HX00011711 f i a-l> [♦•-, 1 QM551 T51 Columbia ©nitjemtp ^^^"^ CoUege of ^t)?öictans! anb ^urgeonÄ Hihtavp jFaTHÜljjTNGTÖNri TLo.^^ X. LEHRBUCH DKU GEWEBELEHRE MIT VORZÜßSWEISER BERÜCKSIGHT1ÖÜN& DES MENSCHLICHEN KÖRPERS BEARBEITET VON DR CARL TOLDT, 0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE IN PKAÖ. MIT 195 ABBILDUNGEN IN HOLZSCHNITT. ZTTEITE ATJFLAOE. STUTTGART. VERLAG VON FERDINAND E N K E. 1884. Alle Rechte vo)'be?taUen. Drack von Gebr^de^' Kröner In Stattgart. Vorwort zur ersten Auflage. JDei der Bearbeitung des vorliegenden Lehrbuches hatte ich zu- nächst den Zweck vor Augen, den Studirenden, welche mit dem Mikro- skop in der Hand die Bestandtheile des Körpers dem feineren Bau nach kennen lernen wollen, eine geeignete Grundlage zu bieten, auf der sie ihre Arbeit mit Aussicht auf Erfolg unternehmen und durchführen könnten. Demgemäss habe ich die Materie ausgewählt und umgrenzt, darnach auch im Wesentlichen den Gang der Darstellung eingerichtet. Niemand wird wohl ein Lehrbuch, das eine vielseitig durch- gearbeitete Disciplin zum Gegenstande hat, in die Hand nehmen, um darin eine Fülle von neuen Thatsachen, oder durchaus originelle An- schauungen zu suchen. Die erste Aufgabe eines solchen wird es immer sein, dem Anfänger sowohl im Allgemeinen, als auch im Einzelnen ein klares und übersichtliches Bild von dem jeweiligen Stand und Umfang unseres Wissens vorzuhalten. Habe ich dieser Anforderung , welche dier Lernende an ein Lehrbuch zu stellen berechtiget ist, Genüge ge- leistet, so ist das mir vorgesteckte Ziel nicht verfehlt. Ich darf aber auch hoffen, dass der erfahrene Fachgenosse in keinem Kapitel dieses Buches die selbstthätige Forschung des Verfassers vermissen wird, wenn auch die Ergebnisse derselben nur in einer dem Lehrzweck entsprechenden, knappen Form mitgetheilt und nirgends über Gebühr in den Vordergrund gestellt worden sind. Auf eine erschöpfende Verwerthung der Literatur, sowie auf eine ausführliche Erörterung der zahlreichen controversen Fragen musste naturgemäss verzichtet werden; doch sind die wichtigsten von den letzteren in objektiver Weise auseinandergesetzt, und dem eigenen Urtheil des Verfassers stets auch eigene, gewissenhafte Untersuchungen zu Grunde gelegt. VI Vorwort zur ersten Auflage. Für die Beschreibung der einzelnen Körperbestandtheile sind, soweit es anging, menschliche Objekte als Substrat benutzt worden; nur wenn diese nicht ausreichten, wurden die Wirbelthiere mit heran- gezogen. Entwicklungsgeschichtliche und vergleichend - histologische Notizen habe ich dort eingefügt, wo sie besonders geeignet schienen, Plan und Durchführung der baulichen Verhältnisse zu beleuchten oder zu erklären. Von dem ursprünglichen Vorhaben , einen besonderen Abschnitt des Buches der histologischen Methodik zu widmen, glaubte ich mit Rücksicht auf den allzu grossen Umfang , welchen dasselbe dadurch erhalten haben würde , abstehen zu sollen. Ich habe mich darauf beschränkt, in den einzelnen Kapiteln kurze Bemerkungen über die zweckmässigste Art der Behandlung der Objekte einzuschalten. Die beigegebenen Abbildfingen sind zumeist Originale, von Herrn Dr. Julius Heitzmann naturgetreu gezeichnet. Die dankenswerthe Sorg- falt, welche der Herr Verleger auf ihre Ausführung verwendet hat, darf der allgemeinen Anerkennung sicher sein. Ich erachte es nun noch für uothwendig, die Bemerkung beizu- fügen, dass die erste Hälfte des Buches schon zu Ostern des vergangenen Jahres druckfertig war ; aus diesem Grrunde sind in den betreffenden Kapiteln die seither bekannt gewordenen Fortschritte unserer Wissen- schaft ohne Berücksichtigung geblieben. Prag im Juni 1877. Der Verfasser. Vorwort zur zweiten Auflage. Ijei Bearbeitung dieser Auflage habe ich an der allgemeinen Eintheilung und Anordnung des Stoffes nichts geändert. Im Einzelnen ist aber Vieles anders geworden. Die seit dem Erscheinen der ersten Auflage mir zur Kenntniss gekommenen Bereicherungen der histologischen Literatur habe ich sorgfältig gesichtet, und so weit es mir möglich war, durch Nach- untersuchung geprüft. Was davon für die Zwecke eines Lehrbuches geeignet schien, wurde in die Darstellung einbezogen. Durch die Verwendung des Petit-Druckes wurde bessere Ueber- sichtlichkeit und vollständigere Ausnützung des Raumes erzielt. Einige Kapitel, z. B. die allgemeine Zellenlehre, die peripheren Endigungen der sensiblen Nerven u. s. w. bedurften einer eingreifenden Umarbeitung. In ganz neuer Gestalt erscheint der Abschnitt über das Central- nervensystem. Die Lehre von demselben hat sich während der zwei letzten Dezennien gewissermassen zu einem Spezialzweig der Anatomie herausgebildet, dessen Förderung zu einem guten Theile nicht den zünftigen Anatomen, sondern den Neuropathologen zum Verdienste angerechnet werden muss. Was wir heute über den feineren Bau des Centralnervensystems wissen , konnte niemals durch einfache anatomische , beziehungsweise histologische Forschung ermittelt werden. Klinische Beobachtung, pathologische imd experimentelle Untersuchungen mussten sich mit der Arbeit des Anatomen in mannigfachster Weise combiniren. Desshalb steht es ausser Frage, dass auf diesem Gebiete dermalen demjenigen \ 1 1 I N'oiwDil zur /weiten Aiit'la^-e. vorzugsweise das Wort gebührt, welcher alle die genannten Methoden beherrscht und zu üben Gelegenheit hat. Mit Rücksicht auf die Behandlung dieses Gegenstandes für die zweite Auflage meines Lehrbuches stand es von vorneherein fest, dass dieselbe eine ausführlichere sein und namentlich die topographischen Verhältnisse besser berücksichtigen müsse. Weiterhin aber kam Alles darauf an, dass die Darstellung den praktischen Bedürfnissen des Stu- direnden und des Arztes möglichst angepasst und von der grossen Men<'e der bekannt gewordenen Tliatsachen vornehmlich das berück- sieht werde, was durch übereinstimmende Ergebnisse verschiedener Methoden als sichergestellt erachtet werden darf. Teil habe es daher mit Freuden begrüsst, dass mein geehrter Freund, l'rofessor 0. Kahler, meinem Ersuchen, die Neubearbeitung dieses Abschnittes zu übernehmen, bereitwilligst willfahrte. Ich selbst habe mir davon nur die allgemein histologische Beschreibung der Ele- mentartheile. der Hirnhäute und der Blutgefäss vertheilung vorbehalten; die gesammte Darstellung des Zusammenhanges der Theile im Central- nervensystem und des Aufbaues der verschiedenen Bezirke desselben ist hingegen durchaus selbständige Arbeit Professor Kahler''s. Ich hoffe, dass so der Richtung, nach w^elcher sich die feinere Anatomie der nervösen Centralorgane vorzüglich entwickelt hat, sowie der grossen Bedeutung, welche dieselbe für die verschiedensten medi- zinischen Wissenszweige erlangt hat , in vollem Maasse Rechnung getragen ist. Die dieser .4uflage neu hinzugefügten Abbildungen — 70 an Zahl — sind von Hrn. Ueisek gezeichnet und durch die Verlagshandlung mit der anerkennenswerthesten Sorgfalt auf zinkographischem Wege repro- ducirt worden. Soweit dieselben auf den Abschnitt über das Central- nervensystem entfallen — es sind deren 35 — ist ihre Anfertigung durch Herrn Professor Kahler besorgt worden und zwar grösstentheils nach seinen eigenen Präparaten. Frag, am I. .Januar 1884. C. Toldt. Inhalts - Verzeichniss. \ Seite Einleitung 1 I. Abschnitt. Von den Baumitteln des Körpers. A. Die thierische Zelle. S. 8—100. Allgemeine Zellenlehre. S. 8—40. Morphologische Eigenschaften der Zellen 9 Zellkörper 9 Zellkern 12 Zellmembran 15 Form und Grösse der Zellen 16 Vitale Eigenschaften der Zellen 18 Stoffwechsel der Zellen 19 Lebensäusserungen der Zellen 21 Bewegungserscheinungen an den Zellen 21 Entstehung und Fortpflanzung der Zellen 28 Wachsthum der Zellen 35 Lebensdauer der Zellen 36 Bedeutung der einzelnen Zellbestandtheile 37 Gegenseitige Beziehungen der Zellen 39 Die Zellen — ihre Abarten und Derivate. S. 40—100. 1) Die lymiDhoiden Zellen 40 Lymphzellen 42 Farblose Blutzellen 42 Wanderzellen 44 Die lymphoiden Zellen des adenoiden Gewebes 45 Die lymphoiden Zellen des Knochenmarkes 45 2) Die farbigen Blutzellen 46 3) Die Epithelial- und Drüsenzellen 58 4) Die Bindesubstanzzellen 67 5) Die Fettgewebszellen 70 6) Die Muskelfasern 74 Die glatten Muskelfasern ^74 Die quergestreiften Muskelfasern 76 X Inhalts-Verzeichniss. Seite 7) Die Nervenfasern . . . 86 Die markhaltigen Nerveniasem 87 Die marklosen Nervenfase)-n 95 8) Die Ganglienzellen 97 B. Die Intercellularsubstanzen. S. 101 — 110. Die erste Gruppe der Zwischensubstanzen 101 Die gallertartige Zwischensubstanz 102 Die Substanz des hj'alinen Knorpels 102 Die letmgebende Substanz des Bindegewebes 102 Die elastische Substanz 104 Die Zwischensubstanz der Knochen 106 Die zweite Gruppe der Zwischensubstanzen (Kittsubstanzen) 107 Die ckitte Gruppe der Zwischensubstanzen 107 Die Grundmembranen 108 Die Membranae propriae 108 Die Cuticularbildungen 108 Herkunft und Entwicklung der Zwischensubstanzen 109 Lebenserscheinungen der Zwischensubstanzen 110 II. Abschnitt. Von dem Aufbau der Körperbestandtheile. I. Kapitel. Der allgemeine Stütz- und Bindeapparat des Körpers. S. 111-161. Das Bindegewebe 112 Das fibrilläre Bindegewebe 112 Das gaUei-tartige Bindegewebe 122 Das reticuläre Bindegewebe 123 Der Knorpel 12,5 Der hyaline Knorpel 126 Der Netzknorpel 133 Der Bindegewebsknori^el 135 Der Knochen 136 Die Entstehung und das Wachsthum der Knochen 148 Anhang. Das Fettgewebssystem 157 11. Kapitel. Der active Bewegungsapparat. S. 161 — 166. Die Muskulatur mit quergestreiften Elementen 161 Die Muskulatur mit glatten Elementen 165 III. Kapitel. Der Nervenapparat. S. 167—326. Das Centralorgan. S. 167—305. (Von S. 175-301 von Prof. Kahler bearbeitet.) Das Rückenmark S. 168—196. Nervöse Elemente des Rückenmarkes 169 Stützsubstanz des Rückenmarkes 173 Faserverlauf. — üntersuchungsmethoden 175 Inhalts-Verzeichniss. XI Seite Das Rüfkenmarkssegmcnt 179 Das Verhalten der Nervenwurzeln 1S3 Verbindungen der grauen Säulen mit dem Markmantel . . . . 18Ü Der Markmantel des Rückenmarkes 187 Fasersysteme der Vorder- und Seitenstränge 189 Fasersysteme der Hinterstränge • 194 Das verlängerte Mark. S. 19(3—220. Geschlossener Theil des verlängerten Markes 200 Ottener Theil des verlängerten Markes 208 Die Brücke. S. 220—236. Das Kleinhirn. S. 236-242. Das Mittel hirn. S. 242-254. Untere Vierhügel 244 Obere Vierhügel 248 Das Grosshirn. S. 254—301. Der Grosshirnstamm 254 Structur der grauen Massen des Grosshimstammes 259 Frontalschnitte in der Region des Pulvinar 261 Ursprung des Opticus, — Tractus und Chiasma 264 Frontal schnitte in der Region der Zwischenschicht 268 Frontalschnitte in der Linsenkem-Sehhügelregion 276 Frontalschnitte in der Linsenkern-Schweifkerm-egion 279 Horizontalschnitte des Grosshirnstammes 281 Fasersysteme im Grosshirnschenkel und in der inneren Kapsel . . 284 Hypophysis, Zirbel 290 Der Grosshii-nmantel 292 Die Rinde der Hakenwindung und das Ammonshorn .... 297 Der Riechlappen. — Ursprung der Riechnerven 300 Hüllen des Centralorganes 301 Blutgefässe des Centralorganes 304 Die peripheren Nerven 305 Die Ganglien 308 Die peripheren Endigungen der Nerven 312 Endigungen der motorischen Nerven 312 Endigungen der sensiblen Nerven 315 Tastkörperchen 317 MerkeVsche Tastzellen 317 Meissner' sehe Tastkörperchen 319 Kugelige Endkolben Krause's 320 Gelenknervenkörperchen 321 Genitalnervenkörperchen 321 Kolbenkörperchen 322 Cylindrische Endkolben Krause's 322 Vater'sche Körperchen 323 IV. Kapitel. Der Circulationsapparat. S. 326 — 385. Das Blutgefässsystem 326 Das Herz 326 Die Arterien 330 XII Inhalts-Verzeichniss. Seite Die Venen / 339 Die Capillargefässe 343 Anhang: Steissdrüse und Carotisdrüse 351 Das L3'mphgefösssystem 352 Die Lpnphgefässe 353 Die Lymphsinus 357 Das Verhältniss der Lymphgefasse zu den sie umgebenden Geweben 361 Das adenoide Gewebe und seine Formationen 366 Die Lymphknoten 369 Die Thymus 376 Die Milz 379 V. Kapitel. Der Verdauungsapparat. S. 385 — 474. Einleitung. Allgemeines über Schleimhäute und Drüsen 385 Der bindegewebige Antheil der Schleimhäute 385 Das Epithelium 389 Von den Drüsen 395 Die Wandungen der Mundhöhle 403 Die Zähne 407 Die Zunge 416 Der Schlundkopf und die Speiseröhre 426 Der Magen 429 Der Darm 434 Die Blutgefässe des Magens und Darmes 443 Die Lymphgefasse des Magens und Darmes 446 Die Nerven des Magens und Darmes 448 Die Speicheldrüsen 449 Die Leber 455 Bauchfell und Gekröse 472 VL Kapitel. Der Athmungsapparat. S. 474 — 487. Der Kehlkopf 474 Die Luftröhre • 476 Die Lungen 477 Anhang: Die Schilddrüse 486 Vn. Kapitel. Der uropoetische ApjDarat. S. 487 — 512. Die Nieren 487 Die ableitenden Harnwege 501 Ureter und Nierenbecken 501 Die Harnblase 503 Die Harnröhre 506 Anhang. Die Nebenniere 508 VIII. Kapitel. Der Geschlechtsapparat. S. 512—547. Die männlichen Geschlechtswerkzeuge 512 Das männliche Geschlechtsprodukt (Samen) 512 Die männlichen Geschlechtsdrüsen 514 Inhal ts-Verzeichniss. XIII Seite Die ableitenden Samenwege 522 Die Nebenhoden 522 Die Samenleiter 523 Die Samenblasen 523 Die Ductus ejaculatorii 523 Paradidymis, Vas aberrans, Hydatiden 524 Glandula prostatica 525 Die Cowper'schen Drüsen 527 Die Corpora cavemosa des Penis und der Urethra 528 Die weiblichen Geschlechtswerkzeuge 531 Das weibliche Geschlechtsprodukt (das Ei) 531 Die weiblichen Geschlechtsdrüsen 532 Epoophoron und Paroophoron 539 Die Eileiter 540 Die Gebärmutter 541 Die Scheide und die äusseren weiblichen Genitalien 545 IX. Kapitel. Die äussere Haut. S. 547 — 578. Die Lederhaut 547 Die Eiiidermis 552 Die Nägel 554 Die Haare 556 Die Talgdrüsen 566 Die Schweissdrüsen 568 Die Blutgefässe der Haut 570 Die Lymphgefässe der Haut 572 Die Nerven der Haut 573 Anhang: Die Milchcbüse 574 X. Kapitel. Die Sinnesapparate. S. 578 — 664. Der Sehapparat. S. 579-637. Sehnerv und Augapfel 579 Der Sehnerv 579 Die weisse Augenhaut 582 Die Hornhaut 585 Die Aderhaut 590 Die Regenbogenhaut 595 Die Netzhaut 598 Der Glasköii^er 613 Die Krystalllinse 614 Die Zonula ciliaris 617 Die Blutgefässe des Augapfels 618 Die Lymphbahnen des Augapfels 625 Die Nerven des Augapfels 627 Accessorische Bestandtheile des Sehapi^arates 629 Die Bindehaut 629 Die Lider ■ 631 Thränendrüse, Thränenröhrchen, Thränensack 636 XIV Inhalts- Verzeichniss. Seite Der Gehörap/parat. S. G37 — 659. Innere Sphäre des Gehörapparates 638 Die Vorhofssäckchen und die häutigen Bogengänge 638 Die Schnecke 641 Blutgefässe 650 Lj^mphbahnen 652 Mittlere Sphäre des Gehörapparates 652 Die Trommelhöhle 652 Die Ohrtrompete 653 Blutgefässe, Lymphgefässe, Nerven 655 Aeussere Sphäre des Gehörapparates 656 Das Trommelfell 656 Der äussere Gehörgang 657 Die Ohrmuschel 657 Blutgefässe, Lymphgefässe, Nerven 658 Der Geruchsapparat. S. 659 — 664. Die Regio olfactoria der Nasenhöhle 659 Die Regio respiratoria der Nasenhöhle •. . . 663 Die Nebenhöhlen der Nase 663 Blutgefässe, Lymphgefässe, Nerven 664 Einleitung. Die Gewehelehre — Histologie *) — hat mit Rücksicht auf thierische Organismen die Aufgabe, den feineren Bau der einzelnen Theile der- selben, und die Eigenschaften ihrer Baumittel, soweit sie durch die mikroskopische Beobachtung erkannt werden können, darzulegen. Ebenso wie die anatomische Forschung den Gesammt-Organismus in seine Abschnitte und Bestandtheile zerlegt, dieselben im Einzelnen nach Form und Beschaffenheit untersucht, ihre gegenseitigen Beziehungen ermittelt, und endlich klar zu stellen trachtet, wie dieselben zum Auf- bau des Gesammtkörpers zusammentreten — ganz analoge Ziele ver- folgt die Gewebelehre mit Bezug auf die einzelnen Bestandtheile des Organismus selbst. Sie unternimmt es, einen jeden derselben in eine Anzahl kleinster, dem freien Auge nicht mehr wahrnehmbarer Form- elemente — Elementartheile — zu zerlegen, an diesen die Gestalt, die physikalischen utid chemischen Charaktere zu untersuchen, die Gesetze ausfindig zu machen, nach welchen sie zu einander geordnet sind, und endlich die innere Organisation eines jeden Körperbestandtheiles aufzu- decken. Insoweit sind die Objekte der Gewebelehre die Bestandtheile des todten Organismus, sie selbst aber eine wahre mikroskopische Ana- tomie. Sie hat nach dieser Richtung hin die Morphologie, Terminologie und Topographie der Elementartheile in's Auge zu fassen und schHesst ab mit der Lehre von dem Aiifbaii der Bestandtheile des Körpers. Allein gleichwie eine wissenschaftliche Behandlung der Anatomie sich unmöglich auf die Beschreibung von Form- und Lage-Verhältnissen *) Der Ausdruck Histologie ist zuerst von C. Mayer (1819) gebraucht worden; er stammt von dem griechischen 6 Izzöc, — der Mastbaum, das Segel, das Gewebe überhaupt. Da die Griechen auch das Diminuti%Tim xö l'-tiov in dem letzteren Sinne in Gebrauch hatten, so wird von Einigen dieses als Stammwoi"t betrachtet, und Histiologie geschrieben. Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 1 2 Einleitung. allein beschränken kann, vielmehr die Gestaltung und Anordnung der Körpertheile stets mit Rücksicht auf ihre physiologische Funktion in's Auge fassen muss, nicht minder erstreckt sich die Aufgabe der Histo- logie weit hinaus über morphologische und topographische Erörterungen. Nachdem man einmal erkannt hatte, dass die Elementartheile, so lange sie sich in lebensfähigem Zustande befinden, gewisse mikrosko- pisch wahrnehmbare Eigenschaften besitzen, welche sie mit dem Ab- sterben verKeren, nachdem man ferner in Erfahrung gebracht hatte, dass sich in den Elementartheilen während ihrer physiologischen Thätig- keit ganz bestimmte, mikroskopisch nachweisbare Veränderungen ab- spielen — mit einem Worte , seitdem man gelernt hatte , die vitalen Eigenschaften der Elementartheile zu studiren, von dieser Zeit an er- weiterte sich die Aufgabe der Grewebelehre ganz erheblich, und die mikroskopische Beobachtung musste mit dem physiologischen Experi- ment in Verbindung gebracht werden. So ist denn heute die Histologie nicht nur im Stande, dem Anatomen durch Aufdeckung des feineren Baues der einzelnen Körperbestandtheüe werthvoUe Anhaltspunkte zur Beurtheilung ihrer makroskopischen Eigenschaften an die Hand zu geben, sondern auch für die Physiologie ist sie bereits eine reiche Fundgrube wichtiger, die Lebensvorgänge beleuchtender und erklären- der Thatsachen geworden. Die durch mikroskopische Untersuchung erkennbaren geformten Elementartheile sind die Baumittel, mit Hülfe welcher das ganze Ge- bäude des Thierkörpers hergestellt ist. Sie sind es, deren Beschaffenheit, Gruppirung und Fügung das äussere Aussehen' und die physikalischen Charaktere der Körperbestandtheüe in erster Linie bedingen. Sie sind es aber auch, welche vermöge ihrer chemischen und vitalen Eigen- schaften die physiologische Dignität der Körperbestandtheüe begründen, welche jeden einzelnen derselben befähigen, in einer ganz bestimmten Weise und mit eigenartigen Verrichtungen zu dem Gesammtleben des thierischen Körpers beizutragen. Die Erkenntniss dieser Baumittel und die Erforschung ihrer Eigenschaften wird uns daher zunächst beschäftigen. Die bis zu dem heutigen Tage gewonnenen Erfahrungen zahl- reicher Forscher haben übereinstimmend dargethan, dass es der den Organismus zusammensetzenden Baumittel verhältnissmässig nur wenige Arten gibt, und dass die grosse Mannigfaltigkeit in den physikalischen und vitalen Eigenschaften der Körperbestandtheüe durch gewisse Modifi- kationen der Baumittel, durch ihre relative Menge und verschiedene Gruppirung erreicht worden ist. Soweit wir den Thierkörper zu unter- suchen, soweit wir in das Detail seines Aufbaues einzudringen vermögen Einleitung. 3 — die letzten Forraelemente seiner scheinbar so heterogenen Bestand- theile lassen sich ohne Zwang auf einige wenige Grundformen zurück- führen. Und so wie der ganze complicirte Organismus seine erste Anlage einem einfachen , primitiven Gebilde — dem Ei — verdankt und sich allmälig aus ihm heraus entwickelt, ebenso ist es ein Form- element — die thierische Zelle, — welches in seinen verschiedenen Abarten bleibend die wesentliche Grundlage für alle seine Bestandtheile darstellt. Wir begegnen aber unter den Baumitteln des thierischen Körpers auch Formationen, welche wir, so wie sie sich uns präsentiren, nicht mehr unter den Begriff der Zelle subsumiren können, welche allerwärts zwischen den zelligen Elementen eingefügt sind, und da mit grösserer, dort mit geringerer Massenentfaltung auftreten. Sie werden mit dem Ausdruck ZwischensnhRtanzen — Intercellularsuhstanzen — zusammengefasst. Indem sich die elementaren Baumittel in gesetzmässiger Weise aneinander lagern, und zwar so, dass zunächst immer gleichartige oder doch wenigstens ihrer Abkunft oder Verrichtung nach zusammenge- hörige Elemente zu einem einheitlichen Gefüge sich ordnen, entstehen die thierischen Getoebe. Der Ausdruck Gewebe — Textura — bezieht sich zunächst nur auf die typische Anordnung und Fügung bestimmter elementarer Baumittel und auf die daraus resultirende Beschaffenheit eines Körpertheiles. Mit Rücksicht auf das histologische System ist jedoch der Begriff des Gewebes viel enger — allerdings von den ver- schiedenen Autoren nicht übereinstimmend — umgrenzt worden. Es ist nemlich eine lange gekannte, durch Bichat zuerst wissenschaftlich verwerthete Thatsache, dass gleichartige oder verwandte Elementar- theile sich in gesetzmässiger Weise zu bestimmten Formationen ver- einigen, welche entweder eine gewisse morphologische Selbständigkeit besitzen, oder auch zum Aufbau der verschiedensten Körperbestandtheile beitragen können. Solche , gewissermassen primäre Formationen der Elementartheile nennt man Gewebe. Man spricht so von einem Knochen- gewebe, Drüsengewebe, Nervengewebe u. s. w., indem man damit aus- drücken will, dass die Baumittel, welche den Knochen zum Knochen, die Drüse zur Drüse stempeln, in dieser oder in jener Weise gefügt seien. Man hat dabei einzig und allein die für die Klassifikation der Körper- bestandtheile massgebenden Formelemente im Auge , ohne Rücksicht darauf, ob sie wirklich im Stande seien, für sich allein einen solchen zu formen. Wir sehen indess, dass bei dem Aufbau der Körperbestand- theile meistentheils mehrere, verschiedenartige Gewebe gleichzeitig, man darf wohl auch sagen gleichberechtigt, betheiligt sind. Denn wenn auch einem jeden Gewebe eine seiner Zusammensetzung und seinen Eigenschaften entsprechende, bestimmte Verrichtung zukommt, so ist 4 Einleitung. (loch der regelrechte Ablauf derselben immer nur durch geeignetes ZusammenAvirken mehrerer Gewebsformen ermöglicht. Es gibt zwar einzelne in gewisser Beziehung selbständige Be- standtheile des Körpers, welchen mit Recht der Charakter einfacher Gewebe zugeschrieben wird, d. h. es concurriren bei ihrem Aufbau nur gleichwerthige Elementartheile ; es sind dies die Oberhäutchen, die Epithelialgebilde im Allgemeinen. Andere Körperbestandtheile — das Bindegewebe, der Knorpel, der Knochen, das adenoide Gewebe, bestehen ihrer grossen Masse nach und wesentlich aus Formationen, zu welchen zwar nicht ausschliesslich gleichwerthige, doch aber solche elementare Baumittel verwendet sind; welche durch ihre Abkunft in nächster gegenseitiger Beziehung stehen. Man kann daher noch immer- hin von einem Knochengewebe u. s. w. sprechen; allein alle diese Formationen — mit Ausnahme des Knorpelgewebes — bilden niemals als solche für sich einen Körperbestandtheil, sie enthalten Blutgefässe, Nerven u. s. w. Ja der ganze Aufbau des Knochens ist so sehr von seinem Gehalte an Blutgefässen abhängig, dass er ohne die Berück- sichtigung derselben geradezu unverständlich — weil unmöglich ist. Aehnlich verhält es sich mit dem Fettgewebe. Die charakteristischen Elemente desselben können niemals für sich allein ein Gewebe, noch viel weniger einen Körperbestandtheil bilden. Das was man gewöhn- lich Fettgewebe nennt, besteht aus den Fettgewebszellen, einer ver- bindenden Zwischensubstanz und einer typischen Blutgefässausbreitung als gleich wesentlichen und unzertrennlichen Bestandtheilen. Noch viel weniger gibt es thatsächlich ein Muskel- oder Nervengewebe in dem gebräuchlichen Sinne, Niemals bilden Muskelfasern oder Nervenfasern allein oder mit verwandten Elementen ein für sich bestehendes Gefüge, stets sind sie von einem anderartigen Gewebe — dem Bindegewebe — auf das innigste durchflochten. Denkt man sich letzteres hinweg- genommen, so ist der ganze Aufbau des Muskels oder Nerven zerstört, es bleibt kein Gewebe, sondern nur eine Anzahl isolirter Muskel- oder Nervenfasern zusammenhangslos zurück. Diese hier nur kurz skizzirten Erwägungen haben mich schon bei der ersten Ausarbeitung dieses Lehrbuches veranlasst, von der gebräuchlichen Gliederung des histologischen Stoffes , wornach den „Geweben" ein besonderer Abschnitt gewidmet wird, abzugehen, und nach der Beschreibung der elementaren Baumittel sofort den Aufbau der einzelnen Körperbestandtheile zu behandeln. Von grundsätzlicher Bedeutung für die Beurtheilung der ver- schiedenen Elementartheile und Gewebe ist die Art ihrer Entstehung aus dem Ei, ihrem gemeinsamen primitiven Mutterboden. Wir sind Einleitung. 5 leider noch weit entfernt, darüber eine hinreichende Einsicht zu be- sitzen; doch haben neuere Untersuchungen der namhaftesten Forscher (His, B. und 0. Hertwig, Kölliker, Waldeijer u. A.) schon zu schätzens- werthen Resultaten geführt, welche sich, wie folgt, zusammenfassen lassen. Erstens: Aus den Vorgängen bei der ersten Anlage des Thier- leibes im Ei können zweifellos Anhaltspunkte abgeleitet werden für eine allgemeine Gruppirung der Elementartheile und Gewebe auf genetischer Basis. Ziceitens : Die Vorstellungen, Avelche seither bezüglich der Ab- stammung und der verwandtschaftlichen Beziehungen der Elementar- theile gemeinhin in Geltung waren, müssen eine wesentliche Umge- staltung erfahren. Allerdings ist es bezüglich mancher Elementartheile und Gewebe noch nicht gelungen, die thatsächlichen Grundlagen für die Beurthei- lung ihrer genetischen Stellung völlig klarzulegen, und es kann daher dermalen von einer feststehenden Gruppirung aller elementaren Bau- mittel auf Grundlage ihrer Abstammung noch nicht die Rede sein. Indessen hat TF. His eine Lehre geschaffen und ausgebildet, welche mit einigen durch Waldeyer eingeführten Modifikationen wohl geeignet ist, vorläufig die Basis für unsere Anschauungen über die genetischen Beziehungen der Elementartheile und Gewebe zu bilden. Dieselbe möge daher im Folg^enden kurz skizzirt werden. Alle Elementartheile, beziehungsweise Gewebe, theilen sich nach ihrer Herkunft in zwei grosse Gruppen : in archiblastlsche und para- blastische. Zu den ersteren zählen: die Epithelzellen und die Secretions- zellen der Drüsen, die Muskelfasern und die Elemente des Nerven- systems mit Einschluss der Neuroglia; zu den letzteren: die Elemente der Bindesubstanzen, also des Bindegewebes, des Knorpels, Knochens und Zahnbeines, die Endothelzellen, die lymphoiden Zellen, ferner die Elementartheile des adenoiden Gewebes und des Fettgewebes und end- lich die Bestandtheile des Blutes. Diese Eintheilung gründet sich auf eine durchgreifende Ver- schiedenheit der primitiven Anlagen für beide Gruppen. Durch den Furchungsprozess bildet sich im Ei zunächst ein Zellenmateriale, welches sich zu drei Schichten {Keimblättern) ordnet, und welches in seiner Gesammtheit den Archiblast {ürkeim, Hauptkeim), die Anlage für alle archiblastischen Elementartheile und Gewebe darstellt. Das äussere Keimblatt {der Epiblast) hefert das Materiale für die gesammte Epi- dermis, für die epidermoidalen Anhänge und für die Drüsen der äus- seren Haut, für das Epithel des Anfangs- und Endstückes des Ver- dauungsapparates und für das ganze Nervensystem; aus dem inneren Keimblatte {dem HypobJast) entsteht das Epithel des Verdauungs- und Respirationsapparates, und die Secretionszellen der zugehörigen Drüsen; 6 Einleitung. aus dem mittleren Keimblatte {dem Mesohlast) endlich sind abzuleiten: die den Harn- und Gescblechtsw'orkzeugen angehörenden Epithel- und Drüsenzellen, sowie die sämmtlichen glatten und quergestreiften Muskelfasern. Für die parablastischen Gewebe werden die primitiven Anlagen, deren Inbegriff als Parablaat {Nehenkeim) bezeichnet wird, erst später gebildet, und zwar ausserhalb der ursprünglichen Keimblätter. Nach His geht der Parablast aus dem s(jgenamiten weissen oder Nebendotter des Eies hervor, indem aus den Elementen des letzteren Zellen ent- stehen, welche zwischen die archiblastischen Keimblätter einwandern. Hier wandelt sich ein Theil der Parablastzellen in sternförmige Zellen um und stellt durch Zusammenfliessen der Zellenfortsätze ein Netz- gerüst, die erste noch indifferente Anlage der Bindesubstanz her; ein anderer Theil wird zu Blutzellen und ein dritter Theil behält zu- nächst den Charakter von indifferenten, leukocytären Zellen. Späterhin dringen die Parablastzellen auch in die Keimblätter selbst, insbesondere in den Mesoblast ein und vermengen sich nun mit den Elementen des Archiblast. Von ihnen sind alle die oben genannten parablastischen Elementartheile und Gewebe abzuleiten. Waldeyer stimmt hinsichtlich der Gruppirnng der Elementartheile im Wesentlichen mit His überein, ist aber in Betreff des Verhältnisses des Archiblast zum Parablast und insbesondere in Betreff der Herkunft des letzteren anderer Ansicht. Nach Waldeyer leiten Parablast und Archiblast ihren Ursprung von dem Protoplasma der Eizelle her; der Dotter ist nicht gestaltungsfähig, er dient nur als Nährmateriale für die Furchungszellen. Die Verschiedenheit der beiden primitiven An- lagen beruht darin, dass der Furchungsprozess, durch welchen sich das Eiprotoplasma in eine grosse Anzalil von Zellenindividuen zertheilt, sich nicht in der ganzen Masse desselben gleichzeitig und gleichmässig vollzieht. Zunächst unterliegt nur ein Theil des Eiprotoplasmas der Furchung (primäre Furchung) ; durch diese entsteht jenes Zellenmateriale, aus welchem sich die drei primären Keimblätter (der Archiblast) for- men. Ein Rest des Eiprotoplasmas oder von unreifen Furchungszellen bleibt übrig; dieser furcht sich erst später {secundäre Furchung) und liefert das Materiale für den Parablast. Die wesentliche Differenz zwischen den beiden vorgebrachten An- schauungen beruht also darin, dass nach Waldeyer der Archiblast und der Parablast eine gemeinsame Grundlage in dem Protoplasma und in dem ursprünglichen Kern des Eies besitzen, während nach His beide schon von vorneherein aus gänzlich verschiedenartigen Elementen ent- stehen. Sieht man von dieser Differenz ab, so stimmen beide Forscher darin überein, dass alle Elementartheile und Gewebe des Thierkörpers Einleitung. 7 nach ihrer Abstammung von dem Archiblast oder von dem Parablast in zwei grosse Gruppen zerfallen. Dadurch wird ihre genetische Stellung charakterisirt , und nicht, wie früher allgemein angenommen worden war, durch ihre Herkunft von einem der drei Keimblätter. Auch Kölliker und andere Forscher haben sich neuerdings ganz be- stimmt gegen diese frühere Anschauung ausgesprochen. Es können also beispielsweise Epithelialzellen und Drüsenzellen aus einem jeden der drei primären Keimblätter hervorgehen, immer aber sind sie archi- blastischer Natur. Hingegen sind die Bestandtheile der Bindesubstanz- gewebe, die Leukocyten u, s. w. stets nur auf parablastische Elemente zurückzuführen, mögen diese im Laufe der Entwicklung den Formationen des einen oder des anderen Keimblattes sich beigesellt haben. Aller- dings ist es ganz vorwiegend das mittlere Keimblatt, in welchem die parablastischen Elemente zur weiteren Ausbildung gelangen. I. Abschnitt. Von den Baumitteln des Körpers. A. Die thierische Zelle. I. Allgemeine Zellenlehre. Noch in den ersten Dezennien dieses Jahrhunderts waren die Vorstellungen, welche man sich über die Elementartheile des thieri- schen Körpers zu bilden vermochte, äusserst mangelhaft, wenngleich der Gebrauch des Mikroskopes vielen Naturforschern wohl bekannt war. Körnchen, Kügelchen, Schüppchen und Fäserchen, über deren Natur und Bedeutung die Ansichten sehr weit auseinandergingen, wurden als die kleinsten erkennbaren Theilchen der verschiedenen Organe beschrieben. Erst den grossen Errungenschaften Schleiden's auf dem Gebiete der Pflanzenanatomie war es vorbehalten, den Anstoss zu geben für eine richtigere Erkenntniss der Baumittel des thierischen Organismus. Th. Schwann, auf den Erfahrungen Schleiden's über die pflanzliche Zelle fussend, entwickelte der erste im Jahre 1838 und 1839 bis in's kleinste Detail die Lehre, dass allen thierischen Bildungen die Zelle zur Grundlage diene. Sowie Schwann den Namen Zelle der Botanik entlehnte*), so hat er auch den Begriff derselben a-us der Pflanzenwelt fast unverändert auf den thierischen Organismus über- *) Das Wort Zelle — cellula — gehörte auch schon dem Sprachschatze der alten Anatomen an, hatte aber bei ihnen einen ganz anderen Sinn. So schi'ieb Malpighi und nach ihm Älbinus dem Bindegewebe einen zelligen, honigwaben- ähnlichen Bau zu (Textus cellulosus), und man bezeichnete als Zellen jene Räume, welche in dem Bindegewebe entweder durch Aufblasen mit Luft entstehen, oder aber von vorneherein mit Fettzellengruppen ausgefüllt sind. Der Ausdruck Zell- gewebe wird auch heute noch mitunter in diesem Sinne, als gleichbedeutend mit Bindegewebe, gebraucht. Morphologische Eigenschaften der Zellen. — Zellkörper. 9 tragen. Ihm war die thierische Zelle ein Bläschen, bestehend aus einer dünnen, durchsichtigen Haut als Hülle, aus einem flüssigen Inhalt und aus einem darin suspendirten kugeligen Gebilde, dem Kern. Alsbald verlegten sich die besten Kräfte auf die Prüfung und weitere Ausbildung der neuen Lehre, deren fundamentale Bedeutung sofort allgemein erkannt worden war. Und da zeigte es sich, nament- lich in Folge der Untersuchungen von Leiid'ig, E. Brücke und M. Schnitze, dass die Bläschen-Natur dem eigentlichen Wesen der thierischen Zelle nicht im entferntesten entspreche. Was wir jetzt Zelle nennen, ist zwar dasselbe Objekt, welches Schivann mit diesem Namen bezeichnet hatte, die Vorstellungen aber, welche wir derzeit in Bezug auf die Beschaffenheit und Bedeutung der Zellen besitzen, sind wesentlich andere geworden. Während für Schwann die Form — das kernhaltige Bläschen — den Begriff der Zelle gab^ ist heute fast nur mehr die physiologische und entwicklungsgeschichtliche Bedeutung eines Ele- mentartheiles dafür ausschlaggebend, ob wir ihn eine Zelle nennen oder nicht; die äussere Form ist dabei völlig zur Nebensache geworden. Wir bezeichnen als Zelle ein kleinstes, räumlich begrenztes Form- element des thierischen Körpers, welches befähigt ist, unter bestimniteii Bedingungen selbstthätig Lebeyisverrichtungen zu vollführen, sich zu er- nähren, zu ivachsen, sich fortzupf anzen. Indem so die Zelle als ele- mentares Individuum zu jenen Funktionen befähigt ist, welche im Grossen und Ganzen dem Thierkörper zukommen, kann sie mit vollstem Rechte nach E. Brücke^s Vorgang als Elementarorganisuius bezeichnet werden. Nach dieser Umgrenzuncf des Begriffes der thierischen ZeUe ist es klar, dass die Histologie dieselbe nach zweierlei Richtungen in's Auge fassen muss, zuerst nach der morphologischen Seite, dann aber in Beziehung auf ihre vitalen Eigenschaften, Morphologische Eigenschaften der Zellen. Die mikroskopische Untersuchung weist zunächst zwei wesent- liche Bestandtheile der ZeUe nach; der eine bedingt ihre Grösse und äussere Form und führt den Namen Zellkörper oder Zellleib; der zweite ist in dem ersteren eingeschlossen, also kleiner, von der Substanz des Zellkörpers scharf abgegrenzt, und heisst der Zellkern (Nucleus). Der Zellkörper besteht typisch aus einer weichen, farblosen, schwach lichtbrechenden Substanz, welche den Namen Protoplasma*) *) Die Bezeichnung Protoplasma wurde zuerst von H. v. MoM für die Sub- stanz der Pflanzenzellen eingeführt, dann durch Remah auf die thierische Zelle 10 Morphologische Eigenschaften der Zellen. — Zellkörper. {Cytoplasma, Kölliker) führt. Benützt man zur Untersuchung desselben zunächst nur mittelstarke Yergrösserungen, so erscheint das Protoplasma als eine an sich homogene, aber mehr oder weniger mit feinen und feinsten Pünktchen (Körnchen, Granula) durchsetzte Masse, welche man desshalb als grannUrt, und zwar als mehr oder minder reichlich, als grob oder fein granulirt zu bezeichnen pflegt. Mit Hülfe sehr starker Yergrösserungen kann man jedoch an vielen Objekten wahr- nehmen, dass jene scheinbaren Körnchen nichts anderes sind, als die Fig. 1. a Kugelförmige Zelle aus der Leber eines menschlichen Embryo aus dem 6. Schwangerschafts- monate; frisch mit Kochsalzlösung 0.75 O'q- "* Platte Epithelzelle aus den Kiemenplatten von Sala- mandra maculata (Larve); mit Pikrinsäure und Hämatoxylin behandelt. Beide mit Seibert's Immers. VIII, Oc. 3 gezeichnet. optischen Quer- und Schrägdurchschnitte feinster Fädchen, welche als Bestandtheile des Protoplasmas und als der Ausdruck einer gewissen Struktur desselben genommen werden müssen. Namhafte Forscher, wie Frommann , Heitzmann, Arnold, Klein^ Flemming u. A., haben sich entschieden dafür ausgesprochen, dass ge- übertragen, aber erst durch M. Schultze für die letztere in der Literatur einge- bürgert. Der Name bedeutet so viel wie ürstoff (Tcpcütov zuerst und xö TCXäa[j.a, von TzXäiJZO}, das Geformte). Der Kolliker'sche Terminus Ci/tojjlasma wäre etwa mit Zellstoff zu verdeutschen (ö vjjzoq eigentlich : die Hülle, aber auch em bläschenartiger Körper). Mit dem Ausdruck Cytohlastema (ßXacxavEtv keimen, trans. hervorbringen), wurde von Schieiden eine sogenannte gestaltungsfähige Flüssigkeit bezeichnet, aus welcher man früher die Zellen entstehen Hess. Mit der allmäligen Entwicklung unserer Kenntnisse über die Lebenserschei- nungen des Protoiilasmas sind die Namen der hervorragendsten Naturforscher der letzten Jahrzehnte verknüpft, und sind es insbesondere Brücke, M. Sclniltze, Kühne und in neuerer Zeit Engelmann, Flemming u. A., welche ihre besten Kräfte diesen schwierigen Untersuchungen gewidmet haben. Gleichzeitig ist die Erforschung des Protoplasmas in dem Bereiche der Pflanzenwelt durch Unger, de Bary, W. Hof- meister, Nägeli, G. Klebs, Strasburger u. A. gefördert worden. Morphologische Eigenschaften der Zellen. — Zellkörper. H wisse Struktiirverhältnisse mit zu den typischen Eigenschaften des Protoplasmas gehören. Allein es ist bis jetzt noch nicht möglich ge- wesen, zu einer klaren Vorstellung über das Wesen und über die Bedeutung derselben zu gelangen. So viel steht jedoch fest, dass optische DifFerenzirungen in bestimmter Form und Anordnung häufig in dem Protoplasma zu beobachten sind. So zeigen beispielsweise die glatten Muskelfasern, sowie manche Epithel- und Drttsenzellen eine zarte Streifung oder Faserung, die verschiedenartigsten Zellen eine netzartige oder verschlungene Anordnung feinster gewundener Fädchen in ihrem Zellleib. Es müsste daher wenigstens für viele Fälle der Ausdruck „granulirt" durch „fibrillirt" oder „reticulirf" ersetzt werden. C. Kupffer hatte, von analogen Beobachtungen an den Leberzellen des Frosches ausgehend, zwei typische Bestandtheile des Zellleibes angenommen, eine hyaline , der Masse nach überwiegende Grundsubstanz , welche er als Paraplastna bezeichnet, und eine zweite, m die erstere eingebettete, feinkörnig fibrilläre Sub- stanz, auf welche er den Namen Protoplasma eingeschi-änkt wissen wollte. Was den Jggregatzustand (die Cohärenz) des Protoplasmas be- trifft, darf als sicher angenommen werden, dass derselbe bei den ver- schiedenen Zellenarten, und auch in einer und derselben Zelle zu verschiedenen Epochen ihres Lebens graduellen Verschiedenheiten unterworfen ist, dass das Protoplasma das eine Mal weicher, ein anderes Mal fester und zäher sein kann; ja es ist wahrscheinlich, dass in einer und derselben Zelle gleichzeitig verschiedene Aggregatzustände des Protoplasmas vorkommen können, indem die peripheren Parthieen des Zellkörpers einen grösseren, die inneren einen geringeren Grad von Cohärenz besitzen. Von besonderer Wichtigkeit ist die dem Protoplasma inne- wohnende Fähigkeit, unter gewissen Umständen active Beivegungen aus- zufüliren , eine Eigenschaft, welche als Contractilität des Protoplasmas bezeichnet zu werden pflegt. Die Bewegungserscheinungen, über deren verschiedene Formen weiter unten gehandelt werden soll, wechseln mit Phasen eines scheinbaren Ruhezustandes ab und können auftreten so- wohl in Folge von Bedingungen, welche in der Substanz des Proto- plasmas selbst gelegen sind (automatisch), als auch unter der Einwirkung von äusseren Reizen. Als solche sind uns bekannt geworden: der Einfluss erregter Nerven, ferner künstliche elektrische, chemische, thermische und optische Einwirkungen. Die eben besprochene Eigenschaft und weiterhin die Fähigkeit des Protoplasmas, aus seiner Umgebung geeignete Stofie aufzunehmen und zu assimiliren und mit deren Hülfe sich zu erhalten und zu regeneriren, prägen ihm den Charakter einer mit selbständigem Leben begabten Materie auf. Als solche bildet es das Substrat einer jeden 12 Morpliologische Eigenschaften der Zellen. — Zellkörper. thierischen und pflanzlichen Organisation. Wo immer sich Lebens- vorgänge abspielen, überall sind sie an das Protoplasma geknüpft. Ueber die chemische Zusammensetzung des Protoplasmas ist nur wenig bekannt. Es zeigt für gewöhnlich neutrale oder schwach sauere Reaktion {Engelmann) und ist im Wasser unlöslich, jedoch leicht quellungsfähig. Man kann aus ihm eine Reihe verschiedener Eiweiss- körper gewinnen, welche neben wechselnden Mengen von Wasser und Salzen seine Hauptbestandtheile ausmachen. In gewissen Fällen ist auch glycogene Substanz in ihm nachgewiesen worden. Gröbere oder feinere in dem Protoplasma suspendirte Körnchen werden zumeist als aus Eiweiss bestehend betrachtet. Ist so das Protoplasma das wesentliche Constituens des ZeUleibes, so kommen doch sehr häufig Zellen zur Beobachtung, deren Leib neben demselben noch besondere optisch differenzirte Bestandtheile enthält, als: Fetttröpfchen von verschiedener Grrösse, Pigmentkörnchen, Kry- stalle u. s. w. Solche Zellen werden nach Kölliker als diplasm,atische Zellen bezeichnet, im Gegensatze zu monoplasinatischen , deren Leib nur aus Protoplasma besteht. Nehmen diese eingelagerten Substanzen einen verhältnissmässig grossen Theil des Zellkörpers in Anspruch, so erhalten die Zellen nach ihnen besondere Bezeichnungen, als: Fett- zellen, Pigmentzellen u. s. w. Mitunter findet man auch in dem Zell- körper kleinere oder grössere Tröpfchen einer homogenen, wässerigen oder schleimigen Flüssigkeit, welche von dem feinkörnigen Protoplasma durch einen scharfen Contour abgegrenzt sind; sie werden gemeiniglich als Vacuolen bezeichnet. An manchen Zellen gehen im Verlaufe ihres Lebens typisch so eingreifende Veränderungen vor sich, dass das Protoplasma in ihnen nicht mehr zu erkennen ist, z. B. an den Zellen der Horngebilde, welche zu flachen und steifen Schüppchen oder Fasern geworden sind, oder an den quergestreiften Muskelfasern, wo sich die complicirtesten Struktnrverhältnisse entwickelt haben. Der Zellkern liegt entweder in der Mitte des Zellkörpers oder mehr weniger excentrisch. An der lebensfrischen Zelle ist er für ge- wöhnlich gar nicht, oder ganz undeutlich zu. erkennen. Nach dem Absterben der Zelle und noch mehr nach Zusatz verschiedener, weiter unten zu besprechender Reagentien hebt er sich scharf von der Sub- stanz des Zellkörpers ab. Er erscheint dann in der Regel wie ein helles, scharf umschriebenes, mit einer körnerreichen Substanz erfülltes Bläschen, mitunter auch als ein verschieden deutlich abgegrenzter, fast homogener Körper. Das erstere ist bei allen jungen und lebhaft funktionirenden Zellen, das letztere insbesondere bei solchen, welche schon eine lange Lebensdauer hinter sich haben (Hornzellen), oder auch bei bestimmten Funktionszuständen der Fall. Morphologische Eigenschaften der Zellen. — Zellkern. 13 Seine Form ist bis zu einem gewissen Grade von der Gestalt der Zelle abhängig; sie ist demgemäss häufig kugelig oder ellipsoidisch, in gewissen Zellen beträchtlich in die Länge gestreckt (stäbchenförmig), oder auch mehr oder weniger abgeplattet. Im letzteren Falle ist der Umriss des Kernes häufig nicht eine regelmässige Kurve , sondern zeigt da und dort eckige Vorsprünge, oder seichtere oder tiefere Ein- buchtungen. Im Inneren des Kernes bemerkt man ein oder mehrere scharf- randige, stärker lichtbrechende Kügelchen von verschiedener Grösse, die Kernkörperchen (Nucleoli). Nicht selten sind grössere Kernkörperchen von einem homogenen lichten Hof umgeben, welcher gegen die peri- pheren trüben Schichten des Kernes durch einen Kranz feinster Körnchen abgegrenzt ist {Körnchenkreis nach Eimer). Weitaus die meisten Zellen enthalten nur einen Kern; jedoch gibt es auch solche, welche in der Regel mit mehreren Kernen aus- gestattet sind (lymphoide Zellen, Riesenzellen). In gewissen Zellen- arten (farbige Blutzellen des Menschen und der Säugethiere, die ober- flächlichsten Zellenlagen der Epidermis) lässt sich kein Kern nachweisen; doch ist zu bemerken, dass es auch für diese Zellen Lebensepochen oder Entwicklungsstufen gibt, in welchen ihnen ein Kern zukommt. Bezüglich der chemischen Natur der Zellkerne wissen wir zu- nächst, dass sie sich in manchen Punkten von dem Protoplasma difi'erent verhalten. Als ein ihnen eigenthümlicher Bestandtheil wird das Nuclein angesehen, ein von Miescher entdeckter, phosphorhaltiger, albuminoider Körper, dessen Nachweis in der Substanz der Kerne jüngst durch Zacharias auf mikrochemischem Wege geführt worden ist. Als eine wesentliche Eigenschaft des Nuclein gilt, dass es der Pepsinverdauung, durch welche die meisten übrigen Gewebsbestandtheile zerstört werden, ebenso wie das Keratin (HornstoflF), widersteht. Im Uebrigen enthalten die Kerne Eiweisskörper, Wasser und Salze als chemische Bestand- theile. Von hervorragendem Interesse ist das difi'erente Verhalten der Zellkerne gegenüber dem Protoplasma auf Einwirkung verdünnter Säuren, des Alkohol und gewisser Farbstoffe. Bei Zusatz von sehr verdünnten Säuren, namentlich Essig- oder Salzsäure, zur lebensfrischen oder nicht lange noch abgestorbenen Zelle quillt das Protoplasma des Zellkörpers auf, es wird durchsichtiger, seine Contouren werden verwaschen, seine Körnchen allmälig undeut- licher und verschwinden endlich vollkommen. Der Zellkern tritt im Gegentheil auffallender hervor, sein Contour wird schärfer und glänzen- der, seine Granulirung deutlicher. Nach längerer Einwirkung oder bei Gebrauch einer etwas stärkeren Säure-Concentration wird der Zell- 14 Morphologische Eigenschaften der Zellen. — Zellkern. kern deformirt, bekommt verschiedenartige Einschnürungen, oder zer- fällt wohl auch in mehrere, gewöhnlich 3—4 unregelmässig gestaltete Theile. Die Einwirkung von Alkohol ist nicht für alle Zellenarten die gleiche. Manche von ihnen werden in Bezug auf Grösse und Form sehr wenig verändert, nur ihre Durchsichtigkeit wird eine erheblich geringere (die meisten Epithelzellen). Andere Zellenarten, insbesondere sogenannte junge Zellen, Lymphzellen, Bindegewebszellen u. s. w. ver- lieren beträchtlich an Grösse , ihre Form wird mannigfach verändert, der ganze Zellkörper schrumpft mitunter zu einer dünnen Schichte zu- sammen, deren Contouren fast mit denen des Kernes verschmelzen. Der letztere selbst bleibt in beiden Fällen seiner Form und Erscheinung nach fast unverändert. Eine besondere Wichtigkeit hat das Verhalten der Zellkerne gegen gewisse Färbemittel erlangt. Lösungen von Carmin, Hämatoxylin, vielen Anilinfarbstoflfen (Anilinblau, Safranin, Methylgrün u. s. w.), zeigen unter geeigneten Umständen eine grosse Neigung, sich an die Zellkerne zu binden und denselben eine mehr oder minder intensive Farbe zu verleihen, während das Protoplasma des Zellkörpers ent- weder gar nicht oder nur in geringerem Maasse gefärbt wird. Diese bis jetzt noch unerklärte Thatsache ist nicht nur von unschätzbarem Werthe für die Methodik der Untersuchung der verschiedensten Ge- webe und Organe, sie hat uns auch einen tiefen Einblick eröffnet in die feinsten Struktur Verhältnisse der Zellkerne selbst. Es wurde oben bemerkt, dass die Substanz des Kernes in der Regel reich gekörnt (granulirt) erscheine, und dies ist in der That bei Benützung der gewöhnlichen Trocken- oder Wassertauchlinsen im All- gemeinen der Fall. Die Untersuchung mit den stärksten Vergrösse- rungen und insbesondere mit den in jüngster Zeit durch den Jenenser Optiker Zeiss eingeführten vortreflPlichen Objektivsystemen für homogene Immersion (Oel-Tauchlinsen) hat jedoch dargethan, dass die scheinbaren gröberen und feineren Körnchen nichts anderes sind, als die optischen Quer- und Schrägdurchschnitte gröberer und feinerer, netzartig ge- ordneter Fädchen, welche einen grossen Theil der Substanz des Zell- kernes ausmachen. Nach den Ergebnissen der neuesten Forschungen, insbesondere der bahnbrechenden Untersuchungen Flemming's, stellt sich der Bau des Zellkernes typisch in folgender Weise dar: Die Grundlage des Kernes wird durch ein nach allen Richtungen des Raumes ausgebreitetes Netz- werk feinerer und gröberer Fädchen {Kerngerüst) gebildet, in dessen Knotenpunkten sich leichte Verdichtungen (Netzknoten) finden. Die Be- grenzung des Kernes (die Kernicand) wird bei manchen Zellen, wie es scheint, lediglich durch die peripheren Parthieen des Kerngerüstes her- Morphologische Eigenschaften der Zellen. — Zellmembran. 15 gestellt, während sich bei anderen Zellenarten, z. B. bei den Ganglien- zellen, Eizellen n. s. w. eine besondere abschliessende Kernmembrmi mit Bestimmtheit nachweisen lilsst. Innerhalb des Kerngerüstes befinden sich als eigenthümlich beschaffene, scharf contourirte, stärker lichtbrechende Theilchen noch die Kernkörperchen. Ob diese letzteren stets nur in der Continiiität des Netzwerkes, oder in manchen Fällen auch von diesem unabhängig vorkommen, ist noch nicht sichergestellt. In den Maschen- räumen des Netzwerkes findet sich eine Flüssigkeit, die Zivischensubstaiiz des Kernes (der Kernsaft). Kerngerüst, Kernwand und Kernkörperchen sind nun die Bestandtheile, welche die früher genannten Farbstoffe an sich binden und dadurch die Färbung der Kerne bedingen. Ihre Sub- stanz ist desshalb mit dem Namen Chromatin (Flemming) belegt wor- den. Sie sind es auch, welche nach Zacharias das Nuclein enthalten. Die Zwischensubstanz nimmt keine t^. „ l 1.. D. Dieselbe Blutzelle nach starker Ein- Autquellung einen scharten glan- Wirkung von Essigsäure. zenden Contour und eine fein gra- nulirte Beschaffenheit; in ihm erscheint nun ein deutlich umgrenzter, blasser, einfach contourirter Kern, mit einem oder mehreren Kern- körperchen versehen; sehr häufig sind 2 — 4 Kerne vorhanden. Essig- säure-Zusatz macht die körnige Trübung des Zellkörpers verschwinden, derselbe blasst ab, wird ganz durch.sichtig und behält manchmal nur einzelne stark lichtbrechende Körnchen neben dem Kern als optisch differenzirte Theilchen in sich (Fig. 6 C und D). Unter der Ein- wirkung verdünnter kaustischer Alkalien zerfliessen die Zellen und lösen sich alsbald auf. Eine Zellmembran kommt ihnen nicht zu. Ihre Substanz ist im frischen Zustande sehr cohärent , ausserordentlich weich und dehnbar, jedoch wenig elastisch und besitzt in hohem Grade die Fähigkeit, sich an benachbarte Theile anzuheften ; man trifft daher die lymphoiden Zellen nicht selten zu grösseren oder kleineren Gruppen aneinander *) Es hat sich in der histologischen Literatur die zweckmässige Uebung eingebürgert, für die Grössenangaben der Objekte nicht den Millimeter als Einheit zu gebrauchen, sondern den tausendsten Theü desselben — Mikromillimeter oder Mikron. Das Zeichen dafür ist |x. Es ist also 1 JJ- = O'OOl Mm. und TS fi = 0-0015 Mm. 42 Lymphzellen, farblose Blutzellen. geklebt, wohl auch dem Deck- oder Objektglas, oder anderen im PräjDarate enthaltenen Körpern adhärirend, so dass Flüssigkeitsströ- mungen, auf irgendwelche Weise in dem Präparate erzeugt, sie meist nicht von ihrem Standorte wegzuschAvemmen vermögen. Der Grund für dieses leichte Anhaften der lymphoiden Zellen liegt nach Hering theils in der klebrigen Beschaffenheit ihrer Substanz, theils aber in der Unebenheit ihrer Oberfläche. a) Lymphzellen {Lym^jh- oder CliyJuskörperchcn). Sie sind neben mehr oder weniger reichlich vorhandenen Fetttröpfchen und kleinen molekularen Körnchen in der Lymphflüssigkeit suspendirt. Ihre Grösse, sowie ihr äusseres Aussehen ist so ziemlich mannigfaltig. Von den ffrössten, mit zahlreichen stark lichtbrechenden Körnchen durchsetzten Zellen bis zu 14 [j. Durchmesser gibt es die verschiedenartigsten Ueber- gangsformen zu ganz kleinen, kaum 4 — 5 {j. messenden Zellen, an denen es nur schwer gelingt, um den Kern herum eine dünne Zone von Protoplasma nachzuweisen. In dem Inhalte kleiner Lymphgefässe trifft man meist spärliche, kleinere, in den Hauptstämmen aber zahlreiche, fast ausschliesslich grosse Zellen. Der Umstand, dass man sie stets reichlicher dort vorgefunden hat, wo die Lymphe bereits Lymphknoten passirt hat, deutet darauf hin, dass sie aus denselben entstammen. Sie können gleich lymphoiden Zellen des Blutes (siehe unten) die Gefäss- wände durchsetzen und als Wanderzellen in die verschiedenen Gewebe gelangen. Genauere Angaben über ihre Mengenverhältnisse liegen derzeit nicht vor; sie hängen aber jedenfalls mit dem Funktions- zustande des Körpertheiles zusammen, von welchem die Lymphe her- stammt. b) Farblose Blutzellen {weisse Blutkörperchen). Sie unterscheiden sich nach ihren morphologischen Charakteren in nichts von den Lymph- zellen und sind offenbar mit ihnen identisch, da sich ja die Lymphe sammt ihren geformten Bestandtheilen in den venösen Blutstrom er- giesst. Die Anzahl, in Avelcher sich lymphoide Zellen im Blute finden, ist eine äusserst inconstante. Ausser beträchtlichen individuellen Schwankungen hat man gefunden, dass sie im Hungerzustande sich sehr stark vermindern, während der Verdauung sich vermehren. Für den normalen, erwachsenen Menschen gibt Hayem ihre Zahl im Mittel auf 5000 in einem Cub.-Millim. Blut an. Ausserordentliche Schwan- kungen ihrer Menge findet man unter abnormen Verhältnissen. Sehr stark vermehrt sind sie bei Leukämie, bei lange andauernden Eiterungs- prozessen, in der ersten Zeit des Wochenbettes, nach ausgiebigen Ader- lässen; vermindert aber bei Erysipelen und Wechselfieber, bei sehr herabgekoramenen Individuen überhaupt. Unter dem Einflüsse kräfti- gender Arzneien (Chinin, bitterer Extracte) wird ihre Zahl in kurzer Farblose Blutzellen. 43 Zeit ötark vermehrt. Auch die verschiedenen Blutarten verhalten sich an demselben Individuum nicht ganz gleich; venöses Blut ist meist reicher an farblosen Zellen als arterielles, am reichsten das Blut der Milzvene. Die lymphoiden Zellen des Blutes ^liaben in heiTorragendster Weise das Interesse der Histologen in Anspruch genommen, seitdem man ihre Fähigkeit kennen gelernt hat, durch die Wandungen der Blutgefässe hindurchzutreten (Cohnheim). Diesen Vorgang kann man sich am besten an dem Mesenterium des Frosches in der folgenden, dem Wesentlichen nach von Hering angegebe- nen Methode zur Anschauung bringen. Auf ein Glastäfelchen, von solcher Grösse, dass ein Frosch bequem untergebracht werden kann, kittet man mittelst Asphaltlack ein hufeisen- förmig zugeschnittenes Stück Holz oder Kork von nicht ganz 1 Cm. Höhe und überdeckt dasselbe mit einem etwa 4 [jCm. grossen vier- eckigen Glasplättchen , welches in derselben Weise befestigt wird. Ist dieser einfache Appa- rat vorbereitet, so eröffnet man einem cura- risirten Frosche durch einen etwa .3 Cm. langen Einschnitt entlang der rechten Achsellinie die Bauchhöhle, mit der Vorsicht, dass der Schnitt nicht zu nahe an das Vorderbein heranreiche, da man sonst die Seitenvene des Thieres ver- letzen würde. Nun hebt man mit einer Pin- cette vorsichtig eine Darmschlinge heraus, legt sie auf die Bauchfläche des Thieres um und schiebt zwischen beide ein Deckgläschen ein. Mit Hülfe zweier kleiner Pincetten kann man leicht den Darm so lagern, dass das Mesen- terium allerseits unmittelbar dem Deckgläschen anliegt. Ist dies geschehen, so überträgt man den Frosch auf die Glasplatte, so, dass die Bauchwunde an die Oeffnung des hufeisen- förmigen Korkstückes zu liegen kommt, und schlägt das Deckgläschen sammt dem Darm auf dasselbe herüber. Man kann dann mit jeder beliebigen Vergrösserung , auch mit Immersionslinsen sehr bequem und Tage lang untei'suchen. Lageveränderungen des Präparates, durch Contractionen der Darmmuskulatur manchmal hervorgerufen, lassen sich sehr leicht mit Hilfe von stumpfen Nadeln oder Pincetten wieder aus- gleichen. Wählt man sich unter den vorliegenden Blutgefässen eine kleinere Vene aus, so sieht man zunächst, wie manche farblose Blutzellen der Gefässwand zeit- weilig adhäriren, überhaupt sich viel langsamer vorwärts bewegen, als die gefärbten. Nach einigem Suchen wird man eine oder die andere Stelle des Präparates finden, wo eine farblose Zelle durch lange Zeit der Gefässwand anhaftet, und nach ver- schiedenen Richtungen hin Fortsätze aussendet. Besonders günstig hiezu sind Ge- fässabschnitte , in welchen der Blutstrom sehr verlangsamt ist. Hat man ein farb- Kleine Vene aus dem Mesenterium eines curarisirten Frosches bei erhaltenem Blutkreislauf. Bei * und * farblose Zellen iu Auswanderung begriffen. Im Binde- gewebe zwischen den beiden Venen be- finden sich zahlreiche ausgewanderte Zellen. Hartnack Obj. Syst. VII, Ocul. 3. 44 Wanderzellen. loses Blutköiijerclien vor sich, welches eben in der Auswanderung begriffen ist, so erscheint dasselbe durch den Seiten-Contour der Gefässwand wie eingeschnitten; man kann zusehends verfolgen, wie der im Innern des Gefässes befindliche Theil desselben allmälig kleiner wü-d und endlich verschwindet, während der ausserhalb gelegene sich fort und fort vergrössert, bis endlich das ganze Körperchen der Aussen- seite der Gefässwand anliegt, ja sogar von derselben sich allmälig mehr und mehr entfernt. An den grösseren Blutgefässen des Mesenteriums, welche von Lymph- räumen umgeben sind, beobachtet man namentlich das Ueberwandern der lym- phoiden Zellen aus der Blatbahn in die Lymphbahn, eine Thatsache, welche von Hering zuei'st gesehen und zur Erklärung des Vorkommens von lymphoiden Zellen an solchen Abschnitten des Lymphstromes, welche noch keinen Lymphknoten passirt haben, benützt worden ist. Die Bedingungen, welche zu dieser Ueberwanderung der lymphoiden Blutzellen fuhren, sind nach Hering wesentlich mechanischer Natur. Der Vorgang selbst, der Filtration coUoider Flüssigkeiten vergleichbar, wird begünstigt durch die Klebrigkeit der Zellsubstanz und steht in erster Linie unter dem Einflüsse der Spannung und Geschwindigkeit des Blutes, kann aber durch die Contractilität der Zellen entweder gefördert oder gehemmt werden. J. Arnold konnte durch direkte Beobachtung nachweisen, dass an den entzündeten serösen Häuten die Durchwanderung lym- phoider Zellen durch das Epithel immer nur an den Kittlinien zwischen den Epithel- zellen, niemals aber durch die Substanz derselben selbst erfolgt. Ausser den gewöhnlichen Formen der lymphoiden Zellen findet man im Blute nicht selten — nach einigen Angaben häufiger bei Fieberkranken — farb- lose Zellen, welche dicht von kleinen undurchsichtigen Kügelchen und Körnchen durchsetzt sind {Körnchenzellen) ; sie werden von mancher Seite als in Untergang begriffene farblose Blutzellen angesehen. c) Wanderzellen. Jene lymphoiden Zellen, welclie man nament- lich in dem fibrillären Bindegewebe, aber auch zwischen Epithel- und Drüsenzellen in ganz inconstanter Weise auftreten sieht, ohne dass sie einen wesentlichen Bestandtheil dieser Gewebe ausmachten, hat man mit dem Namen Wanderzellen belegt, weil sie sich in der Regel durch auffallende Ortsveränderungen bemerkbar machen. Nach den bereits früher angeführten Thatsachen ist man wohl berechtigt, sie als identisch mit den lymphoiden Zellen der Lymphe und des Blutes zu betrachten. Neuesten Mittheilungen Stöhr's zufolge ist es als ein normales Yor- kommniss anzusehen, dass lymphoide Zellen aus dem adenoiden Ge- webe der Tonsillen, der Balgdrüsen, der solitären Follikel und Pey er- sehen Plaques, sowie aus der Schleimhaut der Bronchien durch die Epithelschichte hindurch auf die freie Schleimhautoberfläche auswandern, und zwar in sehr reichlicher Menge. Aehnliches ist von mir in sehr frühen embryonalen Stadien an der Schleimhaut des Magens und von Patzelt an der Schleimhaut des Darmes beobachtet worden. Durch diese Thatsachen findet das Auftreten der sog. Speichelkörperchen und Schiet mJcöiyerchen eine befriedigende Erklärung. Das veränderte Aus- sehen der Speichelkörperchen ist auf die Einwirkung der Speichel- flüssiskeit zurückzuführen. Lymphoidc Zellen dos Knochenmarkes. 45 Ueber die Bedeutung und über die weiteren Schicksale der in die Gewebe des Körpers ausgewanderten lymphoiden Zellen herrscht noch ein gewisses Dunkel. Nach Rouget's Untersuchungen am Schwänze der Batrachierlarven, welches Objekt als das günstigste zu ihrer Be- obachtung empfohlen werden kann, legen die Wanderzellen weite Strecken im Körper zurück und nehmen farbige Blutkörperchen, welche allenfalls ausgewandert sind, in ihren Leib auf. Die letzteren zerfallen, ihr Farbstoff wird in Melanin umgewandelt und bleibt in den Wander- zellen angesammelt {Melanocyten). Aus diesen Melanocyten sollen sich in weiterer Folge alle die verschiedenen Pigmentzellen der Batrachier entwickeln. d) Die lymphoiden Zellen des adenoiden Gewebes. An den verschiedensten Stellen des Körpers finden wir, meist in innigen Be- ziehungen zu dem Lymphgefäss-Systeme stehend, eine Gewebsform, welche auf den ersten Anblick hin ausschliesslich aus einer Anhäufuns: von lymphoiden Zellen zu bestehen scheint. Thatsächlich aber sind diese in den engen Räumen eines zarten Maschengewebes enthalten, welches durch eigenthümlich ramificirte Bindesubstanzzellen hergestellt wird. (Siehe den Abschnitt: Lymphgefässsystem.) Durch Zerzupfen dieses Gewebes in frischem Zustande und bei Benützung indifferenter Zusatz- flüssigkeiten kann man diese lymphoiden Zellen isolirt zur Ansicht bringen. Jedoch gelingt es nicht immer leicht, dieselben ganz unver- sehrt zu erhalten; man findet vielmehr in Zupfpräparaten sehr häufig frei umherschwimmende Kerne, denen an einer oder der anderen Stelle ein Protoplasmarest anhängt, überhaupt verschieden gestaltete Trümmer von Zellen. Die klebrige Beschaffenheit ihrer Oberfläche mag wohl zu dem innigen Aneinanderhaften derselben Veranlassung geben. Wohl isolirte Zellen sind an Form, Grösse und Aussehen den lymphoiden Zellen des Blutes gleich. Eine hervorragende Bedeutung haben die in Rede stehenden Zellen dadurch erlangt, dass von ihnen die Abkunft der Lymphzellen hergeleitet wird. Man stellt sich das adenoide Gewebe als die Brutstätte vor, in welcher durch fortgesetzte Theilungsprozesse immer neue lymphoide Zellen entstehen. In Folge der innigen morphologischen Beziehungen dieses Gewebes zu den Lymphgefässen ist ein Ueber- tritt der fertigen Zellen in die letzteren recht gut denkbar. Wenn nun auch diese Annahme durch direkte Beobachtungen nicht gestützt werden kann, so wird sie doch in hohem Grade glaubwürdig gemacht durch die Beobachtung Kölliker's, wonach der Chylus, welcher aus jenen Gegenden des Darmes stammt, wo das adenoide Gewebe stärker vertreten ist, stets durch grossen Zellenreichthum vor dem anderen sich auszeichnet. Immerhin aber darf man nicht jede Lymphzelle als direkt und ausschliesslich dem adenoiden Gewebe entstammend ansprechen, seitdem Hering den Uebertritt derselben aus den Blutgefässen nachgewiesen hat. e) Die lymphoiden Zellen des Knochenmarkes. Sowohl während der Bildung und des Wachsthums der Knochen, als auch im 46 Farbige Blutzellen. fertigen Zustande derselben findet man in dem Knochenmarke lymphoide Zellen in wechselnder Zahl, am reichlichsten in dem sog. rothen Knochenmarke (in den Epiphysen der Röhrenknochen, in den kurzen und platten Knochen), in geringerer Zahl dann, wenn dasselbe ver- möge seines Fettreichthumes eine gelbe Farbe angenommen hat. Sie werden o-ewöhnlich schlechthin als Markzellen bezeichnet und stimmen der Mehrzahl nach in ihrer äusseren Erscheinung mit den farblosen Blutzellen überein; manche von ihnen sind auch stärker granulirt, hie und da leicht gelblich gefärbt oder mit gelben oder braunen, krümmlichen Farbpartikelchen versehen. Man kann sich leicht diese verschiedenen Formen zur Ansicht bringen, wenn man einen möglichst frischen Knochen in einem Schraubstocke zerquetscht oder mit einem Hammer in Stücke schlägt und aus verschiedenen Stellen vom Knochenmark Proben herausnimmt und mit indifferenten Flüssigkeiten zerzupft, lieber ihre Herkunft bestehen derzeit noch zwei verschiedene Anschauungen. Nach der einen gehen sie aus den Zellen jener temporären Knorpelanlagen hervor, welche beim Embryo die Stelle des werdenden Knochens einnehmen, und jener, welche noch später als Epiphysen-Fugen-Knorpel mit dem Wachsthum des Knochens im Zusammenhange stehen. Eine andere A?isicht geht dahin, dass die Markzellen zugleich mit den Blutgefässen von aussen in die Ver- knöcherungsherde eindringen und in den dort entstandenen Markräumen sich durch Theilung vermehren. Sie würden nach dieser Ansicht aus den zellenreichen Schichten der Beinhaut entstammen, vielleicht auch zum Theile ausgewanderte Blutzellen sein. Für keine der beiden an- geführten Anschauungen konnten bisher direkte Beweise beigebracht werden. Auch über die Bedeutung der Markzellen des Knochens ist man nicht ganz im Reinen. Während eine grosse Zahl von Histologen ihnen eine hohe Wichtigkeit für die Entstehung des Knochengewebes beilegt und sie als verwandt, wenn nicht völlig identisch mit den sogen. Osteoblasten — den eigentlichen Bildnern des Knochengewebes — ansieht, stellen sie für Andere eine mehr weniger indifferente Ausfüllungsmasse der Knochenräume dar. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass aus ihnen das zarte Bindegewebe des Knochenmarkes sich entwickelt. Zweifellos er- scheint endlich, dass sie durch Ansammlung von Fett in ihrem Innern sich zu wahren Fettzellen umwandeln können (im sogen, gelben Knochenmark). 2) Farbige Blutzellen (rothe, gelbe Blutkörperchen). Die heller oder tiefer roth gefärbte Blutflüssigkeit der Wirbel- thiere verdankt ihre Farbe der Anwesenheit zahlloser kleiner, zelliger Gebilde, welche durch ihren Grehalt an Hämoglobin (Blutfarbstoff) vor allen anderen thierischen Zellen ausgezeichnet sind. Ihrer näheren Farbige Blutzellen. — Eigenschaften. 47 Beschaffenheit nach zeigen dieselben bei den verschiedenen Thierklassen nicht unerhebliche Differenzen. Die farbigen Blutzellen des Menschen und der Säugethiere haben die Fonii einer Kreisscheibe, welche nahe ihrem Rande am dicksten ist und gegen die Mitte zu sich allmälig verdünnt, indem ihre beiden Grenzflächen leicht eingehöhlt sind. Man kann sie daher ganz wohl mit einer biconcaven Linse vergleichen, deren Rand man sich sanft abgerundet denkt. Um sich davon zu überzeugen, fixire man zunächst ein isolirt gelegenes Blutkörperchen, welches dem Beschauer eine seiner Flächen zukehrt. Man wird dann eine kreisrunde Scheibe wahrnehmen, deren einzelne Abschnitte bei entsprechender Handhabung der Stell- schraube sich durch verschiedene Grade von Helligkeit auszeichnen Fig. 8. B Farbige Blutzelleü. (Hartnack, Syst. VIII, Cetil. 2.) A. Vom Menschen ; frisch, unverändert, in ihrer verschiedenen Erscheinung bei wechselnder Einstellung des Tubus. Mehrere derselben aneinandergereiht vom Kande her besehen. B. Vom Menschen; nach längerem Stehen des Präparates, zackige Formen. C. Vom Menschen; nach Wasserztisatz. D. Vom Frosche; frisch ohne Zusatzflüssigkeit. (Fig. 8 A). Bei höherer Einstellung erscheint der Rand der Blut- zelle hell, ihre Mitte dunkel, bei tieferer Einstellung aber umgekehrt die Mitte hell und der Rand dunkel. Zwischen diesen beiden Ein- stellungen zeigt die Blutzelle einen hellen Rand und eine helle Mitte, dazwischen eine dunklere Zone. In allen diesen Fällen ist das Hell von dem Dunkel keineswegs scharf abgegrenzt, sondern es geht all- mälig das eine in das andere über. Diese eigenthümliche Vertheilung des Lichtes ist durch die biconcave Form der Scheibe bedingt. Ein Kern ist ebenso wenig, wie eine Zellmembran wahrzunehmen. An manchen Stellen des Gesichtsfeldes wird man ab und zu einer Blutzelle begegnen, welche dem Auge des Beobachters nicht die Fläche sondern den Rand zuwendet. Sie erscheint dann in Form eines von beiden Seiten her leicht eingebogenen Stäbchens und zeigt eine grössere In- tensität der Färbung und einen geringeren Grad von Durchsichtigkeit als wie bei der Flächenansicht. Recht häufig hat man Gelegenheit, die grösste Anzahl der in einem Präparate enthaltenen Blutzellen vom Rande her zu sehen, weil sie die Eigenschaft besitzen, sich mit Vor- 48 Farbige Blutzellen. — Eigenschaften. liebe mit ihren Fläclien aneinander zu legen, so dass sie zu langen, geldrollenförmigen Reihen geordnet erscheinen. Am lehrreichsten ist die Beobachtung dann, wenn es geKngt, ein und dasselbe Körperchen bald von der Fläche, bald von dem Rande her zu sehen, was häufig geschieht, wenn ein solches durch spontane oder künstlich erzeugte Strömungen im Präparate hin- und hergetrieben wird. Man kann sich dann leicht von der angegebenen Formbeschaffenheit überzeugen. Unter den Säugethieren bilden die Kameele und Lamas bezüglich der Gestalt der Blutzellen eine Ausnahme, indem bei ihnen die Form der Scheibe eine ellip- tische ist. Alle übrigen Wirbelthiere unterscheiden sich von den Säugethieren dadurch, dass ihre farbigen Blutzellen oval und kernhaltig sind (Fig. 8 D). Ent- sj)rechend der Stelle des central gelegenen ellipsoiden Kernes erhalten dieselben beiderseits eine Vorbauchung ihrer Oberfläche, so dass ihre Mitte dicker als der Rand, ihre Form eine biconvexe ist; sie werden daher nicht unzweckmässig mit Kürbiskernen verglichen. Nur bei Petromyzon zeigen die Blutzellen trotz der An- wesenheit des Kernes eine ähnliche Gestalt, wie sie den Säugethieren zukommt. Man fertigt sich ein Blutpräparat für die miki'oskopische Untersuchung am besten so an, dass man em etwa stecknadelkopfgrosses Tröpfchen ganz frisch aus dem Körper entquollenen Blutes mittelst eines trockenen, reinen Deckgläschens auffängt und dieses ohne Zusatzflüssigkeit unter ganz leisem Druck rasch auf einen Objektträger bringt. Es ist dabei zu bemerken, dass der Körpertheil, welcher das Blut liefern soll, vorher gut gereinigt und getrocknet werden muss, und dass, wenn man das Blut sich selbst entnehmen will, dies am besten durch einen raschen Ein- stich mit einer feinen Nähnadel in die gespannte Haut einer Fingerbeere geschieht. Charakteristisch für die gefärbten Blutzellen ist die Grlätte und Schlüpfrigkeit ihrer Oberfläche, sowie die Weichheit, Dehnbarkeit und vollkommene Elasticität ihrer Substanz. Man kann sich hievon am besten unterrichten, während man in der oben angegebenen Weise den Blutkreislauf in dem Mesenterium des Frosches beobachtet. Man sieht da, wie sie im Gegensatze zu den lymphoiden Zellen leicht und rasch an jedem Vorsprung eines Grefässes vorbeischlüpfen, wie sie unter mannigfachen Veränderungen ihrer Form zwischen angesammelten lymphoiden Zellen sich durchzwängen, oder wie eine Blutzelle an der vorspringenden Kante einer Capillar-Bifurcation, gegen welche sie durch den Blutstrom hingeschleudert worden ist, unter den mannig- fachsten Verkrümmungen ihres Leibes einige Zeit balancirt. So sehr aber ihre äusseren Formen durch mechanische Einflüsse geändert wer- den mögen, sofort nach dem Aufhören derselben schnellen sie wieder in ihre normale Gestalt zurück, im Falle sie nicht ihre Continuität und ihre Lebensfähigkeit eingebüsst haben. Von der Dehnbarkeit der Substanz der Blutzellen kann man sich auch eine Vorstellung ver- schaffen, wenn man an einem Blutpräparate das Deckgläschen unter leichtem Drucke hin und her schiebt; man erhält dadurch Verzerrungen der Blutzellen von der sonderbarsten Art. Eine active Bewegungs- Farbige Blutzellen. — Eigenschaften. 49 fähigkeit scheint den farbigen Blutzellen nach Allem, was wir bis jetzt wissen, nicht zuzukommen ; nur an sehr jungen Hühner-Embryonen ist eine solche durch M. Schnitze constatirt worden. Trotzdem besitzen sie ähnlich den lymphoiden Zellen die Fähigkeit, durch die Gefäss- wände hindurchzutreten (Diapedesis). Die Dimensionen der farbigen Blutzellen, so sehr sie auch bei den verschiedenen Wirbelthierklassen abweichen, sind doch für einzelne Thierarten ziemlich constant. Für den Menschen beträgt der Durch- messer in der Fläche gewöhnlich 7 — 7*5 jjl, der Dickendurchmesser rO [1. Bedeutendere Schwankungen in der Grösse der menschlichen Blutkörperchen, welche von vielen Autoren, sowohl an einem und dem- selben, als auch zwischen ver«:ohiedenen Individuen angegeben werden, mögen wohl zum grossen Theile in Veränderungen der Blutzellen, welche nach der Herausnahme des Blutes aus dem Körper, oftmals ohne dass wir einen hinreichenden Grund dafür anzugeben wüssten, ziemlich rasch erfolgen, oder auch in der Ungleichartigkeit des Vor- gehens bei Herstellung der Präparate ihren Grund finden. Differenzen geringeren Grades dürften durch die zeitweise wechselnde Concentration des Blutplasmas zu erklären sein. ^ Zahlreiche ältere Untersuchungen nach '^'-eser Richtung liegen von A. Schmidt, Hartiiig und Welcher vor. Nach diesen besitzt der Mensch fast unter allen Säuge- thieren die gi'össten farbigen Blutzellen. Grösser sind sie nur beim Elej^hant, beim Wallross und bei den Edentaten (Gulliver). Alle in unseren Klimaten heimischen Säugethiere besitzen kleinere Blutzellen und zwar sind die Unterschiede zum Theile sehr erheblich; so werden für den Hund 7'3, für die Katze 6'5, für das Pferd und für das Rind 5"6, für die Ziege 4"5 |i. als mittlere Durchschnittsmaasse der Zellen angegeben. Die kleinsten sollen bei Moschus javanicus (2'5 |J.) vorkommen. Etwas grösser als bei den Säugethieren sind die farbigen Blutzellen bei den Vögeln und Fischen ; die allergrössten finden sich bei den Amphibien. Die des Frosches messen 22 [X in der Länge und 15'5 u. in der Breite, die des Proteus anguineus sogar 58, beziehungsweise 33—35 \i.. Da die angegebenen Grössen und Formen der Blutzellen für den Menschen und die verschiedenen Thiergattungen sehr constant sind, so können sie einen guten Anhaltspunkt für die Beurtheilung geben, ob eine vorliegende Blutprobe von einem Menschen oder von einer gewissen Thiergattung herstammen könne oder nicht, was besonders für forensische Zwecke |mitunter von dem Gerichtsarzte ge- fordert wird. Verhältnissmässig leicht gestaltet sich die Antwort nach den vor- stehenden Daten, für den Fall, als frisches Blut vorliegt. Der Gerichtsarzt wird es aber viel häufiger mit Blutflecken zu thun haben, welche seit längerer oder kürzerer Zeit eingetrocknet, vielleicht auch durch maiinigfache Beschmutzung oder Wasch- versuche noch mehr verändert sind. In solchen Fällen sind die Blutzellen überhaupt unkenntlich geworden, und trotzdem eine Menge von Mitteln angegeben worden ist, durch deren Hülfe sie aufgeweicht werden 'und ihre frühere Form und Grösse wieder zeigen sollen, so muss der hohen Wichtigkeit eines gerichtsärztlichen Aus- spruches gegenüber, welcher sich nur auf ganz untrügliche Beobachtungen stützen darf, dringend gerathen werden, den Dimensionen von Blutzellen, welche bereits Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 4 50 Farbige Blutzellen. — Zahl. einmal eingetrocknet waren, keinen entscheidenden Werth beizulegen. In solchen Fällen kann höchstens entschieden werden, ob die Blutzellen kreisscheibenförmig oder oval waren, mitunter kann noch die Anwesenheit eines Kernes Aufschlüsse geben; in der Regel aber wird man sich begnügen müssen zu constatiren, dass überhaupt ein Blutflecken vorliegt. Als Mittel zur Aufweichung der eingetrockneten Blutflecken sind angegeben worden: Kalilauge, Jodkaliumlösung, arsenige Säm-e, eine Jtlischung von Schwefel-Aether und Amylalkohol, endlich Anfeuchtung mittelst Glycerin oder ^/i % Kochsalzlösung und darauf folgende Tinction mit Anilin (Fär- bung der Kerne). Die Farbe der einzelnen Blutzellen ist gelb, mit einem leichten Stich in's Grünliche und rührt von dem in ihnen gelöst enthaltenen Hämoglobin her. Liegen mehrere Blutzellen hinter einander, so geht die Farbe in verschiedene Nuancen von Roth über. Bei den kern- haltigen Blutzellen ist der Farbstoff auf den Zellkörper beschränkt. Die Zahl der farbigen Blutkörperchen, welche in einer bestimm- ten Menge Blutes vorkommen, unterliegt sehr grossen Schwankungen. Ihre Bestimmung ist der Natur der Sache nach ausserordentlich schwierig und hat mit vielerlei Fehlerquellen zu kämpfen. Vor (einiger Zeit ist durch L. Mälassez eine zweckmässige Modifikation der älteren Vier ordf sehen Methode der Blutzellen-Zählung bekannt geworden. Sie be- steht im "Wesentlichen darin, dass ein Tropfen Blut mit einem bestimmten Quantum einer Flüssigkeit vermischt vräd, welche die Eigenschaft besitzt, die Blutzellen gut zu conserviren. Es ist dies eine Lösung von arabischem Gummi, schwefelsaurem Nati'on und Chlomatrium in bestimmtem Verhältnisse. Die Mischung wird iu einem eigens construirten Apparate vorgenommen, das so verdünnte Blut in ein getheütes, wohl calibrirtes und abgeplattetes Capillarröhrchen gebracht und in passender Glashülle auf den Objekttisch gesetzt. Das Okular des Mikroskopes wird mit einer feinen quadratischen Gittertheilung montirt und mit Hülfe derselben die Anzahl der in einem bestimmten Theile des Capillarröhrchens enthaltenen Blutzellen gezählt. Die gefundene Zahl wird dann auf einen Cub.-Mm. unvermischten Blutes berechnet. Durch Wiederholung der Zählungen unter verschieden abgeänderten Umständen sucht Mälassez die Fehlerquellen möglichst zu vermindern. Im Laufe der letzten Jahre hat diese Methode mehrfache Verbesserungen erfahren.^ Die wichtigsten, von Mälassez nach dieser Methode an Thieren erlangten Resultate sind folgende : In den verschiedenen Abtheilungen des arteriellen Gefäss- Systemes lassen sich keine bemerkenswerthen Abweichungen der Zahl der farbigen Blutzellen feststellen; hingegen variirt sie in den einzelnen Bezirken des Venen- •systems sehr bedeutend. Im Allgemeinen besitzt das venöse Blut mehr Zellen als das arterielle. Besonders reich ist das der kleinen Hautvenen. Einen grossen Ein- fluss auf die Zahl der farbigen Blutzellen im Venenblut übt der Thätigkeitszustand des betrefi'enden Köi-pertheiles ; so besitzt das venöse Blut des Mesenteriums wälirend der Verdauung, das der Submaxillardrüse während der Speichelabsonderung einen geringeren, das Blut der Muskelvenen während der Contraktion einen grösseren Gehalt an farbigen Zellen. Nach Durchschneidung des Sympathicus am Halse ver- ringert sich ihre Zahl. Für die meisten Fälle kann nach Mälassez die Verschieden- heit der Zahl der Blutzellen durch einen grösseren oder geringeren Plasmagehalt des Blutes erklärt werden. Nur für die Milz, in deren Venen besonders während der Verdauung der Reichthum an farbigen Zellen gegenüber der Arterie sehr be- Farbige Blutzellen. — Formveränderungen. 5] deutend ist, müsste eine Vermehrung und für die Leber, deren Venenblut \yeniger farbige Zellen zeigt, eine Zerstörung der farbigen ßlutzellen innerhalb des Organes angenommen werden. Speciell für den Menschen schwankt die Zahl der farbigen Blutzellen nach den verschiedenen Lebensbedingungen; sie nimmt zu nach körper- licher Anstrengung, nach einem heissen Bade. Nach längerem Aufenthalte in einer grossen Stadt sollen sie vermindert, nach einem Landaufenthalte vermehrt sein. Bezüglich der absoluten Menge der farbigen Blutzellen entnehme ich den Mittheilungen von Malassez folgende Daten : Der Mensch besitzt ungefähr fünf Mil- lionen farbiger Blutzellen in einem Cub.-Mm. Blut, die Ziege hingegen 18 Millionen. Mit der Vergrösserung des Volumens der Blutzellen nimmt ihre Zahl ab; nur bei den Vögeln ist sie im Verhältniss zum Volumen grösser, als in den anderen Wirbel- thierklassen. Einer früheren Beobachtung Welker's zufolge, bietet das Gesammt- volumen der farbigen Blutzellen, welche in einer bestimmten Menge Blut enthalten sind, trotz der grossen Schwankung in der Einzeln-Grösse der Blutzellen, bei den verschiedenen Thierklassen nur geringe Abweichungen, woraus hervoro-eht, dass die Gesammtoberfläche der Zellen in einer Bluteinheit bei den niederen Wirbelthier- klassen eine weit geringere ist, als bei den Säugethieren und beim Menschen. Aeusserst mannigfach sind die Veränderungen, welche an den farbigen Blutzellen nach ihrer Entfernung aus dem Körper unter ver- schiedenen äusseren Einflüssen erfolgen. Es können hier nur die alier- wichtigsten angeführt werden. Wenn man ein Präparat von Säugethierblut durch einige Zeit beobachtet, so wird man häufig schon nach einigen Minuten finden, dass an vielen von den einzeln liegenden farbigen Blutzellen der Randeontour nicht mehr glatt, sondern fein gezähnelt erscheint. Diese Veränderung schreitet allmälig weiter vorwärts, bis endlich die ganze Oberfläche der Zelle wie mit kurzen Zacken besetzt ist. Während dem hat die Zelle ihre Scheibenform eingebüsst und ist beträchtlich kleiner geworden. Man bezeichnet solche Blutzellen als stechapfel- förmig (Fig. 8 B). Es ist kein Zweifel, dass eine Verminderung des Wassergehaltes, gewissermassen eine Schrumpfung der Zellsubstanz zu dieser Formveränderung Veranlassung geben kann. Sie entsteht nicht nur dann, wenn das Blut der Verdunstung ausgesetzt ist, sondern auch bei Zusatz von ^2 — 1> Chlornatriumlösung. Aber auch nach Durchleitung von elektrischen Entladungsströmen (RoUett) wird sie beobachtet, überhaupt unter Verhältnissen, wo man an einen Wasser- verlust nicht denken kann. Diese Form soll überdies bei fieberhaften Krankheiten sehr häufig sein. Zusatz von Wasser entzieht den farbigen Blutzellen das Hämoglobin, sie quellen dabei zur Kugelform auf und verlieren nach und nach ihre Farbe, bis endlich von ihnen nichts mehr als ein sehr zarter, heller Kreiscontour wahrzunehmen ist (Fig. 8 C). Der Durchmesser der Kugel ist kleiner, als früher der Durchmesser der Scheibe war; man kann daher sagen, dass die BlutzeUe auf Kosten des Breitendurchmessers so viel an 52 Farbige Blutzellen. — Feinerer Bau. Dicke gewonnen habe, dass eine Ausgleichung sämmtlicher Durchmesser erfolgt ist, — Stark verdünnte Säuren haben einen ähnlichen Erfolg. Ebenso verdünnte Alkalien, jedoch laufen die Veränderungen bei Ein- wirkung der letzteren rascher ab und es kommt bald zur völligen Auf- lösung der Zellen. Die Neutralsalze der Alkalien erzeugen bei mittlerer Concentration gewöhnlich die sog. Backschüsselform der Blutzellen, d. h. ihre mittlere Parthie wird nach einer Seite hin tief abgebogen. Nach Abkühlung des Blutes bis zum Gefrieren, oder auch nach längerem Verweilen in einer Temperatur zwischen 40 und 50° C. geben die Blut- körperchen ebenfalls ihren Farbstoff an das Plasma ab und werden kugelig. Erwärmt man jedoch rasch auf 52 *' C, so entfärben sie sich nicht, sondern bekommen tiefe Einkerbungen und zerfallen endlich in mehrere kleine kugelige Theilchen (RoUett). Es muss noch bemerkt werden, dass bei allen diesen Reaktionen sich stets einzelne der farbigen Blutzellen weniger empfindlich zeigen und den genannten Einflüssen längere Zeit widerstehen, eine Eigen- thümlichkeit, welche bis jetzt noch nicht aufgeklärt ist. Das Verhalten der kernhaltigen rothen Blutzellen gegen die ge- nannten äusseren Einflüsse ist im Wesentlichen dasselbe; eine besondere Erwähnung verdient jedoch ihre Reaktion auf den Zusatz von 2 *^/o Borsäure (Brücke). Es zieht sich dabei, ohne dass die Gesammtform der Zelle eine wesentliche Veränderung erleidet, der ganze Farbstoff in die Umgebung des Kernes zurück, so dass der grösste Theil der Blutzelle farblos wird, oder aber es erstrecken sich von der in der Mitte liegenden gefärbten Masse mehrere strahlenförmige Fortsätze bis an die Peripherie der Zelle hin. Der gefärbte Antheil sammt dem Kern rückt dann mehr und mehr gegen die Oberfläche zu, erzeugt eine buckelartige Vorwölbung des Randcontours und tritt häufig ganz aus dem farblosen Antheile der Zelle heraus. Einen ähnlichen Vor- gang kann man mitunter auch bei vorsichtigem Zusatz von Wasser oder anderen sehr verdünnten Säuren erzielen. Der feinere Bau der farbigen Blutzellen. Seitdem die langwierige Controverse über die Frage, ob die Blutzellen eine eigene Zellmem- bran besitzen, von den meisten Autoren sowohl für die kernlosen als für die kernführenden Blutzellen im negativen Sinne entschieden worden ist, sind verschiedene Anschauungen über den feineren Bau derselben bekannt geworden. Die am meisten verbreitete stammt von Brücke her, welcher sie auf Grund der unter Einwirkung von Borsäure erhaltenen Veränderungen der Blutzellen von Tritonen gewonnen hat. Es ist erwähnt worden, dass sich dabei in den BlutzeUen zwei Bestand - theile sondern, deren einer aus dem Kern und der gefärbten Substanz bestehend, contraktil und bewegungsfähig, der andere aber farblos, Blutkrystalle. — Hämoglobin. 53 durchsichtig und unbeweglich ist. Der erstere wird von Brücke Zooid, der zweite Oekoid genannt, womit angedeutet ist, dass der mit vitalen Eigenschaften ausgestattete, den Farbstoff und den Kern enthaltende Antheil der Blutzelle innerhalb eines leblosen Gehäuses sich befindet. Beide Substanzen durchdringen sich sehr innig. Für die farbigen Blutzellen der Säugethiere ist es nach S. Stricher wahr- scheinlich, dass sie einen ähnlichen Bau besitzen. Die Auffassung Brücke's ist in neuerer Zeit u. A. von Eollett und Kollmann angezweifelt und bestritten worden. Nach letzterem bestehen die farbigen Blutzellen aus einem protoplasmaähnlichen Stroma, welches in Form von farblosen, leicht gerimibaren, netzartig geordneten Eiweissfäden auftritt, in dessen Lücken der Farbstoff liegt, vind aus einer um- hüllenden Membran, welche mit den Stromafäden in Verbindung steht; dazu kommt noch entsprechenden Falles der Kern. Krystallisation des Blutfarbstoffes. Wie zuerst durch Funke festgestellt worden ist, besitzt das Hämoglobin^ trotzdem es den Colloid- stoffen zugerechnet werden muss, die Eigenschaft, unter gewissen Ver- hältnissen in wohl charakterisirten Formen zu krystallisiren. Im Innern der farbigen Blutzellen der Amphibien und Fische findet man nicht gerade selten kleine rhombische Krystalle des Hämoglobin, welche sich schon innerhalb des Kreislaufes bilden können. Für das Säugethierblut ist die Entstehung von Hämoglobin-Krystallen ausserhalb des Körpers unter den verschiedensten Bedingungen beobachtet worden. Hie und da erhält man sie, wenn man einen Tropfen Blut mit einem Tropfen Wasser vermengt, durch einige Minuten der freien Luft aussetzt, dann ein Deckgläschen auflegt und Vollständig eintrocknen lässt. Aus Menschenblut krystallisirt das Hämoglobin in dieser Weise jedoch nur selten; am besten geeignet ist das der Milzvene, überhaupt mit Kohlen- säure gesättigtes Blut. Nach Zenker erscheinen die Krystalle des Hämoglobin besonders leicht und zahlreich aus dem Blute leukämischer Personen. Andere Methoden ihrer Darstellung sind: Wiederholtes Ge- frieren und Wiederaufthauen des Blutes, längere Einwirkung einer Temperatur von 60 '' C, elektrische Entladungsströme. Am sichersten führt das Schütteln gewässerten Blutes mit Chloroform in einer Eprou- vette zum Ziele. Von Thierblut krystaUisirt am leichtesten das der Meerschweinchen, Eichhörnchen und Hunde. Die KrystaUformen des Hämoglobin sind für die verschiedenen Thiere äusserst mannigfaltig, gehören jedoch nach den Untersuchungen von Lang's alle dem rhombischen Systeme an ; nur das Blut der Eich- hörnchen liefert hexagonale Tafeln, welche dem regulären Systeme angehören. Durch Zersetzung des rothen Blutfarbstoffes lassen sich aus dem- selben noch andere gefärbte KrystaUformen erhalten, von welchen eine — das Hämatin — ein einfaches Spaltungsprodukt desselben darstellt. 54 Hämatin, Hämatoidin, Hämin. andere als chemische Umwandlungen des Hämatin zu betrachten sind. Als solche sind zu nennen: das Hämatoidin und das Hämin. Das Hämatoidin findet sich häufig im Körper und zwar in jenen Fällen, wo durch längere Zeit Blutextravasate bestanden und das ausgetretene Blut bereits gewisse Veränderungen erlitten hat, z. B. in apoplekti- schen Cysten, im Corpus luteum. Solche Stellen geben sich schon dem freien Auge durch eine rostbraune Farbe kund. Die Krystalle des Hämatoidin erscheinen als rhombische Prismen oder Tafeln von aus- gezeichnet orangerother Farbe. Eine grössere praktische Bedeutung haben die Krystalle des Hämin (unter dem Namen der Teichmann' s,Qheia. bekannt) dadurch er- langt, dass sie sich in einfacher Weise und noch dann darstellen lassen, wenn das Blut schon längere Zeit eingetrocknet, sogar gefault war und selbst nur sehr geringe Mengen zur Verfügung stehen. Fi^. 9. Hämoglobin-Krystalle. a) Aus menscMichem Blut, b) vom Meerschweinchen, c) vom Eichhörucheil. (Nach Funke.) Man bereitet sie in der Weise, dass man eine geringe Quantität frischen oder eingetrockneten Blutes mit so viel Wasser versetzt, als zur Lösung des Blutfarbstoffes erforderlich ist, und davon einen kleinen Tropfen bei gewöhnlicher Temperatur auf dem Objektglase eintrocknen lässt. (Hat man es mit ganz kleinen oder überhaupt kaum kennt- lichen, auf Leinen oder Holz eingetrockneten Blutflecken zu thun, so schneidet man am besten das entsprechende Stück heraus und gibt es mit etwas Wasser versetzt auf ein Uhrschälchen. Man wird dann ge- wöhnlich schon durch eine leicht gelbliche Färbung des Wassers auf das Vorhandensein von Blutfarbstoff aufmerksam gemacht. Ist die vorhandene Blutmenge sehr klein, so nimmt man am besten gleich auf dem Uhrschälchen selbst die Bereitung der Krystalle vor, nachdem man den Leinenfleck oder den Holzspan, überhaupt etwaige gröbere Unreinigkeiten vorsichtig entfernt hat.) Ist das Wasser vollständig verdampft, so setzt man ein etwa stecknadelkopfgrosses Tröpfchen einer 1 ®/o Kochsalzlösung zu, welches man am besten mittelst einer Nadel auffängt und über die eingetrocknete Masse ausbreitet. Nach Hämin. — Krystalle. 55 dem vollständigen Eintrocknen gibt man mittelst eines reinen Glas- stabes einen guten Tropfen Eisessig (Acetum glaciale) über die Masse und deckt rasch mit dem Deckgläschen zu. Man erwärmt nun massig über der Weingeistflamme bis nahezu zum vollständigen Verdampfen des Eisessigs, und kann dann sofort die mikroskopische Untersuchung vornehmen. Bereitet man die KrystaUe auf dem Uhrgläschen, so braucht man natürlich kein Deckgläschen und legt das erstere off'en auf den Objekttisch. Wenn die Häminkry stalle gut entwickelt sind, so zeigen sie sich als grössere oder kleinere rhombische Säulen von ganz eigen- thümlich gelblichbrauner Farbe , welche theils einzeln , theils in grossen Massen beisammen liegen. Mitunter sind ihre langen Seiten etwas ausgebaucht, so dass wetzsteinartige oder ziemlich unregelmässige Formen entstehen, welche in der Regel durch eine etwas hellere Fig. 10. S Krystalle des Hämin, aus frischem menschlichem Blute bereitet. Nach rechts zu einige der am häufigsten vorkommenden schlecht entwickelten Formen. (Hartnack, Syst. VIII. Ocul. 2.) Farben-Nuance ausgezeichnet sind. An Präparaten, welche seit mehre- ren Jahren aufbewahrt sind, habe ich die Beobachtung gemacht, dass eine Anzahl der Krystalle sich vollständig entfärbt hat, so dass nur mehr ihre scharfen Umrisse erkennbar sind; sie sind untermischt mit solchen, welche ihre charakteristische Farbe noch ganz gut zeigen. Für den Fall, als die Hämin-Probe zu forensischen Zwecken vei-wendet wird, muss noch darauf aufmerksam gemacht werden, dass man mit starker Vergrösserung das ganze Präparat fleissig durchsuchen muss, da mitunter sich nur an einzelnen ganz beschi-änkten Stellen Krystalle gebildet haben. Hat man solche gefunden, so ist der Ausspruch vollkommen gerechtfertigt, dass der imtersuchte Fleck von Blut herrühre; hat man indess nach der angegebenen Methode keine Hämin-Kiystalle herstellen können, so ist zunächst die Probe, wenn thunlich, mehi-fach zu wieder- holen. Es darf aber selbst nach mehreren negativen Resultaten noch nicht mit Sicherheit ausgesagt werden, dass kein Blut vorhanden war; besonders in Fällen, weim Blut auf rostigem Eisen eingetrocknet war, gelingt es oft^trotz aller Vorsicht nicht, aus demselben das Hämin darzustellen. Dass alle zu diesen Untersuchungen verwendeten Gegenstände : Nadeln, Gläschen u. s. w., vorher auf ihre vollständigste Reinheit zu imtersuchen sind, ist wohl selbstverständlich. ISIit den beschriebenen, von dem Hämoglobin herzuleitenden Kiystallformen 56 Herkunft der farbigen Blutzellen. sind nicht zu venvechseln die sogen. Charcof sehen Krystalle, welche ziemlich constant in dem Blute, in der Milz und in dem Knochenmarke leukämischer Personen, aber auch anderwärts (im normalen Knochenmarke, in dem Sputum asthmatischer Per- sonen) gefunden werden. Es sind dies kleine, farblose, glänzende Krystalle von der Form langgestreckter vierseitiger Pyramiden (nach Zenker Oktaeder), welche häufig der Oberfläche lymphoider Zellen anhaften. Sie scheinen sich erst längere Zeit nach dem Tode zu bilden. Ihre chemische Constitution ist noch unbekannt, ihr Ursprung wahrscheinlich auf die farblosen Blutkörperchen zurückzuführen {Zenker). Herkunft der farlbigen Blutzellen. Erst in neuester Zeit ist es gelungen, die vielbesprochene Frage nach der Entstehungsweise der farbigen Blutzellen mehr and mehr aufzuhellen. Es ist nicht möglich, in knappem Rahmen ein umfassendes Bild der bezüglichen Erfahrungen und Anschauungen zu entwerfen; nur das Wesentlichste möge mit- getheilt werden. Schon in den frühesten embryonalen Entwicklungsstadien er- scheinen zugleich mit der Bildung der ersten Blutgefässe auch Blut- zellen, welche kugelförmig, farblos, kernhaltig und von ziemlich beträchtlicher Grösse sind und aus der parablastischen Keimanlage hergeleitet werden müssen. Sie wandeln sich direkt in farbige Blutzellen um, welche ihren Kern und ihre kugelige Form behalten. Fortan vermehren sie sich durch Theilung innerhalb der gesammten Blutbahn. Sobald jedoch die Leber bis zu einer gewissen Entwicklungsstufe gediehen ist, muss zu- nächst dieses Organ als die hauptsächlichste Bildungsstätte der gefärbten Zellen angesehen werden (Kölliker). Erst von dieser Zeit an kann man kernlose Blutzellen, welche aus den gefärbten kernhaltigen her- vorgegangen sind, beobachten. Dieselben sind vorerst gegenüber den kernhaltigen in bedeutender Minderheit, allmälig nehmen sie aber an Zahl zu, während die kernführenden vermindert erscheinen, so dass man am Ende des Embryonallebens nur selten mehr einer der letzteren begegnet. In dieser Weise hatten Kölliker und Fahrner für die embryo- nale Entwicklungsperiode schon vor langer Zeit die Existenz kernführender gefärbter Blutzellen, ihre Vermehrung durch Theilung und ihre Um- wandlung zu der typischen Form der rothen Blutzellen kennen gelehrt. Für das extrauterine Leben und insbesondere auch für den ausgewachsenen Organismus hatte man früher ziemlich allgemein an- genommen, dass die farblosen Blutzellen die Vorläufer der gefärbten seien, dass die letzteren durch bestimmte Zwischenstufen aus den ersteren hervorgehen. Seitdem aber E. Neumann und Bizzozero den Nachweis geliefert haben, dass in dem rothen Knochenmarke des Menschen und der Säugethiere während des ganzen Lebens Zellen vorkommen, welche den gefärbten kernhaltigen Blutzellen des Embryo völlig gleichen, und dass sich dieselben in kernlose rothe Blutzellen Blutplättchen. 57 umwandeln können, musste man dem Knochenmark eine hervorragende Bedeutung für die Blutbikhmg zuschreiben. Zerzupft man rothes Knochenmark (am besten vom Meerschwein- chen oder Kaninchen) in 0-75 % Kochsalzlösung, so findet man ohne Mühe da und dort isolirte Zellen von rundlicher Form und wechseln- der Grösse mit röthlich gelbem homogenem Zellkörper und grossem, kugelförmigem, reich granulirtem Kern. Nicht selten ist der letztere doppelt vorhanden. Diese den embryonalen, kernführenden Blutzellen analogen Gebilde werden als Hämatoblasten*) bezeichnet. Sie besitzen die Fähigkeit, sich durch indirekte Theilung {Bizzozero, FJemming) reichlich zu vermehren und sich in typische kernlose Blutzellen um- zuwandeln. Ob dabei der Kern aus der Zelle ausgestossen wird {Rind- ßeisch), oder ob er im Innern der Zelle schwindet, und seine Substanz in der Substanz des Zellleibes aufgeht (Neiimann), muss noch dahin- gestellt bleiben. Dass die Hämatoblasten mit den Markzellen des Knochenmarkes in unmittelbarer genetischer Beziehung stehen, ist viel- fach angenommen, aber noch nicht hinreichend erwiesen worden. Für die geschwänzten Amphibien und für die Fische ist durch Bizzozero die Milz als die hauptsächlichste Stätte der Blutbildung erkannt worden. Demselben Forscher ist es auch gelungen, an Hunden und Meerschweinchen, bei denen durch wiederholte Aderlässe die Blutbildung künstlich angeregt worden war, in der Milz zahlreiche kernhaltige rothe Blutzellen, von denen ein grosser Theil in Theilung begriffen war, aufzufinden. Unter dem Namen Blutplättchen hat Bizzozero in jüngster Zeit einen bisher noch nicht bekannten, geformten Bestandtheil des Menschen- und Säugethierblutes beschrieben. Es sind dies äusserst dünne, farb- lose, runde oder ovale Scheibchen mit leicht concaven oder auch völlig ebenen Begrenzungsflächen; jede Andeutung eines Kernes fehlt. Sie besitzen einen drei- bis viermal kleineren Durchmesser als die farbigen Bliitzellen und können, in grosser Zahl zwischen den übrigen geformten Elementen eingestreut, auch im circulirenden Blute nachgewiesen werden**). Zu ihren wesentlichsten Eigenthümlichkeiten gehört es, dass sie sich sofort nach Entleerung des Blutes aus dem Körper mit Vor- liebe zu kleinen Gruppen zusammenlagern und sich bald bis zur Un- kenntlichkeit verändern, indem an ihrer Oberfläche zarte Vorwölbungen entstehen, welche bald zu längeren Fortsätzen auswachsen und ein äusserst feinkörniges Aussehen erlangen. Die zu einer Gruppe ver- *) Die Bezeichnung Hämatoblasten ist von einigen Autoren {Haijem, Foa und Salvioli auf andere Gebilde, welche sie irrthümlich mit der Bildung von farbigen Blutzellen in Zusammenhang brachten, angewendet worden. **) Es sind dies dieselben Gebilde, welche Hayem schon früher als Hämato- blasten bezeichnet hatte. 58 Epithelialzellen. einigten Blutplättchen mit ihren Ausläufern erscheinen dann als kleinere oder grössere, unregelmässige Klümpchen einer blassen, feinkörnigen Substanz, welche schon durch M. Schultze bekannt geworden, von ihm als Körnchenbildimg en benannt worden sind, und zu mehrfachen Dis- kussionen Veranlassung gegeben haben. Seither sind die Blutplättchen von mehreren Seiten, u. A. durch Laker, als normale Formbestandtheile des Blutes bestätigt worden. Der letztere Forscher hat namentlich gute Methoden zur Aufsuchung und Conservirung dieser Gebilde angegeben; er schreibt ihnen typisch eine biconcave Form zu. Eine grosse Bedeutung würde den Blutplättchen zukommen, wenn es sich bestätigen sollte, dass ihnen, wie schon M. Schultze und Banvier von den Körnchen- büdungen vermuthet hatten, eine Hauptrolle bei der Gerinnung des Blutes und bei der Bildung von Thromben zukommt. Die neuesten Untersuchungen Bizzozero's haben dies sehr wahrscheinlich gemacht. 3) Epithelial- und Drüsenzellen. a) Die Epithelialzelle ist als solche charakterisirt durch ihren Standort, durch ihre Herkunft, durch ihre Form und Beschaffenheit und durch ihre Verbindung und Anordnung. Die ganze äussere Oberfläche des Körpers, sowie alle jene in seinem Innern befindlichen Hohlräume, welche mit der Aussenwelt in continuirlichem Zusammenhange stehen, sind mit dünnen, blutgefäss- losen Häutchen (Epithelien) überkleidet, deren geformte Elementar- bestandtheile man als Epithelialzellen bezeichnet. Dieser zellige Belag bildet am ausgewachsenen Individuum im Allgemeinen ein continuir- liches Ganzes, wenngleich an den verschiedenen Strecken gewisse Modifikationen in der Form und Beschaffenheit der Zellen auftreten. Alle Epithelialzellen sind archiblastischer Abkunft und es kann als Bedingung ihrer Entstehung und Ausbildung die Lage archiblastischer Elemente an der Aussenfläche des Leibes, oder an der Oberfläche eines mit dieser in direktem Zusammenhange stehenden Körperraumes angesehen werden (Wcddeyer). Allerdings kann es vorkommen, dass epitheliale Zellen im Laufe der Heranbildung des Thierkörpers von Elementen parablastischer Herkunft völlig umwachsen und so von der Körperoberfläche abgedrängt werden. Als Beispiel können die Ele- mentartheile der Krystalllinse, die sog. Linsenfasern, dienen. Aus ent- wicklungsgeschichtlichen Gründen, und insbesondere wegen ihrer Ab- stammung aus dem Archiblast müssen auch die zelligen Bekleidungen der serösen Räume, sowie der centralen Räume des Gehirnes und des Rückenmarkes den Epithelien zugezählt werden. Epithelialzellen. 59 Die Form mid Beschaffenheit der Epithelialzellen, so mannigfach sie sich auch gestalten mögen, haben doch so viel Eigenartiges an sich, dass man in den meisten Fällen eine isolirte Epithelzelle sofort als solche zu erkennen vermag (Fig. 11). Sie stellen sich in der Regel als scharf umgrenzte , in ganz frischem Zustande äusserst durch- sichtige, längere Zeit nach dem Absterben aber durch Gerinnungen innerhalb ihrer Substanz leicht getrübte Zellen dar, welche fast aus- nahmslos einen deutlichen, entweder kugelrunden oder ellipsoiden oder auch mehr abgeplatteten Kern in sich schliessen. Sie besitzen zum Theile eine wirkliche Zellmembran, oder aber es hat die periphere Schichte ihres Zellkörpers eine festere, consistentere Beschaffenheit angenommen, wodurch ihre Form eine ziemlich ausgeprägte und con- stante wird. Fiff. 11. Verscliiedene Formen von Epithelzellen. A. Kubische Epithelzellen aus der Hornhaut eines Kindes (theilweise mit zapfenartigen Fortsätzen). B. Cylinderzellen aus dem Darmepithel des Frosches. B'. Cylinderzelle aus der tiefsten Schichte des Hornhautepithels (an einem Ende gezähnelt). C. Polygonale platte Zellen aus dem Hautepithel des Frosches. D. Breite Platten aus dem Epithel der Mundhöhle des Menschen. E. Kiffzellen aus der Fersenhaut des Menschen. (Sämmtlich in frischem Zustande mit Hartnack, System Nr. 9, Ocul. 2 gezeichnet.) Verhindung und Anordnung. Die Epithelialzellen sind derart zu flachen, häutigen Lagen zusammengesetzt, dass man bei der ersten Beobachtung den Eindruck bekommt, als ob ZeUe unmittelbar an Zelle aneinandergereiht wäre , indem ihre Flächen und Ränder sich gegen- seitig berühren. Man hat indessen, wie später noch erörtert werden soll, durch gewisse Methoden nachweisen können, dass dies in der That nicht der Fall ist, sondern dass sie durch eine an sich form- lose Substanz gewissermassen aneinandergekittet sind (Kittsubstanz). Auf die Gestaltung der Zelle selbst hat diese Kittsubstanz wegen ihrer geringen Menge übrigens keinen Einfluss, wohl aber auf die Festigkeit ilires Zusammenhanges. Die letztere ist in der That eine so bedeu- tende, dass es am frischen Gewebe selbst bei sorgfältigstem Zerzupfen nur schwer hält, einige Epithelzellen zu isoliren. Kürzere oder längere Zeit nach dem Tode, vielleicht in Folge von Veränderungen in der Kittsubstanz, welche ihre Klebekraft vermindern, wahrscheinlich aber 60 Epithelialzellen. auch aus Ursache von geringen, mit postmortalen Gerinnungen in Zu- sammenhang stehenden Formveränderungen der Epithelialzellen selbst lockert sich ihr Zusammenhang, und sie fallen leichter auseinander. Es lässt sich übrigens ihre Isolirung befördern durch Einwirkung von Wasser, stark verdünnten Säuren, 10 "/o Kochsalzlösung, verdünntem Alkohol u. s. w., ohne dass bei den meisten von ihnen die äussere Form wesentlich beeinträchtigt würde. Auch eine kurze Einwirkung heissen Wasserdampfes führt sofort zur Ablösung der Epithelien. Diese verschiedenen Methoden sind denn auch nebst der Untersuch ang mit indifferenten Flüssigkeiten der Reihe nach zum Studium der Epi- thelzellen zu verwenden. Die Verbindung der Epithelzellen erfolgt in der Weise, dass sie sich gegenseitig glatte Flächen zuwenden, oder aber dass sie mit un- ebenen, gehöhlten, gezackten oder gerippten Oberflächen ineinander- greifen; dadurch schon sind gewisse Formverhältnisse derselben er- klärbar. Dazu kommt noch, dass die Epithelialhäutchen an manchen Körper ab schnitten nur durch eine einfache Lage von Zellen zusammen- gesetzt sind, an anderen Stellen aber aus mehrfach übereinander- geschichteten Zellenlagen bestehen. Auch dadurch wird die äusserliche Gestaltung der EpitheKalzellen wesentlich mit bestimmt. Form und Grösse. Alle einschichtigen Epithelien zeigen auf weite Strecken hin eine grosse Uebereinstimmung in der Form, Grösse und äusseren Beschaffenheit der sämmtlichen zu ihrer Bildung bei- tragenden Zellen. Sie sind theils cylindrisch oder kegelförmig und dann mit ihren Längenseiten einander zugekehrt, theils kubisch oder unregelmässig polyedrisch oder abgeplattet, immer aber für bestimmte Körperstellen gleichartig geformt. An bestimmten 0 ertlichkeiten findet man constant Uebergänge der einen Form in die andere und zwar entweder ohne Vermittlung einer Zwischenform oder unter mehr all- mäliger Aenderung ihrer äusseren Gestalt und Grösse. Selbst Ueber- gänge von einschichtigen in mehrschichtige Epithelien vollziehen sich mitunter in scharf begrenzten Linien, z. B. an der Einmündung der Speiseröhre in den Magen, am Anus u. a. 0. — Ungleich verschiedenartiger zeigt sich die Gestaltung der Zellen in den mehrschichtigen Epithelien. Hier finden sich an einer und derselben Stelle mitunter alle denkbaren Uebergangsformen von der langgestreckten Cylinder- oder Spindelzelle zu kugelähnlichen oder polyedrischen Formen, bis zu dünnen Blättchen und Schüppchen; hier begegnet man auch den mannigfach gezackten, gehöhlten und gerippten Zellenformen. Man kann im Allgemeinen sagen: Je vielfacher die Schichtung einer Epithelart, desto vielgestaltiger sind ihre Zellen. Doch gibt es auch darin wieder eine gewisse Gesetzmässigkeit: insoferne als Epithelialzellen. 61 die Zellen, welche einer bestimmten Schichte angehören, in einer und derselben Epithelart auch ähnliche Form, Grösse und Beschaffenheit zeigen; so sind an manchen Orten alle Zellen der oberflächlichsten Schichte platt, an anderen sämmtlich kegelförmig, die der tiefsten Lage aber hier ohne Ausnahme kugelähnlich, dort cylindrisch u. s. w. Häufig sind auch die tiefer gelegenen Zellen durch eine stär- kere Granulirung von den oberflächlichen, mehr homogen aussehen- den Zellen ausgezeichnet. Die theilweise Unregelmässigkeit und die Mannigfaltigkeit der Formen in den mittleren Zellenlagen ist hauptsächlich darin begründet, dass die Lücken, welche durch das An- einanderstossen verschiedenartig gekrümmter Zellenformen ent- stehen, durch entsprechende Fort- sätze anderer Zellen ausgefüllt werden. An dem Basalende gewisser cylindrischer Epithelzellen sind ei- genthümliche, dünne, schupp chen- artige Anhänge nachgewiesen wor- den, welche sich wie flügelartige Fortsätze derselben verhalten. (Lott's Fusszellen im Hornhaut- epithel.) Als eine besondere Formation innerhalb der geschichteten Epi- thelien sind die Stachel- oder Riff- zellen (Fig. 11 E) zu erwähnen. Sie sind dadurch ausgezeichnet, dass ihre Oberfläche an gewissen Stellen, z. B. an den Rändern, mit zahlreichen, feinen Zacken ver- sehen ist, welche zum Theil als zarte Leistchen sich auch über die Flächen hinziehen. Man hatte nach dem Vorgänge M. Schultzens ge- wöhnlich angenommen, dass benachbarte Zellen mit entsprechenden Erhabenheiten und Vertiefungen ineinandergreifen und so ein innigerer Zusammenhang zwischen ihnen hergestellt werde. Nach neueren Beobachtungen {Bizzozero u. A.) stellt sich das Verhältniss anders dar. Es wurde nachgewiesen, dass die angrenzenden Zellen mit den Spitzen ihrer Stacheln und Riffe zusammenliängen, so dass zwischen denselben feinste anastomosirende Spältchen {Intercellular- lücken) übrig bleiben, welche als interceUuläre Saftbahnen angesehen Zwei Querduxchschnitte durch geschichtete Epithelialhäute. A. Geschichtetes Pflasterepithel aus der Speise- röhre der Katze. B. Geschichtetes, flimmerndes Cylinderepithel aus dem Kehlkopf des Pferdes. Nach links hin sind durch Zufall die oberflächlichsten Zellen etwas abgehoben, so dass die Formen der tieferen Zellen deutlieh erkannt werden können. (Hartnack, System VIII. Ocul. 2.) 62 Epithelialzellen. werden. Die Stacheln selbst sind also wahre Intercellularhrücken. Sie finden sich am schönsten ausgeprägt in den mittleren Lagen viel- schichtiger Epithelien (z. B. in der Oberhaut der Fusssohle), nament- hch aber dann, wenn solche Epithelien in Folge von krankhaften Zu- ständen verdickt sind. In geringerem Grrade der Ausbildung sind sie jedoch sehr verbreitet, so dass man sagen kann, dass sie fast in allen mehrschichtigen Epithelarten vertreten sind. Manche Arten von Epithelialzellen sind noch besonders ausge- zeichnet durch den Besatz von Flimmerhaaren (s. oben) oder aber von gewissen, ihren freien Oberflächen anhaftenden cuticularen Bildungen. (Basalsaum des Darmepithels.) In Bezug auf die Lehensgeschichte der Epithelzellen muss vorerst daran festgehalten werden, dass sie nur aus Elementen archiblastischer Abkunft, und weiterhin immer wieder nur aus anderen Epithelzellen, und zwar durch indirekte Theilung hervorgehen können. Nicht nur dass die meisten neueren Beobachtungen über die Regeneration zu Grrunde gegangener Epithelien dafür sprechen, auch während des nor- malen Ablaufes des Lebens lassen sich Theilungsvorgänge an einzelnen Zellen beobachten. Die bereits fertig gebildeten Epithelzellen können sich weiters in verschiedener Weise verändern. Hierher gehört die Umwandlung mancher Cylinderzellen (des Darmes) in Becherzellen^ indem durch An- sammlung von Schleim in ihrem Innern eine bauchige Vorbuchtung ihrer Seitenflächen entsteht. In anderer Weise nehmen die Zellen der geschichteten Pflasterepithelien, während sie in Folge der fortwähren- den Regeneration des Epithels von unten her in immer höhere Schichten gelangen, eine veränderte Form und Beschaffenheit an. Ein sehr verbreiteter Vorgang ist die Verhornung der Epithel- zellen (Epidermis, Haare, Nägel); sie besteht in einer, mit grosser Wasserverarmung (Eintrocknung) einhergehenden chemischen Umwand- lung der Zellsubstanz, wobei sich schliesslich ein eigenthümlicher, schwefelreicher Körper, das Keratin^ in ihnen bildet. Als eine Vor- stufe des letzteren ist wahrscheinlich eine in Gestalt von stark licht- brechenden Körnchen auftretende Substanz, das Keratohyalin, anzusehen (vergl. unter Epidermis). Mit der Verhornung ist häufig der Verlust des Zellkernes und eine auffallende Festigung des gegenseitigen Zu- sammenhanges der einzelnen Zellen verbunden, welche sich mitunter bis zur völligen Verschmelzung derselben steigern kann. Durch Ein- wirkung kaustischer Alkalien können verhornte Zellen wieder zum Aufquellen gebracht werden. Die Epithelzellen sind während des Lebens im Allgemeinen einem häufigen Wechsel unterworfen. Abgesehen von der sog. Häutung Drüsenzellen. 63 und Mauserung gewisser Thiere ist dies besonders bemerkbar an der Abschuppung der äusseren Haut, an dem constanten, wenn auch nieistentheils geringen Gehalt der Körperflüssigkeiten an Epithelzellen jener Oberfläche, mit welcher sie in Berührung gestanden sind. Bei katarrhalischen Zuständen der Schleimhäute, selbst des geringfügigsten Grades, wird die Abstossung der Epithelialzellen in hohem Grade ge- steigert. Die Ergänzung derselben wird bei den geschichteten Epi- thelien durch die Zellen der tieferen Lagen, bei den einschichtigen (wenigstens zum Theile) durch die sog. Ersatzzellen besorgt. Es sind dies kleine, meist kugelige, oder mit einem oder dem anderen feinen Ausläufer versehene kernhaltige Zellen, welche zwischen den Basal- enden der typischen Epithelzellen eingelagert sind. Anhangsweise sei hier erwähnt, dass man gewisse, mit den peripheren Endigungen der Sinnesnerven im Zusammenhange stehende Formationen als Nerv enepitheli eil zu bezeichnen pflegt. Die Elemente derselben sind theils wahre Zellen epithelialen Charakters, theils aber verschieden geformte und geartete Bil- dungen, welche, so wie sie sich zeigen, nicht ohne Weiteres als Zellen aufgefasst werden können. Für viele der letzteren hat indessen die Entwicklungsgeschichte gelehrt, dass sie in der That umgewandelte Epithelialzellen vorstellen, für andere wird dies bis auf Weiteres nur vermuthet. (Das Nähere darüber ist betreffenden Ortes einzusehen.) b) Die Drüsenzellen. Ungeachtet ihrer nahen verwandtschaft- lichen Beziehungen zu den Epithelialzellen beanspruchen die Drüsen- zellen auf Grund ihrer morphologischen und funktionellen Bedeutung eine gesonderte Stellung. Sie bilden das wesentlichste Baumittel ge- wisser parenchymatöser Organe — der Drüsen — und werden als solche wohl auch Parenchymzellen (Enchymzellen) genannt. Ihre Auf- gabe ist es, die Bereitung jener Körperflüssigkeiten zu vermitteln, welche wir unter dem Namen der Drüsensecrete kennen, und ins- besondere müssen wir in ihnen den Entstehungsort jener eigenartigen Stoffe von complicirter chemischer Zusammensetzung suchen, welche die specifischen Eigenschaften der verschiedenen Secrete bedingen. Die Drüsenzellen sind im Allgemeinen derart geordnet, dass sie die Wandungen mikroskopisch kleiner Hohlräume formen, in welche hinein sie ihre Produkte entleeren. Dieselben münden theils direkt an einer epithelhaltigen Körperfläche aus, theils aber vereinigen sie sich unter Vermittlung von mehr weniger complicirten Canalsystemen (Drüsengängen) untereinander und erhalten besondere mit Schleimhaut versehene Ausführungsgänge. So kommt es, dass an vielen Stellen eine unmittelbare Berührung der Drüsenzellen mit den Epithelialzellen stattfindet, ja es hält häufig schwer, zwischen beiden eine genaue Grenze zu ziehen. Diese Continuität der Aneinanderreihung beider Zellenarten ist darin begründet, dass die Drüsenzellen sich von vorn- (34 Drüsenzellen. herein entweder in den Epithelien selbst entwickeln, oder diircli Wuche- rungsprozesse aus denselben entstehen; in weiterer Folge halten sie allerdings einen besonderen Entwicklungsgang ein. Gleichwie schon oben die Abschnürung gewisser epithelialer Zellengruppen erwähnt worden ist, so muss auch hier das ausnahms- weise Vorkommniss constatirt werden, dass einzelne Drüsenformationen aus vollkommen abgeschlossenen Hohlräumen bestehen (Schilddrüse). Wir wissen jedoch, dass sie in ihrer ersten Anlage aus den epitheHalen Deckgebilden hervorgegangen sind. Auch die Art der Anordnung der Drüsenzellen zeigt in den meisten Fällen eine grosse Aehnlichkeit mit der der Epithelialzellen, indem sie in der Weise wie bei den einschichtigen Epithelien anein- andergefügt sind. Von den Eigenthümlichkeiten, welche an den Drüsenzellen wahr- genommen werden, möge folgendes hier angeführt werden. Was zunächst ihre Form anbe- , _, . ., langt, so sind sie in den meisten W ^ 1^ ^ f § "^ Fällen cylinder ähnlich, abgestutzten ,,j{^^ ^^ Kegeln oder Pyramiden vergleichbar; £ ß Q © Ä^ll auch unregelmässig polyedrische, sel- ^ '^? tener rein kubische und abgeplattete Verschiedene Formen von Drüsenzellen (in Zellen finden sich VOr. Eine Ver- MüUer'sclier FlüssiKkeit isolirt). i •/ / -m i • t t i A. Aus einer Brunner'schen Drüse. breitete Erschcmung an den cyliudcr- B. Aus einer Lieberkühn'schen Drüse des i i -in.. • t\ •• n • ^ Dünndarmes. odcr kegeliormigen Drusenzellen smd C. Aus der Submaxillardrüse. n .. -, .. ■, , • n -r» • D. Aus der Leber. üunue schuppcheuartigc von der Basis Sämmtlich aus einer frischen menschliclien i rr n i • o -i Leiche. der Zeile nach einer öeite zu m (Hartnack, System IX. Ocul. 2.) i_ /> i i i -rrr- i ^ ^ stumpfen oder rechten Winkeln ab- gebogene Anhänge, welche sich unter die nächstliegende Zelle hinein- schieben. Von der Seite her gesehen, gewähren solche Zellen das Ansehen, als ob sie an ihrem unteren Ende einen schnabelförmigen Fortsatz besässen (Fig. 13 A und B). Sie sind zuerst von G. Schwalbe an den Brunner'' sehen Drüsen, seither aber auch an vielen anderen beschrieben worden. Einen wesentlichen Einfluss auf die Form und äussere Erschei- nung der Drüsenzellen übt der Funktionszustand, in welchem sich die Drüse zur Zeit des Todes befunden hatte. R. Heidenhain hat zuerst auf diese wichtige Thatsache aufmerksam gemacht. Man beobachtet an der Unterkieferspeicheldrüse des Hundes, wenn das Thier längere Zeit vor dem Absterben gehungert, also die Drüse gewissermassen im Zustande der Ruhe sich befunden hatte, dass dann die meisten Drüsen- zellen eine rundliche, ausgebauchte Oberfläche, einen blassen, fast homogenen Inhalt zeigen und sich durch Carmin nur wenig färben. Drüsenzellen. 65 Ihre Kerne sind grundständig, abgeflacht und färben sich mit Carmin tiefroth. Drüsenzellen von dieser Beschaffenheit werden gewöhnlich als Schleim z eil eti bezeichnet. Hatte man dagegen vor dem Tode durch anhaltende, direkte Nervenreiziing während mehrerer Stunden eine intensive Absonderung von Seite der Drüse hervorgerufen, so findet man alle Drüsenzellen kleiner, stark abgeplattet, deutlich granulirt; sie lassen sich dann durch Carmin ohne Ausnahme blassroth färben. Auch der Zellkern verhält sich verschieden, indem er aimähernd die*Mitte der Zelle ein- nimmt, kugelig erscheint und durch Carmin nur sehr wenig gefärbt wird. Der Grund dieses auffallenden Verhaltens ist darin zu suchen, dass die ausgeruhte Drüsenzelle neben dem Protoplasma eine grössere Menge von Schleim (schleimbildender Substanz) enthält, durch welche Fi er. 14. Acini aus der Submasillaris des Hundes. A. Von einer ausgeruhten Drüse. B. Von einer gereizten Drüse. (Nach Heidenhain.) das erstere gewissermassen auseinander gedrängt wird, während im zweiten Falle der schleimige Inhalt aufgebraucht und ausgestossen worden ist, der Zellkörper vorwiegend nur aus Protoplasma besteht. Auch in Betreff der Drüsenzellen des Pankreas verdanken wir Heidenhain nach dieser Richtung interessante Aufschlüsse. Er unter- scheidet an ihnen zwei Zonen, deren innere — dem Drüsenlumen zu- gewendete — durch die Einlagerung zahlreicher dunkler Körnchen ausgezeichnet ist, während die äussere — peripherische — gewöhnlich ganz homogen, hell und durchscheinend ist, mitunter aber eine sehr feine radiäre Streifung erkennen lässt; an der Grenze beider liegt der Kern. Mit Rücksicht auf den Funktionszustand ergaben sich nun Heidenhain constante Veränderungen an diesen Zellen. Während im Hungerzustande die körnige Innenzone den grösseren, die Aussenzone den kleineren Theil der Zelle einnimmt, verkleinert sich mit Beginn der Verdauung — während die Secretion am stärksten ist — die Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 5 66 Drüsenzellen. Innenzone selir bedeutend, so dass nur ein kleiner Rest derselben übrig bleibt, ja sie kann selbst völlig verschwinden. Zugleich ver- breitert sich die Aussenzone so weit, bis sie den grössten Theil oder auch die ganze Zelle einnimmt. Dabei wird die Zelle als Ganzes kleiner, der Kern , der im Hungerzustande häufig oval , eckig , unregelmässig erscheint, ist stets rein kugelig, mit sehr deutlichem Kernkörperchen versehen. In der späteren Zeit der Verdauung, wenn die Secretion schon sehr verringert ist,. oder ganz stille steht, vergrössert sich wieder die Innenzone auf Kosten der Aussenzone, welche letztere allmälig auf ein Minimum reducirt wird; die ganze Zelle nimmt an Masse zu. Hungert das Thier wieder, so erfolgt eine geringe Zunahme der Aussenzone und eine entsprechende Verkleinerung der Innenzone. Ganz analoge Veränderungen der Drüsenzellen während der Secretion haben weiterhin Lavdowshy an den Schleimdrüsen der Mundhöhlen- schleimhaut, Biedermann an den Zungenschleimdrüsen lebender Frösche und Langley an den Hauptzellen der Labdrüsen beobachtet. Es ent- spricht somit dem Absonderungszustande der Drüsen ein rascher Stoff- verbrauch in dem centralen Theile der Zelle, und ein entsprechender Stoffansatz an deren Peripherie; die Körnchen der Innenzone liefern unmittelbar das Materiale für das Drüsensecret. Während des Ruhe- zustandes der Drüse wird dieses Materiale auf Kosten der Aussenzone wieder aufgespeichert. In Bezug auf die Lehensdauer der Drüsenzellen ist vielfach die Ansicht verbreitet, — auch Heidenhain hat sich für die Zellen der schleimbereitenden Drüsen dahin ausgesprochen — dass während des activen Funktionszustandes der Drüsen und aus Anlass desselben stets eine grosse Anzahl ihrer Zellen zu Grunde gehe und durch neue er- setzt werde, dass also die Existenz der Drüsenzellen nur von sehr kurzer Dauer wäre. Insbesondere wurde dies früher von jenen Drüsen- zellen behauptet, welche ein fetthaltiges Secret liefern (Milchdrüse, Talgdrüsen), und man hielt geradezu den Secretionsprozess für identisch mit einer sog. fettigen Degeneration und völligem Zerfall der Drüsen- zellen. Da man überdies glaubte, die Wandungen solcher Drüsen- räume seien aus übereinander geschichteten Drüsenzellen geformt, so hielt man die tieferen Lagen derselben zur fortwährenden Zellenneu- bildung bestimmt. Einerseits hat sich indessen herausgestellt, dass viele Drüsen nur eine einschichtige Zellenlage besitzen , und andererseits scheint es sehr wahrscheinlich, dass die allermeisten Drüsenzellen die in ihnen gebildeten Secretbestandtheile ausstossen können, ohne dabei ihre Existenz einzubüssen, wie z. B. durch Stricker bezüglich der in den Colostrumzellen der Milch enthaltenen Fetttröpfchen erwiesen wor- den ist. In neuerer Zeit hat Stöhr die Persistenz der Schleimdrüsen- Bindesubstanzzellen. • 67 Zellen sowie der Magenepithelzellen während der Schleimbereitung entschieden behauptet. Auch Biedermann konnte bei seinen Unter- suchungen an lebenden Objekten keine Anhaltspunkte für eine mit dem Secretionszustande verknüpfte Abstossung der Schleimdrüsenzellen ge- winnen. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Drüsenzellen während des 2iormalen Ablaufes des Lebens einem stetigen, von dem Funktionszustande bis zu einem gewissen Grade unabhängigen Wechsel unterliegen. Dass ein solcher in der That vorkommt, d. h. dass immer- fort einzelne der die Drüsenwandung bildenden Zellen zu Grunde gehen und durch neue ersetzt werden, und dass so eine allmälige physiolo- gische Regeneration der Drüsenwandungen stattfindet, hat sich beispiels- weise aus meinen Untersuchimgen über die Labdrüsen mit grosser Wahrscheinlichkeit ergeben. 4) Die Blndesubstanzzelleii *). Der Charakter einer Bindesubstanzzelle ist gegeben durch ihren Fundort, durch ihre physiologischen und morphologischen Beziehungen zu den verschiedenen Formationen der Bindesubstanzgewebe und end- lich durch ihre Abstammung aus parablastischer Anlage. In allen jenen Gewebsformen , welche zu der grossen Gruppe der Bindesubstanzgewebe gezählt werden , finden sich , als wesent- lich zu deren Aufbau gehörig, Zellen von höchst verschiedener Zahl und Beschaff'enheit. Sie erscheinen in der Regel nicht so nahe aneinander gelagert, dass sie für sich allein ausgebreitete Membranen (einer Ausnahme hiervon soll später gedacht werden), oder grössere An- häufungen überhaupt darstellen, sondern sie sind meist durch dazwischen gelagerte Intercellularsubstanzen in grösserer oder geringerer Entfernung voneinander gehalten. Ja sie treten gewöhnlich an Masse so sehr gegen die Intercellularsubstanz zurück, dass man sagen muss, der morpho- logische Charakter des Gewebes werde viel mehr durch diese als durch die Zellen bedingt. Wie man sieht, ist schon hierdurch ein durch- greifender Unterschied gegenüber den Epithel- und Drüsenzellen ge- geben, von welchen allein die Gestaltung der Gewebsformationen, denen sie angehören, abhängt. Die Lagerungsstätten der Bindesubstanzzellen sind also theils Räume, welche zwischen den discreten Formelementen der Zwischensubstanzen übrig bleiben, oder Lücken, welche in einer mehr oder weniger homogenen Grundsubstanz sich befinden. *) Die Ausdrücke „Bindegewebs-Knochen-Knorpel-A'örperc/ieji", welche als Synonyma für die Arten der Bindesubstanzzellen aus früherer Zeit her noch vielfach im Gebrauch stehen, sollen mit Absicht vermieden werden, da die zellige Natur der hier abzuhandelnden Gebilde ausser Zweifel steht, und nach unseren jetzigen Kennt- nissen sich die beiden Begriffe wesentlich zu einander verschoben haben. 68 Bindesubstanzzellen. Fig. 15. lieber das nähere Yerhältniss der Bindesubstanzzellen zu der ZAvischensubstanz kann als unumstösslich sicher nur das hingestellt werden, dass die Zwischensubstanz in irgend einer Weise durch Ver- mittlung der Zellen gebildet wird. Sehr wahrscheinlich ist es auch, dass das Wachsthum und die weiteren Veränderungen der Zwischen- substanz unter dem vorwiegenden Einflüsse der Zellen vor sich gehen, und dass die fortdauernde Ernährung und Erhaltung des Gewebes als solchen unter Vermittlung der Zellen erfolgen dürfte. Es steht nemlich fest, dass in ge- wissen Entwicklungsperioden dort, wo später ein Bindesubstanzgewebe liegt , nur allein zellige Elemente sich vorfinden, und dass im Laufe der Entwicklung die Intercellularsub- stanz sich aus oder zwischen diesen nach und nach differenzirt, während dessen die Zellen weiter auseinander rücken. Die Ent- stehung eines Bindesubstanzgewebes ohne Betheiligung von Zellen ist nirgends beob- achtet worden. Die nutritive Bedeutimg der Zellen für die Bindesubstanzgewebe geht wolil am besten daraus hervor, dass der Bestand derselben thatsächlich an die unveränderte Erhaltung ihi'er zelligen Elemente geknüj)ft ist, und dass krankhafte Verändei'ungen in ihnen stets durch gewisse Veränderungen der Zellen eingeleitet werden. Was die Form und Beschaffenheit der ^ ^ Bindesubstanzzellen anbelangt, so sind sie, Kanmclien-Embryo. '-' c. Platte Zellen aus einer Sehne ^^jg ^jg (j^ewebe selbst, denen sie angehören, des Schwanzes von einer jungen ' o Maus (nach Eamier's Methode dar- äusserst mannifffaltis". Während man bis vor gestellt). '^ '-' D. stark granuiirte Zellen aus j^q^]^ j^j^jj^; grar langer Zeit die Spindel- oder dem Intermuskularen Bindegewehe _ des Frosches. Verschiedene Zellenformen aus fibrillärem Bindegewebe. A. Platte Zellen aus dem in- termuskulären Bindegewebe eines jungen Hundes. B. SiJindelförmige Zellen aus dem subcutanen Bindegewebe eines (Hartnack, Immers. Syst. X. Oc. 2.) Sternform als eine der verbreitetsten ange- sehen hatte, ist man in Folge zahlreicher neuerer Untersuchungen und mit Hülfe einer verbesserten Methodik zur Kenntniss gelangt, dass die genannten Zellenformen zwar einzelnen Arten der Bindesubstanzen zukommen, dass aber namentlich für den erwachsenen Thierkörper gewisse platte Zellenformen eine hervorragende Stelle einnehmen. (Im fibrillären Bindegewebe, Fig. 15. A und B.) Es stellen dieselben, wie wir seit Ranvier' s Mittheilungen wissen, zarte, fast homogene, durchsichtige Schüppchen der verschiedensten Gestalt dar, an denen man nur in der nächsten Umgebung des meist ellipsoi- dischen Kernes eine geringe Menge protoplasmatischer Substanz wahr- nehmen kann. Diese Schüppchen sind theils einfach, ganz flach und Bindesubstanzzellen. — Endothelzellen. 69 eben, oder leicht eingebogen, theils aber auch, wie besonders durch Waldeyer hervorgehoben worden ist, zusammengesetzt, indem gewisser- massen mehrere Schüppchen derart an einer Kante verklebt sind, dass sie zu einander Flächenwinkel darstellen. Ausserdem aber gfibt es kugelförmige, ellipsoide, zum Theil in verschiedener Weise abgeflachte Bindesubstanzen (im Knorpel) oder linsenförmige , mit grösseren oder kleineren Zacken und Ausläufern versehene Formen (im Knochen), ferner spindelförmige Zellen, Avelche an ihren beiden Enden in lange, mitunter gabelig gespaltene Fortsätze auslaufen (im fibrillären Binde- gewebe von älteren Embryonen und jugendlichen Individuen), endlich vielfach verästigte Zellen, bei denen der grösste Theil des Zellkörpers in der Bildung von verzweigten Fortsätzen aufgeo-ancren ist. Im letz- teren Falle stehen die Zellen mittelst ihrer Ausläufer untereinander in Zusammenhang, und formen ein feines Netzwerk, in dessen Knoten- punkten die Zellkerne gelegen sind (reticuläres Bindegewebe). Es über- nehmen dann die Bindesubstanzzellen selbst jene mechanische Aufgabe des „Stutzens oder Bindens", welche sonst vorzüglich nur der Inter- cellularsubstanz zukommt, indem in den Maschenräumen des Reticulum andere Formelemente eingefügt sind, welche durch dasselbe zusammen- gehalten werden. Bezüglich der Lebenseigenschaften der Bindesubstanzzellen ist zu bemerken, dass man ihnen für gewöhnlich, theils wegen ihrer äusseren Beschaffenheit, theils wegen ihrer nicht sehr nahen Beziehungen zu dem Blutgefässsysteme, kaum einen sehr lebhaften Stoffwechsel zuschrei- ben kann. Unter gewissen Umständen können sie jedoch Fett erzeugen und in kleineren oder grösseren Tropfen in ihrem Innern ansammeln. Sie erlangen dann, Avenn ihr Fettgehalt bedeutend ist, eine mehr oder weniger ausgesprochen kugelige Gestalt und werden in diesem Falle als Fettzellen bezeichnet. Auch körniger Farbstoff kann sich in ihnen aufspeichern, welcher in den meisten Fällen aus Melanin besteht. Solche pigmentführende Zellen kommen beim Menschen fast allein in gewissen Bezirken des Auges vor, sind aber bei den niederen Wirbelthieren eine sehr verbreitete Erscheinung. Einer Abart der Bindesubstanzzellen muss hier noch gedacht werden, welche in morphologischer Beziehung gewissen Epithelialzellen ähnlich, durch lange Zeit zu den letzteren gezählt wurden, bis es den schönen Untersuchungen von His gelungen ist, ihren wahren Charakter aufzudecken. Es sind dies die Endothelzellen^). Alle jene Räume und *) Da man die Zellenhäutchen. welche die Oberflächen der nach aussen offenen Körperhöhlen bekleiden, als Epithelien bezeichnet, so wurde daraus füi* die zelligen Auskleidimgen der Binnenhöhlen der Name Endothelium (obwohl etymologisch ganz ungerechtfertigt) abgeleitet. 70 Fettgewebszellen. Höhlen des Körpers , Avelche vollkommen in sich abgesclilossen , auch in der embryonalen Anlage niemals in Communication mit der äusseren Umgebung des Individuums gewesen, sondern innerhalb einer para- blastischen Anlage entstanden sind , besitzen eine düime membranöse Auskleidung, welche durch die Endothelzellen geformt wird. Diese Räume werden von His im Gegensatze zu den mit der Körperoberfläche in Zusammenhang stehenden als Binnenhöhlen des Körpers bezeichnet. Es gehören hierher : die sämmtlichen Gelenkshöhlen , Sehnenscheiden und Schleimbeutel, die Umhüllungsräume des Centralnervensystems, und endlich die gesammten Bahnen des Blut- und Lymphgefässsystems. Die Endothelzellen, aus dem Parablast abstammend, sind ausnahms- los platte , schüppchenartige , helle und durchsichtige , fast homogene Zellen, von theils spindelförmiger, theils unregelmässig polygonaler oder auch verschieden ausgebuchteter Gestaltung; sie führen meist einen platten, ellipsoidischen Kern, welcher ungefähr in der Mitte der Zelle gelagert und mit seiner längeren Axe der Längsrichtung der Zelle parallel gestellt ist. Indem die Endothelzellen mit ihren häufig leicht gezähnelten Rändern unter Vermittlung einer geringen Menge von Kittsubstanz aneinander haften, bilden sie eine continuirliche hautartige Bekleidung der genannten Binnenräume. 5) Die Fettgewebszellen. Sie sind charakterisirt durch ihren Fundort und durch ihre her- vorragende Bedeutmig für die Bereitung, Aufspeicherung und Verar- beitung des Körperfettes, wodurch sie zu wichtigen Regulatoren des thierischen Gesammtstoffwechsels werden. An ganz genau bestimmten Stellen des Körpers und in ganz gesetzmässiger Ausbreitung findet sich bei allen Wirbelthieren ein Ge- webe , welches an geformten Baumitteln nur zellige Elemente neben Blutgefässen, Lymphgefässen und Nerven enthält — das Fettgewebe. Da die in ihm enthaltenen Zellen meistentheils mehr oder weniger Fett enthalten, sind sie schon seit längerer Zeit als Fettzellen bekannt und beschrieben. Es ist jedoch schon oben der Fähigkeit des Zellproto- plasmas, unter geeigneten Umständen Fett zu bilden, als einer ganz allgemeinen Eigenschaft desselben gedacht worden; und in der That gibt es kaum eine Zellenart im Thierkörper, welche wir nicht unter gewissen Verhältnissen mit Fett beladen finden könnten. Da nun alle, wie immer gearteten Zellen, wenn die Menge des Fettes in ihnen bis zu einem gewissen Grade zugenommen hat, in ihrer äusseren Erschei- nung den Zellen des Fettgewebes gleichen, also FettzeUen genannt werden können, so ergibt sich die Nothwendigkeit, speciell die zum Fettgewebszellen. 