den X^^ . , . Xy ausgedrückt, und die thermischen Grenzbedingungen, welche an Zwischengrenzen lauten:

und an Außengrenzen entweder r oder ß^ oder ein Aggregat von der Form jPt + ß^ vorschreiben; endlich auch noch die Angaben über die Anfangswerte von m, v, m?, r und dujdt ^u, dvjdt^v'j

Sie bilden zusammengenommen ein System, welches nur in seltenen Fällen analytischer Behandlung zuganglich ist.

um zu untersuchen, ob es das Problem eindeutig bestimmt, hat man ähnlich, wie auf S. 308 und S. 345 zu verfahren. Man nimmt an, daß zwei Systeme von Lösungen für u, v, w und r mög- lich wären, bezeichnet ihre Differenzen mit u\ v\ vf und t', bildet die Haupt- und! Grenzgleichungen für letztere Größen und faßt die den Gleichungen (32) entsprechenden mit den Faktoren

{du'ldt)dkdt, {dv'ldt)dkdt, {drc' fd t)dkdt

zusammen, addiert hierzu die der Gleichung (64) entsprechende mit dem Faktor r'dk dtj T^, integriert und summiert über das System und inte- griert nach t von 0 bis ty Man erkennt leicht, daß in dem so erhal- tenen Aggregat die Glieder, welche in die q^^ multipliziert sind, sich herausheben und dadurch das Eesultat sich als einfache Superposition der S. 308 und S. 345 erhaltenen darstellt; es gestattet somit auch die früheren Schlüsse, daß nämlich das Problem eindeutig bestimmt ist, wenn das elastische isothermische Potential und die Wärmeleitungs- funktion (79"') auf S. 301 definite quadratische Formen sind.

Der einfachste und zugleich wichtigste spezielle Fall ist derjenige der Fortpflanzung von Schwingungen in einer unendlichen Flüssigkeit.

554 ///. T«Y. Wärmelehre. L Kap.

Die dafür geltenden Hauptgleichungen (124) von S. 346 nehmen jetzt^ falls man von körperlichen Kräften absieht^ die Gestalt an

Id^u __ d^d^ dj_ d^ _ ^ ^ ^ ^

zu ihnen kommt die thermische Gleichung (65") von S. 553.

Wenn es sich nur um die Bestimmung von & handelt, kann man statt der vorstehenden drei die eine Formel benutzen

66') ^^.^^ = cAr')--qAT,

während man für (65") kurz schreiben kann:

66") 4}=^'^^-*'4f-

Durch Elimination von r erhält man hieraus ftir i9- die Gleichung

66'") Qo"^, + ^'A (^At^-P^f) -{x'q + c)A || = 0,

welche durch Exponentialgrößen und trigonometrische Funktionen integriert werden kann. Sie zeigt u. a., daß fortschreitende ebene Schwingungen mit wachsender Entfemimg von der Erregungsstelle, stehende Schwingungen, welche durch einen Anfangszustand bewirkt sind, mit wachsender Zeit schwächer werden, während die mittlere Temperatur an jeder Stelle sich nicht ändert

Dieses Eesultat ist offenbar unrichtig, denn es steht mit der Energiegleichung im Widerspruch. Verursacht ist die Ungenauigkeit dadurch, daß die ganze vorstehende Betrachtung nur die niedrigsten Korrektionsglieder berücksichtigt

Man erkennt dies am einfachsten, wenn man den Ansatz (37) als streng richtig betrachtet und bei seiner Anwendung keine Ver- nachlässigungen eintreten läßt Dies kommt darauf hinaus, daß man im Endresultate (64) resp. (65) T, und damit qF^^tT^ worin r eine Konstante ist, nicht mehr als konstant ansieht Führt man den Wert r= T^ + T ein, so findet man an Stelle der Formel (66") eine von der Gestalt

dx va /»i •> \^^ X dx

_ = A Ar - (x + xir)^ - ^^-^ ,

welche in der That dauernde Temperaturänderungen infolge von Bewegungen ergiebt

Auch für die absorbierenden Kräfte wollen wir uns mit der einfachsten Annahme begnügen. Wählt man für sie den der inneren

§ 9, Beine Wärmeleitung.

555

Reibung entsprechenden Ansatz (244) von S. 462, so tritt an Stelle von (66) folgendes System

d*u , , , \ ÖM , , , , , 8*» dt

dy

67)

670

und an Stelle von (65)

worin a, o^ oder Oj , o, = a o^ die Beibungskonstanten der Flüssig- keit sind.

Beschränkt man sich in der letzten Formel, wie früher, auf die niedrigsten Glieder, so reduziert sie sich auf ^^)

^f^o^ = ^ Ar- T^q-jjy 67")

wozu aus (67) tritt

Po -Q^ = cA* + aA-^-yAT.

67"')

Aus ihnen kann man r eliminieren und erhält eine (66"') ähnliche Gleichung, die die analogen Folgerungen gestattet, wie jene; sie führt auch auf den gleichen Widerspruch mit dem Energieprinzip, der sich ähnlich, wie dort, aus der Vernachlässigung der Glieder zweiter Ordnung erklärt.

Bei der Untersuchung der Wärmeleitung in festen und flüssigen Körpern spielt erfahrungsgemäß die Wirkung der Deformationen auf die Temperatur nur eine untergeordnete Rolle, und man kann sie in den meisten Fällen der Praxis vernachlässigen. In gleicher An- nälierung kann man auch den Unterschied zwischen der spezifischen Wärme F^ und der, direkter Beobachtung zugänglichen F^ ignorieren. Dann nehmen die Formeln (62^) und (64) die Gestalt an*^)

P dt ^^ P dt "^ "da?

+ -,17- + -p / = 0^ o^ör

dx * dy * dx

68)

dU

+ (^81 + ^s) ölTdJ' "^ ^^> "*" ^1^ dxdy '

68')

556 /ZT. Teü. Wärmelehre. L Kap,

welche letztere sich bei isotropen Körpeni reduziert auf

68") ,,^/;^ = AAT.

Die Formel (68') ist identisch mit der allgemeinen, in § 13 und §14 des II. Teiles behandelten Hauptgleichung der Bewegung im- ponderabler Fluida, und gleiches gilt bezüglich der Grenz- und Oberüächenbedingungen für r, die auf S. 553 angegeben sind.

Wir wollen die Umstände erörtern, unter denen die eine oder die andere Form der letzteren in praxi Geltung gewinnt

Die erste der für Zwischengrenzen gültigen Bedingungen

gilt stets, wenn die Körper in der Grenze relativ zu einander ruhen, die zweite immer dann, wenn die Grenzfläche keine Quellen enthält, was wir hier voraussetzen wollen, was aber, wie im folgenden Teüe sich zeigen wird, nicht immer stattfindet.

An einer Außengrenze ist die Temperatur dann konstant vor- geschrieben, wenn die Oberfläche mit einem Körper in Berührung ist, der sich auf derjenigen Temperatur befindet, bei welcher er seinen Aggregatzustand ändert, z. B. mit Wasserdampf im Sättigungs- zustande oder mit Eis bei Schmelztemperatur. Ist Sorge getragen, das Umwandlungsprodukt hier Wasser dauernd zu beseitigen und die Berührung zu erhalten, so vermag die bei der Umwandlung in Aktion tretende Wärme jederzeit^ die durch Leitung abgeführte zu ersetzen und die Oberflächentemperatur konstant zu erhalten.

Wird die Quantität umgewandelter Masse der Messung unter- worfen, so giebt dieselbe bei stationärem Zustande nach Gleichung (17') zugleich die Größe von ß,^ an.

Zwei Fälle von besonderer praktischer Bedeutung führen auf die Oberflächenbedingung, welche den Wert von F^r + ii^ vorschreibt

Der erste ist der, daß die betreffende Oberfläche des Körpere von einer stark umgerührten Flüssigkeit bespült wird, innerhalb deren man daher die Temperatur r' als konstant ansehen kann.

Faßt man die betreffende Oberfläche als eine Zwischengrenze auf, so handelt es sich darum, in einer, der zweiten Gleichung (69) entsprechenden Bedingung die in die Flüssigkeit übergehende Wärme- menge ii' zu bestimmen; diese wird, falls der Übergang nur durch Leitung stattfindet, eine Funktion der Oberflächentemperatur r des Körpers und der Temperatur r' dgr Flüssigkeit sein, die nach S. 495 verschwinden muß, wenn r = r' ist. Infolgedessen wird man setzen können

§ 9. Reine Wärmeleittmg, 557

fl»= X\t - O + X\ (t - ry + . . . ,

worin die AJ Konstanten sind, welche von der Natur der Grenzfläche nnd etwa noch von dem Bewegungszustande der Flüssigkeit ab- hängen. Setzt man kleine Temperaturdifferenzen voraus, so kann man sich auf das erste Glied der Reihe beschränken und erhält nach der zweiten Gleichung (69)

ß„+r(7-T') = 0, 69')

also wenn r' gegeben, etwa durch die direkte Beobachtung bestimmt ist, eine Grenzbedingung, welche der oben angegebenen entspricht. Eine ähnliche Formel, in analoger Weise begründet, wird auch in dem Falle angewandt, daß der Wärme abgebende oder empfangende Körper vom leeren Baum oder einem Gase umgeben ist, und die Wärmebewegung, wie man sagt, weniger durch Leitung, als durch Strahlung bewirkt wird; nur steht dann an Stelle von V eine andere Konstante A, die sogenannte äußere Leitfähigkeit, an SteUe von r' die Temperatur r^ welche ein Thermometer, in bedeutender Ent- fernung von dem Körper oder durch einen Schirm gegen dessen Wirkung geschützt, anzeigt, und welche man als die Temperatur der Umgebung bezeichnet, während t in dem Falle, daß der Körper selbst adiatherman ist, beibehalten werden kann. Man kann hier also schreiben'*)

fl„ + l(r-rj = 0. 69")

Nach der Ableitung werden die beiden Gleichungen (69') und (69") nur im Falle sehr kleiner Temperaturdifferenzen der Wirklichkeit entsprechen. Die Dimensionen der Konstanten T und l sind

[A'] =. [I] « mr-3tt-i. 69"')

Wegen der im Vorstehenden nachgewiesenen Übereinstimmung zwischen den für die Wärmeleitung, ohne Bücksicht auf die mechar nischen Wirkungen, gültigen Gleichungen und denjenigen, die wir der Theorie der Bewegung eines imponderabeln Fluidums innerhalb eines Leiters zu Grunde gelegt haben, sind alle bei dem ftüheren Problem gewonnenen Besultate auf das neue einfach übertragbar, mögen sie nun den stationären oder den veränderlichen Zustand betreffen. Es genügt daher, hier auf einige Punkte hinzuweisen, die von besonderem Interesse fllr das thermische Problem sind.

Hier kommt in erster Linie der Umstand in Betracht, daß wir in praxi ein System thermisch zu isolieren nicht vermögen, daß also die in anderen Gtebieten vorkommende Oberflächenbedingung ß^ = 0 in der Wärmelehre keine Anwendung findet, sondern überall durch

558 UI. Teü. Wärmelehre, L Kap.

eine Bedingung von der Form (69") ersetzt wird. Hierdurch erhalten die für die Beobachtung so wichtigen Probleme der Wärmebewegung in Platten und Stäben ihr eigentümliches Gepräge.'^

Handelt es sich um eine planparallele Platte von der Dicke 2A, die so dünn gegen ihre Länge und Breite ist, daß man r als in der Dickenrichtung merklich konstant ansehen kann, so wollen wir die ZT- Ebene in die Mittelfläche der Platte legen und die Haupt- gleichung (68) dadurch umformen, daß wir sie nach Multiplikation mit dz von 2:=— Abi8z=+Ä integrieren. Dann wird nach (63)

/^■'''--2*5l('..r>^=li).

+ A

+ h

/

- h

wobei schon die Bedingung (69") benutzt ist Durch Einsetzen er- hält man die Hauptgleichung für homogene ebene Platten:

Sie läßt sich durch Wahl eines geeigneten Koordinatensjstemes Xq, Yq auf die Form

and bei konstantem r„ durch Einführung von

und durch die Substitution

r - r„ = r

70") *o y^ = I y^. yoV^ = »? vk> ^' = K K

auf die andere _

bringen. Eine partikuläre Lösung von der Form

läßt sich dem Fall anpassen, daß sich an der Stelle | = ?/ = 0 der unbegrenzten und anfänglich auf konstanter Temperatur beiindlichen Platte eine Quelle befindet; in demselben sind die Kurven konstanter Temperatur gegeben durch die Gleichung

§ 9, Wärmeleit«ng in Platten und Stäben. 559

^" + lJ = Const,

welche Ellipsen darstellt, die der Schnittkurve des Hauptellipsoides (77'") auf S. 298 mit der X^Y^-lSh^nQ ähnlich und gleichliegend sind.

Auf diesem Resultate beruht eine bekannte Methode, die Lage und das Größenverhältnis der Hauptaxen jener Kurven experimentell angenähert zu bestimmen.

Ist die Platte seitlich begrenzt, so wird am Hände entweder die Temperatur r vorgeschrieben sein, oder es wird freie Ausstrahlung stattfinden; im letzteren Falle gilt daselbst die Bedingung (69").

Für einen geraden Cylinder, dessen Dicke gegen seine Länge so gering ist, daß man die Temperatur als auf jedem Querschnitt merklich konstant ansehen darf, ist ähnlich zu verfahren; wir legen die ^-Axe in eine beliebige, etwa die Axenfaser des Cylinders und integrieren die Formel (68) über den Querschnitt q. Dann wird

falls Xq die mittlere äußere Leitfähigkeit und s die Länge der Peri- pherie des Querschnittes q bezeichnet; außerdem ist

also nimmt die Hauptgleichung die Gestalt an

oder bei konstantem t„ und bei Einführung von t r^ = r' auch

An den Enden wird entweder die Temperatur r vorgeschrieben sein, oder es wird freie Ausstrahlung stattfinden; im letzteren Falle gilt daselbst die Bedingung

±^3f^ + Mr-r„) = 0, 71')

wobei das obere Zeichen dem negativen, das untere dem positiven Ende des Cylinders entspricht.

Diese Formeln, welche durch Exponentialgrößen und trigono- metrische Funktionen integriert werden, enthalten die Grundlage wichtiger Beobachtungsmethoden zur Bestimmung der Leitfähigkeits- konstanten A^j^; handelt es sich um krystallinische Körper, so müssen mehrere, verschieden gegen die Krystallaxen orientierte Stäbe der

/■

560 ///. Teil Wärmeiehre, L Kap.

71")

Untersuchung unterworfen werden, um alle Konstanten zu finden. Benutzt man das Schema der Eichtungskosinus auf S. 418 und be- trachtet darin die Axen S, H^ Z sls die krystallographischen Haupt- axen, auf welche bezogen das System der Hauptkonstanten mit l^ic bezeichnet werden mag, so ergiebt sich leicht aus den Grund- formeln (63)

dies Resultat zeigt, daß man überhaupt mit Hilfe von Stäben nur sechs Aggregate der neun Eonstanten lHj^ bestimmen und speziell die rotatorischen Glieder (A^ k^^) u. s. f. nicht erhalten kann.

