COLUMBIA UBRARIES OFFSTTE HEALTH SCIENCES STA'. ARD l'IIT' üll'lJilillllir HX00026913 ^v? ; # ^."y^ HSE^S '|?Y*^Ä ' j ä^^' fc %^ ff j^i[ ^, ^ .jjfc y yl^ ' '"m*^ '*^^ 5 • li*' T^ .wJ -•Ite^yy^^ "^ "^^ • :%3ff4 i"" L.^^^'- . i^'*L.^^ %.IkJ* ;;f^r-"-V^ -^ . yk^ '^ ' ■ mO^M^ ^;;v. ■ "t >' ' - ri^t ^ - 'ji^HaBHI "-^■^^ ^■D'^^^ .'^^^5^^^H >-^ 0 ^ i ' ;^ ■■ ., /-.- ^: . '^ Ll^. ^ tL^ä m\ t L-J-*^ >V ■¥'•«• a * • ^ i^ - 1 1 '" " *' |f * • « M /« -# • . " ■ ^■- . ■ '^jiir '-yy^ 'm^m^ \(^_^\'^ ■^ >.-^ H\U| COI.miBlA UN1VER5I DEPARTMENT OF PHYSIÖLOCA' THE JOHN G. CURTIS UBRAR\ j;;n'-' T-^;^w^^ m .sÄii.^ .3dS>\ iSJl., %i.S LEHRBUCH DER PHYSIOLOGISCHEN CHEMIE Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from Columbia University Libraries http://www.archive.org/details/lehrbuchderphysiOOhamm LEHRBUCH DER PHYSIOLOGISCHEN CHEMIE VON OLOF HAMMARSTEN O. Ö. PROFESSOR DER MEDIZINISCHEN UND PHYSIOLOGISCHEN CHEMIE AN DER UNIVERSITÄT UPSALA. NACH DER ZWEITEN SCHWEDISCHEN AUFLAGE ÜBERSETZT UND ETWAS UMGEARBEITET VOM VERFASSER. MIT EINER SPEKTRALTAFEL. WIESBADEN. VERLAG VON J. F. BER^iMANN. 1891. Das Recht der Ueber Setzung bleibt vor behalten. Königl. Universitätsdruckerei von H. Stürtz in Würzbuxg. Vorwort. Nach dem Erscheinen der ersten schwedischen Auflage dieses Lehr- buches wurde ich von mehreren Fachgenossen im Auslande aufgefordert, eine deutsche Uebersetzung derselben zu besorgen, was mir indessen aus mehreren Gründen damals nicht möglich war. Da ich nun nach dem Er- scheinen der zweiten Auflage wiederum von vielen Kollegen eine ähnliche Aufforderung erhielt, wurde es mir sehr schwer, einen solchen Vorschlag noch ein Mal abzulehnen. Ich gab also dem ausgesprochenen Wunsche nach, fand aber nach einiger Zeit, dass es, trotz dem unermüdlichen Be- streben meines Verlegers, nicht möglich war, unter den Fachmännern einen Uebersetzer zu finden. Es blieb mir also nichts Anderes übrig als die Uebersetzung selbst zu machen, und ich darf daher bitten, etwaige Mängel im deutschen Ausdruck und orthographische Inkonsequenzen dem Ausländer freundlichst nachsehen zu wollen. Das vorliegende Buch ist, wie der Fachmann alsbald erkennen wird, kein ausführliches Lehrbuch. Seine Aufgabe war nur die, den Studirenden und Aerzten eine kurzgedrängte, so weit möglich objektiv gehaltene Dar- stellung der Hauptergebnisse der physiologisch-chemischen Forschung wie auch der Hauptzüge der physiologisch-chemi- schen Arbeitsmethoden zu liefern. Wenn ich dabei, trotzdem das Buch als Lehrbuch der physiologischen Chemie bezeichnet wurde, in ihm auch den wichtigeren pathologisch-chemischen Thatsacheu einen Platz eingeräumt habe, so bin ich einer gewöhnlichen, wie es mir scheint zweckmässigen, wenn auch nicht ganz korrekten Praxis gefolgt. Die Anordnung des Stoßes, welche von der in den Lehrbüchern sonst üblichen nicht unwesentUch abweicht, hat ihren Grund in der Art und Weise, wie die physiologische Chemie in Schweden studirt wird. Es sind nämlich hier physiologisch- und pathologisch-chemische Hebungen im Laboratorium für alle Studenten der Medizin obligatorisch; und bei der Anordnung dieser Uebungen habe ich stets mein Augenmerk darauf ge- VI Vorwort. richtet, dass sie nicht als freistehende, rein chemische oder analytisch- chemische Aufgaben aufgefasst werden, sondern stets so weit möglich mit dem Studium der verschiedenen Kapitel der chemischen Physiologie Hand in Hand gehen. Dem Studium der physiologisch-chemischen Prozesse im Thierkörper muss nämlich das Studium der Körperbestandtheile , Säfte und Gewebe vorausgehen; und dieses letztere Studium wird nun seiner- seits, nach meiner Erfahrung, erst dann von wahrem Interesse und wirkt erst dann wirklich anregend, wenn an dasselbe das Studium der physio- logischen Bedeutung dieser Bestandtheile wie auch der chemischen Um- setzungen in den Säften und Geweben auf das Engste sich anschliesst. Um indessen bei dieser Anordnung des Stoffes das Handhaben meines Buches bequemer und angenehmer für solche Leser zu machen, welche von dem analytisch-chemischen Theile desselben keine Kenntniss zu nehmen wünschen, habe ich diesen Theil durch undurchschossene Schrift besonders herausgehoben. Mit Ausnahme der in praktischer Hinsicht besonders wichtigen Harnanalyse, welche etwas ausführlicher behandelt worden ist, habe ich in diesem Theile im Allgemeinen nur die Hauptzüge der Dar- stellungsmethoden und der analytischen Methoden angegeben. Der Lehrer, welcher die Uebungen im Laboratorium leitet und die Aufgaben auswählt, hat nämlich reichlich Gelegenheit den Anfängern die nöthigen weiteren Fingerzeige zu geben, und für die Geübteren und die Fachmänner sind ausführlichere Angaben durch die vortreSlichen Werke von Hoppe-Seyler, Neubauer-Huppert u. A. überflüssig geworden. Upsala im Oktober 1890. Olof Hatiiniarsten, Knpitclübersicht. Seite Erstes Kapitel. Einleituuir 1 Zweites Kajiitel. Die Proteiiistotie H Drittes Kapitel. Die thieiiselie Zelle 34 Viertes Kapitel. Das Blut 45 F üuf t es Kapitel. Chylus, Lyuiphe, Transsndate und Exsudate 97 Seehstes Kapitel. Die Leber 112 Siebeutes Kapitel. Die Verdauung 139 Achtes Kapitel. Gewebe der Biudesubstauzgrupiio I94 Neuntes Kapitel. Die Muskeln 210 Zehntes Kapitel. Gehirn und Nerven 229 Elftes Kapitel. Die Fortpflanzungsorgane 239 Zwölftes Kapitel. Die Milch 251 Dreizehntes Kapitel. Die Haut und ihre Ausscheidungen 2G9 Vierzehntes Kapitel. Der Harn 276 Fünfzehntes Kapitel. Der Stoffwechsel bei verschiedener Nahrung und der Bedarf des Menschen an Nahrungsstoffen 365 Berichtigungen. Seite 28 Zeile 19 von oben lies Rollett » 31 , , 16 , , unten „ „ 58 , , 11 , > )) )! „ 60 , , 14 , , oben „ „ 100 , , 19 , ) (> )) » 116 , , 2 , > ;> )) „ 136 , , 19 , , unten „ „ 165 , , 19 , ) )) >) „ 173 , . 17 , ) j> )) „ 215 , , 16 , > » » einen schwerer leichter Paschutin Titrirung Schichten Hundedarmsaftes Schichten Kreatinin statt ROLLETI. eine, schwer, leicht. PUSCHUTIN. Filtrirung. Schichte. Hundemagensaftes. Schichte. Kreatin. Erstes Kapitel. Einleitung. Aus dem Gesetze von der Ei-haltung der Materie und der Kraft ergiebt sich, dass die lebenden Wesen, die Pflanzen und Thiere, weder eine neue Materie hervorbringen, noch eine neue Kraft erzeugen können. Sie sind nur daraufhin- gewiesen , die schon vorhandene Materie von aussen aufzunehmen und zu ver- arbeiten, die schon gegebenen Kraftforraen in neue umzusetzen. Aus nur wenigen, ihr als Nährstoffe dienenden, verhältnissmässig einfachen Verbindungen, hauptsächlich Kohlensäure und Wasser nebst Ammoniakverbin- dungen oder Nitraten und einigen Mineralstoffen, baut die Pflanze die ungemein mehr zusammengesetzten Bestandtheile ihres Organismus — Eiweisstoffe, Kohle- hydrate , Fette, Harze, organische Säuren u. a. — auf. Die chemische Arbeit innerhalb der Pflanze muss also, wenigstens der Hauptsache nach, eine Synthese sein ; aber es kommen in ihr daneben in grossem Umfange auch Reduktions- prozesse vor. Durch die lebendige Kraft des Sonnenlichtes wird nämlich in den grünen Theilen der Pflanze aus der Kohlensäure und dem Wasser Sauer- stoff" abgespaltet, und dementsprechend sind auch die Hauptbestandtheile der Pflanze ärmer an Sauerstoff" als die Nahrung derselben. Die lebendige Kraft der Sonne, welche diese Spaltung bewirkt, geht doch dabei nicht verloren; sie geht nur in eine andere Kraftform, in die potentielle Energie oder chemische Spannkraft des freien Sauerstoff"es einerseits und der durch Synthese entstandenen sauerstoffärmeren Verbindungen andererseits über. Anders liegen die Verhältnisse bei den Thieren. Für ihr Dasein sind diese entweder direkt, wie die Pflanzenfresser, oder indirekt, wie die Fleisch- fresser, auf die Pflanzenwelt hingewiesen , aus welcher sie die 3 Hauptgruppen organischer Nährsubstanz, Proteinstoffe, Kohlehydrate und Fette aufnehmen. Diese StoflTe, von denen die Protein Substanzen und die Fette die Hauptmasse des Tliier- körpers darstellen , unterliegen nun ihrerseits in dem thierischen Organismus einer Spaltung und Oxydation, welche als wesentlichste Endprodukte gerade die obengenannten sauerstoff"reichen und spannkraftarmen Hauptbestandtheile der Pflanzennahrung, Kohlensäure, Wasser und Ammoniakderivate, liefern. Die chemische Spannkraft, welche theils an den freien Sauerstoff gebunden und Hammarsten, Physiologische Chemie. 1 Cliemische Vorjän-ie in der Pflanze. Chemische V^oigänge im Thier- kürper. Erstes Kapitel. Koin dnrcli- ijreifender Unterschied zwischen Pflanzen und Thiere. Synthesen im Thier- kilrper. theils in den obengenannten, zusammengesetzten chemischen Verbindungen auf- gespeichert ist, wird dabei in lebendige Kraft, in Wärme und mechanische Arbeit, umgesetzt. Während in der Pflanze vorwiegend Reduktionsprozesse und Syn- thesen , welche mit Umwandlung von lebendiger Kraft in potentielle Energie oder chemische Spannkraft verbunden sind, verlaufen, kommen also umgekehrt vorwiegend Spaltungs- und Oxydationsprozesse, welche zu einer Umsetzung von chemischer Spannkraft in lebendige Kraft führen, in dem Thierkcirper vor. Dieser Unterschied zwischen Tbicren und Pflanzen darf jedoch nicht über- schätzt oder so gedeutet werden, als bestände ein scharfer Gegensatz zwischen ihnen. Dies ist nicht der Fall. Es giel)t nicht nur niedere, chlorophyllfreie Pflanzen, welche hinsichtlich der chemischen Prozesse gewissermassen Zwischen- glieder zwischen höheren Pflanzen und Thieren darstellen, sondern es sind über- haupt die zwischen höheren Pflanzen und Thieren bestehenden Unterschiede mehr quantitativer als qualitativer Art. Wie für die Thiere ist auch für die Pflanzen der Sauerstoff" unentbehrlich. Wie das Thier nimmt auch die Pflanze — im Dunkel und durcli ihre niclit chlorophyllführenden Theile — Sauerstoff auf und scheidet Kohlensäure aus, während im Lichte in den grünen Theilen der Oxydationsprozess von dem intensiveren Reduktionsvorgange verdeckt wird. Wie die Thiere setzen auch die Gährung erzeugenden Pilze chemische Spann- kraft in lebendige Kraft, in Wärme, um ; und selbst bei einigen h("»heren Pflanzen — wie bei den Aroideen bei der Fruchtsetzung — ist eine nicht unbedeutende Wärmeentwickelung beobachtet worden. Umgekehrt finden im Thierorganismus neben Oxydationen und Spaltungen auch Reduktiousprozesse und Synthesen statt. Der Gegensatz, welclier anscheinend zwischen Thieren und Pflanzen sich vorfindet, besteht also eigentlich nur darin, dass bei jenen vorwiegend Oxydations- und Spaltungsprozesse, bei diesen dagegen vorwiegend Reduktionsprozesse und Synthesen bisher beobachtet worden sind. Das erste Beispiel synthetischer Prozesse innerhalb des thierischen Organismus lieferte Wöitler im Jahre 1824, indem erzeigte, dass in den Magen eingeführte Benzoesäure nach einer Paarung mit Glycocoll (Amidoessigsäure) als Hippursäure im Harne wieder erscheint. Nach der Entdeckung dieser Syn- these, welche durch die folgende Gleichung ausgedrückt werden kann CßHs . COOH + NH2 . CH2 . COOH = NH(C6H, . CO) . CH^ . COOH + H,0 Benzoesäure Glycocoll Hippursäure und welche gewöhnlich als Typus einer ganzen Reihe von anderen, mit Wasser- austritt verbundenen, im Thierkörper verlaufenden Synthesen betrachtet wird, ist die Zahl der bekannten Synthesen im Thierreiche bedeutend vermehrt worden. Viele dieser Synthesen hat man auch ausserhalb des Organismus künstlich durchgeführt und wir werden in dem Folgenden wiederholt thierische Synthesen kennen lernen, über deren Verlauf wir völlig im Klaren sind. Ausser diesen, näher studirten Synthesen konnnen doch im Thierkihper auch andere solche vor, welche unzweifelhaft von der allergrössten Bedeutung für das Thierleben Thierische Oxydationen. sind, über deren Art wir al)cr nichts Sicheres wissen oder höchstens Verniuth- ungen hegen können. Zu diesen Synthesen sind beispielsweise zu zählen: die Neubildung des rothen Blutfarbstoffes (des Hämoglobins), die Entstehung der verschiedenen Eiweisstoffe aus dem Pci)ton, die Fettbildung aus Kohlehydraten u. a. Die chemischen Prozesse im Thicrkörper sind oben vorwiegend als Oxy- dations- und Spaltungsprozesse bezeichnet worden. Nun ist der Sauerstoff der eingcathmeten Luft wie auch derjenige des Blutes sogenannter neutraler, mole- kularer Sauerstoff und die alte Annahme, dass in dem Organismus Ozon vor- handen sei, hat man als aus mehreren Gründen unhaltbar fallen lassen. Von dem neutralen Sauerstoffe können nun überhaupt nur wenige Stoffe — unter den von aussen aufgenommenen z. B. aldehydartige Körper und gewisse Alkohole, wie Benzylalkohol (Sciimiedeberg) — innerhalb des thierischen Organismus oxydirt wei'den, während dagegen Eiweiss und Fett, welche die Hauptmasse der organischen Bestandtheile des Tliierkörpers ausmachen , dem neutralen Sauer- stoffe gegenüber fast indifferent sich verhalten. Es fragt sich also, wie denn eine Oxydation dieser und anderer Stoffe im Thierkörper überhaupt mciglich sei. Früher war man allgemein der Ansicht, dass die thierischen Oxy- dationen vorwiegend in den thierischen Säften verlaufen, während man heut- zutage der IMeinung ist, dass sie an die Formelemente und Gewebe gebunden sind. Wie aber diese Oxydationen in den Formelementen verlaufen vmd durch welche Mittel sie zu Stande kommen, darüber weiss man nichts Sicheres. In Uebereinstimmung mit der Ansicht von Pflüger und Anderen wird oft angenommen, dass das Eiweiss ausserhalb des Organismus wie auch das im Blute und in den Säften cirkulirende Eiweiss, demjenigen gegenüber, welches durch die Arbeit der lebenden Zelle in lebendiges Protoplasma, in „lebendiges Eiweiss" übergeführt worden, als „todtes Eiweiss" zu betrachten sei. Man hat ferner die Annahme gemacht, dass dieses lebendige Protoplasmaeiweiss , dem „todten" gegenüber, durch eine grössere Bew^eglichkeit der Atome innerhalb des Moleküles und somit durch eine grössere Neigung zu intramolekularer Umlage- rung der Atome charakterisirt sein soll. Die Ursache dieser grösseren inneren Beweglichkeit hat Pflüger in dem Vorhandensein von Cyan, Loew dagegen in dem Vorhandensein von Aldehydgruppen im Eiweissmoleküle gesucht. In dieser Verschiedenheit zwischen Eiweiss in gewöhnlichem Sinne und lebendigem Protoplasmaeiweiss sieht Pflüger eine Ursache der thierischen Oxy- dationsprozesse, welche mit der Oxydation des Phosphors in sauerstoffhaltiger Luft gewisse Aehnlichkeit zeigen. Bei dem letztgenannten Prozesse wird nicht nur der Phosphor selbst oxydirt, sondern er kann auch, indem er Sauer- stoffmoleküle spaltet und Sauerstoffatome (aktiven Sauerstoff) in Freiheit setzt, eine indirekte oder sekundäre Oxydation von anderen, gleichzeitig vor- handenen Stoffen bewirken. In analoger Weise würde auch das lebendige Proto- plasmaeiweiss, welches nicht Avie das todte Eiweiss dem neutralen Sauerstoffe gegenüber indifferent sich verhalten soll, Sauerstoffmoleküle zerlegen können, wodurch es einerseits selbst oxydirt werden und andererseits durch die freige- 1* Oxydation durch neu- traleil Sauerstoff. Die Oxy- dationen verlaufen in den Fomi- elemonton. Lebendiges ond todtes Eiweiss. Oxydation durch lebendiges Eiweiss. Erstes Kapitel. Dio Knt- stoliiiiii; reiluoiremlor wordenen Sauerstoffatorae eine sekundäre Oxydation von anderen, schwer oxy- dablen 8ul)stanzen erraogliclien könnte. Einer anderen, sehr verbreiteten Ansicht gemäss soll eine Aktivirung des Sauerstoffes in der Weise zu »Stande kommen können, dass bei den Zersetzungs- vorgängen in den Geweben reduzirende tSul>stanzen entstehen , welche die neu- tralen Sauerstoffmoleküle spalten, mit dem einen Sauerstoffatom sich verbinden und das andere in Freiheit setzen. Die Entstehung von reduzirenden Substanzen bei Gährungs- und Fäulniss- vorgängen ist allgemein bekannt. Ein Beispiel dieser Art liefert die Butter- säuregährung des Zuckers, bei Avelcher Wasserstoff frei wird : CjjHj^Og ^rC^H^Oa -f- 2CO2 -\- 2(H2). Ein anderes Beispiel ist das Auftreten von Nitraten in Folge einer Oxydation des Stickstoffes bei der Fäulnis«, welcher Vorgang gewöhnlich durch die Annahme erklärt wird, dass bei der Fäulniss reduzirende, leicht oxy- dal)le Stoffe entstehen, welche Sauerstoffmoleküle sjialten unter Freiwerden von Sauerstoffatomen, die dann an den Stickstoff sich anlagern. Wie diese niedrigen, ^boi^^s^^iu" f^'äln-ung und Fäulniss bewirkenden Organismen sollen nun, wie man annimmt, tungeii. {^uch die Zellen der thierischen Gewe])e und Organe solcher Spaltungsprozesse, bei welchen leicht oxydable Substanzen, vielleicht aucli Wasserstoff in Statu nascendi (Hop]']>Seyi.er), entstehen, fähig sein. Die Beobachtung Ehp.liciis, dass gewisse blaue Farl)stoffe, Alizarinl)lau und Indophenolblau, von den Ge- weben des lebenden Thieres entfär1)t uiid bei Luftzutritt wieder blau werden, scheint auch in der That einen Beweis für das Vorkommen von leicht oxy- dablen Verbindungen in den Geweben zu liefern. Einen weiteren Beweis hier- für liefert die Beobachtung von C. LuDW^G und Alex. Schmidt, dass in dem Blute erstickter Thiere — also bei Mangel an Sauerstoff — eine Anhäufung von reduzirenden, leicht oxydablen Substanzen stattfindet. In Uebereinstimmung mit dem nun Gesagten können nun , wie man an- nimmt, die Oxydationen im Thierkörper in der Weise zu Stande kommen, dass dem Protoplasma eigenthümliche , noch unbekannte, der Wärme aber ähnlich wirkende Kräfte die intramolekulare Bewegung der Atome derart steigern sollen, dass es zu einer Lockerung oder Spaltung der Moleküle kommt, durch welche die Aufnahme des Sauerstoffes möglich wird („primäre Oxydation", Nasse). Die hierbei entstandenen neuen Produkte können nun vielleicht zum Theil mit Primiiro, dem neutralen Sauerstoffe direkt sich verbinden („direkte Oxydation", seknmiiiro Nasse) und im Körper allmählich verbrannt werden , theils müssen sie aber vielleicht erst weiteren Spaltungen niit darauffolgenden Oxydationen anlieim- fallen, bis nach wiederholter Spaltung und Oxydation die letzten Endprodukte ic Zor- J ' sotzunK go- setzuug zu den Endprodukten des Stotfwechsels führen, lehrt uns das Vorkommen von zahlreichen intermediären Zersetzungsprodukten im Thierkörper. Ein lehrreiches Beispiel einer solchen, stufenweise verlaufenden Zersetzung einer Substanz ausserhalb des Organismus hat DüECirsEL in seinen Untersuch- ungen über die Elektrolyse des Phenols mit Wechselströmen geliefert. Bei Ver- suchen mit elektrischen Wechselströmen tritt natürlich in der wässerigen Lösung einer Substanz an jeder Elektrode in schneller Folge abwechselnd Sauerstoff und Wasserstoff auf. Es müssen deshalb auch schnell abwechselnd Oxydationen und Reduktionen stattfinden, und es können hierdurch sowohl Synthesen wie Spaltungen mit Oxydation bewirkt werden. Wird Phenol in wässeriger Lösung mit solchen Wechselströmen behandelt, so entsteht durch das Zusammenwirken von Reduktions- und Oxydationsi>rozcssen, d. h. durch Anlagerung von Wasserstoffatomen mit gleichzeitiger Lösung aller doppelten Bindungen des Benzolkernes und darauffolgende Oxydation mit Weg- nahme von Wasserstoffatomen ein neuer Körper, das Hydrophenoketon, von der ■TT p / \ r^f) Zusammensetzung CgH^oO oder ^^J \^-^ . Aus dem Hydrophenoketon 2 \y' 2 entsteht dann durch Aufnahme von O -|- 2H unter Sprengung des Benzolringes ein Körper der Fettreihe, nämlich die Normalkapronsäure, CgHjaO^ oder CH, ^^r\ PTT^^- ^^^^ ^^e^' Kapronsäure entsteht nun weiter durch Elektrolyse, |I.^5'heiok CHa unter Austritt von Kohlenstoff als Kohlensäure und von Wasserstoff als Wasser, eine Reihe von Säuren mit abjiehmendem Kohlenstotlgchalte; und in dieser Weise können also durch geeignete Kombination von Reduktionen und Oxy- dationen aus einem Körper der aromatischen Reihe erst ein Körper der Fett- 6 Erstes Kapitel. Drechseis Ansicht. Traubes Ansicht. reihe und daun immer kolilenstoff'iirmere Substanzen bis zu den Endprodukten des tliierischen Stoffwechsels entstehen. Dass in dem Organismus Reduktiousprozesse vorkommen, ist schon oben hervorgehoben, und wir werden in dem Folgenden auch besondere Bei- spiele von solchen kennen lernen. Da es nun ferner Drechsel gelungen ist, dieselben Elektrosynthesen (von Harnstoff und Phenolätherschwefelsäure), die er mit Wechselströmen durchgeführt hat, auch mit gleichgerichteten Strömen durch- zuführen, und da das Vorkommen von galvanischen Strömen im Organismus mit Sicherheit nachgewiesen woideu ist, will Drechsel in der raschen Auf- einanderfolge von Reduktionen und Oxydationen den Weg sehen, auf welchem nicht nur die Synthesen, sondern auch die Verbrennungen der Nahrungs- und Gewebsbestandtheile im Thierkörper erfolgen. Einen anderen Versuch zur Erklärung der thierischen Oxydationen hat M. Traube gemacht. Gegen die Ansicht, dass eine Aktivirung des Sauerstoffes durch reduzirende Substanzen geschehe, hat Traube schwerwiegende Einwände erhoben und er scheint der Ansicht zu sein, dass innerhalb des Organismus sogenannte Sauerstoff Überträger, d. h. Stoffe, welche in analoger Weise wie das Stickoxyd bei der Schwefelsäurefabrikatiou die Oxydation durch Aufnahme von Sauerstoff und Abgabe desselben an andere, von neutralem Sauerstoffe nicht direkt oxydableu Substanzen vermitteln, sich vorfinden. Solche Stoffe sind jedoch bis jetzt noch nicht im thierischen Organismus sicher nachgewiesen worden. In der von dem spannkraftreichen Sauerstoffe vermittelten Oxydation ist eine wesentliche Quelle der im Organismus entwickelten lebendigen Kraft zu suchen ; aber auch bei Spaltungsprozessen, wenn bei ihnen zusammen- gesetztere chemische Verbindungen in einfachere zerfallen, wenn die Atome also von einem mehr labilen in einen stabileren Gleichgewichtszustand übergehen und stärkere chemische Affinitäten gesättigt werden, muss chemische Spannkraft in lebendige Kraft sich umsetzen. Das allbekannteste Beispiel eines solchen, freilich nicht innerhalb des Thierorganismus sich abspielenden Spaltungsprozesses ist die gewöhnliche Alkoholgährung von Zucker: CgH^g^ü ^= ^COg + 2C2HeO, bei welchem Vorgange Wärme frei wird. In Spaltungsvorgängen, welche nicht an die Gegenwart von freiem Sauerstoffe gebunden sind, kann der Thierkörper also auch eine Quelle zur Kraftentwickelung besitzen. Ein Beispiel dieser Art scheinen die Vorgänge im arbeitenden Muskel zu liefern. Ein ausgeschnittener Muskel, welcher beim Auspumpen an das Vacuum keinen Sauerstoff abgiebt, kann nämlich, wie Hermann gezeigt hat, wenigstens eine Zeit lang in einer sauerstoffreien Atmosphäre arbeiten und dabei Kohlensäure abgeben. Ist ein Spaltungsvorgang mit einer Zersetzung von Wasser und einer Auf- nahme von dessen Bestandtheilen verbunden, nennt man ihn eine hydrolytische Spaltung. Derartige Spaltungen, welche im Thierkörper eine äusserst wichtige Rolle spielen und welchen wir besonders bei dem Studium der Verdauung be- gegnen werden, sind beispielsweise die Umsetzung der Stärke in Zucker und die Spaltung eines Neutralfettes in die entsprechende Fettsäure und Glycerin: Fermente und Enzyme. - Tiistcariii Glycerin Stearinsäure Die im Thierkörper vorhiufeiideii hydrolytischoii 8i)Jiltuiig.svor,0 — 17,0 „ S . . . . 0,8 — 2,2 „ V .... 0,42— 0,85 „ () .... 21,50— 23,50 „ Von dem Stickstoffe des Eiweissmoleküles ist ein Theil locker gebunden und spaltet sich bei Alkalieinwirkung leicht als Annnoiiiak ab (Nas.sk). Ein ähnliches Verhalten zeigt in fast allen Eiweisskürpern der Schwefel (Flkitmann, Danilewsky, Krüger). Ein Theil des Schwefels scheidet sich nämlich beim Sieden mit Kali- oder Natronlauge als Schwefelalkali al) und kann mit Blei- acetat nachgewiesen werden. Der Rest lässt sich dagegen nur nach dem Schmelzen mit Salpeter und Alkali als Sulfat nachweisen. Das Eiweissmolekül enthält stiokst..n ■^ u Uli Schwefel also mehrere, mindestens 2, Atome Schwefel. Das Molekulargewicht des Ei- imKiweiss- ° inoloküle. weisses hat man noch nicht bestimmen können und ebenso wenig ist es mög- lich, eine Formel für das Eiweiss anzugeben. Für das Alkaliall)uininat, bei dessen Entstehung aus nativem Eiweiss jedoch der locker gebundene Schwefel und ein Theil des Stickstoffes sich abspaltet, hat Lteberkühn die Formel <^72Hn 2^1 80^22 angegeben. Die Konstitution der Eiweisstoffe ist trotz zahlreicher Untersuchungen noch unbekannt. Beim Erhitzen von Eiweiss mit Barythydrat und AVasser in ge- schlossenen Gefässen auf 150 — 200*^0. während mehrerer Tage erhielt Schützen- berger eine Menge von Produkten, darunter Ammoniak, Kohlensäure, Oxal- säure, Essigsäure und — als Hauptprodukt — ein Gemenge von Amidosäuren. Dieses Gemenge enthielt, ausser ein wenig Tyrosin und einigen anderen Stoffen, hauptsächlich Säuren von den Reihen CnH2n4-iN02 (Leucine) und CnH2n-_iN()2 (Leuceine). Der Schwefel des Eiweisses lieferte Sulfit. Die drei Stoffe, Kohlen- säure, Oxalsäure und Ammoniak entstehen in denselben relativen Mengenvei'- hältnissen wie bei der Zersetzung von Harnstoff und Oxamid, weshalb man auch ^' "jpg^^""" nach Schützenberger das Eiweiss vielleicht als ein sehr komplexes üreid oder Oxamid betrachten könnte. Ein solcher Schluss lässt sich indessen aus mehreren '•'•■*'• Gründen aus dem obigen Zersetzungsvorgange nicht ziehen, und die Versuche, Harnstoff aus dem Eiweiss durch Spaltung (mittelst Trypsin) oder durch Oxy- dation direkt darzustellen, sind negativ ausgefallen oder haben jedenfalls nicht zu sicheren, positiven Resultaten geführt. Beim Schmelzen von Eiweiss mit Aetzkali entweichen Ammoniak und andere flüchtige Produkte und es entstehen unter anderem : Leucin, aus welchem dann flüchtige Fettsäuren, wie Essigsäure, Valeriansäure und auch Buttersäure hervorgehen, ferner Tyrosin, aus welchem später Phenol gebildet wird, Indol und Skatol. Der Hauptsache nach dieselben Produkte entstehen auch bei der Fäulniss (vergl. Kapitel 7). Beim Sieden mit Mineralsäuren (noch besser l)eim weisses mit Barvtliv- 14 Zweites Kapitel. Zersetzunprs- proclukte des Eiweissos. Entstoh- iingsweiso der Eiweisstoffo. Zersetzungs- produktedes Eiweissos. Oxyprot- sulfonsäure. Sieden mit Salzsäure und Zinnchlorur nach Hlasiwetz & Habermann) liefert das Eiweiss Amidosäuren, wie Leucin, Asparaginsäure, Glutaminsäure und Tyrosin (aus vegetabilischem Eiweiss erhielten Schulze & Barbiert a-Phenylaraido- propionsäure), ferner Schwefelwasserstoff, Ammoniak und stickstofflialtige Basen (Drechsel). Als einen wesentlichen Unterschied zwischen der Wirkung von Säuren und von Alkalien (Barythydrat) hebt Drechsel hervor, dass bei der Zersetzung durch Säurewirkung Kohlensäure, Oxalsäure und Essigsäure nicht auftreten. Bei der Fäulniss des Eiweisses wie auch bei der Zersetzung desselben mit Säuren oder Alkalien (und gewissen Enzymen) entstehen also unter anderen Produkten Amidosäuren, was mit Rücksicht auf die wahrscheinliche Eutstehungs- weise des Eiweisses von einer gewissen Bedeutung ist. Mau betrachtet es näm- lich als sehr wahrscheinlich, dass bei der Eiweissynthese in der Pflanze aus dem Ammoniak oder der Salpet rsäure des Bodens in erster Hand Amidosäuren oder Säureamide — unter denen vor Allem das As^iaragin eine wichtige Rolle spielen soll — entstehen, aus denen dann unter Einwirkung von Glycose oder anderen stickstoffreien Verbindungen die Eiweisskörper hervorgehen sollen. Bei Oxydation von Eiweiss in saurei" Flüssigkeit hat man flüchtige fette Säuren, deren Aldehyde, Nitrile und Ketone, ferner Cyanwasserstoff (liei Oxydation mittelst Chromat und Säure) Benzoesäure u. a. erhalten. Salpetersäure giebt verschiedene Nitroi^i'odukte : VAN DEE Pakts Xanthoprote'insäure, Loews Trinitroallnimin oder Oxyuitroalhumiu, Nitrobenzoe- säure u. a. Mit Königswasser erhält man Fumarsäure, Oxalsäure, Chlorazol u. a. Durch Einwirkung von Brom unter starkem Druck hat man eine Menge von Derivaten wie: Bronumil und Tribromessigsäure, Bromoform, Lcucin, Leucinimid, Oxalsäure, Tribromamido- beuzocsäure, Peptone und humusähnliche Stoffe erhalten. Bei trockener Destillation liefert das Eiweiss eiue Menge Zersetzungsprodukte von widrigem, brenzlichem Geruch luid hinterlässt eine poröse, glänzende, stickstoff'haltige Kohle. Die Destillalionsprodukte sind theils eiue alkalisch reagirende Flüssigkeit von brenz- lichem Geruch, welche Ammoniumkarljonat und Acctat, Ammoniumsulfid, Gyanammonium, breuzliche Oele u. a. eutliidt, und tlicils ein aus Koldenwasserstoffen, stickstoft'haltigen Basen der Anilin - und Pyridinreilum und einer Menge von unbekaunteu Stoffen bestehendes, braunes Oel. Es kann nicht hier auf sämmtlichc, bei der Behandlung des Eiweisses mit verschiedenen Reagentien entstehenden Produkte eingegangen werden; aus dem schon Mitgetheilten ergiebt sich jedoch, dass die bei der Eiweisszersetzung entstehenden Stoffe theils der Fettreihe und theils der aromatischen Reihe an- gehören. Wenn es auch noch nicht gelungen ist, die Konstitution des Eiweisses zu ermitteln, scheint doch aus den jbisher gefundenen Thatsachen hervorzugehen, dass in dem Eiwcissraoleküle ausser zu der Fettreihe gehörenden Atorakomplexen mindestens eine aromatische Atomgruppe enthalten sein muss. Durch Oxydation von Eiweiss mit Kaliumpermanganat hat Maly eine Säure, die Oxyprotsulfonsäure, C 51,21; H 0,89; N 14,59; S 1,77; O 25,54, erhalten, welche kein Spaltungs-, sondern ein Oxydationsprodukt ist, in welchem die Gruppe SH in SO2 . OH übergegangen ist. Diese Säure giebt niclit die, durch Gegenwart von aromatischen Mouohydroxyl- derivaten bedingte Farbenreaktion mit dem MiLLON'schen Reageuse (vergl. unten) und sie liefert nicht bei dieser Zersetzung die gewöhnlichen aromatischen Spaltungsprodukte des Ei- weisses. Trotzdem fehlt ihr nicht die aromatische Gruppe, aber diese scheint in ihr in einer anderen Bindung als in gewöhnlichem Eiweiss enthalten zu sein. Bei der Oxydation mit Chromat und Säure tritt diese Gruppe als Benzoesäure und beim Schmelzen mit Alkali als Benzol aus. Eiweisskörper. 15 scliaften der Eiweisstoffe. Die thierischen Eiweisstoffe sind geruch- und geschmacklos, gewöhnlich aqiorph. Die in den Eiern einiger Fische und Amphibien vorkommenden Kiystalloide ( D o 1 1 e r p 1 ä 1 1 c h e n ) besteh(Mi nicht aus reinem , sondern aus stark lecithinhaltigem Eiweiss, wie es scheint an Mineralstoffe gebunden. Aus mehreren Pflanzensamen sind krystallisirende Verbindungen von Eiweiss mit Mineralstofl*en dargestellt worden und auch die Darstellung von krystallisirtom thierischem Eiweiss (in Verl)indung mit Salzen ?) ist in der letzten Zeit gelungen (Hofjieister). In trockenem Zustande stellen die Eiweisstoffe ein weisses Pulver oder gelbliche, harte, in dünneren Schichten durchsichtige Lamellen dar. Einige Eiweisslofte lösen sich in Wasser, andere dagegen nur in salzhaltigen oder schwach alkalischen , bezw. sauren Flüssigkeiten , während andere wiederum Aii^omeine auch in solchen unlöslich sind. Alle Eiweisstoffe hinterlassen bei ihrer Ver- brennung etwas Asche, und es ist deshalb auch fraglich, ob es überhaupt irgend einen in Wasser ohne Beihilfe von Mineralstoffen löslichen Eiweisskörper gebe. Jedenfalls ist es noch nicht ganz sicher gelungen, einen nativen Eiweisskörjier ohne Aenderung seiner Zusammensetzung oder Eigenschaften ganz frei von ]\Iineralstoffen zu erhalten. Die EiAveisstoffe sind in den allermeisten Fällen von ausgeprägter kolloider Natur. Sie diffundiren im Allgemeinen nicht oder nur sehr wenig durch eine thierische Membran oder Pergamentpapier und das Eiweiss hat also im Allgemeinen ein sehr hohes osmotisches Aequivalent. Alle Eiweisstoffe sind optisch aktiv und drehen die Ebene des polarisirten Lichtes nach links. Beim Erhitzen einer Eiweisslösung wird das Eiweiss bei einer für ver- schiedene Eiweisstoffe verschiedenen Temperatur verändert, und bei passender Reaktion und im übrigen günstigen äusseren Bedingungen, wie z. B. bei Gegen- wart von Neutral salzen, können die meisten Eiweisskörper dabei in fester Form als geronnenes oder „koagulirtes" Eiweiss sich ausscheiden. Die für verschiedene Eiweisskörper verschiedenen Temperaturen, bei welchen in neutraler, salzhaltiger Lösung die Gerinnung erfolgt, bieten in mehreren Fällen ein gutes Mittel zum Nachweise und zur Trennung von verschiedenen Eiweisstoffen dar. Von allgemeinen Eiweissreaktionen giebt es eine grosse Anzahl. Hier können nur die Wichtigsten angeführt werden. Um die Uebersicht derselben zu erleichtern, werden sie hier auf folgende 2 Gruppen vertheilt. Vorhalten einer Ei- weisslösung beim Er- hitzen. A. Fällung-sreaktioiien der Eiweisskörper. 1. Die Koagulationsprohe. Eine alkalische Eiweisslösung gerinnt beim Sieden nicht, eine neutrale nur theilweise und unvollständig und die Reaktion muss deshalb etwas sauer sein. Man erhitzt die neutralisirte Flüssigkeit zum Sieden und setzt erst nach dem Aufkochen vorsichtig die passende Menge Säure zu. Es entsteht dabei ein flockiger Niederschlag und das von ihm getrennte Filtrat ist bei richtiger Arbeit wasserklar. Verwendet man zu der Probe verdünnte Essigsäure , so kann man zu der siedend heissen Lösung, 16 Zweites Kapitel. je nach dem Eiweissgehalte , 1,2 bis 3 Tropfen, Avenn vor dem Zusätze jeden neuen Tropfens zum Sieden erhitzt wird, zusetzen. Verwendet man da- gegen verdünnte Salpetersäure, so müssen auf die obengenannte Menge Flüssig- keit (10 — 15 Cc), ebenfalls erst nach vorausgegangenem Aufkochen, 15 — 20 Tropfen Säure zugesetzt werden. Setzt man nur Avenige Tropfen Salpetersäure zu, so entsteht eine lösliche Verbindung von Säure und Eiweiss, welche erst von mehr Säure gefällt wird. Einer salzarmen Eiweisslösung soll man ei'st etwa 1 **/o NaCl zusetzen, weil die Kochprobe sonst, besonders bei Anwendung von Essigsäure und Gegenwart von nvir Avenig Eiweiss, leicht missglückt. 2. Ver- halten zu Mineralsäuren hei Zimmertemperatur. Das Eiweiss wird von den 3 gewöhnlichen Mineralsäuren und von Metaphosphorsäure , nicht aber von Orthophosphorsäure, gefällt. Wird Salpetersäure in einem Reagensgläschen \'or- sichtig mit einer Eiweisslösung überschüttet, so tritt an die Berührungsstelle beider Flüssigkeiten ein weisser, undurchsichtiger Ring von gefälltem Eiweiss Fiiiiunss- auf (Hellers Eiweissprobe). 