71 Fig. 16. Fettgewebe gehörigen durch den Namen der Fettgewehszellen von allen anderen Fettzellen zu unterscheiden. Es kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass die Fettgewebs- zellen aus jjarablastischer Anlage abstammen und aus diesem Grunde mit den Bindesubstanzzellen genetisch verwandt sind; aber so me die allermeisten Zellenarten, nachdem sie sich einmal differenzirt haben, specifischen Gewebsformen angehören und während der ganzen Dauer ihrer Existenz diese Specificität bewahren, so ist es auch mit der Fettgewebszelle der Fall. Die BindesubstanzzeUe, die Leberzelle, die Ganglienzelle bleibt eine solche, wenn sie auch sehr viel Fett in sich enthalten mag; sie behält ihre Beziehung zu dem Muttergewebe bei, sie kann ihr Fett wieder abgeben und zu ihrer früheren Form- beschaffenheit zurückjiehren. Ebenso die Fettgewebszelle. In welchem Zustande wir sie immer treffen, ob sie nun von Fett vollgepfropft ist, oder aber keine Spur desselben enthält, immer gehört sie dem Fettgewebe an. Die Fettgewebszellen sind sowohl bei ihrer ersten Anlage im Embryo, als auch bei ihrer Neubildung im erwachse- nen Thierkörper kugelige oder wenig abgeplattete, kernhaltige ZeUen, welche sich manchmal nur durch ihre etwas bedeutendere Grösse und durch die deut- lichere Granulirung ihres Zellkörpers von lymphoiden Zellen unterscheiden. Ebenso wie diese entbehren sie einer Zellmembran. In diesem monoplasma- tischen Zustande sind die Fettgewebs- zellen jedoch relativ selten zu beobachten, weil sie bald nach ihrer Entstehung schon ihre Thätigkeit als Fettbildner beginnen. Man findet daher in ihnen das Fett in einem oder mehreren, grösseren oder klei- neren Tröpfchen angesammelt — meist ist ein grosser Tropfen vor- handen, um welchen sich verschiedene kleinste Tröpfchen herum grup- piren. Je mehr das Fett in der Zelle zugenommen hat, desto mehr vergrössert sie sich und desto mehr tritt der protoplasmatische An- theil des Zellkörpers in den Hintergrund. Derselbe ist sammt dem nun meist stark abgeplatteten Kern an die Peripherie der Zelle ge- rückt. In solchen Fällen zeigt sich an den isolirten Zellen um den dunkeln Contour des Fetttropfens ein feiner blasser Saum, welcher mitunter an einer Stelle etwas verdickt erscheint. Diese Verdickung Formen von Fettgewebszellen. A. Von einem äusserst abgemagerten alten Mann aus der Achselhöhle. B. Von einem wenig abgemagerten Individuum (beide frisch mit Kochsalz- lösung präparirt). C. Durch Härtung in Alkohol ver- änderte Fettgewebszellen eines wohl- genährten Individuums. (Hartnack, Syst. VIII. Ocul. 2.) 72 Fettgewebszellen. schliesst den Kern in sich und kann natürlicli mir dann gesehen werden, wenn die Zelle so gelagert ist, dass der Kern nahe ihrem grössten Horizontalumfang zu stehen kommt. Nimmt das Fett in der Zelle noch mehr zu, so wird der protoplasmatische Saum so dünn, dass er nur undeutlich oder in den meisten Fällen auch gar nicht mehr gesehen werden kann. In diesem Zustande befinden sich die meisten Fettgewebs- zellen aus normal genährten Individuen. Sie sind dann von sehr verschie- dener Grösse, so dass ihr Durchmesser beim Menschen normaler Weise zwischen 45 — 120 [x schwanken kann. Besteht die Fettgewebszelle durch einige Zeit im fetterfüllten Zustande, so entwickelt sich, wahrscheinlich durch Verdichtung des Zellprotoplasmas, eine Art von Zellmembran. Dieselbe lässt sich leicht dadurch nachweisen, dass man ein Klümpchen Fettgewebe frisch zerzupft und dann während der Beobachtung isolirter Zellen einen entsprechenden Druck auf das Deckgläschen ausübt, wo- durch die Zelle zum Platzen gebracht wird, das Fett ausfiiesst und die Membran im o-efalteten Zustande zurückbleibt. Der Kern ist so stark abgeplattet, dass er nur sehr schwer nachgewiesen werden kann. Untersucht man Fettgewebe aus schlecht genährten Individuen, so findet man an den meisten Zellen wieder den blassen Saum des Protoplasmas und ab und zu auch solche Zellen, deren Fettgehalt auf einzelne, kleine Tröpfchen herabgesunken ist. Die Form der ganzen Zelle erscheint dann gewöhnlich nicht mehr kugelrund, sondern abge- plattet (Fig. 16 A), das Zellprotoplasma sehr blass, die in ihm ein- gelagerten Körnchen, weit voneinander abstehend, so als ob das Proto- plasma durch eine hyaline Flüssigkeit verdünnt wäre; solche Zellen sind schon seit längerer Zeit unter dem Namen seröser FettzeUen be- kannt. Es ist aber in der That nicht Serum, sondern eine schleim- haltige Flüssigkeit, welche sich dem Protoplasma beigemengt hat. Dafür spricht einerseits die starke körnige Trübung und Schrumpfung dieser Zellen nach Zusatz von verdünnter Essigsäure, andererseits aber das starke Aufquellen und die zäh schleimige Beschaffenheit solchen Fett- gewebes nach längerem Verweilen in destillirtem Wasser. Je mehr das Individuum, dessen Fettgewebe man untersucht, abgemagert war, desto geringer ist der Fettgehalt seiner Zellen ; jedoch nimmt dieser durchaus nicht in allen Theilen des Körpers, ja nicht einmal in allen Zellen eines Fettgewebsläppchens in gleichem Masse ab. Bei sehr marastischen Individuen findet man eine grosse Anzahl von Fettgewebszellen voll- kommen fettleer, manche nur mit einzelnen gelblichen Krümelchen, andere mit grösseren oder kleineren Fetttropfen besetzt. Das Proto- plasma hat sich häufig zu sternförmigen Figuren geformt, in deren Mitte der Kern liegt (Fig. 17 A). Dieser Umstand mag wohl zu einer Zeit, als man noch die Zellen des Bindegewebes für sternförmig hielt. Fettffewebszellen. 73 Fiff. 17. Veranlassung gegeben haben, solche Zellen als Bindesubstanzzellen auf- zufassen. Den besten Beweis gegen diese Auffassung kann man dadurch liefern, dass man Fettgewebe aus höchst abgemagerten Leichen in Alkohol erhärtet und dann feine Durchschnitte anfertigt. Die beistehende Abbildung (Fig. 1 7 B) zeigt derartige Fettgewebszellen ; man kann ganz deutlich noch die Hülle derselben erkennen, in deren Innern die eigent- liche Zellsubstanz einen unregelmässig strahligen Körper formt. Dass man es nicht mit Bindegewebszellen zu thun hat, beweist, dass man auf solchen Durchschnitten im ganzen Bereiche eines Fettgewebsläppchens keine Spur einer Bindegewebsfibrille, wohl aber das dem Fettgewebe eigen- thümliche Blutgefäss-Capillarnetz deut- lich erkennen kann. Die Fettgewebszelle erhält auch bei höchster Abmagerung der Indivi- duen ihre volle Lebensfähigkeit, d. h. ihr Protoplasma hat noch, wie ich nach- gewiesen habe, seine vitale Contractili- tät bewahrt und kann bei Eintritt günstigerer Ernährungs - Verhältnisse neuerdings Fett bilden. Sehr interes- sant und beachtenswerth ist die durch Flemminfj zuerst beschriebene That- sache , dass in stark abgemagertem Fettgewebe häufig Zellen vorkommen, welche eine Proliferation ihrer Kerne zeigen, ja selbst eine ganze Brut junger Zellen in sich schliessen. Flemming hat für diese , mit endogener Zellen- neubildung einhergehende Abmagerung des Fettgewebes den Namen „Wucher- Atrophie", im Gegensatze zu der einfachen .serösen" Atrophie, ge- wählt. Einen ganz analogen Vorgang hatte schon früher Czajeivicz bei der Entzündung des Fettgewebes beobachtet. Diese nur in ihren auffälligsten Stadien hier geschilderten morphologischen Wandlungen der Fettgewebszellen jsind conform ihrer physiologischen Funktion. Die Fettgewebszelle ist vermöge der reichen Ausbildung des Blutgefäss-Systems innerhalb der Fettgewebsläppchen zu einem sehr ausgiebigen Stoffwechsel befähigt, welchen sie in bestimmten chemischen Umwandlungen der Nahrungsstoffe bethätiget, so lange ihr solche m hinreichender Menge zugeführt werden. Eines dieser Uni- wandlungsprodukte ist das Körperfett, welches, in Folge seines physikalischen Ver- haltens gegen die wasserreiche Zellsubstanz zu Tropfen geballt, in derselben ange- Fettgewebszellen von eiuem aussergewöhn- lich stark abgemagerten 21jährigen Manu aus der Achselhöhle. A. Frisch mit Jodserum zerzupft. (Hartnaok, Immers. Syst. X. Ocul. 2.) B. Aus einem Durchschnitt des in Al- kohol erhärteten Gewebes mit Glycerin präparirt. (Hartnack, Syst. IX. Ociil. 2.) 74 Glatte Muskelfasern. sammelt bleibt. Dieses Fett kaun aber innerhalb der Zelle wieder zerlegt werden, wobei diffusible Stoffe entstehen, welche aus der Zelle austreten und in die Lymphe oder in das Blut aufgenommen werden können. Dieser letztere Vorgang, uns be- sonders in die Augen fallend während der Abmagerung des Individuums (wobei nur unzureichende Mengen von Nährstoffen in dem Blute circulii-en) , geht jedoch höchst wahrscheinlich auch bei gutem Ernährungszustande unaufliörlich vor sich, so dass wir uns nicht vorstellen müssen, dass dasselbe Fett in der Fettgewebszelle durch Jahre hin angesammelt bleibe; es findet vielmehr- höchst wahrscheinlich eine fortwährende Zersetzung und Neubildung desselben statt. Es erlangt so die Fett- gewebszelle die Bedeutung eines höchst wichtigen Regulators des thierischen Ge- sammtstoffwechsels. Dass die Bildung von Fett innerhalb der Zelle durch Zerlegung gewisser Nährstoffe (wahrscheinlich der Eiweisskörper) geschieht, findet seine Begründung noch darin, dass gleichzeitig mit 'ihm eine geringe, bei verschiedenen Thieren wechselnde Menge von Farbstoff entsteht, welcher in dem Fett gelöst, im Wasser aber unlöslich ist, und dem Fette die eigenthümliche gelbliche Farbe verleiht. Schwindet das Fett aus der Zelle, so bleibt der Farbstoff in Form einer krüme- ligen Masse zurück, welche, wenn sich wieder Fett bildet, neuerdings gelöst werden kann. In dieser Thatsache liegt zugleich ein sprechender Beleg dafür, dass das Fett nicht als solches die Zelle verlässt, sondern in ihr zerlegt vdrd, da sonst der Farbstoff gleichzeitig aus der Zelle verschwinden müsste. Wenn wir noch weiters berücksichtigen, dass bei höchstgradiger Abmagerung des Organismus in der Fett- gewebszelle Schleim sich entwickelt, so haben wir in ihr eines der lehrreichsten Objekte in Bezug auf den Stoffwechsel der Zelle vor uns. Als eine nicht selten vorkommende Erscheinung möge noch erwähnt werden, dass man in den aus der Leiche entnommenen Fettgewebszellen mitmiter Krystall- nadeln findet, welche sich aus dem Fette abgeschieden haben. Man hält sie für Margarin-Krystalle. Noch häufiger ist dies der Fall, wenn Fettgewebe durch einige Zeit in Alkohol gelegen hatte. Dabei nimmt das Fett eine eigenthümlich krüme- lige Beschaffenheit an (Fig. 16 C). 6) Die Muskelfasern. Die Muskelfasern müssen, ob^^ohl ihre äussere Beschaffenheit zum Theile sehr weit von dem gewöhnlichen Zellentypus abweicht, nichtsdestoweniger den Zellen zugerechnet werden. Sie sind charak- terisirt durch eine stark in die Länge gestreckte Form und durch die Fähigkeit ihrer Substanz, auf gewisse Anregungen hin sich derart activ zu contrahiren, dass eine bedeutende Verkürzung des Gebildes in seiner Längenrichtung und eine entsprechende Vergrösserung seiner Dicken- dimensionen, ohne wesentliche Veränderung der Gesammtgestalt, erfolgt. Die Muskelfasern treten in zwei verschiedenen Formen auf, welche nicht nur morphologisch, sondern auch in der Art ihrer Lebensäusse- rungen so bedeutend voneinander abweichen, dass man sie in zwei Gruppen abzutheilen pflegt, von denen man die eine schlechtweg als glatte^ die andere als quergestreifte Fasern bezeichnet. a) Die glatten Muskelfasern (muskulöse Faserzellen, Kölliker) sind verschieden lange, spindelförmige, an beiden Enden in Spitzen Glatte Muskelfasern. 75 Ficr. 18. zulaufende Gebilde (Fig. 18) von fast homogenem Aussehen. Sie sind keineswegs drehrund, sondern nach einer Seite abgeplattet, wesshalb ihr Querdurchschnitt nicht kreisförmig, sondern als eine ziemlich ge- streckte Elhpse erscheint. Ihre Ränder sind glatt und eben, so lange sie nicht durch die Einwirkung von Reagentien verändert sind. Dies gescliieht indessen durch die meisten jener Methoden, welche wir zu ihrer Isolirung an- zuwenden pflegen. Wenngleich der Leib der glatten Muskelfasern bei unseren gewöhnlichen Untersuchungsmethoden ein ganz homogenes Aussehen zeigt, ist doch durch Zuhülfenahme gewisser Reagentien (Kochsalzlösung lO^'/o) ein deutlich faseriger Bau derselben nachgewiesen worden {Engelmann, KölUker), so dass man sich ihre Substanz aus feinen, parallel lau- fenden Fäserchen oder Fibrillen zusammen- gesetzt denken kann. Dem entsprechend er- weisen sich die glatten Muskelfasern bei der Untersuchung im polarisirten Licht als positiv einaxig doppeltbrechend, wobei die Axe der Längsrichtung der Faser parallel liegt. Jede glatte Muskelfaser besitzt einen Kern (in seltenen Fällen sind auch zwei vor- handen), welcher durch seine langgestreckte, wie man sich auszudrücken pflegt, stähchen- artifje Form so sehr ausgezeichnet ist, dass man sich für gewöhnlich berechtigt hält, aus der Anwesenheit solcher Kerne auf glatte Muskelfasern zu schliessen. Er enthält ein oder zwei glänzende Kernkörperchen. In sei- ner nächsten Umgebung sind häufig einzelne mattglänzende Körnchen in die Substanz der Faser eingelagert. Eine Zellmembran oder überhaupt eine diflPerenzirte Umhüllungsschichte auf ihrer Oberfläche konnte bis jetzt nicht nachgewiesen werden. Die Dimensionen der glatten Muskelfasern erscheinen ausser- ordentlich wechselnd, je nach der 0 ertlichkeit, aus welcher sie zur L^ntersuchung entnommen werden. Die Länge kann nach J. Arnold zwischen 45 und 230 [j., die Breite zwischen 4 und 10 (a schwanken; doch dürften dies namentlich für die Länorendimension noch nicht die äussersten Grenzen sein. Bemerkenswerth ist, dass mit der Länge der Muskelfasern nicht immer auch ihre Breite gleichmässig zunimmt, so Glatte Muskelfasern. A. Aus dem Darm eines Meer- schweinchens (in Chromsäure erhärtet). B. Aus dem Magen des Fro- sches (frisch durch Salpeter- säure isolirt). C. Ebendaher (durch 35proz. Kalilauge isolirt). (Hartnack, Syst. VIII. Ocul. 2.) 76 Quergestreifte Muskelfasern. dass man sehr kurzen und breiten, aber ancli sehr langen nnd schmalen Fasern begegnet. — Nicht selten trifft man, besonders an gewissen 0 ertlichkeiten (Harnblase), glatte Muskelfasern, welche sich nach einem oder beiden Enden hin gabelig theilen. — Eine leichte Querstreifung, welche man in seltenen Fällen an den glatten Muskelfasern nachweisen kann, wird als Contractionsphänomen gedeutet (Meissner, Heidenhain). Die gegenseitige Verbindung der glatten Muskelfasern ist eine sehr innige, so dass es im fi'isclien Zustande nicht leicht gelingt, durch Zerzupfen sie unversehrt zu isoliren. Dies geschieht am besten durch Einlagerung des frischen, jedoch nicht mehr zuckungsfähigen Gewebes in 30 — 35proz. Kalilauge durch etwa 10 Minuten. Dieselbe Kalilauge verwendet man dann als Zusatzflüssigkeit bei der Präparation. Auch ein Gemenge von Salpetersäure und chlorsaurem Kali erleichtert die Isolirung. Bei beiden dieser Methoden erscheinen die Ränder der Muskelfasern leicht ausge- zackt. Gute Präparate erhält man ausserdem durch Zerzupfen von Geweben, welche bis zur Erhärtung in Müller'scher Flüssigkeit oder chromsaurem Kali gelegen sind. In diesem Falle sind die Muskelfasern gelblich, ziemlich starr und spröde geworden und sind besonders leicht an Schnitt]3räparaten zu erkennen, bei welchen auch die verschiedenen Färbemethoden (Piki-ocarmin, Hämatoxylin, Palladiumchlorid) die besten Dienste leisten. Die glatten Muskelfasern sind im Allgemeinen in solchen Körper- theilen vertreten, welche zu Bewegungen befähigt sind, die ausserhalb unserer Willkür liegen; also besonders: in dem Darmkanal (vom Oeso- phagus nach abwärts), in dem Respirationstract (Luftröhre und Bronchial- verästlungen), in dem Grenitalapparat (Gebärmutter, Eileiter, Nebenhoden und Vas deferens, Vorsteherdrüse) ; in dem Harnapparat (Nierenbecken, Harnleiter , Harnblase , Harnröhre) , ferner in dem Blutgefässsystem (Arterien und Venen), in der mittleren Augenhaut und endlich in ver- schiedenen Theilen der Cutis und an manchen ihr eingelagerten Gebilden. b) Die quergestreiften Muskelfasern. Sie stellen lange, schmale, ziemlich regelmässige Cylinder dar, deren hervorstechendste Eigenthüm- lichkeit darin besteht, dass ihre Substanz eine Differenzirung ihrer kleinsten Theile erkennen lässt, welche sich in kurzen, regelmässigen Abständen stets gleichartig wiederholt. Sie erscheinen daher in querer Richtung gestreift oder gebändert. Ausser der weichen, fast flüssigen Substanz, welche der Muskelfaser dieses Aussehen verleiht, finden wir an ihr noch zwei andere Bestandtheile : eine zarte, strukturlose Haut, das Sarkolemma , als Umhüllungsmembran , und eine grössere Anzahl von Kernen. Untersucht man eine Muskelfaser, welche aus einem ganz frischen, noch contractionsfähigen Muskelstücke unter Zusatz von Senmi schonend isolirt Avorden ist; mit starken Vergrösserungen, so nimmt man bei einer bestimmten Einstellung der Mikroskopröhre wahr, dass entlang der ganzen Faser abwechselnd hellere und dunklere Querbänder erscheinen, welche sich bei Drehung der Stellschraube durch die ganze Dicke der Quergestreifte Muskelfasern. 77 Faser gieichmässig erkennen lassen. Die helleren, zugleich die schmä- leren Querbänder zeigen manchmal eine ganz homogene (Fig. 19 A) Beschaffenheit, können aber in anderen Fällen mit einer Anzahl der Quere nach aneinander gereihter feiner Körnchen besetzt sein. Die dunkleren Bänder dagegen sind in regelmässigen Abständen von feinen, hellen, längsgerichteten Streifen durchzogen, so dass sie aus einer An- Fio-. 19. A. Muskelfaser von Hydrophj-lus piceus, frisch mit Iproz. Kochsalzlösung präparirt. (Hartnack, Syst. VIII. Ocul. 3.) B. Muskelfaser vom Frosch nach Behandlung mit Essigsäure. (Hartnack, Syst. VIII. Ocnl. 2.) C. Zwei Muskelfasern vom Frosch nach längerer Einwirkung von Kochsalzlösung; der ge- schrumpfte Inhalt ist von dem Sarkolemma abgehoben. (Hartnack, Syst. VII. Ocul. 2.) D. Aus einem Zupfpräparat eines in Chromsäure erhärteten Muskels (Eichhörnchen); man sieht die Lockerung in dem Zusammenhang der Querscheiben. (Hartnack, Syst. VIII. Ocul. 2.) E. Aus einem Zupfpräparat der Muskulatur eines in Alkohol conservirten Proteus anguineus. Theilweiser Zerfall einer Faser in Fibrillen. (Hartnack, Syst. IX. Ocul. 2.) zahl nebeneinander stehender, länglicher Körperchen zusammengesetzt erscheinen. Diese Körperchen sind in der That als die eigentlichen Ele- mente der Muskelsubstanz zu betrachten, da sie sowohl morphologisch als auch phy.siologisch die wesentlichsten Bestandtheile derselben ausmachen. Sie sind unter dem Namen Fhisclitheilchen (Sarcous elements Boivman) bekannt, und stellen kurze prismatische Säulchen dar, welche insbeson- dere durch ihr optisches Verhalten ausgezeichnet sind. Sie erweisen 78 Quergestreifte Muskelfasern. sich nemlicli unter dem Polarisations-Mikroskope als doppeltbrechende, positiv einaxige Gebilde und unterscheiden sich dadurch von der übrigen, isotropen Substanz des Muskels. Eine weitere Differenzirung lässt sich in den Fleischtheilchen durch das Mikroskop nicht mehr nachweisen; doch erschloss Brücke aus der Unveränderlichkeit ihrer optischen Con- stanten bei Formveränderungen, dass sie noch aus einer Anzahl kleinster Körperchen zusammengesetzt sein müssen, welche die Eigenschaft der doppelten Lichtbrechung besitzen. Diese, vorderhand also hypothetischen Körperchen hat Brücke als Bisdiaklasten^) bezeichnet. Man hat sich nun die Sarcous elements so angeordnet zu denken, dass ihrer viele in einer Ebene nebeneinander gestellt und durch eine geringe Menge von isotroper Substanz zu einer Scheibe verbunden sind, deren Umfang dem Umfang der Muskelfaser gleich ist. Denkt man sich solcher Scheiben, welche somit vorwiegend aus doppeltbrechenden Elementen bestehen, eine grosse Anzahl übereinander gelegt und alle wieder durch eine dünne Lage von isotroper Substanz aneinander ge- halten, so wird durch sie eine cylindrische Muskelfaser aufgebaut, deren quer gebändertes Aussehen durch die wechselweise Uebereinander- lagerung verschieden lichtbrechender Schichten erzeugt wird. Es ist eine interessante Erscheinung, dass man diesen Verband der Sarcous elements durch gewisse chemische Einwirkungen zu lösen vermag, und zwar das eine Mal so, dass die einzelnen Querscheiben isolirt werden, das andere Mal in der Weise, dass die ganze Muskel- faser der Länge nach in eine Anzahl ausserordentlich dünner Fädchen zerfällt, welche sich aus übereinander gestellten Sarcous elements zu- sammengesetzt zeigen. Die erster en (Fig. 19 D) — unter dem Namen Biscs (Bowman), Bowman'' sehe Scheiben bekannt — erhält man zur Ansicht, wenn man ein Stück frischen Muskels durch einige Zeit der Einwirkung einer O'OOlproz. Salzsäurelösung überlässt. Auch der Magen- saft der fleischfressenden Thiere, das Einfrierenlassen der Muskeln be- wirkt den queren Zerfall. Gute Bilder erhält man ausserdem von Muskeln, welche durch längere Zeit in Chromsäure erhärtet worden sind ; die Muskelfasern werden im letzteren Falle sehr spröde und zeigen an Zupfpräparaten häufig eine Lockerung der Querscheiben und eine grosse Neigung, sich diesen entsprechend zu zerbröckeln. Die Auflösung der Muskelfaser in Fädchen — Fibrillen^ PrimitivfibriUen — (Fig. 19 E) gelingt am leichtesten an Präparaten, welche längere Zeit in massig verdünntem Weingeist gelegen sind ; eine Andeutung davon zeigt sich übrigens manchmal an Zupfpräparaten frischer Muskeln an den Riss- enden der Fasern. *) Von Zirj.yXÖM — ich breclae. Quergestreifte Muskelfasern. 79 Die eben erwähnten Thatsachen haben zu verschiedenen Anschau- nngen über den Aufbau der Muskelsubstanz Veranlassung gegeben, indem einige Autoren die Fibrille, andere den Diso als das primäre Formelement der Muskelfaser betrachtet haben. Noch andere haben, und wie es scheint mit Recht, auf das Sarcous dement zurückgegriffen, und stellen sich vor, dass eine Anzahl derselben durch ein Bindemittel, welches in O'OOlproz. Salzsäure u. s. w. löslich, aber in Alkohol un- löslich sei, der Länge nach zu Fibrillen verbunden werden; der Quere nach aber würden die Sarcous elements durch ein anderes, in Alkohol lösliches, in O'OOlproz. Salzsäure jedoch unlösliches Bindemittel zur Scheibe verkittet. Es scheint mir übrigens nicht gerechtfertigt, noch auch zwingend nothwenclig, zwei chemisch differente Bindemittel zu supponii-en ; denn erstens kann man unter gewissen Umständen und bei längerer Einwirkung sowohl des Alkohols als auch der Salzsäure die Muskelsubstanz bis zu den Sarcous elements zerlegen, also so- wohl den Längs- als den Quervei'band derselben lösen, und zweitens tritt die Zer- legimg der Muskelfaser in Scheiben oder Fibrillen nicht stets mit jener Sicherheit und Constanz hervor, welche einer bestimmten chemischen Beziehung der genannten Reagentien zu der isotropen Bindesubstanz zukommen niüsste; drittens endlich scheint es recht wohl möglich, den Zerfall nach der einen oder anderen Richtung aus gewissen CTCstaltveränderungen der Sarcous elements herzuleiten, vermöge welcher ihr Zusammenhang mit dem Bindemittel, nachdem es abgestorben und ebenfalls chemisch verändert ist, in gewissen Richtungen veränderet werden könnte. Diese isotrope Zwischensubstanz , welche .wir uns also bis auf Weiteres durch die ganze Muskelfaser als eine gleichartige vorstellen dürfen, ist an gewissen Stellen etwas mehr angehäuft, und zwar so, dass immer eine Anzahl von Längsreihen der Sarcous elements (Fibrillen) wie von einer stärkeren Hülle von isotroper Substanz umgeben ist. Dies prägt sich bei der Längenansicht der Faser durch eine gewisse, bald mehr bald minder deutliche Längsstreifung aus, an Querschnitten derselben aber, welche man sich zu diesem Zwecke am besten aus ge- frorenen, frischen Muskeln darstellt, in Form von feinen Linien, welche sich zu einem weitmaschigen Netz vereinen {Cohnheini' sehe Felder). Innerhalb derselben sind die punktförmig erscheinenden Sarcous ele- ments gruppenweise eingelagert. Häufig erscheint die isotrope Substanz an diesen Stellen von reichlichen, feineren oder gröberen Punkten durch- setzt, welche von KöUiker als interstitielle Körner bezeichnet wurden. Die im Vorstehenden gegebene Darlegung des Aufbaues der Muskelsubstanz entspricht den Ansichten, wie man sie sich bis vor wenigen Jahren mit einzelnen wenig erheblichen Modifikationen ganz allgemein zurechtgelegt hatte. Seit einiger Zeit, insbesondere seitdem man sich sehr eingehend mit dem Studium der Musku- latur verschiedener Ai-thropoden befasst hat, ist eine ganze Reihe neuer Thatsachen bekannt geworden, welche wohl geeignet sind, die früher gangbaren Voi'stellungen über diesen Gegenstand als ziemlich lückenhaft erscheinen zu lassen. Allerdings 80 Quergestreifte Muskelfasern. sind Avir heilte noch nicht im Stande, an die Stelle derselben etwas Anderes, einiger- massen Abgeschlossenes zu setzen, wenn auch an mannigfachen Hy^jothesen kein Mangel ist. Es handelt sich eben hier um eine sehr schwierige Deutung subtiler Walu-nehmungen , welche schon an der Grenze des uns dermalen Zugänglichen ge- legen sind. Es möge daher das Bemerkenswertheste aus den hierhergehörigen neueren Untersuchungen kurz vorgeführt werden, mit dem Bemerken, dass es der Zukunft überlassen bleiben niuss, an denselben Wahrheit und Irrthum zu unterscheiden. Untersucht man frisclie Muskelfasern von Wasserkäfern unter Zusatz von indifferenten Flüssigkeiten (oder auch solche, welche massig in Alkohol erhärtet worden sind), mit Zuhülfenahme starker Yergrösse- rungen (Immersionssystemen), so gewahrt man zunächst nicht selten, dass die helleren, einfach brechenden Querbänder der Fasern durch eine zarte, quere Linie in zwei Hälften getheilt erscheinen. Durch ver- schiedene Einstellung der Mikroskopröhre kann man sich die Ueber- zeugung verschaffen, dass diese Linie durch die ganze Tiefe der Muskel- faser hindurch sichtbar bleibt, und daher als der optische Ausdruck einer quer durch dieselbe ausgespannten feinen Membran angesehen werden darf. Es ist dies die „Querlinie" (Quermembran) Krause'' s. Man hätte sich demnach vorzustellen, dass eine jede doppeltbrechende Quer- schichte sammt der oben und unten sich anschliessenden Hälfte der isotropen Querschichte zwischen zwei, durch die ganze Breite der Muskel- faser ausgespannte Häutchen zu liegen komme , und dass durch die letzteren die ganze Muskelfaser in viele übereinanderliegende Fächer abgetheilt werde. Ein jedes von diesen wird nach Krause's Angaben wieder in eine grössere Anzahl von kleineren Fächern abgetheilt, da- durch, dass ein jedes Sarcous element für sich von einer membranösen Hülle eingeschlossen ist, welche nach einer Seite an der Quermembran festhaftet. Krause nannte diese letzteren, kleinen Fächer ^Muskel- Jcästchen^ . und gab folgende Darstellung vom Bau der Muskelsubstanz : Ihr Grundelement ist das Muskelkästchen ; an jedem derselben kann — gewissermassen als Boden — eine „Grundmembran^ , d. i. der ent- sprechende Theil der Quermembran, und als seitliche Wandung eine in sich geschlossene und mit der Grundmembran verwachsene ^Seiten- membran^ unterschieden werden. Das Muskelkästchen stellt somit einen länglichen Behälter von polygonalem Querschnitt dar, welcher nach oben keine besondere Wan- dung besitzt, sondern von der Grundmembran des nächstfolgenden Muskelkästchens bedeckt wird. Ein jedes Muskelkästchen enthält in sich ein anisotropes ^ Muskelprisma'^ (identisch mit dem Sarcous element), welches aber nicht den ganzen Raum des Kästchens einnimmt, sondern von den membranösen Wänden desselben durch eine isotrope „Muskel- kästchenflüssigkeif^ abgehoben ist. Durch das Neben- und Uebereinander- ordnen dieser Muskelkästchen lässt sich sonach der mikroskopische Quergestreifte Muskelfasern. 81 Befand an der Muskelfaser erklären : Die Grundmembranen aller in einem Querschnitt der Faser enthaltenen Muskelkästchen bilden zu- sammen die „Quermembran". Als Ausdruck der „Seitenmembranen" erscheint die zarte, zwischen den Muskelprismen wahrnehmbare Längs- streifung der Faser; die Muskelkästchenflüssigkeit repräsentirt, soweit sie beiderseits den Grundmembranen anliegt, die isotropen Querschichten der Faser; soweit sie zwischen „ Seitenmembran * und „ Muskelprisma " eingeschoben ist, das quere Bindemittel der Sarcous elements nach der älteren Anschauung. Eine Anzahl über einander gestellter Muskelkästchen bilden die Fibrille, mehrere derselben neben einander gestellt, unter Verschmelzung ihrer Grundmembrauen, eine Muskelscheibe. Fast zu derselben Zeit, als Krause seine Untersuchungen mittheilte, hatte Hensen die Beobachtung gemacht, dass die anisotropen Schichten der Muskelsubstanz der Quere nach von einem schwächer lichtbrechenden Streif durchzogen werden, durch welchen eine jede derselben in zwei über einander gelegene Hälften zerlegt erscheint. Hensen deutete diesen Streif als den Ausdruck einer besonders differenzirten Schichte der Muskelsubstanz, welcher er den Namen „ Mittelscheibe'^ beilegte. Die- selben würden also quere Scheidewände in der Muskelfaser formen, von denen je zwei der Reihe nach: die halbe Höhe einer anisotropen Querschichte, eine ganz isotrope und wieder die Hälfte der nächst- folgenden anisotropen Querschichte zwischen sich fassen. Hensen ver- ghch den Aufbau der Muskelfaser mit dem einer Volta'schen Säule, wobei die Filzplatte durch die isotrope Substanz , die Metallplatten durch die beiden Hälften je einer anisotropen Querschichte vertreten sein Avürden. Die Mittelscheibe wäre als eine in der Zusammensetzung der Volta'schen Säule nicht vorkommende Scheidewand zwischen den Metallplatten eines jeden einzelnen Elementes aufzufassen. Die Arbeiten der beiden A^orgenannten Forscher gaben den An- stoss zu einer lebhaften Controverse, im Laufe welcher sich leider eine ganz ausserordentliche Divergenz in den Anschauungen der vielen daran betheiligten Forscher herausbildete. Es sei hier von denselben nur die Darstellung MerkeVs erwähnt, welcher, wie es scheint, die thatsächlichen Verhältnisse am treuesten geschildert und am glücklichsten gedeutet hat. Zunächst fand Merkel^ dass an Stelle der einfachen „Quermem- bran" Krauses zwei ganz nahe an einander gelegene, durch eine äus- serst geringe Menge von Kittsubstanz geschiedene Membranen vorhanden sind, welche die Muskelfaser der Quere nach durchziehen; er nannte dieselben „Endscheiben", weil eine jede von ihnen die Grenze eines ^ AJiiskelelementes'^ — entsprechend einem Krause'^ sehen Muskelkästchen, — abgibt. Ein solches einfaches Muskelelement besitzt nach Merkel die Form eines CyHnders, dessen Mantel durch die „Seitenmembran", Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. (3 82 Quergestreifte Muskelfasern. — Kerne. "und dessen Endflächen jederseits durch eine „ Endscheibe " gebildet werden. Dieser geschlossene Cylinder ist durch die „Mittelscheibe ", welche mit der Seitenmembran verwachsen ist, in zwei völlig getrennte Fächer getheilt, deren jedes eine festweiche, contractile Substanz nebst einer indifferenten Flüssigkeit enthält. Die Lagerung der contractilen Substanz verändert sich, nach Merkel' s Ansicht, bei der Zusammen- ziehung der Muskelfaser gegenüber dem Zustand der Ruhe. Im letz- teren Falle (Fig. 20 A) liegt die contractile Substanz in beiden Fächern eines Muskelelementes unmittelbar der Mittelscheibe an, die indifferente Flüssigkeit ist in der Gegend der Endscheiben angesammelt. Im Zu- stande der Conträction haben die Inhaltsmassen des -big. 20. Muskelelementes den Platz gewechselt, indem in ^ beiden Fächern desselben die contractile Substanz an die Endscheibe verrückt ist, die indifferente -^ Flüssigkeit aber beiderseits der Mittelscheibe an- lagert (Fig. 20 B). Diese Lageveränderung der |— -c Theilchen wird durch ein Zwischenstadium ver- ^-— c mittelt, in welchem die Inhaltsmasse des Muskel- _ e elements völlig homogen erscheint, indem die con- ■e tractile Substanz mit der indifferenten Flüssigkeit " innig vermengt ist. * lieber das Verhalten der Muskelsubstanz gegen- p über chemischen Einflüssen ist dem bereits Erwähn- ten noch Folgendes hinzuzufügen : Kaustische Al- lung zweier „Muskeieie- kalicn in Verdünntem Zustande zerstören dieselbe mente". Copie nach , ■, i n i .. t • • i • Merkel. Sehr rasch und vollständig ; m gewissen concentrir- Knie ^°B lim^'z'us^tande tcrcu Lösungcii bleibt jedoch die Muskelsubstanz ^^c^co'ii^trTctiie'- dop- i^iehr weniger intact, so dass insbesondere eine stanz^^der^Faser^e End- Kalilauge vou 35 ^/o ein geeignetes Isolirungsmittel scheite, m Mittelscheibe, f^j, Muskelfasem abgibt, in welchem dieselben ziemlich lange erhalten bleiben können. Die Ver- änderungen , welche die frische Muskelsubstanz durch den Einfluss verdünnter Säuren erleidet, machen sich, abgesehen von der Quellung und Vermehrung der Durchsichtigkeit, insbesondere durch das theil- weise Verschwinden der Querstreifung und durch ein deutlicheres Her- vortreten der Längsstreifung bemerkbar. Bei etwas längerer oder stärkerer Einwirkung löst sich die Muskelsubstanz vollständig auf. Die verdünnte Essigsäure , vorsichtig dem Präparate zugesetzt, ist auch das beste Mittel , um die Muskelkerne deutlich zu machen. Mitunter schon in ganz frischem Zustande als helle, ovale Stellen zer- streut an den Muskelfasern angedeutet, stellen sie sich nun in Form von gestreckten, ellipsoidischen , von einer Seite her etwas 'abgeplatteten Quei'gestreifte Muskelfasera. — Sarkolcmnui. 83 Körperchen dar, welche 8 — 13 [J. in der Länge und 3 — 4[i in der Breite messen und neben mehreren feinen Körnchen ein oder zwei charakte- ristische Kernkörperchen zeigen. In ihrer nächsten Umgebung ist häufig eine etwas stärkere Anhäufung von interstitiellen Körnern be- merkbar. Alle Kerne sind mit ihrer Längsaxe der der Muskelfaser gleichgerichtet und liegen bei dem Menschen und bei den Säugethieren unmittelbar unter dem Sarkolemma; bei Amphibien, Fischen und auch bei den hühnerartigen Vögeln sind sie durch die ganze Dicke der Muskelsubstanz zerstreut. Eine Regelmässigkeit ihrer Anordnung ist in beiden Fällen nicht erkennbar. In auffallend grosser Menge finden sie sich an den Endstücken der Fasern (Froriep). Von den übrigen Eio^enschaften der Muskelsubstanz ist beson- ders ihre Contractionsfähigkeit von grosser Wichtigkeit. Leider sind die dabei stattfindenden histologischen Veränderungen nicht mit hin- reichender Sicherheit erforscht, ja man ist nicht einmal darüber einig, ob die Sarcous elements oder die isotrope Zwischensubstanz das eigent- lich Contractile seien. Während Brüche, Engelmann und Andere die Verkürzung des Muskels einzig und allein auf eine Verkürzung und entsprechende Verbreiterung der Sarcous elements zurückführen, be- haupten viele Autoren {Krause, Merkel u. s. w.), dass dieselben sich bei dem Contractionsvorgange in ihren Dimensionen gar nicht verändern ; dass vielmehr eine eigenthümliche Umordnung der beiden Substanzen (siehe oben) vor sich gehe, welche mit Verdünnung der isotropen Quer- streifen verbunden ist {Krause). Das Sarkolemma*) stellt, wie schon erwähnt, einen in sich ge- schlossenen Schlauch dar, welcher aus einer elastischen, glashellen, ihrer chemischen Constitution nach noch nicht genauer erforschten, strukturlosen Substanz besteht und allseitig und innig der contractilen Muskelsubstanz anliegt. Dasselbe kann in überzeugender Weise nur demonstrirt werden, wenn es aus irgend einem Grunde von der Muskel- substanz abgehoben ist. Am besten und jederzeit gelingt dies, wenn man Muskelfasern vom Frosche oder anderen kaltblütigen Thieren nicht zu lange Zeit nach dem Tode unter Zusatz einer 0"5 proz. Kochsalzlösung vorsichtig isolirt mid das Präparat durch etwa eine halbe Stunde lang vor Verdunstung geschützt stehen lässt. Man sieht während dieser Zeit, wie sich die Substanz des Muskels an den Rissenden allmälig zusammen- zieht und verdichtet?, was natürlich eine Dehnung derselben im Innern der Faser zur Folge hat. Ist diese Dehnung bis zu einem gewissen Grade gediehen, so sieht man, wie nahe dem Ende der Faser, zuerst gewöhnlich an einer Seite, Einrisse in der Muskelsubstanz entstehen, dann aber plötzlich ein vollständiges Abreissen der äussersten verdichteten Parthieen erfolgt, so dass man eine Strecke von 50—80 ft *) Yj oäpl das Fleisch und zb XE[j,|j.a die Rinde, die Hülle. 84 Quergestreifte Muskelfasern. — Form und Grösse. weit den Sarkolemmsclilaucli vollkommen frei von Muskelsubstanz findet. In günsti- gen Fällen wiederholt sich dieses Abreissen von Stelle zu Stelle, bis man nach. Verlauf von etwa einer Stunde den ganzen Inhalt eines Muskelfaserstückes zu mehi-eren, in einer gewissen Entfernung von einander stehenden Klumpen geballt findet, zwischen denen je der mit klarer Flüssigkeit erfüllte Sarkolemmschlauch hingespannt ist. In anderen Fällen zieht sich bei derselben Behandlung die ganze Muskelsubstanz zu einem verdichteten Strang zusammen, welcher sich an seiner ganzen Peripherie von dem Sarkolemma, welches so ebenfalls deutlich sichtbar wird, abhebt. Der Grund dieser ebenso auffallenden als lehrreichen Erscheinung mag wohl in dem Eintritt der Todtenstarre zu suchen sein (Fig. 19 C). In anderer Weise kann man manchmal dm'ch Zufall zur Ansicht des Sarko- lemmas gelangen, wenn beim Zerzupfen die Muskelsubstanz an Stellen einreisst, wo das Sarkolemma erhalten geblieben ist ; oder auch bei Zusatz von Wasser, wenn sich durch Imbibition an irgend einer Stelle ein Zwischem-auni zwischen Sarkolemma imd Muskelsubstanz gebildet hat. Ein gutes Hülfsmittel bietet auch die verdünnte Essigsäure dar; indem das Sarkolemma sich in ihr nicht verändert, die Muskel- substanz aber unter starker Aufhellung bedeutend quillt , fliesst die letztere an den offenen Rissstellen der Faser aus (Fig. 19 B) und der Rand des Sarkolemmas tritt als glänzender Ring am Ende der Faser deutlich hervor. Bei längerer Einwirkung kann sich die Muskelsubstanz immer mehr verflüssigen und sich zum grossen Theile entleeren, wobei auch entlang den Seitenwänden der Faser das Sai-kolemma auf lange Strecken hin leicht sichtbar wird. Zu ganz ähnlichen Resultaten gelangt man durch Verdauung dünner Muskelpartikelchen mit Tiypsin. Die quergestreifte Muskelfaser als Ganzes stellt nun einen langen Cylinder dar, welcher an seinen beiden Enden entweder coniscli zu- gespitzt oder leicht abgerundet erscheint. Der Dickendurchmesser schwankt in beträchtlichen Grenzen, sowohl bei verscliiedenen Thier- klassen, als auch an einem und demselben Individuum an verschiedenen Stellen. Für den Menschen beträgt er 15 bis zu 50 [i. Die Muskulatur des Gesichtes und der Haut überhaupt enthält meist dünnere Fasern als die des Stammes und der Extremitäten. Uebrigens kommen in einem und demselben Muskel Schwankungen um das Doppelte des Durchmessers zur Beobachtung. Die Länge der quergestreiften Muskel- fasern verhält sich so, dass in kurzen Muskeln jede Faser durch die ganze Länge desselben verläuft. In den langen Muskeln jedoch reichen die Fasern nicht immer so weit, als wie die makroskopisch sichtbaren Bündel derselben; sie sollen nach W. Krause niemals die Länge von 4 Cm. übersteigen. Neueren Angaben Froriep's zufolge erreichen sie aber wenigstens in einzelnen Muskeln (M. sartorius des Menschen) eine weit grössere Länge. Im Allgemeinen sind die Muskelfasern in ihrem ganzen Verlauf unverzweigt. Jedoch finden sich auch dichotome Ver- ästlungen derselben an der Zunge , an den Augenmuskeln und ins- besondere am Herzfleisch, wo ausserdem sehr dichte und zahlreiche, netzartige Verbindungen der Fasern vorkommen. Die Muskelfasern des Herzens zeigen aber auch noch andere, sehr Quergestreifte Muskelfasern. — Verbreitung, Entwicklung. 85 bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten. Ohne auf die verschiedenen Verhältnisse bei den niederen Wirbelthierklassen einzugehen, sei hier nur das Verhalten bei Säugethieren und Menschen berücksichtigt. Bei einer sehr geringen , 20 [x nicht übersteigenden Breite der Faser ist ihre Substanz in der Regel weniger durchsichtig, häufig mit zahlreichen feinsten, reihenartig geordneten Körnchen durchsetzt, die Längsstreifung stark hervortretend. Ein Sarkolemma konnte an ihnen bis jetzt nicht sicher nachgewiesen werden. Die einzelnen Fasern sind verhältniss- mässig kurz (GO— 75 \t.), und gewöhnlich nur mit einem einzigen rund- lichen oder ovalen Kern versehen, welcher in der Mitte ihrer Substanz gelegen ist. Sie besitzen eine grosse Neigung, der Quere und der Länge nach zu zerfallen, so dass man an Zupfpräparaten sowohl vom frischen Herzfleisch, als auch nach Behandeln desselben mit 30— 35proz. Kalilaugelösung meist nur kleine Fragmente isolirt erhält. Trotzdem kann man bei der letzten Behandlungsmethode an vielen Stellen die Abgrenzung der einzelnen Fasern durch helle, glänzende Querlinien noch deutlich erkennen. Besonders gut gelingt dies nach Imprägnation des Herzfleisches mit salpetersaurem Silberoxyd, wodurch die Grenz- linien schwarz gefärbt werden. TJehergangsformen von glatten zu quergestreiften Muskelfasern kommen bei Menschen und Säugethieren nicht vor, wohl aber bei den niederen Thierklassen und insbesondere bei Wirbellosen. Die Verbreitung der quergestreiften Muskelfasern erstreckt sich auf die eigentliche Skeletmuskulatur des Kopfes, des Stammes und der Extremitäten, auf gewisse Theile der Sinnesapparate (Muskeln des Gehörorganes , äussere Augenmuskeln), auf den Anfangstheil des Di- gestions- und Respirationstractes (Zunge, Rachen, ein Theil der Speise- röhre, Kehlkopf) und auf das äussere Genitale. Von dem Gefässsystem besitzt nur das Herz quergestreifte Fasern. Um die Bedeutung der quergestreiften Muskelfasern als elementare Baumittel und ihre Stellung zu der Reihe der verschiedenen Zellenarten richtig zu würdigen, muss die ursprüngliche Entwicklung derselben zu Rathe gezogen werden. Sie ent- stehen aus Elementen des Archiblast, und zwar so, dass eine jede Muskelfaser aus einer einzigen rundlichen Zelle hervorgeht, welche spindelförmig auswächst und vorerst nur emen einzigen Kern enthält. Mit der Verlängerung der Zelle geht zu- gleich eine rasche Vermehrung der Kerne durch fortgesetzte Theilung vor sich. Die charakteristische DifFerenzirung der Muskelsubstanz und die Sonderung der Sarcous Clements ist ein secundärer Vorgang, welcher zuerst in den peripheren Theilen der spindelförmigen Fasern sich bemerkbar macht ; eine centrale Axen])arthie der Muskel- fasern erhält sich im Embryo durch längere Zeit in vollkommen homogenem Zu- stande. Man kann sich hiervon leicht die Ueberzeugung verschaffen, wenn man an sehr jungen Embryonen, am besten an in Chromsäure erhärteten Froschlarven, Querschnitte durch einen Muskel anfertigt. Die Zellkerne, bis nun in der Mitte der Muskelsubstanz gelegen, schieben 86 Quergestreifte Muskelfasern; Muskelkörperclien. — Nervenfasern. sich allmälig mehr und mehr zur Seite. In ihrer unmittelbaren Umgebung erhält sich eine gewisse Menge des ursprünglichen, formlosen Protoplasmas durch das ganze Leben, so dass die Kerne weder mit dem Sarkolemma, noch mit der doppelt- brechenden Muskel Substanz in unmittelbarer Berührung sind. Diese so durch die ganze Länge der Muskelfaser zerstreuten Reste von nicht differenzirtem Protoplasma erscheinen unter ungefähr sphidelförmiger Gestalt und stehen durch dünne, faden- artige Ausläufer unter einander in Zusammenhang ; in der Mitte der Spindel befindet sich der Kern. — Diese Bildungen (wohl auch als ZiviscJiensuhstanz der Muskelfasern bezeichnet) sind es, auf welche M. Schnitze in einem berühmt gewordenen Aufsatze den Namen ^MusJcelkörperchen"' übertragen hat, ein Name, welcher vorher meist für die Kerne allein in Gebrauch stand; sie sind es auch, welche die sogen, intersti- tiellen Kömer in sich enthalten, so dass wir nun berechtigt sind, den letzteren dieselbe Bedeutung zuzuschreiben, welche den körnigen Einlagerungen in das Proto- plasma überhaupt zukommt. Diese Muskelkörperchen im obigen Sinne erlangen besonders in pathologischen Zuständen (Fettmetamorphose, Entzündung des Muskels) eine grosse Bedeutung ; ob es aber zweckmässig oder nothwendig ist, sie als eigen- berechtigte Zellenindividuen aufzufassen, wie es M. Schnitze gethan hat, dürfte noch nicht endgültig entschieden sein. Auch über die Bedeutung des Sarkolemmas ist man nicht ganz einig. Wäh- rend Kölliker dasselbe als wahre Zellmembran auffasst, welche zugleich unter Ver- längerung der Faser weiter wächst, sind die meisten neueren Autoren geneigt, es als eine secundäre Auflagerung, von der bindegewebigen Umgebung herrührend, zu deuten. Gegen die erstere Ansicht könnte man nur das als thatsächlichen Einwand vorbringen, dass die embryonalen Anlagen der Muskelfasern eine Zellmembran nicht erkennen lassen und zweifelsohne auch nicht besitzen. Mehrfache Erfahrungen lehren aber, dass sich Zellmembranen überhaupt erst früher oder später im Verlaufe des Lebens der Zelle bilden. Für die letztere Ansicht führt Froriep an, dass sich das Sarkolemm, ähnlich den Gebilden der Bindesubstanz, beim Kochen mit Säuren auflöse. Wenn wir indessen auch die Bedeutung des Sarkolemmas vorderhand unent- schieden lassen, so ersieht man schon aus den vorstehenden kurzen Andeutungen, dass eine jede Muskelfaser als das Derivat einer einzigen Bildungszelle zu betrachten ist, deren Protoplasma sich zum grössten Theile in eigenthümlicher Weise umge- wandelt und deren ursprünglich einfacher Kern sich vervielfältigt hat. Nur die Einzelnfasem der netzförmigen Herzmuskulatur bleiben zumeist einkernig. 7) Die Nervenfasern. Sie stellen lange, theils sehr einfach, theils complicirter gebaute, Fasern ähnliche Elementartheile dar, als deren Charakteristik im All- gemeinen nur ihr Vorkommen in den verschiedenen Bestandtheilen des Nervensystems und ihre physiologische Bedeutung als Leitungswege nervöser Erregungsvorgänge angeführt werden kann. lieber ihre Stel- lung im histologischen System ist man noch nicht ganz im Klaren. Während man früher allgemein annahm, dass sie aus einer Verschmel- zung reihenartig hintereinander gelagerter Zellen, unter eigenthümlicher Modificirung der Substanz derselben, hervorgehen, haben viele neuere Beobachter diese Annahme, als einer sicheren Grundlage entbehrend, zurückgewiesen. Nervenfasern; Formen derselben. — Markhaltige Nervenfasern. 87 Nach gewissen Verschiedenheiten des Baues muss man mehrere Formen von Nervenfasern unterscheiden, vs^elche jedoch nicht einer Abtheikmg der sämmtlichen Nervenfasern in bestimmte voneinander getrennte Gruppen entsprechen, wie es etwa bei den Muskelfasern der Fall ist. Es kann vielmehr eine und dieselbe Nervenfaser an ver- schiedenen Stellen ihres Verlaufes einen verschiedenen Bau zeigen und daher an der einen Stelle dieser, an einer andern Stelle einer andern Form angehören; ja es ist dies sogar bei den meisten Nervenfasern thatsächlich der Fall. — Bei der der Masse nach am meisten verbreiteten Form von Nervenfasern, welche man mit dem Namen der markhaUigen bezeichnet, verläuft der ganzen Länge der Faser nach ein centraler Faden, welcher durch Purkinje entdeckt und seither als Axencißinder (Axen- faser) bekannt ist. Dieser muss nach Allem, was wir bisher wissen, als das wesentlichste Substrat der physiologischen Thätigkeit der Nerven- fasern aufgefasst werden, und auch morphologisch bildet er, wenn auch nicht immer den auffallendsten, so doch den constantesten und wesentlichen Bestandtheil derselben. Die verschiedenen Formen der Nervenfasern kommen nur dadurch zu Stande, dass der Axencylinder entweder verschiedene Umhüllungen erhält (Nervenmark und Schwann- sche Scheide), oder aber dieser zum Theil oder ganz entbehrt, nackt ist, endlich sich in kleinere Fäserchen (Primitivfibrillen) zerspalten kann. Von rein histologischen Gesichtspunkten aus scheint es mir noch immer zweckmässig, an der althergebrachten Eintheilung sämmt- licher Nervenfasern in zwei Hauptformen festzuhalten, trotzdem sie in neuerer Zeit als nicht mehr ganz entsprechend erachtet worden ist. Wir unterscheiden also zunächst markhaltige und marklose Nervenfasern. a) Die markhaltigen Nervenfasern. Zerzupft man einen be- liebigen Nerven einer Extremität von einem eben getödteten Thiere (am besten vom Frosche) sehr rasch und ohne jede Zusatzflüssigkeit, so erhält man leicht eine grosse Anzahl langer Fasern zur Ansicht, welche sich durch ihr optisches Verhalten bei der mikroskopischen Untersuchung sehr auffällig von allen anderen Baumitteln des Körpers unterscheiden. Sie zeigen sich als vollkommen glatt und eben con- tourirte, verschieden breite, ganz homogene Streifen oder Bänder, welche einen eigenthümlich matten, fettartigen Glanz besitzen. Lässt man nun, während man solche Fasern beobachtet, irgend eine wässerige Flüssigkeit von der Seite her zu dem Präparate zuströmen, so bemerkt man in dem Momente, als die Flüssigkeit mit der Faser in Berührung tritt, eine auffällige Veränderung ihres Aussehens. Es scheiden sich zuerst in den äussersten Schichten der Faser weiss glänzende Streifen und Tröpfchen ab, welche zum Theil alsbald confluiren, zum Theil aber 88 Markhaltige Nervenfasern ; Markscheide. in den mannigfaltigsten Zeiclinungen durcli die ganze Dicke der Faser sich ausbreiten ; manchmal bewahrt die mittlere Parthie der Faser durch längere Zeit ein mehr homogenes Aussehen, In diesem letzteren Zustande erhält man die Nervenfasern jedesmal, so oft man unter Bei- hülfe einer sogen, indifferenten Flüssigkeit oder 0*5 — Iproz. Chlor- natriumlösung zerzupft. Sie stellen jene Typen der markhaltigen Nervenfasern dar, vs^elche man als dunkelrandige , doppelt contourirte Fig. 21. A Markhaltige Nervenfasern aus dem Schenkelnerven des Frosches, frisch mit Iproz. Kochsalzlösung präparirt; hreite und schmale Arten. B Markhaltige Nervenfaser aus derselben Quelle nach Zusatz von absolutem Alkohol. C Zwei markhaltige Fasern aus dem Plexus nerv, sacral. des Menschen , nach naehrtägiger Einwirkung von Müller' scher Flüssigkeit auf denselben. Bei der linken Faser ist am unteren Ende die Scinvann' sehe Scheide sichtbar, in beiden, sowie in B der Axencylinder deutlich erkennbar. D Marklose (EemaV sehe) Nervenfasern aus dem sympath. Grenzstrang des Menschen. (Hartnack Syst. VIII, Ocul. 2.) Fasern bezeichnet. Die ganze Erscheinungsweise dieser Fasern rührt von einem Bestandtheile derselben her, dem Nervenmark (Myelin)^ welches wie eine Hülle (daher auch Markscheide genannt) den Axen- cylinder allseitig umgibt. Im frischen unveränderten Zustande eine vollkommen gleichartige, strukturlose, flüssige Masse, welche wegen ihres bedeutenden Gehaltes an fettartigen Bestandtheilen einen starken Lichtbrechungs-Index besitzt, wird das Nervenmark bei Hinzutritt einer wässerigen Flüssigkeit sofort von dieser durchdrungen und in ver- schiedene grössere oder kleinere Partikel zerlegt. Markhaltige Nervenfasern; Markscheide. 89 Fig. 22. Dieser Vorgang, gewöhnlich als Gerinnung des Nervenmarkes bezeichnet, muss vielmehr als eine Art von Emulsionirung desselben betrachtet werden, wobei die einzelnen von einander getrennten Tropfen je nach der Dicke der Nervenfaser und sonstigen Umständen eine verschiedene Gestalt annehmen. An den breiten Nervenfasern legen sich die Marktropfen gewöhnlich flach an einander und sammeln sich zum grossen Theile an der Peripherie der Faser an, wesshalb dieselbe, ent- sprechend der bedeutenden Verschiedenheit des Lichtbrechungsvermögens der Mark- tropfen gegenüber dem der wässerigen Zusatzflüssigkeit, von einem breiten, dunkeln Contour begrenzt erscheint. Ausserdem sind im Innern der Faser in regelloser Folge Tröpfchen der verschiedensten Gestalt erkennbar. Dünnere Fasern unter- scheiden sich durch einen schwächeren dunklen Contom-, und häuflg auch dadurch, dass die einzelnen Tröpfchen des Nervenmarkes in spindelförmiger Gestalt, nahe an einander gereiht, der Nervenfaser auf längere Strecken hin eine flach gekerbte Begrenzung verleihen — eine Erscheinung, welche man auch mit dem Ausdruck Varicositäfen der Fasern bezeichnet. An den Rissenden der Nerven- fasern sieht man gewöhnlich ein Klümpchen von Markflüssigkeit, aus einem oder mehreren Tröpfchen bestehend, ausgeflossen, und zwar mit denselben Charakteren, welche wir eben an ihnen kennen gelernt haben. Diese Beschaffenheit der Markscheide erhält sich so lange, bis sie nicht durch chemische Veränderiingen ihrer Substanz auch eine Veränderung ihrer optischen Be- schaffenheit erleidet. Dies geschieht zunächst durch alle jene Chemikalien, welche die fettigen Bestandtheile des Markes zu lösen vermögen, als : absoluter Alkohol, Aether, Chloroform, Benzin u. dgl. Es verliert durch deren Ein- wirkung die Nervenfaser ihre stark lichtbrechenden Eigenschaften, daher auch ihren dunkleren Contour, die Markscheide nimmt eine feinkörnige, mehr weniger durchsichtige Beschaffenheit an (Fig. 21 B). Auch Zusatz ^'*ocuii^2!)^"^' von Essigsäure zu frischen Nervenfasern benimmt der Markscheide ihre starke Lichtbrechung; ihre einzelnen Theilchen werden trüb und weniger durchsichtig , oft wie von feinen Körnchen oder Streifen durchsetzt. Aehnlich wirkt Chromsäure und chromsaures Kali, deren längere Einwirkung die Substanz des Nervenmarkes erhärtet und äusserst bröcklig macht. Bei Behandlung mit Ueberosmiumsäure zerfällt das Nervenmark häufig auf längere Strecken der Fasern hin in eine grosse Zahl kleiner Bruchtheile von ziemlich gleichmässiger Grösse. Sie erscheinen etwa nach Art einer Reihe von in einander gesteckten Trichtern geordnet und werden als Lauter mann' sehe Marksegmente bezeichnet. Wenngleich sie mitunter auch an möglichst frisch untersuchten Nervenfasern zur Beobachtung kommen , kann man sie doch keinesfalls auf eine prä-- formirte Struktur der Markscheide beziehen, sondern muss sie als eine postmortale Veränderung derselben betrachten. Markhaltige Nervenfasern des Frosches mit Lantermann sehen Segmenten. Osmiumsäure. 90 Markhaltige Nei-venfasem ; Axencylinder. Der Axencylinder erscheint (am besten nach Einwirkung von absolutem Alkohol oder Chloroform) *) als ein matt glänzender, heller, gewöhnlich strukturloser Faden, welcher von glatten und ebenen Con- touren begrenzt ist, meist in der Mitte der Faser hinzieht, manchmal aber, besonders an Stellen, wo die Faser gekrümmt ist, auch nahe der Peripherie zu liegen kommt. An solchen Objekten scheint der Axen- cylinder einen ziemlichen Grad von Festigkeit und Starrheit zu besitzen, da er meist geradlinig oder in weiten Bögen verläuft, selten gekrümmt ist und niemals wellen- oder lockenförmige Krümmungen zeigt. Dafür spricht auch der Umstand, dass er häufig unverletzt bleibt, wenn auch die übrigen Bestandtheile der Faser zerrissen worden sind. Es ist dies besonders auffällig, wenn der Nerv vor dem Zerzupfen durch einige Tage in einer dünnen Lösung von chromsaurem Kali gelegen war. Man sieht dann häufig den Axencylinder aus den Rissenden der Nerven- fasern hervorstehen (Fig. 21 C), oder kann auch isolirte Axencylinder auf längere Strecken verfolgen. Allerdings lässt sich hieraus kein Schluss auf die Consistenz des Axencylinders im lebenden Zustande ziehen. Ueber die Struktur des Axencylinders sind die Ansichten derzeit getheilt. So viel ist sicher, dass man manchmal, aber gerade nicht in der Mehrzahl der Fälle, mit Hülfe sehr starker und guter Objektiv- systeme eine feine Längsstreifung an ihm wahrnehmen kann. Während nun einige Autoren — voran M. Schnitze — dies als den Ausdruck einer fibrillären Zusammensetzung des Axencylinders betrachten, legen viele Andere kein besonderes Gewicht darauf und glauben vielmehr, dass der Axencylinder ein röhrenförmiges Gebilde sei (seit Remak), dessen Wandung (Scheide des Axencylinders) aus einer feinen struktur- losen Membran, und dessen Inhalt aus einer homogenen, festweichen, oder dickflüssigen Substanz bestehe. Die Längsstreifung des Axen- cylinders wäre dann durch feine Faltungen der Scheide zu erklären. Eine zarte Querstreifung des Axencylinders , welche nach Behandlung mit Silbersalpeter stellenweise auftritt {Frommann) , ist in ihrer Be- deutung noch unbekannt. Eine sehr instruktive Ansicht des Axencylinders erhält man an Querschnitten von Nerven, welche man in Chromsäure oder in Ueber- osmiumsäure erhärtet hat (Fig. 23). Es zeigt sich da der Axencylinder als kreisrunder oder elliptischer Fleck, welcher entweder central oder auch etwas excentriscJi in dem einer jeden Nervenfaser entsprechenden, ringförmigen Durchschnitt eingelagert ist. Man kann hieraus auf die Form des Axencylinders schliessen , welche dem entsprechend bald *) Der grossen Flüchtigkeit dieser Substanzen wegen benützt man wolil mit Vorliebe eine ätherische Lösung von Collodium. I Markhaltise Nervenfasern ; Sdiivann sehe Scheide. — Kaliberverhältnisse. 91 Fio-. 23. 'iivm^^--^ A drehrund, bald etwas abgeplattet i.st. Auch die Dicke desselben zeigt sich nicht immer gleich. Der dritte Bestandtheil der markhaltigen Nervenfasern — die Schicannsche Scheide (Prhnitivscheide, Keurilemma) — ist ein zartes, struk- turloses Häutchen, welches die ganze Nervenfaser umgibt und ziemlich zahlreiche längliche Kerne enthält. An frischen Nervenfasern ebenso Avenig als wie der Axencylinder zu erkennen , lässt sich die Schicann- sche Scheide am besten durch Zerzupfen von Chromsäure-Präparaten demonstriren , bei welchen das bröcklig gewordene Mark durch die Rissenden der Fasern ausge- fallen und die etwas erhärtete Scheide als leerer Schlauch eine kleine Strecke weit sicht- bar bleibt. Auch Essigsäure- zusatz zu Zupfpräparaten fri- scher Nerven bewirkt ab und zu ein streckenweises Abheben der Schicann sehen Scheide von dem veränderten Marke, und gestattet mitunter die Erken- nung der sonst nur durch Färbe- mittel (Hämatoxvlin) deutlich darzustellenden Kerne. Die markhaltigen Nerven- fasern als Ganzes stellen also lange cylindrische Röhren dar, deren Wandung die kernhaltige Schwann' sehe Scheide bildet, und deren Inhalt aus dem flüs- sigen, fetthaltigen Marke und dem central gelegenen Axencylinder besteht. Ein Unterschied in den Bauverhältnissen sensibler und moto- rischer Nervenfasern lässt sich nicht erweisen. Ihr Durchmesser schwankt in sehr beträchtlichen Grenzen und kann zwischen 1 — 20 [i (Kölliker) betragen. Nach den neuesten Ermittlungen Schicalbe's ist es sichergestellt, dass motorische und sensible Nervenfasern sehr grosse Schwankungen in den Kaliberverhältnissen darbieten können, dass also sowohl sensible als auch motorische Nerven sehr dicke und sehr dünne Fasern führen. Jedoch erreichen die Fasern motorischer Spinalnervenwurzeln im All- gemeinen höhere Kalibermaxima als die gleichnamigen sensiblen Wurzeln, und ist die Zahl dickerer Fasern in den ersteren grösser als in den letzteren. Hingegen hat Schwalbe das wichtige Gesetz erwiesen, dass Theil eines senkrechten Durchschnittes durch den Nervus medianiis des Menschen. (Hartnack Syst. VII, Ocul. 2.) 92 Markhaltige Nervenfasern; Adventitialscheide ; Sclmürringe. die Dicke der Nervenfasern in den Wurzeln der Spinalnerven abhängig ist von der Länge der Nervenstrecke, und zwar in der Art, dass die dicksten Nervenfasern sich in den zu den längsten Nerven gelangenden Wurzeln befinden. Auf dem Wege gegen die Peripherie behalten die motorischen Fasern ein gieichmässiges Kaliber bei, so lange sie ungetheilt bleiben; erst in ihren Verzweigungen weisen sie kleinere Durchmesser auf. Dem gegenüber nehmen die ungetheilten sensiblen Fasern nach der Peripherie hin nicht unerheblich an Kaliber ab. Theilungen von Nervenfasern während ihres Verlaufes in den grösseren Nervenstämmen kommen in der Regel nicht vor; nur in ganz vereinzelten Fällen sind solche beob- achtet worden. Sie finden sich aber sehr zahlreich in der Nähe der End- Ausbreitungen der Nerven, wobei die Spaltung sich auf alle Bestandtheile der Faser erstreckt; sie ist meistens dichotomisch , mitunter gehen aber 3 — 4 und mehr Aeste aus einer Faser auf einmal hervor. An solchen Theilungsstellen findet sich regelmässig eine tiefe Einschnü- rung der Faser. An vielen Nervenfasern, besonders an solchen, welche einzeln verlaufen, bemerkt man ausserhalb des Neurilemmas noch eine aus kernhaltigen Zellen zusammengesetzte Hülle bindegewebiger Natur (die Adventitialscheide oder Perineuralscheide). Es ist endlich noch einiger neuerer Erfahrungen über den Bau und die Eigenschaften der markhaltigen Nervenfasern zu gedenken. Ranvier hat zuerst die Aufmerksamkeit auf gewisse Einschnürungen gelenkt, welche sich an frisch isolirten Nervenfasern von Strecke zu Strecke in ziemlich gleichmässigen Abständen vorfiiiden (an dünnen Nervenfasern sind diese Abstände kürzer als an dicken). Durch An- wendung verschiedener Methoden (besonders Pikrokarminfärbung) gelang Banvier der Nachweis , dass an diesen Stellen das Nervenmark voll- ständig unterbrochen ist und die Schwann' sehe Scheide ringsum bis un- mittelbar an den Axencylinder heranreicht, so dass dieser gewisser- massen durch eine ringförmige Einschnürung der Schivann' sehen Scheide hindurch läuft; diese Bildungen bezeichnet er als Schnilrringe (anneaux constricteurs). Gelöste Farbstoffe dringen an diesen Stellen zu dem Axencylinder und färben ihn, zunächst nur im Bereich des Schnürringes, allmälig auch auf kurze Strecken zu beiden Seiten desselben, so dass man deutlich sehen kann, wie der Farbstoff nur auf diesem einen Wege zu dem Axencylinder gelangen kann. Mark und Schwann'' sehe Scheide, namentlich auch die Schnürringe selbst bleiben farblos. Banvier zieht hieraus den Schluss, dass auch die Ernährung des Axency linders im Leben von diesen Stellen aus erfolgen müsse. Der Theil der Faser, welcher zwischen zwei Einschnürungen zu liegen kommt, besitzt stets Markhaltise Nervenfasern ; Sclmürringe ; Hornscliciden. 93 24. nur einen Kern, welcher meist genau die Mitte zwischen denselben einnimmt. An den Nervenfasern junger Thiere konnte Ranvier auch noch zwischen dem Nervenmark und der Schivami' sehen Scheide eine dünne Schichte von Protoplasma nachweisen, welche bis an den Schnür- ring heranreicht, und in welcher der Kern eingelagert ist. Banvier glaubt somit den zwischen je zwei Einschnürungen ge- legenen Theil der Faser als eine einkernige Zelle auffassen zu können, etwa analog einer Fettzelle, so dass die ganze Nervenfaser als eine Aneinanderreihung von solchen Zellen betrachtet werden müsste, welche an den Einschnürungsstellen mit einander verschmolzen wären. Eine Stütze für diese Annahme findet Banvier darin, dass die zwischen zwei Einschnü- rungen gelegenen Stücke der Nerven- fasern während des Wachsthums sich verlängern, und andererseits darin, dass bei Silberimprägnation-sich an der Stelle des Schnürringes eine schwarze Quer- linie bildet (Fig. 24 b, c) , so wie an anderen Orten die Kittsubstanz zwischen zwei Zellen das Silber aufnimmt und reducirt. Ich habe nur noch hinzuzu- fügen, dass man auch für solche Sub- stanzen , welche bedeutende chemische Veränderungen des Nervenmarkes her- vorrufen (Alkohol, Säuren), das raschere Eindringen an den eingeschnürten Stellen constatiren kann, so dass meistens auf eine kurze Strecke diesseits und jenseits des Schnürringes sowohl die Schwann' sehe Scheide als auch der Axencylinder deutlicher als anderswo hervor- tritt (Fig. 21 B). Unter der Bezeichnung Hornseheiden haben Kühne und Ewald ein Netzwerk von feinen Fädchen beschrieben, welches einerseits zwischen Schicann' scher Scheide und Nervenmark, andererseits zwischen dem letzteren und dem Axencylinder sich ausbreitet. Dieses Netzwerk tritt sehr prägnant in die Erscheinung an in Alkohol gehärteten und mit Eosin tingirten Nervenfasern; es ist überdies ausgezeichnet durch seine grosse Widerstandsfähigkeit gegen Trypsinverdauung. Nach neueren Untersuchungen ist es indessen fraglich geworden, ob die Hornseheiden als ein präformirtes Strukturverhältniss der Nervenfasern, oder ob sie als Erzeugnisse der angewendeten Reagentien zu betrachten seien {Hesse, Pertik). Markhaltige Nervenfasern mit Banvier- sehen Einschnürungen. a Aus dem N. ischiadious des Hundes; frisch mit Kochsalzlösung 0.75 0;o. (Hartnack Obj. VIII. Ocul. 2.) b u. c Aus dem N. cruralis der Taube. Höllenstein, Hämatoxylin (nach Hennig). Bei c ist auch der Axencylinder mit Silber imprägnirt und zeigt eine feine Querstreifung. 94 Markhaltiffe Nervenfasern. — De- und Regeneration. Ui Von besonderer Wichtigkeit sind die Erfahrungen, welche in neuerer Zeit über gewisse typische Veränderungen der Nervenfasern gemacht worden sind. Sigm. Mayer hat den Nachweis geführt, dass den Nervenfasern nicht eine perennirende, sondern nur eine beschränkte, cykKsche Lebensdauer zukommt, und dass demgemäss in den normalen peripherischen Nerven eine stete Rück- und Neubildung einzelner markhaltiger Fasern von Statten geht. Die Veränderungen und Zu- stände, welche so betroffene Nerven- fasern der Reihe nach durchmachen, sind ganz analog denjenigen, welche bei der Degeneration und Regene- ration durchtrennter Nerven in dem peripherischen Stumpfe zur Beob- achtung kommen. Die Rückhüdung der Nerven- fasern wird nach den Ermittlungen Sigm. Mayer' s und Anderer zunächst eingeleitet durch eine unregelmäs- sige Zerklüftung der Markscheide; das Mark erscheint in verschieden gestalteten Bruchstücken, welche weiterhin zu grösseren und kleine- ren Kügelchen zerfallen. Schliess- lich wandelt es sich in eine fein- körnige Masse um, in welcher noch einzelne veränderte Markpartikel- chen, fettig glänzende Kügelchen und zahlreiche zerstreute oder gruppenweise angehäufte Kerne erkennbar sind. In diese Masse ist gleichzeitig der Axencylinder aufgegangen. Der so veränderte Inhalt der Schwann' sehen Scheide schwindet dann zum grossen Theile, so dass die Nervenfaser auf grössere oder kleinere Strecken hin coUabirt, wodurch ein sehr auffallender und be- zeichnender Wechsel im Kaliber der Faser entsteht. Endlich verliert sich der Inhalt der Faser bis auf spärliche Reste, welche mitunter nur bei sehr sorgsamer Untersuchung aufzufinden sind. Die Neubildung der Fasern erfolgt in der zurückgebliebenen Schwann' sehen Scheide aus den Resten der bei der Degeneration ent- Markhaltige Nervenfasern in Degeneration und Regeneration. (Copien nach Sigm. Mayer.) Dg Degenerationszustände ; die erste Faser vom N. ischiadicus des Kaninchens , die zweite und dritte vom Frosch, sämmtlich frisch in Kochsalzlösung. Sg Eegeneratlonszustände ; aus dem N. ischiadicus der Ratte. Osmiumsäure. I Markhaltige Nervenfasern; Verbreitung. — Marklose Nervenfasern. 95 standenen feinkörnigen Masse. Fasern, welche in Regeneration be- griffen sind, zeigen neben diesen Resten mehr oder weniger ausgebildet den Axencylinder und die Mai'kscheide. Die letztere ist anfangs sehr dünn, daher die ganze Faser nur von geringem Kaliber. An ihrem äusseren Umfang liegen stellenweise kleinere oder grössere Portionen der mehrerwähnten granulirten Masse, welche sich nicht weiter an dem Aufbau der Faser betheiligen. Die bis nun im Auge behaltene typische Form der markhaltigen Nervenfasern findet sich hauptsächlich in den Stämmen und Verzwei- gungen der cerebrospinalen Nerven, deren Fasern entweder ausschliess- lich oder doch zum grössten Theile hierher gehören; aber auch im Bereiche des sympathischen Nervensystems kommen sie theils in grös- seren Bündeln, theils mehr vereinzelt den marklosen Fasern beigemengt, vor. Die markhaltigen Nervenfasern , welche innerhalb des Gehirns und Rückenmarkes verlaufen, zeichnen sich durch den Mangel der Schwann sehen Scheide aus , wesshalb sie beim Zerzupfen des frischen oder leicht gehärteten Objektes meist in kleinere Stücke zerfallen und ihre Axencylinder gewöhnlich, von ihrer Markeinhüllung ganz oder theilweise entblösst, leicht sichtbar werden. Es sind daher auch diese Nervenfasern seit jeher zum Studium des Axencylinders benützt und empfohlen worden. b) Die marklosen Nervenfasern. In den nervösen Central- organen, in den peripheren Endausbreitungen der motorischen und der sensiblen Nerven, sowie in den verschiedenen Abschnitten des sympa- thischen Nervensystems finden sich Fasern, welche unzweifelhaft nervöser Natur sind, an denen wir aber mit unseren optischen Hülfsmitteln kein Nervenmark erkennen können, und welche dem entsprechend nicht jenen Glanz und die dunkle oder doppelte Contourirung zeigen; — sie werden aus diesem Grunde wohl auch als blasse Nervenfasern bezeichnet. Es gibt deren wieder verschiedene Formen. Aus dem Grenzstrang und aus den Geflechten des Sympathicus kann man durch Zerzupfung des frischen Objektes leicht dünne, durch- scheinende, fast gallertähnlich aussehende Fasern isolirt erhalten, welche von Stelle zu Stelle einen länglichen, spindelförmigen, bei Essigsäure- zusatz granulirten Kern erkennen lassen (Fig. 21 D). Es sind dies Nervenfasern, welche aus einem Axencylinder und aus einer diesem eng anliegenden Schivann' sehen Scheide bestehen; beide sind häufig nicht deutlich von einander zu unterscheiden, und es kann daher meist nur aus der Anwesenheit der charakteristischen Kerne auf das Vor- handensein einer Scheide geschlossen werden. Nach ihrem Entdecker werden diese Fasern gewöhnlich Remak'sche Fasern genannt. Von ganz 96 Semal-'scJw Fasern: nacld:^ Axencylinder ; PrimitiTfibrillen. äimliclier Beschaffenlieit sind die Fasern aus der Verästelung des Gre- rnclisnerTen und vieler cerebrospinaler IN^erTen an gewissen Stelleu ihrer Endausbreitungen. KicM selten erscheint hier der Axency linder innerlialb der Schtcann^ sehen Scheide in mehrere Bündel zertheüt. Im embryonalen Zustande geboren sämmtliche Nervenfasern dieser Kate- gorie an: aucb bei den wirbellosen Tbieren ist sie die gewöhnliche Form. Es ist rdcM sclnrer. diese Art der Nervenfasern zu erkennen, wenn sie auf längere Strecken im isolirten Znstande beobac-litet werden können: das bereits ge- scMlderte Anssehen, die Anwesenheit Tielfacher Kerne nnd endlicli das Verhalten gegen verdünnte Sänrenu unter deren Einwirkung sie zwax heller und durchsichtiger werden, aber nicht merklich aufquellen, alles das lässt sie sicher von Bindegewebs- fasern unterscheiden, mit denen sie noch am ehesten verwechselt werden könnten. Ebenso leicht ist ihre Diagnose, wenn sie zu grösseren oder kleineren Bündeln rereinigt sind. Sehr schwierig und in vielen Fällen geradezu unmöglich wird es, sie zu erkennen oder zu verfolgen, w.enn sie einzeln im Bindegewebe, in Muskeln u. s. w. verlaufen: für solche Fälle ist die von KöUiker angegebene Methode der Behand- lung mit sehr stark verdünnter Essigsäure *) und die Chlorgold-lmprägnation am meisten zu empfehlen. Eine zweite bierbergebörige Art der Kervenfasern sind die nacMen Axencylinder. Sie entsprecben in jeder Beziehung der oben gegebenen Beschreibung dieser Gebilde und kommen meist im Grehirn und Rücken- mark als direkte Ausläufer der Ganglienzellen vor. Sie verlaufen ge- wöhnlich über längere Strecken ungetheilt fort, können aber, wie es scheint, an gewissen Stellen sich auch dichotomisch verästigen. Als dritte Form der marklosen Nervenfasern gut die Nerven- prhrdtivfihriUe {M. Schult ze). Es sind dies ausserordenthcb feine, nur mit den stärksten Tergrösserungen wahrnehmbare, häufig netzartig angeordnete Fäserchen, welche aus der Zertheüung der Axencyhnder hervorsrehen und in der orauen Substanz des Gehirnes und Rücken- markes, sowie an der letzten peripheren Ausbreitung der Nerven in grosser Zahl vorkommen. Sie sind fast nur durch gewisse Reagentien (Chlorgold, Chromsäure) deutlich sichtbar zu machen und zeigen dann meist zahlreiche punktförmige Anschwellungen in ihrem ganzen Ver- laufe, Dies, sowie ihre Eigenschaft, nach Chlorgoldbehandlung sich schwarz zu färben, sind ihre gewöhnlichen Erkennungszeichen. Die völlige Sicherheit, dass man es wirklich mit Nervenfasern zu thun hat, erlangt man aber erst dann, wenn man ihren Zusammenhang mit Gancrhenzellen, oder mit markhaltigen Nervenfasern nachzuweisen im Stande ist. Als ein verhältnissmässig leicht zu behandelndes Objekt kann dem Anfänger die Nervenausbreitung in der Hornhaut (am besten vom Froschj zur ersten Orientirung empfohlen werden. *j Auf 100 Ccm. Aqua destillata 8 — 16 Tropfen einer Essigsäm-e von 1-045 specif. Grewicht. I Ganglienzellen. 97 UeberbHckt man die verscliiedenen Formen der Nervenfasern, ihre Erscheinungs- ■weise und ihr Vorkommen, so ergibt sich, dass im Allgemeinen die gröberen mid zugleich complicirter gebauten Formen (die markhaltigen) als eigentliche Leitmigs- bahnen z-wischen den centralen und peripheren Endigungen der Nerven eingeschaltet sind . wähi-end an den beiden letzten 0 ertlichkeiten die feinen . einfach gebauten Formen sich finden. Den Uebergang der verschiedenen Faserarten in einander kann man sich in folgender Weise versinnlichen : Aus einer Ganglienzelle des Rücken- markes, oder des Gehirnes tritt ein Fortsatz aus, welcher zunächst ab nackter Axencylinder erscheint. Nach kürzerem oder längerem Verlauf erhält er eine Um- hüllung von Nervenmark, wird also zur markhaltigen Nervenfaser, zu welcher bei ihrem Austritt aus der Substanz des Centralorganes noch die Schicann'sche Scheide hinzutritt. In dieser Form verläuft die Nervenfaser bis an ihre periphere End- verzweigung. Nach mehrfachen Theüungen verliert sie daselbst ihre Markhülle und wird so einer RemaV sehen Faser ähnlich; alsbald endet auch die Schicann' sehe Scheide, imd der Axencylinder zerfällt entweder plötzlich oder unter fortgesetzter Spaltung in die Primitivfibrillen. S) Die Gangrlienzellen. Die Ganglienzellen oder Xervenzellen sind Strukturelemente des Kervensystemes. welche einen entschieden zellenartigen Bau zeigen und au gewissen 0 ertlichkeiten mit den XerTenfasern zusammen vorkom- men. Es wäre gewiss richtiger, sie gemeinschaftlich mit den Xerven- fasern abzuhandeln, da allenthalben ein unmittelbarer Zusammenhang dieser beiden Strukturelemente besteht, Xervenfaser und Ganglienzelle also ein Continuum bilden ; allein ihre scharf ausgeprägte morphologische Erscheinung . ihre Beschränkung auf ganz bestimmte . meist circum- scripte Stellen und endKch ihre eigenthümliche physiologische Bedeutung dürfte es wohl rechtfertigen, wenn ihnen, wie dies gewöhnlich ge- schieht, eine gesonderte Besprechung gewidmet wird. Sie erscheinen als Zellen von der verschiedensten Grösse und von der mannigfaltigsten Form, deren Körper unter Umständen ein kömiges oder auch ein entschieden faseriges Aussehen zeigt und in den meisten Fällen einen oder mehrere Fortsätze absendet. Sehr gewöhnlich ent- hält der Körper der Ganglienzellen ein äusserst feinkörniges . gelbes oder braunes Pigment, welches zu einem Klümpchen geballt, oder auch mehr diffus im Protoplasma vertheilt ist. Auch Fetttropfen verschie- dener Grösse kommen nicht selten (Ijesonders im Ganglion Gassen' des Frosches) in ihm vor. Der Zellkern ist verhältnissmässig gross, scharf contourirt und erscheint im frischen Zustande wie ein helles durch- sichtiges Bläschen, in dessen Innerem ein ziemlich grosser, kreisrunder, mattglänzender Kernkörper eingelagert ist. Xach Erhärtung in Chrom- oder Pikrinsäure, besonders schön aber nach Tinktion mit Hämatoxylin oder Safranin zeigen die Kerne der Ganglienzellen ein wohl entwickeltes Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 7 98 Ganglienzellen; Grösse, Form, Fortsätze. Ficr. 26. Netzgerüst. Eine äussere Umhüllung der Ganglienzellen, welche als wahre Zellniembranaufgefasst werden könnte, scheint durchaus zu fehlen. In Bezug auf die Grösse der Ganglienzellen ist zu bemerken, dass sie mit zu den grössten Zellen des thierischen Körpers zählen, und dass ihre Dimensionen hauptsächlich nach den verschiedenen Fund- orten wechseln. So finden wir beispielsweise für den Menschen die grössten Arten (deren Durchmesser häufig 100 [x noch bedeutend übersteigt) in denYorderhörnern des Rücken- markes, in der Rinde des Kleinhirns u. s. w. Andere, etwa um 50 [x herum schwankende Ganglienzellen treffen wir in den Spinal- ganglien , etwas kleinere , 25 — 40 [jl im Durchmesser haltende in den Ganglien des sympathischen Systems und in zahlreichen peripheren Nervenausbreitungen, und endhch noch kleinere, 10 — 20 \l messende, in den Hinterhörnern des Rückenmarkes und an vielen Stellen des Gross- und Kleinhirns. Nach Schwalbe's Untersuchungen sind jugend- liche Ganglienzellen — ebenso wie ihre Kerne — ganz beträchtlich kleiner als im bleiben- den Zustande, wesshalb bei jungen Thieren sehr grosse Differenzen bezüglich der Di- mensionen selbst an einer und derselben Stelle gefunden werden. Die Form der Ganglienzellen ist häufig eine kugelige oder ellipsoide , manchmal eine pyramiden- oder spindelförmige und in sehr vielen FäUen eine unregelmässig verästigte. Auch für sie ist im Allgemeinen die 0 ertlichkeit des Vor- kommens massgebend, so dass z. B. gewisse ,„.,,, „ ,. ,. ,„„ Abschnitte des Gehirnes vorwiegend pyra- A Hüllenlose Ganglienzelle aus o i- j dem Ganglion Gasseri des Frosches ^ijjale , das svmpathische System und die mit einem kurzen Fortsätze (friscn ' J r J Spinalganglien vorwiegend rundliche, die Vorderhörner des Rückenmarkes zumeist vielstrahlige Ganglienzellen besitzen. Die Fortsätze der Ganglienzellen haben zum grössten Theile die Bedeutung von Nervenfasern, zum Theil aber dienen sie zur Verbindung mehrerer Ganglienzellen unter (ft mit Iproz. Kochsalzlösung). B Ganglienzelle mit Fortsatz und kernhaltiger Hülle aus dem ßjinpath. Grenzstrang des Frosches (der Kern zeigt deutlich den sog. FAmer'scheti Körnchenkreis). C Multipolare Ganglienzelle aus dem Vorderhorn des menschlichen Kückenmarkes. Nach 14 tägigem Liegen desselben in Müller'scher Flüssigkeit diirch Zerzupfen isolirt. (A und B mit Hartnack, Syst. VIII, Ocul. 2, 0 mit Syst. V, Ocul. 2.) Ganglienzellen ; Fortsätze. 99 einander. Je nach der Anzahl der von einer Zelle ausgehenden Fort- sätze bezeichnet man sie als unipolare, bipolare und multipolare (ein-, zwei-, vielstrahlige) Ganglienzellen; auch apolare, d. h. solche, welche gar keine Fortsätze besitzen, hat man unterschieden. Es ist jedoch Grund zu der Annahme vorhanden, dass die letzteren nicht so häufig sind, als ^^S- 27. sie dem Untersuchenden sich scheinbar zeigen , da es sehr leicht möglich ist, dass ihre Fortsätze aus verschiedenen Gründen der Beobachtung sich entziehen, oder aber bei den Isolirungsversuchen abgerissen worden sind. Man hat sie auch als Jugendformen bezeichnet. Unipolare Zellen findet man in grosser Zahl in den Spinalganglien ; hier zeigt der Fortsatz nicht selten in kurzer Entfernung von seinem Ursprung eine Theilung in zwei Fasern, welche zu dem ersteren annähernd unter einem rechten "Winkel eingestellt sind (T- Faser von Banvier). Die Fortsätze der multipolaren Ganglienzellen sind entweder von homo- genem oder feingestreiftem Aussehen und lassen sich auf lange Strecken hin ungetheilt verfolgen, oder sie sind von feineren oder gröberen Körnchen durch- setzt und mehrfach verästigt. Die erste- ren hat man gewöhnlich als Äxencylinder- fortsätze beschrieben; von ihnen ist nachgewiesen, dass sie nach kürzerem oder längerem Verlaufe eine Markum- hüllung erlangen und so zu wahren markhaltigen Fasern werden. Die letz- teren, als Protoplasmafortsätze {verästigte Fortsätze M. Schnitze) bekannt , gehen höchstwahrscheinlich zum grössten Theil in äusserst feine und dichte Netze von Primitivfibrillen über, aus welchen sich dann erst stärkere Nervenfasern herausbilden, welche in weiterer Folge markhaltig werden können {Gerlach, Boll). An gewissen Ganglienzellen (besonders aus dem Sym- pathicus des Frosches) tritt ein Fortsatz mitunter in Form der soge- Grosse multipolare Ganglienzelle aus dem Kückenmark des Ochsen, a Axen- cylinderfortsatz, deutlicli yon den Proto- plasmafortsätzen (b) im Aussehen ver- schieden. An demselben ist an einer be- schränkten Stelle (bei *) die Anlagerung von Nervenmark sichtbar. (Nach einer von Prof. Gerlach ange- fertigten und mir gütigst zur Verfügiing gestellten Photographie copirt.) IQQ Ganglienzellen; Fortsätze, Umliüllung. nannten umspinnenden Faser oder Spiralfaser auf. Es ist dies nichts anderes als ein Ausläufer einer Ganglienzelle , dessen Anfangsstück sich in längeren oder kürzeren Touren um einen zweiten, gerade ver- laufenden Fortsatz herumwindet. Ueber das Verhältniss der Fortsätze zu der Zellsubstanz ist man noch getheilter Meinung. Die meisten neueren Autoren neigen sich indessen der , vorzüglich durch M. Schnitze eingeführten Anschauung zu, dass die Primitivfibrillen , welche in den einzelnen Fortsätzen der Granglienz eilen enthalten sind, die feinkörnige Substanz der letzteren durchsetzen, um in einen anderen Fortsatz einzutreten, so dass in den Ganglienzellen gewissermassen eine „Umlagerung" der Fibrillen vor sich gehen würde. Diese Anschauung findet ihre vorzüglichste Stütze in der sehr häufig zu beobachtenden streifigen Struktur gewisser Ganglien- zellen, und hat das Vorhandensein eines fibrillären Baues der Axen- cylinder zur nothwendigen Voraussetzung. Bei Fischen findet man dieses Verhältniss in sehr exquisiter Weise, so dass M. Schultze von gewissen bipolaren Ganglienzellen derselben, deren Fortsätze in dia- metraler Richtung hervorgehen, geradezu aussagt, sie seien nichts anderes als kernhaltige Anschwellungen der Axencylinder. Für Säugethiere und Menschen ist dieser streifige Bau nur an den grossen vielstrahligen Ganglienzellen des Centralnervensystems deutlich erkennbar; an diesen hat der obengenannte Forscher sogar auch eine fibrilläre Textur der Protoplasmafortsätze nachgewiesen. Die übrigen Arten der Ganglien- zellen besitzen im frischen Zustande ein sehr blasses , fast homogenes Aussehen und erlangen durch die Einwirkung- verschiedener Erhärtungs- mittel eine feinkörnige Trübung. Mit Hülfe sehr starker Vergrösse- rungen kann man dann in dem Zellkörper ein Gerüst aus feinen, ge- wundenen, vielleicht netzförmig zusammenhängenden Fädchen erkennen : ein Strukturverhältniss des Protoplasmas, welches sich aber keines- wegs mit dem streifigen Bau der multipolaren Zellen vergleichen lässt. Es wurde schon erwähnt, dass eine wahre Zellmembran bei den Ganglienzellen nicht vorkomme. Allerdings findet sich an vielen, ganz constant an den Zellen der sympathischen und der Spinalganglien eine selbständige Umhüllung , welche als direkte Fortsetzung der Schwann- schen Scheide jener Nervenfasern zu betrachten ist, welche mit den Zellen in Verbindung treten. Sie zeigt mitunter eine beträchtliche Dicke, wohl auch eine leichte concentrische Streifung und lässt nach Essigsäurezusatz eine grössere Anzahl von linsenförmigen Kernen er- kennen. Sie besteht aus einer Anzahl platter, innig an einander ge- lagerter Bindesubstanzzellen, welche sowohl durch Isolirung (Valentin, Kölliker), als auch durch Silber-Imprägnation (Eberth) dargestellt werden konnten. Intercellularsubstanzen. 101 B. Die Intercellularsubstanzen. Nachdem der vorhergegangene Abschnitt jenen Baumitteln des Thierkörpers gewidmet war, welche entweder wahre Zellen sind, oder aber ans solchen hervorgegangen, den zelligen Charakter in irgend einer Art nachweisbar erhalten haben, gelangen wir nun zu der Er- örterung einer anderen Reihe von Baumitteln, welche zwischen den ersteren eingelagert, unter dem Namen der Intercellular- oder Zivischen- substanzen zusammengefasst werden. Es muss schon voraus bemerkt werden, dass man unter dieser Bezeichnung im weitesten Sinne ganz mit ßecht auch die wässerig-flüssigen Körperbestandtheile begreift, so- weit sie nicht zu den Se- oder Excreten gehören. Dieselben können natürlich nicht als Baumittel fungiren und auch nicht als solche Gegen- stand mikroskopischer Beobachtung werden; sie kommen aber insoweit in Betracht, als sie als Vehikel für geformte Elementartheile dienen und durch ihre Anwesenheit und durch ihre Menge einen Einfluss auf die Lagerungsverhältnisse und die Formationen der umgebenden Theüe zu nehmen im Stande sind. Auch kommt es vor, dass sich in ihnen nach dem Tode, sei es spontan, sei es unter dem Einfluss verschiedener Reagentien, feinkörnige oder faserige Niederschläge bilden, welche, aus Eiweiss oder Fibrin bestehend, uns gelegentlich bei der mikroskopischen Beobachtuns; begeo-nen. Die Intercellularsubstanzen im engeren Siime, welche in der That als Baumittel fungiren, erscheinen unter den mannigfachsten Formen und kommen in verschiedenartisrer Weise zur Verwendmiff. Wenn wir, was uns vorderhand am zweckmässigsten scheint, die letztere zur Grundlage einer Klassifikation benützen, so können wir alle Intercellular- substanzen in drei Gruppen scheiden. a) Die erste Gruppe, welche seit jeher gewissermassen als Typus der Intercellularsubstanzen betrachtet worden ist, umfasst eine Reihe von Stoffen, welche theils formlos, theils mit specifischer Gestaltung versehen , insgesammt in den verschiedenen Arten der Bindesubstanz- gewebe vorkommen und fast durchgehends den grössten Theil der- selben ausmachen. Sie erlangen eine grosse Bedeutung dadurch, dass sie jenen Geweben Form und Gestalt verleihen, dass sie es sind, deren Eigenschaften und Fügung diese Gewebe zu den ihnen eigenthümlichen Verrichtungen im Körper befähigen. Man nennt sie daher wohl auch Griindsuhstanzen. Die zunächst in Betracht kommenden physikalischen Charaktere der Binde- substanzgewebe: die Festigkeit, Härte, Dehnbarkeit, Elasticität und die Durch- sichtigkeit, sind zum Theil der unmittelbare Ausfluss der specifischen Eigenschaften der in ihnen enthaltenen Zwischensubstanzen ("Gallertgewebe , hyaliner Knorpel), 102 Zwischensubstanz des Gallerigewebes, des Knorpels, des Bindegewebes. zum Theü sind sie zugleich abhängig von emer gewissen Textui' und Anordnung der letzteren (die verschiedenen bindegewebigen Bildungen, Knochen) und endlich auch begründet in dem Ineinandergreifen und in der innigen Verwebung verschieden- artiger Formen von Zwischensubstanzen (z. B. Eüilagerung von elastischem Gewebe in Bindegewebe und Knoi-pel). Wir untersclieiden in dieser Gruppe zunäclist: a) die gallertartige Zwischensubstanz, eine homogene, zähe, dick- flüssige , farblose und durchsichtige Masse , welche bei Wirbelthieren besonders in der Fötalperiode (typisch im Nabelstrang junger Em- bryonen) vertreten ist, im ausgebildeten Zustande derselben dem Grlas- körper zukommt. Bei wirbellosen Thieren besitzt sie eine sehr weite Verbreitung. Sie ist sehr reich an Wasser, und enthält ausserdem Eiweiss und Schleimstoff im gelösten Zustande. ß) Als eine zweite Art ist die Substanz des hyalinen Knorpels zu erwähnen. Sie erscheint bei den gewöhnlichen Untersuchungsmethoden ebenfalls strukturlos, in dünneren Schichten fast vollkommen durch- sichtig und farblos, in dickeren Schichten durchscheinend, bläulich-weiss gefärbt, und zeichnet sich durch einen hohen Grad von Festigkeit und Elasticität aus; sie ist dabei wenig dehnbar, jedoch ziemlich biegsam. Diese Eigenschaften verdankt die Substanz des hyahnen Knorpels ihrem Gehalt an leimgebendem Stoff (Chondrigen). Sie können aber modi- ficirt werden, sei es durch secundäre Metamorphosen der Substanz, sei es durch einen grösseren oder geringeren Gehalt an Wasser oder an erdigen Salzen. Wir finden daher häufig an einem und demselben Körper etwas differente physikalische Eigenschaften der verschiedenen Knorpel, noch viel mehr aber, wenn wir verschiedene Altersstufen des Individuums berücksichtigen. Bezüglich der Einwirkung chemischer Agentien ist zu erwähnen, dass diese Substanz durch schwächere Säuren und Alkalien nur sehr langsam angegriffen, durch längere Einwirkung concentrirter Salzsäure vollständig gelöst wird. Nach mehrstündigem Kochen in Wasser oder in verdünnten Säuren löst sie sich unter Bildung von Knorpelleim ebenfalls vollkommen auf. Nach den Erfahrungen Tillmanns' kann die frische , normale Knorpelsubstanz durch übermangansaures Kali oder lOproz. Kochsalzlösung oder auch durch Trypsinverdauung in Fasern und Faserbündel zerklüftet werden. Es muss daher angenommen werden, dass die Substanz des hyalinen Knorpels trotz ihres scheinbar ganz homogenen Aussehens eine fibrilläre Struktur besitzt, womit nach V. Ebner auch ihr Verhalten bei polarisirtem Licht in Einklang zu bringen ist. 7) Drittens zählen wir hierher die leimgehende Substanz des fibril- lären Bindegewebes. Sie ist in ihrer typischen Erscheinung von deut- Zwischensubstanz des fibrillären Bindegewebes. 103 Fig. 28. lieh faserigem Bau, ihr Formelement stellt ein fast unmessbar dünnes Fädchen, die Binde gew eh sfihrille (Fig. 28 A) dar, deren mehrere ge- wöhnlich zu einem dickeren oder dünneren, drehrunden oder abge- platteten Bündel zusammengekittet sind. Diese Fibrillenbündel , ge- wöhnlich Bindegewebsbündel genannt (B), sind ausgezeichnet durch eine den Einzelnfibrillen entsprechende, der Länge nach gehende, bald mehr bald weniger hervortretende Streifung, durch blasse, aber scharfe und glatte Seitencontouren und durch ihre Neigung, einen korkzieherähnlichen, locki- gen Verlauf anzunehmen, sobald sie aus ihrer natürlichen Verbindung gelöst, oder überhaupt einer Spannung nicht unterwor- fen sind. Sie sind dabei äusserst weich und biegsam, doch, wie es scheint, für sich der Länge nach wenig dehnbar. Im polari- sirten Lichte erweisen sie sich doppelt- brechend, positiv einaxig — die Axe nach der Länge der Fibrillen gerichtet. Bei Zusatz von Wasser quellen sie erst nach längerer Zeit und nicht sehr stark auf, verlieren jedoch viel von ihrer früheren Durchsichtigkeit. Durch verschiedene Rea- gentien (Kalk- oder Barytwasser, lOproz. Kochsalzlösung) wird die Kittmasse der Bün- del zerstört, und es lassen sich dann leicht die einzelnen Fibrillen darstellen. Höchst eigen- thümlich ist das Verhalten der Bindegewebs- bündel zu stark verdünnten Säuren. Die erste Veränderung bei Zusatz von ver- A Bindegewebsbündel aus einer Muskelsehne eines halbjährigen Kin- des^ nach oben zu in die Fibrillen aufgelöst; an der rechten Seite eine spindelförmige Bindesubstanzzelle. B Bindegewebsbündel aus dem subcutanen Bindegewebe des er- wachsenen Menschen. (Beide frisch mit Iproz. Kochsalzlösung präparirt.) (Hartnaclj, Syst. VIII, Ocul. 2.) dünnter Essigsäure besteht darin, dass sie sich gerade strecken und bedeutend ver- kürzen (vielleicht wegen des Mucingehaltes der Kittsubstanz), während sie nach der Breite zunächst ein wenig zunehmen. Zu- gleich bemerkt man, dass die einzelnen das Bündel zusammensetzenden Fibrillen, welche früher parallel mit den äusseren Contouren des Bün- dels verliefen, nun stark wellig geschlängelt sind, ähnlich wie häufig die Nervenfaserbündel im Nerven erscheinen. In Folge dieses Um- standes tritt eine scheinbare, mitunter höchst auffallende Querstreifung der Bündel hervor. Dieses Stadium der Säurewirkung ist rasch vor- übergehend, überhaupt nur bei vorsichtigem Zusetzen sehr schwacher Säuren bemerkbar. Bald verbreitert sich das Bündel sehr erheblich, 104 Zwiscliensubstanz des fibrillären Bindegewebes. Elastische Substanz. blasst stark ab und erhält eine ganz homogene Beschaffenheit. Wenn man nach kurzer Dauer der Einwirkung die Essigsäure durch Kochsalz- lösung verdrängt, kann man das frühere Aussehen der Bindegewebs- bündel wieder herstellen. Gewisse Modifikationen in diesen Quellungs- erscheinungen sollen weiter unten Erwähnung finden. Durch alkalische Flüssigkeiten werden die Bindegewebsbündel unter vorhergehender Quellung bald vollständig aufgelöst. Ebenso bei der Trypsinverdauung. Beim Kochen mit Wasser oder verdünnten Säuren lösen sie sich unter Entstehung von Leim (Glutin) auf. Ist nun die elementare Formation des leimgebenden Bindegewebes, die Fibrille und das Fibrillenbündel, fast allerwärts von derselben Beschaffenheit, so sind doch die Gewebe, welche durch sie zusammengesetzt werden, mit verschiedenen physi- kalischen Charakteren ausgestattet; man betrachte eiae Fascie oder Aponeurose gegenüber dem lockeren subcutanen Bindegewebe. Solche Differenzen sind wesent- lich begründet in der relativen Menge der zu dem Aufbau eines Gewebes ver- wendeten Bündel und in der verschiedenartigen Anordnung derselben. Um sich darüber eine zutreffende Vorstellung zu machen, vergleiche man nur, wie ein Weber aus einem und demselben Faden bald ein weiches, dehnbares Netz, bald ein festes Tuch oder einen derben, unnachgiebigen Strang zu gestalten vermag. Von der eben besprochenen typischen Gestaltung der leimgebenden Bindegewebssubstanz zur Fibrille gibt es jedoch einzelne Ausnahmen, insofern, als man in gewissen zarten Bindegewebshäutchen (Adventitia der kleinsten Arterien, zum Theil im intermuskulären Bindegewebe) solche nicht mehr oder nur sehr spärlich nachzuweisen vermag. Aller- dings ist auch keineswegs sichergestellt, dass diese Häutchen wirklich leimgebender Natur sind. 5) Als vierte Form innerhalb der uns beschäftigenden Gruppe der Zwischensubstanzen nennen wir die elastische Substanz. Sie trägt ihren Namen von einer ihrer hervorragendsten Eigenschaften, welche darin besteht, dass sie mit einer grossen Festigkeit einen hohen Grad von Elasticität und Federkraft vereint. Sie kommt in verschiedenen Gestaltungen vor : das eine Mal als lange, breitere oder schmälere dreh- runde Faser, welche sich ab und zu zerspaltet, das andere Mal in Form von engen oder weiten Fasernetzen, häufig auch als dünne, von mehr- fachen Oeffnungen durchbrochene Platte. Die elastische Faser zeigt sich unter dem Mikroskope völlig homogen, von scharfen Contouren begrenzt; stark lichtbrechend, daher bei einer bestimmten Einstellung der Mikroskopröhre dunkel, bei einer anderen hellglänzend. Durch Maceration in Kalilauge (35 "/o) konnte Schwalbe an den elastischen Fasern eine zarte periphere Hülle oder Scheide nachweisen, welche sich gegen dieses Reagens widerstands- fähiger zeigte, als die stark lichtbrechende, aus Elastin bestehende centrale Substanz der Faser. Sie verlaufen häufig über lange Strecken Elastische Netze und Platten. 105 gerade oder in weitem Bogen, können aber ein anderes Mal in zahl- reiche scharfe Biegungen gelegt erscheinen ; namentlich an ihren Riss- enden sind sie gewöhnlich spiralig eingerollt. Verästigungen solcher Fasern gehören zur Regel. Die elastischen Netze kann man als feinere und gröbere unter- scheiden. Die ersteren sind das eine Mal sehr dicht und engmaschig, in welchem Falle sie dem Gewebstheile , in welchem sie vorkommen, eine derbe Consistenz und ein undurchsichtiges, leicht gelblich gefärbtes Aussehen verschaffen (z. B. Netzknorpel, grosse Arterien u. s. w.). In anderen Fällen umspinnen sie in weiten Maschen irgend eine Binde- gewebs- oder Muskellage und treten dann nicht so auffallend in die Fi^. 29. Isolirte Formen der elastischen Substanz. A Feines Netzwerk aus der mittleren Haut der Arteria radialis des Menschen. B Elastische Platte aus der mittleren Haut der Arteria subclavia des Menschen. C Grobes Netzwerk aus der Grenzschichte zwischen mittlerer und äusserer Haut der Arteria cruralis des Menschen. (Hartnack, Syst. VIII, Ocul. 2.) Erscheinung (Fig. 29 A). Die gröberen elastischen Netze bestehen aus starken flachen Fasern, welche an den Yerästigungsstellen häufig eine erhebliche Verbreiterung erkennen lassen und verhältnissmässig kleine rundliche Lücken begrenzen (Fig. 29 C). In exquisiten FäUen stellen sie einen deutlichen Ueberffans; zu elastischen Platten dar. Diese letz- teren gehen wahrscheinlich alle aus elastischen Netzen hervor durch allmälige Verbreiterung und Verschmelzung der Fasern. Sie sind stets sehr dünn und durchsichtig, theils von homogenem, theils von leicht streifigem Aussehen (Fig. 29 B) , manchmal wie durch aufgelagerte Fasern oder Netze deutlich gerippt. Sie besitzen im isolirten Zustande meist sehr scharfe Contouren, sind niemals von rundlicher, sondern stets von eckiger Form, häufig mit den Rändern umgeschlagen oder 106 Elastische Substanz. Zwischensubstanz der Knoclien. eingerollt. Fast constant sieht man in ihnen einzelne, oder auch zahl- reiche grössere oder kleinere, runde, scharfrandige Löcher — ein Befund, welcher zu ihrer Bezeichnung als gefensterte Häute (Membranae fene- stratae) Veranlassung geboten hat. In Bezug auf die chemischen Eigenschaften ist die elastische Sub- stanz in allen ihren Formen durch eine grosse Resistenz gegen Al- kalien und Säuren ausgezeichnet. Diese Eigenschaft wird bei der mikroskopischen Untersuchung häufig ausgenützt, weil sie an sich ein gutes Kriterium für die elastische Substanz abgibt, andererseits aber, weil die Formen der letzteren nach Zerstörung oder starker Aufquellung aller übrigen Grewebstheile in Folge der Einwirkung der genannten Agentien sehr deutlich hervortreten. Bei andauernder Maceration in dünner Chromsäurelösung oder auch in Wasser (nach Eintritt der Fäul- niss) ist ein querer Zerfall der Fasern in kurze Segmente beobachtet worden {Schwalbe u. A.). Nach längerem Kochen mit mittelstarker KaKlauge geht die elastische Substanz allmälig in einen zähflüssigen Körper über ; in kochender concentrirter Kalilauge löst sie sich voll- ständig auf. Durch Kochen im Papinianischen Topf kann sie in eine leimartige, jedoch nicht erstarrende Masse übergeführt werden. s) Zum Schlüsse gehört noch hierher die Zivischensubstanz der Knochen. Sie ist vor allen anderen Zwischensubstanzen durch eine grosse Härte und Festigkeit ausgezeichnet, mit welcher sie jedoch einen bedeutenden Grrad von Elasticität vereinigt. Sie verdankt diese Eigen- schaften der Beimengung einer beträchtlichen Menge von erdigen Salzen zu ihrer organischen Grundlage. Behandelt man einen Knochen mit starker Salzsäure, so wird er nach mehrtägiger Einwirkung weich, biegsam und leicht schneidbar. Die Knochensubstanz hat dabei ihren Gehalt an Kalksalzen verloren, ihre Form und ihren Bau unverändert bewahrt. Die auf diese Weise für sich erhaltene organische Grundlage des Knochens wird als Ossein oder als Knochenknorpel bezeichnet. Setzt man einen Knochen dm'ch längere Zeit der Glühhitze aus, so verkohlt und verbrennt seine orga- nische Grundlage vollkommen, es bleibt der sogen, caicinirte Knochen zurück. Auch dieser hat den Bau und die ursprünglichen Dimensionen des Knochens im Wesentlichen erhalten, er ist aber sehr leicht, spröde und brüchig geworden. Die nach dem vollständigen Verbrennen des Knochens zurückbleibende Asche enthält vorwiegend basisch phosphor- sauren Kalk neben kohlensaurem Kalk, phosphorsaurer Magnesia und Fluor calcium. Die früher vielfach discutirte Frage, ob die organischen Bestand- theile des Knochens mit den anorganischen cherhisch verbunden, oder ob beide nur sehr innig gemengt seien, hat durch die Untersuchungen Zwischensubstanz der Knochen. Kittsubstanzen. 107 V. Ebner s bis zu einem gewissen Grade ihre Erledigung gefunden. Diesen zufolge besteht die Zwischensubstanz des Knochens aus leim- gebenden, nicht verkalkten Fibrillen, welche durch eine die Knochen- erde enthaltende Kittsubstanz verbunden werden. Die Knochenfibrillen können in jeder Beziehung den Bindegewebsfibrillen an die Seite ge- setzt werden; sie sind von äusserster Feinheit und zu derben, etwa 3 [x im Durchmesser haltenden Bündeln zusammengefügt. Diese Fibrillen- bündel können entweder, indem sie in einfacher oder mehrfacher Lage unter zahlreichen spitzwinkligen Anastomosen mit einander verwebt sind , dünne Platten oder Lamellen formen, oder sich gleichmässig in den verschiedensten Richtungen durchflechten. Insofern, als die Fibrillen- bündel in dieser zweifachen Weise die Grundlage der Knochenstruktur abgeben, muss man zweierlei Formen der Knochenzwischensubstanz, die lamelläre und die geflechtartige, unterscheiden {v. Ebner). Die erstere Form kommt durchwegs den ausgewachsenen Knochen zu , die letztere wird typisch in den periostalen Lagen der embryonalen Knochen gefunden. Im polarisirten Lichte zeigt sich die Grundsubstanz des Knochens doppeltbrechend, positiv einaxig (W. Müller ^ v. Ebner). Mit der Knochensubstanz steht die harte Masse des Zahnbeines (Dentin) in sehr naher Verwandtschaft; sie unterscheidet sich durch grössere Härte und Sprödigkeit sowie durch eine abweichende Anord- nung ihrer Theilchen. Auch aus der Dentinsubstanz lässt sich der sogen. Zahnknorpel erhalten. b) Eine zweite Gruppe von Zwischensubstanzen stellen die sogen. Kittsubstanzen dar. Sie bestehen, so viel wir wissen, aus einer struktur- und formlosen Masse, welche immer nur in relativ geringen Mengen zwischen den geformten Elementartheilen eingeschoben ist und gewisser- massen ein Bindemittel für dieselben abgibt, wie der Mörtel zwischen den Ziegelsteinen. Sie bedingen daher zwar den innigen Zusammen- hang, die Cohärenz der zelligen oder sonstiger geformter Elemente unter einander, nehmen aber auf die äussere Erscheinung der Gewebe und auf die physiologische Dignität derselben zumeist keinen unmittel- baren Einfluss. Die Kittsubstanzen betheiligen sich hauptsächlich bei dem Aufbau der Epithelien, Drüsen, Endothehen, der glatten Musku- latur, des Bindegewebes u. s. w., und können in eminenter Weise durch Behandlung dieser Gewebe durch salpetersaures Silberoxyd zur An- schauung gebracht werden, da sie mehr als alle anderen Körper- bestandtheile die Fähigkeit besitzen, dieses Reagens an sich zu binden, daraas das metallische Silber auszufällen und sich dadurch schwarz zu färben. c) Als dritte Gruppe von Zwischensubstanzen stellen wir eine Reihe von hautartigen Bildungen zusammen, welche meist zu einer 108 Gnindmembranen, Membranae propriae, Cuticularbildungen. ganzen Summe von zelligen Elementen in gemeinsamer Beziehung stehen. Sie stellen zum grössten Theile Grenzhäute dar , welche ent- weder zwischen zwei verschiedenen Gewebsformen, namentlich epithe- lialen und bindegewebigen eingeschaltet sind, oder die freien Ober- flächen gewisser Zellenlagen bekleiden. Als GKeder dieser Gruppe sind zu nennen : die Grundmembranen der Epithelien, die Membranae propriae der Drüsen und die Glashäute (Linsenkapsel, Descemet'sche Haut). Auch die sogen. Cuticiilarbüdimgen sind hier zu besprechen. Unter der Bezeichnung Grundmembran (Basement membrane ßoiv- man) versteht man ein homogenes durchsichtiges Häutchen, welches an gewissen Bezirken der äusseren Haut und der Schleimhäute zwischen dem bindegewebigen and dem epithelialen Stratum eingelagert ist, und an Querdurchschnitten als eine helle Grenzlinie zwischen beiden er- scheint. Sie werden derzeit fast allgemein nicht als selbständige Bil- dungen, sondern als eine Modifikation und Verdichtung der obersten Schichte der bindegewebigen Grundlage aufgefasst. An manchen Stellen, an denen sie beschrieben werden, lassen sie sich jedoch in der That isolirt darstellen, insbesondere durch Einwirkung von dünnen Natron- lösungen (z. B. an den Haarbälgen). An anderen Stellen erscheint auf Querdurchschnitten zwar ein schmälerer oder breiterer heller Streif zwischen Bindegewebe und Epithel, es gelingt aber nicht, dem ent- sprechend eine selbständige Membran isolirt zur Ansicht zu bringen (z. B. die Lamina elastica anterior der Hornhaut). Die Membranae propriae der Drüsen sind zarte, strukturlose Häut- chen, welche die äussere Oberfläche der primären Drüsenformationen einhüllen und je nach der Gestalt derselben entweder als homogene Schläuche oder aber als flaschenförmig ausgezogene Bläschen erscheinen. Sie sind sehr leicht an Zupfpräparaten für sich darzustellen und wurden früher als Ausscheidungen der Drüsenzellen und als zu diesen gehörig betrachtet. Man ist jedoch jetzt mehr geneigt, für sie eine ähnliche Entstehung anzunehmen, wie für die Grundmembranen der Epithelien, mit welchen sie auch (z. B. an der Darmschleimhaut) in unmittelbarer Continuität stehen können. Unter dem Ausdruck CuticuIarbiMtmgen fasst man eine ganze Reihe von hautartigen Gebilden zusammen, als deren gemeinschaftliches Kriterium angegeben wird (KöUiker), dass sie durch Ausscheidung einer zähflüssigen , aber sehr bald erhärtenden Substanz an gewissen Ober- flächen von Zellen gebildet werden. Da sich indessen die Entstehungs- weise solcher Gebilde nar schwer feststellen lässt, so ist auch bis nun kein Einverständniss darüber erzielt worden, was alles dazu zu zählen sei. Für die höheren Thierklassen ist nach Kölliker beispielsweise der Herkunft und Entwicklung der Zwischensubstanzen. 109 Basalsaiim der Darmzotten hierher zu rechnen. Waldeyer sieht die Cu- ticularbildungen als epitheliale Stützsubstanzen an. Eine Frage von grosser Bedeutung und Tragweite ist die nach der Herkunft und Entwicklung der Zwischensubstanzen. So viel steht fest, dass überall dort, wo sich diese Substanzen entwickeln, vorher zelhge Elemente mit spärlicher homogener Zwischensubstanz vorhanden sind, und dass diese die Entstehung der Zwischensubstanzen vermitteln. Solche Zellen werden als Osteoblasten, Chondrohlasten, Inohlasten, Odonto- hlasten bezeichnet. Ferner kann es als sicher erachtet werden, dass Zwischensubstanzen ebenso durch archiblastische als wie durch para- blastische Zellen gebildet werden können, wenngleich die weitverbreitet- sten unter ihnen und insbesondere die der ersten Gruppe entschieden parablastischer Herkunft sind. Den grössten Schwierigkeiten aber be- gegnet man, wenn es sich um die Entscheidung handelt, ob die Binde- gewebsfibrille , die Substanz des Knochens, des Zahnbeines oder des Knorpels durch Umwandlung von Zellprotoplasma entstanden seien, oder aber ob sie sich aus einer ursprünglich flüssigen, formlosen Zwischen- masse, nicht direkt aus den präexistenten Zellen differenzirt haben. Die Anhänger der ersteren Anschauung stellen sich die Entstehung der Zwischensubstanzen so vor, dass die peripheren Schichten der ur- sprünglich vorhandenen Zellen sich sowohl chemisch, als morphologisch verändern und in Zwischensubstanz umwandeln , wobei die centralen Theile der Zelle erhalten bleiben, oder die letztere als Ganzes in die Zwischensubstanz aufgehen kann. Diese Funktion der Zellsubstanz wurde durch M. Schnitze als die formative Thätigkeit derselben be- zeichnet. Die Fibrillen des Bindegewebes entstehen demnach als Aus- läufer der präexistenten Zellen unter allmäliger Verlängerung und unter chemischer Modifikation ihrer Substanz ; die Grundsubstanz des Knorpels entsteht durch chondrogene Umwandlung des Protoplasmas der Knorpelzellen, welche von der Oberfläche gegen die centralen Par- thieen der Zellen vorschreitet. Aehnliches gilt von der Substanz des Knochens und des Zahnbeines. Dieser Lehre steht eine zweite gegenüber, nach welcher die ge- formten Zwischensubstanzen, insbesondere die Bindegewebsbündel, durch eine Differenzirung aus einer ursprünglich homogenen Zwischenmasse sich herausbilden, ohne dass die Zellen in direkter Weise dabei be- theiligt wären. Es muss constatirt werden, dass die erstere Anschauung immer mehr an sicherem Boden gewinnt, und dass namentlich in neuerer Zeit ein sehr beachtenswerthes Beweismateriale herbeigeschafit worden ist, nach welchem ein prinzipieller Unterschied zwischen Zelle und Zwischensubstanz, soweit die Genese in Frage kommt, kaum wird weiter aufrecht erhalten werden können. Nur für die elastische Substanz 110 Lebenserscheinungen der Zwischensubstanzen. dürfte es als sicher anzusehen sein, dass sie sich nicht unmittelbar aus Zellen entwickelt. Ueber die Lebenserscheinungen der Zwischensubstanzen besitzen wir nur höchst dürftige Kenntnisse. Es darf als sicher betrachtet werden, dass ihnen eine active Contractilität im Gegensatze zu dem Protoplasma nicht zukommt, dass sie nirgends eine active Rolle bei Secretionsprozessen spielen und dass überhaupt die chemischen Um- setzungen in ihnen niemals so lebhaft vor sich gehen, wie in den Zellen. Eine Fett- oder Pigmentbildung, wie wir sie in den Zellen so häufig treffen, kommt in ihnen niemals vor. Dass in den Zwischensubstanzen ein Stoffwechsel besteht, geht besonders aus den chemischen Verschiedenheiten hervor, welche sie in ihrer Zusammensetzung in verschiedenen Altersperioden aufweisen, und aus gewissen morphologischen Ver- änderungen, welche sie während ihrer Existenz darbieten. In ersterer Hinsicht möge auf die Untersuchungen v. Bibra's hingewiesen werden, welche darthun, dass der Aschengehalt der menschlichen Kippenknorpel mit dem Wachsthum fortwährend zunimmt, so dass derselbe bei einem 6 Monate alten Kinde 2"29°/o, bei einem Mann von 40 Jahren aber 6'1 "/<> betrug. Auch in Bezug auf morphologische Ver- änderungen der Zwischensubstanzen kann uns der Knorpel ein lehrreiches Beispiel liefern, wenn wir die wechselnde Menge und Massenanordnung der hyalinen Grund- substanz in verschiedenen Altersstufen und namentlich an den Ossifikationsgrenzen in's Auge fassen. Es darf schliesslich nicht unbemerkt bleiben, dass das Verhältniss von Zellen und Zwischensubstanzen in neuester Zeit durch S. Stricker und durch C. Heitzmann in einer von der hier vorgetragenen ganz abweichenden Weise dargestellt wird. Nach diesen Autoren bestehen die Zwischensubstanzen auch nach ihrer vollendeten Aus- bildimg aus lebender Materie. Zellen und Zwischensubstanzen stehen allenthalben in unmittelbarer Continuität, ja sie bilden eine einheitliche, lebendige Masse. In dieser und aus dieser können sich unter Umständen Zellen und Zwischensubstanz als typische Elemente differenziren. IL Abschnitt. Tom Aufbau der Körperbestandtheile. I. Kapitel. Der allgemeine Stütz- und Binde-Apparat des Körpers. Die hierher zu zählenden Körperbestandtheile , das Bindegeivebe, die Knorpel und die Knochen, erweisen nach vielen Seiten hin eine nahe Verwandtschaft, und ist daher ihre Aneinanderreihung aus mehr- fachen Gründen berechtigt. Zimächst ist es üire gemeinsame Aufgabe, als mechanische Stütz- und Bindemittel des Gesammtkörpers, sowie seiner einzelnen Theile zu fimgiren. Nicht minder sind sie es , welche den activen Bewegungs- werkzeugen des Körpers — den Muskeln — als Haft- und Angriffs- punkte dienen, also gewissermassen die passiven Bewegungsobjekte darstellen. Ebenso wie in ihrer Verrichtung zeigt sich auch eine auffallende Analogie in Bezug auf ihren Bau und auf ihre Entstehung. Der grös- seren Masse nach fast insgesammt aus Gebilden leimgebender Zwischen- substanz bestehend, sind sie in ihrer äusseren Erscheinung vorwiegend von der Beschaffenheit dieser abhängig. Die zelligen Elemente treten in ihnen sowohl nach Zahl und räumlicher Ausdehnung, als nach ihrer unmittelbaren Bedeutung für den Gesammtkörper im Allgemeinen mehr zurück, und es beziehen sich die funktionellen Leistungen dieser Zellen vorwiegend nur auf die Gewebe, deren Bestandtheile sie sind. Ihre Abstammung gemeinschaftlich aus dem Parablast herleitend, formen sie sich wahrscheinlich alle iji analoger Weise aus einer ur- sprünglich rein zelligen Anlage , wie bereits oben angedeutet worden ist; es können daher ihre Grundmassen als homologe Bildungen auf- gefasst werden. 112 Bindesubstanzgewebe ; fibrilläres Bindegewebe. Die Verwandtschaft der genannten Körperbestandtheile gibt sich aber auch weiters darin kund, dass sie zum Theil in einem ganz continuirlichen Zusammenhang unter einander stehen (die Elemente des Knorpels und des Bindegewebes, des Knochens und des Bindegewebes), dass die eine Formation sich unmittelbar aus der anderen herausbilden kann (Knorpel aus Bindegewebe, pathologische Verknöcherung des Bindegewebes), und endlich noch darin, dass sie sich nicht selten in den verschiedenen Klassen und Ordnungen des Thierreiches gegenseitig substituiren (Knorpelskelet der Fische, knöcherne oder knorpelige Ein- lagerungen in die äussere Haut, oder besonders in die Sklera des Auges). Durch alle diese Umstände ist es wohl gerechtfertigt , die den genannten Körpertheilen zu Grrunde liegenden Gewebsformationen unter dem Namen der Bindesubstanzgewebe zusammenzufassen, wie dies ur- sprünglich von Reichert geschehen und später durch Virchoiv und Donders eingehend begründet worden ist. Es muss jedoch liier bemerkt werden, dass ausser dem Knorpel, Knochen und Bindegewebe noch andere Formationen mit mehr oder weniger Berechtigung der Bindesubstanzgruppe zugezählt werden. Dahin gehört das Zahnbein (Dentin), dessen nahe Verwandtschaft mit dem Knochengewebe über allen Zweifel erhaben ist. Da es aber, wenigstens bei den höheren Wirbelthieren, nur auf eine bestimmte Oertlichkeit beschränkt ist, so soll es an der betreffenden Stelle abgehandelt werden. Ferner wird das adenoide Gewebe als ein Bestandtheil der Bindesubstanz- gruppe aufgeführt. Es nimmt jedoch dasselbe eine ganz abgesonderte Stellung ein und gehört seiner Verrichtung nach entschieden dem Lymphgefässsysteme zu, wess- halb es im Zusammenhange mit diesem berücksichtigt werden wird.] Endlich wird von Vielen das Fettgewebe in die Gruppe der Bindesubstanz- gewebe eingerechnet, insofern, als es für eine besondere Modifikation des fibrillären Bindegewebes angesehen wird. Es können indessen hinreichende Beweisgründe beigebracht werden, dass dem Fettgewebe, als einem Körperbestandtheile von ganz eigenartigem Bau und von ganz bestimmter Funktion, ein selbständiger Platz in dem histologischen System eingeräumt werden müsse. "Wenn wir das Fettgew ebs- system im Anhang zu diesem Kapitel abhandeln, so geschieht dies aus dem Grunde, weil ihm beim Aufbau des Körpers vielfach auch eine analoge Rolle , wie den eigentlichen Vertretern des Stütz- und Bindeapparates zugetheilt ist. I. Das Bindegewebe. Wir unterscheiden folgende Arten desselben : Das fibrilläre Bindegewebe. Das gallertartige Bindegewebe. Das reticuläre Bindegewebe. 1) Das fibrilläre Bindegewebe ist unter den genannten Arten am meisten verbreitet und am längsten gekannt, daher es auch jetzt noch häufig als Bindegewebe schlechtweg Fibrilläres Bindegewebe; Bau desselben. 113 bezeichnet wird. Seine Elementartheile sind die Bindegewebsfibrille und ofewisse Formen von Bindesubstanzzellen. Wenn man das fibrilläre Bindegewebe in seinem völlig entwickelten Zustand in Betracht zieht, so sind seine Formationen und seine Eigen- schaften ganz ausschliesslich durch die relative Menge und durch die Anordnung der Fibrillen bestimmt. Wie schon erwähnt , treten die- selben gewöhnlich, und zwar unter Vermittlung einer äusserst geringen Menge optisch nicht nachweisbarer, in Kalk- oder Barytwasser, auch in molybdänsaurem Ammoniak und anderen Reagentien löslichen Kitt- substanz zu drehrunden oder abgeplatteten Bündeln zusammen. Solcher einfacher Bündel sind häufig wieder mehrere zu gröberen oder zusammen- gesetzten Bündeln verkittet. Sie ordnen sich bald mehr oder weniger parallel, bald aber flechten sie sich in verschiedenen Winkeln und nach allen Richtungen des Raumes durch einander. Zwischen ihnen bleiben Lücken oder Räume bestehen, deren Gestalt und Grösse von der rela- tiven Anzahl und Anordnung der Bindegewebsbündel abhängig ist. Diese Räume, die vielbesprochenen „Binde(/ewebsspalten'\ sind unter gewöhnlichen Verhältnissen sehr eng — spaltenartig — und be- herbergen eine mucinhaltige, daher klebrige, leicht quellbare Flüssig- keit, welche auch als formlose Zivischensubstanz des fibrillären Binde- gewebes beschrieben wird. Man ist im Stande, die genannten Spalten in Folge der geringen Cohärenz ihrer Inhaltsflüssigkeit durch Einblasen von Luft, unter gewaltsamer Abänderung des Verlaufes der Binde- gewebsbündel, zu kugelähnlichen Blasen auszuweiten (daher der Name Zellgewebe — Textus cellulosus der Alten) , ebenso wie färbende Flüssigkeiten, welche unter grösserer oder geringerer Gewaltanwendung eingetrieben worden sind, sich in ihnen ausbreiten und ansammeln können. Dieselben Räume sind es auch, welche während des Lebens unter gewissen abnormen Verhältnissen durch Anhäufung einer oft sehr beträchtlichen Menge von blutserumartiger Flüssigkeit in hohem Grade ausgeweitet werden (Oedemhildung). An einer anderen Stelle (siehe Lymphgefässsystem) wird noch des Näheren auseinanderzusetzen sein, dass die formlose Zwischensubstanz den Raum zwischen den geformten Elementen des Bindegewebes nicht immer vollständig ausfüllt, sondern dass sie in vielen Fällen von einem ganz eigenthümlichen Kanalsystem (Saftkanälchen) nach allen Richtungen hin durchzogen ist. Von den zelligen Elementen des fibrillären Bindegewebes unter- scheidet man zwei verschiedene Arten: die fixen Bindegeivebszellen und die Wanderzellen. Was die ersteren anlangt, so gehören sie wesent- lich zu dem AufTaau des Bindegewebes und haben demgemäss einen bestimmten , bleibenden Standort. Genaueres über ihre Lagerungs- verhältnisse zu den Bindegewebsbündeln und über ihre Vertheilung ist Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 8 114 Fibrilläres Bindegewebe; fixe Bindegewebszellen. nicht bekannt. Es scheint, dass darin, je nach den mannigfachen For- mationen des Bindegewebes, nicht unerhebliche Differenzen bestehen, dass die Zellen das eine Mal zu längeren Reihen oder kleineren Gruppen vereint, das andere Mal aber völlig vereinzelt und regellos zerstreut sich vorfinden. Vielfach scheinen sie in gewissen Intervallen den Binde- gewebsbündeln unmittelbar angelagert, in anderen Fällen von der formlosen Zwischensubstanz völlig umschlossen zu sein. Für einzelne bindegewebige Bildungen (Hornhaut u. A.) ist es erwiesen, dass die Saftkanälchen ihre Lagerungsstätten abgeben, Sie gehören zumeist den ganz platten Formen (Fig. 15 A u. C) an und sind ihrer Zartheit und Durchsichtigkeit wegen nicht leicht ohne Weiteres nachweisbar, da sie an zusammenhängenden Bindegewebslagen von den Fibrillen - bündeln verdeckt, an Zupfpräparaten aber meistens in mannigfacher Weise deformirt sind. Die früher allgemein gebräuchliche Darstellungsmethode der Bindegewebs- zellen durch Zusatz von verdünnter Essigsäure macht uns nur ihre mehr oder weniger verunstalteten Kerne sichtbar. Will man sie möglichst unverändert zur Ansicht bekommen, so ist die Untersuchung ganz fr-ischer, dünner Bindegewebs- membranen in toto , entweder ohne Zusatzflüssigkeit oder mit Humor aqueus oder .Jodserum zu empfehlen. Auch die Finger- oder Schwanzwirbelsehnen kleiner Säuge- thiere (Ratten, Mäuse) eignen sich gut zu diesem Zwecke, -vorzüglich nach Behand- lung mit Ueberosmiumsäure Es ist aber dabei unerlässlich , die ausgeschnittenen Membranen oder Sehnen so weit als thunlich in ihrer natürlichen Spannung zu er- halten. Für lockeres Bindegewebe hat Ranvier die Erzeugung von künstlichen Oedemen durch subcutane Einspritzung von mit Silbersalpeter versetzter Leimlösung, und die nachträgliche Behandlung dünner Abschnitte des so erzeugten Gewebs- tumors mit Pikrokarmin empfohlen — eine in der That ganz vortreffliche Methode, welche später durch Flemming und Andere noch modificirt und verbessert worden ist. Sie kann jedoch natürlich nur für das Studium der Elem entartheile selbst, nicht aber zur Demonstration ihrer Anordnung in Verwendung kommen, da ja die letztere durch die künstliche Ausdehnung wesentlich alterirt wird. In der ersten Anlage und auch noch während einer gewissen Periode der Entwicklung des Bindegewebes sind die Bindegewebszellen sämmtlich sehr reich an Protoplasma, von rundlicher, linsenförmiger oder spindeliger Gestalt. Mit der fortschreitenden Vermehrung der fibrillären Grundsubstanz ändert sich ihre Form, und sie sind genöthiget, sich mehr und mehr an die Bindegewebsbündel anzuschmiegen und so dem Räume sich anzupassen, welcher zwischen den letzteren übrig bleibt. Dadurch lässt sich ihre Abplattung, ihre verschiedenartige Krümmung und Knickung in mechanischer Weise erklären, wenngleich wir nicht wissen, ob nicht noch andere Ursachen zu diesen Gestalt- veränderungen beitragen. Auch die „zusammengesetzten Platten" Waldeyer's kann man sich recht wohl dadurch entstanden denken, dass Plasmazellen; Mastzellen; umspinnende Zellen. 115 eine ursprünglich runclliche Zelle zwischen mehreren Bindegewebs- bündeln gewissermassen eingeklemmt wird. Eine besondere Art von fixen Bindegewebszellen hat Waldeyer miter dem Namen Plasmazellen beschrieben. Es sind dies sehr proto- plasmareiche, grobkörnige, spindelförmige oder linsenförmige Zellen, welche sich überdies nicht selten durch eine besondere Grösse aus- "' ^^' zeichnen. Sie kommen ganz spo- radisch vor, sehr häufig in der Nähe kleiner Blutgefässe. Den Plasmazellen ähnlich sind die sog. gramdirten Zellen oder Mastzellen {Ehrlich); sie unterscheiden sich von den ersteren durch die aus- gezeichnete Färbbarkeit ihres Zell- körpers mit basischen Anilinfarben imd durch die geringere Menge von Protoplasma. Sie finden sich be- sonders reichlich in entzündeten Geweben, oder bei localer Steige- rung des Ernährungszustandes. An manchen 0 ertlichkeiten treten die Zellen des Bindegewebes in eine ganz eigenthümliche Bezie- hung zu den Fibrillenbündeln, ein Verhältniss, welches, trotzdem es einer längst bekannten Erscheinung zu Grunde liegt, doch bis heute vielleicht noch nicht vollständig auf- geklärt ist. In dem Subarachnoideal- raum, namentlich an der Basis des Gehirnes , in der Umgebung der grösseren Arterien, findet sich ein Balkensystem , welches aus ziem- lich derben, verzweigten und netzartig unter einander anastomosirenden Bindegewebsbündeln besteht. Behandelt man diese im frischen Zustande mit verdünnter Essigsäure , so quellen die einzelnen Bündel beträcht- lich auf, jedoch keineswegs gleichmässig , sondern sie erscheinen von Strecke zu Strecke mit tiefen Einschnürungen versehen, so dass eine rosenkranzartige Figur entsteht (Fig. 30 G). Die Schnürstellen liegen weder immer in bestimmten Abständen von einander, noch greifen sie alle gleich tief ein. Sie sind meist einfach ringförmig, manchmal E Ein Bindegewebsbündel aus dem Sub- aracbnoidealraum (an der Gehirnbasis) des Men- schen, frisch mit Iproz. Kochsalzlösung prä- parirt. An einem Ende aufgefasert. F Ein ähnliches Bündel aus demselben Orte. G Dasselbe Bündel wie unter F, nach Essig- säurezusatz bauchig aufgequollen. (Hartnack, System VIII, Ocul. 2.) 116 Fibrilläres Bindegewebe; umspinnende Zellen; Wanderzellen. aber wie in kurzen Spiraltonren verlaufend; im Grrunde der Einschnü- rung erscheint ein glänzender, gewöhnlich doppelt contourirter Streif. Nicht selten begegnet man auch Bündeln, welche in diesem Zustande wie von einer selbständigen, über die Einschnürungen glatt weg ver- laufenden Hülle umgeben sind, welche entweder ganz homogen, oder von feinen der Länge nach ziehenden Streifen besetzt ist. Die naheliegendste Erklärung für diese ungleicliinässige Aufquellung der Bindegewebsbündel, welcher sich wohl Jedermann beim ersten Anblicke des Phäno- mens zuneigen dürfte , ist jene , welche vor vielen Jahren durch Henle gegeben worden ist. Nach ihm wäre jedes dieser Bündel durch eine oder mehrere elastische Fasern umsponnen, welche wegen ihrer Resistenz gegen die Essigsäure, dort wo sie dem Bündel anliegen, die Aufquellung desselben verhindern würden. Diese Anschau- img blieb denn auch lange Zeit die allgemein geltende, wenn sie auch ab und zu modificirt und selbst ganz bestritten wurde. Erst Rollett erkannte in diesen um- spimienden Fasern eine von Zellen herrührende Formation, und stellte sie dem Reticulum der Lymphknoten (siehe unten) an die Seite. Kölliker bestätigte und stützte die Erklärung Rollett' s, da er fand, dass bei jungen Thieren die umspinnen- den Fasern sich ganz deutlich als kernhaltige, verästigte Zellen präsentiren. Später hat Boll eine neue Modifikation dieser Anschauung eingeführt, indem er den Nach- weis lieferte, dass die die Bindegewebsbündel umgreifenden Zellen sich im Laufe der Entwicklung allmälig vei'breitern, unter einander verschmelzen und sich endlich zu einer vollkommenen Membran — zu einer häutigen Scheide der Bindegewebs- bündel umwandeln. Diese Scheide besitzt in ihrem chemischen Verhalten einige Aehnlichkeit mit der elastischen Substanz, und ist nicht völlig homogen, sondern besitzt in verschiedenen Richtungen lineare Verdickungen, gleichsam verästigte Rippen, welche über das Niveau der Scheide hervortreten. Indem so die letztere dem Quellungsbestreben des Fibrillenbündels nicht überall denselben Widerstand entgegensetzt und insbesondere an den Stellen, wo sie durch die Rippen verstärkt wird, eine grössere Resistenz besitzt, kommt es zu der beschriebenen ungleichartigen Quellung. Aehnlich wie an der Arachnoidea, jedoch selten so ausgeprägt, finden wir dieses Verhältniss an anderen 0 ertlichkeiten, z. B. in der Cutis und dem sub- cutanen Bindegewebe. Auch in einer anderen Weise noch machen sich Verschmelzungen von platten Bindegewebszellen geltend, indem sie- sich nicht selten zu äusserst zarten, mehr oder weniger ausgebreiteten Häutchen vereinen, welche uns dann als eine besondere Formation in dem fibrillären Bindegewebe entgegentreten. Die zweite Art der oben genannten Zellen — die Wanderzellen — (vergl. S. 44) müssen als mehr oder weniger zufällige Vorkomm- nisse betrachtet werden. Ihre Anzahl ist je nach den verschiedenen Lebensumständen und nach der 0 ertlichkeit sehr verschieden, stets aber bedeutend geringer als die der fixen Zellen; ihre Vertheilung ist eine ganz unregelmässige. Die Bahn für ihre Wanderungen wird durch die Anordnung der Bindegewebsspalten, beziehungsweise durch die Saftkanäl- chen hergestellt. Das fibrilläre Bindegewebe kommt nur äusserst selten in der be- Formationen des fibrillären Bindegewebes; Sehnen. 117 schriebenen reinen Gestalt vor, meistens erhält es eine Beigabe an elastischer Substanz, theils in Gestalt von vereinzelten dünneren oder dickeren Fasern, mehrerentheils aber von ausgebreiteten Netzen, welche den ganzen Aufbau desselben durchziehen. Häufig lässt sich keine be- sondere Anordnung der elastischen Fasern feststellen, an manchen Orten aber sind bestimmte Verlaufsrichtungen derselben vorwiegend. Was nun die in dem Organismus vorkommenden Formationen des fibrillären Bindegewebes betrifft, so unterschied Henle schon im Jahre 1841 das geformte und das formlose Bindegewebe, d. h. solches, welches zu mehr oder weniger selbständigen, festeren Membranen oder Strängen geordnet ist, gegenüber demjenigen Bindegewebe, welches ohne selb- ständige, feste Gestaltung die verschiedenen Lücken zwischen Organen und Organtheilen ausfüllt. In ähnlichem Sinne unterscheidet auch Brücke zwischen fibrösem und gemeinem Bindegewebe und zählt zu letzterem alles das, was Henle formloses Bindegewebe nennt, zu ersterem die Sehnen, Aponeurosen und Fascien, das Periost, die Dura mater, die Sklerotica mit der äus- seren Sehnervenscheide. Das Gewebe der Cutis stellt Brücke zu dem gemeinen Bindegewebe, Diese Eintheilungen finden, wenngleich eine scharfe Grenze zwi- schen formlos und geformt keineswegs sich ziehen lässt, doch darin ihre Berechtigung, dass bei der einen Gruppe die Anordnung der Binde- gewebsbündel nicht nur eine regelmässigere , sondern auch eine con- stautere ist , insofern als sie nur iu geringem Grade und dann nur nach gewissen Richtungen hin abgeändert werden kann, während bei der anderen Gruppe* die einzelnen Bündel nicht nur ziemlich regellos gelagert sind, sondern auch nach allen Richtungen sich in ausgiebiger Weise verschieben können, je nach den Lageveränderungen der unter einander verbundenen Theile. Rollett hat durch Maceration von Binde- gewebe in Kalk- und Barytwasser die interessante Thatsache entdeckt, dass im formlosen Bindegewebe zumeist zusammengesetzte Fibrillen- bündel vorkommen, im geformten hingegen vorwiegend einfache. Als eine Zwischenstufe zwischen den beiden genannten Arten muss das im Innern gewisser parenchymatöser Organe vorkommende Bindegewebe angesehen werden. Im folgenden werden die wichtigsten Formationen des Binde- gewebes beschrieben. Die Sehneu. An ihnen kommt eine zweifache Anordnung des Bindegewebes in Betracht. Fürs erste finden wir lange, in der Rich- tung der Sehne ganz gerade verlaufende Bündel — die Sehnenfascikel — (secundäre Bündel nach Kölliker) , dann aber eine zwischen diesen 118 Selinen; Sehnenfascikel. eingelagerte Formation mit verschiedentlich durcheinanderlaufenden Fasern — das interfascikuläre Bindegewebe. Die ersteren sind ausge- zeichnet durch eine ganz ausserordentliche Feinheit ihrer Fibrillen, durch einen ziemlich geraden, unter einander fast vollkommen parallelen Ver- lauf, und durch die feste und straffe Zusammenfügung derselben. Es ist desshalb in den Sehnenfascikeln die formlose interfibrilläre Zwischen- substanz nur äusserst spärlich vertreten, die Bindegewebsspalten fast verschwindend. Zwischen den Fibrillen der Sehnenfascikel kommen übrigens nach Kölliker noch weite Netze von äusserst feinen elastischen Fäserchen vor, welche nur durch längere Einwirkung alkalischer Zu- satzflüssigkeiten sichtbar gemacht werden können. Fiff. 31. Queräurclischnitt durcli die Beugesehne der Mittelzehe, entsprechend dem Basalgliede geführt. — Mensch. Zeigt hauptsächlich die Anordnung des interfascikulären Bindegewebes. Vorhergegangene Härtung in Alkohol. Die dunkeln Stellen (G G) sind durch Injektions- masse erfüllte Blutgefässe. Bei * ist das querdurchgeschnittene Tenaculum tendinis sichtbar. (Mit Hartnack's System II, Ocul. 2, in 12facher Vergrösserung gezeichnet.) Die zelligen Elemente, ganz ausschliesslich der platten Form an- gehörig, sind in den Sehnenfascikeln zu längeren oder kürzeren Reihen aneinandergefügt (Fig. 15 C), zum Theil etwas nach der Fläche ein- gebogen, in der grösseren Mehrzahl aber wahrscheinlich den Wald ey er- sehen zusammengesetzten Platten entsprechend geformt. Auf dem Querschnitte einer Sehne erscheinen sie bei stärkerer Vergrösserung in Gestalt von zarten, in den Fascikeln zerstreuten Linien, welche stellen- weise zu strahligen Figuren zusammentreten. Bei Embryonen und ganz jugendlichen Individuen sind diese Zellen noch ziemlich reich an Proto- plasma und vorwiegend von gestreckt spindeliger Form. Die einzelnen Sehnenfascikel verlaufen über lange Strecken hin vollkommen von einander gesondert, können aber auch stellenweise zu Sehnen ; interfascikuläres Bindegewebe. 119 zwei oder drei unter sehr spitzem Winkel zusammenfliesr^en. lieber die Zahl , über die relative Anordnung und Stärke der Sehnenfascikel kann man sich am bequemsten an Querschnitten orientiren, welche man sich aus getrockneten oder in Alkohol erhärteten Sehnen anfertigt. AUe die genannten Verhältnisse sind natürlich an verschiedenen Sehnen, ja an verschiedenen Stellen einer einzigen Sehne manchen Schwankungen unterworfen. Die Figur 31, aus der Beugesehne der Mittelzehe eines erwachsenen Mannes, mag als ein Beispiel für das am häufigsten wieder- kehrende Vorkommen dienen. Die sämmtlichen Fascikel einer Sehne sind durch eine dünne, aus vielfach überkreuzten Fibrillenbündeln geformte Bindegewebshülle um- geben und an einander gehalten. Von dieser ziehen sich gröbere und zartere Scheidewände in das Innere der Sehne hinein . welche jedes einzelne Fascikel vollkommen von den benachbarten abgrenzen, und deren Fibrillenbündel zumeist in querer oder schiefer Richtung zu der Längsaxe der Sehne verlaufen (interfascikuläres Bindegewebe). Diese Scheidewände enthalten eine ansehnliche Beimeusung- von elastischen Fasern, und sind zugleich die Träger der Blutgefässe, welche mit ihnen in das Innere der Sehne hineingelangen und durch die ganze Dicke derselben sich verzweigen. Die Sehnenfascikel selbst sind vollkommen gefässlos. Auch die sog. Tenaada tendinum, welche sich an gewissen 0 ert- lichkeiten als Leitgebilde für die die Sehnen versorgenden Gefässe vorfinden, stehen mit diesem bindegewebigen Septensjstem, nicht aber mit den Sehnenfascikeln selbst in Zusammenhang, wie aus der vor- stehenden Abbildung ersichtlich ist. Sie stellen gewissermassen eine Abzweigung des interfascikulären Bindegewebes dar. An den Skeletmuskeln kleinerer Thiere gibt es Sehnen, welche nur aus einem einzigen Fascikel bestehen, daher keine bindegewebigen Septa und auch keine Blutgefässe in ihrem Inneren enthalten. Die äussere, glatte Oberfläche der Sehnen ist mit zarten, schüpp- chenartigen, wie es scheint kernlosen Zellen bedeckt, welche auf weite Strecken hin nach Art der Endothelien an einander gelagert sind, stellen- weise jedoch unregelmässige Lücken zwischen sich lassen. In der angegebenen Weise sind alle Sehnen der AviUkürlichen Muskeln gebaut. Durch Treitz und Kölliker ist der Nachweis geliefert worden, dass dort, wo aus glatten Fasern bestehende Muskeln in Sehnen übergehen, die letzteren fast durchgehends aus elastischen Fasern zu- sammengesetzt sind. Die Aponeurosen sind nichts anderes, als in eine Fläche ausgebreitete Seimen, und verhalten sich in ihrem Bau ähnlich wie diese; die einzelnen Sehnenfascikel liegen in einer oder mehreren Schichten neben einander, verlaufen ziemlich parallel. J20 Aponeurot-en : Gelenksbänder; Fascien; Faserhäute. und sind an gewissen Stellen (Baticliuiuskel-Aponeurosenj von quer oder scliief hin- ziehenden Fascikeln durchsetzt. Die GelenJcsbä7ider, welche an ihren Ansatzstellen sich auf das innigste mit der Beinhaut verweben, zeigen in ihrem Bau ebenfalls eine grosse Verwandtschaft mit den Sehnen, jedoch findet sich nur selten ein so inniges Aneiuanderhaften der, der Länge nach ziehenden sehnigen Fascikel; meist sind sie von einem reichlichen interfascikulären Bindegewebe umgeben, durch welches die Bänder auch mit den benachbarten Theilen in allseitiger Verbindung stehen. Eine Ausnahme von dieser gewölmlichen Form — den sog. fibrösen Bändern — bilden die elastischen Bänder (lig. flava der Wü-bel, lig. nuchae). Sie zeichnen sich durch einen ausserordentlich grossen Gehalt an elastischer Substanz aus, welche in Form von starken, verästigten und zu lang gestreckten Netzen vereinigten Fasern die Hauptmasse des ganzen Bandes ausmacht. Zwischen denselben bleibt nur wenig Raum für die verhältniss- mässig spärlichen, locker eingestreuten ßindegewebsbündel übrig. Die Fascien {Muskelbinden) zeigen je nach ihi-em äusseren Aussehen auch eine verschiedene mikroskopische Zusammensetzung. Starke, derbe Fascien verhalten sich ähnlich den Aponeurosen; ihre Formelemente, nach bestimmten Richtungen hin regelmässig geordnet, bestehen hauptsächlich aus dicht an einander gelagerten Bindegewebsbündeln mit spärlichen und gewöhnlich ganz zarten elastischen Fasern. Die lockeren, dünnen Fascien zeigen eine geringere Regelmässigkeit in der Anord- nung ihrer bindegewebigen Elemente und einen grosseil Reichthum an elastischen Fasern. Alle Fascien stehen in der ganzen Ausbreitung ihrer Oberflächen mit der Umgebung in continuirlichem Zusammenhang, indem allenthalben ein Uebergang ihrer Faserbündel sowohl in das intemiuskuläre , als auch in das subcutane Binde- gewebe stattfindet. Hautartige Bindegewebsformationen {Faserhäute, Bindegewebshäute) sind ausserdem in weiter Verbreitung im Körper vorhanden. Als solche sind besonders zu nennen: das Periost, das Perichondrium , die gewöhnlich als tunica albuginea bezeichneten Bindegewebskapseln vieler Organe; die Mesenterien, die Netze, die Hirnhäute, die Hüllen der Nerven, die äussere Haut der Blutgefässe , ja selbst die Lederhaut, die meisten Schleimhäute und die serösen Membranen können hierher gezählt werden. Die Mehrzahl von den genannten Gebilden besitzt zwar ihre be- sonderen Eigenthüijilichkeiten , welche betreffenden Ortes zur Sprache gebracht werden sollen ; alle aber stimmen darin überein, dass sie durch ßindegewebsbündel zusammengesetzt werden, welche, zu nicht sehr derben Zügen geordnet, sich nach mehreren Richtungen überkreuzen, wobei häufig eine bestimmte Richtung die vor- herrschende ist. Der Antheil, welchen die elastischen Fasern an dem Aufbau der Bindegewebsmembranen nehmen, ist ein sehr verschiedener; sie fehlen nirgends gänzlich, sind aber im Allgemeinen viel reichlicher in solchen Membranen, welche nach ihrer Bestimmung und Lage einem ausgiebigen Wechsel iln-er Spannung miterworfen sind. Bezüglich der in ihnen enthaltenen, zelligen Elemente verhalten sie sich analog den Sehnen, jedoch kommen hier auch Plasmazellen häufiger vor. Unter der Bezeichnung des formlosen Bindegewebes (auch areolares, gemeines, atmosphärisches Bindegewebe oder Zellgewebe ge- nannt — neuerdings ist durch Flemming der Name Interstitialgewebe vorgeschlagen worden — ) begreift man alle jene Ansammlungen von fibrillärem Bindegewebe, welche an und für sich keine besondere Ge- staltung besitzen, sondern als Ausftillungs- und Verbindungsmasse Formloses Bindegewebe. 