Die Gleichungen für den stationären Zustand, die man aus ^68), (70) und (71) erhält, indem man in denselben dr jdt gleich Null setzt, enthalten ebenso, wie die zugehörigen Grenzbedingungen, von den Leitungskoeffizienten A und A^^ nur die Verhältnisse,- woraus folgt, daß absolute Werte durch die Beobachtungen des stationären Zustandes nicht gewonnen werden können. Diese liefert die vorhergegangene Bestimmung des Produktes /^ q^ vorausgesetzt nur die Untersuchung des veränderlichen Zustandes, welche sowohl bei Kugeln und Parallelepipeden, als bei cylindrischen Stäben theore- tisch und praktisch durchgeführt ist.

Für den stationären, wie für den veränderlichen Zustand kommt dabei die folgende Bemerkung in Betracht.

Alle Methoden zur Bestimmung der A^^ , bei denen Oberflächen- bedingungen von der Form (69') oder (69") einen wesentlichen Ein- fluß auf das Resultat besitzen, sind nach dem S. 556 und 557 Gesagten prinzipiell bedenklich. Demgemäß wird insbesondere die Anwendung von dünnen Stäben und Platten nur dann zuverlässige Werte der Konstanten durch die Beobachtung abzuleiten gestatten, wenn Mittel vorhanden sind, die Gültigkeit dieser Bedingungen durch das Experi- ment zu prüfen. Theoretisch am vollkommensten wird jederzeit eine Methode sein, welche den veränderlichen Zustand innerhalb eines homogenen Mediums beobachtet, das in erster Annäherung als un- endlich betrachtet werden kann; angenähert realisieren läßt sich z. B. der Fall des Halbraumes von anfänglich konstanter Temperatur, dessen Grenzebene von einem bestimmten Zeitpunkt an auf einer abweichenden konstanten Temperatur erhalten wird.

Eine Schwierigkeit wird in der Praxis dadurch hervorgebracht, daß das Thermometer, welches zur Beobachtung der Temperatur mit dem zu untersuchenden Körper in Verbindung gebracht werden muß, sich

§ 10. Allgemeine Olmehgewiektsbedingtmgen. 561

an der Wärmebewegung beteiligt und sonach bei der Theorie in das System mit einbezogen werden muß. Um seinen Einfluß mög- lichst klein und möglichst leicht auswertbar zu machen, wählt man als Thermometer zumeist ein Thermoelement, aus zwei Drähten ge- bildet, welche als lineare Leiter von unendlicher Länge betrachtet werden können.

Rotatorische Qualitäten können in Bezug auf die Wärmeleitung bei Krystallen gewisser Gruppen vorkommen, die aus dem Schema 11" auf S. 138 zu ersehen sind; sie können in isotropen Körpern auftreten, wenn dieselben während der Wärmebewegung einer magnetischen Kraft ausgesetzt werden, wie dies im nächsten Teile erörtert werden wird.

liber den experimentellen Nachweis dieser Eigenschaften ist auf S. 305 u. f. in dem Falle gesprochen worden, daß die Strömung in einer beiderseitig isolierten Platte stattfindet; das Verfahren ist im wesent- lichen auch noch anwendbar, wenn auf den Seitenflächen das Aus- strahlungsgesetz (69") gilt, nur ist die Theorie der Methode dann natürlich komplizierter.

Eine besondere Erwähnung verdient schließlich noch der in den früheren allgemeinen Entwickelungen nicht enthaltene und praktisch wichtige Fall, daß die Zwischengrenze zwei Körper von derselben Zusammensetzung, aber in verschiedenem Aggregatzustande scheidet, z. B. Wasser und Eis. Hier hat die Wärmebewegung die Umwandlung von Masse aus der einen in die andere Modifikation und damit zugleich eine Verlegung der Grenzfläche zur Folge; sieht man von der Verschiedenheit der Dichte der beiden Modifikationen ab, so kann man das System im übrigen als ruhend betrachten.

Bezeichnet hierbei dn die während dt stattfindende Verschiebung der Zwischengrenze in der Richtung der Normalen in diejenige Modifikation hinein, die durch Wärmezufuhr aus der anderen ent- steht, und bezeichnet, wie in (17'), A die spezifische Reaktionswärme in mechanischem Maße, so erhält man leicht die Bedingung ^^)

(ßA + (^J» + ^P^ = 0. 72)

ZU welcher noch hinzuzimehmen ist, daß die Temperatur in der Grenze der ümwandlungstemperatur gleich sein muß.

§ 10. Sie allgemeinen Bedingungen fiir das thermisch -mechanische

Gleichgewicht.

In der reinen Mechanik haben wir gefunden, daß alle Bedingungen für das Gleichgewicht eines beliebigen materiellen Systemes unter

Voigt, Theorettecho Physik. 3g

562 lU, TeiL Wärmelehre. L Kap,

der Wirkung konservativer innerer und beliebiger äußerer Kräfte in das eine Symbol

73) 5 0 - 5!^ = 0 .

zusammengefaßt werden können, in dem S 0 eine virtuelle Variation des Potentiales der inneren, und S^A die virtuelle Arbeit der äußeren Kräfte bezeichnet.

Kann dagegen das System in der gegebenen Konfiguration nicht im Gleichgewicht verharren, so folgt die im ersten Moment eintretende Bewegung der Ungleichung

73') d(l>^d'A <0.

Letztere Bedingung hat zur Folge, daß bei mangelnden äußeren Kräften die Bedingung des Gleichgewichts auf die Form

73") 0 = Minimum

gebracht werden kann.

Diese Resultate gestatten auch die Anwendung auf nicht kon- servative Kräfte, wenn dieselben mit den Geschyrindigkeiten selbst verschwinden; denn da in beiden Formeln (73) und (73') Ruhe oder unendlich kleine Geschwindigkeit vorausgesetzt ist, so können die Arbeiten solcher Kräfte in ihnen nicht auftreten.

Es liegt nun nahe, durch analoge Schlüsse, wie sie auf S. 499 den Übergang von der rein mechanischen Gleichung der Energie (48) |auf S. 40 zu der durch Heranziehung der thermischen Vor- gänge erweiterten Gleichung der Energie (2) auf S. 499 vermittelten, auch die vorstehenden mit der Gleichung der mechanischen Energie in Zusammenhang stehenden Bedingungen zu erweitem, das Potential durch die gesamte innere Energie £"' des Körpers, die Arbeit durch die Summe von zugeflihrter Arbeit und Wärme zu ersetzen. Man gewinnt dadurch als Bedingung des Gleichgewichts die Formel

74) 5J?'-^'ß- J!^ = 0,

und als charakteristische Eigenschaft des Beginnens der Bewegung aus der Ruhe die andere

74') rf£"-rf'ß-rf!^<0.

Daß die erste Bedingung im Falle des Gleichgewichts erfölli also notwendig ist, ergiebt ihre Vergleichung mit der Energie- gleichung (2'), indem man in derselben die lebendige Kraft V der äußeren Bewegung gleich Null setzt Daß sie aber auch die hin- reichende Bedingung ftir den Eintritt des mechanischen Gleich- gewichtes bildet, läßt sich für den oben betrachteten Fall eines beliebigen elastischen Mediums auf folgende Weise zeigen.

§ 10, Attgemeine Gleiehgewiehishedmgungen. 568

Wir nehmen an, die Wärmebewegung finde auf eine Weise statt, die sich nur unendlich wenig von einer umkehrbaren unterscheidet, eine Annahme, über die S. 548 gesprochen ist, setzen also

unter Benutzung der Bezeichnungen aus § 6 lautet dann die Gleich- gewichtsbedingung (74) ausführlich

J{Se\ - T5^i- S\)dk - fS\do = 0.

Führt man wieder die freie Energie. |j der Volumeneinheit durch die Beziehung

ein, so erhält man

Entwickelt man ferner

* y und bedenkt, daß nach (35')

ist, so fällt S T unter dem Raumintegral ganz heraus, und es bleiben nur die sechs unabhängigen Variationen Sx^, . . . Sx übrig. Da nach (35') femer

öx '"*' * * ' dx '"y

* y

ist, so erhält man durch Umformung des Raumintegrales und Be- rücksichtigung der Werte:

S\ = TSu + r8v + 2PSw ,

S'a^^X8ü+~r8^ + ZSw

leicht die Gleichungen

ö*HL dS' dS

dx dy d% ' ' ^ . -.

Dies sind aber die Bedingungen (32) und (32') des mechanischen Gleichgewichtes bei Berücksichtigung der thermisch-mechanischen Wir- kungen, wie sie auf S, 524 aufgestellt sind; die Gleichung (74) ist also die hinreichende Bedingung des mechanischen Gleichgewichtes.

J^6*

564 ni Teü. Wärmelehrt. L Kap,

Soll gleichzeitig auch thermisches Gleichgewicht stattfinden, so muß die Temperatur im Innern des Systemes konstant sein.

Die Formel (74') lä&t sich in dem betrachteten Falle noch ein- facher nachweisen. Denn da IP die Gesamtenergie E minus der lebendigen Kraft W bezeichnet, so ist nach (2') der Ausdruck links der negative Zuwachs der lebendigen Kraft während dt, also beim Be- ginn der Bewegung stets kleiner als Null.

Wir haben früher aus der nur filr spezielle Probleme der Mechanik direkt bewiesenen Energiegleichung ein allgemeines Prinzip von größter Fruchtbarkeit gewonnen, indem wir sie hypothetisch auf jede Art von Vorgängen erweiterten. Es Hegt nahe, die obigen zwei Formehl, die Ji der Energiegleichung so nahe v;rwandt sind, in ähnlicher Weise zu verallgemeinem und die erstere als stets gültige Gleichgewichtsbedingung, die letztere als stets gültige Regel für den Sinn einer aus der Ruhe bei fehlendem Gleichgewicht eintretenden Veränderung anzusehen. Dies wird wahrscheinlich gemacht durch die Vorstellung, daß alle Umsetzungen in letzter Instanz mechanische sind. Die Erfahrung hat die Richtigkeit der so gewonnenen Bedingungen bisher in allen Fällen, auf welche sie angewandt wurden, und welche hauptsächlich thermochemische Probleme darstellen, bestätigt Deren Zahl ist allerdings noch nicht sehr groß, da es in praxi meist große Schwierigkeiten macht, für körperliche Systeme, namentlich für Mischungen, Lösungen und Verbindungen, die Ausdrücke für die Energie und die Entropie zu gewinnen. Immerhin genügen sie, um die allge- meine Gültigkeit der neuen Prinzipe sehr wahrscheinlich zu machen.

Die Gleichungen (74) und (74^), die wir nun in der Form schreiben **) 76) SE"-- TSH-^S'A^Qj

75') rf£"- TrfÄ- d'A < 0,

gestatten verschiedene Deutungen.

Setzt man nur isothermische Änderungen voraus, so kann man, indem man wieder die freie Energie

76) F-TH^S

einführt, schreiben:

760 JÄ-^'^^O, dS-d'A<Q,

woraus folgt, daß bei isothermischen umkehrbaren Zustandsändenmgen die freie Energie genau dieselbe Rolle spielt, wie bei rein mecha- nischen Vorgängen nach (73) und (73') das innere Potential; man nennt daher £ auch das thermodynamische Potential bei kon- stanter Temperatur.

§ 10, Allgemeine Qleiehgewiehtsbedingungen. 665

Steht das System unter allseitig gleichem Druck, und wird außer diesem auch die Temperatur konstant erhalten, so kann man wegen <J'^ = --PSF

JT- TH+PF=^Z 77)

setzen und die beiden Gleichungen schreiben

3Z =0y resp. dZ<0. 77')

Z nennt man das thermodynamische Potential bei kon- stantem Druck und konstanter Temperatur; es spielt bei diesen Vorgängen dieselbe ßoUe, wie das innere Potential bei äußeren Kräften nicht unterworfenen mechanischen Systemen.

Nimmt man an, daß äußere Kräfte nicht vorhanden sind, oder daß die Bedingungen des Problems ihre Arbeit zu Null machen, so ist J!/^ = 0, d^^=sOy und die Gleichungen geben als spezielle Folgerungen:

fiir konstante Entropie

J£'=0, d£r<Oy 78)

für konstante Energie

Jigr=0, dH>0. 780

Der letztere Fall findet bei einem mechanisch und thermisch isolierten System statt Die letzte Gleichung besitzt eine gewisse Verwandtschaft mit dem auf S. 549 angegebenen, allerdings nicht völlig sicher basierten Resultat über die Zunahme der Entropie bei natürlichen Vorgängen. Dort war gezeigt, daß bei einem beliebigen nicht umkehrbaren Vorgang, der ohne Wärmezufuhr, aber bei be- liebiger Arbeitsleistung stattfindet, die Entropie zunimmt; hier ergiebt sich das Gleiche nur, wenn das körperliche System nach außen völlig isoliert ist, und die Veränderung aus einem Ruhezustand beginnt, welcher kein Gleichgewichtszustand ist

Aus den Gleichungen (78) und (78') ergiebt sich in früherer Weise, daß im Zustand stabilen Gleichgewichtes bei vorgeschriebener Entropie die Energie ein Minimum, bei vorgeschriebener Energie die Entropie ein Maximum ist

Die vorstehenden Betrachtungen werden in dem nächsten Teil wichtige Anwendung finden.

n. Kapitel.

Thermisch-chemische Umsetzungen.

§ 11. Gmndvontellimg^n und Befinitioiien.

In dem vorigen Kapitel sind ausschließlich Umsetzungen be- handelt worden, bei denen die Substanz des veränderten Körpers ungeändert blieb. Wir wenden uns nunmehr denjenigen zu, welche die Substanz in Mitleidenschaft ziehen, sei es nun, daß sie den Aggregatzustand oder die Modifikation eines Körpers bei ungeänder- ter chemischer Zusammensetzung wandeln, sei es, daß sie die Zu- sammensetzung selbst verändern. Alle diese Umsetzungen haben so viel Gemeinsames, daß wir sie unter dem Namen der allgemein- sten von ihnen, der chemischen, zusammenfassen wollen.

Für letztere können wir uns folgendes allgemeine Schema bilden.

In einem Räume sind verschiedene chemisch aufeinander wir- kende Substanzen vereinigt und werden, während sie nach außen thermisch und mechanisch isoliert bleiben, in irgend welchem fein verteilten Zustande andauernd durcheinander gerührt, bis sich alle Umsetzungen , die ohne äußere Einwirkungen eiutreten können, ab- gespielt haben. Es wird sich schließlich ein Gleichgewichtszustand einstellen, bei welchem die Temperatur und der Druck in dem ganzen Baume konstante Werte haben.

Die Produkte der chemischen Prozesse sind dann entweder feste, oder flüssige, oder gasförmige Körper. Die festen etwa in Form von Krystallen erhalten sind stets in gesonderten Räumen Tor- banden, die flüssigen nur, wenn sie nicht mischbar sind, die gas- förmigen dagegen nie, denn sie durchdringen sich, wenn man von der Schwere absieht, jederzeit vollkommen.

Die voneinander unabhängigen chemischen Bestandteile des

§ 11. Komponenten und Phasen. 567

Systems, seien sie nun chemische Elemente oder Verbindungen, die bei den stattfindenden Umsetzungen nicht zerlegt werden, nennen wir nach Gibbs seine Komponenten, die räumlich gesonderten Körper, welche sich aus ihnen bilden, seine Phasen. 3®)

Die Anzahl der festen und flüssigen Phasen ist beliebig, die Anzahl der gasförmigen stets gleich Eins. In einer Phase können alle Komponenten vereinigt sein, sie kann aber auch deren nur eine einzige enthalten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß gleichzeitig mehrere, ja alle Phasen dieselben Komponenten in dem gleichen Verhältnis enthalten, also dieselbe chemische Zusammensetzung be- sitzen; dies kommt z. B. bei den verschiedenen Aggregatzuständen einer und derselben Substanz vor.