3. Fällbarkeit durch Metallsalz-e, Avie Kupfersulfat, re:iktioneii der Kiweiss- neutrales und basisches Bleiacctat (in nicht zu grosser Menge), Quecksilber- ki'irpoi". chlorid u. a. Hierauf gründet sich die AuAvendung des Eiweisses als Gegengift bei Vergif tunken mit Metallsalzen. 4. Füllbarkeit durch Ferro- oder Ferri- cynnkalium in essigsaurer Flüssigkeit, Avobei jedoch die relative Menge des Rea- genses, des Eiweisses und der Säure nicht umvesentlich auf die Empfindlichkeit einwirkt. 5. Füllbarkeit durch Neutralsalze, wie Na2S04 oder NaCl, bis zur Sättigung in die mit Essigsäure oder etwas Salzsäure angesäuerte Flüssigkeit eingetragen. 6. Fällbarkeit durch Alkohol. Die Lösung darf nicht alkalisch reaciren, sondern muss neutral oder sehr schAvach sauer sein. Sie muss ausser- dem eine genügende Menge Neutralsalz enthalten. 7. Fällbarkeit durch Gerb- säure in essigsaurer Flüssigkeit, Bei Abwesenheit von Neutralsalz oder bei GegenAvart von freier Mineralsäure kann die Fällung ausbleiben. Nach Zusatz von einer genügenden Menge Natriumacetat kommt in beiden Fällen der Nieder- schlag zum Vorschein. 8. Fällbarkeit durch Phosphorwolfram- oder Phosphor- molybdänsäure bei Gegenwart von freier Mineralsäure. Kaliumquecksilber Jodid und Kaliumwismuthjodid fällen ebenfalls eine mit Salzsäure angesäuerte Ei- Aveisslösung. 9. Fällbarkeit durch Pikrinsäure nach Ansäuern mit einer organi- schen Säure. 15. Färbuii^sreaklioiien «ler EiAveisskörper. 1. Die MiLLON'.sc/ie Reaktion^). Eine Lösung von Mercurinitrat in Sal- petersäure, Avelche etwas salpetrige Säure enthält, giebt in Eiweisslösungen einen Niederschlag, Avelcher bei Zimmertemperatur langsamer, beim Kochen dagegen rasch roth gefärbt wird und auch der Flüssigkeit eine stärkere oder schAvächere ') Das Reagens erhält man auf folgende Weise: Man liist 1 Theil Quecksilber in 2 Theilen Salpetersäure von 1,42 spez. (iewieht zunächst in der Kälte, dann unter Erwärmen. Nach vollständiger Lösung des Qnecksil))ers fügt man zu 1 Vol. der Lösung 2 Vol. Wasser, lässt einige Stunden stehen und giessl die Flüssigkeit vom Bodensatze ab. Fiirbungsreaktionen der Eiweisskörper. 17 rotlie Farbe geben kann. Auch feste Eiweisskörper werden von dem Reagense in derselben Weise gefärbt. Diese Reaktion, welche durch die Gegenwart der aromatischen Gruppe in dem Eiweiss bedingt ist, geben auch das Tyrosin und andere Benzolderivate mit einer Hydroxylgruppe in dem Beuzolkerne. 2. Die Xanthoproleinmurereaktion. ^Nlit starker Salpetersäure geben die Eiweisskörper in der Siedehitze gelbe Flöckchen oder eine gelbe Lösung. Nach ITebersättigen mit Ammoniak oder Alkalien wird die Farbe orangegelb. 3. Die Reaklion ^^^^^^H'^ von Adamklewicz. Setzt man einem Gemenge von 1 Vol. konzentrirter Schwefel- *^®^^?pg®'®*' säure und 2 Vol. Eisessig ein wenig Eiweiss zu, so wird die Flüssigkeit, lang- samer bei Zimmertemperatur und rascher beim Erwärmen, schön rothviolett. Der Leim giebt, zum Unterschiede vom Eiweiss, diese Reaktion nicht. 4. Die Biuret- probe. Setzt man einer Eiweisslösung erst Kali- oder Natronlauge und dann tropfenweise eine verdünnte Kupfersulfatlösung zu, so nimmt sie eine erst röth- liche, dann rothviolette und zuletzt violettblaue Farbe an. o. Von konzentrirter Salzsäure kann das Eiweiss beim Erhitzen mit violetter oder, wenn das Ei- weiss erst mit Avarmem Alkohol ausgekocht und mit Aether gewaschen worden (LiEBERMA>':s), mit einer schön blauen Farbe gelöst werden. 6. ^lit konzentrirter Schwefelsäure und Zucker (in geringer Menge) können die Eiweisstoffe eine schön rothe Farbe geben. Die Farbenreaktionen sind allen Eiweisskörpern ge- meinsam. Einem und demselben Eiweissreagense gegenüber können verschiedene Ei- weisskörper eine etwas verschiedene Empfindlichkeit zeigen, und es ist aus diesem Grunde nicht möglich, für jede einzelne Reaktion eine für alle Eiweisskörper zutreöende Empfindlichkeitsgrenze anzugeben. Unter den Fällungsreaktionen ^"^eft^der*^ nimmt (wenn man von den Peptonen und einigen Albumosen absieht) die i.^'ktfönen HELLEE"sche Probe wegen ihrer Empfindlichkeit, wenn sie auch nicht die empfind- lichste Reaktion ist, und der leichten Ausführimg wegen einen hervorragenden Platz ein. Unter den Fällungsreaktionen dürften sonst die Fällung mit basischem Blei- acetat (bei sehr vorsichtiger und korrekter Aj'beit) wie auch die Reaktionen 6, 7, 8 und 9 die empfindlichsten sein. Die Farbenreaktionen 1 — 4 zeigen eine mit der Reihenfolge , in welcher sie angeführt worden , abnehmende Empfind- lichkeit. Keine Eiweissreaktion ist an und für sich charakteristisch, und bei der Untersuchung auf Eiweiss darf man deshalb auch nicht mit einer einzigen Reaktion sich begnügen. Es müssen vielmehr stets mehrere Fällungs- und Färbungsreaktionen in Anwendung kommen. Ziu" quantitativen Bestimmung der gerinnbaren Eiweisstoffe kann man mit Qaantiiative Vortheil der Kochprobe mit Essigsäure sich bedienen, welche Probe bei sorg- des ° fältiger Arbeit sehr genaue Resultate liefert. Man kann auch zu demselben Eiweisses. Zwecke die Ausfällung mit Alkohol anwenden, wobei die Flüssigkeit erst genau neutralisirt und dann mit so viel Alkohol versetzt wird, dass der Gehalt der Flüssigkeit an wasserfreiem xllkohol 70 — 80 Vol. "^.o beträgt. In beiden Fällen können in den Filtraten sehr kleine Eiweissmengen zurückbleiben. Diese letzteren können in der Weise bestimmt werden, dass man die Filtrate genügend konzentrirt (wobei der Alkohol vollständig verdrmstet werden muss), etwa ausge- Hammarsten, Physiologische Chemie. ^ 18 Zweites Kapitel. Abschoidung des Ei- schiedenes Fett durch vorsichtiges Schüttehi mit Aether entfernt, wenn nöthig mit etwas NaCl versetzt und mit Gerbsäure fällt. Von dem mit kaltem Wasser gewaschenen und dann getrockneten Gerbsäureniederschlage können rund 63 *^/o als Eiweiss berechnet werden. Zur quantitativen Bestimmung hat man auch die Ausfällung mit Kupfersulfat und zur quantitativen, colorimetrischen Bestimmung von Peptonen und Albumosen die Biuretprobe benutzt. Die Methode, das Eiweiss mit dem Polaristrobometer quantitativ zu bestimmen, ist nicht für alle Fälle brauchbar und liefert nicht hinreichend genaue Resultate. Zur Abscheidung des Eiweisses aus einer Flüssigkeit kann man in den weisses aus nieisten Fällen die Kochprobe mit Essigsäure verwenden. Kleine, in Lösung sigkeit. zurückbleibende Reste von Eiweiss können durch Sieden mit eben gefälltem Bleikarbonat (Hofmeister) oder mit Ferriacetat (Hoppe - Seyler) , wie im Kapitel 1 4 (über den Harn) unten angegeben wird, entfernt werden. Muss das Kochen einer Flüssigkeit vermieden werden, so kann man bisweilen das Eiweiss mit Neutralsalz und Säure, in anderen Fällen wiederum durch sehr vorsichtigen Zusatz von Bleiessig oder durch Zusatz von Alkohol, ausfällen. Enthält die Flüssigkeit Stoffe, welche, wie das Glycogen, von Alkohol gefällt werden, so ent- fernt man das Eiweiss durch abwechselnden Zusatz von Kaliumquecksilberjodid und Salzsäure (Brücke). Uebersicht der wichtigsten Eigenschaften der versclüedenen Hauptgrnppen von Eiweisstoffen. Albumine. Diese Eiweisstoffe sind in Wasser löslich und werden durch Zusatz von ein wenig Säure oder Alkali nicht gefällt. Von grösseren Mengen Mineralsäure wie auch von Metallsalzen werden sie dagegen niedergeschlagen. Die Lösung in Wasser gerinnt beim Sieden bei Gegenwart von Neutralsalzen, während eine möglichst salzarme Lösung dagegen beim Sieden nicht gerinnt. Trägt man in die neutrale Lösung in Wasser NaCl oder MgS04 bis zur Sätti- schlften'der gung bei Zimmertemperatur oder bei H- 30° C. hinein, so entsteht kein Nieder- Abumine. j^^j^jj^g . gg^^t man dagegen der mit Salz gesättigten Lösung Essigsäure zu, so scheidet sich das Eiweiss aus. Von Ammouiumsulfat in Substanz bis zur Sättigung wird eine Albumiulösung bei Zimmertemperatur vollständig gefällt. Die Albumine sind unter den bisher untersuchten Eiweisskörpern die schwefel- reichsten (1,6— 2,2 o/o Schwefel). Globuline. Diese Eiweisskörper sind unlöslich in Wasser, lösen sich aber in verdünnten Neutralsalzlösungen. Diese Lösungen scheiden bei genügender Verdünnung mit Wasser das Globulin wieder unverändert aus; beim Erhitzen Eigen- gerinnen sie. Die Globuline lösen sich in Wasser bei Zusatz von sehr wenig "cMobuHne!''^ Säure oder Alkali und bei Neutralisation des Lösungsmittels scheiden sie sich wieder aus. Die Lösung in Minimum von Alkali wird von Kohlensäure ge- fällt ; von überschüssiger Kohlensäure kann der Niederschlag aber wieder gelöst werden. Die neutralen, salzhaltigen Lösungen werden beim Sättigen mit NaCl oder Mo-SO^ in Substanz bei Zinnnertemperatur je nach der Art des Globulins theilweise oder vollständig gefällt. Von Ammoniumsulfat bis zur Sättigung ein- o-etragen Averden sie vollständig gefällt. Die Globuline enthalten eine mittlere Menge Schwefel, nicht unter l'Vo. Nucleoalbumine und Albumiuate. 19 Eine scharfo (ironze zwisclu'ii dfii (ilolmlincii t'iiKTseits uiul ihn kiiiistliclicii A11)U- jiiinaten amU'ri'rscits liisst sich l^num ziclicii. Die All)Uiiiiiiiite sind zwar ref^elniiissij^ unlüslicli in vordiiuntor Koclisalzlösuni;, doch kaini man durch .stärlvere Alkali ein wirkuni; Alhnnduate darstellen, welche, vor Allem unniittelhar nach ihrer Ausfällunjr, in Kochsalzhisnnj; löslich sind. Umgekehrt giebt es auch (iloliulinc, welche mit Wasser in IJerührunir nach einiger Zeit iu Kochsalz uid(islich werden. Nuclooalbuiiiim'. Diese Stofte kommou im Tliier- uud auch im Pflanzen- reiche sehr verbreitet vor. Sie stellen einen Hauptbestandtheil des Protoplasmas dar, während die Albumine und zum Theil auch die Gloljuline vorzugsweise Bestaudtheile der thierischen Säfte sind. Die Nucleoalbumine finden sich dem Gesagten entsprechend vor Allem in zellenreichen Organen, kommen aber auch in Sekreten und bisweilen iu anderen Flüssigkeiten in scheinbarer L()sung als zerfallenes und umgewandeltes Protoplasma vor. Die Nucleoalbumine verhalten sciiaffe^t"'ier sich wie ziemlich starke Säuren; sie sind fast unlöslich in Wasser, lösen sich arijumine. aber leicht mit Hilfe von sehr wenig Alkali. Eine solche, neutrale oder sogar schwach sauer reagirende Lösung' gerinnt beim Sieden nicht. Die Nucleoalbu- mine stehen bezüglich ihrer Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse den Globu- linen und Albuminaten (siehe unten) nahe, unterscheiden sich aber von jenen dadurch, dass sie von Neutralsalzen kaum gelöst werden. Der wichtigste Unter- schied zwischen Nucleoalbuminen einerseits und Globulinen und Albuminaten andererseits liegt darin, dass die Nucleoalbumine phosphorhaltig sind, und dass aus ihnen durch PepsinchlorAvasserstofl!säure ein phosphorhaltiges Produkt, das Nuclein, abgespaltet wird, welches nach Liebermann eine Verbindung von Ei- weiss mit Metaphosphorsäure sein soll. Die Nucleoalbumine scheinen regel- mässig etwas weniger Schwefel als die obigen Gruppen von EiweisstoflTen zu enthalten. Man findet in ihnen regelmässig etwas Eisen. Alkali- und Aeidalbiiminate. Durch die Einwirkung von Alkalien können sämmtliche native Eiweisskörper unter Austritt von Stickstoff', bei stärkerer Alkalieinwirkung auch unter Austritt von Schwefel, unter gleich- zeitiger Steigerung der spezifischen Drehung in eine neue Modifikation, welche Entsteh- man Alkalialbuminat genannt hat, übergeführt werden. Lässt man Aetzkali ungsweise . ... . Jos Alkaü- in Substanz oder starke Lauge auf eine konzentrirte Eiweisslösung, wie Blut- aibuminates. serum oder Eiweiss, einwirken, kann man das Alkalialbuminat als eine feste, in Wasser beim Erwärmen sich lösende Gallerte, „Lieberkühn's festes Alkali- albuminat", erhalten. Durch Einwirkung von verdünnter Alkalilauge auf mehr verdünnte Eiweisslösungen entstehen — langsamer bei Zimmertemperatur, rascher heim Erwärmen — Lösungen von Alkalialbuminat. Je nach der Natur des ursprünglichen Eiweisses und der Intensität der Alkalieinwirkung können diese Lösungen zwar ein etwas wechselndes Verhalten zeigen, aber es sind doch ihnen immer einige Reaktionen gemeinsam. Löst man Eiweiss in überschüssiger, konzentrirter Salzsäure oder digerirt man eine mit einer Säure, am einfachsten mit 1 — 2 p. m. Salzsäure, versetzte Eiweisslösung in der Wärme oder digerirt man endlich Eiweiss mit Pepsinchlor- wasserstoffsäure, so erhält man ebenfalls neue Eiweissmodifikationen, welche zwar unter sich ein etwas abweichendes Verhalten zeigen können , aber auch 2* 20 Zweites Kapitel. gewisse Reaktionen geraeinsam haben. Diese Modifikationen, welche ebenfalls bei genügender Konzentration als eine feste Gallerte gewonnen werden können, Entsteh- nennt man Acidalbuminate oder Acidalbumine, bisweilen auch Syutonine, wenn ungsweise des Acid- j^ian auch als Syntonin vorzugsweise dasjenige Acidalbuminat bezeichnet, alburainates. •' welches aus den Muskeln bei ihrer Extraktion mit Salzsäure von 1 p. m. er- halten wird. Den Alkali- und Acidalbuminaten sind folgende Reaktionen geraeinsam. Sie sind fast unlöslich in Wasser und verdünnter Kochsalzlösung (vergl. das oben S. 19 Gesagte), lösen sich aber leicht in Wasser nach Zusatz von einer Eigen- cjghj. kleinen Menge Säure oder Alkali. Eine solche, möglichst nahe neutrale Schäften der ... . . Aibuminate. Lösung gerinnt nicht beim Sieden, wird aber bei Zimmertemperatur durch Neu- tralisation des Lösungsmittels mit Alkali bezw. Säure gefällt. Die Lösung eines Alkali- oder Acidalbuminates in Säure wird leicht, eine Lösung in Alkali da- gegen, je nach dem Aikaligehalte, schwer oder nicht durch Sättigen mit NaCl gefällt. Von Mineralsäuren in Ueberschuss wie auch von vielen Metallsalzen werden die möglichst neutralen Lösungen gefällt. Trotz dieser Uebereinstimmung in Reaktionen sind doch die Acid- und Alkalialburainate wesentlich verschieden und durch Auflösung von einem Alkali- albuminat in etwas Säure erhält man keine Acidalbuminatlösung, ebensowenig wie ein in Wasser mit wenig Alkali gelöstes Acidalbuminat eine Alkalialbuminat- lösung darstellt. Die Alkalialburainate sind verhältnissraässig starke Säuren. Sie können in Wasser durch Zusatz von CaCOg , unter Austreibung von COg gelöst werden, was mit den typischen Acidalbuminaten nicht gelingt, und sie schiede zeicTcn, den Acidalbuminaten gegenüber, auch andere Abweichungen, Avelche mit zwischen » ' o o '^ o ' Alkali- und ihrer stark ausgeprägten Säurenatur im Zusammenhange stehen. Verdünnte Acidalbu- o i o o mmat. Lösungen von Alkalien wirken auch auf das Eiweiss mehr eingreifend als Säuren von entsprechender Konzentration ein. In ersterem Falle spaltet sich ein Theil des Stickstoffes und oft auch des Schwefels ab, und es kann wegen dieses Verhaltens zwar ein Acidalbuminat durch Alkalieinwirkung in ein Alkali- albuminat aber nicht umgekehrt ein solches durch Säure in das entsprechende Acidalbuminat übergeführt werden (K. ]\IöRXEn). Das Prinzip der Dar.stellujig der Aibuminate ist schon oben angegeben worden. Aus einer mit Alkali, bezw. mit Säure behandelten Eiweisslösuug kann das entsprechende Albumiuat durch Neutralisation mit Säure bezw. Alkali aus- Prinzip lür gefällt werden. Den ausgewaschenen Niederschlag löst man. in "Wasser mit \ung d'er Hilfe von ein wenig Alkali, resp. Säure und fällt wiederum durch Neutralisation Aibuminate. ^^^ Lösungsmittels. Den mit Wasser ausgewaschenen Niederschlag behandelt man, wenn es um die Darstellung eines reinen Präparates in fester Form sich handelt, mit Alkohol-Aether. Albuiiioseii und Peptone. Als Peptone bezeichnet man die Endprodukte der Zersetzung der Eiweisstoflfe durch proteolytische Enzyme, insofern als diese Endprodukte noch wahre Eiweisskörper sind, während man als Albumosen oder Propeptone die bei der Peptonisirung des Eiweisses entstehenden Zwischen- produkte, insofern sie nicht albuminatähnliche Substanzen sind, bezeichnet. Albumosen und Peptone. 21 Albumosen und Peptone können auch bei der hydrolytischen Zersetzung des Eiweisses mit Säuren oder Alkalien wie auch bei der Fäulniss desselben ent- stehen. Sie können auch in sehr kleinen Menj^^en als Laborationsproduktc bei der Untersuchung von thierischeu Flüssigkeiten und Geweben entstehen, und die Frage, in wie weit sie in diesen unter physiologischen Verhältnissen vorge- bildet sind, ist gewiss einer sorgfältigen Prüfung bedürftig. Zwischen demjenigen Pepton, welches das letzte Spaltungsprodukt repräsen- tirt, und derjenigen Albumose, welche dem ursprünglichen Eiweiss am nächsten steht, giebt es unzweifelhaft eine Reihe von Zwischenstufen. Unter solchen Umständen muss es gewiss eine missliche Aufgabe sein, eine scharfe Grenze zwischen der Pepton- und der Albumosegruppe zu ziehen versuchen, und ebenso schwierig dürfte es auch heutzutage sein, die Begriffe Peptone und Albumosen in exakter und befriedigender Weise zu definiren. Als Alhumoi>en bezeichnete -man früher Eiweisstoffe, deren Lösungen beim Sieden nicht gerinnen, und welche, zum Unterschied von den Peptonen, haupt- sächlich durch folgende Eigenschaften charakterisirt sind. Die wässerige Lösung wird bei Zimmertemperatur von Salpetersäure wie auch von Essigsäure und Ferrocyankalium gefällt, und die Niederschläge zeigen das Eigenthümliche, dass sie beim Erwärmen verschwinden und beim Abkühlen wieder auftreten. Sättigt man eine Lösung von Albumosen mit NaCl in Substanz, so scheiden sich die Albumosen bei neutraler Reaktion theilweise, bei Zusatz von mit Salz gesättigter Säure vollständiger aus. Der Niederschlag, welcher beim Erwärmen sich auf- lösen kann, ist eine Verbindung von Albumose mit der Säure. Als Peptone bezeichnete man dagegen früher in Wasser leicht lösliche, in der Hitze ebenfalls nicht gerinnbare Eiweisskörper , deren Lösungen weder von Salpetersäure, noch von Essigsäure und Ferrocyankalium, noch von Neutral- salz und Säure gefällt werden. Als Reaktionen und Eigenschaften, welche den Albumosen und Peptonen gemeinsam sind, bezeichnete man früher folgende : Sie geben sämmtliche Farben- reaktionen des Eiweisses, die Biuretprobe aber mit einer schöner rothen Farbe als gewöhnliches Eiweiss. Sie werden von ammoniakalischem Bleiessig, von Quecksilberchlorid, Alkohol, Gerbsäure, Phosphor wolfram- resp. Phosphormolyb- dänsäure, Kaliumquecksilberjodid und Salzsäure und endlich auch von Pikrin- säure gefällt. Die Albumosen und Peptone sind ferner mehr diffusionsfähig als die nativen Eiweisskörper, und die Diffusionsfähigkeit ist grösser in dem Maasse, als die fragliche Substanz dem letzten Endprodukte, dem sogenannten echten Pepton, näher steht. Diese ältere Anschauung hat indessen in den letzten Jahren eine wesent- liche Umgestaltung erfahren. Nachdem Heynsius beobachtet hatte, dass das Ammoniumsulfat ein allgemeines Fällungsraittel für Eiweiss, auch Pepton in älterem Sinne, ist, haben nämlich Kühne und seine Schüler in diesem Salz ein Mittel zur Trennung von Albumosen und Peptonen sehen wollen. Diejenigen Yerdauungsprodukte, welche beim Sättigen ihrer Lösung mit Ammoniumsulfat All)Umoson und Peptone. Albumosen in Mlterem Sinne. Peptone in älterem Sinne. Gemeinsame Reaktionen der Albu- mosen und Peptone. Albumosen und Peptone in modernem Sinne. 22 Zweites Kapitel. Anti- und Hemisub- stanzen. Verschie- dene Arten von Albu- mosen. sich ausscheiden, werden von Kühne und, wie es scheint, den allermeisten neueren Forschern als Albumosen, diejenigen dagegen, welche dabei in Lösung bleiben, als Peptone oder echte Peptone bezeichnet. Solches echtes Pepton ent- steht in verhältnissmässig grosser ]Menge bei der Pankreasverdauung, bei der Pepsinverdauung dagegen nur in geringerer Menge oder erst bei mehr an- haltender Digestion. Xach ScHÜTZE>rBERGER und Kühne soll das Eiweiss, wenn es mit ver- dünnten Mineralsäuren oder mit proteolytischen Enzymen zersetzt wird, zwei Hauptgruppen von neuen Eiweisstoffen liefern, von denen die eine — die Anti- gruppe — eine grössere Resistenz gegen weitere Einwirkung von Säuren und Enzymen als die andere — die Hemigruppe — zeigen soll. Dieser Anschauung entsprechend nimmt Kühne auch zwei Hauptgruppen von Albumosen — die Antialbumosen uud Hemkilbumosen — und zwei Hauptgruppen von Peptonen — die Antipeptone und Heinipeptone — an. Bei der Pepsinverdauung erhält man ausser verschiedenen Albumosen ein Gemenge von Anti- und Hemipepton, welches Gemenge von Kühne Amphopepton genannt wird. Bei der Verdauung mit Trypsin (dem proteolytischen Enzyme der Pankreasdrüse) soll das Hemi- pepton in Leucin, Tyrosin u. a. sich weiter spalten, während das Antipepton unverändert bleibt. Bei hinreichend energischer Trypsinwirkung soll zuletzt nur ein Pepton, das sogenannte Antipepton, erhalten werden. Kühne und seine Schüler, welche die umfassendsten Untersuchungen über Albumosen und Peptone gemacht haben, unterscheiden ferner, mit Rücksicht auf die verschiedenen Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse, zwischen ver- schiedenen Arten von Albumosen. Bei der Pepsin Verdauung von Fibrin haben sie also folgende x4.1bumosen erhalten: 1. Dysalbumosc, welche in "Wasser und verdünnter Salzlösung unlöslich ist. 2. Heteroalhumuse , unlöslich in Wasser, aber löslich in Salzlösung. 3. Protalbumose, in Salzlösung und in Wasser lös- lich. Diese 3 Albumosen werden von NaCl bei neutraler Reaktion gefällt, während 4. die Deutcroalbumosc , welche ebenfalls in Salzlösung oder Wasser sich löst, aus ihrer mit XaCl gesättigten Lösung erst durch Zusatz von einer Säure (theilweise) gefällt wird. Der Niederschlag ist eine Verbindung von Albumose mit Säure (Herth), Nach Herth wirkt ein wechselndes, relatives Mengenverhältniss von Säure oder Alkali, Salz, Wasser und Albumose in einer Lösung wesentlich ändernd auf die Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse ein. Xach ihm soll deshalb auch das Vorkommen von mehreren verschiedenartigen Albumosen nicht be- wiesen sein, indem nämlich eine und dieselbe Albumose bei Aenderung oben- genannter Variabein ihre Löslichkeits- luid Fällbarkeitsverhältnisse ändern soll. Zu einer ähnlichen Auffassung ist später auch Hamburger durch seine L'nter- suchungen gelangt. Die aus verschiedeueu iluttereiweisstoff'en erhaltenen Albumosen seheinen niclit identisch zu sein. Die Globulinalbumosen Averden von KÜHNE und Chittexdex Globulosen; die Albumosen des Yitellins von Nei'MEISTER Vitellosen, die des Caseins Caseosere iChittendexi, die des Myosins Myosinosen i KÜHNE uud Chittenden) u. s. \v. genannt. Auch hier imter- Albumoscn und Peptone. 23 Albumosen. scheitlet man zwiselien verscliiedenen Arten von Allninioseu, wie z. B. Prolo-, llclcro- nnd Deutcrocasco! fe 1 j andere Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse. \\ le es Uebergangsstuten zwischen verschiedenen Eiw^eisstoffen giebt, so giebt es auch solche zwischen echten Mucinen und ISIucoiden, und eine scharfe Grenze zwischen diesen zwei Gruppen lässt sich nicht ziehen. Echte Mucine werden von den grossen Schleimdrüsen, von gewissen sog. Schleimhäuten wie auch von der Haut der Schnecken und anderer Thiere ab- gesondert. Echtes Mucin kommt auch in dem Bindegewebe und dem Nabel- strange vor. Bisweilen, wie bei Schnecken und in der Hülle des Froscheies (Giacosa), findet sich eine Muttersubstanz des Mucins, ein ^lucinogen, welches von Alkalien in Mucin übergeführt werden kann. Mucoide Substanzen finden Vorkommen ^\q\^ beispielsweise im Knorpel, in einigen Cysten u. s. av. Da die Mucinfrage Substanzen, jjoch Sehr Wenig erforscht ist, können gegenwärtig keine ganz sicheren Angaben über das Vorkommen der Mucine und der Mucoide gemacht werden und zwar um so weniger, als unzweifelhaft in mehreren Fällen nicht mucinartige Sub- stanzen als Mucine beschrieben worden sind. So viel ist doch sicher, dass Mucine oder ihnen nahe verwandte Stoffe innerhalb des Organismus weit ver- breitet, in gewissen Geweben in reichlichen Mengen, vorkommen. Durch ihre Zersetzungsprodukte dürften sie auch für die Frage von der Entstehung und Echte Mucine. 27 der Abspaltung der Kohlehydrate oder ihnen verwandten Stoffe (Glycuronsäure) aus anderen Atorakomplexen von grossem Interesse sein. Echte Miicino. Bisher sind nur wenige Mucine in, wie es scheint, reinem, durch die verwendeten Reagentieu nicht verändertem Zustande erhalten worden. Die Elementaranalysen dieser Mucine haben folgende Zahlen gegeben. (' H X S O SchncckcnnuH'in r.n,:!2 0,84 13,65 1,75 27,44 (Verf.) Sehneniiuu'in 48,30 (i,44 11,75 0,81 32,70 (LoehisCH) setlun^er Subinaxillarisimu-iii .... 48,84 0,80 12,32 0,84 31,20 (Verf.) ^ Mucine. Das dem Keratin näher stehende Mucin der Schneckenhaut enthält eine grössere Menge Schwefel als die anderen !Mucine. Der Schwefel ist übrigens, wenigstens in gewissen Mucinen, theils locker und theils fest chemisch gebunden. Bei der Einwirkung von gespannten Wasserdämpfen soll angeblich aus dem ^lucin ein Kohlehydrat, thierisches Gummi (Laxdwehr), sich abspalten können. Beim Sieden mit verdünnten ]Mineralsäuren erhält man aus dem Mucin Acidalbuminat und albumose- oder peptonähnliche Stoffe nebst noch nicht näher studirten reduzirenden Substanzen. Durch Einwirkung von stärkeren Säuren Zersetznngs- erhält man unter anderen Stoffen Leucin, Tyrosiu und Lävulinsäure (Landwehe), der Mucine. Von sehr verdünnten Alkalien, wie von Kalkwasser, werden gewisse Mucine, wie das Submaxillarismucin , leicht, andere wiederum, wie das Sehnenmucin, nicht (Loebisch) verändert. Lässt man eine stärkere Alkalilauge, wie z. B. von 5^ 0 KOH, einwirken, so erhält man aus dem Submaxillarismucin Alkali- albuminat, albumose- oder peptonähnliche Stoffe und eine oder mehrere stark reduzirende und sauer reagirende Substanzen, In der einen oder anderen Hinsicht können die verschiedenen Mucine etwas verschieden sich verhalten. So sind z. B. Schnecken- und Sehnenmucin in verdünnter Salzsäure von 1 — 2 p. m. unlöslich, während das Mucin der Sub- maxillardrüse und des Xabelstranges darin löslich sind. Das Sehnenmucin wird von Essigsäure flockig, die anderen Mucine dagegen als mehr oder weniger faserige, zähe ^Massen gefällt. Abgesehen hiervon sind sämmtlichen Mucinen jedoch gewisse Reaktionen gemeinsam. In trockenem Zustande stellt das Mucin ein weisses oder gelblich-graues Pulver dar. Feucht erhält man es dagegen als Flöckchen oder gelblich-weisse, zähe Klumpen oder Massen. Die Mucine reagiren sauer. Sie geben die Farben- reaktionen der Eiweisstoffe. In AVasser sind sie nicht löslich, können aber mit Wasser und möglichst Avenig Alkali neutral reagirende Lösungen geben. Eine solche Lösung gerinnt beim Sieden nicht; bei Zimmertemperatur giebt sie mit Essigsäure einen im Ueberschusse des Fällungsmittels unlöslichen Niederschlag. Setzt man einer Mucinlösung 5 — 10°/o NaCl zu, so kann sie dann mit Essig- ^'^^^g^j^/®' sänre vorsichtig angesäuert werden, ohne einen Niederschlag zu geben. Eine solche, angesäuerte Lösung wird von Gerbsäure reichlich gefällt ; mit Ferrocyan- kalium giebt sie keinen Niederschlag, kann aber bei genügender Konzentration davon dickflüssig oder zähe werden. Eine neutrale Lösung von Mucinalkali ■wird von Alkohol bei Gegenwart von Neutralsalz gefällt; sie giebt auch mit 28 Zweites Kapitel. Darstellung der Mucine. Muco'ide. Hyalogene. mehreren Metallsalzen Niederschläge. Wird das Mucin mit verdünnter Salz- säure von etwa 2^/o im Wasserbade erwärmt, so wird die Flüssigkeit allmählich gelbbraun oder schwarzbraun und reduzirt dann Kupferoxydhydrat in alkalischer Flüssigkeit. Das in grösseren Mengen am leichtesten zu erhaltende Mucin, das Sub- maxillarismucin, kann auf folgende Weise rein erhalten werden. Das von Form- elementen freie, möglichst wenig (von Blutfarbstoff) gefärbte, filtrirte Wasser- extrakt der Drüse versetzt man mit so viel Salzsäure von 25 ^/o, dass die Flüssigkeit 1,5 p. m. HCl enthält. Bei Zusatz von der Säure wird das Mucin dabei sogleich gefällt, löst sich aber bei Umrühren wieder auf. Wird diese saure Flüssigkeit unmittelbar darauf mit 2 — 3 Vol. Wasser verdünnt, so scheidet sich das Mucin aus und kann durch neues Auflösen in Säure von 1,5 p. m., Ver- dünnung mit Wasser und AusAvaschen damit gereinigt werden. Auf dieselbe Weise kann man auch das Mucin des Nabelstranges darstellen ^). Das Sehnen- mucin stellt man aus Sehnen, welche erst mit Kochsalzlösung und Wasser von Eiweiss befreit worden, dar. Man extrahirt sie mit Kalkwasser, fällt das Filtrat mit Essigsäure und reinigt den Niederschlag durch Wiederauflösuug in ver- dünntem Alkali oder Kalkwasser, Fällung mit Säure und Auswaschen mit Wasser (Rolleti, Loebisch). Zuletzt werden die Mucine mit Alkohol und Aether behandelt. 2. 3Iucoide oder 3Iuciuoi(le. Dieser Gruppe gehören beispielsweise das in Ovarialflüssigkeiten vorkommende Pseudomucin, das ihm wahrscheinlich ver- wandte Colloid und das im Knorpel vorkommende Chondromucoid an. Diese Stoffe müssen später in den respektiveu Kapiteln je für sich gesondert abge- gehandelt werden. Hyalos^eiie. Mit diesem Nanieu liat Krukexberg eine Menge verscliiedenartiger Proteinstofte Ijezeichnet, welche durch Folgendes charakterisirt sein sollen. Durch Einwirkung von Alkalien sollen sie — unter Abspaltung von Schwefel und etwas Stickstoff" — in lösliehe, von ihm Hyaline genannte, stickstoft'haltige Produkte sich iimsetzen, M'elche bei weiterer Zer- setzung reiue Kohlehydrate liefern sollen. Innerhalb dieser Gruppe können also die verschie- densten Substanzen, wie die echten Mucine und die Mucoide, das sogenannte il/t(cm der Jrlolothuriev , das Hyalin der Echinococcusblasen , das Neossin der essbaren Vogelnester, das Glycoprote'id der Weinliergschnecke, das Oiiuphin und Spirographin, wie auch andere Substanzen niederer Thiere Platz finden. Bevor man über die Natur der aus diesen Stoffen zu erhaltenden redu- zirenden Substanzen und anderen Produkte nicht etwas Sichereres erfahren hat, dürfte es von Aveuig Nutzen sein, diese sehr verschiedenartigen Substanzen, von denen einige nur wenig mit einander gemeinsam haben, zu einer Gruppe zusammenzuführen. III. Albumoi'de oder Albuminoide. Aibumi- noi'de. Unter diesem Namen fasst man als eine besondere Hauptgruppe alle die- jenigen Proteinstoffe zusammen, welche nicht wohl irgend einer der obigen zwei Hauptgruppen zugerechnet werden können, obgleich sie unter einander wesentlich verschieden sind und in chemischer Hinsicht keine durchgreifenden Unterschiede von den eigentlichen Eiweisstoffen zeigen. Die meisten und wichtigsten der dieser Gruppe angehörenden Stoffe sind wichtige Bestandtheile des thierischen ') Bisher ist es jedoch nicht (vom Verf.) so rein erhalten worden, dass die Analysen davon in die obiare tabellarische Zusammenstellung aufgenommen werden konnten. Keratine. 29 Keratine. Gerüstes oder der thierisehen Hautgebilde. Sie kommen im Allgemeinen in un- gelöstem Zustande im Organismus vor und sie sind in den meisten Fällen durch eine grosse Resistenz gegen die eiweisslösenden Reagentien oder gegen chemische Reagentien im Allgemeinen ausgezeichnet. Die Keratiiif»nippe. Keratin hat man den Hauptbestandtheil der Horn- gewebc, der Epidermis, der Haare, Wolle, Nägel, Hufe, Hörner, Federn, des Schildpatts u. s. w. genannt. Keratin findet sich auch als Xeurokeratin (Kühne) in Gehirn und Nerven. Die Schalenhaut des Hühnereies scheint auch aus Keratin zu bestehen. "Wie es scheint, giebt es mehrere Keratine, welche eine Gruppe von Stoffen bilden. Dieser Umstand, wie auch die Schwierigkeit, das Keratin aus den Ge- weben in reinem Zustande ohne theilweise Zersetzung zu isoliren , dürfte eine genügende Erklärung für die Schwankungen der gefundenen elementaren Zu- sammensetzung abgeben. Es werden hier als Beispiele die Analysen einiger keratinreichen Gewebe und Keratine angeführt. Mensehenhaai-p . 50,G5 6,36 17,14 5,00 20,85 (v. Laar.) Nägel .... 51,00 6,94 17,51 2,80 21,75 (Mulder.) Neiirokeratiii . . 56,11—58,45 7,26—8,02 11,46—14,32 1,63—2,24 — (Kühne.) Hörn (Mittelzahl.) 50,86 6,94 — 3,30 — (HoRBACZEWSKl.) Scliiklpatt . . . 54,89 6,56 16,77 2,22 19,56 (Mulder.) Schaleuhaut . . 49,78 6,64 16,43 4,25 22,90 (Lixdvall.) Der Schwefel ist wenigstens zum Theil locker gebunden und er tritt bei Einwirkung von Alkalien (als Schwefelalkali) oder sogar beim Sieden mit Wasser (Cheveeul) theilweise aus. E.s können auch Kämme von Blei nach längerem Benutzen durch Einwirkimg von dem Schwefel der Haare schwarz gefärbt werden. Beim Erhitzen mit Wasser in zugeschmolzenen Röhren auf 150 bis 200^ C. löst sich das Keratin, unter Freiwerden von Schwefelwasserstoff, zu einer nicht gelatinii-enden Flüssigkeit, welche Albumose (von Krukenberg KeraUnose zersetzunss- genannt) und Pepton (?) enthält. In Alkalien kann das Keratin, besonders in '""^g^atüis^^ der Wärme, gelöst werden, und es entstehen dabei nebst Schwefelalkali Albu- mosen und Peptone (?). Dass die Keratine im Organismus aus Eiweiss ent- stehen, ist nicht zu bezweifeln. Drechsel ist der Ansicht, dass in dem Keratin ein Theil von dem Sauerstoffe des Eiweisses gegen Schwefel und ein Theil des Leucins oder irgend eüier anderen Amidosäure gegen Tyrosin ausgetauscht ist. Das Keratm giebt nämlich die Zersetzungsprodukte des Eiweisses, aber eine ver- hältnissmässig grosse Menge Tyrosin (3 — 5°/o). Das Keratin ist amorph oder hat die Form der zu seiner Darstellung verwendeten Gewebe. Beim Erhitzen wird es zersetzt und entwickelt einen Ge- ruch nach verbranntem Hörn. In Wasser, Alkohol oderAether ist es unlöslich. Beim Erhitzen mit Wasser auf 150—200° C. wird es gelöst. Ebenso löst es sich allmählich in Alkalilauge, besonders beim Erwärmen. Von künstlichem Magensafte oder von Trypsinlösung wird es nicht gelöst. Das Keratin giebt die Xanthoproteinsäurereaktion wie auch die ]MiLLON'sche Reaktion (wenn auch nicht immer ganz typisch). Eigen- schatten des Keratins. 30 Zweites Kapitel. Darstellung des Keratins. Elastin. Zusammen- C setzung des 54,32 Elastins. 