121 zwischen benachbarten Organen oder Gewebstheilen dienen. Es ist ausgezeichnet durch eine besonders lockere, im Allgemeinen netzartige Fügung der Fibrillenbündel , zwischen denen grössere mit formloser Zwischensubstanz ausgefüllte Lücken übrig bleiben. Dabei findet man die einzelneu Bündel nach den verschiedensten Richtungen zu einander geordnet; es kann ihnen aber insofern keine ganz bestimmte Gesetz- mässigkeit des Verlaufes zukommen, als sie durch gegenseitige Ver- schiebungen der benachbarten Tlieile einem fortwährenden Wechsel ihrer Lage und Richtung unterworfen sind. Dass hier häufig zu- sammengesetzte Bindegewebsbündel vorkommen, ist bereits erwähnt worden. Elastische Fasern sind dem formlosen Bindegewebe meist in grosser Zahl beigemengt, doch herrscht darin je nach den verschiedenen Oert- Hchkeiten ein bedeutender Unterschied. Namentlich ist Bindegewebe, welches häufigen und umfangreicheren Verschiebungen ausgesetzt ist, gewöhnlich reicher an elastischen Elementen (z. B. in der Umgebung der Luft- und Speiseröhre). Auch elastische Platten finden sich an solchen 0 ertlichkeiten ab und zu eingestreut. Die Zellen des formlosen Bindegewebes gehören der Mehrzahl nach den platten Formen an. Ausserdem aber begegnet man hier nicht selten den Wanderzellen und den Wal dey er' sehen Plasmazellen. An wohlgenährten Individuen, insbesondere an gemästeten Thieren ist es eine sehr häufige und weit verbreitete Erscheinung, dass man \\\ den Zellen des formlosen Bindegewebes Fett angesammelt findet, und zwar entweder als zahlreiche kleinere Tröpfchen, oder aber zu einer grossen Kugel geballt, um welche herum noch mitunter kleine Tröpfchen ge- sondert erkennbar sind. Im letzten Falle hat man es mit den sog. Fettzellen zu thun. Nach den Untersuchungen Flemming's sind es liöchst wahrscheinlich die platten, fixen Bindegewebszellen, welche sich zu Fettzellen umwandeln und zwar, wie leicht zu bestätigen ist, wieder vorzüglich diejenigen, welche in unmittelbarer Nähe kleinerer Blut- gefässe gelegen sind. Ist der Fetttropfen gross, also die Zelle so zu sagen ganz mit Fett erfüllt, so bietet sie ganz dasselbe Aussehen, wie eine Zelle des Fettgewebes in analogem Zustande. In Folge allge- meiner oder örtlicher ungünstiger Ernährungsverhältnisse kann die Bindegewebszelle ihr Fett wieder verlieren und zu ihrer früheren Form imd Beschaffenheit zurückkehren. Die Vorgänge bei der Bildung und bei dem Wiederverbrauch des Fettes sind ganz analog wie oben für die Fettgewebszellen beschrieben worden ist. Wir können also fett- haltige Bindegewebszellen an allen Orten finden, wo formloses Binde- gewebe vorkommt, und selbst in den Sehnen, Aponeurosen und Bän- dern etabliren sich unter den dazu geeigneten Verhältnissen Fettzellen 122 Gallertartiges Bindegewebe. dort, wo zwischen den straffen sehnigen Fascikeln lockerer gewebte Bindegewebssepta eingelagert sind. 2) Das gallertartig-e Bindegewebe. Als solches bezeichnen wir eine Bindegewebsart , welche durch einen grossen Gehalt an schleimhaltiger , formloser Zwischensubstanz ausgezeichnet ist. In seiner reinen Form, als Gallert- oder ScJüeim- gewebe, ist sein Vorkommen bei den höheren Thierklassen nur ein sehr beschränktes. Die Wharton'sche Sülze des Nabelstranges ^ sowie die Substanz des Glaskörpers werden gewöhnlich dazu gerechnet. Als typische Verhältnisse seines Baues werden angeführt, dass die ganze Grundsubstanz aus der bezeichneten schleimhaltigen , formlosen Masse bestehe, und dass in dieser theils kugelige, theils sternförmig ver- ästigte, unter einander anastomosirende Zellen eingebettet seien. Die Sülze des Nabelstranges zeigt jedoch diesen Bau nur bei sehr jungen Embryonen ; bei etwas vorgeschrittener Entwicklung findet man stets schon geformte Zwischensubstanz als feine Bindegewebsfibrillen oder -bündel, welche nach den verschiedensten Richtungen die schleimige Substanz durchsetzen. Aehnliches findet man aber in frühen embryo- nalen Entwicklungsstufen durchaus an den Stellen, wo sich fibrilläres Bindegewebe zu bilden im Begriffe ist. Man hat solche Bindegewebs- formen, welche neben einem beträchtlichen Reichthum an Zellen eine grosse Menge von schleimiger Zwischensubstanz und verhältnissmässig wenig Fibrillen enthalten, auch, und vielleicht zweckmässiger, als em- hryonales Bindegewebe bezeichnet, womit zugleich ausgedrückt ist, dass es nur eine temporäre Bedeutung besitze und eine Vorstufe des fibril- lären Bindegewebes darstelle. Der Glaskörper besitzt , wie an dem betreffenden Orte gezeigt werden soll, einen complicirteren und keines- wegs noch vollständig ergründeten Bau, so dass man ihn kaum schlecht- weg als Typus des Gallertgewebes hinstellen kann. Es scheint uns daher zweckmässiger, mit dem Namen gallertartiges Bindegeivebe alle jene Bindegewebsformen zu bezeichnen, welche ihrem äusseren An- sehen nach einer Gallerte ähnlich sind, beim Einschneiden leicht zer- fliessen, und durch die Fällbarkeit ihrer reichlichen formlosen Zwischen- substanz durch Essigsäure, Alkohol, gewisse Metallsalze u. s. w. ihren Gehalt an Schleim bekunden. Wir müssen dann neben dem embryo- nalen Bindegewebe auch noch jenes hierher rechnen, welches bei Vö- geln den Sinus rhomboidalis des Rückenmarkes ausfüllt, und jenes, welches mit Fettgewebsläppchen geraengt bei Säugethieren fast allge- mein in dem Rückgratskanal, zwischen knöcherner Wand desselben und Dura mater spinalis eingelagert ist. Reticuläres Bindegewebe. 123 Es sei noch envähut, dass in gewissen pathologischen Zuständen, z. B. bei der Heilung von Wunden, eine besondere Art von Bindegewebe auftritt, welches man als GranulatioHsgewehe , auch Junges Bindegewehe bezeichnet. Es ist ausge- zeichnet dui'ch einen sehr reichlichen Gehalt an kugeligen, Lymphköi-perchen-ähn- lichen Zellen, durch eine anfangs völlig homogene, jedoch nicht sehr reicliliche, formlose Grundsubstanz, in welcher sich erst nach und nach eine immer zunehmende Zahl feiner Bindegewebsfibrillen nachweisen lässt. Unter fortwährender Zunahme der fibi-illären Zwischensubstanz, gegenüber welcher die zelligen Elemente immer mehr zurücktreten, kann das Granulationsgewebe in das Narbengewebe übergehen, welches in seinem bleibenden Zustande nichts anderes, als ein dicht gefügtes, aus sich verschiedentlich überkreuzenden Bündeln hergestelltes Bindegewebe darstellt. 3) Das reticuläre (uetzförmi^e) Bindegewebe. Es ist bereits früher (S. 69) angegeben worden, dass es Binde- substanzzellen gebe, welche durch vielfache Yerästigung ihres Zell- körpers und durch Zusammenfliessen der Ausläufer benachbarter Zellen ein Netzwerk herstellen, und dass unter Umständen dieses die mecha- nische Aufgabe des Stutzens und Verbindens übernehme, welche sonst gewöhnlich der Zwischensubstanz zukommt. So verhält es sich bei dem reticulären Bindegewebe. Es enthält keine leimgebende Substanz, sondern seine Grundlage ist ein Netz von Bindesubstanzzellen, welche allerdings nicht immer sofort als solche erkannt werden können, deren Charakter aber durch zweifellose Thatsachen sicher gestellt worden ist. Es ist dabei hervorzuheben, dass reticuläres Bindegewebe niemals für sich allein einen selbständigen Körpertheil formt, indem in den Maschen- räumen seines Netzwerkes immer anders geartete Gewebselemente ein- geschlossen sind, welche aber, durch dieses gestützt, in ihrer Lage erhalten werden. Als typischen Repräsentanten dieses Bindegewebes wollen wir das Reticulum der Lymphknoten (des adenoiden Gewebes überhaupt) hinstellen. Hat man sich aus einer beliebigen Stelle eines Lymphknotens, welcher in Chromsäure oder Alkohol massig erhärtet worden war, einen feinen Schnitt angefertigt, so kann man durch Schütteln desselben in einer etwas Alkohol enthaltenden Eprouvette das gewünschte Objekt leicht in grösserer Ausdehnung zur Anschauung bringen. Diese Manipulation ist aus dem Grunde erforderlich, weil das reticuläre Stützgewebe der Lymphknoten in seinen Maschen eine grosse Anzahl von lymphoiden Zellen eingelagert enthält, welche selbst an sehr dünnen Schnitten, wenn man sie ohne Weiteres mikroskopisch untersucht, die zarten Zellennetze völlig verdecken. Das Schütteln des Schnittes in einer Flüssigkeit hat nun den Zweck, die Lymphzellen in möglichst schonender Weise zu entfernen. Ist dies gelungen, so sieht man bei der LTntersuchung mit stärkeren Vergrösserungen ein 124 Reticuläres Bindes'ewebe. Netzwerk von blassen, kurzen Fäserchen (Fig. 32 A), welche an aus- gewachsenen Individuen meist ganz homogen erscheinen und stellen- weise in den Knotenpunkten, wo mehrere Fäserchen zusammenstossen, einen kleinen ovalen Kern erkennen lassen. Sie sind übrigens da breiter, dort schmäler, die zwischenbleibenden Maschen bald rundlich, bald mehr gestreckt. Untersucht man Lymphknoten von älteren Embryonen oder von neugeborenen Thieren nach derselben Methode, so kommt der zellige Charakter dieser Fäserchen schon weit auffälliger zum Ausdruck, Man erkennt da deuthch das leicht granu- lirte Protoplasma in der Umgebung der erwähnten Kerne (Fig. 32 B), die von denselben nach allen Richtungen ausstrahlenden Fortsätze und ihre Yer- ästlungen. Selbst die letzteren zeigen noch ein feinkörniges Aussehen. Ein sprechender Beweis für ihre proto- plasmatische Beschaffenheit auch an ausgewachsenen Individuen ist von mir geliefert worden, indem ich nach Fiff. 32. Einspritzung feinkörnig vertheilten Keticuläres Bindegewebe, durcli Schütteln dargestellt. A Aus einem Gekröslymphknoten der Katze. B Aus einem Gekröslymphknoten eines nahezu geburtsreifen Katzenembryo. C Aus der Thymus von Salamandra maculata. (Hartnack, Syst. IX, Ocul. 2.) Farbstoffes (Anilinblau) in das Blut lebender Hunde feststellen konnte, dass die Fädchen des Reticulum ganz in derselben Weise wie die lymphoi- den Zellen im Stande sind, die Farb- stoffkörnchen in sich aufzunehmen. Ebenso habe ich gezeigt, dass in der Thymus niederer Wirbelthiere (Frosch, Salamander) die Zellen des Reticulum durch das ganze Leben einen ausgesprochen protoplasmatischen Charakter beibehalten (Fig. 32 C). Auch bei entzündlichen Erkrankungszuständen verhält sich das Netzwerk ganz wie eine protoplasmatische Substanz , indem dabei Schwellung und Kernvermehrung mit zu den am ersten auf- tretenden Erscheinungen gehören , wie durch eine , von G. Yeo in Stricker's Laboratorium vorgenommene Untersuchung erwiesen wor- den ist. Ueber das Vorkommen des reticulären Gewebes an anderen Orten ist man nicht völlig im Klaren. Nach dem Vorgange Kölliker's hatte man früher die Stützsubstanz des Centralnervensystems hierher ge- rechnet. Neueren Erfahrungen zufolge ist sie auf die archiblastische Anlage des centralen Nervensystems zurückzuführen und muss daher Reticuläres Bindegewebe. Knoi-pel. 125 in die Kategorie der epithelialen Kittsubstanzen gestellt werden. Aehn- liches gilt für die Stützsubstanz der Netzhaut. Hingegen kann mit crrosser Wahrscheinlichkeit das Stroma der Nieren als reticuläres Binde- gewebe aufgefasst werden; zweifelhaft ist es hinsichtlich des Stütz- gerüstes der Leberinselchen, des Ligamentum pectinatum des Auges u.s. w. Das reticuläre Bindegewebe ist fast an allen Stellen seines Vor- kommens von Blutgefässen durchzogen und zeigt zu diesen eigenthüm- liche Beziehungen. Seine Fädchen legen sich nemlich allerorts an die äussere Wand der kleinen Blutgefässe an und umstricken sie völlig mit ihren Netzen, so dass die Capillargefässe eine Art Adventitia (His) erhalten. Aehnliches geschieht dort, wo das reticuläre Gewebe au fibrilläres Bindegewebe angrenzt. Ob an solchen Stellen ein direkter Zusammenhang zwischen den Zellen des letzteren und dem Reticulum bestehe, ist nicht sicher gestellt , wird aber von einigen Autoren ver- muthet. II. Der Knorpel. Bei den beträchtlichen Unterschieden, welche die verschiedenen Arten des Knorpels bezüglich ihrer äusseren Erscheinung und ihrer physikalischen Eigenschaften darbieten können — Unterschiede, welche in gewissen Modifikationen der Grundsubsanz ihre Erklärung finden — ist die Beschafi'enheit ihrer zelligen Elemente eine in vielen Beziehungen nahe übereinstimmende. Die Knorpelzelle, eine wohl charakterisirte Unterart der Binde- substanzzellen, ist ausgezeichnet durch beträchtliche Grösse, durch kugelige oder in Folge von seitlichen Abplattungen kugelsegmentähn- liche Form , und durch die vöUig homogene oder sehr zart granulirte Beschaffenheit ihres Zellkörpers. Ueber die Lebenseigenschaften der Knorpelzellen ist nicht sehr viel bekannt. Amöboide Bewegungen sind nur in einem Falle durch KölliJcer beobachtet worden. Heidenhain und nach ihm Rollett sahen die Zellen des hyalinen Knorpels unter der Einwirkung von elektri- schen Schlägen plötzlich sich verkleinern, was von dem ersteren ent- schieden als Gerinnungs- und Schrumpfungsprozess bezeichnet wird. Auch Eollett konnte diese bemerkenswerthe Erscheinung nicht für eine Lebensäusserung der Zelle erklären, weil der plötzlichen Contraction keine weitere Formveränderung mehr folgte, die Zelle vielmehr bei tagelanger Beobachtung in demselben Zustande verblieb, also wohl abgestorben war. Sehr häufig, bei älteren Individuen sogar ganz con- stant, findet man im Inneren der Knorpelzelle einen grösseren oder kleineren, meist gelb gefärbten Fetttropfen. Bei Embryonen und Kin- 126 Formen des Knorpels; hyaliner Knorpel. dern in den ersten Lebensjahren habe ich niemals fetthaltige Knorpel- zellen gefunden. Die Knorpelzellen sind in Lücken oder Höhlen der Grundsubstanz eingelagert, liegen manchmal vereinzelt und scheinbar regellos zer- streut, nicht selten aber zeigen sie eine gewisse und zwar sehr charak- teristische Anordnung, welche jedoch für die einzelnen Arten des Knorpels eine etwas verschiedene ist. Von ihr sind auch die mannig- fachen Formverschiedenheiten der Knorpelzellen zum grossen Theile abhängig. Für das Studium derselben eignen sich am besten feine Dm-clisclmitte aus Knorpeln von Embryonen oder von kaltblütigen Thieren, oder die bei den Am- phibien vorkommenden dünnen knorpeligen Ränder der Schulterblätter, des Brust- beines u. s. w., welche nach sorgfältiger Auslösung sofort die Untersuchung mit den stärksten Vergrösserungen gestatten. Um isolirte Knoi-pelzellen mit Leichtig- keit zu bekommen, wende man sich an die centralen, weichen Parthieen der Wirbel- bandscheiben. Die Knorpelzellen smd gegen äussere Einwii-kungen sehr empfindlich, daher es nothwendig ist, die Präparate mit indifferenten Zusatzüüssigkeiten herzu- stellen, wenn man sie in der natürlichen Form und Beschaffenheit zur Ansicht be- kommen will. Durch Zusatz von Wasser oder stärkeren Salzlösungen bewirkt man eine auffallende Trübung und Schrumpfung des Zellkörpers, so dass der früher sehr deutliche kuglige Kern nun in den meisten Zellen nicht mehr nachgewiesen werden kann. Eine Zellmembran ist nicht vorhanden. Man kann drei Formen des Knorpels unterscheiden : 1) den hya- linen Knorpel, 2) den Bindegewebsknorpel, 3) den elastischen Knorpel. 1) Der hyaline Knorpel. Er stellt die im Körper am meisten verbreitete Knorpelart dar; die sämmtlichen Gelenkknorpel, die Rippenknorpel, die Knorpel der Luftröhre und Bronchien, der Schild- und Ringknorpel des Kehlkopfes, die Knorpel der Nase gehören hierher. Im Fötalzustande sind über- dies die meisten Skeletknochen durch eine Knorpelanlage vorgebildet, welche aber mit der fortschreitenden Knochenentwicklung verschwindet. Mit Rücksicht auf den letzteren Umstand hat man auch die hyalinen Knorpel in permanente und transitorische eingetheilt. In seiner typischen Beschaffenheit zeigt sich der hyaline Knorpel aufgebaut aus einer Grundsubstanz, deren Eigenschaften bereits (S. 102) Erwähnung gefunden haben, und aus Zellen, welche in Höhlen dieser Substanz eingebettet sind. Die letzteren sind von ganz glatten Wänden begrenzt, entweder von kugeliger, meistens aber von ellipsoidischer oder eiförmiger Gestalt. Ihre Anordnung ist oft genug eine scheinbar regellose, öfters aber, und zwar bei bestimmten Schnittrichtungen und in gewissen Altersperioden, findet man sie zu Reihen oder Zügen ge- ordnet, welche mitunter fast geradlinig und unter einander parallel. Hyaliner Knorpel; Höhlen der Grundsubstanz. 127 Fig. 33. mitunter aber in gewissen Curven verlaufen, welche sich nach bestimmten Richtuncren hin verfolgen lassen. Die gegenseitigen Abstände der ein- zelnen Knorpelhöhlen erscheinen an Durchschnittspräparaten sehr ver- schieden gross: im Allgemeinen sind sie im jugendlichen Zustande geringer als beim Erwachsenen, in den centralen Parthieen eines Knorpels gewöhnlich grösser als in den peripheren. Man darf jedoch nicht ver- gessen, dass dabei die Dicke des Schnittes den allergrössten Ausschlag gibt, indem natürlich um so weniger Knorpelhöhlen in den Bereich des- selben fallen, je dünner er ausgefallen ist und die gegenseitigen Ab- stände daher um so grösser werden. Es haben darum vergleichende Angaben bezüglich der relativen Massenverhält- nisse zwischen Knorpelzellen und Grund- substanz etwas sehr missliches, beson- ders wenn man die höchst ungleichen Dimensionen der Knorpelhöhlen mit in Anschlag bringt. Ueber die letzteren lässt sich so viel aussagen , dass sie bei Embryonen und Kindern im All- gemeinen in einem und demselben Knorpel viel gleichmässiger sich ver- halten, als an Erwachsenen, wobei zu constatiren ist , dass die Grösse der einzelnen Knorpelliöhlen von der ersten Erabryonalanlage an bis zur Geburts- reife sich nicht bedeutend ändert, und erst von da an eine allmälig fort- schreitende Zunahme erkennen lässt. Auch sind die in den mittleren Ab- schnitten eines Knorpels gelagerten Höhlen grösser als die der peripheren Schichten. In den letzteren sind sie meistens ganz platt oder spindelförmig mid in mehrfachen Reihen parallel der Oberfläche des Knorpels geordnet. Fasst man die einzelnen Knorpelhöhlen für sich in's Auge , so findet man zunächst häufig, dass die ihnen zunächst gelegenen Zonen der Grundsubstanz sich durch eine etwas OTössere Durchsichtiorkeit, mit- unter auch durch Andeutung einer concentrischen Streifimg von den ferner gelegenen Theilen derselben unterscheiden, so dass eine jede Knorpelhöhle wie durch einen verwaschenen , lichteren Hof umgeben scheint. Ein ähnlicher Hof kann auch mehrere benachbarte Höhlen umfassen, und dieselben gleichsam zu einer zusammengehörigen Gruppe Horizontaldurchschnitt eines Tracheal- knorpels von einem 40 Jahre alten Manne. Die Grundsubstanz ist nach oben zu ganz gleichartig, zeigt von der Mitte nach ab- wärts eine feinkörnige Einlagerung von Kalksalzen; ganz unten iimschriebene Auf- faserung der Grundsubstanz. (Hartnack, Syst. VII, Ocul. 2.) 128 Hyaliner Knorpel, Knorpelkapseln, Knorpelzellen. vereinen. Durch vorsichtige Färbung eines vorher in Alkohol ent- wässerten Ivnorpelschnittes mit Anilinroth lässt sich diese Erscheinung noch deutlicher hervorheben. Bei längerem Kochen mit Wasser oder verdünnten Säuren, sowie durch Behandlung des Knorpelschnittes mit verschiedenen Reagentien, z. B. Schwefelsäure, zerfällt seine Substanz. Dies geschieht jedoch nicht gleichmässig , man kann vielmehr im ge- eigneten Zeitpunkt wahrnehmen, dass die Wandschichten der Knorpel- höhlen eine grössere Resistenz besitzen^ ja sich völlig isolirt erhalten lassen. Nach einiger Zeit erliegen auch sie der Einwirkung der ge- nannten Behandlungsmittel. Daraus kann man ersehen, dass die optische Differenz der Wandschichten der Knorpelhöhlen mit einer chemischen üngleichartigkeit gegenüber den anderen Theilen der Grundsubstanz zusammenfällt. Diese so künstlich isolirbaren Wandschichten der Knorpelhöhlen werden als Knorpelkai^seln bezeichnet. Es gibt nun Knorpelkapseln, welche eine einfache Höhle umschliessen , aber auch andere, welche durch dünne Scheidewände von hyaliner Substanz in zwei und mehrere Abtheilungen gebracht sind. Demgemäss beherbergt jede Knorpel- kapsel auch eine oder mehrere Zellen in ihrem Inneren, und zwar kommt es sehr häufig vor, dass jede derselben in einer besonderen Abtheilung der Knorpelkapsel gelegen ist. Die einzelnen Abtheilungen solcher mehrfächeriger Knorpelkapseln, sowie die in ihnen eingeschlos- senen Zellen sind meistentheils gegen einander abgeplattet, wodurch die mannigfachen Formdifferenzen der letzteren entstehen. Die Knorpelzellen füllen den Raum der Knorpelhöhlen vollständig aus, wie man sich jederzeit an ganz frischen und ohne Zusatzflüssigkeit hergestellten Präparaten überzeugen kann. Längere Zeit nach dem Tode, und nach Zusatz von Wasser, Säuren u. dgl. sieht man allerdings die Zellen von der Wand der Höhlen abgehoben, häufig sogar zu kleinen, höckerigen Klümpchen zusammengeschrumpft. Abweichungen von der compacten , rundlichen oder mehr weniger abgeplatteten Form der Knorpelzellen kommen bei höheren Wirbelthieren normaler Weise nicht vor. Hingegen sind in Fällen von pathologischer Neubildung von Knorpelgewebe (Enchondrome), sowie bei gewissen niederer stehenden Thieren (Plagiostomen, Cephalopoden) sternförmig verästigte Knorpel- zellen eine nicht seltene Erscheinung. In bestimmten Altersperioden erleidet die Grundsubstanz eigenthümliclie Veränderungen. Zunächst zeigt sich, insbesondere an den Rippen und Kehlkopf- knorpeln — bei ersteren schon vom 4. bis 5. Lebensjahre an — eine partielle faserige Umwandlung derselben. Sie tritt stets in den centralen Parthieen zuerst auf, und zeigt sich in der Weise, dass an einzelnen, umschriebenen Stellen bündel- weise straffe, gerade oder leicht gebogene Fasern erscheinen, welche sich isolii't darstellen lassen, durch Essigsäure nicht, wohl aber durch Natronlauge unter Hyaliner Knorpel; Altersveränderungen; Gefässkanäle. 129 vorhergehender Quellung aufgelöst werden. Mit dem zunehmenden Alter verbreitet sich diese Auffaserung ül)er grosse Strecken des Knoii^els , greift jedoch niemals auf die peripheren Schichten desselben über. An solchen Stellen findet man ganz besonders grosse Knoi-pelhöhlen , meist mit zahlreichen eingelagerten Zellen. Der- artige Stellen des Knoii^els sind auch schon dem freien Auge durch einen eigen- thümlichen Glanz und durch eine abweichende Farbennüance erkennbar. Eine andere, jedoch meist erst an das höhere Alter geknüpfte Erscheinung ist die mikroskopisch sichtbare Einlagerung von Kalksalzen in die Knorpelgnind- substanz. Dieselben erscheinen in Fonn feiner Körnchen, welche bald diffus in der Grundsubstanz zerstreut, bald aber mehr weniger auf die Wandschichten der Knorpelkapseln beschränkt sind. Wenn sie in etwas grösserer Menge vorhanden sind, wird der Knorpel bedeutend undurchsichtiger, härter und spröder. Man be- zeichnet diesen Zustand, welcher sich dort, wo Kuoq^el an Knochen stösst, in jedem Lebensalter und fast regelmässig vorfindet, aber auch in dem ganzen Bereich der Kehlkopf-, Luftröhren- und Rippenknorpel, vom 45. bis 50. Lebensjalire aufwärts, besonders häufig beobachtet wird, als Verkalkung des Knorpels. Von dieser ist wohl zu unterscheiden die Verknöcherung, welche bedeutend seltener vorkommt, und luit Bildung wahrer Knochensubstanz und rundlicher, gefässführender Mark- räume einhergeht. Der Knoi-pel als solcher besitzt in der Regel keine eigenen Blutgefässe. Man findet jedoch, sehr reichlich an embryonalen und kindlichen Knorpeln, aber auch an denen erwachsener Personen stellenweise grössere oder kleinere, wohl auch ver- zweigte Kanäle, welche Blutgefässe enthalten, und von der Oberfläche her mehr oder weniger weit in das Innere des Knorpels eindi-ingen und dort blind endigen. So sieht man mit freiem Auge an den Rippenknorpeln erwachsener Personen die hintere Fläche derselben mit vielen feinen Pünktchen besetzt, welche nichts anderes sind, als die Eintrittsstellen solcher Gefässkanäle. Bei Embryonen und Kindern findet sich an den verschiedensten Knorpeln und in gesetzmässiger Anordnung ein ganzes System von Gef ässkanälen , welche, wie jüngst durch C. Langer genauer erörtert worden ist, mit dem Verknöcherungsprozesse in Beziehung stehen. Die Gefässkanäle des Knorpels besitzen keine besonderen, eigenen Wandschichten, son- dern sind gleichsam in die Knorpelsubstanz selbst eingegraben. Meistentheils , je- doch nicht immer, bemerkt man in ihrer unmittelbaren Umgebung dieselbe Anord- nung und Form der Knorpelzellen, wie sie sonst nur an der Oberfläche des Knorpels vorkommt. In der ersten Zeit der Bildung des Knorpels sind solche Kanäle noch nicht vorhanden; sie erscheinen nach C. Langer an den EpiphysenknorpeLn der Röhrenknochen erst nach dem dritten Embryonalmonate (femur) ; an anderen, per- manenten Knorpeln nach meinen eigenen Beobachtungen noch viel später, und zwar stets zuerst an der Oberfläche , von welcher aus sich das Perichondrium eine Strecke weit in sie liinein verfolgen lässt. Der Inhalt der Kanäle besteht neben Blutgefässen (einer Ai-terie, zwei Venen, und in den grösseren einem ganzen Capillarnetze) aus einer formlosen oder leicht gestreiften Masse , in welcher man zellige Elemente in geringer Zahl nachweisen kann. Diese Zellen erscheinen theils spindelförmig, theils rundlich, und zeigen bald das Aussehen von Knorpel- oder Bindegewebszellen, bald aber mehr von lymphoiden Zellen. Nach Einigen sollen sie aus der Knorpelsubstanz, in Folge Zerfalles der- selben herrühren, nach Anderen aber ausgewanderte Blutzellen sein. Den ganzen Inhalt dieser Kanäle hat man mit der nicht sehr glücklichen Bezeichnung Knorpel- mark bedacht. Toi dt, Gewebelehre. 2. Aufl. 9 130 Hyaliner Knorpel; Perichondrium. Von mehreren Autoren wurde ein System feinster Kanälchen in der Knorpelgrundsubstanz beschrieben , welche durch Behandlung des Knorpels mit Gold- und Silberlösung (Heitzmann)^ oder durch Injection farbiger Flüssigkeiten {A. Budge) sichtbar gemacht werden können und welche, von den einzelnen Knorpelhöhlen ausgehend, eine ausgiebige Communication der letzteren unter einander herstellen sollen. Diese Kanülchennetze sollen nach einigen {Budge) mit einer Flüssigkeit, nach anderen {Heitzmann, Spina) mit protoplasmatischer Substanz erfüllt sein, welche letztere nichts anderes als feine Ausläufer der Knorpel- zellen darstellen würde. Die Oberfläche des hyalinen Knorpels zeigt je nach seiner Lage imd seinen Beziehungen zu der Umgebung ein verschiedenes Verhalten. Alle Knorpel, welche als mehr oder weniger selbständige Skeletstücke fungiren (Tracheal-, Kehlkopf-, Rippenknorpel) , sind an ihrer Ober- fläche mit einer fibrösen Haat, dem Pericliondrium {Knorpelhaut) über- zogen. Dieses besteht aus dicht gefügten, in verschiedenen Richtungen gekreuzten Bindegewebsbündeln und elastischen Fasern mit eingelager- ten Zellen. Es besitzt an verschiedenen Stellen eine sehr ungleiche Mächtigkeit. Nach der einen Seite hin mit dem Bindegewebe der Nachbarschaft ohne scharfe Grenze in innigem Zusammenhang, ist das Perichondrium andererseits so fest mit der Knorpelsubstanz verbunden, dass es sich ohne Verletzung dieser nicht völlig abziehen lässt. Dieser Umstand findet im Folgenden seine Begründung. Die innersten Bindegewebsbündel des Perichondriums sind in sehr spitzen Winkeln zu der Oberfläche des Knorpels gelagert und gehen dann unmittelbar in die hyaline Substanz selbst ein, so dass es an jeder dieser Bindegewebsfasern eine Stelle gibt, an welcher sie den Charakter der hyalinen Substanz annimmt und mit dieser verschmilzt. Man kann dies besonders an embryonalen oder kindlichen Knorpeln deutlich hervor- heben durch doppelte Färbung der Schnitte mit Karmin und Häma- toxylin, wobei sich die Bindegewebsbündel bis zu ihrer Umwandlungs- stelle roth, von da aber blau färben. Der Zug dieser Bündel lässt sich leicht und sicher noch eine Strecke Vt^eit in den Knorpel hinein ver- folgen (Fig. 34). Aehnlich wie die Bindegewebsbündel zeigen auch die Zellen des Perichondriums den allmäligen Uebergang zu den Knorpel- zellen, indem sie in den äusseren Schichten desselben die gewöhnliche platte Form der Bindegewebszellen zeigen, in den innersten Lagen aber zusehends an Körper zunehmen, allmälig linsenförmig werden, und wieder entsprechend der hyalinen Umwandlung der Fibrillenbündel in wahre Knorpelzellen übergehen. Auch sie lassen sich in continuir- lichen Reihen aus dem Perichondrium in die hyaline Substanz hinein ziemlich weit verfolgen. Das Perichondrium ist nicht sehr reich an Hyaliner Knoi-pel; Gelenkflächen; Entwicklung. 131 Blutgefässen, jedoch finden sich solche allenthalben und reichen mit ihrer capillaren Ausbreitung bis unmittelbar an die hyaline Substanz heran. Die Blutgefässe der Knorpelkanäle sind Abzweigungen von ihnen. Jene Oberflächen des Knorpels, welche als Gelenkflächen dienen, sind zum grössten Theile völlig nackt, jedoch kommt an den Seiten- theilen, welche nicht Contactflächen sind, eine Art endothelialer Ueber- kleidung vor, welche durch Behandlung mit Silbernitrat zur Anschauung gebracht werden kann. Es zeigt sich dabei, dass sie als eine un- mittelbare Fortsetzung des Endothelüberzuges der Synovialhaut zu betrachten ist, welche sich noch eine kurze Strecke weit über den Knorpel hin erstreckt. Fig. 34. Horizontaldurchsclmitt eines Trachealknorpels von einem 4 Jahre alten Kinde sammt dem Peri- chondrium. Man sieht den unmittelbaren I'ebergaug der Bindegewebsbündel des letzteren in die hyaline Substanz und die eigenthümliohe Anordnung der Zellen in den peripheren Knorpelschichten. (Hartnack, Syst. V, Ocul. 2.) In Betreff der Entwicklung und des Wachsthums des hyalinen Knorpels ist Folgendes zu erwähnen. Die erste Anlage von Knorpel- substanz wird im Embryo schon sehr frühzeitig beobachtet. An den Stellen , wo sich Knorpel formen soll , gewahrt man zuerst eine mehr oder weniger scharf umschriebene Anhäufung von kleinen, rundlichen Zellen, welche sich durch nichts anderes als durch ihre dichtgedrängte Anordnung von den umliegenden Zellen unterscheiden. Nach den Unter- suchungen Strasset^'s an den Extremitätenknorpeln von Salamander- und Tritonenlarven entsteht dann zunächst durch theilweise Umwandlung des Protoplasmas der ursprünglichen Bildungszellen eine dichte Kitt- substanz in Form eines die Zellen trennenden Alveohmrerkes, welchem sich weiterhin durch den Wachsthumsdruck comprimirte Zellen und Zellentheile beimengen. Die letzteren, als prochondrale Elemente be- zeichnet, geben sich als dunklere, zwischen den Zellen gelagerte Streifen 132 Hyaliner Knoi-pel; Entwicklung und Wachstlium. ZU erkennen. Das Alveolenwerk und die in ihm aufgegangenen pro- chondraleu Elemente sind die Vorläufer der eigentlichen Knorpelsubstanz, welche letztere durch direkte Umwandlung aus den ersteren entsteht {Strasser). Auch Spina kam bei neueren Untersuchungen zu analogen Resultaten. Während sich so die Grundsubstanz formt, nehmen die Zellen an Grösse zu und werden heller und durchsichtiger. Weiterhin kommen zweierlei Momente zu berücksichtigen: die Wandlungeti im Innern des Knorpels und das Wachsthum desselben von der Oberfläche her. In ersterer Beziehung beobachtet man während der allmäligen Massenzunahme der Grundsubstanz und dem damit parallel gehenden Auseinanderrücken der einzelnen Knorpelkapseln eine lebhafte Vermehrung der zelligen Elemente durch indirekte Thei- lung {Schleicher). Die nächste Folge dieser letzteren ist, dass manche Knorpelkapseln zwei Zellen beherbergen. Ist dies der Fall, so ent- wickelt sich sehr rasch eine dünne Scheidewand von hyaliner Substanz, durch welche jene beiden Schwesterzellen von einander getrennt wer- den. Wiederholt sich der Theilungsvorgang in ihnen , so hat man es mit vier neben einander liegenden, durch dünne Scheidewände von einander getrennten Zellen gemeinsamer Abkunft zu thun, welche noch zu einer Gruppe zusammengelagert und von einer gemeinschaftlichen Kapsel umschlossen sind. Durch Verstärkung einzelner oder sämmt- licher Scheidewände kann die Gruppe aufgelöst werden, während der- selbe Prozess sich von jeder einzelnen Zelle aus aufs Neue wiederholen kann. Es ist also ganz einleuchtend, dass die gruppenweise Anordnung der Knorpelzellen, wie wir sie an ausgewachsenen Knorpeln finden, auf die einzelnen Zellengenerationen zurückgeführt werden muss. Dass diese Vorgänge von einer partiellen Resorption von Grundsubstanz im Innern des Knorpels begleitet sein müssen, liegt auf der Hand; doch besitzen wir darüber keine genauere Kenntniss. Mit diesen Veränderungen im Innern des Knorpels gehen noch andere und zwar wesentlich verschiedene Vorgänge einher, welche zum Ansatz von Knorpelsubstanz an der Oberfläche führen. Es ist ein solches Wachsthum durch Apposition schon vor längerer Zeit durch Bruch, Gerlach und andere beschrieben, von der Mehrzahl der Autoren aber geleugnet worden, bis endlich auch KölUker die Möglichkeit des- selben für gewisse Fälle zugegeben hat. In neuerer Zeit ist insbe- sondere auch Schivalbe dafür eingetreten. Man kann sich nicht schwer an beliebigen Knorpeln von Embryonen oder Kindern die Ueberzeugung verschaffen, dass die seitliche Apposition von Knorpelsubstanz an be- reits bestehende Knorpel eine ganz allgemein verbreitete Thatsache ist, und zwar geschieht sie durch direkte Verknorpelung der innersten Lagen der perichondralen Bindegewebsbündel , und gleichzeitige Um- Hyaliuer Knorpel; Entwicklun«^- und Waeh.stlunn. — Netzknorpel. 133 Wandlung der dort befindlichen Bindegewebszellen zu Knorpelzellen. Ich erinnere hier an die bei Besprechung des Perichondriums ange- führten Thatsachen , und auch noch daran , dass von allen neueren Autoren, welche die Regeneration der Knorpelsubstanz nach Verletzungen untersucht haben , ganz übereinstimmend bezeugt wird , dass dieselbe durch direkte Umwandlung des vorher gebildeten Bindegewebes geschehe. Aus den vorstehenden Mittheilungen ergibt sich, dass man, soweit unsere Kenntnisse und Erfahrungen heute reichen, einen zweifachen Entstehungsmodus der Knorpelgrundsubstanz anzunehmen genöthigt ist: einmal durch Umwandlung von Zellprotoplasma und dann durch chon- drogene Metamorphose von Bindegewebsbündeln. Es lässt sich nicht leugnen, dass es mit unseren allgemeinen Anschauungen über die Natur organischer Objekte nur schwer vereinbar ist, sich vorzustellen, dass ein und dasselbe Formelement sich nach verschiedenem Modus bilden könne. Allein es stehen hier auf der einen , sowie auf der anderen Seite Beobachtungen und Thatsachen, welche sich nicht einfach von der Hand weisen lassen, wenngleich ja zugegeben werden muss , dass bei Beobachtung und Beurtheilung histogenetischer Vorgänge nur allzu leicht Täuschungen unterlaufen können. Solange aber nicht nachzu- weisen ist, wo die Täuschung liegt, bleibt nichts übrig, als mit diesen Beobachtungen zu rechnen. Abstrakte Klügeleien können uns nicht darüber hinweghelfen. 2) Der üfetzknorpel (elastische Knorpel). Er schliesst sich eng an den vorhergehenden an, insofern, als auch ihm eine hyaline, mit Knorpelhöhlen durchsetzte Grundsubstanz zukommt. Allein dieselbe ist hier von einem sehr dichten Netzwerk von feinen elastischen Fasern durchzogen, welche dem Knorpel als Ganzem eine gelbliche Farbe verleihen und seine Durchsichtigkeit er- heblich beeinträchtigen. An dünnen Durchschnitten frischer, sowie in Alkohol oder Chromsäure erhärteter Netzknorpel sieht man demgemäss zwischen den hellen und durchsichtigen Knorpelhöhlen ein dichtes Ge- wirre von feinen dunklen Fäserchen, welche, wenn eine grössere Zahl derselben der Quere nach durchschnitten ist, auch als feine Pünktchen eingestreut erscheinen. Durch die entsprechenden Reagentien lässt sich leicht sicherstellen, dass sie der elastischen Substanz angehören. Die Anordnung der elastischen Netze ist in verschiedenen Netz- knorpeln und auch bei den verschiedenen Thieren nicht ganz überein- stimmend : namentlich die Epiglottis vieler Thiere zeichnet sich durch stärkere, aber weniger verzweigte elastische Fasern aus. Auch die Dichte der Netze ist eine in weiten Grenzen schwankende. Bemerkens- 134 Netzknorpel. wertli ist, dass die elastischen Netze niclit in dem Knorpel selbst ab- geschlossen sind, sondern dass zahlreiche Fasern sich in das Perichon- drium, selbst in das umliegende Bindegewebe hinaus erstrecken. Von dem Vorhandensein der hyalinen Grundsubstanz kann man sich am leichtesten an den Rändern dünner Durchschnitte überzeugen, wo sie sich gegenüber der Zusatzflüssigkeit durch einen blassen aber deut- lichen Contour abhebt. Die Knorpelkohlen des elastischen Knorpels unterscheiden sich dadurch von denen des hyalinen , dass ihre Form meist eine gleichmässige , rundliche oder nur wenig in die Länge ge- streckte ist, und dass sie bezüglich ihrer Grrösse nur wenig von ein- Fig. 35. B ,;iT|,p|i|(f/fi/ii'ii'\ifiiiWf|, ' "'lii a m\ A Elastischer Knorpel. Durchschnitt durch den Knorpel der Ohrmuschel des Menschen in frischem Zustande. B Bindegewebsknorpel. Durchschnitt aus einem Zwischen-Wirbelbande des Menschen. (Hartnack, Syst. VIII, Ocul. 2.) ander differiren (Fig. 35 A). Nur diejenigen, welche unmittelbar an das Perichondrium grenzen, sind kleiner und abgeplattet. Ebenso ist ihre Vertheilung eine mehr weniger gleichmässige. Von den Zellen selbst ist nicht bekannt, dass sie sich in ihren Lebenseigenschaften von jenen des hyalinen Knorpels irgendwie unterscheiden. Von den Altersverän- derungen der Grundsubstanz, welche wir an dem hyalinen Knorpel be- schrieben haben, ist an dem Netzknorpel viel weniger wahrzunehmen. Die eigenthümliche Auffaserung der hyalinen Grundsubstanz findet sich jedoch ganz gewöhnlich an umschriebenen Stellen des Ohrknorpels bei Personen mittleren und höheren Alters, wobei bemerkenswerth ist, dass an diesen )Stellen die elastischen ü^etze verschwunden sind, wess- Netzkuoipel. — Bindegewebskiiorpei. 135 halb sie schon durch ihre grössere Durchsichtigkeit sofort auffallen. Verkalkung und Verknöcherung von Netzknorpel ist nur an dem Ohr- knorpel des Hundes durch H. Müller beobachtet worden. In seiner ersten Anlage gleicht der Netz;knorpel völlig dem hya- linen. Die elastischen Fasern fangen erst ungefähr in der Mitte des Embryonallebens an, in ihm sichtbar zu werden und zwar zuerst in unmittelbarster Nähe der Zellen als Fäserchen von äusserster Feinheit. Allmälig nehmen sie durch Verschmelzung benachbarter Fäserchen, vielleicht auch durch Volumszunahme ihrer Substanz (Intussusception) an Stärke zu. Der Netzknorpel hat keine sehr grosse Verbreitung im Körper; der Knorpel der Ohrmuschel, des äusseren Gehörganges und der Ohr- trompeten (über diese vergleiche das Kapitel : Sinnesorgane), ferner der Knorpel des Kehldeckels, die Wrisherg' sehen und Semtorini' sehen und zum Theil die Giessbeckenknorpel (der Processus vocalis) gehören hieher. 3) Der Bindegeivebsknorpel (Faserknorpel)*). Er zeichnet sich aus durch den völligen Mangel der chondrogenen, hyalinen Zwischensubstanz. Anstatt derselben findet man in den mei- sten Fällen eine fibrilläre, glutingebende Grundmasse (Fig. 35 B), welche dem Wesen nach der des fibrillären Bindegewebes gleichkommt. Demgemäss ist der Bindegewebsknorpel auch weicher und biegsamer, als die anderen Formen. Gewöhnlich sind die Fibrillen ausserordent- lich fein und nur ganz locker, oder auch gar nicht, zu Bündeln ver- einigt. Sie sind entweder zu parallel laufenden, oder in bestimmten Richtungen überkreuzten Zügen geordnet, oder in den verschiedensten Richtungen unregelmässig durch einander gewoben. Die zwischen ihnen gelegenen Zellen sind dem äusseren Habitus nach den gewöhnlichen Knorpelzellen völlig gleich, kommen theils einzeln, theils zu grösseren oder kleineren Gruppen vereinigt vor, sind jedoch im Ganzen verhält- nissmässig spärlich und sehr ungleich vertheilt. Der Bindegewebsknorpel findet sich an verschiedenen Stellen des Körpers, häufig aber nicht völlig umschrieben, sondern zum Theil in hyalinen Knorpel, zum Theil in fibrilläres Bindegewebe übergehend. Als seine hauptsächhchsten Fundstätten sind zu nennen : die Zwischen- gelenksknorpel, die Labra cartilaginea der concaven Gelenksflächen, die Bandscheiben der Wirbelsäule, zuweilen die Cartilago triticea des Kehl- kopfs und endlich die meisten jener Abschnitte der Muskelsehnen, *) Von einigen Autoren wird unter der Bezeichnung Faserknorpel ebenso- wohl der elastische, als auch der Büidegewebsknoi-pel verstanden. 136 Bijadegewebsknorpel ; Zwisclienwirbelbänder. — Knoclien. welche an Knoclien hin und her gleiten. An den letztgenannten Stellen lässt sich namentlich auf's Deutlichste die unmittelbare Continuität des Knorpels mit dem Bindegewehe demonstriren und zwar in der Weise, dass man nicht nur die fibriUäre Grundsubstanz allenthalben von einem in das andere Gewebe ohne Unterbrechung übergehen sieht, sondern auch die unzweideutigsten üebergangsformen von Bindegewebs- und Knorpelzellen neben einander auffinden kann. Ja es erstrecken sich vereinzelte Knorpelzellen noch ziemlich weit in das Sehnengewebe hinein, sowie andererseits in dem Knorpel selbst neben den Knorpel- zellen auch charakteristische Bindegewebszellen nicht selten einge- streut sind. Am interessantesten ist das Verhalten des Bindegewebsknorpels in den Zwischenbandscheiben der Wirbel. Man findet hier an erwach- senen Personen mittleren Alters die obersten und untersten Schichten aus hyahnem Knorpel mit platten, hnsenförmigen , reihenweise geord- neten Zellen bestehen. Diese Lage vermittelt den Zusammenhang des Bandes mit den Wirbelkörpern. Unmittelbar aus ihnen gehen in regel- mässigen, schief verlaufenden Zügen die Fasermassen des Bindegewebs- knorpels hervor, welche sich schichtenweise überkreuzen. Gegen die centrale Parthie des Bandes (den sog. Gallertkern) zu werden die Fibrillen immer undeutlicher und verlieren sich allmähg in eine dick- flüssige, formlose, reich mit Knorpelzellennestern durchsetzte Masse. Von dieser ist nachgewiesen worden, dass sie aus den Ueberresten der fötalen Chorda dorsalis herstammt. Die am meisten gegen die Peri- pherie gelegenen Theile der Zwischenwirbelscheiben bestehen aus einem derben Bindegewebe, welches seinerseits ebenfalls ohne scharfe Grenze in den Bindegewebsknorpel übergeht. Aehnlichen Uebergängen von hyalinem Knorpel in Faserknorpel begegnet man auch in den Labra cartilaginea der concaven Gelenks- flächen. III. Der Knochen. Fertiget man durch verschiedene (frische oder besser macerirte) Knochen Durchschnitte an, so findet man bei der Betrachtung mit freiem Auge, dass das Gefüge der Knochensubstanz nicht allenthalben dasselbe ist. Kurze Knochen zeigen sich im Innern ganz aus dünnen, zarten Blättchen und Bälkchen zusammengesetzt, welche in den ver- schiedensten Richtungen an einander stossen und rundliche oder viel- eckige Lücken zwischen sich lassen. Man bezeichnet dieses Gefüge als spongiöses, die zwischen den Knochenblättchen bleibenden Räume, welche an frischen Knochen mit einer weichen rothen Masse — dem Spongiöser Knochen; Knochenlamellen, Knochenkörperchen. 137 Knochenmarie — erfüllt sind, als Markräume. An der Oberfläche ver- einigen sich die Blättchen der spongiösen Substanz zu einer papier- blattdünnen fortlaufenden Rindeuschichte, welche jedoch von zahlreichen feinen Oeffnungen durchbrochen ist. Die langen oder Höhrenknochen zeigen in ihren Diaphysen eine verhältnissmässig dicke Schichte weisser, festgefügter compacter Substanz, welche die Hauptmasse des Knochens darstellt und eine cylindrische Höhle — die MarUiöhle — umschliesst. Gegen die letztere zu blättert sich die compacte Substanz mehr oder weniger auf, so dass entweder mir einzelne Blättchen in die Mark- höhle hineinragen, oder aber dieselbe von einem feinen und zierlichen Gebälke von spongiöser Substanz durchsetzt wird. Die Epiphysen der Röhrenknochen sind ganz nach Art der kurzen Knochen beschafli'en, nur zeigen die spongiösen Blättchen meist eine mehr regelmässige An- ordnung. Die Oberfläche der Knochen ist durchwegs von zahlreichen, feinen Oeffnungen durchbrochen, von welchen aus man häufig feine Kanälchen in schiefer Richtung in's Innere des Knochens eindringen sieht. Diesen, dem freien Auge leicht zugänglichen Eigenthümlichkeiten in der Fügung des ausgewachsenen Knochens liegt nun keineswegs eine wesentliche histologische Verschiedenheit der Knochensubstanz selbst zu Grunde, es ist nur die Anordnung derselben, welche den verschiedenen Knochen und Knochentheilen einen besonderen Charakter verleiht. Entnimmt man der Spongiosa irgend eines macerirten, getrock- neten Knochens ein möglichst dünnes Blättchen (sehr zweckmässig sind auch die dünneren Blättchen des Siebbeinlabyrinthes zu verwenden), und bringt dasselbe mit Zusatz von Wasser unter das Mikroskop, so erscheint die Grundsubstanz hell, durchscheinend und völlig homogen oder leicht streifig. An schiefen Bruchflächen solcher Blättchen lässt sich jedoch häufig ganz deutlich erkennen, dass sie aus mehrfachen, fest mit einander verbundenen, blattartigen Schichten — den Knochen- lamellen der Autoren — bestehen. Durch geeignete Methoden lässt sich sicherstellen, dass die Fibrillen der Grundsubstanz, den schicht- weise gefügten Lamellen entsprechend, in wechselnden Richtungen ver- laufen und dass benachbarte Lamellen dvirch Austausch von Knochen- fibrillen in gegenseitigem Zusammenhang stehen (v. Ebner). In der Grundsubstanz finden sich zahlreiche, dunkle, zackige Figuren einge- tragen, welche nichts anderes sind, als Lücken oder Hohlräume, welche, weil sie mit Luft erfüllt sind, schwarz erscheinen. Es sind dies die sogen. Knochenkörperchen. Sie haben eine ellipsoidische oder linsen- förmige Gestalt, messen in der Länge 15 — 27 |j- und senden nach allen Richtungen hin feine, lange, hie und da auch verästigte Ausläufer aus — die Knochenkanälchen, — welche mit denen der benachbarten Knochen- X38 Spongiöser Knochen; Kuochenz eilen, Havers'ache Kanäle. körperchen zusammenfliessen. Es ist so die ganze Grundsubstanz des Knochens von einem Sj^stem äusserst feiner und dicht gelagerter Ka- nälchen durchzogen, deren erweiterte Knotenpunkte eben die Knochen- körperchen sind. Die letzteren beherbergen im frischen Zustande in sich die zelliffen Elemente dei- Knochensubstanz — die Knochenzellen. Es sind dies linsenförmige oder spindelförmige Zellen, von deren Oberfläche feinste Fortsätze auslaufen, mit welchen sie sich in die Knochenkanälchen hinein erstrecken können. Ob die Fortsätze be- nachbarter Zellen in Zusammenhang treten, ist nicht sicher zu erweisen; ebensowenig ist man darüber im Klaren, ob der Raum der Knochen- körperchen vollständig von den Zellen ausgefüllt wird, oder ob neben den letzteren noch freie Flüssigkeit Platz findet. Die Beobachtung der Knochenzellen ist überhaupt eine ziemlich schwierige und kann mit Aussicht auf Erfolg an den dünnen Knochenblättchen des Siebbein- labjrinthes kleiner Säugethiere versucht werden. Färbung mit Anilin- roth oder Pikrokarmin leistet dabei gute Dienste. Auch frische Knochen, Avelche mit Pikrinsäure oder mit Chlorpalladium entkalkt sind, zeigen an Durchschnitten die Zellen häufig recht deutlich ; ob sie aber durch diese Behandlungsmethode nicht deformirt worden sind, muss dahin- gestellt bleiben. Ausser den Knochenkörperchen und deren Ausläufern sieht man an den Blättchen der spongiösen Substanz ganz vereinzelte gröbere, drehrunde Kanäle von meist 40 — 90 (x Durchmesser, welche sich ab und zu dichotomisch verästigen. Sie sind unter dem Namen Havers'sche Kanäle bekannt und enthalten im Leben die Blutgefässe des Knochens. In den feinsten spongiösen Knochenblättchen fehlen sie vollständig oder kommen nur dort vor, wo zwei oder mehrere derselben winklig an einander stossen ; gröbere Blättchen werden stets nach der einen oder anderen Richtung von ihnen durchzogen. Einer viel complicirteren Anordnung der Substanz begegnet man iu den compacten Theilen des Knochens. Zum Behufe ihrer Unter- suchung wendet man sich am zweckmässigsten zuerst zu den Diaphysen kleiner Röhrenknochen., und zwar ist es nothwendig, sich dünne, durch- sichtige Abschnitte derselben nach zwei Richtungen — quer und pa- rallel zu ihrer Längsaxe — zu verschafiPen. Man kann hiezu entkalkte Knochen benützen, welche man mit dem Messer leicht schneiden kann; besser ist es aber, sich Schliffe aus dem frischen oder macerirten Knochen anzufertigen, wobei man in folgender Weise vorgeht. Mit einer feinen Säge entnimmt man in der entsprechenden Richtung einen möglichst dünnen Abschnitt der compacten Substanz, kittet denselben mit Schellack an die plane Fläche eines gewöhnlichen Korkstöpsels und bearbeitet nun die freie Fläche mit einer feinen planen Feile. Scheint das Plättchen hinreichend dünn, so glättet man es an einem Schleifstein und schliesslich noch zwischen zwei Glasplatten. Compacter Knochen ; Unter.suchungsmethotle. 139 Anstatt der Feile und des Schleifsteines kann man auch zuerst gröbere und dann feinere Sorten von Schmirgelpapier [Lavdowsky) verwenden. Ist die eine Seite des Plättchens hinreichend glatt, so löst man es (durch Eintauchen in Alkohol) von dem Korkstöpsel ab und beginnt mit der anderen Seite dieselbe Procedur. Es ist zweckmässig, sich dünnere und dickere Präparate (namentlich von Längsschliffen) herzustellen. Die Untersuchung des Knochenschliffes geschieht am besten in Wasser, in welchem er auch conservirt werden kann. Die gebräuchlichste Methode der Conservirung ist aber die in Canadabalsam , wobei der Schnitt vor dem Einlegen gut getrocknet werden muss. Der Balsam wird zu diesem Behufe in möglichst Fig. 30. f^M^^W^^^y^^^sm^ tk: V ^h '■i: i,M^.< -■OIMAÜ A Schliff durch einen menschlichen Phalangenkuochen parallel seiner Längsaxe. B Querschliff eines ebensolchen Knochens. Beide in Wasser conservirt. (Hartnack, Syst. II, Ocul. 3.) 30mal vergrössert. dickflüssigem Zustande verwendet, damit er nicht in die Kanälchen und Höhlungen des Knochens eindringe. Nach dem oben genamiten Autor wird dies am leichtesten verhindert durch vorhergehendes Ueberziehen des Schliffes mit einer Schichte Gummi arabicum. Die Kanäle und Höhlen des KnochenpräiDarates bleiben dann mit Luft erfüllt, und erscheinen deshalb bei der mikroskopischen Untersuchung tief schwarz ; es lassen sich an ihnen die feinsten Ausläufer leicht und sicher verfolgen. Ist hingegen die Luft durch Eindringen des Balsams verdi'ängt worden, so findet man die grösseren Höhlungen hell glänzend, ihre feinen Ausläufer sind gar nicht mehr sichtbar. An LängsschlifFen, welche in der angegebenen Weise hergestellt worden sind , sieht man mit schwachen Yergrösserungen (Fig. 36 A) ein System von Kanälen, welche im Allgemeinen unter einander pa- 140 Compacter Knochen; Havers'sche Kanäle. Ficj. 37. rallel verlaufen und der Axe des Knochens gleich gerichtet sind. Ab und zu verästigen sie sich in sehr spitzen Winkeln oder werden durch kurze Queräste mit einander verbunden. Es sind dies die bereits oben erAvähnten Havers' scheu Kanäle. Ueber ihren Inhalt kann man bei der angegebenen Präparirmethode nichts erfahren. Die nächste Umgebung dieser Kanäle zeigt sich bei schwacher Vergrösserung nur etwas dunkler als die übrigen Theile der Knochensubstanz, bei stärkeren Vergrösse- rimgen jedoch erkennt man, dass zu beiden Seiten eines jeden Kanales die Grundsubstanz mit einer Anzahl feiner, gerader Streifen versehen ist, welche in regelmässigen Ab- ständen von einander, und der Wand des Kanales parallel ver- laufen. Die Knochenkörperchen erscheinen der grössten Mehrzahl nach verhältnissmässig lang ge- streckt und schmal, den genannten Streifen entsprechend zu ziemlich regelmässigen Längsreihen geord- net, in den übrigen Parthieen der Grundsubstanz jedoch weniger gleichmässig gelagert (Fig. 37). Die Ausläufer der Knochenkörperchen erscheinen als feine dunkle Streifen, welche die Grundsubstanz nach allen Richtungen durchziehen; viele von ihnen aber sind cjuer oder schief im] M -c5 Aus dem Längsschliff eines menschlichen Finger- knochens ; a ein Ilavem' scher Kanal in der Längen- ansicht; bb die Grenzen des zu ihm gehörigen Lamellensystems, ilan sieht in dem letzteren die regelmässige Anordnung der Knochenkörperchen. (Hartnack, Syst. VIII, Ocul. 2.) ZU der Fläche des Schnittes gestellt und zeigen sich dann als dunkle Punkte, welche theils gruppenweise, theils mehr zerstreut vorkommen. Man kann sich auch leicht davon überzeugen, dass die Ausläufer der Knochenkörperchen die Wandungen der Havers'' sehen Kanäle durch- brechen und so die Lumina beider vielfach mit einander in Zusammen- hang stehen. Hat man einen guten KnochenschliflF, welcher die ganze Dicke der compacten Substanz in sich begreift, vor sich, so sieht man auch, dass die Havers'^ sehen Kanäle ebensowohl an der Oberfläche des Knochens als auch gegen die Markhöhle zu stellenweise frei ausmünden. Untersucht man nun einen Schliff, welcher quer zur Axe des Knochens geführt ist (Fig. 3G B), so erhält man ein wesentlich anderes Bild , welches aber mit dem oben beschriebenen zusammengehalten, ganz geeignet ist, eine richtige Vorstellung über die Textur des Kno- chens zu gewähren. Man begegnet dabei zunächst in grösseren oder Compacter Kaoclien; Lamellensystemo. 141 kleineren Abständen den Durchschnitten der Ilavers' sehen Kanäle, welche, weil zum allergrössten Theil quer getroffen, als kreisrunde Lücken in der Knochensubstanz erscheinen. Mitunter jedoch gewahrt man, dass zwei benachbart gelegene durch ein anastomotisches Kanälchen in Zu- sammenhang gebracht sind. Ein jeder solcher Querschnitt ist nun von einem System concentrisch geordneter, heller Streifen umgeben, deren Anzahl gewöhnlich mit der Weite des Kanälchens steigt. Meistens sind ihrer 5—12. Sie sind durch feine, dunklere Linien gegen einander abgesetzt und stellen alle vollkommene, in sich verlaufende Ringe dar. Dieses concentrische Ringsystem ist nichts anderes, als der Querdurch- schnitt einer Anzahl von Knochenlamellen, welche wie in einander ge- steckte Röhren den Hav er s' sehen Kanal umgeben. Die zu je einem solchen Kanal gehörigen, hülsenförmigen Knochenlamellen heisst man ein Havers'sches LanieUensystem {Speciallamellen Frey). Auf dem Längs- durchschnitte des Knochens entsprechen ihnen die oben angeführten, dem Kanäle zu beiden Seiten parallel laufenden, geraden Streifen. Auch hier lässt sich mit hinreichend starken Vergrösserungen erkennen, dass die Richtung der Knochenfibrillen in den an einander grenzenden Lamellen eine verschiedene ist und dass zwischen den letzteren ein Austausch von Fibrillen stattfindet. Die Durchschnitte der einzelnen Lamellensysteme stossen zum Theil unmittelbar an einander, zum Theil aber sind sie durch Knochen- substanz von einander getrennt, welche entweder fast gleichartig aus- sieht, oder aber, besonders bei starken Vergrösserungen, ein gestreiftes Aussehen erkennen lässt. Diese Streifung ist aber nicht mehr eine so regelmässige, wie in den Havers' sehen Systemen, sondern es verlaufen kürzere oder längere Züge paralleler Streifen in den verschiedensten Richtungen, theils gerade, theils gebogen zwischen den ersteren hin- durch. Diese Streifung ist ebenfalls der Ausdruck durchschnittener Knochenlamellen, welche gewissermassen als Ausfüllungsmasse zwischen den Havers'sehen Systemen eingeschaltet sind. Man bezeichnet sie als intermediäre Lamellensijsteme. In den verschiedenen Knochen findet man sie in sehr ungleicher Ausdehnung, so dass sie bald ziemHch spär- lich sind, bald aber beträchtliche Strecken zwischen den Havers'sehen Systemen einnehmen. Eine dritte Kategorie von Lamellen findet man endlich an der Oberfläche des Knochens. Sie bilden gleichsam eine mehrfach ge- schichtete Schale um den ganzen Röhrenknochen und erscheinen daher auf dem Querschnitte als helle, der Oberfläche des Knochens gleich gerichtete Streifen in grösserer oder geringerer Zahl. Für sie ist der Name Grundlamellen {Generallamellen Frey) gebräuchlich. Sie stehen insoferne mit den intermediären Lamellensystemen in Beziehung, als 142 Compacter Knochen; Knochenkörperchen. — Platte Knochen. die letzteren häufig sich von ihnen abzuzweigen scheinen. Aehnlich wie an der äusseren Oberfläche, findet man auch an der Grenze der compacten Substanz gegen die Markhöhle häufig eine Art von Grund- lamellen, doch sind sie hier weder so constant, noch auch so regel- mässig gelagert, da sie sich von Strecke zu Strecke in jene spongiösen Knochenblättchen fortsetzen, welche in die Markhöhle hineinragen. Die Knochenkörperchen erscheinen an Querschliffen entsprechend dem Verlaufe der verschiedenen Lamellen geordnet und zwischen ihnen eingelagert. Ihre Form zeigt sich hier wesentlich anders als an den Längsschnitten; sie ist fast ausnahmslos eine rundliche oder elliptische, nur selten findet man jene langgestreckten Gestalten , wie sie an den Längsschnitten die Regel bilden. Es erklärt sich dies daraus, dass die Knochenkörperchen mit ihrem längsten Durchmesser zu den Havers- schen Kanälchen, imd überhaupt in der Mehrzahl zu der Längsaxe des Knochens parallel gestellt sind. Nur dort, wo quere Anastomosen der ersteren in den Schliff fallen, und wo es die Verlaufsrichtung der intermediären Lamellensysteme mit sich bringt, zeigen sie sich auch auf dem Querschliff mit ihrem längsten Durchmesser. Einen ganz analogen Bau, wie in den Röhrenknochen, zeigen auch die Lagen der compacten Substanz, welche sich an den •platten Knochen vorfinden; auch an ihnen beobachtet man die drei verschie- denen Arten der Lamellensysteme, nur ist die Anordnung der Havers- schen Systeme eine minder regelmässige, weil die Gefässkanäle in flächenartiger Ausbreitung unter zahlreicher Anastomosenbildung zwi- schen den verschiedenen Schichten der Knochenplatte einen ziemlich ungeordneten Verlauf einhalten. An der Grenze gegen die spongiöse Mittelschichte erweitern sich die Havers' sehen Kanäle sehr bedeutend und gehen unmittelbar in die Markräume derselben über. Aus dem bisher Erörterten geht hervor , dass alle Knochen , in welcher Form wir sie immer treffen, der Wesenheit nach aufgebaut werden durch die mikroskopisch düniien Lamellen der Grundsubstanz. An den spongiösen Blättchen einfach der Fläche nach an einander ge- lagert, werden sie in ihrer Anordnung in dem compacten Knochen wesentlich durch das Dazwischentreten zahlreicher Gefässkanäle beein- flusst. Indem die letzteren sämmtlich von concentrisch an einander geschichteten röhrenförmigen Lamellen umschlossen werden, ergibt sich daraus für die langen Knochen, in welchen sie der grossen Mehrzahl nach längs gerichtet sind , ein Grundstock von Knochensubstanz , wel- chen man mit einer Anzfihl von Hohlsäulen vergleichen kann , deren Richtung der Belastungsrichtung des Knochens entspricht. Der zwi- schen diesen Säulen — den Havers'schen Lamellensystemen — übrig bleibende Raum wird durch die intermediären Lamellen ausgefüllt und Grenzschichte der Ilavas' selten KiUiiUc und dci- Knochenkörpercheii. 143 Alles zusammen von einer Anzahl der Oberfläche des Knochens gleich- laufender Lamellen — den Grundlamellen — wie durch eine gemein- same Schale eingehüllt. Es erübrigt nun noch eines Vorkommnisses Erwähnung zu thun, welches, wenngleich minder in die Augen fallend, doch bei dem Auf- bau der Knochen eine nennenswerthe Rolle spielt. Behandelt man einen frischen Knochen mit starker Salzsäure, so wird er nach einer gewissen Zeit der Einwirkung unter massiger Aufquellung weich und biegsam, er hat seine Kalksalze verloren, seinen Bau aber und seinen inneren Zusammenhang bewahrt. Lässt man nun die Einwirkung fort- dauern, so blättern sich an seiner Oberfläche zunächst mehrere Schichten ab , dann aber verwandelt sich das Ganze in eine leicht zerfallende, faserige Masse. Untersucht man dieselbe, so erfährt man, wie jüngst von C. Langer beschrieben worden ist, dass die isolirbaren Fasern nichts anderes sind, als die Havers^ sehen Lamellensysteme, deren geschichteter Bau zum Theile noch vorhanden ist. Als nächste Begrenzung des Lumens der Havers'schen Kanäle erkennt man aber eine glashelle, strukturlose, rigide Membran, welche stellenweise an den Rissenden der Lamellensysteme etwas vorragt. Bei noch längerer Einwirkung der Säure zerfällt die Substanz der Knochenlamellen vollkommen, imd es lassen sich dann jene Begrenzungshäute der Havers'schen Kanäle auf längere Strecken hin isolirt erhalten. In ähnlicher Weise verhält sich, wie schon seit längerer Zeit durch Virchoiv bekannt ist, die unmittel- bare Wandschichte der Knochenkörperchen gegen den Einfluss der Säure derart widerstandsfähig, dass auch die Knochenkörperchen inner- halb der zerfallenen Masse in ihrer charakteristischen Form gefunden werden. (Allerdings hatte sie Virchoic irrthümlich für die Knochen- zellen selbst gehalten, bis durch Fürstenherg und Xeumann der wahre Sachverhalt erkannt wurde.) Es ist also durch die Beobachtung Längeres dargethan, dass das ganze den Knochen durchziehende Lücken- und Höhlensystem mit einer differenten, durch ihre Widerstandsfihigkeit gegen Salzsäure ausgezeichneten , hautartigen Schichte ausgekleidet wird. Dass dieselbe allenthalben ein Continuum bildet, ergibt sich daraus, dass an der äusseren Oberfläche der isolirten Begrenzungs- membran der Havers'schen Kanäle zahlreiche, kurze, fadenförmige An- hänge festsitzen, welche nichts anderes sind als die Ausläufer der Knochenkörperchen. Neueren Mittheilungen Broesike''s zufolge sollen diese Membranen aus Keratin bestehen. Die äussere Oberfläche der Knochen ist von einer fibrösen Haut, der Beinhaut (Periost), überzogen. Dieselbe besteht aus zwei unvoll- ständig von einander getrennten Schichten, deren äussere, durch ihren grossen Reichthum an Blutgefässen ausgezeichnet, vorwiegend aus 244 Periost, Sharpey'sche Fasern; Knochenmark. Bindegewebsbündeln besteht, welche in verschiedenen Richtungen durch einander geflochten sind. Sie steht allerseits mit den bindegewebigen Theilen der Nachbarschaft in Zusammenhang und kann sogar mitunter sehr innig mit denselben verschmelzen (Schleimhaut des Gaumens und der Nase). Die innere Lage der Beinhaut ist ärmer an Blutge- fässen und ausgezeichnet durch einen beträchtlichen Reichthum an ela- «tischen Fasernetzen. Sie haftet dem Knochen nicht überall gleich fest an und ist stellenweise auch an ausgewachsenen Knochen durch Ver- mittlung einer Lage von rundlichen oder abgeplatteten Zellen — deren Bedeutuno- für die Knochenentwicklung wir alsbald kennen lernen wer- den — mit der Oberfläche derselben verbunden. Der Zusammenhang der Knochen mit der Beinhaut wird einerseits durch eine grosse .Anzahl feiner, von der letzteren in den ersteren eindringender Blutgefässe bedingt, andererseits aber durch eine eigenthümliche Formation gefestiget, welche unter dem Namen der Sharpeif sehen oder perforirenden Fasern^) bekannt ist. Sie stellen starre, bindegewebige oder verkalkte, faser- artige Gebilde dar, welche von der Beinhaut aus in senkrechter Rich- tung in die compacte Knochensubstanz eindringen, dabei die Grund- lamellen derselben durchbohren und bald mehr, bald weniger tief zwischen die Havera'' sehen Lamellensysteme verfolgt werden können. Man kann sie am besten an entkalkten Knochen durch Zerzupfen der oberfläch- lichen Schichte derselben darstellen, wobei sie nicht selten isolirt er- halten werden und auch ihr continuirlicher Zusammenhang mit den Bindegewebsbündeln der Beinhaut constatirt werden kann. Die Mächtig- keit der Beinhaut ist je nach der Oertlichkeit sehr verschieden, am stärksten wird sie dort, wo Sehnen und Bänder sich an den Knochen ansetzen. An diesen Stellen wird auch ihre Verknüpfung mit dem Knochen dadurch gefestigt, dass der letztere mit zahlreichen kleinen Furchen und Grübchen versehen ist, in welche die inneren Lagen der Beinhaut eindringen. Das Knochenmark füllt die Markräume der Knochen aus und er- streckt sich stellenweise selbst in die Havers''schen Kanäle hinein. Es zeigt beim Menschen verschiedene Erscheinungsformen. Das rothe Knochenmark erfüUt typisch die spongiösen Räume der Rumpfknochen und zum Theile die centralen Markhöhlen und die Epiphysenräume der langen Röhrenknochen. Das gelbe oder Fettmark, dessen Farbe von seinem grossen Gehalte an Fett herrührt, findet sich vorwiegend in den centralen Markhöhlen der Röhrenknochen, greift mehr oder weniger weit in die spongiösen Räume der Epiphysentheile über und *) Kürzlich hat G. Clementi den Nachweis geliefert, dass diese G-ebilde, deren Entdeckung gewöhnlich Sharpey (1856) zugeschrieben wird, schon in früherer Zeit einzelnen italienischen Anatomen {Gagliardi 1689, und Troja 1814) bekannt ge- wesen sind. Knochenmark, 145 kann diese wohl auch vollständig einnehmen. Im Einzelnen zeigt die Vertheilung des gelben und rothen Knochenmarkes mancherlei Diffe- renzen, welche neuerdings von E. Neumann betont worden sind, aber noch weiterer Untersuchung bedürfen. Bei alten und abgemagerten Individuen, an denen das Fett grösstentheils geschwunden ist, zeigt das Mark in den Diaphysen der Röhrenknochen meist eine röthlich- gelbe Farbe und ist durchscheinend, schleimig und fadenziehend ge- worden. Es wird daher als gelatinöses Knochenmark bezeichnet. Es muss indessen ausdrücklich hervorgehoben werden, dass das ganze Knochenmark, so wie es für einen und denselben Knochen räumlich ein Continuum bildet, auch bezüglich seiner histologischen Beschaffen- heit im Wesentlichen überall dasselbe ist. Die geweblichen Elemente des Knochenmarkes bestehen zunächst aus einer geringen Menge von feinfaserigem, fibrillärem Bindegewebe, welches in Verbindung mit einem zarten, reticulären Zellennetze eine Art von Gerüste herstellt. In dasselbe eingelagert sind in grosser Anzahl kleine, runde, lymphoide Zellen {Markzellen) und eine wechselnde Menge von Fettzellen. Einen verhältnissmässig ausgiebigen Bestand- theil des Knochenmarkes bilden ferner die Blutgefässe, von welchen später gehandelt werden soll. Mit Bezug auf das Bindegewebe des Knochenmarkes ist zu be- merken, dass es vorzüglich in der Nähe der grösseren Blutgefässe, als Umhüllung derselben vorkommt, ausserdem aber in beträchtlicher An- sammlung nur noch in der Peripherie der Markhöhlen der grossen Röhrenknochen zu finden ist, wo es gleichsam eine äussere Begrenzungs- schichte des Knochenmarkes darstellt. Eine besondere Membran, als welche diese oberflächliche Bindegewebslage unter dem Namen Mark- haut (Endosteum) wohl auch beschrieben worden ist, existirt in der That nicht. Das reticuläre Zellennetz des Knochenmarkes ist ziemlich schwierig darzustellen, unterscheidet sich aber der Wesenheit nach nicht von jenem der Lymphknoten. Die Eigenschaften der Markzellen sind bereits auf Seite 45 be- schrieben worden. Ebenso wurde an anderer Stelle (S. 56) der blut- bildenden Zellen des Knochenmarkes Erwähnung gethan. Ausser diesen beiden Zellenformen trifft man in dem rothen Knochenmark noch sogen. Blutkörperchen führende Zellen und viel- kernige Riesenzellen. Die ersteren, äusserst unbeständig, hat man, weil sie mitunter auch gelbliche Pigmentkörnchen enthalten, mit der Rück- bildung und der Zersetzung der farbigen Blutköi'perchen in Beziehung gebracht ; die Riesenzellen (S. 36) haben in jüngster Zeit durch Kölliker eine eigenthümliche Deutung erfahren, von welcher noch weiter unten die Sprache sein wird. Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 10 146 Knochenmark; Blutgefässe der Knochen. Die fettführenden Zellen, in den Diaphysen woM die Hauptmasse des Knochenmarkes bildend, finden sich auch in dem rothen Mark allenthalben in grösserer oder kleinerer Zahl eingestreut ; nur in jenen Markhöhlen, welche ganz nahe dem Knorpelüberzuge der Knochen liegen, scheinen sie vollends zu fehlen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie zum grössten Theile auf Markzellen zurückgeführt werden müssen, wenn man auch nicht leugnen kann, dass vielleicht einzelne von ihnen den Bindegewebszellen zugehören. Wird in Folge von an- dauernd schlechten Ernährungsverhältnissen des Körpers das Fett dieser Zellen allmälig aufgebraucht, sie selbst dem entsprechend verkleinert, so muss der Raum, welchen das Fett eingenommen hatte, in irgend einer Weise ausgefüllt werden. Dies geschieht theils durch Erweiterung der Blutgefässe, theils aber durch Ansammlung einer schleimhaltigen Flüssigkeit zwischen und in den Zellen. In Folge dessen entsteht jene Form des Knochenmarkes, w^ eiche man als die gelatinöse bezeichnet. Die Blutgefässe der Knochen. Beinhaut, Knochensubstanz und Mark sind von reichlichen Blutgefässen durchzogen, welche für alle drei genannten Theile zusammen ein Continuum, ein einheitliches Ge- fässgebiet bilden. Dasselbe ist jedoch keineswegs in sich abgeschlossen^ vielmehr nach allen Seiten hin mit der Umgebung in Zusammenhang. Eine eigentliche Abgrenzung erfährt es nur dort, wo die Knochen mit Knorpelüb er Zügen versehen sind, oder starken Bandmassen zum Ansätze dienen. Die grösseren zu- und ableitenden Gefässe der Knochen sind meist an solchen Stellen zu finden, wo Fasciendissepimente oder Muskeln sich au sie anheften. Von da aus vertheilen sie sich in feinen Ramifi- kationen durch das Periost, während andere Zweige durch die zahl- reichen feinen Oeffnungen in der Oberfläche des Knochens in die Substanz derselben eintreten. Durch grösseres Kaliber ausgezeichnete Gefässe der letzteren Art werden Vasa nutritia genannt; sie sind es, welche insbesondere zum Knochenmark in Beziehung treten. Im Periost führt vorzüglich die äussere Schichte eine stark ent- wickelte Gefässramifikation, welche allerorts mit den Gefässen der be- nachbarten Gewebstheile in Communikation steht. Es sind der Mehrzahl nach netzförmige Ausbreitungen von Venen- und Arterienzweigchen, deren Ausläufer in gerader Richtung die innere Beinhautschichte durch- brechen, um so an die Knochensubstanz zu gelangen. Capillargefässe finden sich hier meist nur, wo Nervenzweigchen oder Fettgewebsläppchen eingelagert sind. Die zahlreichen feinen Poren an der Oberfläche der compacten Knochensubstanz leiten diese kleinsten Gefässchen unmittelbar in die Havers'schen Kanäle. In diesen findet man fast ausnahmslos zwei oder drei Gefässe neben einander, ein arterielles und ein oder zwei Blutgefässe der Knochen. 1 4 7 venöse Stämmchen. In grösseren llavers^schen Kanälen kommt nicht selten ein wohl entwickeltes Capillarsystem vor, jedoch nur dann, wenn sie zugleich Knochenmark enthalten (Langer ). In Folge des ausgie- bigen Zusammenhanges, welcher unter den Havers'' sehen Kanälen durch die ganze compacte Substanz hindurch besteht, entwickelt sich eine ganze Kette von Anastomosen zwischen den in ihnen enthaltenen Ge- fässen. An der inneren Grenze der compacten Substanz übergehen sie unmittelbar in das Gefässnetz des Knochenmarkes. Dieses wird, so weit es dem röhrigen Theile des Knochens angehört, zunächst durch die Vasa nutritia gespeist. Die Arteriae nutritiae zeigen das eigenthümliche Verhalten, dass sie bald nach ihrem Durchbruch durch die compacte Substanz, und noch während desselben eine grosse Anzahl feinster Zweigchen abgeben, welche sich netzartig unter einander verstricken. Sie durchziehen im weiteren\.Verlauf der Länge nach die Markhölile des Knochens gegen beide Enden hin, fort und fort feine Aestchen in schiefen Winkeln abgebend. Die Endausläufer gehen in weite Capillaren über, welche zwischen den zelligen Elementen des Markes sich netzartig verbreiten. Die Venenwurzeln sammeln sich aus den letzteren büschel- oder quastenförmig zu kleinen Stämmchen, welche sich in die die Arterie begleitende Vene einsenken. Jener Antheil des Knochenmarkes, welcher der spongiösen Substanz der Diaphyse angehört, erhält einen Zuwachs von mehreren Arterien- und Venenstämmchen, welche in der Nähe der Gelenke an der Oberfläche des Knochens aus- und eintreten. Nichts- destoweniger besteht eine durchgehende Continuität der Blutbahn im ganzen Bereiche des Knochenmarkes. Erst vor dem überknorpelten Ende der Epiphyse begrenzt sie sich mit schlingenförmigen Umbeu- orungen der Gefässe. Sämmtliche innerhalb des Knochens verlaufenden Venen sind klappenlos, hingegen erhalten sie solche in sehr beträcht- licher Anzahl, so wie sie an die Oberfläche des Knochens austreten (C. Langer). Dass die Blutbahn innerhalb des Knochenmarkes sich zum Theil in wandungslosen Räumen bewege, ist von Einigen (Hoi/er) behauptet, seitdem aber von mehreren Seiten mit den schlagendsten Gründen widerlegt worden. Ueber Lymphgefässe der Knochen vergleiche man das Kapitel: Lymphgefässe. Nerven der Knochen. Wenn auch nicht sehr reichlich, so sind doch an den meisten Knochen Nervenausbreitungen nachgewiesen wor- den. Sie gehören theils dem Periost an , theils dringen sie mit den Vasa nutritia in das Innere des Knochens ein und vertheilen sich in den Havers^ sehen Kanälen und in dem Knochenmark. Die kleinen Nerven- zweigchen führen theils markhaltige, theils marklose Fasern, von denen 148 Entstehung and Wachsthum der Knochen. die letzteren wahrscheinlich als Gefässnerven, die ersteren als sensible und trophische Fasern zu deuten sind. Die Endigungsweise der Nerven- fasern im Innern des Knochens ist noch völlig unbekannt. Im Periost hat man an mehreren 0 ertlichkeiten PacinVsche Körperchen aufgefunden, so namentlich in der Gegend des Hiatus canalis Fallopiae, an den Querfortsätzen des 1. und 2. Halswirbels, am hinteren Ende der ersten Rippe und an den verschiedensten Stellen der Extremitätenknochen. Die Entstehuug und das Wachsthum der Knochen. Es kommen dabei zwei verschiedene Gesichtspunkte in Betracht. Erstens handelt es sich um die Beantwortung der Frage : Wie bildet sich überhaupt die Knochensubstanz, welche histologischen Vorgänge werden dabei beob- achtet? und zweitens: Wie kommt es zu der bleibenden Form, welche einem jeden Knochen im Ganzen und in seinen einzelnen Theilen eigen ist? Bezüglich der ersteren Frage ist zunächst zu bemerken, dass das Rumpf- und Extremitätenskelet in einem sehr frühen Entwicklungs- stadium ein durchwegs knorpeliges ist, d. h. dass einem jeden Knochen eine der Lage, Verbindung und wenigstens annähernd auch der Form entsprechende knorpelige Anlage vorhergeht, an deren Stelle sich später der Knochen setzt. Andere Knochen aber entwickeln sich aus einer bindegewebigen Grundlage heraus, ohne dass früher Knorpel an ihrem Platze war. Man hat vor nicht zu langer Zeit noch aus diesem Ver- hältnisse eine wesentliche Verschiedenheit in dem Entwicklungsmodus der Knochensubstanz abgeleitet und daher die sämmtlichen Knochen nach ihrer Entstehungsweise in primäre oder knorpelig vorgebildete und in secundäre, Deck- oder Belegknochen eingetheilt. Von diesem bresichts- punkte aus gehört zu der ersteren Abtheilung ausser den Knochen des Stammes und der Extremitäten noch der grösste Theil der Schädel- basis (das Hinterhauptbein mit Ausnahme eines Theiles der Schuppe, das Keilbein, das Felsenbein mit den Gehörknöchelchen, das Siebbein und die untere Nasenmuschel). Zu den secundären oder Belegknochen gehören die Seitentheile des Schädels, das Schädeldach und fast alle Gesichtsknochen. Es muss aber sofort betont werden, dass der bemerkte Unter- schied sich nicht auf das Wesen der Knochenbildung, sondern nur auf die dieselbe begleitenden Erscheinungen bezieht ; denn überall, wo Knochen- substanz entsteht, geschieht dies in derselben Weise, unter Vermittlung von eigenthümlichen Zellen, für welche man den Namen Osteoblasten^) (Gegenbaur) eingeführt hat. Dieselben entwickeln sich von Anfang her *) Man schreibt auch, und zwar ebenso richtig, Osteopl asten (von nXcctttu ich forme. Entstehun'' und Wachsthuni der Knochen. 149 an ganz bestimmten, umgrenzten Stellen, innerhalb einer blutgefäss- reichen Grundlage und wuchern von da in gewissen Richtungen und in continuirlicher Ausbreitung weiter fort. Da ihrem Auftreten immer alsbald die Knochenbildung nachfolgt, so nimmt auch diese regelmässig von gewissen Punkten ihren Ausgang und schreitet auf den Wegen, welche ihr durch die Osteoblasten vorgezeichnet sind, allmälig vorwärts. Diese Ausgangsstellen der Knochenbildung sind schon lange unter dem Namen Ossifikationspunkte bekannt. Fiff. 38. _>' Die ersten Veränderungen in dem primordialen Knorpel bei der Verknöcherung in drei auf einander folgenden Stadien, wie sich dieselben an Längsschnitten von Köhrenknochen zeigen. A Metatarsus der grossen Zehe von einem 10 Wochen alten menschlichen Embryo. B Mittel-Phalanx des vierten Fingers von einem 14 Wochen alten menschlichen Embryo. C Grund-Phalanx des kleinen Fingers von einem 14 Wochen alten menschlichen Embryo. Sämmtliche Durchschnitte sind an Objekten , die voi-her lange in Chromsäiire gelegen waren, in der Kichtung vom Dorsum gegen die Vola, durch die Axe des Knochens geführt und nach Karmin-Hämatoxylin-Tinktion in Dammarlack eingeschlossen worden. (Mit Hartnack's Syst. II, Ocul. 2 gezeichnet; Vergrösserung bei allen drei Abbildungen 27fach.) An den knorpelig präformirten Knochen ist ein zweifacher Vorgang in's Auge zu fassen; der eine bezieht sich auf die Bildung der Knochen- substanz im Bereiche des vorhandenen Knorpels und auf das gleich- zeitige Zugrundegehen des letzteren — encJwndrale {intracartilafjinöse) Ossifikation — der zweite auf die Entstehung von Knorpelsubstanz in der unmittelbaren Umgebung dieses Knorpels unter dem direkten Ein- flüsse des Perichondriums, beziehungsweise des Periostes — perichondraJe oder periostale Ossifikation. 150 Entstehung und Wachsthum der Knochen. Die ersten Veränderungen, welche an dem primordialen Knorpel als Einleitung zur Knochenbildung vor sich gehen, bestehen darin, dass ungefähr in der Mitte der Diaphyse die Knorpelzellen sich bedeutend vergrössern, und die zwischen ihnen befindliche Grundsubstanz auf ganz schmale Streifen reducirt wird (Fig. 38 A). In der letzteren sieht man eine feinkörnige Trübung, welche von der Einlagerung von Kalksalzen herrührt. Diese Stelle des Knorpels gibt sich auch dem freien Auge durch eine weisse Farbe kund, und ist nichts anderes, als die erste Andeutung des Ossifikationspunktes, der sogen. Verkalkimgs- punkt (Strelzoff). Indem die unter und über dem Verkalkungspunkte gelegenen Theile des Knorpels ihr Wachsthum nicht nur der Länge, sondern auch der Dicke nach fortsetzen, während in dem grosszelligen Theile des Knorpels das Wachsthum desselben sistirt ist, bildet sich, dem letzteren entsprechend, eine deutlich sichtbare Einschnürung. In derselben Zeit sieht man an dieser Stelle zwischen der Ober- fläche des verkalkten Knorpels und dem Perichondrium eine neue Ge- websschichte auftreten , welche vorwiegend aus rundlichen, mit feinen Ausläufern versehenen Zellen zusammengesetzt ist; es ist dies das osteo- gene Geivehe^ welches als innerste Schichte des Perichondrium s aufge- fasst werden kann. Die erwähnten Zeilen - — die Osteoblasten — ent- wickeln sich , wie es scheint , durch direkte Umwandlung aus den Bindegewebszellen des Perichondriums , liegen anfänglich in mehreren Lagen dem verkalkten Knorpel oberflächlich auf, dringen aber bald in das Innere desselben ein; dabei zerfällt der verkalkte Knorpel, und es bildet sich in ihm eine centrale Höhle aus, welche durch das osteogene Gewebe und durch gleichzeitig von aussen her eindringende Blutgefässe erfüllt wird. Es ist dies der primordiale Markraum (Strelzoff). Fig. 38 B. Er nimmt den mittleren Theil der Diaphyse ein und ist nach beiden Seiten hin von verkalktem, grosszelligem Knorpel begrenzt. Bevor noch hier die Knochenbildung beginnt, hat sich schon aus dem oberflächlichen osteogenen Gewebe eine Lage von Knochensubstanz entwickelt, welche den verkalkten Knorpel wie eine Hülse umgibt (Fig. 38 B), und die erste perichondrale Knochenanlage, die „Grund- schichte des perichondralen Knochens^ (Strelzoff) darstellt. Allmälig lagern sich dieser von aussen her immer neue Knochenschichten an, wobei in Folge des in allen Schichten gleichmässig vorschreitenden Wachsthums nach der Längendimension die äussersten stets die kürze- sten sind. Während sich so die perichondrale Knochenrinde allmälig ver- längert und verdickt, vergrössert sich auch die Markhöhle durch fort- schreitenden Zerfall des verkalkten Knorpels nach beiden Seiten hin, bis endlich auch hier die Knochenbildung beginnt (Fig. 38 C). Für die Entstehung und Wachsthum der Knochen. 151 mchondrale Verknöcherimg ist das Verhalten des von grösster Bedeutung, wesshalb zunächst dieser muss (Fig. 39). Weit ab von dem primordialen Markraum ist der Knorpel bis auf seine Enden hin von unregelmässig gelagerten, kleinen, spindel- förmigen Zellen durchsetzt (a). Näher gegen den Markraum hin werden die Zellen allmälig grösser und ordnen sich zu Reihen, zwischen denen zu beiden Seiten die Grundsubstauz in Form eines schmalen Streifens erscheint ; zwischen den Zellen einer Reihe wird die hyaline Grundsubstanz im- mer spärlicher (b). Noch näher heran werden die Zellen theils blasig aufgetrieben, theils geg&n einander abgeplattet; die in einer Reihe liegenden berühren sich nun unmittelbar, da die dünnen Septa von Grundsubstanz zwischen ihnen ge- schwunden sind. In nächster Nähe des Mark- raumes findet man die Grundsubstanz durch Ein- lagerung von Kalksalzen getrübt (c), die Knorpel- zellen in einem molekularen Zerfall begriffen. Die länglichen Knorpelhöhlen, welche einer Reihe von Zellen entsprechen, öffnen sich endlich gegen den Markraum hin und das Markgewebe sammt den Blutgefässen dringt in dieselben hinein. Es formt sich also aus jeder dieser confluirten cylin- drischen Knorpelhöhlen eine Ausbuchtung des Markrmimes gegen den Knorpel hin, welche noch ringsum von der verkalkten Knorpelgrundsub- stanz umgeben ist. Die letztere erscheint natür- lich auf dem Querschnitt des Knochens in Form von geschlossenen Ringen (Fig. 40 A) ; auf dem Längsschnitt als der Länge nach ziehende Balken (Fig. 39 d), welche aus der Substanz des Knorpels in den Markraum hineinragen. Die Wände der Markraumbuchten erlangen desshalb eine grosse Wichtigkeit, weil sich an ihre freien Flächen die neugebildete Knochen- substanz anlagert, und an ihnen gewissermassen eine Stütze findet. Dies geschieht in der Weise, dass die osteogenen Zellen des Markes sich nach Art eines Epithels an die Flächen der Markraum- buchten anlagern und zunächst einen Beleg von primordialen Knorpels berücksichtigt werden Tm. 39. üebersichtsblld über die Be- schaffenheit des epiphysären Knorpels und der Verknöche- rungszone in späteren em- bryonalen Stadien. Aus einem Längsdurchschnitte durch den Oberschenkelknochen eines nahezu geburtsreifen Katzen- Embryo. a Bereich der kleinen, re- gellos verstreuten Knorpel- zellen. b Bereich der reihenartigen Anordnung der Knorpelzellen. c Verkalkungszone — zu- gleich Grenze der Verknöche- rung. d Enchondral gebildete Knochenbalken. m Markräume. (Hartnack, Syst. IV, Ocul. 2.) 152 Entsteliuncr und ^Vacllsthum der Knochen. Knochensubstanz an diesen erzeugen. Während die Osteoblasten anfäng- lich diesem Knochenbeleg oberflächlich aufliegen, werden sie bei der fortwährenden Dickenzunahme desselben allmähg von Knochensubstanz umschlossen, und es kommt so jeder einzelne Osteoblast in einen ab- geschlossenen Hohlraum der letzteren zu liegen, welcher nichts anderes ist, als ein Knochenkörperchen; der Osteoblast bildet nun den zelligen Inhalt desselben, die Knochenzelle. Indem dieser Prozess zu beiden Seiten des primordialen Markraumes fortwährend weiter greift, kommt es zur Bildung einer ganzen Reihe von röhrenförmigen Knochenplättchen, [f^^#>ff'^'^"''"'" Aus Durchschnitten durch die Diaphysen entkalkter Oberschenkelknochen eines nahezu geburtsreifen Katzen-Embryo. A Quer zur Längsaxe des Knochens. B Parallel zu derselben geführt. a Aeussere, b innere Bindegewebslage der Beinhaut, c Schichte der Osteoblasten, d Enchondral entwickelter Knochen, e Markräume. (Hartnack, Syst. VII, Ocul. 2.) welche allseitig unter einander in Zusammenhang stehen; die zuerst gebildeten, also gegen die Mitte der Diaphyse zu gelegenen Plättchen nehmen dabei an Dicke zu, während zugleich die von ihnen umschlos- senen Markräume grösser werden. An allen diesen Plättchen kann man noch sowohl am Längsschnitt, als auch am Querschnitt eine centrale Lage von Knorpelsubstanz erkennen (Fig. 40 A), welche sich besonders durch Hämatoxylinfärbung deutlich hervorhebt. Dieser Einschluss von Knorpelresten kennzeichnet den enchondral entstandenen Knochen. In den jungen Knochenplättchen ist sie stärker, in den älteren nimmt sie zusehends ab, bis sie endlich ganz verschwindet. Wie dies ge- schieht, ist noch völlig unaufgeklärt. Strelzoff vermuthet, dass der Entstehuiifir und Wachsthmii der Knochen. 153 Druck der seitlich neu angelagerten Knochensubstanz die Veranlassung dazu abgeben dürfte. Es ist nun des Inhaltes der Markräiiine zu gedenken. Die Aus- füllungsmasse des primordialen Markraumes, welche, wie oben bemerkt worden ist, sich aus der osteogenen Schichte des Periostes heraus ent- wickelt hat, gibt das Muttergewebe für das fötale Knochenmark ab. Es scheint, dass aus ihren zelligen Elementen sowohl die Osteoblasten, welche die enchondrale Knochenbildung vermitteln, entstammen, als auch jene lymphoiden Zellen , welche wir bereits als die eigentlichen Markzellen kennen gelernt haben. Von manchen Seiten wird aller- dings die Ansicht vertreten, dass die Markzellen Abkömmlinge jener Knorpelzellen seien , welche bei Eröffnung der cylindrischen Knorpel- höhlen an der Ossifikationsgrenze in den Markraum einbezogen werden. Da indessen an diesen Knorpelzellen keine Anzeichen einer Prolife- ration nachgewiesen werden können, im Gegentheile sogar an ihrer Stelle häufig eine formlose molekulare Masse gefunden wird, oder ein- zelne von ihnen in ganz geschrumpftem Zustande in den Markraum- ausbuchtungen sichtbar werden , so fehlt jede Berechtigung, ihnen die Rolle von ge websbildenden Elementen zuzuschreiben. Andererseits kann man das Fortwuchern der Markzellen von dem primordialen Markraum her continuirlich verfolgen; es hält gleichen Schritt mit der auf demselben Wege vorschreitenden Bildung der Blutgefässe des Markes. Im Inneren des Markes ein ziemlich dichtes Netz darstellend, erscheinen die Gefässe an der Verknöcherungsgrenze in Form von Schlingen, welche in die vorerwähnten Markraumbuchten hineinragen ; die zu- führenden Schenkel dieser Schlingen stellen unverzweigte Endarterien dar (Langer). Wenden wir uns nun wieder der perichondralen Verknöcherung zu, so fällt hier zunächst die Bildung der Havers'' sehen Kanäle und LameUensysteme auf. Dieselbe lässt sich sehr schön an Querschnitten embryonaler Knochen verfolgen (Fig. 32 A). Man sieht da, dass jene Knochenschichten, welche der Strelzoff sehen Grundschichte aufgelagert sind, gegen das Perichondrium zu sich nicht in einer gerade fortlaufen- den Linie begrenzen, sondern ab und zu mit mehr weniger tief grei- fenden Einbuchtungen versehen sind. Diese sind, wie die ganze Ober- fläche der Knochenrinde , mit epithelartig geordneten Osteoblasten bedeckt. In der Mitte der Bucht ist ein Blutgefäss sichtbar. An an- deren Stellen hat die Reihe der Osteoblasten bereits das ganze Blut- gefäss umhüllt und endlich wird die Bucht selbst, mit ihr die Zellen und das Blutgefäss von Knochensubstanz eingeschlossen. Die Osteo- blasten stellen somit auch hier ein Analogon des Knochenmarkes dar, welches zu Beginn seiner Bildung keinem Havers'' sehen Kanäle fehlt. 154 Entstehung und Waclisthum der Knochen. Die in der angeführten Weise entstandene Knochensubstanz zeigt den oben erwähnten geflechtartigen Bau (vergl. S. 107). Nachdem der Yerknöcherungsprozess in der Diaphyse schon be- deutende Fortschritte gemacht hat, treten erst, bei einigen Knochen früher, bei anderen später, in den Epiphysen die Verknöcherungspunkte auf. Sie werden vorbereitet durch eine Anzahl von gefässführenden Knorpelkanälen, welche theils von der Oberfläche des Knochens, theils aber auch von der Ossifikationsgrenze der Diaphyse her gegen das Centrum des epiphysären Knorpels vordringen und sich mehr und mehr ramificiren. Auch hier bildet sich zunächst ein Verkalkungspunkt, dann ein centraler Markraum, mit welchem die Knorpelkanäle zum Theil zusammenfliessen , und von welchem aus im Wesentlichen nach denselben Gesetzen die enchondrale Knochenbildung vor sich geht, wie in der Diaphyse. Die Verknöcherungsgrenzen in der Epiphyse und Diaphyse nähern sich in Folge dessen einander und werden endlich nur noch durch eine verhältnissmässig dünne Knorpelplatte — den Epiphysenfiigenknorpel — von einander getrennt. Dieser erhält sich so lange, bis das Wachsthum des Knochens vollendet ist. Dann aber verk.ilkt er gänzlich und bildet sich zu einer von Havers'schen Kanälen durchzogenen Knochenplatte um, welche den Epiphysen- und Diaphysen- antheil des Röhrenknochens mit einander vereinigt. Die nicht knorpelig vorgebildeten Knochen — die Deckknochen — entwickeln sich, wie bereits erwähnt, nach denselben Gesetzen, welche bisher beschrieben worden sind. Der wesentliche Unterschied ist darin gelegen, dass sie sich aus einer bindegewebigen Grundlage, welche dem häutigen Theile des Primordialkranium unmittelbar aufgelagert ist, heraus entwickeln. Man spricht daher auch von einer intermemhranöi'en Knochenhüdung . Das erste Auftreten eines Ossifikationspunktes ist hier dadurch gekennzeichnet, dass sich innerhalb einer, dem osteogenen Ge- webe ganz ähnlichen Substanz strahlig angeordnete, mitunter verzweigte, bindegewebige Bälkchen hervorheben, welche bald durch Aufnahme von Kalksalzen fester und härter werden. In etwas späteren Stadien bemerkt man, wie die Osteoblasten sich an die Peripherie dieser Bälk- chen anlagern, worauf es bald zur Bildung einer, das ganze Bälkchen umschliessenden Knochenrinde kommt. Indem die bindegewebigen Balken sich netzartig unter einander verbinden, aber auch fortfahren, sich in radiärer Richtung zu verlängern , die Osteoblasten gleichzeitig mit ihnen weiter vordringen und die Knochenbildung in dieser Weise ihren Fortgang nimmt, so findet man in späteren Stadien der embryo- nalen Entwicklung den Deckknochen in Form einer dünnen, aus netz- artig geordneten Knochenbalken bestehenden Platte, von bindegewebigen Bildungen umschlossen. Diese Knochenplatte ist in der Mitte, an dem Entstehung und Wachsthum der Knochen. X55 ursprünglichen Ossifikationspunkte, am dicksten, wird gegen die Peri- pherie hin immer dünner, bis endlich an ihrem äiissersten Umfange die vorhin bescliriebenen Bindegewebsbälkchen mit ihrem Belag von Osteoblasten erscheinen, welche das weitere Fortschreiten der Ver- knöcherung vorbereiten. Man sieht in diesen Fällen, dass jedes dieser Bindegewebsbälkchen in der Richtung eines bereits verknöcherten Bal- kens gelagert ist, ja geradezu aus der Axe eines solchen hervorgeht und .sich peripheriewärts unter deutlicher Auffaserung in das umliegende Bindegewebe verliert. Die Zwischenräume zwischen den netzförmig geordneten Kuocheubalken werden durch ein blutgefässreiches Mark- gewebe ausgefüllt, welches aus der Wucherung des erst gebildeten osteogenen Gewebes hervorgegangen ist. Aus dieser kurzen Darstellung kann man ersehen, dass bei der intermembranösen Knochenentwicklung die radiär angeordneten Binde- gewebsbalken gewissermassen dieselbe Rolle spielen, wie die Grund- substanz des Knorpels bei der enchondralen Verknöcherung; sie geben die Leit- und Stützgebilde ab für die nach der Peripherie hin erfol- gende erste Ablagerung von neuem Knochengewebe. Hat sich in dieser Weise der Deckknochen bis auf ein gewisses Maass nach der Fläche hin ausgebreitet, so erfolgt dann erst durch Auflagerung von Knochenlagen von dem Perioste her die Bildung der compacten Substanz, und mit ihr tritt der hauptsächlichste Faktor für ihre Zunahme nach der Dicke ein. Nachdem bis nun die wesentlichsten , histologischen Vorgänge, welche die Neubildung ^er Knochensubstanz begleiten, geschildert worden sind, soll noch in Kürze einiger Momente Erwähnung ge- schehen, welche bei dem weiteren Wachsthum der Knochen in Betracht kommen. Die in dieser Hinsicht wichtigste Frage betrifft die Art und Weise, in welcher die Volumszunahme der Knochen erfolgt. Durch lange Zeit standen sich zwei Anschauungen gegenüber. Die eine be- sagte: Wenn der Knochen wächst, so geschieht dies nur durch ^4?;- lagerung neu gebildeter Knochensiibstanz {Appositionstheorie). Die andere Anschauunor gab der Möglichkeit Raiun, dass eine Volumszunahme der bereits gebildeten Knochensuhstanz gesetzmässig erfolge durch Expansion ihrer eigenen Masse {interstitielles Knochenwachsthum). Nach dem heu- tigen Stande unserer Kenntnisse hat die zweite Anschauung keine Be- rechtigung mehr, da eine Expansion der Knochensubstanz sich nicht erweisen lässt, hingegen die sämmtlichen Erscheinungen des Knochen- wachsthums in befriedigender Weise durch die Appositionstheorie er- klärt werden können. Das Dicken u-achsthum des Knochens erfolgt demnach durch successive Anlagerung neuer Knochenschichten von 156 Entstehung und Wacbsthum der Knochen. Seite des Periostes; das Längenivachsthum durch das allmälige Fort- schreiten des intracartilaginösen Yerknöcherungsprozesses nach den Enden des Knochens, beziehungsweise gegen die Epi^^hysen hin, wo- mit die Längenzunahme der periostalen Knochenschichten gleichen Schritt hält. Die Entstehung und die Vergrösserung der centralen Markhöhle der Röhrenknochen beruht auf einer das Knochenwachsthum stetig be- gleitenden Resorption von Knochensubstanz in den dem Markraum zu- nächst gelegenen Schichten, — ein Vorgang, dessen weite Verbreitung auf die verschiedensten Stellen des Skeletes und dessen mannigfache Combination mit Ansatz neuer Knochensubstanz für die Ausbildung der typischen Formen der Knochen von der allergrössten Bedeutung ist. Schon seit Hunter ist bekannt, dass die enchondral entstandenen Knochentheile wieder der Resorption anheimfallen, also nur transito- rische Bildungen sind. An ihrer Stelle entsteht die centrale Mark- höhle, welche sich weiterhin auch noch durch Schwund eines Theiles der periostalen Knochenschichten vergrössert. In dieser Weise vergeht allmälig der ganze während der Fötalperiode und kurze Zeit nachher entstandene Knochen , während sich gleichzeitig an seiner äusseren Oberfläche immer neue, bleibende Schichten anbilden. Diese letzteren Schichten zeigen im Gegensatze zu dem geflechtartigen Gefüge des embryonalen Knochens sehr deutlich den lamellären Bau. So ist ersichtlich, dass die Differenz in dem Geftige der Knochen- substanz, wie zuerst v. Ebner betont hat, nicht aus einer Umwandlung der geflechtartigen in die lamelläre Form zu erklären, sondern schon in der ersten Anlage begründet ist. Nicht minder wird es verständ- lich, dass zu einer bestimmten Zeit des Wachsthums (beim Menschen ungefähr vom 1. bis in's 3. Lebensjahr) beide Formen des Knochen- gewebes in einem Knochen neben einander gefunden werden. Ueber das Wesen der Knochenresorption und über die feineren Vorgänge bei derselben hat KölJiker durch eine Reihe von Untersuchungen Aufklärung gegeben. An allen Stellen, wo Knochenresorption statt- findet, beobachtet man ganz constant das Vorkommen der sog. Howship- sclien Lakunen d. i. zahlreicher kleinerer oder grösserer, flacherer oder tieferer Grübchen, durch welche die betreffende Knochenfläche wie an- genagt erscheint. Li diesen, namentlich für pathologische Knochen- resorption schon lange bekannten Vertiefungen fand nun Kölliker aller- wärts grosse vielkernige Zellen eingelagert — die Riesenzellen der Autoren, welche jedoch Kölliker nach der ihnen für diese OeVtlichkeit zukommenden Bedeutung als Ostoklasten {Knochenbrecher) bezeichnet. Sie sind Abkömmlinge der Osteoblasten, haben eine unregelmässige Gestalt und sind häufig an der der Oberfläche des Knochens zuge- Entstehung und Wuch.sthuni der Knochen. Fettgewebssysteni. X57 wendeten Seite mit einem glänzenden, leicht gestreiften Saum oder mit cilienartigen Anhängen versehen. Die Ostokla.sten bilden nach Kölliker den hauptsächlichsten Faktor bei der Knochenresorption , in- dem sie, wahrscheinlich durch continuirlichen Druck auf die Oberfläche des Knochens, den Schwund desselben herbeiführen. Derselbe Forscher hat ferner festgestellt, dass der gescliilderte Vorgang keineswegs auf das Innere der Knochen beschränkt, sondern auch an der äusseren Oberfläche derselben weit verbreitet ist. An vielen Orten, wo es während des Wachsthums zu Veränderungen der Form oder der Proportionen der Knochen kommt, finden sich typische Resorptionsflächen {Kölliker)^ als deren wesentliche Merkmale die How- ship'schen Lakunen und die Ostoklasten zu bezeichnen sind. Ihr Vor- kommen ist stets auf einen örtlichen Schwand von Knochensubstanz zu beziehen. In Folge der umfassenden und detaillirten Nachweisungen Kölliker''s u. A. kann es als ein ganz allgemein gültiges Gesetz hinge- stellt werden, dass die Formen der Knochen und die Modellirung ihrer Oberflächen als das Resultat einer gesetzmässigen Comhination von An- bildung und Resorption von Knochensubstanz zu betrachten sind. Anhang. Das Fettgewebssystem. Schon in frühen Perioden des Embryonallebens entwickelt sich bei allen Wirbelthieren an gewissen, übereinstimmenden Stellen des Körpers (Nierengegend, Ansatzstellen der Extremitäten, Hals) eine eigenthümliche Gewebsform, welche im Laufe der Entwicklung aller- dings eine verschiedenartige Ausbreitung und Anordnung erfährt, immer aber ihre wesenthchen, histologischen Charaktere beibehält. Es ist dies das Fettgewebe. Von diesem muss aus einander gehalten werden das Vorkommen einzelner oder zu Gruppen geordneter, fetterfüllter Zellen, welche Bestandtheile anderer Gewebe sind, wie wir denselben namentlich häufig im fibrillären Bindegewebe, aber auch anderenorts unter Umständen begegnen. Ich bin genöthigt, trotz der Aviederholten Einwendungen Flemming''s auch heute noch an dieser Unterscheidung festzuhalten, da ich nicht anzuerkennen vermag, dass es diesem For- 258 Charakteristik des Fettgewebes. scher «seimigen wäre, die Gründe für meine Anschauung zu entkräften und den Beweis für seine Ansicht herzustellen, dass alles Fettgewebe nichts anderes sei, als stark vascularisirtes Bindegewebe mit fetterfüllten Zellen. Von anderen Autoren haben sich einige der Ansicht Flemming''Sj andere der von mir vertretenen angeschlossen. In der Praxis aber sehen sich alle Autoren veranlasst, dem Fettgewebe eine besondere Stelle unter den Geweben anzuweisen, und insbesondere auch gegen- über dem fibrillären Bindegewebe. Die Merkmale des Fettgewebes lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen. 1. Entwicklung des Gewebes von bestimmten, allen Wirbelthier- klassen gemeinsamen Ausgangspunkten und gesetzmässige Ausbreitung desselben für jede Thiergattung. 2. Anordnung des Gewebes zu Läppchen, welche unter einander in genetischer Beziehung stehen. 3. Das Fettgewebe besitzt ein selbständiges , reich und typisch entwickeltes Blutgefässsystem. 4. Die Funktion des Fettgewebes in seiner Gesammtheit besteht während des regelrechten Ablaufes des thierischen Lebens in der Be- reitung, Anhäufung und dem Wiederverarbeiten von Fett; seine ana- tomische Bedeutung findet es häufig als Polsterungs- und Ausfüllungs- mittel zwischen anderen Körperbestandtheilen. 5. Das Fettgewebe persistirt als solches unter allen Ernährungs- verhältnissen des Körpers, wenngleich seine Massenentfaltung und sein äusseres Aussehen den erheblichsten Variationen unterliegen kann. Anhäufungen von fetterfüllten Zellen, welche nicht zum Fettgewebe zu rechnen sind, unterscheiden sich von dem Fettgewebe durch folgende Umstände : 1. Es fehlt die Constanz der Oertlichkeit und die typische An- ordnung zu Läppchen. 2. Die Zellen waren vor ihrer Fetterfüllung integrirende Bestand- theile eines anderen Gewebes und können, wenn das Fett aus ihnen geschwunden ist, zu ihrem früheren Charakter und ihrer früheren Funk- tion zurückkehren. 3. Ein selbständiges Blutgefässsystem fehlt ; sind überhaupt Blut- gefässe in ihrer Umgebung vorhanden, so gehören sie dem Gewebe an, dessen Bestandtheile die Zellen sind. Behufs der ersten Orientirimg über die histologischen Verhältnisse des Fett- gewebes wendet man sich mit Vortheil an ziemlich abgemagerte Individuen, von v/elchen man aus der Achselhöhle oder aus dem Retroperitonealraum u. s. w. sich eine kleine Portion des Gewebes entnimmt und mittelst feiner Nadeln die einzelnen Läppchen sorgfältig isolirt. Ganz kleine Läppchen kann man in toto auf den Objektträger bi'ingen, grössere müssen vorher etwas aus einander gezogen oder zer- theilt werden. Als Zusatzflüssigkeit ist am besten Jodserum, im Nothfalle auch Läi^pchen, Blutgefässe des Fettgewebes. 159 Fig. 41. 1 "/o Chlornatriuinlösung zu benützen. Die Untersuchung des Fettgewebes von wohlgenährten Individuen ist bei weitem umständlicher; es ist hier geboten, die Injektion der Blutgefässe vorhergehen zu lassen, und sodann durch Aether oder Benzin den grössten Theil des Fettes aus den Zellen zu extrahiren , was wieder nur nach vorhergegangener Durchtränkung des Gewebes mit Alkohol thunlich ist. In allen Fällen müssen Dui-chschnittspräparate des gehärteten Objektes die Beob- achtung ergänzen. Die Läppchen des Fettgewebes sind in ihrer Form und Grösse je nach dem Ernährungszustande des Individuums und auch nach der 0 ertlichkeit bedeutenden Variationen unter- worfen. Sie sind bald kugelig oder ellipsoidisch, bald mehr weniger abgeplattet und in die Länge gezogen, nicht selten auch strangförmig; dabei ist zu bemerken, dass ihre Gestalt wegen der grossen Weichheit ihrer Substanz in Folge von Lageveränderungen der umliegenden Theile bedeutenden Veränderungen unterworfen sein kann, ein Umstand, welcher in Bezug auf die mechanische Verwendung unseres Gewebes im Körper von höchstem Belang ist. Ein jedes Läppchen besitzt eine Hülle von fibrillärem Bindegewebe, welches in der Regel eine ein- fache Kapsel um dasselbe herum formt; an gewissen 0 ertlichkeiten aber (häufig im sub- cutanen Fettgewebe) dringen aus demselben einzelne, hautartige Septa auch in das Innere des Läppchens eine Strecke weit hinein, so dass es unvollkommene fächerige Abtheilungen erhält. Ein jedes Fettgewebsläppchen zeigt ein in sich vöUig abgeschlossenes Blidgefässst/stem, welches durch ein, selten durch zwei arterielle Gefässchen gespeist wird und in paarigen Venen seinen Abfluss findet. Sowie die Arterie in das Läppchen eingetreten ist, zerfällt sie rasch in mehrere Zweigchen, aus welchen dann in ununterbrochener Folge capillare Röhrchen hervor- gehen. Die letzteren sind verschiedentlich gekrümmt und stellen durch reichliche netzartige Anastomosen ein dichtes Maschenwerk her, welches gewissermassen die Stütze des ganzen Gewebes abgibt. In den rund- lichen Capillarmaschen sind die Fettgeivehszellen eingelagert, deren Eigenschaften bereits auf Seite 70 u. ff. besprochen worden sind. Ihr Verhältniss zu den Capillargefässchen schwankt mit dem Fettgehalt des ganzen Läppchens, weil davon gleichzeitig die Menge der vor- handenen formlosen Zwischensubstanz abhängig ist. Theil eines Fettgewebsläppchens aus der Achselhöhle eines sehr abgemagerten jungen Mannes, mit Nadeln isolirt, frisch mit Kochsalzlösung bereitet. (Hartnack, Syst. VIII, Ocul. 2.) 160 Bau der Fettgewebsläppclien. Hat man das Gewebe eines sehr abgemagerten Individuums vor sich, so sieht man die einzelnen abgeplatteten, nur kleine Fetttröpfchen führenden Zellen ganz lose in den Capillarmaschen gelegen , es bleibt ein beträchtlicher, von formloser Zwischensubstanz erfüllter Raum zwi- schen ihnen übrig. Diese Zwischensubstanz ist im frischen Zustande vollkommen klar und durchsichtig und, wie man sich beim Zerzupfen rein isolirter Läppchen überzeugen kann, von zähflüssiger Beschaffen- heit. Zusatz von Essigsäure bewirkt eine feinkörnige Trübung und Schrumpfung derselben. Es kann daher wohl kein Zweifel darüber be- stehen, dass sie viel Schleim beigemengt enthält. Bei massig abgemagerten Individuen enthalten die Fettgewebszellen noch eine ansehnliche Menge von Fett und füllen die Capillarmaschenräume mehr oder weniger aus; die Zwischensubstanz, wenngleich noch nach den obigen Kennzeichen leicht nachweisbar, tritt an Masse sehr zurück. Bei gutem Ernährungs- zustande sind die Fettgewebszellen völlig mit Fett erfüllt und lassen für die Zwischensubstanz nur sehr wenig Raum übrig. Sie liegen den Gefässcapillaren allerseits ganz innig an; die letzteren selbst sind, ausser im künstlich injicirten Zustande, nur sehr schwer sichtbar, einerseits weil sie am herausgenommenen Objekte meist blutleer sind, anderer- seits aber wegen der optischen Eigenschaften des Fettes, welches nun die bei weitem grösste Masse des ganzen Gewebes ausmacht. Be- merkenswerth ist übrigens die mehrfach bestätigte Beobachtung, dass selbst bei gut genährten Individuen an der Peripherie der Fettgewebs- läppchen häufig Zellen vorkommen, welche verhältnissmässig klein sind, weniger Fett enthalten und das Protoplasma deutlicher erkennen lassen, als die mehr central gelegenen Zellen. Aus den angeführten histologischen Verhältnissen erklärt sich ganz gut das differente äussere Ansehen des Fettgewebes bei verschie- denen Ernährungszuständen. Die Fettgewebsläppchen stark abgemagerter Personen sind klein, schlaff und wegen des Vorwiegens der Gefäss- ausbreitung meist gelblich roth, selbst dunkelroth gefärbt. Flemming hat den Nachweis geliefert, und ich kann es bestätigen, dass bei höher- gradigem Fettschwund ein Theil des Gefässsystems der Fettgewebs- läppchen einem Rückbildungsprozess anheimfällt und zu Grunde geht. Bei massiger Abmagerung sind die Dimensionen der Läppchen ent- sprechend grösser, die Farbe je nach dem Blutgehalte eine gelbHche oder röthlichgelbe — es macht sich eben in diesem Falle der in dem Fette gelöste Farbstoff mehr bemerkbar. Bei wohlgenährten Indivi- duen ist die Farbe des Fettgewebes eine rein weisse oder gelblich weisse, die Läppchen sind je nach der Beschaffenheit des "umgebenden Bindegewebes mehr oder weniger prall gespannt. Die Unterschiede, welche in den äusseren Charakteren des Fettgewebes mit Bezug; auf Bau der Fettgewebsläppchen. — Aufbau der Ökeletmuskulatur. l(jl das Alter des Individuums, auf die 0 ertlichkeit und mit Bezug auf die Thiergattung bemerkbar sind, beruhen zum Theil auf der verschiedenen chemischen Zusammensetzung des Fettes, auf dem verschiedenen Ge- halt an P'arbstoff und zum nicht geringsten Theile auf dem Verhalten des umliegenden Bindegewebes nach seiner Masse, Dichtigkeit und Anordnung. Dass das Fettgewebe Nerven besitzt, kann keinem Zweifel unter- liegen. Es gelingt nicht selten, das Eindringen markhaltiger Fasern an der Seite der Blutgefässe in das Innere eines Läppchens zu beob- achten; über ihr weiteres Verhalten ist jedoch bisher nichts bekannt gCAvorden. Li/mphgefässe habe ich zuerst an zahlreichen Präparaten C. Langer'' s in dem Fettgewebe von Fischen injicirt gesehen, später auch selbst in dem Fettkörper des Frosches und in dem subcutanen Fettgewebe des Menschen in Form von weitmaschigen Capillargefässen nachweisen können. Niemals jedoch war die Injektion so vollständig gelungen, dass die Gesammtanordnung derselben in einem Läppchen ersichtlich geworden wäre. II. Kapitel. Der active Bewegimgsapparat. I. Die Muskulatur mit quergestreiften Elementen. Von jenen Muskeln des Körpers, deren wesentlichstes Formelement die quergestreifte Muskelfaser darstellt, zeigen die allermeisten, und zwar insbesondere die Skeletmuskeln im engeren Sinne, einen der Hauptsache nach übereinstimmenden Bau. Es ist an ihnen zu berück- sichtigen: der Aufbau des eigentlichen Muskelkörpers, die Ursprungs- verhältnisse desselben an den Knochen und seinUebergang in die Sehnen. Um die Zusammensetzung eines Muskels zu studiren, benützt man am besten Querschnitte desselben, welche sich aus den in Alkohol gehärteten Objekten leicht anfertigen lassen. Für die allgemeine Uebersicht ist es zweckmässig, zunächst einen der langen Muskeln des neugebornen Kindes zu benützen, für die nähere Unter- suchung der Details aber muss man sich an erwachsene Individuen wenden; und zwar ist es in Beziehung auf die letzteren empfehlenswerth , die Muskeln vor der Erhärtung in Alkohol durch einige Zeit in verdünnte Chromsäure zu legen. Als allgemeines Gesetz für den Aufbau der Skeletmuskeln gilt, dass stets eine Anzahl von parallel zu einander verlaufenden Muskel- Toiat, Gewebelehre. 2. jVufl. 11 \Q2 B''^^^ '^61' Skeletmuskeln. fasern durch eine vollständige Hülle aus fibrillärem Bindegewebe zu einem Bündel vereinigt ist. Solcher primärer Muskelfaserbündel wird nun wieder eine Anzahl durch eine stärkere Bindegewebshülle zu secun- dären Bändeln zusammengefasst ; aus diesen bilden sich tertiäre Bün- del u. s. w. Auf dem Querschnitt erscheint daher der Muskel durch derbere Bindegewebsstreifen in mehrere Felder getheilt, deren jedes wieder durch feinere Bindegewebssepta in mehrere Unterabtheilungen zerfällt. Man kann sich leicht die Ueberzeugung verschaffen, dass alle diese Scheidewände der verschiedenen Muskelbündel sowohl unter sich, als auch mit der gemeinsamen Bindegewebshülle des ganzen Muskels (Fascie) in fortlaufendem Zusammenhang stehen und ein in einander geschaltetes Fachwerk darstellen. Von der verschieden mächtigen Ausbildung dieser Scheidewände (auch Perimysien der Muskelbündel genannt) hängt zum grossen Theile das makroskopische Aussehen der verschiedenen Muskeln ab, indem je nach derselben die einzelnen secun- dären und tertiären Muskelbündel dem freien Auge mehr oder weniger leicht unterscheidbar werden. Bei den sog. grobfaserigen Muskeln (Gluteus maximus) sind eben diese Scheidewände sehr stark entwickelt, während Muskeln mit mehr compaktem, gleichartigem Aussehen, dün- nere und zartere Perimysien besitzen. Dieselben bestehen aus fibrillärem Bindegewebe mit mehr weniger zahlreich eingestreuten elastischen Fasernetzen. Sie sind die Träger der gröberen Ramifikationen der Gefäss- und Nervenstämmchen, welche den Muskel versorgen. Untersucht man den Querschnitt eines einzelnen primären Muskel- bündels bei stärkerer Yergrösserung (Fig. 42), so nimmt man sogleich wahr, dass niemals zwei Muskelfasern sich unmittelbar berühren, son- dern dass jede einzelne für sich von einer zarten bindegewebigen Scheidewand umgeben ist. Diese, mit dem Perimysium des Muskel- bündels in Zusammenhang stehende Hülle, welche also das Perimysiiim der einzelnen Muskelfaser darstellt, zeigt sich an Zupfpräparaten als ein äusserst zartes continuirliches Häutchen , an dem man kaum eine fibrilläre Struktur erkennen kann. In ihm sind die Gefässcapillaren und die letzten Ausbreitungen der Nerven eingeschlossen. Eine noch grössere Wichtigkeit aber erlangen sie mit Rücksicht darauf, dass ihnen bei der Verbindung des Muskels mit der Sehne eine hervorragende Rolle zukommt. Untersucht man lange, spindelförmige oder bauchige Muskeln in Bezug auf ihr Verhältniss zur Sehne, so sielit man sowohl bei einfacher Präparation , als auch an successiven Durchschnitten , dass sich die letztere nicht scharf gegen den Muskelkörper absetzt, sondern bald in mehrfache Bündel aufgelöst in das Innere des Muskelfleisches eindringt, bald^ber als derberer hautartiger Belag (Sclinenspiegel) einen grösseren Verhältniss des Muskels zur Sehne. 1(53 oder geringeren Theil der Oberfläche des letzteren überzieht. Dasselbe ist auch bezüglich der Ursprungsportionen vieler Muskeln leicht zu constatiren. Dadurch ist zunächst eine grössere Contactfläche zwischen Muskel und Sehne hergestellt, aber auch bedingt, dass die Fasern eines Muskels in sehr verschiedener Höhe ihren Anfang und ihr Ende finden können. (Bei den gefiederten Muskeln springt das Verhältniss noch mehr in die Augen, gilt aber auch für die platten Muskehi.) Was nun den histologischen Befund anbelangt, so habe ich durch zahlreiche Untersuchungen die Ueberzeugung erlangt, dass sich die Perimysia der einzelnen Muskelfasern di- rekt in die Elemente der Sehnenfascikel fortsetzen. Man kann dies am sichersten erkennen, wenn man eine enthäutete Ex- tremität eines kleinen Thieres (Kaninchen oder Meerschweinchen) auf 21 Stunden in eine sehr dünne Chlorgoldlösung (0,5 pro mille) bringt und dann nacli gehörigem Auswaschen mit salzsaurem Wasser die- selbe durch mehrere Tage in einer Mi- schung von 1 Theil absoluten Alkohols und 2 Theilen Wasser liegen lässt. Zer- zupft man dann das Sehnenende eines von den, in ihrer natürlichen Spannung er- haltenen Muskeln in derselben Alkohol- mischung (wobei man die Nadeln immer nur an die Sehnenstümpfe ansetzt) , so erkennt man sehr leicht, dass jede einzelne Muskelfaser an ihrem Ende stumpf ab- gerundet oder mehr weniger zugespitzt ist und das Sarkolemma als eine in sich geschlossene Membran dem Endstück der Muskelfaser gerade so anliegt, wie allent- •halben an ihrer Peripherie. Das Perimysium der Muskelfaser schliesst sich kelchartig über dem Ende der letzteren und läuft ohne Unter- brechung in das Bindegewebe der Sehne fort. In derselben Weise verhalten sich alle Muskelfasern an ihrem, der Sehne oder ihren Aus- läufern unmittelbar zugewendeten Ende ; aber auch dort , wo sich das Muskelfleisch direkt an Skeletbestandtheile anheftet, gehen die Perimysia der einzelnen Fasern ohne Unterbrechung in das Bindegewebe des Periostes (Perichondriums) ein. Ganz ähnlich gestaltet sich auch das Verhältniss überall, wo Muskelfasern im Inneren des Muskelkörpers ihr Ende erreichen. Aus einem, quer zur Faserrichtung geführten Durchschnitt durch den zwei- köpfigen Armmuskel des Menschen. B Durchschnitt einer stärkeren bindegewebigen Scheidewand. F Fett- zellen in derselben. Die Durchschnitte der membranösen Hüllen der Einzeln- fasern bilden eine Art von Netzwerk, in dessen Maschen je eine Muskelfaser liegt (an vielen sind sie im Präparate herausgefallen). In dem Netzwerk die Querschnitte von capillaren Blutge- fässen (G). (Hartnack, Syst. V, Ocul. 2.) 1(34 Verhältniss des Muskels zur Sehne. Muskelu der Weicligebilde. Indem so eine jede Muskelfaser innerhalb eines ihr allseitig anliegenden, bindegewebigen Sclilauches sich befindet, werden alle Formveränderungen der erste- ren auf den letzteren übertragen. Man hat sich demzufolge die Wirkung jeder einzelnen Muskelfaser nicht so vorzustellen, dass sie an einer Sehnenfaser, wie an einem Strange, ziehe, dass iln-e Contraction nur mittelst ilirer beiden Enden auf die zu bewegenden Theile wirke; sie überträgt vielmehr entlang ihrer ganzen Ober- fläche eine jede Veränderung nach der Länge und Dicke auf ihr Perimysium, und dieses pflanzt im gegebenen Falle den Zug auf die Sehne fort, d. h. der Muskel gelangt zu seiner Wirkung durch die Continaität des hei seinem Aufhan verivendeten Bindegeweies von seinem Urs]3rung bis zu seiner Insertion. In fx'üherer Zeit wurde durch Leydig und Reichert, und später noch durch Wagener der Zusammenhang zwischen Muskel und Sehne so dargestellt, dass das Sarkolemma der einzelnen Fasern sich direkt in die Substanz der Sehne fortsetze. Dies ist nach den angegebenen Thatsachen gewiss unrichtig. Aber auch eine andere, von Weismann, Herzig und Biesiadeckij u. A. herrührende und weit verbreitete An- schauung erschöpft das Verhältniss nicht vollständig, insofeme, als sie zwar die in sich geschlossene Endigung der Muskelfasern und ihres Sarkolemmas anerkennt, aber auf den continuirlichen Uebergang der Perimysia der einzelnen Muskelfasern in das SehnengewelDe nicht hinreichende Rücksicht nimmt. Weismann glaubte vielmehr gefunden zu haben, dass die Enden der Muskelfasern zum Theil an einer ebenen Seimenfläche, zum Theil aber in entsprechende Grübchen der letzteren eingekittet seien. Die Inscriptiones tendineae mancher Muskeln sind ihrer Bedeutung nach nichts anderes, als in den Muskelköi-per eingelagerte Sehnen, an denen eine Anzahl von Muskelfasern ihren Ursprung und andere ihr Ende nehmen. Etwas abweichend von den Skeletmuskeln verhalten sich jene, welche der Haut oder anderen Weichgebiklen angehören (Gesichts- muskeln, Sphincteren, Zungenmuskeln). Es ist zwar die bündeiförmige Anordnung der Fasern auch hier allgemein verbreitet, doch gehen die Richtungen der verschiedenen Muskelbündel in verschiedener Weise durch einander; es kommen häufig Durchflechtungen derselben vor (Zunge — Orbicularis oris), ja gegen das Hautende hin können sich die Bündel allmälig völlig auflösen, es kommt zu Durchkreuzungen der einzelnen Fasern selbst, welche dann vereinzelt in dem Binde- gewebe der Haut auslaufen. Daraus ergibt sich von selbst , dass die Perimysia der einzelnen Muskelbündel nicht in so einfacher und con- stanter Beziehung zu einander stehen, wie an den Skeletmuskeln, an- dererseits aber auch, dass die einzelnen Hautmuskeln nicht so compacte, in sich geschlossene Körper darstellen, wie das bei den Skeletmuskeln ganz allgemein der Fall ist. Die näheren Details über die Endigung dieser Muskeln im Bindegewebe sind noch nicht genauer erforscht; ^\•ahrscheinlich finden sich hier analoge Verhältnisse, wie sie bezüglich der Skeletmuskeln beschrieben worden sind. — Die eigenthümliche Anordnung der Muskulatur des Herzens wird noch betrefi'enden Ortes zur Sprache kommen. Die Blutgefässe der quergestreiften Muskulatur sind ausserordent- lich zahlreich. Die grösseren arteriellen und venösen Aeste dringen Blutgefässe der quergestreiften Muskuhitur. — Mu.'racht worden. Birge hat sich der wahren Geduldprobe unterzogen, mit genauen Methoden (lückenlose Schnittserien) einerseits die Zahl der, sowohl in bestimmter Höhe, als auch in das ganze Rückenmark in der Bahn der vorderen Wurzeln eintretenden Nervenfasern zu bestimmen, andererseits die in den Vordersäulen lagernden grossen Ganglienzellen zu zählen. Dabei stellte sich eine so genaue Uebereinstimmung in der Gesanimtzahl der Wurzelfasem und der Zellen, und eine ebenso genaue auch in Rücksicht der in einer Wurzel enthaltenen Fasern und der in dem zugehörigen Segmente gelegenen Zellen heraus, dass für den Frosch die Kndigung einer jeden vorderen Wurzelfaser in einer grossen Ganglienzelle ihres Segmentes als bewiesen erachtet werden darf. Verhalten der hinteren Wurzehi. 185 Die hinteren Wurzeln treten als compacte Bündel in den nach hinten gerichteten spitzen Ausläufer des Hinterhornes (Apex), dessen Grundlage eine mächtige Entwicklung der granulirten Stützsubstanz des Rückenmarkes darstellt. Dann trennen sie sich sofort in zwei Stränge, einen lateralen und einen medialen. Die Fasern des ersteren treten nahezu in derselben Ebene in die Substantia gelatinosa Rolandi, durchsetzen sie in bogenförmigem Verlaufe und gelangen zum Theil direkt in die Substantia spongiosa des Hinterhornes (Fig. 48, L), zum Theil biegen sie erst an der Grenze zwischen gelatinöser Substanz und dem Kopf des Hinterhornes in die Längsrichtung um und verlaufen nach aufwärts, um erst später denselben Weg zu nehmen, wie die anderen. Diese Faserbündel sind am Querschnitt immer deutlich nachweisbar imd führen den Namen longitudinah Bündel der Hinterhörner (Kölliker). Die Fasern des medialen Stranges treten direkt in den lateralen An- theil der Hinterstränge, steigen in diesem eine kurze Strecke auf- oder abwärts und gelangen dann bogenförmig, in lateraler Richtung um- biegend, zu ganz charakteristischen Bündeln gesammelt (Fig. 48, m.), von der medialen Seite aus in das Hinterhorn. Ein Theil der Fasern aber bleibt, wie später gezeigt werden soll, Bestandtheil der weissen Hinterstränge, ohne vorher graue Substanz passirt zu haben. Die in das Hinterhorn eingetretenen Wurzelbündel ziehen zum Theil in dicken Strängen nach den Clarke'schen Säulen und dringen ausserdem zahlreich in das von den Vorderhörnern aus entwickelte Fasernetz ein. Auch in den Hinterhörnern bilden sämmtliche eintretende Wurzel- fasern ein complicirtes Netzwerk, das durch Fasern, welche die Median- linie in der hinteren Commissur überschreiten , mit dem der anderen Seite zusammenhängt. Im Menschen- und Säugethierrückenmark ist ein direkter Uebergang dieser Nervenfasern in Ganglienzellenfortsätze (der Clarke'schen Säulen oder der isolirten Zellen) bisher nicht beobachtet worden , die meisten Autoren {Gerlach , Laura) nehmen demnach nur einen Uebergang der Fasern in das Nervennetz und einen erst durch dieses vermittelten Zusammenhang mit Ganglienzellen an. In neuerer Zeit ist jedoch am Rückenniarke niederer Thiere (Ammocoetes branchialis — Petromyzon — und Proteus anguineus) der Nachweis geliefert worden des direkten Ueberganges hinterer Wurzelfasern in , den isolirten Ganglienzellen des Hinterhornes analoge , Hinterzellen" und in Gruppen von Körnern (kleine Ganglienzellen). Für das Rückenmark höherer Thiere muss die Frage noch als eine offene betrachtet werden. Es finde hier nur ganz nebenbei die Bemerkung ihren Platz, dass die Verbindung der hinteren (sensiblen) Warzelfasern mit dem Nerven- netz der Hinterhörner, der Zusammenhang dieses Nervennetzes mit jenem der Vorderhörner, die Verbindung dieses Netzes mit den Proto- plasmafortsätzen der Ganglienzellen, und endlich die Entwicklung der vorderen (motorischen) Wurzelfasern aus den Axencylinderfortsätzen 186 Accessoriuswurzeln. — Graue Säulen und Markmantel. derselben Ganglienzellen, das anatomische Substrat des physiologischen „Reflexbogens" darstellen. Die Accessoriuswurzeln treten bekanntlich in dem Räume zwischen Ligamentum denticulatum und der Eintrittslinie der hinteren Wurzeln und zwar von der Höhe des sechsten bis siebenten Halsnerven ange- fangen in die Substanz der Seitenstränge ein. Die Faserbündel der- selben durchsetzen, oft in vereinzelte Fasern getrennt, den hinteren Abschnitt der Seitenstränge in querer Richtung und treten in die Pro- cessus reticulares und Seitenhörner ein, in deren Ganglienzellen sie endigen (Fig. 46, L, und Fig. 51, A.). In tieferen Ebenen des Hals- markes stehen sie wohl auch zu eigentlichen Vorderhornzellen in Be- ziehung (Roller), ausserdem aber biegt hier ein grosser Theil dieser Fasern in die Längsrichtung um und verläuft nach abwärts, um erst im Bereiche des unteren Hals- und oberen Brustmarkes in die graue Substanz einzutreten (Seitenhörner nach Krause). Diese längsverlaufenden Faserbündel sind an Querschnitten immer deutlich als zwischen dem Gebälke der Processus reticulares liegende Querschnittsfelder sehr breiter Fasern nachweisbar (Fig. 51, B.). Verbindung der grauen Säulen des Rückenmarkssegmentes mit dem Markmantel. Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass be- nachbarte Rückenmarkssegmente innig durch das Nervenfasernetz der grauen Substanz verbunden sind; ein grosser und wichtiger Theil aber der Verbindungsbahnen der einzelnen Segmente unter einander und ihrer Gesämmtheit mit den höher gelegenen Abschnitten des Central- organes verläuft auch durch die weisse Substanz — durch den Marl- mantel des Rückenmarks. Diesem Verhalten entsprechend sieht man an der gesammten Peripherie der grauen Säulen quer- oder schrägverlaufende Fasern aus- treten, die sich den einzelnen Strängen des Markmantels zugesellen oder, besser gesagt, diese durch den stetig erfolgenden Anschluss neuer gleichwerthiger Elemente nach und nach constituiren. In ihnen finden die Leitungssysteme, deren erste Glieder wir in den Spinalnervenwurzeln kennen gelernt haben, ihre Fortsetzung. Der grösste Theil dieser Fasern stammt aus dem Nervennetze der grauen Substanz und hängt so mittelbar mit den Ganglienzellen zusammen ; ein kleinerer Theil geht aus den Axencylinderfortsätzen gewisser Ganglienzellen hervor. Als besonders auffallende und nach ihrer Verlaufsrichtung bekannte, derartige Nervenfaserzüge wären hervorzuheben : 1. Fasera, welche aus der Voi-dersüule der einen Seite in die iveisse Commis- stir treten, dort die Medianlinie kreuzen, und im Vorderstranff der entgegengesetzten Seite in die Längsrichtung umbiegend, aufwärts verlaufen. Für die Hauptmasse Markmantel des Rückenmarkes. 187 dieser Fasern ist es wahrscheinlich, dass sie die graue Substanz an der Grenze der Vorder- und Hinterhömer nur durchsetzen (wie Schiefferdecker am Rückenmark des Hundes nachweisen konnte), aus dem Seitenstrange stammen, und somit nur eine Umlagerung von Längsfaserzügen aus dem einen Seiten stränge in den gekreuzten Vorderstrang bedeuten (vergl. unten die Pyramidenbahn). 2. Fasern, welche aus der lateralen Peripherie der Vordersäulen austreten, und, in die Seitenstriinge eingetreten, bald in Längsrichtung umbiegen. Am reich- lichsten erfolgt dieser Fasereintritt in die hintere Hälfte der Seitenstränge. Ihren Ursprung nehmen diese Fasern aus dem Nervenfasernetze, und sind bei dem Verlassen der grauen Vordersäule zumeist von ausserordentlicher Fein- heit (vergl. Fig. 47, HI., wo sie an dem Vertiealscbnitt aus dem Lendenmark zu sehen sind). 3. Fasern aus den Clarke'schen Säulen, welche von da als Bündel auffallend dicker Nervenfasern in lateraler Richtung austreten, horizontal verlaufend die graue Substanz und die Seitenstränge quer durchsetzen und erst an der Periijherie der letzteren in die Längsrichtung umbiegen. Wie von Pick nachgewiesen worden ist, sind diese Fasern die unmittelbaren Fortsetzungen der Axencjdinderfortsätze jener Ganglienzellen, die in den Clarke'schen Säulen liegen (vergl. unten die Kleinhirnseitenstrangbahn). 4. Fasern, die aus den Hintersäulen, und zwar sowohl aus der medialen als aus der lateralen Seite austreten und sich, ohne bündelweise zusammenzutreten, den betreffenden Strängen zugesellen. Aus diesen Faserkategorien setzt sich der Markmantel des Rücken- markes zusammen und stellt dann ein im Querschnitt gleichförmig aus- sehendes Feld weisser Substanz dar, in welchem es nicht mehr ohne Weiteres gelingt, die einzelnen Fasergattungen zu unterscheiden. Nur in der hinteren Hälfte der Seitenstränge setzt sich im Brust- und noch besser im Halsmark ein schmales, die Peripherie einnehmendes Feld durch das auffallend dicke Kaliber seiner Fasern ab, und in den Hinter- strängen fällt die grosse Feinheit der Fasern in den medialen Antheilen auf (vergl. das Schema , Fig. 49 , g.). Dadurch erscheint schon eine gewisse Gliederung des Markmantels angedeutet, tieferen Einblick jedoch gewähren erst die entwicklungsgeschichtliche Methode und die Befunde bei secundärer Degeneration. Der Markniantel des Rückenmarkes. Nachdem schon vorher pathologisch-anatomische Befunde über secundäre Degeneration {Türck, Bouchard) es ermöglicht hatten, einzelne am Querschnitt als zu- sammenhängende Felder auftretende Theile des Markmantels von der übrigen Masse desselben zu trennen, gelang es Flechs-ig durch systema- tische Untersuchung des embryonalen menschlichen Rückenmarkes, den Markmantel in sieben paarige Fasersysteme zu zerlegen. Jedes der- selben erhält zu verschiedener Zeit des Embryonallebens seine Mark- umhüllung und wird dadurch unterscheidbar. Fünf davon liegen in jedem Vorder- und Seitenstrang, zwei in jeder Hiuterstranghälfte. 188 Fasei'systeme im Rückeumark. Der Zeitfolge der MarkumhüUung nach geordnet sind es: 1. die Grnndhündel der Vorderstränge (Fig. 49, vg.); 2. die Grundbündel der Hinterstränge (hg.); 3. die Seitenstrangreste (sr.), nach Flechsig in zwei Theile zerfallend, die vordere gemischte Seitenstrangzone und die später ihre Markumhüllimg erhaltende, der lateralen Fläche des Hinterhornes anHegende seitliche Grenzschicht der grauen Substanz ; ör Schematische Darstellung des Faserverlaufes im Eüokenmarkssegmente (nach Flechsig, etv.'as modiflcirt). pv. Pyramidenvorderstrangbahn. ps. Pyramidenseitenstrangbahn. ks. Kleinhirnseitenstrang- bahn. g. GoU'scher Strang, hg. Hinterstranggrundbündel. vg. Vorderstranggrundbündel, sr. Seiten- strangreste. V. Vordere Wurzel, h. Hintere Wurzel, mz. Grosse Ganglienzellen der Vordeijsäulen. iz. Isolirte Ganglienzellen der Hintersäulen, cl. ClarTce'sdie Säulen. Man_ sieht an diesem Schema sämmtliche vordere Wurzelfasern an die grossen Ganglienzellen der Vordersäulen treten. An eine Zelle der vorderen medialen Gruppe tritt eine aus der Kreuzungs- commisBur tretende Nervenfaser. Aus der Vordersäule treten nach allen Richtungen Fasern in den Markmantel, vornehmlich aber in das Feld der Pyramidenseitenstrangbahn, wo sie in Längsrichtung umbiegen. In das gleiche Feld gelangen auch Fasern aus der gekreuzten Pyramidenvorderstrangbahn, nachdem sie die graue Substanz durchsetzt haben (unterbrochene Linien). Aus den Ganglienzellen der Clarke'achen Säulen treten dicke Fasern, und verlaufen quer durch die Seltensträuge in das Feld der Kleinhirnseitenstrangbahn , wo sie in Längsrichtung umbiegen. Von den hinteren Wurzelfasern tritt ein Theil vielleicht (punktirte Linien) au die isolirten Ganglienzellen, ein Theil tritt in die Hintersäule, ein Theil in das Feld der Hinterstranggrundbündel, von _ wo die Fasern, nachdem sie die Längsrichtung eingeschlagen, wieder in das mediale Feld der Goll'achen Stränge ablenken (punktirte Linie). Aus dem GoU'schen Strange gelangen vielleicht (punk- tirte Linie) Fasern in die hintere Commissur und in die gekreuzte Hintersäule. 4. die GolV sehen Stränge (g.) ; 5. die Kleinhirnseitenstrangbahnen (ks.); (3. die Pyramidenvorderstrangbnhnen (pv.) ; 7. die Pijramidenseiten- stranghahnen (ps.). Die beiden letztgenannten Bahnen stellen Theile eines und desselben Fasersystemes — der Pyramidenbahn — dar und erhalten demnach ihr Mark gleichzeitig, und zwar sehr spät, erst an ca. 50 Cm. langen, also nahezu reifen Embryonen. Fasersysteme in den YonU'r- und Seitensträngen. 189 1) Die Fasersysteine in den Vorder- nnd Seitensträngen. Sie zerfallen in zwei Gruppen , von denen die eine hauptsächlich Bahnen zur Verbindung der einzelnen Rückenmarkssegmente unter einander (vg. und sr.), die zweite Bahnen zur Verbindung der Rückenmarkssegmente mit den übrigen Theilen des Centralorganes (pv., ps., ks.) umfasst. Die Fasersystenie der ersten Gruppe nehmen am Querschnitte die Felder der Grundbündel der Vorderstränge und der Seitenstrangreste ein. Das erste dieser Systeme stellt vornehmlich die Eintrittspforte der vor- deren Wurzelfasern dar und zeigt dementsprechend die oben schon des Näheren erwähnten Grössenschwankungen des Querschnittsareales, je nach Zahl der eintretenden Wurzelfasern und Länge des Segmentes (Fig. 50). Entsprechend ihrem vorwiegenden Charakter als periphere Nerven um- hüllen sich diese Faserzüge zuerst mit Mark. Das zweite hieher gehörige Feld zeigt schon weniger auffällige Volumsschwankungen; ausserdem lässt sich nachweisen, dass diese nur auf Rechnung der vorderen Abtheilung desselben (vordere ge- mischte Seitenstrangzone) zu setzen sind, während die hintere (seitliche Grenzschicht) keine deutlichen segmentalen Beziehungen aufweist. In diesen Fasersystemen sind kurze Bahnen enthalten, welche verschiedene Rückenmarkssegmente unter einander zu verbinden bestimmt sind, was am klarsten aus dem Verhalten bei der secundären Degeneration her- vorgeht. Nach querer Durchtrennung des Rückenmarkes nemlich findet sich im Bereiche dieser Fasersysteme eine auf- oder absteigende De- generation immer nur entsprechend einer ganz kurzen Strecke, kaum die Höhe eines oder zweier Segmente überschreitend. Das Areal, welches diese beiden Fasersysteme auf dem Quer- schnitt in den verschiedenen Höhen des Rückenmarkes einnehmen, ist an dem Schema, Fig. 50, ersichtlich. Die in die zweite Gruppe gehörenden Fasersysteme, die Pyramiden- bahnen und die Kleinhirnseitenst rangbahnen ^ sind dadurch ausgezeichnet, dass sie ganz unabhängig von dem segmentalen Bau des Rückenmarks eine continuirliche Querschnittszunahme von unten nach oben aufweisen. Nach querer Durchtrennung des Rückenmarkes degeneriren sie durch die ganze Länge des Organes, die Pyramidenbahn in absteigender, die Kleinhirnseitenstrangbahn in aufsteigender Richtung. Die Pyramidenbahnen verdanken ihren Namen dem Umstände, dass die sämmtlichen in den beiden paarigen Leitungsbahnen (Pyram. Vstgb. und Pyram. Sstgb.) aufsteigenden Fasern sich auf dem Wege der sog. Pyramidenkreuzung in den Pyramiden des verlängerten Markes ver- einigen. Diese Vereinigung geschieht derart, dass die Elemente der 190 Die Pyramiclenbalinen. Pyramidenseitenstrangbahn in die gekreuzte Pyramide gelangen, die Elemente der Pyramidenvorderstrangbahn hingegen in die gleichseitige Pyramide treten. Cerebralwärts verlaufen die Pyramidenfasern dann zwischen den Querfasern der vordem Brückenabtheilung hindurch, ge- langen in den Grosshirnschenkel, von da auf dem Wege der inneren Kapsel in das Mark der Grosshirnhemisphären und enden in bestimmten Theilen der Grosshirnrinde. Die Wurzeln dieses langen Fasersystemes liegen in den grauen Vordersäulen des Rückenmarkes und sind oben bereits als dem Nervennetze entstammende Faserbündel, die in die Seiten- stränge treten, beschrieben worden. Da das Nervennetz aber anderer- seits auch mit den grossen, multipolaren Ganglienzellen der Vordersäulen und durch deren Vermittlung mit den vorderen Wurzeln und mit den motorischen peripheren Nerven, zusammenhängt, so stellt die Pyra- midenbahn ein Leitungssystem dar, das, aus mehrfachen Gliedern be- stehend, die Hirnrinde mit den peripheren, motorischen Endapparaten (in den Muskeln) verbindet. Die Leitungsrichtung in ihm ist zweifel- los eine centrifuyale und desshalb sei es auch gestattet, entgegen unserer bisherigen Darstellungsweise, diese Leitungsbahn in ihrem Verlaufe von oben nach unten zu beschreiben. Den aus der einen Grosshirnhemisphäre stammenden, und in der gleichnamigen Pyramide des verlängerten Markes gesammelten Fasern des Systemes steht bei dem Eintritt in den Markmantel des Rücken- markes ein doppelter Weg bis zu ihrer Zellenstation in den Vorder- säulen offen: der Vorderstrang, welcher der betreffenden Pyramide gleichnamig ist (ungekreuzt) und der Seitenstrang der entgegengesetzten Seite (gekreuzt). Wie Flechsig nachgewiesen hat, besteht in diesem Verlaufe i. e. in den Faserantheilen , welche den einen oder den andern Weg einschlagen, eine grosse Variabilität. Es kommt vor Allem 1) eine totale Decussation beider Pyramiden vor, so dass die sämmtlichen Fasern der Pyramiden in die ungleichnamigen Pyramiden- seitenstrangbahnen übertreten und die Pyramidenvorderstrangbahnen vollständig fehlen. 