Nachdem die Chemie festgestellt hat, in welchen einzelnen Phasen unter irgend beliebigen Umständen gegebene Komponenten be- stehen können, eröffnet sich für die Wärmetheorie die Aufgabe, die charakteristischen Eigenschaften der Phasen eines Systemes aufzu- finden, welche dieselben befähigen, bei gegebenen Umständen einzeln oder nebeneinander im Gleichgewicht zu verharren; damit steht die weitere Aufgabe im nächsten Zusammenhang, die infolge geän- derter äußerer Umstände, d. h, gegebener dP und dT, sowie infolge gegebener äußerer Einwirkungen, d. h. gegebener d^A und ^'ß, ein- tretenden Veränderungen innerhalb des Systems zu bestimmen.

Für die Inangriflhahme dieser Aufgabe hat man sich des Fundamentalgesetzes der Chemie zu erinnern, nach welchem die Umsetzungen nach konstanten, für die einzelnen Stoffe charakteristi- schen Massenverhältnissen, den ganzzahligen Vielfachen der sogenann- ten Aquivalentgewichte, stattfinden^^; die Aquivalentgewichte sind hiemach, selbst wenn eines von ihnen willkürlich gewählt ist, zunächst nur bis auf einen willkürlichen ganzzahligen Faktor defi- niert, und es steht frei, über letzteren für die verschiedenen Stoße so zu verfügen, daß die erhaltenen Zahlen irgend welche spezielle Bequemlichkeit bieten.

Für den idealen Gaszustand ist dabei maßgebend die Beobach- tung von Gay Lussao^®), daß sich ideale Gase nicht nur nach ganzzahligen Vielfachen der Aquivalentgewichte, sondern auch nach ganzzahligen Vielfachen der ursprünglichen Volumina verbinden, wenn man die Substanzen bei gleichem Druck und gleicher Tem- peratur voraussetzt

Man definiert nämlich für die Zwecke der Thermochemie nach AvooADBo'**) diejenigen Äquivalentgewichte als Molekularge- wichte |Lt, welche die Anzahl der Moleküle v =^ q j ^ in der

568 UL Teil Wärmelehre. IL Kap.

Volumeneinheit bei gleichem Druck und gleicher Temperatur für alle idealen Grase gleich werden lassen. Die Massen fA sind hier- durch bis auf einen, allen gemeinsamen, konstanten Faktor yollstandig definiert; letzteren bestimmt man, indem man fi filr Wasserstoff gleich 2 Gramm setzt Die hierdurch festgestellte Quantität fi eines Gases und analog eines beliebigen anderen Körpers bezeichnet man auch wohl als ein Grammmolekül seiner Substanz.

Es ist nützlich, darauf hinzuweisen, daß diese Definitionen und Festsetzungen von einer speziellen Vorstellung über die Konstitution der Materie vollkommen unabhängig sind und keineswegs etwa die atomistische voraussetzen.

Bei Gasen oder Dämpfen, die sich nicht im idealen Zustand befinden, ebenso bei flüssigen und festen Körpern, existiert eine ähn- lich vollständige Definition des Molekulargewichtes nicht, und man muß sich vielfach damit behelfen, den Wert vom gasförmigen Zu- stand derselben Substanz zu übernehmen, oder ihn gemäß der che- mischen Konstitutionsformel zu berechnen.

Nur bei verdünnten Lösungen hat man auf Grund von Beobach- tungen, auf die wir weiter unten zurückkommen, eine der Avogadbo'- schen analoge Definition des Molekulargewichtes für die gelösten Substanzen aufgestellt, die zu widerspruchsfreien Resultaten fuhrt *^

Als das Atomgewicht eines chemischen Elementes definiert man die kleinste Masse dieses Stoffes, welche in den Molekülen seiner Verbindungen auftritt. Ist die Einheit des Molekulargewichtes wie oben festgestellt, so bleibt doch bei den Atomgewichten ein ganz- zahliger Faktor unbestimmt, weil man nicht sicher sein kann, alle Verbindungen des betreffenden Elementes zu kennen. Die Zahlwerte, welche sich durch diese Definition ergeben, sind also gewissermaßen vorläufige; indessen besitzen die gegenwärtig angenommenen eine bedeutende innere Wahrscheinlichkeit, wegen einer Reihe von Gesetz- mäßigkeiten, welche sie zeigen. Unter diesen kommt für uns be- sonders das von Dulong und Petit ^^) gegebene Gesetz von der an- genäherten Konstanz der Atomwärmen, d. h. der Produkte aus spezifischer Wärme F^ und Atomgewicht, in Betracht, ein Gesetz, welches sich auf Grund der Virialgleichung, welche den Ausgangs- punkt für die Betrachtungen in § 9 des ersten Teiles bildete, auch mechanisch plausibel machen läßt^^

§ 12. Tßiermodynamisehe Potential. 569

§ 12. Allgemeine Sätse über das thermiBch-chemiBche Gleichgewicht

Die Grundlage für die Bearbeitung der im vorigen Abschnitt formulierten Aufgaben bieten die S. 564 abgeleiteten Bedingungen, nach welchen in einem durchweg gleichtemperierten System mecha- nisches Gleichgewicht vorhanden ist, falls bei allen virtuellen Ände- rungen

sir^ TJigr-^^ = o 79)

ist, und daß bei nicht vorhandenem Gleichgewicht die Veränderung aus der Ruhe in dem Sinne eintritt, daß

dE'-- TdH-'d'A<0. 79')

In unserem speziellen FaUe allseitig gleichen Druckes ist S'A^ —FSV und d^A^-^Pdr.

Wir bezeichnen allgemein die Phasen durch obere Indices, die Komponenten durch untere, verstehen also unter w^^ die Masse der Komponente (ä), welche in der Phase (i) vorhanden ist; weiter setzen vnr kurz

2K'^=»»k, 80)

wo ntj^ die Gesamtmasse der Komponente k in allen Phasen, und

mjf = m(0 ^ 30')

h

WO rd^ die Gesamtmasse der Phase {i) ist

Da die Phasen räumlich getrennt sind, so ist das Gesamtvolumen

unter ü^*^ das Volumen der Masseneinheit oder das spezifische Volumen der Phase («) verstanden. Femer dürfen wir mit Rück- sicht auf die S. 518 u. f. angestellten Betrachtungen auch setzen

i:=.^E^^^^m^^^^% H^ 2^*"^= 2^^'^V*^ 81'^

wo nun «'(») und rf^ Energie und Entropie der Masseneinheit oder spezifische Energie und spezifische Entropie der Phase [%) bezeichnen und Funktionen von Druck, Temperatur und der Zu- sammensetzung der Phase, d, h. der Verhältnisse der m^) für das- selbe 2, sind.

Da weiter F, £", H bei proportionaler Zunahme aller m^^ in gleichem Verhältnis zunehmen, so sind alle drei homogene Funktionen ersten Grades der iw^O, was wir durch die Ansätze

570 UI. Teü. Wärmelekre. II. Kap.

' i k i k i k

ausdrücken, in denen nun die Koeffizienten rj.*), «'[•), ^J['> gleichfalls außer von P und T im allgemeinen noch von den Verhältnissen der gleichen Werten i entsprechenden mj^') abhängen.

Es mag beiläufig bemerkt werden, daß die in (ST') enthaltenen Zerlegungen von F, IP, H keineswegs mit denen identisch sind, welche aus (81') durch Einführung der Substitution (80') resultieren.

In der Gleichgewichtsbedingung (79) betreffen die Variationen sowohl Pund Tals die Mengen der Komponenten in den verschiedenen Phasen, also die Zusammensetzung des Systems; aber die Variation wegen P und T liefert keine neuen Gesetze, da sie aus der obigen Formel die bekannte Bedingung des thermisch-mechanischen Gleich- gewichtes macht, welche wegen der Konstanz von P und T identisch erfüllt ist. Für uns haben also nur die Variationen der m'**' eine

k

Bedeutung, und daher können wir für unsere Zwecke, indem wir, wie S. 565,

82) £'^ TH+ Pr=Z

setzen, die obige Bedingung in

82') 3ptZ = 0

abkürzen, wo die Indices die Konstanz von P und T bei der Variation aussprechen. Z beißt, wie gesagt, das thermodynamische Potential des System es bei konstantem Druck und konstanter Tem- peratur.

Wie F, £*' und H, so ist auch Z eine homogene Funktion ersten Grades der m^^^; es kann also gesetzt werden

83) ^ = 22SI''<

i k

worin

83') 51" = /4 '

das Potential*^) der Komponente k in der Phase i, außer von P und 7', im allgemeinen auch von den Verhältnissen der m^i^ , welche gleichen Werten i entsprechen, oder was damit äquivalent ist, von den Dichtigkeiten (>j^^ = mjj^ / 1?^*> abhängig ist

Die Gleichgewichtsbedingung (82') nimmt hiemach die Form an

83'-) 0^^:^ifSmf.

i k

Die Wahl der in den vorstehenden Gleichungen auftretenden Komponenten mj*^ ist bis zu einem gewissen Grade beliebig. Dnter

§ 12, Thermodynamiscke Potentiale. 571

Umstanden kann man sie^mit den Elementen der das System bil- denden chemischen Verbindungen identifizieren, wobei natürlich, wenn in derselben Phase ein Element in mehreren Verbindungen auftritt, demselben auch mehrere m^*) mit gleichem i und verschie- denem Ä entsprechen; doch ist diese Wahl keineswegs stets vorteil- haft Die hier vorliegende Willkür wird ausgeglichen durch den Umstand, daß jeder getrofi'enen Verfügung andere Formen der für die virtuellen Variationen dwjj^ geltenden Nebenbedingungen ent- sprechen. Man wird die äußere Gestaltung des Problems am meisten vereinfachen, wenn man über die Komponenten so verfugt, daß die Anzahl der Nebenbedingungen möglichst klein ist

Handelt es sich beispielsweise um ein System, welches nur eine chemische Verbindung in verschiedenen Phasen enthält, etwa eine Substanz in verschiedenen Aggregatzuständen, so wird man diese Substanz selbst als einzige Komponente wählen und hierdurch die Gleichungen (83) und (83") auf

t l

reduzieren. Überhaupt wird man mehrere Elemente, die stets nur in derselben chemischen Verbindung vorkommen, passend zu einer Komponente zusammenfassen.

Auch wenn nur eine Phase vorhanden ist, und in ihr eine An- zahl von h chemischen Elementen in mehreren, z. B. in n Ver- bindungen vorkommen, wird man praktisch nicht die Elemente, sondern diese Verbindungen als Komponenten einfahren, weil man dadurch deren Zahl möglichst klein macht. Es wird dann

Z-^C,m„ 0 = 2?*^'«»- 84')

k k

Die Bedingungen, welche für die Jm^'> bestehen und nach der Methode der Lagrange' sehen Multiplikatoren mit der Haupt- gleichung (83") zu kombinieren sind, fließen zum Teil aus den chemischen Konstitutionsformeln der Komponenten und hängen daher von den speziellen Problemen ab. Außerdem müssen aber stets die Gleichungen erfüllt sein, welche aussprechen, daß die Gesamtmengen eines jeden chemischen Elementes vorgeschrieben sind, ohne daß sie in allen Fällen direkt die Nebenbedingungen des Problems dar- stellen.

Wählt man z. B. als Komponenten beliebige Verbindungen, welche nur die Eigenschaft haben, daß innerhalb des betrachteten Systems ein Austausch zwischen ihnen nicht stattfindet, so treten an Stelle dieser letzteren Bedingungen diejenigen, daß die Gesamt-

572 UL Teil. Wärmelehre, U. Kap.

masse jeder Komponente gegeben und imreränderlich ist, d* h. die Fonneln

woraus folgt

85) '^Sml^ = 0, für Ä = 1, 2 ...» und I = 1, 2 ... Ä.

Bestehen keinerlei andere Bedingungen, so erhält man in der angegebenen Weise die Formel

85-) ^^(^^-l^Smf = Q,

i k

welche in die h,n Gleichungen

85") ^^ - A, = 0

zerfällt; dieselben enthalten den von W. Gibbs entdeckten Satz, daß unter den gemachten Voraussetzungen das Gleichgewicht nur dann stattfindet, wenn die Potentiale jeder Komponente in aUen Phasen gleich sind.**)

Durch Elimination der X^ erhält man aus (85")

85'") £<;) = Si') = . . . = ^), für Ä = 1, 2, . . . n,

also ein System von w(ä 1) Gleichungen zwischen den + 2 Variabein, nämlich P, T und den n,h Massen rd^ oder den n.h Dichtigkeiten q^^ , Zu ihnen kommen noch die Zustands- gieichungen flür die einzelnen h Phasen, nämlich die Beziehungen, welche die Verhältnisse der mjj) und das Volumen t/'), oder sym- metrischer die Dichten q^^, der Komponenten einer Phase i mit f und T verbinden, so daß also nh + 2 Variabein n(A 1) + A Gleichungen gegenüberstehen.

Ist die Anzahl n der Komponenten gegeben, so kann man aus diesem Verhältnis Schlüsse ziehen über die Anzahl der Phasen, die nebeneinander im Gleichgewicht verharren köimen.

Das Problem wird im allgemeinen unmöglich, wenn die An- zahl der Gleichungen größer ist, als die der Variabein. Wir schüeßen

daher, daß jedenfalls

A^n + 2

sein muß, d. h. daß die Anzahl der Phasen höchstens um zwei großer sein kann, als die Anzahl der Komponenten.*^)

Ist A = n -f 2, so bestimmt das Gleichungssystem alle Variabein vollständig, und damit auch ein bestimmtes Wertpaar P und % welchem allein jene höchste Zahl koexistierender Phasen entspricht

Ist A = 71 + 1 , so folgt aus dem Gleichungssystem nach der

§ 12. Die Begren'X/ung der Phaaengebieie. 578

Elimination der q^^ eine Beziehung zwischen P und 7', also eine zusammengehörige Wertreihe dieser Größen. Ist A<n+1, so bleiben P und T beliebig verfügbar.

Diese Resultate kann man sich so veranschaulichen, daß man über einer PT-Ebene soviel Blätter auüschichtet, als Phasen über- haupt möglich sind, und jedes Blatt einer Phase zuordnet.

Die Anzahl der überhaupt möglichen Phasen, und somit der Blätter, sei gleich J, und j^n + 2, worin n wie früher die Anzahl der Komponenten bedeutet. Jede einzelne Phase ist im allgemeinen in isoliertem Zustande nur innerhalb eines gewissen Wertbereiches von P und T beständig; es wird also auf jedem Blatt eine Fläche das Beständigkeitsbereich der entsprechenden Phase darstellen.

Ein Bereich, wo mehrere, etwa h Phasen nebeneinander existieren können, muß auf eine Fläche fallen, welche von den Beständigkeits- bereichen aller der betreffenden A Phasen bedeckt wird.

Je Ä = n + 2 Phasen können nach dem Vorstehenden nur in einem Punkte der P T- Ebene nebeneinander bestehen, den wir einen + 2) fachen Punkt nennen wollen. Ist j > n + 2, so giebt es deren mehrere, ist J = « + 2, so nur einen einzigen. Je A = w + 1 Phasen können nebeneinander nur längs einer Kurve existieren, welche von einem (n + 2) fachen Punkte ausgehen und entweder nach einem anderen oder ins Unendliche verlaufen muß.