54,24 Zersetzungs- produkte des Elastins. Eigen- schaften des Elastins. Darstellung des Elastins. Zur Darstellung des Keratins behandelt man die fein zertheilten Horn- 2;ebilde erst mit siedendem Wasser , dann nach einander mit verdünnter Säure, Pepsinclilorwasserstoffsäure und alkalischer Trypsinlösuug und zuletzt mit Wasser, Alkohol und Aether. Elastiii kommt in dem Bindegewebe höherer Thiere, bisweilen in so reich- licher Menge vor , dass es ein besonderes Gewebe bildet. Am reichlichsten findet es sich in dem Nackenbande (Ligamentum nuchae). Wie es scheint, giebt es nicht ein einziges, sondern mehrere Elastine. Das Elastin soll nach der allgemeinen Ansicht schwefelfrei sein. Nach den Untersuchungen von Chittenden und Hakt ist es indess fraglich, ob nicht das Elastin etwas Schwefel enthält, welcher bei der Reindarstellung in Folge der Alkalieinwirkung austritt. Die zuverlässigsten Analysen von Elastin aus dem Ligamentum nuchae haben folgende Zusammensetzung ergeben. H X O G,!tn 1G,75 21,94 (Horbaczewski). 7,27 10,70 21,79 (Chittenden und Hakt). Als Spaltungsprodukte hat man Leucin, Tyrosin (nur wenig), Glycocoll, Amidovaleriansäure, Ammoniak u. a. gefunden. Bei der Fäulniss hat man kein Indol oder Phenol erhalten. Beim Erhitzen mit Wasser in geschlossenen Ge- f ässen, beim Sieden mit verdünnter Säure oder bei der Einwirkung von proteo- lytischen Enzymen löst sich das Elastin und spaltet sich in zwei Hauptprodukte, von HoRBACzEW^SKi UemielüsÜn und Elastinpepton genannt. Nach Chittenden und Hart entsprechen diese Produkte 2 Albumosen, von ihnen als Froto- bezw. Deuter oelastose bezeichnet. Die erstere ist in kaltem Wasser löslich und scheidet sich beim Erwärmen aus, ihre Lösung wird von IMineralsäuren wie von Essig- säure und Ferrocyankalium gefällt. Die wässerige Lösung der letzteren wird beim Erwärmen nicht getrübt und wird von den oben genannten Reagentien nicht gefällt. Das reine Elastin ist trocken ein gelblich -weisses Pulver; in feuchtem Zustande wird es als gelblich - weisse Fasern oder Häute erhalten. Es ist un- löslich in Wasser, Alkohol oder Aether und zeigt eine grosse Resistenz gegen die Einwirkung chemischer Agentien. Von starker Alkalilauge wird es bei Zimmertemperatur nicht und im Sieden nur langsam gelöst. Von kalter kon- zentrirter Schwefelsäure wird es sehr langsam angegriffen, von starker Salpeter- säure wird es beim Erwärmen verhältnissmässig leicht gelöst. Giebt die MiLLON'sche Reaktion. In Folge seiner grossen Resistenz gegen chemische Reagentien kann das Elastin (am besten aus dem Ligamentum nuchae) in folgender Weise dargestellt werden. Man kocht erst mit Wasser, dann mit Kalilauge von l^lo, dann wieder mit Wasser und darnach mit Essigsäure aus. Den Rückstand behandelt man mit kalter, 5*^/oiger Salzsäure während 24 Stunden, wäscht genau mit Wasser aus, kocht wieder mit Wasser und behandelt dann mit Alkohol und Aether. Collagen oder leimgebende Substanz kommt im Thierreiche sehr verbreitet, besonders bei den Vertebraten, seltener bei den Evertebraten, vor. Das Collagen Collagen. 31 ist der Hauptbestandtlieil der Bindegewebsfibrillcn und (ids Ossein) der organi- schen Substanz des Knochengewebes. In dein Knorpelgewebe kommt es auch Collagen. als die eigentliche Grundsubstanz vor, findet sieh aber hier mit anderen Sub- stanzen in einem Gemenge, welclies früher Chondrigen genannt wurde. Das Collagen verschiedener Gewebe hat nieht ganz dieselbe Zusammensetzung und es düi*fte anscheinend mehrere Collagene geben. Bei anhaltendem Kochen mit Wasser, leichter bei Gegenwart von ein wenig Säure, geht das Collagen in Leim über. Umgekehrt soll der Leim durch Erhitzen aut ISO'^C. in Collagen zurückverwandelt werden können (Hoioieister), und dieses letztere könnte also als das Anhydrid des Leimes betrachtet werden. Das Collagen und der Leim haben etwa dieselbe Zusammensetzung H X S + 0 (),47 17,86 24,92 (HOFMEISTEU.j (),:)5 18,37 25,77 (Ml'LDER.) G,öO 17,50 2(i,00 (FREMY). Zusammen- setzune: von Collagen und Leim. Collagen 50,75 Leim (ans Ilirselihorn) . . . 4S*,.'!1 Leim (aus Knochen) .... .^0,00 Der Leim enthält etwa 0,6 '^/o Schwefel, der allem Anscheine nach dem Leime selbst angehört und wohl kaum von einer Verunreinigung mit Eiweiss herzuleiten ist. Die Untersuchungen über die Zersetzungsprodukte des Collagens sind an dem Leime ausgeführt worden. Der Leim giebt unter ähnlichen Verhält- nissen wie die Eiweisskörper Amidosäuren, aber kein Tyrosin. Dagegen giebt er viel Glycocoll, welches in folge dessen auch den Namen Leimzucker erhalten hat. Bei der Fäulniss giebt der Leim, abweichend von dem Eiweiss, weder Tyrosin noch Indol. In dem Leime fehlt dennoch die ai'omatische Gruppe nicht, Zersetzungs- •' ^^ ' Produkte des und der Leim verhält sich wie das oxydirte Eiweiss , die Oxyprotsulfonsäure, Leimes. indem er Benzoesäure giebt (Maly). Bei der Behandlung von Gelatine mit Salzsäure und Alkohol und darauffolgender Einwirkung von Nitrit erhielten Buchner und Curtius eine Diazofettsäureester, wahrscheinlich Diazooxyacryl- säureester, und e* ist deshalb auch denkbar, dass der Kern des Lemies Amido- acrolein sei. Das Collagen ist unlöslich in Wasser, Salzlösungen, verdünnten Säuren und Alkalien , quillt aber in verdünnten Säuren auf. Bei anhaltendem Sieden mit Wasser geht es in Leim über. A^on Magensaft wird es gelöst und ebenso o ö fc Eigen- löst es sich in Pankreassaft (Trypsinlösung), wenn es vorher mit Säure behandelt scharten des ^ •' ^ °' ' Collagens. oder mit Wasser über -^ 70^ C. erhitzt worden. Bei der Einwirkung von Eisen- vitriol , Sublimat oder Gerbsäure schrumpft es stark. Das mit diesen Stoffen behandelte Collagen fault nicht, und die Gerbsäure ist deshalb auch von grosser Bedeutung für die Herstellung von Leder. Der Leim, auch Glutin oder Colla genannt, ist farblos, amorph, in dünneren Schichten durchsichtig. In kaltem Wasser quillt er auf, ohne sich zu lösen. In Avarmem Wasser löst er sich zu einer klebrigen Flüssigkeit, welche bei genügender Konzentration beim Erkalten erstarrt. Die Lösung ist links- drehend; cfj bei -|-30° C. = — 130*^. Essigsäure und Alkalien setzen die 32 Zweites Kapitel. Eigen- schaften und Reaktionen des Leimes. Darstellunij vonCuUasen und Leim. Spongin, Conchiolin, Byssus, Cornein, ribroin, Sericin. Drehungsfälligkeit herab. Leimlösungen werden nicht beim Sieden, nicht von Mineralsäuren, Essigsäure, Alaun, Bleiessig oder Metallsalzen im Allgemeinen gefällt. Von gelbem Blutlaugensalz kann eine mit Essigsäure angesäuerte Leimlösung bei vorsichtigem Zusatz des Reagenses gefällt Averden; bei Zusatz von etwas zu viel Blutlaugensalz bleibt die Flüssigkeit klar. Leimlösungen werden gefällt von Gerbsäure, bei Gegenwart von Salz, von Essigsäure und Kochsalz in Substanz, Quecksilberchlorid bei Gegenwart von HCl und Na Gl, Phosphormolybdänsäure bei Gegenwart von Säure und endlich auch von Alkohol, besonders wenn Neutral salze zugegen sind. Leiralösungen diifundiren nicht. Der Leim giebt die Biuretreaktion, nicht aber die Reaktion von Adamklewicz. Die MiLLON'sche Reaktion und die Xanthoprotei'nsäurereaktion giebt er so schwach, dass man dieselben von einer Verunreinigung mit Eiweiss hat herleiten wollen. Bei anhaltendem Kochen mit Wasser — besonders leicht bei Gegenwart von verdünnter Säure — wie auch bei der Verdauung mit Magensaft oder Trypsin- lösung büsst der Leim die Fähigkeit zu gelatiniren ein und geht in Leim- peptoyi über. Nach Hofmeister .siaaltet er sich hierbei in 2 Substanzen, S'e»iif/lutin nnd Hemicolliv. Das erstere ist unlöslich in Alkohol von 70 — 80 "/o und Avird von Platinchlorid gefällt. Das letztere, welches von Platiuchlorid nicht gefällt wird, löst sich in Alkohol. Das Collagen kann aus Knochen durch Extraktion mit Salzsäui-e (welche die Knochenerde löst) und sorgfältiges Auswaschen der Säure mit Wasser ge- wonnen werden. Aus Sehnen erhält man es durch Auslaugen mit Kalkwasser (welches das Eiweiss und ]Mucin löst) und gründliches Auswaschen mit Wasser, Leim erhält man dagegen durch Kochen von Collagen mit Wasser. Die feinste, käufliche Gelatine enthält regelmässig ein wenig Eiweiss, welches in der Weise entfernt werden kann, dass man die fein zerschnittene Gelatine in kaltem Wasser aufquellen lässt und mit genügend häufig gewechseltem Wasser gründlich aus- laugt. Bezüglich der Darstellung des Leimes aus Knorpel vergl. Kap. 8. Das Choiidrin ist nur ein Gemenge von Glutin mit den spezifischen Bestandtheilen des Knorpels und dessen Umwandlungsprodukteu. Das Sponsin stellt die Hauptmasse des Badeschwammes dar. Es giebt keinen Leim ; beim Sieden mit Säuren giebt es Leucin und GlycocoU aber kein Tyrosin. Das Conchiolin findet sich in den Schalen von Muscheln und Schnecken wie avich in den Eierschalen derselben Thiere. Es giebt Leucin aber kein Tyrosin. Der Byssus enthält ebenfalls eine schwerlösliche, dem Conchiolin nahestehende Substanz. Das Cornein bildet das Achsenskelet von Antipathes und Gorgonia. Giebt Leucin und eine krystallisirende Substanz, das Cornikrystallin (KRrKE>'BEEG). Das Fibroin und das Sericin sind die 2 Hauptbestandtheile der Rohseide. Bei der Einwirkung von überhitztem Wasser löst .sich das Seiüciji , welches beim Ei-kalteu gelatinii'en kann (Seidenleim j , während das schwerlö-sliche Fibroin von der Form der ursijrünglicheu Fäden ungelö.st zui-ückbleibt. Beim Sieden mit Säuren liefert das Fibroin ATanin (AVeyl), GlycocoU imd viel (5 — S^'o) Tyrosin. Von kalter, konzentrirter Salzsäure wird das Fibroin unter Austritt von l°o Stick- stoff (als Ammoniak) gelöst und es geht dabei in eine andere, nahe verwandte Substanz, das Serico'iii (Weyl), über. Das Sericin giebt kein GlycocoU, aber Leucin und eine krystallisirende Substanz, das Serin. Die Zusammensetzung der oben genannten Stoße ist folgende: C H X S O Conchiolin (aus Seimeckeneier) 50,92 6,88 17,86 0,31 24,34 (Keukexbeeg.) Spongin 46,50 6,30 16,20 0,5 27,50 (Cboockewitt.) do 48,75 6,35 16,40 — — (Posselt.) Cornein 48,96 5,90 16,81 — 28,33 (KErKEXBEEG.) Fibrom 48,23 6,27 18,31 — 27,19 (Ceamek.) Sericin 44,32 6,18 18,30 — 30,20 (Ceamee.) Amyloid. 33 AiiiyloYd hat Viuciiöw eine uutor pathologischen Verhältnissen in inneren Organen, wie Milz, Leher und Nieren, als Infiltrationen und auf serösen Mem- branen als konzentrisch geschichtete Körnchen auftretende Proteinsubstanz ge- nannt. Wahrscheinlich konnut es auch als Bestandtheil einiger Prostatasteine vor. Das Amyloid ist noch nicht rein erhalten und die Zusammensetzung des- '^««amraen- ° setzunij des selben folglich nicht sicher ermittelt worden. FitiKDitEicii und Kekuli^: fanden: -^'"yioWs. C 53,6; H 7,0; N 15,0 und S + O 24,4 « o (mit 1,3 ^ o Schwefel nach Kühne und RuDNEFP'). Das Amyloid ist den Kohlehydraten nicht verwandt und beim Sieden mit Säuren giebt es weder Zucker noch eine andere reduzirende Substanz. Dagegen giebt es Leucin und Tyrosin. Das Amyloid ist unlöslich in "Wasser, Alkohol, Aether, verdünnter Salz- säure und Essigsäure. Von konzentrirter Salzsäure oder Alkalilauge wird es gelöst und in Acid-, resp. Alkalialbumiuat übergeführt. Aelteren Angaben ent- gegen soll nach Kostjurin daa Amyloid von Magensaft gelöst werden. Das £.„ Amyloid giebt die Xanthoproteinsäurereaktion und die Reaktionen von Millon scharten dos und Adamkiewicz. Seine wichtigste Eigenschaft ist sein Verhalten gewissen Farbstoffen gegenüber. Es wird also von Jod rothbraun oder schmutzig violett, von Jod und Schwefelsäure violett oder blau, von Jodmethylanilin roth — be- sonders nach Zusatz von Essigsäure — und von Anilingrün roth gefärbt. Zur Darstellung des Amyloids hat man die Gewebe mit kaltem und siedendem Wasser imd darauf mit Alkohol und Aether extrahirt. Dann hat Darsteiion man, nach Auskochen mit salzsäurehaltigem Alkohol, mit Magensaft verdaut und des das Ungelöste als Amyloid betrachtet. Da indessen das Amyloid von Magensaft ™^ °^ ^' gelöst werden kann (Kostjueix), scheint die Brauchbarkeit dieser Methode etwas zweifelhaft zu sein. Hammarsten, Physiologische Chemie. Drittes Kapitel. Die thierische Zelle. Die Zelle ist die Einheit der vielfach wechselnden Formen der Organismen ; sie stellt den einfachsten physiologischen Apparat dar und ist als solcher ein Herd chemischer Vorgänge. Man ist nunmehr auch allgemein der Ansicht, dass Bedeutung sämmtliche chemische Prozesse von grösserer Bedeutung nicht in den thierischen der Zelle für . den Stoff- Säften , sondern vielmehr in den Zellen , welche die eigentlichen chemischen •Wechsel. . . Werkstätten des Organismus zu sein scheinen, von statten gehen. Es sind auch hauptsächlich die Zellen , die durch ihre mehr oder weniger lebhafte Wirksam- keit den Umfang der chemischen Vorgänge und damit auch die Intensität des Gesammtstoffwechsels beherrschen. Es ist aus leicht ersichtlichen Gründen natürlich, dass die chemische Unter- suchung der Thierzelle in den meisten Fällen mit dem Studium desjenigen Ge- webes, dessen Hauptbestandtheil sie darstellt, zusammenfallen muss. Nur in wenigen Fällen, wie z. B. bei der Untersuchung von Eiter oder von sehr zellen- reichen Geweben, können die Zellen direkt oder durch verhältnissmässig einfache Schwierig- Manipulationen von anderen Gewebstheilen ziemlich rehi isolirt werden. Aber der Unter- sclbst in diesen Fällen kann die chemische Untersuchung keine sicheren Auf- ^" Zei"ln. ^'^ Schlüsse über die Bestandtheile der lebendigen , unversehrten ' Zelle liefern. Es können nämlich beim Absterben der Zelle durch chemische Umsetzungsprozesse neue Stoffe entstehen und es können dabei auch physiologische Zellbestandtheile verbraucht werden oder in die umgebende Flüssigkeit übertreten und dadurch für die Untersuchung verloren gehen. Aus diesen und anderen Gründen sind auch unsere Kenntnisse von den Bestandtheilen und der Zusammensetzung der Zelle, besonders der lebenden, äusserst dürftig. Während junge Zellen verschiedener Abstammung in der ersten Zeit ihres Daseins hinsichtlich ihrer Form und chemischen Zusammensetzung eine gewisse Aehnlichkeit zeigen, können sie bei ihrer weiteren Entwickelung nicht nur die verschiedenartigsten Formen annehmen, sondern auch in chemischer Hinsicht die grössten Verschiedenheiten darbieten. Eine Besprechung der Bestandtheile und der Zusammensetzung der verschiedenen, im Thierorganismus vorkommen- den Zellen würde deshalb auch einer Darlegung der chemischen Verhältnisse Die thierische Zelle. 35 'DESHAGEX und G1L.SOX eine ätherartige Verbindung der von Fettsäureradi- kalen substituirten Glycerinphosphorsäure mit einer Base, dem Cholin. Es können also je nach der Art der in dem Leeithinmoleküle enthaltenen Fett- säure verschiedene Lecithine vorkommen. Ein solches ist das von Hoppe-Seyler und DiACOXOW näher studirte Distearyllecithin. C^^HgoNPOg = HO . (CH3\N . CH, . 0( OH)PO . O . C3H, : {C\,-R,,0,),. In Ueberehistimmung hiermit wird auch das Lecithin, wenn es mit Baryt- wasser gekocht wird, in Fettsäuren, Glycerinphosphorsäure und Cholin zerlegt. Von verdünnten Säuren wird es nur langsam zersetzt. Neben kleinen Mengen von Glycerinphosphorsäure (vielleicht auch Distearylglycerinphosphorsäure) werden dabei reichliche Mengen von freier Phosphorsäure abgespaltet. Die Glycerinphosphorsäure (HO)2PO.O.C3H-(OH)2 ist eine zwei- basische Säiu-e, die in thierischen Säften und Geweben wahrscheinlich nur als Spaltungsprodukt des Lecithins vorkommt. Das Cholin, welches mit den Basen Sinkalin (in Senfsamen) und Amanitin (im Fliegenpilz) identisch zu sein scheint, hat die Formel HO. X(CH3)3.CoH4. OH und ist also als Tri- methyläthoxyliumhydrat aufzufassen. Das Cholin ist dagegen nach Brieger nicht identisch mit der von Liebeeich aus dem Gehirne als Zersetzungsprodukt dargestellten Base, N e u r i n , welches als Trimethylvinyliumhydrat HO . N(CH3)3 . C2H3 aufzufassen ist. Die Verbinduug des Cholins mit Chlorwasserstoff giebt Lecithin. 37 mit riatinchlorid eine in AViisser leicht lüsliclie, in Alkohol und Aetlier unlös- liche, in sechsseitigen orangefjirhigen Tafeln krystallisireude Doppelverbindung, die zum Nachweise und zur Erkennung der Base benutzt werden kann. Das Lecithin kommt, was besonders von Hoppe-Seyler gezeigt worden ist, im Pflanzen- und Thierreiche weit verbreitet vor. Nach demselben Forscher soll es auch in mehreren Fällen in Verbindung mit anderen Stoffen, wie Ei- weisstoffen, Hämoglobin u, a. vorkommen. Das Lecithin findet sich nach Hoppe- Seyler in fast allen bisher darauf vuitersuchten thierischen und pflanzlichen Zellen und ebenso in fast allen thierischen Säften. Besonders reichlich kommt es im Gehirne, Nerven, Fischeiern, Eidotter, elektrischen Organen von Rochen, im Sperma und Eiter vor, und es findet sich ferner in den Muskeln und Blut- körperchen, im Blutplasma, Lymphe, Milch und Galle, wie auch in anderen thierischen Säften oder Flüssigkeiten. Auch in pathologischen Geweben oder Flüssigkeiten ist das Lecithin gefunden Avorden. Durch 'starke Abkühlung seiner Lösung in starkem Alkohol kann das Lecithin in Körnchen oder warzigen Massen von kleinen Krystallblättchen ge- wonnen werden. In trockenem Zustande stellt es sonst eine wachsähnliche, knet- bare Masse dar, welche in Alkohol, besonders beim Erwärmen (auf 40 — 50*^ C.) sich löst und welche auch von Aether, obwohl weniger leicht, gelöst wird. Das Lecithin wird auch von Chloroform, SchAvefelkohlenstoff, Benzol und fetten Oelen gelöst. In Wasser quillt es zu einer kleisterähnlichen Masse, die unter dem Mikroskope schleimig-ölige Tropfen und Fäden, sog. Myelinformen (vergl. Kap. 10), zeigt. Beim Erwärmen dieser gequollenen Masse oder der konzentrirten alko- holischen Lösung findet eine Zersetzung unter Braunfärbung statt. Auch beim Stehen der Lösung oder der mit Wasser gequollenen Masse zersetzt sich das Lecithin und die Reaktion wird dabei sauer. Bei der Fäulniss entstehen aus dem Lecithin Glycerinphosphorsäure und Cholin, welch' letzteres sich weiter unter Bildung von Methylamin, Ammoniak, Kohlensäure und Sumpfgas (Hase- broek) zersetzen kann. Wird trockenes Lecithin erhitzt, so zersetzt es sich, fängt Feuer, verbrennt und hinterlässt eine phosphorhaltige Kohle. Mit Aetz- kali und Salpeter geschmolzen, liefert es Alkaliphosphat. Das Lecithin wird leicht von anderen Stoffen, wie Eiweisstoffen , bei ihrer Ausfällung mit nieder- gerissen und kann dadurch die Löslichkeitsverhältnisse der letzteren nicht un- wesentlich verändern. Das Lecithin verbindet sich mit Säuren und Basen. Die Verbindung mit Chlorwasserstoffsäure giebt mit Platinchlorid eine ^in Alkohol unlösliche, in Aether lösliehe Doppelverbiudung, welche 10,2 *^/o Platin enthält. Das Lecithin kann aus Eidotter nach folgendem, von Hoppe-Sey'LER und DiACONOW angegebenem Verfahren , ziemlich rein gewonnen werden. Die vom Eiweiss getrennten Dotter werden mit kaltem Aether, bis dieser keine deutlich gelbe Farbe mehr annimmt, extrahirt. Darauf extrahirt man den ungelösten Rest mit Alkohol bei 50— 60*^0. Nach dem Verdunsten des Alkoholextraktes hei 50 — 60*^ C. wird der sirupartige Rückstand mit Aether behandelt und das Ungelöste dann in möglichst wenig absolutem Alkohol gelöst. Beim Abkühlen Vorkommen des Lecithins. Ligen- scliaften und A'prlialten dos Lecithins. Darstelltmg des Lecithins. 3S Drittes Kapitel. Nachweis und quanti- tative Bo- stimmun),' des Lecithins. Vorkommen derNncleine, Nuclein- gruppen. Liehermanns Unter- suchungen . dieser filtrirten, alkoholischen Lösung zu — 5 ti — 20" C. scheidet sich das Lecithin allmählich in Körnchen ab. Aus dem zur Extraktion des Dotters ver- wendeten Aether kann man nach Gilson eine neue Portion Lecithin erhalten, wenn nach dem Verdunsten des Aethers der Rückstand in Petroleumäther ge- löst und diese Lösung mit Alkohol geschüttelt wird. Der Petroleumäther nimmt das Fett auf, während das Lecithin in dem Alkohol gelöst zurückbleibt und aus ihm unter Beobachtung einiger Cautelen ziemlich leicht gewonnen werden kann. Der Nachweis und die quantitative Bestimmung des Lecithins in thieri- schen Säften oder Geweben basiren auf der Löslichkeit desselben (bei 50 bis 60*^ C.) in Alkohol- Aether , von welchem gleichzeitig anwesende phosphor- saure oder glycerinphosphorsaure Salze nicht gelöst werden. Das Alkoholäther- extrakt wird verdunstet, der Rückstand getrocknet und mit Salpeter und Soda verbrannt. Es wird dabei aus dem Lecithin Phosphorsäure gebildet, welche zum qualitativen Nachweise oder zur quantitativen Bestimmung benutzt werden kann. Das Distearyllecithin liefert 8,798 *^/o P2O5. Diese Methode ist jedoch nicht ganz zuverlässig; denn es können auch andere phosphorhaltige organische Verbindungen , wie das Jecorin (vergl. Kapitel 6) , in den Alkoholätherextrakt übergehen. Zum Nachweise des Lecithins dient auch das Kochen mit Baryt- wasser und die Darstellung des Platindoppelsalzes des Cholins. Das Studium des z\veiten phosphorhaltigen Bestandtheiles der Zelle, des Nucleins, fällt theilweise mit dem Studium des Zellkernes zusammen. Der Zellkern enthält, soweit er bisher untersucht worden ist, als Haupt- bestandtheil das Nuclein. Nucleine. Mit dem Namen Nuclein wurde zuerst von Hoppe-Seyler und MiESCHER der von ihnen isolirte Hauptbestaudtheil der Kerne der Eiter- zellen bezeichnet. Seitdem man aber durch fortgesetzte Untersuchungen gefun- den hat, dass ähnliche Stoffe im Thier- und Pflanzenreiche, besonders in zell- reichen Organen, sehr verbreitet vorkommen, bezeichnet man nunmehr als Nucleine eine Anzahl phosphorhaltige Stoffe, welche theils als Spaltungsprodukte aus den Nucleoalburainen gewonnen werden, theils den Hauptbestandtheil der Zellkerne darstellen. Nach Hoppe-Seyler können diese Stoffe auf 3 Gruppen vertheilt werden. Die erste, zu welcher das Nuclein aus Hefe, Eiter, kernhaltigen rothen Blut- körperchen und wahrscheinlich aus Zellkernen im Allgemeinen gehört, liefert beim Sieden mit Säuren als Spaltungsprodukte Eiweisstoffe, Xanthinkörper und Phosphorsäure. Zu der zweiten Gruppe, welche als Spaltungsprodukte Eiweiss und Phosphorsäure liefert, gehört das Nuclein aus Eidotter und Casein, d. h. aus den Nucleoalbuminen im Allgemeinen, und zu der dritten, welche als Spal- tungsprodukte nur Phosphorsäure und Hypoxanthin giebt, gehört nur das Nuclein aus Lachssperma. Aus dem Nuclein der Hefe gelang es Liebermann, Meta- phosphorsäure abzuspalten, und andererseits hat er auch gefunden , dass die Metaphosphorsäure mit Eiweiss Verbindungen giebt, die als Nucleine der zweiten Gruppe sich verhalten. Zu einem ähnlichen Resultate ist auch Pohl insoweit gekommen, als es ihm gelungen ist, nucleinähnliche Verbindungen von Meta- phosphorsäure mit Serumalbumin und Albumose darzustellen. Liebermann be- Nucleine. 39 trachtet daher auch das Nucleiu als eine Verbindung zwischen Eiweiss und Metaphosphorsäure. Die Xanthinkörper, welche nach Kossel Zersetzungspro- dukte des Nucleins sein sollen, rühren nach Liebermann wahrscheinlich von Beimengungen her. Dass man für Nucleine verschiedener Abstammung eine wesentlich ver- schiedene Zusammensetzung gefunden hat, bietet nach dem oben Gesagten nichts Auffallendes dar. So hat man beispielsweise in verschiedenen Nuclei'nen Schwankuugeu in dem Phosphorgehalte von 3,2— 9, 6^/0 gefunden. Unter solchen Umständen und da die Nucleinfrage gegenwärtig etwas streitig ist , dürfte es wohl von keinem wesentlichen Nutzen sein, die für verschiedene Nucleine ele- meutaranalytisch gefundenen Zahlen hier mitzutheilen. Die Nucleine sind farblos, amorph, unlöslich oder nur sehr wenig löslich in Wasser. In Alkohol und Aether sind sie unlöslich. Von Alkalien werden sie mehr oder weniger leicht gelöst; in verdünnten Mineralsäuren sind sie da- gegen unlöslich oder schwerlöslich. Von PepsinchlorwasserstofTsäure werden sie nicht oder, bei anhaltender Einwirkung, nur sehr wenig gelöst. Die eiweiss- scharten und . . . . . Vorhalten haltigen Nucleine geben die Biuretprobe und die MiLLON'sche Reaktion. Mit derXucieVne. verdünnten Mineralsäuren bei Zimmertemperatur behandelt, geben sie (dies gilt wenigstens für Nuclein aus Hefe und Eidotter) Metaphosphorsäure ab. Beim Sieden mit Alkalilauge werden sie zersetzt und es wird Alkaliphosphat gebildet. Beim Verbrennen liefern sie eine schwer verbrennliche, sauer reagirende Kohle, welche Metaphosphorsäure enthält. Beim Schmelzen mit Salpeter und Soda geben sie Alkaliphosphat, Zur Darstellung des Nucleins aus Nucleoalbumiuen eignet sich am besten das Casein. Dieses w'ird erst in Wasser, welches etwa 2 p. m. HCl enthält, gelöst, die filtrirte Lösung mit Pepsin versetzt und bei Körpertemperatur digerirt. Dabei tritt nach einiger Zeit ein aus Nuclein bestehender Niederschlag auf, der du.rch wiederholtes Auflösen in Wasser mit Hilfe von möglichst wenig Alkali und Ausfällen mit Säure, Auswaschen mit Wasser und Extraktion mit Alkohol und Aether gereinigt werden kann. Aus Zellen oder Geweben entfernt man Djirsteiiun" zuerst die Hauptmasse des Eiweisses durch künstliche Verdauung mit Pepsin- und Nach- • 1 wöis der chlorwasserstofFsäure , laugt den Rückstand mit sehr verdünntem Ammoniak xucieVne. aus, filtriit und fällt mit Salzsäure. Dieser Niederschlag wird dann mit künst- lichem Magensaft verdaut und im Uebrigen wie oben behandelt. Zum Nach- weise von Nuclein wird hauptsächlich dieselbe Methode benutzt und das Pro- dukt zuletzt nach Schmelzen mit Salpeter und Soda auf einen Gehalt an Phosphor geprüft. Dabei müssen selbstverständlich zuerst mit resp. Säure, Alkohol und Aether Phosphate, Lecithine (und Jecorin) entfernt werden. Eine exakte Methode zur quantitativen Bestimmung des Nucleins in Organen und Geweben giebt es zur Zeit nicht. Unter den Zersetzungsprodukten der Nucleine sind die sog. Xanthinkörper von einem besonders grossen Interesse. Es ist freilich wahr, dass Liebermann, im Gegensatze zu der Ansicht von Kossel, diese Stoffe nicht als eigentliche Zersetzuugsprodukte der Nucleine, sondern vielmehr nur als Beimeugmigen be- trachtet, bevor aber diese Streitfrage ihrer endgültigen Lösung etwas näher ent- 40 Drittes Kapitel. gegengeführt worden ist, dürfte es wohl, da die Xanthinkörper jedenfalls in naher Beziehung zu dem Zellkerne stehen, am passendsten sein, diese Stoffe im nächsten Anschlüsse an den Zellkern und die Nucleine zu besprechen. Xaiitliiiistoife. Mit diesem Namen bezeichnet man eine Gruppe von kohlen-, Wasserstoff-, Stickstoff- und in den meisten Fällen auch saaers^q^'haltigen Stoffen, Avelche bezüglich ihrer Zusammensetzung eine nahe Verwandtschaft nicht Stoffe. nur unter einander, sondern auch mit der Harnsäure zeigen. Diese Stoffe sind : Xanthin, Hypoxanthin, Guanin, Adenin, Heteroxanthin, ParaxanthinxxndiCarnin. Derselben Gruppe gehören auch die im Pflanzenreiche vorkommenden Stoffe Theob romin und Theophyllin (beide Dimethylxanthine) und das C o ff ei n (Trimethylxanthin) an. Die Beziehung dieser Stoffe zu einander ist aus folgen- der Zusammenstellung ersichtlich: Harnsäure C5H4N4O3 Xauthiu CäHjsN^O,, Hypoxanthin C5H4N4O GÜauiu CgHgNäO Adeuiii C5H5N5 Heteroxanthin C6HgN40.2 Paraxauthin CyHgNiOa Carniu C7HSN4O3 Von salpetriger Säure wie auch durch Fäulniss kann das Guanin in Xanthin und das Adenin in Hypoxanthin übergeführt werden. Das Carnin wird von Bromwasser in bromwasserstoffsaures Hypoxanthin übergeführt. Das Adenin ist, wie die Formel zeigt, eine mit der Cyanwasserstoffsäure polymere Substanz und bei seiner Zersetzung mit Alkali liefert es auch Cyanalkali. Die Beziehung dieser Stoffe zu dem Cyan geht auch daraus hervor, dass es Gautier gelungen ist, das Xanthin synthetisch aus Cyanwasserstoffsäure darzustellen. Die Bedeutung der Xanthinkörper als Zersetzungsprodukte des Zellkernes und der Xuclei'ne wurde zuerst von Kossel dargethan, welcher die beiden Stoffe, das Adenin und das Theophyllin, entdeckt und welcher um das Studium der Xanthinstofie sich sehr verdient gemacht hat. In solchen Geweben, in welchen, wie z. B. in den Drüsen, die Zellen ihre ursj^rüugliche Beschaffenheit bewahrt haben, finden sich die Xanthinkörper nicht als solche frei, sondern in Verbindung mit anderen Atomgruppen (Nucleinen) vor. In solchen Geweben dagegen, welche, wie die Muskeln, arm an Zellkernen sind, findet man die Xanthinkörper im clor Xanthin- freien Zustande. Wenn die Xanthinkörper, wie von Kossel angenommen wird, in naher Beziehung zu dem Zellkerne stehen, ist es leicht zu verstehen, warum die Menge dieser Stoffe reichlich vermehrt wird, wenn reichliche Mengen von kernhaltigen Zellen an solchen Stellen auftreten, welche früher verhältnissmässig arm daran waren. Ein Beispiel dieser Art liefert das an Leukocyten äusserst reiche Blut bei Leukämie. In solchem Blute fand Kossel 1,04 p.m. Xanthin- stotfe gegen nur Spuren davon in normalem Blute. Dass die Xanthinstoffe auch Zwischenstufen bei der Entstehung des Harnstoffes oder der Harnsäure im Thierorganismus darstellen können, ist, wie später (vergl. Kapitel 14) gezeigt werden soll, wahrscheinlich. Xiinthiii und Hypoxantlün. . 41 Diejenigen Xanthinkörpcr, welche bisher bei der Zerset/Aing des Nucleins oder überhaupt aus Zellen oder aus an Zellkernen reichen Geweben erhalten worden und aus diesem Grunde hier besprochen werden sollen, sind das Xanthiii, das Hypo- xanthin, das Guanin und das Adenin, welche sämmtlich auch im Pflanzenreiche vorkommen (Schulze und Bossiiard, Kossel, Baginsky). Das Carnin, welches nur im Fleischextrakte (WEroEL) und im Fleische einiger Fische gefunden worden, wie auch die nur im Harne gefundenen Stoffe Paraxanthin und Heteroxanthin (Salomon) können passender in den Kapiteln 9 und 14 besprochen werden. Xanthin CsH.lS^Og^ ^o Nh '^'^^N ^^^ (E. Fischer) ist in :\ruskeln, Leber, INIilz, Pankreas, Nieren, Hoden, Karjifsperma, Th3'mus und Gehirn ge- funden worden. Im Harne kommt es als physiolosrischer Bestandtheil in aus- Vorkommen 11 " • TT T j ''^^ ^*"- serst geringer Menge vor und nur selten hat man es in Harnsedimenten oder thins. in Blasensteinen gefunden. In einem solchen Stein wurde es zuerst (von Marcet) beobachtet. In grösster Menge findet man das Xanthin in einitren Guanosorten (Jarvisguano). Das Xanthin ist amorph oder stellt körnige Massen von Krystallblättchen dar. Es ist sehr wenig löslich in "Wasser, in 14151 — 14600 Theilen bei -|- 16*^ C. und in 1300—1500 Theilen bei 100*^ C. (Almen). In Alkohol oder Aether ist es unlöslich, von Alkalien oder Säuren wird es dagegen gelöst. Mit Chlor- wasserstofFsäure giebt es eine krystallisirende, schwer lösliche Verbindung. In gchaffenünd Ammoniak gelöst, giebt das Xanthin mit Silbernitrat einen unlöslichen, gelati- Reaktionen. nösen Niederschlag von Xanthinsilber. Von Salpetersäure wird dieser Nieder- schlag gelöst und es entsteht dabei eine leicht lösliche, krystallisirende Doppel- verbindung. Eine wässerige Xanthinlösung wird durch essigsaures Kupferoxyd beim Kochen gefällt. Bei gewöhnlicher Temperatur wird das Xanthin von Quecksilberchlorid und von ammoniakalischem Bleiessig gefällt. Mit Salpetersäure in einer Porzellauschale zur Trockne abgedampft giebt das Xanthin einen gelben Rückstand, welcher bei Zusatz von Natronlauge erst roth und dann beim Erwärmen purpurroth gefärbt wird. Bringt man in Natronlauge in einer Porzellanschale etwas Chlorkalk, rührt um und trägt das Xanthin ein, so bildet sich um die Xanthinkörnchen ein erst dunkelgrüner, bald aber sich braunfärbender Hof, der dann wieder verschwindet (Hoppe-Seyler). Wird das Xanthin in einer kleinen Schale auf dem Wasserbade mit Chlor- wasser und einer Spur Salpetersäure erwärmt und eingetrocknet, so soll der Rückstand, wenn er unter einer Glasglocke mit Ammoniakdämpfen in Berüh- rung kommt, sich roth oder purpur-violett färben (Reaktion von Weidel). Ob das ganz reine Xanthin diese Reaktion giebt, ist jedoch fraglich. Hypoxanthin oder Sarkin, CgH^N^O. Dieser Stoff ist in denselben Geweben wie das Xanthin gefunden worden. Besonders reichlich kommt derselbe im Sperma von Lachs und Karpfen vor. Das Hypoxanthin findet sich auch im Knochen- Vortommen mark, in sehr geringer Menge im normalen Harn und, wie es scheint, auch in poxanthlns. 42 Drittes Kapitel. der Milch. Im Blut uud Harn Leukämischer ist es in nicht unbedeutender Menge gefunden woi'den. Das Hypoxanthin bildet farblose, sehr kleine Krystallnadeln. Es ist weniger schwer löslich als das Xanthin. Es löst sich in 300 Theilen kaltem und 78 Theilen siedendem AVasser. In Alkohol löst es sich fast gar nicht, wird aber von Säuren oder Alkalien gelöst. Die Verbindung mit Chlorwasser- stoffsäure krystallisirt, ist aber weniger schwer löslich als die entsprechende schaffen'und Xanthinverbindung. In ammoniakalischer Lösung verhält es sich zu Silber- Reaktionen. y^\iY^i ^yie das Xanthin. Die Silberverbindung des Hypoxanthins löst sich jedoch schwer in siedender Salpetersäure von 1,1 sp. Gew., und beim Erkalten scheidet sich die Dof)pelverbindung in Krystallnadeln aus. Mit Salpetersäure wie das Xanthin behandelt, giebt das Hypoxanthin einen fast ungefärbten Rückstand, Avelcher von Alkali beim Erwärmen nicht roth wird. Giebt die "WEiDEL'sche Reaktion nicht. Nach Einwirkung von Salzsäure und Zink nimmt eine Hypoxanthin- lösung bei Zusatz von überschüssigem Alkali eine erst rubinrothe und dann braunrothe Farbe an (Kossel). _ • rt TT STT r\ JsH.CHtC. ISH^ ^,_ -rx /-N • • • Guanin, 05H.jN-0 = ^,^^ • ..^^ • ^^ >-CÜ. Das Guanm ist m ' ö a o ;NH: C . iSH .C:isr ^ zellreichen Organen, Leber, Milz, Pankreas, Hoden und im Lachssperma ge- funden worden. Es findet sich weiter in den Muskeln (in sehr kleiner Menge), Vorkommen ixi Fischscliuppen und in der Schwimmblase einiger Fische als irisirende Kry- desGuaniiis. "^ '■ ... . stalle von Guaninkalk, im Retinaepithel von Fischen, in Guano und in Spinnen- exkrementen, als Hauptbestandtheil derselben. Unter pathologischen Verhält- nissen hat man es im leukämischen Blute und bei der Guaningicht der Schweine in deren Muskeln, Gelenken und Bändern gefunden. Das Guanin ist ein farbloses, gewöhnlich amorphes Pulver, welches indessen aus seiner Lösung in konzentrirtem Ammoniak bei der freiwilligen Verdunstung des letzteren in sehr kleinen Krystallen sich ausscheiden kann. In Wasser, Alkohol und Aether ist es fast unlöslich. Von Mineralsäuren und Alkalien wird es leicht, von Ammoniak ausserordentlich schwier gelöst. Die Silberver- binduug wird von siedender Salpetersäure sehr schwer gelöst und beim Erkalten Eigen- o r o schatten und krystallisirt die Doppelverbindung leicht aus. Zu der Salpetersäureprobe verhält JXGd.KLlOI16Il. sich das Guanin wie das Xanthin, giebt aber mit Alkali beim Erwärmen eine mehr blauviolette Farbe. Eine warme Lösung von -'salzsaurem Guanin giebt mit kalt gesättigter Lösung von Pikrinsäure einen aus seideglänzenden Nadeln bestehenden, gelben Niederschlag (Capranica). Mit einer konzentrirten Lösung von chrom- saurem Kali giebt eine Guaninlösung eine krystallinische, orangerothe und mit einer konzentrirten Lösung von Ferricyankalium eine gelbbraune, krystallinische Fällung (Capranica). Adenin, C5H.N5 wurde zuerst von Kossel in der Pankreasdrüse ge- des^Adenins. f^^iideu. In grösstcr Menge kommt es im Sperma vom Karpfen und in der Thymusdrüse vor (Kossel und Schindler). Es findet sich auch in Leber, Xanthinkörper. 