2) Eine Semidecussation der einen Pyramide (wobei mehr oder weniger als 50 7» des Ai-eales derselben ungekreuzt bleiben können), bei totaler Decussation der anderen. Jn diesem Falle findet sich neben der beiderseitigen Pyramidenseitenstrang- bahn nur eine Pyramidenvorderstrangbahn vor. 3) Eine Semidecussation beider Pyramiden, die symmetrisch oder asymmetrisch sein kann. Auf beiden Seiten können verschieden grosse Faserantheile ungekreuzt bleiben, welches Verhältniss schon in der äusseren Configuration des Rückenmarkes (Breite der Vorderstränge) seinen Ausdruck findet. Immer aber, wenn man das Querschnittsareale der einen Pyramidenseitenstrangbahn mit dem der zugehörigen entgegengesetzten Pyra- midenvorderstrangbahn vergleicht, lässt sich ein umgekehrtes Grössenverhältniss der beiden nachweisen. Eine besondere Erwähnung mögen noch die seltenen Fälle finden, wo der gi'össte Theil der Pyramidenfasern ungekreuzt bleibt, die Pyramidenseitenstrang- bahn somit nur sehr schwach entwickelt ist. Die Pyramidenvorderstrangbahnen. 191 Die Pyramidenvorderstrmighahn ist als ein bei Embryonen von 34 — 50 Cm. Körperlänge wohl begrenztes, markloses Querschnitisfeld an der Innenfläche der Vorderstränge nachzuweisen. Sie besitzt variable Grösse und ist niemals bis zum unteren Ende des Rückenmarkes vor- handen, was augenscheinlich von dem geringen Flächeninhalte ihres Areales im Halstheile abhängt, Ist die Pyram. Vstgb. dort noch halb- wegs mächtig, dann lässt sie sich bis zur Mitte des Brustmarkes nach- weisen, äusserst selten bis in den Beginn der Lendenanschwellung; bei schwacher Entwicklung aber kann sie bereits im mittleren Halsmark ihr Ende erreichen. Schematische Darstellung der Leitungsbahneii im Rückenmark (nach Flechsig). Durch horizontale Linien sind die Vorderstranggrundbüudel bezeichnet, durch verticale Linien die Seitenstrangreste, durch grosse Punkte die GoW sehen Stränge, durch kleine zerstreute Punkte die Kleinhirnseitenstrangbahnen , durch kleine dichte Punkte die Pyramidenvorderstrangbahnen und die Pyramidenseitenstrangbahnen. I. Höhe des zweiten Halsnerven. II. Höhe des sechsten Halsnerven. III. Höhe des dritten Brustnerven. IV. Höhe des zwölften Brustnerven. V. Höhe des vierten Lendennerven. Es ist wahrscheinlich, dass ihre Fasern auf dem Wege der vor- deren Kreuzungscommissur nachträglich noch sich der gekreuzten Pyram. Sstgb. zugesellen (vergl. oben Seite 18(3). Die Pijramidenseitenstrangbahn lässt sich als ein bei Embryonen des oben bezeichneten Alters markloses Feld unter stetiger, in den Anschwellungen rascher erfolgender Abnahme ihres Areales bis zur Höhe des dritten oder vierten Sacralnerven nachweisen. Sie hat in der hinteren Hälfte der Seitenstränge eine ganz charakteristische Lage und Gestalt. Der vordere Rand des im Allgemeinen dreieckig (mit innerer Spitze) gestalteten Feldes überschreitet nicht eine Quer- linie, die man durch die hintere Commissur gelegt denkt; medial grenzt das Feld nur mit seinem hinteren Theile an das Hinterhorn, vorne ist es durch die seitliche Grenzschicht der grauen Substanz 192 Die Pyramidenseitenstrangbahnen. von diesem getrennt, lateral endlich wird es von dem schmalen Felde der Kleinhirnseitenstrangbahn überlagert und erreicht nur in zwei Abschnitten des Rückenmarkes die Peripherie. Einmal und zwar mit seinem hintersten Theile im obersten Halsmark, und dann im Lenden- mark, wo die Kleinhirnseitenstrangbahn fehlt. Dort sitzt dann die Basis der dreieckigen Figur der Peripherie auf. Fig. 50 zeigt in schematischer Weise dieses, aus der Untersuchung des embryonalen Rückenmarkes sich ergebende Verhalten. Von principieller Wichtigkeit ist es ferner, dass die Untersuchung der secundären Degeneration zu den völlig gleichen Resultaten führt. Fis. 51. A. Querschnitt in der Höhe des zweiten Halsnerven durch das Kückenmark eines 14 Monate alten Kindes mit Hemiatrophia cerebri. Marklos gebliebene Pyramiäenseitenstrangbahnen. Das Prä- parat gibt zugleich ein gutes Bild von der Gestalt des Rückenmarksquerschnittes bei totaler Decus- sation beider Pyramiden. Das Fehlen einer Pyramidenvorderstrangbahn bedingt die auffallende Schmalheit der Vorderstränge. (Carminpräparat von Pich, 5 mal vergrössert.) Das Feld der Pj'ra- midenseitenstrangbahn, in welchem die Fasern keine Markscheiden besitzen, erscheint im Präparate dunkelroth, in der Zeichnung schwarz. An dem Präparate findet sich ausserdem eine ausserordent- lich deutliehe Accessoriuswurzel (ac) und sind namentlich die Querschnitte der Wurzelbündel des Accessorius in den Processus reticulares schön zu sehen. B. Querschnitt aus dem obersten Halstheile des Rückenmarkes eines Mannes mit durch- greifender Erweichung des linken Grosshirnschepkels. Secundäre Degeneration der Unken Pyramiden- vorderstrangbahn (pv.) und der rechten Pyramidenseitenstrangbahn (ps.) (Ungefärbtes G-lycerinpräparat, 4 mal vergrössert.) Die degenerirten Felder erscheinen im Präparate wegen des Fehlens der Markscheiden hell. Das hier besprochene Fasersystem degenerirt in absteigender Richtung und tritt desshalb, wenn es an irgend einer Stelle seines Verlaufes in den höher gelegenen Theilen des Centralorganes unterbrochen wurde, in Gestalt von Degenerationsfeldern mit derselben Deutlichkeit hervor, wie im embryonalen Rückenmarke (Fig. 51, A. B.). Die Kleinhirnseitenstrangbahnen nehmen am Querschnitte ein nur im Brust- und Halsmark jederseits nachweisbares Feld ein, das sich an der Peripherie der Seitenstränge findet und dort die Pyramiden- bahn grösstentheils lateral umschliesst. Am Rückenmarke des Er- wachsenen, noch mehr des Kindes, zeichnet sich dieses Feld durch das Die Kleinhirnseitenstrancrbahnen. 193 Fig. 52. entwickluno-so'eschiclitliche festgestellten tiuffalleiid dicke Kaliber seiner Fasern aus; am embryonalen Rücken- marke wird es durch die früher erfolgende Mark Umhüllung von den Pyramidenbahnen abgrenzbar. Die in verschiedenen Höhen des Rücken- markes wechselnde Gestalt des von unten nach oben langsam wach- senden Areales der Kleinhirnseitenstrangbahnen zeigt Fig. 50 , welche nach den Befunden am embryonalen Rückenmarke construirt ist. Auch die Befunde der secundären Degeneration nach querer Durchtrennung des Rückenmarkes stehen an diesem, in aufsteigender Richtung degeneri- renden Fasersystem so ziemlich in Vebereinstimmuns mit den durch die Methode Thatsachen. Selbst- verständlich fehlt dabei jedoch die progressive Zunahme des Areales nach oben zu, weil die oberhalb der Läsionsstelle dem Fasersysteme sich zugesellenden Nervenfasern intakt bleiben. Wie Fig. 52 zeigt, erstreckt sich das Areale des in den Seitensträngen aufsteigend degenerirenden Fasersystemes an der Peri- pherie derselben auffallend weiter nach vorne, als es nach den Flechsig' sehen Mit- theilungen sich ergeben würde. Die das Fasersystem der (direk- ten) Kleinhirnseitenstrangbahnen con- stituirenden Nervenfasern sind Fort- setzungen der Axencylinderfortsätze der in den Clarke' sehen Säulen lagern- den Ganglienzellen. Oben (S. 187) sind diese Fasern, welche bündelweise die Seitenstränge quer durchsetzen, bereits beschrieben worden. Sie führen auch den Namen horizontale Kleinhirnbündel. Wie später noch des Näheren gezeigt werden soll, treten die Kleinhirnseitenstrangbahnen, ohne eine Unterbrechung durch Ganglienzellen zu erleiden, aus dem Rückenmark in die Strickkörper (Corpora restiformia) und gelangen mit diesen in das Kleinhirn. Bis dahin lassen sie sich auch bei secundärer Degeneration verfolgen ( Westphal, Strümpell). Zu einer Entscheidung über die Leitungsrichtung in diesem Sy- steme felilen vorläufig feste Anhaltspunkte, doch spricht Vieles dafür, dass sie eine centripetale ist. Querschnitte durch ein in der Höhe des sechsten Brustnerven quer durchtreuutes Kückenmark. AufsteUjende seciimläre Degene- ration der Kleinhirnseitenstrangbahnen und des medialen Antheils der Hinterstränge. (Ungefärbtes Glycerinisräparat , 3 mal ver- grössert.) I. Aus der Höhe des fünften Halsnerven. II. Aus der Höhe des siebenten Halsnerven. III. Aus der Höhe des ersten Brustnerven. Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 13 194 I^ie Fasersysteme in den Hintersträngen. 2) Die Fasersysteme in den Hintersträng-en. Nach Flechsig'' s embryologischen Untersucliungen zerfällt der Quer- schnitt der Hinterstränge in zwei paarige Felder : 1) die frühzeitig an- gelegten und bald ihr Mark erwerbenden lateralen Hinter stranggrund- hilndel und 2) die in ihrer Anlage und Markscheidenbildung um 4 bis 6 Wochen später nachfolgenden medialen GoWschen Stränge. Eine sichere Abgrenzung der beiden Felder gelang Flechsig jedoch nur im Hals- und oberen Brustmark. Wie die schematischen Figuren (Fig. 50) zeigen , stimmt das Verhalten des Areales der GoWschen Stränge in- soferne mit jenem der langen Bahnen in den Vorder- und Seitensträngen überein, als es eine continuirliche Grössenzunahme von unten nach oben aufweist. Die Hinterstranggrundbündel hingegen zeigen enge Beziehungen zu den Rückenmarkssegmenten, d. i. eine Querschnittszunahme entspre- chend dem zahlreicheren Eintritt hinterer Wurzelfasern in eine Längen- einheit des Segmentes. Weiteren Aufschluss über die Fasersysteme in den Hintersträngen gibt die Untersuchung der secundären Degeneration. Bei querer Durchtrennung des Rückenmarkes (beim Menschen sowohl als experimentell beim Thiere) stellt sich eine aufsteigende Degeneration in den Hintersträngen ein, und zwar erscheint unmittelbar über der Läsions- stelle das ganze Areale derselben degenerirt; eine kurze Strecke weiter oben jedoch fängt das Degenerationsfeld an allmälig von der medialen Seite der Hinterhörner zurückzuweichen, und erhält bald die Gestalt eines medial gelegenen Dreiecks mit hinterer, der Peripherie aufsitzender Basis (vergl. Fig. 52). Nach oben zu wird dieses Degenerationsdreieck immer schmäler, und zwar um so schmäler, je tiefer (näher dem untern Ende des Rückenmarkes) die Läsionsstelle ihren Sitz hat. Ist das untere Halsmark von der Durchtrennung getroffen, dann erscheint die drei- eckige Degenerationsfigur bedeutend breiter als das auf embryolo- gischem Wege abgegrenzte mediale Dreieck. Durch pathologisch-anatomische sowohl als durch experimentell- anatomische Untersuchung lässt sich ferner der Nachweis erbringen, dass die in den Hintersträngen aufsteigend degenerirenden Fasern iden- tisch sind mit dem oben (Seite 185) bereits erwähnten Antheil der hinteren Wurzeln, der in die Hinterstränge eingetreten, dort verbleibt. Wird nemlich beim Menschen die Cauda equina, welche die Wurzeln des ganzen unteren Rückenmarksendes enthält, durch einen Erkrankungs- process (Compression durch eine Geschwulst im Wirbelkanal) zerstört, so findet sich bis zum oberen Ende des Rückenmarkes dasselbe, jedoch bedeutend schmälere Degenerationsdreieck in den Hintersträngen, wie bei querer Durchtrennung des Organes. Bei Hunden andererseits ge- lingt es leicht, ohne Gefährdung des Lebens dieser Thiere, verschiedene Die Fasersystonie in den Hintei-strängen. 195 Ileihen hinterer Wurzeln zu zerstören und so die nachträglich zur Entwicklung gelangende secundäre Degeneration zur Anschauung zu erhalten. Nach Durchschneidung der hinteren Wurzeln vom zweiten Sacralnerven bis hinauf zum sechsten Lendennerven findet man im Bereiche der durchschnittenen Nerven totale Degeneration des Hinterstranges ; in der Höhe der nächst oheren Lendennervenwurzeln zieht sich das Degenerationsfeld dann nach und nach von der medialen Fläche der Hintersäule zurück und wird schliesslich auf ein schmales Dreieck reducirt, welches bis in das Halsmark zu verfolgen ist (Fig. 53 I.)- Fis. 53. Aiiffitciijeiide secundäve Det/eHefalloii iu den Hiutersträugen des Eückenmartes vou Hundeu nach Durchtrennung Jitittevr Nerienwio-zeln. I. Nach Durchtrennung der hinteren Wurzeln vom zweiten Sacralnerven bis zum sechsten Lendennerven (Singer), a. Querschnitt in der Höhe des sechsten Lendennerven, b. Querschnitt in der Höhe des vierten Lendennerven, c. Querschnitt aus dem mittleren Halsmark. II. Nach Durchtrennung der hinteren Wurzeln des elften und zwölften Brustnerven {Singer). a. Querschnitt in der Höhe des zwölften Brustnerven, b. Querschnitt in der Höhe des dritten Brust- nerven, c. Querschnitt aus dem mittleren Halsmark. III. Nach Degeneration der hinteren Wurzeln des zweiten Brustnerven bis fünften Hals- nerven {Kahler), a. Querschnitt in der Höhe des ersten Brustnerven, b. Querschnitt in der Höhe des sechsten Halsuerven. c. Querschnitt in der Höhe des ersten Halsnerven. Durchschneidet man die hinteren Wurzeln des fünften bis ersten Lenden- nerven , so resultirt in der Höhe der getroffenen Wurzeln ein Degenerationsfeld, welches genau das negative Bild des früheren darstellt, und in höheren Ebenen des Rückenmarks findet sich dann ein bedeutend grösseres Degenerationsdreieck, welches jedoch ein intakt gebliebenes, mediales Dreieck einschliesst. Letzteres stimmt, was Gestalt und Gi-össe betrifft, genau mit dem bei dem früheren Versuche erzielten Degenerationsfeld überein. Bringt man endlich hintere Brust- oder Halsnervenwm-zeln zur Degeneration, so stellt sich übereinstimmend das Verhalten heraus, dass in der Höhe der dege- nerirten Wurzeln ein der medialen Fläche der Hintersäule anliegendes Feld de- generirt erscheint. In höheren Ebenen des Rückenmarkes rückt dieses Feld dann nach und nach gegen die Medianlinie vor, bis es sich der lateralen Seite jener 196 I^ie Fasersysteme in den Hintersträngen. — Das verlängerte Mark. dreieckigen Figur anlagert, welclie bei Durchschneidung sämmtlicher tieferen hin- teren Nervenwurzeln resultiren würde (Fig. 53 IL u. III.). Das Ergebniss aller dieser Befunde lässt sich dahin formuliren, dass von jeder in den Markmantel eingetretenen hinteren Wurzel ein gewisser Faserantheil im gleichseitigen Hinterstrange direkt aufwärts zieht und sich dabei immer mehr der Medianlinie nähert. Die succes- sive Verkleinerung des Areales der Degenerationsfelder macht es wahr- scheinlich, dass einzelne dieser aufsteigenden Fasern auch in höheren Ebenen noch in die graue Substanz der Hintersäulen ablenken (auf dem Wege des Septum posterius, in die hintere Commissur? Vergl. das Schema Fig. 49). Die in völlig regelmässiger Anordnung von der Eintrittsstelle der Wurzeln zum oberen Ende des Rückenmarkes aufsteigenden Fasern stellen das Gerüst für den Faseraufbau der Hinterstränge dar, in welches die nach kürzerem oder längerem Verlaufe in die Hinter- säulen ablenkenden Fasern eingeüochten erscheinen. Diese Durch- flechtung wird namentlich in den lateralen Theilen der Hinterstränge (Hinterstranggrundbündel) , der Eintrittsstelle der hinteren Wurzeln, stark sein, gering hingegen oder fehlend in den medialen Antheilen {GolVsche Stränge). Daraus kann man schliessen, dass die Hinterstrang- grundbündel zahlreiche periphere Nerven (Wurzelfasern) und kurze Bahnen, die GoWschen Stränge aber nahezu ausschliesslich lange Bahnen enthalten; und so erklärt sich die Möglichkeit, beide Felder in den oberen Rückenmarkstheilen auf Grund verschiedenzeitiger Markumhül- lang ihrer Fasern zu unterscheiden. Die in den Hintersträngen aufsteigenden Bahnen übergehen nicht direkt in höhere Abschnitte des Centralorganes, sondern finden ihr vor- läufiges Ende in einer Zellenstation, welche sich in gleicher Höhe mit der Pyramidenkreuzung zu entwickeln beginnt. Dort findet auch die aufsteigende secundäre Degeneration ihr Ende. Die centripetale Leitungsrichtung der in den Hintersträngen ent- haltenen Fasersysteme steht ausser Zweifel. Das verlängerte Mark. Zur Trennung des verlängerten Markes (Medulla ohloiigata) vom Rückenmark dient der an der vorderen Fläche des Organes äusser- lich erkennbare Beginn der Pyramidenhreuzimg . In der Höhe der ersten Halsnervenwurzel gewahrt man, zuerst in der Tiefe des vorderen Längsspaltes, bald jedoch mehr oberflächlich, dicke Nervenfaserbündel, welche, von einem Vorderstrang zum andern übertretend, in der Median- linie spitzwinklig zusammenstossen und sich durchkreuzen. So kommt Uebergang des Rückenmarkes in das verlängerte Mark. 197 eine Unterbrechung des vorderen Längsspaltes zu Stande; nach voll- endeter Kreuzung jedoch, sobald die beiden Pyramidenzapfen völlig entwickelt sind, fassen diese abermals eine vordere Längsfurche (Sulcus anterior medullae oblongatae) zwischen sich, die am unteren Rande der Brücke mit dem Foramen coecum endet. Die vordere Fläche des ver- läncferten Markes hat demnach noch so ziemlich den Rückenmarks- typus bewahrt, nur sind an Stelle der schmalen Vorderstränge jetzt die bedeutend voluminöseren Pyramiden getreten. Daraus lässt sich schon ein aus anderen Theilen des Organes erfolgter Faserzuwachs erschliessen; er stammt, wie oben (Seite 190) dargestellt wurde, aus den Seitensträngen (Pyramidenseitenstrangbahn). Viel eingreifendere Veränderungen seiner äussern Gestalt erfährt das Rückenmark bei dem Uebergang in das verlängerte Mark an seiner lateralen und hinteren Fläche, an ersterer Stelle durch die Einlagerung der Oliven in die Masse der Seitenstränge, an letzterer durch die Eröffnung des Centr alkanales. Diese findet oberhalb der Pyramidenkreuzung, 2 — 3 Mm. unter dem Beginn der an den Seitensträngen in Folge der Oliveneinlagerung sichtbaren Vorwölbung statt. Die Austrittslinie der vorderen Nervenwurzeln (Sulc. lateral, ant.) erleidet durch die Oliven eine Unterbrechung, doch ist der mediale Rand der Oliven als deren Fortsetzung anzusehen, da hier die Wurzel- fasern des Hi/poglossus austreten, welche sich völlig homolog den vorderen Wurzeln verhalten. Am oberen Ende des verlängerten Markes stösst die zwischen Olive und Pyramide liegende Furche an die Querfaserung der Brücke, und hier findet sich die Austrittsstelle des, gleichfalls den vorderen Wurzeln homologen Abducens. Die Austrittslinie der hinteren Nervenwurzeln entfernt sich be- reits im obersten Halsmarke nach und nach von der hinteren Längs- furche und nähert sich so der Accessoriuswurzellinie, mit der sie end- lich auch, in der Höhe des ersten Halsnerven, verschmilzt. An der Seitenfläche des verlängerten Markes finden sich dann in der Fort- setzung dieser Linie die Austrittsstellen des Vagus und Glossopharyyi- geits, welche sich somit den hinteren Wurzeln gleich verhalten. Durch die laterale Verlagerung der hinteren Seitenfurchen nehmen die Hinter- stränge in der Höhe des ersten Halsnerven an Breite zu, treten end- lich aus einander {Calamus scriptorius) und verwandeln sich in die gegen das Kleinhirn aufsteigenden Strickkörper (Corpora restiformia, Kleinhirnstiele, untere Kleinhirnschenkel). An ihrer hinteren Fläche lassen die Hinterstränge dabei noch immer die durch den Sulcus intermedius posterior bedingte Trennung in zwei Stränge wahrnehmen, deren medialer die Fortsetzung des Goll'schen Stranges darstellt [Funiculus gracilis, zarter Strang). Dieser geht jederseits neben der Spitze des Calamus in eine keulen- 198 Uebergang des Rüekeniuarkeä in das verlängerte Mark. förmige Auftreibung (Clava) aus. Der laterale Strang stellt die Fortsetzung des Keilstranges dar [Funicidus cuneatus) und weist etwas weiter oben gleichfalls eine, etwas weniger auffallende Auftreibung auf {Tuherculum cuneatum). Die Clava gelit; sich langsam veijüngend, in den medialen Theil, das Tuberculum cuneatum in den lateralen Theil des Coi-pus restiforme über. Zu diesen Fortsetzungen der Hinterstränge gesellt sich von der lateralen Seite ein neuer, aus der Tiefe der Rückenmai-kssubstanz nach hinten von der Acces- soriusaustrittslinie sich entwickelnder Strang , der gleichfalls eine deutliche An- schwellung bildet, das Tuberculum Eolandi cinereum, und selbst den Namen Funi- cidus Bolandi führt {Schwalbe). Sobald der Strickköi-per sich zum Kleinhirn zu erheben begimit, verschmelzen diese di-ei Stränge völlig. Sie sind auch weiter unten nur am kindlichen Organ deutlich abzugrenzen. Einen weiteren, schon äusserlich sichtbaren Unterschied des Baues von Rücken- mark und verlängertem Mark bilden Querfaserzüge, welche in den oberen Antheilen auftreten und dort verschiedene Abschnitte der Peripherie umgreifen. Sie ent- wickeln sich von der lateralen Seite des Strickkörpers und verlaufen über die Seitenfläche zur Vorderfläche der Oblongata, wo sie sich in den vorderen Längs- spalt einsenken {Stratum zonale Arnoldi). Durch das Auseinanderweichen der Hinterstränge wird der Central- kanal des Rückenmarks eröffnet und so zur Bautengrube ^ dem Boden des vierten Ventrikels. Bis zur Höhe der Recessus laterales oder, wie ziemlich allcremein angenommen wird , bis zu den Striae acusticae s. medulläres (an Zahl und Stärke äusserst variable Acusticuswurzeln, die dem Boden des vierten Ventrikels entstammen, den Strickkörper umgreifen und zum Nervenstamme des Acusticus ziehen) gehört dieser graue Boden dem verlängerten Marke an. Von da bis zu seinem oberen Ende, wo die vom Dache des Ventrikels herabsteigenden Binde- arme zusammentreffen und in das Mittelhirn eintreten, gehört er zu der hintern Abtheilung der Brücke. (An Fig. 60, S. 221, sind diese Grenzen zu sehen.) Der graue Boden der Rautengrube steht in continuirlichem Zusammenhang mit der centralen grauen Substanz des Rückenmarkes und zeichnet sich wie diese durch einen reichlichen Grehalt an Gang- lienzellen, welche in spongiöser Substanz eingebettet sind, aus. Die Ganglienzellen sind hier zum grösseren Theil zu wohlbegrenzten Gruppen und Xestern gehäuft (Kerne der Gehirnnerven) ^ doch kommen auch reichliche isolirte Zellen und Ganglienzellengruppen von bisher unbe- kannter Bedeutung vor. An seiner freien , dem vierten Ventrikel zu- gekehrten Oberfläche ist der graue Boden mit einer Fortsetzung der Substantia gelatinosa centralis bekleidet, dem Ependym des Ventrikels. Das Ependym besteht aus einem feinen Netze von Stützsubstanz und einer Decke von Cylinderepithel, das Flimmercilien trägt. In Folge der Eröffnung des Centralkanales von hinten her muss die Vertheilung der grauen Substanz am Boden der Rautengrube eine derartige sein, dass die den Hintersäulen äquivalenten Abschnitte lateral, Der Boden der Rautengrube. 199 die den Vordersüuleu entsprechenden medial gelegen sind. In dem lateralen Abschnitte lagern Ganglienzellengruppen, welche die den hin- teren Spinalnervenwurzeln sich anreihenden Gehirnnerven, in dem me- dialen solche , die den vorderen Spinahiervenwurzeln sich anreihende Gehirnuerven aufnehmen, oder besser gesagt ilmen zum Ursprung dienen. Diese Ursprungsstätten sind zum Theil schon äusserlich am Boden der Rautengi-ube zu erkennen (vergl. Fig. 54j. Zu beiden Seiten der medialen, unten tief eingesenMen , oben .^eichten Längsfurche finden sich Längswülste (Funiculi teretes). welche schmal am Calamus scriptorius beginnen, sich bis zu den Striae acusticae nach und nach verbreitern (f.) und unterhalb der letztei'en stärker pro- miniren. Diese, mitunter sehr deutliche Auftreibung führt den Namen der Eminentia fig. 54. Das verlängerte Mark, die Brücke und Vierliügelregion von hinten. Sämmtliche Kleinhirnsclienkel durchschnitten (nach Schwalle). Links sind die Vrspi-ungsJcerne der Gehirnnerven (12 — 5) schematisch eingezeichnet, die der Oberfläche näher liegenden weiss, die tiefer im Boden der Kautengrube ge- legenen punktirt. cl. Clava des zarten Stranges, f. Funiculus teres. e. Eminentia teres. a. Ala cinerea. Str. Strickkörper (unterer Kleinhiruschenkel). br. Brückenarm (mittlerer Kleinhirnschenkel). b. Bindearm (oberer Kleinhirnschenkel). teres (e.). In der gi-auen Substanz der Funiculi teretes, unter den Striae, liegt die lange Ganglienzellengruppe des Hypoglossuskernes (12) ; die Eminentia teres enthält ein Nest von Ganglienzellen, das dem Glossopharyngeusk-ern zugerechnet wird und den Kern des Abducens (6). Neben den Funiculi teretes senkt sich der graue Boden etwas und zeigt dabei eine dunkler graue Färbung — es ist die Fovea posterior oder Ala cinerea (a.), das Ursprungsgebiet des Vagus und Glossopharyngens (10, 9). Neben der Eminentia teres findet sich gleichfalls eine leichte Vertiefung des gi-auen Bodens, die den Namen der Fovea anterior führt. Sie repräsentirt den Haupttheil des Ursprungs- gebietes des Acusticus (S). Die bisher geschilderte Veränderung der äusseren Gestalt des Centralorganes im Bereiche des verlängerten Markes findet vom ein- fachen morphologischen Standpunkte aus ihre Erklärung dadurch, dass 200 Geschlossener Theil des veiiängerten Markes. Oblongata und mit ilir Brücke und Mittelhirn die Bestimmung haben, einerseits das Rückenmark mit dem Grossliirn zu verbinden, anderer- seits aber auch das Kleinhirn in diese Yerbindmigsbahn einzuschalten. Das Kleinhirn erscheint desshalb mit den genannten Theilen durch drei Schenkelpaare verbunden — Strickkörper, Brückenarme, Bindearme (Fio-. 54 str., br., b.). Denkt man die, bloss eine Commissur zwischen beiden Kleinhirnhemisphären darstellenden Brückenarme hinweg und stellt ferner, nach völliger Ausschaltung des Kleinhirnes, die Verbin- dung zwischen den Strickkörpern und Bindearmen her, so wird dadurch die Rautengrube wieder geschlossen und das Centralorgan erhält nahezu völlig den Rückenmarkstypus. Selbst Andeutungen einer Segmentirung des Organes lassen sich dann an dem Verhalten der Gehirnnerven noch erkennen. Eine solche Ueberlegung aber berechtigt dazu, bei der Beschrei- bung der genannten Theile des Centralorganes die Bezeichnungen: oben und unten ^ vorne und hinten in demselben Sinne zu gebrauchen wie bei der Beschreibung des Rückenmarkes. Ausserdem erscheint es angezeigt, der Darstellung des inneren Baues dieser Theile, gleich- wie es beim Rückenmark geschah , die Betrachtung von (auf die Längsaxe des Organes senkrechten) Querschnitten oder vielmehr Quer- schnittsreihen zu Grunde zu legen. Zur Abgrenzung der einzelnen Querschnittsreihen dient aus praktischen Gründen am besten eine nach äusserhchen Anhaltspunkten vorgenommene künstliche Segmentirung. So zerfällt das verlängerte Mark^ wenn man die Eröffnung des Centralkanales zur Abgrenzung benützt, in einen geschlossenen Theil, welcher die Pyramidenkreuzung enthält, und einen offenen Theil, dem die Oliven eingelagert sind. Jeder dieser Theile lässt sich noch in weitere Unterabtheilungen trennen. Geschlossener Theil des verlängerten Markes. 1) Qnerschnittsreihe in der Höhe der Pyramideukreuzuug. Schon in der Höhe des zweiten Halsnerven bemerkt man am Querschnitt des Rückenmarks ein Auseinanderrücken der Hinterhörner und ausserdem ein Wachsen der Processus reticulares und der mit diesen verschmelzenden Seitenhörner. Nach und nach treten die Hinterhörner noch mehr aus einander und erfahren dabei eine leichte Krümmung mit der Convexität nach innen und hinten (Fig. 55 A.). Ihr mittlerer Theil — cervix — er- scheint auffallend schmal und verlängert, besteht nahezu nur aus hin- teren Wurzelbündeln, Basis und Kopf hingegen gewinnen bedeutend Querschnittsreihe in der Höhe der Pyranüdenkreuzung. 201 an Umfang. Der Kopf stellt einen runden, aus gelatinöser Substanz bestehenden Körper dar, dessen Anwesenheit sich in etwas höheren Ebenen durch eine Vorwölbung der Rückenmarksperipherie, als Funi- culiis und Tuherculum Iiolandi, verräth. Doch erreicht dieser ange- schwollene Kopf des Hinterhornes nur für eine kurze Strecke die Peripherie des Organes, denn sofort treten an seiner lateralen Fläche Querschnitte ziemlich dicker, markhaltiger Nervenfasern auf. welche rasch an Zahl wachsen, bis sie ein den Kopf des Hinterhornes lateral imisäumendes Markfeld bilden (Fig. 55 B.at.). Wie Flechsig nachgewiesen Fisr. 55. A. A. Querschnitt in der Höhe des Beginnes der Pyramiäe)ikreuzung, zwischen dem ersten und zweiten Halsnerven (im Gegensatz zu den Eückenmarksquerschnitten ist hier und in der Folge die untere Schnittfläche gezeichnet). (6 mal vergrössert.) b. Basis des Hinterhornes. c. Cervix des- selben, k. Kopf des Hinterhornes. ae. Accessoriuswurzel. kz. Kern des zarten Stranges, p. Pyramiden- kreuzung, ks. Kleinhimseitenstrangbahn. B. Querschnitt in der Höhe des oberen Endes der Pijramilenkreuzung, über der Eintrittsstelle des ersten Halsnerven. k. Kopf des Hinterhornes. kz. Kern des zarten Stranges, kk. Kern des Keilstranges, at. Aufsteigende Trigeminuswurzel. pr. Processus reticulares. p. Pyramide, ks. Klein- himseitenstrangbahn. hat, umhüllen sich diese Xervenfasern im Embryo sehr frühzeitig mit Mark und zeigen in dieser Hinsicht somit dasselbe Verhalten wie die vornehmlich aus eintretenden Nervenwurzeln bestehenden Theile des Rückenmarksquerschnittes (vordere und hintere Grundbündel). Und in der That besitzt diese Formation die Bedeutung einer Nervenwurzel. Denn die gelatinöse Substanz sowohl als das lateral anliegende Mark- feld bilden einen charakteristischen Bestandtheil sämmtKcher Quer- schnitte bis in das mittlere Drittel der Brücke, wo sie sich an der Bildung der Nervenwurzel des Trigeminus betheiligen. Die ganze Formation hat demnach die Bedeutung einer aufsteigenden Trigemiynis- uurzel (at.). 202 Quersclinittsreihe in der Höhe der Pyramidenkreuzung. In noch höheren Ebenen wird der Cervix des Hinterhornes in das Ketzwerk der mächtig entwickelten Processus reticulares einbezogen, Basis und Kopf erscheinen dann nur lose verbunden. Die Basis der Hinterhörner und mit ihr die hintere Commissur gewinnen von vorne nach hinten an Breite und enthalten eine nach hinten und aussen vom Centralkanal gelegene Ganglienzellengruppe, Avelche dem Accessoriuskern angehört. Der durch das Auseinanderweichen der Hintersäulen für die Hinterstränge geschaffene Raum wird zur Einlagerung von grauer Substanz in diese letzteren benützt. Zuerst tritt graue Substanz in spindelförmiger Gestalt in den GolV sehen Strängen, nahe dem Septum medianum (Fig. 55 A. kz.) auf, später in mehrfachen Herden, welche die Tendenz haben, mit der hinteren Commissur zu verschmelzen (Fig. 55 B. kz.). Etwas höher oben findet eine ähnliche Einlagerung grauer Substanz auch in den vorderen Abschnitten der Keilstränge statt, hier jedoch sofort als compacte Masse, welche mit der Basis des Hinterhornes zusammenfiiesst (Fig. 55 B. kk.). Diese in die Masse der Hinterstränge eingelagerten Herde grauer Substanz, in welche die aufsteigenden Hinterstrangfasern einmünden, enthalten zahlreiche grosse miiltipolare Ganglienzellen. Sie führen den Namen Kern des zarten Stranges und Kern des Keilstranges und erlangen in höheren Quer- schnittsebenen noch eine bedeutend stärkere Entwicklung. Viel eingreifendere Veränderungen noch als die Hinterstränge erleiden in dieser Querschnittsreihe die Seiten- und Vor der stränge. Das Wesentliche daran ist der Uebertritt der gesammten Pyramiden- seitenstrangbahn der einen Seite in den Vorderstrang der anderen Seite, wobei die Faserzüge das gleichnamige Vorderhorn durchbrechen müssen. Als Vorstufe dieser Pyramidenkreuzung ist jener Faserbestandtheil der vorderen Kreuzungscommissur des Rückenmarkes zu betrachten, welcher bereits dort wahrscheinlich eine Verbindung zwischen dem Seiten- strang der einen und dem Vorderstrang der anderen Seite herstellt. In der Höhe des zweiten Halsnerven treten Nervenfasern mit einer solchen Verlaufsrichtung in immer stattlicherer Zahl auf und bilden endlich Bündel markhaltiger Fasern, die in welligen Zügen von hinten nach vorne und innen verlaufen. Dabei durchbrechen sie zuerst die Processus reticulares und tragen so zu einer weiteren Entwicklung des Netzwerkes bei, dann aber, in der Höhe des ersten Halsnerven, auch das Seiten- und Vorderhorn und trennen diese Theile von der den Central- kanal umgebenden grauen Substanz ab (Fig. 55 A. p.). In noch höheren Querschnittsebenen wird die geschlossene Masse des Vorderhornes immer mehr reducirt, indem sie in das Netzwerk der Processus reticulares einbezogen wird (Fig. 55 B. pr.). ryramiclenkicu/.ung. Eröffnung des Centralkanales. 203 Ausser der Riclitimi? von hinten nach innen und vorne verfolgen die sich in der Medianlinie kreuzenden Pyramidenfasern auch noch die Uichtung steil nach oben, so zwar, dass ihr Verlauf einen spitzen Winkel mit der Längsaxe des Organes bildet. Dadurch geschieht es, dass in dem Querschnittsbilde immer nur kurze Verlaufsstrecken der ein- zelnen zur Kreuzung gelangenden Faserbündel zur Anschauung kommen. Die an der Fissura longitudinalis angekommenen Bündel kreuzen sich mit ihren Genossen von der anderen Seite derart, dass ein ein- faches Flechtwerk mit rhombischen, in der Längsrichtung der Oblon- gata gestreckten Maschen zu Stande kömmt. Man nimmt deshalb an den einzelnen Querschnitten zumeist nur vorwiegend Fasern einer Ver- laufsrichtung wahr (auf Fig. 55 A. z. B. nahezu ausschliesslich Faser- bündel aus dem linken Seitenstrange) und wird oft sehr bedeutende Asymmetrien einzelner Querschnitte nicht auffallend finden dürfen. Häufig sieht man auch ein in Kreuzung begriffenes Bündel in der Tiefe der Fissura anterior in Form eines Zapfens erscheinen (Processus mamillaris, Stilling). Die aus dem Felde der Pyramidenseitenstrangbahn in die ge- kreuzte Pyramide übergegangenen Fasern erhalten dort ihren bleibenden Platz in dem medialen Abschnitte, indem sie sich den ungekreuzt auf- steigenden Pyramidenvorderstrangbahnen medial auflagern. Lateral von den letzteren liegen dann die bedeutend reducirten Reste der Vorder- stranggrundbündel. Die Kleinhirnseitenstrangbahn , das zweite in den Seitensträngen durch die Entwicklungsgeschichte und durch die Befunde bei der seeun- dären Degeneration nachzuweisende lange Fasersystem, ist in dieser Quer- schnittsreihe auch am völlig ausgebildeten Organ durch das dicke Faser- kaliber deutlich kenntlich. Ihr Feld setzt sich scharf von den immer von grauer Substanz durchflochtenen Seitenstrangresten ab, ist jedoch nach hinten zusammengedrückt und liegt an der Peripherie unmittelbar vor dem Kopf des Hinterhornes und der aufsteigenden Trigeminuswurzel. 2) (^uerschuittsreihe in der Höhe der sich vorbereitenden Eröffnung des Centralkanales. An der vorderen Peripherie der Schnitte erscheinen die Pyramiden bereits vollständig entwickelt und setzen sich schon für das freie Auge scharf von den übrigen Theilen ab (Fig. 56 p.). Bei mikro- skopischer Untersuchung sind sie durch einen eigenthümlich durch- flochtenen Verlauf ihrer Fasern (Vorkommen zahlreicher Schrägschnitte) und durch das Vorhandensein reichlicher Septa der Stützsubstanz aus- jrezeichnet. 204 Quer,?cliiiitti?reilie in der Höhe der Eröffaung des Centralkanales. Diese scharfe Trennung der Pyramiden von den übrigen Theilen des Quer- schnittes bleibt von hier bis zu dem dmx-h die Grosshii-nscherLkel vermittelten Ueber- gang derselben in das Grosshim bestehen. Manche Anatomen verleihen diesen Beziehungen der Pyramiden zum Grosshimschenkel (Pedunculus — Grosshirnschenkel- fass) dadurch Ausdruck, dass sie die Pyramide und ihre Fortsetzung nach oben als Region der Pedunculusbahn bezeichnen, im Gegensatz zu der hinteren Ab- theilung des Terlängerten Markes und der Brücke, welche wegen ihrer Beziehungen zur Haube (Grosshimschenkelhaube) den Namen Hauhenregion erhält. Dort, WO die beiden Pyramiden in der Medianlinie zusammen- stossen, sieht man aus den hinteren Abschnitten des Querschnittes stammende Fasern nach vorne verlaufen und dann an der vorderen Fig. 56. Querschnitt diircli das verlängerte Mark vor Eröffnung des Centralkanales. (5 mal vergrössert.) p. Pyramide, arc. Fibrae arcuatae externae. n. aro. Nuclei arciformes. XII. flypoglossus- kern. XI. Accessoriuskern. kk. Kern des Keilstranges, kk. äuss. Aeusserer Keilstrangkern. ks. Klein- hirnseitenstrangbatm. str. Strickkörper, sk. Seitenstrangkern. o. Unteres Ende der unteren Olive (inneren Xebenolive). seh. Schleifenkreuzung, fm. Formatio reticularis, at. Aufsteigende Trige- minuswurzel. Peripherie der Pyramiden als eine sehr dünne Schichte transversaler Fasern in lateraler Richtung verlaufen. Während diese äusseren Bogen - fasern (Fibrae arcuatae s. arciformes externae — Fig. 56 arc.) die Py- ramiden umziehen, gesellen sie sich, wie allgemein angenommen wird, zum Theile wenigstens in Längsrichtung umbiegend, diesen zu, und daher kömmt es wohl, dass schon innerhalb der jetzt zu beschreibenden Querschnittsreihe das Areale der Pyramiden etwas zunimmt. Ein weiterer Theil dieser Bogenfasern zieht an der Peripherie des ver- längerten Markes weiter nach hinten und überdeckt dabei inconstante Anhäufungen grauer Substanz mit multipolaren Ganglienzellen, die sich in den peripheren Theilen der Pyramiden vorfinden. Sie haben von Querschnittsreihe in der Höhe der Eröfl&iung des Centralkanales. 205 Henle den Namen Xuclei arciformes (n. arc.) erhalten und bilden wahr- scheinlich eine Quelle neuen Faserzuwachses zu den Pyramiden. An der hinteren Peripherie sind die Querschnitte dieser Reihe von der xeriieiien Fi ssura 7)iediana posterior tief eingeschnitten: dieser Einschnitt erreicht den mittlerweile etwas nach hinten verlagerten, von der centralen grauen Substanz umgebenen Centralkanal. In der eine nahezu kreisförmige Querschnittsfigur darstellenden, centralen, grauen Substanz findet sich nach vorne und aussen vom Centralkanal eine kleine Gruppe von grossen multipolaren Ganglien- zellen, das untere Ende des Hypogiossuskernes (XII.): nach hinten und aussen davon hegt ein ähnhcher. etwas zellenreicherer Kern, die obere Fortsetzung des schon in der Höhe der Pyramideukreuzung nachweis- baren Accessoriuskernes (XL). An manchen Präparaten gelingt es ferner, ein dem Accessorius- kern aufgelagertes Bündel dickerer Xervenfaserc|uerschmtte nachzuweisen (es fehlte an dem Präparate, nach welchem Fig. 56 gezeichnet wurde). Dieses Faserbündel steht, wie weiter unten, gezeigt werden wird, zu dem Vagus in den gleichen Beziehungen, wie die aufsteigende Trige- minuswurzel zum Trigeminus. verdient daher den Namen einer auf- steigenden Vac/iisimrzel (Krause's Respirationsbündel, Stillings solitäres Bündel). An günstigen Objekten gelingt es, die dicken, markhaltigen Fasern dieser Wurzel noch weiter abwärts, bis in die Längsbündel zwischen den Processiis reti- culares im oberen Halsmark zu verfolgen. Femer hat Flechsig nachgewiesen, dass dieses Bündel nahezu gleichzeitig mit der aufsteigenden Trigeminuswurzel seine Markumhülhmg erhält, zu einer Zeit, wo in gleicher Höhe des verlängerten Markes nur die Keilstränge markhaltig erscheinen. Es verhält sich somit auch in ent- wickliuigsgeschichtlicher Beziehung wie eine Nervenwurzel, etwa so. wie die auf- steigenden Accessoriusfasem im Halsmark. Die durch den medialen Einschnitt völlig getrennten Hinterstränge weisen im Bereiche dieser Querschnittsreihe eine weitere, durch Yer- grösserung ihrer Kerne bedingte Yolumszunahme auf (äusserhch als Clava und Tuberculun cuneatum kenntlich). Im lateralen Theil der Hinterstränge (Keilstrang) nimmt die von sehr zahlreichen kleineren Ganglienzellen durchsetzte graue Substanz als compacte Masse den vorderen Theil ein und erscheint wie von einer Haube weisser Substanz bedeckt, in welcher häufig noch ein kleinerer Kern eingelagert ist (üiisserer Keilst rangkent, kk. äuss.). Der mediale Theil der Hinterstränge (zarter Strang) ist durchaus von spindelförmigen Häufchen grauer Substanz durchsetzt, welche schön entwickelte, grosse GangHenzeUeu enthält und von der Oberfläche nur durch eine ganz dünne Schichte weisser Substanz geschieden ist. Beide Kerne (kk. und kz.) stehen jetzt mit der centralen grauen Substanz 200 Aufsteigende Trigemiiiuswurzel. — Anlage des Strickkörpers. in breiter Verbindung. In ihnen finden sämmtliclie aufsteigende Hinter- strangfasern ihr vorläufiges Ende ; denn die nach querer Durchtrennung des Rückenmarkes entstandene secundäre, aufsteigende Hinterstrang- degeneration lässt sich niemals weiter als bis zu dieser Station ver- folgen (am Menschen und am ausgewachsenen Thiere). Nach aussen und vorne von den Keilsträngen liegt, bereits in den seitlichen Theilen der Querschnitte, die leicht kenntliche aufsteigende Trigeminuswurzel (at.), in Form eines nach innen concaven Halbmondes jene gelatinöse Substanz umschliessend, welche oben (Seite 201) als Fort- setzung des Kopfes des Hinterhornes bezeichnet wurde. Vor der aufsteigenden Trigeminuswurzel lag in der Höhe der Pyramidenkreuzung das wohl kenntliche Feld der Kleinhimseifenstrang- bahn. Die dicken, markhältigen Fasern desselben sammeln sich jetzt an der Peripherie und ändern ihre Verlaufsrichtung, indem sie sich nach hinten wenden, und ein Stratum zonale von Fibrae arcuatae bildend, die aufsteigende Trigeminuswurzel bedecken. Damit ist die erste An- lage des Strickkörpers gegeben (ks. bis str,). Innerhalb des Feldes der Kleinhirnseitenstrangbahn ^ noch mehr aber medial davon, inner- halb der Seitenstrangreste, entwickelt sich in gleicher Höhe des ver- längerten Markes eine zerstreute Formation von grauer Substanz mit zahlreichen grossen Ganglienzellen, die den Namen Seitensfrangkern führt (sk.). Die durch ihr Kaliber leicht unterscheidbaren Fasern der Kleinhimseiten- strangbahn treten in keinerlei Beziehung zu den Zellen dieses Kernes, sie gehen viel- mehr sämmtlich ohne Interpolation von Ganglienzellen in den Strickköriaer über. Der Nachweis dafür ist sowohl durch die entwicklungsgeschichtliche Methode als auch durch die Untersuchung der secundären aufsteigenden Degeneration zu er- bringen. Letztere setzt sich, ohne an diesen Zellen Halt zu machen, in ein be- stimmtes Querschnittsfeld des Strickkörpers fort. Durchschneidet man jedoch nach der Giidden'schen Methode am neugebornen Kaninchen das Rückenmark im oberen Halstheil (halbseitig), dann findet man völ- ligen Schwund der Zellen des Seitenstrangkemes und der in die Oblongata tretenden Fortsetzung der Seitenstrangreste. Die Fasern des letztgenannten Systeme« scheinen demnach mit dem Seitenstrangkern Beziehungen zu haben. Es erübrigt jetzt noch der centrale, von den bisher besprochenen Gebilden umschlossene Theil zur Beschreibung. Er wird in den ober- sten Querschnittsebenen des in Rede stehenden Oblongata- Abschnittes durch die in dieser Höhe bereits nachweisbaren Wurzelfasern des Acces- sorius-Vagus und des Hypoglossus, welche von ihren Kernen zu den Aus- trittsstellen verlaufen, in zwei Abtheilungen geschieden. (An Fig. 56 ist davon noch nichts zu sehen.) Die Wurzelfasern des Accessorius sieht man, an diesen Querschnitten wohl meist nur in kurzen Strecken ihres Verlaufes getroffen, vom zugehörigen Kerne zum vorderen Rande der Trigeminuswurzel ziehen; durch sie werden die hinteren Felder der Die Schleifenkreuzung. 207 Ohlongatii (sensorisches Feld , Meyneri) , deren Inhalt uns bereits be- kannt ist, abgetrennt (Fig. 57). Die Wurzelfasern des Hypoglossus hingegen verfolgen, meist in längeren Strecken ihres Verlaufes sichtbar, einen Weg, welcher von ihrem Kern zum lateralen Rande der Pyramiden führt (Fig. 57). Durch sie wird beiderseits ein medial gelegenes Feld abgegrenzt (dessen Tren- nung in eine rechte und linke Hälfte erst im nächsthöheren Abschnitte des Verl. Markes erfolgt) und ein laterales, welches hinten von den Acces- soriusfasern begrenzt wird — mittlere und seitliche Felder der Oblongata (motorische Felder nach Meyneri). Das mittlere Feld der Oblongata ent- hält auch dort schon, wo es von dem seitlichen noch nicht scharf ge- schieden ist, wie auf Fig. 56, eine Faserungsfigur, die anscheinend eine Wiederholung der Pyramidenkreuzung darstellt. Sie wurde auch von Meynert irriger Weise in diesem Sinne gedeutet und obere oder sensible Pyramidenkreuzung genannt. Flechsig hat jedoch die Unhalt- barkeit dieser Anschauung nachgewiesen. Es handelt sich um Züge markhaltiger Fasern, welche in dem Kerne des zarten Stranges (vielleicht auch in benachbarten Theilen) entstehen und, die centrale graue Substanz in schön geschwungenen Bogen um- kreisend, steil nach vorne ziehen, wo sie in der Nähe der Pyramiden angelangt, spitzwinklig mit den gleichen Faserzügen der anderen Seite sich kreuzen. Dann schlingen sie sich um eine unregelmässig geformte Anhäufung grauer Substanz , welche das untere Ende der Olive dar- stellt, herum (o.), und scheinen sich den Pyramiden zuzugesellen. Doch findet, wie Flechsig nachgewiesen hat, hier nur eine theilweise Ver- mischung der Fasern beider Formationen statt. Das Verbleiben dieser Fasern in den Pyramiden ist kein definitives, sie werden weiter oben vielmehr Bestandtheile einer eigenen, hinter den Pyramiden gelegenen Formation, welche Schleife oder Schleifenschichte heisst. Die sog. obere Pyramidenkreuzung hat demnach den passenderen Namen Schleif en- hreuzimg (seh.) oder Kreuzung der Schleifenschichten erhalten (TFe/-«/cÄ;e). Der Nachweis dieses Verhaltens lässt sich bei der Untersuchung der Oblongata von Embryonen bestimmten Alters mit voller Sicherheit führen, weil die Fasern der Schleifenkreuzung und der Schleife viel früher ihre Markscheiden erhalten als die Pyramidenfasern. Auch die pathologisch-anatomische Methode gibt den gleichen Aufschluss, denn bei secundärer Degeneration der Pj^ramiden in Folge von Gehirn- läsionen bleibt die Schleifenkreuzung intakt, bei angeborenem vollständigem Mangel der Pyramiden {Flechsig) ist sie in normaler Entwicklung vorhanden. Bei primärer Erki-ankung der Pyramidenbahnen (amyotrophische Lateralsklerose) lässt sich gleich- falls ein völliges Freibleiben der diesen beigemischten Fasern der Schleifenkreuzung nachweisen {Debove und Gomhault). In den seitlichen Feldern der Oblongata^ welche in oberen Quer- schnittsebenen in der beschriebenen Weise abgegrenzt sind, in unteren 208 Formatio reticularis. — Offener Tlieil des verlängerten Markes. Querschnittsebenen zwischen der Schleifenkrenzung und der aufsteigen- den Trigeminuswurzel liegen, sieht man einzelne Bogenfasern als Kreis- abschnitte den Fasern der Schleifenkreuzung parallel verlaufen. Sie werden uns später beschäftigen.- Ausserdem findet man noch zahlreiche Läno'sfaserbündel und ein ausgebreitetes Netzwerk grauer Substanz — als Fortsetzung der Processus reticulares. Diese eigenthümliche , aus Häufchen grauer Substanz mit Ganglienzellen und aus longitudinal sowie transversal verlaufenden Fasern zusammengesetzte Formation breitet sich in höheren Oblongata-Abschnitten noch über andere Theile des Querschnittes aus und führt den Namen Formatio reticularis. Uebersictit des Faserverlaufes in dem geschlossenen Theile des verlängerten Markes. 1. Die Pyramidenvorderstrang- und Seitenstrangbahnen, letztere mit Hülfe der Pyramidenkreuzung, bilden die an Stelle der Vorderstränge tretenden Pyramiden. Die Vorderstrangreste werden nach hinten in das mittlere Feld der Oblongata verschoben. 2. Die Kleinhirnseitenstrangbahnen werden zur ersten Anlage des Strickkörpers. 3. Das aufsteigende Fasersystem der Hinterstränge endigt in den Kernen des zarten und Keil-Stranges. 4. Aus den Kernen des zarten Stranges entwickelt sich, als weiteres Glied eines der in den Hintersträngen enthaltenen Leitungssysteme, die Schleifenkreuzung, deren Fasern in das Gebiet der Vorderstrangreste gelangen und zur gekreuzten Schleifenschichte sich begeben. 5. Die Seitenstrangreste nehmen zur Gänze den Charakter einer Formatio reticularis an, ihre Fasern treten mit den Ganglienzellen derselben und mit Zelleh des Seitenstrangkemes in Verbindung. Offener Theil des verlängerten Markes. 1) Querschuittsreihe in der Höhe des unteren Drittels der Oliven. Hier findet die vollständige Eröfi'nung des Centralkanales statt, welcher, nach hinten verlagert und spaltförmig geworden, schliesslich mit dem vertieften hinteren Längsspalt zusnmmenfliesst. Sobald der Central- kanal geöffnet ist, breitet sich das centrale Ependym über den sich jetzt entwickelnden Boden der Eautengrube aus, welcher übrigens an den unteren Querschnitten dieser Reihe noch die Gestalt eines tief eingesenkten Spaltes behält. Der laterale Contour der Querschnitte (Fig. 57) wird durch die von der Einlagerung der Olive herstammende Vorwölbung und durch die Erhebung des Strickkörpers allmälig derart verändert, dass sich schliesslich jederseits drei Vorwölbungen unterscheiden lassen, vom Sulcus anterior an aufgezählt: die Pyramide, der Olivenvorsprung und der Strickkörper. Querschnittsreihe in der Höhe des unteren Drittels der Oliven. 209 Fig. 57. Am Grunde der winkeligen Einsenkung des grauen Bodens findet sich der Kern des Hi/po(/Iof;sus (XII.) als eine scharf umschriebene Gruppe von grossen und vieleckigen Ganglienzellen. Die aus diesem Kerne austretenden Wurzelfasern verlaufen in mehreren parallelen Zügen nach vorne und etwas nach aussen gegen die Pyramide und wenden sich erst in der Nähe der letzteren bogen- förmig nach aussen zu der Austrittsstelle des Hypoglossus. Dabei durch- setzen sie Theile der hier bereits entwickelten Olive (Fig. 57). Das durch die beiderseitigen Hypoglossuswurzeln abgegrenzte mitt- lere Feld der Ohiongafa hat jetzt auch den Charakter einer Fonnatio reti- cularis angenommen, doch ist in ihm die graue Substanz viel spärlicher vertreten (daher Form. ret. alba ge- nannt, im Gegensatze zu der an grauer Substanz reicheren Form. ret. grisea der seitlichen Felder). In diesem mittleren Felde sind die Fasern der Schleifenkreuzung ver- schwunden; an ihre Stelle ist eine mediale, aus feinen markhaltigen Fa- sern und kleinen Häufchen grauer Substanz bestehende, vom vorderen Längsspalt bis zum grauen Boden reichende Scheidewand der beiden Hälften des mittleren Feldes — die Baphe — getreten (r.). Die Fasern der Raphe verlaufen zum grossen Theile horizontal von vorne nach hinten, kreuzen sich dabei spitz- winklig und werden, sobald sie an dem vorderen Längsspalt angelangt sind, zu den Fibrae arcuatae externae der Pyramiden. Ausserdem kreuzen sich unter minder spitzigen Winkeln zahlreiche innere Bogen- fasern (Fibrae arcuatae internae) der Form, reticularis in der Raphe. Der zwischen den inneren Nebenoliven liegende Theil des mitt- leren Feldes ist die Schleifenschicht (seh.); von Flechsig wird sie hier Olivenzwischenschicht benannt. Sie wird, ebenso wie die hinteren Theile des mittleren Feldes, von zahlreichen Faserquerschnitten ausgefüllt, welche Längsfaserzügen angehören, deren Bedeutung nur zum Theil festgestellt ist. Nach Flechsig finden sich hier ausser den Fasern der Schleifen- 14 Querschnitt durch das verlängerte Mark In der Höhe des unteren Drittels der Oliven. (4 mal yergr.) p. Pyramide, o. Untere oder grosse Olive, io. Innere Nebenollve. eo. Aeussere Nebenolive. XII. Hypoglossuskern und Wur- zel, r. Kaphe. X. Vaguskern, lateral von diesem die aufsteigende Taguswurzel. wX. Vaguswurzel, at. Aufsteigende Trigeminus- wnrzel. mf. Mittleres Feld der l'ormatio reticularis, sf. Seitliches Feld der Formatio reticularis, stz. Stratum zonale, str. Strick- körper. sch.Schleifenschicht<011venzwiscben- schicht). hi. Hinterstranganlage. Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 2 in Mittlere Felder der Formatio reticularis. — Vaguskern. kreuzung noch Faserzüge, welche als (mittelbare) Fortsetzungen der Leitungssysteme in den Hintersträngen und in den Seitenstrangresten (vgl. S. 189) zu betrachten sind. Nach hinten und aussen vom Hypoglossuskern liegt im grauen Boden die obere Fortsetzung des Accessoriuskernes, welche hier bereits dem Vagnshern (X.) angehört (hinterer Vaguskern). Dieser besteht aus einer Anhäufung kleinerer, spindelförmiger, bei älteren Individuen stark pigmentirter Ganglienzellen. Medial so- wohl als lateral von dieser Zellengruppe finden sich immer zerstreute Zellen vor, die dem Kerne zuzurechnen sind. Lateral schliesst sich ihm die in dieser Querschnittsreihe bedeutend grössere und besser um- schriebene aufsteigende Vaguswurzel an. Sie ist am Chromsalzpräparat bereits makroskopisch als kreisförmiger, dunkler Fleck kenntlich. Die aufsteigende Vaguswurzel führt auch den Namen „aufsteigende Wurzel des seitlichen gemischten Systemes" (Meynert), weil die in continuirlichem Zu- sammenhange stehende Zellensäule des Accessorius-Vagus-Glossopharyngeus insofeme Theil eines gemischten Systemes ist, als sich den betreffenden Wurzeln auch Bündel aus einem vorderen, motorischen Kern zugesellen. Die aufsteigende Vaguswurzel bildet einen dritten Bestandtheil der Wurzelbündel dieses seitlichen gemischten Systemes. Bei Untersuchung mit stärkeren Vergrösserungen kann man wahr- nehmen, dass sich die aufsteigende Vaguswurzel stetig durch unter spiraliger Aufwickelung hinzutretende Bogenfasern aus dem seitlichen Felde der Form, reticularis verstärkt. Aehnliche aus der Raphe stam- mende Bogenfasern lassen sich auch in den Hypoglossus- und Vagus- kern verfolgen ; sie stellen wohl sämmtlich obere (cerebralwärts ge- legene) Glieder der Leitungssysteme dar, denen die betreffenden Nerven- wurzeln angehören. Aus dem Kerne sowohl als aus der aufsteigenden Wurzel ent- wickelt sich die nach vorne und aussen ziehende Vagusicnrzel (wX.). Sie durchsetzt die aufsteigende Trigeminuswurzel in ihrem vorderen Theile und tritt dann zwischen Olivenvorsprung und Strickkörper her- vor. Durch sie wird das seitliche Feld der Formatio reticularis nach hinten scharf begrenzt. Im vorderen Abschnitt dieses seitlichen Feldes findet sich der in dieser Reihe von unten nach oben an Grösse zunehmende Querschnitt der unteren oder grossen Olive (o.). Dieses der Oblongata eingelagerte Gebilde besteht aus einem Blatte grauer Substanz , welches in der Richtung der Längsaxe des Organes vielfach in kleine Falten gelegt ("gekräuselt) erscheint, ausserdem aber so zusammengelegt ist, dass es zwei Lamellen bildet, eine äussere und zugleich hintere und eine innere zugleich vordere. Die nach innen sehenden freien Ränder der Lamellen stossen nur am unteren und am oberen Ende der Olive zusammen, so dass der Querschnitt der Grosse oder iinter(! Oliven. 211 Oliven an diesen Stellen eine (geschlossene Figur darstellt; grössten Theiles aber be- rühren sich die beiden Lamellen nicht, sondern Ijilden durch ihr Anseinanderweichi u den llilus der Olive. Durch diesen treten zahlreiche markhaltige Fasern in den Binnenraum der Olive und bilden dort das Mark der Olive. Zu diesem Marke treten ausserdem noch zahlreiche Faserzüge, welche das Blatt grauer Substanz selbst durch- brechen und ihm ein charakteristisches gestreiftes Aussehen verleihen. Das Olivenblatt selbst besteht aus einer fein granulirten, gelatinösen Sub- stanz, in welche zahlreiche, stark gelb pigmentirte, stumpfeckig gestaltete Ganglien- zellen kleinerer Dimension eingelagert sind. Sie hängen, wie Bimen an Stielen, {Wernicke) an den Fasern des allseitig herantretenden Markes. Von den in die Concavität der Fältchen eintretenden und dort pinselförmig ausstrahlenden Fasern des Olivennuirkes lässt sich aussagen, dass sie in den Axencylinderfortsatz der zu- meist oberflächlich gelegenen (janglienzellen übergehen. Die beiden freien P]nden der Olivenblätter besitzen kleine dem Wesen nach übereinstimmende Anhängsel; die äussere, hintere LameUe (erst in den oberen Quer- schnitten dieser Reihe deutlich) in Gestalt eines direkt lateralwärts umgebogenen Blättchens grauer Substanz — äussere NebenoUve (eo.), die innere, vordere, in der jetzt besprochenen Querschnittsreihe noch sehr kurze Lamelle, in Gestalt eines direkt medial gerichteten Blättchens grauer Substanz, welches jedoch immer ausser Continuität mit der Olive selbst steht — innere NebeitoUve (io.). Die innere Nebenolive (auch Pyramidenkern genannt) ist schon in den tiefsten Querschnittsebenen mit dem Beginn der Olive nachweisbar und immer daran leicht kenntlich, dass sie durch die Hypoglossuswurzelbündel von der Olive getrennt wird und somit im mittleren Felde der Formatio reticularis liegt. Keinem dieser beiden Adnexe der Olive kömmt eine selbständige Bedeu- tung zu. Aeusserlich ist die Olive mit einem, nach oben zu an Mächtig- keit gewinnenden Stratum zonale von äusseren Bogenfasern bekleidet, welche sich an der Oberfläche der beiden Lamellen zu entwickeln scheinen. Sie ziehen, nachdem sie die Olive umkreist haben , zu dem im Ver- gleich zur letzten Querschnittsreihe ansehnlich vergrösserten Strickkörper, der jetzt die laterale Hälfte des hinteren Oblongatafeldes völlig deckt. Ob diese durch ihr gleichmässig feines Kaliber ausgezeichneten Fasern aus der gleichseitigen Olive entspringen, oder dieselbe bloss durchsetzen und aus den Bogenfasern der Formatio reticularis stammen, oder ob sie endlich aus dem Hilus der gekreuzten Olive und über die Median- linie zu dem genannten Stratum zonale verlaufen, ist durch die Be- trachtung von Querschnitten des ausgebildeten und auch des embryo- nalen verlängerten Markes nicht zu entscheiden. Durch pathologisch-anatomische und experimentell-anatomische Befunde aber wird das letztgenannte Verhalten, d. i. die gekreuzte Verbindung der Olive mit dem Strickkörper und durch Vermittlung dieses mit dem Kleinhirn, ziemlich sicher erwiesen. Bei Atrophie der einen Kleinhirnhemisphäre nemlich ist, wie Meynert hervorgehoben hat, die gleichnamige Olive intakt, die Olive der entgegengesetzten Seite atrophisch ; und auch bei experimenteller Abtragung der einen 212 Verbindungeu der Oliven. — Hmterstranganlage. Kleinhirnhemisphäre am neugeborenen Versuclistliiere konnte Guclden eine Atrophie der gekreuzten Olive nachweisen. Auf ihrem Wege nach dem Strickkörper weichen die Olivenfasern den noch in den unteren Querschnitten dieser Reihe vorfindlichen Resten des Seitenstrangkernes nach innen aus; dieser kommt mit der noch nicht völlig in den Strickkörper abgelenkten Kleinhirnseitenstranghahn lateral von ihnen zu liegen, medial von ihnen liegt die aufsteigende Trigeminns- wurzel, welche hier wie früher durch ihr halbmondförmig gestaltetes Mark- feld und die allerdings etwas verkleinerte gelatinöse Substanz kenntlich ist- in den Olivenfasern ist uns ein zweiter wesentlicher Bestand- theil des Strickkörpers bekannt geworden. Da sie, ebenso wie die Fasern der Kleinhirnseitenstranghahn , nur successive in den Strick- körper ablenken, so besteht dieser in sämmtlichen Querschnitten der Reihe nahezu nur aus Schrägschnitten von Faserbündeln. Es bleiben nun noch die Pyramiden und die Fortsetzungen der Hinterstränge zu besprechen. Was die Pyramiden betrifft, so zeigen dieselben die gleiche Be- schaffenheit wie vorher, nur ist die Zahl der in ihnen vorhandenen Schrägschnitte eine viel geringere. Sie haben noch etwas an Grrösse gewonnen. Das Feld hingegen, welches in der vorigen Querschnittsreihe die beiden Hinter strangahtheilungen enthielt, ist hier bedeutend verkleinert und ausserdem sind die beiden Kerne zu einem gemeinschaftlichen, vielfach von weisser Substanz durchbrochenen Lager grauer Substanz zusammengeschmolzen, welches nach Wernicke den 'Hainen Hinter sträng - anläge erhält. Die Verkleinerung scheint vornehmlich auf Kosten des zarten Stranges stattgefunden zu haben. (Abgang der Schleifenkreuzung.) Aus dem Felde der Hinterstranganlage nimmt ein an den Quer- schnitten sofort in die Augen springendes System von Bogenfasern seinen Ursprung, welches eine Verbindung der Hinterstranganlage mit der gleichseitigen Olive und mit dem mittleren Felde der Formatio reti- cularis darstellt. Diese Anschauung lässt sich aus dem Studium der Querschnitte leicht ge- winnen, steht aber, wie nicht verschwiegen werden möge, im Widerspruch mit den Eesultaten einer experimentell-anatomischen Untersuchung Monakow's, welcher nach Durchschneidung einer Hälfte des oberen Halsmarkes bei neugeborenen Kaninchen nur eine geringe Atrophie der gekreuzten Olive wahrnahm, während die unge- kreuzte anscheinend unversehrt war. Es sind durchwegs sehr breite markhaltige Fasern (daher leicht von den benachbarten feinen Fasern zu unterscheiden, die von den Oli- ven zum Strickkörper ziehen) (Fig. 57), welche in schön geschwungenen Bogen gegen die hintere Lamelle der Olive ziehen und diese durch- brechend Bestandtheile des Olivenmarkes werden. Querschnittsreihe in der Höhe des mittleren Drittels der Oliven. 213 Ein Theil dieser Fasern aber verläuft hinter den Oliven vorbei nach innen, tritt in das mittlere Feld und wird, nachdem er die Median- linie (Raphe) gekreuzt hat, Bestandtheil der Schleifenschicht. Diese Bogenfasern durchziehen dabei die hintere Abtheilung des seitlichen Feldes und bilden mit den Olivenfasern zum Strickkörper den Hauptbestandtheil desselben. Ob und welche Faserautheile dabei in den überall in dev Formatio reticu- laris zerstreuten Ganglienzellen ihr vorläufiges Ende finden, ist noch nicht bekannt, ebensowenig woher alle die zahlreichen aufsteigenden Längsbündel der Formatio reticularis und der Schleifenschicht stammen. Für letztere haben wii- bereits zwei Quellen kennen gelernt (Schleifenkreuzung und Hinterstranganlage), eine cbitte dürfte, nach Befunden bei secundärer Degeneration, die gleichseitige Olive sein, eine vierte die Ganglienzellen der Foi'm. i-eticul. (Vergl. S. 210.) In der Hinterstranganlage selbst finden sich Häufchen grauer Sub- stanz eingestreut und Gruppen grosser, runder, bläschenförmiger Ganglien- zellen mit schön entwickelten Fortsätzen. Nach Wernicke hängt ein auffallend starker Fortsatz mit den Bogenfasern, ein zweiter an Sagittal- schnitten sichtbarer mit Hinterstrangfasern zusammen. Die Bogenfasern sind übrigens nicht die einzigen aus der Hinter- stranganlage austretenden Bahnen, an günstigen Schnitten (Säurefuchsin- präparaten wie Fig. 57) sieht man Faserbündel lateral ziehen und direkt in den Strickkörper eintreten. 2) Querschiiittsreihe iu der Höhe des mittleren Drittels der Oliven. Die Querschnitte dieser Reihe haben im Vergleiche zu den vor- angehenden beträchtlich an Umfang gewonnen und auch ihr Contour erscheint etwas geändert, einerseits durch die Verbreiterung und Ver- flachung des grauen Bodens, andererseits durch die Grössenzunahme der Oliven und Strickkörper , wodurch die betreffenden Vorwölbungen noch ausgeprägter werden. Die Pyramiden sind etwas von vorne nach hinten zusammen- gedrückt, aber breiter, so dass sie eher an Umfang gewonnen als ver- loren haben. Durch die Verbreiterung des grauen Bodens ist Raum gewonnen für die Einlagerung neuer Kerne nach aussen vom Vaguskern, zwischen diesen und die langsam sich erschöpfende Hinterstranganlage; es sind der Acusticuskern und der Deiters'sche Kern. Sonst hat das Quer- schnittsbild keine wesentlichen Veränderungen erfahren. Der graue Boden als Ganzes zeigt an den unteren Querschnitten dieser Reihe undeutlich, an den oberen deutlich eine mittlere und zwei seitliche Erhebungen. Die mittlere entspricht dem oberen Ende des 214 Querschnittsreilie in der Höhe des mittleren Drittels der Oliven. Hypoglossiiskernes (Fimiculus teres), der bald völlig verschwindet. An den nächst höheren Querschnitten sieht man jedoch noch immer Hypo- glossuswurzelfasern aus dieser Stelle des grauen Bodens austreten, woraus zu erschliessen ist, dass sie hier einen nach oben convexen Bogen be- schreiben (Fig. 58 XII.). Die erste seitliche Erhebung entspricht der Eminentia teres, deren grauer Boden mir zerstreute, kleine, spindelförmige Ganglienzellen ent- hält. Aus dieser Zellengruppe entwickeln sich Wurzelfasern, welche Querschnitt durch das verlängerte Mark in der Höhe des mittleren Drittels der Oliven. (31/2 mal vergrössert ) p. Pyramide, o. io. eo. wie vorher, str. Strickkörper. XII. Hypoglossuswurzel. r. Kaphe. et. Eminentia teres. X. Vaguskern und aufsteigende Vaguswurzel. mX. Vorderer Vaguskern. VIII. Innerer Acusticuskern. dk. Deiters' scher Kern. hi. Rest der Hinterstranganlage, at. Auf- steigende Trigeminuswurzel. seh. Schleifenschicht. nach vorne und aussen verlaufend, zur Vaguswurzel treten. Sie werden dem Glossopharyngeus zugerechnet (in Fig. 58 fehlen sie). Der Vaguskern (X.) liegt wie früher lateral vom Hypoglossuskern und zeigt wieder eine mittlere stärkere Zellenanhäufung; lateral und etwas nach vorne von dieser fällt die schön entwickelte aufsteigende Vaguswurzel in's Auge, deren Beziehungen zu den Fibrae arcuatae sehr deutlich hervortreten. Die in dieser Wurzel aufsteigenden Fasern fangen an, sich der Vaguswurzel anzuschliessen. (Ueber einen weiteren Vagus- ursprung aus dem seitlichen Felde der Form, reticul. siehe S. 216.) Gegen das obere Ende dieser Querschnittsreihe nimmt der Vaguskern rasch an Umfang ab und wird schliesslich auf eine kleine rundliche Acusticuskern. — Deiters' scher Kern. 215 Zellenanhtlufung rediicirt, welche sich in die Tiefe des grauen Bodens senkt, verdrängt durch den inzwischen von bescheidenen Anfängen gross entwickelten Acusticuskern (VlIL). Aeusserlich am grauen Boden ist dieses Verhalten als oberes Ende der Ala cinerea ausgeprägt. Dieser sog. innere Kern des Acusticus im grauen Boden tritt als ein Feld grauer Substanz lateral vom Vaguskern auf, welches reichlich Nervenfasern und sehr zerstreute; kleine, vieleckige und schlanke, spindelförmige Ganglienzellen enthält; es nimmt von unten nach oben, wie schon gesagt, auf Kosten des Vaguskernes an Grösse zu. Von Acusticuswurzelfasern ist hier noch nichts zu sehen. Lateral vom inneren Acusticuskern liegt ein Feld, das von einer eigenthümlichen, leicht kenntlichen (namentlich an Säurefuchsinpräpa- raten sehr schön demonstrirbaren) Formation eingenommen wird — Bündel formatlon des Deiters' sehen Kernes (in Rücksicht auf den ver- mutheten Zusammenhang mit dem Acusticus auch als äusserer Acu- sticuskern bezeichnet). (Fig. 58 dk.) In dieser Querschnittsreihe enthält das genannte Feld bündel- weise angeordnete Nervenfaserquerschnitte, dazwischen graue Substanz mit kleinen Ganglienzellen, in höhern Querschnittsebenen grosse Gang- lienzellen, die von manchen Autoren als Acusticuskern aufgefasst werden (siehe unten S. 219). Von unten nach oben wächst es dann rasch auf Kosten der Hinterstranganlage, welche schliesslich völlig verschwindet und so wird der Deiters'sche Kern dem Strickkörper benachbart und zur inneren Abtheilung des Kleinhirnstieles. Denselben Namen führt bei manchen Autoren auch schon die Hinterstranganlage. Nach Flechsig erhalten die Faserbündel dieser Formation sehr frühzeitig ihre Markscheiden; er ist daher geneigt, ihnen die Bedeu- tung von Wurzelfasern (Acusticus?) zu vindiciren. An manchen Querschnitten sieht man sehr deutlich Faserbündel aus dem Strickkörper in den Deiters' sehen Kern ziehen. Nach Monakow sollen dies dieselben Fasern sein, welche weiter unten aus der Hinterstranganlage und dem Keilstrang direkt in den Strickkörper abgebogen sind (S. 213); sie bilden (bei Kaninchen) das innerste Feld des eigentlichen Strickkörpers. Der Strickkörper (str.) gewinnt in dieser Querschnittsreihe sehr bedeutend an Volumen, einerseits durch Einlagerung grauer Substanz, andererseits durch den fortwährenden und immer mächtiger werdenden Faserzuwachs aus dem Stratum zonale der Olive und aus den Bogen- fasern der Formatio reticularis. Die Fasern des Stratum zonale treten zum Theil aus der von ihm bedeckten Olive, zum Theil aber auch aus dem Hilus der gekreuzten Olive aus, passiren die Raphe und gesellen sich, die gleichseitige Olive 216 Strickkörper. — Vorderer Vaguskern. umgreifend, den ersteren zu. Durch diese Fibrae arcuatae wird die hintere Begrenzung der Pyramide eine sehr scharfe. Die zum Strickkörper ziehenden Bogenfasern der Formatio reti- cularis ihrerseits umkreisen zum Theil die aufsteigende Trigeminus- wurzel von vorne, zum Theil laufen sie medial an ihr vorbei und ge- langen in die innere Abtheilung des Strickkörpers (Fig. 58). Sämmtliche von den Oliven zum Strickkörper verlaufenden Fasern zeichnen sich durch ihr feines Faserkaliber aus. Sie heissen bei manchen Autoren Stiele der Oliven. Mit ihnen sind sämmtliche den Strickkörper constituirende Faserzüge genannt, und es wäre nur noch die Lagerung der einzelnen Faserkategorien im Querschnitt des Strickkörpers zu erwähnen. Diese ist nach Flechsig's Befunden und nach den Befunden bei secundärer Degeneration der Kleinhimseitenstrangbahn derart, dass die aus den Oliven und der Formatio reticularis stammenden Fasern einen Mantel bilden, der die Kleinhimseitenstrangbahn von aussen und hinten umhüllt. An sämmtlichen Querschnitten dieser Reihe sind die Hypoglossus- und Vaguswurzelbündel sehr schön nachweisbar, zumeist in der ganzen Länge ihres Verlaufes getroffen. Die Abgrenzung der mittleren und seitlichen Felder der Formatio reticularis ist desshalb eine sehr scharfe. Im mittleren Felde, dessen Raphe sehr breit erscheint, fallen zahl- reiche Querschnitte dicker Fasern und die reichlichen Bogenfasern auf. Letztere kreuzen sich in der Raphe und zwar wenigstens in der Schleifenschicht (seh.) unter sehr spitzen Winkeln. Die hintersten, dem grauen Boden benachbarten Bogenfasern scheinen zu den Nervenkernen zu verlaufen (cerebrales Glied der Leitungssysteme) und übergehen wahrscheinlich in die in der Raphe nach vorne verlaufenden Fasern (Fibrae rectae). Die Vaguswurzel durchsetzt die aufsteigende Trigeminuswurzel und tritt am vorderen Rande des Strickkörpers zu Tage. Ausser ihren schon genannten TJrsprungsorten (Emin. teres, Vaguskern, aufsteigende Wurzel) tritt in diesen Querschnittsebenen noch ein weiterer hervor, der in dem seitlichen Felde der Formatio reticularis gelegen ist. Es ist der vordere oder motorische Vaguskern, welcher dort, wo er sich zu entwickeln beginnt, knapp einwärts von dem vorderen Ende der aufsteigenden Trigeminuswurzel liegt, weiter oben von ihr durch die Bogenfasern, welche zum Strickkörper ziehen, getrennt ist (Fig.58mX.). Er besteht aus grossen, vielstrahligen Granglienz eilen, welche nur zum Theil als kleine Gruppen in grauer Substanz, zumeist zerstreut in der Form, reticul. liegen und den Wurzelfasern entlang gestellt sind. Die aus dem Kerne entspringenden Wurzelfasern werden immer nur in einzelnen Exemplaren und in kurzen Strecken ihres Verlaufes sichtbar ; sie haben einen nach einwärts und hinten gerichteten, etwas aufsteigenden Verlauf, biegen dann, sobald sie in die Nähe des eigentlichen, hinteren Querschnittsroiho in der Höhe des oberen Drittels der Oliven. 217 Yagnskernes gelangen, spitzwinklig nach aussen um und schliessen sich der Vaguswurzel an. Die motorische Natur dieses Kernes wird aus seiner Lage, die analog jener des Facialiskernes ist, erschlossen. Von den übrigen Bestandtheilen des seitlichen Feldes der For- matio reticularis wären, neben den feinen Bogenfasern der Olivenstiele, nur nochmals die dicken, aus der Hinterstranganlage pinselförmig nach der Olive ausstrahlenden Fasern (übrigens nur in den unteren Quer- schnitten dieser Reihe noch vorhanden) zu erwähnen. 3) Qiicrschnittsreihe in der Höhe des oberen Drittels der Oliven. Im Bereiche dieser Querschnittsreihe ist der graue Boden von den Striae acusticae bedeckt. Der Contour der Schnitte wird in den unteren Querschnittsebenen durch das successive Heraustreten der Strick- körper, welche eine ovale, der Oblongata aufgesetzte Querschnittsfigur zeigen, verändert. Weiter oben sind die Corpora restiformia bereits in das Kleinhirn eingetreten , woraus sich für die nach Abtrennung des Kleinhirnes hergestellten Schnitte ein seitlicher flügeiförmiger Ansatz ergibt. Der graue Boden geht mit einer sanften Wölbung in den hinteren Rand der Strickkörper über; der vordere Rand dieser letzteren setzt sich hingegen rechtwinklig von dem Olivenvorsprung ab. In diesem Winkel liegt in den obersten Querschnittsebenen die Flocke des Kleinhirns. Die Pyramiden sind noch stärker platt gedrückt als vorher und durch Bogenfasern scharf von der Formatio reticularis abgesetzt. Der durch die Striae acusticae von dem Ependym getrennte graue Boden wird in seiner ganzen Breite von dem inneren Acusticuskern (Ylll.) eingenommen. Aus dessen , mit kleinen , ungleichförmig gestalteten Ganglienzellen dünn durchsätem Lager entspringen die lateral ziehen- den Faserbündel der Striae, in welche noch zahlreiche lang gestreckte Ganglienzellen eingelagert sind. In der grauen Substanz, unmittelbar neben der vom Sulcus longi- tudinalis gebildeten medialen Einsenkung, liegt eine dichtere Gruppe grösserer, spindelförmiger Ganghenzellen — der mediale Kerti (mk.) — von bisher nicht festgestellter Bedeutung. Lateral steht die graue Substanz des Ventrikelbodens in ununter- brochenem Zusammenhang mit einer den Strickkörper nach und nach überziehenden grauen Schichte, welche nach oben zu in die Rinde des Kleinhirnes übergeht (es ist dies der erste Beginn der Einsenkung des Strickkörpers in das Kleinhirn). Zwischen dieser und der eigentlichen Masse des Strickkörpers verläuft ein dicker, compacter Faserzug in querer Richtung, welcher, wie ein Vergleich auf einander folgender Schnitte 218 Obei-flächliche und tiefe Wurzel dei Acusticus. lehrt, nichts anderes ist, als die Fortsetzung der Striae acusticae, und demnach eine oberfläcJiliche Wurzel des AcKsticus (ow. VIII.) darstellt. In der diese Acusticuswiirzel überlagernden grauen Substanz finden sich zahl- reiche Ganglienzellen, welche gleichfalls Acusticusfasern zum Ursprünge dienen. Dort, wo sie eine Gruppe bilden, führen sie den Namen eines oberflächlichen Acu- sticus-Kemes. Querschnitte aus Ebenen^ wo der Strickkörper bereits in das Kleinhirn eingetreten ist, lassen diese den Strickkörper lateral um- greifende, oberflächliche Acusticuswurzel nicht mehr wahrnehmen; dafür aber wird ein noch viel dickerer Faserzug sichtbar, welcher in der Fig. 59. Querschnitt durch das verlängei-te Mark in der HöJ/e des oberen Drittels der Oliven. (31.2 mal vergrössert.) p. Pyramide, str. Striokkörper. VIII. Acusticuskern (innerer). mk. Medialer Kern. st. a. Striae acusticae. ow.VIII. Oberflächliche Acusticuswurzel. tw.VIII. Tiefe Acusticuswurzel. dk. Jjeiters' scher Kern. at. Aufsteigende Trigeminuswurzel. mf. Mittleres Feld der Formatio reti- cularis, sf. Seitliches Feld derselben, seh. Schleifenschicht. Substanz der Oblongata verlaufend, den Strickkörper medial umzieht und, nach seinem Austritte mit dem früheren vereinigt, den Stamm des Acusticus bildet. Diese tiefe Wurzel des Acusticus (tw. VIII.) , welche an Fig. 59 nur in ihren ersten Anfängen (an Fig. 61 A. grösser) zu sehen ist, setzt sich zum Theil aus Fasern zusammen, die dem inneren Acusticus- kern entstammen (Fig. XVI), zum grossen Theile aber auch aus Fasern, die aus der Bündelformation des Deiters' sehen Kernes kommen {Duval, Wem icke). Duval schreibt dieses Ursprunges wegen der tiefen Acusticuswurzel eine andere Funktion zu als der oberflächlichen und hält sie für die Innervation der häutigen Bogengänge des Labyrinthes bestimmt (nerf de Tcspace). Beziehungen de.s Deiters' fchcii Kernes zum Acusticu.s. — Fornuitio reticularis. 210 Nuch hinten und aussen von iler tiefen Acusticuswurzel, zwischen ihr und dem centralen Marke des Kleinlürns (Brückenarmfaserung) findet sich ein Feld grauer Substanz mit zahlreichen, kleinen Ganglienzellen — der vordere Acusticus- kerii. Dieser wird von Hiiguenin als Ursprungsort des n. interm. Widsbergii be- zeichnet. Duval hingegen lässt diesen Nerven aus den obersten Fasei'n des Glosso- pharyngeus (medialer Kern? Meynert) entstehen. Der Deifers'sche Kern (dk.), welcher wie vorher zwischen dem in- neren Acusticuskern und dem Strickkörper liegt imd jetzt von grauer Substanz äusserlich bedeckt erscheint, zeigt zahlreiche, sehr grosse multipolare Ganglienzellen — (der eigentliche Deiters'sche Kern). Nach V. Gudden geht dieser Kern nach Exstirpation der gleich- seitigen Kleinhirnhemisphäre am neugebornen Thier zu Grunde und nach Monakoiv erleidet er bei Durchschneidung des oberen Halsmarkes das o'leiche Schick.sal. Da aber in letzterem Falle die Acusticuswurzel nicht gleichfalls atrophirt, so ist es wahrscheinlich, dass die Zellen des eigentlichen Deiters'schen Kernes nichts mit dem Hörnerven zu thun haben. Dagegen sind wohl die kleineren Ganglienzellen dieser For- mation den Acusticuskernen zuzuzählen (vergl. oben S. 215). Der Strickkörper^ welcher in den unteren Querschnittsebenen noch reichlich Fasern aus dem Stratum zonale der Oliven aufnimmt, verliert weiter oben seine schönen, von Häufchen grauer Substanz durchsetzten Faserquerschnitte; die Faserbündel nehmen behufs Ablenkimg in das Kleinhirn eine Verlaufsrichtung nach hinten und oben an, und erscheinen desshalb als Schrägschnitte. In dem nach vorne offenen Winkel, den der Strickkörper mit der Formation des Deiters'schen Kernes bildet, liegt die aufsteigende Trige- minuswurzel. Sie zeigt dieselbe halbmondförmige Gestalt wie vorher, die gelatinöse Substanz ist jedoch bedeutend zusammengeschmolzen. Von den bisher genannten Theilen des Querschnittes ist allseitig umschlossen die schon bekannte Formatio reticularis. Da die Wurzel- fasern des Hypoglossus und Vagus hier aufgehört haben, so zeigt sie keine scharfe Trennung in mittlere und seitliche Felder mehr, doch lässt sich immerhin das mittlere Feld durch seinen geringeren Gehalt an grauer Substanz und Ganglienzellen (F. reticul. alba) und durch die zahlreichen Querschnitte dickerer Fasern, die es enthält, von dem seit- lichen trennen. Namentlich an Carminpräparaten tritt es durch seine hellere Färbung deutlich hervor. Die Raphe ist breit, zeigt in die Pyramiden tretende Fibrae rectae und Kreuzungen der zahlreichen Bogenfasern aus der Formatio reticularis. Die Oliven., welche die Schleifen schiebt zwischen sich fassen, nehmen nach und nach an Grösse ab, und erscheinen in den oberen Querschnitts- ebenen völlig geschlossen, immer von einem dichten Fasergewirr um- 220 Die Brücke. geben. In diesen Ebenen finden sich endlich auch schon Anfänge von Gebiklen, die der Brücke angehören, so das untere Ende des Facialis- kernes und des Corpus trapezoides. Uebersiclit des Faserverlaufes in dem offenen Theile des verlängerten Markes. 1. Die Pyi'amidenbalmen steigen unverändert auf bis auf einen von den Fibrae rectae der Raphe (aus den Nervenkernen?) stammenden Faserzuwachs. 2. Die nach Abgang der Schleifenkreuzung zurückbleibenden Hinterstrang- fasem erleiden in der Hinterstranganlage (Fortsetzung der Hinterstrangkerne) eine Unterbrechung durch Ganglienzellen; das weitere Glied des betreffenden Leitungs- systemes tritt dann in die Oliven (ob in. beide?) und in die Formatio reticularis. 3. Aus den Oliven und zwar vornehmlich der gekreuzten und aus der For- matio reticularis treten ausgiebige Faserzüge (wahrscheinlich ein weiteres Glied eines Theiles wenigstens der sub 2 genannten Leitungssysteme) in den Strickkörper, und verlaufen in diesem, gemeinschaftlich mit der Kleinhimseitenstrangbahn zum Kleinhirn. Die Oliven würden demnach eine zweite XJmschaltungsstation für ein- zelne Fasersysteme aus den Hintersträngen darstellen. 4. Ein Theil der aus der Hinterstranganlage austretenden Faserzüge gelangt auf dem Wege des Strickkörpers vielleicht direkt in die Bündelformation des Deiters' sehen Kernes und mit dieser in das Kleinhirn. 5. Die aus den Kernen der zarten Stränge stammenden Fasern der Schleifen- kreuzung steigen in der hinter den Pyramiden, zwischen den Oliven liegenden Schleifenschicht aufwärts. Ihnen schliessen sich äquivalente Fasern, welche aus der Hinterstranganla gekommen, und andere Längsfaserbündel der Formatio reticularis, endlich vielleicht Fasern, welche bereits in der gleichseitigen Olive eine Umschal- tung erfahren haben, an. Die Brücke. In diesem Theile des Centralorganes erreichen die bereits am verlängerten Mark äusserlich sichtbaren Querfaserzüge eine viel be- deutendere Entwicklung, indem sie die vordere und seitliche Fläche des verlängerten Markes völlig umhüllen. Sie stellen eine mächtige Commissur beider Kleinhirnhälften dar, in welche sie vermittelst der Brückenarme (Crura cerebelli ad pontem, mittlere Kleinhirnschenkel) eintreten. Da der Längsdurchmesser der Brücke in ihrer Mitte be- deutend jenen der Brückenarme übertrifft, so müssen die Querfasern derselben sich bei ihrem lateralen Verlaufe zusammendrängen. Dies geschieht vor Allem dadurch, dass ein Theil der oberen Querfaserbündel sich an der Seitenfläche der Brücke über die unteren erhebt und als Fasciculus obliquus nach unten und aussen zieht, so den Dickendurch- messer des Brückenarmes verstärkend. Ueber diesem auffallenden Querfaserbündel findet sich an der Seitenfläche der Brücke die Aus- trittsstelle der beiden Trigeminuswurzeln; am hinteren Rande des Pons, Die Brücke. 221 lateral von der Abclucenswurzel, liegt die Austrittsstelle der Facialis- und Acusticus würze]. Durch das Zusammenlaufen der queren Brückenfasern nach unten und aussen erhält die Brücke eine nach oben stark vorspringende Wölbung, Die Höhe dieser Wölbung sollte so wie der untere Rand der Brücke zur Abgrenzung dieses Theiles von den oben und unten anschliessenden Abschnitten des Centralorganes dienen. Geht man aber darauf aus, den inneren Bau der Brücke an Querschnitten (senkrecht zur Längsaxe) zu beschreiben, so lässt sich die obere Grenzmarke nicht benützen. Denn ein durch diese geführter Querschnitt fällt hinten be- reits weit in den unteren Vierhügel hinein. Zweckmässiger erscheint es desshalb, die obere Spitze der ßautengrube , das ist die Stelle , wo Fior. 60. Medianschnitt durch das verlängerte Mark und die Brücke (nach Reichert, verkleinert). Die ein- zelnen Theile des Centralorganes sind au der Figur in der dem Texte entsprechenden Weise durch puuktirte Linien abgegrenzt. vM. Verlängertes Mark. Br. Brücke. Mh. Mittelhirn. th. Sehhügel, ve. Vordere Commissur. hc. Hintere Commissur. mc. Comraissura moUis. f. Gewölbe, z. Zirbeldrüse, cc. Corpus candi- cans. P. Grosshirnschenkel, vh. Vierhügel, p. Pyramide. xp. Pyramidenkreuzung, str. Strick- körper, av. Arbor vitae cerebelli. III. Nervus oculomotorius. VI. Nervus abducens. die beiden Bindearme zusammentreffen und zwischen sich das vordere Marksegel (Velum medulläre anterius) fassen, als obere Grenzmarke zu benützen. An der obenstehenden Fig. 60 ist diese Trennungslinie er- sichtHch gemacht. Ein in der gleichen Richtung gelegter Querschnitt trennt vorne allerdings das obere Drittel der Brücke ab; da dieses aber keinerlei Gebilde von selbständiger Bedeutung enthält, so ist darauf weiter kein Gewicht zu legen. Für die folgende Beschreibung erübrigen demnach nur das untere Drittel der Brücke, welches den Facialis- und Abducensursprung ent- hält, und das mittlere Drittel, in Avelchem die complicirten Wurzeln des Trigeminus zusammenlaufen. Man möge sich vor Augen halten, dass die in der Folge zu beschreibenden Querschnitte von einem Präparate gewoimen wurden, an dem die nach Spaltung des Kleinhirnwiurmes aus einander gebogenen Kleinhimhemisphären abgetrennt sind. Der Seitenrand der Querschnitte ist denmach immer eine durch die Marksubstanz 222 Querschnittsreihe in der Höhe des unteren Drittels der Brücke. der Kleiiihirnhemisphären gelegte künstliche Trennungsfläche. Die Abtrennung des Wurmes geschah dabei mit Schonung der, den unteren Theil des vorderen Marksegels bedeckenden Wülste der Lingula. Im Bereiche dieser Kleinliirnwindung wurde das mit dem Markkern des Wurmes continuirliche Markblatt des Velum anterius durchtrennt. 1) Querschnittsreihe in der Höhe des unteren Drittels der Brücke. Die wesentlichste Gestaltveränderung, welche die Querschnitte dieser Reihe in Vergleich zu den letztbeschriebenen des verlängerten Markes erleiden, besteht darin, dass die Pyramiden nicht mehr frei an der Oberfläche liegen , sondern von der Brückenarmfaserung , die in bogenförmig geschwungenen Zügen aus dem Kleinhirnmarke, und zwar vor den sich immer tiefer einsenkenden Strickkörpern, heraustritt, zu- gedeckt werden (Fig. 61 A.). Die durch ein sehr feines Kaliber ausgezeichneten Brückenarmfasern treten in den untersten Querschnittsebenen dieser Reihe nur in einer die Pyramidenstränge von vorne bedeckenden Schichte auf (oberfläch- liche Quer faserschichte — Stratum superficiale), in höheren Ebenen ent- wickelt sich dann eine zweite, hinter den Pyramiden vorbeilaufende Faser- schichte (tiefe Querfaserschichte — Stratum profundum). Beide Schichten gewinnen nach und nach an Mächtigkeit und durchflechten schliesslich die anfangs noch compacten und in der Medianlinie an einander ge- schlossenen, später aus einander weichenden und in mehrfache Bündel gespaltenen Pyramidenstränge. Sie bilden die vordere Brückenahtheilung^ während die obere Fortsetzung der mittleren, seitlichen und hinteren Felder der Oblongata hier den Namen hintere Brückenahtheilung erhält. In der Mittellinie kreuzen sich die Querfasern der beiden Seiten und bilden so eine Art Raphe, welche als direkte Verlängerung der Raphe aus der hintern Brückenabtheilung in die vordere erscheint. Zwischen den Querfasern beider Schichten, namentlich aber in der Umgebung der durchflochtenen Pyramiden flnden sich zahlreiche Lager grauer Substanz mit Nestern von kleinen multipolaren Ganglienzellen — Brückenkerne. Diese dienen wahrscheinlich zahlreichen Querfasern zum vorläufigen Endpunkte, andere dieser Querfasern aber scheinen wahre Commissuren- fasern zwischen beiden Kleinhirnhemisphären zu sein, d. h. sie über- schreiten die Medianlinie und treten in den entgegengesetzten Brückenarm. Nach der Anschauung Meijnert's und Weniicke's entwickeln sich aus den Ganglienzellen der Brückenkerne neue Fasern, die sich der Pyramidenfaserung zu- gesellen und somit eine (gekreuzte oder ungekreuzte?) Verbindung zwischen dem Kleinhirn und Grosshirn herstellen. Wenigstens steht so viel fest, dass die Pyra- midenfasem innerhalb der Brücke einen sehr ansehnlichen Zuwachs erhalten, welcher kaum einen anderen Ursprung haben kann. Der sichere Nachweis dafür, dass dieser eine durch Ganglienzellen vermittelte direkte Fortsetzung der Brückenarmfaserung Kinsenkung des StrickköriJors in das Kleinhirn. — Tiefe Acusticuswurzel. 228 darstellt, ist noch nicht erbracht. Meijnert hat allerdings die wiederholt gemachten Befunde von Atrophie der einen Grosshirnhemisphäre bei gleichzeitiger Atrophie der gekreuzten Kleinhirnhemisphäre mit zum Beweise dafür herangezogen, doch sind diese Befunde keineswegs constante. Ks kommen hochgradige angebome Defecte der einen Grosshirnhemisphäre vor, bei denen sich keine Atrophie der gekreuzten Kleinhirn- hemisphäre vorfindet, und auch die Ergebnisse der experimentell-anatomischen Unter- suchungsmethode sind der Meijnert' scheu Anschauung nicht günstig, denn r. Gudden sah nach Kxstirpation der einen Grosshii-nhemisphäre und des Corpus striatum am neugebornen Thier weder die gekreuzte noch die ungekreuzte Kleinhirnhemisphäre atrophiren. Hinter der Brückenarmfaserung, an der seitlichen (künstlich ge- trennten) Fläche der Querschnitte, sieht man die Einsenkungsstelle des Strickkörpers in das Kleinhirnmark mit ausschliesslich vorwaltenden Schräg- und Längsschnitten von Fasern. Von den zum Theil in übereinstimmender Richtung verlaufenden Brückenarmfasern ist die Faserung des Strickkörpers immer leicht durch ihr dickeres Kaliber zu unterscheiden. Medial von diesen Fasern liegt die verkleinerte Bündelformation des Deiters' sehen Kernes (Fig. 61 A. dk.), noch immer mit vielen eingelagerten grossen Ganglienzellen versehen. Aus ihrem Felde sieht man an den meisten Querschnitten deut- lich ausgeprägte Faserzüge in das Kleinhirnmark ziehen und sich dort hinter dem Strickkörper einsenken (daher auch die Bezeichnung: innere Abtheilung der Kleinhirnstiele). In höheren Querschnittsebenen dieser Reihe verschwinden die schönen Bündelquerschnitte dieser Formation nach und nach, an ihre Stelle treten Schrägschnitte und gegen das obere Eiide des jetzt abgehandelten Brückenabschnittes verschwindet das wohl kenntliche Feld völlig; es sind seine sämmtlichen Fasern in das Kleinhirnmark abgezogen. Medial von dem beschriebenen Felde liegt im grauen Boden die obere Fortsetzung des inneren Acusticuskernes (Fig. 61 A. VIII.). Dieser Kern reicht jedoch schon in den untersten Querschnitten nicht mehr bis zur Medianlinie , denn er wird von dort durch einen neu in Er- scheinung tretenden Nervenkern — den Äbducenskern — verdrängt ; an nächst höheren Querschnitten sieht man den ersteren sich rasch gegen den lateralen Winkel der Rautengrube zurückziehen und dann zugleich mit dem Deiters' sehen Kern verschwinden. Die Querschnitte aus dem unteren Ende dieser Reihe zeigen auch noch die schön entwickelte tiefe Actisticustvurzel (Fig. 61 A. tw. VIII.), welche als compacter, breiter Faserzug vom Acusticuskern nach aussen und vorne zieht, dabei Strickkörper und aufsteigende Trige- minuswurzel trennt und endlich, die Faserung des Brückenarms durch- brechend, am untern Rande der Brücke zum Vorschein kommt. Schon von der Mitte dieser Querschnittsreihe an ist sie nicht mehr zu sehen. 224 Corpus trapezoides. — Hintere Brückenabtheilung. Tiefer unten, noch während sie als dickes Bündel sichtbar ist, wird sie von einem sehr deutlich ausgesprochenen Faserzuge nahezu recht- Avinklig gekreuzt, welcher sich an der vorderen Seite des Corpus restifbrme entwickelt (zwischen diesem und dem Brückenarm); dieser Nervenfaserzug ist am unteren Brückenrande, noch bevor er von der Brückenarmfaserung zugedeckt wird, oberflächlich gelegen (Fig. 61 A. oberhalb der Lücke in dem Schnitte). Er zieht nach einwärts und tritt dann in die Schleifen schiebt ein, durchflicht diese und erreicht zwischen ihr und der Pyramide die Medianlinie. Nachdem er diese gekreuzt hat , gelangt er auf der andern Seite hinter der Schleifenschicht zu einer kleinen Anhäufung grauer Substanz, die den Namen der oberen Olive (Fig. 61 o.) führt. Der beschriebene Faserzug stellt eine Verhindiing der oberen Olive mit detn gekreuzten Strickkörper dar und verhält sich somit analog den oben beschrie- benen, vom Stratum zonale der unteren Olive zum Strickkörper ziehenden Faser- bündeln. Ob diese obere Verbindung die gleiche Bedeutung hat wie die untere (Uebergang von in die Oblongata aufsteigenden (sensiblen?) Leitungssystemen in die gekreuzte Kleinhirnhemisphäre), ist allerdings noch nicht erwiesen, wie denn überhaupt die ganze Formation der oberen Olive und ihrer Verbindungen in der menschlichen Brücke sehr an Bedeutung hinter der unteren Olive zurücksteht. Bei den meisten Säugethieren aber ist diese Formation auffallend stark entwickelt und die Verbindung mit dem Strickköi-per, wegen der erst etwas höher oben ansetzen- den Anlagerung der Brückenarme, schon äusserlich als ein querer Faserzug sicht- bar. Dieser hat den Namen Corpus trapezoides sive rhomboides erhalten. Dem analogen Faserzuge in der menschlichen Brücke pflegt man den gleichen Namen beizulegen. (Fig. 61. A. B. — ctr.) Fig. 71 (S. 267) zeigt das Corpus trapezoides des Kaninchens. Die vorangehend beschriebenen Grebilde gehören sämmtlich peri- pheren Theilen der Querschnitte an ; es folgt jetzt die Beschreibung der inneren Theile der hinteren Brückenabtheilung, der Formatio reticularis. In ähnlicher Weise , wie in der Oblongata , wird diese durch die Wurzelfasern zweier Nerven (Abducens und Faciahs) in zwei in- nere, durch die Raphe getrennte Felder und in zwei seitliche Felder zerlegt (Fig. 61 B.). Die untersten Querschnitte der Reihe allerdings entbehren noch dieser scharfen Trennung (Fig. 61 A.), doch ist hier, wie im obersten Theile des verlängerten Markes, das mittlere von dem seitlichen Feld durch seinen geringen Gehalt an grauer Substanz und durch das Vorwalten dicker Faserquerschnitte leicht abzugrenzen. Die Abtrennung der mittleren Felder der Formatio reticidaris ge- schieht durch die Wurzelfasern des Abducens.^ deren Verlauf getreu jenem der Hypoglossuswurzelbündel nachgebildet ist. Die hintere Be- grenzung der seitlichen Felder findet durch die Wurzelfasern des Fa- cialis statt, deren Verlauf sich wiederum völlig ähnlich jenem gestaltet, der oben für die aus dem vorderen (motorischen) Vaguskern ent- springenden Vaguswurzeln beschrieben worden ist. Man kann, wie Obere Olive. — Kern des Facialis. 225 dort, an der Facialiswurzel einen von dem, im seitlichen Felde gelegenen Nervenkerne nach innen nnd hinten verlaufenden Antheil, dann eine winkelige Umbiegung der Wurzel nnd endlich einen nach vorne und aussen zur Austrittsstelle ziehenden Antheil unterscheiden. Zu einer etwas schwerer zu deutenden Reihe von Querschnittsbildern führt bei der Facialiswurzel jedoch der Umstand, dass zwischen beide Verlaufs- stücke ein kurzes im Ventrikelboden aufsteigendes Zwischenstück ein- geschoben erscheint, welches ausserdem noch in naher, räumlicher Be- ziehung zum Abducenskern steht. In dem seitlichen Felde der Form, reticul. liegt, an gleicher Stelle wie im verlängerten Marke die untere Olive, ein unbedeutendes, Fiff. (jl. Querschnitte durch die Brücl-e im unteren Drittel derselben. A. In der Höhe des UrspnmgsschenkeJs der Faciatisivurzel (zum Theil nach Wernicke, 2 mal vergrössert). p. Pyramide, br. Brückenarmfaserung. dk. Deiters'scher Kern, mit den in das Klein- hirnmark tretenden Fasern, str. Strickkörper (fehlt in der Zeichnung bereits). VIII. Acusticuskern (innerer). twVIIl. Tiefe Acusticus\vurzel. o. Obere Olive, ctr. Corp. trapezoides. at. Aufsteigende Trigeminuswurzel. seh. Schleifenschicht. VII. Facialiskern und Facialiswurzel (Ursprungsschenkel). wVil. Facialiswurzel (Austrittsschenkel |. B. In der Höhe des Austrittsschenkels der Facialiswurzel (zum Theil nach Wernicke, 2 mal vergrössert). p. br. o. ctr. at. seh., wie bei A. VII. Oberes Ende desFacialiskernes. wVII. Aus- trittsschenkel der Facialiswurzel. aVII. Aufsteigendes oder Zwischenstück der Facialiswurzel. VI. Abducenskern. wVI. Abducenswurzel. C. In der Höhe des oberen Endes des Zivisrhenstückes der Facialiswurzel. (Säurefuchsin- präparat. 8 mal vergrössert.) aVII. Zwischenstück der Facialiswurzel. wVII. Austrittsschenkel derselben. wVI. Abducenswurzel. rVII. Facialisursprung aus der Raphe. hl. Hinteres Längsbündel. S-förmig gekrümmtes Blatt grauer Substanz, die obere Olive. Sie besitzt einen eigenen Markmantel, dessen wahrscheinlicher Zusammenhang mit dem gekreuzten Corpus restiforme bereits erwähnt wurde. Die Topographie dieser einzelnen in der Formatio reticularis ge- legenen Gebilde und deren Beziehungen zur aufsteigenden Trigeminus- wurzel, welche hier, wie überall, den besten Orientirungspunkt abgibt, gestalten sich folgendermassen : An den untersten Querschnitten der Reihe (Fig. (31 A) sieht man die aufsteigende Trigeminuswurzel (at), durch die halbmondförmige Gestalt des Markfeldes gut kenntlich. Lateral von ihr liegt die tiefe Acusticus- T o 1 d t , Gewebelehre. 2. Aufl. 15 226 Wurzel des Facialis. — Kem und Wurzel des Abducens. Wurzel; medial von der ersteren fällt eine Gruppe von multipolaren Ganglienzellen auf, Avelche sowohl durch die Grösse der Zellen, als durch den Umstand ausgezeichnet ist, dass vielfach Bündel markhaltiger Fasern in das Innere der Gruppe eindringen. Wir erblicken in ihr den Kern des Facialis (VII.). Von diesem Kerne ausgehend, verläuft ein breiter, aus den Axencylinderfortsätzen der Zellen sich entwickelnder Faserzug in der Richtung nach hinten und innen gegen die mediale Furche des grauen Bodens, und trifft dort auf eine unbedeutende Ansammlung kleinerer Ganglienzellen, das untere Ende des Abducenskernes. Dieser Abschnitt der Facialiswurzel führt den Namen Ursprung sschenkel der Facialiswurzel (YIL). Bei Durchmusterung der lateralen Theile der vorderen Brücken- abtheilung findet man ferner mitten in der Brückenarmfaserung den Schrägschnitt eines compakten Nervenfaserzuges ; es ist das jener Ab- schnitt der Facialiswurzel, welcher zu der Austrittsstelle am unteren Brückenrande zieht: der Austrittsschenkel der Facialiswurzel (wVII.). Vor und etwas nach innen vom Facialiskern , zwischen ihm und den Faserzügen des Corpus trapezoides , findet sich das der oberen Olive angehörende Häufchen grauer Substanz. An Querschnitten aus höheren Ebenen dieser Reihe (Fig. 61 B) ist der Facialiskern (VII.) auf einen kleinen Rest reducirt, dagegen der Kern des Abducens (VI.) in voUer Grösse zu sehen. Dieser Nervenkern enthält im Gegensatze zum Facialiskern nur kleine multipolare Ganglien- zellen und ist von zahlreichen Nervenfaserquerschnitten durchsetzt. Bei oberflächlicher Betrachtung des Querschnittsbildes hat es nun den Anschein, als ob von diesem Kerne zwei Wurzeln abgehen würden. Ein compaktes Faserbündel verläuft in einem lateral convexen Bogen nach vorne und aussen, tritt zwischen den Facialiskern und die aufsteigende Trigeminuswurzel , dann zwischen diese und die obere Olive, durch- setzt die aus dem Strickkörper nach innen ziehenden Faserzüge des Corpus trapezoides und endet als Schrägschnitt. Die weitere Fort- setzung dieses Faserbündels ist uns bereits in tieferen Querschnitts- ebenen, gleichfalls als Schrägschnitt, aufgestossen , und wurde als Austriitsschenkel der Facialiswurzel bezeichnet. Ein zweites, etwas schmäleres Faserbündel verläuft vom x4.bducens- kern in einem flachen Bogen, dessen Convexität medialwärts sieht, nach vorne, tritt in die Querfaserschichte der Brücke ein, umkreist den hier noch compakten Pyramidenstrang und endet in der oberflächlichen Querfaserschichte gleichfalls als Schrägschnitt. Es nimmt demnach, wie der Austrittsschenkel der Facialiswurzel, zu seiner Austrittsstelle am unteren Brückenrande einen absteigenden Verlauf und stellt die Abducensivurzel (wVI.) dar. Ueber die gekreuzte Verbindung des Abducenskernes mit der Oculomotorius- wurzel siehe unten. Verlauf der Wurzel des Facialis. 227 An Querschnitten aus dieser Höhe sieht man ferner im grauen Boden, nach innen vom Abducenskern, den Querschnitt eines compaktcn Faserzuges, der sich bei Untersuchung der ganzen Querschnittsreihe als die Fortsetzung des Ursprungsschenkels der Facialiswurzel heraus- stellt. Dieser im grauen Boden aufsteigende Abschnitt der Facialiswurzel führt den Namen ZiviscJwnsfiick (Krause) (aVIL). Verfolgt man dann das Zwischenstück in der Querschnittsreihe weiter aufwärts, so sieht man endlich das obere Ende desselben in ein kurzes im grauen Boden liegendes, horizontales Verlaufsstück übergehen (Fig. 61 C), welches sich als der Beginn des nach unten und vorne verlaufenden Austrittsschenkels hsjausstellt (inneres Knie des Facialis, im Gegensatz zum Knie des Facialis im Fallopi''schen Kanal). Vom Abducenskerne ist an solche)i Querschnitten nichts mehr wahrzunehmen, dagegen sieht man häufig noch einige kurze Verlaufsstücke von Ab- ducenswurzelfasern (Fig. Gl C, wVL). An Säurefuchsinpräparaten ist das successive Ablenken der Fasern aus dem Zwischenstück in den Austrittsschenke] überaus deutlich zu sehen; ausserdem aber sieht man Fasern, welche in der Raphe auf- steigen, sich kreuzen und dann der Facialiswurzel anschliessen. (Fig. 61, C rVlI). Von Stieda wurde die Ansicht ausgesprochen, dass diese Fasern aus dem Facialiskern der entgegengesetzten Seite stammen. Meynert, Clarke und andere Autoren haben auf Grund histologischer Befunde angegeben, dass vom oberen, lateralen Theile des AlxUicenskernes sich Fasern der Facialiswurzel zugesellen, dass demnach dieser Kern eigentlich ein gemeinschaft- licher Facialis- Abducenskern sei. Dural glaubte sogar, in Rücksicht auf gewisse pathologische Befunde (bei progressiver Bulbärparatyse) , diesen Theil des Facialis- ursprunges mit den zu den Augen- und Stirnmuskeln gehenden Nervenzweigen in Beziehung setzen zu können. Ein pathologisch-anatomischer Befund von Gowers jedoch, welcher nach Degeneration beider Nn. abducentes den beiderseitigen Abdu- censkern bis auf den letzten Rest geschwunden vorfand, und experimentell-anato- mische Befunde von Gudden, dui-ch welche einerseits vollständige Atrophie des Ab- ducenskernes nach Ausreissung des gleichseitigen Abducens, andererseits aber das BescJirä nktbleihen der Atrophie auf den eigentlichen Facialiskern bei Ausreissung des N. facialis aus dem Fallopi' sehen Kanal, nachgewiesen wurde, haben das Unhalt- bare dieser Anschauung klargestellt. Es dürfte angezeigt sein, den hier aus den einzelnen Querschnitts- bildern deducirten Verlauf der Facialistnirzel kurz zu recapituliren. Vom Facialiskern, welcher seinen c/rössten Unifang nahe der unteren Grenze der Brücke erreicht, verlaufen die Wurzelfasern nach innen und hinten^ vereinigen sich im grauen Boden, entsprechend dem unteren Ende der Eminentia teres, zu einem' compakteii Stamme, der seitlich vom hin- teren Ende der Baphe, medicd vom Abducenskern, eine kurze Strecke {5 Mm.) aufwärts verläuft. Am oberen Ende der Eminentia teres ange- langt, umschlingt die Nervenwurzel das obere Ende des Abducenskernes 228 Verlauf der Wurzel des Facialis. — Schleifenschicht. iind nimmt ihren Weg dann nach vorne, aussen und unten, nahezu parallel den Ursprungsfasern (Schema Fig. 62). Sobald die Facialiswurzel die Faserimg des Brückenarmes erreicht hat, schlägt sie einen steil nach unten gerichteten Verlauf ein , durchbricht die Brückenarmfaserung und kommt an der Grenze von Pons und Oblongata an die Oberfläche. Das jederseits von der Raplie und von der Abducenswurzel be- grenzte mittlere Feld der Formatio reticularis zerfällt in eine zwischen den oberen Oliven gelegene . an Carminpräparaten durch ihr helles Aussehen hervorstechende, vordere Abtheilung — die obere Fortsetzung der Schleifenschicht (seh.) — und in eine hintere Abtheilung. Die Schleifenschicht ist im Bereiche dieser Querschnittsreihe von den Faserzügen des Corpus trapezoides durchzogen (gerade so wie im Schematisclie Darstellung des Verlaufes der Facialiswurzel (von der medianen Schnittfläclie des Organes aus gesehen). Br. Brücke. vM. Verlängertes Mark. oo. Obere Olive, at. Aufsteigende Trigeminuswurzel. VII. Faclallskern, uVII. Ursprungsschenkel der Facialiswurzel. aVII. Aufsteigendes oder Zwisclien- stück derselben. wVII. Austrittssclienkel derselben. VI. Abducenskern. wV!. Abducenswurzel (in ihrem hinteren Theile etwas nach unten gedrängt um die Facialiswurzel nicht zu decken). verlängerten Mark von andern nach dem Strickkörper ziehenden Fasern) und auch daran gut kenntlich. Nach und nach nimmt ihr, der vorderen Brückenabtheilung un- mittelbar angrenzendes Feld an Tiefe ab, dafür an Breite zu (Fig. 61 B), und bildet schliesslich eine die beiden Brückenabtheilungen nahezu völlig trennende Schicht. Sobald die starke Einstrahlung von Bogen- fasern des Corpus trapezoides aufgehört hat, tritt dieses Feld in Folge seines nahezu ausschliesslichen Gehaltes an dicken Faserquerschnitten noch viel deutlicher hervor ; dann aber sind auch die Abducenswurzeln nicht mehr vorhanden und hat eine Abgrenzung von mittleren und seitlichen Feldern der Formatio reticularis aufgehört. Es dürfte sich empfehlen, nochmals daran zu erimiern, dass die in der Schleifen.schicht aufsteigenden Fasern sich im Bereiche des verlängerten Markes nach und nach zusammengefunden haben und zwar aus der Schleifenkreuzung und Hinterstranganlage sowie aus zaUreichen Bogenfasem der Formatio reticularis weniger sicheren Ursprunges. Pathologisch-anatomische Beobachtungen über secun- däre Degeneration bei Ponsherden im unteren Drittel, welche die Schleifenschicht Querschnittsreihe in der Höhe des mittleren Drittels der Brücke. ' 229 getrotten haben, stellen die Thatsache fest, dass diese, zum grösseren Theile wenig- stens, in absteigender Richtung degenerirt und dass die Degeneration auf die dem Herde gleichseitige Olive übergreift {Kahler-Fick). In einem von Mei/er beschriebenen Falle , welcher einen auf das untere Drittel der hinteren Brückenabtheilung be- schränkten Herd betraf, der einen grösseren Theil der rechtsseitigen Formatio reti- cularis zerstört hatte , fand sich aufsteigende Degeneration der Schleifenschicht nur auf eine ganz kurze Strecke, dagegen absteigende Degeneration der gleichseitigen Schleifenschicht und eines Theiles der hinteren Abtheilung des mittleren Feldes, Atrophie der gleichseitigen Olive, der von der Olive zum Strickkörper ziehenden Fasern und endlich der Schleifenkreuzung (?) der gleichen Seite. (Vgl. oben S. 213.) Nach Flechsig sind die Längsfasern der Schleifenschicht durch den Zeitpunkt ihrer Markumhüllung von der hinteren Abtheilung, welche er die Vorderstrangreste (Aequivalent dieser Felder im verlängerten Marke) nennt , deutlich unterscheidbar. Die hintere Abtheilung des mittleren Feldes der Formatio reti- cularis zeigt neben viel eingelagerter grauer Substanz zahlreiche Bogen- fasern, welche zum Theil zweifellos in Fibrae rectae der Raphe über- gehen und in die vordere Brückenabtheilung eintreten. Sie stehen zu den Kernen des Abducens und Facialis in Beziehung und stellen wahrscheinlich das cerebralwärts gelegene Glied der betreffenden Lei- tungssysteme dar. Neben dem hinteren Ende der Raphe, vor dem Zwischenstück der Facialis Wurzel erscheint gegen das obere Ende dieser Querschnitts- reihe immer deutlicher ein dreieckiges Feld, welches nahezu aus- schliesslich Querschnitte breiter Fasern enthält und in dem nächst höheren Brückenabschnitte bereits ein wohl kenntliches Gebilde dar- .stellt — das hintere Längsbündel . An Fig. 61 C ist dieses Feld schon deutlich abzugrenzen. 2) Querschuittsreihe in der Höhe des mittleren Drittels der Brücke. Im Bereiche des mittleren Drittels der Brücke wird der Contour der Querschnitte durch die Anlagerung der Bindearme verändert. Da diese, aus dem Kleinhirn hervortretend, vom Dache des vierten Ventrikels längs der Seitenwand des letzteren herabsteigen und dabei convergiren, so wird der graue Boden nach und nach verschmälert. Durch die zwischen die Bindearme eingelagerte Lingula des Wurmes und durch das Velum medulläre anterius wird der Ventrikel schliesslich gedeckt und in einen queren Spalt verwandelt, welcher unter Abnahme seines transversalen Durchmessers in den Aquäductus Sylvii übergeht. Ausserdem erleidet das Querschnittsbild als Ganzes noch eine weitere Veränderung durch die immer bedeutendere Grössenzunahme der Brückenarme, deren Faserung jetzt den gesammten seitlichen und 230 "Ablösung der Bindeanne vom Kleinhirn. — Vordere Brückenabtheilung. vorderen Rand der Schnitte einnimmt und aucli die hintere Brücken- abtheilung seitlich begrenzt. Die vordere Brückenabtheilung gewinnt dadurch sehr an Tiefe und übertrifft an Grösse bedeutend die hintere. Die künstliche Tren- nungslinie der Brücke vom Kleinhirn erstreckt sich jetzt auch in den lateralen Theil des hinteren Randes der Querschnitte. An dieser letzteren Stelle erscheint in den untersten Querschnitten der Reihe der Beginn des Bindearmes (Fig. 63, b), medial von einem Markfelde, das der Einsenkungsstelle des Strickkörpers entspricht. Bei Verfolgung der Schnittreihe nach oben zu kann man dann die ziemlich rasch erfolgende Ablösung der Bindearme vom Kleinhirn (besser ge- sagt, von der vereinigten Masse des Strickkörpers und Brückenarmes) sehen, und bald werden beide durch einen von hinten eindringenden Spalt geschieden. Zugleich bildet der dreieckig gestaltete Querschnitt des Bindearmes einen medial gerichteten Yorsprung, welcher den grauen Boden zu überdachen beginnt und bald mit dem der anderen Seite in der Mittellinie zusammenstösst. Die Verbindung der beiden Bindearme wird durch eine schmale Brücke weisser Substanz hergestellt, welcher von hinten graue Substanz der Kleinhirnrinde (der Lingula des Wur- mes angehörend) angelagert ist. Noch weiter oben liegen die beiden Bindearme völlig frei (vom Kleinhirn losgelöst) und bilden die seitliche Begrenzung der hinteren Brückenabtheilung, welche in Form eines kleinen Rechteckes der grossen, annähernd rechteckigen Figur der vorderen Brückenabtheilung aufgesetzt erscheint. An Querschnitten, welche unmittelbar unter das untere Ende der unteren Vierhügel fallen, hat die weisse Markleiste zwischen den Bindearmen — hier Velum medulläre anterius genannt — ihre graue Decke verloren und liegt frei. Aus praktischen Gründen soll die Beschreibung dieses Theiles erst im nächsten Capitel ihre Erledigung finden. Während der Ablösung der Bindearme von dem Kleinhirn (von den Brückenarmen des Kleinhirns) ist ihnen lateral graue Substanz des Kleinhirns aufgelagert; sobald sie völlig selbständig geworden sind, zeigen sie sich ausschliesslich aus Querschnitten markhaltiger Fasern zusammengesetzt, und bilden an Carminpräparaten eine auffallend helle, halbmondförmige Querschnittsfigur. Die Faserung des Bräckenariues (Fig. 63 Br.) bildet jetzt ausser einer oberflächlichen Schicht (Stratum superficiale, st. s.) und tiefen Schicht (Stratum profundum, st. p.) auch noch eine mittlere Schicht (Stratum complexum, st. c), welche die Pyramidenstränge in secundäre Bündel spaltet. Da, wie schon oben dargestellt, der Querschnitt der Längsfaserzüge während ihres Verlaufes in der vorderen Brückenabtheilung wächst, und somit die Pyramideu- fasem-einen Zuwachs erhalten, so ist die von Schwalbe für die Längsfaserzüge der Hintere Brückenaljtlu'ilung. — Schleifenschicht. — Hintere Längsbünclel. 231 vorderen Brückenabtheihing gewählte Bezeichnung der Pedunculmhahn zutreffender als die Benennung derselben als Pyramidenstränge. Denn es steht fest, dass diese Längsfaserzüge sämmtlich in den Grosshirnschenkel (Pedunculus) übergehen. Die KreuzAing der queren Brückenfasern in der Medianlinie und die Einlagerung grauer Substanz verhält sich wie oben. Die hintere Brückenabtheilung zeigt eine sehr deutliche Raphe (Fig. G5, r.) mit zahlreichen Fibrae rectae, welche in die vordere Brücken- abtheilung ziehen und, an Carminpräparaten, der Raphe ein auffallend helles Aussehen verleihen. Auch am frischen Präparate schon sticht die Raphe durch ihre weisse Farbe von der umgebenden grauen Sub- stanz ab. Von einer Trennung der Formatio reticularis in mittlere und seitliche Felder ist keine Spur mehr zu sehen. Dagegen wird das vordere Viertel derselben in seiner ganzen Breite von der Schleifen- schicht (Fig. 63, seh.) eingenommen, welche durch die vorwiegenden Querschnitte dicker Fasern deutlich hervortritt. Hinter ihr, zum Theil noch durch ihre hinteren Antheile, verlaufen einzelne Bogenfasern, welche die Raphe überschreiten und sich um das, in den unteren Querschnitten dieser Reihe noch sichtbare obere Ende der oberen Olive herum- schlingen. Es ist dies ein Rest von Fasern des Corpus trapezoides. Bei Verfolgung der Schnittreihe nach oben sieht man die Schleifen- schicht etwas an Tiefe verlieren und zugleich langsam nach aussen rücken. Sie macht einem bald gut abgrenzbaren Bündel von rund- lichem Querschnitt Platz, welches sich möglicher Weise nach und nach aus den nach vorne verlaufenden Fibrae rectae der Raphe entwickelt. Dieses Bündel lässt sich nach oben bis in den medialen Theil des Hirnschenkels verfolgen und heisst mediales Bündel des Grosshirn - Schenkels (mediales Bündel des Fusses, Wernicke). In Fig. 63 ist es noch nicht zu sehen. Noch deutlicher als die vorgenannten Felder treten an den Quer- schnitten dieser Reihe die hinteren Längsbündel (hl.)| (obere Längs- bündel von Stieda , Acusticusstränge von Meijnert) in Gestalt heller Felder von flügeiförmiger Gestalt mit transversal gestellter Längsaxe hervor. Sie liegten unter dem grauen Boden zu beiden Seiten der Raphe, und verdanken ihr helles Aussehen dem nahezu ausschliesslichen Gehalt an Faserquerschnitten sowie dem Fehlen von zwischengelagerter grauer Substanz. Diese Faserquersehnitte gehören zumeist dicken Fasern an, ähnlich den Rückenmarksfasern, nur spärlich finden sich dünne Fasern untermischt, welche der angrenzenden Formatio reticularis entstammen. Flechsig fasst das hintere Längs- bündel als eine den Vorderstranggrund-Bündeln des Rückenmarkes homologe For- mation auf und vindicirt den Fasern desselben den Charakter von kurzen Bahnen und von peripheren Nerven (oder von Verbindungsfasern zwischen NervenkQmen). 232 Längsbündel der Formatio reticularis. — Kerne des Trigeminus. Diese Fasern erhalten dem entsprechend auch sehr frühzeitig im embryonalen Leben ihre Markumhüllung; sie bilden bei 30 Ctm. langen Embryonen das erste markhaltige Feld in der Oblongata, nahezu gleichzeitig mit den Vorderstranggrund-Bündeln. Forel lässt das hintere Längsbündel sich im Bereiche des verlängerten Markes langsam aus dem Vorderstrang des Rückenmarks entwickeln, indem bestimmte Längsfaserzüge desselben, breit und stark markhaltig bleibend, in diesem Areale sich sammeln. Und in der That entwickelt sich dieses compacte Bündel innerhalb jenes Theiles der Formatio reticularis, welcher bei der Umgestaltung des Rücken- marksquerschnittes in den Querschnitt des verlängerten Markes die Fortsetzung der Vorderstranggrund-Bündel darstellt. Von Bedeutung für die Auffassung des hinteren Längsbündels erscheint endlich der in neuerer Zeit von Duval gelieferte Nachweis, dass sich ihm Fasern zugesellen, die aus dem Abducenskern entspringen und in seiner Bahn bis zu den Wurzeln des gekreuzten Oculomotorius und Trochlearis gelangen. Die zwischen der ScUeifenschiclit und dem hinteren Längsbündel gelegene Formatio reticularis weist zahlreiche Bogenfasern auf, welche wohl zum Theil in Fibrae rectae der Raphe übergehen, andererseits aber mit den in diesem Brückenabschnitt auftretenden Kernen des Trigeminus in Beziehung treten. Ausserdem enthält sie viel graue Substanz mit zahl- reichen Ganglienzellen, namentlich in der Nähe der Raphe, und in den seitlichen Feldern zahlreiche Längsfasern, welche hier, wie schon im verlängerten Mark, den gemeinsamen Namen Längsbündel der Formatio reticularis führen. In den obersten Querschnittsebenen dieser Region tre- ten diese Längsfasern zu zwei sehr undeutlich begrenzten Bündeln zusam- men, von denen das eine, lateral gelegene^ zu der hinteren Commissur des Grosshirnes in Beziehung stehen sollXWernicke — Haubenbündel aus der hinteren Commissur), das andere, medial gelegene, sich weiter oben dem in das Mittelhirn eingetretenen Bindearm anzuschliessen scheint. In dem lateralen Abschnitt der Formatio reticularis findet sich das complicirte Ursprungsgebiet des Trigeminus. Nach aussen schliessen sich diesem dann die Brückenarme an. Gleich an den untersten Querschnitten der Reihe kann man vier zum Trigeminusursprung in Beziehung stehende Gebilde wahrnehmen. Vor Allem sieht man die schon so vielfach erwähnte aufsteigende Wurzel des Trigeminus (unmittelbar der Brückenarmfaserung anliegend, medial und vorne von der oberen Olive tangirt), welcher die gelatinöse Substanz jetzt von hinten und innen anliegt. In dieser sieht man deut- licher als vorher zahlreiche Körner (kleine Ganglienzellen), aus denen sich parallel verlaufende Fasern entwickeln, um in das Markfeld der aufsteigenden Wurzel einzutreten. Medial von ihr liegt ein kleines Feld von Faserschrägschnitten und eine kleine Anhäufung von grossen Ganglienzellen — der Beginn des motorischen Kernes des Trigeminus und die kleine oder motorische Wurzel desselben (mV.). Kcriu! uiul Wurzeln des Ti-igeminus. 233 Entlang dem grauen Boden des Ventrikels erstreckt sich ferner ein von der llaplie bis zu der gelatinösen Substanz der aufsteigenden Wurzel reichendes Feld (vorne zum Theil von dem hinteren Längsbündel begrenzt) , welches gleichfalls und zwar noch ausgeprägtere Schräg- schnitte enthält. DiesQ Schrägschnitte gehören einer absteigenden^ fjekreuzten Wurzel des Trigeminus an (x abV.). Zu diesem Felde sieht man endlich aus dem hinteren Ende der Raphe einzelne gekreuzte Fibrae rectae treten — ein Trigemimisursprung aus der liaphe {Meijnert's absteigende Wurzel aus dem Grosshirn und Hirnschenkelf uss). Quei'schnitt durch die Brücke im mittleren Drittel derselben, b. Biudearm. Br. Brückenarm. st. s. Stratum superficiale. st.c. Stratum complexum. st.p. Stratum profuudum der Brückenarmfaseruug. r. Raphe der hinteren Brückenabtheilung. seh. Schleifensehicht. hl. Hinteres Längsbündel. sV. Sensible Trigeminuswurzel und sensibler Kern des Trigeminus. mV. Motorische Trigeminuswurzel und motorischer Kern des Trigeminus. XabV. Gekreuzte, absteigende Trigeminuswurzel. I.e. Locus coeruleus. abV. Absteigende Trige- minuswurzel. An Säurefuchsinpräparaten treten alle diese Faserkategorien auf das schönste hervor. In höheren Querschnittsebenen (Fig. 63) ist die aufsteigende Wurzel verschwunden, oder vielmehr, wie man sich an fortlaufenden Querschnittsreihen überzeugen kann, aufgegangen in einen dicken Nerven- faserzug, den man nach vorne und aussen verlaufen, sich in die Fase- rung des Brückenarmes einsenken und dort nach kurzem Verlaufe als Schrägschnitt (aufsteigender Verlauf) enden sieht. Dieser Faserzug ist die grosse oder sensible Trigeminuswurzel (sV.). Von der gelatinösen Substanz der aufsteigenden Wurzel sind an einzelnen Querschnitten aus diesen Ebenen noch kleine, mit Ganglien- zellen versehene Reste sichtbar. Die aus diesem Zellenlager entspringen- den und der sensiblen Wurzel sich anschliessenden Nervenfasern sichern 234 Kerne und Wurzeln des Trigeminus. ihm die Eigenschaft als sensibler Kern des Trigeminus, welche Bezeich- nung mit Fug und Recht auch auf die gelatinöse Substanz der ganzen aufsteigenden Wurzel ausgedehnt werden darf, (Vgl. oben S. 201.) Die Nervenfasern der grossen, sensiblen Trigeminuswurzel gehören zu den feineren, besitzen nur sehr dünne Markscheiden und sind deshalb schwer von der gleichfalls sehr feinen Faserung des Brücken- armes zu unterscheiden. Doch gestattet die verschiedene Verlaufs- richtung zumeist doch eine genügend genaue Sonderung. Medial schliesst sich an diese Wurzel das schmale aber aus dickeren Fasern bestehende, deshalb an Carminpräparaten hell aussehende und von den röthlichen Fasern der ersteren gut abstechende Faserbündel der motorischen Trigeminuswurzel (mV.). Diesem wiederum medial ange- lagert ist der motorische Kern des Trigeminus, eine ansehnliche Grruppe von multipolaren Ganglienzellen, welche durch ihre Grösse und gelbliche Pigmentirung auffallen. Verfolgt man an einer Reihe von Schnitten den Anschluss der motorischen an die sensible Trigeminuswurzel, so kann man sich davon überzeugen, dass die erstere die letztere überkreuzt und schliesslich an deren laterale Seite gelangt. Die Schrägschnitte der absteigenden gekreuzten Wurzel (x abV.) nehmen ein noch grösseres Feld ein als weiter unten und sind öfters von dem hinteren Längsbündel, an welches sie sich anschliessen, nicht scharf zu sondern. (In Fig. 63 ist der Verlauf dieser Wurzel sche- matisch eingezeichnet.) Endlich ist hier auch der gekreuzte Ursprung aus der Raphe noch deutlich zu sehen. Als ein neues (fünftes) zum Trigeminusursprung gehörendes Ge- bilde tritt hier die absteigende Wurzel des Trigeminus (abV.) hinzu, in Gestalt eines zwischen dem Bindearm und den bisher genannten Trigeminuskernen, in der Ecke des vierten Ventrikels liegenden kleinen halbmondförmigen Feldes. Aus diesem sehr charakteristisch aussehen- den Felde von dicken Faserquerschnitten sieht man Fasern nach vorne umbiegen und sich der kleinen Trigeminuswurzel zugesellen (Forel). Als sechste am Trigeminusursprung betheiligte Faserkategorie wären endlich Faserzüge aus dem lateralen Theile des Bindearmes zu erwähnen, welche sich nach Meynert der sensiblen Wurzel anschliessen sollen (Kleinhirnursprung des Trigeminus). In nächst höheren Querschnittsebenen (entsprechend der Austritts- stelle des Trigeminus und der Abtrennung der Bindearme vom Klein- hirn) tritt nur mehr das periphere Verlaufsstück der sensiblen Trigemimis- wurzel bis zur Austrittsstelle als compacter (an Carminpräparaten röthlich aussehender) Nervenfaserzug hervor, welcher die Brückenarmfaserung von innen und hinten nach aussen und vorne durchzieht. Die durch ihre helle Färbung besser markirte motorische Wurzel erscheint in mehrfache Kernt' imd Wurzeln des Trigeminus. 235 Bündel gespalten, zum Tlieil noch in der hinteren Brückenabtheilung zwischen dem lateralen Ende der Schleifenschicht und dem Bindearm. Dort lagert ihr mitunter noch ein Rest des motorischen Trigeminus- kernes an. Zum Theil findet sie sich auch innerhalb der Faserung des Brückenarmes in Form kurzer, zerstreuter Schrägschnitte. Die Fasern der gehreuzten, absteigenden Wurzel^ welche weiter unten das Längsbündel umgaben, sieht man jetzt dieses durchflechten, in der Raphe kreuzen und dann auf der anderen Seite zu einer in der lateralen Ecke des grauen Bodens liegenden Anhäufung von beim Er- wachsenen dunkelbraun pigraentirten Ganglienzellen verlaufen ( IFerw/cÄre). Die Anwesenheit dieser auf dem Querschnitt jederzeit sehr auffallenden Ganglienzellen, verräth sich auch am frischen Präparate durch eine dunklere Färbung des grauen Bodens, die den Namen des Locus coeruleus führt. Die Zellen des Locus coeruleus lassen sich oft sehr weit nach abwärts im grauen Boden nachweisen. In Fig. 63 ist der Verlauf dieser Fasern eingezeichnet (x abV — 1. c.). Lateral vom Locus coeruleus sieht man in der gleichen Lage wie früher den schmalen Halbmond der absteigenden Trigeminusu-urzel. In den obersten Querschnitten aus dieser Reihe endlich finden sich von den zum Ursprung des Trigeminus gehörenden Gebilden nur mehr die Ganglienzellen des Locus coeruleus und die absteigende Trige- minuswiirzel , an deren medialer Seite sich Gruppen eigenthümlicher, blasenförmiger Ganglienzellen, zumeist von bipolarer Gestalt (oberer Trigeminuskern) eingelagert finden. Die absteigende Trigeminuswurzel bleibt auch noch Bestandtheil der Querschnitte durch das Mittelhirn und endet erst im oberen Vierhügelpaare. Wie bei der Beschreibung des Facialisursprungs , so dürfte es auch hier angezeigt erscheinen, den complicirten Ursprung des Trige- minus im Anhange an die Beschreibung der Querschnittsbilder kurz zusammenzufassen. Die den Brückenarm durchsetzetide Wurzel des Trigeminus besteht aus zwei deutlich trennbaren Faserbündeln, welche bekanntlich auch nacii dem Austritte des Nerven noch gesondert bleiben. Bas bei ueitem dickere Bündel ist die sensible Wurzel des Trigeminus , welche ihren Ursprung herleitet: 1. zum allergrössten Theile aus der aufsteigenden Wurzel und mittelbar aus der dem Kopfe des Hinterhornes homologen gelatinösen Sub- stanz (sensibler Kern) derselben \ 2. aus Fasern, welche dem gekreuzten Locus coeruleus entstammen, und, über die Medianlinie tretend, sich ihrem Stamme zugesellen; 3. aus Fibrae rectae der Baphe, die sich den letztgenannten Faserzügoi anschliessen ; 4. aus dem Kleinhirn (P). Das dünnere Bündel ist die motorische Wurzel des Trigeminus. Sie bezieht ihre Fasern 1. aiis dem motorischen Ivern des Trigeminus ; 2. aus der 236 Das Kleinhirn. absteigenden Trigeminuswurzel , deren Ursprung sich bis in die oberen Vierhügel verfolgen lässt. Uebersicht des Faserverlaufes in der Brücke. 1. Die Pyramidenbalinen steigen olane Faserabgabe auf, erhalten vielmehr, während sie von der Faserung der Brückenarme durchflochten werden, einen an- sehnlichen Zuwachs von Längsfasern (aus den Brückenkernen), welche mit ihnen in den Grosshirnschenkel gelangen. 2. Die in den Strickkörper aufgenommenen Leitungssysteme (Kleinhirnseiten- strangbahnen, Faserzüge aus den unteren Oliven und aus der Formatio reticularis zum Theil walirscheinlich weitere Glieder der Leitungssysteme in den Hintersträngen und Seitenstrangresten) verlassen jetzt völlig die Oblongata und treten in das Klem- him, wobei sich ihnen (vielleicht gleichw erthige) Faserzüge aus der gekreuzten oberen Olive anschliessen. 3. Die Längsfasei'n der Schleifenschicht steigen in ihrem immer hinter den Pyramiden gelegenen, wohlbegrenzten Felde aufwärts. 4. Medial von diesem Felde tritt ein neues Faserbündel von bisher nicht sicher gestellter Bedeutung auf, das in den medialen Theil des Grosshimschenkels gelangt. 5. Im liinteren Theile des mittleren Feldes (dem Vorderstrangantheil) der Formatio reticularis entwickelt sich ein compactes Faserbündel, das hintere Längs- bündel, welches zum grossen Theile die Bedeutung eines Verbindungsweges für verschiedene Nei-venkeme (Kerne der Augenmuskelnerven) des grauen Bodens hat. 6. In den übrigen Theilen der Formatio reticularis sammeln sich die Längs- bündel zu compacteren Massen und fangen an, zu einzelnen Marksträngen zusammen zu treten. 7. Die aus dem Kleinhirn heraustretende Brückenarmfaserung führt der Brücke einen ansehnlichen Ersatz für die durch den Abgang des Strickkörpers vei'lorenen Faserzüge zu. Sie findet in den Brückenkernen ihr vorläufiges Ende, ihre weitere Fortsetzung wohl in den Längsfasern der vorderen Brückenabtheilung, welche mit den Pyramidenbahnen in die Grosshirnschenkel eintreten. Das Kleinhirn. In dem vorangehenden Abschnitte sind bereits sämnitliche Verbin- dungen, welche das Kleinhirn mit den übrigen Theilen des Centralorganes aufweist, genannt worden. Es wurden die aus den Strickkörpern des verlängerten Markes sich entwickelnden Kleinhirnstiele (untere Klein- hirnschenkel) bis zu ihrem von vorne (unten) erfolgenden Eintritt in das Innere des Kleinhirns verfolgt und dabei als Bahnen bezeichnet, in denen Leitungssysteme aus dem Rückenmark entweder direkt, wie die Kleinhirnseitenstrangbahnen, oder nach Umschaltung in grauer Sub- stanz, wie die Leitungssysteme aus den Hintersträngen, aufsteigen. Die lateral von den eben genannten, aus dem Kleinhirn hervortretenden Brückenarme (mittlere Kleinhirnschenkel) und die medial von diesen aus der Masse des Organes sich entwickelnden Bindeanne (obere Kleinhirn- schenkel) hingegen sind als Bahnen bezeichnet worden, welche den übrigen Markkerne des Kleinhirnes. — Kleinhirnrinde. 237 Theilen des Centralorganes wieder gewisse Leitungssysteme ans dem Kleinhirn zuführen, — die Brückenarme der vorderen Brückenabtheilung, die Bindearrae der später zu beschreibenden Haube des Mittelhirns. Die Orte, wo im Kleinhirn die aus dem Rückenmark aufsteigen- den Fasersysteme endigen, und die wieder dem Centralorgan zustrebenden neuen Fasersysteme entspringen, sind nur zum Theil bekannt, zum Theil noch in völliges Dunkel gehüllt. Das bisher feststehende allein soll bei der Darstellung des Faserverlaufes im Kleinhirn Platz finden, welche im Anschluss an die Beschreibung einiger Eigenthümlichkeiten des histologischen Baues dieses Organes erfolgen wird. Wie das gesammte Centralnervensystem , so besteht auch das Kleinhirn aus grauer und weisser Substanz. Letztere nimmt den cen- tralen Theil des Organes ein, bildet in den Hemisphären den MarTckern derselben, in dem medialen Verbindungstheil der Hemisphären, dem Wurme ^ gleichfalls einen schmalen compacten Stock weisser Substanz, welcher den Namen Corpus trapezoides des Wurmes führt. Von diesen beiden Markkernen gehen nach allen Richtungen Markleisten in die Lappen, Läppchen und endlich in die sog. Randwülste des Kleinhirnes ab, wodurch auf den entsprechenden Schnitten die bekannten zierlichen Figuren entstehen. An einem Sagittalschnitt des Wurmes bildet dessen schmaler Markkern, von welchem radienförmig die Markleisten (arbor vitae) abgehen, die Spitze des Zeltes, welches den vierten Ventrikel überdacht; er geht nach oben zu continuiiiich in das schon genannte vordere Marksegel über. Dieses wird von den Randwülsten der Lingula bedeckt. Nach unten zu setzt sich der Markkem gleichfalls continuirlich in das von den Randwülsten des Nodulus überdeckte hintere Marksegel fort, welches hinter (über) den dem Kleinhirn zustrebenden Strickkörpern ausgespannt erscheint und mit einem freien halbmondförmig ausgeschnittenen Rande endet. An diesem Rande hängt die Tela choroidea des vierten Ventrikels, welche von einer direkten Fortsetzung des Deckenepithels des Ventrikels überzogen ist (Decke des Nachhinies). Seitlich setzt sich das hintere Marksegel bekanntlich in einen schmalen Markstiel fort, der an der Flocke endet. Sämmtliche Randwülste des Kleinhirnes, mögen sie die Oberfläche des Organes bekleiden, oder in die Tiefe der einzelnen Furchen versenkt sein, besitzen eine deckende Lage grauer Substanz, — die Kleinhirnrinde. Schon makroskopisch kann man an dieser eine innere, durch einen eigenthümlich rothen Farbenton ausgezeichnete Schicht und eine äussere, mehr grau gefärbte Schicht unterscheiden. Mikroskopisch lässt sich die Rindensubstanz in drei^ mit verschiedenartigen charakteristischen Elementen ausgestattete Schichten trennen. 1. Die äusserste, graue Schicht (feinkörnige Schicht) (Fig. 64, a.) enthält vorwiegend Elemente des Stützgewebes und zwar Radiärfasern, welche sich von der Oberfläche des Kleinhirns entwickeln und den 238 Schichten der Kleinhimrinde. Müller'' sehen Stützfasern der Retina ähnlich erscheinen. Ausserdem enthält diese Schicht noch zahlreiche Körner, die in das Netzwerk der Hornspongiosa eingelagert sind, und in ihrer inneren Hälfte endlich ein wenig dichtes Flechtwerk markhaltiger Fasern, welches sich in die Nervenzellenschicht hinein fortsetzt. Die nervöse Natur der genannten Kömer ist durchaus fraglich. Das Faser- flechtwerk Avird erst bei Anwendung dei-Exner'scheti Ueberosmiumsäure — Ammoniak- niethode (vgl. unten) sichtbar. Fig. 64. An der Grenze der nächsten Schicht bilden diese Fasern eine schmale Lage, welche dadurch aus- gezeichnet ist, dass hier die sehr feinen Nervenfasern concentrisch zur Kleinhirnoberfläche verlaufen (b.). 2. Die mittlere Nervenzellen- schicht enthält bloss eine einfache Reihe grosser Glanglienzellen (Pur- kinje^ sehe Zelleti), die somit sämmt- lich an der Grenze von äusserer und innerer Schicht liegen und ihre verzweigten Fortsätze in beide hin- einsenden (c). Diese immer sehr auffallenden, birnförmig gestalteten Zellen sind derart gelagert, dass sie mit ihrem dicken Ende in der Körnerschicht liegen. Von diesem Ende geht ein Fortsatz aus, welcher während sei- nes weiteren isolirten Verlaufes zur Markleiste sich mit Mark umhüllt und zu einer dicken in die Mark- leiste eintretenden Nervenfaser wird. Er besitzt somit die Bedeutung eines Axencylinderfortsatzes. Das schmale Ende der Zellen ragt in die graue Schicht hinein und lässt gleichfalls einen dicken Fortsatz ent- stehen, welcher sich jedoch bald nach Art der Protoplasmafortsätze zu verästeln beginnt und zur Bildung eines die ganze graue Schicht er- füllenden Netzes feiner Nervenfäden beiträgt. Letztere anastomosiren zum Theil, oder senken sich umbiegend in die Körnerschicht ein. Dort werden sie gleichfalls Bestandtheile eines ausgebreiteten Nervenfaser- netzes, von Avelchem aus sich in die Markleiste austretende feine Nerven- fasern entwickeln. Die Purkinje'' sehen Zellen hängen somit auf doppelte Weise mit der aus dicken und dünnen Elementen bestehenden Faserung Diirclisclinitt durch die Rinde des Kleinhirns. Nach Meynert. (I5i/j). a. Graue Schicht der Kleinhimrinde. b. Quer- verlaufende feinste, markhaltige Nervenfasern derselben, c. Pnrl-hije'sche Zellen, d. Körner- schicht. e. Markleiste. Schichten der Klcinhiniriiide. — Diichkerne. 239 der Markleiste zusammen, einmal durch den Axencylinderfortsatz (dicke Fasern) , ein ander Mal durch die aus dem Nervennetz der Proto- plasmafortsätze sich entwickelnden (feinen) Fasern (vgl. die Pyramiden- zellen der Grosshirnrinde S. 297). 