Diese Kurven begrenzen Flächenstücke, längs deren je n Phasen zusammen existieren können, und aus diesen setzen sich wiederum Flächenkomplexe zusammen, die dem Gleichgewichte von je n 1, n 2, . . ., schließlich von je einer Phase entsprechen. Die übrigen Bereiche geben für jede Kombination labile oder un- mögliche Zustände.

Jene (n + l)fachen Kurven haben für die Theorie besondere Bedeutung, denn sie geben die Grenzen an, über welche hinüber die Umsetzungen zwischen den beiderseits verschiedenen Phasen stattfinden; in den durch sie getrennten Gebieten sind stets (n 1) Phasen gleich, während eine verschieden ist. Die Umsetzungen betreffen sonach immer die letztere.

Haben diese benachbarten verschiedenen I^asen dieselbe Zusammensetzung, so kann eine Umwandlung zwischen ihnen allein stattfinden; im anderen Falle ändert sich dabei gleichzeitig auch die Quantität der beiderseitig gleichen Phasen.

Für diese Umwandlung läßt sich ein höchst allgemeiner Satz durch Anwendung der auf die Masseneinheit bezogenen Gleichung (9"), also der Beziehung

574 ///. Teil Wärmelehre. II, Kap.

auf eine geschlossene Kurve erhalten, welche ein Element der Grenz- kurve rings umschlingt Die beiden Seiten der Grenzkurve mögen nach den dort vorhandenen verschiedenen Phasen mit a und ß be- zeichnet, die Enden des Kurvenelementes durch die Wertpaare Pj , Tj und Pj, Tj definiert werden. Führt man mit der Masse Eins diesen KreisproceB aus, so erhält man

j T -^ T, J T 2\ -'''

wo {coaß)2 resp. {fOaß\ die der Masseneinheit zuzuführende Umwandlungs- wärme {—{(Oaß\ und —{(i)aß)i die sogenannte Wärmetönung) für den XJbergang a->ß bei der Temperatur 7\ resp. T^ bezeichnet, und jH«) resp. /^> die spezifischen Wärmen in absolutem Maße für die Zustandsänderungen längs der Grenzkurve sind.

Rückt man T^ unendlich nahe an T^, so erhält man

d

m

86) r(ß) - rt«) = T ^ y ,

wo der Difi'erentialquotient längs der Grenzkurve zu nehmen ist*^ Die in diesen Formeln auftretenden spezifischen Wärmen /^**> und r^fi^ lassen sich näher bestimmen mit Hilfe der allgemeinen Beziehung (31"), die, auf die Masseneinheit der Phase (a) oder (/?) angewandt und bei Einführung der Bezeichnung Vj M =^v^ lautet

Setzt man nämlich ftir dPfdT den speziellen Wert ein, der der Grenzkurve entspricht, so erhält man sogleich

86') r=r^_T|4,^;

hierin hat dv jd T die Bedeutung der spezifischen thermischen Volumenänderung bei konstantem Druck, ist also bei festen und flüssigen Körpern eine so kleine Größe, daß für letztere angenähert F mit dem durch Messung direkt zu erhaltenden /"^ zu vertauschen ist

Ist sonach F für die eine Phase, z. B. (a\ bekannt, und ist das Gesetz, welches maß mit T verbindet, gegeben, so liefert die Glei- chung (86) T für die andere Phase iß).

§ 12. Umtpandlungsufännen und -dilatatümen. 576

Wir stellen nunmehr die wichtigen DiiFerentialeigenschaften zu- sammen, welche das Potential Z besitzt. Aus seiner Definition

ergiebt sich unter Rücksicht darauf, daß bei Änderungen, die nur P

und T betreffen,

dr+PdF^TdH^O

ist*0;

d Z jj- ^ ^ _^ TT Qß"\

^=-lf, ^=-^. 8b)

Femer gilt aus demselben Grunde

d (z\ ir-^- pv Q^,,^

Wendet man die letzten beiden Formeln auf zwei Zustande (1) und (2) desselben Systemes an, welche gleicher Temperatur und gleichem Druck, aber verschiedenen rd^ entsprechen, so erhält man*®)

gp(^a -^i) = ^2 ^1 =^ ^\% y

(Z^-ZA ^ _ (^-+PF)«-(-g^ + Pni ^ _ -^

86"")

wo fl^j die mechanisch gemessene Wärmemenge bezeichnet, welche zur Überführung des Systems aus dem Zustand (1) in den Zu- stand (2) bei konstantem Druck und konstanter Temperatur erforder- lich ist

Endlich sei noch bemerkt, daß die aus der Energiegleichung (2) für einen beliebigen Kreisprozeß gezogene Folgerung

[A) + (fl) = 0 87)

unter Umständen dazu dienen kann, die Umwandlungswärme ßj^ oder die Wärme tönung ßi2 ^^ ^®^ direkten Übergang aus einem Zustand (1) in einen Zustand (2), die sich direkter Beobach- tung entzieht, aus dem Betrag Q\^ zu berechnen, der bei der auf Umwegen bewirkten Umwandlung erforderlich ist Denn da die beiden Umwandlungen sich zu einem Kreisprozeß kombinieren lassen, so kann man die obige Formel schreiben

Findet die Umwandlung beide Male bei konstantem Volumen statt, was sich leicht bewirken läßt, wenn die eine Komponente bei beiden Überführungen gasformig ist» so gilt streng

576 ///. TeU. Wärmelehre, IL Kap.

dieselbe Formel wird als sehr nahe richtig zu benutzen sein, wenn die Reaktion in flüssigem Zustande stattfindet, und die sie begleitende Volumenänderung unbedeutend ist Die Gleichung (87") ist durch eine große Zahl von Messungen bestätigt worden.^^)

§ 13. Eine Komponente in h Phasen. Gleichgewicht zwischen rer- schiedenen Aggregatznstanden desselben Körpers.

Die denkbar einfachste Anwendung der allgemeinen Resultate des vorigen Abschnittes betrifft den Fall eines Systemes mit nur einer Komponente. Ein solches wird geliefert durch eine Substanz, die bei Ycrschiedenen Temperaturen und Drucken verschiedene Modifi- kationen oder Aggregatzustände besitzt, falls von diesen Modifika- tionen nur eine gasförmig ist, und die tropfbarflüssigen sich nicht mischen.

Hier gilt dann nach (84)

*

und die einzige Nebenbedingung hat die Form

2m(0 = w, d. h. ^Sfd^ = 0,

woraus sogleich folgt

2(f<0-A)^ni^o = o, oder

Dies giebt in Übereinstimmung mit dem allgemeinen GiBBs'schen Satx S. 572 als Bedingung des Gleichgewichts zwischen verschiedenen Phasen die Gleichheit ihrer Potentiale; zugleich nehmen die Folge- rungen aus diesem Satze wegen n = 1 hier die spezielle Form an, daß mehr wie drei Phasen niemals, drei nur in einzelnen Punkten und zwei nur in einzelnen Kurven der P T-Ebene nebeneinander im Gleichgewicht sein können.

Die S. 573 besprochene Veranschaulichung wird demgemäß sehr einfach.^^

In der P T-Ebene liegen je nach Umstanden ein oder mehrere dreifache Punkte, gegeben durch

für beliebige (or), (/?), (/); zwischen ihnen oder von ihnen ins Unend- liche erstrecken sich die Doppelkiu'ven mit den Gleichungen

§ 13. Eine Komponente in h Phasen. 577

welche so liegen müssen, daß sie sich nur in den dreifachen Punkten schneiden, und begrenzen Flächengebiete, in denen nur je eine Phase im Gleichgewicht verharren kann. Wenn wir also jeder Phase ein über die PT-Ebene gelegtes Blatt zuordnen, so stellen nur die inner- halb dieser Grenzen gelegenen Bereiche stabile Gleichgewichtszustände dar, die darüber hinausliegenden Zustände labilen oder aber fehlenden Gleichgewichts. Die Verlängerungen der Grenzkurven über die drei- fachen Punkte hinaus müssen dann dem labilen Gleichgewicht zwi- schen zwei labilen Phasen entsprechen.

Man kann bei den vorliegenden einfachen Verhältnissen die Veranschaulichung noch weiter treiben.

Man hebe an jeder Stelle der horizontal gedachten PT-Ebene das dort liegende Phasenblatt um eine Höhe, welche proportional ist mit dem Volumen v^>\ welches die Masseneinheit der Phase bei dem obwaltenden P und T einnimmt, dann erhält man statt ebener Blätter soviel Oberflächen von der Gleichung

i/»)=P«)(P, T),

als Phasen vorhanden sind; wir wollen diese Flächen kurz PhaseD- flächen nennen und mit P^*) bezeichnen.

Über den Grenzkurven ^"> = ^ errichte man vertikale Cylinder- flächen Caß, so begrenzen ihre Schnittkurven mit den Phasenflächen PW auf den letzteren die Gebiete stabilen Gleichgewichts, und die zwischen zwei Schnittkurven liegenden Teile der Cylinderflächen C«« repräsentieren die Zustände des Überganges von einer Phase zur anderen, während dessen die Substanz nicht homogen, sondern aus zwei verschiedenen Phasen gemischt ist.

Die über die Grenzkurven hinausragenden Teile der Flächen F^^ werden labile Gleichgewichtszustände darstellen.

Gewisse Beobachtungen^^) machen es nun wahrscheinlich, daß diese Flächenstücke zwischen den Phasenblättem P^**) und F^^ der benachbarten Bereiche (a) und {ß) eine vollständige Verbindung her- stellen, die eben deshalb sich im allgemeinen der erschöpfenden ex- perimentellen Untersuchung entzieht, weil sie labile Gleichgewichts- zustände enthält. Diese Verbindungsstücke müssen dann, wie die unmittelbare Anschauung ergiebt, um sich an zwei in verschiedener Höhe liegende Phasenblätter stetig anzuschließen, S-formig gekrümmt sein, also die Cylinderfläche einmal durchsetzen.

In diesem Falle wird eine Zustandsgieichung v = F{Pj T) das Verhalten der Substanz in den beiden zusammenhängenden Phasen

Voigt, Theoreüache Phjrilk. 37

678 ///. !Zfet7. Wärmelehre. IL Kap,

darstellen. Die Gleichgewichtsbedingung ^«^ = ^fi) gewinnt hier eine besonders einfache und anschauliche Bedeutung.

Legen wir durch die Flächen F und C einen der FP- Ebene parallelen ebenen Schnitt T = Const, so schneidet derselbe die Ober- fläche F in der Nähe der Grenzkurve {aß) nach dem Gesagten in einer S-förmigen Kurve, auf der ebenfalls T konstant Ist, die Cylinder- Üäche C in einer vertikalen Geraden, in der sowohl P, als T sich nicht ändert; diese Gerade schneidet die genannte Kurve in drei Punkten. Bezeichnen wir diese Punkte von unten nach oben fortschreitend mit 1), 2), 3), so umschließen beide Kurven zwischen 1) und 2) und zwischen 2) und 3) Flächenstticke f^ und ^, deren Größen nach der Anschauung resp. gegeben sind durch

2 8

f,= ±J{P-P,)dv, f,^±J{P,-P)dv,

1 2

WO P den auf der gekrümmten Bandkurve variabeln, P^ den auf der geradlinigen konstanten Druck bezeichnet; von den doppelten Vorzeichen gehören die beiden oberen oder die beiden unteren zu- sammen.

Integrieren wir die Energiegleichung

dB = Tdfj - Pdv

längs der S-förmigen Kurve, für welche T konstant^ P aber variabel ist, zwischen den Grenzen 1) und 3), so ergiebt sie

8

1 hiermit kombinieren wir die Gleichung S^=^«^, die sich ersichtlich auf die Punkte 1) und 3) anwenden läßt und dann die Form an- nimmt

«3 - «1 = '^(^3 - ^i) - ^1 K - «'i)» und erhalten

8

/(P-Pi)^r = 0 oder

1

2 8

J{P^P^)dv^f{P^^F)dv und somit

1 2

Die Lage der Grenzkurven {ccß) ist also dadurch, daß sie die oben definierten Flächenstücke gleich machen muß, anschaulich fest- gelegt")

§ 13, ümtpandlungstcämie and -dilatation, 579

Nachdem wir somit an der Hand der GiBss'schen Phasenregel eine deutliche Anschauung von dem Verhalten unseres speziellen materiellen Systemes in dem PTT-Koordinatensysteme gewonnen haben, wollen wir nun auch die weiteren allgemeinen Sätze auf den vorliegenden speziellen Fall tibertragen.

Die Gleichung (86)

r(ß)— jf^«) = T

BT

gewinnt bei unserem Beispiel eine besonders einfache Bedeutung, weil beim Überschreiten der Qrenzkurve {cc ß) keine anderen Phasen, als eben {u) und {ß) in Betracht kommen, coaß also direkt die Um- wandlungswärme der Masseneinheit aus dem Zustand {ci) in den Zu- stand {ß) bedeutet.

Nach der zweiten Formel (86'") ist weiter in unserem Falle

denn die Zustände diesseits und jenseits der Qrenzkurve entsprechen der gemachten Voraussetzung, daß Druck und Temperatur für sie übereinstimmen.

Nun ist aber längs der Grenzkurve (aß) die Beziehung ^*) =f^^ erfüllt, daher ist die letztere Formel identisch mit

j(fe"^ - s'-)) = - -^''- 88')

d Femer folgt aus der ersten Gleichung (86'")

-^{^l^-^''>)^v„ß, 88")

falls Vaß = »^ t?^"^ die Änderung des spezifischen Volumens be- zeichnet, welche den Übergang (a) -> {ß) begleitet

Verbindet man mit diesen Beziehungen die Gleichung

^(^/?)^^«))^T+A(^y^^^«))rfP:^0,

welche daraus folgt, daß die Bedingung ^") = 5*Ä für jede Stelle der Grenzkurve gültig ist, so erhält man die überaus wichtige Gleichung ••)

'^=^vaß[~-nr\ , 88-)

welche den Zusammenhang zwischen Umwandlungswärme, Volmmen- änderung und dem für die Grenzkurve {aß) oharakteristiscben

87*

580 ///. Teü, Wärmelehre. IL Kap.

Differentialverhältnis Yon Umwandlungsdruck und -temperatur aus- spricht

Da {dTjdPjaß zugleich die Tangente des Winkels ist, den in der PT-Ehene die Grenzkurve (ccß) mit der P-Axe einschließt, so giebt die Gleichung (88'") auch für diesen Winkel eine Beziehung. Stellt man sie für die in einem dreifachen Punkt {a ß y) zusammen- kommenden drei Kurven {aß), {ßy)j (/^) ^^^ ^^^ berücksichtigt, daß im dreifachen Punkt identisch sowohl

88"")

Vaß+ Vßr + Vya = 0, als

ist, so erhält man leicht einfache Beziehungen zwischen den Winkeln, unter denen die Kurven von dem dreifachen Punkt ausgehen, die wir aber allgemein nicht aufstellen woUen.