43 Milz, Lymphdrüsen und Nieren (nicht in Muskeln). Auch in leukäniiscliem Harn ist es beobachtet worden. Das Adonin krystallisirt in langen Nadeln. Es wird von kaltem Wasser schwer (1086 Theilon), von warmem leicht gelöst. Das reine Adenin löst sich in siedenden! Alkohol ein wenig, in kaltem nicht; das unreine Adenin wird auch von kaltem Alkohol gelöst. In Aether ist es unlöslich. Von Säuren und Alkalien wird es leicht gelöst. Von verdünntem Ammoniak wird es schwieriger als das Hypoxanthin, aber weniger schwer als das Guanin gelöst. Die Silberverbindung löst sich schwer in siedender Salpetersäure und krystallisirt leicht beim Erkalten. Der Salpetersäureprobe und der AVEiDEL'schen Probe gegenüber verhält es sich wie das Hypoxanthin. Dasselbe gilt auch von dem Verhalten zu Salzsäure und Zink mit darauffolgendem Alkalizusatz. Da? Prinzip für die Darstellung, den Nachweis und die quantitative Be- stimmung der 4 oben gcschildert-en Xanthinkörper ist nach Kossel und Kossel und Schindler folgendes: Die fein zertheilten Organe oder Gewebe werden 3 — 4 Stunden mit Schwefelsäure von etwa 5 p. m. gekocht. Die abfiltrirte Flüssigkeit wird mit Bleiessig von Eiweiss befreit, das neue Filtrat mit Schwefel- wasserstoff entbleit, von neuem flltrirt, konzentrirt und nach Zusatz von über- schüssigem Ammoniak mit Silbernitrat gefällt. Die Silberverbindungen werden (unter Zusatz von etwas Harnstoff, um Nitrirung zu verhindern), in einer nicht zu grossen Menge siedender Salpetersäure von 1,1 sp. Gew. gelöst und die Lösung siedend heiss filtrirt. Beim Erkalten bleibt das Xanthinsilbernitrat in Lösung, während die Doppelverbindungen von Guanin, Hyi^oxanthin und Adenin auskrystallisiren. Aus dem Filtrate von diesen Verbindungen kann das Xanthin- silber mit Ammoniak ausgeschieden und aus dieser Verbindung das Xanthin mit Schwefelwasserstoff frei gemacht werden. Die oben genannten drei Silber- nitratverbindungen werden in Wasser mit Schwefelammonium in der Wärme zersetzt; das Schwefelsilber wird abfiltrirt, das Filtrat konzentrirt, mit Ammoniak übersättigt und auf dem Wasserbade damit digerirt. Das Guanin bleibt dabei ungelöst zurück, während die 2 anderen Basen in Lösung übergehen. Ein Theil des Guanins wird jedoch von dem Schwefelsilber zurückgehalten und kann durch Auskochen desselben mit verdünnter Salzsäure und darauffolgendes Ueber- sättigen des Filtrates mit Ammoniak gewonnen werden. Beim Erkalten des obigen, von dem Guanin getrennten, adenin- und hypoxanthinhaltigen Filtrates, welches, wenn nöthig, durch Verdunsten von Ammoniak weiter befreit wird, scheidet sich das Adenin aus, während das Hypoxanthin in Lösung bleibt. Der Hauptsache nach dasselbe Verfahren wird zur quantitativen Bestimmung der Xanthinstoffe verwendet. Wird die Lösung von Adenin und Hypoxanthin eingetrocknet, der Rückstand gewogen und dessen Gehalt an Stickstoff bestimmt, so lässt sich aus dem letzteren und aus dem Stickstoflgehalte des Hypoxanthins (41,17) und des Adenins (51,87 °/o) die Menge eines jeden dieser Stoffe berechnen. In den entwickelungsf ähigen thierischen Zellen und besonders in den sich entwickelnden embryonalen Geweben findet sich ein von Cl. Bernard und Hensen entdecktes Kohlehydrat, das Glykogen. Nach Hoppe-Seyler scheint es in den Zellen, soweit sie amöboide Bewegungen zeigen, em nie fehlender Bestandtheil zu sein, und er fand dieses Kohlehydrat in den farblosen Blut- körperchen, dagegen nicht in den ausgebildeten bewegungslosen Eiterkörperchen. Von Salomox ist indessen Glykogen auch im Eiter gefunden worden. Die Be- Eicfon- schaften und Hoaktionen. Darstellun? nnd quanti- tative Be- stimmung der Xanthin- körper. Glykogen. 44 Drittes Kapitel. Ziehung, welche zwischen Glykogenverbrauch und Muskelarbeit zu bestehen scheint (vergl. Kap. 9), legt die Vermuthung nahe, dass ein solcher Verbrauch bei den Bewegungen des thierischen Protoplasmas überhaupt stattfindet. Anderer- seits scheint auch das verbreitete Vorkommen des Glykogens in embryonalen Geweben wie auch sein Vorkommen in pathologischen Geschwülsten und bei reichlicher Zellbildung überhaupt der grossen Bedeutung dieses Stoffes für die Entstehung und Eutwickelung der Zelle das Wort zu reden. Beim erwachsenen Thiere findet sich das Glykogen in den Muskeln und einigen anderen Organen, vor Allem aber in der Lebei', weshalb es auch im Zusammen- hange mit diesem Organe (vergl. Kapitel 6) ausführlicher besprochen werden soll. Ein anderer Stoff oder vielleicht richtiger eine Gruppe von Stoffen, welche im Thier- und Pflanzenreiche weit verbreitet sind und in den Zellen regelmässig vorkommen, sind die Cholesterine, deren am besten bekannter Repräsentant, das Cholesterin, gewöhnliche Cholesterin, vorzugsweise als Hauptbestandtheil gewisser Gallen- konkremente und als ein in Gehirn und Xerven in reichlicher Menge vorkommen- der Stoff bekannt ist. Dass dieser Stoff von direkter Bedeutung für das Leben und die Eutwickelung der Zelle sei, ist kaum anzunehmen. Es dürfte das Cholesterin vielmehr, wie dies von Hoppe-Setlee angenommen wird, als ein bei dem allge- meinen Lebensprozesse der Zellen auftretendes Spaltungsprodukt aufzufassen sein. Ebenso sollen nach Hoppe-SeylePv die Fette, welche in den Zellen nicht konstant auftreten, mit den allgemeinsten Lebensvorgängen derselben nichts zu thun haben. Mineralstoffe sind ebenfalls nie fehlende Bestandtheile der Zellen. Diese Miueralstoffe sind Kalium und Xatrium, Calcium, Magnesium, Eisen, Phosphor- säure mid Chlor. Bezüglich der Alkalien findet im Allgemeinen im Thier- organismus das Verhältniss statt, dass die Xatriumverbindungen vorzugsweise in den Säften, die Kaliumverbindungen dagegen oft hauptsächlich in den Form- beständtheilen, in dem Protoplasma vorkommen. In Uebereinstimmung hiermit enthält auch die Zelle vorzugsweise Kalium, hauptsächlich als Phosphat, während die Xatrium- imd die Chlorverbindungen weniger reichlich in ihr vorkommen. Nach der gewöhnlichen Ansicht sollen auch die Kaliumverbindungen, besonders das Kaliumphosphat, von grosser Bedeutung für das Leben und die Entwicke- luns: der Zelle sein, wenn auch die Art dieser Bedeutung noch unbekannt ist. Uebrigens darf man nicht übersehen, dass ein Theil derjenigen Phosphorsäure, welche aus Zellen oder zellenreichen Geweben gewonnen wird, aus dem Nuclein und dem Lecithin bei dem Einäschern entstanden sein kann. Ebenso scheint das Eisen, Avelches in der Asche oft als Ferriphosphat vorkommt, zu wesent- lichem Theile aus den Nucleoalbuminen herzuleiten zu sein. Das regelmässige Vorkommen von Erdphosphaten in allen Zellen und Geweben, wie auch die Schwierigkeit oder fast richtiger Unmöglichkeit, diese Stoffe von den Protein- Substanzen ohne Zersetzung der letzteren zu trennen, legt die Vermuthung nahe, dass diese INIineralstoffe von einer zwar noch unbekannten aber jedenfalls grossen Bedeutung füi* das Leben der Zelle und die chemischen Vorgänge innerhalb derselben seien. Mineral- Stoffe der Zelle. ^ i ertes Kapitel. Das Blut. Das Blut ist iii gewisser Hinsicht als ein flüssiges Gewebe zu betrachten und es besteht aus einer durchsichtigen Flüssigkeit, dem Blutplasma, in welchem eine ungeheuere Menge von festen Partikelchen, die rothen und farblosen Blut- körperchen (und die Blutplättchen), suspendirt sind. Ausserhalb des Organismus gerinnt das Blut bekanntlich rascher oder langsamer, im Allgemeinen aber binnen einigen Minuten nach dem Aderlasse. Alle Blutarten gerinnen .nicht mit derselben Geschwindigkeit. Die einen gerinnen rascher, die anderen langsamer; unter den bisher näher untersuchten Blutarten gerinnt aber das Pferdeblut am langsamsten. Durch rasches Abkühlen kann die Gerinnung mehr oder weniger verzögert werden ; und wenn man Pferdeblut direkt aus der Ader in einen nicht zu weiten , stark abgekühlten Glascrlinder einstrÖQien imd dann bei etwa 0*^ C. abgekühlt stehen lässt, kann das Blut mehrere Tage flüssig bleiben. Es trennt sich dabei allmählich in eine obere, bernsteingelbe, aus Plasma, und eine untere rothe, aus Blutkörperchen mit nur wenig Plasma bestehende Schicht. Zwischen beiden sieht man eine weisslich- graue Schicht, welche aus weissen Blutkörperchen besteht. Das so gewonnene Plasma ist nach dem Filtriren eine klare , bernstein- gelbe, alkalische Flüssigkeit, welche bei etwa 0" C. längere Zeit flüssig gehalten werden kann, bei Zimmertemperatur aber bald gerinnt. Die Gerinnung des Blutes kann auch in anderer Weise verhindert werden. Nach Injektion von Pepton- oder richtiger Albumoselösung in die Blutmasse (an lebenden Hunden) gerinnt das Blut nach dem Aderlasse nicht (Fa>'o, Sckmiut- !Ml"LHElm). Das aus solchem Blute durch Centrifugiren gewonnene Plasma wii"d „Peptonplasma" genannt. Auch durch Lijektion von einer Infusion auf die Mundtheile des officinellen Blutegels in den Blutstrom wird die Gerinnung des Blutes warmblütiger Thiere verhindert (Hayckaft). Sperrt man an Hunden die Blutcirkulation durch Leber imd Gedärme ab imd lässt man das Blut nvu- durch den Kopf und die Eingeweide der Brusthöhle strömen , so büsst es eben- falls die Gerinnimgsfähigkeit ein (Pawlow, Bohr), Lässt man es direkt aus der Ader in ZSTeutralsalzlösung , am besten in eine gesättigte 3Iagnesiumsulfat- Haaptbe- standtheile des Blutes. Gerinnung des Blates. Mitte), die Blatgerinn- ung zu ver- hindern. 46 Viertes Kapitel. lösung (1 Vol. Salzlösung und 3 Vol. Blut) unter Umrühren einfliessen , so erhält man ein Blut- Salzgeraenge, welches tagelang ungeronnen bleibt. Die Blutkörperchen, welche in Folge ihrer Klebrigkeit und Elasticität sonst leicht durch die Poren eines PaiDierfiltrums hindurchschlüpfen, werden durch das Salz mehr fest und steif, so dass sie leicht abfiltrirt werden können. Das so ge- wonnene, nicht spontan gerinnende Plasma wird „Salzplasma" genannt. Bei der Gerinnung scheidet sich in dem vorher flüssigen Blute ein unlös- licher oder sehr schwer löslicher Eiweisstoff, das Fibrin, aus. Wenn diese Aus- scheidung in der Ruhe geschieht, gerinnt das Blut zu einer festen Masse, Avelche, wenn sie am oberen Rande von der Wandung des Gefässes vorsichtig getrennt wird, allmählich unter Auspressung von einer klai-en, gewöhnlich gelbgefärbten Flüssigkeit, dem Blutserum, sich zusammenzieht. Das feste Gerinnsel, welches Blutserum, t t», , • t i Blutkuchen, die Blutkörperchen emschliesst, nennt man Blutkuchen (Placenta Sanguinis). Wird das Blut während der Gerinnung geschlagen, so scheidet sich das Fibrin als elastische Fasern oder faserige Massen ab, und das von ihnen getrennte deßbrinirte Blut, bisweilen auch Cruor ^) genannt, besteht aus Blutkörperchen und Blutserum. Das deßbrinirte Blut besteht also aus Blutkörperchen und Serum, das ungeronnene Blut dagegen aus Blutkörperchen und Blutplasma. Der wesent- lichste chemische Unterschied zwischen Blutserum und Blutplasma liegt dagegen darin, dass in dem Blutserum die im Blutplasma vorkommende Muttersubstanz des Fibrins — das Fibrinogen — nicht vorkommt, während das Serum verhältniss- mässig reich an einem anderen Stoffe, dem Fibrinfermente (vergl. S. 48) ist. Eiweiss- stoffe des Blut- plasmas. Eii^en- schaften des Fibrinogens. I. Blutplasma und Blutserum. Das Blutplasma. Bei der Gerinnung des Blutes findet in dem Plasma eine chemische Um- setzung statt. Ein Theil von dem Eiweisse desselben scheidet sich als unlös- licher Faserstoff" ab. Die Eiweisstoffe des Plasmas müssen also in erster Linie besprochen werden, und diese Eiweisstofl!e sind — in so weit als sie bisher näher studirt worden sind — Fibrinogen, Serumglobulin und Serumalbumin, Das Fibrinogen kommt im Blutplasma, Chylus, Lymphe und in einigen Trans- und Exsudaten vor^). Es hat die .allgemeinen Eigenschaften der Glo- buline, unterscheidet sich aber von anderen Globulinen durch Folgendes. In feuchtem Zustande stellt es weisse, zu einer zähen, elastischen Masse oder Klümp- chen leicht sich zusammenballende, in verdünnter Kochsalzlösung lösliche Flöck- ^) Der Name Cruor wird doch iu verschiedenem Sinue gebraucht. Man versteht dar- unter bisweilen nur, das zu einer rotlien Masse fest geronnene Blut, in anderen Fällen da- gegen den Blutkuchen, nach der Abtrennung des Serums, und endlich bisweilen auch den, aus defibrinirtem Blute durch Ceutrifugii-en gewonnenen oder nach einigem Stehen auftretenden, aus rothen Blutkörperchen Ijestehenden Bodensatz. ^) Die Frage von dem Vorkommen anderer Fibrinogene (AVooldeidge) soll bei der ausführlicheren Besprechung der Gerinnung des Blutes (s. weiter unten) auch berührt werden. Fibrinogen und Fibrin. 47 chen dar. Die Lüsuug in NaCl von 5 — 10 ",o koagulirt beim Erwärmen auf -j- 52 u 55° C. und die kochsalzarme, äusserst sehwach alkalische oder fast neutrale Lösung gerinnt bei + 56° C. oder ganz derselben Temperatur, bei welcher das Blutplasma selbst gerinnt. Fibrinogenlösungen werden von einem gleichen Volumen gesättigter Kochsalzlösung gefällt, und von NaCl in Substanz im Ueberschusse können sie ganz vollständig gefällt werden (Unterschied von Serumglobulin). Von dem bei etwa derselben Temperatur gerinnenden Myosin der jSIuskeln, wie auch von anderen Eiweisskörpern, unterscheidet es sich durch die Eigenschaft, unter gewissen Verhältnissen in Faserstoff übergehen zu können. Das Fibrinogen wirkt kräftig zersetzend auf Wasserstoff hyperoxyd. Aus dem Salzplasma kann das Fibrinogen leicht durch Ausfällung mit dem gleichen Volumen gesättigter NaCl -Lösung abgeschieden werden. Zur weiteren Reinigung wird der Niederschlag ausgepresst, in Kochsalzlösung von etwa 8°;0 aufgelöst, das Filtrat .mit gesättigter Kochsalzlösung wie oben gefällt und, nachdem auf diese Weise 3 mal mit NaCl-Lösung gefällt worden ist, die zuletzt erhaltene, zwischen Papier ausgepresste Fällung in Wasser fein zertheilt. Darstellung Das Fibrinogen löst sich dann mit Hilfe der in dem Niederschlage einge- F,),rinogens. schlossenen kleinen Kochsalzmenge, und die Lösung kann durch Dialyse gegen äusserst schwach alkalisches Wasser salzfrei gewonnen Averden. Aus Trans- sudaten erhält man gewöhnlich ein von Lecithin stark verunreinigtes Fibrinogen, welches ohne Zersetzung kaum rein zu gewinnen ist. Die ^Methoden zum Nach- weise und zur quantitativen Bestimmung des Fibrinogens in einer Flüssigkeit gründen sich auf die Eigenschaft desselben bei Zusatz von ein wenig Blut, von Serum oder Fibrinferment Faserstoff zu liefern. Dem Fibrinogen schliesst sich das Umwandlungsprodukt desselljen , das Fibrin, nahe an. Fibrin oder Faserstoff nennt mau denjenigen Eiweisstoff, welcher bei der sogenannten spontanen Gerinnung von Blut, Lymphe und Transsudaten wie auch bei der Gerinnung einer Fibrinogenlösung nach Zusatz von Serum oder Fibrinferment (vergl, unten) sich ausscheidet. Wird das Blut während der Gerinnung geschlagen , so scheidet sich der Faserstoff als elastische, faserige Massen aus. Das Fibrin des Blutkuchens kann dagegen leicht zu kleinen, weniger elastischen und nicht besonders faserigen Klümpchen zerrührt Averden. Der typische, faserige und elastische, nach dem Auswaschen weisse Faserstoff steht bezüglich seiner Löslichkeit den koagulirten Eiweisstoffen nahe. In Wasser, Alkohol oder Aether ist er unlöslich. In Salz- Ejgen- säure von 1 p. m., wie auch in Kali- resp. Natronlauge von 1 p. m., quillt er ^"^j^brins^^^ stark zu einer gallertähnlichen Masse auf, die bei Zimmertemperatur erst nach mehreren Tagen, bei Körpertemperatur zwar leichter aber jedenfalls auch nur langsam sich löst. In einer 5 — 10°/oigen Lösung von Kochsalz oder Salpeter quillt der Faserstoff, löst sich aber nui- bei Gegenwart von verunreinigenden Enzymen oder bei eintretender Fäulniss. Der Faserstoff zerlegt Wasserstoflf- hyperoxyd, büsst aber diese Fähigkeit durch Erhitzen oder durch Emwirkuug von Alkohol ein. Viertes Kaiiitel. Darstellung des Fibrins. Das Fibrin- ferment. Darstellung des Fibrin- fermentes. Da.s oben von der Löslichkeit des Faserstoffes Gesagte bezieht sich nur auf das typische , aus dem arteriellen Blute von Säugethieren oder Menschen durch Schlagen gewonnene, erst mit Wasser, dann mit Kochsalzlösung und zu- letzt wieder mit Wasser gewaschene Fibrin. Das Blut verschiedener Thierarten liefert einen Faserstoff von etwas abweichenden Eigenschaften, und ebenso können Fibrine von ungleicher Reinheit oder von Blut aus verschiedenen Gefässbezirken eine etwas ungleiche Löslichkeit zeigen (Denis). Das durch Schlagen des Blutes gewonnene, wie oben gereinigte Fibrin ist stets von eingeschlossenen entfärbten rothen Blutkörperchen oder Resten davon und von lymphoiden Zellen verunreinigt. Rein wird es nur aus filtrirtem Plasma oder filtrirten Transsudaten gewonnen. Zur Reindarstellung wie auch zur quantitativen Bestimmung des Fibrins werden die spontan gerinnenden Flüssigkeiten direkt, die nicht spontan gerinnenden erst nach Zusatz von Blut- serum oder Fibrinfermentlösung mit einem Glas- oder Fischbeinstabe stark ge- schlagen, die ausgeschiedenen Gerinnsel erst mit Wasser, dann mit einer 5 ^/oigen Kochsalzlösung, darauf wieder mit Wasser gewaschen und zuletzt mit Alkohol und Aether extrahirt. Eine reine Fibrinogenlösung kann bei Zimmertemperatur bis zu begin- nender Fäulniss aufbewahrt Averden, ohne die Spur einer Faserstoffgerinnung zu zeigen. Wird dagegen in eine solche Lösung ein mit Wasser ausgewaschenes Fibringerinnsel eingetragen oder setzt man ihr ein wenig Blutsei'um zu, so ge- rinnt sie bald und kann einen ganz typischen Faserstoff liefern. Zur Umsetzung des Fibrinogens in Fibrin ist also die Gegenwart eines anderen, in den Blut- gerinnseln und im Serum enthaltenen Stoffes erforderlich. Dieser Stoff, dessen Bedeutung für die Faserstoffgerinnung zuerst von Buchanan beobachtet wurde, ist später von Alexander Schmidt, welcher ihn von Neuem entdeckte, als „Fibrmferment" bezeichnet worden. Die Natur dieses enzymartigen Stoffes ist noch nicht ermittelt worden. Nach Untersuchungen von Gamgee, Lea und Green und Halliburton scheint aber das „Fibrinferraent" eine globulinartige Substanz zu sein. Nach Halliburton ist es ein von den lymphoiden Zellen herrührender Stoff, ein besonderes Globulin, „ZellglobuUn", welches von dem Serumglobulin theils durch fibrinopl astische Eigenschaften und theils durch eine andere Ge- rinnungstemperatur (-j- 60^ C. oder etwas darüber in einer Lösung, welche 10°/o NaCl enthält) sich unterscheidet. Das sogenannte Fibrinferment stimmt mit den Enzymen darin überein, dass es schon in äusserst kleiner Menge seine Wirkung entfaltet, und weiter darin, dass eS beim Erhitzen seiner Lösung un- wirksam wird. Die Isolirung des Fibrinfermentes ist auf mehrere Weisen versucht worden. Gewöhnlich wird es jedoch nach der folgenden, von Alex. Schmidt angegebenen Methode dargestellt. Man fällt Serum oder defibrinirtes Blut mit dem 15 — 20fachen Volumen Alkohol und lässt es einige Monate stehen. Der Niederschlag wird dann abfiltrirt und über Schwefelsäure getrocknet. Aus dem getrockneten Pulver kann das Ferment mit Wasser extrahirt werden. Wird eine, wie oben angegeben, dargestellte, salzhaltige Lösung von Fibri- nogen mit einer Lösung von „Fibrinferment" versetzt, so gerinnt sie bei Zimmer- Serumglobulin. 49 temperatur mehr oder \veni<;er nisch und liefert dabei ein ganz typisches Fibrin. Ausser dem Fibrinfermente ist dabei jedoch auch die Gegenwart von Neutralsalz ein noth wendiges Bedingniss, ohne welches, wie Alex, Schmidt gezeigt hat, die FaserstofFgerinnung überhaupt nicht von Statten geht. Die Menge Faserstoff, welche bei der Gerinnung entsteht, ist stets kleiner als die Menge Fibrinogen, aus welcher das Fibrin hervorgeht, und es bleibt dabei stets eine kleine Menge Globulinsubstanz in Lösung zurück. Es ist deshalb auch nicht unwahrschein- Fibrinbii- lieh, dass die Faserstoffgermnung, in Uebereinstimmung mit einer zuerst von Fibrinuo'en. Denis ausgesi^rochenen Ansicht, ein Spaltungsvorgang sei, bei welchem das lösliche Fibrinogen in einen unlöslichen EiweisstofF, das Fibrin, welches die Hauptmasse darstellt, und eine lösliche Globulinsubstanz, welche nur in geringer Menge gebildet wird, sich spalten würde. Diese Globulinsubstanz, welche vom Verf. „Fibringlohulin" genannt wurde, gerinnt bei -}- 64<^ C, und hat folgende Zusammensetzung: C 52,70; H 6J)8; iV 16,06 ^/o. Die Gerinnung des Blutes besteht also zunächst darin, dass das Fibrinogen des Plasmas in Fibrin übergeht. Die Gerinnung des Blutes ist indess ein weit mehr verwickelter Vorgang als die Gerinnung einer Fibrinogen lösung, insofern, als bei der ersteren auch andere Fragen, wie die Ursache des Flüssigbleibens des Blutes im Körper, der Ursprung des Fibrinfermentes, die Bedeutung der Formelemente für die Gerinnung u. a. in den Vordergrund treten. Ein näheres Eingehen auf die verschiedenen Hypothesen und Theorien der Blutgerinnung kann deshalb auch erst später geschehen. Serumglobulin, auchParaglobulin (Kühne), fibrinoplastische Substanz (Alex. ScmnDT), Serumcasein (PAmiM), fibrine soluble ^.^^^^^^^^ (Denis) genannt, kommt im Plasma, Serum, Lymphe, Trans- und Exsudaten, des^Senm- weissen und rothen Blutkörperchen und wahrscheinlich in mehreren thierischen Geweben und Formelementen, wenn auch in kleiner Menge, vor. Findet sich auch im Harne in mehreren Krankheiten. Das Serumglobulin hat die allgemeinen Eigenschaften der Globuline. In feuchtem Zustande stellt es eine schneeweisse, feinflockige, gar nicht zähe oder elastische Masse dar. Wesentliche Unterschiede zwischen Serumglobulin und Fibrinogen sind übrigens folgende. Serumglobulinlösimgen werden von NaCl, bis zur Sättigung eingetragen, nur unvollständig und von dem gleichen Volumen gesättigter Kochsalzlösung gar nicht gefällt. Die Gerinnungstemperatur ist bei ^^.j^^^ff^^'^gg einem Gehalte von 5 — lOO/o NaCl in der Lösimg + 75" C. Von MgSO^ in "„Seram- Substanz, bis zur Sättigung eingetragen, wie auch von dem gleichen Volumen gesättigter Ammoniumsulfatlösung wird eine Serumglobulinlösung vollständig gefällt. Die sp. Drehung in salzhaltiger Lösung ist für Serumglobulin aus Rinds- blut, nach Fr£dericq a(D) = —47,8^. Serumglobulin kann leicht aus Blutserum durch Neutralisation oder schwaches Ansäuren desselben mit Essigsäure und darauffolgende Verdünnimg mit 10 bis 20 Vol. Wasser als eine feinflockige Fällung ausgeschieden werden. Zur weiteren Reinigung löst man den Niederschlag in verdünnter Kochsalzlösung oder in Wasser mit Hilfe von möglichst wenig Alkali und fällt dann von neuem durch Hammarsteu, Physiologische Chemie. 50 Viertes Kapitel. Verdünnen mit Wasser, bezw. durch Zusatz von ein wenig Essigsäure. Auch mittelst Magnesium- oder Animoniurasulfat kann das Serumglobulin aus dem ung. ggj.^^jQ ausgeschieden -werden; in diesem Falle ist es aber schwierig, die Salze durch Dialyse vollständig zu entfernen. Das aus Blutserum dargestellte Serum- globulin ist stets von Lecithin und sog. Fibrinfermeut verunreinigt. Ein von Fibrinferment nicht verunreinigtes Serumglobulin kann aus fermentfreien Trans- sudaten, wie bisweilen aus Hydroceleflüssigkeiten, dargestellt werden, was also zeigt, dass Serumglobulin und Fibrinferment verschiedene Stofie sind. Zum Quantitative Xachweise Und zur quantitativen Bestimmung des Serumglobulins kann man mang. die Ausfällung mit Maguesiumsulfat bis zur Sättigung (Verf.) oder mit dem gleichen Volumen einer gesättigten neutralen Ammoniumsulfatlösung (Hof- meister und Kauder und Pohl) benutzen. Der Niederschlag wird behufs der quantitativen Bestimmung auf ein gewogenes Filtrum gesammelt, mit der frag- lichen Salzlösung gewaschen, bei etwa 115^ C. mit dem Filtrum getrocknet, dann mit kochend heissem Wasser zui* vollständigen Entfernung der Salze aus- gewaschen, mit Alkohol und Aether extrahirt, getrocknet, gewogen und zur Be- stimmung der Asche verbrannt. Serurnalbuniin findet sich in reichlicher Menge in Blutserum , Blut- Vorkommen pl^^oia, Lymphe, Ex- und Transsudaten. Wahrscheinlich findet es sich auch *^aibumins^' ^^ anderen thierischen Flüssigkeiten und Geweben. Dasjenige Eiweiss, welches unter pathologischen Verhältnissen in den Harn übergeht, besteht zu grossem, oft zum grössten Theile aus Serum albumiu. In trockenem Zustande ist das Serumalbumin eine durchsichtige, gummi- ähnliche, spröde, hygroskopische Masse oder ein weisses Pulver, welches, ohne sich zu zersetzen, auf 100° C. erhitzt werden kann. Die Lösung in Wasser giebt die gewöhnlichen Reaktionen der Albumine; die sp. Drehung des para- globulinfreien , aus Transsudaten von Menschen dargestellten Serum albumins wui'de von Starke zu a(D) = — 62,6 ä — 64.6° bestimmt. Die Gerinnungs- schaften des tcmpcratur einer Serumalbuminlösung soll nach den meisten Angaben -j- 70 ä albumins. -\- 75° C. Sein, schwankt aber nach Starke in hohem Grade mit wechselnder Konzentration und Salzgehalt. Eine Lösung von 1 — 2°;o Albumiu kann bei Gegenwart von sehr wenig NaCl schon bei -j- 50° C. oder darunter gerinnen; bei Gegenwart von 5°;o NaCl gerinnt sie dagegen bei -\-lö ä -f- 90° C. Durch vorsichtigen Säurezusatz wird die Gerinnungstemperatur erniedrigt, durch Alkali- verschie- zusatz dagegen erhöht. Im Blutserum von einigen Thieren und in Transsudaten aibumi'ne" ^^^ Menschen beobachtete Halleburtox Gerinnungen beim Erhitzen zu folgen- den Temperaturen: + 70 a 73° C; 77 -a 78° C. und 82 ä 85° C. Er be- trachtet deshalb auch das Serumalbumin als ein Gemenge von 3 Albuminen, a, . .i und y, welchen die 3 ebengenannten Gerinnvmgen entsprechen sollen. Bei Kaltblütern fand er nur das Albumin a. Das Serumalbumin unterscheidet sich von dem Albumin des Hühnerei- weisses dadurch, dass es stärker nach links dreht, dass seine durch Salzsäure erzeugte Fällung in einem Ueberschusse der Säure sich leicht wieder löst, dass Bchiede'^Voii es von Alkohol weit weniger leicht unlöslich wird, und endlich dadurch, dass aiTumin. CS innerhalb des Organismus sich anders verhält. Das Eialbmnin, in die Blut- Seruinalbumin. 51 biihn eingeführt, geht iiäinlich in den Harn über, das Sermnalbuinin (higegen nicht. Eine Lösung von Serumalbumiu ist noch nie mit Sicherheit ganz frei von MineralstofFen erhalten worden. Eine möglichst salzarme Lösung gerinnt weder beim Kochen noch nach Zusatz von Alkohol. Nach Zusatz von ein wenig Kochsalz gerinnt sie dagegen in beiden Fällen. Zur Darstellung des Serumalbumins entfernt man zuerst das Globulin durch Sättigung mit Magnesiumsulfat bei etwa -|- 8U" C. und filtrirt bei der- selben Tem})eratur. Das erkaltete Filtrat wird von dem auskrystallisirten Salze getrennt und mit Essigsäure bis zu gegen l°/o versetzt. Der entstandene Nieder- schlag wird abfiltrirt, ausgepresst, in Wasser unter Zusatz von Alkali zu neu- traler Reaktion gelöst und die Lösung dann durch Dialyse von Salzen befreit. Man kann auch das Serumalbumin aus dem mit Magnesiumsulfat gesättigten Filtrate durch Eintragen von Natriumsulfat bis zur Sättigung bei etwa -f- 4(j'^ C. ausscheiden. Der ausgej^resste Niederschlag wird auch in diesem Falle in Wasser gelöst und die Lösung durch Dialyse von Salzen befreit. Aus den dialysirten Lösungen kann das Albumin in fester Form erhalten werden entweder durch Eintrocknen der Lösung in gelinder Wärme oder auch durch Ausfällung mit Alkohol , welcher dann rasch entfernt wird. Zum Nachweise und zur quanti- tativen Bestimmung des Serumalbumins kann man das von dem mit Magnesium- sulfat ausgeschiedenen Globulin getrennte Filtrat zum Sieden, wenn nöthig nach Zusatz von ein wenig Essigsäure, erhitzen. Am einfachsten wird die Menge des Serumalbumins als Differenz zwischen dem Gesaramteiweiss und dem Globulin berechnet. Uebersicht der elemeutären Zusammeusetzuug der oben geschilderten und besprocheneu EiweisstofFe : C Fibrinogen 52,93 Fibrin 52,G8 Fibringlobiiliu ... 52,70 Serumglobulin .... 52,71 Serumalbuoiin (1) . . . 53,06 Serumalbumiu (2) . . . 52,25 Das Serumalbumiu (2) rührt von einem Exsudate vom Menschen, die übrigen Präparate dagegen vom Pl'erdeblut her. Das Fibrin ist aus tiltrirtem Kochsalzplasma dargestellt worden. H N S 0 6,90 16,66 1,25 22,26 (Hammaesten) 6,83 16,91 1,10 22,48 do. 6,98 16,06 — — do. 7,01 15,85 1,11 23,24 do. 6,85 16,04 1,80 22,26 do. 6,05 15,88 2,25 22,95 do. Darstellung und quanti- tative Be- stimmung. Das Blutserum. Wie oben gesagt, ist das Blutserum die klare Flüssigkeit, welche aus dem Blutkuchen bei der Zusammen ziehung desselben ausgepresst wird. Von dem Plasma unterscheidet sich das Blutserum hauptsächlich durch die Abwesenheit Blutserum, von Fibrinogen und die Gegenwart von ein wenig Fibringlobulin und reich- licheren Mengen Fibrinferment. Im Uebrigen enthalten Blutserum und Blut- plasma, qualitativ genommen, dieselben Hauptbestandteile. Wird unverdüuntes Serum genügend stark mit Essigsäure angesäuert, so erhält nuin einen aus (theihveise verändertem) Serumglobuliu, Fibringlobuliu, Lecithin und in einisjeu Fällen Farbstoff (Gallenfarbstoifen in Pferdeblutserum) bestehenden Niederschlag. Nach dem- selben Vorgange hat WoOLDRioaE aus Schafs- und Huudeblutserum eine Substanz ausgefüllt, welche dem Fibrinogen nahe verwandt sein soll und von ihm „Serum fibrinoyen" genannt worden ist. Das Blutserum ist eine klebrige Flüssigkeit, welche stärker alkalisch als das Blutplasma reagirt. Da.s spezifische Gewicht ist beim Menschen 1027 bis 4* Viertes Kajntel Eigen- schaften des Serums. Fett. Zucker und reduzirende Substanz im Blutserum. Extraktiv- stoffe. Farbstoffe. Mineral- Stoffe. 1032, im Mittel 1,028. Die Farbe ist oft stärker oder schwächer gelblich, beim Menschen blassgelb mit einem Stiche ins Grünliche, beim Pferde oft bernstein- gelb. Das Serum ist gewöhnlich klar; nach der Mahlzeit kann es jedoch, je nach dem Fettgehalte der NahruDg, opalisirend, trübe oder milchig weiss sein. Ausser den oben besprochenen Stoffen sind im Blutplasma oder Blutserum folgende Bestandtheile gefunden worden. Fett kommt in einer Menge von 1 — 7 p, m. bei nüchternen Thieren vor. Nach Aufnahme von Nahrung hat man grössere Mengen, nach einer fettreichen Nahrung sogar 12,5 p. m. beim Hunde (Röhrig) gefunden. Es sind weiter Seifen (Hoppe-Seyler), Cholesterin und Lecithin gefunden worden. Zucker scheint ein physiologischer Bestandtheil des Plasmas zu sein. Nach den Untersuchungen von Abeles, Ewald, Külz und Seegen dürfte dieser Zucker Glykose sein. In dem Plasma fand Otto neben dem Zucker eine andere, reduzirende, nicht gährungsfähige Substanz. Die Menge des Zuckers im Blute beträgt etwa 1 — 1,5 p. m. Im Menschenblute fand Otto 1,18 p.m. Zucker und 0,29 p. ni. der anderen, reduzirenden Substanz. Der Gehalt des Blutes an Zucker scheint von der Nahrung fast unabhängig zu sein; nach Fütterung mit grossen Mengen Zucker oder Dextrin wurde indess von Beeile eine bedeutende Vermehrung des Zuckers beobachtet. Wenn der Zuckergehalt mehr als 3 p. m. beträgt, soll nach Cl. Bernard Zucker in den Harn über- gehen und also eine Glykosurie auftreten. Auf den verschiedenen Zuckergehalt des Blutes in verschiedenen Gefässbezirken wie auch unter verschiedenen Ver- hältnissen Avird später ausführlicher eingegaugen werden. Unter den Stoffen, welche im Blute gefunden worden und welche ohne Zweifel zum kleineren oder grösseren Theile im Plasma sich vorfinden, sind zu nennen : Harnstoff, Harnsäure (im Menschenblute von Abeles gefunden), Kreatin, Carbaminsäure, Paramilchsäure und Hippursüure. Unter pathologischen Ver- hältnissen hat man Hypoxanthin, Leucin, Tyrosin und Gallenbe- standtheile gefunden. Die Farbstoffe des Blutserums sind nur w'enig bekannt. Im Pferdeblut- serum kommt Gallenfarbstoff, Bilirubin, neben anderen Farbstoffen vor. Der gelbe Farbstoff des Serums scheint der Gruppe der Lute'ine, welche oft auch Lipochrome oder Fettfarbstoffe genannt werden, zu gehören. Aus Rindsblutserum konnte Krukenberg mit Amylalkohol ein sog. Lipochrom isoliren, dessen Lösung 2 Absorptionsstreifen zeigte, von denen der eyie die Linie F einschliesst und der andere zwischen F und Q liegt. In dem Blute von Vögeln und Amphibien fand Halliburton einen gelben Farbstoff, welcher nur einen Absorptionsstreifen zeigt. Die Mineralstoffe sind im Serum und im Blutplasma qualitativ, aber nicht quantitativ, dieselben. Ein Theil des Calciums, des Magnesiums und der Phos- phorsäure wird nämlich bei der Gerinnung mit dem Faserstoffe ausgeschieden. Mittelst Dialyse können im Serum Chlornatrium, welches die Hauptmasse oder 60 — 10^ lo sämmtlicher Mineralstoffe des Serums ausmacht, ferner Kalksalze, Natriumkarbonat nebst Spuren von Schwefelsäure, Phosphorsäure und Kalium Blutserum. direkt nachgewieseu werden. Im Serum glaubt mau auch Spuren von Kiesel- säure, Fluor, Kupfer, Eisen, Maugan und Ammoniak gefunden zu haben. Wie in den thierischen Flüssigkeiten überhaupt, sind im Blutserum Chlor und Natrium vorherrschend gegenüber der Phosphorsäure und dem Kalium (dessen Vorkommen im Serum sogar angezweifelt worden ist). Die in der Asche gefundenen Säuren sind zur Sättigung sämmtlicher darin gefundenen Basen nicht hinreichend, ein Verhalten, welches zeigt, dass ein Theil der letzteren an organische Substanzen, wahrscheinlich Eiweiss, gebunden ist. Die Gase des Blutserums, welche hauptsächlich aus Kohlensäure mit nur wenig Stickstoff und Sauerstoff bestehen, werden bei Besprechung der Blutgase abgehandelt werden. Wegen der Schwierigkeit Plasma zu gewinnen sind nur wenige Analysen von solchem ausgeführt worden. Als Beispiele werden hier die für Pferdeblut- plasma gefundenen Werthe angegeben. Die Analyse Nr. 1 ist von Hoppe-Seyler ausgeführt worden. Nr. 2 enthält die Mittelzahlen von 3 vom Verf. herrühren- den Analvsen. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile Plasma. Xr. 1 Xr. 2 Wasser 908,4 917,6 Feste Stofte . . 91,0 82,4 Gesammteiweiss 77,6 69,5 Fibrin . . . 10,1 6,5 Globulin . . . — 38,4 Seruinalbumiu . 1,2 4,0 24,6 Extraktivstoffe . Lösliehe Sal?e . 6,4 12,9 Unlösliche Salze 1,7 Als Beispiele der Zusammensetzung des Blutserums, mit besonderer Rück- sicht auf das Verhältniss der verschiedenen Eiweisskörper zu einander, werden folgende Analysen angeführt. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Teile. Zusammen- setzung des Plasmas. Serum von ~lo Serum globalin '^Ji Serumalbnmin. .- CS SM Mensch Pferd . Eind . Hund . Huhn Frosch Aal . 92,07 , 76,20 31,04 45,16 15,6 i ! 85,97 72,57 45,65 26,92 [ 13,40 89,65 74,99 41,69 33,30 14,66 i — ' 58,20 ! 20,50 . 37,70 i — 54,00 39,49 ! 7,84 31,65 14,51 ' I . — 25,40 21,80 3,60 i i ' — ' G7..30 52,80 14,50 1 1 ~()^59r 1 0,842 1 ^l78" 1 Hammaesten do. do. Sektoli Hammakstex HLlLLIBCRTON do. Zusammen- setzung des Serums. 54 Viertes Kaj)itel. Nach Halliburton ist bei Kaltblütern nicht nur die Menge des Albumins derjenigen des Globulins gegenüber verhältnissniä'sig kleiner, sondern auch die Gesamratmenge des Eiweisses überhaupt kleiner als bei Warmblütern. Bei einer vergleichenden Untersuchung von Serum und Plasma von dem- selben Individuum findet man in jenem mehr Serumglobulin als in diesem. Der Grund hierzu kann theils darin liegen , dass bei der Faserstoffgerinnung aus dem Fibrinogen etwas Fibringlobulin entsteht, welches bei der quantitativen Bestimmung mit dem Serumglobulin ausgefällt wird, und theils darin, dass die weissen Blutkörperchen bei der Faserstoffgerinnung Serumglobulin abgeben (Alex. Schmidt), Die Menge der Mineralstoffe im Serum ist von mehreren Forschern be- stimmt worden. Aus den Analysen ergiebt sich, dass zwischen Menschen- und Gehalt des Thierblutserum eine recht grosse Uebereinstiramung besteht; und es dürfte des- Mineral- halb auch genügend sein, die von C. Schmidt an (1) Menschenblut und die Stoffen. Od' ^ \ / von Bunge an (2) Schweins- und (3) Rindsblutserum ausgeführten Analysen hier mitzutheilen. Da bei dem Einäschern durch die Verbrennung von Lecithin und Eiweiss unrichtige Zahlen für die Phosphorsäure und Schwefelsäure erhalten werden, sind diese Zahlen hier nicht mit aufgenommen. Säramtliche Zahlen- werthe beziehen sich auf 1000 Theile Serum. 12 3 K2O 0,392 0,273 0,254 NaaO 4,462 4,272 4,351 Cl 3,(512 3,(511 3,717 CaO 0,1(53 0,130 0,126 MgO 0,101 0,038 0,045 Der Gehalt an NaCl beträgt 6 — 7 p. m., und es ist bemerken swerth, dass dieser Gehalt an NaCl ziemlich konstant bleibt , so dass ein mit der Nahrung aufgenommener Ueberschuss an NaCl mit dem Harne rasch eliminirt wird, erhalten -yyährend bei einer an Chloriden armen Nahrung der Gehalt des Blutes an solchen °" zwar zuerst etwas sinkt, dann aber durch Aufnahme von Chloriden aus den Geweben wieder steigt. Die Ausscheidung von Chloriden mit dem Harne ist dabei vermindert. Die Menge der Phosphorsäure — als NayHP04 berechnet — in dem von Lecithin befreiten Serum ist von Sertoli und Mroczkow^ski in verschiedenen Serumarten zu 0,02 — 0,09 p. m. bestimmt worden. Die sehr kleine Menge Eisen, die man bisweilen in dem Serum gefunden hat, dürfte vielleicht von einer unbedeutenden Beimengung von Blutfarbstoff herrühren. IL Die Formelemente des Blutes. Die rothen Blutkörpercheii. Beim Menschen und Säugethieren (mit Ausnahme des Lamas, Kameeis und deren Verwandten) sind die Blutkörperchen runde, bikonkave Scheiben ohne Membran und Kern. Bei den obengenannten Säugethieren (dem Kameele etc.), Die rothen Blutkörperchen. 55 wie auch bei Vögeln , Anipliibien und Fischen (mit Ausnahme von den Cyclo- stomen) sind sie dagegen im Allgemeinen kernführend, bikonvex, mehr oder weniger elliptisch. Die Grösse ist bei verschiedenen Thieren wechselnd. Beim Menschen haben sie einen Durchmesser von im Mittel 1 h S f.i {u = 0,001 m.m.) und eine grösste Dicke von 1,9 /ti. Ihr spezifisches Gewicht ist 1,088 bis l,(iS'.) (C. ScriMiryr) oder 1,105 (Wklckkr). Sie sind also schwerer als das Blutplasma oder Serum und sinken deshalb in diesen Flüssigkeiten unter. In dorn entleerten Blute lagern sie sich bisweilen mit den Oberflächen an ein- ander und können dabei geldrollenähnliche Bildungen darstellen. Die Ursache hierzu ist unbekannt; da eine solche Geldrolleubildung aber auch in dem de- fibrinirten Blute zu Stande kommt, hat sie anscheinend nichts mit der Fibrin- bildung zu thun. Mit dem Mikroskope gesehen hat jedes Blutkörperchen eine blassgelbe Farbe und erst in etwas dickerer Schicht ist die Farbe etwas röthlich. Die Anzahl der rothen Blutkörperchen ist im Blute verschiedener Thier- arten wesentlich verschieden. Beim Menschen kommen gewöhnlich in je 1 cmm beim Manne 5 Millionen und beim Weibe 4 ä 4,5 Millionen vor. Beim Verdünnen des Blutes mit Wasser, beim abwechselnden Gefrieren- lassen und Wiederauf thauen desselben wie auch beim Schütteln desselben niit Aether oder bei Einwirkung von Chloroform oder Galle auf das Blut findet eine merkbare Veränderung statt. Der Blutfarbstoff, welcher in den Blutkörper- chen wohl kaum frei, sondern vielmehr, in Uebereinstimmung mit der Ansicht von Hoppe-Seyler, an irgend eine andere Substanz, vielleicht das Lecithin, gebunden ist, wird hierbei aus dieser Verbindung frei gemacht und geht in Lösung über, während der Rest eines jeden Blutkörperchens eine gequollene Masse darstellt. Bei Durchleitung von Kohlensäure, bei vorsichtigem Zusätze von Säure, sauren Salzen, Jodtinktur oder einigen anderen Stoffen verdichtet sich dieser eiweissreiche Rest wieder und kann in mehreren Fällen die Form des Blutkörperchens wieder erhalten. Diesen Rest hat man das Stroina der rothen Blutkörperchen genannt. Zur Isolirung der Stromata der Blutkörperchen wäscht man zuerst die Blutkörperchen in der Weise, dass man das Blut mit 10 — 20 Vol. Kochsalz- lösung von 1 — 2 ^/o verdünnt und dann das Gemenge centrifugirt oder bei niedriger Temperatur stehen lässt. Dieses Verfahren wird einige Male wieder- holt, bis die Blutkörperchen vom Serum befreit worden sind. Die so gereinigten Blutkörperchen werden nach Wooldrldge mit dem 5 6 fachen Volumen Wasser vermischt und dann ein wenig Aether zugesetzt, bis anscheinend vollständige Lösung eingetreten ist. Die Leukocyten setzen sich allmählich zum Boden, was durch Centrifugiren beschleunigt werden kann , und die von ihnen getrennte Flüssigkeit wird dann sehr vorsichtig mit einer 1^/oigen Lösung von KHSO^ versetzt, bis sie etwa so dickflüssig wie das urspmngliche Blut wird. Die aus- geschiedenen Stromata werden auf Filtrum gesammelt und rasch ausgewaschen. Als Bestandtheile des Stromas fand Wooldredge Lecithin, Cholesterin und ein Globulin, welches nach Halliburton das schon oben S. 48 besprochene, Form und Grösse der Hlut- körporchen. Verhalten der Blut- körperchen zu Wasser, Aether etc. Darstellung der Stromata. 56 Viertes Kaiiitel. Bestand- theile der Stromata. Stroma- fibrin. fibrinoplastisch Avirkende Zellglobulin sein soll. Serumalbumin, Nucleoalbumine und Albumosen konnten dagegen nicht nachgewiesen werden (Halliburton). Die kernhaltigen rotben Blutkörperchen der Vögel enthalten nach Plos'z und Hoppe -Seyler iVwdem und einen in Kochsalzlösung von 10 ^/o zu einer schleimi- gen Masse aufquellenden Eiweisskörper, welcher der in den lymphoiden Zellen vorkommenden hyalinen Substanz (hyaline Substanz von Ro^^DA) nahe ver- wandt zu sein scheint. Die kernfreien rothen Blutkörperchen sind im Allgemeinen sehr arm an Eiweiss und reich an Hämoglobin; die kernhaltigen sind reicher an Eiweiss und ärmer an Hämoglobin als die kernfreien.3 Gallertartige, dem Aussehen nach fibrinähnliche Eiweisstofie können unter Umständen aus den rothen Blvitkörperchen erhalten werden. Derartige, fibrin- ähnliche Massen hat man beobachtet nach Gefrierenlassen und Wiederaufthauen des Blutkörperchensedimentes, bei starken elektrischen Entladungen einer Ley den er Flasche durch das Blut, beim Auflösen der Blutkörperchen einer Thierart in dem Serum einer anderen (Landois', „Stromaßbrin") u. s. w. In keinem von diesen Fällen ist es jedoch bewiesen, dass es hier in der That um eine, auf Kosten des Stromas stattfindende Fibrinbildung sich gehandelt hat. Nur für die rothen Blutkörperchen des Froschblutes scheint es bewiesen zu sein, dass sie Fibrinogen enthalten (Alex. Schjudt und Semmer). Die Mineralstoffe der rothen Blutkörperchen sind hauptsächlich Kalium, Phosphorsäure und Chlor; in rothen Blutkörperchen von Menschen, Hund und Rind ist indess auch Natrium gefunden worden. Der in physiologischer Hinsicht wichtigste Bestandtheil der Blutkörperchen scheint der rothe Farbstoff" zu sein. Blutfarbstoffe. In den rothen Blutkörperchen kommt nach Hoppe-Seyler's Ansicht der Farbstoff* nicht frei, sondern an eine andere Substanz gebunden vor. Der kiystallisirende Farbstoff", das Hämoglobin, bezw. Oxyhäraoglobin, welches aus dem Blute isolirt werden kann , ist nach ihm als ein Spaltungsprodukt dieser Verbindung aufzufassen, und es verhält sich in mehreren Hinsichten anders als die fragliche Verbindung selbst. So ist z. B. letztei'e in Wasser unlöslich und nicht krystallisirbar. Sie wirkt stark zersetzend auf Wasserstoff"hyperoxyd, ohne dabei selbst oxydirt zu werden; sie zeigt einigen chemischen Reagentien (wie Kaliumferricyanid) gegenüber eine grössere Resistenz als der freie Farbstoff Farbstoffe ^^^ endlich soll sie wesentlich leichter als dieser an das Vakuum ihren locker der Blut- körperchen gebundenen Sauerstoff" abgeben. Zum Unterschiede von den Spaltungsprodukteji, dem Hämoglobin und dem Oxyhämoglobin , könnte man nach Hoppe-Seyler die Blutfarbstoff'verbindung der venösen Blutkörperchen Phlebin und die der arteriellen Arterin nennen. Da indessen die obengenannte Verbindung des Blut- farbstoff"es mit einem anderen Stoff"e, wie z. B. dem Lecithin, wenn sie überhaupt Blutfarbstofte. 57 existirt, nicht näher studirt worden ist, bezielien sich die folgenden Angaben nur auf den freien Farbstoff, das Hämoglobin. Die Farbe des Blutes rührt theils von Ilüinoglohin und theils von einer molekularen Verbindung desselben mit Sauerstoff, dem Oxyhämi)(il()l)in, her. In dem Erstickungsblute findet sich fast ausschliesslich Hämoglobin, im arteriellen Blute unverliältnissmässig überwiegend Oxyhämoglobin und in dem venösen Blute ein Gemenge von beiden. Blutfarbstoff fandet sich ausserdem in quer- gestreiften wie auch in einigen glatten Muskeln und endlich auch in Lösung bei verschiedenen Evertebraten. Die ]\Ienge des Hämoglobins im Menschenblute kann zwar unter verschiedenen Verhältnissen etwas schwanken, beträgt aber im Mittel etwa 14°/o oder, auf 1 Kilo Körpergewicht berechnet, 8,5 g. Das Hämoglobin gehört zu der Gruppe der Proteide und als nächste Spaltungsprodukte liefert es, nebst sehr kleinen Mengen von flüchtigen fetten Säuren und anderen Stoffen , hauptsächlich jE/toei;h Hämochromogen, von anderen Forschern (Stokes) reduzirtes Häniatin genannt worden -ist. Bei Gegen- wart von Sauerstoff wird das Hämochromogen rasch zu Humatin oxydirt, und man erhält deshalb in diesem Falle als farbiges Zersetzungsprodukt einen andern Farbstoff, das Humatin. AVie das Hämochromogen durch Sauerstoff leicht in Hämatin übergeführt wird, kann letzteres umgekehrt durch reduzirende Stoffe in Hämochromogen zurüekverwaiidelt werden. Das Hämochromogen ist von Hoppe - Seyler , dem wir vor allen anderen Forschern das Meiste, was wir über die Blutfarbstoffe und deren Zer- setzungsprodukte wissen , zu verdanken haben , entdeckt worden. Es ist ihm auch in der letzten Zeit gelungen, diesen Farbstoff in Krystallen zu erhalten. Das Hämochromogen ist nach Hoppe -Seyler die gefärbte Atomgruppe des Hämoglobins und seiner Verbindungen mit Gasen, und diese Atomgruppe ist in dem Farbstoffe mit Eiweiss_ verbunden. Die charakteristischen Lichtabsorp- tionen hängen von dem Hämochromogen ab, und diese Atomgruppe ist es auch, welche in dem Oxyhämoglobin 1 Mol. Sauerstoff und in dem Kohlenoxyd- hämoglobin 1 Mol. Kohlenoxyd auf je 1 Atom Eisen bindet. Eine Verbindung zwischen Hämochromogen und Kohlenoxyd ist auch von Hoppe-Seyler be- obachtet worden , und diese Verbindung zeigt die Spektralerscheinungen des Kohlenoxydhämoglobins. Eine alkalische Hämochromogenlösung ist schön kirschroth. Sie zeigt 2, zuerst von Stokes beschriebene Absorptionsstreifen, von denen der eine, welcher mehr dunkel ist, zwischen D und E liegt und der andere, welcher breiter aber weniger dunkel ist, die FRAUENHOFER'schen Linien E und b einschliesst. In saurer Lösung zeigt das Hämochromogen 4 Streifen, die jedoch nach Jäderholm von einem Gemenge von Hämochromogen und Hämatoporphyrin (vergl. unten), das letztere durch eine theilweise Zersetzung in Folge der Einwirkung der Säure entstanden, herrühren soll. Das Hämochromogen kann bei vollständiger Abwesenheit von Sauerstoff durch Einwirkung von Natronlauge auf Hämoglobin bei 100^ C. in Krystallen gewonnen werden (Hoppe-Sey'ler). Bei Zersetzung von Hämoglobin mit Säuren, selbstverständlich ebenfalls bei gehindertem Luftzutritt, erhält man das Hämo- chromogen von ein wenig Hämatoporphyrin verunreinigt. Eine alkalische Hämochromogenlösung erhält man leicht durch Einwirkung von einer reduzirenden Substanz (der STOKEsschen Reduktionsflüssigkeit) auf eine alkalische Hämatin- lösung. Hämatin, auch Oxy hämatin genannt, findet man bisweilen in alten Transsudaten. Es entsteht auch bei der Einwirkung von Magen- oder Fankreas- saft auf Oxyhämoglobin und findet sich deshalb auch in den Darmentleerungen nach Blutungen im Darmkanale, wie auch nach Fleischkost und blutreicher Nahrung. Im Harne soll das Hämatin angeblich nach Vergiftung mit Arsen- wasserstoff vorkommen können. Wie oben angegeben, entsteht das Hämatin bei Zersetzung von Oxyhämoglobin oder überhaupt von Hämoglobin bei Gegen- wart von Sauerstoff. Zorsetz- untcspro- liukto der Blutfarb- stoffe. Hämochro- mogen. Spektrum des Härao- chromogens. Darstellung des Hämo- chromogons. Hämatin. 64 Viertes Kapitel. Die Zusammensetzung des Hämatius wird von Hoppe-Seyler durch die Formel C3^H35X4Fe05 ausgedrückt. Xach Nexcki und SiebePi soll ihm da- gegen die Formel Cg., H32 N^ Fe O^ zukommen, und es soll nach ihnen das Hämatin aus einem noch nicht isolirten Stoß', dem Hämin , C32 H3Q N^ Fe O3, ]nit 1 Mol. H2 0 bestehen. Das Hämatin ist amorph, schwarzbravm oder blauschwarz. Es kann ohne Zersetzung auf 180*^ C. erhitzt werden; beim Verbrennen hinterlässt es einen Eitlen- ^^'^^ Eisenoxvd bestehenden Rückstand. In "Wasser, verdünnten Säuren, Alko- ^H'^^toit^^ hol, Aether und Chloroform ist es unlöslich, löst sich aber ein wenig in warmem Eisessig. In angesäuertem Alkohol oder Aether löst es sich. In Alkalien, selbst in sehr verdünntem Alkali, löst es sich leicht. Die alkalischen Lösungen sind dichroitisch ; in dickeren Schichten erscheinen sie in dm'chfallendem Lichte roth, in düimeu Schichten grünlich. Von Kalk oder Barytwasser, wie auch von Lösungen der neutralen Salze der Erdalkalien werden die alkalischen Lösungen gefällt. Die sam-en Lösungen sind stets braun. Eine saure Hämatinlösung absorbirt am schwächsten den rothen \md am stärksten den violetten Theil des Spekti'ums. Die Lösung zeigt zwischen C und D einen recht scharfen Streifen, dessen Lage jedoch mit der Art des sauren Lösungsmittels etwas wechseln kann. Zwischen D und F findet sich ein zweiter, viel breiter, weniger scharf begrenzter Streifen, welcher bei passender Verdünnung in 2 Streifen sich auflöst. Der eine, zwischen b und F, neben F gelegene, ist dunkler und breiter, der andere, zwischen D und E nahe an E gelegene, ist heller und weniger breit. Endlich beobachtet man auch bei einer passenden Verdünnung einen 4ten, sehr schwachen, zwischen D und E neben D f^r^ekSim°dls gelegenen Sti-eifen. Das Hämatin kann also in saurer Lösung 4 Absorptions- Hamatins. g^gj^^^^ zeigen ; gewöhnlichenfalls sieht man aber recht deutlich nur den Streifen zwischen C und D und den breiten dunklen Streifen — bezw. die 2 Streifen — zwischen D und F. In alkalischer Lösung zeigt das Hämatin einen breiten Absorptionsstreifen, welcher zum unverhältnissmässig grössten Theile zwischen C und D gelegen ist, sich aber ein wenig über die Linie D nach rechts in den Raum zwischen D und E hinein erstreckt. Von konzentrirter Schwefelsäure wird das Hämatin bei Gegenwart von Luft zu einer purpurrothen Flüssigkeit gelöst. Es wird hierbei das Eisen ab- gespaltet, und der neue Farbstoff, von Hoppe-Seyler Hümatoporphyrin genannt, ist eisenfrei. Bei gehindertem Luftzutritte liefert das Hämatin mit konzentrh-ter Schwefelsäure einen anderen, ebenfalls eisenfreien Farbstoff, das Rämatolin (Hoppe-Seyler). Das Hämatoporphyrin ist auch durch Einwirkung von mit Bromwasserstoff gesättigtem Eisessig auf Häminkrystalle dargestellt worden (Xexcki und Siebee). Dieser Farbstoff soll nach Xencki und Sieber dem Gallenfarbstoffe Bilkaibin isomer sein, und die Formel desselben ist nach ihnen CigHigN203. Die Entstehung des Hämatoporphyrins aus dem Hämatin soll nach folgendem Schema verlavifen : Cg.Hg^N.O.Fe -i- 2H2O - Fe = ■2Q,,B.,^^,0^. Hämin. G5 Die Verbindungen des Hämatoporphyrins mit .Va uud mit HCl wurden von Nencki und Sieber in Krystallen gewonnen. Das von ilinen dargestellte numatopor- Hämatnporphyrin scheint jedoch mit dem von Hoppe-Seyler dargestellten nicht 'dessen Ab- ganz identisch zu sein, obwohl es dasselbe Spektrum hat. In verdünnter Lös- spettrnm. ung von Alkalikarbonat zeigt das Hämatoporphyrin 4 Absorptionsstreifen, nämlich einen Streifen zwischen C und D, einen zweiten, breitereu um D herum mit dem grössten Thcile zwischen D und E, einen dritten, blasseren und weniger bi-eiten zwischen D und E und endlich einen vierten, breiten und dunklen Streifen zwischen b und F. Durch Einwirkung von Reduktionsmitteln hat man aus dem Hämatoporphyrin einen, dem Urobilin nahestehenden Farbstoff erhalten (Hoppe-Seyler, Nencki und Sieber). Das Hämatoporphyrin kommt auch in dem Thierreiche präformirt vor (Mac Munn). Häniin, Häminkrystalle oder Teichmann^s Krystalle. Das Hämin ist nach Hoppe-Seyler eine Verbindung zwischen Hämatin und Chlor- wasserstoffsäure von der Formel Cgj^HgjN^FeOj . HCl. Als Hämin bezeichnen krysTaUe. Nencki und Sieber dagegen (vergl. S. 64) einen nicht isolirten Stoff von der Formel CggHgoN^FeOg, welcher Stoff als Hämatin — HgO, also CggHgaN^FeO^ — H2O, betrachtet werden kann. Die Häminkrystalle sind nach der letzteren Ansicht eine Verbindung zwischen dieser Substanz, Hämin, und HCl nach der Formel CggHgoN^FeOg . HCl. Nach denselben Forschern sind die Häminkrystalle Doppelverbindiingen mit demjenigen Lösungsmittel, Amylalkohol oder Essigsäure, welches zu ihrer Darstellung benuzt worden ist, während nach Hoppe-Seylee das Lösungsmittel nur mechanisch von den Krystallen zurück- gehalten wird. Die Formel der mit Amylalkohol dargestellten Häminkrystalle ist nach Nencki imd Sieber (CV^NgoNiFeOa . HC1)i . CäHi^O. Die Häminkrystalle stellen in grösserer Menge ein blau-schwarzes Pulver dar, sind aber so klein , dass sie nur mit dem Mikroskope erkannt werden können. Sie bestehen aus dunkel braungefärbten oder fast braun - schwarzen, isolirten oder zu schiefen Kreuzen, Rosetten oder sternförmigen Bildungen grup- pirten, länglichen, rhombischen oder spulförmigen Kryställchen. Sie sind im- schaften°der löslich in Wasser, verdünnten Säuren bei Zimmertemperatur, Alkohol, Aether j^l'^^fe und Chloroform. Von Eisessig Averden sie in der Wärme etwas gelöst. In säiu'ehaltigem Alkohol wie auch in verdünnten kaustischen oder kohlensauren Alkalien lösen sie sich und im letzteren Falle entsteht neben Chloralkalien lös- liches Hämatinalkali , aus welchem das Hämatin dann mit einer Säure ausge- fällt werden kann. Die Darstellung der Häminkrystalle bildet stets den Ausgangspunkt für die Darstellung von reinem Hämatin, Nach Hoppe-Sey'LER schüttelt man die mit Kochsalzlösung (wie oben S. 55) gewaschenen Blutkörperchen mit Wasser und Aether, filtrirt die Blutfarbstofflösung ab, konzentrirt sie stark, mischt mit 10 — 20 Vol. Eisessig und erhitzt dann im Wasserbade 1 — 2 Stunden. Nach Verdünnung mit mehreren Volumen Wasser lässt man die Flüssigkeit einige pyrsteiian" Tage stehen. Die ausgeschiedenen Krystalle werden dann mit Wasser gewaschen, der Hämin- mit Essigsäure ausgekocht und dann wieder mit Wasser, Alkohol und Aether ^n^^ des gewaschen. Nach Nencki und Sieber koagulirt man das Blutkörperchensedi- Hämatins. Haramarsten, Physiologische Chemie, o 66 Viertes Kapitel. Darstellung von Hämin- kiystallen im Kleinen. ment mit Alkohol, lässt das Koagel in der Luft unvollständig eintrocknen, zer- reibt es fein und kocht es dann mit Amylalkohol nach Zusatz von ein wenig ChlorwasserstofFsäurc aus. Die aus dem Filtrate nach dem Erkalten sich ab- setzenden Krystalle werden dann mit Wasser, Alkohol und Aetlier gewaschen. Löst man die Häminkry stalle in verdünnter Alkalilauge, so kann man durch Zusatz von einer Säure das Hämatin ausfällen und von diesem Hämatin können dann durch Erwärmen mit Eisessig und ein wenig Kochsalz reine Häminkrystalle dargestellt werden. Zur Darstellung von Härainkrystallen im Kleineu verfährt mau auf folgende Weise. Das Blut wird nach Zusatz von sehr wenig Kochsalz einge- trocknet oder auch wird das schon trockene Blut mit einer Spur Kochsalz zer- rieben. Das trockene Pulver wird auf ein Objektglas gebracht , mit Eisessig befeuchtet und nun das Deckgläschen aufgelegt. Mit einem Glasstabe setzt man nun am Rande des Deckgläschens mehr Eisessig zu, bis der Zwischenraum davon vollständig ausgefüllt worden ist. Hierauf erwärmt man über einer sehr kleinen Flamme mit der Vorsicht jedoch, dass der Eisessig nicht ins Sieden geräth und mit dem Pulver an der Seite des Deckgläschens austritt. Sollten nach dem ersten Erwärmen in dem erkalteten Präparate keine Krystalle sichtbar sein, so erwärmt man von neuem, wenn nöthig nach Zusatz von etwas mehr Eisessig. Nach dem Erkalten sieht man bei richtigem Arbeiten in dem Präparate eine Menge von schwarz-braunen oder fast schwarzen Häminkrystallen von wechselnden Formen. Hämatoidl'n. Nachweis von Blut und Blutfarb- stoffen. Gerichtlich- chemischer Nachweis von Blut. Hämatoidin hat Virchow einen in orangefarbigen rhombischen Tafeln krystallisirenden Farbstoff genannt, welcher in alten Blutextravasaten vorkommt, und dessen Ursprung aus dem Blutfarbstoffe sichergestellt zu sein scheint (Lang- hans, CoRDUA, Quincke u. A.). Eine Lösung von Hämatoidin zeigt keine Absorptionsstreifen, sondern nur eine starke Absorption von Violett bis Grün (Ewald). Nach den meisten Forschern soll das Hämatoidin mit dem Gallen- farbstoffe Bilirubin identisch sein. Mit dem krystallisirenden Lutein aus den Corpora lutea der Kuhovarien ist es dagegen nicht identisch (Piccolo und Lieben, Kühne und Ewald). Zum Nachweise der oben geschilderten verschiedenen Blutfarbstoffe ist das Spektroskop das einzige, ganz zuverlässige Hilfsmittel. Handelt es sich nur um den Nachweis von Blut im Allgemeinen, gleichgültig ob der Farbstoff als Hämoglobin, Methämoglobin oder Hämatin vorhanden ist, so liefert die Dar- stellung von Häminkrystallen, bei positivem Erfolge, einen absolut entscheiden- den Beweis. Bezüglich des näheren Verfahrens zum Nachweise von Blut in gerichtlich chemischen Fällen muss übrigens auf ausführlichere Handbücher verwiesen werden, und es dürfte genügend sein , hier nur die Hauptzüge der Untersuchung anzuführen. Sollen Flecke auf Kleider, Leinwand, Holz u. s. w. auf die Gegenwart von Blut untersucht werden, so ist es, wenn thunlich, am einfachsten, von dem Flecke so viel als möglich abzukratzen oder abzuschaben, mit Kochsalz zu zer- reiben und dann hiermit die Häminprobe anzustellen. Bei positivem Erfolge ist die Anwesenheit von Blut nicht zu bezweifeln. Kann auf die obengenannte Weise keine nennenswerthe Menge Material erhalten werden, so laugt man den Fleck mit einigen Tropfen Wasser in einem Uhrgläschen aus. Wird hierbei eine gefärbte Lösung erhalten, so entferiit man, so weit thunlich, Fasern, Holz- späne und dergleichen und lässt die Lösung in einem Uhrglase eintrocknen. Quantitative Bestimmung der Blutfarbstoffe. 67 Der eingetrocknete Rückstand kann ihcils mit dem 8i)ektroskope direkt geprüft werden und theils kann man ihn zur Darstellung von Iläminkrystallon ver- wenden. Er eignet sich auch gut, nach vorgängiger Alkalibehandlung und Zu- satz von reduzirender Substanz, zum Nachweise von Hämochromogen in alkali- scher Lösung. Erhält man nach dem Auslaugen mit Wasser keine gefärbte Lösung oder sitzen die Flecke auf rostigem Eisen, so laugt man mit einer schwachen Alkali- lauge (5 p. m.) aus. Bei Gegenwart von Blut giebt diese Lösung nach der Keutralisation mit Salzsäure beim Eintrocknen einen Rückstand, welcher mit Eisessig Häininkrystalle geben kann. Ein anderer Theil der alkalischen Lösung zeigt nach Zusatz von der STOKE'schen Reduktionsflüssigkeit die Absorptions- streifen des Hämochromogcns in alkalischer Lösung. Zur quantitativen Bestimmung der Blutfarbstoffe sind verschiedene, theils chemische und theils physikalische Methoden vorgeschlagen worden. Unter den chemischen Methoden ist zu nennen die Einäsclierung des Blutes mit der Bestimmung des P2isengehaltes, aus welchem dann die Hämoglobinmenge berechnet wird. Eine andere Jlethode bestellt darin, dass man erst das Blut vollständig mit Sauerstoff sättigt, dann den letzteren vollständig auspumpt und aus der Sauerst^ti'menge die Hämoglobinmenge be- reclmet (Gkkhaxt imd Quinquaud). Keine dieser Methoden ist jedoch zuverlässig. Die physikalischen Methoden bestehen entweder in einer kolorimetrischen oder einer spektroskopischen Untersuchung, Das Prinzip der kolorimetrischen Methode von Hoppe -Seyler besteht darin, dass eine abgemessene Menge Blut mit genau abgemessenen Mengen Wasser verdünnt wird, bis die verdünnte Blutlösung dieselbe Farbe wie eine reine Oxyhämoglobinlösung von bekannter Stärke angenommen hat. Aus dem Grade der Verdünnung lässt sich dann der Farbstoffgehalt des unverdünnten Blutes berechnen. Zu der kolorimetrischen Prüfung benutzt man Glasgefässe mit planparallelen Wandungen und einer Flüssigkeitsschicht von 1 cra Dicke (Hämatinometer von Hoppe -Seyler). Die Methode ist gut und die Un- annehmlichkeit, dass die Normallösung von Oxyhämoglobin nicht längere Zeit ohne Zersetzung aufbewahrt werden kann, lässt sich dadurch vermeiden, dass man die Normallösung in zugeschmolzenen Röhren aufbewahrt. Die Oxyhämo- globinlösung wird dabei allmählich zu einer Hämoglobinlösung reduzirt, die jahrelang haltbar ist und die vor dem Gebrauche durch Schütteln mit Luft in eine Oxyhämoglobinlösung übergeführt wird. Es haben auch einige Forscher (Rajewsky, Lesser, Mallassez) die Oxyhämoglobinlösung durch eine Lösung von Pikrokarmin zu ersetzen versucht. Die quantitative Bestimmung des Blutfarbstoffes mittelst des Spektroskops kann auf verschiedene Weise geschehen, w'ird aber nunmehr wohl ausschliesslich nach der spektrophotomelrischen Methode, welche überhaupt die zuverlässigste von allen zu sein scheint, ausgeführt. Diese Methode basirt darauf, dass der Extinktionskoeffizient einer gefärbten Flüssigkeit für einen bestimmten Spektralbezirk der Konzentration direkt proportional ist, so dass also C : E = C^ : E^, wenn C und G verschiedene Konzentrationen und E und E-^ die entsprcchen- C C' den Extinktionskoeffizienten bezeichnen. Aus der Gleichung ^rr^ folgt also, dass für einen und denselben Farbstofi" diese Relation, welche das „Absorptions- verhältniss" genannt wird, eine Konstante sein muss. Wird das Absorptions- verhältniss mit A, der gefundene Extinktionskoeffizient mit E und die Kon- zentration (der Gehalt an FarbstoflT in Gm in 1 Cc.) mit C bezeichnet, so ist also C = A.E. Kolori- metrische Methode von Hoppe- Seyler. Prinzip der Spektro- photometrie. 68 Viertes Kapitel. Spektropho- tometrische Methode. Absorptions- verhältnisse der Blutfarb- stoffe. Hämometer. b'arbstoffe niederer Thiere. Zur Bestimmung des Extiuktionskoeffizieutes , welcher dem negativen Logarithmus derjenigen Lichtstärke, welche nach der Passage des Lichtes durch eine absorbirende Flüssigkeitsschicht von 1 cm Dicke übrig bleibt, gleich ist, sind verschiedene Apparate von Vierordt und Hüfner konstruirt worden. Beziehentlich derselben muss auf ausführliche Handbücher verwiesen werden. Der Kontrolle halber wird der Extinktionskoeffizient iu zwei verschiedenen Spektralbe- zirken, nämlich D32E — DbiE und Dö3E — Db-LE", bestimmt. Die Konstanten oder die Ab- sorptionsverhältnisse für diese 2 Bezirke werden von Hcfxee mit A, bezw. A' bezeichnet. Vor der Bestimmung muss das Blut mit Wasser verdünnt werden, imd wenn man das Ver- dünnungsverhältniss des Blutes mit V bezeichnet, wird also die Konzentration oder der Gehalt des tmverdünnten Blittes an Farbstoff in 100 Theilen sein: C = lOO.V.A.E uud C = lOO.V.A'.E'. Die Absorptionsverhältnisse oder die Konstanten iu den 2 obengenannten Spektral- bezirken sind für Oxyhämoglobin , Hämoglobin, Kohlenoxydhämoglobin imd Methämoglobin bestimmt worden. Für die fraglichen Farbstoffe aus Hundeblut sind diese Zahlen folgende : Oxyhämoglobin Ao = 0,001330 und A'o = 0,001000 Hämoglobin Ar = 0,001091 „ A'r = 0,001351 Kohlenoxydhämoglobin . . . Ac = 0,00113 „ A'c = 0,001000 Methämoglobin Am = 0,003696 „ A'm= 0,002798 Auch in Gemengen von 2 Blutfarbstoffen kann die Menge eines jeden nach dieser Methode bestimmt wei'den, was von besonderer Bedeutung für die Bestimmung der Menge des gleichzeitig anwesenden Oxyhämoglobins und Hämoglobins im Blute ist. Bezeichnet man mit E tmd E' die Extinktionskoeffizienten des Gemenges in den oben genannten 2 Spektral- bezirken, mit Ao und A'o und Ar und A'r die Konstanten für Oxyhämoglobin, bezw. redu- zirtes Hämoglobin tind mit V den Yerdünnungsgrad des Blutes, so wird der Prozentgehalt an Oxyhämoglobin Ho imd an freduzirtem) Hämoglobin Hr sein: ^ ^^,^ „ AoAVEAr-FA^r) . Hq = 100. V. — — ^ — — und A 0 Ar — Ao A r H.^IOO.Y.^-^'-^^'-"'"-^^-^ A o Ar — Aq A r • Unter den vielen, für klinische Zwecke konstruirten Apparaten zur quanti- tativen Hämoglobinbestimmung hat das Hämometer von Fleischl einen hervorragenden Platz eingenommen. Der Apparat hat eine kolorimetrische Bestimmung zur Aufgabe und diese Bestimmung wird in der Weise ausgeführt, dass die Farbe des mit Wasser verdünnten Blutes mit der Farbe eines keil- förmigen verschiebbaren Prismas aus rothem Glase verglichen wird. Zeigt die Blutprobe dieselbe Farbe wie das Glasprisma, so kann der Gehalt des Blutes an Hämoglobin auf der Skala direkt abgelesen werden. Die Hämoglobinmenge wird dabei in Prozenten von der physiologischen Hämoglobinmenge ausgedrückt. In dem Blute der Evertebraten sind ausser dem oft voi'kommenden Hämoglobin mehrere andere Farbstofle gefimden worden. Bei einigen Arachniden, Crustaceen, Gastropodeu imd Cephalopoden hat man einen, dem Hämoglobin analogen, kupferhaltigen Stoff, das Härnocyanin, gefunden. Unter Aufnahme von locker gebundenem Sauerstoff geht dieser Stoff in blaues Ozy härnocyanin über (P. Beet, Feedericq, Kefkexbeeg, Mac Mrxx) imd wird durch das Entweichen des Sauerstoffes wieder- entfärbt. Ein von Lankester Ckloro- kruorm genannter Farbstoff findet sich bei einigen Chcetopoden. Hämerythrin hat Kefkex- BEEG einen, zuerst von Schwaebe beobachteten, rothen Farbstoff' bei einigen Gephyreen genannt. Neben dem Hämoeyanin findet sich in dem Blute einiger Crustaceen auch der im Thierreiche weit verbreitete rothe Farbstoff Tetronerythrin (Hallibueton). Echinochrom hat Mac MrxN einen braimen, in der Perivisceralflüssigkeit einer Echinusart vorkommenden Farbstoff genannt. Die quantitative Zusammensetzung der rothen Blutkörperchen ist schwer zu bestimmen und es dürften kaum genügend vollständige, zuverlässige Analysen derselben geben. Ihr Gehalt an Wasser schwankt in verschiedenen Blutsorten zwischen 570 und 630 p. ra., mit einem entsprechenden Gehalte von 430 bezw. Farblose Blutkörpercheu. 69 370 p. ni. festen Stoffen. Die Hauptmasse besieht aus Hämoglobin, etwa ^/lo der Trockensubstanz (im Säugetliierblute). Nach den Analysen von Hoppe-Seyler und seinen Schülern sollen die rothen Blutkörperchen auf je 1000 Theile Trockensubstanz enthalten. Iläuioglobiu lOiweiss Lecithin Cholesterin Menschenblut .... 86«— 043 122—51 7,2—3,5 2,5 Zasammen- Himdcblut 865 126 6,0 4,0 rn^^^%t^7 Oauseblut o2< 304 0,U 0,0 körperchen. Schlangeublut .... 