3. Die innere Körnerschicht (rostfarbige Schicht) besteht zum grossen Theile aus sehr zahlreichen, dicht gehäuften, runden oder spindelförmigen Zellen (d.). Der Kern dieser Zellen füllt den Zell- körper nahezu völlig aus, wodurch sie den Körnern der inneren Körner- schicht der Retina oder den in den Hinterhörnern des Rückenmarks niederer Thiere (Proteus anguineus) vorkommenden Körnern gleichen, welche die Bedeutung von Ganglienzellen haben. Die gleiche Bedeutung kömmt diesen Zellen auch im Kleinhirn zu, umsomehr, als es nachgewiesen ist, dass von einer an zwei Stellen der Peripherie des Kernes sitzenden Anhäufung von Protoplasma je ein Fortsatz abgeht, dessen weitere Schicksale allerdings nicht be- kannt sind. Ausserdem enthält die Körnerschicht noch das von den Purk'mje- schen Zellen stammende Fasernetz und ein Geflecht feiner, markhaltiger Fasern, aus dem sich radiär verlaufende, in die Markleiste eintretende Fasern entwickeln. Zunächst der Körnerschicht findet man in der Markleiste eine Lage von der Oberfläche parallel verlaufenden Faserzügen , welche augenscheinlich je zwei benachbarte Läppchen mit einander zu ver- binden bestimmt sind (Associationsfasern). Sie haben von StiUing den Namen guirlandenförmige Faserziige erhalten. Durch das Zusammenfliessen der verschiedenen Markblätter, welche in ihren Bestandtheilen eben geschildert worden sind, kommen die Mark- kerne zu Stande. Jedes dieser compacten Lager weisser Substanz um- schliesst einzelne Anhäufungen grauer Substanz, von charakteristischer Lage und Gestalt, welche man an einem Horizontalschnitt durch das Kleinhirn sämmtlich zur Anschauung erhält. Das Kleinhirn ist beim An- legen dieses Schnittes auf seiner breiten Fläche liegend betrachtet (Fig. 65). Das Corpus trapezoideum, der Markkern des Wurmes, enthält zwei in der Mittellinie sich nahezu berührende graue Massen, die Dach- kerne (aa.), welche grosse, vieleckige, pigmentirte Ganglienzellen ent- halten. Diese sollen nach Meynert Aehnlichkeit mit jenen des Deiters- selten Kernes besitzen (S. 219). Nach der Anschauung desselben Forschers stehen die innere Ab- theilung des Kleinhirnstieles (oben als Bündelformation des Deiters- schen Kernes bezeichnet) und die Kleinhirnwurzel des Acusticus zu den Dachkernen in Beziehung, indem sie mit dem Strickkörper in das Kleinhirnmark treten und einwärts von den Bindearmen in den gekreuz- 240 Daclikern. — Corpus dentatum s. ciliare. Fig. 65. ten (und ungekreuzten ?) Dachkern gelangen. Ausserdem nehmen diese Kerne auch noch Faserzüge aus der Rinde des Wurmes (Wipfelblatt und Klappenwulst) auf. Auch aus dem Strickkörper tritt ein kleinerer Faserantheil in den Markkern des Wurmes, kreuzt hier die Mittellinie in der grossen vorderen Krevzungscommissur (Fig. 65, c.) vor den Dach- kernen oder bleibt ungekreuzt, und gelangt schliesslich in die Rinde des Wurmes (in jene des Centralläppchens und des Berges). Nach experimentell-anatomischen Untersuchungsresultaten MonaJcow's ist es möglich, class dieser Faserantheil der Strickkörper den Kleinhirnseitenstrangbahnen entspricht. Bei seinem schon oben ange- führten Experimente (halbseitige Durch- schneidung des Rückenmarkes im oberen Halstheile bei neugebornen Kaninchen, linke Hälfte) fand Monakow neben einer Ver- kleinerung der Kleinhimstiele , welche zum grössten Theile auf Rechnung der ver- schwundenen Kleinhirnseitenstrangbahn zu setzen war, die Marksubstanz des Kleinhirnes, insbesondere in der Umgebung des linken Wurmes reducirt, Rinde und Mark des linken oberen Wurmes deutlich schwächer entmckelt als rechts. In dem centralen Mark der Hemi- sphären, und zwar in der medialen Hälfte desselben sitzt ein der gros- sen Olive des verlängerten Markes vergleichbares, gezacktes Blatt grauer Substanz, wie diese, zu zwei Lamel- len zusammengelegt, mit am Horizon- talschnitt nach innen sehendem Hilus. Es heisst Corpus dentatum sive ciliare (Fig. 65), auch Niicleus dentatus, und besteht wie die Olive aus fein granu- lirter Substanz, in welcher sich zahlreiche gelb pigmentirte Ganglien- zellen vorfinden. Auch die von der Olive her bekannte radiäre Streifung in Folge durchsetzender Nervenfasern ist zu sehen. Endlich wird die Homologie dieses Kernes mit der Olive noch dadurch vervollständigt, dass sich medial von ihm zwei, gleichsam ab- gesprengte Stücke grauer Substanz vorfinden — Pfropf und Kugel- kern (pf. und g.) — , vergleichbar den Nebenoliven. Aus dem vorderen unteren Abschnitt des Hilus des Corpus ciliare treten Fasermassen aus, welche die Bindearme constituiren ; sie heissen intraciliare Fasern (nach Stilling, dem wir unsere Kenntniss des Faser- verlaufes im Kleinhirn zu danken haben). Horizontalschnitt durch den Markkern des Wurmes und der Hemisphären des Kleinhirns. Nach Stilling. (l(i). li. Quergeschnittene Gyri der Ungula. vi. Quergeschnitteue Gyri des Vermia in- ferior, aa. Dachkern. gg. Theile des Kugel- kerns, pfpf. Pfropf, dd. Nucleus dentatus oder Corpus ciliare, c. Grosse vordere Kreu- zungscommissur des Wurmes. Intraciliart' und cxtriieiliaro Fasern. — Miessfasern. — lleniisphärenfasem. 241 An der Ausseuttiiclie des Kernes hingegen inseriren sich die bei Beschreibung der Kleinhirnrinde erwähnten dicken Fasern, welche aus den Purkinje' sehen Zellen in die Markleiste treten; — sie haben von StUUng den Namen Vliessfasern erhalten, weil sie zottenähnlich am Corpus ciliare hängen. Beide Fasergattungen (intraciliare und Vliess- fasern) gehören wahrscheinlich einem durch die Bindearme in das Mittel- liirn ziehenden Leitungssysteme an, in welches die Ganglienzellen des Corpus ciliare eingeschaltet sind. StiUing hat ferner im Hemisphärenmark einen in den untersten Abschnitten desselben entstehenden Faserzug nachgewiesen, welcher bogenförmig über das Corpus ciliare hinweg nach vorne zu der Ein- trittsstelle der Kleinhirnstiele zieht — Tradus semicircidaris. Er wird durch Fasern aus den Markleisten und auch durch zahlreiche von der Aussenfläche des Corpus ciliare hinzutretende extraciliare Fasern ge- bildet, wächst dadurch von hinten nach vorne an Mächtigkeit uud ist zum allergrössten Theile als Fortsetzung der Faserung des Kleinhirn- stieles zu betrachten. Ein kleiner Theil der Fasern des Tractus semicircularis schliesst sich vielleicht dem Bindearm an. Ausser den bisher genannten Faserzügen enthält der Markkern der Hemisphären noch zahlreiche Nervenfaserbündel , welche augen- scheinlich als Fortsetzungen der in den Markleisten bereits unterscheid- baren feinen Fasern (aus der Körnerschicht, den Protoplasmafortsätzen der Purkinje' sehen Zellen) entstanden sind. Diese Hemisphärenfasern haben zu den grauen Massen des Markkernes keinerlei Beziehungen, sondern gehen zum grössten Theile in die Faserung der Brückenarme über. Nach StiUing sollen sich ihnen auch noch extraciliare Fasern und ausserdem Faserzüge zugesellen, die im hinteren Theile des Corpus trapezoides sich kreuzen (hintere Kreuzungscommissur). Uebersicht des Faserverlaufes im Kleinhirn. 1. Die mit dem Strickkörper in das Kleinhimmark eintretenden Leitungs- systeme finden ihr vorläufiges Ende zum Theile in der Rinde des Oberwurmes (Kleinhirnseitenstrangbahn?), zum grösseren Theile aber in der Rinde der Hemi- sphären, wohin sie auf dem Wege des Tractus semicircularis gelangen, und im Corpus ciliare durch die extraciliaren Fasern. Ein kleiner Theil der Fasern gelangt vielleicht auch auf dem Wege der intraciliaren Fasern in das Corpus ciliare. 2. Die durch die Bindearme das Kleinhirn verlassenden Leitungssysteme nehmen ihren Ursprung in der Kleinhirnrinde , als Vliessfasem der Purki)} je sehen Zellen, setzen sich dann, das Coi^pus ciliare passirend, in die intraciliareu Fasern fort, welche die Hauptmasse des Bindearmes constituiren. Ihnen gesellen sich nur wenige extraciliare und wahrscheinlich auch Hemisphärenfasern bei. 3. Die m den Brückenarmen enthaltenen Leitungssysteme entspringen nahezu ausschliesslich als Hemisphärenfasern aus der Kleinhirnrinde. Ihre Fasern zeichnen Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. ](3 242 Das Mittelhirn. .'^icli vor jenen der Strickkörper und Bindearme durch das feine Kaliber aus. Es scheint demnach, als ob die beiden letztgenannten Brückenschenkel jene Leitungs- systeme enthalten würden, welche aus dem verlängerten Mark und Rückenmark durch das Kleinhirn in das Grosshirn (vorerst Mittelhirn) aufsteigen, während der Brückenarmfaserung eine andere, selbständigere Bedeutung zukommen würde. Das Mittelhirn. Fig. 66. Die untere Begrenzung des Mittelhirnes (der Vierhügelregion) ist durch einen am unteren Rande des unteren Vierhügelpaares ge- führten, das vordere Marksegel treffenden Querschnitt, die obere durch einen am oberen Rande des oberen Vierhügel- paares gelegten, zur Längsaxe des Organes senkrechten Schnitt gegeben. Der untere Querschnitt trifft, wie schon oben gesagt, vorne noch die Brücke und trennt deren oberes Drittel ab ; der obere Querschnitt trifft vorne die Grosshirnschenkel oberhalb der Austrittsstelle des Oculomotorius (Fig. 60, S. 221). Gegenüber dem Rückenmarkstypus stellt Scheniatisclie Darstellung der Querschnitte durch das Mittel- hirn. P. Grosshirnschenkel. T.Haube. Vh. Vierhügel. aqii. Aquaeduc- tus Sylvii. s.l. Sulcus lateralis. s. III. Sulcus oculomotorii. s.u. Substantia nigra. sich an diesem Theile des Centralorgans be- reits eine bedeutende Verschiedenheit der äus- seren Gestalt heraus , nur der Aquaeductus Sylvii erscheint als ein dem Centralkanal des Rückenmarkes völlig homologes Gebilde — beide stellen die Reste der Höhlung des primitiven Medullarrohres dar, beide sind von centraler grauer Substanz, hier centrales Höhlengrau genannt, umgeben. An der vorderen Fläche des Mittelhirns sieht man die beiden Grosshirnschenkel aus der oberen Wölbung der Brücke hervortreten, dann, mit ihren medialen Rändern einen Winkel von ca. 80*^ ein- schliessend, divergiren und in das Grosshirn sich einsenken. Während des kurzen freien Verlaufes an der Hirnbasis nehmen sie merklich an Breite zu, so dass ihre lateralen Ränder stärker diver- sriren als die medialen. Vor dem Eintritt in das Grosshirn werden sie von den Tractus optici gekreuzt, doch fällt diese Kreuzungsstelle nicht mehr in das Mittelhirngebiet. Wie aus der obenstehenden schematischen Fig. 66 ersichtlich ist, besitzt der Querschnitt des Grosshirnschenkels (P.) die Gestalt eines Halbmondes und wird von der medial und hinten angelagerten Haube (T.) durch die Snhstantia nigra (s. n.) getrennt. Das Mittelliim. — («rosshirnschenkd und Haube. 243 Die Haube bildet die Fortsetzung der hinteren, durch den Hinzutritt der Bindearme vermehrten Brückenabtheilimg, gerade so wie die Grosshirnschenkel die Fortsetzung der Längsfasern der vorderen Brückenabtheilung darstellen. Man pflegt deshalb auch beide Theile zusammen als Grosshimschenkel zu bezeichnen und an diesen dann den Fuss (pes pedunculi) und die Haube (tegmentum) zu unterscheiden. Zwischen den divergir enden Grosshirnschenkeln kommt die vordere Fläche der Haube als eine graue Platte zum Vorschein und führt hier den Xamen der Lamina perforata posterior. In der Furche, welche von dieser und der medialen Fläche der Grosshirnschenkel gebildet wird, tritt die aus mehrfachen längsgerichteten Bündeln bestehende Wurzel des Oculomotorius heraus (Sulcus oculomotorii. s. III.). Der Haube angelagert ist die Vierhügelplatte. Diese nur änsser- lich mit weisser Marksubstanz bekleidete, im Innern ganz aus grauer Substanz aufgebaute Formation ist bekanntlich durch eine Kreuzfurche in vier Hügel, ein unteres (auch hinteres genannt) und ein oberes (auch vorderes genannt) Vierhügelpaar, getheilt. Bei den meisten Säugethieren sind nur die unteren Vierhügel mit einem weissen Marküberzuge versehen, die oberen äusserlich grau. Die Längsfurche der Vierhügel verläuft nach oben gegen den dritten Ventrikel , wird aber von diesem durch die quere Markleiste der hinteren Commissur geschieden (hier ist die Zirbeldrüse, Glandula pinealis, eingelagert) ; nach unten übergeht sie in einen dünnen weissen Markstrang, das Frenulum veli medullaris, welcher sich in das vor- dere Marksegel einsenkt. An diesem letzteren findet sich jederseits die Austrittsstelle des Trochlearis. Von jedem Vierhügelpaare löst sich ein mit oberen Gehirntheilen in Verbindung tretender Fortsatz ab — die Seitenarme der Vierhügel (brachia lateralia s. conjunctiva). Die des unteren Vierhügelpaares senken sich in den inneren Kniehöcker, ein am oberen Ende des Sulcus lateralis der Seitenfläche des Mittelhirnes angelagertes Ganglion, die des oberen scheinbar in das Pidvinar des Sehhügels und weiterhin in den Tractus opticus. Zu erwähnen ist endlich noch ein an der Seitenfläche des Mittel- hirnes deutlich hervortretendes weisses Markfeld, das die erste äussere Bedeckung der hier sich einsenkenden Bindearme bildet. Es enthält Faserzüge (der Schleifenschicht) , welche aus der hinteren Brücken- abtheilung in die unteren Vierhügel treten; es heisst Schleifenfeld. Behufs Beschreibung des inneren Aufbaues sei das Mittelhirn in zwei Querschnittsreihen zerlegt : 1. durch die unteren Vierhügel (mit Einschluss des vorderen Marksegels), und 2. durch die oberen Vierhügel. 244 Querschnittsreihe in der Höhe der unteren Vierhügel. 1) Querschuittsreihe in der Höhe der unteren Vierhügel. Die untersten Quersclmitte dieser Reihe (Fig. 67) treffen noch den Vierhügel nicht, sondern nur das vordere Marksegel, welches den mitt- leren Theil des hinteren Randes der Schnitte einnimmt. Es bildet zugleich die hintere Begrenzung des Tförmig gestalteten Aquaeductus Sylvii. Die vordere Brückenabtheüung zeigt mächtige Querfaserschichten mit schönen Kreuzungsbildern in der Medianlinie. Sie umschlingen die 4 oder 5 , von vorne nach hinten platt gedrückten und reichlich von grauer Substanz umgebenen Bündel der Pedunculusbahn, und bilden mit ihrer ober- flächlichen Schichte nicht allein den vorderen, sondern auch den ganzen seitlichen Rand der vorderen Brückenabtheilung. An den Präparaten findet sich keine künstliche Tren- nungsfläche der Brückenarme vom Klein- hirn mehr, denn die Querschnitte fallen über die Anlagerungsstelle der Brückenarme (vgl. oben S. 221) in die obere Wölbung der Brücke. Die hintere Brückenabtheüung erleidet durch die hier erfolgende Einsenkung der bisher nur angelagerten Bindearme (b.) wich- tige Veränderungen. An den Querschnitten sieht man diese mit ihrer charakteristischen halbmondförmigen Gestalt in die Masse der hinteren Brückenabtheilung hineingerückt und lateral bereits von anderen sofort zu nennenden Fasermassen bedeckt. Nament- lich die vorderen Spitzen der beiden Halb- mondfiguren nähern sich dabei der Median- linie, wo sie in höheren Schnittebenen auch endlich zusammenstossen. Dabei ändert sich das sonstige Aussehen des den Bindearmen entsprechenden Querschnittsfeldes. Die schönen Querschnitte dicker Fasern verwandeln sich, zuerst in den medialen Antheilen in Schräg- und Längsschnitte von Fasern, welche man nach der Medianlinie verlaufen und dort mit den einen gleichen Verlauf neh- menden Fasern der anderen Seite sich kreuzen sieht. Es ist dies der Beginn einer Kreuzung der Bindearme. Eine zweite wichtige Veränderung geschieht in der hinteren Brücken- abtheilung dadurch, dass die Schleifenschicht (seh.), welche früher den vordersten Abschnitt derselben in seiner ganzen Breite einnahm, jetzt lateral einen nach hinten gerichteten Fortsatz entwickelt, der sichelförmig Querschnitt durch die Brücke in der Höhe des vorderen Marksegels. (2 mal vergrössert.) P. Pedunculusbahn (verstärkte Pyra- midenbahn). b. Bindearm. seil. Schlei- fenschicht, u. seh. Untere Schleife. m.P. Mediales Bündel des Grosshirn- schenkels, h.l. Hinteres Längsbündel. ab.V. Absteigende Trigeminuswurzel. IV. Trochleariswurzel (Austritts- schenkel). Untere Schleife. — Med. Bündel d. (jirosshivnschenkels. — Wurzel d.Trochlearis. 245 gestaltet den Bindearmlialbmond lateral umfasst und nahezu das vor- dere Marksegel erreicht. Zwischen dem Bindearme vmd diesem neuen, zumeist aus Schrägschnitten bestehenden Felde findet sich immer ein trennendes Lager grauer Substanz. Der seitHche Fortsatz entspricht dem oben erwähnten äusserlich sichtbaren Schleifenfelde und bedeutet den Abgang einer ziemlich bedeutenden Fasermenge aus der Schleifenschicht in den Marküberzug des unteren Vierhügels. Daher die Bezeichnung untere Schfeife (u. seh.). Ob diese sich übrigens wirklich nnr aus vorher in der Sclileifenschicht verlaufenden Fasern entwickelt, ist noch nicht erwiesen. Die Schleifenschicht selbst zeigt noch immer ihre auffallenden Faser- querschnitte, zieht sich jedoch noch mehr, als im mittleren Drittel der Brücke von der Medianlinie zurück; deshalb tritt das mediale Bändel des Grosshirnschenkeh (m. P.) noch deutlicher heraus ( Wernicke). Das hintere Längsbündel (h. 1.) hat, wohl kenntlich an seinen breiten Faserquerschnitten und an dem hellen Aussehen, die Lage unter dem grauen Boden (jetzt centrales Höhlengrau des Aquaeductus Sylvii) bei- behalten. Die beiden Flügel desselben verschmelzen in der Median- linie und lassen an der Verschmelzungsstelle zweifellos Faserkreuzungen wahrnehmen, welche als auf die andere Seite übertretende Verbindungs- fasern vom Abducenskern zum Trochlearis und Oculomotorius aufge- fasst werden (vgl. oben S. 232). Medial von dem Halbmond des Binde- armes findet sich in Gestalt eines kleinen Feldes von nahe an einander gerückten Faserquerschnitten der schon oben erwähnte Faserzug von Länffsbündeln der Formatio reticularis, welcher zur hinteren Commissur in Beziehung stehen soll. Der andere gleichfalls oben erwähnte Faserzug dieser Längsbündel hat sich den Bindearmen angeschlossen (Wernicke). Zwischen dem lateralen Ende des Flügels des hinteren Längs- bündels und der hinteren Spitze des Bindearmhalbmondes liegt die ahstei(jende Tricjeminuswurzel (ab. V.) in derselben Lage und Gestalt wie tiefer unten; an ihrer Lmenseite finden sich die bläschenförmigen Ganglienzellen und einzelne pigmentirte Zellen des Locus coeruleus. Medial von ihr sieht man den Querschnitt eines dünnen, compacten Faser- zuges, welcher in den weiter folgenden Schnitten in schräger Richtung nach innen verlaufend angetroffen wird. Nach einer knieförmigen Um- biegung tritt er in das vordere Marksegel, kreuzt dort den entsprechen- den Faserzug der anderen Seite, und erscheint schliesslich einwärts vom hinteren Ende der Schleife an der Oberfläche. Dieser Faserung ist der Austrittsschenkel der Trochleariswurzel. Der Uebergang des Ursprungsschenkels in den letzteren erfolgt bündel- weise, ebenso wie die Kreuzung im vorderen Marksegel auch in ein- zelnen Bündeln erfolgt. An Säurefuchsinpräparaten gibt diese Kreuzung die schönsten Bilder (Fig. 68). 246 Troclileariski-euzung im vorderen Marksegel. — Grossliirnschenkel. — Haube. Vom Kern des Troclilearis und von dem Ursprungsschenkel seiner Wurzel ist an diesen Quersclmitten durch das vordere Marksegel noch nichts zu sehen. Sie finden sich erst im Bereiche der unteren Vierhügel, mit denen vereint das vordere Marksegel, eben des Verlaufes der Trochlearisv?urzel wegen, beschrieben wurde. In der durch die unteren Yierhügel fallenden Querschnitts- reihe ist vor Allem die allmälige Loslösung der Pedunculusbahn von den sie bedeckenden und durcMechtenden Querfasern der Brücken- arme zu beschreiben. Sie findet nach und nach , und zwar von der lateralen Seite aus statt, vro das sich zum Grosshirnschenkel um- gestaltende Querschnittsfeld unter der oberflächlichen Querfaserschichte hervortritt (Fig. 69). Noch im Bereiche der unteren Vierhügel wird diese Loslösung eine vollständige, worauf der oberste Theil der Brücken- armfaserung in charakteristischer Zapfenform zwischen beiden Gross- hirnschenkeln erscheint. Fig. 68. Querschnitt durcli das vordere Marksegel. Trochleariskreiizimg. (Säurefuclisinpräparat. 8 mal vergrössert.) u. Urspriingsschenkel. a. Austrittsschenkel der TrocUeariswurzel. Der Querschnitt der Pedunculusbahn ändert bei seinem Ueber- gange in den Grosshirnschenkel insoferne sein Aussehen, als zahlreiche Septa (Stützsubstanz und Gefässe) das Gebiet seiner Faserquerschnitte zu feldern beginnen , und zwischen ihm imd der Schleifenschicht eine nach und nach an Grösse wachsende Anhäufung grauer Substanz mit durch ihr dunkles Pigment sehr auffallenden, multipolaren Ganglienzellen erscheint — die Substantia nigra {Soemynerringii) (s. n.). Die nach Abzug der Grosshirnschenkel übrig bleibenden Theile der Querschnitte gehören der Haube und den unteren Vierhügeln an. Die Haube ist an die Stelle der hinteren Brückenabtheilung getreten, und enthält durchaus nur Fortsetzungen der Faserzüge, welche wir bereits in der letzteren kennen gelernt haben. Die Schleifenschicht (seh.) bleibt ziemlich unverändert ; der recht- winklig von ihr abgesetzte Theil aber, die untere Schleife (u. seh.), trennt sich allmälig völlig von ihr; die Schräg- und Längsschnitte .der Fasern dieses letzteren Markfeldes treten in die dichte Markkapsel Untere und obere Schleife. — Untere Vierhügel. — unterer Vierliügehirm. 247 der unteren Vierhügel ein (gelangen von da in deren Substanz). An der Grenze zwischen den unteren und oberen Vierhügeln sieht man einen zweiten nach hinten gerichteten Fortsatz der Schleife in die Substanz der Vierhügel eindringen ; er steht zu den oberen Vierhügeln in der gleichen Beziehung, wie die untere Schleife zu den unteren, und heisst daher auch obere Schleife (vgl. unten S. 250). Das oben als mediales Bündel des Gross- hirnschenkels (m. P.) bezeichnete compacte Faserbündel ändert nur wenig seine Lage, nur ist es jetzt noch deutlicher von der Schleifenschicht abgelöst, und liegt schliesslich, allseitig von grauer Substanz umgeben, medial von der Substantia nigra. Der ganze hintere Rand und auch ein Theil des lateralen Randes der Querschnitte wird Yon den unteren Vierhügeln (u.Vh.) ein- genommen. Dieses Gebilde zeigt sich vor- nehmlich aus grauer Substanz mit reichlich eingestreuten kleinen Ganglienzellen zu- sammengesetzt, enthält aber ausserdem zahlreiche Qner- und Schrägschnitte von Nervenfasern mit deutlichen Kreuzungs- bildern in der Medianlinie. Die Hauptmasse dieser Fasern tritt in den Marküberzug der unteren Vierhügel, und gelangt von da nach oben und aussen ziehend in den un- teren Seitenarm (u. Sa.). Dieser erscheint an den obersten Schnitten der Reihe als ein der hinteren lateralen Ecke der Vierhügel angelagertes, aus Schrägschnitten bestehen- des Feld weisser Substanz. Ein Theil der in der Vierhügelsubstanz enthaltenen Nervenfasern stammt wahrscheinlich aus der unteren Schleife und Meynert vermuthet deshalb einen durch die Ganglien- zellen der Vierhügel vermittelten, vielleicht gekreuzten Zusammenhang der beiden genannten Faserkategorieen , so dass der Seitenarm des unteren Vierhügels als mittelbare Fortsetzung der unteren Schleife zu gelten hätte. Vor dem, von centralem Höhlengrau umgebenen Aquaeductus Sylvii liegt an Grösse, Gestalt und Lagerung unverändert das hintere Längsbündel. Unmittelbar hinter diesem, noch im centralen Höhlen- grau nimmt man an Querschnitten aus der unteren Hälfte der Reihe den kleinen runden Querschnitt des Ursprungsschenkels der Trochlearis- lourzel wahr, und kann hier mitunter nachweisen, dass sich ihm aus dem hinteren Längsbündel stammende Fasern anschliessen (Duval). An Querschnitten aus höheren Ebenen verwandelt sich dann der Wurzel- Querschuitt durch die Mitte der un- teren Tierhügel. (2 mal vergrössert.) P. Grosshirnschenkel. s. n, Substantia nigra, seh. Schleifenschicht, u. seh. Untere Schleife. m.P. Mediales Bün- del des Grosshirnsehenkels. iT.Vh. Un- tere Vierhügel, u. Sa. Seitenarm der unteren Vierhügel. IV. Trochlearis- wurzel (Ursprungsschenkel). ab.V. Absteigende Trigeminuswurzel. . 248 Verlauf der Wurzel des Trochlearis. — Kreuzung der Bindearme. querschnitt in medialwärts ziehende Schrägsclinitte und Längsschnitte einzehier Fasern (Fig. 69), welche in eine dem oberen Ende der un- teren Vierhügel entsprechende kugelige Gruppe von schwach gelb- lich pigmentirten , grossen Ganglienzellen einmünden — Kern des Trochlearis (IV.). In der Umgebung dieses Kernes finden sich immer einzelne zerstreute Ganglienzellen, welche von manchen Autoren dem Kerne zugerechnet werden. Eine kurze Zusammenfassung der nun in ihrem Verlaufe von der Austrittsstelle bis zu ihrem TJrsprungsorte verfolgten Trochlearis- lüurzel ergibt: Von dem im centralen Höhlengrau vor dem Aquäductus gelegenen Trochleariskern zieht die Wurzel erst nach unten und aussen, dann direkt nach unten bis zum unteren Rande der unteren Vierhügel, liegt hierauf knieförmig nach innen um, tritt in das vordere Marksegel, kreuzt in der Medianlinie die Wurzel der anderen Seite und verläuft zu der, an der hinteren Fläche des Marksegels befindlichen Austrittsstelle. Auf ihrem Wege erhält sie einen, im hinteren Längsbündel verlaufenden Faserzuwachs aus dem gekreuzten Abducenskern. Entsprechend diesem gekreuzten Verlaufe fand v. Gudden nach Ausreissung des Trochlearis Atrophie des Kernes der entgegengesetzten Seite. Lateral von dem centralen Höhlengrau liegt auch in dieser Querschnittsreihe noch immer die absteigende Trigeminusivurzel (ab.V.), und in der concaven Seite ihres Halbmondes die bekannten, bläschen- förmigen, bipolaren Ganghenzellen. Zwischen den bisher genannten, das centrale Höhlengrau um- gebenden Theilen einerseits und der Schleife andererseits liegt die Fortsetzung der in Kreuzung begriffenen Bindearme. Die beiden Halbmondfiguren sind jetzt mit ihren vorderen Enden völlig zusammen- geflossen, und stellen eine hufeisenförmige Figur dar, die Wernicke- sche Commissur. Bald erscheint das ganze Feld zwischen den beiden Bindearmen und diese selbst nur von Längsschnitten sich kreuzender Fasern erfüllt. An der Grenze zwischen dem unteren und oberen Vierhügel- paare ist die Kreuzung der Bindearme nahezu vollendet; an ihrer Stelle erscheinen dann zwei nahezu runde Felder von Faserquerschnitten und zahlreichen Längsschnitten (Reste der Kreuzung), in der Median- linie durch graue Substanz getrennt — weisser Kern (Burdach). 2) Querschuittsreihe in der Höhe der oberen Vierhii^el. Diese Querschnitte entsprechen völlig der oben (S. 242) stehen- den schematischen Figur 66. Sie zeigen den vom centralen Höhleu- grau umgebenen Aquäductus, dessen Lumen die Gestalt eines Dreiecks Querschnittsreihe in der Höhe der oberen Vierhügel. Suljstantia nigra. 249 mit unterer Spitze gewinnt; hinter diesem erkennt man die flachen Buckel der vorderen Vierhügel, am Seitenrande den Hirnschenkel, von der Haube durch den Sulcus lateralis (Fig. 70, s. 1.) abgesetzt, und in diesen leffiteren eingelagert, vom mittleren Drittel der Schnitt- reihe an den Querschnitt des inneren Kniehöckers (corpus geniciilatum mediale s. internum) (i. kn.). Der vordere Abschnitt der Querschnitte wird durch die Grosshirnschenkel gebildet, an deren medialem Rande sich der Sulcus oculomotorii mit den austretenden Wurzelfasern dieses Nerven vorfindet. Die untersten Querschnitte der Reihe unterscheiden sich von den obersten der zuletzt beschriebenen Reihe durch den Wegfall des Zapfens der BiLickenfaserung. Die Grossliirnschenkel erscheinen deshalb durch eine breite Einsenkung getrennt, deren Boden der Haube angehört. Sie besitzen im I^ebrigen das gleiche blättrige (gefelderte) Aussehen und sind nach hinten und innen von der bedeutend angeschwollenen Suh- stantia nigra (s. n.) begrenzt. In höheren Ebenen umsäumt das halb- mondförmig gestaltete Markfeld des Grosshirnschenkels dieses etwas zusammengeschobene Lager grauer Substanz, welches jetzt ausser den schon beschriebenen Ganglienzellen zahlreiche Querschnitte feiner, sich namentlich an ilirem hinteren Rande sammelnder Fasern enthält. Ausserdem aber sieht man auch zahlreiche Faserzüge aus dem Gross- hirnschenkel in die Substantia nigra treten, welche an den Quer- schnitten in Gestalt von längsverlaufenden Fasern erscheinen und das blättrige Gefüge des Feldes stärker hervortreten lassen. Darüber, ob diese in die Substantia nigra ablenkenden Fasern zu den Ganglienzellen derselben gelangen, und ob sie sich durch Vermittlung dieser in die auf dem Querschnitt getroffenen feinen Fasern dieser Substanz fort- setzen, liegen keine bestimmten Angaben vor. Nur so viel ist sicher, dass das Markfeld des Grosshirnschenkels an Umfang verliert, während die Substantia nigra wächst. Der Grosshirnschenkel erhält hier ferner einen Zuwachs durch den Hinzutritt des weiter unten, nach innen von der Schleifenschicht zusammengetretenen medialen Bündels, welches sich dem medialen Ab- schnitte des ersteren anlagert, und eine Strecke lang durch den vor- wiegenden Gehalt an Schräg- und Längsschnitten von Fasern (Folge der stattfindenden Umlagerung) gut abgrenzbar bleibt. Weiter oben wird es dann von den Wurzelfasern des Oculomotorius durchbrochen und verschmilzt anscheinend mit der übrigen Hirnschenkelmasse, Der Querschnitt des Grosshirnschenkels sieht am völlig entAvickelten Organ ganz gleichmässig aus und gestattet nicht die Unterscheidung der verschiedenen, in ihm verlaufenden Fasersysteme. Dies gelingt vielmehr erst mit Hülfe der ent- wicklungsgeschichtlichen Methode und der Untersuchung secundärer Degenerationen, worüber später im Zusanunenhange das Nöthige mitgetheilt werden soll (s. S. 284). 250 Obere Vierhügel. — Innerer Knieliöcker. Die Masse der oberen Vierhügel gewinnt in den oberen Quer- schnittsebenen bedeutend an Umfang und übertrifft dann jene des unteren Paares. Dabei vertieft sich die Längsfurche zur Einlagerungs- stelle der Zirbel. • Was den inneren Aufbau betrifft, gleichen die oberen Vierhügel im Allgemeinen den unteren, nur erscheinen hier die oberflächlichen und tiefen markhaltigen Fasern strenger gesondert. Die oberflächlichen Fasern bilden ein Geflecht, welches als schmaler Marksaum die freie Fläche der Vierhügel bekleidet und zeigen in der Mittellinie ausgeprägte Kreuzung. Sie sind als die Anfänge des oberen Seitenarmes zu betrachten und stellen demnach eine Wurzel des Tractus opticus dar (vgl. unten). Dieser oberflächliche Marksaum des oberen Yierhügelpaares ist nur bei Menschen und Affen zu finden; er fehlt bei den übrigen Säugethieren. Von den tiefen Fasern ist eine Schichte durch graue Substanz von der Oberfläche geschieden und schliesst sich am lateralen Rande des Vierhügels gleichfalls dem oberen Seitenarm an. In ihr finden sich zerstreut sehr kleine, sternförmige Ganglienzellen^ welche man als Ursprungszellen des Opticus ansieht. Ein weiterer Theil der tiefen Fasern, welcher eine radiäre Streifung der Vierhügel- substanz bedingt, stammt aus der ScMeifenscMcht und hat oben bereits Erwähnung gefunden, wo an der Grenze zwischen dem unteren und oberen Vierhügelpaare die Ablösung eines zweiten Faserzuges von der Schleifenschicht beschrieben wurde. Es sind uns somit bereits zwei (vorläufige) Endstationen der Schleifenschicht aufgestossen, die erste, allerdings nicht unangezweifelte, im unteren Vierhügel durch die untere Schleife, die zweite im oberen Vierhügel. Der nach Abgabe der ersteren zurückbleibende Rest der Schleifenschicht führt nach Forel auch den Namen der oiereti Schleife, und gibt dann den Faserzug zum oberen Vierhügel ab, welcher von manchen Autoren die gleiche Benemiung erhalten hat (S. 247). Der in der vorigen Schnittreihe (S. 247) an die Seitenfläche des unteren Vierhügels angelagerte Querschnitt des unteren Seitenarmes findet sich in den untersten Schnitten dieser Reihe an der gleichen Stelle ; bei Verfolgung nach oben zu aber sieht man ihn nach und nach an der Seitenfläche des Präparates nach vorne, gegen den durch den Sulcus lateralis gebildeten Einschnitt rücken. Sobald in diesem dann der ovale Querschnitt des inneren Kniehöckers erscheint, senken sich die dicken markhaltigen Fasern des Seitenarmes, in mehrere Bündel getheilt, von hinten her in das Ganglion ein (Fig. 70, u. Sa.). Ob dies für sämmt- liche Fasern gilt, bleibt fraglich. Der innere .Kniehöcker (i. kn.) besteht aus grauer Substanz mit eingelagerten kleinen Ganglienzellen ; er geht nach oben continuirlich in die Substanz des Sehhügels über, und ist von einer Markkapsel über- zogen, welche vom Tractus opticus herstammt (vgl. unten). Hauljc. Schleifenschicht. — Rother Kern der Haii1)c. 251 Die bisher beschriebenen Theile umschliessen allseitig das Quer- schnittsfeld der Haube, in welchem sich dieselben Bestandtheile nach- weisen lassen, wie vorher in der Höhe der unteren Vierhügel. So vor Allem die Schleifenschicht, welche hier, wie schon erwähnt, auch obere Schleife (o. seh.) heisst. Sie hat sich noch weiter lateralwärts zurückgezogen und erscheint als ein hufeisenförmig gestaltetes Feld von Querschnitten dicker Fasern, welches dem lateralen Abschnitt der Substantia nigra von hinten anliegt. In unteren Schnittebenen sieht man von dem hinteren Schenkel dieses Hufeisens den Faserzug nach dem oberen Vierhügel abgehen. Medial von der Schleifenschicht liegt jederseits der kreisrunde Quer- schnitt des Bindearmes nach vollen- deter Kreuzung. An unteren Quer- schnitten der Reihe lassen sich noch Keste der Kreuzung nachweisen, und überwiegen die markhaltigen Faser- querschnitte (weisser Kern): an oberen Querschnitten aber werden diese durch zwischengelagerte graue Substanz in Bündel gespalten. Dadurch erhält das Feld ein getüpfeltes xlussehen und zeigt am frischen Präparate eine roth- s^raue Farbe. Es heisst von nun an rother Kern der Haube (r. k.). Querschnitt durch das obere Drittel der oberen Vierhügel. (Zum Theil nach Wernicke. 2 mal vergrössert.) P. Grosshirnschenkel. o. Vh. Obere Vier- hügel. s.n. Substantia nigra, i.kn. Innerer Kniehöcker, o. seh. Obere Schleife, u. Sa. Un- terer Seiteuarm, sich in den Innern Knie- höcker einsenkend, r.k. Rother Kern der Haube, h. 1. Hinteres Längsbündel, c. p. Hau- benbündel au.s der hinteren Commissur. ab.V. Absteigende Trigeminuswurzel. III. Kern des Oculomotorius. \v. III. Oculomotorius- wurzel. Die graue Substanz , durch deren Einlagerung das Feld des Bindearmes an- schwillt, ist durch zahlreiche grosse, viel- strahlige (ninglienzellen ausgezeichnet, die von manchen Autoren als vorläufige End- pimkte der Bindearmfasern augesehen wer- den. Forel leugnet allerdings diese Beziehungen, und die bisher vereinzelt vor- liegenden Befunde von secundärer Degeneration sind für ein solches Verhalten noch nicht entscheidend (vgl. unten S. 273). Die beiden rothen Kerne rücken etwas von der Medianlinie ab und dadurch kommt wieder eine Raphe zur Entwicklung, welche, gerade so wie im verlängerten Marke, reichlich eingelagerte graue Substanz mit Ganglienzellen und zahlreiche, sehr feine Fibrae rectae aufweist. (Wegen ihrer Feinheit sind sie auf Fig. 70 nicht ein- gezeiclmet.) Diese Fibrae rectae treten zum Theil aus dem centralen Höhlengrau, zum Theil entstammen sie Bogenfasern der Haube unbekaimter Herkunft, verlaufen nach vorne und sammeln sich endlich zu einem medial von der Sub.stantia nigra gelegenen schmalen Felde sehr feiner Faserquerschnitte , welches zwischen dem (xrosshirnschenkel und dem medialen Einschnitt des Basaltheiles der Haube eine sichtbare Hervorbauchung bildet. Dieses Faserbündel soll, manchen Autoren zufolge, 252 Kern und Wurzel des Oculomotorius. nach oben zu in die Linsenkernschlinge übergehen und das cerebralwärts gelegene Glied des Leitungssystemes der im centralen Höhlengrau entspringenden Augen- muskelnerven darstellen. Hinter den rothen Kernen liegen die das centrale Höhlengrau von vorne begrenzenden hinteren Längsbündel, unverändert an Gestalt ; nur die Längsaxe ihrer Flügel ist jetzt von innen und vorne nach hinten und aussen gerichtet. Lateral von ihnen findet sich das schon im Bereiche der hinteren Brückenabtheilung angedeutete , übrigens jetzt auch noch mangelhaft begrenzte Feld von Längsbündelquerschnitten, welches zur hinteren Com- missur zieht — Haubenbündel aus der hinteren Commissur (c. p.). Es ist von zahlreichen Bogenfasern der Haube durchzogen (diese sind auf Fig. 70 etwas zu stark gezeichnet, um das Feld deutlich zu machen). Nach hinten von diesen Feldern sieht man die beiden langgestreckten Halbmondfiguren der absteigenden Trigeminuswurzel (ab. V.), welche das centrale Höhlengrau lateral begrenzen; sie werden hier allmälig schmäler und verschwinden mit ihren medial anliegenden bläschenförmigen Ur- sprungszellen im Bereiche des oberen Drittels der oberen Vierhtigel. Es erübrigt noch die Beschreibung einer im centralen Höhlengrau gelegenen Zellensäule, die in Continuität mit dem Trochleariskern steht, und den Kern des Oculomotorius (Fig. 70, IH.) dars'tellt. Dieser Kern besteht aus einer dem hinteren Längsbündel von hinten anliegenden Zellenanhäufung, deren vieleckige, gelblich pigmentirte Ganglienzellen nur zum Theile zu einer compacten Gruppe gesammelt sind, zum Theile zerstreut liegen und sich selbst zwischen den Fasern des hinteren Länffsbündels vorfinden. Diese zerstreuten Zellen vermitteln einen Zu- sammenhang beider Nervenkerne in der Mittellinie. Ein Theil der Fasern des hinteren Längsbündels tritt, wie an Horizontal- und Sagittalschnitten überzeugend nachzuweisen ist, in den Kern ein und soll sich nach Duval den Wurzelfasern des Oculomotorius von der medialen Seite anschliessen. Es sind dieselben Fasern, welche vom Abducenskern ausgehend sich dem hinteren Längsbündel angeschlossen haben , und , unter Kreuzung in der Mittellinie , auf die andere Seite gelangt sind. Durch diesen von Duval und Laborde zuerst am Gehirn von Säugethieren gelieferten Nachweis einer gekreuzten Verbindung des Abducenskernes mit dem Oculomotorius wurde ein auf pathologische Erfahrungen und experimentelle Ver- such sresultate gegründetes Postulat erfüllt. Man hatte nemlich gesehen (Fereol, Wernicke), dass auf die Gegend des einen Abducenskernes beschränkte Läsionen der Brücke nicht allein eine Lähmung des Musculus rectus externus der gleichen Seite, sondern zugleich eine Lähmung des Musculus rectus internus der anderen Seite bedingen, und war auf Grund dieser Thatsachen an die anatomische Erforschung der genannten gekreuzten Verbindung gegangen. Aus dem im Bereiche der ganzen oberen Vierhügel in nahezu Kern luul Wurzel des Oculomotorius. 253 gleich starker Entwicklung nachweisbaren Kerne treten bündelweise die charakteristischen Ocnlomotoriuswurzelfasern (w. III.) hervor, durch- setzen das hintere Längsbündel und verlaufen dann, einen schönge- schwungenen Bogen in der Querebene und zugleich in der sagittalen Ebene beschreibend, durch die Haube und den rothen Kern. Erst am medialen Rande des Grosshirnschenkels sammeln sie sich zu compacteren Bündeln und treten im Sulcus oculomotorii aus. Wegen des in der Sagittalebene nach unten convexen Bogens (auf- steigender Verlauf), welchen die einzelnen Wurzelbündel beschreiben, erscheinen sie bei Verfolgung an successiven Schnitten zuerst nur in ihrem hinteren Abschnitte und zwar als ziemlich kurze Schräg- und Längsschnitte, dann erst in ihrem ganzen Verlaufe. Die nach aussen convexen Bogen der Wurzelbündel sind in der Mitte der oberen Vier- hügel am stärksten gewölbt, nach oben zu werden sie immer flacher, bis schliesslich, nahe der hinteren Commissur, die noch vorhandenen Bündel nur medial vom rothen Kern verlaufen und sich wenig von der Raphe entfernen. Die centralen Verbindungen des Oculomotorius werden, wie schon oben gesagt, wahrscheinlich durch die Fibrae rectae der Raphe dargestellt. Nach Versuchen von Gudden würde jeder Oculomotorius Fasern aus beiden Kernen beziehen, denn nach Zerstörung eines Nerven am neugebornen Thiere atrophirt auf der gleichen Seite ein vorderer oberer Antheil des Kernes ; der hintere untere Antheil desselben bleibt hier intact, atrophirt hingegen auf der gekreuzten Seite. Uebersicht des Faserverlaufes im Mittelhirn. 1. Die Längsfasern der vorderen Brückenabtheilung (Pyraniidenbahnen mit dem Faserzuwachs aus den Brückenarmen durch Vermittlung der Brückenkerne?) treten in den Grosshirnschenkeln zusammen und mit diesen in das Grosshirn. Von innen her schliesst sich ihnen das in der hinteren Brückenabtheilung medial von der Schleifenschicht entstandene compacte Bündel an und verschmilzt mit ihrer Masse. In der Substantia nigra erhält der Grosshirnschenkel ein Lager grauer Substanz, an das er einen Theil seiner Fasern abgibt, durchwegs Fasern, welche sich erst in der Brücke den Längsfasern zugesellt haben. 2. Der Verlust, welchen die aus dem Rückenmark aufsteigenden Leitungssysteme durch den Abgang des Strickkörpers in das Kleinhirn erlitten haben, wird hier durch den Hinzutritt der Bindearme ausgeglichen, welche aus dem Kleinhirn konnnen und als indirekte Fortsetzungen des Strickkörpers zu gelten haben. Die Faserung der Bindearme erleidet eine vollständige Kreuzung und steigt dann, als rother Kern mit Ganglienzellen durchsetzt, in der Haube zum Grosshirn auf. Ihr schliessen sich aus der Formatio reticularis aufsteigende Längsbündel an. 3. Die Längsfasern der Schleifenschicht steigen, wie früher hinter den Pyra- miden, so jetzt hinter dem Grosshirnschenkel, auf und treten zum Theil (?) in die unteren Vierhügel — untere Schleife — zum Theil in die oberen Vierhügel; der Rest verläuft als obere Schleife weiter aufwärts. 254 Das L-!rossliini. — Der (Irosshirnstamm. 4. Die untere Schleife rindet ihre indirekte (0I3 gekreuzte?) Fortsetzung im unteren Seitenarme der Vierhügel, mit dem sie zum inneren Kniehöcker gelangt (von da in den Tractus opticus — Commissura inferior?). Der aus der oberen Schleife zum oberen Vierhügel tretende Faserzug findet seine indirekte, wahrschein- lich gekreuzte Fortsetzung in dem oberen Seitenarm der Vierhügel, der sich seiner- seits wieder in den Tractus opticus und in das Grosshirn fortsetzt. 5. Das hintere Längsbündel behält dieselbe Lage und Bedeutung wie vorher — Verbindungsweg zwischen Abducenskem und Trochlearis — Oculomotorius. 6. Von den Längsbündeln der Haube (Fortsetzung der Längsbündel der For- matio reticularis) tritt eine Zahl zu einem Faserzuge zusammen, welcher nach oben zu in die hintere Commissur übergeht. Das Grosshirn. Es zerfällt für die Beschreibung zweckmässig in zwei Theile : 1. den Grosshirnstamm, welchem die Grrosshirnganglien angehören; 2. den Grosshirnmantel mit dem Hemisphärenmark und der Gross- hirnrinde. Der Grosshirnstamm. Dieser Abschnitt des nervösen Centralorganes hat die Bedeutung einer Einlaufstation für die gesammten Nervenbahnen des Körpers, deren verschlungene Wege innerhalb der tieferen Theile uns bisher beschäftigt haben. Nur die Bahnen des Opticus und des Olfactorius haben sich bisher der Beschreibung entzogen. Der Eintritt dieser Leitungsbahnen erfolgt von den letzten Sammel- pimkten , den Grosshirnschenkeln und der Haube , aus, und zwar von jedem dieser Theile in verschiedener Weise. Die im Grosshirnschenkel gesammelten Bahnen durchziehen den Grosshirnstamm ohne Unterbrechung und gelangen durch das Hemi- sphärenmark zur Grosshirnrinde. Nur ein kleinerer Theil derselben findet im Grosshirnstamm eine, wahrscheinlich definitive Endstation. Die in der Haube zusammengelaufenen Bahnen hingegen schlagen nur zum kleineren Theile den direkten Weg in das Hemisphärenmark und zur Grosshirnrinde ein, zum überwiegenden Theile erleiden sie erst in einer Zwischenstation allerlei Umlagerungen und Umschaltungen, und laufen dann in die dem Grosshirnstamm eigenthüralichen grauen Massen — die Grosskirnfjanglien — ein. Auch dort finden sie nur ein vorläufiges Ende , indem sich aus den Grosshirnganglien wieder neue Glieder der betreffenden Leitungssysteme entwickeln, welche in das Hemisphärenraark eintreten und zur Hirnrinde gelangen. Die Grosshirnganglien , d. i. die Ganglien des Streifenhiigels — Linsenkern (nucleus lentiformis) und Schweif kern (nucleus caudatus) — Ganglien des Streifenhügels. — Schweitliern. 255 und die Sehhihjel (Thalamus opticus) bilden nebst den in der Tiefe der Fossa Sylvii verborgenen Inselwindungen (Insula Reilii), welche entwicklungsgeschichtlich diesem Abschnitte angehören, die Hauptmasse des Grosshirnstammes. Dieser besteht somit grossen Theils aus grauer Substanz, an deren topographische Verhältnisse hier in aller Kürze erinnert werden soll. Man stelle sich zu diesem Zwecke den mit den anhängenden Grosshirn- schenkeln versehenen Stammtheil ans der ihn überdachenden Hemisphäre ausgeschält vor. Dies geschehe derart, dass man ein Messer an einer Stelle der -vorderen Be- grenzung der Insel einstösst und die Spitze des Messers dann über dem Dache des Seitenventrikels bis zu der oberen Fläche des Balkens hindurchführt und einerseits längs der Begrenzung der Insel, andererseits im Hemisphärenmark an den Balken sich haltend , den Grosshirnstamm umschneidet. Dadurch erhält man den Gross- hirnstamm und die unmittelbar umgebende weisse Substanz als ein zur Untersuchung durch in verschiedenen Ebenen gelegte Schnitte geeignetes Präparat. Nach Wenücke geschieht die Ausschälung des Stammtheiles am besten derart, dass man mit der Spitze des an gleicher Stelle eingestossenen Messers in das Lumen des Seitenventrikels bis über die Wölbung des Schweifkernes vordringt und dann die Schneide des Messers um die ganze Insel herumführt , während die Spitze des Messers immer entlang der bogenförmigen Krümmung des Schweifkernes sich bewegt. Die laterale Fläche des dann völlig ausgeschälten Hirnstammes wird von den Windungen der Insel . die mediale von den Grosshirnganglien , insoweit sie äusser- lich sichtbar sind, gebildet. Die vordere Fläche und die obere Fläche in ihrem lateralen Abschnitt ist künstlich vom Hemisphärenmark getrennt, die obere Fläche wird in ilu-em medialen Abschnitt von den frei in den Ventrikel sehenden Schweif- kern und Sehhügel gebildet. Die untere Fläche zeigt die graue Himbasis und seitlich die künstliche Trennungsfläche vom Schläfelappen, die hintere endlich das abgetragene Marklager des Hinterhauptlappens, das hintere Ende des Sehhügels und die anhängenden Theile des Mittelhirnes. An solchen, in geeigneter Weise gehärteten Präparaten lassen sich in den drei Dimensionen (frontal, d. h. senkrecht auf eine Linie welche die Spitze des Stirnlappens mit der Spitze des Hinterhaupt- lappens verbindet, horizontal und sagittal) Schnitte anlegen, welche klaren Einblick in die Topographie der grauen und weissen Substanz des Grosshirnstammes gewähren. Man sieht durch Combination der an den verschiedenen Schnitten erzielten Bilder, dass der Linsenkern und der, einen langgestreckten, nach oben convexen Bogen bildende Schiveifkern nur em grosses Gang- lion, den Sfreifenhügel, darstellen, welches von den aus dem Grosshirn- schenkel in das Hemisphärenmark ziehenden Fasermassen durchbrochen wird. Vorne und hinten nemlich fliessen die grauen Massen der beiden Kerne zusammen. Vorne geschieht die Verschmelzung dadurch, dass das angeschwollene vordere Ende des Seh weif kerns — Kopf des Schiceifkernes — sich mit der an der Basis des Gehirnes liegenden Substantia perforata an- 25(3 Schweifkern. — Linsenkern. terior in Yerbindung setzt, die ihrerseits wieder mit dem vorderen Ende des Linsenkernes in Continuität steht ; ausserdem aber finden sich hier noch zahlreiche Brücken grauer Substanz, welche, das zwischen- gelagerte Mark durchbrechend, eine direkte Verbindung der vorderen Enden beider Kerne herstellen. Andererseits fliesst das hintere Ende des Schweifkernes {Schiceif chs Schweifkernes), welches sich nach unten zum Dache des Unterhornes umbiegt und an dessen Spitze als schmaler prominenter Streifen aus- läuft, mit dem Schläfefortsatz des Linsenkernes zusammen. Die freie Ventrikelfiäche des Streifenhügels wird von dem keulen- förmig gestalteten Sc// «'f/fZ'er« gebildet, der deshalb von den französischen Autoren als noyau intravetiiriculaire du corps striee bezeichnet wird. An seiner medialen Kante findet sich bekanntlich die Stria Cornea, mit seiner lateralen Kante erreicht er die seitliche Ecke des Ventrikels und setzt sich hier. Avie Frontalschnitte aus dem üebergangsgebiet zwischen Kopf und Schweif zeigen, mit einem hakenförmigen Fortsatz auch noch in den lateralen Theil des Ventrikel- daches fort. Die bogenförmige Krümmung des Schweifkemes bedingt es, dass er auf gewissen Frontal- vmd Horizontalsclmitten zweimal getroffen erscheinen muss. In der Tiefe des Grosshirnstammes, nach unten und aussen vom Schweifkern liegt die Masse des Linsenhernes , die nirgends im Ven- trikel frei zu Tage tritt und deshalb den Kamen noymi extraventri- culaire du corps striee erhalten hat. Gleichwie der Schweifkern entfaltet der Lüisenkern, welcher beiläufig die Ge- stalt einer dreiseitigen Pyramide besitzt, seine Hauiotmasse nach vorne, und läuft hinten in eine schmale Kante aus. Nach aussen kehrt er eine. etwas concave Fläche, nach innen eine Kante. Durch zwei Blätter weisser Substanz (Marklamellen), welche ihn von innen und oben nach aussen und unten durchsetzen, wird der Linsenkern in drei Theile — Glieder — geschieden, welche von innen nach aussen zu zählen sind. Das dritte äussere Glied ist das Hauptglied (putamen), insofeme als es das grösste ist und nach vorne, hinten und oben die beiden andern überragt. Es wird in den vordersten und hintersten Frontalschnitten, sowie in den obersten Horizontalschnitten allein angetroffen. Die beiden Innenglieder zeichnen sich darch ihre hellere , graue Farbe aus (globus pallidus). Ganz charakteristisch ist die Gestalt der Linsenkem- pyramide in Frontalschnitten, welche alle drei Glieder treffen. Sie lässt sich am besten dem Sector eines Kreises vergleichen, dessen Centrum in der nach iimen gerichteten Kante liegt. Die beiden inneren Glieder ei'scheinen durch einge- schriebene Kreisljogen von kleinereu Radien von dem äusseren und von einander getrennt. Diesen Kreisbogen entsprechen die Marldamellen (laminae medulläres), welche als äussere und innere bezeichnet werden. Von dem hinteren Ende des dritten, äusseren Gliedes erstreckt sich ein aus grauer Sul)stanz bestehender Fortsatz — der ScJääfefortsatz des Linsenkernes nach unten bis an die Decke des Unterhornes und verschmilzt dort, wie oben bemerkt, mit dem Schweif des Schweifkernes. Wichtig ist es nun, einen klaren Einblick in die topographischen Beziehungen der aus dem Mittelhirn nach dem Hemisphärenmark Vom Linsenkern und Schweifkem gebildete Schlinge. — Sehhügol. 257 ziehenden Fasermassen zu den bisher beschriebenen Grosshirnganglien zu gewinnen. Dieses aufsteigende Mark muss, um in die Hemisphäre zu gelangen , an der lateralen Ecke des Seitenventrikels vorbei , denn der Weg direkt nach aussen ist ihm durch die hier lagernde graue Masse des Linsenkernes versperrt. In der lateralen Ecke des Seiten- ventrikels aber, und zwar der ganzen Längenausdehnung derselben entsprechend, liegt der Schweifkern, welcher vorne und hinten mit dem Linsenkern zusammenhängt und desshalb bleibt nur ein Weg, nemlich der zwischen beiden Kernen hindurch, offen. Die beiden Ganglien des Streifenhügels bilden gleichsam eine ScJilinge für den Durchtritt der weissen Massen, welche dabei über den Liusenkern und unter dem Bogen des Schweifkernes, wie unter einem Joche, hinweg ziehen. Dieser Schlinge ist von der medialen Seite der Sehhttgel an- gelagert, derart, dass er mit seinem vorderen Ende den Kopf des Schweifkernes tangirt und mit seiner oberen lateralen Fläche dem Schweife desselben anliegt. Während er so mit dem oberen Antheil (Schweifkernantheil) der beschriebenen Schlinge in Contact tritt, steht er von dem unteren Antheil (^Linsenkernantheil) derselben ab, und da- durch wird der Raum für den Eintritt der Faserung aus dem Mittelhirn geschaffen. Diese steigt demnach erst zwischen Sehhügel und Linsen- kern auf, bevor sie in die Schlinge eintritt. Der SehJiügel, im Allgemeinen eiförmig gestaltet und mit seiner Längsaxe schräg von innen und vorne nach hinten und aussen gestellt, besitzt eine obere Fläche, welche in den Seitenventrikel sieht, von Mark- substanz überzogen und daher weiss erscheint, ein vorderes, sich an den Kopf des Schweifkernes anlegendes Ende (vorderer Höcker, Tuheradum 'interiiis), und ein hinteres Ende, welches als ein querer Wulst den dem Grosshirnstamm zustrebenden Hirnschenkel, die Vierhügelarme imd den inneren Kuiehöcker überlagert. Der von oben allein sichtbare Theil des Wulstes führt den Namen Pulvinar, eine laterale, von oben her nicht sichtbare Vorwölbung desselben ist der äussere Kniehöcker (corpus geni- culatum laterale s. externum). Aus diesem entwickelt sich der Tractus opticus, welcher den Grosshirnschenkel von aussen umkreist und dann an der Hirnbasis mit dem der anderen Seite zum Chiasma convergirt. Der Grosshirnschenkel wird demnach vom Sehhügel und von dessen direkter Fortsetzung, dem äusseren Kniehöcker imd dem Tractus nahezu ringförmig umschlungen. Die beiderseitigen Fulvinaria fassen die Vier- hügel zwischen sich, bilden zum Theil die laterale Wand des Hinter- hornes und enden in der weissen Substanz der Hinterhauptlappen. Die mediale, durchaus graue und nahezu plane Fläche des Seh- hügels ist von der oberen rechtwinklig abgesetzt und ausserdem durch Tolät, Gewebelehre. 2. Aufl. 17 258 Zwischenschicht. — Innere Kapsel. die an dieser Kante angelagerte Stria meduUaris thalami^ welche zur Zirbeldrüse zieht, von ihr geschieden. Die laterale, gegen den Linsen- kern gerichtete Fläche ist nirgends frei. Die unteren, etwas zugeschärften Ränder der Sehhügel erreichen nur vorne die Hirnbasis und fassen da die graue Bodencommissur zwi- schen sich; hinten werden sie von dem unterlagernden Grosshirnschenkel durch eine eigenartige, nach vorne allmälig verschwindende Formation getrennt; welche den Namen ZivischenscJiicht (stratum intermedium, Wernicke) oder Begio siihthalamica (Forel) führt. Wir v;erden in ihr die direkte Fortsetzung der Haube des Mittelhirnes kennen lernen. Fasst man die Markstrasse, welche aus dem Mittelhirn in die Hemisphären führt, jetzt nochmals in's Auge, so ist zu ersehen, dass- sie zuerst zwischen dem Stratum intermedium und dem Tractus opticus, dann zwischen dem ersteren und dem ersten Linsenkerngliede, weiter- hin zwischen dem Thalamus und den oberen Linsenkerngliedern und endlich zwischen Thalamus und Seh weif kern einerseits und Linsenkern andererseits emporführt. Sie führt den Namen der inneren Kapsel (capsula interna), in Rücksicht dessen, dass dem Linsenkern auch von der lateralen Seite eine Schichte weisser Substanz anliegt, welche äussere Kapsel (capsula externa) heisst. Die innere Kapsel wächst von unten nach oben in sagittaler Richtung, indem sie sich gleichsam fächerförmig entfaltet. Dabei be- dingt die in der Horizontalebene dreieckige Gestalt des Linsenkernes eine nur auf Horizontalschnitten zum Ausdruck gelangende wichtige Formveränderung dieser zwischen die Grosshirnganglien eingeschobenen Markleiste. Das Linsenkerndreieck kehrt nemlich seine etwas convexe Basis nach aussen, die beiden Schenkel nach innen, gegen die innere Kapsel. Von diesen sieht der vordere und kürzere gegen den Kopf des Schweifkerns, dessen Längsaxe ihm parallel verläuft, der hintere, längere Schenkel gegen den Sehhügel, dessen Längsaxe mit der des Schweifkernkopfes den gleichen Winkel bildet, wie die beiden Schenkel des Dreiecks mit einander. Zwischen Linsenkern einerseits und Schweif- kern-Sehhügel andererseits aber liegt die innere Kapsel; dieselbe muss daher eine ähnliche winkelige Knickung aufweisen und zerfällt dem- nach in einen zwischen Linsenkern und Schweifkern liegenden vorderen Schenkel^ der kürzer ist, und einen zwischen Linsenkern und Sehhügel liegenden hinteren Schenkel^ der länger ist. Die Umbiegungsstelle heisst Knie der inneren Kapsel (Flechsig). Die Topographie der übrigen dem Grosshirnstamm zugehörenden Theile (Gewölbe, graue Bodencommissur mit den Corpora candicantia, dem Tuber cinereum und dem Chiasma, die Lamina perforata anterior und Lamina cinerea terminalis) sei als bekannt vorausgesetzt. Histologische Structur der Grosshimganglien. 259 Histologische Structur der grauen Massen des Grosshirnstammes. Die Grundlage für den Auf han sämmtlicher Grosshirnganglien und zugleich die Ursache ihrer grauen Farbe ist feinkörnige Neuroglia mit zahlreichen Ganglienzellen. Die Unterschiede in der Intensität dieser grauen Farbe, welche sich allenthalben nachweisen lassen, stammen nur von dem grösseren oder geringeren Gehalt an markhaltigen Fasern her. Der Schveifkeni zeigt am frischen Präparate eine braunrothe Farbe. Seine graue Substanz enthält nach Meynert in gerhiger Zahl grosse multipolare Ganglienzellen, aus welchen äusserst feine Fasern entstehen sollen ; in grossen Mengen hingegen kleine multipolare Gang- lienzellen, und nach Henle auch noch eigenthümliche blasige Gebilde, welche mit ein- oder mehrfachen wandständigen Kernen versehen sind. Von den drei Gliedern des Linsenkernes zeichnet sich das dritte, laterale, schon makroskopisch durch seine dunkelrothgraue Farbe aus, eine Folge seines geringen Gehaltes an markhaltigen Nervenfasern ; die beiden Innenglieder hingegen verdanken ihre helle, gelblichgraue Farbe einer grossen Zahl radiär verlaufender Nervenfasern. Das dritte Glied zeigt dieselbe histologische Structur wie der Schweifkern; die Innen- glieder weisen in sehr spärlichem Zwischengewebe zahlreiche gelb- pigmentirte, multipolare und spindelförmige Ganglienzellen auf. In den beiden Ganglien des Streifenhügels findet man nirgends deutlich gesonderte Anhäufungen von Ganglienzellen, welche die Be- zeichnung von Kernen rechtfertigen würden. Dagegen besteht, wie Wernicke hervorhebt, eine ausgesprochene Aehnlichkeit in der histo- logischen Beschaffenheit des Schweifkernes und dritten Linsenkerngliedes einerseits und der Grosshirnrinde andererseits (vgl. unten). Beide Gang- lien werden von dem compacten Bündel der vorderen Cominissm\ Avelches von dem vorderen Rande der Columnae fornicis bis in das Mark des Schläfelappens zieht, durchbohrt. Der Sehhügel ist an seiner ganzen freiliegenden Oberfläche mit einer Lage weisser Substanz bekleidet — dem Stratum zonale — deren, namentlich an der oberen Fläche deutliche Markstreifen über das Pul- vinar nach dem äusseren Kniehöcker convergiren und in den Tractus opticus treten. Nur an seiner medialen Fläche, welche die Seitenwand des dritten Ventrikels (Fortsetzung des Aquaeductus Sylvii) bildet, ist er ausserdem mit dem centralen Höhlengrau überzogen, welches sich nach unten con- tinuirhch in die graue Substanz des Ventrikelbodens, die graue Boden- commissur, fortsetzt. In dieser grauen Substanz liegen einzelne wichtige 2(50 Histologische Structur des Sehhügels. Gebilde , die hier eine vorläufige Erwähnung , später erst eingehende Beschreibung finden sollen. Im hinteren Drittel findet sich, der medialen Kante des Sehliügels angelagert, eine Ansammlung von kleinen multi- polaren Ganglienzellen, das Ganglion habenulae {Meynert)^ von welchem ein an entsprechenden Schnitten bereits makroskopisch wahrnehmbarer Faserzug nach unten in die Zwischenschicht abgeht — das Meynert' sehe Bündel. Ausserdem steht dieser Kern noch mit der Stria medullär is in Zusammenhang. Hinter dem Ganglion habenulae liegt die hintere (weisse) Conwiis- sur, welche bloss aus transversal verlaufenden markhaltigeu Fasern besteht, im mittleren Drittel die mittlere oder graue Cotnmi^sur (Com- missura mollis) im Bereiche deren die graue Substanz der beiden Seh- hügel zusammenfliesst. In dieser Commissur finden sich einzelne trans- versal verlaufende Nervenfasern und pigmentirte Ganglienzellen. Das vordere Drittel endlich umschliesst mit seiner grauen Substanz das leicht herausschälbare Bündel der Radix columnae fornicis (abstei- gender Gewölbeschenkel), welches vom Corpus candicans zur vorderen Umrandung des Foramen Monroi aufsteigt, ausserdem aber das gleich- falls vom Corpus candicans entstehende und nach aussen und oben in den Thalamus eindringende Vicq d' Azyr' sehe Bündel (aufsteigender Ge- wölbeschenkel). Die laterale Fläche des Sehhügels, welche vorne der inneren Kapsel, liinten (entsprechend dem Pulvinar) dem Hemisphären- mark anliegt, zeichnet sich durch ein Netzwerk grauer Substanz aus, in welches von allen Seiten Fasern einstrahlen. Es heisst die Gitter- schicht — Stratum reticulatum Arnoldi — ; medial schliesst sich dieser eine bereits der Substanz des Sehhügels angehörende Marklamelle an, die Lamina medidlaris externa. Der eigentliche Körper des Sehhügels besteht aus feinkörniger Zwischensubstanz mit zahlreichen Ganglienzellen, welche sich in drei durch zwischengelagerte Marklamellen unvollkommen geschiedene Grup- pen — Kerne — (Burdach) sondern lassen. An Horizontalschuitten durch den obersten Theil des Sehhügels wird eine solche in sagittaler Richtung ziehende Lamelle — Lamina medidlaris interna — sichtbar; durch sie wird der innere von dem äusseren Kern getrennt. Nach vorne zu spaltet sich diese Marklamelle und geht in das Stratum zonale mit zwei Schenkeln über, welche zur scharfen Abo-renzunj; eines vorderen oder oberen Kernes, den sie umfassen, dienen. Der innere Kern steht mit dem centralen Höhlengrau in Zusam- menhang, der äussere, grösste, enthält ausser kleinen Ganglienzellen zahlreiche, der Gitterschicht (inneren Kapsel) entstammende Radiärfasern, der vordere endlich weist grosse, sternförmige Ganglienzellen auf. Das Gebiet des Pulvinar gehört dem äusseren Kerne an und lässt Kidiitiilschiiittrcilio m der Region des l'ulvinav. 2G1 gleichfalls eine deutliche radiäre Streifung sehen, welche zum Opticus- ursprung in Beziehung steht. Als zum Sehhügel gehörig ist hier noch der äussere Kniehöcker anzuschliessen. Dieses herzförmig gestaltete Ganglion besitzt an Durch- schnitten eine dunkelgraue Farbe, ein concentrisch geschichtetes Aus- sehen, und zeigt eine ähnliche radiäre Einstrahlung von Faserbündeln (die dem Tractus opticus entstammen) wie der Thalamus. Seine graue Substanz enthält sehr grosse, multipolare Ganglienzellen. Zum Behufe der Darstellung des Zusammenhanges der einzelnen Theile dos Grosshirnstammes wollen wir auf das oben (S. 255) beschriebene Präparat zurück- greifen. Es sei derart im Räume orientirt, wie es im unversehrten Gehirn steht, wenn die Verbindungslinie zwischeii der Spitze des Stirnlappens und der Spitze des Hinterhauptlappens horizontal liegt. In dieser Lage wird das Präparat durch fron- tale Schnitte in eine Reihe von vier Segmenten zerlegt, welche zur Herstellung der zu beschreibenden Frontalschnittreihen dienen sollen. Die Abgrenzung der Segmente wurde willkürlich nach äusseren oder inneren Merkmalen vorgenommen. Der erste Schnitt trennt die Region des Pulvinar und den Kniehöcker ab , der zweite geht durch das vordere Ende der Zwischenschicht (äusserlich durch das Tuber cinereum markirt, der dritte endlich durch das Kapselknie. Die sich so ergebenden Frontalschnittreilien betreffen somit 1. die Region des Pulvinar und den Kniehöcker; 2. die Region der Zwischenschicht; 3. die Linsenkern-Sehhücjelrefjion (hinterer Schenkel der inneren Kapsel); 4. die Linsenkern-Schweif kernregion (vorderer Schenkel der inneren Kapsel). 1) Frontalschnittreihe in der Region des Pulvinar. Wenn man durch das weisse Marklager des Hinterhauptlappens, von hinten nach vorne vorschreitend. Frontalschnitte legt, so trifft man bald auf das Lumen des Hinterhornes, welches durchaus von einförmiger weisser Substanz umgeben erscheint. Die erste Einlagerung grauer Substanz, welcher man bei weiterem Vorrücken der Schnittreihe begegnet, ist die Umbiegungsstelle des Schweifes des Schweif kerns, der das hintere Ende des Pulvinar lateral umschlingt, um an die äussere Wand des Unterhorns zu treten. Medial von ihm sieht man das weisse Faserbündel des Crus fornicis (hinterer Gewölbeschenkel) denselben Weg nehmen. Xoch einige Schnitte weiter nach vorne erscheint bereits das hintere Ende des Pulvinar an der äusseren Wand des Seitenventrikels, und an der lateralen, in das Hemisphärenmark eingesenkten Seite des ersteren, oben und unten je ein Querschnitt des bereits vor der Um- biegungsstelle, somit doppelt getroffenen Schweifes. Medial von dem oberen Querschnitt des Schweifes, zwischen ihm und dem Pulvinar findet sich der gleichfalls quer getroffene Markstreifen der Stria Cornea und an diese sich anschliessend das Crus fornicis. 262 Sagittales Marklager' des Hinterliauptlappens. — Aeusserer Kniehöcker. Sämmtliche hier genannte Gebilde liegen an der Aussenwand des Seitenventrikels ; die Innenwand desselben (des Hinterhornes) wird nur von der Balkenstrahlnng gebildet, welche eine unter dem Ependym des Ventrikels gelegene Schichte quer verlaufender Fasern darstellt. Die das Pulvinar von der lateralen Seite umgebende Marksubstanz zeigt vornehmlich Querschnitte von Nervenfasern und lässt ausserdem den Eintritt reichlicher markhaltiger Fasern in das Pulvinar wahrnehmen, welche eine radiäre Streifung des letzteren bedingen. Dieses senkrecht zu dem Verlaufe seiner Fasern getroffene Marklager ist der Beginn eines mächtigen, aus dem Sehhügel und dem hinteren Theil der inneren Kapsel stammenden Faserzuges, welcher in die Rinde des Hinterhaupt- lappens ausstrahlt. Da dies in sagittaler Richtung geschieht, erhält er den Namen eines sagiüalen Marklagers des Hinterhauptlappens (Wernicke) und da seine Fasern das cerebralwärts gelegene Glied des Leitungssystemes des Opticus darstellen, heissen diese auch Sehstrahlungen. Weiter hinten liegen sie in der äusseren Wand des Hinterhornes , von diesem nur durch eine Schichte von Balkenfasern, das Tapetum, getrennt. Geht man in der Betrachtung der Schnittreihe weiter , so treten bald die beiden Kniehöcker in Erscheinung und mit ihnen der Ursprung des Tractus opticus. Das Pulvinar erscheint voluminöser, indem es nach der medialen Seite an Umfang gewonnen hat; ihm lagert an bekannter Stelle der obere Querschnitt des Schweifes an. Lateral vom Pulvinar sieht man das hintere Ende des dritten Linsenkerngliedes, meist aus zerstreuten, unregelmässig geformten Herden grauer Substanz bestehend. Zwischen beiden endlich findet sich ein Lager weisser Substanz mit zahlreichen Faserquerschnitten; es ist das hintere Ende der inneren Kapsel mit seinen in das Marklager des Hinterhaupt- und Schläfelappens um- biegenden Faserzügen. Zahlreiche Fasern treten auch aus der inneren Kapsel in das Pulvinar und erscheinen, an den Schnitten in der Längsrichtung ge- troffen ; sie bedingen die radiäre Streifung des letzteren. Medial von dem unteren Ende der inneren Kapsel, unterhall) des Pidvinar und, wenn es gelang, den noch ausser Zusammenhang mit dem Grosshirnstamm befindlichen Grosshirnschenkel mit in die Schnitte zu bekommen, lateral von diesem, tritt in der Schnittreihe nach und nach der Ursprung des Tractus opticus auf. Man sieht diesen Nerven- strang sich aus der Markkapsel eines herzförmigen Ganglion entwickeln, welches aus resfelmässig sfeschichteter grauer und weisser Substanz be- steht. Dieses Ganglion ist der äussere Kniehöcker. Nach innen und oben von diesem findet sich der Durchschnitt Anschluss des Mittelhimes an den Grosshimstamm. 263 eines zweiten Ganglion, des imieren Kniehöckers nemlich, dessen schon einmal, bei Beschreibung des Mittelliirnes gedacht worden ist (S. 250). Es erscheint jetzt während seines Anschlusses nn den Sehhügel getroffen. Noch einige Schnitte weiter vorwärts, und der äussere Kniehöcker verschwindet; an seiner Stelle sieht man die Wurzel des Tractus sich dem äusseren Rande des Grosshirnschenkels anlegen. Der innere Knie- höcker hingegen nimmt an Volumen zu und tritt hier erst recht voll in die Erscheinung. Zwischen dem letzteren und dem ihn überlagernden Pulvinar des Sehhügels tritt der ohere Seitenarm der Vierhügel ein, in Gestalt eines an der Eintrittsstelle abgeschnittenen, aus Längs- und Schrägschnitten bestehenden Faserzuges, mit der Verlaufsrichtung von innen und oben nach aussen und unten. Er gelangt so in ein zwischen der inneren Kapsel und dem äusseren Kniehöcker (und der Wurzel des Tractus) einerseits . dem Pulvinar andererseits gelegenes dreieckiges Markfeld {Wernicke) . welches als Sammelpunkt der Opticusfaserung aufzufassen ist. Denn hier münden ausser diesem Faserzuge auch noch Fasern aus dem äusseren Kniehöcker ein, und gehen Fasern in das Pulvinar und die innere Kapsel (weiter in das sagittale Marklager des Hinter- hauptlappens) ab. Um die Beschreibung der Frontalschnitte aus dieser Region zu vervollständigen, sei noch erAvähnt, dass lateral von dem Ursprung des Tractus und von dem äusseren Kniehöcker sich der untere Querschnitt des Schweifes, und weiterhin lateral von diesem das hintere Ende des dritten Linsenkerngliedes vorfindet. Nach aussen vom Linsenkern sieht man dann das schmale Marklager der äusseren Kapsel^ an welches sich das graue Band des Claustrum (Vormauer) und endlich, den lateralen Rand der Schnitte bildend, die Inselrinde mit der unterliegenden weissen Substanz anschliesst. Auch der Beziehungen des Mittelhirnes zu der beschriebenen Region des Grosshirnstammes möge noch in Kürze gedacht sein. Sie lassen sich dahin zusammenfassen, dass Mittelhirn und Grosshirn im Bereiche dieser Region nur an drei Stellen durch relativ unbedeutende Faser- züge verbunden erscheinen; der eigentliche Uebergang des einen Theiles in den anderen findet erst in der nächst vorderen Region statt. Diese Faserzüge sind drei an der Zahl. Zwei, welche bereits beschrieben wurden, sind durch den in den unteren Seitenarm der Vier- hügel eingelagerten inneren Kniehöcker und durch den oberen Seiten- arm der Vierhügel gegeben. Ein dritter, sehr unbedeutender Faser- zug tritt aus dem lateralen Theile des Grosshirnschenkels, während dieser dem äusseren Kniehöcker angelao^ert ist. und schliesst sich dem Tractus opticus an. Das Nähere über die Bedeutung dieses Faserzuges folgt 264 Ursprung des Opticus. Tractus und Chiasma n. opt. im nächsten Abschnitt, welcher eine übersichtliche Darstellung des Opticusursprnnges enthält. Ursprung des Opticus. Tractus und Chiasma. Die gröbere anatomische und die histologische Untersuchung des Opticusursprunges , sowie des Faserverlaufes im Tractus opticus und im Chiasma gibt folgendes Resultat: Von der Retina gelangen die Sehnervenfasern auf dem Wege des Nervus opticus zum Chiasma, wo sie mit denen der anderen Seite zu- sammentreffen. Hier lassen sich bei Untersuchung des Chiasma an Horizontalschnitten zahlreiche Kreuzungsbilder nachweisen, d. h. Fasern des einen Sehnerven gelangen in den Tractus der entgegengesetzten Seite ; ausserdem aber kann man bei genauer Untersuchung von Schnittserien namentlich leicht in der oberen Hälfte des Chiasma (Giidden) seitliche , ungekreuzte Bündel , d. h. solche , welche aus dem Sehnerven in den Tractus derselben Seite gelangen, nachweisen. Ueber die sonstigen Beziehungen der gekreuzten und ungekreuzten Bündel gibt diese Methode keinen Aufschluss. Auf dem Wege des die Grrosshirnschenkel umschlingenden Tractus gelangen die Sehnervenfasern dann zu der Austrittstelle des letzteren, wo er sich in zwei Wurzeln^ eine äussere und eine innere theilt. Während der Tractus den Hirnschenkel umzieht, gesellt sich ihm vor- übergehend ein aus breiteren Fasern bestehendes , daher leicht unter- scheidbares Bündel bei. Es führt den Namen MeijnerVsche Commissur. Seine Bedeutung ist unbekannt, nur so viel ist sicher, dass es ausser den nachbarlichen keine Beziehungen zum Tractus hat. Die äussere Wurzel des Tractus, welche die bedeutend stärkere ist, besitzt drei (vorläufige) Endstationen: den äusseren Kniehöcker. dessen Markkapsel sie bildet, und mit dessen Ganglienzellen sie in Be- ziehung tritt, dann die oberen Vierhügel^ zu welchen sie, zwischen den beiden Kniehöckern hindurchtretend, auf dem Wege des oberen Seiten- armes gelangt, endlich das Pulvinar des Sehliiigels ^ in dessen Stratum zonale Fasern sowohl direkt aus dem Tractus, als auch aus der Mark- kapsel des äusseren Kniehöckers, eintreten. Dieser letztere verhält sich somit wie ein eingeschobenes Ganglion (Spinalganglion). In den genannten drei Ansammlungen grauer Substanz treten die Opticusfasern der äusseren Wurzel wahrscheinlich mit den dort vor- findlichen Ganglienzellen in Verbindung, welche Annahme die Bezeich- nung derselben als Kerne des Opticus gestattet. Ob sämmtliche Opticus- fasern den äusseren Kniehöcker passiren, bevor sie in die weiteren Kerne (Thalamus, Vierhügel) treten, ist nicht zu entscheiden. (iekreiiztes uiul uugekrouztes Bündel des Opticus. 205 Die innere Wurzel des Tractns geht direkt zum inneren Knic- höcJi-er, in welchem ein Theil ihrer Fasern wahrscheinlich an Ganglien- zellen tritt (und nach SHIUikj von da noch in den oberen Vierhügel gelangt); ein grösserer Theil jedoch zieht weiter durch den unteren Seitenarm zum unteren Vierhügel, wo er sich verliert. Es erscheint demnach auch der innere Kniehöcker gleichsam als ein in die Opticus- wurzel eingeschobenes Ganglion. Das centrale Glied des optischen Leitungssystemes nimmt nach- weisbar aus den Radiärfasern des hinteren Thalamusendes , aus dem äusseren Kniehöcker und oberen Seitenarm des Vierhügels seinen Ur- sprung und wird durch das sagittale Marklager des Hinterhauptlappens repräsentirt , welches in die Rinde dieses Gehirntheiles ausstrahlt. So wertlivoli nun die Aufschlüsse, welche die einfache histologische Methode ül:)er den Ursprung und Verlauf der Sehnervenfasern gibt, an und für sich auch sind , so fehlt ihnen doch die nothwendige Vollständigkeit und Sicherheit. Sie erhalten diese erst durch die gleichzeitige Verwerthang pathologisch-anatomischer, noch mehr aber experimentell-anatomischer Untersuchungsresultate, die wir vor Allem V. Gudden zu danken haben. Diese neueren Untersuchungen haben sämmtlich ihren Ausgang von der Ijeiui Menschen und bei Thieren (Affe, Hund, Katze), welche einen Theil des Gesichtsfelde? beider Augen gemeinsam haben, gleich sicher nachweisbaren Thatsache genommen, dass nach Zerstörung eines Tractus opticus nicht Blindheit des gekreuzten Auges, sondern Ausfall der dem verletzten Tractus ungleichnamigen Gesichtsfeldhälften beider Augen (homonyme bilaterale Hemianopsie) sich herausstellt. Bei Läsion des linken Tractus besteht Defect der rechten Gesichtsfeldhälften, oder, was das Gleiche be- deutet, es fehlt die Funktion der linken Netzhauthälften, bei Läsion des rechten Tractus die der rechten. Aus dieser Thatsache aber folgt mit Nothwendigkeit die Annahme einer PnrticdK-reuzmuj der Sehnervenfasern im Chiasma, insoferne als aus jedem N. opticus Fasern in beide Tractus gelangen müssen. Die Beobachtung der Gesichtsfelddefecte an Mensch und Thier ergibt ferner auch schon, dass das im gleichseitigen Tractus centralwärts verlaufende, ungekreuzte Opticusbündel kleiner sein muss, als das gekreuzte. Bei Untersuchung des Chiasma und Tractus von Menschen mit lang be- stehender einseitiger Bulbusatrophie und in Folge dessen eingetretener Atrophie des diesem Bulbus zugehörigen Sehnerven gelingt in der That der Nachweis einer auf beide Tractus, allerdings in viel stärkerem Maasse auf den gekreuzten, sich fortsetzenden Atrophie. An dem gela-euzten Tractus lässt sich ein intactes Bündel, das ungekreuzte Bündel der anderen Seite, nachweisen. Ebenso konnte v. Gudde», wenn er bei neugebornen Thieren den einen Bulbus zerstörte, später völlige Atrophie des betreffenden Opticus , ausserdem aber partielle Atrophie beider Tractus , und zwar des gekreuzten in stärkerem Maasse, nachweisen. Es gibt somit ein anatomisch darstellbares r/eJireuztes und ein kleineres nnr/ekreuztes Bündel in jedem Tractus. Wenn man am neugebornen Tliiere den einen Bulbus exstirpirt und gleichzeitig den Tractus derselben Seite durchschneidet, so atro- phirt das gekreuzte und ungekreuzte Bündel auf der verletzten Seite. 266 Primäre Centren des Opticus. — Commissura cerebri inferior. auf der entgegengesetzten jedocli nur das gekreuzte, so dass es spä- ter an dem erwachsenen Thiere gelingt (Gudden), den Verlauf des uno-ekreuzten Bündels zu sehen. Es verläuft in den oberen Theilen des Tractus, überschreitet beim Eintritt in das Chiasnia das gekreuzte Bündel des anderen Tractus und legt sich im Opticus an dessen me- diale Seite an. Durch die Thatsache der mit der Tractusläsion ungleichnamigen Hemianopsie, sowie auf Grund von Untersuchungen der nach der Tractus- durchschneidung eintretenden Netzhautdegeneration, steht es ferner- hin fest, dass das ungekreuzte Bündel sich nur in der äusseren (tempo- ralen) Netzhauthälfte ausbreitet, und einen, wie es scheint, nach der Thiergattung verschieden grossen Theil derselben versorgt. Die beiden medialen Netzhauthälften gehören dem Ausbreitungsgebiet der gekreuzten Bündel an, und zwar beim Menschen bis zu einer durch die Macula lutea gezogenen Verticalen. Die Fortsetzung der Gudden'schen Versuche hat noch weitere sehr wichtige , die centrale Endigimg der Opticusfasern betreffende Thatsachen zu Tage gefördert. Nach beiderseitiger Bulbusexstirpation entwickelt sich eine aus- gesprochene Atrophie des äusseren Kniehöckers ^ des Pulvinar und des oberen Vierhügels (nach Tartuferi und Ganser atrophirt hier nahezu ausschliesslich die oberflächliche Faserschicht) ; der innere Kniehöcker hingegen und der untere Vierhügel bleiben völlig unversehrt, woraus zu erschliessen ist, dass nur die erstgenannten zu den primären Opticus- centren gehören, d. h. vorläufige Endstationen der optischen Fasern .sind, die letztgenannten jedoch mit dem Sehorgan direkt nichts zu schaffen haben. Innerer Kniehöcker und unterer Vierhügel aber stellen, wie oben gezeigt wurde, vom anatomischen Standpunkte aus gleichfalls Endpunkte von Tractusfasern und zwar der inneren Wurzel desselben dar, was insolange einen Widerspruch involvirte, bis v. Gudden eine ausreichende Erklärung dafür fand. Der genannte Forscher entdeckte nemlich einen Faserzug, welcher die beiden Tractus nur Ijis zum Chiasma begleitet, dort nicht eintritt, sondern zu einer wahren Commissur des beiderseitigen Grosshimstammes zusammenfliesst. Dieser Faserzug wird als direkte Fortsetzung der inneren Wurzel des Tractus angesehen und hat von Gudden den Namen Commissura cerebri inferior erhalten. Nach ein- oder beider- seitiger PJnucleation der Bulbi tritt diese Commissur deutlich hervor (Fig. 71 c. i.), und ist bei Thieren mit verkümmertem Sehorgan (Maulwurf, Blindmaus) der einzige wohl entwickelte Theil des sonst ganz unscheinbaren Tractus, woraus sich noch überzeugender die Unabhängigkeit dieses Faserzuges von dem Sehorgan ergibt. Wird die Commissura inferior an einer Stelle durchschnitten, so atrophirt sie als wahre Commissur nach beiden Seiten und man besitzt demnach in dieser Durchschneidung, weim sie mit beiderseitiger Bulbusexstirpation combinirt wird, ein Mittel, um sämmtliche bisher genannten Bestandtheile des Tractus zur Atrophie Tractus peduncularis trunsversus. — Centraler Verlauf der Opticusfaserunj^. 267 zu bringen. Ist dies geschehen, dann bleibt nach v. Gudden nocli inniu'r 1) das oben genannte dem Tractus nur anliegende Bündel der Meynert' lachen Connnissur, 2) der gleichfalls schon beschriebene Faserzug zurück, welcher vom lateralen Rande des Grosshirnschenkels sich dem Tractus opticus anschliesst. im Grosshini- schenkel nimmt er einen aufsteigenden Vei-lauf und wird desshalb als direkter Hemisphärenursprung des Tractus aufgefasst. Er hat den Namen Ilemis2)hüren- hiindel des Tractus erhalten. Als letztes in gewissen Beziehungen zum Sehorgan, wenn auch nicht zum Tractus opticus , stehendes Gebilde bleibt noch ein gleichfalls von Gudden nach- gewiesener, beim Menschen allerdings nur ausnahmsweise äusserlich sichtbarer, am Thiergehirn aber immer deutlicher Faserstrang zu erwähnen , der Tractus pedun- cularis transversus (Fig. 71 tr. p.). Er tritt als weisses Bündel am oberen Ende des oberen Vierhügels zu Tage, schlägt sich dann lateral um den Hirnschenkel iierum und verschwindet am medialen Rande in der Substanz desselben, wo er nach innen von der Substantia nigra auf- wärts zieht und unbekannt wo endet. ^^n- '1- Auch sein Verhalten zum oberen Vierhügel ist völlig unbekannt. Die Versuchsresultate Gudden's geben nur ganz unbestimmte Anhaltspunkte über die Beziehungen des Tractus peduncularis transversus zum Sehorgan. Nach Exstirpation des Bulbus bleibt er an der gekreuzten Seite bedeu- tend in der Entwicklung zurück; bei oberflächlicher Abtragung der oberen Vierhügel erleidet er keine Veränderung, utrophirt hingegen bei Abtragung der hinteren Theile des Sehhügels. Ueber den Verlauf des op- tischen Leitungssystemes von den primären Centren zur Grosshirn- rinde gibt die experimentell-ana- tomische Methode vorläufig keinen Aufschluss. Vulpian und Munk machen allerdings die Angabe, dass sie nach Exstirpation des Bulbus eine leichte Atrophie des gekreuzten Hinterhauptlappens beobachtet hätten; v. Gudden und Fürstner jedoch erhielten nur negative Resultate, es gelang ihnen niemals, eine Differenz zu Ungunsten der gekreuzten Grosshirnhemisphäre nachzuweisen. Als Grundlage der berechtigten Anschauung von der Endigung der aus den primären Opticuscentren in das Hemisphärenmark tretenden Faserung in der Rinde des Hinterhauptlappens können denmach vorläufig nur pathologische Beob- achtungen am Menschen und das physiologische Thierexperiment dienen. Beide liefern den Nachweis, dass nach ausgedehnten Zerstörungen der Rinde oder des Marklagers des Hinterhauptlappens sich ungleichnamige Hemianopsie gerade so herausstellt, wie nach Läsion des zugehörigen Tractus ; sie können somit den bisher nicht sicher gelieferten experimentell-anatomischen Befund ersetzen. KaninchengehifH. Entfernung des rechtsseitigen Bulbus oculi. Hirn von unten gesehen. Copie nach ('. Gudden. o.d. Opticus dexter. o.s. Opticus sinister. c.i. Commissura inferior. P. Grosshirnschenkel, ct. Corpus trapezoides c.g. Kniehöcker, tr.p. Tractus peduncularis transversus dexter. 208 FrontaLschnittreihe in der Region der Zwischenschicht. 2) Frontalschiiittreihe in der Region der Zwischenschicht. In diese Region fällt der Uebergang des Grosshirnschenkels in die innere Kapsel, die Umwandlung der Haube des Mittelhirns in die Zwischenschicht (regio snbthalamica) und der Uebergang der letzteren in die anderen Tbeile des Grosshirnstammes. Die Beschreibung der Schnittreibe muss desshalb ihren Ausgang von dem oberen Ende des Mittelhirnes nehmen, dessen einzelne, uns bereits bekannte Bestand- theile hier, wegen der geänderten Schnittebene, in etwas veränderter Gestalt, namentlich aber in anderem Zusammenhange mit den lateral- wärts gelegenen Theilen erscheinen werden. An Schnitten, Avelche durch das vordere Ende der oberen Vier- hügel in der Frontalebene gelegt sind, trifft man den Aquäductus Sylvii bereits sehr weit, und nur lateral sowie unten von centralem Höhlen- grau umgeben; oben wird er von einer Lage in der Medianlinie sich kreuzender Fasern geschlossen. Diese Fasern stammen aus dem Mark- überzug der oberen Vierhügel und stehen wahrscheinlich durch die oberen Seitenarme derselben zu den Tractus optici in Beziehung. Im centralen Höhlengrau finden sich die vorderen Enden der Oculomotoriuskerne, und unterhalb, zu beiden Seiten der Raphe, die mit ihrer Längsaxe noch stärker geneigten flügeiförmigen Felder der hinteren Längsbündel. Weiter sieht man zu beiden Seiten der Raphe die flachen Bogen der Oculomotoriuswurzeln. Der laterale Rand des oberen Vierhügels erscheint jetzt nicht mehr frei wie vorher, sondern ist mit dem Pulvinar verschmolzen, von ihm durch eine seichte Einkerbung unterscheidbar, welche der Eintritts- stelle des oberen Seitenarmes (s. oben S. 263) entspricht. Einige Schnitte weiter nach vorne erscheint über dem Aquäductus die im Längsschnitt getroffene hintere Commissur, welche erst später beschrieben werden soll. Bald folgt dann die Eröffnung des dritten Ventrikels, und sobald dies geschehen ist, findet die dem Grosshirn eigenthümliche durchgreifende Trennung des Centralorganes in zwei symmetrische Hälften an den Schnitten ihren Ausdruck. An den Zusammen- hang mit der anderen Hälfte erinneren nur eine künstliche Trennungs- fläche im Balken und eine ebensolche in der grauen Bodencommissur. Der Sehhügel (Fig. 72, S. 272) bildet mit den eben genannten Trennungs- flilchen den medialen Rand, und vom Balken überlagert den medialen Theil des oberen Randes der Schnitte. Zwischen ihm und dem Balken findet sich an letzterer Stelle das Lumen des Seitenventrikels und der Querschnitt des Gewölbes. Der laterale Theil dos oberen Randes wird durch die Trennungsfläche des Hemisphärenmarkes gebildet, in welcher sich, der seitlichen Ecke des Seitenventrikels entsprechend, der Durchschnitt des Schweifkerns vorfindet. Vordere Commissur. — Corpus candicans s. maiumillare. 269 Lateral werden die .Schnitte von der Jnselrinde, unten von einer Reihe von Gebilden begrenzt, welche von innen nach aussen aufgezählt folgende sind: der lang- sam in die innere Kapsel sich einschiebende Grosshinischenkel, der Querscluiitt des Tractus opticus, welcher successive, wegen seines nach innen gegen das Chiasma gerichteten Verlaufes mehr und mehr schräg getroffen wird, dann das Dach des Unter- hornes mit dem eingelagerten unteren Durchsclmitt des Schweifes des Schweifkernes, endlich die schmale Trennungsfläche des Hemisphärenmarkes vom Scliläfelappen. Das Verhalten der einzelnen im inneren Bereiche der Schnitte dieser Reihe vorhandenen Theile ist folgendes: Der Sehhii(jel nimmt langsam an Umfang zu mid lässt immer deutlicher die meist mehrfachen Laminae medulläres internae und die Lamina medullaris externa mit der Gitterschicht wahrnehmen. Ausser- dem wird in den vordersten Schnitten eine gegen die innere Kapsel gerichtete Radiärstreifung durch markhaltige Fasern deutlich. Der Linsenkern, welcher in den hintersten Schnitten nur durch sein drittes Glied vertreten erscheint, entwickelt nach und nach an seiner medialen Seite das zweite und erste Glied. Er gewinnt so seine charakteristische Gestalt und begrenzt die innere Kapsel an der lateralen Seite, so wie sie der Sehhügel an der medialen begrenzt. Im Bereiche dieser Schnittreihe findet sich ferner die hintere Verschmelzungsstelle des SchAveifkernes mit dem Linsenkern. Man sieht, wie die Basis des Linsenkernes einen Fortsatz grauer Substanz erhält, welcher conti- nuirlich in die von der grauen Bodencommissur stammende, an der Basis des Grosshirnstammes sich ausbreitende graue Substanz übergeht. Mit dieser aber vereinigt sich gleichzeitig das Ende des Schweifes und das Claustrum, so dass die sämmtlichen grauen Massen hier thatsäch- lich in Verbindung treten. In diese graue Substanz eingelagert, und zwar immer unterhalb der Stelle, wo das dritte und zweite Linsenkernglied zusammenstossen, findet sich der rundliche Durchschnitt eines compacten Nervenfaser- stranges, der überaus deutlich hervorzutreten pflegt. Es ist das hintere Ende der vorderen Coinniissur (Fig. 72 v. c.) , die von hier aus in das Mark der Schläfelappen ausstrahlt und uns bis an das vordere Ende des Grosshirnstammes begleiten wird. In der grauen Bodencommissur, welche als Fortsetzung der Raphe und der diese umgebenden grauen Substanz aus dem Mittelhirn in den Boden des dritten Ventrikels zu betrachten ist, tritt hier, schon äusser- licli sichtbar, das Corpus candicans s. mammillare (Fig. 72 B., c. c.) auf. Dieses durch eine eigene Markkapsel nach allen Seiten scharf abge- grenzte Ganglion wird auch in seinem Inneren von zahlreichen Nerven- faserzügen durchsetzt, und sieht in Folge dessen nahezu weiss aus. Am Durchschnitt des Ganglion lassen sich nach v. Gudden in dieser weissen Masse Ganglienzellen, und zwar in zwei Gruppen gesammelt 270 Vicq d'Azyr'sches Bündel. — Wurzel des CTewölbes. — Pedunculus corp. mamm. nachweisen, deren Deutung und Abgrenzung übrigens nur auf ver- gleichend-anatomischem Wege — namentlich durch Vergleich mit dem Kaninchengehirn , wo die beiden Gruppen scharf gesondert sind — gelingt. Man unterscheidet darnach in diesem Ganglion ein laterales, aus grösseren Ganglienzellen zusammengesetztes und ein mediales Zellenlager. Die das Corpus candicans überziehenden und durchsetzenden, dicken markhaltigen Nervenfasern treten von drei Seiten an das Ganglion heran, und zwar 1. von oben und vorne das Vicq d' Azyr'' sehe Bündel, 2. von vorne die Wurzel des Geivölhes (radix columnae fornicis), 3. von hinten der Pedunculus corporis mammillaris. Das Vicq cV Azyr' sehe Bündel (Fig. 72 B., V. Az.) — aufsteigen- der Gewölbeschenkel, Meynert — entspringt an der medialen Seite des Ganglions aus dessen Markkapsel und verläuft als ein compacter Strang durch das centrale Höhlengrau nach oben. Es wird desshalb eine Strecke lang im Längsschnitt sichtbar. Dann ändert es seine Verlaufsrichtung und zieht direkt nach vorne, wesshalb es an den vorderen Frontalschnit- ten dieser Region des Grosshirnstammes, dann wieder im Querschnitt erscheint. Das Bündel endet, wie später gezeigt wird, in dem vorderen Kern des Sehhügels , und steht andererseits , nach v. Gudden, nur zu dem medialen Zellenlager des Ganglions in Beziehung. Die Wurzel des Gewölbes — absteigender Gewölbeschenkel, Mey- nert — ■ erscheint in den vordersten Frontalschnitten dieser Region, so- bald das Corpus candicans verschwindet, als dessen direkte Fortsetzung an gleicher Stelle im centralen Höhlengrau und setzt sich dann in die Säulen des Gewölbes (columnae fornicis) fort. Auf Grund anatomischer und histologischer Untersuchungen wurde seit Meynert die Anschauung festgehalten, dass die beiden bisher genannten aus dem Corpus candicans entstehenden Faserbündel in Continuität stehen und somit beide dem Gewölbe angehören. Daher stammt auch die ältere Benennung des Vicq d'Azijr- schen Bündels als aufsteigender Gewölbeschenkel, v. Guddeti hat jedoch auf experi- mentell-anatomischem Wege die Selbständigkeit der beiden Faserzüge erwiesen. Exstirpirt man nemlich bei einem neugebornen Kaninchen die Hauptmasse der Grosshimhemisphäre mit sorgfältiger Schonung des Ammonshomes (wo das hintere Ende des Gewölbes in die Fimbria cornu Ammonis ausläuft), so atrophirt das Vicq d' Azyr' sehe Bündel zum grössten Theile, das Gewölbe und seine Wurzel aber bleiben intact. Mit dem Bündel geht auch das mediale Ganglion des Corpus candicans zu Grunde, das laterale bleibt unversehrt. Wird hingegen bei Schonung der ül^rigen Hemisphäientheile nur das Ammons- hom entfernt (oder nur dessen Fimbria durchtrennt, oder auch {Ganser') das Ge- wölbe selbst im centralen Höhlengrau durchschnitten), so verschwindet die Wurzel des Gewölbes völlig durch Atrophie, das Vicq d'Azyr'sche Bündel aber bleibt unverändert. Der Pedunculus corporis mammillaris ist ein am Kaninchengehirn bereits äusserlich an der Hirnbasis sichtbares, beim Menschen aber in Ganglion habenulae. — Meijnert'sches Bündel. 271 der Tiefe des centralen Höhlengrau verborgenes Nervenfaserbündel, welches sich von hinten in das Ganglion einsenkt und zu dessen late- ralem Zellenlager Beziehungen hat. Nach v. Gudden stammt es aus der Haube des Mittelhirnes, legt sich dann der medialen Seite des Grosshirnschenkels an und vi^ird von den Oculomotoriuswurzeln durch- setzt. Ueber seine Bedeutung ist nichts Sicheres bekannt geworden. Das centrale Höhlengrau enthält noch ein zweites, gleichfalls mit hinzutretenden Nervensträngen ausgestattetes Ganglion, das Gangfioii habenuloe (Fig. 72 A., g. h.). Es tritt in der Frontalschnittreihe aui'. sobald der obere Seitenarm des Vierhügels sich völlig in das Pulvinar eingesenkt hat, und liegt der lateralen Kante des Sehhügels an. Seine etwas hellere Färbung verdankt es einem bedeutenden Gehalt an Faser- querschnitten, zwischen denen nur kleine Häufchen grauer Substanz lieo^en. In das Ganglion habenulae tritt einerseits der von der Zirbel- drüse ausgehende, äusserlich sichtbare feine Zierbeistiel (pedunculus conarii), andererseits aber von unten her ein aus der Zwischenschicht stammender dicker Nervenfaserstrang, das MeynerVsche Bündel (Forel). Dieses nimmt in der Tiefe zwischen dem Sehhügel und dem centralen Höhlengrau seinen Weg (Fig. 72 A,, M. B.). Das Meipiert'sche Bündel tritt anscheinend zum grössten Theile ans dem rothen Kern der Haube; seine Ursprungsfasern aber sind von i^ore^ xmAv.Guddenhia zu einem, allerdings nur bei Thieren deutlich nachweisbaren, in der grauen Bodencommissur gelegenen Ganglion , dem Ganglion interpedunculare verfolgt worden. Nach Exstir- pation des Ganglion habenulae atrophirt das Meijnert'sche Bündel und seine Wurzel aus dem Ganglion interpedunculare. Beim Menschen liegen die dem letztgenannten Ganglion äquivalenten Zellenlager in der Decke des Foramen coecuni anterius. Sobald in der Schnittreihe das Ganglion habenulae verschwindet, tritt an seine Stelle der Durchschnitt der Stria medullaris, in welche ein grosser Theil der austretenden Fasern übergeht; ein anderer Theil gesellt sich sofort der Faserung des Stratum zonale zu. Mit der Beschreibung der im centralen Höhlengrau gelegenen Gebilde sind die schwierigen topographischen Verhältnisse der Frontal- schnitte dieser Reihe wohl soweit klargestellt, dass zur Darstellung des Ueberganges von Grosshirnschenkel und Haube in das Innere des Grosshirnstammes geschritten werden kann. Dieser Uebergang findet im Allgemeinen in folgender Weise statt: Der Grosshirnschenkel schliesst sich mit seinem lateralen Theile dem zwischen Pulvinar und drittem Linsenkerngliede gelegenen (schon bei Beschreibung der früheren Region erwähnten) Markfeld der inneren Kapsel an, und verschmilzt nach und nach mit diesem, wobei er seine charakteristische halbmondförmige Gestalt verliert und von der grauen Substanz des Ventrikelbodens bedeckt wird. Die dem Grosshirnschenkel anlagernde Substantia nigra verliert 272 Zwischenschicht. rasch von der lateralen Seite an Masse und verscliwindet schliesslich völlig; an ihre Stelle (medial und über der Grosshirnschenkelfaserung) tritt eine neue graue Formation, der Luys'sche Körper (L. K. Fig. 72 A. u. B.). Der rothe Kern endlich und das hintere Länc/sbündel bleiben noch eine Strecke lang nachweisbar, verschwinden aber dann durch fortlaufende Faserabgabe gleichfalls. Die Region, innerhalb deren diese, von der Beschreibung des Mittelhirnes wohl noch in Erinnerung ge- bliebenen Haubenbestandtheile solche Veränderungen erleiden, ist die .schon erwähnte Zwischenschicht^ so genannt, weil sie den Uebergang der Haubenfaser iing in den Grosshirnstamm, speciell in die innere Kap- sel, in den Linsenkern und in den Sehhügel vermittelt. J^ Fm. 72. ^. Frontalschnitte durcli die Region der Zwischenschicht (etwas verkleinert). A. Etwa dureli die Mitte, entsprechend dem Ganglion habenulae. B. Durcli das vordere Drittel, entsprechend dem Corpus candicans. B. Balken, f. Gewölbe (fornix). III. II. I. Glieder des Linsenkernes, th. Sehhügel. c. i. In- nere Kapsel, c.e. Aeussere Kapsel, cl. Claustrum. f. S. Fossa Sylvii. n. c. Oberer Durchschnitt des Schweifes des Schweifkernes, n. c' Unterer Durchschnitt desselben. J. Inselrinde, v.c. Vordere Com- missur. o. Tractus opticus, r.k. Eother Kern. g.h. Ganglion habenulae. M.B. Mepnert'sches Bündel. h.K. Lutfi'scJier Körper. L. seh. Linsenkernschlinge. c.c. Corpus candicans. V. Az. Vicq ä'Azyr'sches Bündel, m. Markfeld der Zwischenschicht. Die Bedeutung, welche diesen bisher nur ganz im Allgemeinen dargestellten Veränderungen innewohnt, lässt sich zum Theil wenigstens durch das Studium lückenloser Schnittserien (Forel, Wernicke) und mit Hülfe der entwicklungsgeschichtlichen Methode {Flechsig) ergründen. Untersucht man die Frontalschnittreihe, mit den hintersten Schnitten beginnend, so fallen zuerst mächtige Faserzüge auf, welche aus dem rothen Kern nach aussen zum Sehhügel ziehen und zu dessen Laminae medulläres internae werden. Das gleiche Loos trifft, nach der Anschau- ung einzelner Autoren (Werniclce)^ die Faserung der oberen Schleife^ denn sie lenkt mit allerdings etwas weniger deutlich nachweisbaren Faserzücjen "'leichfalls in den Sehhüj^cel ab und scheint vornehmlich Obere Schleife. — Haubenbündel aus der hinteren Commissur. — Kother Kern. 273 in dessen Lamina medullaris externa einzutreten. Die Anlagerung des liufeisenförmigen Sclileifenfeldes mit seinen breiten Faserquersclmitten an den Sehhügol und an dessen Lamina medullaris externa tritt an ge- wissen Schnitten wenigstens sehr deutlich hervor. Doch ist es nicht ausgeschlossen , dass ein grosser Theil der Schleifenfasern durch die innere Kapsel in den Linsenkern gelangt. Auch jenes Faserbündel, welches früher als ein über (hinter, an Querschnitten) dem rothen Kern gelegenes, undeutlich begrenztes Quer- schnittsfeld erschienen war, verlässt die Haube, und holt sich hier die Berechtigung zur Führung des ihm schon oben (S. 252) verliehenen Namen eines „Haubenbündels aus der hinteren Commissur*' ; seine Fasern verlaufen nach innen und werden über dem Aquaeductus Sylvii zur hin- teren Coinmissur. Dort kreuzen sie sich mit dem gleichen Faserzuge der anderen Seite und können dann bis in den gekreuzten Sehhügel verfolgt werden, in dessen inneren Kern sie nach Meynert einlaufen. Wernicke bezeichnet diese Faserzüge , welche übrigens nicht allein die hintere Commissur bilden, als , gekreuzter Haubenursprung aus dem Sehhügel". Einen zweiten Bestandtheil der hinteren Commissur bildet bekanntlich das untere Markblatt der Zirbel. Weitere Frontalschnitte, an denen das Schleifenfeld bereits ver- schwunden ist, lassen fortwährend starke Faserzüge wahrnehmen, welche vom äusseren und oberen Rand des rothen Kernes in den Sehhügel und jetzt auch in die innere Kapsel treten (Fig. 72 A) (Haubenstrahlung der inneren Kapsel, Flechsig) ; ausserdem aber tritt an der medialen Seite des rothen Kernes das uns schon bekannte Mei/nert' sehe Bündel in Erscheinung und zieht zum Ganglion habenulae. Auf diese Weise wird der rothe Kern nach und nach reducirt, verliert seine charakteristische graue Substanz und wird nach völligem Verluste derselben Bestandtheil eines der unteren Fläche des Sehhüsrels anliegenden, nicht scharf begrenzten Markfeldes (Fig. 72 B., m.). Aus diesem Felde sieht man Faserzüge in die Lamina medullaris externa des Sehhügels und in die innere Kapsel treten: namentlich fällt aber ein starker Faserzug in's Auge, welcher am unteren Rande des Tha- lamus lateralwärts verläuft und die innere Kapsel quer durchsetzend in den Linsenkern gelangt, zu dessen Radiärfasern er vsdrd (Hauben- bündel aus dem Linsenkern, Wernicke). Durch einen Befund von secundärer Degeneration des Bindearmes {Mendel) in Folge einer Läsion im Pulvinar des Sehhügels ist ein weiterer Nachweis über die Endigung eines Theiles der Bindearmfaserung an dieser Stelle erbracht wor- den. Im rechten Bindearm, und zwar vom Corpus dentatum angefangen, fand sich ein secundär degenerirter Strang, welcher sich in den linken weissen Kern und dann am unteren inneren Rande des rothen KeiTies bis m den Sehhügel ver- folgen Hess, wo ein erbsengrosser, alter hämorrhagischer Herd seinen Sitz hatte. Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. Jg 274 Hint. Längsbündel. — Linsenkern^chlinge. — Suhät.mgxa. — Luys' scher Körper^ Läsionen des? Linsenkemes hingegen führen nach Flechsig nicht zu Degene- ration des Bindearnies; die aus dem oben beschriebenen Markfelde in den Linsen- kern ziehenden Faserbündel scheinen demnach mit der Bindearmfasermig nicht in direktem (bloss in indü-ektem, durch Zellen vermitteltem) Zusammenhang zu stehen. Gleich dem rothen Kern verschwindet auch ein zweiter Bestaud- theil der Haube , das hintere Längshiindel im Bereiche der Zwischen- schicht. Ueber die Art seines Verschwindens ist bisher wenig bekannt o-ewordeh. Manche Autoren {Wernicke) nehmen an, dass es durch successive Faserabgabe an die gleich zu erwähnende Linsenkernschlinge (und zwar unter Kreuzung in der Medianlinie) sich erschöpfe ; andere Autoren {Flechsig) halten diese Thatsache nicht für erwiesen. Die Linsenkernschlinge (Fig. 72 A., L. seh.), ein weiterer wichtiger Bestandtheil der Zwischenschicht, entsteht in noch nicht völlig klar- o-elesfter Weise durch das Zusammenfliessen verschiedener Fasermassen und bildet ein undeutlich begrenztes Markfeld über dem medialen Theile des Grosshirnschenkels. Dieses Feld nimmt auch die im Be- reiche des Mittelhirnes, medial vom Fusse, zusammengetretenen Faser- bündel (S. 251) auf. Es geht dann in zahlreiche feine Nervenfaserzüge über, welche nach aussen verlaufen, das laterale Gebiet des Grosshirnschenkels, zum Theil auch die innere Kapsel durchsetzen, und sich an der Basis des Linsenkerns, unterhalb der Innenglieder, zu einer compacten Fasermasse sammeln. Diese letztere tritt in die beiden (inneren und äusseren) Mark- lamellen des Linsenkernes ein. Im Gehirn nahezu reifer Embryonen treten die durchaus mark- haltigen Fasern der Linsenkernschlinge sehr deuthch hervor, und bei solchen lässt sich dann auch der Anschluss einzelner aus der Mark- kapsel des Lugs''schen Körpers stammender Faserzüge an die Linsen- kernschlinge überzeugend nachweisen. Das rasche Verschwinden der Suhstantia nigra beim Uebergang der Haube in die Zwischenschicht erscheint bei näherer Untersuchung als Folge des Austrittes einer grossen Zahl sehr feiner, kaum mark- haltiger Nervenfasern. Sie treten aus der Substantia nigra in den Grosshirnschenkel und feldern dessen medialen Abschnitt in der schon bekannten Weise. Ihre bogenförmig geschwungene Verlaufsrichtung tendirt nach dem Linsenkerne. Sobald die Substantia nigra verschwunden ist, tritt an ihre Stelle in der Zwischenschicht der Luys''sche Körper (Fig. 72 A. u. B., L. K.). Er erscheint als ein auf dem Durchschnitt biconvex gestaltetes Ganglion, welches sich durch einen grossen Markreichthani auszeichnet, und dess- halb am Carminpräparat immer hell aussieht. Der Jjuys^sche Körper ist völlig von weisser Substanz umgeben; oben wird er von dem uns schon bekannten Markfeld und besonders von dem Haubenbündel aus dem I Uebergang des Mittelhirnes in den Grossliiinstunuu. 275 Linsenkern begrenzt, unten besitzt er eine aus längs- und schrägver- laufenden Fasern gebildete Markkapsel. Diese letzteren Fasern verlaufen über der Linsenkernschlinge (welcher sie sich zum Theil anschliessen) lateralwärts, durchsetzen den Grosshirnschenkel und die innere Kapsel und gelangen wahrscheinlich sämmtlich in den Linsenkern. In ihnen lernen wir eine dritte Fasergrnppe kennen, welche das Uebergangs- gebiet zwischen Grosshirnschenkel und innerer Kapsel durchsetzt, um in den Linsen- kem zu gelangen ; die beiden anderen sind : der schon früher erwähnte Faserzug aus dem Markfelde der Zwischenschicht (Haubenbündel aus dem Linsenkern) , und die Linsenkernschlinge. Durch diese querverlaufenden Bündel markhaltiger Fasern erscheint dieser Theil der inneren Kapsel ganz auffallend quer gestreift. Auch durch die Untersuchung der secundären Degeneration wird der massen- hafte Uebertritt von Fasern aus der Haube in den Linsenkern bestätigt. Bei aus- gebreiteten, jedoch auf das letztgenarmte Ganglion beschränkten Läsionen des Grosshimstammes findet sich nemlieh eine beträchtliche Verschmälerung der Haube auf derselben Seite. Ueber den Faserverlauf in der inneren Kapsel selbst geben die Frontalschnitte dieser Region verhältnissmässig wenig Auskunft. Nur der Uebergang der die Radiärstreifung des Sehhügels bedingenden Faserzüge in die Gitterschicht und von da in die innere Kapsel wird an den vordersten Schnitten dieser Reihe deutlich sichtbar. Ein Theil der eingetretenen Thalaniusfasern verbleibt in der inneren Kapsel, ein Theil aber durch- setzt sie, hier gleichfalls eine deutliche Querstreifung bedingend, und gelangt in den Linsenkern. Es ist möglich, dass diese letzteren Faser- züge bloss Fortsetzungen der aus der Zwischenschicht in den Sehhügel eingetretenen Faserbündel darstellen. Uebersicht des Faserverlaufes beim Uebergange des Mittelhirnes in den G r 0 s s h i r n s t a m m. 1. Die Faserung des Grosshirnschenkels geht in die innere Kapsel über, wobei sie von zahlreichen aus der Z^vischenschicht in den Linsenkern ziehenden Faser- bündeln durchflochten wird. Lateral schliesst sich dem Grosshirnschenkel ein vom Tractus opticus kommendes Bündel an und verläuft mit ihm cerebralwärts. 2. Die von gi-auer Substanz durchsetzte Faserung der Bindearme (rothe Kerne der Haube) tritt zum Theil in die Marklamellen des Sehhügels und in die innere Kapsel, zum Theil in den Linsenkern. 3. Die nach Abgang der Vierhügelantheile von der Schleifenschicht zurück- bleibende obere Schleife geht in die äussere Marklamelle des Sehhügels über (viel- leicht auch in den Linsenkern). 4. Das hintere Längsbündel wird Bestandtheil der Zwischenschicht, seine Fasern sind weiter nicht sicher zu verfolgen. 5. Die Längsfasem der Haube, welche sich vorher schon zu einem unvoll- kommen abgegi-enzten Bündel gesammelt hatten, gehen in die hintere Commissur und mit dieser in den gekreuzten Sehhügel (inneren Kern desselben) über. 6. Die Substantia nigra entsendet bis zu ihrer Erschöpfung Faserzüge, welche durch den Grosshimschenkel in den Linsenkern gelangen. 276 Froiitalsclmittreilic in der Linsenkern-Sehhügelregion. Ein gleiches Schicksal erleidet auch der erst in der Zwischenschicht auf- getretene Luys'sche Körper, und endlich ein weiterer Antheil der Haubenfaserung, welcher als Linseukernschlinge in die Marklamellen des Linsenkernes eintritt. Diese Uebergangsfasern aus der Zwischenschicht in den Linsenkern stellen cerebralwärts gelegene Glieder von. Leitungssystemen dar, welche aus der Haube aufgestiegen sind. Die peripheren Glieder derselben sind bisher im Einzelnen nicht bekannt. 3) Frontalschnittreihe in der Linsenkern-Sehhügelregion. Im Bereiclie dieser Region findet der Sehhügel, welcher jetzt nicht mehr der Zwischenschicht, sondern der an der Hirnbasis vorfind- lichen grauen Substanz aufgelagert ist, mit dem Tuberculum anterius sein vorderes Ende; der Linsenkern hingegen bleibt in der ganzen Schnittreihe mit seiner charakteristischen Gestalt und seinen drei Glie- dern nachweisbar. Zwischen beiden liegt, wie vorher, die innere Kapsel, lateral vom Linsenkern die äussere Kapsel, das Claustrum und die Inselrinde. Der mediale Rand der Frontalschnitte wird, wie früher, durch die Trennungs- fläche des Balkens und der grauen Bodencommissur und durch die Imienfläche des Sehhügels geljildet. Die letztere ist zuerst von dem hier stark ausgeprägten Stra- tum zonale (Fig. 73) und dann von dem centralen Höhlengrau überkleidet, das nach imten continuirlich in die graue Bodencommissur übergeht. In dieser ein- creschlossen findet sich an derselben Stelle, wie vorher, das Corpus candicans , der compacte Markstrang der Wurzel des Gewölbes (w. f. Fig. 73). Lateralwärts findet die graue Substanz der Bodencommissur ihre Fortsetzung in einem den medialen Abschnitt des unteren Randes der Schnitte bildenden Lager grauer und weisser Substanz, welches mit dem Ende des Schweifes des Schweifkernes, mit der Basis des Linsenkemes und mit dem Claustrum in Zusammenhang steht. Es führt den Namen Suhstnntia innominata seu ansa peduncularis (Fig. 73 A., s. in.). Den lateralen Theil des unteren Randes bildet die Schnittfiäche, durch welche das Mark des Schläfe- lappens abgetrennt wurde, den äusseren Rand der Schnitte wie immer die Insel, den oberen gleichfalls eine künstliche Trennungsfiäche und der Balken. Letzterer bildet das Dach des Seitenventrikels, dessen Boden von der oberen Sehhügelfläche gebildet wird. Diese ist, wie die mediale Fläche, von einem dicken Stratum zonale überkleidet, imd deutlich abgesetzt von dem die seitliche Ecke des Ventrikels ein- nehmenden, gegen das vordere Ende der Schnittreihe langsam zum Kopftheil an- schwellenden Schweifkern. Im Sehhügel lässt sich bei fortlaufender Durchsicht der Schnitt- reihe der Weg nachweisen, den das Vicq d'Azt/r'sche Bündel (V. Az.) zum vorderen Höcker nimmt; es erscheint mitten in der Substanz des Thalamus erst als Querschnitt, dann geht dieser in Schrägschnitte, endlich in einen Längsschnitt über, welcher nach oben zum vorderen Kern verläuft. Die dort einstrahlenden Fasern tragen zur Abgrenzung dieses Sehhügelkernes wesentlich bei. Der jetzt mehr ovale Durchschnitt der vordem Commissur (v. c.) lässt sich an gleicher Stelle, wie in der vorigen Schnittreihe, nachweisen. Verbindungen des Sehhügels mit dem Hemisphärenmark. 277 Die Beziehungen der grauen Massen zu der sie umgebenden Mark- substanz stellen sich bei Durchsicht der Schnittreihe folgendermassen dar. In den hinteren Ebenen sieht man (S. 275) zahlreiche Radiär- fasern aus dem Sehhügel austreten, Bestandtheil der Gitterschicht werden und dann weiter in die innere Kapsel gelangen. Ehi Theil dieser Fasern zieht mit der inneren Kapsel zweifellos in das Hemi- sphärenraark; ein guter Theil derselben aber durchsetzt die Kapsel, tritt mit deutlichen Zügen (Fig. 73 A.) in das erste Linsenkernglied ein, und gesellt sich der Radiärfaserung desselben bei. Aus dem die mediale Fläche des Sehhügels überkleidenden Stratum zonale geht ferner ein ziemlich auffallender Faserzug hervor, welcher sich, durch zahlreiche Fig. 73. Frontalsclinitte durch die vordere Hälfte des hinteren Schenkels der inneren Kapsel (znm Theil nach Wernicke). A. Entsprechend dem mittleren Drittel des Sehhügels. B. Entsprechend dem vorderen Ende des Sehhügels (am Kapselknie). V. c. Vordere Commissur. w. f. Wurzel des Gewölbes, s.in. Substantia innominata. Y.Az.Vicq d'Azyr'üches Bündel, th. Sehhügel, u. st. Unterer Stiel des Sehhügels, v. st. Büadelquerschnitte des vorderen Stieles des Sehhügels, g. Gitterschicht, v.k. Vorderer Kern des Sehhügels, n.c. Schweif- kern. III. II. I. Glieder des Linsenkernes, cl. Claustrum. o.e. Aeussere Kapsel, c. i. Innere Kapsel. B. Balken, f. Gewölbe. Zuzüge aus dem Innern des Sehhügels verstärkt, an der unteren Kante des Thalamus vorbei , in die unter der Linsenkernbasis gelegene Sub- stantia innominata zieht. Dieser Faserzug ist der innere und untere Stiel des Sehhügels; er soll nach Meijnert in die Rinde der Sylvi'schen Grube gelangen. Es ist dies die zweite Verbindung des Sehhügels mit der Gross- hirnrinde, welche wir nachweisen; die erste war durch das zum Theil aus dem Pulvinar ausstrahlende sagittale Marklager des Hinterhaupt- lappens gegeben, und verdient den Namen eines hinteren Stieles des Sehhügels. Wenn man in der Schnittreihe weiter nach vorne gelangt, werden die stetig aus dem Sehhügel in die innere Kapsel austretenden Faserzüge 278 VerLindungcn des Sehhügels mit dem Hemisphärenmark. — Linsenkem. weniger deutKch nachweisbar. Am vorderen Ende des Thalamus ange- langt, trifft mau dann in der Substanz desselben eine grosse Menge von Bündelquerschnitten, welche sich zu einem vorderen Stiel des Sehhügels sammeln. Diesen kann man an Horizontalschnitten als einen durch die ganze Länge des vorderen Schenkels der inneren Kapsel ziehenden, compacten Faserzug bis in das Mark des Stirnlappens verfolgen. Es lassen sich, der obigen Darstellung zufolge, schon auf rein anatomischem Wege sehr ausgiebige Verbindungen des Sehhügels mit dem Hemisphärenmark (beziehungsweise der Grosshirnrinde) nachweisen. Zu dem gleichen Resultate fuhren auch Untersuchungen mit Hülfe der experimentell-anatomischen Methode. Nachdem früher schon Luys dahin die Aufmerksamkeit gelenkt hatte, dass congenitale Defekte der Grosshirnlappen einen mächtigen Einfluss auf die Grösse des Thalamus ausüben, fand Gudden, dass nach Abtragung der Hemisphären an neugebomen Kaninchen und Hunden der Sehhügel in seiner ganzen Ausdehnmig schwindet, und zwar sammt den Kniehöckem. Die Ganglien des Streifenhügels hingegen bleiben intakt. Nach MonaTcoiv atrophiren bei cii'cmnscripter Exstü-pation der oberflächlichen Schichten des Grosshirns auch nur bestimmte, isolirte Absclinitte (Kerne) des Seh- hügels und die diesen entsprechenden Faserzüge im Hemisphärenmark. Was die Verbindungen betrifft, welche sich zwischen dem Lmsen- hern und der umgebenden weissen Substanz nachweisen lassen, so möge vor Allem darauf hingewiesen werden, dass nach neueren Unter- suchungen von Wernicke aus der gegen die äussere Kapsel gewendeten Fläche des dritten Linsenkerngliedes keine Faserzüge austreten, und dass sich hier auch sonst kein erheblicher Faseraustritt in das Hemi- sphärenmark und die innere Kapsel nachweisen lässt. Diese der älteren MeynerV sehen Lehre von der Verbindung der sämmtlichen Grosshirn- ganglien mit der Hirnrinde gegensätzliche Anschauung findet eine gute Stütze in dem durch v. Gudden gelieferten Nachweis, dass der Linsen- und Schweif kern nach Abtragung der Grosshirnlappen nicht atrophiren. Und auch die Resultate der embryologischen Methode sprechen in dem gleichen Sinne (Flechsig). An Gehirnen von nahezu reifen Früchten kann man nemlich die Ueberzeugung gewinnen, dass das dritte Linsen- kernglied zahlreichen Radiärfasern, die aus den Lmengliedern kommen, zum Endpunkte dient, ohne dass es zugleich ausgiebige Verbindungen mit dem Hemisphärenmark aufweisen würde. Man sieht diese an dem embryonalen Gehirn noch sämmtlich marklosen Fasern an der Kante des dritten Linsenkerngliedes eintreten und die beiden Innenglieder durchsetzen, zum Theil vielleicht auch dort schon endigen. Von diesen Radiärfasern war oben bereits mehrfach die Rede ; sie stammen aus der Zwischenschicht , sowie aus dem Stratum zonale und der Substanz des Sehhügels. Frontalschnittreihc in der Linsenkern-Schweif kemregion. 279 Ausserdem aber nimmt man Faserzüge wahr, welche am Gehirn von nahezu reifen Embryonen bereits markhaltig sind und aus der Linsenkernschlinge in die Laminae medulläres treten. Dort gesellen sich ihnen einzelne Radiärfasern bei, und die Gesammtheit dieser Fasern tritt dann mit den Marklamellen am oberen Rande des Linsenkernes in die innere Kapsel. Von da zieht ein Theil (nach Flechsig) in das Hemi- sphärenmark, ein Theil aber ist, auch noch am ausgewachsenen Organ, mit Sicherheit in den Schweifkern zu verfolgen. Die aus den Laminae medulläres in die innere Kapsel austreten- den Faserzüge sind an Frontalschnitten mitunter sehr deutlich zu sehen (Fig. 73 A.). Aus den geschilderten Faserverbindungen des Linsenkernes ergibt sich eine verschiedene Bedeutung des äusseren und der beiden Innenglieder. Das erstere ■wäre ohne Verbindung mit dem Hemisphärenmark und eine definitive Plndstation für die Hauptmasse der Radiärfasern; die letzteren würden von Fasern durchsetzt, welche zum Theil in das dritte Glied, zum Theil in das Hemisphärenmark und in den Schweifkem ziehen. 4) Froiitalschnittreihe in der Linsenkern-Schweifkernregioii. In diese Region fällt das vordere Ende des Linsenkernes, welcher an den Schnitten erst noch mit drei Gliedern, dann bloss mit zwei und endlich nur mit einem , dem dritten Gliede , vertreten erscheint. Der Schweifkern schwillt hier zum Kopfe an und bildet das vordere Ende des Grosshirnstammes. Das Verhältniss der beiden grauen Massen zu einander ist derart, dass, je weiter nach vorne der Frontalschnitt fällt, der Linsenkern um so kleiner, der Schweifkern um so grösser wird, bis schliesslich der erstere verschwindet und nur der Kopf des Schweifkerns übrig bleibt, welcher dann lateral an das Mark des Stirn- lappens grenzt (Fig. 74 A. B. C). Zwischen den Ganglien des Streifen- hügels liegt der vordere Schenkel der inneren Kapsel, vielfach durch- setzt von Brücken grauer Substanz, welche eine Verbindung der beiden Kerne herstellen. Ausserdem aber verschmilzt sowohl der Schweifkern, als das vordere Ende des Linsenkernes mit der an der Basis des Gehirnes gelegenen Substantia perforata anterior, und dadurch ist eine zweite ausgie- bige Verbindung dieser Ganglien (vordere Verschmelzungsstelle) gegeben. Die topograj)hischen Verhältnisse sind an den Frontalschnitten aus dieser Region so einfache, dass ein Hinweis auf die umstehenden Figuren (Fig. 74) zur Orientirung genügt. An dem Durchschnitt des Schweifkernes bemerkt man eine feine, von der inneren Kapsel ausgehende radiäre Streifung, bedingt durch ein- tretende Nervenfasern, welche nach Wernicke aus den Marklamellen des Linsenkernes und aus den Radiärfasern der beiden Innenglieder stammen 280 Schweifkern. imcl die vorderen Schenkel der inneren Kapsel bloss durchsetzen sollen. Nach Flechsig erweisen sich die in den Schweifkern eintretenden Fasern am Gehirn von 51 Cm. langen, reifen Embryonen noch sämmtlich als marklos, mid sind in Folge dessen in ihrem Verlaufe genauer zu ver- folgen. Dabei gewinnt man die Ansicht, dass nur ein kleinerer Theil dieser Fasern aus dem Globus pallidus des Linsenkernes tritt, die Haupt- masse derselben aber aus der Gegend des Kapselknies im vorderen Schenkel der inneren Kapsel aufsteigt imd in den Schweifkern ein- mündet (vgl. unten S. 286). Die genannten Faserzüge durchflechten den in der Längsaxe des vorderen Schenkels verlaufenden vorderen Sehhügelstiel. Fiff. 74. Frontalschnitte durch den vorderen Schenkel der inneren Kapsel. A. Entsprechend dem hinteren Drittel des Schweifkernkopfes. B. Entsprechend der Mitte. C. Ent- sprechend dem vorderen Ende desselben. III. II. Glieder des Linsenkemes. n. c. Kopf des Schweifkernes. B. Balken, s.p. Septnni pellucidum. v.c. Vordere CommissTU*. c. i. a. Vorderer Schenkel der inneren Kapsel. Gleichwie das dritte Linsenkernglied, -so zeigt auch der Schweif- kern an seiner dem Hemisphärenmark zusehenden Oberfläche keine austretenden Faserzüge {Wernicke). Die convexe, obere und vordere Fläche des Kopfes ist vielmehr mit einem von hinten und aussen nach vorne und innen ziehenden flachen Markstrang bekleidet, welcher ent- sprechend der Mitte des Aussenrandes des Sehhügels aus der inneren Kapsel tritt und um den Kopf und die angrenzenden Theile des Schweifes des Schweifkernes zur vorderen Balkenfaserung zieht. Dadurch erscheint nach Wernicke für den vorderen Theil dieses Ganglions das Vorhanden- sein irgend welcher erheblicher Verbindungen mit dem Hemi.sphären- mark (der Grosshirnrinde) ausgeschlossen, und auch an den hinteren Theilen sind solche nicht nachweisbar. Die oben angeführten Experimente v. Gudden's sprechen in dem- selben Sinne. "Vordere Comniissur. — Untersuch, cl. Grosshii-nstaiumes an Horizontalschnitten. 281 Der Linsenkern zeigt an den hintersten Schnitten dieser Reihe noch deutlich radiäre Streifimg, weiter vorne geht diese völlig verloren. Die vordere Cotnmissiir, ^welche in den hinteren Regionen des Grosshirnstammes, an der Basis des Linsenkernes, zwischen dem dritten und zweiten Gliede , immer als runder Querschnitt eines compacten Markstranges nachweisbar bleibt, biegt hier, bereits in den hintersten Schnittebenen medialwärts um, und erscheint in Folge dessen successive im Schrägschnitt und dann im Längsschnitt. Der Markstrang verläuft unter dem zweiten Linsenkerngliede zur Basis des Septum pellucidum (Fig. 74 A.), wo er in ein rundes Nervenfaserbündel übergeht, welches, quer vor dem Gewölbe verlaufend, mit dem der anderen Seite zu- sammenfliesst. Oben (S. 269) wurde als Entstehungsort des beschriebenen Faser- bündels das Mark des Schläfelappens bezeichnet; es stellt demnach eine die beiden Schläfelappen verbindende Commissur dar. Ausser diesen Verbindungsfasern enthält die vordere Commissur auch noch einen Faserantheil, welcher mit dem Centrum des Geruchsorganes in Verbindung steht. Dieser besteht beim Menschen in einem ganz unscheinbaren Faserbündelchen, das von der vorderen Commissur, kurz bevor sie zu Tage tritt, nach unten ablenkt und sich in die Substantia perforata anterior einsenkt. Erst auf vergleichend anatomischem Wege sind die Beziehungen dieser Fasern zu den Biilbi olfactorn (vgl. unten) aufgedeckt worden. Sie führen den Namen RiecJi- laiipenantlieil der vorderen Commissur, im Gegensatz zuxaHemisphäret^antheü derselben. Mit der Beschreibung der vordersten Region ist die Darstellung des Grosshirnstammes an Frontalschnitten beendet. Wir haben dabei den Faserverlauf in diesem Abschnitte des Centralorganes nur zum Theile kennen gelernt. So war namentlich von dem Faserverlaufe in der inneren Kapsel und besonders von den in ihr enthaltenen Faser- systemen noch nicht die Rede. Die Rechtfertigung dieser, der einheitlichen Darstellung des Faser- verlaufes im Grosshirnstamm etwas abträglichen Unterlassung liegt in dem Umstände, dass es nur durch Untersuchung des Organes an Horizontalschnitten , und dann auch nur mit Zuhülfenahme der entwick- lungsgeschichtlichen Methode gelingt, über diese Verhältnisse Aufschluss zu erlangen, Untersuchung des Grosshirnstammes an Horizontalschnitten. Bei Untersuchung einer Reihe von durch den Grosshirnstamm gelegten Horizontalschnitten muss man sich gegenwärtig halten, dass die drei Glieder des Linsenkernes nur in den unteren Schnitten sämmtlich vorhanden sind. Weiter oben verschwindet zunächst das erste, innerste, dann das zweite Glied, so dass in den obersten Horizontalschnitten sich 282 Horizontalschnitte durch den Grosshirnstainm. mir das dritte, äussere Glied allein nachweisen lässt. Dieses Verhalten der Linsenkernglieder dient zweckmässig zur Bezeichnung der Höhe der zu beschreibenden Horizontalschnitte. Ein Horizontalschnitt durch das basale Drittel des ersten Linsen- kerngliedes trifft die Zwischenschicht und zeigt den in den Grrosshirn- stamm eingetretenen, zur inneren Kapsel gewordenen Grosshirnschenkel in noch annähernd halbmondförmiger Gestalt (Fig. 75 A.). Das blätt- rige Gefüge desselben ist deutlich nachweisbar, nur erscheinen die Fig. 75. A B Horizontalschnitte durch den Grosshirnstamm. A. In der Höhe der Zwischenschicht, entsprechend dem basalen Drittel des ersten LinsenTcernglieäes. B. Entsprechend der Höhe, wo das erste Linseiikernglied bereits verschwunden ist. Die Felder der einzelnen Fasersysteme in der inneren Kapsel sind hier eingezeichnet. (Siehe S. 287.) n. c. Schweifkern. n. c' Hinteres Ende des Schweifkernes. III. II. I. Glieder des Linsenkernes, th. Sehhügel. L.K. Lnys'scher Körper, r.k. Kother Kern der Haube. F. Gewölbe, cl. Claustrum. J. Insel, f. S. Fossa Sylvii. p. Pyramidenbahn, p.' Centrale Bahnen der motorischen Hirnnerven. a. Laterale Bündel aus dem Grosshirnschenkel, cd. Mediale Bündel aus dem Grosshirnschenkel (für den Schweifkern und das Mark des Stirnlappens), e. Faserzüge aus der Zwischenschicht in den Linsenkern, f. Faserzüge aus dem Sehhügel in das Hemisphärenmark. einzelnen Blätter jetzt nahezu frontal gestellt nnd werden durch die aus der Zwischenschicht und namentlich vom Luys' sehen Körper in den Linsenkern ziehenden Faserbündel gebildet. Vorne und lateral ist der inneren Kapsel der dreigliedrige Linsen- kern und zwar nahezu ausschliesslich mit der medialen Kante seines ersten Gliedes angelagert. Die Marklamellen des Linsenkernes sind überaus deutlich zu sehen. Medial liegt der inneren Kapsel der Durchschnitt des Luys'schen Körpers an, hinter welchem sich die übrigen Bestandtheile der Zwischen- schicht, darunter besonders der rothe Kern nachweisen lassen. Horizontalschnitte durch den Gi-osshirnstamm. 283 Der Grosshirnschenkel hat sich bei seiner Umwandlung in die innere Kapsel mit seinem medialen Rande nach vorne gewendet, so dass der hintere Abschnitt der letzteren dem lateralen Abschnitt des ersteren entspricht. Ans den hintersten Antheilen sieht man zahlreiche Faser- bündel nach hinten und oben in das angrenzende Marklager des Hinter- haupt- und Schläfelappens ablenken, wobei sie sich an dem medialen Rande des zweiten und dritten Linsenkerngliedes vorbeischieben und zwischen hinterer Kante des Linsenkernes und dem hinteren Ende des Schweifkernes hindurch treten. (Der Ausdruck für die oben beschrie- bene Schlinge , welche für den Durchtritt der inneren Kapsel vom Linsenkern und Schweifkern gebildet wird. S. 257.) An Schnitten aus etwas höheren Horizontalebenen sieht man die innere Kapsel ihre noch annähernd halbmondförmige Gestalt verKeren und dabei nach vorne hin an Ausdehnung gewinnen. Medial liegt ihr noch das obere Ende des Luys sehen Körpers und ausserdem das Mark- feld der Zwischenschicht an, welches die Ausstrahlungen der Bindearme in den Thalamus und in die innere Kapsel enthält; lateral wird sie jetzt von der inneren Kante des ersten und zweiten Linsenkerngliedes begrenzt. In den hintersten Theilen der Schnitte erscheint der Hori- zontaldurchschnitt des Pulvinar. Horizontalschnitte, welche das obere Ende des ersten Linsenkern- gliedes noch enthalten, zeigen ein weiteres Anwachsen der inneren Kapsel in sagittaler Richtung, ferner auch schon das Kapselknie und den unter einem sehr stumpfen Winkel nach vorne und aussen ab- gehenden vorderen Schenkel derselben. Medial liegt dem hinteren Schenkel seiner ganzen Länge nach der Sehhügel an, lateral die imieren Kanten sämmtlicher drei Linsenkernglieder ; das Kapselknie entspricht dem ersten Gliede. Der vordere Schenkel der inneren Kapsel wird medial vom Schweifkern begrenzt. Am Sehhügel sind die Marklamellen, besonders die Lamina me- duUaris externa mit der Gitterschicht sehr deutlich ausgesprochen. An noch höheren Schnitten, welche nur mehr das zweite und dritte Linsenkernglied enthalten, ist die charakteristische Bildung des Kapsel- kniees am besten zu sehen (Fig. 75 B.). Der hintere Schenkel der in- neren Kapsel erscheint zwischen dem Sehhügel und der imieren Kante der beiden Linsenkernglieder eingeschlossen, das Knie zwischen der medialen Kante des zweiten Gliedes und dem vorderen Ende des Tha- lamus. Der vordere, unter einem nahezu rechten Winkel nach aussen abgehende Schenkel endlich ist zwischen dem Schweifkern und dem Linsenkern o-elegen. Am vorderen sowohl als am hinteren Ende der inneren Kapsel sieht man die Faserung derselben in das Hemisphärenmark eintreten. 284 Horizontalschnitte durch den Grosshirnstamm. An ersterer Stelle erfolgt dieser Eintritt zwischen dem Kopf des Schweif- kernes und dem Linsenkern, an letzterer Stelle zwischen diesem und dem Schweif des Schweifkernes. Im vorderen Schenkel der inneren Kapsel lassen sich die längsverlaufenden Faserzüge des vorderen Seh- hüa:elstieles nachweisen. Die äussere Marklamelle des Linsenkernes tritt sehr deutlich hervor und trennt scharf das zweite vom dritten Gliede. In Horizontalebenen endlich, welche nur noch das dritte Linsen- kernglied enthalten, erscheint der Winkel, unter dem die beiden Schenkel der inneren Kapsel zusammenstossen , wieder bedeutend stumpfer und beide Schenkel ausserdem beträchtlich verkürzt (Fig. 77, S. 287). Die Lamina meduUaris interna des Sehhügels ist zumeist ein- fach vorhanden, sehr deutlich ausgesprochen und grenzt scharf das Gebiet der drei Kerne ab. An Horizontalschnitten der eben beschriebenen Art ist es Flechsig mit Hülfe der entwicklungsgeschichtUchen Methode gelungen, in der in- neren Kapsel eine Reihe von Fasersystemen nachzuweisen, welche zu mehr oder weniger compacten Strängen gesammelt sind. Sie steigen zum Theil aus dem Grosshirnschenkel auf, dessen Faserung zur Gänze in die innere Kapsel eintritt, zum Theil stammen sie aus der Haube des Mittelhirns (i. e. aus der Zwischenschicht) und aus dem Sehhügel. Auch die Untersuchung der secundären Degeneration hat zu ähn- lichen, wenn auch bisher weniger vollständigen Resultaten geführt. Fasersy steme im Grosshirnschenkel und in der inneren Kapsel. An Embryonen von 50 — 52 Cm, Körperlänge (reife Früchte) lässt der Querschnitt des Grosshirnschenkels (Fig. 76) in Folge der an einzelnen Längsfaserbündeln verschieden weit vorgeschrittenen Mark- scheidenbildung zwei Etagen unterscheiden, die allerdings nur in der lateralen Hälfte deutlich abgegrenzt sind. Die obere Etage schliesst sich an die Substantia nigra (s. n.) an, und ist von einem Netzwerk grauer Substanz und von zahlreichen in der Längsrichtung getroffenen Fasern durchsetzt; die untere Etage weist nur Faserquerschnitte auf. In der letzteren fällt vor Allem der Querschnitt eines Feldes auf, dessen Fasern sämmtlich bereits eine hohe Stufe der Markscheidenbildung erlangt haben. Es ist der Querschnitt des Fasersystemes der Pt/ramiden- bahn (p.), deren Zusammensetzung aus der Vereinigung der gekreuzten Pyramidenseitenstrangbahn und der gleichseitigen Pyramidenvorderstrang- bahn schon oben beschrieben worden ist. Vor dem Eintritt in den Grosshirnschenkel hat dieses Fasersystem die vordere Brückenabtheilung passirt, ohne dort jedoch einen gleichwerthigen Faserzuwachs zu er- Fasersysteme im Grosshimschenkel und in der inneren Kapsel. 285 Fiff. 76. halten und ohne Fasern zu verlieren ; denn vergleicht man das Areale der Pyramiden unterhalb der Brücke und das Areale des Feldes p im Grosshirnschenkel, so stellt sich keine Differenz zwischen beiden heraus. Das von der Pyramidenbahn eingenommene Querschnittsfeld be- sitzt die Form eines Dreiecks mit einer unteren, an der freien Fläche des Grosshirnschenkels gelegenen, einer lateralen und einer oberen, längsten Seite, Der frei liegende Theil des compacten Stranges nimmt in den unteren Abschnitten des Grosshirnschenkels das mittlere Drittel, in den oberen das dritte Viertel, von innen nach aussen gezählt, ein. Mit der übrigen Faserung tritt die Pyramidenbahn dann, entsprechend dem hinteren Rande des Luys sehen Körpers, in die innere Kapsel und gelangt , nachdem sie diese , ohne eine Verbindung mit den Ganglien einzugehen, durchmessen hat, in das Hemisphärenmark. Auf diesem ganzen Wege bleibt sie als compacter Strang von weit in der Markumhüllung vor- geschrittenen Fasern immer deutlich bestimmbar. Dort, wo sie dem Luys- schen Körper anliegt (Fig. 75 A.), wird sie von Faserbündeln durchfloch- ten, welche aus der dorsalen Etage des Fusses stammen und nach dem Linsenkern verlaufen — Faserzüge aus der Substantia nigra. In den tiefsten Horizontalebenen der inneren Kapsel liegt die Pyra- midenbahn zwischen dem hinteren Rande des Liiys'schen Körpers und dem ersten Linsenkerngliede (Fig. 75 A.). Weiter oben steigt sie zwischen Sehhügel und dem zweiten Linsen- kerngliede (Fig. 75 B.), endlich zwischen dem Sehhügel und dem dritten Linsenkerngliede auf, und ist somit während des Verlaufes durch die innere Kapsel der Reihe nach allen drei Linsenkerngliedern angelagert. Die Lage ihres Feldes entspricht in den Horizontalschnitten immer dem inittleren Drittel des Thalamus; doch liegt die Pyramidenbahn diesem Ganglion viel weniger dicht an, als dem Linsenkern, indem sich dort andere Fasersysteme zwischen beide einlagern. Auch im Hemisphärenmark erleiden die Fasern der Pyramiden- bahn keine starke Zerstreuung, sie ziehen nach Flechsin direkt zur Querschnitt senkrecht auf die Längsfaserzüge des Grosshirnschenkels. Grenze des unteren und mittleren Drittels. (Copie nach Flechsig, 4 mal vergrössert.) H. Haube des Mittelhirns, r. k. Rother Kern. s. n. Substantia nigra, a. Laterale Bündel des Grosshirnschenkels (marklos), p. Pyramidenbahn (markhaltig). p.' Centrale Bahnen der motorischen Hirnnerven (Hypo- glossus und Facialis). (Beginn der Mark- scheidenbildung.) c. Bahnen zum Schweif- kern (marklos), d. Bahnen In das Mark des Stirnlappens (marklos). 286 Fasersysteme im Grosshimschenkel und in der inneren Kapsel. HemispliärenolDerfläche und treten in die Rinde des Paracentralläppchens, der obersten Tlieile der hinteren Centralwindnng und des hinteren Abhanges der vorderen Centralwindnng. Medial von der Pyramidenbahn findet sich am Querschnitt des Grosshirnschenkels, ein zweites durch den Befund beginnender Mark- scheidenbüdung abgrenzbares Feld (Fig. 76 p'.). Die in ihm enthaltenen Fasern stehen nach unten zu wahrscheinlich mit den Nervenkernen des Bodens der Rautengrube in Verbindung und dürften wohl mit den oben beschriebenen Fibrae rectae identisch sein, welche aus der hinteren in die vordere Abtheilung der Brücke gelangen (centrale Bahnen der mo- torischen Hirnnerven ?). Unterhalb der Brücke lässt sich eine Fort- setzung dieses an dem Stadium seiner Markumhüllung wohl kenntlichen Stranges nicht nachweisen. In der Innern Kapsel liegt das Feld p' immer unmittelbar vor der Pyramidenbahn (Fig. 75 A.B.), in der Höhe des dritten Linsenkerngliedes im Kapselknie (Fig. 77). Schliesslich geTangen seine Fasern in das Hemisphärenmark. Der lateral von der Pyramidenbahn gelegene Theil der unteren Etage der Grosshirnschenkel wird von einem scharf abgegrenzten Felde (Fig. 76 a.) eingenommen, welches durchaus Querschnitte völlig marJc- loser Fasern enthält. Es findet sich nach Verwandlung des Pedunculus in die innere Kapsel, unmittelbar hinter der Pyramidenbahn, seine Fasern aber schlagen schon im basalen Gebiet des Linsenkernes die Verlaufsrichtung nach hinten ein und treten zwischen dem äusseren Kniehöcker und dem hinteren Rande des Linsenkernes in das Hemi- Sphärenmark (Fig. 75 A.) , nach Gratiolet und Flechsig vorzugsweise in das Mark des Schläfelappens. Nach unten zu endet dieses in dem lateralen Felde des Grosshirnschenkels gesammelte Fasersystem in der vorderen Brückenabtheilung , geht also nicht in das verlängerte Mark über. Flechsig hat dieses Verhalten vollkommen sicher gestellt und da- durch der Meynert' sehen Lehre, welche in dem genannten Faserbündel die obere Fortsetzung der sensiblen Pyramidenkreuzung (von uns Schleifenkreuzung genannt), d. i. mittelbar der sensiblen Bahnen aus den Hintersträngen des Rückenmarks erblickte, den Boden entzogen. Die weitere Fortsetzung des in diesem schon von Gratiolet mit Hülfe der Abfaserungsmethode dargestellten Faserzuge enthaltenen Leitungssystemes dürfte wohl in den Brückenarmen und im Kleinhirn zu suchen sein. Ueber die physio- logische Bedeutung desselben liegen Ijisher nur mangelhaft gestützte Hypothesen vor. Das am Querschnitt des Grosshirnschenkels medial von p und p' gelegene Feld (Fig. 76 c.) der unteren Etage ist in der genannten Periode des Fötallebens gleichfalls noch vöUig marklos. Es findet sich in der inneren Kapsel immer vor dem Felde p', tritt in Horizontal- Fasersysteme im Grosshimschenkel und in der inneren Kapsel. 287 ebenen, wo das Kapselknie bereits sichtbar ist, successive in den vor- deren Schenkel (Fig. 75 A. B., Fig. 77) imd endet zum Theil (und zwar definitiv) im Schweif kern. Auch die Fasern, welche die obere Etage des Pedunculusquer- schnittes erfüllen, werden völlig marklos angetroffen (Fig. 70 d.). Ein Theil derselben tritt, wie oben erwähnt, die Pyramidenbahn durch- flechtend , in den Linsenkern , ein zweiter Theil aber gesellt sich den Fasern des Feldes c zu, gelangt in die untere Etage imd dringt im oberen Drittel des Hirnschenkels bis an die freie Fläche des letzteren vor (an der medialen Seite). In der innern Kapsel liegen die Fasern des Feldes d, dann vor c im vorderen Schenkel und gelangen wahrscheinlich in das Mark des Stirn- lappens. Nach unten zu sind die Fasern der Felder c und d nur bis in die vor- dere Brückenabtheilung zu verfolgen, wo sie vor der Schleife liegen; bis in das verlängerte Mark gelangen sie nicht, wohl aber wahrscheinlich zum Theil durch die Brückenarme in das Kleinhirn. Die bisher beschriebenen Faser- systeme der inneren Kapsel haben sich sämmtlich als Fortsetzungen der im Grosshirnschenkel enthaltenen heraus- gestellt. Ausserdem aber beherbergt dieselbe, wie schon oben kurz erwähnt wurde, und wie auch schon bei Betrach- tung des Grosshirnstammes an Frontal- schnitten sich ergab, noch Fasersysteme anderen Ursprungs. Flechsig hat gefunden, dass in Horizoutalebenen, wo der Luijs- sche Körper bereits aufgehört hat, an der lateralen Fläche des Seh- hügels ein von unten nach oben an Grösse wachsendes, ausschliesslich mit markhaltigen Fasern erfülltes Feld nachweisbar Avird (Fig. 75 B., f.), das die Bahnen des Grosshirnschenkels vom Thalamus abdrängt. In seinen vorderen Theilen enthält dieses Feld Fasern, welche aus dem Thalamus in das Hemisphärenmark ziehen (centrale Faserung des Thalamus , aeciuivalent den Sehhügelstielen) , in seinem hinteren jene Faserzüge, welche oben bereits als direkt aus der Zwischenschicht in die innere Kapsel tretend, beschrieben worden sind (centrale Hauben- Horizontalschnitt durch den Grosshirn- stamm am oberen liaiide des zweiten Linsen- l-erngUedes. (Copie nach Flechsiy, ij.) G. f. Gyrus fornicatus. u.e. Schweif- kern, c.i. a. Vorderer Schenkel der in- neren Kapsel. J. Inselrinde. III. Drittes Glied des Linsenkerns, th, Sehhügel, c. Bahnen zum Schweifkern (marklos). p. Pyramidenbahn (markhaltig). p.' Cen- trale Bahnen der motorischen Hirnnerven (Beginn der Markscheidenbildung), f. Bahnen aus dem Sehhügel (markhaltig). f.' Bahnen aus der Haube in die innere Kapsel. 