Der wichtigste spezielle Fall, welcher sich auch zur experi- mentellen Prüfung der Resultate der vorstehenden Entwickelungen hervorragend eignet, ist derjenige, daß die Phasen des Systemes durch die verschiedenen Aggregatzustände des betrachteten Körpers geliefert werden; in anderen Fällen werden die theoretisch not- wendigen Reaktionen häufig durch Widerstände so verzögert, daß der Moment ihres Eintrittes nur sehr ungenau zu beobachten ist. Die Phasen der drei Aggregatzustände seien durch die oberen Indices s (starr), f (flüssig), d (dampfförmig) bezeichnet

Hier giebt es nur einen dreifachen Punkt, definiert durch die

Gleichimg

89) ^•) = ^n = ^i);

von ihm aus gehen drei Doppelkurven (sf), {fd), {ds)j welche die Grenzen zwischen den Gebieten der bezüglichen drei Phasen büden und durch die Gleichungen

89') ^'^=^^\ ^^=^^, frcD^jf.)

definiert sind, ins Unendliche.

Nach der Natur der Vorgänge, welche die Übergänge über diese Kurven im Sinne steigender Temperatur bedeuten, nennt man sie anschaulich Schmelzkurve, «Verdampfungskurve, Sublimier- kurve, und mit den analogen Namen bezeichnet man die Bereiche auf den Cylinderflächen (7, welche die Verbindungen zwischen den, wie oben erörtert, in verschiedenen Höhen über der P T-Ebene liegenden Phasenblättern herstellen und Übergänge durch inhomogene Zustände repräsentieren. Analog bezeichnet man femer die resp. auf die Masseneinheit bezogenen oder spezifischen Uberfuhrungs-

§ 13. Verschiedene Aggregatx/ustWnde desselben Körpers. 581

wärmen m,f, aofa, (o^d als Schmelzungs-, Verdampfungs- und Sublimierwärmen; sie sind Gegenstände der exakten Messung und sind sämtlich bei Übergängen, die im Sinne der Beihenfolge der Indices {s)->{f) u. s. f. stattfinden, positiv gefunden.

Auch die die Überführung begleitenden Volumenänderungen der Masseneinheit v,^, Vfa, Vtd sind meßbar; aber während die letzten beiden, im Sinne der Reihenfolge der Indices stattfindend, sich stets positiv ergeben, ist die erstere, die Volum enänderung beim Schmelzen, bei einigen wenigen Substanzen, unter denen sich das Wasser befindet, negativ.

Was nun die Prüfung der oben abgeleiteten Gesetze angeht^ so ist die in den Gleichgewichtsbedingungen (89') ausgesprochene Thatsache, daß ein Gemisch von zwei Aggregatzuständen, so lange der Druck konstant ist, seine Temperatur nicht ändert und um- gekehrt, vollständig sichergestellt und bildet eine Hauptstütze der Theorie.

Weiter kann die Formel (86), angewandt auf die Grenze zwischen der flüssigen und dampfförmigen Phase, die Gelegenheit zu einer Prüfung der Theorie liefern.**) Wir schreiben sie

= f^ I ^fA\ d^fÄ ^fA /^rvv

I^ä^^nn + T-^[-^] = /V)+ -^ - _^ 90)

und bemerken, daß sie die spezifische Wärme des Dampfes an der Grenzkurve (/, d\ d. h. des gesättigten und bei der Temperatur- änderung gesättigt bleibenden Dampfes, aus der spezifischen Wärme der Flüssigkeit längs derselben Kurve und aus dem Verhalten der Ver- dampfungswärme zu berechnen gestattet Indessen ist eine direkte Beobachtung der spezifischen Wärme I^^ und I^f^ kaum möglich, und die Prüfung der obigen Formel geschieht deshalb besser auf einem indirekten Wege, den wir weiter unten besprechen werden.

Endlich gestattet die Formel (88'") eine sehr feine Vergleichung mit der Wirklichkeit, denn sie enthält einen Zusammenhang zwischen drei der genauen Beobachtung zugänglichen Größen.

Auf den üebergang (/"— v d) und [s-^ d) angewandt ergiebt sie

also, da nach Obigem hier sowohl die co als die v positiv sind, für dPIdT positive Werte, d. h. mit dem Druck wachsende Verdampfungs- und Sublimiertemperaturen. Bei dem Übergang {s-^f) ist v bald positiv, bald negativ, daher liefert die Formel

582 IlL TeU. Wärmelehre. IL Kap.

unter Umständen, z. B. im Falle des Eises, mit wachsendem Druck fallende Schmelztemperaturen. Die Beobachtungen haben diese Resultate qualitativ und quantitativ vollständig bestätigt. ^^)

Wir wollen weiterhin die Körper mit positivem v^f normale, die mit negativem anormale nennen, bemerken aber zugleich, daß an sich möglich, wenn gleich noch nicht beobachtet, auch der allgemeiiie Fall ist, daß eine Substanz sich bei gewissen Temperaturen normal, bei anderen anormal verhält.

Berücksichtigt man die für jeden dreifachen Punkt gültigen Beziehungen (88""), so erhält man aus den Gleichungen (90') und (90") leicht

diese noch strenge Formel, der sich zwei ähnliche zuordnen, verein- facht sich durch die Überlegung, daß bei den Umständen, welche für den dreifachen Punkt charakteristisch sind, das spezifische Vo- lumen iK*^ der dampfförmigen Phase vielemale größer ist, als das- jenige der flüssigen resp. festen. Infolge dessen kann man sie näm- lich schreiben

^ Tv^^^ \dTj,a \dTJfd

und erhält damit einen Aufschluß über die gegenseitige Neigung der Kurven {sd) und [fd) im dreifachen Punkt.

Durch da& oben Entwickelte sind wir nun auch in den Stand gesetzt, die Lage der drei Doppelkurven deutlich zu übersehen. Wählen wir die P-Axe als Abscissen-, die T-Axe als Ordinaten- axe, so steigt die Kurve [fd) bei allen bekannten Körpern vom drei- fachen Punkt aus nach rechts an, die Kurve {sd) fällt nach links hin ab; die Kurve («, f) hingegen steigt nach rechts hin nur bei normalen, sie fällt nach rechts hin bei anormalen Körpern. Ton den drei Gebieten (*), (/^, {d) liegt (ft) oben links, (/) oben rechts, {s) unten. Die Phasenfläche {d) liegt bei allen Körpern längs der Grenzkurven (fd) und {sd) höher als die Phasenfläche {f) resp. (*)t aber längs der Grenze (*, f) ist bei normalen Körpern die Fläche {f\ bei anormalen die Fläche {s) die höhere.

Folgen wir von dem dreifachen Punkt aus der Grenzkurve {fd), so wird nach der Beobachtung der Unterschied in Volumen oder Dichte beider Phasen immer geringer, der Höhenunterschied der an-

§ 13. Orenxkurven xwtsehen verschiedenen Äggregatxuständefi. 583

grenzenden Phasenflächen {f) und {d) mit wachsendem P und T also immer kleiner, und für eine Reibe von Körpern ist mit dem Experiment*®) ein Zustand erreicht worden, wo die Dichte der flüs- sigen und der dampfförmigen Phase gleich und damit überhaupt' jeder Unterschied zwischen den beiden Phasen verschwunden ist; diese Eigentümlichkeit bleibt auch bei weiter gesteigertem P und T erhalten. Unter diesen Umständen verläuft also die Grenzkurve [fd) nicht ins Unendliche, sondern endigt in Wirklichkeit bei einem be- stimmten Punkt, den man den kritischen Punkt nennt.

Da einem Wachsen von P und T prinzipiell keine Grenze ge- setzt werden kann, so darf man sich vorstellen, daß die nach der Seite wachsender P und T verlaufende Kurve {fd) für alle Körper mit einem kritischen Punkt der betrachteten Art endigt. Gleiches gilt von der Grenzkurve {sf) für normale Körper.

Anders verhält es sich mit der Kurve {s d), die vom dreifachen Punkte aus nach kleineren Werten P und T verläuft; hier ist durch die Werte P = 0 und T = 0, die in Praxis nicht zu überschreiten sind, eine Begrenzung der Kurve im Endlichen gegeben, und dem- nach ist ein diese Kurve abschließender kritischer Punkt nur aus- nahmsweise zu erwarten.

Ähnliches wird für die Grenzkurve {sf) bei anormalen Körpern gelten, wenn dieselbe dauernd und in genügendem Grade fällt, um die P-Axe im Endlichen zu erreichen.

Der Umstand, daß die Phasenblätter {f) und {d) oberhalb des kritischen Punktes über die Grenze {fd) hinweg zusammenhängen, legt von neuem die Vorstellung nahe, daß auch längs der ganzen übrigen Strecke der Kurve {fd) eine stetige Verbindung zwischen ihnen möglich ist, welche homogenen, aber instabilen Zuständen ent- spricht Ist diese Vorstellung richtig, so muß es nach dem S. 577 Gesagten möglich sein, das Verhalten beider Phasen {f) und {d) durch ein einziges Gesetz darzustellen.

Dies ist in einer bemerkenswerten Weise durch die van der WAALs'sche Zustandsgieichung '^^) geleistet, die wir schon früher bei- läufig benutzt haben, die aber erst bei dem hier vorliegenden Pro- blem des stetigen Überganges aus dem flüssigen in den gasförmigen Zustand ihre volle Bedeutung erhält. Daß man sie durch theo- retische Überlegungen ableiten kann, ist S. 58 u. f. gezeigt worden; bei der geringen Strenge, welche jene Entwickelungen besitzen, be- trachtet man sie indessen besser als eine zur Darstellung der Be- obachtungen gebildete Interpolationsformel.

Wir wollen sie jetzt speziell auf die Masseneinheit beziehen

584 HL Teü, Wärmelehre, IL Kap.

und daher schreiben

91) (p+5)(«-*) = i?T;

hierin bezeichnet v das Volumen der Masseneinheit oder das spezi- fische Volumen der Substanz. Die Dimensionen der Konstanten dieser Gleichung sind

Die Gleichung ist in Bezug auf das spezifische Volumen v vom dritten Grade, so daß sich also zu gegebenem P und T drei Wur- zeln V ergeben, die unter gewissen Voraussetzungen sämtlich reell sind; sie entsprechen den S. 578 erwähnten Schnittpunkten einer Normalen auf der P T-Ebene mit der Volumenfläche. Der kritische Punkt ist nach dem soeben Entwickelten dadurch definiert, daß in ihm die drei Wurzeln für v zusammenfallen.

Bezeichnet man die diesem Punkte entsprechenden Werte der Variabein, welche man die kritischen nennt, mit P, ü, T, so erhält man als Bedingungen dafür, daß die Gleichung (91) die Form {v »)• s= 0 annimmt^

p p p

Hieraus folgen die kritischen Daten, durch die Eonstanten ausgedrückt: 91') v = 3b, P=^, T= '^

276»' 2765'

und umgekehrt die Konstanten, durch diese ausgedrückt:

91") a = 3Pir8, * = |, B = ^.

8 ST

Kombiniert man mit der van deb WAAiiS'schen Formel die allgemeine Gleichung (30") für d'i2 bei Benutzung der Unabhängigen T und F, die, auf die Masseneinheit bezogen, lautet:

so erhält man leicht

92) d'07 ^rjT+^^dv,

da außerdem die, ebenso auf die Masseneinheit bezogene Formel tiir

die Arbeit lautet

92') d'a = - Pdv ,

so findet man

92") de'^r^dT+^dv,

§ 13. Folgerungen aus dem van der Waals'sehen Oesetx, 585

also

e'^c + fr^dT^^, 93)

während zugleich

rTdT ri^c'+j^^+BHv^b) 93')

wird; c und c' bezeichnen hierin Integrationskonstanten. Das Po- tential ^ berechnet sich daraus zu

f = e - c'T+fr^dT^ '^f^^ - ? -BTlip^b) + Pv oder nach Elimination Ton P zu

^=c-c'T+fr„dT- Tf^^-^-BT[l{v-b)-^^. 93")

Da nach den Formeln (92) und (92") F^ nur eine Funktion von T Bein kann, so haben die drei Gleichungen für e', tj, ^ die Formen

«' = 0.--^, 94)

1? = 0, + Bl{v - b), 94')

;=e,-^--BT{l{v-b)-^^, 94")

in denen die 0 Funktionen von T allein bezeichnen. Führt man die durch die Beobachtung nahegelegte Annahme ein, daß F^ merk- lich konstant ist, so lassen sich die drei Funktionen 0 allgemein angeben.

Aus der Formel (94) folgt für zwei Zustände (1) und (2), die gleicher Temperatur entsprechen,

.;_.;=«(1_1); 95)

berücksichtigt man die 'Gleichung (2^) der Energie, so erhält man die zur Überführung nötige Wärmemenge

(2) (1)

Sind die Zustände (1) und (2) mit den oben betrachteten der koexistie- renden flüssigen und dampfförmigen Phase identisch, so ist bei iso-

thermischer Überführung auf dem Wege über lauter stabile Zustande auch P konstant und die letzte Formel identisch mit

'^f^ - « (^ - ,-^) + ^(«^"^ - '^)- ö5")

«12

586 lU, Teil. Wärmelehre, IL Kap,

Dies Gesetz wird durch die Beobachtung sehr unvollständig bestätigt, woraus folgt, daß die van beb WAALs'sche Formel selbst nur angenähert richtig sein kann.*^)

Wir wollen nun einige der vorstehenden Formeln dadurch um- gestalten, daß wir die Konstanten a, b, B nach (91'^ durch die kritischen Daten ausdrücken und dann

96) y = ^^ j = <P> | = *

setzen, also die Verhältnisse von Druck, Volumen und Temperatur zu den kritischen Werten einfahren, welche man die reduzierten Größen dieser Variabein nennt Wir erhalten dann aus (91)

96') (,« + 1.) (3 9 - 1) = 8 *,

die reduzierte Form der van dee WAAia'schen Formel**); femer aus (94") __

96") f=0,_^-lfl*(/(39,-l)--^^).

Diese Resultate schreiben wir kürzer

worin zwar 0^ noch der Substanz individuelle Parameter enthält, nicht aber ^ und ^; die letzteren Größen sind also universelle Funktionen.

Hieraus folgt einerseits, daß in einem n & ^-Koordinatensystem die möglichen Zustände aller Körper durch die Punkte einer und derselben Oberfläche /j(9?,:;r)=i9' dargestellt werden; es folgt auch andererseits, daß die Grenzkurve, welche auf dieser Fläche die Be- reiche labiler Zustände gegen diejenigen stabiler Zustände scheidet, filr alle Körper, welche die Gleichung (91) befolgen, gleich liegt Denn sie ist die Schnittkurve der genannten Oberfläche mit dem Cylinder, dessen Gleichung allgemein f (<») = f CA ist, und diese Gleichung lautet in unserem Falle

ist also gleichfalls für alle Körper die gleiche. Auch dies Besultat wird durch die Beobachtung nur unvollkommen bestätigt,®^

Führen wir endlich die reduzierten Variabein in die Formel (95") ein, so nimmt dieselbe die Gestalt

96"') «,,, = i^; [ (^ _ -^) + (5,(^ _ y(.))]

§ 14. mn Gemisch von %^ koexisHerendm Phasen. 587

an. In ihr hat die Klammer bei gegebenem ß- für alle Körper den- selben Wert; (»fd wird also bei gleichen reduzierten Temperaturen für verschiedene Substanzen den Produkten aus dem kritischen Druck und dem kritischen Volumen proportional sein.

§14. Eise Komponente in h Phasen. Eigensohaften eines Oemisohes zweier koexistierender Phasen. EinfloTs der Oberflächenspannimg in

der Grenzfläche.