467 525 — — Von besonderem Interesse ist das verschiedene Verhältniss des Hämo- globins zu dem Eiweisse in den kernführenden und nicht kernhaltigen Blut- körperchen. Diese letzteren sind nämlich bedeutend reicher an Hämoglobin und ärmer an Eiweiss als jene. Der Gehalt an ]Mineralstoffen beträgt, insoweit jiinerai- er bisher bestimmt werden konnte, in den feuchten Blutkörperchen 4,8 — 8,9 p. m. ^^^ut-^"^ Die Hauptmasse besteht aus Kalium, Phosphorsäure und Chlor. Die Blut- ^örperchen. körperchen des Rinderblutes enthalten indessen nach Buxge mehr Natrium und Chlor als Phosphorsäure und Kalium. Die Blutkörperchen des Schweine- und Pferdeblutes enthalten nach Bunge kein Natrium. Die Blutkörperchen des Menschenblutes enthalten nach Wa>'ach etwa 5 Mal so \'iel Kalium als Natrium, als Mittel 3,99 bezw. 0,75 p. ni. Die farblosen Blutkörperchen und die Blutplättchen. Die farblosen Blutkörperchen, auch Leukocyten oder Lymphoid- zellen genannt, M^elche bekanntlich von verschiedener Form und Grösse in der Blutflüssigkeit vorkommen, stellen im ruhenden Zustande kugelige Klümpchen eines klebrigen , stark lichtbrechenden , bewegungsfähigen , hüllenlosen Proto- Farblose plasmas dar, in welchem nach Zusatz von Wasser oder Essigsäure 1 — 4 Kerne körperchen. zu sehen sind. In dem ^Menschen- und Säugethierblute sind sie grösser als die rothen Blutkörperchen. Sie haben auch ein niedrigeres spezifisches Gewicht als diese, bewegen sich in dem cirkulirendeu Blute näher an der Gefässwand und bewegen sich auch langsamer. Die Zahl der farblosen Blutkörperchen schwankt bedeutend nicht nur in verschiedeneu Gefässbezirken, sondern auch unter verschiedenen physiologischen Verhältnissen. Als Mittel kommt auf 350—500 rothe Blutkörperchen je 1 farb- lo.ses. Nach den Untersuchungen von Alex. Schmidt und seinen Schülern sollen unmittelbar nach dem Entleeren des Blutes vor und während der Ge- rinnung Leukocyten massenhaft — etwa 71,7*^, o im Pferdeblute nach Heye — zu Grunde gehen, so dass das entleerte Blut erheblich ärmer an solchen als das kreisende ist. Die Richtigkeit dieser Angabe wird jedoch von anderen Forschern geläugnet. Vom histologischen Gesichtspunkte aus unterscheidet man bekanntlich verschiedene Arten von farblosen Blutkörperchen; in chemischer Hinsicht sind jedoch noch keine wesentlichen Unterschiede zwischen ihnen bekannt. Mit Rück- 70 Viertes Kapitel. cyten. verschie- sicht auf ihre Bedeutung für die Faserstoffgerinnuiig unterscheidet Alex. Schmidt dene Arten ^q^j seine Schüler zwischen solchen Leukocyten , welche bei der Gerinnung zu cyten. Grunde gehen, und solchen , welche dabei nicht zerstört werden. Die letzteren werden von Karmin rasch gefärbt und geben mit Alkalien oder Kochsalzlösung eine schleimige Masse; die ersteren zeigen ein solches Verhalten nicht. Das Protoplasma der Leukocyten ist während des Lebens amöboider Bewegungen fähig, welche theils Wanderungen der Zellen und theils die Auf- nahme kleiner Körnchen oder Fremdkörperchen ins Innere derselben ermöglichen. Aus diesem Grunde hat man auch das Vorkommen von Myosin in ihnen an- genommen, ohne indessen irgend welche Beweise hierfür liefern zu können. Li den mit eiskaltem Wasser ausgewaschenen Leukocyten des Pferdeblutes hat Alex. ScHHiLDT Serumglobulin gefunden. Es geben ferner wenigstens gewisse Leuko- cyten mit Alkalien oder Kochsalzlösung eine schleimig aufquellende Masse, welche mit der in den Eiterzellen vorkommenden sog. hyalinen Substanz von RoATDA identisch zu sein scheint. Bei dem Auslaugen der Leukocyten mit Wasser hat man auch in Lösung eine von Essigsäure fällbare und in einem Eweisstoffe Ueberschusse davon nicht lösliche Proteinsubstanz erhalten (Schmidt und Rauschex- der Leuko- BACH, Wooldridge). Diese, von WooLDErooE als „LymplifibrinogeW bezeichnete Proteinsubstanz hat, wenn sie aus gewissen Leukoc}i:en (aber nicht aus anderen) dai'gestellt worden ist, eine kräftige Wirkung auf die Faserstoffgerinnung. Ein wichtiger Bestandtheil der farblosen Blutkörperchen ist nach Alex. Schiniidt das Fibrinferment oder vielleicht richtiger eine Muttersubstanz desselben, ein Zymogen. Bei dem Zugrundegehen der farblosen Blutzellen wird das Fibrin- ferment frei, und dabei soll auch Serumglobulin in das Plasma übergehen. Aus den Leukocyten der Lymphdrüsen hat endlich Halliburton 2 Globuline und em Albumin (vergl. S. 35) nebst der hyalinen Substanz Rovidas und als post- mortale Produkte Albumosen und Peptone isolirt. Unter den übrigen Bestandtheilen der farblosen Blutkörperchen sind zu nennen : Glykogen, welches in der lebenden, aber nicht in der todten Zelle vor- kommen soll, Lecithin, Protagon (?) und Cholesterin. Die Kerne bestehen zweifelsohne aus Nude'in. Die Mineralstoffe sind wahrscheinlich dieselben wie in den Eiterzellen (vergl. Kapitel 5). Die obigen Angaben über die Bestandtheile der Leukocyten beziehen sich, wie man sieht, nicht ausschliesslich auf die farblosen Blutkörperchen, sondern auch auf die Leukocyten der Lymphdrüsen. ' Da die Leukocyten des Blutes als von aussen eingedrungene Zellen anzusehen sind, dürfte wohl auch ein solches Vorgehen berechtigt sein, um so mehr, als man noch keine besonderen, für die Leukocyten des Blutes, zum Unterschiede von anderen Leukocyten, spezifischen, chemischen Eigenschaften oder Bestandtheile kennt. Die Blutplättclieii (Bizzozero's) , über deren ISTatur und physiologische Bedeutung man viel gestritten hat, sind blasse, farblose, klebrige Scheibchen von runder oder mehr ovaler Form, welche im Allgemeinen einen 2 — 3 Mal kleineren Durchmesser als die rothen Blutkörperchen haben. Ihre Zahl soll Extraktiv- stoffe. Allgemeine Eigenschaften des Blutes. 71 nach FusARi bei Gesunden 180000 — 250000 in 1 cnini sein. Nach einigen Forschern, Biz/.ozero, ScnnniELBrscir und Laker, sind die Blutplättchen in dem kreisenden Blute vorkommende, präformirte Gebilde, was dagegen von anderen Forschem, wie Löwit und Wooldrldge, bestritten wird. Nach einigen Forschern (Hlava) sollen sie wenigstens zum Theile Kerne von farblosen Blut- körperchen sein, während sie nach Löwit durch Austreten von Globulinsubstanz aus den farblosen Blutkörperchen entstehen können. Bizzozero und mit ihm mehrere andere Forscher sehen in den Blutplättchen den Ausgangspunkt für die Blutgerinnung, was dagegen von den Schülern Alex. ScmiiDx's geleugnet wird. Nach Löwit sollen die Blutplättchen aus Globulinsubstanz bestehen, weshalb er sie auch Globulinplättchen nennt. Zu der angeblichen Bedeutung dieser Gebilde für die Faserstoffgerinnung werden wir l)ald zurückkommen. Xatur der Blut- plättchen. III. Das Blut als ein Gemenge von Plasma und Blutkörperchen. Das Blut als solches ist eine dicke, klebrige, heller oder dunkler rothe, selbst in dünnen Schichten undui'chsichtige Flüssigkeit von salzigem Geschmacke imd schwachem, bei verschiedenen Thierarten verschiedenem Gerüche. Nach Zusatz von Schwefelsäure zum Blute tritt der Geruch deutlicher hervor. Das spezifische Gewicht ist beim erwachsenen Menschen im Mittel 1,055 mit Schwan- kungen zwischen 1,045 und 1,075. Nach Scherrenziss hat das fötale Blut ein niedrigeres spezifisches Gewicht als das Blut Erwachsener. Nach Lloyd E. Joxes ist das spezifische Gewicht am höchsten bei der Geburt, am niedrigsten dagegen bei Kindern bis zum 2. Jahre und bei Schwangeren. Die Reaktion des Blutes ist alkalisch. Der Gehalt an Alkali, als NagCOg berechnet, beträgt beim Hunde etwa 2 (Zuxtz), beim Kaninchen etwa 2,5 (Lassae) und beim Menschen 3,38 — 3,90 p. m. (v. Jaksch). Die alkalische Reaktion nmimt ausserhalb des Körpers an Intensität ab und zwar um so schneller, je grösser die ursprüngliche Alkalescens war. Dies rührt von einer in dem ge- lassenen Blute stattfindenden Säurebildung her, an welcher die rothen Blut- körperchen in irgend einer Weise betheiligt zu sein scheinen. Nach starker Muskelthätigkeit soll die Alkalescens in Folge der dabei im Muskel stattfinden- den Säurebildimg abnehmen, und ebenso nimmt sie nach anhaltender Einnahme von Säure ab (Lassar). Die Farbe des Blutes ist roth, hell scharlachroth in den Arterien und dunkel blau- roth in den Venen. Das sauerstoffreie Blut ist dichroitisch , in auffallendem Lichte dunkelroth, in durchfallendem grün. Der Blutfarbstoff findet sich in den Blutkörperchen. Das Blut ist aus diesem Grunde in dünnen Schichten undurchsichtig und verhält sich also als „Deckfarbe". Wird auf irgend eine der obengenannten Weisen (vergl. S. 55) das Hämoglobin von dem Stroma getrennt und von der Blutflüssigkeit gelöst, so wird das Blut durch- Allgeraeine Eigen- schaften. Alkalescens des Blutes. Deckfarbe und Lack- farbe. 72 Viertes Kapitel. Gerinnung des Blutes. Speckhaut. Verzögerte oder verhin- derte Gerin- nung. sichtig und verhält sich somit als „Lackfarbe". Es wird nun weniger Licht aus seinem Inneren heraus reflektirt, und das lackfarbene Blut ist deshalb in dickeren Schichten dunkler. Werden umgekehrt durch Zusatz von Salzlösung die Blutkörperchen zum Schrumpfen gebracht, so wird mehr Licht als vorher reflektirt und die Farbe erscheint heller. Ein grösserer Reichthum an rothen Blutkörperchen macht das Blut dunkler, wogegen es durch Verdünnung mit Serum oder bei grossem Gehalte an farblosen Blutkörperchen heller wird. Die verschiedene Farbe des arteriellen und venösen Blutes rührt von dem verschie- denen Gasgehalte dieser zwei Blutarten, bezw. von ihrem verschiedenen Gehalte an Oxyhämoglobin und Hämoglobin her. Man hat auch die Ursache der un- gleichen Farbe dieser zwei Blutarten zum Theil in einer ungleichen Form der Blutkörperchen gesucht. In dem arteriellen Blute sollten nämlich die Blut- körperchen mehr bikonkav und also das Licht stärker reflektirend als in dem venösen sein (Harless). Diese Angabe ist jedoch durch neuere Untersuchungen nicht bestätigt Avorden. Die auffallendste Eigenschaft des Blutes besteht darin , dass es binnen mehr oder weniger kurzer Zeit, im Allgemeinen aber sehr bald nach dem Ader- lasse gerinnt. Verschiedene Blutarten gerinnen mit verschiedener Geschwindig- keit, in dem Menschenblute aber treten die ersten deutlichen Zeichen einer Ge- rinnung nach etwa 2 — 3 Minuten auf, und binnen 7 — 8 Minuten ist das Blut durch und durch in eine gallertähnliche Masse umgewandelt. Bei mehr lang- samer Gerinnung gewinnen die rothen Blutkörperchen Zeit, vor der Gerinnung mehr oder weniger stark nach unten zu sinken, und der Blutkuchen zeigt dann eine obere, mehr oder weniger mächtige, gelb -graue oder röthlich-graue , aus Faserstofl" mit eingeschlossenen, hauptsächlich farblosen Blutkörperchen bestehende Schicht. Diese Schicht hat man Crusta inflammatoria oder phlogislica genannt, weil sie besonders bei inflammatorischen Prozessen beobachtet und als für solche charakteristisch angesehen worden ist. Diese Crusta oder „Speckhaut" ist indessen für keine besondere Krankheit charakteristisch und sie kommt überhaupt dann vor, wenn das Blut langsamer als sonst gerinnt oder die Blutkörperchen rascher als gewöhnlich heruntersinken. Eine Speckhaut beobachtet man deshalb auch oft in dem langsam gerinnenden Pferdeblute. Das Blut der Kapillaren soll ge- rinnungsunfähig sein. Die Gerinnung wird verzögei't durch Abkühlen, durch Verminderung des Sauerstoff*- und Vermehrung des Kohlensäuregehaltes, weshalb auch das venöse Blut und in noch höherem Grade das Erstickungsblut langsamer als das arterielle Blut gerinnt. Durch Zusatz von Säuren, Alkalien oder Ammoniak, selbst in geringen Mengen, von konzentrirten Lösungen neutraler Salze der Alkalien und alkalischen Erden, ferner von Hühnereiweiss, Zucker- oder Gummilösung, Glycerin oder viel Wasser, wie auch durch Auffangen des Blutes in Gel, kann die Ge- rinnung verzögert oder verhindert werden. Durch Einspritzen, in das cirkulirende Blut, von Albumoselösung oder Blutegelinfus, welch' letzteres auch auf das eben gelassene Blut einwirkt, kann die Gerinnung verhindert werden (vergl. S. 45). Gerinnmig des Blutes. 73 Beschleunigt wird dagegen die Gerinnung durch Erhöhung der Temperatur, durch Berührung mit fremden Körpern, an welchen das Blut adhärirt, durch l"^mrühren oder Schlagen desselben , durch Luftzutritt , durch Verdünnung mit kleinen Mengen "Wasser, durch Zusatz von Phitinmohr oder fein gepulverter Kohle, Zusatz von lackfarbenem Blute, welches jedoch nicht durch den gelösten nit^te^Gerrn- Blutfarbstoff, sondern durch die Stroniata der Blutkörperchen wirkt (Wooldredge, ^^'^^' Nuck), und ferner durch Zusatz von Lymphdrüsenleukocyten oder einem koch- salzhaltigen Wasserextrakte auf Lymphdrüsen, Hoden oder Thymus. Der wirk- same Bestandtheil eines solchen Wasserextraktes ist nach Wooldridge ein lecithinhaltiger EiweisstofF, w^elcher von ihm Gewebeßbrinogen genannt wird. Eine wichtige Frage ist die, warum das in den Gefässen kreisende Blut flüssig bleibt, während das gelassene Blut der Gerinnung rasch anheimfällt. Wenn das Blut die Ader verlassen hat, kommt es unter neue, abnorme Verhältnisse. Es kühlt sich ab^ es kommt mit der Luft in Berührung, seine Bewegung hört auf und es wird dem Einflüsse der lebenden Gefässwand ent- zogen. Dass die Abkühlung nicht die Ursache der Gerinnung sein kann, geht einfach daraus hervor, dass die Abkühlung gerade ein gutes Mittel ist, die Ge- rinnung zu verzögern. Dass die Berührung mit der Luft nicht das Wesentlichste Die Gerin- sem kann, ist daraus ersichtlich, dass das Blut, wenn es über Quecksilber auf- halb des gesammelt wird — wobei weder eine Aufnahme, noch eine Abgabe von Gas stattfindet — ebenfalls gerinnt. Dass das Aufhören der Bewegung nicht die Gerinnung hervorruft, folgt daraus, dass das über Quecksilber aufgesammelte Blut, gleichgültig ob es geschüttelt Avird oder nicht, gerinnt, und weiter daraus, dass Bewegung, wie z. B. das Schlagen des Blutes, die Gerinnung desselben ])eschleunigt. Den Grund, w^arum das gelassene Blut gerinnt, hat man deshalb in dem fmstande gesucht, dass es dem Einflüsse der lebendigen, unverletzten Gefäss- wand entzogen wird. Für diese Ansicht sprechen auch die Beobachtungen mehrerer Forscher, Durch Beobachtungen von Hewson, Lister und Fredericq weiss man, dass wenn eine an zwei Stellen unterbundene, mit Blut gefüllte ^®^Qg*^°f. Vene herauspräparirt wird, das in ihr enthaltene Blut längere Zeit flüssig bleiben "^ pj^j^g^*® kann. Brücke Hess ein ausgeschnittenes, mit Blut gefülltes Schildkrötenherz ^'iJ®°g^®^ bei 0° C. arbeiten und er fand das Blut nach mehreren Tagen ungeronnen. Das aus einem anderen Herzen entleerte, über Quecksilber aufgesammelte Blut gerann dagegen rasch. In einem todten Herzen wie auch in todten Blutge- fässen gerinnt das Blut bald, und ebenso gerinnt es, wenn die Gefässwand dui-ch pathologische Prozesse verändert worden ist. Welcher Art ist nun dieser, von der Gefässwand ausgehende Einfluss auf das Flüssigbleiben des kreisenden Blutes ? Freund hat gefunden, dass das Blut flüssig bleibt, wenn es durch eine gefettete Kanüle unter Gel oder in mit Vaselin ausgegossene Gefässe aufgefangen wird. Wird das in ein eingefettetes Gefäss aufgefangene Blut mit einem eingeölten Glasstabe geschlagen, so gerinnt es nicht, gerinnt aber rasch beim Schlagen mit einem uneingefetteten Glasstabe 74 Viertes Kapitel. Bedeutung (lerAdhäsion für die Ge- rinnung. oder wenn es in ein nicht eingefettetes Gefäss gegossen wird. Die Nichtgerin- nung des Blutes beim Auffangen desselben unter Oel ist später von Haycraft und Carlier bestätigt worden. Freund fand durch weitere Versuche, dass die Austrocknung der obersten Blutschichten oder die Verunreinigung mit geringen Staubmengen sogar im Vaselingefäss die Gerinnung hervorrief Nach Freund ist es also das Vorhandensein der Adhäsion zwischen dem Blute oder zwischen dessen Formeleraenten und einer Fremdsubstanz — und als solche wirkt auch die krankhaft veränderte Gefässwand — welches den Anstoss zur Gerinnung giebt, während der Mangel an Adhäsion das Blut vor der Gerin- nung schützt. Bei dieser Adhäsion der Formelemente des Blutes an irgend einem Fremdkörper scheinen jene gewissen Veränderungen zu unterliegen, welche in einer bestimmten Beziehung zu der Gerinnung zu stehen scheinen. Diejenige Ansicht von der Blutgerinnimg, welche, wenn auch mit einigen Modifikationen, von den meisten Forschern acceptirt worden ist, scheint die von Alexander Schmidt und der Dorpa^er- Schule aufgestellte Theorie zu sein. Nach Alexander Schmidt, welcher vor allen anderen Forschern um die Lehre der Blutgerinnung sich verdient gemacht hat, findet bei der Gerinnung ein massenhaftes Zerfallen von farblosen Blutkörperchen statt, und aus ihnen soll nicht nur das Fibrinferment, sondern auch das Serumglobulin und das Fibri- nogen, welch' letzteres jedoch auch schon vorher in dem Plasma vorkommt, hervorgehen. Unter Einwirkung des Fibrinfermeutes sollen dann Serumglobulin und Fibrinogen zu Faserstoff zusammentreten. Bei der Gerinnung findet also zwischen dem Protoplasma der Leukocyten und dem Plasma eine "Wechselwir- kung derart statt, dass das Plasma die Leukocyten rasch zerstört, dabei aber seinerseits durch das freigewordene Fibrinferment unter Ausscheidung von Fibrin zerstört wird (Schmidt und Rauschenbach). Eine solche Wechselwirkung findet nicht nur zwischen dem Blutplasma und den Leukocyten, sondern auch zwischen Blutplasma und thierischem Protoplasma überhaupt — ja sogar zwischen vege- tabilischem Protoplasma und Blutplasma — statt (Schmidt und Grohmann). Während das Blutserum im Allgemeinen auf die Zellen konservirend wirkt, übt das Blutplasma dagegen eine destruirende Wirkung auf die Zellen aus, und dabei tritt das Fibrinferment auf. Das letztgenannte ist ein Zersetzungsprodukt von Zellen überhaupt (Schmidt und Rauschenbach; Foa und Pellacani) und es kann deshalb auch „Protozym" (Rauschenbach) genannt werden. Ein Zerfall von Leukocyten kommt auch unter physiologischen Verhältnissen in dem Blute vor, und es finden sich deshalb auch regelmässig Spuren von dem Fibrin- fermente in dem Blute. Innerhalb gewisser Grenzen kann jedoch der Organismus gegen eine gefahrdrohende Steigerung dieses Prozesses sich schützen. Nach ScHiviiDT und Groth und Schmidt und Krüger soll das Einspritzen von Leuko- Leukocyten. cyten in das kreisende Blut eine intravaskuläre Gerinnung hervorrufen können, eine Angabe, deren Richtigkeit jedoch von Wooldridge bestritten wird. Nach ihm sollen nämlich die reinen, gewaschenen Leukocyten unwirksam sein, und die von Schmidt und seinen Schülern beobachtete Wirkung soll von der Verun- Theorie von Alex. Sclimidt. Wirkung der Gerinnung des Blutes. 75 iriuiguiig mit „Li/mphßhrlnoijen" heiTühren. Das Lymphfibrinogen ist ein Repräsentant einer ganzen Gruppe von mit Essigsäure fällbaren, lecithinhaltigen, in mehreren Organen und Geweben vorkommenden, nicht näher studirten Protein- substanzen, welche von Wooldridgk „Gewebefibrinogene" genannt werden. Nach Alex. Schmidt ist die Blutgerinnung also ein enzymatischer, von dem Fibrintermente vermittelter Vorgang, bei welchem zwei Proteinsubstanzen, das Serumglobulin und das Fibrinogen, das materielle Substrat des Faserstoffes her- stellen sollen. Für die Annahme, dass das Serumglobulin in dem neugebildeten Faserstoffe anders wie eine mechanisch mit niedergerissene Verunreinigung ent- halten sei, fehlt indessen jeder Grund. Es ist zwar richtig, dass das aus enzym- haltigem Serum dargestellte, stark verunreinigte Serumglobulin die Gerinnung beschleunigt und die Menge des ausgeschiedenen Faserstoffes unter Umständen vermehren kann, aber das aus enzymfreien Transsudaten dargestellte, reinere Serumglobulin ist in diesen Hinsichten unwirksam. Dieselbe Wirkung auf die ^Slenge des ausgeschiedenen Faserstoffes, welche das unreine Serumglobulin zeigt, kommt auch der mit Essigsäure aus einem Wasserextrakte der Lymphdrüsen- leukocyten fällbaren Substanz zu. Diese Substanz, welche weder mit dem Serumglobulin identisch, noch davon verunreinigt ist, kann nach Schmidt und Rauschexbach die Menge des Fibrins in filtrirtem Plasma um etwa 25 "/o ver- mehren. Endlich kann auch eine serumglobulinfreie Fibriuogenlösuug mit einer ebenfalls serumglobulinfreien Fibrinfermentlösung einen ganz typischen Faser- stoff liefern (Verf.). Es ist also kaum möglich, diesen Theil der ScHMiDT'schen Theorie zu acceptiren. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass das unreine Serum- globulin die Ausscheidung des Fibrins in indirekter Weise befördere, ebenso Avie das CaClg (Verf.) und die Kalksalze im Allgemeinen (Green, Ejrüger). Thatsache ist, dass ein ganz typischer Faserstoff aus Fibrinogen allein, bei Gegenwart von Fibrinferment und ]Mineralstoffen (Chloralkalien und Kalksalzen) entstehen kann. Ueber die Bedeutung der farblosen Blutkörperchen für die Blutgerinnung gehen auch die Ansichten etwas auseinander. So sollen nach Bizzozero u. A. nicht die farblosen Blutkörperchen, sondern die Blutplättchen den Ausgangs- punkt für die Fibrinbildung darstellen, eine Ansicht, gegen welche jedoch w'ichtige Einwendungen (von Löwix u. A.) erhoben worden sind. Auch Wooldridge betrachtet die farblosen Blutkörperchen als von nur untergeordneter Bedeutung. Wie er gefunden hat, kann nämlich ein Peptonplasma, Avelches durch Centri- fugiren von sämmtlichen Formbestandtheilen befreit worden ist, reichliche Mengen von Faserstoff liefern, wenn es nur nicht von einer beim Abkühlen aus- fallenden Substanz, welche bei mikroskopischer Beobachtung den Blutplättchen Bizzozero's sehr ähnelt, getrennt wird. Da nun indessen, wie Löwit gefunden hat, aus den weissen Blutkörperchen vor der Gerinnung homogene Tropfen aus- treten können, welche eine plättchenähnliche Form annehmen, ist es sehr wohl möglich, dass die von Wooldridge beobachtete, beim Abkühlen als plättchen- ähnliche Gebilde sich ausscheidende Substanz von den farblosen Blutkörperchen stammt. Dass eine Gerinnung ohne einen Zerfall von farblosen Blutkörperchen Bedeutung- des Seium- globulins. Bedeutung der farb- losen Blut- körperchen. 76 Viertes Kapitel. von statten gehen kann, ist wohl ganz sicher von Löwit dargethan worden; aber dieser Forscher will damit nicht die Bedeutung der farblosen Blutkörper- chen für die Gerinnung in Abrede gestellt haben. Im Gegentheil hat er beob- achtet, dass im Krebsblute vor der Gerinnung eine sog. „Plasmoschise", d. h. ein Austritt von Bestandtheilen aus den Zellen in das Plasma stattfindet, und dieser Vorgang soll nach seiner Ansicht in naher Beziehung zu der Blutgerinnung stehen. Legt man nicht das Hauptgewicht auf den Zerfall der Leukocyten und be- trachtet man als das Wesentlichste dieses Theiles der ScHMiDT'schen Theorie die Annahme , dass der Anstoss zur Gerinnung von den farblosen Blutkörper- chen ausgehe und dass in das Plasma übergehende Bestaudtheile derselben bei der Gerinnung sich betheiligen, so ist die ScmiiDT'sche Theorie durch die Unter- suchungen der letzten Jahre nicht widerlegt, sondern eher gestützt worden. Gegenüber der Ansicht von Alex. Schmidt, der zu Folge die FaserstofF- gerinnung ein enzymatischer Prozess sein soll , hat Wooldridge die Ansicht ausgesprochen, dass das Fibrinferment nicht eine Ursache der Gerinnung, sondern ein Produkt der dabei verlavifenden chemischen Prozesse sein soll. Nach Woold- ridge sind dagegen Lecithin und lecithinhaltige Proteinsubstanzen von der grössten Bedeutung für die Gerinnung. Dies gilt in erster Hand von der oben- genannten, beim Abkühlen des centrifugirten Peptouplasmas sich ausscheiden- den Substanz , welche von Wooldridge A - Fibrinogen genannt wird. Das Plasma soll nach Wooldridge sämmtliche Bedingungen für das Zustande- kommen der Gerinnung in sich selbst enthalten und die Formelemente sind Wooldridge! 11^1* von Untergeordneter Bedeutung. Centrifugirtes Peptouplasma , welches von Formelementen ganz frei ist, aber das .4-Fibrinogen noch enthält, gerinnt bei Verdünnung mit Wasser, beim Durchleiten von Kohlensäure oder nach Zusatz von ein wenig Essigsäure, und hierbei soll das Fibrinferment entstehen. Als C-Fibrmogen bezeichnet Wooldridge das gewöhnliche, nach der oben S. 47 angegebenen Methode isolirbare Fibrinogen. Dieses Fibrinogen kommt zwar in Transsudaten vor, soll aber in dem Peptouplasma nur in sehr geringer Menge vorkommen. In grösster Menge kommt in dem Peptonplasma ein drittes Fibri- nogen vor, welches eine Muttersubstanz des C-Fibrinogens sein soll und von Wooldridge ^-Fibrinogen genannt wird. Das ß-Fibrinogen soll von Lecithin und Lymphdrüsenleukocyten , nicht aber von Fibrinferment oder Blutserum in Faserstoff übergeführt werden. Nach vorausgegangener Einwirkung von Serum oder Fibrinferment liefert jedoch das ß-Fibrinogen beim Verdünnen mit Wasser Fibrin. Das Wesentlichste der Faserstoffgerinnung soll nach Wooldridge eine Wechsel wu-kung zwischen A- und ß-Fibrinogen sein. Es soll dabei eine Ab- gabe von Lecithin von dem A-Fibrinogen und eine Aufnahme desselben durch das B-Fibrinogen stattfinden. Gegen diese Theorie sind von Halliburton wichtige Bedenken erhoben worden. Es ist in der That auch schwierig, in den Abhandlungen von Wool- dridge bindende Beweise für die obige Ansicht finden zu können, und diejenigen Experimente, auf welchen sie sich stützen soll, sind wie es scheint sehr schwierig Gerinnung des Blutes. 77 ZU (leuteu. Die ganze Theorie fusst hauptsächlich auf Experinientcu mit „Peptoii- plasma" ; aber solches Plasma verhält sich in gewissen Hinsichten anders als Einwunde gewöhnliches. Besonders ist es bemerkenswerth , dass, während gewöhnliche? Thoono von Plasma und eine gewöhnliche Fibrinogenlösung beim Erhitzen ganz gleich sich verhalten, das Peptonplasma dagegen dabei ein wesentlich anderes Verhalten zeigt. Es verhält sich ferner das Peptonplasma, wenn das sog. A-Fibrinogen noch nicht entfernt worden ist, beim Verdünnen mit Wasser, bei Kohleusäure- durchleitung oder bei Zusatz von ein wenig Säure wie ein Plasma, in welchem das gewöhnliche Fibrinogen (C-Fibrinogen) schon theilweise in eine Zwischenstufe zwischen Fibrinogen und Fibrin umgewandelt worden ist. Bevor die zwischen gewöhn- lichem Plasnui und Peptonplasma bestehenden Unterschiede mehr eingehend und vielseitig geprüft worden sind, dürfte es deshalb auch schwierig sein, den an Pepton- plasma gemachten Beobachtungen eine ganz unzweideutige Interprätation zu geben. FREU^'D sucht die Ursax^he der Gerinnung in einer Abscheidung von Calciumphosphat, wobei ein Theil der vorher gelösten Eiweisskörper als Faser- stoff unlöslich werden soll. Bei der vor der Gerinnung stattfindenden Adhäsion soll aus den Formelementen Alkaliphosphat in das an Kalksalzen reichere Plasma übergehen und daraus Calciumphosphat entstehen. Ist die Menge des letzteren in dem Plasma oder einer anderen gerinnbaren Flüssigkeit so gross geworden, dass sie davon nicht vollständig in Lösung gehalten werden kann, so wird nach seiner Ansicht die Ausscheidung des Ueberschusses eine Ursache zum Unlöslichwerden eines Theiles der Eiweisstoffe, d. h. eine Ursache zur Gerinnung. Dass der Faserstoff und das Fibrinogen eine calciumphosphathaltige Asche liefern und dass Kalksalze die Gerinnung beschleunigen oder in fermentarmen Flüssigkeiten eine solche Freund'sche 1 /. • 1 1 . . Theorie. hervorrufen, sind längst bekannte Thatsachen, ebenso wie es lange bekannt ist, dass das Labferment bei Mangel an Kalksalzen in Caseinlösungen keine Ge- rinnung hervorruft. Dass die Kalksalze eine grosse Bedeutung für die Faser- stofFgerinnung haben, ist also unzweifelhaft; dass aber eine Abscheidung von Calciumphosphat die Ursache der Gerinnung sein solle, ist ebensowenig be- wiesen wie die Behauptung, dass die Gerinnung der Milch bei der Käseberei- tung nur durch Unlöslichwerden des Calciumphosphates ohne Einwirkung des Labfermentes auf das Casein selbst zu Stande komme. Die Unhaltbarkeit der FREUND'schen Theorie ist übrigens von Latschenberger gezeigt worden. Nach DoGiEL und Holzmann soll die FaserstofFgerinnuug eine Oxydation des Fibrinogens sein. Die Beziehung des Sauerstoffes zu der Gerinnung ist noch nicht ganz klar und ein gewisser Einfluss desselben auf die Gerin- nung kann nicht in Abrede gestellt werden. Da aber die Gerinnung auch bei Abwesenheit von freiem Sauerstoffe von statten gehen kann, scheint die obige Ansicht nicht genügend begründet zu sein. Der sehr dunkle und verwickelte Verlauf der intravaskulären Gerinnung und die Beziehungen der sogenannten Gewebefibrinogene (Wooldridge) zu der- selben sind noch der chemischen Forschung so wenig zugänglich gewesen, dass auf diese interessanten Fragen hier nicht näher eingegangen werden kann. 78 Viertes Kapitel. IV. Die Gase des Blutes. Seit den bahnbrechenden Untersuchungen von ]Magxus und Lothar Meyer sind die Gase des Blutes wiederholt Gegenstand sorgfältiger Untersuchungen hervorragender Forscher gewesen, unter denen vor Allem C. Ludwig und seine Schüler und E. Pflüger und seine Schule zu nennen sind. Durch diese Unter- suchungen ist nicht nur die Wissenschaft mit einer Fülle von Thatsachen be- reichert worden, sondern es haben auch die ^lethoden selbst eine grössere Ver- vollkommnung und Zuverlässigkeit erlangt. Bezüglich dieser Methoden wie auch bezüglich der Gesetze für die Absorption der Gase von Flüssigkeiten, der Dissociation und anderer, hierher gehörigen Fragen muss jedoch, da es hier nur um eine kurzgefasste Darstellung der wichtigsten Thatsachen sich handeln kann, auf ausführlichere Lehrbücher der Physiologie, der Physik und der gasana- lytischen Methoden hingewiesen werden. Die im Blute unter physiologischen Verhältnissen vorkommenden Gase sind Sauerstoß, Kohlensäure und Siicksloß'. Das letztgenannte Gas findet sich in nur sehr kleiner Menge, im Mittel zu 1 ,8 Vol. Prozent, die Menge hier wie überall in dem Folgenden auf 0 ^ C. und 760 mm Hg-Druck berechnet. Der Stic^toffes. Stickstofi^ Scheint im Blute, wenigstens zum unverhältnissmässig grössten Theile, einfach absorbirt zu sein. Er scheint keine direkte Kolle in den Lebensvor- gängen zu spielen und seine Menge seheint in dem Blute verschiedener Gef äss- bezirke annähernd dieselbe zu sein. Anders verhält es sich mit dem Sauerstoffe und der Kohlensäure, deren Mengen bedeutenden Schwankungen unterliegen, nicht nur in dem aus ver- schiedenen Gefässbezirken stammenden Blute, sondern auch in Folge mehrerer Verhältnisse, wie einer verschiedenen Cirkulationsgeschwindigkeit, einer verschie- denen Temperatur, Ruhe und Arbeit u. s. w. Der am meisten hervortretende Unterschied im Gasgehalte betrifft das arterielle und das venöse Blut. Die Menge des Sauerstoffes im arteriellen Blute (von Hunden) beträgt im Mittel 22 Vol. Prozent (Pflüger). In Menschenblut fand Setschexow etwa dieselbe Menge, 21,6 Vol. Prozent. Für das Blut von Kaninchen und Vögeln hat man niedrigere Zahlen gef unden, bezw. 13,2 imd 10 — 1 5 '^, o (^YALTER, Jolyet). Das venöse Blut hat einen sehr \rechselnden Gehalt an Sauerstoff. In dem venösen Blute ruhender Muskeln fanden Ludwig & Sczelkow 6,8 °iO Sauerstoff und eine noch kleinere Menge in dem venösen Blute arbeitender Menge des Sauerstoffes Muskcln. In dem Erstickungsblute fehlt der Sauerstoff gänzlich oder kommt im Blute. i • i nur spurenweise vor. Das venöse Blut der Drüsen schemt dagegen während der Absonderung etwas reicher an Sauerstoff als gewöhnliches venöses Blut zu sein. Durch Zusammenstellung einer grossen Anzahl von Analysen verschie- dener Forscher hat Zl-^ntz berechnet, dass das venöse Blut des rechten Herzens als Mittel 7,15°,o Sauerstoff weniger als das arterielle Blut enthält. Die Gase des Blutes. 79 Die Menge der Kohlensäure in dem ai-teriellen Blute (von Hunden) ist 30 bis 40 Vol. Prozent (Ludwig, Setschenow, Pflüger, P. Bert u. A.), am häufigsten gegen 40 ^^ 0. In dem arteriellen Blute vom Menschen fand Setschenow 40,3 Vol. „ , ' Mon)?e der Prozent. Der Gehidt des venösen Blutes an Kohlensäure schwankt noch mehr '^suure" (Ludwig, Pflüger und deren Schüler, P. Bert, ^NIatiiiei- und ürbain u. A.). Nach Berechnungen von Zuntz soll das venöse Blut vom rechten Herzen etwa 8,2^,0 Kohlensäure mehr als das arterielle enthalten. Die mittlere Menge dürfte zu 48 Vol. Prozent angeschlagen werden können. In dem Erstickungsblute fand Holmgrex sogar 69,21 Vol. Prozent Kohlensäure. Der Sauerstoff ist nur zu einem kleinen Theile absorbii't von dem Plasma oder Serum, in welchem Pflüger nur 0,26 "^/o Sauerstoff fand. Die Hauptmenge, d. h. fast sämmtlicher Sauerstoff, ist von dem Hämoglobin locker gebunden in dem Oxyhämoglobiu. Die Menge Sauerstoff, welche in dem Hundeblute enthalten ist, stimmt auch thatsächlich' gut mit derienigen Menge überein, welche Bindung des ' '?. ,. Sauerstoffes man, nach der sauerstoffbindenden Fähigkeit des Hämoglobins und der Menge im Blute, des letzteren in dem Hundeblute zu urtheilen, darin zu erwarten hätte. In wie weit das kreisende arterielle Blut mit Sauerstoff gesättigt sei, ist schwierig zu entscheiden, weil stets unmittelbar nach dem Aderlasse eine Sauerstoffzehrung in demselben stattfindet. Dass es im Leben nicht ganz vollständig mit Sauer- stoff gesättigt ist, scheint jedoch unzweifelhaft zu sein. Arterielles Hundeblut soll nach Pflüger zu ^/lo, nach Hüfner zu ^'^/is mit Sauerstoff gesättigt sein. Die Frage, ob Ozon im Blute vorhanden sei, ist entschieden verneinend zu beantworten. Es ist nicht nur noch nie gelungen, Ozon in dem Blute und den Geweben nachzuweisen, sondern die Möglichkeit des Vorkommens von Ozon in den Säften und Geweben ist schon a priori zu verneinen. Das Ozon wirkt wie nascirender Sauerstoff, und da im Organismus leicht oxydable Substanzen vorhanden sind, welche den nascirenden Sauerstoff binden, würde das Ozon, _, ^ ' ' ' Ob Ozon im wenn überhaupt eine Bildung von solchem stattgefunden hätte , augenblicklich ß'"^*' ^^T ^ ° ° ' o handen sei. wieder zerstört werden. Aber selbst eine Entstehung von Ozon im Thierkörper ist überhaupt nicht anzimehmen. Das Ozon kann zwar bei langsamen Ox)'- dationen in der Weise entstehen, dass der dabei nascirende Sauerstoff mit neu- tralem Sauerstoffe zu Ozon zusammentritt ; in dem thierischen Organismus muss aber der nascirende Sauerstoff von den oxydablen Substanzen gebunden werden, bevor es zu einer Ozonbildung kommen kann. Man hat früher behauptet, dass das Hämoglobin als „Ozonerreger" wirke, dass es also den inaktiven Sauerstoff der Luft in Ozon überzuführen vermöge. Die rothen Blutkörperchen können in der That auch für sich allein die Guaj aktin ktiu" bläuen, was besonders deutlich zu sehen ist, wenn man die Guajaktinktur auf Fliesspapier eintrocknen lässt und hierauf einen Tropfen von dem 5 — 10 fach verdünnten Blute giebt. Xach Pflüger handelt es sich jedoch hierbei (vergl. S. 59) um eine Zersetzung und allmähliche Oxydation des Hämo- globins, bei welchem Vorgange der neutrale Sauerstoff imter Freiwerden von Sauerstoffatomen gespaltet wird. 80 Viertes Kapitel. Vertheilung der Kohlen- sänre anf Blutkörper- chen und Plasma. Bindung der Kohlenfä'ire indenrothen Blut- körperchen. Bedeutung des Hämo- globins für die Kohlen- säure- bindung. Die Kohlensäure des Blutes findet .sich theils, und zwar nach den Unter- suchungen von Alex. Schmidt, Zuntz und L. Fredericq zu mindestens ^/s, in den Blutkörperchen und theils, und zwar zum grössten Theile, in dem Plasma hezw. dem Serum. Von der in den Formelementen enthaltenen Kohlensäure soll nach Set.schexow ein kleinerer Theil in den fai'blosen Blutkörperchen (wahrscheinlich an Globulinalkali gebunden) vorkommen, während die Haupt- masse in den rothen Blutkörperchen enthalten ist. Die Kohlensäure der rothen Blutkörperchen ist locker gebunden und der kohlensäurebrndende Bestandtheil derselben scheint einerseits das an Phosphor- säure, Oxyhämoglobin , bezw. Hämoglobin und Globulin gebundene Alkali und andererseits das Hämoglobin selbst zu sein. Dass in den rothen Blut- körperchen Alkaliphosphat in solcher Menge enthalten ist, dass es für die Kohlensäurebindung von Bedeutung sein kann, ist wohl nicht zu bezweifeln, vxnd man muss annehmen, dass aus dem Diphosphate bei einem grösseren Partiardrucke der Kohlensäui'e Monophosphat und Alkalibikarbonat entstehen, während bei einem niedrigeren Partiardrucke der Kohlensäure die Massenwirkung der Phosphorsäure wieder zur Geltung kommt, so dass, unter Freiwerden von Kohlensäure, eine Rückbildung von Alkalidiphosphat stattfindet. Dass der Blut- farbstoif, besonders das Oxyhämoglobin, welches aus kohlensaurem Natron Kohlensäure im Vakuum austreiben kann (Peeyer), wie eine Säure sich ver- hält, ist allgemein angenommen, und, da die Globuline ebenfalls Avie Säuren sich verhalten (vergl. unten), dürften auch diese Stoffe in den Blutkörperchen als Alkaliverbindungen vorkommen. Das Alkali der Blutkörperchen muss also nach dem Gesetze der MassenA^irkung zwischen der Kohlensäure, der Phosphor- säure tind den anderen, als Säuren wirkenden Bestandtheilen der Blutkörperchen, unter diesen vor Allem dem Blutfarbstoflfe), da das Globulin seiner geringen Menge wegen kaum von Bedeutung sein dürfte, sich vertheilen. Bei grösserer Massenwirkung oder grösserem Partiardrucke der Kohlensäure muss auf Kosten des Diphosphates und der anderen Alkaliverbindungen Bikarbonat entstehen, während bei erniedrigtem Partiardrucke desselben Gases unter Entweichen von Kohlensäure das Alkalidiphosphat und die übrigen Alkaliverbindungen auf Kosten des Bikarbonates zurückgebildet werden müssen. Das Hämoglobin soll jedoch, Avie die Untersuchungen von Setschexow und ZuxTZ, vor Allem aber von Bohr und Torup, gezeigt haben, selbst bei Abwesenheit von Alkali, die Kohlensäure locker binden können. Bohr hat auch gefunden, dass die Dissociationskurve des Kohlensäurehämoglobins mit der Kurve der Kohlensäureaufnahme, resp. Kohlensäui'eabgabe des Blutes wesentlich übereinstimmt, aus Avelchem Grunde Bohr tmd Torup dem Hämoglobin selbst und nicht seiner Alkaliverbindung eine wesentliche Bedeutung für die Kohlen- säurebindung des Blutes zuerkennen. Bezüglich dieser Frage sind indessen die Ver- hältnisse noch nicht ganz klar. Lässt man Kohlensäure auf Hämoglobin ein- wirken, so verbindet sie sich, wie es scheint (Bohr, Torup), mit der gefärbten Atomgruppe des Hämoglobins unter Abspaltung von Eiweiss, und aus dem so Die Kohlensäure des Blutes. 