288 Fasersysteme im Grosshirnschenkel und in der inneren Kapsel. straHung). Sobald dieses Feld einen grösseren Umfang gewonnen hat, zerfällt der hintere Theil der inneren Kapsel in einen lateralen Abschnitt, der die Bahnen des Grosshirnschenkels, und in einen medialen, der die Bahnen des Sehhügels und der Haube enthält. Weiter oben noch, wenn das laterale Faserbündel des Grosshirn- schenkels (a) aus der inneren Kapsel in das Hemisphärenmark abge- lenkt hat, nimmt das durch stetigen Zuzug neuer Fasern successiv an- wachsende Feld f dessen Stelle ein und so geschieht es , dass in den obersten Schnittebenen (Fig. 77 f. und f.') , in der hinteren Hälfte des hinteren Schenkels der inneren Kapsel die Sehhügel- und Haubenfaserung allein das Feld behauptet. Sie strahlt dann wie die Grosshirnschenkel- faserung, und vielfach mit dieser gemischt in das Hemisphärenmark aus, und soll nach Flechsig vornehmlich in die hintere Centralwindung und in den Praecuneus gelangen. Experimentell-physiologische und klinische Thatsachen begründen die An- schauung, dass das Rindengebiet, in welches diese, wohl zweifellos der Haut- und Muskelsensibilität dienenden Leitungsbahnen einlaufen, viel ausgedehnter ist, wahr- scheinlich den ganzen Scheitellappen umfasst. Zu erwähnen ist schliesslich noch, dass in den unteren Horizontal- ebenen ein in Fig. 75 A. schematisch dargestelltes Feld e einen vor- übergehenden Bestandtheil der inneren Kapsel bildet. Es wird durch einen Faserzug gebildet, welcher lateral von der Fortsetzung der mark- losen, medialen Felder des Grosshirnschenkels (c und d) sich dem Linsen- kern anschmiegt. Es gehört wahrscheinlich den vom Luys'schen Körper in den Linsenkern ziehenden Bündeln an. In höheren Ebenen kann man den Eintritt dieser Fasern in die Substanz des Linsenkerns wahrnehmen. Die vorangehend dargestellten Resultate der Flechsig'' sehen Unter- suchungen werden durch die Untersuchung der secundären Degeneration nach Läsionen des Grosshirnes bestätigt und gesichert. Vor Allem ist es durch pathologisch-anatomische und experimentell- anatomische Untersuchungen {Gudden, Franck-Pitres , Singer) festge- stellt, dass Läsionen des Grosshirnes , welche die Gegend der beiden Centralwindungen (beim Hunde den Gyrus sygmoideus), den Stirnlappen oder die innere Kapsel treffen, secundäre Degenerationen der Faserzüge innerhalb des Grosshirnschenkels bedingen, welche sich, in der Mehr- zahl der Fälle, in das verlängerte Mark und Rückenmark fortsetzen. Sitzen die Läsionen aber im Hinterhaupt- oder Schläfelappen, in den hinteren Theilen des Scheitellappens, oder endlich in den Ganglien des Grosshirnstammes, speciell im Linsenkern und Sehhügel, ohne die innere Kapsel zu zerstören, dann bleibt die secundäre Degeneration im Grosshirnschenkel aus. Eine einfache Nebeneinanderstellung dieser Thatsachen und des Secundäre Degeneration ilor Fasersysteme im Grosshimschenkel. 289 5 ,J ein lockeres, mit flachen Zellen reich durchsetztes Bindegewebe I vereinigt. " Von den Bindegewebshül- len der primären Bündel er- V^!^'"^'^"" Äö strecken sich zarte, häutchen- i \(^r^ r^^ ' ■=^'" artige Fortsetzungen (enao^ez<- ^> '^~'' '3 rales Bindegeicehe) zwischen '^ die Nervenfasern hinein, um ^^ für jede einzelne der letzteren eine besondere Scheide zu for- men. Es gestaltet sich so das Theil eines senkrechten Durchschnittes durch den BiudegewebsgerÜste der Ner- Nervus medianus des Menschen. . i t» • (Hartnack, Syst. vii, ocui. 2.) vcu gauz auaiog den Ferimy- sien der willkürlichen Mus- kulatur. Senkrecht zum Verlauf eines Nerven geführte Durchschnitte lassen dies deutlich erkennen. Die äussere Umhüllung des Nerven- stammes erscheint da in Form eines aus dichtem fibrillärem Binde- gewebe und elastischen Fasern geformten Riuges, von dessen in- nerer Umrandung sich allenthalben Bindegewebsbündel ablösen , um zwischen die Querschnitte der tertiären und secundären Bündel ein- zudringen und daselbst locker gewebte Scheidewände herzustellen. Mit diesen steht dann wieder das Perineurium der secundären Bündel in continuirlichem Zusammenhange. Die Querschnitte der secundären Bündel wiederholen im Kleinen ganz das Bild des Gesammtnerven. Von der Innenfläche ihres Perineuriums lösen sich bindegewebige Dis- sepimente ab , welche zunächst die Nervenfasern gruppenweise zu Aufbau der peripheren Nerven. 307 (primären) Bündeln vereinigen, mit ihren feinsten Ausliinfern aber sich zwischen die einzelnen Nervenfasern selbst hinein begeben. Die.ses endonenrale Bindegewebe lässt nur in seinen et^vas stärkeren Septen noch eine fibrilläre Beschaffenheit erkennen ; die Hüllen der einzelnen Fasern aber erscheinen als zarte homogene Häutchen mit ab und zu angelagerten, platten Zellen. Sie treten an dünnen Querschnitten erst nach Anwendung verschiedener Färbeniethoden deutlich hervor, am besten dann, wenn der Zusammenhang des Schnittes durch die Prä- paration etwas gelockert worden ist. Was die Nervenfasern betrifft, so kommen in den Nerven, Avelche man als Gehirn- und Riicl-enniarksnerven bezeichnet, in ganz über- wiegender Mehrzahl markhaltige Fasern vor. Die marklosen sind nur in kleinen, vereinzelten Bündelchen an manchen Verlaufsstrecken dieser- Nerven vertreten. Bezüglich der markhaltigen Fasern vermag man in einem und demselben Strang, ja in einem und demselben Bündel ge- wöhnlich die verschiedensten Dickendurchmesser nachzuweisen. Die Fa- sern verlaufen innerhalb der Nervenstämme ungetheilt und im Grossen und Ganzen in paralleler Richtung zu einander. Dabei kommt es aber nicht selten vor, dass einzelne Fasern von einem Bündel in ein anderes tibertreten, dass ein Strang mit einem benachbarten Anastomosen ein- geht oder sich theilt, oder endlich, dass zwei Stränge oder Bündel sich mit einander vereinigen. Eine solche Umordnung der Fasern vollzieht sich in den grossen Nervenstämmen nur ausnahmsweise an einzelnen Stellen und betrifft immer nur einen kleineren Theil derselben ; in aus- giebiger Weise erfolgt sie jedoch in den sog. Nervenplexus^ deren Be- deutung ja hauptsäclilich darin gelegen ist, dass die aus ihnen hervor- gehenden Nerven aus Faserantheilen verschiedener Stämme zusammen- gesetzt und geordnet werden. Wenn das Angeführte nun hauptsächlich für die grösseren Stämme der cerebrospinalen Nerven gilt, so zeigen sich an den kleineren Zweigen derselben doch ganz analoge Verhältnisse. Die Verästigung eines Nervenstammes geschieht einfach in der Weise, dass ein stärkeres Dissepiment von der äusseren bindegewebigen Umhüllung aus .sich entwickelt, Avelches die tertiären und secundären Bündel des Nerven in zwei Abtheilungen sammelt. Diese letzteren gewinnen allmälig an Selbständigkeit dadurch, dass sich immer mehr und mehr Bindegewebs- züge aus der. allgemeinen Umhüllung in das Septum einsenken und sich dergestalt anordnen, dass jede Abtheilung ihre gesonderte Im- hüllung erhält. Beide Abtheilungen können noch auf weite Strecken hin durch lockeres Bindegewebe verbunden bleiben, bis sie sich end- lich gänzlich von einander lösen. In anderen Fällen kommt es nur zur Ausscheidung eines secundären oder tertiären Bündels aus der 308 Nerven des sympathischen Sj^stemes. — Ganglien. Continuität des Nerven, welches dann sein eigenes Perineurium behält, und dasselbe noch durch Entlehnung von Faserzügen aus der allge- meinen Umhüllung verstärkt. Die kleineren Nervenzweige zeigen, be- vor sie in den Ort ihrer Bestimmung eintreten, noch immer eine deut- liche Abtheilung ihrer Fasern zu mehreren primären Bündeln, in welche sie dann im weiteren Verlaufe innerhalb des zu versorgenden Organes zerfallen. Die Nerven des sympathischen Systemes unterscheiden sich von den cerebrospinalen durch die hervorragende Betheiligung von mark- losen Nervenfasern an ihrem Aufbau. Das numerische Yerhältniss derselben zu den markhaltigen Fasern wechselt je nach den verschie- denen 0 ertlichkeiten, doch bleibt die Anzahl der letzteren in allen Ge- bieten eine bemerkenswerthe. Beide Arten von Fasern sind gewöhnlich durch einander gemengt , manchmal aber auch (in gewissen Bezirken des Grenzstranges) tritt eine schärfere , bündelweise Sonderung der markhaltigen und marklosen Fasern auf. In den feinsten, noch mit freiem Auge verfolgbaren Zweigchen der Geflechte und peripheren Ausstrahlungen des Sympathicus sind stets noch beide Arten vertreten. Ausserdem sind die sympathischen Nerven noch dadurch ausgezeichnet, dass sie häufig in ihrem Verlaufe einzelne, oder kleine Gruppen von Ganglienzellen eingestreut enthalten. Das Bindegewebsgerüste verhält sich im Wesentlichen gleich wie bei den cerebrospinalen Nerven, mit dem Unterschiede, dass von den marklosen Fasern nicht jede einzelne gesondert von dem endoneuralen Bindegewebe umgeben wird, sondern stets mehrere eine gemeinschaftliche Umhüllung erhalten. Die Blutgefässe der Nerven sind ziemlich reichlich und stammen für die grössten Stämme meist aus eigenen, sie begleitenden Arterien, für die kleinen Zweige jedoch aus den Gefässen der unmittelbaren Umgebung. Das Bindegewebsgerüste gibt auch hier den Träger für ihre Ausbreitungen ab. Das Capillarsystem, in den Septen der primären Bündel und auch zwischen den einzelnen Fasern gelagert, formt lang- gezogene Maschen, indem die Capillarröhrchen grösstentheils mit dem Laufe der Fasern parallel gehen und nur durch spärliche Querästchen anastomosiren. Ueber die Lymphhahnen siehe unten. Die Ganglien. In ihrem Verlaufe von dem Centrum gegen die Peripherie ge- sellen sich den Nerven an ganz bestimmten 0 ertlichkeiten Ganglien- zellen zu. Erreichen die letzteren an einer umschriebenen Stelle eine Allgoiueint' Bauverhältnisse der Ganglien. 309 grössere Auztihl, so gibt sich dies dem freien Auge durch eine spindel- förmige, kugelige oder mehr unregelmässige Anschwellung kund, welche entweder in den Verlauf des Nerven eingeschaltet ist, oder ihm an einer Seite aufsitzt. Es sind dies die in der Anatomie besonders be- nannten Ganglien, welche als Stammganglien der cerebrospinalen Nerven, und als Ganglien im Bereiche des sympathischen Nervensystems zu- Fig. 81. sammengefasst werden können. yf^ Ausserdem aber finden sich in den i^Lt ß Stämmen und Zweigen mancher Nerven einzelne, oder zu kleinen Gruppen gesammelte Ganglienzel- len vor, welche nur durch das Mikroskop nachgewiesen werden können (im Stamme des N. oculo- motorius und accessorius Willisii und besonders reichlich in den sympathischen Nerven), und ebenso an der letzten Ausbreitung der Nerven, innerhalb der von ihnen versorgten Organe (Nervus glosso- pharyngeus und Ramus lingualis trigemini in der Zunge, und am häufigsten wieder in den verschie- denen, vom Sympathicus versorgten Orgauen). Fertiget man von irgend einem Ganglion in der Richtung der ein- und austretenden Nerven Durchschnitte an , so erhält man bei Untersuchung mit schwachen Vero-rösseruuffen einen Ueberblick m \ir,4 über die allgemeine Anordnung der Gniiipen von GanglienzeUen in kleinere Nerven- stiimmchen eingelagert. A. Znpfpräparat ans dem Froschherzen. B. Atis dem Sympathicus des Frosches. Beide Objekte frisch mit Kochsalzlösung dargestellt. Hartnack, Syst. VIII, Ocul. 2. (Nach Original- Präparaten von Prof. Sigm. Mayer.) Elemente desselben. Man überzeusi sich zunächst, dass die periphere Umhüllung der ein- und austretenden Nerven continuirlich in eine mehr oder weniger starke, das Ganglion bekleidende Membran übergeht. Die Fasern der eintretenden Nerven durchziehen dasselbe in zahlreichen kleinen Bündeln, zwischen denen entweder reihenartig, oder in kugeligen Haufen Ganglienzellen auf- treten. Gewöhnlich bemerkt man auch eine plexusartige Durchflechtung der NervenfaserbündeJ und ganz vereinzelte, in dieselben eingestreute 310 Allgemeine Bauverhältnisse der Ganglien. — Spinalganglien. Zellen. Gegen die Obei-fläche des Ganglions hin sind die Zellen ge- wöhnlich dichter gehäuft, als in den mittleren Parthieen. Aus den zer- streuten Faserbündeln sammeln sich an einer oder mehreren Stellen der Peripherie die audreteyiden Nerven. Es darf als sicher angenommen werden, dass zum mindesten ein grosser Theil der eintretenden Nerven- fasern einfach durch das Ganglion hindurchzieht, ohne mit den Zellen in direkte Berührung zu kommen. Der ganze Ganglionknoten ist ausserdem von einem zart fibrillirten Bindegewebe durchzogen, welches sowohl mit der äusseren Umhüllung desselben, als auch mit dem endoneuralen Bindegewebe der ein- und austretenden Nerven in continuirlichem Zusammenhang steht. Ein sehr reichliches Capillargefässnetz, welches namentlich die einzelnen Zellen mit seinen Maschen umgibt, ist in dieses Bindegewebe eingelagert. Die feineren Texturverhältnisse der Ganglien, insbesondere die näheren Be- ziehungen der Ganglienzellen zu den Nervenfasern lassen sich nur an Zupfpräparaten erforschen. Die Untersuchung bleibt unter allen Umständen eine äusserst schwierige; am besten noch ist es, ganz frische Objekte mit Jodserum entweder sofort, oder nach 2 — Stägiger Maceration in dieser Flüssigkeit zu verwenden. Auch Müller sclie Flüssigkeit, oder doppelt chromsaures Ammoniak liefern nach mehrtägiger Ein- wirkung oft instructive Bilder. Um sich das Zerzupfen zu erleichtern, kann man auch das Ganglion durch 24—48 Stunden in verdünnte Salpetersäure oder Salz- säure (0"2 pro mille) einlegen und nach Auswaschen mit destillirtem Wasser auf 40 — 50° C. erM^ärmen. Mit Rücksicht auf das Verhalten der nervösen Elemente kann man nach unserem jetzigen Wissen die sämmtlichen Ganglien in zwei Gruppen abtheilen: 1. Die Spinaig anglien^ mit welchen das Ganglion Gassen\ die Gang- lien im Stamme des N. acusticus, das Ganglion jugulare des Vagus und vielleicht auch das Ganglion geniculi des N. facialis und das Ganglion petrosum des Glossopharyngeus übereinstimmen; sie enthalten grosse, kuglige oder scheibenförmig abgeplattete Nervenzellen, welche mit einer concentrisch geschichteten, kernhaltigen Hülle (siehe oben, S. 100) um- geben sind. Neben diesen kommen immer noch kleinere Ganglienzellen vor, welche sich in ihrem Verhalten übrigens nicht weiter unter- scheiden. Bezüglich der Fortsätze der Ganglienzellen lassen unsere Kenntnisse noch Manches zu wünschen übrig. Die grosse Mehrzahl der Autoren (Hetile, Schwalbe, Rawitz u. A.) tritt zwar entschieden da- für ein, dass die Zellen der Spinalganglien bei den höheren Wirbel- thieren durchwegs unipolare seien. Der austretende Fortsatz {ganglio- spinale Faser, Schwalbe) erhält sofort eine Markscheide und kann sich nach kurzem Verlaufe T-förmig theilen {Ranvier). Dem gegenüber hat Arndt die Zellen der Spinalganglien in der Regel bipolar gefunden. Von allen Seiten wird anerkannt, dass in den entsprechenden Ganglien (jangliou des .sympathischen Nerveusysteiueö. '^\\ der Fische bipolare Zellen mit gegenständigen Fortsätzen entweder ausschliesslich oder doch sehr zahlreich vorkommen. 2. Die Ganglien, welche im Bereiche des sympathischen Nerven- systemes vorkommen (dazu gehören auch die Astganglien des N. trige- minus) ; sie enthalten im Allgemeinen kleinere Zellen, welche der Form und Beschaffenheit ihres Zellkörpers nach kaum wesentlich von den vorher beschriebenen abweichen. Auch sie besitzen eine kernhaltige Kapsel, welche mit ihren Elementen auf die austretenden Ausläufer übergeht. Ziemlich häufig kommt ein doppelter Kern vor , was bei Kaninchen und Meerschweinchen die Regel bildet. Wesentlich ist an ihnen, dass sie der grossen Mehrzahl nach der multipolaren Form an- gehören, dass ihre Ausläufer sämmtlich marklos und zum grössten Theil sehr zart und dünn sind. Mitunter kommen aber auch ziemlich starke Fortsätze zur Beobachtung. Alle Fortsätze der sympathischen Ganglienzellen scheinen sich bald nach ihrem Austritt zu verästigen, ihr weiteres Verhalten ist jedoch durchaus nicht klargestellt; man darf wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthen, dass sie zum grössten Theile in marklose (Betnak'sche) Fasern übergehen. Völlig fortsatzlose, oft in Reihen oder Gruppen an einander gelagerte, kleinere Zellen (Zellennester, Siyni. Mayer), welche ziemlich constant in den sym- pathischen Ganglien vorkommen , hat man als Jugendformen von Ganglienzellen betrachtet. Im Sympathicus des Frosches besitzen viele Ganglienzellen eine umspinnende Faser (siehe oben, S. 100), ein Befund, welcher nach Courvoisier auch bei anderen Wirbelthierklassen vor- kommen soll. Nebensächliche Unterschiede, welche zwischen den einzelnen sym- pathischen Ganglien bestehen, beziehen sich auf die Vertheilung des stützenden Bindegewebes, auf die Anzahl der in die Knoten ein- und austretenden Fasern und etwa noch auf geringe Grössendifferenzen der Ganglienzellen. Von wesentlich abweichendem Gesichtspunkt aus hat Sigm. Mayer die histologische und funktionelle Bedeutung der Structurelemente des sympathischen Nervensystems dargestellt. Nach diesem Forscher besitzen die sämmtlichen peripheren Ganglienzellen eine ganz andere Bedeutung, als die der nervösen Centralorgane. Sie werden als zurück- gebliebene Reste jener Bildungselemente angesehen , aus welchen ursprünglich die Nervenfasern sich entwickelt haben, und als solche den Kernen der Schuann' sehen Scheide (Nervenkörperchen) homolog erachtet; beide diese Bildungen können unter Umständen auch an er- wachsenen Individuen w^ieder zur Entstehung neuer Nervenfasern das Ma- terial liefern. Die Fortsätze der Ganglienzellen gehen nicht in wahre, funktionirende Nervenfasern über, sie sind gewissermassen unvollständig 312 Periphere Endigung der motorischen Nerven. entwickelte Nervenfasern. Die Bedeutung der peripheren Ganglien- zellen wäre nach Sigm. Mayer eine ausschliesslich nutritive, indem sie mit ihren stofflichen Bestandtheilen zur Ernährung der Nerven dienen und etwa so den Stoffwechsel derselben reguliren, wie die Fettgewebs- zellen den Gesammtstoffwechsel. Die peripheren Endigungen der Nerven. a) Motorische Nerven. Zu den Muskeln, welche aus quer- gestreiften Fasern zusammengesetzt sind, verhalten sich die Nerven in folgender Weise. Bald nach ihrem Eintritt in den Muskel zerfallen ihre Stämmchen in mehrere kleinere, eine kurze Strecke weit auf- und absteigende Aestchen, von welchen aus feine Zweige quer oder schief gegen die Muskelfaserrichtung abgehen. Während dem erfolgt eine reichliche Vermehrung der Nervenfasern, indem sich eine jede einzelne Faser wiederholt dichotomisch theilt. Auch zahlreiche Anastomosen zwischen den einzelnen Nervenzweigchen kommen vor, so dass man recht wohl von einem, im Perimysium gelegenen, intramuskulären Nervenplexus sprechen kann. Aus diesen Zweigchen, welche meist etwa 3 — 5 markhaltige Fasern führen, gehen nun ab und zu einzelne Fasern ab, welche sich noch ein- oder das andere Mal theilen, bis sie endlich an die Muskelfaser selbst herantreten. Man überzeugt sich von diesem Verhalten leicht, wenn man flache Muskeln (z. B. Augenmuskeln von kleinen Säugethieren) in stark verdünnte Essigsäure (1 pro mille) einlegt und dann in toto mit mittelstarken Vergrösserungen unter- sucht. Es muss jedoch das physiologisch wichtige Faktum hervorgehoben werden, dass die Verästlung der Nerven imd ihrer Fasern lange nicht in allen Muskeln in gleichem Maasse erfolgt. Gerade die Augenmuskeln sind es, welche durch ihre Nervenstämme eine im Verhältniss zu der Anzähl ihrer Muskelelemente bei weitem grössere Menge von Nervenfasern zugeführt erhalten, als dies beispielsweise an den Muskeln der Extremitäten der Fall ist. Da nun jede Muskelfaser ihre eigene Nei-ven- endigung erhält, so ist es natürlich, dass in den Extremitätenmuskeln jede Nerven- faser sich öfters zertheilen muss, als in den Augenmuskeln, und daher ein viel umfangreicheres Ramifikationsgebiet besitzt als in den letzteren. Damit steht aber die Möglichkeit einer viel distincteren Localisation der Bewegungsimpulse in den Augenmuskeln in Zusammenhang. In allen Muskeln begegnet man einzelnen Nervenfasern, welche von dem geschilderten Verhalten abweichen, über längere Strecken hin ungetheilt verlaufen und schliesslich noch im Perimysium sich ver- lieren, ohne dass sie mit Muskelfasern in direkten Zusammenhang treten würden. Man hält dafür , dass dies sensorische Fasern seien , welche das sogen. Muskelgefühl vermitteln dürften. Für die Beobachtung des nun zu besprechenden Endapparates wählt man am besten zuerst die Muskelfasern von Schwimmkäfern, dann aber von Reptilien Nei'veneiuligiinf^ in ystem nach manchen Ivichtungen erhebliche DijBFerenzen. Ein ganz allgemeines Vorkommen sind Theilungen und Anastomosen der Capillar- löhrchen. Die ersteren unterscheiden sich von denen der Arterien und Venen dadurch, dass die Weite der Röhrchen selbst bei wieder- holter Verästigung nicht abnimmt , so dass gewöhnlich die Capillaren eines und desselben Gewebes sänimtlich die gleichen Breitendimensionen besitzen. In verschiedenen Geweben und auch bei verschiedenen Thieren kann allerdings der Breitendurchmesser sehr erheblich schwanken (♦) — 16 jx im gefüllten Zustande). Zu den engsten Capillargefässen gehören die der glatten und quergestreiften Muskeln und der Retina, zu den weitesten die der Leber und der Aderhaut des Auges. Die niederen Wirbelthiere, namentlich gewisse Arten der Amphibien, sind durch besonders weite Capillargefässe ausgezeichnet. Es möge bei dieser Gelegenheit die Bemerkung eingeschaltet werden, welche übrigens, mutatis mutandis, bei allen anderen Gefässen zu beachten ist, dass es eine ganze Reihe von Faktoren gibt, welche im einzelnen Falle auf die Weite der Capillargefässe einen beträchtlichen Einfluss gewinnen können. Dahin gehört vor Allem die Menge von Blut, welche dieselben je nach den Ijestehenden Strömung.s- verhältnissen aufgenommen haben. An Injectionspräparaten ist das Quantum der eingespritzten Flüssigkeit, der dabei verwendete Druck und ausserdem der TTmstand 344 Capillargefässe. — Capillarsysteme. massgebend, ob der Injectionsmasse der Abfluss durch die Venen gestattet, oder mehr weniger behindert war. Diese Erscheinungen müssen zunächst auf die passive Delxnbarkeit und Elasticität der Capillarwände zurückgeführt werden. Wir wissen jedoch durch die Untersuchungen Stricker' s, dass die Capillargefässe auch eine active Contractilität besitzen und auf angebrachte künstliche Reize ihr Lumen er- heblich verkleinern können. In wie weit dies unter den gewöhnlichen Lebensver- hältnissen geschieht, ist allerdings nicht bekannt. Dazu kommt für mikroskopische Präisarate die Art der vorausgegangenen Härtung, die Präparationsmethode u. dgl. in Betracht. Die Länge der einzelnen Capillarröhrchen schwankt in weiten Grenzen und kann selbst in einem und demselben Capillarbezirk sehr verschieden sein. Sie steht natnrgemäss in einem gewissen Zusammen- hang mit der Art und Zahl der Yerästigungen, Der Verlauf der Capillar- röhrchen ist mitunter ein ziemlich geradliniger, mehrer entheils aber in verschiedenen Curven gebogen und zwar bald nur nach einer, bald nach mehreren Richtungen, so dass sie hier in einfachen Kreisbögen, dort in S-förmigen oder spiraligen Touren gekrümmt erscheinen. Sehr ver- breitet ist ausserdem die Schlingenbildung in bald einfaclier, bald compli- cirterer Form, Betrachtet man die verschiedenen Capillarsysteme des Körpers, so ergibt sich für eine jede der mannigfachen Gewebsformen ein eigenthüm- licher Charakter derselben, ja man kann sagen, dass an der Form und Anordnung eines Capillarsystemes allein schon die Gewebsform erkannt werden kann , welcher dasselbe angehört. Dieser Charakter eines Capillarsystemes hängt ab: einerseits von der Gestaltung und Zusammen- fügung der Gewebsbestandtheile und andererseits von dem Maasse der Verästlung und Anastomosenbildung der Capillarröhrchen selber. In der Mehrzahl der Fälle hat man es mit den sogenannten Capillar- gefässnetzen zu thun. Dieselben entstehen dadurch, dass alle zwischen den Endausläufern der Arterien und den Wurzeln der Venen eines Gewebsbezirkes eingeschalteten Capillarröhrchen durch mehr weniger zahlreiche Anastomosirung netzartig unter einander zusammenhängen. Je nach Umständen ist dieses Netz ein körperliches (in den Parenchy- men), oder ein üächenhaft ausgebreitetes (in Membranen, Choroidea, Lungenbläschen). Die Dichte des Netzes, d. h. die Grösse der von demselben umschlossenen und durch die Gewebsbestandtheile ausgefüllten Maschenräume ist sehr wechselnd und steht mit der Energie des Stofi- wechsels, deren ein Gewebe fähig ist, in engem Zusammenhang, Eine andere Form, die Schlingenform der Capillaren, entsteht in den ein- fachsten Fällen dadurch, dass ein arterielles Endästchen mit einer Venen- wurzel durch ein einziges, scharf bogig gekrümmtes Capillarröhrchen in Zusammenhang gebracht ist, wobei das letztere auch mehrmals schleifenförmig ausgebogen sein kann. In anderen Fällen entwickelt C'apillarsysteine. — Bau der Capillargefässe. 34.S sich aus den arteriellen Endästchen zunächst ein flächenartig aus- gebreitetes Capillarnetz, aus welchem sich erst schlingenartig gebogene Capillarröhrchen erheben. An den verschiedenen Bezirken der äusseren Haut und der Schleimhäute sind alle diese genannten Formen ver- treten. An gewissen Orten (Nierenrinde, Schleimhaut des Magens und Darmes) zeigt das Capillarsystem nicht einen durchwegs gleichartigen Charakter, insoferne, als nicht nur die Weite und Länge der Röhrchen, sondern auch die Form der von ihnen umschlossenen Maschenräume in der Nähe der arteriellen Endzweigehen eine andere ist als dort, wo sie in die Yenenwurzeln übergehen. In der Regel sind dann letz- teren Ortes die Capillarröhrchen auffallend weiter und das ganze Netz dichter. Man spricht in diesen Fällen von arteriellen und venösen Capillaren. Mit einer eigenthümlichen Formation der Blutcapillaren , welche in der Gaumen- und Schlundschleimhaut der Frösche zu treffen ist^ sind wir durch die Untersuchungen Langer''s bekannt gemacht worden. Alle Capillarröhrchen besitzen nemlich daselbst eine Anzahl von halb- kugelförmigen, divertikelartigen Ausbuchtungen ihrer Wand, Avelche, sämmtlich nach der Oberfläche der Schleimhaut gerichtet, zum Theil in leistenartigen Erhebungen derselben enthalten sind und mit einer halsartigen Einschnürung dem Capillarrohr aufsitzen. Es ist gewiss gerechtfertigt, mit Langer in diesen Bildungen ein eigenartiges Aequi- valent von Capillargefässschlingen zu erblicken, imi so mehr, als sie bei der Kröte nur am Gaumen selbst vorkommen, in den hinteren Theilen der Mundhöhle und im Schlünde aber wirklichen Gefässschlingen Platz machen. In neuerer Zeit hat C. Langer ganz ähnliche Aus- bauchungen an den Gefässen der Conjimctiva palpebrarum beim Menschen nachgewiesen. Was nun den Bau der Capillargefässwände betriff"t, so sind sie im Wesentlichen aus Endothelzellen susammengesetzt und können als contin airliche Fortsetzungen der endothelialen Auskleidung der ar- teriellen und venösen Endästchen angesehen werden. Man kann sich vorstellen, dass die arteriellen Endausläufer bei ihrem Uebergang in die Capillaren allmälig alle Bestandtheile ihrer Wandungen mit Aus- nahme des Endothelrohres verlieren und das letztere dann als Capillar- gefäss weiter verläuft; an der Uebergangsstelle in die Venenwurzeln erhält dann das Endothelrohr neuerdings die besprochenen Elemente der Wandung nach und nach aufgelagert. An dünnen, durchscheinen- den frischen Geweben (Mesenterium, Membrana hyaloidea des Frosches) erscheinen die Capillargefässe durchgehends von einem einfachen zarten Contour umgeben, welchem von Strecke zu Strecke ein oblonger, längs- 346 Uebergangsgefässe. — Entwicklung der Capillargefässe. gestellter Kern anliegt ; ähnliches sieht man auch an injicirten oder mit Blut gefüllten Capillargefässen anderer 0 ertlichkeiten. Die Zusammen- setzuno- der Wandung aus Zellen und der Charakter der letzteren lässt sich nur nach Behandlung (Injection) mit Silbersalpeter erkennen. Es o'ilt dafür alles das, was schon früher (Seite 331 bis 333) in Betreff dieser Methode beigebracht worden ist. Die Zellen selbst sind meist spindelförmig, mitunter mehr poly- ö-onal, und derart eingerollt, dass sie an ihrer breitesten Stelle ge- wöhnlich mehr als die Hälfte des Capillarröhrchens umfassen. Da sie jedoch mit ihren zugespitzten Enden in einander greifen, so kommen in den Querschnitt einer Capillare stets 2, 3 oder 4 Zellen zu liegen. In den meisten Fällen findet man die Zellen der Capillaren als voll- kommen durchsichtige, hyaline Plättchen; nur selten kann man in der unmittelbaren Umgebung des Kernes eine zarte Granulirung nachweisen^ welche man als Andeutung von Protoplasma betrachtet hat. Eigen- thümlich ist, dass man an einzelnen Bezirken (Leber, Choroidea) noch nicht im Stande war, den zelligen Bau der Capillaren durch Höllen- steininjection nachzuweisen. Man ist daher zu der Annahme gezwungen, dass an diesen Orten entweder eine Diff'erenzirung der Capillarwand in Zellen überhaupt niemals besteht oder dass dieselben im Laufe der Zeit unter einander verschmelzen. Die Abgrenzung der Capillargefässe von den Endausläufern der Arterien und Venen ist an vielen Stellen keine so scharfe, als wir dies bis jetzt hingestellt haben; es kommt vielmehr häufig ein ganz all- mäliger Uebergang vor durch Vermittelung der sogenannten Ueber- gangsgefässe {Vor capillaren). Diese unterscheiden sich von den eigent- lichen Capillaren dadurch, dass man nach aussen von dem Contour des Endothels noch einen zweiten Contour wahrnimmt, welcher einer zarten, scheinbar structurlosen Hüllmembran entspricht. Da diese sich weiter- hin in die äussere Gefässhaut fortsetzt, so wird sie als Adventitia capil- laris bezeichnet. Es lässt sich an ihr keinerlei Structur nachweisen, jedoch trägt sie einzelne kleine, rundliche Kerne. An den feinen, eigentlichen Capillaren der Membrana hyaloidea des Frosches ist sie nach Eberth und Iwanoff durch ein zartes Netzwerk feiner Fäserchen ersetzt, welche als Ausläufer von sternförmigen, der Capillarwand an- liegenden Zellen betrachtet werden. Von einigen Autoren wird für gewisse Capillarbezirke (centrales Nervensystem, Leber u. a. m.) eine durchlaufende Adventitia capillaris angenommen. Entwicklung der Capillargefässe. Um ein volles Verständniss des histologischen Charakters der Capillarwände zu gewinnen, ist es unerlässlich . auf die Entwicklung und Neubildung derselben mit ein Entwicklung der Ciipillarj^efü^se. — \'as;i vasoruni. 347 paar Worten zurückzukommen. Man stellte sich früher, als die Zelle noch für ein Bläschen mit selhständiger Wand galt, die Entstehung eines Capillarröhrchens so vor, dass eine Anzahl von Bildnngszellen sich in einer einfachen Keilie an einander legen, dass dann die Zell- membranen an der Berührungsstelle je zweier Zellen schwinden und das Innere der Zellen zur Lichtung, die verschmolzenen seitlichen Theile der Zellmembranen zur Wandung des Capillarröhrchens werden. Diese Anschauung ist jetzt als völlig haltlos allgemein verlassen worden. Hingegen ist ein anderer Modus der Neubildung von Capillargefässen als völlig sichergestellt zu betrachten. Untersucht man die seitlichen, durch- sichtigen Theile des Proschlarvenschwanzes entweder in ganz frischem Zustande , oder nach Behandlung mit Ueberosmiumsäure , oder mit dünnen Lösungen von Chlorgold, oder auch nach Erfüllung der Blut- gefässe mit durchsichtigen Lijectionsmasseu, so sieht man recht häutig an einzelnen der bereits ausgebildeten Capillarröhrchen fadenartige, mitunter verästigte Anhänge von Protoplasma, welche gewöhnlich einer conischen Verbreiterung der Capillarwand aufsitzen und an einer oder der anderen Stelle kleine Kerne erkennen lassen. Bei näherer Beob- achtung zeigt es sich, dass diese Gebilde manchmal ganz solide Stränge darstellen, in vielen anderen Fällen aber eine mit dem Capillarlumen zusammenhängende Lichtung besitzen, welche sich eine kürzere oder längere Strecke weit verfolgen lässt. Nicht selten steht ein solcher Protoplasmafaden an beiden Enden mit einer Capillare in Verbindung, Man darf sich demgemäss die Bildung der Capillarröhrchen in der Weise vorstellen, dass aus der AVand eines bestehenden Köhrchens ein Protoplasmafortsatz hervorsprosst, welcher sich allmälig zu einer Röhre umformt, deren Lichtung mit der der Capillare in Zusammenhang steht. Erst wenn dies geschehen ist, differenziren sich unter Vermehrung der Kerne die einzelnen Abschnitte der Wandung zu selbständigen Zellen — den Endothelzellen. Raneicr hat zwar dieses continnirliehe Auswachsen der CapiUaren durch Sprossenbilduug für manche Fälle /Aigegoben, aber daneben noch eine discontinuir- liche Neul^ilduug von Capillargefässen angenommen. Er führt diese letztere auf selbständige, eigenartige Zellen zurück, welche er vasoforniatire Zellen nennt. Aus ihnen soll sich, unabhängig von den bestehenden Gefässen, zunächst ein solides „vasoformatives Netzwerk" bilden, welches sich erst später mit den ersteren in Verbindung setzen und in der angeführten Weise zu wirklichen Capillargefässen umwandeln soll. Nacli den Beoliachtungen Sigou Mai/er's liegen aber Anhaltspunkte vor, dass die vasoformativen Zellen llanvier's nicht mit Neubildung, sondern im Gegentheile mit Rückbildung von Gefässen in Zusammenhang zu bringen sind. Damit würde sich das gelegentliche Vorkommen von farbigen Blutzellen im Innern dieser Gebilde allerdings besser vereinbaren lassen. Vasa vasorani. Die Wandungen der mittelgrossen und grossen Blutgefässe schliesscu zu ihrer eigenen Ernährung ein besonderes 348 Nerven der Blutgefässe. Gefasssystem in sich, welches iinter dem Namen Vasa vasorum bekannt ist. Dieselben entwickeln sich ans kleinen arteriellen Zweigen der benachbarten Gewebsformationen (in Organen, welche besondere er- nährende Blutgefässe erhalten, wie Lnnge, Leber, aus diesen), welche an die Gefässscheide herantreten und eine Strecke weit in ihr verlaufen. Sie verästigen sich daselbst und dringen mit ihren Endausläufern in die Adventitia ein, wo sie weitmaschige Netze formen und in Capil- laren übergehen. In die mittlere Arterienhaut scheinen nur ausnahms- weise Abzweigungen dieser Capillaren einzudringen. Die Intima ist immer gefässlos. Die Venenwurzeln, welche sich aus den Capillaren der Gefässwand gesammelt haben, fliessen noch innerhalb der Adven- titia zu kleinen Stämmchen zusammen, von denen je zwei ein arterielles Stämmchen begleiten, und ergiessen sich schliesslich in eine von den in der Nachbarschaft verlaufenden grösseren Venen. Nerven der Blutgefässe. Alle Blutgefässe sind mit eigenen Nerven ausgestattet. An sämmtlichen Arterien und Venen, bis auf die kleineren Ramifikationen in den Organen herab, findet sich in der Adventitia ein Geflecht von markhaltigen Nervenfasern, aus welchem sich zahlreiche Fasern abzweigen, um in die mittlere Gefässhaut einzu- treten. In dieser stellen sie ein Geflecht feiner und feinster markloser Fäserchen her, welche wohl alle zur Versorgung der Muskelelemente bestimmt sind. Durch neuere Untersuchungen Brmnei''s ist es ausser allen Zweifel gestellt, dass auch die kleinsten Uebergangsgefässchen imd die Capillaren ihre eigenen Nerven besitzen. An den letzteren laufen, diesem Autor zu Folge, gewöhnlich zwei marklose Fäserchen ent- lang dem Capillarrohre, treten ab und zu in anastomotische Verbindung und enden mit knöpfchenförmigen Anschwellungen an der Aussenseite der Capillarwand. Es pflegt dem in mikroskopischen Untersuchungen minder Erfahrenen Schwierigkeiten zu bereiten . an gegebenen Objekten zu unterscheiden , ob eine Arterie oder Vene vorliegt, ob ein Gefäss als Capillare anzusprechen sei, kurz die verschiedenen Arten der Blutgefässe sicher zu erkennen. Es mögen desshalb hier in Kürze jene Anhaltspunkte zusammengestellt werden, welche in den allermeisten Fällen — brauchbare Präparate vorausgesetzt — eine gute Orientirung ermöglichen. Diese wird um so mehr erleichtert durch den Umstand, als an den abgestorbenen Körpertheilen , welche wir zur Untersuchung vei-wenden , die Ai-terien gewöhnlich stark contrahii't sind und nur wenig Blut enthalten, während die minder contrac- tilen Venen in mehr weniger ausgedehntem Zustande verharren und in den meisten Fällen verhältnissmässig mehr Blut führen. Ob man es mit dem Längs- oder Querschnitt eines Blutgefässes zu thun habe, immer ist zunächst die Dicke der Wandung im Verhältniss zu der Weite des Gefässlumens zu berücksichtitjen. An etwas grösseren Arterien ist sie ganz Aiihalt.-iiuiikte zur Unterscheidung dw JjlutgofäsHe an Präpuratun. 349 ausnahmslos viel bedeutender als an den \'(Mien. Den vorwiegendsten Antheil der (Jefässwand bildet bei den Arterien die Media; sie ist in der Längen ansieht des (iefässes durch die dicht gestellten, quer geordneten Muskelfasern, deren Kerne •/um mindesten deutlich sind, charakterisirt. (Wo die Gefässwandung im wirklichen odei- oj)tisclien Längsschnitt vorliegt, erscheinen die circulär verlaufenden Muskel- fasern und deren Kerne mit kreisfönnigen oder elliptischen Contouren.j Hat man also eine Ax-terie mit ihrer zugehörigen Vene vor sich, so wird man sofort an der bedeutend grösseren Anzahl der qnergelagerten Muskelfasei-n die Arterie erkennen (Fig. 93), selbst dann , wenn . wie an kleinen Gefässen , der Dickenunterschied der (lesammtwandung im Verhältniss zu der Lichtung nicht klar genug in's Auge fallt. Auf dem Q"^'i'schnitt zeigt sich die Media der Arterien als tnne scharf begrenzte, compacte, concentrisch gestreifte Schichte, in welcher man vielleicht auch die Mu.-kelfasern oder ihre Kerne erkennen wird. An Arterien mittleren Kalibers si(^ht man sie von einzelnen dünnen . elastischen Streifen durch- Fig. U.'j. Längen-Ansicht einor kleinen Arterie und Vene aus flem Pankreas des Hundes. (Carmin-Glycerin- Präparat.) Der obere Theil der beiden Gefässe ist bei der Einstellung di'S Tubus auf die Axo der- selben gezeichnet und zeigt sie daher im scheinbaren Längsdurchschnitt. Der untere Theil ist bei Einstellung des Tubus auf diu Fläche der nach oben liegenden Gefässwand gezeichnet. (Hartnack. Svst. VII, Ocul. 2.) zogen (Fig. 92 A.). An grossen Arterien gilit die reichliche Entwicklung und regel- mässige Schichtung der elastischen Substanz sofort das erminschte Kennzeichen al-> (Fig. 91). Die Media der Venen unterscheidet sich, ausser durch ihre auffallend geringere Mächtigkeit noch dadurch , dass ihre concentrische Schichtung häufig von Bindegewebszügen oder von längslaufenden Muskelbündeln unterbrochen ist (Fig. 92 B.), die elastische Substanz aber stets auffallend zurücktritt. Pjinen sehr brauchbaren Anhaltspunkt für die Orientirung an Gefässquer- scbnitten gibt ferner mitunter die Beschaffenheit der Intima. Nicht als ob für gewöhnlich auffallende Structurverschiedenheiten derselben an Arterien und Venen erkennbar wären, dies ist meist nur an ganz grossen Gefässen der Fall. An allen .\rterien aber, mit Ausnahme der grossen Hauptstämme und der allerkleinsten Kndästchen, ist die Intima in zahlreiche, der Länge nach gerichtete und steil er- hobene Falten gelegt . wodurch der Innencontour der Gefässwand auf dem Quer- schnitt eine deutlich crenelirte Form gewännt (Fig. 92 u. 94 A.). Eine derartige Faltung der Intima kommt zwar in geringem Maasse auch an den Venen mitunter vor, allein sie bewirkt nur einen leicht wellenförmigen Contour des Querschnittes. Der Grund dieser Erscheinmig liegt in der beträchtlichen Contraction der mittleren Arterienhaut : je .stärker diese ist. desto steiler erscheinen die Falten. 350 Anhaltspunkte zur Unterscheidung der Blutgefässe an Präijaraten. Auch eine andere Erscheinung ist in der Contraction der Media begründet, insofeme . als durch sie die Festigkeit der Gefässwandung erhöht "wird. An ge- härteten Präparaten findet man nemlieh die Gesammtform der Arterie im Quer- schnitt stets kreisförmig oder nur wenig oval; die Venen hingegen zeigen sich theils ganz abgeplattet, theils elliptisch (Fig. 94) oder bisquitförmig, bald unregel- mässig eingebuchtet u. s. w. In seltenen Fällen , und zwar nur dann , wenn sie ganz ijrall mit Blut erfüllt sind, oder wenn sie durch ihre Anheftung an verhält- nissmässig starre, umgebende Gewebe am Zusammenfallen gehindert werden (Leber- venen), erscheinen sie mehr weniger kreisrund. Fig. 94. Quorschiiitt durch eine Arterie (A) uud eine z\igehörige Vene (B) des menschlichen Mesenterium nach Härtung in Chromsäure, a. Intima, b. Media, c. Adventitia. (Hartnack, System VII, Ocul. 2.) Die Adventitia gibt nur geringe Anhaltspunkte für die Unterscheidung von Venen und Arterien am gehärteten Präparate. Allerdings überwiegt sie an Dicke bei mittleren und grössei-en Venen gegenüber den entsprechenden Arterien, sowohl absolut, als namentlich im Verhältniss zur Media. Allein abgesehen davon, dass die äussere Grenze der Adventitia gewöhnlich nicht scharf ausgeprägt ist, fällt der genannte Unterschied an kleinen Gefässen kaum in's Gewicht. Nur in den Fällen, wo bei Arterien die Entwicklung des elastischen Gewebes im inneren Antheil der Adventitia scharf ausgesprochen ist (Fig. 92 A.j, oder aber, wo bei Venen die längs- laufende Muskulatur deutlich erkennbar wird, liegen darin verlässliche Kriterien. Es kann endlich nicht genug hervorgehoben werden, dass man bei Würdigung- aller jetzt genannten Momente stets zweierlei im Auge behalten muss, wenn man .sich vor Täuschung bewahren will: und zwar erstens die Oertlichkeit. aus welcher Steissdrüse. - Carotisdrüse. 351 das Präparat entnommen ist, weil darnach Verschiedenheiten im Bau der Gefässe gegeben sind, und zweitens den Füllungszustand der Gefässe, weil dadurch di»^ Dickenverhältnisse ihrer Wandungen beeinflusst werden. Als CapiUare kann ein Blutgetäss dann mit Sicherheit angesprochen werden, wenn es entweder den Bestandtheil eines für die gegebene Körperregion charakte- ristisch gearteten Capillarsystenis bildet , oder aber wenn man — gutes Präparat vorausgesetzt — sicherzustellen vermag, dass nur ein einfacher Wandeontour an demselben voi'handen ist. Anbang. Steissdrüse, Carotisdrüse. Die Steissdrüse {ylandula coccy(jea) besteht im Wesentlichen aus Convohiten grösserer und kleinerer Bhitgefässe, welche durch ziemlich straffes Bindegewebe an einander gehalten werden. Die frühere Annahme, dass sie auch drüsige Elemente enthalte, hat sich als irrig erwiesen: sie war dadurch entstanden, dass man an Durchschnitten des gehärteten Objektes zahlreiche grössere und kleinere rundliche Hohlräume, theils einzeln, theils zu Gruppen vereinigt, daneben auch schlauchartige Bil- dungen antrifft, welche mitunter von einer undeutlich körnigen Masse erfüllt, häufig aber ganz leer erscheinen. Nachdem man aber gesehen hatte , dass durch Injection farbiger Massen von der Arteria sacralis media aus alle diese Hohlräume erfüllt werden können, hat man als- bald auch an den Wandungen derselben alle Bestandtheile von Gefäss- häuten , quere Muskellagen , Endothelbelag u. s. w. nachzuweisen ver- mocht. Es zeigte sich, dass durch den Stiel der Drüse von der genannten Arterie her mehrere Zweige in das Innere des Knötchens eintreten, sich dort alsbald beträchtlich erweitern und einen vielfach gewundenen Verlauf annehmen. Von Strecke zu Strecke besitzen die Gefösswände auch blasenartige, halbkugelförmige Aussackungen. Aus diesen weiten Gefässen entspringen kleinere von dem Aussehen von Capillaren, welche unter mehrfachen Schlängelungen in die Anfänge der Venen übergehen. Diese sammeln sich, ebenfalls unter gewundenem Verlauf, zu mehreren Stämmchen, welche an der Seite der Arterien durch den Stiel der Drüse austreten. In dem Bindegewebe, welches zwischen den beschriebenen Gefässbildungen gelegen ist, sind auch feine Bündel markhaltiger Nerven- fasern nachgewiesen worden. Die Carotisdrüse (glandida carotica , auch gamjlion intercaroticwn genannt) ist als eine ganz analoge Bildung wie die Steissdrüse er- kannt worden. Sie besteht dem Wesen nach ebenfalls aus Convoluten grösserer und kleinerer Gefässe, zeichnet sich aber vor jener durch einen beträchtlichen Reichthum an Nervenfasern und Ganglienzellen aus. 352 ^'^^ Lymphgefässsystem. Die eigenthümlicheu Formationen der Steissdrüse sowohl, als aucli die der Carotidendrüse liat man als verkümmerte Reste embryonaler Gefässausbreitimgen gedeutet (Arnold) ; jedenfalls werden beide Gebilde ganz mit Unrecht als Drüsen bezeichnet. II. Das Lymphgefässsystem. Die verscliiedenen Abtheilimgen des Lymphgefässsystemes zeigen eine grosse Mannigfaltigkeit in den Formverhältnissen, besonders wenn ihre Eigenthümlichkeiten in der ganzen Wirbelthierreihe zum Ver- gleiche herangezogen werden. Gewisse Abschnitte der Lymphbahn bestehen aus cylindrisch röhrenförmigen Kanälen mit ganz selbständigen Wandungen, für welche man im eigentlichen Sinne des Wortes den Namen Lymphgefässe gebrauchen kann. Sie lassen sich eintheilen in die Lijmphgefässstämme und -Stämmchen , d. s. grössere und kleinere, dem freien Auge und der Präparation noch zugängliche Gefässe , und in die Lymphcapülaren ^ meist netzartig angeordnete, mikroskopisch kleine Röhrchen, deren Abzugswege eben in die Lymphgefässstämmchen einmünden. Das Verhältniss dieser beiden Abtheilungen zu einander ist ganz analog dem der Blutgefässcapillaren zu den Venen, wobei jedoch der Umstand hervorzuheben ist, dass das Lymphcapillarsystem nur nach einer Seite hin mit grösseren Gefässen in Zusammenhang steht, nach der anderen Seite jedoch in sich geschlossen ist. Andere Abschnitte der Lymphbahn weichen so sehr von dem morphologischen Charakter, mit welchem von den Anatomen gewöhn- lich der Terminus „Gefäss" verknüpft wird, ab, dass man für sie ganz zweckmässig den Namen Lymphraum — Lymphsinvs gebraucht. Es sind dies mehr oder weniger unregelmässig gestaltete Erweiterungen der Lymphbahn, welche ab und zu in den Lauf der wahren Lymph- gefässe eingeschaltet sind, stellenweise sie auch vollständig ersetzen. Meistens stellen sie Aequivalente von Lymphgefässstämmen oder -Stämm- chen, seltener von Lymphcapillaren dar. Erhalten solche Lymphräume eine besonders grosse Ausdehnung, so führen sie auch den Namen Lymph- cysternen oder Lymphsädte. Die Lymphräume besitzen zwar insoferne eine eigene Wandung; als sie von einer geschlossenen Endothelhaut unmittelbar umgrenzt werden ; jedoch verliert diese Wandung in vielen Fällen dadurch an Selbständigkeit, dass sie nur als ein zarter, zelliger Belag anderartiger Körperbestandtheile auftritt, und somit in mechani- •scher Beziehung eigentlich die letzteren die Rolle der Wandung über- nehmen, z. B. die äussere Haut für die subcutanen Lymphräume der Lyniphgefässsystcin. — Lymphcapillaren. 353 Batrachier, das Bauchfell für die sog. Cysterna lymphatica magna der Amphibien , das adenoide Gewebe für die Lymphräume der Lymph- knoten der höheren Wirbelthiere u. s. f. Eine Frage von höchst einschneidender Bedeutung, welche viel- fach discutirt, aber noch immer nicht zu einem befriedigenden Ab- schluss gebracht worden ist, betrifft das Verhältniss der kleinsten pe- ripheren Lymphgeftlsse zu den verschiedenen Geweben und insbesondere zu dem Bindegewebe. Es handelt sich in dieser Beziehung um die Entscheidung, ob es allerorts ein gegenüber den Geweben vollkommen abgeschlossenes Lymphcapillarnetz gibt, etwa wie das Blutcapillar- system, oder ob die Spalten und Lücken der Gewebe, namentlich des Bindegewebes, in offener Communikation mit den Lymphgefässen stehen, somit auch noch den Lymphbahnen zuzuzählen sind. Eine Eigenthümlichkeit des Lymphgefässsystems gegenüber dem Blutgefässsysteme besteht endlich darin, dass es an bestimmten Stellen des Körpers mit eigenartigen Parenchymen in innige Beziehung tritt, deren Hauptbestandtheil das adenoide Gewebe darstellt. Dieses ist zum Theil zu ganz selbständigen Organen gestaltet (Lymphknoten und Thymus), zum Theil aber in kleinen, minder scharf abgegrenzten Herden durch den Verdauungsapparat und auch in einzelnen anderen Körper- gegenden vertheilt. 1) Die Lymphgefässe. Der Beschreibung ihres feineren Baues müssen einige kurze Be- merkungen über Form, Verlauf und Anordnung vorausgeschickt werden. Die Lymphcapillaren stellen in den verschiedensi;en 0 ertlichkeiten des Thierkörpers netzartig unter einander zusammenhängende, äusserst dünnwandige, mikroskopisch kleine Gefässchen dar, welche gewöhnlich nur in injicirtem Zustande unserer Beobachtung zugänglich sind. Trotz ihrer mannigfachen Aehnlichkeit mit den Blutcapillaren lassen sie sich doch bei einiger Uebung nicht schwer von diesen unterscheiden (Fig. 95). Lymphcapillaren zeigen selten eine regelmässig cylindrische Form, sondern sind häufig mit leichten Ausbuchtungen und Einschnü- rungen versehen. Fast constant beobachtet man eine auffallende Ver- breiterang an ihren Theilungsstellen. Sie sind ferner durchgehends weiter oder wenigstens mehr erweiterungsfähig, als die Blutcapillaren, wobei die Röhrchen eines Capillarsystems ein ziemlich verschiedenes Kaliber besitzen können. An vielen Stellen bemerkt man auch in grösserer Anzahl blind endigende Röhrchen, welche sich dann gewöhn- lich über das Niveau des Capillarnetzes erheben; sie sind als Analoga der Capillarschlingen der Blutgefässe zu betrachten. Die capillaren Lymphgefässnetze selbst sind in der Mehrzahl der Fälle gröber, als Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 23 354 l.ymphcapillaren ; ihre nächsten Abzugswege. Fig. 95. die der Blutgefässe. Ihr Lageverhältniss zu den Blutgefässcapillaren gestaltet sich in der verschiedensten Weise : entweder die beiden Capillar- formen laufen unter einander parallel (Hoden, Nickhaut des Frosches), oder sie durchflechten sich gegenseitig (Schwimmhaut des Frosches), oder endlich die beiderseitigen Ausbreitungen sind mehr weniger voll- ständig von einander getrennt (in manchen Schleimhäuten). In letzterem Falle liegt das Netz der Blutcapillaren häufig oberflächlicher, als das der Lymphcapillaren. Wie die Blut- gefässcapillaren, sind auch sie zumeist in Bindegewebe eingelagert und be- rühren nur ausnahmsweise unmittelbar andersartige Gewebselemente. Netze von Lymphcapillaren sind insbesondere auch in verschiedenen Bindegewebs- Membranen nachgewiesen worden, z. B. im Periost (Schwalbe, A. Budc/e), im Perichondrium (G. und F. Hoggan), in den Fascien und Aponeurosen (Lud- inig und Schiveigg er- Seidel) u. s. w. Die nächsten Abzug shanälchen der Lymphcapillarnetze erscheinenin Forn^ von kurzen, meist bauchig gestalteten Röhrchen. Sie anastomosiren vielfach unter einander und treten an manchen Orten (z. B. Haut, Schleimhäute) zu einem förmlichen Netzwerk zusammen, welches sich durch seine Lage und durch die grössere Weite seiner Röhr- chen und Maschen von dem Capillar- netze unterscheidet. Sie führen ge- wöhnlich schon zahlreiche, in kurzen Intervallen auf einander folgende Klappen (Fig. 96), welche, wie in den Venen, paarig einander gegen- über gestellt sind. Dadurch erlangen diese Gefässchen im ausgedehnten Zustande ein ganz charakteristisches Aussehen. Es befindet sich nem- lich centralwärts von einem jeden Klappenpaare eine bauchige Erwei- terung des Gefässes, welche an Stelle der Klappe selbst einer scharf ausgeprägten Einschnürung Platz macht. In dieser Weise gewinnt jedes zwischen zwei Klappenpaaren befindliche Gefässstück eine flaschen- artige Form, den Boden der Flasche peripheriewärts gekehrt; das ganze Gefäss erscheint rosenkranzförmig. Die aus diesen gröberen Netzen hervorgehenden Lyniphgefäss- Lymphgefäss - Capillaren aus der äusseren Muskiilatur des Frosclimagens. Injection mit opakem, gelbem Leiin. (Hartnack, Syst. II, Ocnl. 2.) Lymphgefässstämme und -Stiumiicheii. 355 stämtiichen sind bereits von cUisehnlicher Weite, stets mit reichlichen Klappen versehen und im injicirten Zustande dem freien Auge leicht wahrnehmbar. Auch sie gehen mehrfache Anastomosen unter einander ein, fliessen aber bald zu etwas stärkeren Stämmchen zusammen. Diese Kategorie von Lymphgefässen schliesst sich gewöhnlich dem Laufe der Blutgefässe an und zwar so, dass innerhalb der Organe meist nur ein L3^mphgefäss an der Seite einer Arterie liegt, ausserhalb Fiar. 96. Ji'/.'fiA.. Klappeuführende LyBiphgefässe aus dem submiicösen Lymphgefässnetz der Conjunctiva bvilbi des Menschen. Injection mit Berlineiblau. (Hartnack, Syst. II, Ociil. 2.) derselben aber die kleineren Arterienzweigchen immer von zwei Lymph- gefässen begleitet sind, welche durch eine fortlaufende Kette von capil- laren Anastomosen unter einander zusammenhängen (Fig. 97). Dadurch werden die arteriellen Stämmchen förmlich von einem Lymphgefäss- netze umsponnen, welches, jedoch mit nur spärlichen Zweigchen, auch auf die begleitenden Venen übergreift. Aus ihnen sammeln sich die grösseren Lymphgefässstämme, deren Verlauf und Anordnung Gegen- stand der systematischen Anatomie ist. Die histologischen Verhältnisse anlangend, ist die Wandung der Lymphcapillaren einzig und allein aus einer einfachen Lage von Endothel- 356 Bau der Ljanphgefässe. Fi^. 97. '\1 Zellen zusammengesetzt, welche sich von denen der Blutcapillaren im Allgemeinen durch grössere Breite, vorzüglich aber durch ihre un- regelmässig ausgebuchteten Ränder unterscheiden. Sie sind nur an Objekten, welche mit Silbersalpeter injicirt sind, zu erkennen. Eine Adventitia capillaris fehlt ausnahmslos. Auch an den den Capillaren zunächst folgenden Lymphgefässchen ist häufig nur eine einfach contourirte, endotheliale Wand nachweis- bar, nur selten kann man aus einem zweiten zarten Contour das Vorhandensein einer wahrscheinlich struc- turlosen umhüllenden Membran erschliessen. Im wei- teren Verlaufe aber entwickelt sich eine deutliche fibrilläre Aussenschicht, in welcher zunächst nur ein- zelne, feine elastische Fäserchen und ab und zu auch quer- und schräggerichtete glatte Muskelfasern ein- gestreut sind. Flemming hat in der Wand solcher Gefässchen neben den Miiskelfasern noch eigenthüm- liche verästigte Zellen nachgewiesen, welche sich mit ihren zarten, blassen Ausläufern netzartig verbinden und in ihrem Verlaufe sich vielfach den Muskelfasern anschliessen. Der genannte Autor ist geneigt, diese Zellen als Vorstufen von glatten Muskelfasern anzu- sehen. Eine deutliche Schichtung der Wand tritt erst an Lymphgefässen hervor , welche im ausgedehnten Zustande 0'8 — 1 Mm. Durchmesser besitzen. An diesen , sowie an allen grösseren Stämmen unterscheidet man, analog den Blutgefässen, drei Häute, von denen die innerste nebst dem Endothel noch feine elastische Fasernetze enthält. An der Innenhaut der Lymphgefässstämme der unteren Extremitäten finde ich beim Menschen stets eine — wenigstens im Be- reiche des Oberschenkels — stark entwickelte quere Muskelschichte. Die mittlere Haut zeigt sich fast aus- schliesslich aus einer mehrfachen Lage quergestellter glatter Muskelfasern zusamm-engesetzt ; elastische Ele- mente sind nur sehr spärlich vertreten. An den grös- seren Stämmchen der unteren Extremitäten findet sich zwischen Media und Intima eine dünne Bindegewebsschichte mit längs verlaufenden. zarten Fibrillen und einigen ebenfalls der Länge nach ziehenden glatten Muskelfasern. Die Adventitia besteht aus fibrillärem Bindegewebe mit feineren und gröberen elastischen Fasernetzen, welche theils der Länge nach, theils in schräger Richtung geordnet sind. Fast alle nur etwas grösseren Lymphgefässstämmchen lassen in der Adventitia zerstreute, Arterienzweig, von zwei Venen begleitet, mit einem umspinnen- den Lymphgefässnetz ; das letztere mit Ber- linerblau injicirt. Alis dem subcutanen Binde- gewebe des Menschen. (Hartn., Syst. I, Ocul. 2.) (17 fache Vergrösse- rung.) Lymphsinus. 357 parallel den Bindegewebszügen verlaufende Bündel von glatten Muskel- fasern erkennen. An einzelnen Oertlichkeiten, z. B. an der Ohrmuschel der Ratte, hat Do(jiel ein eigenthümliches Netz von Blutcapillaren nacl;- gewiesen, welches die Wandung grösserer und kleinerer Lymphgefäss^e umspinnt. Das Dickenverhältniss der einzelnen Wandschichten wechselt nach den ver- schiedenen Oertlichkeiten. Bei den Gefässen der Rumpfhöhlen und des Halses ist die Intima verhältnissmässig sehr dünn, Media und Adventitia ungefähr einander an Stäi'ke gleich, oder die letztere übenviegend. An den unteren Extremitäten, wo die Muskelanlagerung eine beträchtliche Verdickung der Tntima erzeugt . kann diese der Media fast gleichkommen. Der Ductus thoraclcits besitzt ebenfalls eine verhältnissmässig starke Intima, jedoch scheinen ihr die Muskelfasern völlig zu fehlen. Hingegen gelangt die elastische Substanz in Form von engen Fasemetzen zu einer bedeutenden Entwicklung: auch jene streifigen Lagen, welche oben an der Innenhaut der grösseren Arterien beschrieben worden sind, kommen ganz in derselben Gestalt und Lage dem Ductus thoracicus zu. Die Muskelbündel seiner Adventitia überkreuzen sich mehrfach . in schräg zu der Längsaxe verlaufenden Richtungen. 2) Die Lyiiiphsiiius. Sie sind oben als verschieden gestaltete, an gewissen Stellen vor- kommende Erweiterungen der Lymphbahn definirt worden . deren Wandung durch eine continuirliche Endothellage gebildet wird. Ihre hauptsächlichsten und am weitesten verbreiteten Fundstätten bei Säuge- thieren und beim Menschen sind die Lymphknoten ; ich verweise mit Bezug darauf auf die weiter unten folo-ende Beschreibung der letzteren. Auch au einigen anderen Oertlichkeiten kommen sie vor, jedoch erreichen sie nicht annähernd jene Ausdehnung, wie bei den niederen Wirbel- thierklassen, sondern sind meist nur der mikroskopischen Beobachtung zugänglich; auch wechseln die Verhältnisse sehr bei den verschiedenen Ordnungen, ja selbst Species der Säugethiere. In vielen Fällen sind auch die Anschauungen der verschiedenen Forscher keineswegs über- einstimmend. Sicher constatirt ist das Vorkommen von sinusartigen Lymphräumen an den lymphoiden Follikeln des Darmes bei dem Kaninchen. Es stellen diese, wie an dem betreffenden Orte näher ausgeführt werden soll, kugelförmig gestaltete Massen von adenoidem Gewebe dar. welche stellenweise in die Wand des Darmes eingeschaltet sind. Diese Follikel werden mit dem grössten Theile ihrer Peripherie von einem Lymphraume umschlossen, so dass nur ein kleines, der inneren Fläche des Darmes zugewendetes Segment derselben frei bleibt. Der Lymphraum besitzt daher die Form einer Kugelschale . welche dem Follikel aufgesetzt ist. Die durch eine einschichtige Endothellage gebildete Wand des Lymphraumes zerfällt in einen Theil, welcher der Oberfläche des Follikels anhaftet, und in einen anderen, welcher an 358 Perivasculäre Lymi^hräume. dem umliegenden Bindegewebe befestigt ist, so dass man sicii das Verhältniss ungefähr in der Weise vorstellen kann, als wäre durch den Follikel ein blasenförmiger Lymphraum von einer Seite her ein- gestülpt worden. Es muss aber sogleich bemerkt werden , dass bei vielen anderen Thieren derartige Sinus um die Darmfollikel nicht vor- kommen, und dass namentlich beim Menschen an Stelle derselben ein umspinnendes Netz von Lymphcapillaren tritt. Hier ist auch der Ort, von den sogenannten perivasculären liäwnen zu sprechen. Man versteht darunter Lymphräume, welche scheidenartig grössere oder kleinere Blutgefässe umgeben. In typischer Form finden sich solche in dem Mesenterium des Frosches. In demselben sind alle stärkeren Aeste und Zweige der Arteria und Vena mesenterica in ihrem ganzen Verlaufe von Lymphräumen umschlossen, welche sich sämmtlich in die grosse Lymphcysterne an der hinteren Bauchwand ergiessen. Die Wandung dieser Lymphräume besteht aus einer ein- schichtigen Endothellage , welche einerseits die periphere Oberfläche der Blutgefässe überkleidet, andererseits dem umgebenden Bindegewebe des Mesenteriums aufgelagert ist. Ab und zu werden diese Lymph- räume von bindegewebigen Balken durchzogen , welche von der Ad- ventitia des Blutgefässes zur peripheren Wand des Lymphraumes hin- gespannt sind. An anderen Stellen finden sich beim Frosche ähnliche Invaginationen kleinerer Blutgefässe nicht vor. Wenn dies früher auch mehrfach vermuthet wurde, so haben die diesbezüglichen Untersuchungen ('. Langer's den entschiedensten Gregenbeweis geliefert. Hinsichtlich der Säugethiere und des Menschen ist das Vorkommen von perivasculären Lymphräumen von vielen Seiten beschrieben und behauptet worden, unter Anderen: durch Mac Gülavry für die radiären Capillaren der Leber, durch His für die Gefässe des centralen Nerven- systems und der Retina, durch W. Müller für die Milz, und durch Schwalbe und durch Ä. Budge für die Blutgefässe der Havers'schen Kanälchen der Knochen. An allen diesen Orten können in der That perivasculäre Räume dargestellt werden, wenn man mit Hülfe des so- genannten „Einstichverfahrens" Injectionsmasse in die Gewebe eintreibt. Allein es liegt das Bedenken nahe , dass durch diese Methode die Spalten des Bindegewebes ausgedehnt, der lockere Zusammenhang der Gewebselemente mit der Gefäss-Adventitia gelöst wird und so künst- lich Räume zur Darstellung gelangen, welche im Leben nicht, oder zum mindesten nicht in dieser Form existiren. Dieses Bedenken wird dadurch nicht beseitigt, dass man mitunter gleichzeitig benachbarte wahre Lymphgefässe mit der Injectionsflüssigkeit erfüllt findet; denn man ist nicht im Stande, die Wege nachzuweisen, auf welchen dieselbe in dem gegebenen Falle in die Lymphgefässe eingedrungen ist, und Perivasculäre Lymphräuine. 359 ■e.s ist insbesondere nicht möglich, den direkten Zusammenhang der letzteren mit den perivasculären Räumen sichtbar zu machen. Von einigen Autoren wird auch angeführt . dass sie in diesen perivasculären Räumen eine endotheliale Auskleidung nachweisen konnten. Nach meinen ziemlich zahlreichen Erfahrungen kann man bei Benützung des Silberleimes als Injectionsmasse wohl mitunter, L. B. an den Gefässen der Grosshirnrinde, an beschränkten Stellen der perivasculären Räume eine Silberzeichnung wahrnehmen ; allein niemals habe ich sie so typisch und so regelmässig, und auf längere Strecken hin gesehen . wie man sie an unzweifelhaften Lymphräumen Fi^. 98. .1. Encloth-l iloi- grossen Lymphcjstvrne dos Frosches nach Behandlunij; mit salpft/rsaurera ailberoxyd und Färbung mit Alawn-Carmin. b. Peritoneal-Epithel an d;r vorderen Wand der grossen Lyinphcysterne des Frosches mit einem Stoma. Dieselbe Behandlung. (Hartnack, Syst. VIII, Ociil. 3.)' (z. B. am Mesenterium des Frosches) jederzeit ohne die geringste Schwierigkeit finden kann. Da ich die Silberzeichnungeii nur dann für verlässlich und beweiskräftig ansehen kann , wenn sie rein and in typischer Gestalt hervortreten, so vermag ich den erwähnten Befunden kein entscheidendes Gewicht beizulegen. Aus den entwickelten Gründen halte ich es nicht für hinreichend erwiesen, dass die bei Säugethieren und beim Menschen in der angegebenen Weise dargestellten perivas- culären Räume während des Lebens in dieser Form als Bestandtlieile des Lymphgefässsystems bestehen. Von Wichtigkeit ist die Thatsache, dass ein offener Zusammen- hang zwischen dem Lymphgefösssysteni und den grossen serösen Körper- höhlen besteht. Dieses Verhältniss lässt sich am besten beim Frosch, :^60 Zusammenhang der Lymplibahnen mit den serösen Höhlen. an dem Theile des Bauchfelles, welcher als eine zarte Membran die Cysterna magna von der Bauchhöhle abgrenzt, constatiren {Schweigger- Seidel und Dogiel). Nach Behandlung desselben mit Silbersalpeter (am besten Einspritzen von Silberleim in die Cysterne) erkennt man deutlich die differente Form der Zellen an den beiden Oberflächen dieser Membran und ausserdem zahlreiche, feine, 11 — 35 ;j. im Durch- messer haltende, runde oder ovale Lücken (Stomata), welche in derselben zerstreut vorkommen (Fig. 98). Häufig sind diese Lücken gegen die Lymphcysterne zu etwas weiter als gegen die Bauchhöhle, so dass sie gewissermassen kurze Trichter darstellen, durch welche hindurch die beiderlei Endothelformen in Zusammenhang treten. Durch eine eigen- thümliche Anordnung der dem Lymphsack angehörigen Endothelzellen in der nächsten Umgebung der Stomata, und namentlich dadurch, dass die Kerne der ersteren sich dicht um den Rand der letzteren gruppiren^ wird man auch dann auf die Stellen, wo sich derartige Oeffnungen befinden, aufmerksam gemacht, wenn diese durch Aneinanderlagerung- ihrer Ränder oder durch eingekeilte lymphoide Zellen und dergl. ver- schlossen sind. An Säugethieren hat in ähnlicher Weise Dghkowsky für die Pleura- höhle und V. liecklinghausen , sowie Ludicig und Schiceigger- Seidel für den Bauchraum einen direkten Zusammenhang mit dem Lymphgefäss- systeme festgestellt. Mit Bezug auf die erstere ist interessant, zu er- fahren, dass die als feine Spalten zwischen den Epithelzellen gelegenen Stomata nur in dem parietalen Theile der Pleura, und da nur ent- sprechend den Intercostalräumen, nie über den Rippen sich finden. Die Stelle, wo der Bauchraum bei Säugethieren mit demLymphgefäss- system communcirt, ist der sehnige Theil des Zwerchfells. Derselbe ist aus derben, sehnigen Bindegewebssträngen geformt, welche kanal- artige Räume zwischen sich fassen, deren Auskleidung von den für die Lymphbahnen charakteristischen Endothelzellen gebildet wird. Ueber diese Kanäle ist das Peritoneum frei hinweggespannt und zeigt hier nicht nur eine viel lockerere Fügung seiner BindegeAvebsbündel, sondern auch eine eigenthümliche Beschaffenheit seiner Epithellage. Die Zellen der letzteren sind nemlich auffallend kleiner als an allen anderen Stellen des Bauchfells und lassen zwischen sich feine Oefi^'nungen erkemien» welche in die unterliegenden Räume führen. Es ist hervorzuheben,, dass man sowohl an der eben beschriebenen Stelle der Bauchwand^ als auch an der Pleura ganz leicht eine schöne Füllung der Lymph- gefässe erhält, wenn man einen gelösten oder feinkörnig vertheilten Farbstoff in die entsprechenden Höhlen einführt und durch öfteres Aufblasen der Lunge für eine leichte Bewegung der Theile Sorge trägt. Hat man eine Silberlösung zu diesem Verfahren benützt, so kann man Verhältniss der kleinsten Lyniphgefässe zu den umgebenden Geweben. SCA ganz wohl das Epithel der serösen Haut mit dem Endothel der darunter- liegenden Lymphräume in Berührung treten sehen. ToHrneux und HemiKmn haben versucht, alle die erwähnten Coni- munikationen des Lympligefässsystems mit den serösen Räumen in Alf- rede zu stellen. Mir scheint es indessen nicht zulässig, die beschriebenen Befunde, welche bei geeigneter Präparation an Klarheit nichts zu wün- schen übrig lassen, in einem anderen Sinne zu deuten. 3) Das Verhältniss der kleinsten Lymphgefässe /u den sie umgebenden Geweben. Die Herkunft der Lyniphflttssigkeit darf man sich in folgender Weise vorstellen: Von dem in den Capillaren und überhaupt in den kleinsten Blutgefässen kreisenden Blute verlässt ein Theil des Wassers sammt verschiedenen darin gelösten , festen Bestandtheilen auf dem Wege der Filtration und Exosmose die Blutbahn. Diese mit dem Namen des Farenchi/nisaftes (Gewebssaftes) bezeichnete Flüssigkeit wird von jenen theils ausserordentlich feinen , theils aber gröberen Lücken und Spalten beherbergt, welche die geformten Elementartheile der Gewebe zAvischen sich übrig lassen. Da die Ausdehnung und die Ge- staltung derselben zumeist von der Menge des eben vorhandenen Gewebssafts abhängig sind, unterliegen sie innerhalb gewisser Grenzen einem steten Wechsel. Von den Gewebssäften gelangt nun eine ge- wisse, nach dem bestehenden Funktionszustande des Gewebes variirende Menge ihrer Bestandtheile in das Innere der umliegenden geformten Elementartheile, um dort dem Stoffwechsel zu dienen, Avährend um- gekehrt eine gewisse Menge von Stoffen aus diesen wieder an die Parenchymsäfte abgegeben wird. Andererseits aber bilden die Gewebs- säfte die Quellen der Lymphflüssigkeit. Nun stellt sich die ebenso wichtige als schwierige Frage in den Weg, in welcher Weise denn die Parenchymsäfte in das Innere der Lymphgefässe gelangen. Dafür sind zwei von einander grundver- schiedene Modalitäten denkbar. Es können erstens die Wandungen der besprochenen Gewebsspalten unmittelbar in die Wandungen der feinsten Lymphgefässe übergehen, und der Gewebssaft findet dann die Möglichkeit, so wie er ist, aus den Gewebsspalten in die Lymphgefässe zu übertreten; in diesem Falle ist für die einzelnen Gewebsbezirke der Gewebssaft identisch mit der Lymphe. Die Anhänger dieser Lehre drücken dies damit aus, dass sie sagen, die Lymphgefässe Jiätten offene Wurzeln, oder die Geu'ehsspalten^ hezifluDu/siveise die Saftkanälchen seien die Wurzeln der Lymph (je fasse. Zweitens aber kann man die Ansicht vertreten, die feinsten Lymph- 362 A'erhältniss der kleinsten Lymphgetasse zu den umgebenden Gewelten. gefüsse (die Caiiillareu) ständen in demselben morphologischen Ver- hältniss zu den Gewebsspalten, wie die Capillaren der Blutgefässe, d. h. die Lymphcapillaren seien von den Getrebsspalten allenthalben durch eine eigene Wandung abgeschlossen. In diesem Falle könnte der Parenchym- saft nur auf dem Wege der Endosmose in das Innere der Lymphgefässe g'elangen, die Lymphflüssigkeit wäre daher nicht identisch mit dem Parenchymsaft, sondern ein Transsudat des letzteren. Es lässt sich nicht leugnen, dass dermalen die Mehrzahl der Histologen entweder mit grosser Energie die erstere Ansicht als die allein richtige verficht oder mindestens ihr mehr oder weniger zuneigt. Dennoch kann ich nicht umhin, auszusprechen, dass von jenen That- sachen, welche zur Entscheidung dieser Frage bis nun vorliegen, die am wenigsten anfechtbaren der zweiten Ansicht entschieden das Wort sprechen, und dass andererseits nichts Thatsächliches vorliegt, was im Stande wäre, dieselbe vollständig zu widerlegen. Die endgültige Ver- ständigung wird indessen wohl noch lange auf sich warten lassen. Es mögen nun die wichtigsten von den hierher gehörigen Beobachtungen angeführt werden. Es wurde betreffenden Ortes bereits hervorgehoben, dass die Ramifikation der Blutgefässe stets innerhalb einer bindegewebigen Um- gebimg erfolge, und dass das interstitielle Bindegewebe der Organe stets auch den Träger für die Blutcapillaren abgebe, ebenso wie anderer- seits auch die Lymphcapillaren durchgehends im Bindegewebe eingelagert sind. Daraus geht hervor, dass gerade die in dem fibrillären Bindegewebe enthaltenen Gewebslücken (vergl. S. 113) jene Stätten sein müssen, aus welchen vorzüglich die Aufnahme der Lymphe in die Lymphcapillaren erfolgt. In der That hatten Ludwig und Tomsa, sowie Brücke, gestützt auf die Ergebnisse von Injectionen, die Anschauung vertreten, dass die zwischen den geformten Baumitteln des Bindegewebes übrig bleibenden spaltenartigen, unregelmässigen Räume die offenen Wurzeln der Lymph- gefässe darstellten. Bald aber erhielt diese Lehre eine bedeutende Modifikation durch die umfassenden Untersuchungen v. BecMinghausen'f<. Nachdem dieser Forscher in der Behandlung thierischer Gewebe mit schwachen Lösungen von Silbersalpeter die beste Methode zur Erforschung feinster Lückenbildungen in denselben gefunden zu haben glaubte, ging er zunächst damit zur Entscheidung der uns beschäftigenden Frage vor. Legt man nemlich bindegewebige Membranen in Lösungen von salpetersaurem Silberoxyd (ungefähr 0-5 — 0'2"/o) auf so lange Zeit, bis sie deutlich eine weisse Färbung erkennen lassen, und wäscht sie dann mit Wasser aus, so erhält man, nachdem das Präparat eine Zeit lang dem Lichte ausgesetzt war, eine braune Färbung desselben. Die Untersucliuno: mit stärkeren Yergrösserungen lehrt nun, dass das Ver- \'('rhiiltiiiss der kleinsten Lympligefässe zu den unif^obcnden Geweben. ;;()3 hellten des reducirten Silbers zu den Gewebsbestandtheilen ein ver- schiedenes sein kann. Einmal bemerkt man eine gleichartige, braune Färbung der Grundsubstanz des Bindegewebes , während die Lücken zwischen derselben sich als vollkonmien farblose, verschieden gestaltete Figuren sehr scharf hervorheben. Ein anderes Mal aber bleiben die geformten leinigebeiiden Theile des Bindegewebes fast ganz farblos, und es hat sich in den Lücken zwischen denselben, sowie auch in den Bindegewebszellen ein körniger, schwarzer Niederschlag gebildet. In noch anderen Fällen erhält man eine gleichmässig diffuse, braune Fär- Inuig des ganzen Präparates mit regellos eingestreuten, schwarzen i'ig- 91». Körnchen. Es muss noch hinzugefügt werden, dass man an verschiedenen Stellen eines und desselben Prä- parates, selbst bei vorsichtigster Behandlung, gewöhnlich alle drei genannten Silbereinwirkungen be- obachten kann, und dass man es ülierhaupt nicht in seiner Gewalt hat. etwa durch besondere Modi- fikationen der Luprägnation stets die eine oder die andere Wirkung zu erzielen. Die am meisten constanten Silberwirkungen erhält man, wenn man die frische Hornhaut des Auges zu der Imprägnation benützt, und so ist denn auch diese zu einem vielbesprochenen Untersuchungsobjekt für die uns beschäftigende Frage geworden. Es zeigt sich hier, be- sonders wenn man den Bulbus in toto in die Silberlösung gebracht hat (was namentlich mit dem Froschauge gut möglich ist) , und erst nach geschehener Imprägnation die Hornhaut ausschneidet, ziemlich regelmässig die vorhin erst genannte Silberwirkung. Man findet nem- lich bei Untersuchung der Hornhaut oder einzelner ihrer Lamellen von der Fläche her ein zierliches helles Netzwerk von der braungefärbten Grundsubstanz scharf abgehoben, an welchem man breitere, oblonge Felder und von diesen ausstrahlende feinere und gröbere, gerade oder zackige, weisse Linien unterscheiden kann , welche sich vielfach unter einander und mit den breiteren Feldern verbinden (Fig. 99, auch Fig. 170). Diese hellen Figuren sind zuerst durch r. RecMinghausen als ein von vornherein bestehendes, jedoch eigener Wandungen ent- behrendes Lückensvstem gedeutet worden, welches in der die einzelnen Saftkunälclieu imd Saftlücken aus der Hornhaut des Hundes, durch Injectiüu mit Bjrlinerblau dargestoUt. (Hartnack, Syst. VII. Ocnl. 2.) 3(34 Saftkanälchen und Saftlöcken. Bindegewebsbündel verknüpfenden, homogenen Zwischensubstanz der Hornhaut ausgegraben ist. Die breiteren oblongen Felder hat er mit dem Namen der SaftUlcken , die sie verbindenden feinen verästigten Linien als Saftkanälchen bezeichnet. (Nebenbei sei hier bemerkt, dass die Saftlöcken die Lagerungsstätten der Hornhautzellen sind.) In ähn- licher Weise, aber selten so klar und vollkommen, lassen sich die Saft- kanälchen in anderen bindegewebigen Bildungen nachweisen. Dieses Kanalsystem unterscheidet sich also von den Ludwig' sehen Gewebsspalten durch eine bestimmtere Gestalt und Begrenzung, welche nicht durch die geformten Baumittel des Bindegewebes, sondern durch die formlose Zwischensubstanz desselben gegeben ist. Trotz mancher gegen die Entdeckung i\ Recklinghausen' s erhobener Einwürfe kann es jetzt als ausgemacht gelten, dass die Saftkanälchen und Saftlücken wirklich im Leben vorhandenen Räumen des Bindegewebes entsprechen, welche als Behälter des Parenchymsaftes dienen. Ob hierher auch jene spaltenartigen Räume zu rechnen sind, welche sich zwischen den Bindegewebsbündeln der Dura mater hinziehen und durch Einstichinjec- tionen gefüllt werden können, ist nicht leicht zu entscheiden. Sie scheinen mehr den Charakter der Ludwig' seh e7i Gewebsspalten zu besitzen. V. lieeklinghausen und nach ihm eine grosse Anzahl von bewährten Forschern nehmen nun an, dass diese Saftkanälche?i und -Lücken die Wurzeln der I/ijmphgefässe darstellen und mit ihnen in allseitigem offenen Zusammenhange stehen. Dies wird vornehmlich aus Injections- versuchen erschlossen , bei denen es sich herausstellte, dass die Injec- tionsmasse in der That einen Weg aus den Saftkanälchen in die Lymph- gefässe und umgekehrt aus den letzteren in die ersteren zu linden vermag, dass also durch die künstliche Injection die unmittelbare Con- tinuität beider Kanalsysteme hergestellt werden kann. Dem gegenüber steht aber die Thatsache fest, dass man fast allerorts im Körper der verschiedenen Wirbelthiere durch zweckmässig und vorsichtig geleitete Injection ein geschlossenes System von Lymphcapillaren darstellen kann, ohne dass eine Spur von Injectionsmasse in die Saftlücken gelangen müsste ; das letztere tritt erst dann ein, wenn der Injectionsdruck über ein gewisses Maass gesteigert wird. Ebenso steht es fest, dass bei direkter Erfüllung der Saftlücken durch einfachen Einstich der Injec- tionskanüle in das Gewebe selbst die Injectionsmasse fast ebenso oft ihren Ausweg durch die Blutgefässe, als wie durch die Lymphgefässe sich bahnt. Ob man sich nun dafür entscheidet, dass der Uebertritt der Injectionsmasse aus den Lymphgefassen in die Saftlücken und um- gekehrt beweisend sei für den präformirten Zusammenhang beider, oder ob man diesen nur als durch die Injection künstlich hergestellt Saftkanälchen : ihre Beziehungen 7.u den kleinsten Lyniphgefässen. 365 erachtet, hängt wesentlich davon ab, bis zu welchem Grade man seinen Injectionsresultaten Vertrauen entgegenbringt. Wer durch langjährige und vielseitige Ueliung in diesem Zweige der anatomischen Technik gelernt hat. mit vorsichtiger Kritik die Ergebnisse seiner Arbeit zu prüfen, wer mit eigenem Auge gesehen hat, dass in der That keine Gefässhaut für unsere sogen, colloiden Injectionsmassen (Leim, Berliner- blau), ja selbst für fettige und Harzmassen undurchdringlich ist, dass imter gewissen Umständen die Injectionsmasse , ohne nachweisbare Zerreissungen der Gewebe , selbst durch grosse Lymphgefässstämme diffundiren und so zu sagen überall hin ihren Weg finden kann, der wird es begreiflich finden, dass man der einfachen Thatsache des Ueber- trittes der Injectionsmasse aus den Lymphgefässen in die Saftkanäle keine unmittelbare Beweiskraft zur Entscheidung unserer Frage bei- legen dürfe. Ganz dasselbe gilt auch bezüglich des Verhältnisses der Ludwig' sehen Gewebsspalten zu dem Lymphgefässsystem. Nicht genug verwahren kann man sich gegen die m. neuerer Zeit mehrfach beliebte Methode . ohne Berücksichtigung aller entgegenstehenden Thatsaclien und oluie anderweitige Beweisführung überall dort in den verschiedensten Geweben ..Lymphräunie" oder .Lymphgefässwairzeln" zu erblicken, wohin man mit grösserer oder geringerer Gewaltanwendung eine Injectionsmasse zu treiben im Stande war. Einen anderen Bew^eisgrund für die ofi'ene Ausmündung der Saft- kanälchen in die feineren Lymphgefässe hat v. Becklinghausen den vor- hin besprochenen Silberbildern entnommen. In der That gewinnt es in einzelnen Fällen, und namentlich an dem Centrum tendineum des Zwerchfells, den Anschein, als ob ein solcher Zusammenhang vorhanden wäre. Niemand wird aber bestreiten, dass man immerhin eine Anzahl von Silberpräparaten anfertigen und durchmustern muss, bis man einmal einem derartigen Bilde begegnet. Man könnte sich nun nichtsdesto- weniger und trotz unseres mangelhaften Einblickes in die Wirkung des Silpersalpeters auf die Gewebe damit zufriedenstellen; aber keines- wegs hat man die Berechtigung gewonnen, auf diese Erfahrungen hin. welche an einzelnen beschränkten und durch eigenartige Bauverhält- nisse ausgezeichneten 0 ertlichkeiten gemacht worden sind, einen ganz allgemein gültigen Lehrsatz zu formuliren. Dies ist um so weniger gestattet, als in Bezug auf andere Körperstellen ganz klare Thatsachen vorliegen, welche entschieden für das Gegentheil sprechen. Solche sind uns namentlich durch Teichmann^s und La^r/^r'^' Arbeiten in hinreichender Zahl bekannt geworden. Diese Forscher, und nach ilmen viele andere, haben in den verschiedensten Geweben und Organen geschlossene Netze von Lymphcapillaren dargestellt, welche durch ihre typische Anordnung und Lage streng charakterisirt sind und keineswegs einen Zusammenhang mit dem Saftkanalsystem zeigen. Durch zahlreiche Injectionsversuche, ;-{(3G ^*^ adenoide Gewebe. welche ich selbst nach den Methoden der genannten Forscher vorgenom- men habe, sowie durch die genaue Bekanntschaft mit den Langet-'' sehen Präparaten bin ich zur vollen Ueberzeugung gelangt, dass an allen Orten. wo es bisher gelungen ist, typische Netze von Lymphgefässcapillaren rein darzustellen, diese als die ersten Anfänge der Lymphgefässe beti achtet werden müssen, und dass die Lyniphcapillaren in derselben Weise, ivie die Blufcapillaren, gegen das Saffkanalsystem allseitig abgeschlossen sind. 4) Pas adenoide (xewehe und seine Formationen. Es sind bereits an einer anderen Stelle die Formelemente be- sprochen worden, welche sich an der Zusammensetzung des adenoiden*) Gewebes {His) betheiligen : einerseits strahlig verzweigte Bindesiihstanz- zellen, welche durch gegenseitige Vereinigung ihrer Ausläufer ein zu- sammenhängendes, zartes Netzwerk — Beticulum — herstellen (siehe Seite 123), und andererseits lymphoide Zellen., welche ihrer Natur nach ganz mit den Lymphzellen, farblosen Blutzellen u. s. w. übereinstimmen. Beiderlei Formelemente sind so ineinandergefügt, dass die lymphoiden Zellen die Maschenräume des Reticulum einnehmen und mit ihnen durch eine formlose, halbflüssige, eiweisshaltige Zwischensubstanz ver- kittet sind. Die lymphoiden Zellen bilden der Masse nach den hervorragen- deren Theil des adenoiden Gewebes, so dass man an Durchschnitten gehärteter Objekte, sowie bei der Untersuchung der frischen Substanz, vorwiegend nur diese zur Ansicht erhält und es den Anschein gewinnt, als ob das ganze Gewebe nur aus ihnen zusammengesetzt wäre. Durch Schütteln von Durchschnitten des erhärteten Gewebes, oder auch, wenn- gleich minder vollständig, durch vorsichtiges Bepinseln desselben, kann man, wie bereits beschrieben worden ist, das Reticulum klar zur An- sicht bringen. In dieser reinen Form kommt das adenoide Gewebe vor: in den Lymphknoten, in der Thymus, sowie in den verwandten Organen der niederen Wirbelthiere ; ferner in den Tonsillen, in den Zungenbälgen, an gewissen Stellen des Rachens, des Darmes, der Conjunctiva , der Harnblase , des Kehlkopfes u. s. w., endlich in der Milz. Dabei kann es in den verschiedensten Gestaltungen erscheinen. Sehr häufig sind aus dem adenoiden Gewebe scharf umgrenzte Gewebsmassen geformt, welche entweder eine regelmässige Kugelgestalt *) h^fjrn:v\i. di-üsenartig. von ö ao-f,-/. die Drüse; und zwar wurden Ijei den (iriechen hauptsächlich die Mandel und ;anzen Bereich der Zungenschleimhaut, ein geschichtetes Pfiaster- epithelium, erhebt sich entsprechend einer jeden Papilla filiformis zu einem Aufsatz, welcher in der Regel in mehrere dünne, fadenförmige Ausläufer übergeht. Was diese letzteren betrifft, so sind sie aus- schliesslich aus dicht an einander gefügten, schüppchenartigen Epithel- zellen zusammengesetzt, welche sich aus den obersten Epithellagen erheben. Sie besitzen entweder eine ganz glatte Oberfläche oder er- scheinen mehr weniger aufgefasert. In allen Fällen ist es nötliig, zu ihrer genaueren PJrforschung eine kurze Einwirkung verdünnter Essigsäure oder stark verdünnter Natronlauge zu Hülfe zu nehmen, wodurch die einzelnen Zellen aufquellen, und ihre Grenzen leichter sichtbar werden. Ganz gewöhnlich haften diesen fadenförmigen Anhängen die Keimlager eines Pilzes (Leptothrix buccalis) in Gestalt einer feinkörnigen Masse ringsum au, aus welcher man nicht selten die feinen Sporenfäden sich erheben sieht. Es ist eine bekannte Thatsache, dass die Oberfläche des Zungenrückens, je nach Alter und Individualität, ein sehr verschiedenartiges, makroskopisches Aus- sehen besitzt. P]s rührt dies von zahlreichen Variationen in der Entwicklung des Epithelialüberzuges her. Derselbe ist bald .sehr mächtig ausgebildet, seine faden- artigen Anhänge zahlreich und lang, bald aber (insbesondere bei Kindern) ver- hältnissmässig dünn , wobei die Papillen als einfache , stumpfe , nur wenig oder kaum über die Oberfläche vorragende Höckerchen erscheinen. Aber nicht nur bei verschiedenen Individuen , sondern auch an einer und derselben Zunge gibt es zahlreiche Varianten in der Form der fadenförmigen Papillen. An der Spitze und an den Seitenrändern der Zunge sind sie stets kleiner, die fadenföi-migen Epithel- anhänge fehlen oder sind nur rudimentär; gegen die Mitte des Zungenrückens werden sie allmälig grösser und dichter gedrängt und erreichen ihre stärkste Ent- wicklung in dem Winkel , welcher durch die Papulae vallatae begrenzt ist. Der gelegentlich, unter ganz normalen Verhältnissen vorkommende Befund eines scharf umschriebenen, gewöhnlich ovalen, etwas prominirenden, weissen Fleckens in der Mitte des Zungenrückens ist in einer aussergewöhnlichen Grössenentwicklung der fadenförmigen Papillen in allen ihren Theilen begründet ; man kann in diesen Fällen eine Länge der Papillen bis zu 5 Mm. und darüber constatiren. Der be- kannte, insbesonders bei Verdauungsstörungen auftretende, weisse Zungenbelag be- ruht auf einer stärkeren Wucherung der fadenförmigen Epithelanhänge, verbunden mit reichlicher Entwicklung des oben erwähnten Pilzes. Die PapiUae fungiformes seu clavatae (pilz- oder keulenförmige Papillen) zeigen eine halbkugelige oder ellipsoidische Form und sitzen in der Regel mit einer halsartigen Einschnürung der Schleimhaut auf, wesshalb sie wohl auch mit gewissen Pilzformen einige Aehnlichkeit besitzen (Fig. 112 B.). Ihr Schleimhautautheil erreicht eine Höhe von 0'5 — 1*5 Mm. bei einem Querdurchmesser, welcher entweder der Höhe gleichkommt oder um wenig grösser oder kleiner sein kann. Er ist in dem grössten Theile seines Umfanges mit secundären Papillen be- setzt, welche hier verhältnissmässig kürzer und breiter als an den Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 27 418 Papulae fuBgiformes. — Papulae circumvallatae. Papulae filiformes gefunden werden. Ihr Epithelialüberzug ist gewöhn- lich ganz glatt und eben, ohne die Spur von fadenförmigen Anhängen; da er ausserdem ziemlich dünn ist, so scheint der hlutgefässreiche Binde- gewebskörper mit röthlicher Farbe durch. Uebrigens kommen gewisse Abweichungen von dieser typischen Form nicht selten vor, indem einer- seits der Körper der Papille cylinderähnHch wird, ohne dass eine hals- artige Einschnürung bemerkbar würde, andererseits aber auch der Epithelialüberzug eine ähnliche Beschaffenheit annehmen kann, wie bei den Papulae filiformes. Doch sind die Epithelanhänge niemals sehr zahlreich und meistens ziemlich breit und kurz. Solche Papillen hat man als Papulae conicae besonders unterschieden. Fig. 113. r Senkrechter Durclischnitt durch eine Papilla circumvallata der menschlichen Zunge, bei * in der seitlichen Fiirche enthält das Epithel zahlreiche Geschmacksknospen. Am Grunde der Furche ist die Mündung des Ausführungsganges einer serösen Drüse zu sehen. (Hartnack , Syst. IV, Ocul. 2.) Die Verbreitung der pilzförmigen Papillen ist eine ziemlich regel- lose, nicht bei allen Individuen ganz gleichförmige. Sie sind am Zungenrücken, und zwar vorwiegend an dessen seitlichen Parthieen, zwischen die fadenförmigen Papillen bald spärlicher, bald reichlicher eingestreut, im Ganzen nach vorne zu kleiner, in der Gegend der um- wallten Papillen grösser. Die Papulae circumvallatae s. truncatae (timwallte Papillen) sind kurz cylindrische, 1 — 1'5 Mm. hohe und 1 — 3 Mm. breite Erhebungen der Schleimhaut, welche ringsum von einem leisten- oder wallartigen Schleimhautsaume umgeben sind; zwischen dem letzteren und der Seitenfläche der Papille findet sich eine bald tiefere, bald seichtere, kreisförmige Furche (Fig. 113). Der Körper der Papille ist im Ganzen aus demselben fein fibrillirten Bindegewebe geformt, wie die übrigen Papillen, jedoch treten in ihm reichliche derbere, verästigte und netz- artig geordnete Paserbündel auf, welche sich insbesonders nach Car- mintinction deutlich hervorheben. (Aehnliche Formationen gewahrt man übrigens, wenngleich nicht so scharf ausgeprägt, auch in den Papulae circumvallatae. — Papulae foliatae. — Zungenbälge. 4^9 Papulae fiingiformes.) Die secundären Papillen sitzen ausschliesslich der oberen, ebenen Fläche der umwallten Papillen auf, die ganze seit- Kche Circumferenz bleibt davon stets vollkommen frei. Der Epithelial- überzug ist allenthalben glatt und eben und bietet bezüglich der oberen Fläche der Papille nichts Bemerkenswerthes. An der seitlichen Cir- cumferenz erlangt er aber eine besondere Bedeutung dadurch, dass die Endapparate des Gesclmiacksnerven (die Geschmackslcnospen) in ihm eingebettet sind. Dieselben erscheinen an Durchschnittspräparaten schon bei ziem- lich schwachen Vergrösserungen als knospenähnliche , . senkrecht zur Epitheloberfläche gestellte Gebilde (Fig. 113*), welche sich weg'en ihrer grösseren Durchsichtigkeit und wegen der eigenthümlichen Anordnung ihrer zelligen Elemente ziemlich scharf von dem umgebenden Epithel abheben. Die Zahl derselben variirt bei verschiedenen Individuen nicht unerheblich, und häufig (jedoch nicht constant) sind sie auch an der der Papille zugewendeten Seite des umgebenden Schleimhautwalles zu finden. Das Nähere darüber siehe unten (S. 424). Bezüglich der Formverhältnisse der umwallten Papillen sei hervorgehoben, dass nicht selten eine Papille von einer seichteren oder tieferen Furche durch- schnitten ist, so dass es mitunter zu einer vollständigen Zerspaltung derselben konmit, wo dann zwei Papillen von einem Schleimhautwalle umgeben zu sein scheinen. Ebenso häufig kommt es vor, dass der letztere mehi-fach unterbrochen oder nur rudimentär entwickelt ist, oder dass die Eiosenkimg zwischen ihm und der Papille stellenweise kaum angedeutet ist. Diese und ähnliche, schon mit freiem Auge leicht erkennbare Formvarietäten müssen natürlich auch bei der miki-o- ikopischen Untersuchung berücksichtigt werden. Die Papulae foliatae (Fimbriae linguae s. coluninae ru(/arnni) be- stehen aus mehreren, zu den Zungenrändern senkrecht gestellten, bei verschiedenen Individuen verschieden deuthch, bei manchen Tliieren (Kaninchen) besonders ausgezeichnet entwickelten Sclileimhautleisten, zwischen denen einzelne pilzförmige Papillen eingestreut liegen. Sie haben wegen ihres Gehaltes an Geschmacksknospen neuerdings ein grösseres Interesse in Anspruch genommen. Die Zunrjenhälrje {ZnngenhnJijdriisen). Sie sind flache , hnsen- fömige Erhebungen der Sclileimhaut, welche durch umschriebene Ein- lagerungen von adenoidem Gewebe in die Tunica propria bedingt sind. Man hatte sie ehedem zu den Drüsen gerechnet, weil sie grösstentheils eine an ihrer Kuppe ausmündende grössere oder klei- nere Höhlung in sich schliessen. Die Untersuchung dieser Gebilde an senkrechten Durchschnitten zeigt folgendes: Das adenoide Gewebe ist in Form einer annähernd kugelähnlichen , zusammenhängenden Masse in den obersten Schichten der Tunica propria eingebettet. 420 Zungenbälge. Es ist in manchen Fällen völlig gleichförmig ausgebreitet, meisten- theils jedoch bemerkt man einzelne bald grössere , bald kleinere, foUikelähnliche Gebilde deutlich aus der diffusen Masse hervortreten. Eine constante Lagerung oder Gruppirung derselben lässt sich durch- aus nicht erweisen. Das umliegende fibrilläre Bindegewebe ist am Grunde und an der Seite dieser adenoiden Gewebseinlagerungen ge- wöhnlich etwas fester gewebt, so dass es eine Art von Kapsel um dieselben herzustellen scheint; mitunter fehlt eine solche gänzlich, niemals aber beobachtet man einen allmäligen Uebergang der beiden benachbarten Gewebsformen. Nach oben zu reicht das adenoide Ge- webe fast bis unmittelbar unter das Epithel, so dass die Schleimhaut- Fig. 114. Senkrechter Durchschnitt diuxh die Mitte eines Ziingenbalges des Menschen, a. Adenoides Gewebe mit mehreren, scharf umgrenzten FoUikeln, b. Schleimdrüsen. (Ver- grösserung 401'ach.) Papillen entweder völlig verschwinden, oder nur klein und spärlich anzutreffen sind. Ist der Durchschnitt genau in der Mitte des Zungen- balges geführt worden, so dass die centrale Höhlung und deren freie Ausmündung in ihn hineinfallen, so sieht man, dass das geschichtete Pflasterepithel ohne merkliche Veränderung seiner Beschaffenheit sich in die Höhlung einsenkt und sie völlig auskleidet. Die letztere selbst erscheint entweder als eine kurze, blind sackförmige Einsenkung, oder sie ist an ihrem Grunde mehr oder weniger ausgeweitet. Meistens findet man in ihr geronnenen Schleim, mit abgestossenen Epithelzellen vermengt, enthalten. Der Fundort der Zungenbälge ist der Gi-und der Zunge , namentlich die Seitentheile desselben. Ihre Grösse unterliegt sehr beträchtlichen, individuellen Schwankungen. Auffallende Vergrösserung derselben scheint hauptsächlich bei krankhaften (katarrhalischen) Zuständen vorzukommen. Aussergewöhnüch geschwellt habe ich sie ganz constant an Choleraleichen gefunden. Submucöses Bindegewebe; Muskulatur der Zunge. 421 Das siihniHcöse Bindegewebe zeigt in den verschiedenen Regionen der Zunge nicht unerhebliche Abweichungen, sowohl mit Bezug auf seine Masse als auch auf seine Fügung. An der Spitze xmd an dem Kücken der Zunge ist es in beträchtHcher Stärke vorhanden und so dicht gewebt, dass es den Charakter einer fibrösen Haut annimmt {Fascia linguae)^ welche sowohl mit der Tunica propria, als auch mit dem unterliegenden , intramuskulären Bindegewebe sehr fest ver- schmolzen ist. Eine Abgrenzung gegen das letztere hin lässt sich um so weniger feststellen, als allenthalben die Bündel der Zungenmuskulatur sich in die Fascia linguae hinein erstrecken. Am Zungengrunde ist hingegen die Submucosa viel lockerer gCAvebt, so dass sich die Schleim- haut leicht in Falten abheben lässt. Die Muskulatur der Zunge setzt sich bekanntlich aus verschie- denen Einzelnmuskeln zusammen, welche sich bis zu einer bestimmten Grenze anatomisch gut sondern lassen. Soweit die Anordnung der- selben Gegenstand der mikroskopischen Beobachtung ist, kann man folgendes darüber aussagen. Alle Zungenmuskeln zerfallen, nachdem sie sich der Schleimhaut auf eine gCAvisse Distanz genähert haben, in eine grosse Anzahl von Bündeln, welche sich gegenseitig innig durch- flechten, ihrer Verlaufsrichtung nach aber ziemlich genau den drei Hauptdimensionen der Zunge entsprechen. Man unterscheidet daher longitudinale, transversale und senkrechte Bündel. Die longitudinalen Bündel, der Hauptsache nach aus dem M. lingualis, dem styloglossus und dem hinteren Antheile des hyoglossus hervorgehend, sind am Zungenrücken die oberflächlichsten und nehmen, je weiter gegen die Zungenspitze hin, um so mehr, im Verhältniss zu den übrigen, an Zahl zu. Die senkrechten Bündel sind die Ausläufer des M. genioglossus und des vorderen Antheiles des hyoglossus. Aus der Tiefe des Zungenfleisches gegen die Schleimhaut des Zungenrückens ausstrahlend, lösen sie sich daselbst in ihre einzelnen Fasern auf, welche sich in der Fascia linguae und in der Schleimhaut selbst verlieren; an der Zungenspitze fehlen sie übrigens gänzlich. Die transversalen Muskelbündel (dem Musculus transversus linguae angehörend) finden sich am Zungenrücken erst in einigem Abstand von der Schleimhaut, sind also tiefer als die longitudinalen Bündel gelegen; sie heften sich einerseits an eine median durch das Zungenfleisch von vorne nach hinten verlaufende Bindegewebsplatte (das Septum linguae), andererseits an die Sclileimhaut der Seitenränder der Zunge an. — Indem sich so die Muskelbündel unter rechten Winkeln durchflechten, erhält man an Durchschnitten des gehärteten Organes ein zierliches Gitterwerk. Ist der Schnitt in frontaler Richtung durch den 2ungenrücken geführt 422 Drüsen der Zung-e. worden, so sieht man unter der Sclileimhaiit die Quersclinitte der longitudinalen Bündel von den senkreclit aufsteigenden Bündeln unter- brochen (vergl. Fig. 112 A.), in der Tiefe aber die lezteren mit trans- versalen Bündeln durchkreuzt. Mit Bezug auf die histologischen Cha- raktere der Muskelfasern ist hervorzuheben, dass sie sämmtUch der quergestreiften Form angehören , und dass vielfach an ihnen dicho- tomische Theilungen beobachtet worden sind. Das intramuskuläre Bindegewebe ist im Ganzen ziemlich reichlich vorhanden und in den hinteren Abschnitten der Zunge gewöhnlich mit zahlreichen Fettzellen — fetthaltigen Bindegewebszellen — besetzt. Fio-. 115. A. Theil eines Sohleimdrüschens aus dem Zungengnind des Menschen, g. Ausführnngsgang. B. Seröses Drüschen aus der Umgebung der Papulae vallatae des Menschen, g. Aiisführiings- gang. Alkoholhärtung. Carminfärhung. (Hartnack, Syst. IX, Ocul. 2.) Die drüsigen Einlagerungen der Zunge gleichen in Bezug auf ihre Formationen so ziemlich denen der Mundhöhlenwandungen ; ihre An- ordnung ist eine ganz ungleichmässige. Am Grunde der Zunge , in der Gegend der Zungenbälge und umwallten Papillen, sind sie dicht gedrängt und erstrecken sich weit in die Tiefe zwischen die Muskel- bündel. Die Einzelndrüschen sind klein, von langgestreckter Form; ihre Ausführungsgänge münden zahlreich an der glatten Schleimhaut- oberfläche des Zungengrundes, und constant auch mehrere von ihnen in der ringförmigen Vertiefung, welche die umwallten Papillen umgibt, sowie auch in dem sogen. Foramen coecum. In dem vorderen Theile der Zunge trifft man nur entlang den seitlichen Rändern auf Schleim- drüschen. Dieselben sind nahe an der Spitze zu einem grösseren Klümpchen geballt, welches unter dem Namen der Nuhn' sehen Drüse bekannt ist; ihre Gänge (4 — 6 an Zahl) münden an der Unterfläche der Zungenspitze aus. Kleinere, nicht so beständige Gruppen kommen Schleimdrüsen und seröse Drüsen. — Blutgefässe der Zunge. 423 entlang den Zungenrändern nach rückwärts zu vor ; ihre Ausführungs- gänge sind theils am Seitenrande, theils an der unteren Fläche der Zunge zu finden. Mit Rücksicht auf den feineren Bau sind zweierlei Arten von Zungendrüschen zu unterscheiden (v. Ebner). Die einen gehören in die Kategorie der serösen Drüsen (vergl. unten) und sind auf die Umgebung der PapiJlae vallatae und foliatae beschränkt. Sie sind dadurch ausgezeichnet, dass ihre Secretionszellen wenig durchsichtig, dicht und fein granulirt erscheinen und im frischen Zustande ihre Grenzen nicht deutlich erkennen lassen; sie färben sich durch Carmin sehr leicht und intensiv. Nach den Mittheilungen Flemmhufs ist das feinkörnige Aussehen dieser Zellen auf eine feinfädige Structur des Protoplasmas zurückzuführen. An den übrigen Theilen der Zunge zeigen die Secretionszellen der Drüschen eine vollkommene Uebereinstimmung mit denen der Schleimdrüschen anderer Regionen, d. h. sie sind hell, durchsichtig, fast homogen, scharf von einander abgegrenzt und färben sich nicht mit Carmin. Sie besitzen an ihrem Basaltheile seitliche, schüppchen- förmige Anhänge und lassen durch chemische Reaction ihren Gehalt an Schleim nachweisen. Blutgefässe der Zunge. Ihre Anordnung in der Schleimhaut ist vorzüglich durch die Gestaltung der Papillen bestimmt. In allen Zungenpapillen findet sich ein Netzwerk feinerer Arterien und Venen, aus welchem sich für eine jede der secundären Papillen eine einfache Capillarschlinge erhebt. Je nach der Grösse der Zungenpapillen ist dann auch das Netzwerk verschieden entwickelt. In den Papulae vallatae ist insbesondere der venöse Antheil desselben durch eine grössere Zahl von weiten, unter einander zusammenhängenden Ge- fässchen ausgezeichnet, welche sich an der Basis der Papille zu zwei bis drei Stämmchen sammeln. Diese steigen in die tiefsten Schichten der Schleimhaut herab und senken sich daselbst in ein grobes Venennetz ein, welches mit länglichen Maschen sich über den ganzen Zungengrund ausbreitet und endlich durch die Venae dorsales linguae seinen Ab- fluss findet. Dieses Venennetz ist übrigens keineswegs an dem Grunde der Zunge abgeschlossen, sondern hängt mit den submucösen Venen- netzen des Rachens, des weichen Gaumens und der Tonsillen unmittelbar zusammen. Die Muskulatur und die Drüsen der Zunge zeigen bezüglich der Gefässe dieselben Verhältnisse, wie sie überhaupt an diesen Gebilden zu trefiPen sind. Ebenso gilt bezüglich der Zungenbälge dasselbe, was schon oben über die Gefässanordnung in analogen adenoiden Forma- tionen bemerkt worden ist. 424 Lymphgefässe, Nerven der Zunge. — C4eschmacksknospen. Die Lijmphgefässe der Zimge sind zuerst durch die Untersucliungen Teichmann's näher bekannt geworden. Sie bilden in den tieferen Schleim- hautschichten ein dichtes Netzwerk gröberer Gefässe und ein oberfläch- liches, feineres, welches zu den Zungenpapillen Beziehungen erhält. In den fadenförmigen Papillen findet man häufig ein einfaches , ver- hältnissmässig weites Gefäss, welches sich aus dem an ihrer Basis be- findlichen Netze erhebt. In der Axe der Papille steigt es bis nahe an das Epithel hinauf und endigt daselbst blind. In den pilzförmigen und umwallten Papillen begegnet man mehr oder weniger verzweigten Netzen von LymphcapiUaren. Durch besonders reiche Entwicklung der letzteren zeichnet sich die unmittelbare Umgebung der Zungenbälge aus. Diese selbst sind in verschiedenen Richtungen von capillaren Lymph- gefässen durchzogen, welche nur dann eine typische Anordnung zeigen, wenn es zur Difi'erenzirung von Follikeln gekommen ist. Es lassen sich in diesem Falle durch Injection ziemlich dichte, die einzelnen Fol- likel umspinnende Netze nachweisen. Die Nerven, welche sich in der Schleimhaut der Zunge verzweigen — N. lingualis, glossopharyngeus — besitzen die Eigenthümlichkeit, dass in dem Verlaufe ihrer feineren Zweigchen, besonders im Bereiche des letzteren Nerven, einzelne oder zu kleinen Gruppen gesammelte Ganglien- zellen vorkommen. Ihre Endausbreitung ist nicht leicht zu erforschen. Nach W. Krause dringen in die fadenförmigen Papillen niemals doppelt contourirte Fasern ein ; man kann solche nur bis zur Basis dieser Pa- pillen verfolgen, woselbst sie mit kugeligen Endkolben endigen. Hin- gegen enthalten die pilzförmigen und umwallten Papillen in der Gegend ihrer Axe ein oder mehrere Bündelchen von markhaltigen Nervenfasern, welche sich mehrfach theilen und unter einander' anastomosiren. Ein- zelne dieser Fasern gehen schliesslich in Endkolben über, welche an der Basis der secundären Papillen gelegen sind; der grösseren Mehrzahl nach aber verlieren sie unter fortgesetzten Theilungen allmälig ihre Markscheide und gehen in feine, marklose Fasern über, welche höchst ■wahrscheinlich mit den bereits erwähnten Geschmacksknospen zusammen- hängen. Diese, auch Geschmackszwiebeln oder Schmeckbecher gen'dnnt(Schtcalbe, Loven), sind nach Art einer Knospe geformt (Fig. 116) und aus zweierlei eigenartigen Zellen zusammengesetzt, von denen die an der Peripherie gelegenen als Beckzellen, die im Inneren des Gebildes befindhchen als Geschmackszellen bezeichnet werden. Die Leckzellen (Fig. 117 C.) stellen lange ; schmale, mit einem oblongen Kerne versehene Schüppchen dar, deren Ränder häufig leicht sfezähnelt erscheinen. An ihrem basalen Ende sind sie entweder ein- fach zugespitzt oder auch in zwei bis drei kurze Fortsätze zerspalten, Geschmacksknospen. 425 während das gegen die Schleimhautoberfläche zugewendete Ende in ein feines Stiftchen ausläuft. Eine grössere Zahl dieser Deckzellen ordnet sich nach Art der Blätter einer Blüthenknospe in mehreren La- gen über einander und formt so ein Gehäuse , in dessen Axe die Ge- schmackszeUen eingeschlossen sind. Diese erscheinen in Gestalt von langen, dünnen Spindeln (Fig. 117 B.), welche ungefähr in der Mitte, dort, wo der ellipsoidische Kern sich befindet, eine bauchige Auftreibung- besitzen. Der gegen die Basis der Knospe zu gerichtete Theil dieser Zellen ist meist sehr dünn , fadenförmig und zerfährt in zwei oder mehrere zarte Fortsätze, welche ihrem ganzen Aussehen nach feinsten Xervenfibrillen ähnlich sind. Sie lassen sich denn auch in einzelnen günstigen Fällen in das dem Epithel unterliegende Schleimhautgewebe verfolgen, entziehen sich jedoch bald der weiteren Beobachtung. Ihr Zusammenhang mit den früher erwähnten marklosen Nervenfasern der Fig. lltj. i Aus einem Hoiizontaldiu-chschnitt durch eine Papilla circumvallata des Menschen. Das Epithel- stratum ist zum Theile abgefallen und die Geschmacksknospen in situ sichtbar (D). (Die Zunge war durch 4 Tage der Einwirkung MiiUer'scher Flüssigkeit ausgesetzt gewesen.) (Hartnack, Syst. IX, Ocul. 2.) Papillen ist zwar nicht direkt festgestellt, darf aber mit der grössten Wahrscheinlichkeit als vorhanden angenommen werden. Dies voraus- gesetzt, sind also die Geschmackszellen als Sinneszellen im Sinne der Erörterungen auf S. 316 zu betrachten. Jener Theil der Geschmacks- zellen, welcher von der Kernauftreibung bis an die Spitze der Ge- schmacksknospen hin reicht , ist etwas stärker , schärfer contourirt, stäbchenförmig, au dem oberen Ende gewöhnlich scharf zugespitzt. Jede Geschmacksknospe enthält mehrere dieser Zellen. Mit Bezug auf die Einlagerung der Geschmacksknospen in das Epithel ist nachzuholen, dass die Basis derselben an der Oberfläche der Tunica propria der Schleimhaut aufruht, ihre Spitze ganz nahe bis in die obersten Lagen des Epithels hinanreicht. Der letzteren ent- sprechend bemerkt man gewöhnlich die Andeutung einer flach trichter- förmigen Vertiefung der Epitheloberfläche, welche gewissermassen den Zugang zur Geschmacksknospe darstellt (Geschmacksporus Engelmann). Bei der Ansicht von oben her zeigt sich derselbe als eine enge, kreis- runde Oeffnung, in deren Tiefe man Stiftchen der Deckzellen, kränz- 426 Gesclimacksknospen. — Schlundkopf und Speiseröhre. artig angeordnet, gewahr wird. Bei etwas tieferer Einstellung erscheint der rundliche, optische Querschnitt der Geschmacksknospe selbst, inner- halb dessen namentlich die Gruppirung der Deckzellen deutlich zu erkennen ist. Das Vorkommen der Geschmacksknospen beschränkt sich nicht nur auf die beiden, bereits genannten 0 ertlichkeiten : die Papulae circumvallatae und die Pa- pulae foliatae ; man hat sie in wechselnder Zahl auch an den pilzförmigen Zungen- papillen, am weichen Gaumen, an den Gaumenbögen und an der hinteren Fläche des Kehldeckels (Krause) nachzuweisen vermocht. Als Methode ihrer Darstellung und Untersuchung kann ein mehrtägiges Ein- legen des möglichst frischen Objektes in Mälle^-'sche Flüssigkeit empfohlen werden, worauf sich durch Anfertigung dünner Schnitte und vorsichtiges Behandeln der- selben mit Nadeln recht gute Präparate gewinnen lassen. Auch Behandlung mit " Fig. 117. Zupfpräparat aus der Epitheliale des seitlichen Abhanges einer Papilla vallata (Mensch), nach vorausgegangener viertägiger Einwirkung von Miiller'scher Flüssigkeit. A. Ein Theil der Epithelbekleidung von der Fläche her gesehen, die Schmeckbecher (S') im oijtischen Querschnitt — einer davon (S) nach der Seite umgelegt. B. Geschmackszellen. C. Deckzellen. (Hartnaok^ Immers. Syst. X, Ocul. 2.) Ueberosmiumsäure oder Chlorgold (beide in sehr verdünnten Lösungen) leistet Ent- sprechendes. Für die erste Orientirung über ihre Zahl und Lage genügen auch Durchschnitte durch in Alkohol erhärtete Objekte, welche man allenfalls noch mit Carmin oder Anilinroth tingiren kann. 4) Der Schlundkopf und die Speiseröhre. Die Wandung beider besteht aus drei Schichten: der Schleimhaut, der Muskulatur und der äusseren Faserhaut. Die Schleimhaut zeigt ganz ähnliche Bauverhältnisse, wie die der Mundhöhle : Eine papillentragende Tunica propria aus fibrillärem Binde- gewebe, eine im Ganzen ziemlich locker gewebte, submucöse Schichte mit eingelagerten kleinen Sclileimdrüschen und ein geschichtetes Pflaster- epithel. Die Schleimhautpapillen sind im Allgemeinen kegelförmig, im Bereiche des Rachens und des oberen Theiles der Speiseröhre etwas kleiner als in dem untersten Abschnitte der letzteren. Die Schleim- drüschen sind in der Submucosa eingebettet, im Schlundkopfe reich- Schlundkopf und Speiseröhre. Tonsillen. 427 liclier als im Oesophagus, und insbesondere in den obersten Parthieen des ersteren theilweise zu zusammenhängenden Lagen geordnet. Im Anfangstheile der Speiseröhre sind sie nur ganz zerstreut zu finden, die einzehien Drüschen klein, aus wenigen Bläschen zusammengesetzt. Je weiter nach abwärts, um so spärlicher werden sie, bis sie endlich in der unteren Hälfte der Sj^eiseröhre gänzlich verschwinden. Eine eigenartige Beschaffenheit erlangt die Schleimhaut im Fornix pharyngis und in der Nähe des Isthmus faucium, und zwar einerseits dadurch, dass sie am ersteren Orte, wo sie continuirlich in die Schleim- haut der Nasenhöhle übergeht, zum Theil die Charaktere der letzteren annimmt, andererseits aber durch die an beiden genannten Stellen vor- kommenden reichlichen Einlagerungen von adenoidem Gewebe. Im Fornix pharyngis, und zwar in der Nähe der Choanen, ist das Binde- gewebe der Schleimhaut stets mehr oder weniger von lymphoiden Zellen durchsetzt und mit einem geschichteten, flimmernden Cylinderepithel versehen. Dieses scheint sich beim Erwachsenen verschieden weit nach rückwärts fortzusetzen, bis es in das geschichtete Pflasterepithel über- geht. Beim Kinde ist stets das ganze Cavum pharyngo-nasale mit flimmerndem Epithel ausgestattet {Klein). Die Submucosa enthält zahl- reiche, traubige Schleimdrüschen. Die Einlagerung von adenoidem Gewebe kommt zum Theil an verschiedenen kleinen, circumscripten Stellen an der oberen und seit- lichen Parthie des Cavum pharyngo-nasale vor, insbesondere aber ist es ein schmales Gebiet der Schleimhaut, welches sich über das Dach des Schlundkopfes von einer Tubenmündung zur anderen erstreckt {Pharynxtonsille)., an welchem es zu grösseren, zusammenhängenden Massen angehäuft ist. Die Anordnung dieses Gewebes ist beim er- wachsenen Menschen gewöhnlich eine ganz diffuse ; selten nur begegnet man deutlich umgrenzten, follikelähnlichen Gebilden; ebenso fehlen die letzteren beim Fötus und beim neugebornen Kinde. Hingegen findet man an Kindern von 1—2 Jahren stets Follikel in grosser Zahl und in typischer Ausbildung {Ganghofner). Eine Gruppirung der adenoiden Formationen nach Art der Zungenbälge ist, wenn sie hier überhaupt vorkommt, jedenfalls sehr selten. Durch ähnliche Anhäufungen adenoiden Gewebes werden auch die zu beiden Seiten des Racheneinganges befindlichen Mandeln {Ton- sillen) geformt. Ihr Bau ist nicht nur bei verschiedenen Thieren ein mannigfach wechselnder (sie fehlen vielen derselben ganz und gar), auch beim Menschen kommen je nach Alter und Individuum manche Variationen desselben vor. Als einfachste Form der Mandel kann jene gelten, welche beim Kaninchen beobachtet wird. Es besteht dort eine einfache Ausstülpung 428 Tonsillen. — Muskulatur der Speiseröhre. der Sclileimliaut, welche durch Infiltration mit adenoidem Gewebe ver- dickt ist und auch einzelne, circumscripte Follikel erkennen lässt. Es kann somit die Mandel des Kaninchens als ein grosser Zungenbalg betrachtet werden. Beim Menschen, und namentlich während des kind- lichen Alters, zeigt jede Mandel eine grössere Anzahl ähnlich beschaf- fener Schleimhautbuchten, welche aber nicht alle gesondert an der Oberfläche münden. Es finden sich vielmehr im Inneren der Mandel einzelne grössere Hohlräume, deren jeder mehrere solcher balgartiger Buchten in sich aufnimmt und die gemeinsame Ausmündung derselben an die Oberfläche mittelst einer rundlichen oder spaltartigen OefFnung vermittelt. Es wäre somit die menschliche Tonsille als eine Anhäufung zahlreicher Zungenbälge zu betrachten. Stets enthält sie überdies eine grössere Anzahl traubiger Schleimdrüschen, deren Ausführungs- gänge sich zum Theil in die inneren Hohlräume , zum Theil an die Oberfläche öffnen. Die äussere Umgrenzung der Mandel wird durch eine ziemlich festgewebte Bindegewebsmembran hergestellt. Beim erwachsenen Menschen ist übrigens dieser typische Bau in der Regel kaum zu erkennen. Man findet da gewöhnlich ganz un- regelmässig geformte Massen adenoiden Grewebes von bindegewebigen Scheidewänden und von Gruppen traubiger Schleiradrüschen durchsetzt und dazwischen spaltenartige, mit Schleimhaut bekleidete Räume ohne gesetzmässige Anordnung. Wo das adenoide Gewebe bis unmittelbar an die Epithellage heranreicht, ist die letztere stets reichlich von lymphoiden Zellen durchsetzt (Stöhr). Die Beschaffenheit der Muskelschichten , welche der Schleimhaut von aussen her angelagert sind, ist im Bereiche des Schlundkopfes und der Speiseröhre keineswegs eine übereinstimmende, wenngleich sie in einer Flucht von dem ersteren in die letztere übergehen. In Betreff des Schlundkopfes ist hier nur zu bemerken , dass seine Muskulatur ausscliliesslich aus quergestreiften Fasern besteht, und dass stellenweise aus den innersten Muskellagen einzelne kleine Bündel sich zur Schleim- haut abzweigen, um in dieser zu endigen. Die Anordnung der Mus- kulatur ist leicht mit freiem Auge zu übersehen, und daher Gegenstand der anatomischen Präparation. In der Speiseröhre ist die Muskulatur durchgehends in einer doppelten Schichte vorhanden und derart geordnet, dass die äussere, dickere Schichte aus Elementen besteht, welche der Längsaxe des Rohres parallel laufen, die innere aber aus circulären, quer zu der letzteren gelagerten Fasern zusammengesetzt ist. Ganz vereinzelte, der Länge nach geordnete Muskelbündel trifft man übrigens auch ab und zu in der inneren Schichte. Im Halstheile der Speise- röhre besteht die Muskulatur ausschliesslich aus quergestreiften Ele- menten ; aber schon im obersten Brusttheile zeigen sich in beiden Muskulatur der Speiseröhre. — Der Magen. 429 Schichten eiiizehie Bündel von glatten Muskelfasern eingelagert, welche weiter nach abwärts ziemlich rasch an Zahl zunehmen und die quer- gestreiften Elemente ersetzen, so dass in der unteren Hälfte der Speise- röhre nur mehr glatte Fasern vorkommen. An der hinteren Wand der Röhre reichen übrigens die quergestreiften Fasern etwas tiefer herab als an der vorderen. Bei vielen Thieren besitzt auch noch der unterste Theil der Speise- röhre quergestreifte Muskelfasern. Nach einer Beobachtung von Treitz gehen einzelne Muskelbündel aus der Längsschichte in kurze, zumeist aus elastischer Substanz geformte Sehnen über, welche sich dann in der äusseren Faserhaut verlieren. Von den eben beschriebenen Muskelschichten, welche zusammen- genommen als Tiinica muscnlaris externa bezeichnet werden, ist wohl zu unterscheiden eine andere Lage von glatten Muskelfasern, welche in der Schleimhaut der Speiseröhre selbst, und zwar an der Grenze zwischen Tunica propria und submucosa, eingefügt ist (Miiscularis mu- cosae). Sie besteht aus bündelweise geordneten, der Länge nach ver- laufenden Fasern, welche im Halstheile nur vereinzelt vorkommen, im ganzen Brusttheile aher eine zusammenhängende Schichte bilden. Die äussere Faserhaut des Schlundkopfes und der Speiseröhre ist aus derbfaserigem Bindegewebe zusammengesetzt und mit reichlichen elastischen Fasern durchsetzt. Von ihr aus ziehen sich zahlreiche Dis- sepimente zwischen die Bündel der Muscnlaris externa hinein. Blutgefässe., Lijmphgefässe und Nerven zeigen analoge Verhältnisse; wie in der Mundhölile. 5) Der Magen. Die Schleimhaut. Das Grundgewebe der Tunica propria muss als eine Zwischenform zwischen fibrillärem Bindegewebe und adenoidem Gewebe angesehen werden. Es enthält in wechselnder Zahl und An- ordnung feine Bündel von leimgebenden Fibrillen, zwischen welchen sich vielfach verzweigte lind netzartig zusammenhängende Bindesubstanz- zellen nebst lymphoiden Zellen nachweisen lassen. Li Folge der reich- lichen Einlagerung von Schlauchdrüsen, welche sich dicht eine neben der anderen ordnen, kpmmt es im Allgemeinen nicht zu einer stärkeren Anhäufung dieses Gewebes ; nur am Grunde der Drüsen erscheint eine schmale, fortlaufende Lage desselben und von dieser aus ziehen sich dünne Scheidewände entlang den Seiten der Schlauchdrüsen hin, so dass für eine jede der letzteren ein besonderes Fach gebildet wird. Es lässt sich diese Gestaltung des Schleimhautgewebes am besten mit der einer Honigwabe vergleichen. 430 Epithel des Magens. — Labdrüsen, Es ist jedoch zu bemerken, dass mitunter ganz beschränkte An- häufungen von wahrem adenoidem Gewebe in Gestalt mehr oder weniger scharf umschriebener FoUikel in der Tunica propria sich vorfinden, an welchen Stellen dann, die Schlauchdrüsen gänzlich fehlen oder nur in grösseren Abständen von einander vorhanden sind. Sie kommen beim Menschen in dem pylorischen Theile des Magens in individuell sehr wechselnder Anzahl vor. Man hat sie früher als Glandulae lenticulares bezeichnet. Das Epithelium, mit welchem die innere Oberfläche des Magens bekleidet ist, besteht aus einer einfachen Lage cylindrischer oder kegel- förmiger Zellen. Dieselben lassen an ihren seitlichen Flächen ganz deut- lich eine diflPerenzirte Zellmembran erkennen, während an ihrer freien, der Magenhöhle zugewendeten Fläche eine solche zu fehlen scheint. Der Körper dieser Zellen ist nicht durchgehends von derselben Beschafi'en- heit. Während der untere Theil der Zelle , in welchem der oblonge Kern gelegen ist, stets feinkörnig, mattglänzend erscheint, fällt der obere Theil durch die homogene, helle, durchsichtige Beschaffenheit der Zellsubstanz auf. Sowohl in frischem Zustande, als besonders nach mehrtägiger Einwirkung von Müller^ scher Flüssigkeit, sieht man diese hyaline Substanz häufig wie in hellen Tropfen über dem freien, offenen Ende der Zelle hervorragen. Nach den Mittheilungen Biedermann' s zeichnet sich dieser obere Antheil des Zellkörpers auch dadurch aus, dass er sich, im Gegensatze zu den übrigen Abschnitten der Zelle, mit wässrigem Anilinblau färben lässt. Biedermann betrachtet denselben als eine besondere , constant vorkommende Inhaltsportion der Zelle (modificirtes Protoplasma), welche unter gewissen Umständen eine feine Längsstreifung erkennen lässt und ein hervorragendes Quellungsvermögen besitzt, insbesondere aber während der Verdauung an Umfang zunimmt. Andere Histologen {Heidenhain, Ebstein, Stöhr) erblicken in dem geschil- derten Verhältniss eine schleimige Metamorphose des betreffenden Theiles der Zelle, welche typisch während der Zeit der Verdauung erfolgt. Die Drüsen der Magenschleimhaut sind von zweierlei Art und werden als Labdrüsen und Schleimdrüsen unterschieden. Die Labdrüsen {Pepsindrüsen) sind an Zahl bei Weitem überlegen und nehmen die Cardia und den Fundus des Magens fast ausschliess- lich ein. Aber auch im pylorischen Theil sind sie noch neben den Schleimdrüsen zu treffen. Sie haben die Gestalt schmaler, blind endi- gender Schläuche (Fig. 106 B.), von welchen 3 — 4 oder auch mehrere in den Grund eines kurzen, trichterförmigen Ganges (Vorraum der Labdrüsen, Fig. 118 V.) sich einpflanzen, um durch Vermittlung des letzteren in die Höhlung des Magens zu münden. An der Labdrüse selbst kann man den Körper (K.) und den Hals (H.) unterscheiden. Zellen der Labdrüsen. 431 Fi$r. 118. insofern als sie mittelst eines mehr oder weniger verdünnten Stückes, welches auch besondere Bau Verhältnisse zeigt, in den Vorraum übergeht. Als charakteristische Formelemente der Labdrüsen sind zweierlei Zellen zu verzeichnen : Die einen sind durch ihre beträchtliche Grösse, durch unregelmässig polyedrische Gestalt, durch auffallend trübe, körnige Beschaffenheit gekennzeichnet. Sie erscheinen in ganz frischem Zustande äusserst feinkörnig, wenig scharf begrenzt, ihr Kern ist kaum sichtbar. Längere Zeit nach dem Absterben, und nach Zusatz von Wasser oder Kochsalz- lösung erhalten sie schärfere Contouren, ihre Gränulirung erscheint gröber, ihr Kern, ver- hältnissmässig klein, rundlich, einfach con- tourirt, tritt nun mehr weniger deutlich her- vor. Durch Zusatz von verdünnter Essigsäure quellen diese Zellen merklich auf, werden heller und durchsichtiger, ihr Kern wird nun fein granulirt und hebt sich scharf von der Umgebung ab. Diese Zellen sind schon seit langer Zeit unter dem Namen der LabzeUen bekannt gewesen und haben bis vor einigen Jahren als die alleinigen zelligen Bestand- theile der Labdrüsen gegolten. Nun wurde aber durch R. Heidenhain und durch Ä. Rollett gleichzeitig die Entdeckung gemacht {Kölliker hatte schon viel früher ganz Aehnhches von dem Magen des Hundes beschrie- ben, aber, wie es scheint, für einen vereinzelten Befund gehalten), dass an dem Aufbau der Lab- drüsen noch eine zweite Art von Zellen betheiligt ist; diese unterscheiden sich sehr wesentlich von ^^'^'b.^ Ae'usserer xheii des Drüsen den Labzellen durch ihre bedeutend geringere Grösse, durch ihre cubische, cylindrische oder conische Form und durch ihre viel grössere Empfindlichkeit gegen die Einwirkung che- mischer Reagenzien. Sie werden durch Zusatz von Wasser, noch schneller aber durch Einwirkung verdünnter AlkaHen völlig zerstört; in massig concentrirten Säuren schrumpfen sie stark ein. Ihr Kern, von kugehger Form, ist im frischen Zustande gewöhn- lich nicht zu erkennen. Diese Zellen sind von Rolletl als adelotnorphe *) Längsschnitt durch eine Labdrüse aus dem Magen der Katze. (Gly- cerinpräparat, Färbung mit Car- min und Hämatoxyliu.) A. Innerer Abschnitt mit dem Vorraum (V.), dem Halse (H.) und dem. innersten Theile des Kör- körpers. Bei a delomorphe, bei b adelo- m.orphe ZeUen. (Hartn., Immers. Syst. X, Ociü. 2.) (Die adelomorphen Zellen sind im Verhältniss zur Höhe etwas zu breit gezeichnet.) oriloc, offenbar, deutlich — aoi]lo(: undeutlich ; die Bezeichnungen beziehen _j.32 B'^^^ tler Labdrtisen. Zellen, von Heidenhain als Hauptzellen bezeichnet worden. Für die Labzellen hat der erstere Autor den Namen delomorphe Zellen, der letztere den Namen Belegzellen eingeführt. Wenngleich nun diese beiden Zellenarten durch ganz charakte- ristische Merkmale von einander unterschieden sind, so findet man doch mit einer gewissen Regelmässigkeit da und dort TJebergangsformen zwischen beiden. Nach meinem Dafürhalten sind diese letzteren als Entwicklungsformen der delomorphen Zellen anzusehen, und steht ihr Auftreten mit einer langsamen, aber continuirlich vor sich gehenden Reo-eneration der Drüsenwand in Zusammenhang. Auch Stöhr hat sich dieser Anschauung angeschlossen. Zur isolirten Darstellung der Zellen aus den Labdrüsen empfiehlt sich das Zerzupfen der durch längere Zeit in Jodserum macerirten Schleimhaut. Die An- ordnuno- derselben ist am besten bei Kaninchen, Hunden und Katzen zu erforschen, deren Magenschleimhaut zuerst durch mehrere Tage in MüUer'scher Flüssigkeit oder in O'Sproz. Chromsäure und dann in Alkohol zu erhärten und an Quer- und Flächenschnitten, mit Zuhülfenahme der combinirten Carmin- und Hämatoxylin- färbung zu untersuchen ist. An dünnen, genau senkrecht durch die Magenschleimhaut der Katze geführten Schnitten zeigt sich folgendes: Der Vorraum der Drüse (Fig. 118 A.) besitzt meist die Form eines schmalen Trichters, in welchen hinein sich die conischen Epithelzellen der Schleimhautoberfläche ohne nachweisbare Veränderung fortsetzen. Im Drüsenhalse (H.) werden dieselben durch kürzere , polyedrische oder cubische Zellen ersetzt, welche sich ausserdem durch gröbere Granulirung von den epithehalen und von den adelomorphen Zellen unterscheiden. An diese Zellen des Drüsenhalses schliessen sich unmittelbar die adelomorphen Zellen an, welche in ununterbrochener Folge das enge Lumen des Drüsenkörpers bis an sein blindes Ende hinab ringsum begrenzen. Die delomorphen Zellen hingegen sind keineswegs zu einer continuirlichen Lage geordnet, sondern zwischen dem äusseren Ende der adelomorphen Zellen und der Membrana propria, mehr weniger zerstreut, eingefügt. Am reichlichsten linden sie sich in der Mitte und im oberen Antheil des Drüsenkörpers, wo sie gewöhnlich ziemlich gedrängt liegen; spärlicher erscheinen sie am unteren Ende und am Anfangstheil desselben; häufig treten sie buckelartig über dem Seitencontour der Drüse vor. An Schnitten, welche parallel der Oberfläche durch die Schleim- haut geführt worden sind, ist es gewöhnlich noch leichter, sich von dem beschriebenen Aufbau der Labdrüsen zu überzeugen. An den einzelnen, quer durchschnittenen Drüsen ist ein centrales, kreisrundes «ich darauf, dass die ersteren Zellen ihre Gestalt ohne weiteres leicht erkennen lassen, -während es bei den letzteren grössere Schvsderigkeiten macht, und besondere Darstellungsmethoden erforderlich sind. Labdrüsen; Schleinulrüsen des Magens. 433 Lumen zu erkennen, welches von den adelomorphen Zellen umgeben ist ; der Umriss der letzteren erscheint gewöhnlich dreiseitig, die breite Basis der Tunica propria anliegend, oder von dieser durch Zwischen- lagerung einer delomorphen Zelle getrennt. Von diesen letzteren enthält jeder Drüsenquerschnitt je nach Umständen nur eine oder auch zwei bis drei. An Querdurchschnitten ist auch die Anordnung des eigentlichen Schleimhautgewebes, in dessen Lücken die Drüsen eingelagert sind, am besten zu überblicken (Fig. 119). Die Membrana propria der Labdrüsen erscheint gewöhnlich in Gestalt einer structurlosen, zarten Membran, in welcher durch die vor- spriiigenden , delomorphen Zellen häufig seichte Buchten oder tiefere, sackartige Ausstülpungen erzeugt werden. Henle hat übrigens an der Membrana propria sternförmige Zellen nachgewiesen — ein Befund, welcher, wie es scheint, nur in einzelnen Fällen vorkommen dürfte. nachschnitt ans der Magenschleimhaut der Katze. (Lackpräparat, Carmin. Hämatoxylinfärbung.) a delomorphe, b adelomorphe ZeUen, c Schleimhautgerüat , d Querschnitte injicirter Blut- gefässcapfllaren. (Hartnack, Immers. Syst. X, Ocul. 2.) Als Schleimdrüsen des Magens werden schlauchförmige Drüsen bezeichnet, welche bezüglich ihrer Formation und ihrer Einpflanzung in die Schleimhaut den Labdrüseu gleichen, aber sich von diesen wesent- lich durch die Beschaffenheit der Drüsenzellen unterscheiden. Dieselben sind nemlich nur von einerlei Art und gleichen in ihrer Beschaffenheit völlig den Zellen der traubigen Schleimdrüsen. Der Sitz der Magen- schleimdrüsen ist die pylorische Gregend, wo sie eine Zone von indi- viduell etwas wechselnder Breite ganz für sich in Anspruch nehmen. Auch unmittelbar an dem Uebergang des Speiserohres in den Magen findet sich eine kleine Anzahl von schlauchförmigen Schleimdrüsen, welche unter dem Xamen Cardialdrüsen (Kölliker) bekannt sind. Die Muscularis mucosae des Magens, an der Grenze zwischen Tunica propria und submucosa eingelagert, ist im Allgemeinen zu zwei dünnen Schichten geordnet, deren innere aus circulär verlaufenden, die Toldt. Gewebelehre. 2. Aufl. 28 434 Muskulatur des Magens. Schleimhaut des Magens. äussere aus longitudinalen Fasern besteht; häufig aber flechten sich die beiderlei Elemente mattenartig durcheinander. Von ihr zweigen sich stellenweise einzelne Faserbündel ab, welche in das Gewebe der Tunica propria eindringen und mitunter bis nahe unter die Epithel- bekleidung verfolgt werden können. Auch an der Miiscularis externa unterscheidet man eine äussere Längs- und eine innere Ringfaser schichte. Die erstere ist entlang der kleinen Curvatur am stärksten entwickelt und erscheint als eine direkte Fortsetzung der Längsmuskulatur des Oesophagus. Die Ringfaserschichte gestaltet sich am Pylorus zu einem kräftigen Schliessmuskel. Dazu kommen noch schief verlaufende Fasern, welche in der Gegend der Cardia am auffallendsten hervortreten, jedoch keine scharf gesonderte Läse darstellen, indem sie sich aus der circulären Faserschichte ab- zweigen und nach kürzerem oder längerem Verlaufe wieder in dieselbe übergehen. Nicht minder erfolgt stellenweise ein Uebertritt von longi- tudinalen Fasern in die circuläre Schichte. Die Gefässe und Nerven des Magens werden gemeinschaftlich mit denen des Darmes abgehandelt werden. 6) Der Darm. Die Schleimhaut. Das Gewebe der Tunica propria zeigt in seinem Aufbau eine ziemliche Uebereinstimmung mit der des Magens; jedoch erweist sich das Verhältniss, in welchem die fibrillären Elemente dabei betheiligt sind, als ein sehr variables, nicht nur mit Bezug auf die verschiedenen Regionen des Darmes , sondern auch mit Rücksicht auf die Gattung und Species der zur Untersuchung verwendeten Thiere. So gewinnt die Schleimhaut das eine Mal völlig den Charakter des reinen adenoiden Gewebes (Darmzotten des Menschen, des Kaninchens u. s. w.), das andere Mal aber wiegt das fibrilläre Gewebe mehr vor, die lymphoi- den Elemente treten an Zahl auffallend zurück (Dickdarmschleimhaut der Katze, des Hundes u. s. w.). Untersucht man eine grössere An- zahl von Schnitten, welche parallel zur Oberfläche der Schleimhaut aus beliebigen Bezirken des Darmes, am besten aber aus dem Dickdarm, angefertigt worden sind, so wird man nicht selten wahrnehmen, dass an einzelnen, beschränkten Stellen eine reichlichere Ansammlung lym- phoider Zellen in der Tunica propria vorkommt (Fig. 120 B.), so dass die eingelagerten Schlauchdrüsen etwas weiter als gewöhnlich von ein- ander abstehen. Solche Stellen haben keineswegs eine regelmässige, oder überhaupt scharfe Begrenzung und sind oftmals für das freie Auge weder an der unversehrten Schleimhaut, noch an den Schnittpräparaten Tunica propria der Darnischleimhaut. — Dai-mzotten. 435 erkennbar. Erreichen sie aber einen bedeutenderen Umfang und wird zugleich durch die stärkere Anhäufung von adenoidem Gewebe eine merkHche locale Verdickung der Schleimhaut erzeugt, so hat man jene Gebilde vor sich, welche als Follikel des Darmes bekannt sind. Auch die Gestaltung des Schleimhautgewebes erscheint in gewisser Beziehung sehr ähnlich der des Magens, aus dem Grunde, weil es hier wie dort, als der Träger zahlreicher, schlauchförmiger Drüschen fungirt. In Betreff des Dickdarmes ist die Uebereinstimmung eine vollkommene. Im ganzen Bereiche des dünnen Gedärmes aber wird die Gestaltung der Schleimhaut wesentlich complicirt durch das Auftreten zahlreicher, Fk. 120. A. Senkrechter Durchschnitt durch die Schleimhaut des menschlichen Dünndarmes. Durch Schütteln in einer Eprouvette sind die Drüsenzellen und das Epithel vollständig entfernt, so dass nur das Schleimhautgerüst erhalten ist. a Körper der Zotten, b Schleimhautgerüst zwischen den Lieberkiihn'scheii Drüsen, c Miiscularis mucosae. B. Flachschnitt durch die Schleimhaut des Dickdarmes der Katze. Durch Schütteln ist der grösste Theil der Lieherkilhii sehen Drüsen entfernt. Ungefähr in der Mitte ist das Schleimhaut- gerüst mit zahlreichen LymiihköriJerchen infiltrirt. (Hartnack, Syst. V, Ocul. 2.) weit über das Niveau vorragender Erhabenheiten — der Darmzotten ( Villi intestinales)^ welche sich unmittelbar aus dem honigwabenähnlichen Gerüste der Schleimhaut heraus erheben. Das Verhältniss der Darm- zotten zu dem letzteren lässt sich am besten an einem Durchschnitt der Darmschleimhaut ersehen, welcher, nicht zu dünn und genau senk- recht zu der Oberfläche geführt, durch Schütteln oder Pinseln von dem Epithel und den Drüsenzellen völlig befreit worden ist (Fig. 120 A.). Ihrer Form nach sind die Darmzotten bald mehr weniger lang- gestreckt, cylindrisch oder pyramidenförmig, bald mit breiterer Basis aufsitzend, von zwei Seiten her abgeflacht, kämm- oder blattartig. Ersteres ist gewöhnlich im Bereiche des Ileum, letzteres im Zwölf- fingerdarme vorherrschend. Nicht minder variabel sind die Dimen- 436 Darmzotten. — Muskelschichte, Epithel der Darmschi eimliaut. sionen der Darmzotten. Während die cylindrischeu Formen bis zu 1 Mm. nach der Höhe and 150 — 300 |x nach der Dicke messen können, erreichen die blattartigen Zotten kaum die Hälfte dieser Höhe, dafür aber 1 — 1'5 Mm. an ihrer verbreiterten Basis. Auch die Zahl der Zotten, welche der Flächeneinheit der Darmschleimhaut auf- sitzen, ist sehr grossen Schwankungen unterworfen. Von den zahl- reichen Momenten, welche, abgesehen von der Localität, die genannten Eigenschaften der Zotten beeinflussen, mögen hervorgehoben werden: der jedesmalige Ausdehnungszustand eines Darmstückes, die angewen- deten Präparationsmethoden, und mit Bezug auf die Form und Dimen- sionen der Zotten insbesondere der Contractionszustand der eigenen Muskelelemente. Es enthält nemlich eine jede Darmzotte in ihrem Inneren eine Anzahl zerstreut liegender, der Länge nach gerichteter, glatter Muskelfasern (E. Brücke), welche aus der Muscularis mucosae sich abgezweigt haben und durch die Schleimhaut hindurch bis gegen die Spitze der Zotte verfolgt werden können. (Zu ihrem Nachweise sind übrigens Querschnitte durch die Zotten besonders geeignet.) Es ist einleuchtend, dass durch die Action dieser muskulösen Elemente die Zotte als Ganzes verkürzt werden muss. Bei stärkerer Zusammen- ziehung entstehen ausserdem gewöhnlich mehrfache, seichtere oder tiefere Einkerbungen an dem seitlichen Umfang der verbreiterten Zotte. Auch circulär angeordnete Muskelelemente sind als ein constantes Vor- kommen beschrieben worden (Moleschott, v. Thanhojfer). Die Muscularis mucosae ist im ganzen Bereiche des Darmes zu zwei wohl abgegrenzten Schichten, einer äusseren mit longitudinalen und einer inneren mit quergestellten Fasern, geordnet. Die Submucosa zeigt bezüglich ihres Aufbaues die bereits in der Einleitung geschilderten Verhältnisse. Die Dicke dieses Stratums ist erheblicher bei contrahirtem Darm, geringer im ausgedehnten Zustande desselben. Insbesondere ist zu bemerken, dass in alle Faltungen der Schleimhaut ein Theil der Submucosa sammt der Muscularis mucosae mit einbezogen ist, und dass die ausgiebige Verschiebbarkeit der Schleimhaut gegen die äusseren Muskelschichten vornehmlich in dem lockeren Bau des submucösen Bindegewebes ihren Grund findet. Nur an der Basis der Kerkring'' sehen Falten zeigt dasselbe ein strafferes Gefüge, und dies ist der Grund, warum sie sich erst ausgleichen lassen, nachdem der betreffende Theil der Submucosa abpräparirt worden ist. Das Epithelium der Darmschleirahaut ist durchwegs ein ein- schichtiges, und aus cylindrischeu oder pyramidenförmigen Zellen zu- sammengesetzt (Fig. 121 A). Im frischen Zustande sehr blass , fast homogen und durchsichtig, erscheinen dieselben längere Zeit nach dem Tode oder nach Behandlung mit den üblichen Härtungsmitteln von P^pitliel der Darnischleimhant. — Basalsaum. 