Die Umwandlung einer Masse von einer Phase (cc) in eine andere [ß) mit ihr zusammen bestehende findet, wie oben gesagt, in Wirklichkeit so statt, daß ein Massenteilchen nach dem anderen sprungweise die neue Natur annimmt, so daß also während des Überganges die Masse ein Gemisch von beiden koexistierenden Phasen bildet. Die Untersuchung der Eigenschaften eines solchen Gemisches ist sonach gleichwertig mit der Entwickelung der Gesetze des Überganges selbst.®^)

Für die Behandlung des Ubergangszustandes sind die bisher benutzten Unabhängigen P und T nicht mehr anwendbar, da ja der ganze Zustand durch die Beziehung

definiert ist, welche P und T miteinander verbindet Wir wählen vorläufig als Unabhängige T, die Umwandlungstemperatur, und die Masse rd^ der einen Phase, welche dadurch eine ausgezeichnete Stellung erhält Zwischen ihr und der Masse m<«) der anderen Phase besteht die Beziehung

,„(«) ^ ^)ß) ^ My 97)

wobei My die Gesamtmasse der Substanz, konstant ist; mit dem Volumen V ist m^ verbunden durch die Formel

V = ?n(«) t?f«) + m^ v^ =: M^^) + m^ v^ß , 97')

worin wie früher t?(«) und vl^ die spezifischen Volumina der beiden Phasen (a) und Q9), v^ß aber die Volumenänderung xß^ 1;(«) bei der Umwandlung in der Richtung {p^-^iß) bezeichnet »("> und v>^^ also auch v^ß^ hängen bei dem betrachteten Problem nur von der Tem- peratur ab.

In den Variabein T und m^ drückt sich unter Benutzung von (3) die zugeführte Wärmemenge sehr einfach aus. Schreibt man

588 ///. 7c»;. Wärmelehre. IL Kap,

SO sieht man, daß Üt einer Erwärmung ohne Umwandlung und ä^ einer Umwandlung ohne Temperaturänderung entspricht Es muß daher gelten

98) d'ü = (7w^«)r(«) + m^i^) dT+ (Oaßdmfß)-,

die spezifischen Wärmen in der Klammer sind mit den früher so bezeichneten identisch, denn sowohl die Phase {a\ wie die Phase (ß)^ befindet sich in dem der Grenzkurve (a ß) entsprechenden Zustande. Drückt man hierin JT^ mit Hilfe der Gleichung (86) aus, so erhält man nach leichter Umformung

980 = ^^"^ ^ ^ + Tdy ^j ,

wobei, wie weiterhin immer, bei einer Abhängigen 0 der Aus- druck d0 das Yollständige Differential bezeichnet

Femer folgt aus der Definition cf^= --P«fr unter Benutzung von (97')

\ d:A=- -P]^Mdv^<^) + d{m^Vaß)\

= - PMdv^^^ - d{m(ß) Pvaß) + rdß) v^ßäP, oder unter Benutzung der Beziehung (88'") auch

98'") d!A^ ^ PMdvi<^) + ^ dT-- d{m^Pvaß\

Die Werte von d£i und d*A können zur Bestimmung der Funktionen E\ H und Z dienen.

Man hat nämlich zunächst nach (2') wegen V' = 0

99) rf£"= Jlf ( r(«) - P~^-] dT+ d[m^(paß - Pv^ß)] , also, falls C eine Eonstante bezeichnet,

99) E'= M^C + J[r^-)^ P^)dT^ + m^>{p^ß ~ Pvaß)\ femer nach (22)

98")

_ dT f m^

9r) dH^Ml\^>-^ + d

also, wenn C eine andere Konstante bedeutet,

99'") H=m[c+ J -" P-] + —^ ;

endlich erhält man nach (82) durch eine einfache Umformung

§ 14. Ein Gemisch von xw&i koexistierenden Phasen, 589

Z^M

C^CT+P^-)+j ^/^(a)_ p__J^7^_ Tj ^—Y^\ . 99"")

Daß Z hier wirklich, wie Gleichung (99"") zeigt, eine Funktion Ton T allein und mit M proportional sein muß, ergiebt sich durch die Überlegung, daß das allgemeine

für die Grenzkurve {aß) wegen der dort geltenden Bedingung S^"^ = f^^^ die Form

Z^Ml

annehmen muß, worin ^ nur T enthalten kann.

Um diese Formeln anzuwenden, muß P,t?(«), /"■(«) und cu«^ oder Vaß als Funktion von T durch die Beobachtung gegeben sein.

Ein besonders wichtiger spezieller Fall ist der, daß die Phase («) flüssig oder starr, die Phase {ß) gasformig ist. Hier kann man nämlich /"(«> und t?(«) als nahezu von der Temperatur unabhängig, also als absolut konstant betrachten und erhält, indem man gleich- zeitig (Oaß durch Anwendung der Beziehung (88"') eliminiert und m^ nach (97') durch F ausdrückt, die einfacheren Formeln

/f=M(c'+r^«)/(7o) + (r-.if/Xa);(l^,)^^,

100)

Diese Gleichungen sind u. a. für die Entwickelung der Theorie der Dampfmaschine, die ja mit einem Gemisch von Wasser und Wasserdampf arbeitet, von Wichtigkeit.

Femer gestatten sie die Anwendung zur Bestimmung der bei nicht umkehrbaren Vorgängen eintretenden Veränderungen, wozu in § 8 die allgemeinen Regeln angegeben sind.

Beschränken wir uns auf den FaU der Ausdehnung ohne Arbeits- und Wärmezufuhr und bezeichnen die beiden Grenzzustände mit (1) und (2), so erhalten wir, indem wir den Wert der Energie in

£"== MF{'r) + Ff{T) 100')

abkürzen,

m[f{ i\) - F{ T,)] = r, /•( i\) - V, f{ r,) , i oo")

was Tj aus gegebenem 1\, }\ und V^ zu berechnen gestattet.

590 ///. Teil. Wärmelehre. U. Kap.

während (97') den beiden Zuständen zugehörigen Wert {rdß\ und {rd^\ angiebt.

Wir wollen endlich noch die Wirkung bestimmen, die eine adiabatische umkehrbare Yolumenänderung auf das Gemisch ausübt.

Hierzu ist in der Formel (98) cCSi gleich Null, also auch

101) (wi(«) r(«) + rn^ rßy) d T +(o^ßdm^=^0

zu setzen und durch Benutzung von (97') dF au Stelle von dT einzuführen. Aus letzterer Gleichung folgt

und man erhält daher aus (101) allgemein

101') (7n(«)r(«)+ m^P)r^) {dV^ v^ßdra^) + ui^Ä oj^ß-^dm^ = 0.

Wir wollen uns nun auf den Fall beschränken, daß nahezu die ganze Masse M sich in der Phase {ß) befindet, also gasförmig ist; dann ist 7w(«>=s0, m^^:= M zu setzen, und die letzte Gleichung liefert

101") -T^dV ^ ^^^ß^

^''<^ß riß)

Hierin überwiegt das erste Glied des Nenners jederzeit wegen des neben F^ß^ stets großen Wertes (Daß weit das zweite; da dVaßldT. wie schon auf 8. 582 bemerkt, kleiner als NuU ist, so hat der ganze Nenner einen negativen Wert; man kann also schreiben, indem man durch ^ eine Funktion der Temperatur bezeichnet,

101'") ^^r^)dV==dmfß).

Die nach (90) ausgeführte Berechnung hat i^^> för einige Flüssigkeiten und für bestimmte Temperaturen positiv, fikr andere negativ ergeben. Berücksichtigt man, daß negatives dm^ eine Kondensation von Dampf angiebt, so zeigt die letzte Formel, daB bei positivem F^ die Kondensation durch Kompression, bei negativem durch Dilatation bewirkt werden muß. Da die Kon- densation, wenn sie hinreichend schnell stattfindet, zu einer Nebel- bildung innerhalb des in gesättigtem Zustande zunächst durch- sichtigen Dampfes führt, so ist hierdurch der Beobachtung ein ein- faches Mittel gegeben, um das Vorzeichen von JT^ zu kontrollieren und mit dem aus der Berechnung folgenden zu vergleichen. Diese eigentümliche Prüfung der Theorie, auf die schon S. 581 hingewiesen

§ 14, Oberflächenspannung in der Orenxe xtceier Phasen. 591

worden ist, hat zu einer vollständigen Bestätigung derselben ge- führt.«^. —

Die Gesetze der Umwandlung werden durch Berücksichtigung der in der Grenzfläche zwischen den koexistierenden Phasen etwa stattfindenden Oberflächenspannungen in einer bemerkenswerten und im Anschluß an die Grundformel (79) auf S. 569 leicht angebbaren Weise modifiziert

Da keine Beobachtung bisher dafür spricht, daß zur Ver- größerung oder Verkleinerung der Grenzfläche außer mechanischer Arbeit, die z. B. bei einer Deformation der Bandkurve der Fläche zu leisten wäre, auch Wärme zugeführt werden muß, so ist die Entropie von der Gestalt und Größe der betrachteten Fläche un- abhängig. Setzen wir ferner voraus, daß bei der Variation der Grenzfläche äußere Kräfte keine Arbeit leisten,"^ so enthält auch S'A keinen auf die Grenzfläche bezüglichen Teil. Es bleibt also nur in F ein auf sie bezügliches Glied, welches als Energie der Grenzfläche bezeichnet werden kann, zu berücksichtigen, und von diesem ist nach dem oben Gesagten klar, daß es mit dem auf S. 244 einge- führten dberflächenpotential SaßOaß identisch sein muß; hierin be- zeichnet Oaß die Größe der Grenzfläche zwischen den Phasen {cc) und {ß), Saß die in ihr wirkende Oberflächenspannung, welche als der Kombination der Körper (ä) und {ß) bei gegebener Temperatur individuell betrachtet werden kann.

Wir erhalten sonach als Potential Z der beiden koexistierenden Phasen

Z = wi(«> f («) + m(fi> ^0?) + Saß Oaß. 102)

Für die Anwendung dieses Ausdruckes wollen wir uns speziell vorstellen, daß die Phase {a) außer durch die Oberfläche (aß) nur noch durch starre Wände begrenzt wird; fehlen solche, so muß sie hiemach rings von {ß) umgeben sein. Die äußere Begrenzung der Phase {ß) mag entweder konstante Größe besitzen oder von Oberflächenspannung frei sein.

Bei der Variation ist dann zu benutzeui daß

und daß nach einem bekannten geoiüetrischen Satze zugleich

und I 102')

592 111. Teil. Wärmelehre. U. Kap.

ist, wobei Sv die normale Verschiebung der Grenzfläche an der Stelle des Elementes doaß nach der Seite der Phase {ß), und Äj, ß^ die Hauptkrümmungsradien ebenda und analog gerechnet bezeichnen. Wirken körperliche Kräfte nicht, so ist nach S. 247 (1 /i?, + 1 /S^) längs der ganzen Grenze konstant, und es folgt daher aus (102^

102") Sm(-) (-!_ + _!_) + p(«) d oaß = 0;

die Variation der Gleichung (102) führt somit auf die Formel

welche bei Berücksichtigung der Oberflächenspannung an Stelle Ton ^(a) = ^(Ä tritt.

Die weitere Entwickelung der Theorie erfordert die Aufstellung der Potentialwerte f für die beiden Phasen, ist also nur unter speziellen Voraussetzungen möglich.

Wir wollen uns auf die Betrachtung des speziellen Falles be- schränken, daß die Phase {a) durch eine Flüssigkeit, (ß) durch ihren Dampf gebildet wird, und die Formel (94") für f benutzen unter der Annahme, daß die Dichten der beiden Phasen bei der vor- liegenden Temperatur sehr verschieden sind.

In dem Ausdrucke für die flüssige Phase können wir dann r, wie S. 589, als konstant betrachten und schreiben

103) f ^«) = 0(°) + Pv<«),

worin 0<«) eine Funktion von r oder T allein bezeichnet; in dem für die gasformige können wir v als sehr groß neben a und b an- sehen und in analoger Bezeichnung schreiben

103') C^ = &ß)^ B Tl{v^ß)) + Fv^fi).

Es gilt sonach, da auch p^**) ü^") == 1 ist.

Vernachlässigt man noch t;^«) neben t/^ und läßt den Dampf an- genähert das BoYLE-MAßiOTTE'sche Gesetz befolgen, setzt also

so hat man schließlich, wenn 0 eine neue Funktion von T bezeichnet, 103'") 0_^P(P) = 5„,(-l- + -i^-).

Differentiiert man dies bei konstantem T nach P, so muß sich der Ausdruck in der Klammer rechts ändern, und es folgt

§15. n + 1 Komponenten in einer Phase, 593

BT dP ^^">

^(a) p ^(ß)

rfP=-Ä,^^(-l- + -Lj. 103'")

Diese merkwürdige Formel ergiebt, wie der Sättigungsdruck bei konstanter Temperatur mit der mittleren Krümmung der Grenzfläche variiert, welche den Dampf gegen die Flüssigkeit scheidet®').

§15. (n + 1) Komponenten in einer Phase. Dissooiation der Ghkse

und Lösungen.

Nach Gleichung (83) kann zwar für das thermodynamische Po- tential Z jederzeit der Ansatz gemacht werden

z-:e^^

^•>m^'>

k >

aber nur in ganz speziellen Fällen, von denen einer im vorigen Abschnitt behandelt ist, sind die Koeffizienten ^^ allein von P und

T, nicht aber auch vom Verhältnis der Massen mj*^ abhängig. Der

k

allgemeinere Fall bietet stets erhebliche Schwierigkeiten, und nur bei wenigen Beispielen ist bisher die vollständige Bestimmung der Po- tentiale ^'^ möglich gewesen. Eines von -diesen liefert der Fall, daß die Komponenten {k) einer Phase die Eigenschaft besitzen, in den Ansätzen für Energie und Volumen, welche hier aus (81) und (81') folgen, nämlich in den Formeln

£' = 2«>*^ ?^=2«*m„ 104)

für «i und v^ Funktionen von F und T allein zu geben, während über die Koeffizienten rju in der Formel

H^-^fjumj, 104')

nichts ausgesagt wird.

Dieser Fall ist physikalisch dadurch charakterisiert, daß die Vereinigung der Komponenten (ä) zu dem betrachteten System bei konstantem P und T weder von einer Volumenänderung begleitet ist, noch Wärme- oder Arbeitsaufwand erfordert. Denn r^wi^ ist nach der gemachten Annahme das Volumen 7^, welches die Masse TWj^ der Komponente (ä), bei gleichem Druck und gleicher Temperatur für sich allein vorhanden, einnehmen würde, und F^^Fi^; fiiwk ist die entsprechende Energie £*, und E^ ^^Ei,

Voigt, Theoretische Physik. 38

594 ///. Teü, Wärmelehre. IL Kap.

Für die Entropie erhalten wir ans der Energiegleichung unter Benutzung der Ansätze (104) und (104') die Bedingung

worin die Differentiale sich auf P und T allein beziehen. Da die m^ Yollkommen willkürlich sind, kann man hieraus schließen

d% = ^{dsl + Pdvj^ für Ä = 1, 2, . . . n + 1 .