81 zersetzten Hämoglobin kann durch Einwirkung von Sauerstoff nicht das Oxy- hämoglobin regenerirt werden. Nach Boiiu sollen ferner bei + 18,4'' C. und einem Drucke von 30 mm von je 1 g Hämoglobin 2,4 ccm Kohlensäure ge- bunden werden, und wenn man bedenkt, dass in dem arteriellen Blute fast sämmtliches Hämoglobin als Oxyhämoglobin vorkommt, dürfte also wenigstens in dem arteriellen Blute schwerlich ein nennenswerther Bruchtheil der Kohlen- säure als Kohlensäurehämoglobin enthalten sein können. Dass ein nicht un- bedeutender Theil der Blutkohlensäure in lockerer Bindung in den rothen Blut- körperchen enthalten ist, lässt sich nicht leugnen; wie aber diese Bindung zu Stande kommt, darüber müssen weitere Untersuchungen nähere Aufschlüsse geben. Die Hauptmenge der Blutkohlensäure findet sich in dem Blutplasma oder dem Blutserum, was schon daraus erhellt, dass das Serum reicher an Kohlen- säure als das entsprechende Blut selbst ist. Bei Auspumpuugsversuchen an Blutserum hat man nun gefuliden, dass die Hauptmenge der in demselben ent- haltenen Kohlensäure an das Vakuum direkt abgegeben wird, während ein kleinerer Theil erst nach Zusatz von einer Säure ausgepumpt werden kann. "Wie eine Säure Avirken auch die rothen Blutkörperchen, weshalb auch aus dem Blute alle Kohlensäure mittelst des Vakuums entfernt werden kann. Ein Theil der Kohlensäure ist also in dem Serum fest chemisch gebunden. Bei Absorptionsversuchen mit Blutserum hat man weiter gefunden, dass die auspumpbare Kohlensäure zu grossem Theile locker chemisch gebunden ist, und aus dieser lockeren Bindung der Kohlensäure folgt dann weiter mit Noth- wendigkeit, dass das Serum auch einfach absorbirte Kohlensäure enthalten muss. Für die Bindungsform der in dem Serum, bezw. dem Plasma enthaltenen Kohlensäure finden sich also die folgenden 3 Möglichkeiten: 1. Ein Theil der Kohlensäure ist einfach absorbirt; 2. ein anderer Theü ist locker chemisch ge- bunden und 3. ein dritter Theil ist fest chemisch gebmiden. Die Menge der einfach absorbirten Kohlensäure hat man nicht genau bestimmen können. Ihre Menge wird von Setschenow in dem Hundeblutserum zu etwa ^10 von der gesammten Kohlensäuremenge des Blutes angeschlagen. Nach der Tension der Kohlensäure im Blute und dem Absorptionskoeffizienten derselben zu urtheilen, scheint jedoch ihre Menge noch kleiner zu sein. Die Menge der fest chemisch gebundenen Kohlensäure in dem Blutserum fällt mit dem Gehalte desselben an einfachem Alkalikarbonat zusammen. Diese Menge ist indessen nicht bekannt und sie kann weder aus der durch Titrirung gefundenen Alkalescens noch aus dem nach Einäscherung gefundenen Alkaliüberschusse berechnet werden, weil das Alkali nicht nur an Kohlensäure, sondern auch an andere Stoffe, besonders Eiweiss, gebunden ist. Die Menge der fest chemisch gebundenen Kohlensäure kann auch nicht als Rest nach dem Auspumpen in Vacuo ohne Säurezusatz ermittelt werden, weil allem Anscheine nach gewisse wie Säuren wirkende Bestandtheile des Serums dabei Kohlensäure aus dem einfachen Karbonate austreiben. Die Menge der durch das Vakuum Hammarsten, Physiologische Chemie. 6 Die Kohlen- säure ira Plasma und Serom. ßindangs- formen der Kohlen- Absorbirte Kohlen- säare. Fest gebun- deneKohlen- säure. 82 Viertes Kapitel. allein, ohne Säurezusatz, nicht austreibbaren Kohlensäure des Hundeblutserums betrug in den von Pflüger ausgeführten Bestimmungen 4,9 bis 9,3 Vol. Prozent. Aus dem Vorkommen von einfachem Alkalikarbonat in dem Blutserum folgt selbstverständlich, dass ein Theil der auspumpbaren, locker gebundenen Kohlensäure des Serums als Bikarbonat vorkommen muss. Das Vorkommen dieser Verbindung in dem Blutserum ist auch direkt nachgewiesen worden. Bei Auspumpungs- wie auch bei Absorptionsversuchen verhält sich indessen das Serum in anderer Weise als eine Lösung von Bikarbonat, bezw. Karbonat ent- sprechender Konzentration; und nur aus dem Vorkommen von Bikarbonat in dem Serum kann also das Verhalten der locker gebundenen Kohlensäure des Serums nicht erklärt werden. Mit dem Vakuum lässt sich aus dem Serum stets reichlich mehr als die Hälfte der Kohlensäure desselben entfernen, und es folgt Locker go- hieraus , dass es bei der Auspumpung nicht nur um eine Dissociation des Bi- Kohien-^ karbonates, also nicht nur um einen Uebergang des doppelt kohlensauren Natrons saure. j^^ ^^^ einfach kohlensaure Salz sich handeln kann. Da man nun weiter ausser dem Bikarbonate keine Kohlensäureverbindung in dem Serum kennt, aus welcher die Kohlensäure bei dem Evakuiren durch einfache Dissociation freigemacht werden könnte, wird man zu der Annahme genöthigt, dass in dem Serum neben der Kohlensäure auch andere schwache Säuren enthalten sein müssen, Avelche mit ihr um den Besitz des Alkalis kämpfen und im Vakuum aus einfachem Karbonate die Kohlensäure verdrängen können. Die durch Auspumpen aus dem Blutserum austreibbare Kohlensäure, welche, abgesehen von der einfach absorbirten Menge, gewöhnlich als „locker chemisch gebundene Kohlensäure" bezeichnet wird, ist also nur zum Theil in dissociirbarer lockerer Bindung enthalten; zum anderen Theil stammt sie von dem einfachen Karbonate her, aus welchem sie beim Evakuiren durch andere schwache Säuren des Serums ausgetrieben wird. Als solche schwache Säuren hat man theils die Phosphorsäure und theils die Globuline bezeichnet. Die Bedeutung des Alkalidiphosphates für die Kohlen- säurebindung (vergl. oben S. 80) ist durch die Untersuchungen von Fernet dargethan worden; aber die Menge dieses Salzes in dem Serum ist jedoch, wenigstens in gewissen Blutarten, wie z. B. im Rinderblutserum, so gering, dass sie wohl fast ohne Bedeutung sein dürfte. Bezüglich der Globuline ist Setschenow der Ansicht, dass sie zwar nicht selbst wne Säuren wirken, dass sie aber mit der Kohlensäure eine Verbindung, die Karboglobulinsäure, eingehen, Bedeutung: welche das Alkali binden soll. Nach Sertoli, dessen Ansicht neulich in Torup derGlobuline «i ■■ n i t/^iit n o- für die einen Vertheidiger gefunden hat, sollen dagegen die Globuhne selbst bauren säuro- sein, die in dem Blutserum an Alkali gebunden sind. In beiden Fällen würden binduns also die Globuline, indirekt oder direkt, denjenigen Hauptbestandtheil des Plasmas oder des Blutserums darstellen, welcher nach dem Gesetze der Massenwirkung mit der Kohlensäure um den Besitz des Alkalis kämpfen würde. Bei einem grösseren Partiardrucke der Kohlensäure entnimmt diese letztere dem Globulin- alkali einen Theil des Alkalis und es entsteht Bikarbonat; bei niedrigem Kohlen- Tension des SiiuerstüiTes im Blute. 83 säurepartiardrucke entweicht Kohlensäure und es wird dem Bikarbonate durch das Globulin Alkali entnommen. In dem Vorhergehenden ist l)etont worden , dass der Sauerstoff in dem Blute in einer dissociirbaren Verbintlung mit dem Hämoglobin sich vorfindet, und für das Bestehen dieser Verbindung, des Oxyhämoglobins, ist also bei jeder Temperatur ein bestimmter Partiardruck des Sauerstoffes erforderlich. Auch die Kohlensäure des Blutes, diejenige, welche in den Blutkörperchen ebenso wie die, "welche in dem Plasma enthalten ist, kommt grösstentheils in Verbindungen vor, welche in hohem Grade von dem Partiardrucke der Kohlensäure abhängig sind. Für die Lehre von dem Gasaustausche zwischen dem Blute und der Alveolar- luft einerseits und dem Blute und den Geweben andererseits muss es also, mit besonderer Rücksicht auf die Frage, in wie weit dieser Gasaustausch nach den Gesetzen der Diffusion erfolgt und in wie weit auch andere Kräfte dabei be- theiligt sind , von grosser Bedeutung sein , die Spannung des Sauerstofles und der Kohlensäui-e im Blute zu kennen. Die Gesetze der Dissociation des Oxyhämoglobins sind von vielen Forschern studirt worden. Von dem grössten physiologischen Interesse sind unter diesen Untersuchungen diejenigen , welche auf die Dissociation bei Körpertemperatur sich beziehen. Bezüglich dieser haben mehrere Forscher (P. Bert, Herter und Hüfner) theils durch Versuche an lebenden Thieren und theils durch Versuche mit Blut oder reinen Hämoglobinlösungen übereinstimmend gefunden, dass die Spannung des Sauerstoffes im Blute bei Körpertemperatur einem Sauerstoffpartiar- druck von etwa 75 — 80 mm Hg entspricht. Zu wesentlich abweichenden Resultaten ist Bohr bei seinen Untersuchungen gelangt. Er experimentirte an Hunden, denen zur Verhütung der Gerinnung des Blutes Blutegelinfus oder Peptonlösung eingespritzt worden, und er liess das Blut durch einen, zwischen dem centralen und peripheren Ende der durchschnittenen Karotis oder zwischen dem centralen Ende der Karotis und dem centralen Ende der durchschnittenen Tonsion des Sauerstoffes Vena jugularis eingeschalteten Apparat, welcher einen Austausch von Gasen im Blute. zwischen dem Blute und einem Gasgemenge von bekannter Zusammensetzung gestattete, cirkuliren. Als Mass für die Spannung des Sauerstoffes in dem arteriellen Blute erhielt er dabei unverhältnissmässig hohe Werthe, oder als Mittel einen Druck von 136,5 mmHg. Bei gleichzeitiger Bestimmung der Sauer- stoffspannung im Blute und in der Exspirationsluft desselben Thieres fand er in mehreren Fällen für jene höhere Werthe wie für diese. Während nach den Untersuchungen der erstgenannten Forscher die Aufnahme des Sauerstoffes aus der Lungenluft in das Blut durch den höheren Sauerstoffpartiardruck in der Lungenluft erklärt werden kann, ist dies dagegen nach den Versuchen Bohrs, in welchen die Spannung des Sauerstoffes in dem Blute grösser als in der Ex- spirationsluft und also, aus leicht ersichtlichen Gründen, noch grösser als in der Alveolarluft war, nicht möglich. Bohr ist auch der Ansicht, dass die allgemein acceptirte Diffusionstheorie keine genügende Erklärung für die Sauerstoffauf- 6» 84 Viertes Kapitel. eines ge- steigerten Sauersloff- druckes. AVirkungen eines ver- minderten Sauerstoff- druckes. nähme aus der Luft liefert und dass man auch dem Lungengewebe selbst eine aktive Rolle bei der Sauerstoffaufnahme zuerkennen muss. Da die Hauptmenge des Sauerstoffes in dem Blute nicht dem Drucke ent- sprechend einfach absorbirt, sondern in einer lockeren chemischen Bindung enthalten ist, lässt sich erwarten , dass der Sauerstoffgehalt des Blutes wenigstens inner- halb gewisser Grenzen von dem Sauerstoffgehalte der Luft unabhängig sein soll. Dies ist in der That auch der Fall. Dass die Steigerung des Sauerstoff^druckes sogar bis zum Drucke einer Atmosphäre keinen wesentlichen Einfluss auf die Menge des aufgenommenen Sauerstoffes und der ausgeschiedenen Kohlensäure ausübt, ist schon längst be- kannt (Lavoisiee, Regnault und Reiset). Weitere Untersuchungen in dieser Richtung hat Paul Bert ausgeführt. Er fand, dass in reinem Sauerstoffe bei einem Drucke von 3 Atmosphären oder in gewöhnlicher Luft bei einem Drucke von 15 Atmosphären Thiere rasch unter Konvulsionen zu Grunde gehen. Vor und während der Krämpfe tritt hierbei eine Erniedrigung der Temperatur ein, und der Sauerstoffvei'brauch wie auch die Kohlensäureausscheiduug und die Ver- brennung des Zuckers im Blute sollen dabei herabgesetzt sein. Bei Steigerung des SauerstoflTdruckes der Luft bis zu 3 Atmosphären nimmt auch der Gehalt des Blutes an Sauerstoff" etwas zu. Es scheint die Menge Sauerstoff, welche hierbei mehr aufgenommen wird, derjenigen Menge, welche von dem Blute bei dem fraglichen Drucke einfach absorbirt wird, zu entsprechen. Von besonderem Literesse ist es auch, zu wissen, bis zu welchem Grade der Sauerstoffpartiardruck der Luft erniedrigt werden kann, ohne schädliche Wirkungen hervorzurufen oder für das Leben gefahrdrohend zu werden. Es liegen hierüber eine grosse Menge von Beobachtungen theils an Menschen (P. Beet, Sivel und Croce-Spinelli , Leblaxc u. A.) und theils an Thieren (von W. Müller, Hoppe-Seyler, Stroga^tow, Beut, FRIEDLÄ^^^ER und Herter, Fränkel und Geppert) vor. Aus diesen Beobachtungen scheint hervorzugehen, dass der Partiardruck des Sauerstoffes in der Atmosphäre auf die Hälfte herab- sinken kann, ohne Störungen hervorzurufen. Bei einer Sauerstoffspannung von 7 bis 8°;0 einer Atmosphäre wird die Respiration beschleunigt imd bei noch niedrigerer Spannung sind Abnahme der Körpertemperatur, grosse Ermüdung, Unfähigkeit Muskelbewegungen auszuführen und Bewusstlosigkeit beobachtet worden. Bei einer Sauerstoffspannung, welche etwa 3 — 3,5^.o einer Atmosphäre entspricht, tritt der Tod ein. üeber den Sauerstoffgehalt des Blutes bei erniedrigtem Luftdrucke liegen Beobachtungen von Fränkel und Geppert an Hunden vor. Bei einem Luft- drucke von 410 mm Hg war der Sauerstoffgehalt des arteriellen Blutes normal, bei einem Luftdrucke von 378 — 365 mm war er ein wenig herabgesetzt und erst bei einer Erniedrigung des Druckes auf 300 ifmi wurde eine bedeutende Verminderung desselben beobachtet. Die Spannung der Kohlensäure im Blute ist auf verschiedene Weise von Pflüger und seinen Schülern, Wolffeerg, Strassburg und Nussbaum be- Tension der Kuhlensiiure im Blute. 85 stimmt worden. Nach der aerotonometrischen Methode lässt mau das Blut direkt aus der Arterie oder Vene durch ein Glasrohr fliessen, welches ein Gas- gemenge von bekannter Zusammensetzung enthält. Ist die Spannung der Kohlen- säure in dem Blute grösser als in dem Gasgemenge, so giebt das Blut an letzteres Kohlensäure ab, während es in entgegengesetztem Falle Kohlensäure aus dem Gasgemenge aufnimmt. Durch Analyse des Gasgemenges nach be- endeter Blutdurchleitung lässt sich also feststellen, ob die Spannung der Kohlen- säure im Blute grösser, resp. kleiner als in dem Gasgemenge gewesen ist; und durch eine hinreichend grosse Anzahl von Bestimmungen, besonders wenn der Kohlensäuregehalt des Gasgemenges von Anfang an der wahrscheinlichen Tension dieses Gases im Blute möglichst genau entsprechend gewählt wird, kann auf ■diese Weise die Spannung der Kohlensäure im Blute ermittelt werden. Nach dieser ^Methode ist die Kohlensäurespannuug im arteriellen Blute imMitttel zu 2,8 '^ o einer Atmosphäre, einem Drucke von 21 mm Hg entsprechend, von Str ASSBURG bestimmt worden. In dem Blute aus dem rechten Herzen fand NussBAL3i eine Kohlensäurespannung von 3,81 ''/o einer Atmosphäre, einem Drucke von 28,95 mm entsprechend. Strassburg, welcher an nicht tracheoto- mirten Hunden experimentirte, bei welchen die Ventilation der Lungen also weniger lebhaft war und die Kohlensäure folglich weniger leicht aus dem Blute •entfernt wurde, fand in dem venösen Herzblute eine Kohlensäurespannung., von 5,4 ^'.o einer Atmosphäre, was einem Partiardrucke von 41,04 mm Hg gleich- kommt. Eine andere Methode ist die Katheterisb:ung eines Lungenlappens. Durch Einführung eines Katheters von besonderer Konstruktion in einen Ast des einen Bronchus kann der entsprechende Luugenlappen luftdicht abgesperrt werden, während in den anderen Lappen derselben Lunge und in der anderen Lunge die Ventilation ungehindert vor sich geht, so dass keine Kohlensäurestauung im Blute zu Stande kommt. "Wenn die Absperrung so lange gedauert hat, ■dass ein vollständiger Ausgleich zwischen den Gasen des Blutes und der abge- sperrten Lungenluft anzunehmen ist, wird durch den Katheter eine Probe dieser Lungenluft herausgenommen und analysirt. In der so gewonnenen Luugenluft fanden Wolffberg und Nussbau:m im Mittel 3,6 ^, o CO,. Nussbaum hat in •einem Falle gleichzeitig mit der Katheterisation der Lunge auch die Kohlen- säurespannung in dem Blute aus dem rechten Herzen bestimmt. Er fand hierbei fast identische Zahlen, nämlich eine Kohlensäurespannung von 3,84 bezw, 3,81 °, o einer Atmosphäre. Während nach den eben angeführten Bestimmungen der Kohlensäuredruck in dem venösen Blute gegen 30 mm Hg und in dem arteriellen etwa 20 mm betragen würde, hat Bohr dagegen in seineu nach der oben (S. 83) angeführten Methode ausgeführten Bestimmungen auffallend niedrige Zahlen, 2 ä 3 mm und sogar weniger als 1 mm gefunden. Der Gehalt der Exspirationsluft des Hundes an Kohlensäure beträgt etwa 2,8 *^/o (Wolffberg, Bohr). Die Luft der Lungenalveolen ist selbstverständlich Dioaorotouo inotrische .Methode. Tpnsion der Kohlen- säure im Blute. Katheter! - sirun^ der Lunge. 86 Viertes Kapitel. Ausscheid- unff der Kohlen- säure aus deiu Blate. Kohlensäure und Alkali- gehalt des Blutes. Tension der Kohlensäure in den Geweben. reicher an Kohlensäure, aber ihr Gehalt an solcher ist nicht genau bekannt. Geht man von den, von Pflüger und seinen Schülern für die Kohlensäure- spannung im Blute gefundenen Zahlen aus und erinnert man sich weiter, dass NUSSBAUM in der abgesperrten Lungenluft, welche wohl eher reicher als ärmer an Kohlensäure als die normale Lungenalveolarluft war, dieselbe Kohlen.säure- spannung wie in dem venösen Herzblute fand, so sind diese Beobachtungen jedenfalls leicht mit der Ansicht zu vereinbaren, dass die Ausscheidung der Kohlensäure aus dem Blute in den Lungen einfach nach den Gesetzen der Diffusion erfolgt. Nach den Versuchen von Bohr dagegen, in welchen gleich- zeitig das Blut und die Exspirationsluft untersucht wurden, und in welchen er die Kohlensäurespannull g in dem Blute bedeutend niedriger als in der Exspirations- luft — und also noch niedriger als in der Alveolarluft — fand, ist eine solche Annahme unmöglich. Bohr will auch in seinen Versuchen einen Beweis für die von der LuDWiG'schen Schule schon längst ausgesprochene Ansicht sehen, dass die Lunge bei der Kohlensäureausscheidung eine spezifische sekretorische Rolle spiele. Die Nothwendigkeit fortgesetzter Untersuchungen zur Aufklärung der Ursache dieser sehr abweichenden Resultate verschiedener Forscher liegt auf der Hand. Da die Kohlensäure des Blutes stets zu einem Theil fest chemisch ge- bunden ist, und da dieser Theil mit dem Gehalte des Blutes an Alkali wächst, ist es offenbar, dass Kohlen säuregeh alt und Kohlensäurespannung im Blute nicht immer einander parallel gehen müssen. Dass dem in der That auch so ist, hat Gaule durch Versuche an erstickten Hunden gezeigt. Wird der Gehalt des Blutes an Alkali herabgesetzt, so muss natürlich auch der Gehalt desselben an Kohlensäure abnehmen. Ein solches Verhalten findet bei Vergiftung mit Mineral- säuren statt. So fand Walter im Blute von Kaninchen, welchen er Salzsäure in den Magen eingeführt hatte, nur 2 — 3 Vol. Prozent Kohlensäure. Li dem komatösen Stadium der Zuckerharnruhr (Diabetes mellitus) scheint auch das Alkali des Blutes zum grossen Theil durch saure Verbmdungen (,^-Oxybuttersäure) gesättigt zu sein (Stadelmann, Minkowsky), und dem entsprechend fand Minkowsky auch in dem Blute eines komatösen Diabetikers nur 3,3 Vol. Prozent Kohlensäure. Bezüglich der Kohlensäurespannung in den Geweben muss man a priori annehmen, dass sie höher als in dem Blute sein muss. Dem ist auch so. In dem Harne von Hunden und in der Galle fand Stras.sburg eine Kohlensäure- spannung von 9 bezw. 7 °/o einer Atmosphäre. Derselbe Forscher hat weiter einem lebenden Hunde atmosphärische Luft in eine abgebundene Darmschlinge injizirt und nach kurzer Zeit eine herausgenommene Luftprobe analysirt. Er fand eine Kohlensäurespannung von 7,7 °,o einer Atmosphäre. Die Kohlensäure- spannung in den Geweben ist also bedeutend grösser als in dem venösen Blute, selbst wenn man die von Pflüger und seinen Schülern gefundenen, gegenüber den BoHR'schen Zahlen verhältnissmässig hohen Werthe für die Kohlensäure- spannung im Blute der Berechnung zu Grunde legt. Es steht also nichts der Auffassung im Wege, dass die Kohlensäure einfach nach den Gesetzen der Diffusion aus den Geweben in das Blut hinüberdiffundire. Die quuutitativc Zusaiaiueusetzuug des Blutes. 87 V. Die quantitative Zusammensetzung des Blutes. Die quantitative Blutanalyse kann nicht das Blut als Ganzes allein gelten. Sie muss einerseits das Verhältniss von Plasma und Blutkörperchen zu einander und andererseits auch die Zusammensetzung eines jeden dieser zwei Hauptbe- standtheile für sich zu ermitteln haben. Die Schwierigkeiten, welche einer solchen Aufgabe im Wege stehen, sind, besonders mit Rücksicht auf das lebende, noch nicht geronnene Blut, noch nicht überwunden worden. Da nun weiter die Zu- sammensetzung des Blutes nicht nur in verschiedenen Gef ässbezirken , sondern auch in demselben Bezirke unter verschiedenen Umständen eine verschiedene sein kann, aus Avelchem Grunde auch eine Menge von Blutanalysen erforderlich sind, dürfte es wohl kaum auffallend erscheinen, wenn unsere Kenntniss von der Zusammensetzung des Blutes noch verhältnissmässig dürftig ist. Findet sich in dem Blute irgend eine Substanz, welche dem Plasma aus- schliesslich angehört und in den Blutkörperchen nicht vorkommt, so lässt sich der Gehalt des Blutes an Plasma berechnen, wenn man die Menge der frag- lichen Substanz in 100 Theilen Plasma bezw. Serum einerseits und 100 Theilen Blut andererseits bestimmt. Bezeichnet man die Menge dieser Substanz in dem Plasma mitp und in dem Blute mit b, dann wird also die Menge x des Plasmas in 100 Theilen Blut x = — sein. Als solche Substanz, welche in dem Plasma allein vorkommen soll, ist von Hoppe-Seyler das Fibrin, von Bunge das Natrium (in gewissen Blutarten) und von Otto der Zucker bezeichnet worden. Von diesen Sub- Bestimmung Till IT -Tii TT»«- 1T-.1 "ier Menge stanzen ausgehend haben auch die genannten J?orscner die Menge des Plasmas, des Piasmas. bezw. der Blutkörperchen, in verschiedenen Blutarten zu bestimmen versucht. Eine andere, von Hoppe-Seyler angegebene Methode besteht darin, dass man einerseits die Gesammtmenge Hämoglobin und Eiweiss in einer Blutportion und andererseits die Menge Hämoglobin und Eiweiss in den mit Kochsalz- lösung durch Centrifugiren genügend gewaschenen Blutkörperchen einer anderen, gleich grossen Portion desselben Blutes bestimmt. Die zwischen den bei diesen zwei Bestimmungen erhaltenen Zahlen sich vorfindende Differenz entspricht der- jenigen Eiweissmenge, welche in dem Serum der ersten Blutportion enthalten war. Wird nun in einer besonderen Portion Serum desselben Blutes das Eiweiss bestimmt, so lässt sich leicht die Menge des Serums in dem Blute bestimmen. Die Brauchbarkeit dieser Methode ist durch Kontrollversuche mit Natriumbe- stimmungen von Bunge bestätigt worden. Ist die Menge von Serum und Blut- körperchen in dem Blute bekannt, und bestimmt man dann die Menge der ver- schiedenen Blutbestandtheile in dem Blutserum einerseits und dem Gesammtblute andererseits, so lässt sich die Vertheilung dieser verschiedenen Blutbestandtheile auf die zwei Hauptkomponenten, Blutkörperchen und Plasma, ermitteln. Nach dem nun besprochenen Verfahren sind die folgenden Analysen von Schweineblut und Rinderblut ausgeführt worden (Bunge). Die Analysen von Menschenblut sind vor längerer Zeit von C. Schmidt nach einer anderen Methode ausgeführt worden, die vielleicht ein wenig zu hohe Werthe für die Gewichtsmenge der Blutkörperchen geliefert hat. Sämmtliche Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile Blut. Analytische Methoden. Viertes Kapitel. Schweineblut Blntkrpch. 436,8 Semm 563,2 Wasser .... j 276,100 Feste Stofie . . 1 160,700 Hämoglobin und Eiweiss ... 151,600 l'ebrige erg. Stoffe | 5,200 Zusammen- .\norgan. Stoffe . i 3,900 sotznng des ,, ,' „ ° Blut. als das venöse. Dieses letztere ist in Folge der in den Kapillaren stattfinden- den Transsudation etwas ärmer an Wasser, aber reicher an Blutkörperchen und Hämoglobin als das arterielle Blut (Heidexhain, Nasse, Otto). Der Gehalt an Zucker soll in dem arteriellen Blute etwas grösser als in dem venösen sein (Otto). Pforlader- und Lehervenenbluf. Das Blut der Lebervene soll ärmer au gewöhnlichen rothen Blutkörperchen, dagegen aber reicher an farblosen und sogenannten jungen rothen Blutkörperchen sein. Es haben einige Forscher hier- aus den Schluss gezogen, dass in der Leber eine Neubildung, andere dagegen, dass daselbst umgekehrt ein Zerfall von rothen Blutkörperchen von statten geht. In Anbetracht der, im Verhältniss zu den gleichzeitig gebildeten kleinen Mengen Galle und Lymphe, in der Zeiteinheit durch die Leber cirkulirenden grossen Blutmenge, kann man kaum hoffen, durch die chemische Analyse be- stimmte Unterschiede in der Zusammensetzung des Pfortader- und des Leber- venenblutes sicher nachweisen zu können. Die Angaben über solche Unter- schiede sind in der That auch widersprechend. Es hat also beispielsweise Drosdoff mehr, Otto dagegen weniger Hämoglobin in dem Lebervenen- als ^^/d'^LeifoT. in dem Pfortaderblute gefunden. Ueber die Frage von dem verschiedenen ^^nenbiut. Zuckergehalte dieser zwei Blutarten ist auch viel gestritten worden. Nach einigen Forschern, wie Otto und vor allen anderen Seegen, soll das Leberveneublut, in Uebereinstimmung mit den älteren Angaben von Claude Beexard, reicher an Zucker sein. Ein solcher Unterschied kann jedoch auch von dem operativen Eingriffe bei dem Aufsammeln des Lebervenenblutes herrühren (Abeles), und im Allgemeinen scheinen die Forscher nunmehr nicht der BERJsrARD'scheu Au- 90 Viertes Kapitel. sieht zu sein. Während der Verdauung einer an Kohlehydraten reichen Mahl- zeit kann dagegen das Pfortaderblut nicht nur reicher an Glykose werden, sondern auch andere Kohlehydrate enthalten (v. MERrNC4, Otto). Der Gehalt an Harnstoff soll in dem Lebervenenblute grösser als in anderem Blute sein (Gri^hant und Quinquaud). Das Milzvenenblut ist bedeutend reicher an Leukocyten als das Blut der yiilzarlerie. Die rothen Blutkörperchen des Milzvenenblutes sind kleiner als die gewöhnlichen, weniger abgeplattet und zeigen eine grössere Resistenz gegen tiut. Wasser. Das Milzvenenblut soll auch angeblich reicher an Wasser, Faserstoff und Albumin als gewöhnliches Venenblut sein (B^clard). Nach v. Middendorff soll es reicher an Hämoglobin als arterielles Blut sein. Es gerinnt langsam. Das Drüsenvenenblut. Das Blut kreist mit grösserer Geschwindigkeit durch eine Drüse während der Arbeit (Absonderung) als in der Ruhe, und das abfliessende, venöse Blut hat in Folge dessen während der Arbeit eine mehr Drüsenblut. hellrothe Farbe vuid einen grösseren Gehalt an Sauerstoff. In Folge der Ab- sonderung wird auch das venöse Blut etwas ärmer an Wasser und reicher an festen Stoffen. Das Muskelvenenblut zeigt insofern ein entgegengesetztes Verhalten, als es während der Arbeit in Folge der dabei gesteigerten Sauerstoffaufnahme des iiiiskeibiut. Muskels und noch mehr gesteigerten Kohlensäureproduktion eine dunklere, mehr venöse Beschaffenheit als in der Ruhe hat. Das Menstrualblut soll, einer alten Angabe zufolge, gerinnungsunfähig sein. Diese Angabe ist jedoch irrig, und die scheinbare Gerinnungsunfähigkeit biut. rührt theils von einem Zurückhalten der Blutgerinnsel in der Gebärmutter und der Scheide, so dass nur flüssiges Cruor zeitweise entleert wird, und theils von einer die Gerinnung störenden Beimengung von Vaginalschleim her. Das Blut verschiedener Geschlechter. Das Blut des Weibes gerinnt etwas rascher, hat ein etwas niedrigeres spezifisches Gewicht, einen grösseren Blut ver- Gehalt an Wasser und einen niedrigeren Gehalt an festen Stoffen als dasienige scniedener ° J o Geschlechter. (Jes Mannes. Der Gehalt an Blutkörperchen und Hämoglobin ist etwas kleiner beim Weibe. Der Gehalt des Blutes an Hämoglobin ist nach Otto im Mittel 146 p. m. beim Manne und 133 p. m. beim Weibe. Bei Schwangeren hat Nasse eine Abnahme des spezifischen Gewichtes, bezw. eine Zunahme des Wassergehaltes bis gegen Ende des 8. Monats beob- Bi^t achtet. Von da an stieg das spezifische Gewicljt wieder und bei der Geburt ^gerer" War es wieder normal. Die Faserstoffmenge soll etwas vermehrt sein (Becquerel und RoDiER, Nasse). Die Zahl der Blutkörperchen scheint etwas abzunehmen. Bezüglich des Hämoglobin gehaltes sind die Angaben etwas widersprechend. Das Blut in den verschiedenen Lebensperioden. Das fötale Blut ist bedeutend ärmer an Blutkörperchen vmd Hämoglobin als das Erwachsener. Das fötale Blut im Momente der Geburt hat nach Scherrenziss ein niedrigeres spezifisches Gewicht, einen bedeutend niedi*igeren Gehalt an Hämoglobin und etwas weniger Fibrin, aber einen grösseren Gehalt an Mineralstoffen, besonders Zusammensetzung des Blutes. 91 verhältnissmässig mehr Natrium (aber weniger Kalium) als das Blut Erwachsener. Einige Stunden nach der Geburt hat das Blut des Kindes denselben Hämo- globingehalt wie das Blut der Mutter (CoirNSTEiN, Zuntz, Otto). Dann steigt der Gehalt an Hämoglobin und Blutkörperchen rasch ; doch nehmen nicht beide gleichförmig zu, indem der Hämoglobingehalt bedeutend rascher ansteigt. 2 bis 3 Tage nach der Geburt hat der Hämoglobingehalt ein Maximum (20 — 21 ^/o) erreicht, welches grösser als in irgend einer anderen Lebensperiode ist. Auf diesem Verhalten beruht auch der von Denis, Panum und anderen Forschern beobachtete grössere Keichthum an festen Stoffen in dem Blute Neugeborener. Von diesem ersten Maximum sinkt der Gehalt an Hämoglobin und Blut- körperchen allmählich zu einem Minimum von etwa 1 1 °/o Hämoglobin herab, welches Älinimum beim ^lenschen zwischen dem 4. und 8. Jahre auftritt. Dann steigt der Hämoglobingehalt wieder, bis bei etwa 20 Jahren ein zweites Maximum von 13,7 — 15°/ü -erreicht wird. Auf dieser Höhe bleibt der Hämo- globiugehalt nun bis gegen das 45. Jahr stehen und nimmt dann langsam und allmählich ab (Leichtexsterx, Otto). Im höheren Alter soll nach älteren Angaben das Blut ärmer an Blutkörperchen und Albuminstoffen, aber reicher an Wasser und Salzen sein. Die Einwirkung der Ernährung auf das Blut. Bei vollständigem Hungern findet keine Verminderung der Menge der festen Blutbestandtheile statt (Pa^^um u. A.). Der Gehalt an Hämoglobin ist ein wenig vermehrt (Subbotin, Otto), und ebenso nimmt die Zahl der rothen Blutkörperchen zu (Woem Müller, Buxtzex), was wahrschemlich daher rührt, dass die Blutkörperchen weniger rasch als das Serum umgesetzt werden. Als Nachwirkung ruft die Inanition einen anämischen Zustand hervor (Worm Müller, Otto, Bl'ntzex). Nach einer reichlichen Mahlzeit kann die relative Zahl der Blutkörper- chen, je nachdem vorzugsweise eine Sekretion von Verdauungssäften oder eine Resorption von Emährungsflüssigkeit stattfindet, vermehrt bezw. vermindert werden (Buntzex, Leichtenstern). Die Zahl der farblosen Blutkörperchen kann nach einer an Eiweiss reichen Mahlzeit dermassen vermehrt w^erden, dass eine wahre Verdauungsleukocytose auftritt (Hofjleister und Pohl). Nach einer fettreichen Mahlzeit wird das Plasma schon nach kurzer Zeit mehr oder weniger milchig weiss wie eine Fettemulsion. . Die Beschaffenheit der Nahrung wirkt auch wesentlich auf den Hämoglobingehalt des Blutes ein. Das Blut der Pflanzenfresser ist im Allgemeinen ärmer an Hämoglobin als dasjenige der Fleischfresser, und bei Hunden beobachtete Subbotin bei einseitiger Füttening mit kohlehydratreicher Nahrung ein Herabsinken des Hämoglobingehaltes von dem physiologischen Mittelwerthe 137,5 p. m. zu 103,2 — 93,7 p. m. Nach Leichtenstern findet eine allmähliche Zunahme des Hämoglobingehaltes im Blute des Menschen bei Verbesserung der Nahruna; statt, und nach demselben Forscher soll bei mageren Personen das Blut im Allgemeinen etwas reicher an Hämoglobin als bei fetten desselben Alters sein. Von grossem Einfluss auf die Anzahl und vor Allem auf den Hämoglobingehalt der Blutkörperchen ist Gehalt an HämoL'lobin in verschie- denen Altern. Wirkung der Inanition. AVirkung der Xahrungs- anfnahme auf die Zusammen- setzung des Blutes. 