437 Fis. 121. zahlreichen, feineren oder gröberen Körnchen durchsetzt. War der Inhalt des Darmrohres mit Fett aus der genossenen Nahrung ver- mengt, so findet man auch die Epithelialzellen stets mit einzelnen oder zahlreichen, feinsten Fetttröpfcheu versehen. Als eine besondere Eigen- thümlichkeit dieser Zellen ist hervorzuheben, dass sie an ihrer, der freien Oberfläche zuge- wendeten Seite einen Aufsatz tragen, welcher durch besondere Structurverhältnisse ausgezeich- net ist. Derselbe erscheint bei der Längenansicht der Zellen wie ein breiterer oder schmälerer, glänzender Saum; daher der dafür gebräuchliche Terminus : Basalsaum. Bei der Untersuchung mit starken Vergrösserungen zeigt er eine sehr feine, geradlinige Streifung, welche der Längs- richtung der Cylinderzellen gleich gerichtet ist (Fig. 121 B). Nach Zusatz von Wasser hebt sich dieser Besatz gewöhnlich von der Zelle etwas ab und zerfällt endlich in einzelne , stäbchen- förmige Gebilde, welche Flimmercilien nicht unähnlich sehen. Auch an Zupfpräparaten, welche nach Härtuno; des Darmes in Alkohol hergestellt werden, erscheint der Basalsaum häufig von den Zellen abgehoben, und zwar nicht selten als ein continuirliches Häutchen über eine ganze Reihe von Zellen hinweg. Die Bedeutung dieses Gebildes ist noch immer nicht recht klar geworden, trotzdem sich die bedeuteud- sten Histologen mit der Feststellung derselben beschäftigt haben. KölUker, welcher nebst Funke die streifige Be- schaffenheit des Basalsaumes zuerst erkannt hatte, be- trachtete ihn als ein den Cylinderzellen aufgelagertes, cuticulares Häutchen, welches durch eine Ausscheidung der Zellsubstanz erzeugt, aber von dieser durch die eigentliche Zellmembran getrennt sei. Die Streifung nahm KölUker für den Ausdruck feiner Porenkanälchen, welche die Cuticula durchsetzen. Brettauer und Steinach nehmen, conform der Anschauung Brücke's an, dass der Basalsaum aus feinen , von einander getrennten Stäbchen bestehe, welche der Gestalt nach steifen Flimmercilien ähnlich sind und ohne Zwischen- lagerung einer Zellmembran in die Substanz der Zelle übergehen {Stühchenorgan). Diesen beiden, derzeit am meisten verbreiteten Ansichten gegenüber hat Eimer einen noch complicirteren , geschichteten Aufbau des Basalsaumes beschrieben, während Dünitz das Ganze nur als ein Kunstprodukt, von geronnenem Schleim herrührend, zu betrachten gewillt ist. Wie dem auch sei, von den allermeisten Autoren ist der Basalsaum als ein für die Resorption des Fettes aus dem Darm- rohre bedeutungsvolles Gebilde erklärt worden. A. Längsdmchschnitt einer Darmzotte ans dem Ileum einer Katze. Die Blntgefässe sind mit Carmiuleim injicirt, in dem Epitliel zahlreiche Beclierzellen eingestreut. (Hartnack, Syst.VIII , Ociil. 2.') B. Ans einem Zupfpräparat des Zotteuepithels (Katze). Der Basalsaum ist nach rechts hin von den Zellen abgeho- ben, und an der Stelle, wo eine Becherzelle sitzt, unter- brochen. (Hartnack, Immers. Syst. X, Ocnl. 3.) 438 Epithel der Darmschleimliaut. — Becherzellen. — Grundmembran. Das untere, der Tunica propria aufsitzende Ende der Epithel- zellen ist häufig kaum merklich verschmälert, erscheint aber in anderen Fällen, besonders nach Behandlung mit Chromsäure oder Osmiumsäure leicht zugespitzt oder in einen langen, dünnen Fortsatz ausgezogen — ein Verhalten, welches an isolirten Zellen sehr auffällig hervortritt. Zwischen den verschmächtigten Endtheilen der Cylinderzellen sind stellenweise rundliche oder conische Ersatzzellen eingeschoben. In ausserordentlich wechselnder Zahl findet man ferner in dem Epithelium der Darmschleimhaut die sogen. Becherzellen eingestreut (Fig. 121). Es zeigen dieselben, wie schon früher (Seite 17) erwähnt worden ist, annähernd die Gestalt eines Kelchglases mit einer oben offenen, etwas verengten Mündung. Der untere, zugespitzte Theil der B e eher z eilen , welcher den Kern enthält, ist feinkörnig getrübt, während der obere, bauchige Antheil völlig homogen, hell und durch- sichtig erscheint. Der Basalsaum ist an der Stelle, wo eine Becher- zelle liegt, stets unterbrochen. Die "Umstände, welche aaf die Anzahl der in dem Darmepithel vorhandenen Becherzellen Einfluss nehmen, sind noch nicht genügend bekannt. Sicher ist es, dass gewisse Thiere (Nagethiere) sie durchschnittlich reichlicher besitzen als andere, ferner, dass sie einige Zeit nach dem Tode, oder an Präparaten, welche kurze Zeit in Müller'' scher Flüssigkeit gelegen sind, stets in grösserer Zahl erscheinen, als bei der Untersuchung in frischem Zustande, endlich, dass sie bei katarrhalischen Zuständen des Darmes in ganz ausnehmen- der Menge vorkommen {Stricker). Ihrer Bedeutung nach sind sie höchst wahrscheinlich modificirte Formen der gewöhnlichen Epithel- zeUen, welche durch Ansammlung von schleimiger Substanz hervor- gerufen worden sind. Das zahlreichere Hervortreten derselben nach Behandlung mit MüJler''scher Flüssigkeit dürfte durch eine nachträg- liche Aufquellung des mucinhaltigen Zellinhaltes zu erklären sein. Bezüglich der Abgrenzung des Epitheliums von der Tunica propria, und insbesondere bezüglich der Existenz einer besonderen Grrundmembran sind von den Autoren die verschiedensten Ansichten geäussert worden. Während Dönitz mittheilt, dass er im Stande war, eine solche als völlig structurlose Haut im Zusammenhang mit der Membrana propria der Lieherkühn' sehen Drüsen zu isoliren, hält Kölliker dafür, dass nur eine verdichtete Grenzschichte an der Oberfläche des Schleimhaut- gewebes vorhanden sei, welche keineswegs irgend welche Selbständig- keit besitze. So konnte auch Eberth eine solche Grenzschichte meist ]iur im Zusammenhang mit den unterliegenden Capillargefässen dar- stellen und fand sie von kleinen Oeffnungen durchbrochen. Dem gegenüber beschreibt Watney eine aus platten, kernhaltigen Zellen zusammengesetzte Membran unterhalb des Epithelialstratums, und auch Lieberkühii'sclie Drüsen. 439 Krause führt an, dass man durch Imprägnation des Gewebes mit Silbersalpeter eine endothelähnliche Zeichnung an der Grenze zwischen Epithel und Körper der Zotten hervorrufen könne. Neuerdings ist auch Drasch für die Existenz einer besonderen membranösen Deck- schichte eingetreten. Er beschreibt sie als ein mit reichlichen, ovalen Kernen besetztes Häutchen, welches von zahlreichen Lücken durch- brochen ist und in seiner Substanz die Capillargefässe der Zotten ein- schliesst. Einen Endothelbelag konnte Drasch nicht nachweisen. Die Drüsen der Darmschleimhaut sind von zweierlei Art: Kurze, einfache Schlauchdrüschen , welche in der Timica propria eingelagert, im ganzen Bereich des Dünn- und Dickdarmes verbreitet sind, und Fig. 122. i , ^m l'r '""" '■ 1 K :" ■' ' .'I A. Senkrechter Diircliscbnitt durch die Wand des Zwölffingerdarmes der Katze. a. Zotten, b. Lieberkiihn'sche Drüsen, c. Musciilaris mucosae, d. Submucosa mit den Bntnner- schen Drüsen, e. Muscularis externa. (Hartnack, Syst. II, Ocul. 2.) B. Ein ähnlicher Durchschnitt bei stärkerer Vergrösserung. a. Unterer Theil der Lieberkiihn' sehen Drüsen, b. Muscularis mucosae. In der Submucosa sind die Acini einer Briinner' sehen Drüse sichtbar, deren Ausführungsgang (c) die Muscularis mu- cosae durchbricht. (Hartnack, Syst. VIII, Ocul. 2.) kleine, acinöse Drüschen, welche in der Submucosa ihren Sitz haben und nur auf die obere Hälfte des Zwölffingerdarmes beschränkt sind (Fig. 122). Die ersteren , unter dem Namen der Lieh erkühn'' sehen Drüsen (Krypten) bekannt, besitzen eine Auskleidung von cylindrischen Zellen, welche sich an der freien Mündung einer jeden Drüse an die Epithel- zellen der Darmoberfläche anschliessen und auch in ihrem äusseren Aussehen diesen ziemlich ähnlich sind. Doch findet man niemals an ihnen eine ausgesprochene Pyramidenform, ihr centrales Ende ist viel- mehr stets stumpf abgerundet, mitunter sogar etwas verbreitert. Nach der Angabe einiger Autoren soll sich der Basalsaimi des Darmepithels auch über die Zellen der Lieherkühn' sehen Drüsen hin fortsetzen. Ich habe mich davon nie überzeugen können, — Die Membrana propria 440 Lieberkühn' sehe Drüsen. — Brunner'sche Drüsen. dieser Drüschen lässt sich durch Zerzupfen einer frischen Därm- schleimhaut sehr leicht isolirt erhalten, und erscheint dann völlig- homogen und structurlos. Mit vollem Recht hat vor Kurzem Klose auf gewisse typische Unterschiede an den Zellen der Lieberkühn'' sehen Drüsen des Dünn- und des Dickdarmes aufmerksam gemacht. In den ersteren sind sie ähnlich den Zellen seröser Drüsen, in den letzteren ähnlich denen der Schleimdrüsen. Er macht daher den Vorschlag, die Li eh erkühn' sehen Drüsen des Dünndarmes als Darmsaftdrüsen , die des Dickdarmes als Darmschleimdrüsen zu bezeichnen. Ueber die Anordnung der Lieberkühn' sehen Drüsen kann man sich am besten Orientiren, wenn man an verschiedenen, frischen Darmstücken die äussere Muskel- haut und, so gut es geht, auch die Submucosa vorsichtig ablöst, die so isolirte Schleimhaut über einem durchlöcherten Brettchen ausspannt und mit Nadeln be- festigt. Durch Bepinseln der freien Schleimhautoberfläche mit Galläpfeltinte und nachheriges Abspülen mit Wasser kann man das Bild noch viel prägnanter machen. Bei Untersuchung mit ganz schwachen Vergrösserungen überzeugt man sich, dass die gegenseitigen Abstände der Li eberkühn' sehen Drüsen, je nach dem Grade der geübten Ausdelmung, grösser oder kleiner sein können, dass sie aber, soweit nicht die Zotten oder eiugelagerte lymphoide Follikel Unterbrechungen verursachen, allenthalben ziemlich gleichmässig vertheilt sind. Im Bereiche des Dickdarmes, wo die Zotten fehlen, reihen sie sich daher viel dichter an einander, auch sind sie hier nicht unerheblich breiter und länger, als wie im Dünndarme. In dem letzteren sitzen sie an den Stellen, welche von Zotten frei bleiben, und erscheinen oft kranz- artig um die Basis derselben geordnet. Die acinösen Drüsen des Zwölffingerdarmes führen nach ihrem Entdecker den Namen der Brunner'' sehen Drüsen. Sie liegen im sub- mucösen Bindegewebe und gleichen in ihrem feineren Bau völlig den kleinen Schleinidrüschen der Zunge und des Pharynx. Einem den- dritisch verzweigten Gange sitzen an den Endzweigen kugelige oder ellipsoidische Acini auf, mit cylindrischen Drüsenzellen ausgekleidet und von einer structurlosen Membrana propria umschlossen. In der Mitte eines jeden Acinus ist das Lumen sehr deutlich zu erkennen. Bei manchen Thieren (z. B. Nagethieren) sind die Acini zimi Theile sehr langgestreckt, schlauchähnlich, wesshalb manche Autoren es vor- ziehen, die Brumier'' sehen Drüsen in die Reihe der schlauchförmigen Drüsen zu stellen, oder sie als Zwischenformen zwischen diesen und den acinösen zu betrachten. Der Ausführungsgang, seiner ganzen Länge nach mit Cylinderzellen besetzt, durchbricht die Muscularis mu- cosae und zieht parallel den Lieberkühn'' sehen Drüsen nach der Ober- fläche der Schleimhaut. Es gelingt übrigens nicht leicht, ihn an Durch- schnittspräparaten in seinem ganzen Verlauf zu sehen. — Die Brunner- schen Drüsen nehmen beim Menschen das obere Querstück und den absteigenden Theil des Zwölffingerdarmes ein und bilden nahe dem Solitäre Follikel der Darmschleinihaut. 441 Pylorus ein dicht zusammenhängencles Lager. Im absteigenden Theil werden sie allmälig spärlicher und finden sicli unterhalb der Ein- mündungssteile des Gallenganges nur mehr ganz vereinzelt. Abgesehen von den angeführten Drüsen ist noch von ander- artigen Einlagerungen der Darraschleimhaut zu sprechen, welche durch adenoides Gewebe erzeugt werden und im ganzen Bereiche des Dünn- und Dickdarmes verbreitet sind. Sie werden als solitäre Follikel be- schrieben, wenn das adenoide Gewebe zu vereinzelten, mehr weniger scharf umgrenzten, kugeligen oder birnförmigen Massen geformt ist, als Pei/er'sche Plaques^ wenn eine grössere Zahl solcher Follikel zu einer geschlossenen Gruppe vereinigt ist. Die solitären Follikel haben zunächst ihren Sitz in der Tunica propria, und sind als locEile Modificationen des Gewebes derselben auf- zufassen. Gewöhnlich aber ragen sie aus dem Bereiche derselben in die Submucosa herein, wobei dann die Muscularis mucosae eine Unter- brechung erleidet; recht häufig ist sogar ihr grösserer Antheil in der Submucosa gelegen. Sie unterscheiden sich ihrem feineren Bau nach von dem übrigen Schleimhautgewebe durch den völligen Mangel aller fibrillären Elemente, durch ein sehr zartes, engmaschiges, zelliges Reti- culum und durch die grosse Zahl der lymphoiden Zellen. Von ganz kleinen, nur mit Hülfe des Mikroskopes erkennbaren Herden (vergl. S. 434) kann sich diese adenoide Umwandlung des Schleimhautgewebes bis auf eine Strecke von 1 — 2 Mm. im Durchmesser verbreiten und führt dann gewöhnlich zu einer umschriebenen Verdickung der Schleim- haut, welche sich als ein mohnkorn- bis hirsekorngrosses , erhabenes Knötchen dem freien Auge präsentirt. Solche stellen die typischen solitären Follikel der Autoren dar. Die mikroskopische Untersuchung ergibt, dass im Bereiche eines solchen Follikels entweder gar keine, oder, wie es beim Menschen häufig vorkommt, ganz vereinzelte Lieb erkühn^ sehe Drüsen eingelagert sind, Avelche sich ausserdem in mannigfacher Weise verbogen und verzerrt zeigen. Nicht minder fehlen im Bereiche des Follikels die Darmzotten. Nicht immer aber gibt sich eine derart umgewandelte Sehleimhautpartliie dem freien Auge als ein vorragendes Knötchen zu erkennen ; sie kann völlig flach, nicht selten sogar als eine grübehenförmige Vertiefung erscheinen und zwar aus verschiedenen Ursachen. In manchen Fällen ist die adenoide Umw'andlung des Schleimhautgewebes überhaupt mehr der Fläche nach ausgebreitet, ohne zu einer erheblichen Verdickung der Schleimhaut zu führen. In anderen Fällen — besonders häufig ist dies an den Pei/e>-'schen Plaques und bei contrahirten Darmstücken zu beobachten — sind zwar erhabene Follikel vorhanden; da sie aber selbst keine Zotten tragen, während in ihrem Umkreise solche in grösserer Zahl befindlich sind, so kommen die Kuppen der Follikel entweder mit den Spitzen der Zotten in ein Niveau zu liegen, oder werden sogar von diesen überragt; in dem letzten Falle 442 Solitäre Follikel. — Peyer'sclie Plaques. erscheint dann entsprechend dem Follikel ein seichtes Grübchen. Aelinliches kommt recht häufig im Dickdarm des Menschen und namentlich in dem unteren Abschnitte desselben vor, jedoch aus einer anderen Ursache. Wie schon erwähnt, besitzen die Lieberhühn' sehen Drüsen des Dickdarmes eine beträchtliche Höhe und stehen dicht an einander gereiht; nur die lymphoid infiltrirten Stellen der Schleimhaut bleiben von ihnen ganz oder zum grössten Theile frei. Ist nun das adenoide Gewebe mehr der Fläche nach ausgebreitet, oder wie es bei stark abgemagerten Personen ge- wöhnlich vorkommt, mehr oder weniger geschwunden, so entspricht einer jeden solchen drüsenfreien Stelle eine seichte Einsenkung der Schleimhautoberfläche. Aus den angeführten Momenten ist es leicht erklärbar, wesshalb das Vor- kommen und das Aussehen der solitären Follikel so zahlreichen individuellen Fig. 123. A. Feyer'scher Plaque aus dem Ileum des Menschen, bei stark ausgedehnter Schleimhaut von der Fläche her gesehen. (Tfache Vergrösserung). B. Senkrechter Durchschnitt eines Peyer'schen Plaques aus dem Dünndarm der Katze. a. Darmzotten, b. Lieberlcühn' sehe Drüsen, c. Mitscularis mucosae, theilweise durch die Fol- likel durchbrochen, d. Submucosa, e. senkrechter Durchschnitt der circulären Muskelfaserschichte, f. Längsmuskelschichte. (Hartnack, System II, Ocul. 2.) Varietäten unterwoi'fen ist. Dazu kommt noch der schon berührte Umstand, dass sie an marastischen Leichen stets nur wenig entwickelt sind, während sie bei plötzlich verstorbenen Individuen in der Regel sehr deutlich ausgeprägt und in gi-Qsser Zahl schon für das freie Auge sichtbar sind. Recht häufig sind sie auch der Sitz von Erkrankungen, woraus sich dann weitere Veränderungen an ihnen ergeben, welche uns indessen hier nicht weiter beschäftigen können. Die Pe'yer''schen Plaques sind durcli gruppenweise Aneinander- lagerung einer wechselnden Anzahl von solitären Follikeln erzeugt (Fig. 123). Nach dem, was bezüglich der letzteren eben vorgebracht worden ist, sind auch die zahlreichen individuellen Verschiedenheiten der Plaques zu beurtheilen. Es ist nur noch hinzuzufügen; dass in vielen Fällen alle Follikel einer Gruppe scharf von einander gesondert Feyersche Plaques. — Aeussere Muskelhaut des Darmes. 443 sind und, je nach dem Ausdehnungszustande der Schleimhaut, grössere oder kleinere Zwischenräume zwischen sich lassen, in welchen dann Zotten und Lieherkühn' sehe Drüsen eingepflanzt sind. In anderen Füllen, und zwar nicht selten, confluiren einzelne oder die Mehrzahl der Follikel mit ihren seitlichen Flächen, ja beim Menschen findet man mitunter einen ganzen Plaque aus einer dittusen Masse von adenoidem Gewebe ofebildet, aus welcher sich einzelne Follikel mehr oder weniger deutlich hervorheben. Ausser in den Peyer''schen Plaques kommt eine sehr dichte Häu- fung von lymphoiden Follikeln noch in der Schleimhaut des Processus vermiformis vor. Die äussere Miiskelhaiit des Darmes zerfällt allerwärts in zwei wohl gesonderte Schichten, von welchen die äussere aus längslaufen- den, die innere aus circulären Fasern zusammengesetzt ist. Die Dicke beider Schichten wechselt je nach dem Contractionszustande , stets ist jedoch die circuläre Schichte um ein Beträchtliches stärker als die longitudinale. Fleischfresser besitzen eine viel ausgebildetere Darm- muskulatur als Pflanzenfresser. Im Bereiche des dünnen Gedärmes ist die Muskulatur in der ganzen Circumferenz des Rohres gleichmässig vertheilt, während im Dickdarme die Längsfaserschichte entsprechend den Taeniae coli eine ganz erhebliche Stärke besitzt, zwischen diesen aber nur in einer äusserst dünnen Lage auftritt. Beim Uebergang des Ileum in das Coecum geht die circuläre Muskelschichte völlig in die Bauhin'' sehe Klappe über, indess die Längsfaserschichte oberfläch- lich von dem dünnen auf das dicke Gedärm fortzieht. Im Bereiche des Mastdarmes ist die Vertheilung der Muskulatur wieder eine ziem- lich gleichmässige. Der Sphincter ani internus wird durch eine locale Verdickung der glatten Ringfaserlage gebildet. Der Sphincter externus hingegen besteht aus Bündeln quergestreifter Fasern, welche strecken- Aveise parallel neben einander laufen, zum Theil aber sich mehrfach durchflechten. Die Longitudinalfaserschichte des Mastdarmes endigt nach abwärts in der Weise, dass die einzelnen Bündel derselben in dünne, elastische Sehnen übergehen, welche theils den Sphincter ani externus durchsetzen, theils schon früher sich in dem umliegenden Gewebe verlieren. Eine scharfe Abgrenzung der glatten von der quer- gestreiften Muskulatur kommt übrigens in der Aftergegend ebenso wenig als wie im Oesophagus vor. Die Blutgefässe des Magens und Darmes. Entsprechend der vielfachen Uebereinstimmung in dem Aufbau der Wandungen des Ma- gens und des Darmes, erfolgt auch die feinere Vertheilung der Blut- gefiisse nach einem gemeinschaftlichen Schema. Völlig übereinstimmend 444 Blutgefässe des Magens und Darmes. verhalten sich in dieser Hinsicht der Magen und der Dickdarm*), wäh- rend im Dünndarm durch die Anwesenheit der Darmzotten die Anord- nung der Bkitgefässe einigermassen modificirt wird. Als Ausgangs- punkt der Beschreibung mag der Magen gewählt werden. Die arteriellen Aestchen schicken noch vor dem Eintritt in das Organ, feine Zweige an den Peritonealüberzug ab und durchbrechen dann die Längsmuskelschichte. Zwischen dieser und der Querfaser- schichte erfolgt eine weitere Abgabe von Zweigen, welche sich in der Fig. 124. ii§iii^RSÄI|l#?% Senkrechter Diu-chsclinitt der Schleimhaiit des Magens einer Katze mit injicirten Blutgefässen. Arterien (a) und arterielle Capillaren schwarz, Venen (V) und venöse Capillaren pnnktirt. (Hartnack, Syst. V, Ocul. 3.) ganzen Muscularis externa verbreiten und zwischen den Bündeln der- selben ein langmaschiges Capillarnetz bilden. Die grösseren arteriellen Zweige dringen nun auch durch die quere Muskelschichte und breiten sich in der Submucosa unter wiederholter, dichotomischer Ramifikation und unter mehrfacher Anastomosenbildung der Fläche nach aus. Die so schon äusserst fein gewordenen , arteriellen Zweigchen treten von hier allenthalben durch die Muscularis mucosae hindurch und breiten *) Ein erheblicher Unterschied besteht nur in der Vertheilung der gröberen Gefässe, insofenie, als im Bereiche des Dickdarmes die Zugangspforte derselben auf eine fortlaufende Linie beschränkt ist, während an den Magen von mehreren Seiten Gefässe herantreten. Blutgefässe des Magens und Daiines. 445 sieh in der Schleimhautregion, welche zwischen der letzteren und dem blinden Ende der tubulösen Drüsen gelegen ist, abermals der Fläche nach aus. Während dessen schicken sie sich gegenseitig Anastomosen zu, zerfallen aber sehr bald in ihre Endzweigehen. Aus diesen ent- wickelt sieh ein reiches Capillarsystem, dessen ziemlich enge Röhrchen in den Septen zwischen den Schlauchdrüsen gelegen sind und unter netzartigen Verbindungen, in steilen Spiraltouren die letzteren umziehen. In den obersten Schleimhautschichten erweitern sich die Capillarröhrchen Flächenansicht der Blutgefässvertheilung aus der injicirten Mageuschleimhant der Katze in der Schichte zwischen Miiscularis mucosae und dem Grunde der Drüsen ; Zerfall der arteriellen End- ästchen in die Capillaren und venöses Sanimelnetz mit den in Verkürzung gesehenen venösen Wurzel- stämmchen der Drüsenschichte. Arterien (a) und arterielle Capillaren schwarz, Venen (V) punktirt. (Hartnack, Syst. II, Ocul. 2.) bis auf das Doppelte ihres früheren Durchmessers und ordnen sich un- mittelbar unter dem Epithel kranzartig um die Mündungen der Schlauch- drüsen. Aus diesen oberflächlichen (venösen) Capillaren gehen die Wur- zeln der Venen hervor , welche als verhältnissmässig weite Röhrchen, in reo;elmässiffen Abständen von einander, senkrecht durch die Tunica propria in die Tiefe ziehen , um sich noch in dem Bereiche derselben in ein Sammelnetz (Fig. 125) einzusenken. Dieses ist zwischen dem Grunde der Schlauehdrüsen und der Mascularis mucosae mit weiten, polygonalen Maschen ausgebreitet und nimmt sämmtliche Wurzelstämm- chen der Schleimhautvenen in sich auf. Die aus dem Sammelnetze ab- führenden Venen legen sich dann in der Submueosa an die Arterien- zweigcheii an und verlaufen weiter stets diesen entlang. 446 Blutgefässe des Dünndarmes. — Lymphgefässe des Magens und Darmes. Die Anordnung der Blutgefässe im Bereiche der Schleimhaut des Dünndarmes unterscheidet sich zunächst dadurch, dass die arteriellen Endästchen am Grunde der schlauchförmigen Drüsen nur zum Theile sich in Capillaren auflösen, während eine grosse Zahl anderer durch die Schleimhautsepten bis zu den Zotten hinaufzieht. Eine jede Zotte erhält ein oder zwei solcher Zweigchen, welche schon an ihrer Basis, oder etwas höher oben in das Capillarsystem übergehen. Dieses steht in allseitigem, unmittelbarem Zusammenhang mit den zwischen den Lieb erkühn' sehen Drüsen hinziehenden Capillargefässchen und breitet sich in dem peripheren Theile des Zottenkörpers, unmittelbar unter dem Epithel, mit polygonalen Maschen aus. Die Venen der Dünndarm- schleimhaut wurzeln ausnahmslos in den Spitzen der Zotten, wo sie sich aus den etwas erweiterten Capillaren sammeln und als einfache Stämm- chen durch den Zottenkörper nach abwärts verlaufen, um in das venöse Sammelnetz am Grunde der Lieberkühn' sehen Drüsen sich zu ergiessen. Andere Modificationen des Blutgefässverlaufes sind entsprechenden Ortes durch die Einlagerung der lymphoiden Follikel und der Brun- ner''schen Drüsen bedingt. Die letzteren werden stets schon von der sub- mucösen Gefässramifikation mit Zweigen bedacht, die ersteren beziehen sie, je nach ihrer Lage, zum Theil aus dieser, zum Theil aber aus den Endgefässen der Tunica propria. lieber die Gefässanordnung im Inneren dieser Gebilde vergleiche S. 367 und 401. Die Lymphgefässe des Magens und Darmes bilden für die äussere Muskelhaut und für die Schleimhaut gesonderte Capillargebiete. Mit Bezug auf die erstere ist seit Auerbach bekannt, dass sowohl in der Längs- als auch in der Ringfaserschichte zwischen den einzelnen Muskelbündeln ziemlich reichliche Lymphcapillaren eingelagert sind, welche ein nach der Yerlaufsrichtung der Muskelfasern langgestrecktes Netzwerk formen (vgl. Fig. 95 auf S. 354). Ihren Abiiuss finden diese Gefässe durch Vermittlung eines interlaminären Lymphgefässnetzes (Auerbach), welches zwischen den beiden Muskellagen seinen Sitz hat. Im Bereiche der Schleimhaut kommen durchwegs zwei, der Fläche nach ausgebreitete Lymphgefässnetze vor, deren eines in der Submucosa, das andere über der Muscularis mucosae, am Grunde der schlauch- förmigen Drüsen sich findet. Das letztere ist viel reichhaltiger, dichter und aus massig weiten Capillaren zusammengesetzt; es steht durch zahlreiche, die Muscularis mucosae schräg durchsetzende Röhrchen mit dem gröberen, weitmaschigen, submucösen Netze allenthalben in Zu- sammenhang. Aus dem submucösen Netzwerke sammeln sich bereits klappenführende Lymphgefässstämmchen , welche die äussere Muskel- schichte durchbrechen und während dem die abführenden Gefässchen Lymphgefässe des Magens und Darmes. 447 Fig. 126. des interlaminären Netzes in sich aufnehmen. Die Durchtrittsstellen der Lymphgefässstämmchen durch die Muskelhaut entsprechen zum grösseren Theile genau der Anheftung des Gekröses, in welches sie dann sofort übertreten. Eine Anzahl anderer Gefässstämmchen, welche etwas abseits davon die äussere Muskelhaut durchdringen, verläuft noch eine Strecke weit unter dem Bauchfellflberzug, bis sie den Gekrösansatz erreichen {subseröse Lymphgefässe). Während die eben geschilderte Anordnung im Magen und Darm allerwärts völlig übereinstimmend sich findet, kommen nun die Eigen- thümlichkeiten zu besprechen, welche den ein- zelnen Abschnitten in Betreff der ersten An- fänge der Lymphgefässe in der Schleimhaut zukommen. In der Schleimhaut des Magens sind sie in Gestalt unregelmässiger, häufig ausgebuchteter Röhrchen zu treffen, welche in den Septen zwischen den Labdrüsen gelegen und im Allgemeinen den letzteren parallel geordnet sind. Je zwei derselben sind stets durch eine ganze Gruppe von Labdrüsen von einander getrennt. Sie beginnen leicht zuge- spitzt, oder auch stumpf abgerundet, knapp unter dem Epithel und scheinen in ihrem Laufe durch die Drüsenschichte nur selten zu anastomosiren. Am Grunde derselben senken sie sich in das dort befindliche Capillarnetz ein. Aehnliche Verhältnisse finden sich im Dickdarm, jedoch kommen dort gewöhnlich zahlreichere Anastomosen und förmliche Netzbildungen der Lymphröhrchen um die Lieberkühl' schert Drüsen herum vor. — Im Dünndarm sind die Anfänge der Lymphgefässe {Cki/hisgefässe) in den Zotten zu suchen. In den cylindrischen Zotten des Menschen findet sich ein ziemlich weites, im gefüllten Zustande etwa den vierten Theil der ganzen Breite der Zotte einnehmendes Lymphgefäss, welches blindsack- förmig nahe der Spitze der Zotte beginnt und in der Axe derselben nach abwärts verläuft (centraler Zottenraum). An der Basis der Zotte bemerkt man an ihm unter Umständen eine bauchige Erweiterung, welche unter dem Namen der Lieberkühn^ sehen Amimlle bekannt ist. In den breiteren Zotten kommen nicht selten zwei , oder auch drei solcher Gefässe vor, welche durch Queranastomosen zusammenhängen. Ein der letzteren Anordnung ähnliches Verhältniss des Zottenraumes beschreibt auch v. Winiivarter für das Kaninchen. In den mehr falten- Schema einer Darmzotte nach Leydig. eh. centraler Zottenraum, m. Kerne der glatten Muskel- fasern, 8. Schleimhautgerüst, g. Blutgefässe, c. Cylinderepithel mit dem Basalsaiim. 448 Lymphgefässe des Darmes. Nerven des Magens und Darmes. artigen Zotten der Batracliier sind durch C. Langer ganze Netze von Lymphgefässen nachgewiesen worden. Es ist besonders hervorzuheben, dass in allen diesen Fällen durch Injection von Silbersalpeter eine voll- ständige , endotheliale Wandung als Grrenze des Lymphgefässes gegen das Gewebe der Zotte dargestellt werden kann {v. Recklinghausen, Auer- bach). Von der Basis der Zotten ziehen diese Gefässe durch die Schichte der Lieh erkühn' sehen Drüsen hindurch und ergiessen sich in das über der Muscularis mucosae gelegene Lymphgefässnetz. Fig. 127. Jli/St^»^ 134. Mascheufönnigc Anordnung des Bindegewebes in dem grossen Netze des Menschen. Frisch mit Kochsalzlösiing 0-75 proz. (Hartnaek, Obj. IV, Ociil. 2.) Das Darnujekröse besitzt als Grundlage eine besondere Binde- gewebsmembran {Membrana mesenterii propria) ^ welche die Rami- fikationen der Blutgefässe , die Lymphgefässe und die Nerven des Darmes, sowie die Lymphknoten enthält. In ihr hat auch das Fett- gewebe des Gekröses seinen Sitz. Diese Membran ist bei den freien Gekrösen jederseits von einem peritonealen Ueberzug bedeckt, welcher an dieselbe durch ein sehr zartes, lockeres subseröses Bindegewebe angeheftet ist. Bei den fixirten Gekrösen (Mesocolon ascendens und descendens) ist die Membrana mesenterii propria ebenfalls vorhanden, jedoch ist ein typischer peritonealer Ueberzug nur an der dem Bauch- raum zugewendeten, freien Seite des Gekröses nachweisbar. An dem Gekröse des Duodenum ist beim Menschen in frühen embryonalen Stadien, solange es noch völlig frei ist, jederseits von der Membrana mesenterii eine peritoneale Deckschichte vorhanden. Sie verschwindet 474 Bauchfell uuu Gekröse. — Der Kehlkopf. als solche, sobald das Gekröse iixirt und an seiner Yorderfläche von dem Mesocolon ascendens überlagert wird. Einen eigenthümlichen Bau zeigt das grosse Xetz und der mitt- lere Theil des kleinen Netzes. Hier ist das Bindegewebe zu zahl- reichen, breiteren und schmäleren Strängen geordnet, welche sich vielfach verzweigen und durch reichliche gegenseitige Verbindungen ein Gitterwerk mit rundlichen oder polygonalen Lücken herstellen: die Bindegewebsstränge sind ringsum mit Endothelzellen bekleidet. Diese netzartige Anordnung fehlt nur in der Nähe der Anheftungs- stellen imd in der nächsten Nachbarschaft der grösseren Gefäss- ramifikationen, wo der gewöhnliche Bau der Gekröse hervortritt, und bei wohlgenährten Individuen reichliche Fettgewebszüge sich ausbreiten. Die Blutgefässe bezieht das Bauchfell aus den Gebilden, welche es überkleidet. Die capillare Ausbreitung derselben findet sich in Ge- stalt weitmaschiger Netze in den oberflächlichsten Schichten. Die Lymphgefässe gehören theils den oberflächlichen, theils den tiefen Schichten des Bauchfelles an, imd entfalten sich namentlich in einigen Bezirken zu wohl ausgeprägten, für beide Schichten mehr oder weniger gesonderten Netzen. In Betreff des direkten Zusammenhanges des Peritonealraumes mit dem Lymphgefässsystem vergleiche Seite 359. Ueber das Verhalten der spärlichen Xerven, welche sich im Bauch- felle selbst verbreiten, ist nichts Näheres bekannt. VöUig räthselhaft ist noch das Vorkommen PacinV scher Körperchen (vergi. S. 325). VI. Kapitel. Der Athmimgs-Apparat. • 1) Der Kehlkopf. Seine Schleimhaut ist bezüglich ihres bindegewebigen Theiles von anderen Schleimhäuten vorzüglich durch einen grossen Reichthum an feinen, elastischen Fasernetzen ausgezeichnet, welche sowohl die Tunica propria als die Submucosa durchziehen. Die letztere ist an einzelnen Stellen, so am Kehlkopfeingang, im Bereiche der Aryknorpel, in den Morgagni' sehen Taschen, ziemlich locker gewebt, an den anderen Orten aber strafPer, und entweder unmittelbar mit dem Perichondrium verschmolzen, oder unter Aufnahme starker, elastischer Faserzüge zu mehr weniger selbständigen Formationen gestaltet (Ligamentum coni- Schleimhaut (le.-< Kehlkopfes. Kiiorpelgeriist desselben. 475 cum, die wahren Stimmbänder). In den Morgagni' sehen Taschen, sowie in den sogen, falschen Stimmbändern, findet man öfters zaMreiche Lymphkörperchen in der Submucosa eingelagert; in seltenen Füllen kommt es beim Menschen zur Entwicklung von umfangreicheren, lym- phoiden Formationen, was hingegen beim Hunde {Boldyrew) ein häufiger Befund ist. Die Oberfläche der Schleimhaut ist im Allgemeinen glatt und frei von Papillen, nur im Bereiche der wahren Stimmbänder und an einem schmalen Streifen der vorderen Fläche der Arvknorpel sind solche in nicht unbeträchtlicher Anzahl vorhanden und gleichen in Be- zug auf Gestalt und Grösse denen des Pharynx. Die Grenzschichte der Schleimhaut gegen das Epithel zu zeigt sich an Querdurchschnitten als ein glasheller Saum, welchem entsprechend ich am Pferdekehlkopf durch Behandlung mit Natronlauge eine Basemeut-Membran isoliren konnte. Beim Menschen scheint dies nicht zu gelingen. Das Epithel ist im Allgemeinen ein geschichtetes, flimmerndes Cylinderepithel ; an bestimmten Stellen wird es jedoch durch geschich- tetes Pflasterepithel ersetzt^ welchem die Flimmerhaare fehlen. Solche Stellen sind : die mediale Fläche der Aryknorpel und ein schmaler Streifen an der vorderen Seite derselben, der freie Rand der falschen Stimmbänder und die wahren Stimmbänder; an der hinteren Fläche der Epiglottis tritt das geschichtete Pflasterepithel in der Nähe der Ränder auf und erscheint überdies in unbeständigen, grösseren oder kleineren Inseln auch gegen die Mitte hin. Bemerkenswerth ist ausser- dem das bereits erwähnte Vorkommen von Geschmacksknospen (S. 426) in dem Epithel der hinteren Fläche des Kehldeckels. Nach Davis finden sich dieselben an allen den Stellen der Kehlkopfschleimhaut, welche mit geschichtetem Pflasterepithel versehen sind, mit Ausnahme der Stimmbänder. Im Bereiche des flimmernden Epithels kommen sie nur ganz ausnahmsweise vor. In dem submucösen Bindegewebe sind kleine, traubenförmige Schleiiiidrüschen eingelagert, von denen grössere Anhäufungen in der Gegend der Aryknorpel und in den Morgagni' sehen Taschen vorkommen. An der hinteren Fläche des Kehldeckels sind sie zum Theil in grubigen Vertiefungen des Knorpels aufgenommen. Von dem Skelet des Kehlkopfes besitzen der Schildknorpel und der Ringknorpel, sowie die Corpuscula triticea der Membrana thyreo- hyoidea, durchaus hyaline Grundsubstanz; der Kehldeckel hingegen, sowie die Santorini' sehen und die Wrisherg' sehen Knorpel gehören in die Reihe der elastischen Knorpel; die Aryknorpel sind zwar in ihrem grössten Theile hyalin, ihre Spitze aber und der Processus vocalis führen ziemlich reichliche elastische Fasernetze in ihrer Grund- substanz. 47(3 Gelasse und Nerven des Kehlkopfes. — Die Luftröhre. Die Blutgefässe des Kehlkopfes mögen nur soweit Erwälmnng finden, als sie der Sclileimhaut angehören. In derselben sind sie zu drei, der Tiefe nach wohl geschiedenen, netzförmigen Ausbreitungen geordnet. In die tiefste Schichte fällt die Verzweigung der stärkeren Stämmchen, welche durch gegenseitige Anastomosen ein eckiges Maschen- werk formen. Die mittlere Schichte, welche durch schief aufsteigende Zweigchen aus der tiefen Schichte gespeist wird, besteht aus einem engmaschigeren Netzwerk feiner Röhrchen, dessen Maschen im All- gemeinen rundlich, in dem Bereiche der wahren Stimmbänder aber in die Länge gestreckt sind. In beiden Netzen verlaufen Venen- und Arterienzweige parallel. Aus dem mittleren Gefässnetze ziehen zahl- reiche feine Zweigchen nach der Oberfläche, um sich unmittelbar unter der hyalinen Grenzschichte in ein dichtes Capillarnetz aufzulösen. Das- selbe sendet an den mit Papillen versehenen Schleirahautstellen steil verlaufende Sclilingen in diese hinein, an den anderen Bezirken ist es völlig flach ausgebreitet. An der hinteren Fläche des Kehldeckels ist die Gefässvertheilung insoweit abweichend , als das mittlere Gefäss- netz fehlt. Die Lymphgefässe der Kehlkopfschleimhaut sind zu zwei, nicht sehr scharf getrennten Netzen geordnet, von denen das tiefere aus weiten, das oberflächlichere aus engeren Röhrchen geformt wird. Das letztere liegt unter dem oberflächlichen Blutcapillarnetz. Die Nerven des Kehlkopfes sind besonders ausgezeichnet durch ziemlich reichliche Einlagerung von Ganglienzellen im Bereiche ihrer feineren Verästlung. Die markhaltigen Fasern derselben bilden in der Schleimhaut selbst unter häufigen, doppelten, selbst dreifachen Thei- lungen ein reiclilialtiges Flechtwerk. Ihre letzten Endigungen sind noch nicht sicher bekannt. Ein Theil derselben steht ohne Zweifel in Verbindung mit den Geschmacksknospen des Kehldeckels; ausserdem sind an der hinteren Fläche des letzteren kugelige Endkolben nach- gewiesen worden {Lindemann). 2) Die Luftröhre. Ihre Schleimhaut ist von ähnlicher Beschaffenheit, wie die des Kehlkopfes ; die elastische Substanz gelangt in ihr zu noch stärkerer Entwicklung und tritt namentlich in der Tunica propria in Form eines dichten Fasernetzes mit vorwiegend longitudinaler Richtung der Fasern auf. Nur ganz nahe der Oberfläche sind die elastischen Elemente spärlicher ; hier ist das BindegeAvebe äusserst feinfaserig und reich an eingelagerten rundlichen (lymphoiden) Zellen. Der Abschluss gegen das Epithel geschieht durch eine belle Grenzschiclite, welche jedoch Schleimhaut der Luftröhre. — Die Lun<(on. 477 nicht als selbständige Membran isolirbar ist. Die Subraucosa ist kaum deutlich von der Schleimhaut geschieden und geht nach Aussen, ebenso ohne scharfe Grenzen , in die straffe Faserhaut über, welche mit den Knorpelringen zusammen das eigentliche Gerüst der Luftröhre bildet. Die Knorpel sind durchaus hyalin, ihr Perichondrium verschmilzt un- trennbar mit der erwähnten Faserhaut. An der hinteren, knorpelfreien Wand der Luftröhre sind unmittelbar unter der Schleimhaut zahl- reiche, cjuerverlaufende Bündel glatter Muskelfasern eingelagert, welche mit elastischen Sehnen zum Theile am hinteren Segmente der Knorpel- rino-e, und zwar an dem Perichondrium ihrer inneren Oberfläche, sich ansetzen, entsprechend den Knorpelinterstitien aber in der Faserhaut endigen. An der äusseren Oberfläche löst sich das Gewebe der letzteren zu einem lockeren Interstitialgewebe auf, mittelst dessen die Luftröhre an die Gebilde der Nachbarschaft angeheftet ist. An der Grenze gegen die Speiseröhre enthält dasselbe sehr reichliche elastische Ele- mente in Gestalt von derben Fasernetzen und elastischen Platten und ausserdem spärliche, längslaufende Bündel glatter Muskelfasern. Die innere Oberfläche der Luftröhre ist mit geschichtetem, flim- merndem CyHnderepithel bedeckt (vergl. S. 392) , in welchem regel- mässig auch Becherzellen eingestreut sind. Die Richtung der Flimmer- bewegung geht hier, sowie im Kehlkopf, nach der Rachenhöhle hin. Traubige Schleimdrüschen sind im ganzen Bereiche der Luftröhre vorhanden, am reichlichsten an ihrer hinteren Wand, wo sie sich zwischen die queren Muskelbündel und noch hinter dieselben hin erstrecken. Ihre Ausführungsgänge durchbohren meist in schiefer Richtung die Schleimhaut und zeigen die Eigenthümlichkeit, dass die sie bekleidenden Zellen noch eine Strecke weit mit Flimmerhaaren besetzt sind. Li Betreff der iVusbreitung der Blutgefässe , Lj/mphgefässe und Nerven in der Schleimhaut der Luftröhre gilt genau dasselbe, was für den Kehlkopf angegeben worden ist. 3) Die Lunsren. An der Lunge des Menschen und der Säugethiere kann man eine grosse Anzahl mehr oder weniger deutlich abgegrenzter, kleiner Bezirke unterscheiden, welche man im Gegensatze zu den grossen Lungenlappen als Lungenläppchen bezeichnet. Am besten treten sie bei Embryonen und neugeborenen Kindern hervor, weil sie zu dieser Zeit von einem relativ sehr reichlichen Zwischenbindegewebe umgeben sind. Ihrer Gestalt nach gleichen sie da so ziemlich einem Kegel, an dessen Spitze ein Bronchialzweigchen eintritt und dessen Basis in den peripheren 478 Vertheilung und Gestaltung der Luftwege in den Lungen. Farthieen der Lunge der Pleura zugewendet ist. Mit zunehmendem Wachsthum verwischen sich die Grenzen zwischen den Läppchen mehr und mehr, so dass sie an erwachsenen Individuen mitunter kaum mehr demonstrirt werden können. Li den meisten Fällen jedoch wird es noch dadurch ermöglicht, dass in dem Zwischengewebe der Läppchen Pigment- anhäufungen *) stattgefunden haben , durch welche dann ihre Grenzen markirt werden. Die in die Lungen eintretenden Bronchialäste zerfallen zunächst durch gabelige Theilungen in mehrere Zweige, welche divergirend nach verschiedenen Bezirken der einzelnen Lungenlappen hinziehen. Von diesen Zweigen gehen in ziemlich regelmässigen Intervallen unter spitzen Winkeln Nebenzweige ab, welche sich in derselben Weise weiter rami- ficiren. Alle diese Zweige, bis herab auf etwa einen Durchmesser von 1 Mm., werden nach ihren Lagebeziehungen zu den Lungenläppchen interlobulare Bronchien genannt. Aus ihnen gehen weiterhin die lobu- laren Bronchien (Bronchioli) hervor, von welchen ein jeder in ein Lungen- läppchen eintritt und sich innerhalb desselben noch mehrfach verzweigt. Innerhalb der Lungenläppchen ergibt sich folgendes Verhalten der luftführenden Räume : Der lobulare Bronchus zerspaltet sich nach seinem Eintritt noch mehrmals unter fast rechtem Winkel, und aus den so entstandenen kleineren Bronchiolen gehen die terminalen Lufträume hervor. Diese treten nicht, wie die Bronchialzweige, als einfache, drehrunde Kanälchen auf, sondern es besitzen ihre äusserst zarien Wände zahlreiche, halbkugelförmige Ausbuchtungen, welche als Alveolen (Lungenbläschen) bezeichnet werden. In einem jeden Läppchen bestehen die terminalen Lufträume aus einem System von verzweigten Gängen {Alveolenyänge, F. E. Schulze)^ deren letzte Ausläufer mit einer kolbigen oder birnförmigen Auftreibung, dem sog. Infundibulum (besser vielleicht: Endsäckchen) abgeschlossen sind. Die Alveolengänge zeigen noch im Allgemeinen eine cylindrische Gestalt; die ihnen aufsitzenden Alveolen reihen sich, wie ich mindestens *) Das feinköi-nige, schwarze Pigment, welches man in verschieden grosser Menge in der menschlichen Lunge findet, besteht einerseits aus wahren Melanin- körnchen, wie sie auch sonst in manchen Geweben sich finden, andererseits aber auch aus feinsten Kohlenpartikelchen, welche offenbar dem Staub der Atmosphäre entstammen. Die letzteren zeichnen sich durch eine eckige, zackige Gestalt aus. Bei Kohlenarbeitern, auch bei Thieren, welche man in einer mit Kohlenstaub ge- schwängerten Atmosphäre aufbewahrt hatte, fand man ganz ausserordentliche Massen von diesen Partikelchen angesammelt, und dadurch die Lungen völlig schwarz gefärbt [Anthrakosis). Die Ablagerungsstätten des Pigmentes sind ausser dem interstitiellen Bindegewebe auch noch die Wandungen der Alveolen, besonders die kömigen Epithelzellen derselben. Ganz gewöhnlich häuft es sich auch in den Bronchial-Lymphknoten an. Vertheiluim' und Anordnuner der Luftweijo in den Lungen. 479 beim Menschen, im jugendlichen Zustande finde, nicht eine der anderen unmittelbar an, sondern sind mehr oder weniger zerstreut (Fig. 135 B.). Die VeräStigung der Alveolengänge erfolgt unter fast rechten Winkeln und zAvar so, dass dabei der Durchmesser derselben nicht erheblich abnimmt. Der Uebergang ihrer Endausläufer in die Endsäckchen erfolgt ohne scharfe Grenze ; die Alveolen häufen sich und kommen bald ganz dicht neben einander zu stehen, so dass die Wandung eines Endsäckchens eigentlich nur aus den Wandungen einer Anzahl eng an einander ge- reihter Alveolen zusammengesetzt wird. Es mögen von den letzteren etwa 10 bis 20 und mehr zur Bildung eines Endsäckchens beitragen. Fif?. 135. Corrosionspräparate ans der Lunge eines lljährigeu Knaben. -A. Die letzte Verästigiing eines intei-lobnlaren Bronchus (i), 1. lobulare Bronchien. B. Alveolengang (a) und Endsäckchen (e). (Hartnack, Objectiv II, Ocul. 2.) Nun ist hervorzuheben, dass die Gestaltung und die Dimensionen der ter- minalen Lufträume ganz ausserordentlichen Schwankungen unterliegen, je nach ihrem jeweiligen Gehalt an Luft oder, je nachdem sie behufs der Untersuchung mehr oder weniger durch andere Substanzen erfüllt worden waren. Erhärtet man z. B. eine Lunge ohne Weiteres in Weingeist, so ist sie nach einiger Zeit völlig zusammengezogen und enthält nur geringe Reste von Luft in ihrem Inneren ; die Wandungen der terminalen Lufträume liegen fast flach an einander, so dass die Orientii-ung an Schnittpräparaten äusserst erschwert ist. Man pflegt daher ge- wöhnlich die Lungen in etwas ausgedehntem Zustande in die Erhärtungsflüssigkeit zu bringen, indem man vorher Luft, oder besser Alkohol oder farblosen Leim, durch den Bronchus eingespritzt und den letzteren unterbunden hat. Zweckmässig geführte Durchschnitte (senki-echt und parallel zur Oberfläche) geben so, besonders von Kinderlungen, mitunter sehr übersichtliche Bilder. Am besten aber lässt sich die Vertheilung und Anordnung der terminalen Luftwege an Corrosionspräparaten überblicken, und wer in der Lage ist, sich solche anfertigen zu können, möge es nicht versäumen. Man injicirt zu dem Ende, nachdem die Luft so gut als möglich 430 ^''^^^ ^^'" interlobularen Bronchien. entfernt worden ist, eine stai-re, consistente Waclismasse *) durch den Bronchus bis zu einer möglichst gleichmässigen Erfüllung der Lunge und bringt dieselbe nach dem Erkalten der Masse in concentrirte Salzsäure. Dort bleibt sie so lange liegen, bis sich das erweichte Gewebe durch einen schwachen Wasserstrahl aus einer Spritz- flasche vollständig entfernen lässt und der reine Abguss der Luftwege zurückbleibt. Kleine Parthieen davon werden nun ausgewählt und bei auffallendem Lichte mit 15 — SOfacher Yergrösserung untersucht. Ein solches Präparat ist in Fig. 135 dargestellt. Mit Bezug auf den ferneren Bau der Bronchialverzweigungen ist fola'endes zu bemerken. Der Bronchus selbst und seine nächsten Aeste zeigen keine wesentlichen Abweichungen von dem Bau der Luftröhre. Mit der fortschreitenden Verästlung derselben nehmen die einzelnen Wandbestandtheile allmälig an Stärke ab, erfahren aber auch gewisse Modifikationen , welche zuerst in der Vertheilung und Gestaltung der eingelagerten Knorpel und in der Anordnung der Muskulatur sich be- merklich machen. Die Knorpel treten nur in den ersten Aesten des Bronchus in Form von Halbringen auf, in den weiteren Verzweigungen erscheinen sie in kurzen Intervallen als rundliche oder winkelige Plättchen, welche in dem ganzen Umfang der Röhrenwand zerstreut eingelagert sind. Ihre Grösse nimmt, sowie ihre Dicke, allmälig ab, bis sie in Bronchial- zweigen, deren Durchmesser etwa 1 Mm. beträgt, gänzlich verschwinden. Die Muskulatur, ausschliesslich aus glatten Elementen bestehend, ist bei manchen Thieren, z. B. bei der Katze (Fig. 136) zu einer ge- schlossenen, ringförmigen Lage entwickelt, deren ziemlich starke Bündel ab und zu gegenseitig ihre Fasern austauschen, mitunter sogar netz- artig in einander verflochten sind. Beim Menschen wird die Wandung der Bronchien ebenfalls in ihrem ganzen Umfang von glatten Muskel- fasern durchzogen. Sie liegen am Grunde der Tunica propria der Schleimhaut und bilden eine zusammenhängende, wenn auch nicht völlig geschlossene Lage. Ihre Anordnung ist, wie man am besten an Flächen- bildern, d. h. an aufgeschnittenen und flach ausgebreiteten Bronchial- zweigen erkennen kann, eine gitterförmige ; die Fasern sind zu platten Bündeln geordnet, welche im Allgemeinen eine annähernd quere Ver- laufsrichtung einhalten und netzartig unter einander zusammenhängen. Zwischen ihnen bleiben spitzwinklige, der Quere nach gestreckte *j Eine solche Masse bereitet man sich am einfachsten durch Zusammen- schmelzen gleicher Theile von weissem Wachs und reinem Colophonium. Man gibt dann noch etwas Mastixfirniss zu und färbt ziemlich intensiv mit Zinnober oder Chromgelb, wozu man am besten die käuflichen Kapselfarben verwendet. Um die Lunge möglichst luftleer zu erhalten, lässt man sie durch 24 Stunden in einer Schale, von mehrfachen feuchten Lappen bedeckt, liegen. Die Injection muss dann imter warmem Wasser, bei möglichst geringem Druck mittelst einer SjDritze vor- genommen werden. Bau der interlobularen Bronchien. 481 Lücken ausgespart. An Querdurchschnitten der Bronchialzweige findet man daher die Muskellage stellenweise unterbrochen, und die Bündel der Muskelfasern häufig nicht in der reinen Längenansicht, sondern in mehr oder weniger schiefen Durchschnitten, In den kleinsten inter- lobularen Bronchien sind die Muskelbündel nur mehr sehr dünn, aus einigen wenigen Fasern bestehend und noch weiter auseinander gerückt; sie umgreifen jedoch noch immer den ganzen Umfang des Rohres. Die Schleimhaut der interlobularen Bronchialzweige ist im Ver- hältniss zur Gesammtwandung sehr dünn und erscheint in dem Falle, als diese nicht durch Injectionsmassen ausgedehnt erhalten worden ist, stets ins Längsfalten gelegt, welche um so steiler und um so höher Tic?. 136. Querdurchschnitt durch einen Bronchialast aiis der Lunge der Katze. a. Epithel, b. Schleimhautschichte, c. Muskulatur, d. Schleimdrüschen , e. Knorpelplättchen, f. äussere Faserhaut, g. die anstossenden Lungenalveolen, in verschiedener Weise von dem Schnitte getroffen, mit injicirtem Capillarsystem . h. Grössere Bronchialgefässe. (Im Präparat waren die Arteriae bronchiales mit blauer, die Verzweigungen der Arteria pulmonalis mit rother Masse injicirt.) (Hartnack. Objectiv V, Ocul. 2.) vortreten, je mehr der Durchmesser der Röhrchen abnimmt. Ihr binde- gewebiger Antheil ist durchwegs sehr reichlich mit elastischen Faser- netzen durchsetzt, welche im Allgemeinen der Länge nach gestreckt sind. In den grösseren Luftröhrenästen enthält er ausserdem eine grosse Anzahl zerstreuter kugeliger Zellen. Der Epithelialüberzug, durch eine hyaline Grenzschichte von der Schleimhaut getrennt, ver- liert allmälig an Dicke, wobei jedoch zu bemerken ist, dass er noch lange eine deutliche Scliichtung erkennen lässt (nach KöUiker selbst an Bronchialzweigen von 2 Mm. Durchmesser). Indessen werden die ZeUen der tieferen Lagen allmälig spärlicher, die Spindelzellen der mittleren Schichte verschwinden gänzlich, und es erscheinen nach und nach nur mehr zwischen den Basalenden der flimmernden Cy linder zellen einzelne kugelige oder conische Zellen, welche sich wie ErsatzzeUen des ge- wöhnlichen Cylinderepithels verhalten. In den kleinsten interlobularen Bronchien findet man ein einschichtiges Epithel aus langen flimmern- Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. gj 482 ^''^■^ ^^^' lobularen Bronchien. den Cylinderzellen bestehend, welche in den feinsten Zweigen be- trächtlich kürzer und allniälig würfelförmig werden. Der Flimmer- besatz findet sich anch noch in den lobularen Bronchien. Sehr ver- breitet, bis in die letzten Verzweigungen der Bronchien, kommen auch Becherzellen vor (Schulze). Die Faserhaut der interlobularen Bronchien, aus gekreuzten Binde- o-ewebsbündeln mit elastischen Fasernetzen zusammengesetzt, geht nach aussen in eine mehr lockere Bindegewebsscheide über, welche die parallel laufenden Verzweigungen der Gefässe, Nerven und Bronchien gemein- schaftlich einhüllt. Das Verhältniss der Faserhaut zu den in ihr ein- gelagerten Knorpelplättchen ist ganz analog dem, wie es in der Luftröhre besteht. In den kleinsten Bronchialzweigen, welche keine Knorpel mehr besitzen, wird die Faserhaut sehr dünn und ist kaum mehr deutlich von dem Schleimhautgewebe zu sondern. Die Bronchialäste sind ziemlich reich an traubigen Schleimdräschen , welche sich unter der Muskelschichte, in den inneren Theilen der Faserhaut ausbreiten, in den grossen Aesten eine beträchtliche Grösse erlangen können, in den feineren Verzweigungen nur mehr aus wenigen Acini bestehen. Sie reichen in denselben ungefähr so weit, als die knorpeligen Einlagerungen. Als ein normales Vorkommniss beim erwachsenen Menschen ist endlich noch die Einlagerung von vereinzelten grösseren oder kleineren Gruppen lymphoider Zellen (Follikel?) in die Wandungen der inter- lobularen Bronchien zu erwähnen. Sie haben ihren Sitz nicht in der Schleimhaut, sondern stets nach aussen von der Muskelschichte. Die lobularen Bronchien lassen bezüglich ihrer bindegewebigen Grundlage keine Unterscheidung einer Schleimhaut und Faserhaut zu, es ist dieselbe vielmehr äusserst zart und dünn, und zeigt neben längs- laufenden Bindegewebsbündeln feine, elastische Fasernetze. Die Mus- kulatur bildet keine geschlossene Lage, sondern erscheint in mehr zer- streuten, dünnen Bündeln oder auch in einzelnen, von diesen abge- zweigten Fasern, welche jedoch noch immer mehr weniger der Quere nach gestellt sind. Knorpel und Drüsen fehlen gänzlich. Neueren Untersuchungen Kölliker's zu Folge tragen die Bronchioli bei dem erwachsenen Menschen bereits kleine, wandständige Alveolen. Mit Ptücksicht auf das Epithel unterscheidet Kölliker zwei Arten von Bronchiolen. Die grösseren, den interlobularen Bronchien zunächst folgenden, besitzen ein gleichmässiges, einschichtiges, flimmerndes Cy- linderepithel. In den kleineren aus ihnen hervorgegangenen Bronchioli verlieren sich die Flimmerhaare und die Zellen nehmen eine cubische Form an. Zwischen diesen cubischen Zellen treten nun zuerst ganz vereinzelt, bald aber in grösserer Zahl grosse, platte, kernhaltige Zellen Bau der Alveolen und der Alveolengilnge. 483 auf; es entsteht so eine eigenthümliche , aus zweierlei ganz verschie- denen, aber in gleicher Schichte gelagerten Zellen zusammengesetzte Epitheltbrm {respiratorisches Epithel KöUiker). Bemerkenswerth ist, dass diese Epithelform nicht sofort in dem ganzen Umkreise der Wand des Bronchiolus an Stelle des Pflasterepithels tritt, sondern zuerst an einer Seite derselben erscheint, dann sich allmälig auf ein grösseres Segment der Wand ausbreitet und erst beim Beginn der Alveolengänge das ganze Bereich der Wandung einnimmt. In den terminalen Luftrmimen ist die Verdünnung der Wan- dungen noch weiter fortgeschritten; sie bestehen aus einer zarten, blassen, membranösen Grundlage, welche in den Alveolengängen noch eine leichte Längsstreifung erkennen lässt, in den Alveolen selbst völlig Fiff. 137. A. Alveolen aus der in Chromsäure erhärteten Lunge einer Katze (Schnittpräparat). In den Wandungen sind zahlreiche Kerne der Epithelzellen zu erkennen. B. Elastisches Gerüst der Alveolen aus der Lunge des erwachsenen Menschen. (Zupf- präparat mit Zusatz von Natronlauge.) (Hartnack, Object. VIII, Ocxil. 2.) strukturlos ist, allenthalben aber eine Stütze durch reichlich entwickelte, elastische Fasernetze erhält. In den Alveolengängen sind diese im Allgemeinen in circulärer Richtung geordnet. Wo Alveolen aufsitzen, ist deren Basis (Eingangsstelle) durch einen kreisförmigen Zug dicht verfilzter, elastischer Fasern gestützt und von diesem zweigen sich ein- zelne dünne, gabelig verästelte Fäserchen ab, um über die ganze Wan- dung der Alveolen ein weites Maschenwerk zu bilden. Ganz überein- stimmend verhalten sich die elastischen Fasernetze au den Alveolen, welche, dicht aneinander gereiht, die Wandungen der Endsäckchen zusammensetzen (Fig. 137). Eine jede derselben ist an ihrem Eingang von dem gemeinschaftlichen Hohlraum her durch einen dichteren Zug elastischer Fasern umkreist, während an ihren Seitentheilen und an ihrem Grund einzelne, verzweigte Fäserchen ein weitmaschiges Netz- werk herstellen. Man kann sich von dieser Anordnung leicht über- zeugen, wenn man zu einem aus frischem Lungengewebe hergestellten 484 Bä" -iui lösen, um in gewundene Kanalabschnitte -— S'*YS=:rf^r (beziehungsweise Schaltstücke) zu übergehen, werden die Markstrahlen allmälig dünner und verlieren sich endlich, nahe der Ober- fläche der Niere, vollends. Die gewundenen Kanälchen, sowie die Schaltstücke , sind ausschliesslich auf die Rindensubstanz beschränkt und nehmen da- selbst den Raum ein, welcher zwischen den Markstrahlen übrig bleibt. Die oberfläch- lichste Schichte der Riudensubstanz (Cortex corticis Hyrtl) wird nur aus gewundenen Kanälchen zusammengesetzt. Einen wichtigen Bestandtheil der Rinde bilden endlich die Malpighi' sehen Körperchen. Sie sind zwischen den gewundenen Kanälchen einzeln und in verschieden grossen Zwischenräumen eingestreut, jedoch in solcher Zahl vorhanden, dass man an dem Durchschnitte mehrere derselben in jedem Interstitium zwischen zwei Markstrahlen (Fig. 141) vorfindet. Das Bereich des Cortex corticis bleibt jedoch von ihnen vollständig frei. Es ist sonach die Rindensubstanz durch das Vorkommen der gewundenen Kanal- abschnitte und der Malpighi' sehen Körperchen vor der Marksubstauz ausgezeichnet. Indem die Markstrahlen in regelmässigen Intervallen zwischen diese Formationen der Rindensubstanz hineindringen, und die letzteren 11-.,^ Aus einem Längsschnitte durch die Markpyramide der Niere eines neu- geborenen Hundes (Harnkanälchen injicirt). Blau sieht Saiiunelröhren und Henle'sche Schleifen von reichlichem, bindegewebigem Stroma umgeben. (Hartnack, Object. VIII, Ocul. 2.) 492 Rindeilläppchen. — Bau der Harnkanälchen. — Sammelrölirchen. gleichsam um die ersteren herum gruppirt erscheinen, hat man Veran- lassung genommen, an der Rindensubstanz eine grosse Anzahl von Läppchen (Lobuli) zu unterscheiden. Ein jedes von diesen umfasst einen Markstrahl als Axe und eine Parthie gewundener Kanälchen und Mal- pighVscher Körperchen, welche rings um ihn herumgelagert sind. Eine scharfe Grenze zwischen diesen Läppchen existirt aber keineswegs, indem die gewundenen Kanälchen zwischen je zwei Markstrahlen eine continuirliche Masse bilden. Jedoch lassen sich an Schnitten, welche tangential zur Oberfläche geführt worden sind, also die Markstrahlen, Fiff. 141. Aus einem Längsschnitt diirch die Binde einer Aflenniere. Man sieht zwei Markstrahlen und dazwischen die Substanz der gewundenen Kanäl- chen mit Malpighi' sehen Körperchen. Mitten durch zieht ein Arterien- und ein Venenstämmchen. (Hartnack, Object. II, Ocul. 2.) Alis einem Tangentialschnitt durch die Kinde einer Affenniere. a. Querdurchschnitte von Mark- strahlen. b. Malpighi'sche Körperchen. c. Querdurchschnitte der Artt. und Vv. interlobulares; sie bilden die Grenzmarken der Bindenläppchen. (Hartnack, Object. II, Ocul. 2.) beziehungsweise die Rindenläppchen, quer getroffen haben, die letzteren einigermassen dadurch umgrenzen, dass zwischen ihnen die Querschnitte grösserer Arterien- und Venenzweigchen (Art. und V. interlobulares), gleichsam als Marksteine, eingelagert sind (Fig. 142). Histologische Charaktere der Harnkanälchen. Die Sammelröhrchen sind im Allgemeinen ausgezeichnet durch geraden oder nur leicht ge- schlängelten Verlauf, durch wiederholte spitzwinklige Theilungen, ferner durch verhältnissmässig weite Lichtung und durch die helle, fast homo- gene Beschaffenheit der sie auskleidenden Zellen. Die Breite dieser Kanälchen nimmt von der Markpapille bis in die Markstrahlen der Rinde hinein ganz allmälig, jedoch sehr bedeutend (um das 4 — 5fache) ab, so dass bei einem Querdurchmesser der Ductus papilläres von 200 Sammelröhrchen. — Schaltstücke. — Henle'sche Schleifen. 493 bis 300 \i. die dünnsten Sammelröhren in den Markstrahlen nur mehr 45 {JL in der Breite messen*). Die innere Auskleidung wird in den Ductus papilläres durch verhältnissmässig langgestreckte, cylindrische, durchsichtige Zellen gebildet. Mit der fortschreitenden Verkleinerung der Sammelröhren werden die Zellen erheblich niedriger, in der Grenz- schichte der Marksubstanz cubisch und in dem Bereiche der Rinden- substanz selbst mehr abgeplattet; immer jedoch behalten sie ihr homo- genes Aussehen bei. Die Membrana propria der Sammelkanälchen ist ein strukturloses Häutchen, welches in der Nierenpapille mit dem um- liegenden Bindegewebsgerüst verschmolzen ist, sonst aber allenthalben für sich dargestellt werden kann. Die Schaltstttcke können wegen ihres gebogenen Verlaufes leicht mit den eigentlichen gewundenen Kanälchen verwechselt werden, doch unterscheiden sie sich von ihnen in mehreren wesentlichen Punkten; zunächst sind sie bedeutend kürzer als die letzteren und beschreiben gewöhnlich nur eine stärkere und eine oder zwei, sich beiderseits an diese anschliessende, flachere Krümmungen. Ihr Breitendurchmesser beträgt im Mittel 40 [i, ihre Lichtung ist verhältnissmässig weit, ihre Zellenauskleidung der der feinsten Sammelröhrchen ähnlich. Als be- sondere Eigenthümlichkeit kommen ihnen ganz umschriebene, gleich- massige Erweiterungen oder kleine, seitlich aufsitzende, blindsackartige Ausbuchtungen zu. Die beiden Schenkel der HenWschen Schleifen sind gerade oder leicht geschlängelte , unverzweigte Röhrchen , und unterscheiden sich in ihren histologischen Charakteren sowohl unter sich, als von allen anderen Abschnitten der Harnkanälchen in sehr auffallender Weise. Der breite (aufsteigende) Schenkel besitzt einen mittleren Durchmesser von 20 — 26 ;i, wobei zu bemerken ist, dass er im Bereiche der Rinden- substanz durchgehends schmäler erscheint, als in seinem in der Mark- substanz gelegenen Theile. Sein Lumen ist verhältnissmässig eng, doch stets deutlich erkennbar, die SecretionszeUen breit, kegelförmig oder polyedrisch, durch zahlreich eingelagerte, feine Körnchen getrübt, die Membrana propria dünn und zart. Der schmale (absteigende) Schenkel ist im Mittel 14 |i breit, seine Lichtung verhältnissmässig sehr weit, seine Auskleidung aus platten, polygonalen oder spindel- förmigen, durchsichtigen Zellen gebildet, deren kugeliger oder etwas oblonger Kern gewöhnlich eine Vorbauchung gegen das Lumen hin erzeugt. Die Membrana propria ist verhältnissmässig dick , doppelt contourirt. besonders nach Behandlung des frischen Gewebes mit Natron- *) Diese und die folgenden Zahlenangaben sind von Schweigger-Seidel als Mittelmaasse für die Kanälchen der menschlichen Niere erhoben worden. 494 Henh'sche Schleifen. — Gewundene Kanälchen. lange viel stärker hervortretend, als an allen übrigen Abschnitten der Harnkanälchen. Im Ganzen sind die dünnen Schleifenschenkel nicht unähnlich den Blutgefässcapillaren und an Durchschnitten gehärteter Objekte von solchen nicht immer leicht zu unterscheiden. Am besten übersieht man die geweblichen Eigenschaften der beiden Schleifen- schenkel an Schnitten, welche quer durch die Markpyramide angefertigt worden sind (Fig. 143). Der Uebergang dieser Eigenthümlichkeiten in dem Bau der Schleifen- schenkel erfolgt ziemlich plötzlich, fällt aber keineswegs genau mit der Umbeugungsstelle der Schleife zusammen. Vielmehr kann man ihn bald in den absteigenden (beim Menschen der gewöhnliche FaU), bald in den aufsteigenden Schenkel verlegt sehen, so dass beim Men- schen der absteigende Schenkel häufig nur in seinem obersten Theile eng ist und helles, plattes Epithel besitzt, während er in seinem unteren Theile die Charaktere des breiteren Schenkels zeigt. Man sieht also, dass sich die Termini „schmal" und „absteigend" und umgekehrt, mit Bezug auf die Schleifenschenkel nicht genau decken. Die gewundenen Kanälchen besitzen einen Querdurchmesser von 45 [i, eine sehr ^ ^ ^ enge Lichtung und sehr trübe, polyedrische, Alis einem Qiierschnitt durch die ^ '^ t r j i Markpyramide emes neugeborenen undurchsichtigc Sccretionszellen , deren Hundes (Harnkanälchen injicirt). " a. samnieiröhrchen, b. breite, Greuzcoutouren man uur an verhältniss- c. schmale Schleifenschenkel, d. Blut- gefässquerschnitte mässig frischcu Obickten deutlich wahr- (Hartnack, Object. IX, Ocul. 2.) ^ Spitze die innere Wurzel- scheide, welche es bis nun völlig eingehüllt hatte, sowie die Epidermis- schichte, von der es noch bedeckt war, und wächst nun ziemlich rasch in die Länge. Dieser Modus der Entwicklung ist während des fötalen Lebens allen Haaren gemeinsam und liegt auch wahrscheinlich zum Theile der Neubildung von Haaren während des ersten Kindesalters zu Grunde. Ob er auch noch beim erwachsenen Menschen vorkommt, ist sehr zweifelhaft, wenn auch einzelne Autoren (Wertheim ^ Hesse) sich mit Bestimmtheit dafür ausgesprochen haben. Das Wachsthum der Haare erfolgt durch fortschreitende Neu- bildung von epidermoidalen Zellen an dem Grunde des Haarbalges. Dieselben lagern sich an den Haarknopf an, wachsen der Länge nach aus und werden, während sie allmälig verhornen und sich fester an einander kleben, durch den fortdauernden Ansatz neuer Zellen immer weiter nach aufwärts geschoben. Es ist also das Wachsthum des Haares nothwendig an die Continuität der Elemente der Wurzelscheiden mit denen des Haarknopfes gebunden und es findet sein Ende, wenn diese gestört ist. Hat das Haar seine typische Länge erreicht, so kann es. je nach Umständen, noch längere Zeit im Haarbalg verweilen, oder es wird abgestossen. Im ersteren Falle erscheint dann der Haarknopf scharf von den Elementen der Wurzelscheide abgegrenzt, mehr oder weniger verhornt, mit ganz glatter Oberfläche. Im zweiten Falle wird der Haarknopf von der Papille abgehoben, seine Elemente verhornen voll- ständig, er erhält nun die Gestalt eines völlig soliden Zapfens {Haar- kolben). Dieser erscheint gewöhnlich ganz frei von Pigment, daher hell und durchsichtig, an seinem unteren Ende zugespitzt und an den seitlichen Flächen wie aufgefasert (Fig. 162 B.). Während der ab- gehobene Haarkolben sammt der inneren Wurzelscheide in dem Haar- balge nach aufwärts geschoben wird, sinkt der letztere unter ihm zu- sammen, so dass der untere Theil des Haarbalges wie ein dünner Fort- satz des Ganzen erscheint. Die Papille wird kleiner und flacher, bleibt aber als solche bestehen. Auch sie rückt übrigens, wie v. Ebner nach- gewiesen hat, mit der Glashaut und der äusseren Warzeischeide höher 566 Die Talgdrüsen. in den Haarbalg herauf, so dass die bindegewebigen Schichten des letzteren unterhalb der Papille völlig zusammenfallen und als ein Binde- gewebsstrang erscheinen , welcher von der Papille aus in die Tiefe zieht. Dieser Strang ist schon vor vielen Jahren von Wertheim unter dem Namen Haarstengel beschrieben und irrthümlich mit der Regene- ration des Haares in Beziehung gebracht worden. Bevor es zur völligen Ausstossung des Haares gekommen ist, sieht man häufig über der alten Haarpapille ein neues Haar in Bildung begriffen. Die Elemente desselben stammen von der zurückgebliebenen äusseren Wurzelscheide her und sind häufig durch grossen Pigment- reichthum ausgezeichnet. Zugleich mit dem jungen Haare entsteht auch eine neue innere Wurzelscheide, da die des alten Haares mit diesem ausgestossen wird. Man erkennt sie leicht als einen schmalen, hellen Hof, welcher das entstehende Haar rings umgibt. Die Talgdrüsen. Die Talgdrüsen (Haarbalgdrüsen) sind einfache , im Allgemeinen nach dem acinösen Typus geformte Drüschen, welche in den obersten Lagen der Pars reticularis corii ihren Sitz haben und, wie bereits er- wähnt, in Constanten Beziehungen zu den Haarbälgen stehen. In dem Bereiche der Kopfhaare sind sie klein, langgestreckt, kolbenförmig, meistens zu zweien an jedem Haarbalg vorhanden. An den Barthaaren und den ihnen ähnlichen am Mons Veneris, in der Achselhöhle u. s. w. sind sie erheblich grösser, mehr der Breite nach entfaltet und entweder nur einfach, oder auch zu zwei oder drei in einen Haarbalg einmündend. Am stärksten entwickelt findet man sie an den mit Wollhaaren be- setzten Hautstellen, insbesondere an der Nase und ihrer Umgebung und an den grossen und kleinen Schamlippen. Ihrer Gestalt nach sind sie dann theils rundlich (im Gesichte), theils ziemlich stark in die Länge gestreckt (am Rücken), theils auch mehr abgeflacht und in die Breite gedehnt (Haut des Penis) — Verhältnisse, welche wahrscheinlich mit der örtlichen Anordnung des Hautbindegewebes in Zusammenhang stehen (Hesse). Ohne Beziehung zu Haaren findet man Talgdrüsen nur an den kleinen Schamlippen, an der Eichel und der Vorhaut des Penis (wo sie unter dem Namen der Tyson'schen Drüsen vorzüglich die Corona und das Collum glandis, sowie die Umgebung des Frenulum einnehmen) und bei manchen Individuen an dem rothen Lippenrande, hauptsächlich in der Nähe der Mundwinkel (Kölliker). Die Beugeflächen der Hand und des Fusses bleiben ganz frei von Talgdrüsen. Als eine besondere Die Talgdrüsen. )67 Fipr. 165. Modifikation derselben sind die Meihonischen Drüsen der Augenlider zu betrachten. Eine jede Talgdrüse (Fig. 165) besteht aus dem Drüsenkörper und dem Ausführungsgang. Der letztere ist bei kleinen Talgdrüsen ziemlich kurz und eng, seine Elemente sind eine Membrana propria und eine einfache oder doppelte Lage auskleidender, cubischer oder etwas abgeplatteter Zellen. Die letz- teren gehen bei der Einmündung des Ganges in den Haarbalg direkt in die Zellen der äusseren Wurzel- scheide über. An den grossen Talgdrüsen ist der Ausführungsgang von erheblicher Weite (insbesondere an der Nase), seine Mündung an der Hautoberfläche ist häufig selbst mit freiem Auge leicht zu erkennen. Dem Bau nach unter- scheidet er sich insoferne, als seine innere Auskleidung fast bis an den Drüsenkörper hin durch die einge- stülpte Epidermis gebildet wird. An irgend einer Stelle, bald höher, bald tiefer, wird die Wandung des Ganges in schiefer Richtung durch ein Woll- haar durchbrochen; dabei verschmel- zen die Zellen der Wurzelscheiden mit der zelligen Auskleidung des Ganges. An seinem unteren Ende zer- fällt der Ausführungsgang rasch in eine Anzahl von divergirenden Aesten (etwa 3 — 8), denen sowohl an den Seiten, als auch an den Enden kuge- lige, ellipsoidische oder birnförmige Ausbuchtungen (Acini) aufsitzen. Diese bilden in ihrer Gesammtheit den Drüsenkörper; derselbe erscheint jedoch keineswegs ganz scharf umgrenzt, da sich die einzelnen Drüsen- formationen zwischen das Flechtwerk des Corium einschieben und eine gemeinsame Bindegewebshülle nicht vorhanden ist. Diese für die grösseren Drüsen typische Gestaltung findet man an den kleineren wesentlich vereinfacht; sie bestehen aus einer einfachen, dem Gange aufsitzenden, kolbigen Erweiterung, an welcher durch seichtere oder tiefere Einschnürungen eine Mehrheit von Acini gewissermassen nur angedeutet ist. Zwei oder mehrere solcher Bälge können nahe Längsdurchschnitt einer Talgdrüse mit einem diu-cli ihren Aiisfühnmgsgang hervortreten- den Wollhaar. Aus der Wangenhaiit des Menschen. (Hartnack , Object. VII, Ocul. 3.) ^58 Die Talgdrüsen. — Die Schweissdrüsen. der Mündung zu einem gemeinschaftlichen Gang zusammenfliessen (Fig. 162 A). Was den feineren Bau der Drüsenformationen anbelangt, so be- stehen sie aus einer structurlosen Membrana propria und aus einer einfachen Lage von abgeplatteten, fünf- oder sechsseitigen Secretions- zellen. Diese sind gewöhnlich ganz hell und durchsichtig, nur mit vereinzelten feinen Körnchen und Fetttröpfchen besetzt; der etwas ab- geflachte Kern tritt in der Regel sehr deutlich hervor. Die Lichtung der Drüsenformationen ist mit zahlreichen grösseren oder kleineren Fetttröpfchen erfüllt, und aus diesem Grunde erscheinen die Talgdrüsen, in frischem Zustande untersucht, bei Beleuchtung von oben weiss, glänzend, "bei Beleuchtung von unten her aber ganz dunkel und un- durchsichtig. Wegen dieses Umstandes ist auch die Untersuchung der Drüsenelemente am frischen Objekte sehr erschwert und mit Aussicht auf Erfolg nur nach Härtung in Alkohol, Chromsäure u. s. w. vorzunehmen. Die Schweissdrüsen. Die Schweissdrüsen (Glandulae sudoriparae, Knäueldrüsen) bestehen aus einem einfachen Drüsenröhrchen , dessen unterer Theil, vielfach gewunden , zu einem kugeligen oder abgeflachten Knäuel zusammen- geballt ist, während der obere Theil (der sogen. Schweissgang oder SchweisskanaT) in geradem oder leicht geschlängeltem Zuge durch das Corium gegen die Hautoberfläche verläuft und so gewissermassen den Ausführungsgang des Knäuels repräsentirt. In seinem durch die Epi- dermis ziehenden Endstück nimmt der Schweisskanal einen korkzieher- artig gewundenen Verlauf an, was besonders an Handteller und Fuss- sohle sehr auffällig hervortritt (Fig. 159 A). Die Schweissdrüsen sind fast über das ganze Gebiet der äusseren Haut verbreitet (sie fehlen nur an der Eichel und an dem inneren Blatte der Vorhaut des Penis, sowie in der nächsten Umgebung des Lippenrandes), jedoch an den verschiedenen Regionen in verschiedener Zahl und Grösse vorhanden. Am zahlreichsten sind sie an der Beuge- seite der Hand und des Fusses. Ihre Knäuel erreichen da einen an- sehnlichen Durchmesser und sind reihenweise, den Leisten der Cutis entsprechend, theils in der untersten Schichte der Pars reticularis, theils im Unterhautbindegewebe eingelagert. Die Mündungen der Schweiss- kanäle sind schon für das freie Auge als feine, in kurzen, regelmässigen Distanzen nebeneinander stehende Poren an dem Abhang der Cutis- leistchen zu erkennen. Nicht minder reichlich sind sie in der Achsel- höhle vorhanden, wo sie eine besondere Grösse erreichen und in dem Die Schweissdrüsen. 569 Fig. 166. Unterhautbindegewebe ganz dicht an einander liegen. Ausserdem kommen in der Achselhöhle noch kleinere, in der Pars reticularis sitzende Knäuel in wechselnder Zahl vor. Ziemlich reichlich sind sie auch an dem Rücken der Hand und des Fusses, an der Stirne und am Halse vor- handen, spärlicher am Rumpfe, und zwar in etwas geringerer Zahl an der hinteren als an der vorderen Seite desselben. An allen diesen Orten sitzen sie meist in Gruppen von 2 — 3 neben einander, selten ganz vereinzelt. In der nächsten Umgebung des Afters kommen sie in einer kreisförmigen, etwa 1 — 1'5 Cm. breiten Hautzone in beträchtlicher Zahl und Grösse vor und führen den Namen Circumanaldrüsen {Gay). Als eigenthümliche Abarten der Schweissdrüsen sind die Ohrenschmalz- drüsen {Glandulae ceruminosae) und die Schiceissdrüsen des Lidrandes {MoWsche Drüse)}) zu betrachten. Die ersteren sind in ihrer äusseren Form ganz gleich den gewöhnlichen Schweissdrüsen', bei den letzteren aber wird der Knäuel durch einige spiralige Windungen des unteren Schlauchendes ersetzt , und die Mündung des Schweisskanales nach aussen erfolgt nicht an die freie Ober- fläche, sondern in den Balg eines Cilien- haares. Letzteres, hier die Regel, hat auch ausnahmsweise an anderen Orten seine Analogie, indem z. B. in der Achsel- höhle nicht selten der Zusammenfluss eines Schweisskanales mit einem Haar- balge beobachtet werden kann. Mit Bezug auf die feineren Bauverhältnisse ergeben sich manche Differenzen in den verschiedenen Abschnitten der Schweissdrüse, welche namentlich durch die Untersuchungen HeijnoUVs näher bekannt ge- worden sind. Im Bereiche des Knäuels wird das Drüsenröhrchen von einer einschichtigen Lage cylindrischer Zellen ausgekleidet und nach aussen zu von einer zarten Membrana propria begrenzt. Zwischen beiden, also nach einwärts von der Membrana propria, sind constant, aber in sehr wechselnder Zahl, glatte Muskelfasern eingebettet, welche dem Laufe des Röhrchens gleich gerichtet sind. In den grossen Schweissdrüsen (z. B. der Achselhöhle) bilden sie eine völlig geschlos- sene Lage, in den kleineren Schweissdrüsen sind sie spärlicher und fehlen in den kleinsten Arten gänzlich. Das Bindegewebe, welches zwischen den Windungen des Drüsenkanälchens enthalten ist, ordnet Eine Schweissdrüse mit dem zugehörigen Blutgefässnetz (c), a Knäuel, b Schweiss- kanal. (Nach Todd und Botiman.) 570 Schweissdrüsen. — Blutgefässe der Haut. sich an dessen Peripherie zn längslaufenden Zügen und stellt so eine Art von Umhüllung desselben her. Sobald das Drüsenröhrchen aus dem Knäuel austritt und zum Schweiss- Ärflw«/ wird, verschmälert es sich etwas und erhält eine in zwei bis drei Lagen über einander geschichtete Auskleidung von hellen, cubischen oder leicht abgeplatteten Zellen mit deutlich hervortretenden Kernen. Die Zellen der innersten Lage sind stets durch ihre bedeutendere Grösse ausgezeichnet und tragen an ihrer freien Fläche einen nach Behandlung mit Ueberosmium- säure besonders schön ausgeprägten Cuticularsaum. Der Muskelbelag setzt sich in den Schweisskanal nicht mehr fort, wohl aber die Membrana propria und die bindegewebige Umhüllung, soweit als derselbe im Corium ver- läuft. Beim Eintritt in das Stratum Malpighü verschwindet auch diese, und die Zellen, welche den Kanal begrenzen, nehmen völlig den Charakter der umliegenden Zellen der Keimschichte an und sind auch mit diesen durch gezähnelte Flächen verbunden ; auch der Cuticularsaum wird un- deutlich und verliert sich völlig. Im Stratum corneum ist der Schweiss- kanal nur mehr von den aufgelockerten Epidermiszellen begrenzt, deren dem Lumen zugewendeter Theil sich stärker verhornt zeigt. Die Ohrenschmalzdrilsen verhalten sich in ihrem Bau ganz ähn- lich den grossen Schweissdrüsen; hervorzuheben ist, dass die Muskel- elemente in dem Bereiche des Knäuels sehr zahlreich vorhanden sind, und dass die Drüsenzellen häufig gelbe oder braune, glänzende Pig- mentkörnchen und kleinere und grössere Fetttröpfchen enthalten. Die Drüsenzellen sind nach Heynold , abweichend von den eigentlichen Schweissdrüsen, mit einem scharf ausgeprägten Cuticularsaum besetzt. Die Zellenbekleidung ihrer Ausführungsgänge ist stets dreischichtig. Die Blutgefässe der Haut. Die Haut wird allerwärts von kleinen Arterienzweigchen versorgt, welche aus den tiefen Arterien entspringen, die Fascien durchbrechen und sich über denselben der Fläche nach ausbreiten; constant hängen sie durch anastomotische Aestchen unter einander zusammen. Es ist besonders zu bemerken, dass die Anzahl dieser Arterienzweigchen an verschiedenen Bezirken sehr verschieden ausfällt, so dass z. B. am Rumpfe und an der Streckseite der Extremi- täten ein arterielles Gefässchen einen viel grösseren Hautbezirk zu ver- sorgen hat als an der Beugeseite der Extremitäten. Namentlich an der Hohlhand und Fusssohle ist die Zahl der selbständigen kleinen Haut- arterien eine sehr grosse, daher das Ramifikationsgebiet einer jeden einzelnen verhältnissmässig klein. Der Rückstrom des Blutes erfolgt durch kleine, im Bereiche der Haut selbst entsprechend den Arterien angeordnete Venenstämmchen, welche sich aber im subcutanen Binde- gewebe in stärkere, der Fläche nach ausgebreitete Venennetze ergiessen. Die Blutgefässe der Haut. 57 X Aus den letzteren sammeln sich dann die in der Anatomie mit beson- deren Namen bezeichneten subcutanen Venen. Die Vertheilung der Blutgefässe und die Circulationsverhältnisse in der Haut selbst sind durch To)np;a in übersichtlicher und durchaus zutreffender Weise dargestellt worden. Nach ihm sind in der Haut allenthalben drei von efliander unabhängige Capillargebiete zu unter- scheiden, welche durch besondere Zweigchen der Hautarterien gespeist werden und in eigenen Venenwurzeln ihren Abfluss finden; das tiefste gehört dem Fettgewebe an, ein zweites den Schweissdrüsen und ein drittes dem Papillartheile des Corium, mit Inbegriff der Haarbälge und Talgdrüsen. Dem zufolge gibt eine jede Hautarterie in der Pars reti- cularis corii ein oder mehrere Zweigchen ab, welche sich in die Läpp- chen des cutanen Fettgewebes vertheilen und in denselben das bereits erörterte Capillarsystem (Seite 159) herstellen. Etwas höher oben ent- stehen die Zweigchen für die Schweissdrüsen. Dieselben zerfallen in ein Capillarnetz von ganz charakteristischer Form, welches den Knäuel und die einzelnen Windungen des Drüsenröhrchens korbartig um- spinnt (Fig. 166 c) und durch zwei bis drei Venen wurzeln seinen Ab- fluss findet. Von den letzteren zieht eine regelmässig längs dem Schweisskanal nach aufwärts, um sich in das venöse Netz der Papillar- schichte zu ergiessen, während die anderen in absteigender Richtung verlaufen und ein den zuführenden Arterienzweigchen entsprechendes Venensystem herstellen. Wo mehrere Schweissdrüsen ganz nahe an einander stehen, erhalten sie ein gemeinschaftliches Capillarsystem. Nach Abgabe der genannten Zweigchen steigt das arterielle Stämmchen in die oberste Schichte des Corium empor und zerfällt dort in mehrere divergirende Endzweige, aus welchen theils die Capillar- gefässe der Papillen, theils die der Haarbälge und Talgdrüsen hervor- gehen. Die ersteren erheben sich aus einer dicht unter den Basen der Papillen gelegenen netzförmigen Ausbreitung vorcapillarer Arterien- zweigchen und erscheinen in Gestalt einfacher, nur in den stärksten Papillen doppelter Schlingen, deren ab.steigende Schenkel in ein der Fläche nach ausgebreitetes Gefässnetz mit venösem Charakter sich ein- senken. Dieses letztere ist in den mit sehr grossen Papillen versehenen Hautbezirken in doppelter Schichte vorhanden, wobei die oberfläch- liche Schichte engere, den Hautleistchen entlang gestreckte, die tiefere hingegen rundliche, weitere Maschenräume aufweist. Aus ihm gehen kleine Venenstämmchen hervor, welche in dem Corium nach abwärts ziehen und sich unter spitzen Winkeln zu stärkeren Venen vereinigen; diese anastomosiren dann bogenförmig unter einander und nehmen im weiteren Verlauf die Venen der Schweissdrüsen und der Fettgewebs- läppchen in sich auf. 572 Blutgefässe der Haarbälge. — Lymphgefässe der Haut. Die Haarbälge beziehen ihre arteriellen Zweigchen ans den ober- sten Endverästlungen der Hautarterien. Ihre Capillarausbreitungen liegen zwischen den Faserhäuten des Haarbalges und senken sich mit weiten, quergestellten Maschen auch in das Gewebe der inneren Faserhaut ein. In dem oberen Theile des Haarbalges besteht eine ausgiebige Communikation seiner Gefässe mil^der Ramifikation für die Cutispapillen, und von hier aus tritt auch eine oder die andere Gefäss- schlinge an die Talgdrüsen heran. Die Capillaren des Haarbalges er- o-iessen ihr Blut in ein unregelmässig geformtes venöses Netz, welches in der äusseren Faserhaut seinen Sitz hat und mit dem oberflächlichen Gefässnetz der Cutis allseitig in Zusammenhang steht. Bei den sogen. Tast- oder Spürhaaren besteht zwischen den beiden Schichten des Haarbalges ein weites Venennetz (Schwellnetz) , welches nach oben durch einen unterhalb der Talgdrüsenmündung gelegenen ringförmigen Sinus abgeschlossen wird. Die Haarpapille erhält nach Tomsa stets ein selbständiges arterielles Zweigchen, welches in ihr in schlingen- förmige Capillaren zerfällt; der Abfluss des Blutes aus diesen erfolgt aber durch das gemeinschaftliche Venennetz des Haarbalges. Neben den beschriebenen , hervorragenden Gefässausbreitungen enthält die Haut auch noch besondere Capillar Systeme für die Muskeln, für die Ausführungsgänge der Schweissdrüsen und für die stärkeren Nervenstämmchen. Sie sind zumeist Abzweigungen des Gefässgebietes der Pars papillaris. Nur die Tunica dartos besitzt ein abgesondertes Gefässsystem und auch die Muskeln der Gesichtshaut werden theilweise von der Tiefe her mit Blut versorgt. Die Lyjnphgefässe der Haut. Durch geeignete Injections- methoden kann man in allen Bezirken der Cutis typisch verzweigte und angeordnete capillare Lymphgefässe darstellen; die Reichhaltig- keit derselben in den verschiedenen Hautbezirken hängt vorzüglich mit der Entwicklung des Papillarkörpers zusammen. Die Lymphcapillaren treten allenthalben zu zwei geschlossenen, der Fläche nach ausgebrei- teten Netzen zusammen, welche durch zahlreiche, schräg verlaufende Gefässchen in Verbindung gebracht werden. Das oberflächliche Netzwerk liegt in dem obersten Theile der Pars papillaris, jedoch stets etwas tiefer als das oberflächliche Blut- gefässnetz; es besitzt feinere Ptöhrchen und engere Maschen als das tiefliegende Netzwerk und sendet dort, wo die Papillen stark ent- wickelt sind, in diese hinein theils blinde Ausläufer, theils aber in flachen Bögen gekrümmte Schlingen. Besondere Lymphgefässnetze sind von Neumann um die Haarbälge und Talgdrüsen, sowie in der Um- gebung der Schweissdrüsen dargestellt worden. . Die verhältnissmässig Die Nerven der Haut. 573 weiten, aber noch klappenlosen Gefässchen, welche von dem tiefen Lymphgefässnetze in das Unterhautbindegewebe ziehen, begleiten typisch die arteriellen Gefässzweigchen und umspinnen dieselben mit capillaren Netzen. Sie nehmen im weiteren Verlaufe die Lymphgefässe des cu- tanen Fettgewebes auf und gehen erst dann in klappenführende Stämm- chen über, welche häufig noch auf lange Strecken im subcutanen Binde- gewebe verlaufen. Die NerTen der Haut. Die Hautnerven zerfallen bereits in dem subcutanen Bindegewebe in kleine, aus markhaltigen und marklosen Fasern bestehende Aestchen, welche im Allgemeinen in Begleitung der Blutgefässe in das Corium eindringen. Bezüglich ihrer Anzahl an ver- schiedenen Hautstellen gilt dasselbe, was oben für die arteriellen Ge- fässchen angeführt worden ist. Insbesondere hervorzuheben ist der grosse Nervenreichthum in der Vola manus und Planta pedis, vorzüg- lich aber an dem dritten Finger- und Zehengliede. Während eine Anzahl von Nervenfasern bereits im Unterhaut- bindegewebe mit Vater''schen Körperchen (Seite 323) endigt , dringen die anderen bündelweise mit den Blutgefässen in die oberen Schichten des Corium vor, wo sie einen, je nach der Körperstelle verschieden dichten Plexus bilden. Aus diesem erheben sich theils markhaltige, theils marklose Fasern und treten an die Papillen heran. Die ersteren finden ihr Ende in Meissner' sehen Tastkörperchen (vergl. S. 319). Die marklosen Fasern sind zum Theile zur Versorgung der Blutgefässe, mit Einschluss der Capillaren, bestimmt, zum anderen Theile aber gelangen sie in die Epidermis, um dort nach weiterer Verzweigung als feinste Fibrillen frei zwischen den Zellen zu endigen (vergl. S. 317). An die Haarbälge treten feine Nervenstämmchen heran, welche sich entweder aus dem oberflächlichen Nervenplexus der Cutis , oder aas den tiefer gelegenen Stämmchen abzweigen. Bei den Spürhaaren bilden sie an der äusseren Oberfläche des Haarbalges durch gegen- seitigen Faseraustausch ein langgestrecktes Geflecht, aus welchem eine grosse Anzahl markhaltiger Fasern in die Bindegewebsschichten des Haarbalges eindringt und bis an die Glashaut gelangt. Während sie die letztere durchbohren, verlieren sie die Markscheide und treten dann als kurze, marklose Fäserchen in die tiefste Schichte der äusseren Wurzelscheide, wo sie in Tastzellen ihr Ende finden {Merkel). Für die gewöhnlichen Haare entstammen die Nervenstämmchen in der Regel dem oberflächlichen Plexus der Cutis und umziehen in Kreistouren jenen Theil des Haarbalges, welcher unmittelbar unter der Einmündungssteile der Talgdrüsen liegt {Nervenring, Schöbl). Bezüglich der Fasern des Nervenringes ist sichergestellt, dass sie die Glashaut nicht durchbrechen; 574 Die Milchdrüsen. ihre Endigungs weise ist noch nicht hinreichend erforscht. Nach Merkel endigen einige von ihnen ebenfalls in Tastzellen, welche aber an der Aussenseite des Haarbalges gelegen sind. Anhang. Die Milchdrüsen. Ob zwar für gewöhnlich zu dem Geschlechtsapparate gerechnet, sind die Milchdrüsen {Mammae) sowohl ihrer Anlage , als auch ihrem Sitze nach als wahre Hautdrüsen zu betrachten. Sie entwickeln sich im iSmbryo von der Haut aus, bei beiden Geschlechtern ganz gleich- massig. Erst von dem 10. bis 11. Lebensjahre an schreitet die Entfaltung der Drüse bei Mädchen rasch vorwärts, während sie bei Knaben meist stationär bleibt. Zur vollendeten Ausbildung und damit zur Funktions- tüchtigkeit gelangt die Drüse erst, wenn Schwangerschaft eingetreten und bis gegen ihr Ende gediehen ist. Dieses Stadium soll zunächst zum i\.usgangspunkt- der Beschreibung gewählt und dann der Zustand der Drüse in den übrigen Lebensepochen berücksichtigt werden. Zu Ende der Schwangerschaft zeigt die Milchdrüse ganz entschie- den alle Charaktere einer acinösen Drüse. Die Ausführungsgänge, ungefähr 20 an der Zahl, münden alle gesondert an der Spitze der Brustwarze mit feinen Oeffnungen, nachdem ein jeder kurz vorher unter dem Warzenhofe eine länglich birnförmige, meist mit Ausbuch- tungen versehene Erweiterung {Müchsäckchen, Sintis lacteus) gebildet hat. Einem jeden Ausführungsgang entspricht ein wohl umschriebener Lappen der Drüse, innerhalb dessen er sich dendritisch ramificirt. Den End- ausläufern der Gänge sitzen Gruppen von kugeligen oder oblongen Drüsenbläschen auf. Die letzteren sind von einer Membrana propria umgeben, welche an ihrer äusseren Oberfläche jene sternförmigen Figuren erkennen lässt, wie sie auch bei Speicheldrüsen u. s. w. vor- kommen (vergl. Seite 400). Ihre Auskleidung wird von einer ein- fachen Lage cubischer , mit grossen kugeligen Kernen versehener Secretionszellen gebildet (Fig. 167 A). Die Lichtung der Acini ist bald ganz eng, bald etwas weiter und mit einer homogenen oder von spär- lichen kleinen Fetttröpfchen durchsetzten Flüssigkeit erfüllt. Die Wan- dung der Drüsengänge wird durch fibrilläres Bindegewebe hergestellt, welches vorwiegend circulär angeordnet und nur in den äussersten Schichten mit feinen elastischen Fasernetzen durchsetzt ist; nach ein- wärts zu zeigt es eine verdichtete Grenzschichte, welche sich erst an Die Milchdrüsen. 575 den feineren Verzweigungen zu einer selbständigen Membrana propria gestaltet. Als innere Auskleidung der Gänge findet sich durchwegs eine einschichtige Lage von cylindrischen Zellen. Das interstitielle Bindegewebe der so ausgebildeten Milchdrüse ist ziemlich locker gewebt, so dass man ohne Schwierigkeit die ein- zelnen Drüsenläppchen ausschälen kann, und in den meisten Fällen mit Fettgewebe und vereinzelten Fettzellen durchsetzt. Während der Ladationsperiode zeigt sich die histologische Be- schaffenheit der Milchdrüse insoferne verändert, als die Drüsenbläschen und Drüsengänge stets erheblich ausgeweitet und mit zahlreichen, grös- Fiff. 107. A. Durchschnitt durch die Milchdrüse einer trächtigen Hündin; bei x der Querdurchschnitt eines Drüsenganges. B. Aus einem Durchschnitte durch die Milchdrüse einer säugenden Hündin, zwei Wochen nach dem Wurf. (Hartnack, Object. VIII, Ocul. 2.) seren und kleineren Fetttröpfchen (Milchküg eichen) erfüllt sind. Dabei erscheinen die Drüsenzellen, und insbesondere ihre Kerne, mehr abge- flacht, in verschiedenem Grade mit Fetttröpfchen besetzt (Fig. 167 B). Wird die Brustdrüse nicht mehr durch das Säugen in Anspruch genommen, so vermindert sich sehr bald ihre secretorische Thätigkeit; die Drüsenbläschen nehmen zunächst wieder einen ähnlichen Charakter an, wie er ihnen gegen das Ende der Schwangerschaft eigen war , ver- kleinern sich aber bald noch mehr und stehen dann dicht gedrängt um die noch immer stark erweiterten Endzweige der Drüsengänge herum. Das interstitielle Bindegewebe tritt gegenüber den Drüsenformationen mehr hervor. Ganz abweichend von dem bisher geschilderten Verhalten erweist 576 I^ie Milchdrüse. sich die Milchdrüse bei jungfräulichen Personen und während des Kindes- alters. Beim neugeborenen Kinde findet man die Brustdrüse als ein deut- lich begrenztes Gebilde, dessen Hauptmasse aus Bindegewebe besteht; in diesem laufen nach allen Richtungen die Drüsengänge aus, welche nun sämmtlich einmal, oder zwei- bis dreimal verästigt sind und ein kolbiges, mehrfach gebuchtetes, blindes Ende besitzen. Im Laufe des Kindesalters, etwa bis zum 11. — 12. Jahre, besteht das Wachsthum der Milchdrüse, bei Mädchen sowohl wie bei Knaben, darin, dass die Rami- fikation der Drüsengänge durch allmälige Abgabe von seitlichen Aesten sich vervielfältigt, ohne dass es zur Bildung von eigentlichen Acini kommt. Jedoch zeigen sich häufig individuelle, von dem Alter und Geschlecht unabhängige Verschiedenheiten sowohl in Bezug auf die Ausbildung des Gangwerkes, als auch in Betreff der äusseren Form und Begrenzung der ganzen Drüse. Mit dem Eintritt der Geschlechtsreife erst beginnt die Verästlung der Drüsengänge bei Mädchen viel rascher und weiter vorwärts zu schreiten als bei Knaben. Die Brustdrüse der mannbaren Jungfrau stellt einen allseits wohl begrenzten, compacten Körper ohne irgend eine Andeutung von Lappen- bildung dar. Der bei weitem überwiegende Bestandtheil desselben ist fibrilläres Bindegewebe, welches wegen der festen und innigen Durch- flechtung seiner Bündel ein derbes, compactes Gefüge besitzt; nie- mals kommen Fettgewebsläppchen in ihm vor, nur ganz selten ver- einzelte fetthaltige Bindesubstanzzellen. In Lücken dieses Gewebes breiten sich nun die Ramifikationen der Drüsengänge aus, wegen der scheibenartigen Form des ganzen Organes, vorwiegend in radiärer Richtung. In Betreff derselben hat C. Langer zuerst auf die interessante Thatsache aufmerksam gemacht, dass sie nur an der äussersten Peri- pherie des Organes zu Formationen sich entfalten, welche dem acinösen Drüsenbau vollständig entsprechen, indem nur hier den feinsten Enden der Gänge grössere Gruppen von kugeligen Drüsenbläschen aufsitzen, und demgemäss auch für das freie Auge schon erkennbare Drüsen- läppchen vorkommen. In dem ganzen übrigen Bereiche der Drüse findet man nur gröbere, wenig verzweigte Gänge mit einfach kolbigen oder mehrfach ausgebuchteten Enden. In diesem Zustande verharrt die Milchdrüse, bis sie in Folge von eingetretener Schwangerschaft durch weitere Ramifikation der Drüsen- gänge und durch Entstehung massenhafter Drüsenbläschen ihre voll- ständige Ausbildung erreicht. Während dessen geht aber die derbe Beschaffenheit des Bindegewebsstromas völlig verloren, dasselbe wird aufgelockert und ordnet sich um die allmälig an Masse zunehmenden Die Milchdrüse. — Brustwarze und Warzenhof. 577 Drüsenformationen in derselben Weise an, wie es bei anderen acinösen Drüsen vorgefunden wird. In den liimakterischen Jahren kommt es unter allen Umständen, ob Schwangerschaft vorausgegangen war oder nicht, zu einer Involu- tion der weiblichen Brustdrüse ; es schwinden dabei die Drüsenbläschen vollständig, und zum grösseren Theile wohl auch die feineren Verzwei- gungen des Gangwerkes. Die Reste des letzteren werden durch lockeres Bindegewebe umgeben, welches reich mit elastischen Fasernetzen durch- setzt ist. Bei erwachsenen Männern fehlt die Brustdrüse niemals vollständig. In der Mehrzahl der Fälle findet sie sich in einem Zustande, wie er bei neugeborenen Kindern die Regel ist, d. h. die Drüsengänge sind verhältnissmässig kurz, wenig ramificirt und endigen mit kolbigen An- schwellungen. Es ist also in diesen Fällen eine Rückbildung der Drüse von der Zeit der beginnenden Pubertät an eingetreten. In anderen, keineswegs seltenen Fällen beobachtet man auch bei Männern etwas voluminösere Brustdrüsen mit reicher verzweigten Drüsengängen, ähn- lich jenen in den centralen Parthieen des jungfräulichen Organs. Niemals aber kommt es zur Bildung von wahren Drüsenbläschen (C Langer'). An der Brustwarze und an dem Warzenhofe ist die Haut durch stärkere Pigmentirung , durch das Auftreten besonders grosser Cutis- papillen und durch die Einlagerung zahlreicher, glatter Muskelfasern ausgezeichnet. Die Pigmentirung rührt von der Ansammlung gelb- licher oder bräunlicher Farbstoff körnchen in den tiefsten Zellenlagen der Epidermis her; sie nimmt bekanntlich während der Schwanger- schaft an Intensität bedeutend zu. Die Cutispapillen, von bedeutender Länge und Breite , haben häufig verästigte Spitzen und führen theils Gefässschlingen , theils Nervenendkörperchen. Die Muskulatur durch- zieht mit netzartig angeordneten Bindegewebsbündeln die tieferen Schichten des Corium und des subcutanen Bindegewebes und umstrickt die Milchgänge bis nahe an die Spitze der Brustwarze. In der letz- teren finden sich namentlich zahlreiche, von der Basis gegen die Spitze verlaufende Muskelbündel. Das Corium und das subcutane Bindegewebe bleiben im Bereiche des Warzenhofes völlig frei von Fettgewebe. Gegen das Ende der Schwangerschaft und während der Lactation findet man im Bereiche des Warzenhofes gewöhnlich eine Anzahl rund- licher, etwa hirsekorngrosser Höckerchen, die sogen. Mojitgomerif sehen Drüsen. Es entsprechen diesen kleine, accessorische Milchdrüsenläpp- chen, welche unmittelbar unter der Haut der Areola gelegen sind, und deren Ausführungsgang an der Kuppe des Höckerchens mündet. Die Blutgefässe der Brustdrüse weichen bezüglich ihrer Vertheilung insoweit von denen der meisten acinösen Drüsen ab; als die Ramifikation Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 37 578 Gefässe und Nerven der Milchdrüse. — Die Sinnesapparate. der grösseren Stämmchen nicht entlang den Drüsengängen erfolgt, da das Organ durch Zweige vieler in der Nachbarschaft gelegener Gefässe versorgt wird, und dieselben daher von verschiedenen Seiten her in das Parenchym eindringen. Die Gestaltung des Capillarnetzes in der aus- gebildeten Drüse entspricht hingegen völlig dem für acinöse Drüsen allgemein gültigen Schema. Die Lymphgefässe der Brustdrüse bilden zwischen den Drüsen- lappen und innerhalb derselben capillare Netze. Ebensolche finden sich am Warzenhofe und in der Brustwarze, wo sie die Milchsäckchen umstricken (ßappey). Alle Lymphgefässe sammeln sich schliesslich zu einem Hauptstamme, welcher zu einem in der Achselhöhle, in der Höhe der 3. Rippe gelegenen Lymphknoten hinzieht. Die Endausbreitungen der Nerven in dem Parenchym der Drüse sind noch unbekannt. In der Brustwarze kommen in erheblicher Zahl Papillen vor , welche keine Gefässchlingen , hingegen nahe der Spitze ein Mehsner'' sches Tastkörperchen enthalten. Am Grande der Brust- warze hat W. Krause Vater^sche Körperchen nachgewiesen. X. Kapitel. Die Sinnes- Apparate. Wie mannigfach sich die Sinnesapparate bezüglich ihrer Bestand- theile und ihrer Bauverhältnisse verhalten mögen, so haben doch alle das Gemeinsame an sich, dass sie die peripheren Ausbreitungen sen- sibler Nerven enthalten, an welche eigenthümliche Terminalapparate geknüjjft sind. Diese letzteren sind als modificirte Einthelialformatio^ien zu betrachten, welche entweder eine besondere Gewebsschichte darstellen (z. B. beim Sehapparat), oder in wahren Schleimhautepithelien einge- streut sind (z. B. beim Geschmacksapparat). Um diese Analogie in dem morphologischen Charakter zum Ausdruck zu bringen , hat man die für die adäquaten Reize empfindlichen Flächen als SinnesepUhelien {Neuro epifhelien) bezeichnet. Dieselben bilden somit den wesentlichsten Bestandthei] der Sinnesapparate. Bei einzelnen derselben (Sehapparat, Gehörapparat) kommen dazu noch eigenartig beschaffene Vorbaue, deren Einrichtung darauf hinzielt, die adäquaten Reize in geeigneter Weise den empfindenden Flächen zuzuleiten, und endlich noch accessorische Bestandtheile, wie Muskeln, Schutzvorrichtungen u. s. w. Der Sehappaiat. — Der .Sehnerv. 579 Von den fünf Sinnesapparateii sind zwei — der Tust- und der Geschinacksapparat — bereits in vorhergehenden Kapitehi behandelt wor- den, da sie mit Körpertheilen verknüpft sind, welchen ausserdem noch andere Funktionen zugewiesen sind. Es erübrigt daher nur noch die Beschreibung jener Sinnesapparate, welche entweder im wahren Sinne des Wortes eigenartige Organe des Körpers darstellen, oder doch eine gewisse räumliche Selbständigkeit besitzen — es sind dies der Seh-, der Gehör- und der Oern^hsapp**%,1x U.-i unregelmässige Zacken, mittelst welcher die benachbarten Zellen in Verbindung treten. Nach vorne zu wird das Epithel durch einige Lagen ganz platter, durchsichtiger, kern- haltiger Zellen abgegrenzt. Von dem Seiten- rande geht es ohne Unterbrechung in das Epithel der Conjunctiva bulbi über. Die vordere Basalmembran erscheint an Eine cuinnc, isoiiite Lameiie der -in Hornhaut des Menschen von der senkrechten Durchschnitten als ein heller, nache gesehen, chiorgoid- -^ • n 1 1 f> Präparat. homogener Streif, der zwar ganz schart gegen (Hartnack, object. viii, oc-a\. 2.) das Epithel hin, nicht so deutlich aber gegen die Substantia propria sich abgrenzt. Es hat sich denn auch ergeben, dass dieser Streif keineswegs einer selbständigen Membran entspricht, welche sich etwa isolirt darstellen Hesse ; er ist vielmehr der Ausdruck einer verdichteten Grenzschichte der Substantia propria und daher eigentlich noch dieser angehörig. Das wird am be.sten dadurch er- wiesen, dass man nach Maceration der Hornhaut, und an den Rand- parthieen derselben auch ohne Weiteres, diese sogen. Basalmembran in fibrilläre Elemente zerlegen und die Continuität der letzteren mit denen der Substantia propria beobachten kann. Die hintere Basalmembran oder DescemeVsche Membran wird ge- wöhnlich in die Reihe der Glashäute gestellt. Sie lässt sich leicht von der Substantia propria loslösen und erscheint dann als eine ziemlich dicke, homogene, glänzende, durchsichtige Haut, welche nach Art der elastischen Häute eine grosse Neigung zeigt, sich mit ihren Rändern umzukrämpen oder förmlich einzurollen. An Querschnitten erscheint 590 Endothel der Hornhaut. — Die Aderhaut. sie als ein scharf begrenzter, glänzender, homogener Streifen. Die Angaben , nach welchen durch besondere Behandlungsmethoden eine blättrige oder faserige Structur der Descemet' sehen Haut erweislich wird, bedürfen noch genauerer Prüfung. Sicher ist jedoch, dass bei erwach- senen Personen in ihren peripheren Parthieen sich stets in grosser Zahl flach rundliche, warzenartige Erhebungen zeigen, welche mitunter zu ziemlich regelmässigen Reihen geordnet sind. In der Nähe des Cornealfalzes schärft sich die DescemefscJie Haut auffallend zu und löst sich dann in eigenthümliche, starre Fasern auf, welche zur Bildung des sogen. Ligamenf.um pectinatum beitragen und sich continuirlich auf die Vorderfläche der Regenbogenhaut herüberschlagen. Das Endothel der Hornhaut besteht aus einer einschichtigen Lage abgeplatteter, regelmässig polygonaler Zellen mit flachrundlichen Kernen. Es ruht unmittelbar der Descemef sehen Haut auf, überkleidet auch die aus derselben an der Peripherie hervorgehenden Fasern und geht mit diesen in die zellige Bekleidung der Yorderfläche der Iris über. Die Aderhaut (Choroidea) ist, wie ihr Name andeutet, die Trägerin einer reichen Gefässausbreitung ; sie erlangt aber noch er- höhte Bedeutung dadurch, dass mit ihr jene Muskulatur verknüpft ist, welche die Accomodationseinrichtungen des Auges beherrscht. Sie zerfällt in drei wesentlich von einander verschiedene Abschnitte; der hinterste ist vollständig glatt und reicht genau bis an die Ora serrata, der vorderste ist durch zahlreiche meridionale Faltungen aus- gezeichnet und unter dem Namen des Corpus eiliare bekannt ; der dritte Abschnitt begreift eine schmale, mehr glatte Zone in sich, welche zwischen den beiden genannten gelegen ist und als OrhicuJus eiliaris (HenJe) bezeichnet wird. Der hintere Abschnitt der Aderhaut ist besonders charakterisirt durch ein der Fläche nach ausgebreitetes Capillarsystem, welches wegen der relativen Weite seiner Röhrchen und der Kleinheit der zwischen ihnen bleibenden Maschenräume wohl als das dichteste des ganzen Körpers bezeichnet werden kann. Es bildet eine unter dem Namen der Membrana chorio-cainllaris bekannte, besondere Schichte der Ader- haut, während die Ramifikationen der arteriellen und venösen Gefässchen ein zweites, nach aussen von der ersteren gelegenes Stratum einnehmen. Als besondere Schichten werden hiezu noch gerechnet: eine Glashaut, welche, nach einwärts von der Choriocapillaris gelegen, die Innenfläche der Aderhaut abschliesst, und die Lamina suprachoroidea, jenes bereits oben erwähnte Gewebe , welches die Aussenfläche der Aderhaut mit der Sklera verbindet. Die Elemente der letzteren Schichte ziehen sich allenthalben in die Gefässschichte der Aderhaut hinein und stellen das Glashaut der (jhoroiclea. — C'horiocapillaris. 591 Sfroma derselben her. Da die Anordnung der Blutgefässe weiter unten besprochen werden soll, so bleibt hier nur das Nöthige in Betreff der anderen Bestandtheile der Aderhaut niitzutheilen. Die Glashaut (nach ihrem Entdecker auch Bruch\sche Membran genannt) lässt sich bei vorsichtigem Zerzupfen gut erhärteter Objekte in kleinen Fragmenten isolirt erhalten. Sie wird gewöhnlich als eine äusserst zarte, structurlose oder feinstreifige Membran beschrieben; doch ist es vor einiger Zeit H. Sattler gelungen, an ihr eine ganz eigen- thüraliche Structur nachzuweisen. Es zeigt sich nemlich bei sehr starken Vergrösserungen, dass die ganze Membran von einem ungemein feinen Gitterwerk blasser, verzweigter Linien durchsetzt ist, welche viereckige Aeqaaturialer Durchschnitt durch die Choruidea und den angrenzenden Thoil der Sklera; von einem 2jährigen Knaben. Blutgefässe mit Berlinerblau injicirt. (Hartnack, Syst. VII, Oc\il. 3.) p. Pigmentepithel der Retina, c. ChoriocaiJillaris (zwischen p und c die Glashaut), g. äus- sere Gefässschichte f. Zwischengewebe zwischen Choroidea und Sklera , d. h. Membrana supra- choroidea und Laniina fusca sklerae. sk. Sklera. oder polygonale , homogene Felder zwischen sich fassen. Während dieses Structurverhältniss sowohl beim Kinde als auch beim Erwachsenen regelmässig vorhanden ist, treten als senile Veränderung der Glashaut gewöhnlich kleinere und grössere, flachkugelige oder warzenartige Erhabenheiten auf (Wedl). Nach aussen von der Glashaut folgt unmittelbar die Choriocapillaris, welche ausser dem dichten Netzwerk der Capillargefässe keine geform- ten Elemente enthält; die kleinen Maschenräume, welche die ersteren einschliessen , enthalten nur eine homogene, wahrscheinlich flüssige Substanz. Das Auftreten von Lymphkörperchen ähnlichen Zellen (Wanderzellen) in der Choriocapillaris, welches nicht selten beobachtet wird, glaubt Sattler auf irritative Zustände der Choroidea zurückführen zu können. 592 Gefässschichten der Choroidea. — Orbiculus ciliaris. In der äusseren Gefässschichte der Choroidea tritt nun zwischen den Verzweigungen der arteriellen und venösen Gefässchen das Stroma hervor. Seine Elemente sind vorwiegend dieselben, welche die Lamina fusca sklerae zusammensetzen : feinste , elastische Fasernetze mit vielgestaltigen, zumeist aber sternförmigen Pigmentzellen und mehr vereinzelten Zellen von dem Charakter der Wanderzellen. Sie füllen die Räume . welche zwischen den Gefässverzweigungen übrig bleiben, allenthalben aus. Fibrilläres Bindegewebe kommt nur in Gestalt von Gefässscheiden in der nächsten Umgebung der grösseren Arterien- stämmchen vor. Nach einwärts, gegen die Choriocapillaris zu, schliesst sich das Stroma in Gestalt eines continuirlichen, ungemein zarten und dichten elastischen Fasernetzes, welches keine Pigmentzellen mehr ent- hält, ab. ohne in die Maschenräume des Capillarnetzes selbst einzu- dringen. Dasselbe erlangt dadurch eine besondere Bedeutung, dass in ihm die feinsten Ausläufer der Arterien und die Wurzeln der Venen gelegen sind. Nach Sattle?'^ welcher diese, meinen eigenen Erfahrungen zufolge, ganz zutreffende Anordnung des Stroma zuerst nachgewiesen hat. soll dieses feine Fasernetz sowohl von der Choriocapillaris, als auch von der nach aussen gelegenen Schichte der gröberen Gefäss- ramifikationen durch zarte Endoth eihäutchen abgegrenzt sein. Es ist nun noch hervorzuheben , dass die Verzweigungen der Arterien in dem ganzen hinteren Abschnitt der Choroidea durch Züge von glatten Muskelfasern, welche bald reichlicher, bald spärlicher ge- funden werden, begleitet sind (H. Müller). In Betreff der Membrana suprachoroidea ist zu bemerken, dass die Elemente derselben zu dünnen Lamellen geordnet sind, welche man durch vorsichtige Präparation mitunter in mehreren Schichten abheben kann. An der Ora serrata schKesst das charakteristische Capillarsystem der Choroidea vollständig ab, und es erhält der angrenzende Orhicul'us ciliaris dadurch, sowie auch in Folge einer abweichenden Disposition der gröberen Gefässchen, ein wesentlich verändertes Gepräge. In Be- treff' des feineren Baues ergeben sich hier mehrfache Abweichungen von den bisher geschilderten Verhältnissen. Die Glashaut nimmt an Dicke zu und zeigt, nachdem sie von der Ora serrata an noch eine kurze Strecke weit glatt verlaufen ist, eine ganz eigenthümliche Ge- staltung der Oberfläche, welche von H. Müller unter der Bezeichnung : Beticulum der Glashaut beschrieben worden ist. Dieselbe wird hervor- gerufen durch zahlreiche, steile, theils in meridionaler, theils in äqua- torialer oder schiefer Richtung verlaufende Fältchen der Glashaut, welche, indem sie unter einander zusammenfliessen, eine grosse Anzahl von grubigen Vertiefungen zwischen sich fassen. Die letzteren werden Orbiculus ciliaris. — Corpus ciliare. 593 Fig. 173. zum grössten Theile durch die Pigmentschichte der Pars ciliaris retinae ausgefüllt und sind anfangs ziemlich weit, annähernd rechteckig, wäh- rend sie sich nach vorne zu allmälig ver- kleinern, aber dafür auch zahlreicher wer- den und eine mehr polygonale Gestalt annehmen. Das Stroma zeigt sich in dem Bereiche des Orbiculus ciliaris vielfach mit feinfaserigem, fibrillärem Bindegewebe durchsetzt, und zwar zieht sich dieses mit den feinen elastischen Fasernetzen allent- halben auch in die Falten der Glashaut hinein. Die Suprachoroidea zeigt auch liier dieselben Elemente, wie in dem hin- teren Abschnitte der Choroidea, auch eine ähnliche lamellöse Schichtung; doch ist sie durch reichliche, netzartige Ausbreitungen feiner Nervenstämmchen und durch das Vorkommen grösserer Mengen von meri- dional gerichteten Bündeln glatter Muskel- fasern ausgezeichnet. Das Corpus ciliare erhält seine charakteristische Gestaltung dadurch, dass die Choroidea in ihrer vordersten Zone eine grosse Anzahl nach einwärts vor- springender, meridional gerichteter, steiler Kämme oder Leisten aufwirft, welche kranzartig den Aequator der Linse um- fassen. Es gibt deren kleinere (Plicae ciliares) und grössere (Processus ciliares); die letzteren sind nach Merkel beim Men- schen ziemlich regelmässig 70 an Zahl, während die ersteren spärlicher und we- niger constant zwischen ihnen vertheilt sind. Die innere Oberfläche dieser Falten ist von dem Ciliartheile der Retina, zu welchem auch die starke Pigmentlage zu rechneu ist, überzogen. Den wichtigsten histologischen Be- standtheil des Corpus cihare bildet eine compacte Masse von glatter Muskulatur, welche unter dem Namen des Musculus ciliaris {Tensor clioroideae, Brücke) bekannt ist. In seiner Gesammtheit stellt derselbe einen flachen Ring Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. yg ^ ileridionalschnitt durch die Häute des menschlichen Augapfels in dessen vorderem Abschnitte. (Chromsäure- Präparat.) C. Hornhaut, J. Regenbogenhaut, B. Bindehaut , K. Schlemm' scher Kanal, L. Ligamentum pectinatum, T. Muscu- lus ciliaris, Cc. Corpus ciliare, Ch. Choroidea , S. Sklera. (Hartnack, Ob- ject. II, Ocul. 2.) 594 Musculus ciliai-is. von etwa 3 Mm. Breite dar, dessen meridionale Durchschnittsfläche annähernd ein langgezogenes gleichschenkliges Dreieck bildet, die kurze Basis gegen die Iris hin, die Spitze gegen den Orbiculus ciliaris ge- wendet (Fig. 173). Nach der Verlaufsrichtung der Fasern pflegt man an dem Musculus ciliaris drei Abtheilungen zu unterscheiden: eine meridionale, eine circuläre (äquatoriale) und eine radiale. Die meridionale Abtheilung ist am meisten nach der äusseren Oberfläche zu gelegen ; sie nimmt ihren Ausgangspunkt von dem Liga- mentum pectinatum und von der nächsten Umgebung des Schlemm sehen Kanales und reicht mit ihren platten Bündeln nach rückwärts bis in den Orbiculus ciliaris hinein. In den vorderen Parthieen sind die Muskelbündel ziemlich parallel gelagert und zu mehrfach über einander geschichteten Lamellen geordnet, jedoch hängen sie durch gegenseitigen Austausch von Fasern allenthalben zusammen. Nach rückwärts hin verflechten sich die Muskelfaserbündel immer mehr, so dass sie schliess- lich ein ganz dichtes Gitterwerk bilden, innerhalb dessen eine vorwiegende Verlaufsrichtung derselben nicht mehr zu erkennen ist. Der grössere Theil der Muskelfasern findet seine Haftpunkte noch im Bereiche des Corpus ciliare, an den elastischen Elementen des Stromas ; ein anderer Theil hängt jedoch mit denjenigen Muskelfaserzügen zusammen, welche in dem vordersten Theile des Orbiculus ciliaris einen äquatorialen Verlauf nehmen, während noch andere sich in die dünnen Muskel- streifen fortsetzen, welche in dem hinteren Abschnitte der Choroidea die Arterien-Ramifikationen begleiten. Dieser meridionale Antheil des Musculus ciliaris ist es, der zuerst von Brücke entdeckt und, seiner Zugrichtung entsprechend, als Tensor choroideae bezeichnet worden ist. Der circuläre {äquatoriale) Antheil des Muskels führt nach seinem Entdecker auch den Namen Müller'' scher Ringmuskel. Er besteht aus einer Anzahl rundlicher, häufig unter einander anastomosirender Bündel, welche entlang dem Ciliarrande der Regenbogenhaut verlaufen und daher an meridionalen Durchschnitten quer getroff'en werden. Sie nehmen immer die vordere, der Iris und der Linse zugewendete Region des Ciliarmuskels ein. Zwischen ihnen und den meridionalen Faserzügen und zum Theil noch von circulären Bündeln durchsetzt, findet sich der radiale Antheil des Ciliarmuskels ; er zeigt eine ähnliche , lamellöse Anordnung wie der meridionale Theil und schliesst sich auch demselben unmittelbar an; seine Faserzüge sind jedoch viel kürzer und annähernd radiär zum Mittelpunkte des Bulbus gestellt. In Betreff der relativen Mächtigkeit der drei Antheile des Ciliar- muskels gibt es zahlreiche, individuelle Varianten. Die Regenbogenhaut. 595 Die zwischen den Mnskelbündeln übrig bleibenden Ränine werden von fibrilläreni Bindegewebe und reichlichen elastischen Fasernetzen durchzogen und enthalten ausserdem zahlreiche Getass- und Nerven- ausbreitungen. Pigmentzellen sind in ihnen gar nicht vorhanden. Die äussere Oberfläche des Muskels ist von der Suprachoroidea bedeckt, welche jedoch nur mehr eine geringe Mächtigkeit besitzt und die gröberen Verzweigungen der Arteriae ciliares Jongae und ciliares anteriores in sich schliesst. Die Regenbogenhaut (Iris). Sie zerfällt zunächst, der Dicke nach , in zwei Abtheilungen , von welchen die hintere , eine starke Pigmenti (üj e , genetisch der Netzhaut angehört, so dass eigentlich nur die vordere, gefässhaltige x^btheilung (Faserlage der Iris), welche sich aus der Aderhaut herausbildet, der mittleren Augenhaut zugerechnet werden kann. Die Faserlage besteht aus einem bindegewebigen Stroma, welches allenthalben reichliche Blutgefässe und an bestimmten Stellen die die Pupille beherrschenden Muskeln eingelagert enthält. Das Ge- füge des Stromas ist im Allgemeinen ein sehr lockeres, doch verdichtet es sich vorne und rückwärts zu zwei etwas festeren Begrenzungs- lamellen. So entstehen an der Faserlage der Iris drei Schichten, welche überdies noch durch die Vertheilung der Blutgefässe schärfer hervor- gehoben werden , indem die lockere mittlere Schichte grösstentheils imr stärkere, radiär verlaufende Gefässe, die beiden Begrenzungs- lamellen aber capillare Ausbreitungen derselben enthalten. Die vordere BegrenzungslameUe (Zinn''sche Membran oder Wasser- haift der Iris) besteht aus feinen, netzförmig durchflochtenen Binde- gewebsbündeln mit zahlreichen, zwischengelagerten, zelligen Elementen. Die letzteren sind zumeist mit längeren oder kürzeren Ausläufern ver- sehen und in verschiedenem Grade mit Pigment durchsetzt. Die freie, gegen die vordere Augenkammer gerichtete Fläche dieser Lamelle trägt bei Kindern eine einschichtige Lage von platten, polygonalen Endothelzellen , welche sich als die direkte Fortsetzung des Endothels der Hornhaut erweist; an erwachsenen Personen ist sie nicht mehr deutlich nachweisbar. Die mittlere Schichte der Iris (die Gefässschichte) ist durch zahl- reiche, radiär verlaufende Blutgefässe ausgezeichnet: das lockere, an geformten Elementen verhältnissmässig arme Stroma zeigt spärliche, zumeist radiär verlaufende Bindegewebsbündel, und zwischen diesen eine grössere Anzahl pigmentirter, mit langen, fadenförmigen Aus- läufern versehener Zellen. Diese ziehen sich auch allenthalben in die hier aussergewöhnlich stark entwickelten Adventitien der Blutgefässe hinein. 596 Die Regenbogenhaut. Fig. 174. Die Gefässschichte erhält ausserdem eine hervorragende Bedeutung durch die in ihr eingelagerten, muskulösen Elemente. Dieselben, aus glatten Fasern bestehend, bilden einmal in der Nähe des Pupillarrandes eine compacte Masse circulär geordneter Bündel (Kreismuskel der Iris^ Sphincter pupillae), dann aber eine dünnere, nicht völlig geschlossene Lage radial gestellter, von dem Pupillarrande bis zum Ciliarrande der Iris sich erstreckender Fasern (Badialmuskel der Iris, Dilatator pupillae). Der Kreismuskel ist ein platter, 0.5 — 1 Mm. breiter Ring, der die innerste Zone der Iris einnimmt und aus ziem- lich starken, netzförmig verflochtenen Faserbündeln hergestellt vrird; er ist sowohl an Flächenpräparaten, als auch an Querdurchschnitten der Iris sehr leicht zu demonstriren. Viel schwieri- ger hält dies in Betreff des Radialmus- kels, dessen thatsächliches Vorhanden- sein bis in die neueste Zeit herein noch immer bestritten worden ist {Grünhagen). Doch unterliegt es nach den eingehen- den Untersuchungen MerkeVs, Iwanoffs u. A. wohl keinem Zweifel mehr, dass die aus dem Irisgewebe isolirbaren, langgestreckten, radiären Fasern, mit ihren stäbchenförmigen, durch Häma- toxylin sich blau färbenden Kernen, als glatte Muskelfasern anzusehen sind. Sie erstrecken sich zum Theil in ge- rader Richtung bis unmittelbar an den Pupillarrand heran, zum Theil aber verflechten sie sich mit den Bündeln des Ringmuskels. An dem Ciliarrande der Iris biegen die radiären Muskel- fasern bogenförmig um und stellen, indem sie sich dicht in einander verweben, einen kreisförmigen Muskel- zug her, mit welchem sie ihren Abschluss finden (Merkel). Die hintere Begrenzungslamelle ist eine glashelle, bruchstückweise isolirbare Membran, an deren Vorderfläche die Fasern des Radial- muskels dicht anliegen. Die Pigmentlage der Iris, wie schon erwähnt, genetisch der Netz- haut angehörend, ist eine direkte Fortsetzung der den Ciliarkörper überziehenden Pigmentschichte. Sie wird aus Zellen zusammengesetzt, Meridionaler Durchschnitt durch die menschliche Irla. Carminfärbung. (Hart nack, Syst. V, Ocul. 2.) mc. Kreismuskel, p. Pigmentlage. Ligamentum pectinatuiii. 597 über deren Grösse und Form man in situ keine bestimmten Aufschlüsse erhalten kann, da wegen der dichten Häufung der Pigmentkörnchen die Begrenzung der Zellen nicht erkennbar ist. Auch an Zupf- präparaten erhält man gewöhnlich nur verschieden gestaltete Rudimente derselben, daneben aber auch die freigewordenen, kugeligen, pigment- losen Zellkerne. Eine besondere Berücksichtigung verdienen das Verhalten der Iris an ihrem Ciliarrande und die Beziehungen desselben zu der äusseren Augenhaut. Während die Regenbogenhaut mit ihrem Ciliarrande einerseits in die Choroidea übergeht, erhält sie andererseits eine Verbindung mit der äusseren Augenhaut durch Vermittlung des bereits mehrfuch er- wähnten Ligamentum pectinatum. Man versteht unter diesem Namen ein bei verschiedenen Individuen verschieden entwickeltes Netzwerk feinerer und gröberer, ziemlich starrer, durchsichtiger Fasern, welches den periphersten Theil der vorderen Augenkammer, beziehungsweise die Nische zwischen der Hornhaut und dem peripheren Theile der Iris {Irisu-inkel , Waldei/er) frei durchsetzt. Diese Fasern, ihren Eigen- schaften nach der elastischen Substanz nahe stehend, setzen sich mit den verschiedensten, hier angrenzenden Theilen der äusseren und mitt- leren Augenhaut in unmittelbaren Zusammenhang. Zunächst treten Elemente der Descemet' selten Haut, deren peripherer Rand, wie bereits erwähnt, sich zu Fasern auflöst, in das Netzwerk des Ligamentum pectinatum ein, und ebenso Bindegewebsbündel aus der Substantia propria corneae. Ferner geht in dasselbe ein Theil der zwischen den Lamel- len des Musculus ciliaris eingelagerten bindegewebigen und elastischen Fasern über, und endlich erhält es noch Zuzüge aus dem Gewebe der Regenbogenhaut. Diese letzteren, unter dem Namen Irisfortsätze be- kannt, sind blattartige oder strangförmige , noch pigmenthaltige Ab- zweigungen des Irisstroma, welche vom Ciliarrande der Iris sich erheben und bogenförmig in das Ligamentum pectinatum übergehen. Sie sind in menschlichen Augen gewöhnlich nur wenig, und zwar nur als vereinzelte Stränge, entwickelt, bei manchen Thieren (Rind, Schwein) aber als zahlreiche, schmälere und breitere Blätter vorhanden, welche von der Vorderfläche der Iris zum Seitenrande der Descetiiet' sehen Membran aus- gespannt sind. Diese schliessen so in dem Iriswinkel einen Raum ab, welcher mit der Augenkammer communicirt und von einem pigment- losen Balkennetz durchsetzt wird. Er wird als Fontana' scher Baum*) *) In Betreif der Nomenclatur der in Rede stehenden Bildungen heiTscht einige Verwirrung. Die Bezeichnung Ligamentum pectinatum iridis wm'de zuerst (Hueck) auf die Summe der Irisf'ortsätze, gewissermassen auf die zackige Verbindung der Iris mit der Hornhaut, bezogen. Rollett und Jiranoff lialten daran fest und 598 Die Netzhaut. Ijezeichnet. Beim Menschen kann von einem solclien wohl nicht die Rede sein. Die Fasern des Ligamentum pectinatum erhalten eine weitere Bedeutung dadurch, dass sie die Wandung des Schlemm' sehen Kanales mit bilden helfen (vergi. S. 624). Die Netzhaut (Retina) ist die innerste von den drei Häuten des Augapfels und erstreckt sich von der Eintrittsstelle des Sehnerven nach vorne über das Corpus ciliare, und mit einem ihrer Bestandtheile auch noch über die hintere Fläche der Regenbogenhaut, bis an den Rand der Pupille; jedoch zeigt sie keineswegs in dieser ihrer ganzen Ausbreitung denselben Bau und dieselbe physiologische Bedeutung. Der wesentliche Charakter der Netzhaut beruht darin, dass sich in ihr die Fasern des Sehnerveti ausbreiten und dass an diese eigenthümliche nervöse Formationen geknüpft sind, welche ihrerseits in einem specifi- schen Netiroepithel ihren Abschluss finden. Diese, für die Aufnahme und Leitung der adäquaten Reize bestimmten Formelemente werden von einem bindegewebigen Gerüst getragen und nach aussen gegen die Aderhaut durch eine Lage pigmenthaltiger Zellen {Stratum ])igmenti, Pignientmembran — Henle) abgegrenzt. Nun ergibt sich, dass die ner- vösen und epithelialen Elemente der Netzhaut nur über den hinteren Abschnitt derselben ausgebreitet sind und an der Ora serrata sich ganz scharf begrenzen. Es ist dies somit der lichtempfindende Theil der Netzhaut, oder die Netzhaut im engeren Sinne. Nach vorne von der Ora serrata setzen sich nur die Stützsubstanz und die Pigmentmembran der Netzhaut, beide in etwas modificirter Form, fort, und erhalten hier die Bezeichnung Pars ciliaris retinae. Endlich finden an dem peri- pheren Rande der Regenbogenhaut auch noch die Elemente der Stütz- substanz ihr Ende , und es geht allein die Pigmentmembran auf die hintere Fläche derselben über. 1) Die Netzhaut im engeren Sinne. Alle neueren Forschungen über die Histologie der Netzhaut fussen im Wesentlichen auf einer Reihe von epochemachenden Arbeiten M. Schultze's, welche auch der nachfolgenden Darstellung als Grundlage dienen sollen. bezeichnen das pigmentlose Fasergewebe , welches in der Tiefe des Iriswinkel« ge- legen ist, als das Balkennetz des Fontana' sehen Raumes. Waldeyer hält den Namen Ligamentum pectinatum für entbehrlich und bezeichnet das ganze Netzwerk als Balkengewebe des Iriswinkels. Henle ist, sowie Schwalbe, ebenfalls der Ansicht, dass dasselbe eine zusammengehörende Bildung darstelle, da, beim Menschen wenigstens, ein ganz allmllliger Uebergang der Irisfortsätze in die tarblosen Balken- netze stattfindet. Beide Autoren finden es für zweckmässig, den Namen Ligamentum pectinatum für das ganze Fasernetz des Iriswinkels beizubehalten. Dem halie auch ich mich im Texte angeschlossen. Schichten der Netzhaut. 599 An der Netzhaut können , nach dem Vorgange von Schwalbe, abgesehen von dem Stratum pigmenti, zunächst zv^ei Lagen imter- schieden werden, von welchen die äussere die Elemente des Neuro- epithels in sich schliesst und gefässlos ist, die innere aber die Ausbrei- tungen der Xervenfasern und die an dieselben geknüpften nervös-zelUgen Elemente enthält und von den Ramifikationen der Arteria centralis retinae durchzogen wird. Da die Elemente dieser letzteren Lage nach Form und Anordnung eine unverkennbare Aehnlichkeit mit gewissen Abschnitten des Gehirns zeigen, und da ausserdem sehr nahe, gene- tische Beziehungen der Netzhaut zu dem letzteren erwiesen sind, so M N ^ H N Fis- 175. r G Ä Senkrechter Durchschnit durch die Netzhaut des Menschen (nach Härtung in Müller'scher Flüssigkeit und Alkohol ; Carmiufärbung). S Neuroepithelschichte, H Gehirnschichte. a Pigmentschichto , b Stäbchensehichte , c Membrana limitans externa, d äussere Körner- schichte, e Zwischenköruerschichte, f innere Körnerschiehte , g moleculäre Schichte, h Ganglien- zellenschichte, i Nervenfaserschichte, k Membrana limitans interna. M MiiUer'sche Stützfasern , G Ganglienzellen. B Die Nervenfaserschichte, isolirt von der Fläche her gesehen. (Präparat aus Müller'scher Flüssigkeit.) N Nervenfaserbündel. M quer durchgerissene MiiUer'sche Stützfasern, G Blutgefässe. (Hartnack, Object. VIII, Ocul. 2.) hat Schtralbe für die innere Lage der Netzhaut die Bezeichnung Ge- hirnschichte eingeführt. In wesentlich übereinstimmender Weise hatte schon früher u. A. Henle eine äussere (musivische) und eine innere (nervöse) Schichte der Retina unterschieden (Fig. 175). Beide diese Gewebslagen der Retina zerfallen typisch wieder in mehrere Schichten, und zwar umfasst die äussere Lage (Neuroepithelschichte), von aussen nach innen gezählt: die Stäbchenschichte (b), die Membrana limitans externa (c) und die äussere Körnerschichte (d). Die innere Lage (Gehirnschichte) wird in derselben Reihenfolge gebildet durch: (300 I^iö nervösen Formationen der Geliimschichte. die äussere graimlirte Schichte oder Zwischenkörnerschichte- (e), die innere Körnerschichte (f), die innere granulirte Schichte oder moleculäre Schichte (g), die Ganglienzellenschichte (h), die Nervenfaserschichte (i) und die Membrana limitans interna oder Membrana limitans hyaloidea (k). Zälilt man dazu noch das der Stäbchenschichte unmittelbar an- liegende Stratum pigmenti, so wird die Netzhaut ihrer Dicke nach im Ganzen aus 10, grösstentheils scharf abgegrenzten, aber nicht allent- halben vollzählig vorhandenen Schichten zusammengesetzt. Von diesen sind zwei, die Membrana limitans interna und externa, ausschliesslich dem Stützgerüste zuzurechnen, die übrigen, mit Ausnahme der Pigment- membran , enthalten nervöse , beziehentlich epitheliale Elemente mit Bestandtheilen des Stützgerüstes vermengt. Die Eintrittsstelle des Sehnerven {Papilla nervi optici) bleibt von den epithelialen Elementen, sowie von den Ganglien- und Körnerformationen der Gehirnschichte vollkommen frei und bildet daher eine Unterbrechung der lichtempfin- denden Fläche der Netzhaut. Es ist nun wohl im Auge zu behalten, class das stützende Gerüst einen in sich zusammenhängenden, beinahe die ganze Dicke der Netzhaut durchsetzenden Bau herstellt, andererseits aber auch die nervösen und epithelialen Formationen von einer Schichte in die andere übergreifen. Aus diesem Grunde ist es nicht wohl thunlich, bei der Beschreibung der Netzhaut streng schichtenweise vorzugehen; es empfiehlt sich vielmehr, zunächst die nervösen Elemente der Gehirnschichte, dann die des Neuroepithels nach BeschaJffenheit und Anordnung zu erörtern, hierauf den Aufbau der Pigmentmembran und des Stützgerüstes darzulegen. Die uerYÖsen Formationen der Gehirnschichte. Unter diesen kommt zunächst die Ausbreitung der Fasern des Sehnerven in Betracht. Sie strahlen von der Papilla nervi optici flächenartig nach allen Radien der Netzhaut aus und bilden den charakteristischen Bestandtheil der unmittelbar an die Limitans interna grenzenden Netzhautschichte. Die Nervenfasern selbst sind von verschiedener Breite und entbehren so- wohl des Markes als auch der Schwann'' sehen Scheide. In einzelnen Ausnahmsfällen behält eine kleinere oder grössere Gruppe von Nerven- fasern noch eine Strecke weit das Nervenmark bei, wodurch ein von der Sehnervenpapille ausgehender, weisser, undurchsichtiger Streif oder Fleck an der Netzhaut entsteht, welcher sich auch im Augenspiegel- bilde auffallend kenntlich macht (0. Becker, Dönitz). Die Nerven- fasern sind zu verschieden breiten, durch gegenseitigen Faseraustausch netzartig verflochtenen Bündeln geordnet, zwischen denen Elemente des Stützgerüstes {Müller''sche Stützfasern) hindurchziehen (Fig. 175 B). Ueber den Verlauf der Nervenfaserbündel ist noch Folgendes an- Gehimschichte. — Nervenfasern. 601 zuführen. Bei ihrem Abgang aus der Sehnervenpapille sind sie mehr- fach über einander geschichtet, breiten sich aber bald zu einer dünnen Lage aus, welche, je weiter gegen die Ora serrata hin, um so dünner Ficr. 176. A A Schematische Darstellung der epithelialen und nervösen Elemente der Xetzhaut nach Schwalbe. B Schematische Darstellung des Stützgerüstes der Netzhaut, sowie in A auf den senk- rechten Durchschnitt bezogen. Nach .1/. SchuJtzi-. Für beide Abbildungen gilt die Bezeichnung der Schichten nach den fortlaufenden Buch- staben, wie in Fig. 175. (j02 Ganglienzellensehichte. — MoleculL4re Schichte. wird. Die Verlaufsrichtung der Bündel geht im Allgemeinen radiär von der Sehnervenpapille aus; nur in dem lateralen Quadranten ent- steht eine bedeutungsvolle Abweichung derselben, indem die Faser- bündel hier in flachen, gegen einander geneigten Bögen die Gegend der Macula lutea umfangen und so nicht nur gerade von der Papille her, sondern auch von oben und unten allenthalben in die erstere ein- dringen. Dadurch kommt ein viel reicherer Zufluss von Nervenfasern zu der Macula lutea zu Stande, als an irgend einer anderen Netzhaut- stelle, während sie andererseits von über ihr wegziehenden Nerven- bündeln völlig frei bleibt; in der Fovea centralis und deren nächster Umgebung kommt daher eine geschlossene Nervenfaserschichte über- haupt nicht vor. Allenthalben verlassen einzelne Nervenfasern die ihnen eigenthüm- liche Schichte , indem sie in schiefer Richtung nach aussen in die GangJienzeUenschicMe abbiegen. Die charakteristischen Elemente dieser letzteren sind multipolare, theils rundliche, theils abgeflachte, verschieden grosse Ganglienzellen, deren Zellkörper im frischen Zustande völlig homogen und durchsichtig, stets frei von Pigment erscheint. Von ihren Fortsätzen ist einer stets nach innen gewendet, unverästigt und durch einen eigenthümlichen Glanz ausgezeichnet. Es ist der Achsencylinder- fortsatz, welcher direkt in eine Nervenfaser übergeht. Ausser ihm be- sitzt eine jede Gangiienzelle noch mehrere Protoj)lasmafortsätze, welche, nach aussen gerichtet, sofort in die moleculare Schichte übertreten, um sich theils in derselben in zahlreiche, feinste Zweigchen aufzulösen, theils aber weiter in die innere Körnerschichte überzugehen. Die An- zahl der Ganglienzellen wechselt sehr nach den verschiedenen Bezirken der Netzhaut. Im Hintergrunde des Auges sind sie ziemlich zahlreich und stellen, zu zwei oder drei über einander gelagert, eine scharf aus- geprägte Schichte her. Nach den Seiten hin bilden sie nur mehr eine einfache Lage imd treten, je näher der Ora serrata, desto spärlicher auf, so dass in dem vorderen Abschnitte der Netzhaut eine selbständige Ganglienzellensehichte nicht mehr besteht. Es kommen hier die ver- einzelten Ganglienzellen in die Lücken der Nervenfaserschichte, ganz nahe der Limitans interna zu liegen. Durch eine sehr beträchtliche Anhäufung von zumeist kleinen Ganglienzellen ist die Macula lutea ausgezeichnet. Die nervösen Elemente der moleculären Schichte werden durch die bereits erwähnten, verästigten Protoplasmafortsätze der Ganglien- zellen und ausserdem durch die feinen varicösen Ausläufer der gleich zu beschreibenden Körnerzellen repräsentirt. lieber das Detail ihrer Anordnung, namentlich über einen etwaigen Zusammenhang der beiderlei Elemente konnte bis jetzt noch nichts Sicheres ermittelt werden, da die Innere Körnersehichte. — Granulirte Schichte. — Neuroepithel. (JOcJ Verfolgung derselben in dieser Schichte wegen der eigenthümlichen Be- schaffenheit der Stützsubstanz auf unüberwindliche Schwierigkeiten stösst. Als nervöse Elemente der inneren Körnerschichte sind die sogen. KörnerzeUen anzusehen. Es sind dies langgestreckte, fadenförmige, sehr vergängliche Gebilde, welche an einer Stelle in Folge der Einlagerung eines kugeligen oder ellipsoidischen, homogenen Kernes eine erhebliche Verbreiterung besitzen und dadurch die Gestalt einer mit zwei Fort- sätzen versehenen Zelle annehmen. Beide Fortsätze sind ganz gerade gestreckt und verlaufen in entgegengesetzter Richtung. Der eine ist nach innen gewendet, ausserordentlich zart, ungetheilt (Schwalbe) und meist von Strecke zu Strecke mit kleinen varicösen Anschwellungen versehen: er lässt sich in die moleculäre Schichte hinein verfolgen, ohne dass jedoch über seine weiteren Schicksale etwas bekannt wäre. Der nach aussen gerichtete Fortsatz ist etwas stärker, und gewöhnlich ganz glatt: er zerspaltet sich an der Grenze der Zwischenkörnerschichte gabelig in zwei Fortsätze, welche dann in die genannte Schichte über- geheji. Die Körnerzellen werden als bipolare Ganglienzellen mit sehr reducirtem Zellkörper betrachtet, da sie sich namentlich gegen Färbe- mittel ähnlich wie diese verhalten. Ihre Kerne dürfen nicht verwechselt werden mit anderen ellipsoidischen Kernen, welche ebenfalls in dieser Schichte vorkommen, aber dem stützenden Gerüste angehören. Beiderlei Gebilde wurden, bevor man ihre Bedeutung erkannt hatte, ohne Unterschied als „innere Körner" bezeichnet. In der äusseren granidirten Schichte {Zwischenkörnerschichte) ist das Verhalten der nervösen Elemente ebensowenig erforscht, wie in der moleculären Schichte. Am wahrscheinlichsten ist noch immer die Annahme M. Schnitze's, dass die in sie hineindringenden Ausläufer der Körnerzellen ein der Fläche nach ausgebreitetes Netzwerk bilden, wel- ches dem der grauen Gehirnsubstanz analog wäre. Sicher scheint nur soviel, dass die Zwischenkörnerschichte der grösseren Masse nach durch Elemente des Stützgerüstes gebildet wird, und dass auch die in ihr vereinzelt eingestreuten, kernartigen Gebilde diesem letzteren angehören. Die Foriuationen des Neuroepithels. Das Neuroepithel der Retina wird aus langgestreckten, dicht an einander gereihten, äusserst complicirt gebauten Gebilden zusammengesetzt, deren jedes als eine eigenartig modificirte Epithelzelle (Sinneszelle) angesehen werden kann. Man unterscheidet an einem jeden derselben zwei Abschnitte: der eine davon ist aussen von der Membrana limitans externa gelegen und stösst daher an die Pigmentmembran ; er zeigt die Gestalt eines schmalen Cylinders, oder eines Kegels und wird darnach als StäbcJien oder als Zapfen bezeichnet. Der zweite Abschnitt liegt innen von der 604 Stäbelaen und Zapfen. Fiff. 177. Membrana limitans externa und stellt einen langen, fadenartigen, mit einer kernhaltigen Anschwellung versehenen Anhang des äusseren Abschnittes dar; er fährt den Namen Stabchenfaser beziehungsweise Zapfenfaser, und demgemäss wird auch der eingeschlossene Kern als Stäbchetikorn oder als Zapfenkorn benannt. Ein jedes dieser Epithelialgebilde durchbricht somit die Membrana limitans externa an der Grenze seiner beiden Ab- schnitte, und es stellen die dicht an einander ge- drängten Stäbchen und Zapfen für sich die Stäbchen- schichte her, während die Stäbchen- und Zapfen- fasern mit ihren Körnern die wesentlichen Bestand- theile der äusseren Körnerschichte ausmachen. Stäbchen und Zapfen zeigen, dem Wesentlichen nach, übereinstimmende morphologische Verhält- nisse; selbst die im Allgemeinen hervortretenden Unterschiede in der äusseren Gestalt und in den Dimensionen erscheinen durch gewisse Uebergangs- formen mehr oder weniger ausgeglichen. Die Stabchen (Bacilli) sind beim Menschen dünne Cylinder von 40 — 50 ]x Länge und 1"5— 2 [x durchschnittlicher Breite. Etwa in ihrer Mitte nimmt man eine zarte, quere Linie wahr, durch welche sie in zwei, nach mancher Richtung differente Ab- schnitte — das Innenglied (Fig. 177 b) und das Aussenglied (c) — getheilt werden. Das erstere ist um etwas weniges breiter, zart contourirt, blass und äusserst fein granulirt; durch Carmin kann es sehr leicht, hingegen durch Ueberosmiumsäure nicht gefärbt werden. Das Aussenglied besitzt einen stärkeren, fettähnlichen Glanz, daher auch dunklere Contouren, und erscheint im frischen Zustande ge- wöhnlich völlig hyalin; es färbt sich mit Carmin nicht, hingegen wird es nach Behandlung mit Ueberosmiumsäure tief schwarz. Bald nach dem Absterben, noch viel rascher aber nach Zusatz von Wasser, zeigen sich an den Aussengliedern die mannigfachsten Verkrümmungen und Bie- gungen, während sich die Substanz derselben der Quere nach zerklüftet und endlich in eine grosse Anzahl von dünnen Plättchen zerfällt (Fig. 178 A). Dieses constant auftretende Phänomen findet, wie M. Schnitze nachgewiesen hat, seinen Grund darin, dass die Aussenglieder in der That aus einer Reihe über einander geschichteter Plättchen aufgebaut sind. Dieses Structurverhältniss gibt sich mit Hülfe sehr starker Vergrösserungen an den grossen Stäbchen des Frosches im frischen Elemente des Neiiroepi- thels aus der menscillichen Netzhaiit, im Umkreise des gelben Fleckes. b Innenglieder, c Aus- senglieder der Stäbchen und Zapfen. b' Stäbchenkorn, c' Za- pfenkorn. Bei d Eintritt der Stäb- chen- und Zapfenfasern in die Zwischenkörner- schicht?. Der Zwischen- raum zwischen b' und d entspricht der äusseren Faserschichte Henle's. Nach M. SchuUze; (etwa SOOfache Vergrösserung). Stäbchen und Zapfen. 