Hier stellt der Ausdruck rechts das Differential der Entropie t}^ der Volumeneinheit der Komponente (A) dar, wenn dieselbe allein vorhanden ist, und hängt nur von P und T ab. Da aber tjj^ außer diesen Argumenten noch die Verhältnisse der Massen ntj^ enthält^ so folgt durch Integration

104") Vk=-fji + Mj^,

worin Mj^ eine Funktion der m,. allein ist Die gesuchte Größe 17^ unterscheidet sich also von der Entropie t]^ der Masseneinheit der Komponente (ä) bei den Werten P und T, denen das ganze System ausgesetzt ist, nur durch eine von P und T unabhängige Größe.**) Führt man das Resultat (104") in den Ausdruck

«i - Tvk + Pü* « Ök

für das thermodynamische Potential der Masseneinheit der Kompo- nente (A) ein und kürzt ab

wo dann Q das Potential bei Abwesenheit der übrigen Komponenten angiebt, so erhält man

104'") & = S2- 7W,;

diese Formel läßt den Einfluß der Mischung mit anderen Kompo- nenten auf den Wert des Potentiales deutlich hervortreten.

Über die Funktionen M^ läßt sich ohne Zuhilfenahme von neuen experimentell festgestellten Thatsachen oder neuen Hypothesen nur soviel sagen, daß M^ eine Funktion der n- Argumente

k k k k k k

sein muß, welche sich auf eine Konstante reduziert, wenn deren

Zähler verschwinden; da in f]^ schon eine willkürliche Konstante

enthalten ist, so kann man jene zweite beliebig gleich Null setzen.

In dem speziellen Fall, daß eines der m^^, z. B. m^, alle anderen

§ 15, Das Potential eines Qasgemiaehes, 595

sehr weit übertrifft, ist allerdings f&r M^ sogleich der Ansatz zu bilden

Mo=^±c,m„ 104"")

^0 1

in welchem die Cj^ Eonstanten bezeichnen; aber sowohl die übrigen M^, als auch der Wert von Mq im allgemeinen Falle sind zunächst unbekannt

Ein Weg zu ihrer Bestimmung ist geboten, wenn man die Ver- einigung der Komponenten zu dem Gemisch auf umkehrbarem Wege isotherm zu vollziehen und die dabei eintretende Energieänderung E^ El, wie die dabei aufzuwendende Arbeit ^^^ zu bestimmen ver- mag. Dann gilt nämlich allgemein, weil -ffj=2^k*Wfcj ^2=2^k"*k ^*>

J?, - £, - ^1, = T{H^ - Hl) = T^M^m,, 105)

woraus der Wert des einzelnen M^ zu entnehmen ist. Da wir hier aber nur Fälle betrachten, bei welchen die Energie sich bei der Ver- einigung der Komponenten nicht ändert, so haben wir noch einfacher

Wir wenden diese Formel auf ein Gemisch von idealen Gasen an, welches den auf S. 593 gemachten Voraussetzungen ge- nügt, denken also alle Komponenten {k) anfänglich bei gleichem P und T in getrennten Behältern von den Volumina ?^ = ^k^v ^^ welche 2^»~ ^ ^®^ befindlich und diese Behälter dann in Kom- munikation gesetzt Daß bei der Vereinigung mit P und T auch F, oder umgekehrt mit F und T auch P ungeändert bleibt, können wir dahin deuten, daß jedes Gas bei seiner Ausbreitung durch das Volumen F einen Partialdruck pj^ von einer solchen Größe erreicht, daß die Summe über alle Partialdrucke

2f» = P, 106)

d. h. gleich dem Anfangsdruck ist; dies von Dalton angegebene Gesetz ist bereits S. 58 erwähnt worden.

Die so verlaufende Vereinigung ist indessen nicht umkehrbar. Umkehrbar kann sie vollzogen werden, indem man zunächst zwei Gase (a) und {b) in einen Cylinder bringt, der in zwei Abschnitte von den Größen und Fi durch zwei aufeinander liegende Schirme geschieden ist, von denen der dem Gas (a) zugewandte nur fUr (a), nicht aber für {b\ der dem Gas {b) zugewandte nur für {b), nicht aber fiir (a) durchlässig ist, so daß die Kombination beider sowohl (a) als {b) den Durchgang verbietet

Halbdurchlässige Schirme von genau solcher Eigenschaft

38*

596 IlL Teü, Wärmelehre, IL Kap.

sind zwar in der Natur nicht vorhanden , wohl aber von so weit ähnlicher, daß die Annahme keine physische Unmöglichkeit ent- halten dürfte.««)

Beide Schirme müssen, falls ihr Querschnitt gleich Q ist, mit einer Kraft K = QP gehalten werden, um in Ruhe zu bleiben.

Nun lasse man beide Gase sich ausdehnen, indem man die auf die Schirme wirkende Kraft jederzeit unendlich wenig geringer sein läßt, als die Resultierende des auf sie wirkenden Druckes; die Schirme werden dann in der Richtung des von den resp. Gasen auf sie ausgeübten Druckes sich verschieben. Wenn sie auf ihrer Be- wegung die Enden des Cylinders erreicht haben, ist die Vereinigung auf umkehrbarem Wege bewirkt, denn sie läßt sich durch den ent- gegengesetzt gleichen Arbeitsaufwand rückgängig machen.

Jedes der beiden Gase befolgt bei diesem Prozeß das Botle- GaY LüssAO'sche Gesetz; es gilt sonach für nur zwei Komponenten

V V

was sich für deren {n + 1) sogleich erweitem läßt zu

Nun ist aber gleichzeitig

rp,=^m,B,T und F,P=m^B,T,

oder unter Berücksichtigung von (106),

rP = T^m.B^ und T^P = rrij^Bj^ T;

ftihrt man dies in (106') ein, so erhält man sofort

106") ^i2= + 72'«A^(^).

und wegen (105') als schließliches Resultat:

106'") M,= - B,l(^J^f] = - B,l{ßr^,

worin TV^ eine neue Bezeichnung ist.

Für ideale Gase gilt somit««) nach (104") und (104'")

107) ^* = ^i2-^*/(^*),

und

107') & = Ci2 + J?*77(iV,).

Für die weitere Entwickelung wirkt vereinfachend die Ave-

§ 15. Das Potential eines Oaagemisohes. 597

OADBo'sche Begel, nach welcher bei gleichem Druck P' und gleicher Temperatur 7^, denen die Dichte Qu entspricht, gleiche Volumina verschiedener Gase gleiche Anzahlen t^i von Grammmolekülen ju^ enthalten, nach welcher also unter den genannten Umständen

vi ^ eil flu 108)

f&r alle Gase gleich ist Denn da nach dem Botle-Gat Lussac'- sehen Gesetz

ist, so ergiebt sich

Ql P'

1 u B T

^ = 'S»*-- , 1080

und die obige Begel sagt aus, daß

ft,^, = Ä 108")

eine universelle Konstante sein muß.

Benutzt man dies und beachtet, daß bei Einführung der effek- tiven Anzahl v^ der vorhandenen Grammmoleküle der Komponente (A)

m^ = H^u 109)

ist, so kann man in dem Wert des Gesamtpotentiales

Z=2^*[S2 + J?kT/(;V,)] 109')

auch

V.

iVj = ^ 109")

2". setzen, oder bei Einführung der Bezeichnung

li^a = I* 109'")

schreiben

^ = 2''»[l» + ÄT/(irj]. 109"")

Hierin stellt der Faktor von v^^ das Potential für ein Gramnmiolekül der Komponente (A) dar; iV^ kann als die Konzentration des Ge- misches in Bezug auf die Komponente (A) bezeichnet werden.

Die vorstehenden Eesultate sind zwar zunächst nur für ideale Gase abgeleitet, besitzen jedoch eine erheblich allgemeinere Gültig- keit. Denn da die Funktionen M^ von Druck und Temperatur unabhängig sind, so ist es gleichgültig, bei welchen Werten dieser Größen der für ihre Ableitung vorausgesetzte Vorgang, nämlich die auf umkehrbarem Wege stattfindende Vereinigung, sich abspielt Hieraus folgt dann sogleich, daß die erhaltenen M^ für jedes System von (n + 1) Komponenten in einer Phase anwendbar sind, welches sich durch Veränderung von Temperatur und Druck in den Zustand

598 ///. Teil Wärmelehre. IL Kap.

eines idealen Oases überführen läßt, ohne dabei chemische Umsetzungen zu erfahren.^^ Elinen solchen allgemeinen Fall können wir daher weiterhin zunächst voraussetzen.

Nun mögen mit wechselnden P und T zwischen den Kompo- nenten Umsetzungen derartig stattfinden, daß

110) Sv^^Xuj^

ist, wobei X eine Konstante und a^^ eine ganze, positive oder nega- tive Zahl, im speziellen auch Null bedeutet

Zerfallen z. B. a^ Moleküle ju-^j, und bilden sich aus ihren Pro- dukten öfj, «2 ... Moleküle fjL^, fA^ . . ., ein Vorgang, den man eine einfache Dissociation der Komponente (0) nennt so ist

110') Svq = XaQ , Sv^ = + Xa^ , Sv^ == + Xa^ . . .

zu setzen. Ahnlich bei simultanen Dissociationen, wo mehrere Molekülarten gleichzeitig zerfallen müssen, um das Material fiir die Neubildungen zu liefern.

Anders dagegen bei den stufenweisen Dissociationen, wo die Zersetzungsprodukte zum Teil in dieser Gestalt fortbestehen, zum Teil weiter zerfallen. Hier wird für jede neue Zerfallung eine neue Formel der obigen Art mit willkürlichem Faktor und gegebenem a^ aufzustellen sein; z. B.

110") dVfc = Töfi, ^'f/fc = X'a'iy . . .

Da aber jede dieser Gleichungen in derselben Weise zu verwerten ist, wie die erste, so genügt es, diese weiter zu verfolgen.

Die Gleichgewichtsgleichung (84') nimmt nach (109"") die Form an

111) :^[h + RTl{N^-\a,^Q, oder

was wir durch die Bezeichnung

Hl') -;^2I*«* = ^W

abkürzen in

111") K==Yl{Nl^).

Hier steht rechts eine Funktion allein der Argumentreihen f/^ und öfj^, deren erste die Zusammensetzung des betrachteten Sy- stemes und deren letzte die stattfindenden Umsetzungen charakteri- siert, links eine Funktion von Druck und Temperatur allein.

Unterscheidet man unter den Uj^ die positiven und die negativen, welche sich bildenden und zerfallenden Verbindungen entsprechen, durch

§ 15, Di88oeiaiion eines Oasee. 599

die Indices als a^^ und ci^j so nimmt die letzte Gleichung die Form an

II A>

in welcher sie als das Güldberg- und WAAGE'sche Gesetz der Massenwirkung*®) bezeichnet wird. Sie giebt eine Beziehung an, welche im Zustand des Gleichgewichtes bei ungeändertem P und T bei beliebig geänderten Massenverhältnissen zwischen den bez. Kon- zentrationen JVj^ bestehen muß. Die Funktion K heißt der Gleich - gewichtskoeffizient; seine Abhängigkeit von P und T ist nicht ein ftir allemal angebbar, doch kann man über seine Natur einiges ganz allgemein behaupten.

Die kleinstmögliche Anzahl von unzerlegten Molekülen, welche zur Ausführung der gedachten Umwandlung nötig sind, (bei der ein- fachen Dissociation also cc^ von der Gattung fi^), wollen wir eine Molekülgruppe, und den Zustand, in welchem sie unzerlegt sind, den Zustand (1) nennen. Nach vollständiger Umwandlung soll die Gruppe den Zustand (2) erreicht haben.

Dann läßt sich die in (111) links stehende Funktion auffassen als die Differenz der Werte der auf die einzelne Gruppe bezogenen Funktion Z, die wir in dieser Bedeutung durch Z' bezeichnen wollen, in dem Zustand (1) und (2); denn die positiven a^ entsprechen den neugebildeten, die negativen den zerfallenen Molekülen. Die Gleichung (111) ist dann identisch mit

z; - z; ^ 0.

Wendet man hierauf die Formeln (86'") an, so erhält man leicht

^(Z^ - ZO = + i;;,, 112)

dT\ T ) T»'^ ^^^^

in denen v\^ die Volumen Vergrößerung bezeichnet, welche die Grammmoleküle der Gruppe bei der Umwandlung (l)->(2) erfahren, G>j2 die zur Umwandlung nötige Wärmezufuhr.

Nach der Bedeutung von Z^ Z\ giebt dies aber sogleich

wi^h-,) - + v\,, ^(2'4*)=-^S 112")

oder unter Berücksichtigung von (IIT) auch

dP "■ RT^ dT ^RT^^ '

600 IIL T&ü. Wärmelehre. IL Kap.

wodurch zwei wichtige Eigenschaften der Funktion K ausge- sprochen sind.

Die letzte Formel führt den Namen des van't HoFF'schen Gesetzes.®^

Nach diesen allgemeinen Entwickelungen kehren wir wieder zu dem speziellen Falle zurück, von dessen Betrachtung wir ausge- gangen waren, und nehmen an, daß das System ein Gemisch idealer Gase sei.

Hier lassen sich die Funktionen ^ sogleich vollständig angeben; man erhält sie aus der Gleichung (93"), welche unter Voraussetzung des VAN DEE WAALs'schen Gesetzes abgeleitet war, indem man darin a a ^ s= 0 und F konstant nimmt Um die Indices nicht zu häufen, wollen wir weiterhin

113) r,^r,r^=r

setzen. Dann ergiebt sich zunächst

113') S = ^, - Äi T - i; Tl{T) - B, Tl{v^\

worin c^ und h^^ Konstanten bezeichnen, oder, bei Einführung von

passender in P und T allein ausgedrückt,

1 13") ^ = c^, ^ Ä^ T - r; Tl{T) + B^ Tl[P).

Hieraus folgt nach (109"') bei Einführung anderer Konstanten A und 1 sogleich

113'") |,= itt,?2 = h^^ i^T ^ r\Tl['r) + RTl{P),

wobei yjc= fJi^ri die Molekularwärme der Komponente (A) bei konstantem Druck bezeichnet.

Setzt man dies Resultat in die Grundformel (111) ein und kürzt ab

114) i2«A=-'(A i^c'uh-m, i2«*K=c',

so erhält man^^

114') A^JTO- =11 [{N.P)-*] = n(P"*)-

Nun ist aber

also liefert die obige Formel

114") A^I)T<^^ll{e^rc),

wo JD eine neue Konstante und

§ 15. Dissodation eines Gases, 601

ist, unter yj^ die Molekularwärme bei konstantem Volumen ver- standen.

Benutzt man noch, daß die Atomwärme eines Elementes an- scheinend in allen Verbindungen sich gleich bleibt, so ist C = 0, und die letzte Formel wird zu

1^ A^D^Hify^). 114'")

Giebt man dieser Formel die mit (111'") verwandte Gestalt

-^-

so ist hier 0 eine Funktion der Temperatur allein.

Diese Formel ist für die Vergleichung der Theorie mit der Beobachtung von besonderer Wichtigkeit, da die Partialdichten Qj^ sich relativ leicht bestimmen lassen.

Hierzu dient außer der Definition der beobachtbaren Gesamtdichte

? = 2p* 115')

k

und der Gleichung des BoYLE'schen Gesetzes in der Form

2^ = ^ 115")

noch das System von Formeln, welches ausdrückt, daß die Um- setzung glatt aufgehen muß, wenn nicht, wie hier ausgeschlossen sein mag, eines der Dissociationsprodukte von vornherein im Über- schuß vorhanden ist, nämlich

-?^ = -??- = ...= -^ ; 115'")

die Formeln (115) bis (115") geben zusammen {n+ 1) Gleichungen, die zu der gewünschten Operation ausreichen.

Die Beobachtungen auch an Dämpfen, welche von dem Zustand der idealen Gase ziemlich weit entfernt sind, haben die vorstehenden Resultate der Theorie sehr befriedigend bestätigt

Außer auf Gemische von idealen Gasen gestatten die obigen Formeln noch die Anwendung auf sehr verdünnte Lösungen, welche die ersten der vorstehend eingeflihrten Voraussetzungen erfüllen, da die Beobachtungen gezeigt haben, daß von einem gewissen Verdün- nungsgrade an der Zusatz von Substanz gleicher Temperatur weder

602 ///. Teü, Wärmelekre, U. Kap,

eine Kontraktion, noch eine Wärmetönung bewirkt DemgemaB

sind für sie jedenfalls die Formeln (104") und (104'") zu benutzen,

und ist daher

116) Vj,==fji+M^, ^,= f£-Titf,

zu setzen.

Auch die auf S. 596 u. f. durchgeführte Bestimmung der Funk- tionen Mj^ würde anwendbar bleiben, wenn man die Lösung in den idealen Gaszustand bringen könnte, ohne daß hierbei chemische Veränderungen einträten. Dies ist indessen in hohem Grade un- wahrscheinlich, und daher ist die Übertragung der Werte (106'") f&r die Mj^ auf unseren FaU nicht unbedenklich.

Nimmt man sie als richtig an, so werden durch den Umstand, daß in den zu betrachtenden Lösungen die Masse des Lösungsmittels diejenigen der gelösten Substanzen sehr übertrifft, die Ausdrücke, welche oben für die Funktionen M^ abgeleitet sind, einigermaßen vereinfacht

Bezeichnet man nämlich das Lösungsmittel durch den Index (0)^ die gelösten Substanzen durch die Indices A = 1, 2, . . . n, so folgt aus (106'") leicht in erster Annäherung

116-) i»o^o = Ä2^» i«.Af,= -Ä/(^).

Da außerdem das Lösungsmittel an den Umsetzungen, die inner- halb der Lösung stattfinden, nicht beteiligt ist, so ist in der For- mel (111) e^o = 0, und Nq fällt dadurch gänzlich aus ihr heraus Im übrigen finden sich die Schlußformeln für die in der Lösimg stattfindenden Veränderungen, z. B. Dissociationen, genau wie oben für Gase gezeigt ist^^)

§16. Zwei Thasen mit mehreren Komponenten, deren eine beiden Phasen gemeinsam ist Siede- imd Gefrierpunkte von Lösung^en; der

osmotische Druck.

Außer den in den vorigen beiden Paragraphen behandelten ex- tremen Fällen nur einer Komponente oder nur einer Phase haben bisher nur wenige eine vollständige Durchführung und eine Ver- gleichung mit der Beobachtung gefunden. Die Schwierigkeit für die Theorie liegt jederzeit in der Aufstellung der Potentialwerte fj^ welche meist nur auf Grund des Experimentes und dann nur in Form mehr oder weniger unbequemer Interpolationsformeln möglich ist; dabei kann überdies der oben bei dem van dsb WAALs'schen

§ 16, Zwei Phasen mit einer gemeinsaffien Komponente. 603

Gesetz hervorgehobene Fall eintreten, daß eine so gewonnene Formel gewisse Beobachtungen anscheinend vollständig darstellt, während aus ihr abgeleitete Gesetze infolge ungllnstiger Kombinationen ihrer Eonstanten kaum angenähert der Wirklichkeit entsprechen. Relativ vollkommen haben sich die am Ende des vorigen Paragraphen er- wähnten Formeln für stark verdünnte Lösungen bewährt, besonders der in (116') gegebene Ausdruck für M^, was nicht Wunder nehmen darf, da sich derselbe, abgesehen von dem Werte des Faktors £, nach (104"") ohne spezielle Annahmen bilden läßt In der That kann man den nicht unbedenklichen Weg, welcher zu der ersten Formel (116') geführt hat, vermeiden, indem man von dem allge- meinen Resultat (104"") ausgeht und darin die Konstanten c^ durch eine Vergleichung mit der Beobachtung bestimmt; zu letzterer eignet sich besonders das unten abzuleitende Gesetz über den osmotischen Druck.

Aus diesen Gründen wollen wir bei den folgenden Entwicke- lungen, die einen in mancher Hinsicht allgemeineren Fall betreffen, als die beiden letzten Paragraphen, Anwendungen bevorzugen, bei denen jener Wert von M^ eine Rolle spielt.

Wir denken uns nunmehr zwei Phasen {cc) und {ß). gegeben, von denen die eine n^«) + 1 , die andere n^+ l Komponenten ent- hält Ist die einzige, beiden Phasen gemeinsame Komponente durch den unteren Index i charakterisiert, so ist nach (85"') die einzige Gleichgewichtsbedingung, auf welche die allgemeinen Regeln des

§ 12 führen,

ö«) - TM«) = l:ffi- TMj^ . 117^

Diese allgemeine Formel kommt u. a. zur Anwendung, wenn die beiden Phasen zwei nicht mischbare Flüssigkeiten sind, welche außer beliebigen, je nur in einer von beiden lösbaren Substanzen, auch eine in beiden lösbare Komponente, nämlich eben (i) enthalten. Sind beide Lösungen so verdünnt, daß man den zweiten Wert (116'), in dem sich der Index (0) auf das Lösungsmittel bezieht, für (i) an Stelle von (A) benutzen kann, so erhält man

also bei Benutzung der Abkürzung vJvq^^ JV.

Diese Gleichung enthält das Gesetz der Verteilung einer Sub-

604 ///. Teü. Wärmelehre. IL Kap.

stanz zwischen zwei in Berührung stehenden Lösungsmitteln und spricht, solange man die ^ auf der rechten Seite nicht kennt, nur die That- Sache aus, daß das Verhältnis der N links allein von Druck und Temperatur, nicht aber von den absoluten Konzentrationen ab- hängig ist

Diese Betrachtung läßt sich leicht auf den Fall erweitem, daß beiden Phasen mehrere Komponenten gemeinsam sind, z. B. die gelöste Substanz sich dissociiert Dann sind Überlegungen der im vorigen Paragraphen angewandten Art mit den vorstehenden zu kom- binieren. Hierdurch werden die Besultate natürlich complizierter; sie haben aber, solange man die ^ unbestimmt läßt, stets den Charakter des soeben erhaltenen, indem sie nämlich aussprechen, daß gewisse Funktionen der Konzentrationen nur von Druck und Temperatur abhängen/*)

Wir wollen uns nun zu dem wichtigen Fall wenden, daß die gemeinsame Komponente in beiden Phasen weitaus die Massen der nicht gemeinsamen überwiegt, und hierbei, um die Verbindung mit früheren Bezeichnungen herzustellen, (i) mit (0) identifizieren.

Da ^^^ und ^f^ die Potentiale der Komponente (0) in den beiden Phasen bei Abwesenheit der übrigen Komponenten darstellen, so giebt

118) 0,"^=^"'

die Bedingung für die Koexistenz der beiden Phasen [a) und {ß) der

Komponente (0) allein.

Da die beidenFormeln(l 1 7)und (11 8) durch verschiedene Wertpaare P, T und Pq, Tq erfüllt werden, so schreiben wir sie in der Form

' \ ^^^{P,T)-TM-)=^{P,T)-TMf.

Aus diesen Gleichungen lassen sich allgemeine Folgerungen ziehen, wenn Mf^— MS^\ und demgemäß auch die Differenzen

als Größen erster Ordnung betrachtet werden können ; in diesem Falle giebt nämlich die DifiTerenz der resp. mit T^ und T dividierten Formeln (118')

118") /^(-L^^)r + ^(^i^5^) n = MW- M«). Vergleicht man dies mit den Formeln (88) und (88"), so erhält man 118'") vaß I; - ^a^ ^ = M/) - M«) ,

wobei Vaß die Volumenänderung, ooaß den Wärmeaufwand bezeichnet,

§ 16, Sieden und Gefrieren von verdünnten Lösungen, 605

der die Umwandlung der Masseneinheit der Komponente (0) aus dem Zustand {cc) in den Zustand {ß) begleitet.

Von dieser allgemeinen Formel sind besonders die beiden spe- ziellen Fälle von Bedeutung, die man erhält, wenn man erst n und dann r gleich Null wählt

Die Formel

T = - -^ [Mf - itfj«)) 119)

giebt nämlich die Steigerung der Gleichgewichtstemperatur an, welche eintritt, wenn man bei ungeändertem Druck der Komponente (0) in beiden Phasen verschiedene weitere Komponenten zufügt; die andere

'w = + ^{Mf- MC«)) 119')

analog die Steigerung des Gleichgewichtsdruckes, wenn man die Zufägung bei ungeänderter Temperatur vornimmt.

Vorbedingung für ihre Gültigkeit ist, daß nur die Komponente (0) beiden Phasen gemeinsam ist

Wir wollen uns weiterhin auf den FaU beschränken, daß die Phase [ß) dauernd von der Komponente (0) allein gebildet wird, daß also M^f^ verschwindet. Dieser Fall tritt z. B. ein, wenn in einer Flüssigkeit (0) Substanzen gelöst sind, die in deren dampf- förmige oder feste mit der flüssigen koexistierende Phase nicht über- gehen. Dann wird aus (119) und (119')

T = +-^Mi«), ;r=--^M(-), 119")

und wir können für iWJ«) den speziellen Wert (116') setzen, auf dessen Wichtigkeit im Eingang dieses Paragraphen hingewiesen ist Be- zeichnen wir noch die Produkte fiQCOaß und fiQVaß, d. h. die Um- wandlungswärme und Volumenänderung eines Grammmoleküles, mit (Oaß und Vaß, so erhalten wir schließlich^^

Diese Formeln geben die Änderungen von Siede- resp. Schmelz- temperatur bei konstantem Druck, sowie die Änderung des Gleich- gewichtsdruckes bei konstanter Temperatur, die eintreten, wenn man in der Flüssigkeit fremde Substanzen löst, welche die oben hervorge- hobenen Eigenschafben besitzen.

Da (Oaß beim Schmelzpunkt negativ, beim Siedepunkt positiv ist, so wird die Schmelztemperatur durch Zufügung lösbarer Sub-

606 ///. TeiL WärmeleJtre. IL Kap,

stanz stets erniedrigt, die Siedetemperatur stets erhöht Vaß ist beim Siedepunkt stets positiv, beim Schmelzpunkt bald positiv, bald negativ; der Sättigungsdruck wird also durch den Zusatz lösbarer Substanz im ersteren Falle stets vermindert, im letzteren bald gesteigert, bald vermindert

Die Formeln (119'") sind in der Praxis oft deshalb schwierig anzuwenden, weil, wie schon am Ende des vorigen Paragraphen er- örtert, die gelösten Substanzen häufig sich dissociieren, nicht selten aber sich auch polymerisieren. über die Art, wie dies geschieht, kann man meistens keinen vollkommen sicheren Aufschluß erhalten, und dann ist die Anwendung der Formel, in der Vj^/ffQ jederzeit dem Dissociationszustand entsprechend zu bestimmen ist, schwierig. In der That wendet man sie auch häufig umgekehrt dazu an, um über den Dissociationszustand durch die Beobachtung der Änderungen des Schmelz- und Siedepunktes Aufklärung zu erhalten. ^*)

Denkt man sich die Lösung und das reine Lösun^mittel durcli eine nur für die gelösten Substanzen undurchlässige Wand voneinander getrennt, so tritt laut der Beobachtung ein Gleichgewichtszustand nur ein, wenn man auf die Lösung einen größeren äußeren Druck ausübt, als auf das Lösungsmittel. Die Wand erfahrt dabei also von beiden Seiten verschiedene Drucke; da aber das Lösungsmittel frei durch sie passiert, so scheint es möglich, die Gleichgewichts- bedingung (117) auf dasselbe auch hier in Anwendung zu bringen.") Damit die in der halbdurchlässigen Wand selbst befindlichen Teile des Lösungsmittels bei dem diesseits und jenseits verschiedenen Druck im Gleichgewicht verharren können, müssen sie eine einseitige molekulare Kraft von der Wand erfahren; befinden sich die äußeren Begrenzungen des Systemes in endlicher Entfernung von jenem Diaphragma, so geht diese Wirkung in die Gleichgewichtsgleichung nicht ein, da ihre virtuelle Arbeit verschwindet

Wir setzen daher, indem wir wieder {i) mit (0) identifizieren und den ersten Wert (116') für M^ benutzen.

Für ^ erhalten wir eine angenähert richtige Form, indem wir von der nach (31'") gebildeten Gleichung für das spezifische Vo- lumen V ausgehen und schreiben

120') dv=^v{adT'^ßdP),

worin a den räumlichen thermischen Dilatationskoefiizienten, ß den Kompressionsmodul bei allseitig gleichem Druck bezeichnet

§ 16, Der osmotisohe Druck. 607

Damit kombinieren wir die Formel (31"), nach welcher

120") d'co^r^dT-^Tva dP

ist, und erhalten, indem wir F^ und in dem kleinen Glied mit a auch av 2i\& konstant annehmen,

fi^r^l{T)^vaP+k, 120'")

worin k die Integrationskonstante bezeichnet

Femer ergiebt sich, wenn wir die äußere Arbeit

d'cc^ --vPiadT'-ßdP) zu d^m addieren,

dB=^r^dT- va{TdP + PdT) + vßPdP, 121

also bei ähnlicher Annäherung

6 = /;T-t;aTP + |r/SP« + Ä, 121')

unter A eine andere Integrationskonstante verstanden. Daraus folgt aber flir

^ = e - T«? + Pv der Wert:

f = (r^- Ä) r- /; r/(T) + Pt;(i + I/9P) + A. j

Hierin ist bei allen in Betracht kommenden Fällen \ßP sehr klein neben Eins, und man erhält bei seiner Vernachlässigung schließlich

f ==P(T) + Pt;. 121'")

Setzt man diesen Wert bei beiderseitig gleichem T, aber ver- schiedenem Pin Formel (120) ein, so resultiert, da man den kleinen Unterschied der spezifischen Volumina rj») und r^ ignorieren kann,

f 0 i»o W^ - P!,«) = Ä T2 {^f . 1 22)

Die Druckdifferenz P^«) PW z=: p nennt man den osmotischen Druck in der Lösung. Man erhält aus (122), da v^fi^^Q^ und QqVq= 1 ist, bei Fortlassung des Index (a)

p^RT^v^, 122')

so daß p als eine Summe von Gliedern p^ erscheint, die den ver- schiedenen gelösten Substanzen ihren Ursprung verdanken. Jedes GUed

121")

608 UL Tßil Wärmelehre, IL Kap.

nimmt wegen R ^ B^pi^ die Form an

122") Ph = KQkT'-

Darin ist B^ die Konstante des BoTLB'schen Gesetzes für die vergaste Substanz (ä), (>^ die Dichte derselben innerhalb der Lösung.

Der osmotische Druck folgt hiemach also dem Boylb' sehen Gesetz mit demselben numerischen Werte der Konstanten, welcher der vergasten Substanz zugehört

Damit ist das Gesetz, welches wir auf S. 61 aus der kinetischen Vorstellung plausibel gemacht haben, nun auch thermodynamisch, wenngleich nicht ohne spezielle Annahmen, abgeleitet

Litteratur zum III. Teil.

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