605 Fior. 178. B Zustande leicht durch eine zarte Querstreifung zu erkennen; aber auch an den Stäbchen des Menschen ist es durch Behandkuig mit Ueber- osmiunisäure erweislich. Die Zapfen (Coni) sind im Allgemeinen kürzer, als die Stäbchen (32— 36 [j. lang), von flaschenähnlicher Gestalt, und lassen noch deut- licher das Aussenglied {Zapfenstäbchen) von dem Innenglied {Zapfen- körper) unterscheiden. Das letztere besitzt nemlich die Form eines langgezogenen, etwas ausgebauchten Kegels, dessen Basis auf der Membrana limitans externa aufruht. Die Breite desselben an der Basis beträgt im Mittel (3 — 7 [x. Das Aussenglied setzt sich von ihm scharf ab und zeigt ebenfalls eine Andeutung der conischen Form , da es nach aussen hin mit einer feinen Spitze versehen ist. In ihren übrigen Charakteren gleichen Aussenglied und Innenglied ganz den entsprechenden Theilen der Stäbchen, nur er- folgen die postmortalen Veränderungen noch viel rascher, als an den letzteren. Die Aussenglieder der Stäbchen, nicht aber die der Zapfen, sind der Sitz einer der Netzhaut während des Lebens eigenthümlichen , lebhaft rothen Färbung, welche durch ihren Entdecker Boll mit dem Namen Seh- roth {Sehpurpur) bezeichnet worden ist. Dieselbe kann sowohl durch die ophthalmoskopische Untersuchimg als wie an der frisch herauspräparirten Netzhaut constatii-t werden. Durch Einwirkung diffusen Tageslichtes erblasst der Sehpurpur ziemlich rasch, er regenerirt sich aber im Dunkeln, sowohl am Lebenden, als auch an der fi-isch herausgenommenen Netzhaut, wenn sie wieder mit ihrer natürlichen Unterlage in Berülirung gebracht wird [Kühne). Bei Nati-onlicht, sowie im Dunkeln, erhält sich der Seh- purpur tagelang, und selbst noch nach Eintritt der Fäul- niss ; auch zeigt er sich gegen chemische Einwirkungen ziemlich resistent. Kühne , welchem wir die Kenntniss dieser Thatsachen verdanken, ist es gelungen, den Farbstoff der Netzhaut durch Gallensäure in Lösung zu bringen und selbst in fester Form darzustellen. Ausser den bisher genannten Eigenschaften der Stäbchen und Zapfen sind an denselben noch eine Reihe feinerer Structui-verhältnisse beobachtet worden. Die Aussenglieder der Stäbchen erscheinen bei Untersuchung mit sehr- starken Ver- grösserungen von einer Anzahl paralleler, der Länge nach, oder eigentlich in langen Spii-altouren verlaufender Linien besetzt. Dieselben entsprechen, wie sich nament- lich bei der Flächenansicht der aus ihnen isolirten Plättchen deutlich erkeimen lässt, einer seichten Furchung (Canellirimg) ihrer Oberfläche, deren Bedeutung sich aus den später zu erwähnenden Beziehungen der Pigmentmembran zu der Stäbchen- schichte ergibt (S. 608). Auch die Innenglieder der Stäbchen, und noch viel deutlicher die der Zapfen, erweisen nach Behandlung mit Ueberosmiumsäure eine feine , der Länge nach A. Zapfen und Stäbchen von Falco buteo, beide mit dem linsenförmigen Körper (1-1') versehen ; m Aussenglied, theilweise in Querblättchen zerfallen. B. Zapfen von einem Affen, nach Maceration in verdünn- ter Salpetersäure. In dem Innengliede hat sich eine glänzende äussere Abthei- lung, der linsenförmige Kör- per (1) , von einer inneren, körnigen Abtheilung geschie- den. Nach :Sl. Schnitze. 500- fache Vergrösserung. (In das Innenglied ist eine sogen. Axenfaser eingezeichnet wor- den, die sich vom linsenför- migen Körper bis in das Zapfenkorn erstreckt.) 606 Stäbchen und Zapfen. Vertheilung derselben. ziehende Streifuug. Diese hat aber einen anderen Grund. Sie entspricht einer grossen Zahl feinster, glänzender, für sich isolirbarer Fäserchen, welche, in spitzen Winkeln durch einander geflochten, die äussere Hälfte des Zapfenkörpers einnehmen. Sie sind von M. Schnitze unter der Bezeichnung Fadenapparat zuerst beschrieben worden und kommen dem Menschen und den meisten Säugethieren zu. Bei Vögeln, Amphibien, Reptilien und einzelnen Säugethierordnungen findet man anstatt dessen in der Substanz des Innengliedes einen ovalen oder ellipsoidischen Körper, der durch einen matten Glanz ausgezeichnet ist und durch Behandlung mit Osmiumsäure oder Jod besonders deutlich hervortritt. Er hat seinen Sitz stets an der Grenze des Aussengliedes und wendet diesem eine abgeplattete Fläche zu (Fig. 178). Diese Gebilde sind zuerst an den Zapfen der Vögel durch Krause entdeckt und als Opticus- Ellipsoide bezeichnet worden. Später hat sie M. Schnitze bei den verschiedensten Wirbelthieren nachgewiesen und für sie den Namen linsen- Fig. 179. -förmige Körper eingeführt. Auch beim Menschen sind sie gesehen worden. Stets sind sie in den Zapfen viel schärfer ausgeprägt und auch grösser, als in den Stäbchen. Ausser- dem kommen in den Zapfen der Vögel, Reptilien und Am- phibien fettartige, theils farblose, theils in verschiedenen Nuancen des Gelb und Roth gefärbte Kugeln vor. Sie sitzen ebenfalls an der äusseren Grenze des Innengliedes und *''''' nehmen die ganze Breite desselben ein (Fig. 178 A). An den i°p1:n't;'c£°rSe1 Stäbchen kommen sie niemals vor. aus einem nachschnitt Zu erwähnen ist noch, dass von mehreren Autoren in durch die menschliche rv p /i • tij- t i • a ä- Retina. Härtung in .v?«?- den Jnnengliedem der /apien (bemi Menschen, bei Alten mintn"'tfon."?H:rtnS ^^d Vögeln) ein Central gelegener, bis an die Basis herab Syst. IX, Ocui. 3.) verlaufender, glänzender Faden beschrieben und als eine terminale Nervenfaser gedeutet worden ist (Fig. 178 B). Es ist jedoch die Existenz dieses unter dem Namen der Axenfaser bekannten Ge- bildes noch keineswegs sicher gestellt. Die Vertheilung der Stäbchen und Zapfen über die verschiedenen Bezirke der Netzhaut ist eine ganz gesetzmässige. In dem mittleren Theile der Macula lutea kommen nur Zapfen vor, die Stäbchen fehlen gänzlich. Die ersteren sind, wie M. Schnitze treffend sagt, in Bogen- linien gestellt, „welche in der Richtung gegen das Centrum des gelben Fleckes convergiren und eine Chagrinzeichnung hervorrufen, etwa wie sie die Rückseite vieler Taschenuhren ziert". An den seitlichen Par- thieen der Macula lutea treten die Stäbchen auf, und zwar in einer Reihe um je einen Zapfen gestellt ; bald werden sie reichlicher, so dass zwischen je zwei Zapfen immer zwei und dann drei Stäbchen einge- schoben sind. Dieses Verhältniss erhält sich dann bis an die Ora serrata. Der angegebenen Vertheilung entsprechend ergeben sich auch gewisse Unterschiede in den Dimensionen der Zapfen und Stäbchen. Die letzteren zeigen von der Macula lutea gegen die Ora serrata hin eine allmälige, aber nicht bedeutende Abnahme an Länge, ohne irgend eine bemerkbare Veränderung der Gestalt. Die Zapfen hingegen wei- chen im Bereiche des gelben Fleckes in beiden Beziehungen von ihrem sonstigen Verhalten ab. Sie werden vom Rande desselben gegen die Die äussere Körnerschichte. 607 Fovea centralis hin immer länger und zugleich schmäler, so dass ihre Gestalt der der Stäbchen nicht unähnlich wird. Dieser Umstand ist desshalb von hoher Bedeutung, weil so die Anzahl der Zapfen, welche in der Raumeinheit der Fovea centralis Platz finden, eine viel grössere wird. Stäbchenfasern und Zapfenfasern, welche, wie bereits erwähnt, mit ihren kernhaltigen Anschwellungen die charakteristischen Forma- tionen der äusseren Körnerschichte bilden, entspringen an dem inneren Ende der Stäbchen und Zapfen und ziehen in gerader Richtung gegen die Zwischenkörnerschichte hin. Sie unterscheiden sich sehr auffallend dadurch, dass die Zapfenfaser bedeutend dicker ist, und ihre kernhaltige Anschwellung — das Zapfenkorn — unmittelbar an die Membrana limitans, dicht an die Basis des Zapfens zu liegen kommt, während die äusserst zarte und vergängliche Stäbchenfaser erst an einer weiter ein- wärts gelegenen Stelle das Stäbchenkorn trägt. Die Zapfenfaser endigt als solche an der Grenze der Zwischenkörnerschichte mit einer kegel- förmigen Verbreitung {Zapfenfaserkegel). Aus dieser entspringt eine Anzahl feinster Fäserchen, welche sich in der letztgenannten Schichte verlieren. Auch die Stäbchenfasern zeigen häufig an der genannten Stelle eine kolbige Auftreibung, ohne dass es jedoch bis jetzt gelungen wäre, ähnKche Fortsetzungen derselben , wie an der Zapfenfaser , mit Sicherheit nachzuweisen. Die Stäbchen- und Zapfenkörner sind ellipsoidische , im frischen Zustande ganz durchsichtige Gebilde, jedoch von einander nicht nur durch die Lage, sondern auch durch ihr Aussehen zu unterscheiden. Während die Zapfenkörner völlig homogen sind und nur ein kleines Kernkörperchen in sich erkennen lassen, erscheint die Substanz der Stäbchenkörner durch auf einander folgende , stärker und schwächer lichtbrechende Streifen deutlich quergebändert. Diese zuerst von Henle beschriebene Erscheinung ist durch Flemming dahin aufgeklärt worden, dass die zwei oder drei stärker lichtbrechenden Querbänder nichts anderes sind, als Portionen von chromatischer Kernsnbstanz, welche in diesem Falle in eigenthümlicher Weise zu Schichten geordnet ist. An den meisten Bezirken der Retina füllen die nahe an einander gedrängten Stäbchen- und Zapfenkörner die äussere Körnerschichte völlig aus und lassen nur Raum zwischen sich für die durchziehenden Fasern und für die verhältnissmässig spärliche Stützsubstanz. Nicht so in der Umgebung der Macula lutea ; hier erscheinen die nach innen von dem Korne gelegenen Abschnitte der Stäbchen- und Zapfenfasern bedeutend verlängert, und zwar umsoraehr, je näher der Macula lutea zu, und am allermeisten in dieser selbst. Dabei nehmen sie allmälig eine schief gegen die Fovea centralis geneigte Richtung an. Es ent- steht dadurch eine von Körnern freie und nur von den verlängerten 608 Die Piernientmembran der Netzhaut. Fiff. 180. Wm Stäbchen- und Zapfenfasern eingenommene innere Abtheilung der äus- seren Körnerschichte (Fig. 168 und 177), welche von Henle unter dem Namen der äusseren Faserschichte als eine besondere Schichte der Netz- haut aufgeführt wird. Die Pignientniembran der Netzhaut. Sie besteht aus einer Lage eigenthümlich gestalteter, stark pigmentirter Zellen, deren Anordnung bei der Flächenansicht völlig das Bild eines einfachen Pflasterepithels wiedergibt, daher auch die für diese Schichte vielfach gebrauchte Be- zeichnung: Pigmentepithel. Die einzelnen Zellen erscheinen dabei ge- wöhnlich als regelmässige Sechsecke, in deren Mitte durch einen hellen, rundlichen Fleck die Stelle des Kernes angedeutet ist. Ueber die wahre Gestalt dieser Pigmentzellen kann man nur durch Vergleichung von Isolationsprä- paraten und senkrechten Durchschnitten der Netzhaut Auskunft erlangen. Es ergibt sich, dass eine jede dieser Zellen einen compacten Körper besitzt, von welchem nach einwärts ein ganzes Büschel dünner Fortsätze hervorgeht und zwischen die Elemente der Stäbchenschichte ein- dringt (Fig. 180). Die Vertheilung des Pigmentes in den Zellen ist keine ganz gleichmässige ; stets findet sich eine peri- phere, der Glashaut der Choroidea zu- gewendete, pigmentfreie Zone derselben, während der den Stäbchenenden zuge- wendete Theil des Zellkörpers dicht mit den Farbstoffkörnchen erfüllt ist. Die fadenförmigen Fortsätze enthalten beim Menschen und bei Säugethieren nur in der Nähe ihres Ursprunges Pigment- körnchen ; ihrer grössten Länge nach sind sie farblos. Sie lagern sich in die oben beschriebenen Furchen der Aussenglieder ein. Bei den übrigen Wirbelthierklassen sind diese Fortsätze viel stärker entwickelt und dicht mit Pigmentkörnchen versehen; namentlich findet sich häufig an ihren inneren, noch zwischen die Innenglieder der Stäbchen und Zapfen hineinragenden Enden wieder eine stärkere Anhäufung derselben. Die Pigmentkörnchen selbst sind übrigens nicht rundlich wie die der Choroidea, sondern zeigen, im frischen Zustande mit sehr starken Ver- grösserungen untersucht , scharfkantige , oft prismenähnliche Formen (Frisch). Bei albinotischen Individuen fehlt der Farbstoff, die Gestalt und Anordnung der Zellen weicht hingegen nicht von der Norm ab. A. Die epitheliale Lage und die Pig- mentschichte der Netzhaut des Frosches im senkrechten Durchschnitt, a äussere Körnerschichte, b Membrana limitans externa, c Stäbchenschichte mit den in sie hereinziehenden Ausläufern der Zellen der Pigmentschichte (d). B. Vier isolirte Zellen der Pigment- schichte in der Längenansicht (frisch, in Jodserum). C. Die Zellen der Pigmentschichte von der Fläche her gesehen (aus der Netzhaut des Menschen). (Hartuack, Im- mers. Syst. X, Ocul. 2.) Das .StützgerÜHt der Netzhaut. (309 Das Stützgerüst der Netzhaut. Wie schon oben bemerkt worden ist, breitet sich durch die ganze Netzhaut ein stützendes Gerüst aus, welches, mit Ausnahme der Pigmentmembran und der Aussenglieder der Stäbchenschichte , alle nervösen und epithelialen Formationen umschliesst und allenthalben ein zusammengehöriges Ganzes darstellt (Fig. 17G B). Mit Bezug auf seinen histologischen Charakter kommt es jener Form des Stützgewebes im Centralnervensystem gleich, welche betreffenden Ortes (S. 174) als granulirte Substanz, oder Hornspongiosa erwähnt worden ist. Es erscheint in Form eines körperlich ausgebrei- teten, durch allseitig zusammenhängende Fäserchen und Blättchen her- gestellten Netzwerkes, in dessen Lücken die nervösen und epithelialen Formationen eingeschlossen sind. Dem entsprechend gestaltet sich das Stützgerüst ausserordentlich dicht und feinmaschig in den beiden gra- nulirten Schichten, zeigt grössere Lücken im Bereiche der Körner- schichten, die grössten aber zur Aufnahme der Ganglienzellen. Be- sonders hervortretende Formationen des Stützgerüstes sind die sogen. Radialfasern (MiiUer''sche Stiitzfasern). Es sind dies zahlreiche, in regel- mässigen Abständen gelagerte und die Dicke der Netzhaut senkrecht zur Oberfläche durchsetzende Bälkchen , welche sich mit einer kegel- förmigen Verbreiterung von der Membrana limitans interna erheben. Einige von ihnen lösen sich ganz oder zum Theil schon in der inneren granulirten Schichte in dem dichten Stützgewebe auf, andere verlaufen weiter in die äusseren Schichten und zerfasern sich endlich vollständig in der äusseren Körnerschichte, um mit ihren Ausläufern in die Mem- brana limitans externa überzugehen. Ln Bereiche der inneren Körner- schichte sind ihnen stets ellipsoidische, mit deutlichem Kernkörperchen versehene Kerne eingelagert. Die Membratia Umitans externa und interna werden von den mei- sten neueren Autoren für verdichtete Grenzschichten der Hornspongiosa angesehen , namentlich die Limitans interna als durch Verschmelzung der Basen der Radialfaserkegel entstanden betrachtet. Nun kann aber unter Umständen ein structurloses Häutchen demonstrirt werden, wel- ches die Basen der Radialfasern von dem Glaskörper trennt und, je nach der Präparationsmethode, das eine Mal an der Netzhaut, das an- dere Mal an dem Glaskörper haften bleibt. Dasselbe wird von einigen Autoren (Schwalbe, Krause) dem Glaskörper zugerechnet und als Mem- brana hyaloidea bezeichnet, von anderen aber als identisch mit der Limitans interna der Netzhaut betrachtet (Henle, Merkel). Mit der Limitans externa schliesst das Stützgewebe der Retina noch nicht vollständig ab; es erheben sich nemlich an ihrer äusseren Seite in senkrechter Richtung zahlreiche, äusserst zarte, kurze Fäser- chen, welche die Lmenglieder der Stäbchen und Zapfen hürdenartig Toldt, Gewebelehre. 2. Aufl. .39 610 Macula liitea nnd Fovea centralis. umgeben ; fallen die letzteren heraus, so bleiben die Fäserchen, gleich- sam leere Körbe bildend, zurück. Daher stammt auch der für diese Formation gebräuchliche Terminus : Faserkörbe. Man erblickt in ihnen die letzten Ausläufer der Radialfasern. Es ist schon in den vorstehenden Blättern auf einzelne Besonder- heiten hingewiesen worden, welche die Elemente der Netzhaut an der Stelle des deutlichsten Sehens — in der Macula lutea und in der Fovea centralis — aufweisen. Es ist nun noch einiges über dieselben hinzu- zufügen. Die gelbe Färbung dieser Netzhautstelle rührt von einem diffusen Farbstoff her, mit welchem die Gehirnschichte — nicht das Neuroepithel — durchtränkt ist. In Bezug auf seinen Bau zeichnet sich der gelbe Fleck vor Allem durch die hervorragende Ausbildung der epithelialen Formationen und durch das Zurücktreten der Stütz- substanz vor den übrigen Netzhautbezirken aus. Daher rührt wesent- lich seine grössere Weichheit und das raschere Auftreten von post- mortalen Veränderungen (Faltungen u. dgl.). Wie bereits erwähnt, nimmt die Zahl der Stäbchen in der un- mittelbaren Umgebung des gelben Fleckes sehr rasch ab, während in demselben Maasse die der Zapfen wächst, so dass in den peripheren Theilen des gelben Fleckes nur eine Reihe von Stäbchen um je einen Zapfen zu liegen kommt und nach der Mitte hin, namentlich aber in der centralen Grube, ausschliesslich nur Zapfen sich finden; es wurde auch der höchst charakteristischen Verhältnisse bereits gedacht, welche diese in Bezug auf Grösse, Form und Anordnung zeigen. Die Zellen des Pigmentstratums sind hier etwas schmäler, besitzen jedoch, ent- sprechend der bedeutenden Länge der Aussenglieder auffallend längere, zwischen diese hineinziehende Fortsätze. Eine weitere Eigenthümlichkeit des gelben Fleckes, die ausser- ordentliche Länge der Zapfenfasern und deren schief von der centralen Grube nach der Peripherie geneigte Richtung hängt mit der beträcht- lichen Verdünnung der ganzen Gehirnschichte der Retina im Bereiche der centralen Grube zusammen. Es fehlt in derselben nicht nur die Nervenfaser- und Ganglienzellenschichte, sondern auch die innere Körner- schichte gänzlich, so dass die Zapfenfasern der Fovea centralis, vmi die Verbindung mit der letzteren Schichte zu erreichen, einen stark diver- girenden Verlauf einzuhalten genöthigt sind. Dem gegenüber ist jedoch zu betonen , dass das ganze übrige Bereich des gelben Fleckes durch eine sehr bedeutende Anhäufung von Ganglienzellen ausgezeichnet ist, und dass dieselben, insbesondere um den Rand der centralen Grube herum, in mehrfachen Lagen über einander geschichtet sind. Ueber das Verhalten der Nervenfaserschichte ist bereits oben das Nöthige beigebracht worden. Die Stützsubstanz ist an der Macula lutea aus- Ora serratii. — t'iliurtheil der Netzhaut. (311 serst zart und nur in sehr geringer Menge vorhanden; namentlich fehlt die Formation der M aller' sehen Stützfasern gänzlich. In ganz entgegengesetztem Sinne weicht der Bau der Net/.haut in der Gegend der Ora serrata von den übrigen Bezirken ab. Hier gelangt die Stützsubstanz zu stärkerer Entwicklung, die nervösen Elemente wer- den spärlicher und auch die Bestandtheile des Neuroepithels zeigen eine geringere Ausbildung. Während nun aber die vereinigte Nervenfaser- und Ganglienzellenschichte (vergl. S. G02) sich schon in den seitlichen Bezirken der Netzhaut nach und nach sehr verdünnt hat, auch das Vor- wiegen der Stützfasern etwa von dem Aequator des Bulbus an immer deutlicher bemerkbar wird, erhalten sich im Uebrigen die Schichten der Netzhaut, wenn auch nicht unbeträchtlich verschmälert, bis nahe an die Ora serrata in ihren wesentlichen Eigenschaften und bleiben scharf von einander abgegrenzt. Der Uebergang in die Pars ciliaris retinae erfolgt somit, wenigstens beim Menschen, ganz plötzlich; die Sonderung der einzelnen Schichten verliert sich, indem zwischen die zelligen Elemente derselben reichliche radiäre Züge von Stützgewebe einstrahlen, welche von einer Membrana limitans bis zur anderen sich erstrecken. Die Stäb- chen imd Zapfen lassen nahe an der Ora serrata grössere, durch die liineinragenden Fortsätze der Pigmentzellen ausgefüllte Zwischenräume zwischen sich; es verschwinden dann zuerst die Stäbchen, während die Zapfen noch an einer ganz schmalen Zone in entsprechenden Intervallen allein übrig bleiben und erst an der Stelle aufhören, wo die übrigen Schichten bereits den Charakter des Ciliartheiles anzunehmen beginnen. Es erhält sich somit die Sonderung der Stäbchenschichte am längsten. Bei älteren Personen findet man häufig eine eigenthümliche Ver- änderung der Netzhaut in der Nähe der Ora serrata, welche sich schon dem freien Auge durch eine leichte Wulstung kenntlich macht. An Durchschnitten bemerkt man dann eine Anzahl grosser, rundlicher oder oblonger, communicirender Hohlräume, welche gewöhnlich über mehrere Schichten der Netzhaut sich erstrecken und mit einer klaren Flüssig- keit erfüllt sind; zwischen ihnen erscheint das Stützgewebe der Netz- haut zu starken, pfeilerförmigen Bündeln geformt, welche nicht selten durch quere Bälkchen unter einander verbunden sind. Man pflegt diesen Zustand als Oedem der Netzhaut zu bezeichnen und sieht ihn mit Recht als eine senile Veränderung derselben an (Merkel, Itvanoff). 2) Der Ciliartheil der Netzhaut (Pars ciliaris retinae) lässt von der Ora serrata bis an den Ciliarrand der Regenbogenhaut drei Schichten unterscheiden, welche sich aus dem hinteren Abschnitt der Netzhaut continuirlich fortziehen. Es sind dies die Piymentmemhran, die TiadialfaserscJtichte und die Memhrana limitans interna. 612 Ciliartheil der Netzhaut. Die Pigmentmemhran haftet der mittleren Augenhaut sehr innig an, so dass es nicht möghch ist, sie unverletzt von derselben abzu- lösen ; aus diesem Grunde ist es üblich geblieben , sie der Aderhaut zuzurechnen, trotzdem ihre gemeinschaftliche Abkunft mit der Netzhaut und ihr continuirlicher Zusammenhang mit der Pigmentmembran des liinteren Theiles der Netzhaut allgemein anerkannt ist. Allerdings ist hier ihre histologische Beschaffenheit nicht mehr genau dieselbe. Ihre Elemente sind rundliche oder polyedrische , zu zwei und stellenweise auch zu drei Lagen über einander geschichtete Zellen, welche dicht mit Pigmentkörnchen erfüllt sind und daher in situ weder ihre Kerne, noch auch ihre Grenzen erkennen lassen. Sie dringen namentlich in die grubigen Vertiefungen, welche die Glashaut der Choroidea durch ihr Faltensystem erzeugt , allenthalben hinein und es erhält daher die Pigmentmembran eine unregelmässig höckerige äussere Oberfläche. Die Radialfaserschichte besteht aus cylinderförmigen, in der Nähe der Ora serrata sehr hohen, nach vorne allmälig kürzer werdenden Bälkchen oder Fäserchen, welche dicht neben einander in radiärer Richtung gelagert sind. Ihr seitlicher Umfang ist häufig gezähnelt, ihr nach einwärts gerichtetes Ende entweder stumpf abgerundet, oder kegelförmig verbreitert und in mehrere Zacken zerspalten. Stets sind sie mit scharf begrenzten, oblongen, hyalinen Kernen besetzt. Die Bedeutung dieser Gebilde ist vielfach discutirt worden. Am meisten hat unstreitig die Ansicht Kölliker^s und M. Schultzens für sich, nach welcher sie als die Analoga der radialen Stützfasern der Netzhaut angesehen werden müssen. Ihr unmittelbarer Anschluss an dieselben, die Details ihrer Form und endlich ihre innige Verbindung mit der Membrana limi- tans interna sprechen deutlich dafür, während keine positiven Anhalts- punkte vorliegen, welche eine andere Deutung rechtfertigen könnten. Die Membrana limitans interna stellt hier, sowie in dem übrigen Theile der Netzhaut eine homogene Begrenzungsschichte dar, welche mit den Radialzellen allenthalben verschmolzen ist; jedoch gelang es Schwalbe^ sie durch längere Maceration in chromsaurem Kali isolirt darzustellen, wobei sich ihre äussere Oberfläche mit zahlreichen feinen Leistchen und Zäckchen besetzt zeigte. Die Untersuchung der Netzhaut gehört wegen ihres äusserst complicirten Baues, noch mehr aber wegen der Zartheit und Vergänglichkeit des grössten Theiles ihrer Elemente zu den schwierigsten Pro))lemen der Histologie. Das Studium der Elemente kann nur zum Theile in völlig frischem Zustande vorgenommen werden, da sich ihrer Isolirung grosse Hindernisse in den Weg setzen. Behandlung mit Ueberosmiumsäure {M. Schultze), oder mit sehr verdünnter Chromsäure und endlich Maceration in Jodserum oder lOproz. Kochsalzlösung sind die besten Hülfsmittel. Behufs Anfertigung dünner Durchschnitte leistet Härtung in doppeltchromsaurem Kali (auch Müller' scher Flüssigkeit), oder in der von Merkel empfohlenen Mischung Der Glaskörijer. 613 von Platinclilorid und Chroinsäure (von beiden 1 Theil in 400 Theilen WaHser ge- löst und zu gleichen Theilon gemengt) die besten Dienste ; die letztere insbesondere für die Untersuchung des stützenden (Gerüstes. Der Glaskörper (Corpus vitreum). Seine Substanz erscheint im frischen Zustande als eine vüllkommen homogene, clurchsichtit^e Gallerte, ohne jede Andeutung irgend einer Textur. Als solche wird sie denn auch von einigen Autoren betrachtet. Dem steht jedoch entgegen, dass der zerschnittene, auf ein Filter gelegte Glaskörper in zwei Substanzen zerfällt, indem eine vollkommen klare Flüssigkeit abfiltrirt und eine , wenn auch nur geringe Menge fest- weicher Substanz zurückbleibt. Es muss demnach angenommen werden, dass in dem intacten Glaskörper die Flüssigkeit räumlich getrennt von einer geformten, völlig durchsichtigen Substanz enthalten ist. Darauf weist auch die Betrachtang des gefrorenen Glaskörpers hin ; denn der- selbe stellt keineswegs einen compacten Eisklumpen dar, sondern zeigt ganz constant an der Oberfläche ein blättriges Gefüge , während im Innern unregelmässig geformte Eisstückchen neben einander liegen. Daraus , sowie aus den Ergebnissen verschiedener anderer Unter- suchungsmethoden geht hervor, dass die geformten Theile des Glas- körpers ein Lückensystem begrenzen, welches an der Oberfläche eine andere Anordnung, als in den mittleren Parthien besitzt. Den besten Ausdruck für die thatsächlichen Verhältnisse gibt, wie es scheint, die von StilUng herrührende Darstellung, der gemäss man an dem Glas- körper eine Rindenschichte und einen Kern zu unterscheiden hat. Die erstere besteht aus concentrischen Lamellen der geformten Substanz, zwischen welchen schalenförmige Spalträume zur Aufnahme der Flüssig- keit übrig bleiben. Die Rinde umgibt aber den Kern nicht vollständig, sondern endigt vorne an der Ora serrata, reicht also nicht bis zur Linse heran. Der Kern lagert somit in der Rinde , etwa wie ein Ei im Eibecher , indem er über sie hervorragt und in der tellerförmigen Grube frei zu Tage liegt. StilUng hat durch seine Untersuchungen auch die Existenz des sogen. CloqueV sehen Kanales {Canalis hyaloideus) sichergestellt. Derselbe stellt eine einfache , etwa 1 Mm. weite, mit klarer Flüssigkeit erfüllte Röhre dar. welche sich in gerader Richtung von der Sehnervenpapille bis an den hinteren Pol der Linse erstreckt. Er entspricht der Lager- stätte der fötalen , bei Erwachsenen nur in seltenen Ausnahmsfällen noch vorhandenen Arteria hyaloidea (capsularis). Der Glaskörper enthält unter allen Umständen zellige Elemente; sie sind bei Erwachsenen nur sehr spärlich, bei Kindern etwas reich- licher vorhanden und stets in den äusseren Lagen der Rindenschichte eingebettet. Sie erscheinen als rundliche oder abgeflachte, zart granu- (314 Membnma liyloidea. — Die KrystalUinse. lirte und undeutlich begrenzte Zellen mit einem kleinen, runden Kerne. licanoff hat an ihnen amöboide Bewegungen nachgewiesen. Es ist bereits oben angeführt worden, dass der Glaskörper von der Netzhaut durch eine glashelle Membran getrennt ist, welche unter Umständen mit dem ersteren in Zusammenhang von der Netzhaut ab- gelöst werden kann, wobei dann immer noch ein der Limitans interna entsprechender Saum an der letzteren nachweisbar bleibt. Es eignet sich dazu am besten ein mehrstündiges Einlegen eines frischen Auges in stark verdünnten Alkohol. Die so dargestellte Membrana hyaloidea zeigt sich in ihrem hinteren Abschnitte, bis in die Gegend der Ora serrata, äusserst zart, ganz strukturlos und adhärirt sehr fest an der Substanz des Glaskörpers; von da nach vorne verstärkt sie sich aber, nimmt eine eigenthümlich faserige Beschaffenheit an und geht unmittel- bar in die Zonula ciliaris über. Die KrystalUinse. Sie besteht aus einer weichen , leicht zer- drückbaren Suhstantia propria und aus einer diese umhüllenden, festeren, membranösen Kapsel. Die letztere ist völlig strukturlos, sehr elastisch und spröde; sie reisst daher von einem gemachten Einstich aus, bei einigem Druck, sehr leicht weiter ein und rollt sich mit ihren scharfen Rändern um. Neueren Mittheilungen Berfjer's zu Folge soll die Linsen- kapsel aus mehreren Lamellen zusammejigeset/t sein, welche durch eine in übermangansaiu'em Kali lösliche Kittsubstanz verbunden sind. Ihrem chemischen Verhalten nach steht sie den sogen. Glashäuten nahe, unter- scheidet sich aber von ihnen durch ihre geringere Resistenz gegen Säuren (Kühne) und durch ihre Löslichkeit in kochendem Wasser (Strahl). Die morphologische Bedeutung der Linsenkapsel ist noch nicht sicher festge- stellt, doch sind entwicklungsgeschichtliche Thatsachen bekannt geworden, nach denen sie nicht als Produkt der Linsenfasern, sondern als eine von diesen genetisch unabhängige, bindegewebige Bildung aufzufassen ist. Der vordere Theil der Linsenkapsel ist an seiner hinteren Fläche mit einem einschichtigen, aus ziemlich regelmässig sechsseitigen Zellen zusammengesetzten Epithel bekleidet (Fig. 181 C). Am Aequator der Linse werden die Epithelzellen etwas schmäler und höher, es verliert sich ihre scharfe Abgrenzung, und sie gehen endlich unmittelbar in die sogleich zu beschreibenden Linsenfasern über. Der hintere Theil der Linsenkapsel besitzt kein Epithel, er steht in direkter Berührung mit der Linsensubstanz. Die Formelemente, aus welchen die Substanz der KrystalUinse selbst aufgebaut ist, die Linsenfasern, sind lange, schmale Bänder von völlig hyalinem Aussehen; sie sind im frischen Zustande von ganz glatten oder äusserst ffn'n gezähnelten , parallelen Rändern begrenzt, Die Linsenfasem. 61 ■ ..*rri -^a N^.^^^ sehr weich und biegsam und haften innig an einander. Nach Behand- lung der Linse mit Säuren treten die Zacken an den Rändern stärker hervor, die Fasern werden durch Gerinnung ihrer Substanz spröder und härter und fallen leichter aus einander. Die oberflächlich gelegenen Linsenfasern sind dicker und breiter als die tieferen, völlig glattrandig. und enthalten je einen scharf umschriebenen, flachen, elliptischen Kern : und zwar ist die Stelle, an welcher er eingelagert ist. stets nahe dem Aequator der Linse zu suchen (Kernzone). Die mehr central gelegenen Linsenfasern sind durchwegs kernlos und an den Rändern deutUch ge- zähnelt. Da die oberflächHchen Fasern, der Entwicklung der Linse '^' zufolge, als die jüngeren, die tieferen als die älteren anzusehen sind, so dürfen die genannten Eigenschaften der letzteren, so wie die Abnahme ihrer queren Dimensionen wohl als nachträgliche, mit dem Wachs- thum der Linse verbundene Verän- derimgen aufgefasst werden (Hetile). Ueber die wahre Gestalt und das gegenseitige Lagerungsverhält- niss der Linsenfasern erhält man am besten Aufschluss an Durchschnit- ten , welche quer zum Verlaufe derselben geführt worden sind. Es erscheinen dann ihre Querschnitte in Gestalt schmaler, lang gezogener Sechsecke, welche sich ganz regrel- massig mit ihren langen Seiten berüliren und mit ihren kurzen Spitzen in Zickzacklinien in einander greifen. Nicht selten findet man diese gleichmässige Zeichnung durch das Dazwischentreten eines längeren Sechseckes unterbrochen, was davon herrührt, dass eine jede Linsenfaser an ihren beiden Enden eine schaufei- förmige Verbreiterung besitzt. Je näher der Oberfläche der Linse, um so prägnanter tritt, wegen der grösseren Dicke der Fasern, jene eigenthüm- liche Zeichnung hervor. Alle Linsenfasern wenden übrigens eine ihrer brei- ten Flächen dem Centrum und die andere der Oberfläche der Linse zu. Mit Bezug auf die Beschaftenheit der Linsenfasern ist noch zu erwähnen, dass sie von vielen Seiten nicht als solide Gebilde, sondern als Röhren angesehen werden, an denen man eine zarte, hyahne Hülle imd einen flüssigen Inhalt imterscheiden könne. Die dafür beigebrachten Gründe sind indessen kaum völlig überzeugend. /^v;^- vSS* A. Bruchstücke von Linsenfasern, zum Theil mit eingelagerten Kernen: bei * das verbreiterte Ende einer Faser. (Zupfpräparat nach Härtung der Linse in MUner'scher Flüssigkeit.) B. Linsenfasern im Querschnitte. C. Epithel der vorderen Linsenkapsel (frisch mit Kochsalzlösung dargestellt). Sämmtliche Objekte vom Menschen. (Hartnack. Object. VUI. Ocul. 2.) (316 Verlauf und Anordnung der Linsenfasern. Verlauf und Anordnung der Linsenfasern. Wird die Krystalllinse aus dem Auge entfernt, so verliert sie allmälig ihre vollkommene Durchsiclitigkeit , und zwar mehr in ihren centralen (Linsenkern), als in den peripheren Parthieen. Man bemerkt dann an der vorderen und hinteren Fläche radiär von den Polen ausgehende Streifen (Linsennäthe)., welche sich schichtenweise auch in die Tiefe verfolgen lassen. Die- selben treten an menschlichen Linsen typisch zu einer dreistrahligen Figur zusammen, wobei die Strahlen der vorderen Fläche um 60 •^ gegen die der hinteren Fläche verwendet sind. Am ausgesprochensten findet sich dieses Verhältniss an den Linsen neugeborener Kinder, während bei Erwachsenen mannigfache , individuelle DiflFerenzen vor- kommen. Gewöhnlich spaltet sich bei diesen eine jede Linsennath in zwei divergirende Zweige, so dass im Ganzen eine sechsstrahlige, mehr oder minder regelmässige Sternfigur entsteht. Lässt man eine Linse durch längere Zeit in Wasser maceriren, oder kocht man sie mit starken Mineralsäuren, so zerklüftet sich ihre Substanz entsprechend den Näthen und blättert sich von diesen aus allmälig zu zahlreichen Lamellen auf. Ebenso kann man an in Chromsäure erhärteten Linsen zahkeiche dünne, von der vorderen Fläche über den Aequator weg an die hintere Linsenfläche ziehende Blätter oder Streifen ablösen, welche alle aus einer grossen Summe von Linsenfasern bestehen. Diese sind somit derart schichtenweise über einander gelagert, dass sie, der Ober- fläche der Linse parallel, in meridionaler Richtung den Aequator über- schreiten und so mit einem Theile der vorderen , und mit einem an- deren Theile der hinteren Hälfte der Linse angehören. Dabei beschreiben die oberfläclilichen Fasern steile, dem Linsenrande z,ugewendete Bögen, während sie, je weiter nach der Mitte hin, um so mehr einem Kreis- bogen nach verlaufen. Es reicht nun aber keine Linsenfaser von dem einen Pole bis zu dem andern, sondern je näher demselben ihr vorderes Ende gelegen ist, um so mehr bleibt ihr hinteres Ende von dem hinteren Linsenpol entfernt. Es hat sich ferner ergeben , dass Anfang und Ende einer jeden Linsenfaser an einer Nath gelegen ist, und dass längs einer sol- chen von jedem Punkte aus je zwei in spitzen Winkeln divergirende Linsenfasern ihren Ausgangspunkt nehmen, um, wenn sie den Aequator überschritten haben, wieder an einer Nath zu enden. Es wird somit jene Linsenfaser, welche in einer gegebenen Schichte an dem vorderen Pol der Linse ihren Anfang nimmt und, den von zwei Näthen ge- bildeten Winkel halbirend, gegen den Aequator zieht, an der hinteren Linsenfläche in dem äussersten Punkte einer Nath ihr Ende finden. So erklärt sich denn die verwendete Stellung der Strahlenfigur an der vorderen und hinteren Linsenfläche. Die Zoniila ciliaris. (jl7 An der Stelle der Näthe findet man an gehärteten Linsen ge- wöhnlich, in verschiedener Zahl und Grösse, hyaline Tropfen und Blasen angehäuft, welche man als einer formlosen Zwischensulistanz angehörig betrachtet hat. Es ist jedoch viel wahrscheinlicher, dass sie Substanz- theile der Linsenfasern darstellen, welche in Folge der Einwirkung des Härtungsmittels aus denselben ausgetreten sind. Es möge nun noch hervorgehoben werden, dass die ganze Linsen- substanz, ihrer Genesis zufolge als eine epitheliale, durch Einstülpung aus dem Ectoderm hervorgegangene Formation zu betrachten ist, und dass somit den Linsenfasern der Charakter von Epithelialzellen zukommt. Ihr Mutterboden bleibt nach der vollständigen Abgrenzung der Linse als Epitheliallage der vorderen Linsenkapsel zurück. Abschnitt der vorderen (v) und der hinteren (h) Linsenkapsel mit dem Ansätze der Zonula ciliaris (Z). P. Petit'scher Kanal. R. Aequatorialrand der Linse. (Das Präparat ist durch einen meri- dionalen Durchschnitt aus einem menschlichen, in Chromsäure erhärteten Bulbus gewonnen worden.) (Hartnack, Objectiv V, Ocul. 2.) Die Zonula ciliaris. Als Befestigungsmittel der Linse dient ein zartes, durchsichtiges Häutchen, welches von den Spitzen der Ciliar- fortsätze aus auf die Linsenkapsel herübergespannt ist und mit der letzteren verschmilzt; es ist dies die Zotiula ciliaris (Zonula Zinnii, StraJdenplättchen). Sie besteht wesentlich aus einer grossen Zahl feiner, scharf begrenzter, homogener Fasern, welche theils einzeln, theils zu Bündeln vereinigt in meridionaler Richtung verlaufen und durch ein homogenes Bindemittel zu einer Membran vereinigt werden. Diese eigenthümlichen Fasern sind schon in der Gegend der Ora serrata sichtbar und gehen dort aus der Membrana hyaloidea hervor. Sie ziehen, besonders in den Zwischenräumen der Processus ciliares zu starken Bündeln vereinigt, nach vorne, haften dabei der Pars ciliaris re- tinae sehr innig an und gehen schliesslich zum Theil in die vordere, zum Theil in die hintere Hälfte der Linsenkapsel über, während sich noch andere an der tellerförmigen Grube des Glaskörpers verlieren. An der (313 Petit' sche^' Kanal. — Blutgefässe des Augapfels. vorderen Linsenkapsel ist das Ende der Zonula als eine ziemlich deut- liche; zickzackförmige Linie zu erkennen. Da die Zonula ciliaris, gleichsam in zwei divergirende Lamel- len gespalten, den äussersten Rand der Linse überschreitet, ohne sich an ihn anzusetzen, so entsteht demselben entlang ein kreisförmiger Kanal (C'analis Petiti) , welcher im Leben als eine schmale Spalte besteht, aber durch Einblasen von Luft, oder durch Einspritzung von gefärbten Flüssigkeiten leicht sichtbar gemacht werden kann. Im Querschnitt gesehen, zeigt er annähernd die Form eines gleichschenk- ligen Dreieckes, dessen Basis durch den Rand der Linse eingebogen wird und dessen scharfe Spitze dem Ciliarkörper zugewendet ist. Seine vordere Wand wird durch die eigentliche Zonula cilaris gebildet; sie grenzt ihn vollständig von der Augenkammer ab. Die hintere Wand lässt sich ebenfalls als eiiie geschlossene, isolirbare Membran demon- striren, in welche faserige Elemente der Zonula eingehen. Ob sie je- doch als eine Verdichtungsschichte der Grlaskörpersubstanz , oder als Fortsetzung der Membrana hyaloidea aufzufassen sei , oder ob sie ein Residuum des während früher Embryonalperioden die Linse umgeben- den, gefässhaltigen Bindegewebes ist, kann nur dereinst die Entwick- lungsgeschichte völlig aufklären. Von mehreren Autoren {Merkel, Henle) ist die Existenz des Petifschen Kanales während des Lebens in Abrede gestellt worden. Die Blutgefässe des Augapfels. Das Blutgefässsystem des Augapfels wird durch Zweige der Art. ophthalmica gespeist und findet seinen Abfluss durch eine Anzahl kleiner Venenstämmchen , welche schliesslich fast ohne Ausnahme in eine der beiden Venae ophthalmicae übergehen. Man hat dabei zwei; scharf gesonderte Gefässbezirke zu unterscheiden, von denen der eine sich auf den Sehnerven und die Netzhaut beschränkt, der andere die ganze mittlere und die äussere Augenhaut und selbst noch einen Theil der Conjunctiva bulbi umfasst. Der erstere enthält die Ramifikationen der Art. centralis retinae, der letztere die Ausbreitungen der Ärteriae ciliares posticae und anticae. Beide Ge- fässbezirke communiciren nur in der nächsten Umgebung des Sehnerven- eintrittes, durch Vermittlung der Ärteriae ciliares posticae breves. Heber die Beziehungen des Stammes der Arteria centralis retinae zu dem Sehnerven ist bereits das Nöthige angeführt worden (S. 582); es erübrigt, zu bemerken, dass dieselbe sich in der Versorgung des Sehnerven mit kleinen arteriellen Gefässchen theilt, welche, besonders in dem hinteren Abschnitte der Orbita, von den benachbarten Muskeln, oder von dem Fettgewebe her an die Scheide des Sehnerven heran- treten und ihre Ausläufer auch in das Innere desselben hineinsenden. Blutgefässvertheilun- Lidmuskel, V Qiierschnitt der Arteria palpebralis. (Hartnack, Obj. II, Ocul. 2.) Substanzzellen gelbes oder körniges Pigment enthält. Ueber den im Bereiche der Lider ge- legenen Theil des Musculus orbicularis oculi ist zu bemerken , dass er ausschliesslich aus quergestreiften Fasern besteht, und dass seine ganz locker an einander gefügten Bündel sämmt- lich vom inneren gegen den äusseren Lidwinkel verlaufen. Ein aus einzelnen, dünnen Bündeln bestehender, dem Lidrand zunächst gelegener Theil dieses Muskels schiebt sich stets hinter die Bälge der Cilienhaare ein, so dass er zwischen diesen und den Ausführungsgängen der Mei- bom'schen Drüsen verläuft; es ist dies der Lidrandmuskel (Musculus Bau der Lider. — Meibom' sehe Drüsen. 033 ciliaris Riolani). In manchen Fällen findet man auch an der hinteren Seite dieser Ausführungsgänge eine kleine Gruppe von Muskelfasern. Der Mi(Uer''sche Lidmuskel gehört dem orbitalen Theile der Lider an ; er liegt flach der Conjunctiva auf, seine platten Faserbündel laufen sowohl im oberen als im unteren Lid senkrecht zum Lidrande, stehen aber nicht selten durch schiefe, anastomotische Bündel unter einander in Zusammenhang. Sie sollen sich mittelst elastischer Sehnen an den Tarsus anheften. Die äussere Haut ist im Bereiche der Lider sehr dünn, mit feinen Wollhaaren und kleinen Schweissdrüsen gewöhnlicher Form besetzt ; das Stratum subcutaneum ist locker gewebt, reichlich mit feinen, ela- stischen Fasernetzen ausgestattet. Es bleibt stets frei von Fettgewebe, jedoch kommen bei wohlgenährten Lidividuen in erheblicher Zahl zer- streute Fettzellen vor. Die an der vorderen Kante des Lidrandes aus- tretenden Wimperhaare {Cilien) zeichnen sich durch verhältnissmässig lange Wurzeln, beziehungsweise tiefsitzende Haarbälge, aus, welche letzteren schräg zu der Vorderfläche des Lides eingepflanzt sind. Sie sind wahrscheinlich einem rascheren Wechsel unterworfen, als die meisten übrigen Haare (ihre Lebensdauer soll sich auf annähernd 100 Tage belaufen); wenigstens findet man bei ihnen auffallend häufig junge Er- satzhaare in verschiedenen Stadien der Ausbildung und nicht selten auch leere Haarbälge. Die Ueberkleidung der Lidrandßäche trägt im Allgemeinen den Charakter der äusseren Haut, doch ist sie gegenüber der Haut der vorderen Lidfläche durch ein sehr straffes Gefüge ausgezeichnet und besitzt überdies stark entwickelte, kegelförmige Papillen. Die tieferen Lagen der Epidermis sind an ihr gewöhnlich reich mit gelbem, kör- nigem Pigment versehen. Die Meibom' sehen Drüsen (Tarsaldrüsen) sind nach ihrem feineren Bau und nach der Beschaff'enheit ihres Secretes als Talgdrüsen zu be- trachten. Abweichend von diesen ist nur ihre äussere Gestalt und der Umstand, dass sie in keinerlei Beziehung zu Haarbälgen stehen. Eine jede Meibom^sche Drüse besteht aus einer grossen Zahl einfacher, oder zwei- bis dreifach gespaltener Drüsenblasen, welche einen gemein- schaftlichen, langen Ausführungsgang von allen Seiten umstellen und durch kurze, schiefgestellte Kanälchen sich in denselben öffnen. Alle Meibom^schen Drüsen sind in Lücken des Tarsus eingegraben und dicht von dem Gewebe desselben umschlossen. Ein jedes Lid enthält deren etwa 30 — 40. Sie stehen in einfacher Reihe neben einander, die Gänge senkrecht zu dem Lidrande gerichtet. Da sie durchwegs fast die ganze Höhe des Tarsus einnehmen, so sind die mittleren die längsten, die näher den Lidwinkeln befindlichen bedeutend kürzer. Ihre Mündungen (534 MoU'scJie Drüsen. — Acoessorisclie Thränendrüsen. — Blutgefässe dei* Lider. sind als feine Poren an der inneren Kante des Lidrandes leicht mit freiem Auge zu erkennen. Der Bau der Drüsenblasen ist, wie erwähnt, ganz übereinstimmend mit dem der gewöhnlichen Talgdrüsen (S. 568). Die MoU'schen Drüsen sind eigenthümlich modificirte Schweiss- drüsen, welche nahe dem Lidrande, hinter den Wimperhaaren ein- gebettet sind und mit ihrem leicht geschlängelten Ausführungsgange gewöhnlich in den Balg eines Wimperhaares münden. Sie sind ziem- lich zahlreich, liegen in der Mehrzahl der Fälle vor dem Lidrand- muskel, nahe dem Grunde der Cilienhaarbälge , werden aber mitunter auch von allen Seiten von den Bündeln dieses Muskels umgriffen. Anstatt des typischen Knäuels der Schweissdrüsen findet man die ge- wöhnlich stark erweiterten, tieferen Parthieen des Drüsenschlauches einige Male in spiraligen Touren gedreht. Der feinere Bau, nament- lich was die Drüsenzellen und die glatte Muskellage anlangt, ist der- selbe wie bei den gewöhnlichen Schweissdrüsen (Sattler). Die accessorischen Thränendrüsen {Krause'' sehen Drüsen') sind kleine, traubenförmige Drüschen, welche jenseits des convexen Randes des Tarsus in dem Bindegewebsstroma des Lides eingelagert sind. Zufolge der Beschaffenheit ihrer Secretionszellen müssen sie den serösen Drüsen zugezählt werden. Die kurzen Ausführungsgänge tragen eine Aus- kleidung von schlanken Cylinderzellen und ziehen meist in gerader Richtung durch die Bindehaut, an deren Oberfläche sie ausmünden. Die accessorischen Thränendrüsen sind im oberen Lid bedeutend reich- licher, als im unteren vertreten, und ebenso wieder zahlreicher im lateralen, als wie in dem medialen Antheil desselben. Blutgefässe. Die Lider und die Bindehaut repräsentiren ein ge- meinschaftliches Grefässgebiet , welches durch die Arteriae palpebrales (Zweige der Art. lacrymalis und der Art. naso-frontalis) gespeist wird. Die in ein jedes Lid von der lateralen und medialen Seite eintretenden Arteriae palpebrales verlaufen nahe dem convexen Rande des Tarsus und bilden, indem sie sich unter einander vereinigen, den Arcus tarseus. Von diesem aus geht eine Reihe von feinen Zweigchen vor den Tarsus hin und versorgt die Haut, die Mukeln und die Drüsen, mit Einschluss der Meibom' sehen Drüsen. Eine zweite Reihe von Zweigchen zieht hinter den Tarsus und versorgt die Conjunctiva. Beide Reihen stehen durch anasto- motische Gefässchen, welche den Tarsus durchsetzen, in Verbindung. In der Conjunctiva lösen sie sich in ein dichtes , unmittelbar unter dem Epithel befindliches Capillarnetz auf, welches im palpebralen An- theil am reichlichsten entwickelt ist. Hier zeigen die Capillaren jene eigenthümlichen, von C. Langer zuerst beschriebenen halbkugelförmigen Vorbauchungen, von welchen schon oben (S. 345) Erwähnung geschehen ist. In der Conjunctiva bulbi ist das capillare Netzwerk ziemlich weit- Blutgefässe und Lyniphgefässe der Lider. (535 ma.schi<>\ um so reichlicher sind aber die in dem siibmucösen (epi- skleralen) Bindegewebe gelegenen, durch zahlreiche Anastomosen netz- artig verbundenen, kleinen Arterien und Venen. Es ist als ein besonders wichtiger Umstand zu betonen, dass die aus dem Arcus tarseus hervor- gegangenen Bindehautgefasse in dem Umkreise der Hornhaut vielfach mit den Ausläufern der Arteriae und Venae ciliares anticae in anasto- motische Verbindung treten , und dass sich die letzteren an der ge- nannten Stelle durch constante Zweigchen an der Versorgung der Bindehaut mit betheiligen {Art. conjunct. anteriores). Es wird so einer- seits der intraoculare Kreislauf mit dem der Bindehaut und der Lider in Verbindung gesetzt, andererseits aber wird auch dem Randschlingennetz der Hornhaut Blut aus den Lidarterien zugeleitet, ebenso, wie es durch die ihnen entsprechenden Venen zum Theile seinen Abfluss finden kann. Die Venenwurzeln erscheinen in der Conjunctiva als kurze, relativ weite Gefässchen, deren jedes das Centrum eines umgrenzten, kleinen Bezirkes des Capillarsystemes bildet {Langer). In den tieferen Schichten entsteht dann durch gegenseitige Anastomosen dieser Gefässchen ein venöses Netzwerk. Die aus dem letzteren heraustretenden Stämmchen, sowie die kleineren Venen der Lider ziehen im Allgemeinen parallel den entsprechenden Arterien, während die stärkeren Venen weiterhin einen von den Arterien abweichenden Verlauf nehmen. Lymphgefässe. Sie bilden in den Lidern in ähnlicher Weise, Avie die Blutgefässe, zwei besondere Netze, von denen eines vor, das andere, und zwar das bei weitem stärkere hinter dem Tarsus gelegen ist; beide stehen durch spärliche, den Tarsus durchsetzende Gefässchen, und ausser- dem an dem Lidrande in gegenseitiger Verbindung (Fuchs). In der Conjunctiva bulbi zieht sich ein capillares Lymphgefäss- netz durch die Tunica propria hin. Die Maschenräume desselben sind nach der Peripherie hin ziemlich weit und unregelmässig, werden je- doch in der unmittelbaren Umgebung der Hornhaut klein und gleich- massig rundlich; das Kaliber der Gefässchen selbst ist an letzterem Orte bedeutend geringer. Mehrfachen Erfahrungen zufolge muss ich der Ansicht Teichmanns beistimmen, dass das Lymphgefässnetz am Rande der Hornhaut vollständig abgeschlossen ist. Zackige Ausläufer desselben in das Hornhautgewebe , wie sie Waideger und Andere be- schreiben, dürften wohl nur durch Extravasation der injicirten Masse zu Stande kommen. Aus dem capillaren Netzwerke der Schleimhaut führen zahlreiche, etwas stärkere, ableitende Gefässchen in die Submucosa und sammeln sich dort zu klappenführenden Stämmchen, welche unter einander anasto- mosiren und im Allgemeinen die Richtung gegen den inneren und äus- seren Lidwinkel einschlagen. Es ist nicht schwer zu constatiren, dass 036 Neiden der Conjunctiva und der Lider. — Die Thränendrüse. die gesammte Lymphe der Conjunctiva und der Lider, wie dies, zum mindesten für die letzteren, bereits Mascagni bekannt war, scbliesslich ihren Abfluss gegen die Gesichtsgegend findet; und zwar ziehen von dem inneren Augenwinkel aus ein oder zwei Lymphgefässstämmchen entlang der Vena facialis anterior herab zu den Glandulae lymphaticae submaxillares , und eben solche von dem äusseren Augenwinkel über das Jochbein weg zu den Glandulae auriculares anteriores. Nerven der Conjunctiva und der Lider. Die gröberen Nerven- stämmchen, welche von beiden Seiten, aber auch von oben, beziehungs- weise von unten her die Lider betreten, geben zunächst zahlreiche feine Zweigchen in auf- und absteigender Richtung zu den Muskeln und zur Haut. Der Lidtheil der Conjunctiva erhält auf doppeltem Wege seine Nerven. Ein Theil derselben tritt von dem peripheren Rande des Tarsus her in sie ein, ein anderer geht von einem feinen Kervenplexus aus, welcher von Mises beschrieben und als Randplexus des Lides bezeichnet worden ist. Derselbe hat seinen Sitz vor dem Tarsus, in der Gegend des Grundes der Cilienbälge, imd entsendet seine Faserbündel zu der Haut des Lidrandes, zu den umliegenden Muskeln und zu dem Tarsaltheile der Conjunctiva. Die für den letzteren be- stimmten Faserbündel durchbrechen unweit von dem Lidrande den Tarsus und breiten sich mit auf- and absteigenden Zweigchen in der Conjunctiva aus. Ihre Endigung in derselben ist noch nicht genauer bekannt. Ein Nervengeflecht, welches nach Colasanti die Formationen der Meihoni'schen Drüsen umstricken soll, konnte weder von W. Krause noch von Mises bestätigt werden. In der Conjunctiva bulbi sind dünne Bündel markhaltiger Nerven- fasern leicht auf grössere Strecken zu verfolgen; sie selbst, sowie die einzelnen Fasern, theilen sich wiederholt und stehen mit den benachbarten Bündeln durch Faseraustausch in reichlicher Verbindung. Von ihnen lösen sich einzelne Nervenfasern ab, welche nach Krause ohne Ausnahme schliesslich in Endkolben (S. 320) übergehen. Waldeyer konnte aber, wie auch andere Forscher, den Uebergang von markhaltigen Fasern in mark- lose auf das bestimmteste verfolgen und beobachten, dass scliliesslich ein Theil derselben an die Blutgefässe herantritt, ein anderer Theil aber in das Epithel eindringt und zwischen den Zellen des letzteren endiget. In der Haut des Lidrandes hat W. Krause Meissner'' sehe Tast- körperchen beschrieben; sie haben ihren Sitz in den Papillen. Die Thränendrüse. Sie ist nach dem acinösen Typus gebaut und gleicht mit Bezug auf die Ramifikation der kleineren Drüsengänge, sowie in den feineren histologischen Details der Acini, ganz der Ohr- speicheldrüse; sie ist demnach, wie es auch die Beschaffenheit ihres Thränem-öhi-chen und Thränensack. — Der Gehörapparat. (337 Secretes ergibt, eine seröse Drüse. Ihre Ausführungsgäiige sammeln sich aus den locker an einander gefügten Läppchen und münden im Uebergangstheile der Conjunctiva aus. Es sind deren etwa 4 — 5 grössere, welche der compacten Masse der Thränendrüse enstammen, und 8 — 10 kleinere , welche einzelnen , zerstreut liegenden Läppchen angehören. Sie lassen sich durch geeignete Methoden von dem Conjunctivalsack her mit Injectionsmasse erfüllen. Die Thränenröhrchen. Ihre Wandung besteht aus einer von dichten, elastischen Fasernetzen durchsetzten, sehr gefässreichen Binde- gewebslage und aus einer Bekleidung von schön entwickeltem , ge- schichtetem Pflasterepithel. Unmittelbar der Wandung anliegend ziehen, dem horizontalen Theile der Thränenröhrchen entlang, die Fasern des palpebralen Antheiles des Musculus orbicularis oculi; namentlich ist es der Homer sehe Muskel, welcher ihrer hinteren Seite sich anschmiegt. Auch der vertical gerichtete Aufangstheil der Thränenröhrchen wird von netzförmig durchkreuzten, aus dem Lidmuskel abgezweigten Fasern dicht umsponnen. Acinöse Drüsen, welche den Thränenröhrchen ge- wöhnlich zugeschrieben werden, habe ich niemals gesehen. Der Thränensack und der Thränennasengang. Man muss an ihrer Wandung eine äussere Faserhaut und eine Schleimhaut unter- scheiden. Die erstere verschmilzt, soweit die Kanalwand dem Knochen anliegt, untrennbar mit dem Periost, und besteht vorwiegend aus längs- verlaufenden Bindegewebsbündeln, Die Schleimhaut ist durch ihren reichen Gehalt an lymphoiden Zellen ausgezeichnet, sehr dünn und von glatter Oberfläche. Sie trägt ein einschichtiges Cylinderepithel, welches nach den Angaben der meisten Autoren mit einem Besatz von Flimmerhaaren versehen sein soll. An dem unteren Ende des Ganges tritt geschichtetes Pflasterepithel an dessen Stelle. II. Der Gehörapparat. Sein wesentlichster Bestandtheil ist das Labijrinth , der Sitz der specifischen, an die periphere Ausbreitung des Hörnerven geknüpften Neuroepithelien. Es ist gegenüber den im Sehapparate obwaltenden Verhältnissen hervorzuheben, dass die Endausbreitung des Hörnerven keineswegs eine durchaus einheitliche ist; er sucht vielmehr mit seinen Aesten verschiedene, räumlich getrennte Bezirke des Labyrinthes auf, um in denselben auch mit verschieden gestalteten Neuroepithelien in Beziehung zu treten. Die Träger der letzteren sind einerseits die beiden Vorhofssäckchen und die Ampullen der häutigen Bogengänge, anderer- (338 Diß Vorhofssäckclien vmcl die häutigen Bogengänge. seits aber der den Windungen der Schnecke folgende Ductus cochlearis. Alle diese Theile sind Hohlgebilde, deren Innenraum mit klarer Flüssig- keit {Endolymphe) erfüllt ist und deren zarte, membranöse Wände an ihrer Innenfläche mit Epithel bekleidet sind. Während nun dieses Epithel im Allgemeinen einen sehr einfachen Bau besitzt, gestaltet es sich an den Stellen, an welchen die Ausbrei- tung des Hörnerven erfolgt, zu einem mehr oder weniger complicirten Nervenendapparat um. Diese Stellen sind in den Vorhofssäckchen und Ampullen mit freiem Auge wahrnehmbar und in den ersteren unter dem Namen der Maculae acusticae, in den letzteren als Cristae acusticae bekannt*). 1) Innere Sphäre des Gehörapparates. Die Vorhoft äussere Haarzellen mit den zwischenliegenden Phalangen und Ringen der Lanaina reticularis, K äusseres Epithel der Basilarmembran. Nach Waldeyer. (Vergrö.sserung 700.; Das Corti'sche Organ. — Verhalten des Hörnerven zu demselben. (349 nacli anderen aber soll sie sich bis an das Ligamentum spirale erstrecken und an demselben sich anheften. Ihrer Beschaffenheit nach ist die Corti'sche Membran ein weiches, zartes Gebilde, welches nur dort, wo es über den Sulcus spiralis weggespannt ist, eine beträchtliche Ver- dickung erfahrt. Da sie sich gegen chemische Agentien ziemlich resi- stent verhält, unterliegt ihre Darstellung keinen besonderen Schwierig- keiten : doch ist das einzige, was bisher über ihre Textur sichergestellt werden konnte, dass sie eine von aussen nach innen gerichtete, gerad- linige oder leicht wellige Faserung besitzt. Ihrer Bedeutung nach ist sie wahrscheinlich der Gallertmembran analog, welche das Neuroepithel der Vorhofssäckchen bedeckt. Die Beziehuncjen des Hörnerven zu dem CortV sehen Organ. Der Nervus Cochleae sendet, an der Basis der Schnecke angelangt, eine Reihe von Faserbündeln in die Löcher des Tractus spiralis foraminulentus und betritt dann den Canalis centralis modioli, wobei sich, entlang dem Ansätze des knöchernen Spiralblattes, in ununterbrochener Folge Faser- bündel von seiner Oberfläche ablösen. Alle diese Bündel treten zwi- schen die beiden Lamellen des knöchernen Spiralblattes ein und bilden, während sie dasselbe in radiärer Richtung (nach der Axe der Schnecke orientirt), und unter zahlreichen Anastomosen durchsetzen, ein dichtes Geflecht. In den Anfangstheil des letzteren ist, entsprechend dem Ca- nalis spiralis modioli, ein aus bipolaren Zellen zusammengesetztes, über alle Windungen der Schnecke sich erstreckendes Ganglion (Ganglion Spirale) eingefügt (Fig. 189). Nachdem die Nervenfaserbündel im Laufe der Gefiechtbildung immer feiner geworden sind, erreichen sie das Labium tympanicum des Spiralblattes und treten von hier aus durch die Löcher der Zona perforata in den Ductus cochlearis ein. Knapp vor ihrem Durchbruch verlieren die Nervenfasern ihre Markscheide. Innerhalb des Ductus cochlearis erscheinen sie daher 'als nackte Axencylinder, von denen die meisten einen radiären Verlauf beibehalten und schliesslich zum Theil an die inneren, zum Theil an die äusseren Haarzellen herantreten. Darnach unterscheidet man sie in innere und äussere Badialfasern. Die ersteren durchsetzen, bevor sie an die Haar- zellen gelangen, die früher erwähnte Lage der Körner, mit denen sie wahrscheinlich in Verbindung treten, und endigen in der Substanz der Haarzellen in noch nicht ffenau bekannter Weise. An isolirten Haarzelleu findet man nicht selten an einer oder der anderen Stelle kurze, blasse Fortsätze, welche nichts anderes sind, als abgerissene Nervenfasern. Die äusseren Radialfasern ziehen ebenfalls durch die Körnerschichte und zerfallen bald in feinste, varicöse Fibrillen, welche durch die Spalten zwischen den inneren CorW sehen Pfeilern in den Tunnel eintreten, diesen frei, in schief aufsteigender Richtung durchsetzen und zwischen 650 Verhalten des Hörnerven zu dem CorW sehen Organ. den Körpern der äusseren Pfeiler hindurch zu den äusseren Haarzellen gelangen. In den letzteren bemerkt man, etwas über dem hellen Zell- kern, ein dunkleres, ellipsoidisches Körperchen, dessen Oberfläche von einem äusserst feinen, spiralig gewundenen Fädchen umzogen wird. Hensen^ welcher diesen Spiralkörper entdeckt hat, betrachtet das er- wähnte Fädchen als das Ende einer Nervenfaser. Es ist oben bemerkt worden, dass nicht alle in den Ductus coch- learis eingetretenen Nervenfasern in radialer Richtung weiter ziehen; es gibt auch solche, welche an dem Boden des Tunnels, dessen Länge nach, d, h. in spiraler Richtung verlaufen und durch reichliche Ana- stomosen ein fortlaufendes Netzwerk bilden {M. Schnitze). lieber die näheren Beziehungen dieses äusserst feinen Nervennetzes ist noch nichts Sicheres bekannt; wahrscheinlich ist, dass es Verbindungen mit den äusseren radialen Nervenfasern eingeht. Die mikroskopische Untersuchung des Labyrinthes hat mit grossen Schwierig- keiten zu kämpfen. Unerlässliche Vorbedingung ist genaue Orientirung über die Lageverhältnisse der einzelnen Theile. Die Eigenschaften der Formelemente unter- sucht man am besten an frischen Objekten, unter Zusatz von Humor aqueus oder Jodserum, oder auch mit Zuhülfenahme der Ueberosmiumsäure. Um die Anord- nung der Elemente und den Aufbau der Labyrinthwandungen kennen zu lernen, sind Durchschnittspräparate erforderlich. Die Anfertigung solcher setzt die Ent- kalkung des knöchernen Labyrinthes voraus, zu welcher man am besten die Gehör- organe kleinerer, noch ziemlich junger Thiere verwendet. Nachdem das knöcherne Labyrinth annähernd herauspräparirt worden ist, legt man es vorerst auf mehrere Stunden in eine O'Sproz. Lösung von Ueberosmiumsäure und hierauf in eine Lösung von Chlorpalladium (O'OOlproz.), welcher der zehnte Theil Salzsäure zugesetzt worden ist. Nachdem der Knochen schneidbar geworden ist, wäscht man das Objekt mit verdünntem Alkohol aus und bettet es in eine gut schneidbare Masse (Speckleber, Transparentseife, Wachsmischung oder dgl.) ein. Diese Behandlung des Objektes, zuerst von Waldeyer für die Sclmecke angegeben, ist allen anderen Methoden vor- zuziehen, theils wegen ihrer Einfachheit, theils wegen der durch sie ermöglichten guten Conservirung der Formelemente. Blutgefässe des Labyrinthes. Die innere Sphäre des Grehör- apparates bildet ein in sich abgeschlossenes, höchstens durch capillare Wege mit der nächsten Umgebung zusammenhängendes Gefässgebiet, welches sein Blut aus der Arteria auditiva interna erhält. Sie folgt mit ihren gröberen Verzweigungen den Aesten des Hörnerven und vertheilt sich so an die verschiedenen Abtheilungen des Labyrinthes, dass auch die feineren Zweige fast durchwegs in Begleitung der entsprechenden Nerven- ausbreitungen an das häutige Labyrinth herantreten. So findet man an den Vorhofssäckchen zunächst ein dichtes, gröberes Gefässnetz in dem Bereiche der Macula acustica, dessen Sitz die verdickte, äussere Binde- gewebsschichte derselben ist. Von hier aus erstreckt sich ein ganz feines, weitmaschiges Capillarnetz auf die übrigen Parthieen der Sack- Blutgefässe des Labyi'inthes. 051 chen. Ein ähnliches starkes Gefassnetz findet sich auch an den Cristae acusticae der Ampullen. In die Bogengänge selbst dringt von jeder Vestibularmündung her ein feines, arterielles Zweigchen, so dass ein jeder knöcherne Bogengang zwei, von entgegengesetzten Richtungen kommende Arterien enthält, welche mit ihren Enden in einander über- gehen. Diese, sowie die zahlreichen, von ihnen entsendeten, feinen Nebenzweigchen , verlaufen in dem bindegewebigen Balkensystem des perilymphatischen Raumes und treten weiterhin an den häutigen Bogengang heran , um ihn mit einem weitmaschigen Capillarnetz zu umspinnen. Der Schneckenast der Arteria auditiva interna schickt vorerst durch den Tractus spiralis foraminulentus eine grössere Anzahl von Zweigchen und tritt dann in den centralen Kanal des Modiolus ein ; hier zerspaltet er sich und entsendet eine fortlaufende Reihe von Zweigchen, einer- seits zwischen die beiden Lamellen der Lamina spiralis ossea, anderer- seits aber in die knöcherne Scheidewand, welche sich zwischen den Windungen des Schneckenrohres befindet. Die ersteren Arterien bilden ein dem Plexus des Schneckennerven entlang ziehendes Gefassnetz, ver- sorgen zum Theile auch das Periost der Lamina spiralis und reichen mit ihren Endausläufern bis in die Beissner''sche Membran, wo sie ein weitmaschiges Capillarnetz herstellen. Die Arterienzweigchen , welche zwischen die Windungen des Schneckenrohres eindringen, erzeugen zu- nächst in der Knochenlamelle des Modiolus eigenthümliche Gefässknäuel (in Fig. 189 über dem Ganghon spirale zu sehen), indem sie sich inner- halb einer besonderen Knochenlücke mehrfach verschlingen. In ihrem weiteren Verlaufe verzweigen sie sich in der ganzen knöchernen Wand der Schnecke und in dem Periost, namentlich speisen sie an der äus- seren Wand des Ductus cochlearis das dichte Gefassnetz , welches als Stria vascularis bezeichnet wird. Das venöse Blut sammelt sich innerhalb des Schneckenrohres vorerst in zwei spiralig verlaufenden, kleinen Venen, dem Vas spi- rale und dem Vas prominens, deren Lage bereits früher (Seite 644) angegeben worden ist. Das erstere erhält seinen Zufluss aus dem Gefässnetze der Lamina spiralis ossea, das letztere aus der Stria vascularis; ausserdem verlaufen kleine venöse Gefässchen parallel mit den Verzweigungen der Arteria auditiva, neben welcher sie sich im Canalis centralis modioli sammeln. In Betreff des Vas spirale ist es wahrscheinlich, dass es sich durch den knöchernen Kanal des Aquae- ductus Cochleae in die Vena jugularis entleert. Die venösen Abfluss- wege des Vorhofes und der Bogengänge sind noch Avenig gekannt; gröbere Venenstämmchen verlaufen entlang den Zweigen der Arterie, andere wahrscheinlich in dem Kanäle des Aquaeductus vestibuli. 652 Wasserleitungen des Labyrinthes. — Die Trommelhöhle. LyniphbJihnen. In der Voraussetzung, dass die peri- und endo- lymphatischen Räume des Labyrinthes eine Art von Lymphräumen dar- stellen, müssen die aus ihnen hervorgehenden Wasserleitungen als die Wege angesehen werden , avif v^^elchen ihre Communikation mit dem Lymphgefässsystem vermittelt wird. Die genauere Kenntniss der ein- schlägigen Verhältnisse verdanken wir vor Allem den umfassenden Untersuchungen Böücher''s und Hasse's. Der Aquaeductus vestihuli {Ductus endolymphaticus) geht in der oben (Seite 639) beschriebenen Weise aus den Vorhofssäckchen hervor, durchzieht als einfache, kurze Röhre den für ihn bestimmten, knöchernen Kanal des Felsenbeines und erweitert sich, aus diesem ausgetreten, zu einem flachen , blind abgeschlossenen Sack {Saccus endolymphaticus). Dieser liegt an der hinteren Fläche des Schläfebeines, in dem Gewebe der Dura mater eingeschlossen. Nach der Ansicht Hasse''s erneuert sich die Perilymphe auf diesem Wege, durch Vermittlung von lympha- tischen Bahnen der Dura mater. Ihren Abfluss findet sie durch die Arachnoidealscheide des Hörnerven in den Subarachnoidealraum. Der Aquaeductus Cochleae {Ductus perilymphaticus) nimmt seinen Ursprung aus der Paukentreppe der Schnecke, nahe dem blinden, unteren Ende derselben; er zieht durch den für ihn bestimmten Knochen- kanal an die untere Fläche des Schläfebeines und geht in ein die Vena jugularis begleitendes Lymphgefäss über. Die Perilymphe würde so- mit aus dem Vorhof in die Scala vestibuli der Schnecke, aus dieser durch das Helicotrema in die Scala tympani ihren Weg finden und aus der letzteren durch den Aquaeductus Cochleae abfliessen können. 2) Mittlere Sphäre des Gehörapparates. Die Trommelhöhle. Die knöcherne Wandung der Trommel- höhle ist von einem dünnen, ziemlich gefässreichen Periost überzogen, welches sich allenthalben den verschiedenen Vertiefungen und Erhaben- heiten des Knochens anschmiegt. Ausserdem besitzt die Trommelhöhle nur noch eine dünne Schleimhaut als innere Auskleidung. Diese ist an vielen Stellen , namentlich wo die knöcherne Wandung glatt ist, ganz untrennbar mit dem Periost verschmolzen; an anderen Stellen hebt sie sich th eilweise von demselben ab, indem sie die vielen kleinen Grübchen und Furchen des Knochens überbrückt, andererseits aber auch sich gekröseartig auf die in der Trommelhöhle enthaltenen, knöchernen und sehnigen Gebilde hinüberschlägt. Das Gewebe der Trommelhöhlenschleimhaut besteht aus einem lockeren Geflecht äusserst zarter Bindegewebsbündel , welches stellenweise durch stärkere, fast Die Trommelhöhle. — Die Ohrtrompete. 653 sehnenähnliche Faserzüge gestützt wird. Die durchaus glatte Ober- fläche der Schleimhaut besitzt ein einschichtiges Epithel, welches aus cubischen, gegen die Tuba Eustachn hin in die Cyhnderform über- gehenden Zellen zusammengesetzt ist. Dass an dem Epithel der Pauken- höhle Flimmerhaare vorkommen, lässt sich leicht constatiren, jedoch sind die Angaben über die Ausdehnung der flimmernden Region sehr verschieden. Es mag dies wohl in individuellen Differenzen begründet sein. Constant ist das Flimmerepithel gegen den Eingang der Ohr- trompete und an der ganzen unteren Wand der Trommelhöhle zu finden. Das Vorkommen von schlauchförmigen Drüsen, wie sie von Wendt beschrieben werden, ist wohl nur ein ausnahmsweises. Erwähnung verdienen eigenthümliche , von Politzer entdeckte und auch von Kessel ausführlich beschriebene Gebilde, welche in variabler Zahl, besonders in den hinteren Abschnitten der Trommelhöhle und in den Räumen des Warzenfortsatzes gefunden werden. Es sind daselbst gewöhnlich mehrfach verästigte Bindegewebs- bälkchen zwischen benachbarten Erhabenheiten der Wandvmgen ausgespannt, und an diesen zeigen sich mitunter eine oder mehrere, rundliche oder bimförmige, scharf begrenzte Anschwellungen, durch deren Axe der Bindegewebsstrang unverändert hindurchzieht. Diese Gebilde zeigen nicht selten Andeutungen von Schichtenbildung und sind, so wie die Bindegewebsbälkchen, mit Epithel überzogen. Ihre Bedeutung ist noch nicht ganz sichergestellt; es ist jedoch nach den von Wendt gebrachten Aufklärungen nicht unwahrscheinlich, dass sie geschrumpfte Reste jener gallertigen Substanz sind, welche im embryonalen Zustande die Trommelhöhle erfüllt. Die Ohrtrompete (Tuba Eustachii) besitzt bekanntlich in ihrem hinteren (zugleich lateralen) Abschnitte eine knöcherne, in ihrem vorderen (zugleich medialen) Abschnitte eine knorpelige Stütze. Die erstere, durch die untere Etage des Canalis musculo-tubarius des Felsen- beines hergestellt, endet gegen den Knorpel der Tube hin mit einem zackigen Rande und ist mit dem letzteren durch ein derbfaseriges Bindegewebe fest verbunden. Der Knorpel der Tube nimmt nicht die ganze Circumferenz des Rohres ein, sondern lässt die untere und den grössten Theil der lateralen Wand desselben frei. Er stellt somit eine rinnenförmige , gegen das Ostium pharyngeum an Mächtigkeit zu- nehmende Platte dar, welche fast die ganze mediale Wand der Tube bedeckt und sich über die obere Wand noch auf den obersten Theil der lateralen Wand herüberschlägt. An diesem umgekrämpten^ freien Rand des Tubenknorpels nimmt der Musculus tensor veli palatini einen seiner Ursprünge, und zwar theils durch Muskelfasern, welche direkt an dem Perichondrium haften, theils aber durch eine platte Sehne, welche weiterhin die knorpelfreie, laterale Wand der Tube bedeckt. Der durch Rildinger eingeführte Name Musculus dilatator tuhae bezieht sich auf diese Ursprungsportion, die sich übrigens auf das pharyngeale Endstück der Tube nicht mehr erstreckt. 654 Die Ohi'trompete. Der Tubenknorpel zeigt in den hintersten, dem Schläfebein nächsten Parthieen das Aussehen eines wahren hyalinen Knorpels ; ver- folgt man denselben aber Schritt für Schritt nach vorne, so findet man, dass in seiner Grundsubstanz elastische Fasern auftreten, welche mehr und mehr an Zahl zunehmen; so dass er in dem grössten Theile seiner Länge ganz ausgeprägt den Charakter des Netzknorpels erhält. Dieses Verhalten ist schon an älteren Embryonen erweislich, prägt sich aber mit dem fortschreitenden Wachsthum immer mehr aus. Eine zweite Eigenthümlichkeit betrifft die Qualität der Grundsubstanz und die damit zusamenhängende Anordnung der ZeUen. Der hyaline Antheil des Fig. 192. Aus einem Durchschnitt durch den Knorpel der Ohrtrompete. Alkoholhärtung, Carmintinction. (Hartnack, Syst. V, Ocul. 3.) Tubenknorpels ist schon im Kindesalter, noch viel mehr bei Erwachsenen durch eine grosse Neigung zu faseriger Zerklüftung seiner Grund- substanz ausgezeichnet (vergl. Seite 128). Da in den so veränderten Stellen die Knorpelzellen fast ganz fehlen, oder nur vereinzelt vor- kommen, so ergibt sich eine ganz ungleichmässige Vertheilung der letzteren. — Wo der Uebergang des hyalinen Typus in den des Netz- knorpels erfolgt, findet man in der Grundsubstanz, und zwar sowohl in dem homogenen als auch in dem zerklüfteten Theile derselben spär- liche, verzweigte und in verschiedenen Richtungen sich überkreuzende, elastische Fäserchen eingelagert, welche bald an Zahl zunehmen und endlich den grösseren Theil der Grundsubstanz ausmachen; sie unter- Die Ohrtrompete. (355 scheiden sich leicht von den in Folge von Zerklüftung der hyalinen Substanz entstandenen Fasern, da diese letzteren parallel geordnet, mit- unter leicht v*^ ellig gebogen, unverzweigt und schwach lichtbrechend sind, ausserdem nach Zusatz von Natronlauge abblassen und durch kurzes Kochen in derselben völlig aufgelöst werden; die elastischen Fasern hingegen sind durch stärkeren Glanz, durch netzartige Anord- nung und durch ihre Resistenz gegen Natronlauge hinreichend gekenn- zeichnet. Wo der Charakter des Netzknorpels schon ganz ausgeprägt ist, begegnet man einer eigenartigen Vertheilung der Zellen und der elastischen Fasernetze (Fig. 192). Es gibt da zahlreiche rundliche, durch ihre Undurchsichtigkeit schon bei schwacher Vergrösserung scharf hervortretende Inselchen, in welchen die Knorpelzellen sehr eng an einander gedrängt und von äusserst dichten, elastischen Netzen umgeben sind. Von der Peripherie dieser Inselchen strahlen nach aUen Rich- tungen hin langgestreckte, weitmaschige, aber grobfaserige, elastische Netze aus, innerhalb deren die hyaline oder zerklüftete Grundsubstanz und niur sehr spärliche Knorpelzellen sichtbar werden. Diese helleren Parthieen ziehen sich netzartig zwischen den früher erwähnten Inselchen hin. Diese letztere Anordnung findet sich bei neugeborenen Kindern noch nicht, wohl aber im späteren Kindesalter, und ganz deutlich aus- geprägt stets bei erwachsenen Menschen. Auch die accessorischen, an wechselnden Stellen der Tubenwandung eingelagerten Knorpelplättchen lassen ein ähnliches Verhältniss erkennen. Die Schleimhaut der Ohrtrompete geht nach rückwärts in die der Trommelhöhle, nach vorne in die des Nasen-Rachenraumes über und verhält sich ihrem feineren Bau nach der letzteren ähnlich. Namentlich finden sich in der fibrillären Grundlage der Tunica propria an vielen Stellen mehr oder weniger scharf umschriebene, meist aber ganz flache Einlagerungen adenoiden Gewebes, welche Gerlach bei einem ^/2Jährigen Kinde zu tonsiUenähnlichen Formationen (Ttibentonsille) entwickelt sah. Die Submucosa ist im Bereiche der Knorpelrinne ziemlich dünn und straff gewebt, in den übrigen Parthieen der Tubenwandung jedoch locker und mit zahlreichen traubigen Schleimdrüschen und Fettgewebs- läppchen durchsetzt. Das Epithel ist ein geschichtetes , flimmerndes Cylinderepithel, dessen tiefere Zellenlagen sich aber nahe dem Ostium tympanicum allmälig verlieren. Dadurch wird der Uebergang in das einschichtige Epithel der Trommelhöhle vermittelt. Blutgefässe. Die mittlere Sphäre des Gehörapparates bezieht das arterielle Blut durch eine Anzahl kleiner Zweigchen, welche aus ver- schiedenen Aesten der Art. carotis externa, zum Theile selbst der Carotis interna entstammen, jedoch durch zahlreiche Anastomosen während ihrer Verzweigung ein zusammenhängendes Gefässnetz her- (556 ^^^ Trommelfell. stellen. Aus demselben wird ebensowohl die Schleimliaut, als der an- grenzende Theil des Periostes und Knochens versorgt. Die erstere besitzt in der Trommelhöhle ein weitmaschiges, auf grosse Strecken hin mit dem Perioste gemeinschaftliches Capillarnetz. In der Ohr- trompete ist ein ziemlich dichtes, oberflächliches Schleimhautnetz von den den Drüsen und dem Fettgewebe angehörenden, tieferen Capillar- systemen zu unterscheiden. Lymphge fasse. Für die Trommelhöhle beschreibt Kessel ein System von Lymphgefässen, welche zumeist im Periost verlaufen und mit kugeligen Erweiterungen und seitlichen Ausbuchtungen versehen sein sollen. Nei'ven. Der Plexus tympanicus, sowie die mit diesem in Zu- sammenhang stehenden Nerven der Ohrtrompete, führen theils mark- haltige, theils marklose Fasern und sind an vielen Stellen mit kleineren und grösseren Gruppen von Ganglienzellen besetzt. Ihre Endigung in der Schleimhaut ist noch nicht bekannt. 3) Aeussere Sphäre des Grehörapparates. Das Trommelfell. Seine Grundlage wird durch ein dünnes, fibröses Plättchen (Lamina j^ropria) gebildet, welches mit dem ver- dickten Periost des Sulcus tympanicus {Ringwulst) in continuirlichem Zusammenhang steht. Die Elemente der Lamina propria sind ziem- lich straffe, etwas abgeplattete, eigenthümlich glänzende, leimgebende Fibrillenbündel, welche, in spitzen Winkeln verflochten, eine Anzahl über einander geschichteter Lamellen herstellen. Die Hauptrichtung dieser Fasern geht in den nach aussen zu gelegenen Lamellen vom Rande des Trommelfelles gegen den Hammergriff hin, mit dessen Periost sie sich zum Theile verbinden; in den inneren (der Trommel- höhle näheren) Lamellen aber beschreiben die Bindegewebsbündel Kreis- touren, parallel dem Annulus tympanicus. Dabei sind die circulären Faserzüge an der Peripherie viel reicher entwickelt, als in den centralen Theilen des Trommelfelles, ja in der nächsten Umgebung des unteren Endes des Hammergriffes fehlen sie gänzlich. In Folge der schiefen Durchflechtung der Bindegewebsfasern bleibt zwischen diesen eine grosse Anzahl schmaler, langgestreckter Räume übrig, welche theils von einer formlosen Zwischensubstanz, theils von abgeplatteten Binde- gewebszellen eingenommen werden. Auf die Innenfläche der Lamina propria setzt sich die Schleim- haut der Trommelhöhle continuirlich fort. Die Aussenfläche ist mit einer dünnen, papillenlosen Cutislage, der Fortsetzung der Haut des Das Trommelfell. — Aeusserer Gehörgang. (357 äusseren Gehörganges, und mit einer, namentlich hei Kindern, verhält- nissmässig starken Epidermisschichte überkleidet. Schleimhaut und Cutis sind sehr fest mit der Lamina propria verbunden. Mit Bezug auf die Befestigung des Hammers an dem Trommel- felle ist folgendes zu bemerken. Der kurze Fortsatz ist, wie auch der Handgriff des Hammers, mit einer dünnen Knorpelschichte und ausserdem mit einer eigenen, fibrösen Membran überzogen: die letztere ist im Bereiche des kurzen Fortsatzes innig mit der Lamina propria verschmolzen. Der Hammergriff lagert mit seinen oberen Parthieen zwischen Lamina propria und Schleimhaut, so dass das Gewebe der ersteren sich nur an seiner äusseren Seite festheftet; das spateiförmige, untere Ende aber senkt sich zwischen die Faserlagen der Propria ein . wird theils von ihnen umkreist und theils als Insertionspunkt benützt. In jenem dreieckigen, oder halbmondförmigen Abschnitt des Trommelfelles, w^elcher über dem kurzen Fortsatze des Hammers ge- legen ist und durch eine gewisse Schlaffheit sich kennzeichnet (Mem- brana flaccida der Autoren), fehlt die Lamina propria gänzlich, und es stösst daher die Cutislage an dieser Stelle unmittelbar au die Schleim- haut der Trommelhöhle. Der äussere Gehörgang wird zum Theil durch Knochen, zum Theil durch Knorpel gestützt und erhält durch die eingebuchtete äussere Haut seine Bekleidung. Der Knorpel zählt in die Reihe der Netzknorpel und ist im Allgemeinen durch sehr reichliche Entwicklung der elastischen Elemente ausgezeichnet; jedoch finden sich in ihm bei erwachsenen Personen ganz gewöhnlich grössere und kleinere Inseln, an denen das elastische Netzwerk vollkommen fehlt, hingegen die hyaline Grundsubstanz parallelfaserig zerklüftet erscheint. Diese Inseln sind stets sehr arm an Zellen und gehen an ihrer Peripherie all- mälig in die typische Formation des Netzknorpels über. Die Haiti des Gehörganges zeigt als bemerkenswerthe Eigenthüm- lichkeit einen grossen Reichthum an Knäueldrüsen (hier Ohrenschnalz- drüsen, Glandtdae ceruminosae genannt). Sie bilden im knorpeligen Theile eine fast ununterbrochene, zusammenhängende Lage TFig. 193). werden an der Grenze gegen den knöchernen Theil auffallend spärlicher und finden sich in diesem selbst nur mehr ganz vereinzelt, und auf die obere Wand beschränkt. Wie weit sie in ihren histologischen Verhältnissen von den gewöhnlichen Schweissdrüsen abweichen, ist bereits auf Seite 570 bemerkt worden. Die Ohrmmchel. Ihr Skelet wird durch eine aus Netzknorpel geformte Platte hergestellt, welche continuirlich in den Knorpel des Tüldt, Gewebelehre. 2. Aufl. 4"J 658 Blutgefässe des Trommelfelles. Gehörganges übergeht. Die an dem letzteren beschriebenen, zellen- armen Inseln finden sich an dem Knorpel der Ohrmuschel nur sehr selten, jedoch wechseln mitunter Parthieen mit dichteren und spär- licheren elastischen Fasernetzen ab. Der Hautüberzug gibt zu keinen besonderen Bemerkungen Veranlassung. Gefässe und Nerven zeigen in der äusseren Sphäre des Gehör- apparates, mit Ausnahme des Trommelfelles, die für die äussere Haut im Allgemeinen gültige Anordnung. Fia-. 193. Senkrechter Durchschnitt durch die Haut des äusseren Gehörganges mit den Glandulae ceruminosae; von einem erwachsenen Manne. (Hartnack, Syst. II, Ocul. 2.) Das Trommelfell bezieht sein Blut vorzugsweise durch ein aus der oberen Wand des Gehörganges herabsteigendes und neben dem Hammergriffe verlaufendes Arterienstämmchen , welches zahlreiche^ kleine Nebenzweigchen abgibt und am Umbo nach einer, oder wieder- holter, dichotomischer Theilung in feinste divergirende Gefässchen zer- fällt. Die Verlaufsrichtung aller dieser arteriellen Endzweigehen ist eine ausgesprochen radiäre, ihr Vertheilungsgebiet vornehmlich die cutane Schichte des Trommelfelles; sie gehen bald in ein Capillarnetz über, welches sich dicht unter der Epidermis ausbreitet und an der Peripherie des Trommelfelles allenthalben mit dem Capillarsystem der Haut des äusseren Gehörganges in Zusammenhang steht. Die Venen sammeln sich zu einem einfachen oder doppelten, dem Hammergriff liofilsso und Nfiveu ilt's Troinuielfelles. — Der (.Tenichsapi)arat. ()59 entlang" laufenden Stilnmichcu und ausserdem zu einem ringförmigen, am Rande des Trommelfelles gelegenen Geflechte. Beide Abflussweo-e ergiessen sich in das Hautvenennetz des äusseren Gehörganges. Die Schleimhautschichte des Trommelfelles besitzt ein ziemlich dichtes Capillarnetz, welches von den Gefässen der Paukenhöhle gespeist wird und mit dem Capillarsystem der Trommelhöhlenschleimhaut ein Con- tinuum bildet. Die Gefässe der cntanen Schichte stehen mit denen der Schleimhaut vielfach in Communikation, theils durch feine, arterielle Zweigchen , theils durch Capillaren . welche sich von der ersteren Schichte aus in die Lamina propria einsenken und dieselbe in schräo-er Richtung durchsetzen. Lynq)hyefässe sind durch Kessel in allen drei Schichten des Trommelfelles nachgewiesen worden, namentlich als feines, capillares Netzwerk in der Cutislamelle und als mehr vereinzelte, verzweio"te Röhren in der Schleimhautschichte. Nerven des Trommelfelles. Mit dem beschriebenen arteriellen Stämmcheu zieht ein starkes Bündel markhaltiger Fasern entlano- dem Hammergriff bis in die Mitte des Trommelfelles, um sich analoo- der Arterienramifikation zu vertheilen. Kessel beschreibt zweierlei daraus hervorgehende, feinste Nervenplexus, einen, welcher sich unmittelbar unter der Epidermis ausbreitet und einen anderen, welcher dem Laufe der Blutgefässe folgt. In ähnhcher Weise soll die Schleimhautschichte einen subepithelialen Plexus und ein die Blutgefässe umspinnendes Nervengeflecht erkennen lassen. III. Der Geruchsapparat. Das Vertheilungsgebiet des Riechnerven ist auf den oberen, ver- engten Theil des Nasenrauraes beschränkt : nur hier trägt die Schleim- haut ein spezifisches Sinnesepithel, welches die Geruchsempfinduno- zu vermitteln befähiget ist. Es wird somit dieser Antheil des Nasen- raumes mit Recht als der Riechhezirk — Regio olfactoria — von dem unteren, weiteren Theile — der Regio respiratoria — unterschieden. Die Regio olfactoria. Sie fällt, wie erwähnt, in den obersten Bezirk des Nasenraumes; ihre untere Grenze ist, namentlich beim Menschen, noch nicht genau festgestellt. Während sie, älteren An- gaben zufolge, die ganze obere und mittlere Nasenmuschel und den entsprechenden Theil der Nasenscheidewand einnehmen soll, beschränkt sie sich, nach den völlig vertrauenswürdigen Untersuchungen M. Schultzens und Ecker''s, auf das Dach der Nasenhöhle, die obere Muschel und den entsprechenden Theil der Nasenscheidewand: ja wie M. Schnitze an Ö60 Der Riechbezirk der Nase. Fio-. 194. Kindesleichen ermittelt hat. bleil)t der untere Rand der oberen Muschel schon von der Regio olfactoria ausgeschlossen, woliingegen sie vor dieser etwas weiter herabreicht. Die Schleimhaut dieser Gegend ist durch eine mattgellje Farbe ausgezeichnet und ausserdem auffallend dicker und weicher , als wie in der Regio respiratoria : sehr bald nach dem Tode wii-d übrigens die Färbung unkenntlich, wie auch das Gewebe selbst sehr raschen , postmortalen Veränderungen unterworfen ist , so dass menschliche Objekte in den seltensten Fällen noch für die Untersuchung der feineren Texturverliältnisse verwendbar sind. Die Untersuchung wird am besten nach Be- handlung mit dünnen Lösungen von Ueberosmiumsäure , oder nach Härtung in schwacher Chromsäure voi'genommen. Für das Studium der Riechzellen i.st besonders der gefleckte Salamander und der Proteus anguineus zu empfehlen. Die Grundlage der Schleimhaut wird durch ein fein fibrillirtes , zellenreiches Bindegewebe hergestellt, dessen Anordnung durch die reich- lich eingelagerten Drüsen, Nerven und Gefässe bestimmt wird. An der Schleimhautoberfläche hat W. Krause cylindrische , mit Blutgefäss- schlingen versehene Papillen nachgewiesen. Eine submucöse Schichte ist nicht deutlich zu unter- scheiden, vielmehr geht das Schleimhautgewebe ohne scharfe Grenze in das unterliegende Periost über. An vielen Stellen findet man Anhäufungen von Pigmentkörnchen, theils in Form von läng- lichen Streifen, welche den Nervenzweigchen an- liegen, theils auch anderwärts in rundlichen oder unregelmässigen Gruppen. Das Epithel erreicht eine Dicke von über 100 [J-, ist aber nicht, wie man früher annahm, geschichtet, sondern besteht nur aus einer ein- fachen Lage sehr lang gestreckter Zellen. Seit den bahnbrechenden Untersuchungen M. SchuUze's wissen wir, dass dieselben von zweierlei Art sind: Zellen von dem Charakter gewöhnlicher, cylindrischer Epi- thelialzellen und Zellen von spezifischer Gestalt und Bedeutung — die Riechzellen (Fig. 194). Die Riechzellen sind schlanke, zarte Gebilde, an denen man einen Zellkörper und zwei nach entgegengesetzten Richtungen abgehende Fortsätze unterscheiden kann. Der eine ist nach der freien Oberfläche (peripheriewärts) , der andere gegen die Tunica propria der Schleim- haut (centralwärts) gewendet. Da nun bald der periphere, bald der centrale Fortsatz der längere ist, so kommen die Körper der Riech- zellen nicht alle in gleiche Höhe des Epithelstratums zu liegen; der grossen Mehrzahl nach aber nehmen sie die tieferen und die mittleren Zellen aus dem Sinnesepithel der Kegio olfactoria des Men- schen, a Epithelialzellen, b Kiecli- zellen. (Nac'n M. Schnitze.) Vergr. ungefähr SöOfach. Der Riechbeziik der Nase. (3(J1 Parthieen desselben ein. Der Zellkürper erscheint durchwegs spindel- üder birnförmig, zart granulirt und trägt in seinem mittleren, breitesten Theile einen kugelrunden, hellen, matt contourirten Kern, Der peri- phere Fortsatz ist im Allgemeinen stäbchenförmig, doch ab und zu mit leichten Aufqueliungen versehen , scharf contourirt und von ganz homogener Beschaffenheit. Bei vielen Thieren (ob auch beim Menschen, ist noch nicht festgestellt) trägt das freie Ende dieses Fortsatzes ein Büschel feiner Härchen {Riechhaare) ^ welche über die Oberfläche des Epithels vorragen. Der centrale Fortsatz ist äusserst zart und ver- gänglich und, je nach der Präparationsraethode , gleich den feinsten Nervenfibrillen, mit zahlreichen Varicositäten besetzt, oder auch ganz glatt. Er verläuft gerade und ungetheilt bis an den Grund des Epi- thelialstratums ; dort aber begegnen die centralen Fortsätze der Riech- zellen den letzten Ausstrahlungen des Nervus olfactorius, verflechten sich zum Theil mit diesen und entziehen sich der weiteren Beobachtung. Die indifferenten Epithelialzellen erscheinen in Form langgestreckter Cylinder mit äusserst fein graniüirtem Zellleib imd ellipsoidischem Kern. In der Nähe des letzteren geht die Zelle in einen schmalen, dünnen, ganz blassen, centralwärts gerichteten Fortsatz über, dessen unteres Ende sich etwas verbreitert und in eine Anzahl dünner Fasern zer- fährt, mittelst Avelcher die Zelle an der bindegewebigen Grundlage festhaftet. Diese verbreiterten Enden der Zellen enthalten häufig einen braunen, theils körnigen, theils diffusen Farbstoff. W. Krause ent- deckte auch an diesen Zellen einen Besatz von feinsten, nicht flim- mernden Härchen, welche noch viel vergänglicher sind als die Riech- haare und erst mit Hülfe der stärksten Vergrösserungen wahrgenommen werden können. Beide Zellenarten sind im ganzen Bereiche der Regio olfactoria derart vertheilt, dass im Umkreise einer jeden Epithelialzelle etwa 6 — 8 Riechzellen ihren Platz finden und der zwischen den letzteren bleibende Raum vollständig von den ersteren ausgefüllt wird. Dabei sind beiderlei Zellenarten so innig an einander gelagert, dass nament- lich an dem breiteren Theil der Epithelialzellen feine Längsfurchen erkennbar werden, welche die peripheren Fortsätze der Riechzellen in sich aufnehmen. Am Grunde der Ejnthelschichte finden sich zwischen den verschmälerten Fortsätzen der Riech- und Cylinderzellen kleine rundliche oder kegelförmige Zellen {Basalzellen , W. Krause), welchen die Bedeutung von Ersatzzellen zugeschrieben wird. Die Oberfläche des Riechepithels ist mit einem zarten Häutchen bedeckt, welches von seinem Entdecker, -v. Brunn, als Membrana linii- tans olfactoria bezeichnet und der Membrana limitans externa der Netz- haut an die Seite bestellt worden ist. Es ist von zahlreichen feinsten (362 Der Riechbezirk der Nase. Fig. 195. m m w Oeffnungen durchbroclien , welche von den Härchen der Riechzellen nnd der Epithelzellen durchsetzt werden. Die Bündel des Biechnerven bestehen ausschliesslich aus marklosen, mit einer kernhaltigen Schivann'' sehen Scheide versehenen Fasern. Sie verästigen sich zunächst in den tieferen Schichten der Schleimhaut und senden in ununterbrochener Folge feine Zweigchen nach der Oberfläche hin. Hier zerfallen die Axencylinder in zahlreiche Fibrillen, welche in die Epithel- schichte eindringen und sich zwischen den centralen Fortsätzen der Riechzellen als feinste Fibrillen verlieren. Ob ein unmittel- barer Zusammenhang der Nervenfibrillen mit den Riechzellen besteht, konnte noch nicht sichergestellt werden, doch haben sich seit M. Scliultze viele Autoren für die Wahr- scheinlichkeit eines solchen ausgesprochen. Während man aber fast allgemein den in- differenten Epithelialz eilen eine direkte Be- ziehung zu den Fasern des Riechnerven abspricht, glaubt Exner für beiderlei Zellen- arten dasselbe Verhalten zum Riechnerven nachgewiesen zu haben. Dieser Forscher vertritt die Ansicht, dass Riechzellen und Epithelialzellen keineswegs ganz differente Gebilde seien, sondern dass sich zahlreiche Zwischenformen finden , welche eine ge- schlossene Uebergangsreihe zwischen den beiden typischen Formen herstellen. Am Grunde des Epithelstratums kommt nun nach Exner ein grossmaschiges Netzwerk von protoplasmaähnlicher Substanz vor, in welches sich- die Fortsätze der Epithelial- zellen gleichmässig wie die der Riechzellen auflösen, und in welches auch die Fibrillen Senkrechter Durclisclinitt durcli die Eiechsclileimhaiit der Katze. (Naeli Härtung in Chromsäure.) E. Epithelialschichte. N. Nervenfasorbündel. J). BowmcDische Drüsen. P. Perichondriiim. K. Knorpel dorNasenscheidewaud. (Hartnack, Object. VIII, Ocul. 2.) des Riechnerven übergehen. Die Drüsen der Regio olfadoria (Fig. 195) sind unter dem Namen der Boivman' sehen Drüsen bekannt. In grosser Zahl an einander ge- reiht, nehmen sie fast die ganze Dicke der Schleimhaut ein, und er- scheinen bei den meisten Thieren in Gestalt einfacher, theils gerader, theils verschiedentlich gewundener Schläuche; deren unterer Abschnitt gewöhnlich etwas verbreitert ist. Die Drüsenzellen sind theils rund- lich, theils unregelmässig vieleckig und lassen neben zahlreichen, grö- Die Regio respiratoriu der Nase. ß63 beren und feineren, blassen Körnchen häufig auch eine leichte Pig- mentirung erkennen. Beim Menschen ist die Gestalt der Drüsen etwas abweichend, insoferne, als sich gewöhnlich mehrere Drüsenschläuche zu einem gemeinschaftlichen Ausführungsgang vereinigen, und nicht selten auch seitliche, wie Acini aussehende Ausbuchtungen der Schläuche vorkommen. Doch ist es nicht gerechtfertigt, sie desshalb den acinösen Drüsen zuzuzählen, da niemals dendritisch verzweigte Drüsengänge beobachtet werden.. Die Secretionszellen der Bow man' sehen Drüsen sind beim Menschen stets deutlich cylindrisch. Die Regio respiratoria. In ihrem Bereiche ist die Schleimhaut im Wesentlichen durch die Beschaffenheit des Epithels, durch die Form der eingelagerten Drüsen und selbstverständlich durch das Fehlen der Riechnervenverzweigung ausgezeichnet. Das Epithel ist ein geschichtetes Flimmerepithel und ganz ähnlich dem der Luftröhre beschaffen; der Flimmerstrom ist an allen Stellen gegen die Choanen hin gerichtet. Bemerkenswerth ist, dass die Grenze des Flimmerepithels gegen das Sinnesepithel keine ganz constante ist, ja dass nach den Beobachtungen M. Schultzens nicht selten innerhalb des Riechbezirkes einzelne Inseln von Flimmerepithel sich finden, wäh- rend andererseits das Sinnesepithel sich an manchen Stellen noch eine Strecke weit zwischen das flimmernde Epithel hinein erstrecken kann. Niemals aber kommen in diesen flimmernden Inseln selbst Riechzellen vor. Die zahlreichen Driischefi der Regio respiratoria sind nach dem acinösen Typus gebaut, ihrem feineren Bau nach den serösen Drüsen an die Seite zu stellen (vergl. Seite 450). Dös Vestihulum nasi , d. h. der Raum, welcher von dem knor- peligen Theile der äusseren Nase umschlossen wird , zeigt mit Bezug auf die Beschaffenheit seiner Schleimhaut von dem eigentlichen Nasen- raum abweichende Verhältnisse. Dieselbe ist in ihrem bindejjewebis'en Theile straffer gewebt, mit reichlichen, gefössführenden Papillen ver- sehen und entbehrt der acinösen Drüschen vollständig. Sie ist mit einem geschichteten Pflasterepithel bedeckt, dessen Grenze nach rück- wärts hin um ein Weniges hinter die Apertura pyriformis fällt, so jedoch, dass das vorderste Ende der unteren Muschel und der Anfangs- theil des unteren Nasenganges noch mit dem geschichteten Pflaster- epithel versehen sind (Ecker). Im Naseneingang erfolgt der völlige TJebergang der Schleimhaut in die äussere Haut, indem daselbst die obersten Zellenlagen des Epithels verhornt sind , und bereits Haare {Vibrissae) mit Talgdrüsen auftreten. Die Nebenhöhlen des Nasenraunies sind durchwegs mit einer Schleimhaut bekleidet, welche genetisch als Ausstülpung der Schleim- (5(54 -Diö Nebenhöhlen des Nasem-aumes. haut der Regio respiratoria betrachtet werden kann und auch dem Bau nach im Wesentlichen mit dieser übereinstimmt. In allen diesen Nebenhöhlen ist jedoch die Schleimhaut untrennbar mit dem Periost verschmolzen, beide zusammen erreichen noch lange nicht die Dicke der Nasenschleimhaut. Das Epithel besteht aus einer einfachen Lage cylindrischer, flimmernder Zellen, die Richtung der Flimmerbewegung geht gegen die Communikationsöffnung mit der Nasenhöhle hin. Trau- bige Drüschen kommen nur an ganz beschränkten Stellen der High- morshöhle und am Eingang zu den Keilbeinhöhlen vor. Blutgefässe. In dem Bereiche des Nasenraumes findet sich allent- halben in den obersten Schichten der Schleimhaut ein engmaschiges Capillarnetz , dessen zuführende Arterienzweigchen durch die tieferen Schichten verlaufen und unter einander anastomosiren. Die ableitenden Venen treten zur Bildung sehr starker , theils in der Tunica propria, theils in dem submucösen Bindegewebe gelegener Plexus zusammen,^ deren Füllungsgrad von erheblichem Einfluss für die Dicke der ganzen Schleimhaut wird. Am meisten entwickelt sind diese Yenengeflechte an der convexen Seite der unteren Nasenmuschel und insbesondere an dem hinteren Ende derselben; sie nehmen hier in ausgeprägter Weise den Charakter eines Schwellnetzes an. — In den Nebenhöhlen der Nase sind die Blutgefässe spärlicher, namentlich erlangen die venösen Netze niemals eine starke Entwicklung. Lymphgefässe. Sie sind in Gestalt grobmaschiger Netzwerke in den tieferen Schichten der Nasenschleimhaut nachweisbar und sammeln sich in der Nähe der Choanen zu grösseren Stämmchen, welche gegen die tieferen Nackendrüsen hin ihren Abfluss finden. Nach Key und Retzius können die Lymphgefässe der Nase von dem Subarachnoideal- raum her injicirt werden und stehen in ausgiebiger Weise mit den Saftlücken der Schleimhaut im Zusammenhang. Nerven. Die sensiblen Zweige des Trigeminus breiten sich mit zahlreichen Bündeln markhaltiger Fasern in der Schleimhaut aus und bilden daselbst weitmaschige Geflechte; sie sind auch, wenngleich nur spärlich, in der Regio olfactoria nachweisbar. Ihre letzte Endigung konnte bisher nicht ermittelt werden. Sach-Register. A. Abdiicenskern 223, 226. Abducenswurzeln 197, 220. Accessoriuskern 202. 205. Accessoriuswurzeln 186. Achromatin 15. Acliromatische Kernfigur 31. — Substanz 15. Acini 397, 451. Acusticuskern, äusserer 215. — innerer 213. 215, 217. 223. Acusticuswurzel . oberflächliche 218. — tiefe 218, 223. Adenoides Gewebe 112. 366. — — lymphoide Zellen des 45. — — Reticuluiu des 40. Aderhaut 590. Adventitia capillaris 346. Adventitialscheide 92. Aequatorialplatte 30. Ala cinerea 199. Alveolen 478. 483. Alveolengänge 478. Alveolenseptum 484. Alveolenwerk 131. Alveolodental-Membran 413. Ammonshorn 297. — Rinde desselben 299. Amöboide Bewegung 21, 22. Ampulle des Eileiters 540. — des Samenleiters 523. — LieberkiiJui'sche 447. Anangische Herzen 329. Ansa peduncularis 276. Anthrakosis 478. Aponeurosen 119. Appositionelles Wachsthum 132, 155. Aquaeductus Cochleae 652. — vestibuli 639, 652. Ai-achnoidea 303. Arachnoidealraum 302. ArachnoideaLscheide 581. Arachnoidealzotten 303. Archiblast 5. Archiblastische Gewebe 5. Arcus tarseus 634. Arteria auditiva interna 650. — centralis retinae 582, 618. — hyaloidea 613, 620. — umbilicalis 338. Ai'teriae ciliares 620. — — anticae 621. — — posticae breves 620. — — — longae 621. — — helicinae 529. — interlobulares 499. Arterien 330. Ai-teriolae rectae 499. Associationssysteme 202. Aster 29. Athmungsapparat 474. Augapfel 579. — Blutgefässe dess*elben 618. — Lymphbahnen desselben 625. — Nerven desselben 627. Ausführungsgänge 452. Axency linder 87, 90. — nackte 96. Axencylinderfortsätze 99. Asenfäser 87. 90, 606. B. Balken-Commissur 292. Bänder, fibröse 120. — elastische 120. Bailarger'sche Streifen 294. Basalmembran der Hornhaut, hintere 589. — — — vordere 589. Basalsaum 109. 437. Basalzellen 661. Basement membrane 108. Bauchfell 472. — Nerven und Gelasse desselben 4i4. me Sach-Register. BecherzeUen 17. 62, 438. Beinhaut 143. Belegzellen 432. Bewegung, amöboide 21, 22. — Brown'sche Molecular- 22. — Flimmer- 21, 26. Bindearme 221, 230. ~ Kreuzmig derselben 244. 248. Bindegewebe 112. — embryonales 122. — endoneurales 306. — episklerales 583. — fibriUäres 112. — fibröses und gemeines 117. — formloses und geformtes 117, 120. — gallertartiges 122. — interfasciculäres 118. — interlobulares 471. — interstitielles 401, 497, 515. — intralobulares 470. — reticuläres 69, 123. — subcutanes 552. — submucöses 388. — subseröses 472. Bindegeweb-sbündel 103. 117. — -Fibrillen 102. — -Fonnationen 117. — -Häutclien 104. — -Köiyj ereben 67. — -Knorpel 135. — -Spalten 113, 362. — -Zellen, fixe 113. Bindehaut 629. Bindesubstanzgewebe 112. — -Zellen 67. Blutcapillaren 343. Blutfarbstoff 53. Blutgefässdrüsen 395. Blutgefässsy.stem 326. Blutplättcben 57. Blutzellen, farbige 46. — farblose 42. Bodencommissur, graue 259, 269. Bogenfasem, äussere 204, 209. — innere 209. Bogengänge, häutige 638. Bronclüen, interlobulare 478. 480. — lobulare 478, 482. Bronchioli 478. Brücke 220. Brückenabtheilung, hintere 222, 224, 231. 244. — vordere 222, 230, 244. Brückenarme 220, 230. Brückenkeme 222. Brunner' sehe Drüsen 440. Brustwarze 577. Bündelformation des Deiters'schen Kernes 215. 223. Bulbus olfactorius 300. Bursae mucosae subcutaneae 552. Calamus scriptorius 197. Canalis Petiti 618, 626. — hyaloideus 613. — reuniens 639. — Schlemmii 585, 624. Capillargefässe 343. — Entwicklung derselben 346. Capsula externa 258. — Glissonii 470. — interna 258, 273, 284. Cardialdi-üsen 433. Carotisdrüse 851. Cement 412. Centrales Höhlengrau 259. Centralkanal 169, 174. Centralnen^ensystem 167. — Blutgefässe desselben 304. — Hüllen desselben 301. — Stützgerüst desselben 173. Cerebrospinale Ganglien 309. Cerebrospinalflüssigkeit 302. Cervix uteri 542, 544. Chiasma nerv. opt. 264. Chondrigen 102. Chondi-oblasten 109. Choriocapillaris 590, 591. Choroidea 590. Chromatin 15. — -Kugehi 31. Chylusgefasse 447. Chyluskörperchen 42. Ciliarmuskel 594. — Nerven desselben 627. Cilien der Augenlider 633. — — Flimmerzellen 26. Cingulum 293. Circulationsapparat 326. Circumanaldrüsen 569. Clarke'sche Säulen 172, 183. Claustrum 263. Clava 198. CUtoris 547. Cohnheim'sche Felder 79. CoUoid 487. Commissur des Grosshii-ns, hintere 243, 260. — — — mittlere 260. — — — untere 266. vordere 259, 269, 281. — des Kleinhirns, hintere 241. vordere 240, 276. — desRückenmarkes,hintere, graue 169. — — — vordere graue 169. — — — weisse 169. Commissurenfasern 292. Compacte Knochensubstanz 137. Conarium 291. Conglobirte Substanz 367. Coni vasculosi Halleri 522. Conjunctiva 629. — bulbi 631. — palpebrarum 630. Öach-Kegister. 067 Conjunctiva, Uebergangstheil der 631. Contractilität des Protoplasma!< 11. Contourlinien, Owen sehe 415. Corona radiata 292. Corium 548. Cornea 585. — Endothel der 590. — Epithel der 589. — Substantia propria der 586. Corpora cavernosa 342. Blutbahnen der 528. Coqjus ciliare des Auges 590, 593. — — s. dentatum des Kleinhirns 240. — geniculatum extemum 257. 261, 2G2. — — intemum 249, 262. — Highmori 515. — luteum 532, 538. — mammillare (candicans) 269. — restiforme 197. — trapezoides der Brücke 224. — — des Wurmes 239. C ort ex corticis 491. Crista spiralis 643. Cristae acusticae 640. Cumulus ovigerus 537. Cuticulai'bildimgen 108. Cutis .548. Cutisleistchen 549. CyUnderepithelium 389. — geschichtetes 392. Cvstema Ivmphatica magna 353. Cytoblasteina 10, 28. Cytode 38. Cytoplasma 10. Dachkem 239. Darm 434. — Blutgefässe desselben 443. — Lymphgefässe desselben 446. — Nen-en desselben 448. l)armsaftdrüsen 440. Darmschleimdi-üsen 440. Darmschleimhaut 434. Darmzotten 435. Deckknochen 148, 154. Deckzellen 424, 646. Decussation der Pj-ramiden 190. Degeneration der Xenenfasem 94. — secimdäre 178, 195. — — der Grosshimschenkel 288. Deiters' scher Kern 213, 219. Deiters' sehe Zellen 173. Dentin 107, 408. Diapedesis 49. Diplasmatische Zellen 12. Disc's, Boicman'sche 78. Discus proligerus 537. Disdiaklasten 78. Dispirem 31. Dotter 531. Dotterhaut 531. Doijh-e'sche Hügel 313. Drüsen 395. — acinöse 397. — Bartholini' sehe 547. — Bowman'sche 662. — Brunner'sehe 440. — Cowper'sehe 527. — einzellige 399. — Henle'sehe 630. — Kraiise'sche 634. — Lieberkühn' sehe 439. — Littre'sche 506, 507. — Manz'sehe 631. — Meiboin'sche 633. — Moll'sche 569. 634. — Montgomery'sche 511. — Nahn'sche 422. — schlauchförmige 397. — seröse 423. 450. — traubenförmige 397. — tubulöse 397. — Ti/son'sche 566. — Blutgefässe der 401. — Lj-mphgefässe der 402. — Nerven der 402. — -Formationen, primäre 396. — -Gänge 452, 453. — -Zellen 63. Ductus Bartholini 453. — Botalli 339. — cochlearis 641, 643. — endolymphaticus 652. — ejaculatorii 523. — papilläres 489. — periljnnphaticus 652. — Stenonianus 453. — Whartonianus 453. — Wirsungianiis 453. Dura mater 302. — Nerven derselben 303. Duralscheide 580. Dyaster 30. E. Ei 3, 531. Eiballen 535. Eichel des Penis 530. Eierstock 532. — Blutgefässe desselben 538. — Epithel desselben 534. — Follikel desselben 532. 536. — Lymphgefässe desselben 539. — Nenen desselben 539. — Stroma desselben 533. Eiketten 535. Eileiter 540. Eischläuche, abortive 535. EiterzeUen 34. Eiweissdrüsen 450. Elastische Fasern 104. — Fasemetze 105. 068 Sach-Register. Elastische Innenliaut 334. — Haut Henle's 337. — Platten 105. — Substanz 104. Eleidin 553. Elenientarorganismus 9. Elementartlieile 1. Eminentia teres 199. Enchymzellen 63. Endkapseln 325. Endknöpfchen 314, 316. Endknötclien 330. Endkolben, cylindrische 322. — kugelige 320. Endogene Zellbildung 32. Endokardium 327. Endolymphe 638. Endoneurales Bindegewebe 306. Endosteuni 145. Endothel 331, 345. Endothelzellen 69. . Endplatten 313. Endsäckchen 478. Endscheibe 81. Ependym der Gehimventrikel 198. — -Faden, centraler 169. Epiblast 5. Epicerebralraum 302. Epidermis 552. Epiphysenfugenknorpel 154. Epithel 389. — einschichtiges 389. — mehrschichtiges 390. — resi^iratorisches 483. Epithelzellen 58. — — Verhornung derselben 62. Epoophoron 539. Erlicki'sche Flüssigkeit 175. Ersatzzellen 63. Exner'sclie Methode 294. Extraciliare Fasern 241. Facialiskem 226. Facialiswurzel 226. — — Austrittsschenkel derselben 226. — — Ursprungsschenkel derselben 226. — — Zwischenstück derselben 227. Fadenapparat der Flimmer zellen 27. — der Zapfen 606. Fäden, Purkinje'sche 328. Falten, Kerkring'sche 436. Fascia dentata Tarini 298. Fascia linguae 421. Fasciculus longitudinalis inferior 293. Fasciculus uncinatus 293. Fascien der Muskeln 120. Faserhaut 120. Faserknorpel 135. Faserkörbe 610. Fasem. elastische 104. Fasern, Remak'sche 95. Sharpey' seile 144. — umspinnende 100, 116. Fasersysteme in dem Grosshirnschenkel und in der inneren Kapsel 284. — in den Hintersträngen 194. — in den Vorder- und Seitensträngen 189. Faserverlauf in der Brücke 236. — im Kleinhirn 241. Mittelhirn 253. — beim Uebergang in das Grosshirn 275. — im Rückenmark 175. verlängerten Mark 208, 220. Fettgewebe 70, 112, 157. — Merkmale desselben 158. Fettgewebsläppchen 159. — Blutgefässe derselben 159. — Lymphgefässe derselben 161. — Nei-ven derselben 161. Fettgewebssystem 157. Fettgewebszellen 70. Fettmark 144. Fettzellen des Bindegewebes 69, 158. — seröse 72. Fibrae arciformes 204. — arcuatae extemae 204, 209. — — intemae 209. — propriae 292. Fibrillen des Bindegewebes 102. — des Knochens 107, 141. — des Knorpels 102. Fila olfactoria 300. Fimbria 297. Fissura hyppocampi 298. Fissura longitudinalis anterior 168. — — posterior 1,68. Fleischtheilchen 77. Flimmerbewegung 26. Flimmercilien 26. Flimmerepithel 394. Flimmerhaare 26. Flimmerzellen 26. Flossenmembran 513. Follikel 367. — Graafsche 536. — solitäre 440. Follikelepithel 536. FoUikelzellen der Samenkanälchen 521. Foramina papillaria 489. Formatio reticularis 208, 209, 216, 210. 224, 228, 232. alba 219. Längsbündel der 232. Fomix des Grosshirns 297. Fovea anterior 199. — posterior 199. — centralis der Retina 610. Fütterung der Zellen 24. Funiculus cuneatus 198. — gracilis 197. — Rolandi 198, 201. Sach-Kegister. 0(59 Funiculus sklei'ue 583. - teres 199. Furchung 6. Fussstücke dei* Flimuifrliaare 2^ Fusszellen 61, 589. G. (iallencapillurL'u 4til. Galleng'ängo. intorlobulare 466. — intralobulare 461. (iallengangdrüsen 468. Gallertartige Zwischensubstanz 102. Gallertgewebe 122. Ganglien 308. Ganglienzellen 97. — apolare 99. — bipolare 99. - multipolare 99. — unipolare 99. — Fortsätze der 98, 100. — der Grosshii-nrinde 294. — des Rückemnai-kes 172. Ganglion Gasseri 97. — habenulae 260, 271. — interpedunculare 271. — spirale 649. Gangliospiuale Faser 310. (letilsslülute 326. Geta-ssknäuel. Malpiglii'sche 495. — — des Wurzelperiostes 413. Getassnerven 348. Gefensterte Häute 106. Gehirnsand 291. Gehörapparat 637. Gehörgang, äusserer 657. Gehörstäbchen 645. Gehörzähne 643. Gekröse 473. Gelenknervenkörperchen 321 . Gelenksbänder 120. Generatio aequivoca 28. Genitalnervenkörperchen 32 1 . Gerlach'sche Methode 172. Gerlach'sches Nervennetz 172. Geruchsapparat 659. Geschmacksknospen 419, 424. Geschmacksporus 425. Geschmackszellen 425. Geschlechtsapparat 512. Gewebe 3. — adenoides 366. — — Blutgefässe desselben 367. — osteogenes 150. Gewebsspalten 361. Gewölbe 297. Gewölbeschenkel 260. Gitterschicht 260. 275. Glandula carotica 351. — coccygea 351. — Parotis 449. — prostatica 525. I Glandula subungualis 449. Glandulae ceruminosae 657. — lenticulares 430. — utriculares 542. Glashäute 108. Gla.sköi'])er 613. Glianetze 173. Gliazellen 173. Globus pallidus 256. Glomeruli olfactorii 301. Glomerulus Malpighianus 495. Glutin 104. Goll'scher Strang 168, 188, 194. Grandri/'sche Körperchen 319. Granulationsgewebe 123. Granulirte Substanz 174. Graue Schicht der Kleinhirnrindo 237. — Substanz des Centralnervensvstems 171. — — des Rückenmarkes 180. Grosshim 254. Grosshirnganglien 254. Grosshirnmantel 292. Grosshirnrinde 293. — Schichten derselben 294. Grosshirnschenkel 242, 246, 249, 271, 284. — mediales Bündel derselben 231, 245, 249. Grosshirnstamm 254. 281. Grundlamellen 141. Grundmembran 80, 108. Grundsubstanzen 101. Guirlandenförmige Faserzüge 239. H. Haar 556, 558. — Entstehung des 564. — Marksubstanz des 560. — Rindensiibstanz des 558. — Rindenzellen des 558. — Wachsthum und Wechsel der 565. Haarbalg 556, 561. Haarbalgmuskel 564. Haarknopf 557, 559. Haarkolben 565. Haaroberhäutchen 560. Haarpapille 557, 562. Haarschaft 558. Haarstengel 566. Haarwurzel 556, 559. Haarzellen 646. Haarzwiebel 557. Hackenbündel 293. Hackenwindung 297. Hämatin 54. Hämatoblasten 57. Hämatoidin 54. Hämin 54. Häminprobe 54. Hämoglobin 53. Halbmonde 451. 070 Sach-Register. Halbtonne 30. Halsanscliwellung 179. Harnblase 503. Harnkanälchen 487. Hamrölie 506. Hassal'sche Körperchen 378. Haube 204, 242, 250, 271. Haubenbünclel aus dem Linsenkern 273. — — derhinterenConiniissur252,273. Haubem-egion 204. Haubenstrahlung der inneren Kapsel 273. — centrale 287. Hauptzellen 432. Haut, die äussere 547. — Blutgefässe derselben 570. — Lymphgefässe derselben 572. — Nerven derselben 573. Havers'sche Kanälchen 138, 143. Havers'scbe Lamellensysteme 141. Helicotrema 643. Hemispbärenbündel des Tractus opticus 267. Hemispbärenfasern des Kleinhirns 241. Herz 326. — Blutgefässe desselben 329. — Klappenapparate desselben 328. — Lymphgefässe desselben 329. — Muskelelemente desselben 84, 327. — Nerven desselben 330. Hilus der Drüsen 401. Oliven 211. Hüusstroma 370, 533. Hinterhom 169. Hinterstrang 168, 179. Hinterstranganlage 212. Hinterstranggrundbündel 188, 194. Hinterzellen 185. Hirnhäute 120. Histologie 1. Hoden 514. — Blutgefässe derselben 521. — Lymphgefässe derselben 522. Höhlengrau, centrales 259. Hörhaare 640. Hörzellen 640. Hornfibrillen 559. Hornhaut 585. — -Zellen, fixe 588. — Epithel der 589. — Nerven der 628. — Substantia propria der 586- Uornscheiden 93. Hornschichte der Epidermis 553. Homspongiosa 174, 609. Howship''sche Lacunen 150. Hügel, Doi/ere' scher 313 Hüllen des Centrain ervensystems 301. Hyaline Knorpel Substanz 102. Hydatide, gestielte 525. — ungestielte 524. Hymen 547. Hypoblast 5. Hypoglossus, Kern des 205, 209. Hypoglossus, Wurzel des 197, 209. Hypophysis cerebri 290. Infundibulum 478. Innenhaut, elastische 334. Innenkolben 322, 323. Innenvenen 457. Inoblasten 109. Inotagmen 25. Inscriptiones tendineae 164. Intercellularbrücken 40, 62. Intercellularlücken 61. Intercellularsubstanzen 3, 101. — gallertartige 102. Interglobularräume 409. Interstitielle Körner 79. Intraciliare Fasern 240. Iris 595. — Blutgefässe der 621. — -Fortsätze 597. — Nerven der 627. — Pigmentlage der 596. Iriswinkel 597. Isolationszellen 640. K, Kanal, Cloquet'scher 613. — Havers'scher 138, 140, 143. — Petit'sclier 618, 626. — Schlemm' scher 585, 624. Kapsel, äussere 258. — Bowman'sche 495. — innere 258, 273, 284. — Tenon'sche 583, 626. Kapselknie 258, 283. Karyokinesis 29. Kehlkopf 474. — Gefässe und Nerven desselben 476.. — Knorpel desselben 475. Keilstrang 168. — Kern desselben 202, 205. Keimbläschen 531. Keimblätter 5. Keimepithel 532, 534. Keimfleck 531. Keimschichte der Epidermis 553^ Keimzellen 40. Keratin 62. Keratohyalin 62, 553. Kern der Zellen 9, 12. Kemfigur 29. Keragerüst 14. Kernkörperchen 1-3, 15. Kernmembran 15. Kernsaft 15. Kernspindel 31. Kerntheilung 28, 31. — direkte 28. Sach-Kegister. »371 Kerntheilung, indirekte 29. Kemtonne 30. Kern wand 14. Kerne der Gehimnerven 198. — des Abducens 223, 226. — — Accessorius 202, 205. Acusticiis 21.5. 217, 219. 223. Facialis 22G. Hypoglossus 205, 209. 214. Oculomotorius 252. Opticus 264. — — Trigeminus 235. motorischer 234. — oberer 235. — — — sensibler 234. Trochlearis 248. — — Vagus, hinterer 210, 214. — • motorischer (vorderer) 216. — des Keilstranges 202. 205. • Sehhügels 260. zarten Stranges 202. — rother der Haube 251, 272. — weisser 248. Kernblatt der Hakenwindung 298. Kemzone der Linse 615. Kieferwall 413. Kittsubstanz 59, 103. 107. Kleinhirn 236. Kleinhimbündel, horizontale 193. Kleinhirn, Commissuren des 240. — graue Kerne des 240. — Marklager des 239, 240. — Rinde des 237. Kleinhirn-Seitenstrangbahn 188, 189, 192. Kleinhirnstiele 197. Kleinhirnwurm 237. Knäueldrüsen 568. Knäuelfigur der Zellkerne 29. Knäuelzellen der Samenkanälehen 519. Knie der inneren Kapsel 258. — inneres des N. facialis 227. Kniehöcker, äusserer 257, 261. 262. — innerer 249, 262. Knochen 136. — Blutgefässe der 146. — calcinirter 106. — Entstehung und AVachsthum der 148, 155. — -Fibrillen 107. 141. — -Kanälchen 137. — -Knorpel 106. — knorpelig präformh-te 148. 149. — -Körperchen 137, 143. — -Lamellen 137. — Nerven der 147. — secundäre (Beleg-) 148. 154. Knochenanlage, endochondrale 149. — perichombale 150, 153. Knochenbildung, intermembranöse 154. — periostale 150. 153. Knochenmark 144. — fötales 158. — gelbes 144. Knochenmark, gelatinöses 145. — rothes 144. — Blutgefässe desselben 147, 153. — lymphoide Zellen desselben 45, 145- Knochensubstanz 106. — comijacte 137, 138. — geflechtartige 107, 156. — - lamelläre 107, 156. — spongiöse 137. — Apposition der 155. — Resorption der 156. Knochenwachsthum, interstitielles 155. Knochenzellen 138. Knorpel 125. — Altersveränderungen der 134. — elastischer (Netz-) 133. — Entwicklung und Wachsthum des 131. — Grundsubstanz des 102. — -Höhlen 126, 134. — hyaliner 126. — -Kanäle 129. — -Kapseln 128. — -Mark 129. — der Ohrtrompete 654. — permanente und transitorische 126. — Verkalkung des 129. — -Zellen 125, 128. Knospung 32. Körnchenbildungen im Blute 58. Körnchenkreis 13. Körnchenzellen 44. Kömer der Grosshimrinde 296. — — Kleinhirnrinde 239. — -Schichte der Kleinhimrinde 239- — — — Retina, äussere 607. — — — — innere 603. — -Zellen 603. Körper, linsenförmige 606. Körperchen, Grandn/sche 319. — HasmV sehe 378. — Herhst'sclie 325. — Malpighi'sche, der Milz 381. der Nieren 488, 491, 495. — Meissner' sehe {Wagner' seht) 319. — Pctcini'sche (Vater'sche) 323. Körperhöhlen, seröse 359. Kolbenkörperchen 322. Kolbenzellen 322. Kopfplatte 646. Kranzform der Kemfigur 29. Krystalle, CharcoVsche 56. — des Hämatm 54. — des Hämatoidin 54. — des Hämin 54. — des Hämoglobin 53. — Sperma- 514. — Teichmann sehe 54. Krystalllinse 614. Kugelkem 240. Kurze Bahnen des Rückenmarkes 189. <572 Sach-Register. L. Labclrüsen 430. — Zellen der 431. -Labia majora .547. — minora 547. Labium tympanicum 64;-3. — vestibuläre 643. LabjT-'intb 637. — Blutgefässe desselben 650. — Untersuchung desselben 650. Längsbündel, hinteres 229, 231, 245, 252, 274. — unteres 293. — der Fonnatio reticularis 232. Laniellensystem, Havers'sches 141. — intermediäres 141. Lamina cribrosa 584. — fusca 583. — medullaris externa 260. interna 260. involuta 298. — reticularis 647. — spii"alis 641. — suprachoroidea 584, 590. Langerhans' sehe Zellen 317, 393, 553. Leber 455. — Lymphgefässe der 471. — Nerven der 471. Leberarterie 460. Leberinselchen 457. Leberkapsel 469. Leberzellen 456. Lederhaut 120, 548. Leitungssysteme 168. Lendenanschwellung 179. Leptothris buccalis 417. Leukocyten 34, 40. Lider 631. — Blutgefässe derselben 634. — Lj^nphgefässe derselben 635. — Nerven derselben 636. Lidmuskel, Müller' sehet; 631, 633. Lidrandmuskel 632. Lieherkühn' sehe Drüsen 439. Ligamentum arteriosum 339. — denticulatum 302. — interlamellare 324. — labyrinthi canaliculorum 638. — — sacculorum 639. — pectinatum 590. 597. — spirale 643, 644. Linien, Seh rege)-' sehe 410. Linse des Auges 614. — Fasern derselben 614. — Kapsel derselben 614. — Nähte derselben 616. Linsenkem des Grosshirns 254, 269, 276, 278. — Glieder desselben 256, 259. — Marklamellen desselben 256. — - Schläfefortsatz desselben 256. — -Schlinge 274. Liquor folliculi 537. Locus coeruleus 235. Longitudinale Bündel d.Hinterhörner 185. Lufträume, terminale 478, 483. Luftrölu-e 476. Luftwege, Muskulatur der 480. Lungen 477. — Blutgefässe der 484. — Lymphgefässe der 486. — Nerven der 486. Limula 555. Lugs'seher Köii^er 272, 274, 282. LjTnphcapillaren 352, 353. Lymphcysteme 352. LymphfoUikel 357, 367. Ljonphgefässe 353. — subseröse 447. Lymphgefässstämme 352, 355. Lymphgefässsystem 352. Lymphgefässwur z ein 361. Lymphiniiltration 369. Lymphknoten 369. — Blutgefässe der 375. — Lymphbahnen der 372. — Nerven der 376. — ParenchjTu der 371. Lynaphräume, perivasculäre 358. Lymphsinus 352, 357. Lymphzellen 42. Lymphoide Zellen 40. M. Macula acustica 640. — lutea 610. — pellucida 538. Magen 429. — Blutgefässe desselben 443. — Lymphgefässe desselben 446. — Muskulatur desselben 434. — Nerven desselben 448. — Schleimhaut desselben 429. Magenschleimdrüsen 483. Mandeln 427. Markhaut der Knochen 145. Markhöhle der Knochen 137. Marklager, sagittales 262. Markmantel des Grosshims 292. — des Rückenmarkes 186, 187. Markräume 151, 153. — primordiale 150. Markscheide 88. Markscheidenbildmrg 177. Marksegel, vorderes 221, 237. Marksegmente, Lanier mann' sehe 89. Markstränge 372. Markstrahlen 491. Mark, verlängertes 196. Markzellen 46, 145. Mastzellen 115. Matrix 555. Mediales Bündel des Grosshimschenkels 231, 245, 249. Sach-Register. 673 MeduUa oblongata 196. — — hinteres Feld der 206. mittleres Feld der 207. — — seitliches Feld der 207. Melanocj'ten 45. Membrana basilaris 643. — Bruchii 591. — Descemetii 589. — eboris 411. — fenestrata 106. — flaccida 657. — granulosa 536. — hyaloida 609, 614, 618. — limitans des Bauchfelles 472. — limitans interna u. externa 609. — — olfactoria 661. — mesenterii propria 473. — propria 108, 399. — Reisneri 642. — serosa 120. — suprachoroidea 584, 590. — tectoria 648. — restibularis 642. — Zinnii 595. Menstrualperiode 543. Mesenterium 120. Mesoblast 5. Meynerf sches Bündel 260, 271. Mei/nert'sche Commissur 264. Mikromillimeter (Miki-on) 41. Mikropyle 531. Milchdrüse 574. Milchkügelchen 575. Milchsäckchen 574. Müz 379. — äussere Kapsel der 379. — Blutgefässe der 382. — Lymphgefässe der 384. — Mnlpighi'sche Köi-perchen der 381. — Nerven der 385. — Pulpa der 381. — Reticulum der 382. — Septensvstem der 379. Milzbalken 379. Milzfasem 383. Milzpulpa 381. Mittelhirn 242. Mittelscheibe 81. Molekularbewegung 22. Monaster 29. Monoplasmatische Zellen 12. MülUf'sche Flüssigkeit 175. Muldenblatt 298. Mundhöhlenschleimhaut 403. — Blutgefässe der 406. — Lymphgefässe der 406. — Nerven der 406. — Schleimdrüschen der 404. Musculus an-ector pili 564. — ciliaris 593. — dilatator pupillae 596. — orbicularis oculi 632. — sphincter pupillae 596. Toi dt, Gewebelehre. 2. Aufl. Muskelelement 81. Muskelfaserbündel 162. Muskelfasern 74. — glatte 74. — des Herzens 84. — quergestreifte 76, 84. — Primitivfibrillen der 78. — Zwischensubstanz der ^Q. Muskelkästchen 80. Muskelkästchenflüssigkeit 80. Muskelkeme 82. Muskelkörperchen 86. Muskelprisma 80. Muskeln mit glatten Elementen 165. — mit glatten Elementen, Gefässe der- selben 166. — mit glatten Elementen, Nerven der- selben 315. — — quergestreiften Elementen 161. — — quergestreiften Elementen.Blut- gefässe derselben 164. quergestreiften Elementen, Ner- ven derselben 312. Myelin 87, 88. Myeloplaques 36. N. Nagel 554. Nagelbett 554. Narbengewebe 123. Nebenhoden 522. Nebenhöhlen der Nase 663. Nebeimiere 508. Nebenolive, äu.ssere 211. — innere 211. Nervenapparat 167. — Centralorgan desselben 167. Nerven, periphere 305. — — Blutgefässe der 308. Nervenendigungen 312. — freie 317. — motorische 312. — sensible 315. — in Sinneszellen 317. — in Terminalköi-perchen 316. Nervenfasern '^Q. — Kaliber derselben 91. — markhaltige 87, 91. — marklose 87, 95. — motorische 91. — Beniak'sche 95. — sen.sible 91. Nervenhüllen 120. Nen-enkitt 173. Nervenknäuel Gei-her'sche 407. Nervemnark 87, 88. Nervennetz Gerlach' sches 172. Nei-venplexus 307. Nervenprimitivfibrille 96. Nervem-ing 573. Nervenscheide 306. 43 674 Sacli-Register. Nervenscliollen 314. Nerven\\-iirzeln des Rückenmarks 183. — des Rückenmarks, hintere 185. — des Rückenmarks, vordere 183. Nervenzellen 97. Nervenzellenschiclit d. Kleinhirnrinde 238. Ner\'i ciliares 627. Ner\us coclileae 649. — olfactorius 300. — opticus 264, 579. — — primäre Centren des 266. Netz, das grosse 120, 474. Netze, elastische 105. Netzhaut 598. — Ciliartheil der 611. — Faserschichte, äussere der 608. — Ganglienzellenschicht der 602. — Gehirnschicht der 599. — Körnerschicht, äussere der 607. mnere der 603. — Membrana limitans der 609, 612. — Moleculäre Schicht der 602. — Neuroepithelschicht der 599. — Oedem der 611. — Pigmentmembran der 608, 612. — Radialfaserschichte der 612. — Sehnervenausbreitung in der 600. — Stäbchenschicht der 604. — Stützsubstanz der 609. — Untersuchung der 612. — Zapfen der 605. — Zwischenkömerschicht der 603. Netzknorpel 133. Netzknoten 14. Neurilemma 91. Neuroepithelien 63, 578. Neuroglia 173. Neurologische Untersuchimgsmethoden 175. Nieren 487. — Bindegewebe der 497. — Blut- und Lymphgefässe der 498. — Grenzschichte der 490. — Läppchen der 492. — Marksubstanz der 490. — Nerven der 501. — Rindensubstanz der 491. — Stroma der 497. Nierenbecken 501. Nuclei arciformes 205. Nu dein 13. Nucleolus 13. Nucleus 9, 12. Nucleus dentatus cerebelli 240. 0. Oberhaut 548. Odontoblasten 109, 411. Oedembildung 113. Oekoid 53. Ohrenschmalzdrüsen 570, 657. Ohrknorpel 657. Ohrmuschel 657. Oikoblasten 36. Olive, grosse, untere 197, 210. — obere 225. Olivenfasern 211. Olivenmark 211. Olivenzwischenschicht 209. Opticusellipsoide 606. Ora serrata 611. Orbiculus ciliaris 590, 592. — gangliosus 627. Organ Corti'sches 641, 645. — • Bosenmüller' sches 539. Ossein 106. Ossification, enchondrale 149. — intermembranöse 154. — perichondrale (periostale) 149,153. Ossificationspunkte 149. Osteoblasten 109, 148, 150. Osteogenes Gewebe 150. Ostoklasten 157. Otolithen 641. Ovula Nabotiii 543. P. Pacchioni'sche Granulationen 803. Pankreas 449. Panniculus adiposus 552. Papilla nervi optici 600. Papulae circumyallatae 418. — conicae 418. — filiformes 416. — foliatae 419. — fungiformes 417. Papillen des Corium 549. — der Schleimhäute 386. — secundäre 416. Par ablast 6. Parablastische Gewebe 5. Paradidymis 524. Parallelstreifen von Retzhis 415. Paraplasma 11. Parenchym 40, 369. Parenchymsaft 361. Parenchymzellen 63. Paroophoron 539. Parovarium 539. Pedunculusbahn 204. Pedunculus cerebri 204, 271. — conarii 271, 291. — corporis mammillaris 270. Perforirende (Sharpei/'sche) Fasern 144. Perichondriym 120, 130. Perichoroidealraum 625. Perikardium 329. Perilymphe 638. Perimysium 162. Perineuralscheide 92. Perineurium 306. Periost 120, 143, 140. Sach-Register. 677 Steissdrüse 351. Stellulae Verhei/enii 500. Sternform der Kemfigur 29. Stigmata 333. Stoffwechsel der Zellen 19. Strang, zarter 197. Stratum corneum 553. — glomerulosum 301. — granulosum 299. — intermedium 258. — lucidum 554. — Malpighii 553. — marginale 299. — moleculare 299. — radiatum des Ammonshomes 299. — reticulatum Anioldi 260. — — des Ammonshornes 299. — zonale des Sehhügels 259. — — des verlängerten Markes 198, 200. 211. Streifenhügel 254. — Ganglien desselben 254. Streifige Lagen der Intima 334. Stria meduUaris thalami 258. — vascularis 644. Striae acusticae 217. Strickköii^er 197. Stütz- und Bindeapparat 111. — -Fasern, MüUer'sche 609. — -Substanz des Centralnervensystems 173. 294. der Retina 609. — -Zellen. Hensen'sche 647. Subarachoidealraum 302, 580. Subdui-akaum 302. 580. Subendotheliale Schicht 334. Subiculum comu Aninionis 298. Substantia gelatinosa centralis 169, 175. — — Bolandi 169. 175. — innominata 276. — nigra 242, 246, 271. 274. — spongiosa 167. Substanz, elastische 104. — gi-aue 167. — weisse 167. Sulcus intermedius 168. — lateralis anterior 168. — — posterior 168. — spiralis 643. Sülze. Wharton'sche 122. Sympathische Ganglien 311. Sympathisches Nervensystem 308. T-Faser 99. Taeniae coli 443. Talgcb'üsen 566. Tapetum 262. Tarsus 631. 632. Tastflecken 319. Tastkörperchen 31'i Tastkolben 320. Tastscheibe 318. Tastzellen 317. Telae choroideae 304. Tenacula cutis 552. — tendinum 119. Terminalfaser der Vater'schen Körperchen 323. Terminalkörperchen 316. Tenuinalsinus 374. Textm-a 3. Textus cellulosus S. 113. Thalamus opticus 257, 259, 276. — — centrale Faserung des 287. Theca folliculi 536. Thränendrüse 636. — accessoi'ische 634. — -Nasengang 637. — -Rö lirchen 637. — -Sack 637. Thymus 376. Tonsillen 427. Tractus olfactorius 300. — opticus 262, 264. — peduncularis transversus 267. — semicircularis 241. Trichterlappen 290. Trigeminuskem 232, 234. — -Wurzeln 201, 206, 232, 235. Trigonum vesicae 505. Trochleariswurzel 248. Trommelfell 656. Trommelhöhle 652. Tuba Eusfctchii 653. Tubenknorpel 653. Tubentonsille 655. Tuber olfactorium 300. Tuberculuni anterius des Sehhügels 257. — cuneatum 198. — Eohnuli 198. 201. Tunica adiposa 497. — adventitia der Arterien 336. — — der Venen 341. — albuginea 401. — dartos 551. — intima der Ai-terien 331. — — der Venen 340. — media der Arterien 335. — — der Venen 340. — muscularis externa 434, 443. — — muscosae 387. — propria 386. — submucosa 388. — vasculosa 515, 579. Tunnel des Corti'schen Organes 645. u. Uebergangsepithel 393. Uebergangsgefässe 346. Umspinnende Faser 100. Ureter 501. 678 Öach-Reffister. Ursamenzeilen 521. Urzeugung 28. Uterus 541. — Blutgefässe des 545. — Lymphgetasse des 545. — Muskulatur des 543. — Nerven des 545. — Schleimhaut des 541. Utriculus 638. Vacuolen 12. Vagina 545. Vaguskem, hinterer 210. — vorderer 216. Vaguswurzel, aufsteigende 205, 210. Varicositäten der Nervenfasern 89. Vas aberrans 524. — atferens 370. 495. — deferens 523. — efferens 370, 495, 522. — epididymidis 522. — prominens 644, 651. — Spirale 644. 651. Vasa aben-antia der Leber 467. Vasa vasorum 347. Vasodentin 411. Vasoformative Zellen 347. Velum medulläre anterius 221, 237. Venae vorticosae 623. Venen 339. — Breschet'sche 341. — interlobulare 458. — intralobulare 457. — Klappen der 342. — sublobulare 459, 460. Verdauungsapparat 385. Verhomung der Epithelzellen 62. Verkalkungspunkt 150. Vestibulum nasi 663. — vaginae 546. Vicq d'Azijr'sches Bündel 260, 270, 276. — — 'scher Streifen 294. Vierhügel, obere 243. — untere 243, 246. Vierhügelplatte 243. Vliessfasern 241. Vorcapillaren 346. Vorderhom 169. Vorderstrang 168, 179. Vorderstranggrundbündel 188, 189. Vorhofssäckchen 638. Vormauer 263. Vorraum 430, 432. W. Wanderzellen 23, 34, 43, 44, 116. Wasserleitungen des Labyrinthes 652. Weigert' sehe Methode 172. Weisser Kern 248. Weisse Substanz des Rückenmarkes 168. Wernekinck' sehe Commissur 248. Wirtelvenen 623. WoUustkörperchen 321. Wucheratrophie 73. Wurm des Kleinhirnes 237. Wurzel des Gewölbes 260, 270. Wurzeln des Abducens 197, 226. — — Accessorius 186. — — Acusticus, oberflächliche 218. tiefe 218, 223. Facialis 224, 226. — — Glossopharyngeus 197. HjToglossus 197, 209. — — Oculomotorius 243, 252. Olfactorius 300. — — Opticus 264. — — Riechlappens 300. — der Rückenmarksnei-ven 183. — des Trigeminus 232. — — — absteigende (gekreuzte) 233, 245. aufsteigende 201, 206, 232. — — — grosse (sensible) 233. — — — kleine (motorische) 232. Trochlearis 248. — — — Austrittsschenkel derselben 245. — — — Ursprungsschenkel dersel- ben 247. — — Vagus 197. — — — aufsteigende 205, 210. Wurzelperiost 413. Wurzelscheide des Haares 556. — äussere 562. — innere 563. Z. Zähne 407. — Entwicklung derselben 413. Zahnbein 107, 112, 408. Zalinfasern 410. Zahnfleisch 403. Zahnfurche 413. Zahnkanälchen 408. Zahnkitt 412. Zahnpapille 413. Zahnpulpa 411. — Nerven der 411. Zahnsäckchen 415. Zahnscheiden 410. Zahnscherbchen 415. Zahnschmelz 412. Zahnwälle 413. Zapfen 603, 605. Zapfenfaser 604, 607. -Kegel 607. Zapfenkorn 604, 607. Zarter Strang 168, 197. • Zelle 9. Sach-Register. 079 Zellen, Arten der 40. — adeloniorphe 431. — centroacinaere 401. — Corti'sche 64(3. — cubische 17. — cylindi-ische 17. Deiters' sehe 047. — delomorphe 432. — diplasmatische 12. _ — endotheliale 09. — epitheliale 58. — granulirte 115. — kegelförmige 17. — kugelförmige 16. — La)igerhans' seile 817, 393, 553. — lymphoide 40. — monoplasmatische 12. — plattenförmige 17, 114. — polyedrische 16. — Scheiben- oder linsenförmige 17. — spindelförmige 17. — verästigte oder sternförmige 17. — Bewegungsersfheinungen der 21. — Bezieluingen der 39. — Entstehung u. Fortpflanzung der 28. — Form und Grösse der 16. — ■ Lebensäusserungen der 21. — Lebensdauer der 36. — morphologische Eigenschaften d.9. — Stoflwechsel der 19. — vitale Eigenschaften der 18. — Wachsthum der 35. Zellbestandtheile, Bedeutung der 37. Zellbildung, freie 28. — endogene 32. Zellenarme Schicht 297. Zellenlehre allgemeine 8. Zellennester 311. Zellgewebe 8. 113. Zellhülle 15, 39. Zellkern 9. 12. 38. Zellkörper 9. 38. Zellleib 9. Zellmembran 15, 39. Zelltheilung 28, 32. — Dauer der 32. — durch Knospung 82. Zirbel 291. Zirbelstiel 271, 291. Zona fasciculata 510. — glomerulosa 510. — pectinata 643. — pellucida 531. — perforata 643. — radiata 532, 537. — reticularis 511. — tecta 643. Zonula ciliaris (Zinnii) 617. Zooid 53. Zotten 386. Zottenraum, centraler 447. Zunge 416. — Blutgefässe der 423. — Drüsen der 422. — Lymphgefasse der 424. — Musculatur der 421. — Nerven der 424. — Papillen der 416. — Schleimhaut der 416. Zungenbälge 419. Zwillingsinselchen 460. Zwillingspapillen 404. Zwillingstastzellen 319. Zwinge 293. Zwischenschicht 258, 268, 272. Zwischensubstanz des fibrillären Binde gewebes 113. — des Kernes 15. — der Muskelfasern 86. Zwischensubstanzen 3, 101. — Entwicklung der 109. Zwischenvenen 458. Zwischen wirbelbänder 136. Zwischenzellen 515. Satzberichtigungen : Seite 256 Zeile 12 und 23 von oben ist zu lesen strie anstatt striee. r 869 „ 1 von oben ist zu lesen Zungenbälge anstatt Zungenbälgen. 455 , 4 von unten , „ , Wirbelthiere - Säugethiere. COLUMBIA UNIVERSITY 'l'his book is due on the date indicated below, or at the i expirntion of a definite period after the date of boiTowing, as provided by the rules of the Library or by special ar; rangement with the Librarian in Charge. DATE BORROWED DATE DUE DATE BORROWED DATE DUE fl ■ wi ! -m^ ■ w / t C2S(6Sa)M50 / / Toldt Lehrbuch der gewebe T57 1884 lehre. w ^ Vö-ä^ ^hlgu -^'^ J^; ^,J .*«»' »,' H yf >-^A