92 Viertes Kapitel. VermehrunK der rothen Blut- körperchen. Verminder- tini,' der Zahl der rotlien Blut- körperchen. Porniciöso Anämie. ein Zusatz von Eisensalzen zu der Nahrung, wobei das Eisen nach Nasse be- sonders in Verbindung mit Fett wirksam sein soll. Nach den Untersuchungen von Hayem und Mallassez sollen die Eisenpräparate bei Anämie den Gehalt des Blutes an Hämoglobin in höherem Grade als die Zahl der Blutkörperchen vermehren. Die Zusammensetzung des Blutes unter pathologischen Verhältnissen kann entweder derart verändert werden, dass fremde Bestandtheile in ihm auf- treten, oder auch derart, dass die Menge irgend eines oder irgend welcher Blutbestandtheile eine abnorme Vermehrung, bezw. Verminderung erfährt. Ver- änderungen letztgenannter Art kommen am häufigsten vor. Eine Vermehrung der Zahl der rothen Blutkörperchen, eine wahre „Plethora polycythaemica", findet nach Transfusion von Blut derselben Thierart statt. Nach Beobachtungen von Panum und Worm Müller wird in diesem Falle die Blutflüssigkeit rasch eliminirt und umgesetzt — das Wasser wird vorzugsweise durch die Nieren eliminirt und das Eiweiss wird zu Harn- stofiT etc. verbrannt — während die Blutkörj)erchen länger sich erhalten und eine P o 1 y c y t h ä m i e also zu Stande kommt. Eine relative Vermehrung der rothen Blutkörperchen findet nach reichlichen Transsudationen aus dem Blute, Avie in der Cholera und bei Herzfehlern mit bedeutenden Stauungen, statt. Eine Verminderung der Zahl der rothen Blutkörperchen kommt bei Anämie aus verschiedenen Ursachen vor. Jede grössere Blutung hat eine akute Anämie oder richtiger Oligämie zur Folge. Schon während der Blutung wird das rückständige Blut durch verminderte Se- und Exkretion wie auch durch eine reichliche Aufnahme von Parenchymflüssigkeit reicher an Wasser, etwas ärmer an Eiweiss und bedeutend ärmer an rothen Blutkörperchen. Die Oligämie geht also bald in eine Hydrämie über. Der Gehalt an Eiweiss uinnnt darnach allmählich wieder zu; aber die Neubildung der rothen Blut- körperchen geht langsamer von statten und nach der Hydrämie folgt also eine Ol igocy thämie. Nach einiger Zeit ist die Zahl der Blutkörperchen wieder aufs Normale gestiegen ; aber die Neubildung des Hämoglobins hält der Neu- bildung der Blutkörperchen nicht gleichen Schritt, und es kann also ein chlo- rotischer Zustand eintreten (Laache, Buntzen, Otto). Eine bedeutende Ver- minderung der Zahl der rothen Blutkörperchen kommt auch bei chronischer Anämie und Chlorose vor; doch kann in solchen Fällen eine wesentliche Ab- nahme des Hämoglobingehaltes ohne eine wesentliche Abnahme der Zahl der Blutkörperchen vorkommen. Für die Chlorose kennzeichnend ist also eher eine Verminderung des Hämoglobingehaltes als eine verminderte Anzahl der rothen Blutkörperchen. Eine höchst bedeutende Abnahme der Anzahl der rothen Blutkörperchen (auf 300000 — 400000 in 1 cmm) und Verminderung des Hämoglobingehaltes (auf ^/s — ^/lo) kommt bei der perniciösen Anämie vor (Hayem, Lepine, Laache u. A.). Dagegen sollen dabei die einzelnen rothen Blutkörperchen grösser und Zusammensetzung des Blutes. 93 Zusamiiion- setzunir der Loukä- misches Blut. reicher an Hämoglobin als gewülmlich sein, und iln-c Anzahl soll in einem um- gekehrten Verhältnisse zu ihrem Hämoglobingehalte stehen (Hayem). Die Ztisamrnensetznng der roüien Blutkörperchen. Abgesehen von den ebengenannten Aenderungen des Hämoglobingehaltes kann die Zusammensetzung der Blutkörperehen auch in anderer Weise verändert werden. Bei reichlichen Transsudatiouen, wie in der Cholera, können die Blutkörperchen Wasser, Kalium und Phosphorsäux-e an das konzentrirtere Plasma abgeben und dementsprechend reicher an organischer Substanz werden (C. Schmidt). Bei einigen anderen Trans- "jförperJh 'n sudationsprozessen , Avie bei Dysenterie und Hydrops mit All)uminurie, treten nicht unbedeutende Mengen Eiweiss aus dem Blute heraus; das Plasma wird wasserreicher und die Blutkörperchen können Wasser aufnehmen und dadurch ärmer an organischer Substanz werden (C. Schmidt). Die Zahl der farblosen Blutkörperchen ist vermehrt gefunden worden bei Eiterungen, Puerpei'alfieber,. Pyämie und mehreren anderen Krankheiten, be- sonders aber in der Leukämie, welche Krankheit durch einen grossen Reichthum des Blutes an Leukocyten charakterisirt ist. Die Zahl der Leukocyten ist in dieser Krankheit nicht nur absolut vermehrt, sondern auch im Verhältnisse zu der Anzahl der rothen Blutkörperchen, welche in der Leukämie bedeutend vermindert ist. Das Blut der Leukämischen hat ein niedrigeres spezifisches Ge- wicht als das gewöhnliche (1,035 — 1,040) und eine hellere Farbe, als ob es mit Eiter vermischt wäre. Die Reaktion ist nach dem Tode oft sauer, wahr- scheinlich von einer Zersetzung des oft bedeutend vermehrten Lecithins her- rührend. Im leukämischen Blute hat man ferner flüchtige Fettsäuren, Milch- säure, Glycerinphosphorsäure , grössere Mengen von Xanthinstoffen (Salomon, Kossel) und sog. CnARCOT'sche Krystalle (vergl. den Samen , Kapitel 11) ge- funden. Die Menge des Wassers im Blute ist vermehrt bei allgemeiner Wasser- sucht, mag dieselbe mit oder ohne Nierenleiden verlaufen, bei den verschiedenen Formen von Anämie, bei Skorbut und bei fieberhaften Krankheiten wird der Gehalt an Wasser durch reichliche Transsudationen, durch kräftig wirkende Abführmittel, durch Diarrhoeen und besonders in der Cholera herab- gesetzt. Die Menge des Eiweisses im Blute kann in der Cholera und nach Ein- wirkung von Laxantien relativ vermehrt werden (Hyperal buminose). Eine Verminderung der Eiweissmenge (Hy pal b um in ose) kommt nach direkten Eiweissverlusten aus dem Blute, wie bei Blutungen, Albuminurie, eiweissreichen Darmentleerungen (Dysenterie), reichlicher Eiterbildung u. s. w. vor. Die Menge des Faserstoffes soll bei entzündKchen Krankheiten, Pneumonie, akutem Gelenk- rheumatismus und Erysipelas, in welchen das Blut wegen der langsameren Ge- rinnung eine „Crusta phlogistica" zeigt, vermehrt sein (Hy peri nos ej. Die Angaben über das Vorkommen einer Hyperinose bei Skorbut und Hydrämie scheinen einer weiteren Bestätigung bedürftig zu sein. Eine Verminderung der Fibrinmenge (Hypinose) soll angeblich in der Malaria, der Pyämie und der Das:eo:en Menge des ° ® Wassers. Die Menge des Ei- weisses. 94 Viertes Kapitel. perniciösen Anämie beobachtet worden sein. Auch diese Angaben sind jedoch einer weiteren Prüfung bedüi'ftig. Vermehrung des Fettgehaltes im Blute (Lipämie) kommt, abgesehen von der vorübergehenden Vermehrung desselben nach einer fettreichen Mahlzeit, bei Säufern, bei fettsüchtigen Individuen, nach Verletzungen der Knochen und des Fettmarkes und auch im Diabetes vor. In diesem letztgenannten Falle ^^d^^Fett ^^^^ *^'® Fettvermehrung nach Pavy und Hoppe - SeylePv daher rühren, gehaites. ^j^gg solche Kranke fast immer in der Verdauung sich befinden. Eine Ver- mehrung der Menge des Fettes im Blute ist auch angeblich bei Leberkrank- heiten, Morbus Brightii, Tuberkulose, Malaria und Cholera beobachtet worden. Flüchtige Fettsäuren im Blute (Lipacidämie) hat v. Jaksch in Fieber- krankheiten, Leukämie und bisweilen auch bei Diabetes beobachtet. Die Menge der Salze soll bei Hydrops , Dysenterie und in der Cholera, unmittelbar nach dem ersten heftigen Anfalle, vermehrt, in der Cholera später, nach dem Anfalle, bei Skorbut und in entzündlichen Krankheiten dagegen ver- ,, , mindert sein. Die Abnahme der Alkalisalze, vor Allem aber des Kochsalzes, Menge der ' ' Mineral- jg^ jedoch sogar in der Pneumonie, wenn das Kochsalz fast vollständig aus dem Harne verschwunden ist, nur eine geringe. Eine Abnahme der Alkalescens ist in vielen Fällen, wie im Fieber, bei Urämie, Kohlenoxydvergiftung, Leberkrank- heiten, Leukämie, perniciöser Anämie und Diabetes beobachtet worden. Von besonderem Interesse ist die schon oben (S. 86) besprochene Abnahme der Alkal- escens des Blutes bei Diabetes mellitus. Die Menge des Zuckers ist in der Zuckerharnruhr vermehrt (Mellit- ämie). In einem Falle wurde von Hoppe-Seyler sogar 9 p. m. Zucker im Blute gefunden. Nach Claude Bernard soll Zucker in den Harn übergehen, wenn die Menge desselben im Blute mehr als 3 p. m. beträgt. Die Menge des Harnstoffes soll im Fieber und überhaupt bei vermehrtem Eiweissumsatze und darauf beruhender vermehrter HarnstofFbildung vermehrt sein. Eine weit be- deutendere Vermehrung der Harnstofirnenge im Blute kommt bei gehemmter Harnstotf^'u Harnausscheidung, wie in der Cholera, auch der Cholera infantum (K. Mörner), Harnsäure, ^j^^ j^^gj Affektionen der Nieren und der Harnwege vor. Nach Unterbindung der Ureteren oder nach Exstirpation der Nieren bei Thieren findet eine An- häufung von Harnstoff in dem Blute statt. Bei Urämie soll in dem Blute auch Ammoniak vorkommen können, welches von einer Zersetzung des Harnstoffes hergeleitet wird. Harnsäure ist in vermehrter Menge im Blute bei der Gicht gefunden worden (Garrod, Salomon) ; in derselben Krankheit wurde auch von Garrod Oxalsäure im Blute gefunden. Unter den fremden Stoffen, welche im Blute gefunden worden sind, mögen folgende hier erwähnt werden: Gallensäuren und Galle nfarbstofi^e (welche letztere jedoch in einigen Blutarten auch unter physiologischen Verhält- nissen vorkommen) bei Icterus ; L e u c i n und T y r o s i n bei akuter gelber Leber- atrophie ; Aceton besonders im Fieber (v. Jaksch). In der M e 1 a n ä m i e , besonders nach anhaltendem Malariafieber, kommen in dem Blute schwarze, Die Menge des Blutes. 95 Blut- verluste, weniger oft hellbrauue oder gelbliche Pignicntkörnchen vor, welche nach der gewöhnlichen Annahme von der Milz in das Blut hineingelangt sein sollen, Fromdo Nach Vergiftungen mit Kaliunichlorat ist im Menschen- und Hundeblute Met- ' iliiuel'" hämoglobin beobachtet worden (Marchand und Kahn); in dem Blute des Kaninchens dagegen soll dabei keine Methämoglobinbildung stattfinden (Stokvis und Kbimyser). Eine Methämoglobinbildung auf Kosten des Hämoglobins kann auch durch Einathmung von Amylnitrit wie auch durch Einwirkung einer Menge von anderen ArzneistofTen (Hayem u. A.) hervorgerufen werden. Die Meii^e des IJlutes ist zwar bei verschiedenen Thierarten und bei vei'schiedenen Körperzustäuden etwas schwankend ; im Allgemeinen wird aber die ganze Blutmenge bei Erwachsenen zu etwa Vis — Vi4 und bei Neugeborenen zu etwa ^'i9 von dem Körpergewichte angeschlagen. Fette Individuen sind relativ blutärmer als magere. Während der Inanition nimmt die Blutmenge Blutmenge weniger rasch als das Körpergewicht ab (Panum) und sie kann deshalb auch verhältnissraässig grösser bei hungernden als bei gut genährten Individuen sein. Durch vorsichtige Aderlässe kann die Blutmenge ohne gefahrdrohende Symptome bedeutend vermindert werden. Ein Blutverlust bis zu ^U der nor- malen Blutmenge hat kein dauerndes Sinken des Blutdruckes in den Arterien zur Folge, weil nämlich die kleineren Arterien dabei durch Kontraktion der kleineren Blutmenge sich anpassen (Worm Müller). Blutverluste bis zu ^/s der Blutmenge setzen dagegen den Blutdruck erheblich herab, und Erwachsenen kann ein Verlust von der halben Blutmenge lebensgefährlich Averden. Je schneller die Blutung erfolgt, um so gefährlicher ist sie. Neugeborene sind gegen Blutverluste sehr empfindlich, und ebenso sind fette Personen, Greise und Schwächlinge gegen solche weniger widerstandsfähig. Frauen ertragen Blutver- luste besser als Männer. Die Blutmenge kann auch durch Injektion von Blut derselben Thierart bedeutend vermehrt werden (Panum, Landois, Worm Müller, Ponfick). Nach Worm Müller kann sogar die normale Blutmenge bis zu 83 ^/o vermehrt werden, ohne dass ein abnormer Zustand oder ein dauernd erhöhter Blutdruck eintritt. Eine Vermehrung der Blutmenge bis zu 150 °/o kann jedoch unter beträchtlichen Blutdruckschwankungen direkt das Leben gefährden (Worm Müller). Wird durch Transfusion von Blut derselben Thierart die Blutmenge eines Thieres vermehrt, so findet eine reichlichere Lymphbildung statt. Das überschüssige Wasser wird durch den Harn ausgeschieden; und da das Eiweiss des Blutserums rasch zersetzt wird, während die rothen Blutkörperchen weit langsamer zerfallen (Tscherjew, Forster, Panum, Worm Müller), kommt allmählich eine Polycythämie zu Stande. Wird Blut einer anderen Thierart transfundirt, so können unter Um- ständen, je nach der eingeführten Blutmenge, mehr oder weniger bedrohliche Symptome eintreten. Dies tritt z. B. ein, wenn die Blutkörperchen des Empfängers von dem Serum des übergeleiteten Blutes leicht aufgelöst werden, wie z. B. die Blutkörperchen des Kaninchens bei Transfusion von fremdartigem Blute, Bluttrans- fusion. 96 Viertes Kapitel. oder umgekehrt, wenn die Blutkörperchen des ti-ansflmdirten Blutes von dem Transf " Blute des Empfängers aufgelöst werden, wie z. B. wenn einem Hunde Kaninchen- fremdartigen Q(jgj, Lammblut oder einem Menschen Lammblut transfuudirt wird (Lai^dois). Blutes. Vor der Auflösung können die Blutkörperchen dabei zu zäh aneinander ge- klebten Häufchen sich vereinigen, welche die feineren Gefässe verstopfen (Landois). Andererseits können auch die Stromata der aufgelösten Blutkörperchen zu um- fangreichen intravasculären, tödtlich wirkenden Gerinnungen Veranlassung geben. Die Transfusion soll also, wenn möglich, mit Blut derselben Thierart ausgeführt Averden; und für die wiederbelebende "Wirkung des Blutes ist es dabei gleichgültig, ob es den Faserstoff, bezw. die Muttersubstanzen desselben enthält oder nicht. Die Wirkung des transfundirten Blutes rührt nämlich von den Blutkörperchen desselben her, und es wirkt deshalb das defibrinirte Blut nicht anders als das nicht defibrinirte (Paxum, Laxdois). Die Blutmeuge der verschiedenen Organe hängt wesentlich von der Thätig- keit derselben ab. AVährend der Arbeit ist der Stoffwechsel in einem Organe lebhafter als während der Ruhe, und der regere Stoffwechsel ist mit einem reichlicheren Blutzufluss verbunden. Während die Gesammtblutmenge des Körpers Biutverthei- konstant bleibt, kann also die Blutvertheilmig in den verschiedenen Organen o^ane."^ bei verschiedenen Gelegenheiten eine verschiedene sein. Im Allgemeinen dürfte jedoch der Blutgehalt eines Organes einen ungefähren Masstab für den mehr oder weniger lebhaften Stoffwechsel in demselben abgeben können, und von diesem Gesichtspunkte aus dürfte es von Interesse sein, die Blutvertheiluug in den verschiedenen Organen und Organgruppen kennen zu lernen. Xach E.vxke,. dem wir besonders unsere Kenntniss von der Beziehung des Blutfüllungs- Avechsels zmn Thätigkeitswechsel der Organe zu verdanken haben, soll von der gesammten Blutmenge (beim Kaninchen) etwa ^U auf sämmtliche Muskeln in der Ruhe, ^4 auf das Herz und die grossen Blutgefässe, '^U auf die Leber und ^,4 auf sämmtliche übrigen Organe kommen. Fünftes Kapitel. Chylus, Lymphe, Transsudate und Exsudate. I. Chylus und Lymphe. Die nahen Beziehungen, welche zwischen Blut und Lymphe bestehen, und die Abhängigkeit der Lymphbildung von der Blutcirkulation und dem Blutdrucke lassen eine nahe Uebereinstimmung in chemischer Zusammensetzung zwischen Blutplasma und Lymphe erwarten. Die Lymphe wird auch allgemein als transsudirtes Plasma betrachtet. In qualitativer Hinsicht enthält die Lymphe dieselben Stoffe wie das Plasma. Der wesentlichste Unterschied ist auch quanti- u^berein- ■i Stimmung tativer Natur und besteht darin, dass die Lymphe ärmer an Eiweiss ist. Zwischen . ^^'sehen ' •' ^ Lymphe und Lymphe und Chylus von nüchternen Thieren hat man keinen wesentlichen i^i^tpiasma. chemischen Unterschied gefunden. Nach fettreicher Nahrung unterscheidet sich der Chylus dagegen von der Lymphe durch seinen Reichthum an äusserst fein vertheiltem Fett, welches ihm ein milchähnliches Aussehen giebt und zu dem alten Namen „Milchsaft" Veranlassung gegeben hat. Chylus und Lymphe enthalten wie das Plasma Serumalbumin, Serum- globulin, Fibrinogen und Fibrirtferment. Besonders die zwei letztgenannten Stoffe finden sich jedoch nur in geringer Menge in diesen Säften, weshalb sie Eiweisstoffe. auch nur langsam („spontan") gerinnen und nur eine kleine Menge Fibrin geben. Wie andere, an Fibrinferment armen Flüssigkeiten gerinnen Chylus und Lymphe nicht auf einmal vollständig, sondern es treten in ihnen wiederholt neue Gerinnungen auf. Die Extraktivstoffe scheinen dieselben wie in dem Plasma zu sein. Zucker kommt in etwa derselben Menge wie in dem Blutserum (v. Merlng), aber in grösserer Menge als in dem Blute vor (Poiseuille und Lefort, Ginsberg), was ^^^[otf"^' daher rührt, dass die Blutkörperchen keinen Zucker enthalten. Die Menge des Horns/o^'es wurde von WuRTZ zu 0,12 — 0,28 p. m. bestimmt. Die Miner alstvjß'e scheinen dieselben wie in dem Plasma zu sein. Als Formelemente sind für Chylus und Lymphe gemeinsam: Leukocylen und rothe Blutkörperchen. Der Chylus enthält, w^enn er die Darmzotten noch nicht verlassen hat, nur äusserst spärliche Leukocyten, aber schon in den an Hammar st en, Physiologische Chemie. 7 98 Fünftes Kapitel. Formele- mente in Chylus und Lymphe. der peritonealen Seite des Darmes verlaufenden Gefässen ist der Chylus reicher an solchen. Die grösste Menge von Leukocyten findet man in dem Chylus zwischen den grossen Mesenterialdrüsen und der Cisterna Chyli. In dem Ductus thoracius ist der Chylus ärmer an Leukocyten, -wahrscheiRlich in Folge einer Beimeno-ung von an Formbestandtheilen ärmerer Lymphe aus anderen Körper- theilen. Rothe Blutkörperchen kommen in Chylus und Lymphe in nur sehr ge- ringer Menge vor. In diesen, allem Anscheine nach ganz sauerstoffreieu, Flüssig- keiten sind die Blutkörperchen dunkler gefärbt und erst, wenn sie mit der Luft in Berühnmg kommen , nehmen sie die hellrothe Farbe des Oxyhämo- »•lobins an und ertheilen der Oberfläche des Fibringerinnsels ein schön helh'othes Aussehen. Man hat jedoch auch diese rothe Farbe von Uebergaugsformen zwischen rothen und weissen Blutkörperchen, in welchen erst durch die Wirkung des Sauerstoffes Blutfarbstoff gebildet werden sollte, herleiten wollen. Bei nüchternen Thieren hat der Chylus das Aussehen der Lymphe. Xach Aufnahme von Fett oder einer fettreichen Nahrung ist er dagegen milchig trübe, theils von orösseren Fettkügelchen wie in der ^lilch, theils, und zwar hauptsäch- Das Fett des lich, aber von fein vertheiltem Fett. Die Natur des im Chylus vorhandenen Felles ^^' häufet von der Art des Fettes in der Nahrung ab. Zum unverhältnissmässig grössten Theile besteht es aus Neutralfett, und selbst nach Fütterung mit reich- lichen Mengen freien Fettsäuren hat mau im Chylus hauptsächlich Neutralfette mit nur kleinen Giengen Fettsäuren oder Seifen gefunden (Mu>'K, Lebedeff). Die Guse des Chvlus sind noch nicht untersucht worden, und bisher scheint man noch nicht die Gase einer völlig normalen menschlichen Lymphe untersucht zu haben. Die C4ase der Hundelymphe enthalten höchstens Spuren von Sauerstofl' und bestehen aus 37,4—53,1 ''^o COg und 1,6 <>, o N (Verf.), bei 0 » und 760 mm Hg- Die Gase der T)nick berechnet. Die Hauptmasse der Kohlensäure in der Lvmphe scheint fest Lymphe. -^ * chemisch gebunden zu sein. Vergleichende Analysen von Blut und Lymphe haben gezeigt, dass die Lymphe mehr Kohlensäui'e als das arterielle, aber weniger als das venöse Blut enthält. Die Tension der Kohlensäure ist nach Pflüger und Strassbltig in der Lvmphe geringer als in dem venösen, aber grösser als in dem arteriellen Blute. Die quantitative Zusammensetzung des Chylus muss selbstverständlich nicht unbedeutend wechseln können. Die bisher ausgeführten Analysen beziehen sich ausserdem nur auf dasjenige Gemenge von Chylus und Lymphe, welches in dem Ductus thoracicus enthalten ist. Das spez. Gewicht schwankt zwischen 1,007 und 1,043. Als Beispiele von der Zusammensetzung des Chylus von ^Menschen werden hier zwei Analysen mitgetheilt. Die erste ist von Owex-Rees am Chvlus eines Hingerichteten und die zweite von Hoppe-Seyler in einem Falle von Ruptur des Ductus thoracicus ausgeführt worden. In dem letzten Falle war der Faserstoff vorher abgeschieden. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile. Chylus und I^ymplie. 99 Nr. 1 "Wasser 004, m Feste Stufte !l.j,2 Fibrin . Albumin Fett . . Uebrige orcrauische Stofte 8])uren 7<»,s 10,8 Salze 4,4 Nr. -2 040,72 Wasser 59,28 Feste Stoffe 30,07 Allmuiiu 7,23 Fett 2,35 Seifen 0,83 Leiitbin 1,32 Cholesterin 3,03 Alkqholextraktstoffe 0,57 Wasserextraktstotte 6,80 Lösliehe Salze 0,35 l'u lösliche Salze Die Menge des Fettes wechselt sehr und kann nach Einnahme von grossen Fettmengen mit der Nahrung bedeutend vermehrt werden. Analysen des Chylus von Thieren sind auch zu wiederholten Malen aus- geführt worden. Da aber aus diesen Analysen als hauptsächlichstes Resultat die Thatsache hervorzugehen scheint, dass der Chylus eine Flüssigkeit von sehr wechselnder Zusammensetzung ist, welche dem Blutplasma am nächsten steht und von ihm hauptsächlich durch einen grösseren Fettgehalt und einen geringeren Gehalt an festen Stoffen unterschieden ist, dürfte es genügend sein, bezüglich dieser Analysen auf ausführlichere Lehr- oder Handbücher, wie z.B. das Lehr- buch der physiologischen Chemie von v. Gorup-Besaxez , 4. Auflage, hinzu- weisen. Die Zusammensetz-ung de?' Lymphe ist auch eine sehr wechselnde und das spezifische Gewicht zeigt etwa dieselben Schwankungen wie das des Chylus. Von den hier unten angeführten Analysen beziehen sich Nr. 1 und 2 (von GuBLER und Quevexxe) auf Lymphe aus dem Ol^erschenkel einer 39jährigeu Frau und Nr. 3 (v. Scherer) auf Lymphe aus den sackartig ausgedehnten Lymphgefässen des Samenstranges. Nr. 4 ist eine von C. Schmidt ausgeführte Analyse von Lymphe aus dem rechten Halslymphstamme eines Füllens. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile. 1 Wasser 939,9 Feste Stofte 60,1 Fibrin . *. 0,5 Albumin 42,7 Fett, Cholesterin, Lecithin . 3,8 p:xtraktivstoffe 5,7 Salze 7,3 Die Menge der Salze in der von C. Schmidt untersuchten Pferdelymphe, ebenfalls auf 1000 Theile Lymphe berechnet, war folgende: Chlornatrium 5,67 Natron 1,27 Kali 0,16 " Schwefelsäure 0,09 Au Alkalien gebundene Phosiihorsäure . 0,02 Phosjjhorsaure Erden 0,20 Unter pathologischen Verhältnissen kann die Lym^^he so reich an fein vertheiltem Fette werden, dass sie dem Chylus ähnlich wird. Solche Lymphe ist von Hexsex in einem Falle von Lymphfistel bei einem 10jährigen Ivnabeu 2 3 4 934,8 957,6 955,4 65,2 42,4 44,0 0,6 0,4 9 9 42,8 34,71 = 1 9,2 34,9 4,4 8 2 t ,o (,3 Zasammen- setzang des Chylus. Zasammen- setzun? der Lymphe. Patho- logische Lymphe. 100 Fünftes Kapitel. und von Lang iu einem Falle von Lymphfistel am linken Oberschenkel eines 17jährigen Mädchens untersucht worden. Die von Hexsex untersuchte Lymphe enthielt als Mittel aus 19 Analysen 19 p. m. Fett und 0,6 p. m. Cholesterin, die von Laxg untersuchte enthielt 24,8 p. m. Fett. Die Mengen des Chylus und der Lymphe müssen selbstverständlich be- deutend wechseln können und die bisherigen Berechnungen der 24 stündigen Chyinsu.der ^lenge derselben sind aus diesen und anderen Gründen unzuverlässig. Die ymp e. js^ahrung übt auch auf diese Menge einen wesentlichen Einfluss aus. 8o beob- achtete Nasse an Hunden, dass bei Fütterung mit Fleisch etwa 36 '^/o mehr Lymphe als nach Fütterung mit Kartoffeln und etwa 54 "^o mehr als nach 24 stündigem Hungern gebildet wurde. Vermehrung der gesammten Blutmenge, wie z. B. durch Transfusion von Blut (WoRM Müller), Erhöhung des Blutdruckes (Ludwig und Tomsa), ver- mehrter Zufluss des arteriellen Blutes (Ludwig, Ragowicz, Giaxuzzi), vor Allem aber verhmderter Abfluss des Blutes durch Unterbindung der Venen (Bidder, EMinxGHAUS, Weiss) hat eine Vermehrung der Lymphmenge zur Folge. Ebenso steigt die Menge der Lymphe mit kräftigen aktiven oder passiven Muskelbe- wegungen (Lesser). Auch unter dem Einflüsse der Curarevergiftung findet eine Vermehrung der Lymphabsonderung statt (Puschutix, Lesser) und »es nimmt hierbei auch die ]\Ienge der festen Stoffe in der Lymphe zu. IL Transsudate und Exsudate. Die serösen Pläute werden normalerweise von Flüssigkeit feucht erhalten, deren Menge jedoch nui' an wenigen Orten, wie in der Perikardialhöhle und den Arachnoidealräumen, so gross ist, dass sie der chemischen Analyse zugänglich gemacht werden kann. Unter krankhaften Verhältnissen dagegen kann eine reichliche Transsudation aus dem Blute in die serösen Höhlen , in das Unter- hautzellgewebe oder unter die Epidermis stattfinden und in dieser Weise können "nd^Ex^-*^ pathologische Transsudate entstehen. Dergleichen, der Lymphe nahe verwandte, echte Transsudate siiid im Allgemeinen arm an Formelementen, Leukocyteii, und liefern nur wenig oder fast gar kein Fibrin , während die entzündlichen Transsudate, die sog. Exsudate, im Allgemeinen reich an Leukocyten sind und verhältnissmässig viel Fibrin liefern. In dem Maasse, wie ein Transsudat reicher an Leukocyten ist, steht es dem Eiter näher, während es mit abnehmendem Gehalte an solchen den eigentlichen Transsudaten oder der Lymphe ähnlicher wird. Es wh'd gewöhnlich angenommen , dass für die Entstehung der Trans- sudate und Exsudate die Filtration von grosser Bedeutung sei. Für diese An- schauung spricht auch in der That der Umstand, dass diese sämmtlichen Flüssigkeiten die im Blutj^lasma vorkommenden Salze und Extraktivstoffe in etwa derselben Menge wie das Blutplasma selbst enthalten, während der Ge- halt an Eiweiss regelmässig kleiner als in dem Blut]Dlasma ist. Während die sudate. Transsudate und Exsudate. 101 Eiweiss- eehalt der Transsudate. verschiedenen, zu die.ser Gruppe gehörenden Flüs.sigkeiteu etwa denselben Ge- halt an Salzen und P^xtraktivstoflen haben, unterscheiden sie sich von einander hauptsächlich durch einen verschiedenen Gehalt an Eiweiss und Formelenienten Avie auch durch einen verschiedenen Gehalt an den Unisetzungs- und Zerfalls- produkten der letzteren — verändertem Blutfarl)stofte, Cholesterin u. s. w. Der grösste Gehalt an Eiweiss kommt regelmässig bei entzündlichen Vorgängen mit veränderter Permeabilität der Gefässwand vor. Auf den Eiweissgehalt wirkt auch die BeschafTenheit der Blutkapillaren in den verschiedenen Gefässbezirken ein (C. Schmidt). So ist beispielsweise der Eiweissgehalt der Perikardial-, Pleura- und Peritoneal flüssigkeit bedeutend grösser als derjenige der sehr eiweissarmeu Flüssigkeiten der A r a c h n o i d e a 1 r ä u m e , des Unterhaut- zellgewebes oder der vorderen Augen kämm er. Einen grossen Ein- fluss übt auch die Beschaffenheit des Blutes aus; so ist bei Hydrämie der Ei- weissgehalt des Transsudates niedrig. Mit zunehmendem Alter eines Transsudates, Avie z. B. einer Hydroceleflüssigkeit , kann der Gehalt desselben an Eiweiss Avahrscheinlich durch Resorption von Wasser ansteigen, und es können sogar seltene Ausnahmefälle vorkommen, bei welchen ohne vorausgegangene Blutungen der Eiweissgehalt sogar grösser als in dem Blutserum ist, Dass die Cirkulations- und Druckverhältnisse einen wesentlichen Eiufluss auf die Menge und Zu- sammensetzung der Transsudate ausüben müssen , liegt auf der Hand , wenn auch ihre Wirkungen nur wenig studirt sind. Erhöhung des Veuendruckes be- wirkt nach Senator eine Zunahme der Menge des Transsudates und seines Eiweissgehaltes , während der Gehalt an Salzen sich nicht wesentlich ändert, lieber Veränderungen des Eiweissgehaltes bei einfacher arterieller Hyperämie ist nichts Sicheres bekannt. Die Gase der Transsudate bestehen aus Kohlensäure nebst nur kleinen Mengen von Stickstoff und höchstens Spuren von Sauerstoff. Die Kohlensäure- spannung ist in den Transsudaten grösser als in dem Blute (Ewald). Bei- mengung von Eiter setzt den Gehalt an Kohlensäure herab. Die Extraktiosloffe sind, wie oben gesagt, dieselben wie in dem Blut- plasma; aber es kommen auch in den Transsudaten bisweilen Extraktivstoffe, wie z. B, Allantoin in Ascitesflüssigkeiten (Moscatelli), vor, welche noch nicht im Blute nachgewiesen worden sind. Harnstoff scheint in sehr Avechselnder Menge vorzukommen. Zucker oder jedenfalls Kupferoxyd in alkalischer Flüssig- keit reduzirende Substanzen kommen in den meisten Transsudaten vor. Bern- steinsäure ist in einiffen Fällen in Hvdroceleflüssigkeiten gefunden worden, t^xtraktiv ° ' _ . . Stoffe. während man sie in anderen Fällen gänzlich vermisst hat. Leucin und Tyrosin sind bei Leberleiden und in eiterigen, in Zersetzung übergegangeneu Trans- sudaten gefunden worden. Unter anderen in Transsudaten gefundenen Extraktiv- stoffen sind zu nennen: Harnsäure, Allantoin, Xanthin, Kreatin, Inosit und Brenzkatechin. Da, Avie oben gesagt, von einem verschiedenen Gehalte an Formelementen abgesehen, ein A-erschiedener Gehalt an Eiweiss den Avesentlichsten chemischen 102 Fünftes Kapitel. Perikardial - flüssigkeit. Pleura- flüssigkeit. Die Pleura- flüssigkeit in Krank- heiten. Unterschied in der Zusammensetzung der verschiedenen Transsudate darstellt, so können dementsprechend auch die quantitativen Analysen hauptsächlich nur insofern von Bedeutung sein, als sie auf den Eiweissgehalt Bezug nehmen. Aus diesem Grunde wird auch in der Folge bezüglich der quantitativen Zusammen- setzung das Hauptgewicht auf den Eiweissgehalt gelegt. Perikardialflüssig'keit. Die Menge dieser Flüssigkeit ist auch unter l^hysiologischen Verhältnissen so gross, dass man von Hingerichteten eine für die chemische Untersuchung genügende Menge derselben hat erhalten können. Diese Flüssigkeit ist citronengelb, etwas klebrig und liefert mehr Faserstoff als andere Transsudate (6—8 p. m). Der Gehalt an festen Stoffen war in den von V. GoRUP - Besanez , Wachsmuth und Hoppe-Seyler ausgeführten Ana- lysen 37,5 — 44,9 p. m. und der Gehalt an Ei weiss 22,8 — 24,7 p. m. In einem Falle von Chyloperikardium, bei welchem es Avahrscheinlich um Berstuug eines Chylusgefässes oder um einen kapillaren Austritt von Chylus in Folge von Stauung sich handelte, enthielt die von Hasebroek analysirte Flüssigkeit in lOOOTheilen 103,61 feste Stoffe, 73,79 Albuminstoffe, 10,77 Fett, 3,34 Cholesterin, 1,77 Lecithin und 9,34 Salze. Die Pleuraflüssigkeit kommt unter physiologischen Verhältnissen in so geringer Menge vor, dass man eine chemische Analyse derselben noch nicht hat ausführen können. Unter pathologischen Verhältnissen kann diese Flüssig- keit eine sehr wechselnde Beschaffenheit zeigen. In einigen Fällen ist sie fast ganz serös , in anderen wieder serofibrinös und in anderen endlich eiterig. In Uebereinstimmuug hiermit schwanken auch das sj^ezifische Gewicht und die Eigenschaften im Uebrigen. Ist ein eiteriges Exsudat längere Zeit in der Pleura- höhle eingeschlossen gewesen, so kann eine mehr oder weniger vollständige Maceration und Auflösung der Eiterkörperchen stattgefunden haben. Die ent- leerte, gelblich -braune oder grünliche Flüssigkeit kann dann ebenso reich an festen Stoffen als das Blutserum sein, und bei Zusatz von Essigsäure kann man einen reichlichen, grobflockigen, in überschüssiger Essigsäure sehr schwer lös- lichen Niederschlag von einem Nucleoalbumin (dem Fy'in älterer Autoren) erhalten. Nach Mehu, Avelcher eine grosse Menge von Pleuraflüssigkeiten unter- sucht hat, ist bei akuter Pleuritis das spez. Gewicht meistens höher als 1,020, der Gehalt an festen Stoffen im Mittel 6,5 p. m. und die Menge Faserstoff höchstens 1,2 p. m. Bei chronischer Pleuritis mit Eiteransammlung ist das spez. Gewicht höher als 1,018 und kann auf 1,024 {nach den Beobachtungen des Verfassers sogar auf 1,030) steigen. Die Menge der festen Stoffe kann in diesen Fällen 60 — 70 p. m. oder noch mehr, 90 — 100 p. m. (Verf.), betragen. Faserstoff fehlt. Bei Cirkulationsstörungen, wie bei Lebercirrhose oder Herz- fehlern, ist das spez. Gewicht meistens niedriger als 1,015 und der Gehalt an festen Stoffen im Mittel 20—30 p. m. Die Menge der Peritonealllüssigkeit ist unter phj-siologischen Verhält- nissen sehr gering. Die Untersuchungen beziehen sich nur auf die Flüssigkeit Transsudate uiul Exsudate. 103 unter krankhaften Verhältnissen (Ascitanjlmsifikeit). Diese kann hinsichtlich ihrer Farbe, Durchsichtigkeit und Konsistenz grosse Schwankungen darbieten. Bei kachektischen Zuständen ist die Flüssigkeit fast farblos, milchig opalescirend, wasserdünn, nicht spontan gerinnend, von sehr niedrigem spez. Gewicht, 1,005 — 1,015, und fast frei von Formbestandtheilen. Bei karcinoraatöser Peritonitis kann sie durch Reichthura an Formeleraenten verschiedener Art ein trübes, schmutzig-gräuliches Aussehen erhalten. Das spez. Gewicht ist datm höher, der Gehalt an festen Stoffen grösser und die Flüssigkeit gerinnt oft spontan. Bei entzündlichen Prozessen ist sie Stroh- oder citronengelb, von Leuko- cyten nebst rothen Blutkörperchen etwas trübe oder röthlich und bei grösserem Reich- thum anersteren mehr eiterähnlich. Sie gerinnt spontan, kann verhältnissmässig reich an festen Stofien sein und kann ein spez. Gewicht von 1,030 oder mehr haben. Durch Berstung eines Chylusgefässes kann die Ascitesflüssigkeit reich an sehr fein emulgirtem Fett werden (chylöser Ascites). In solchen Fällen hat man in der Ascitesflüssigkeit 3,86—10,30 p. ra. Fett gefunden (Guinochet, Hay). Durch Beimengung von Flüssigkeit aus einem Ovarialkystome kann die Flüssigkeit bisweilen pseudomucinhaltig werden (vei'gl. Kap. 11). Es giebt jedoch auch andere Fälle, in welchen in Ascitesflüssigkeiten Mucoide vorkommen können, welche nach der Entfernung des Eiweisses durch Koagulation in der Siedhitze aus dem Filtrate mit Alkohol ausgefällt werden können. Solche Substanzen , welche nach dem Sieden mit Säuren eine reduzirende Substanz liefern, sind vom Verf. bei tuberkulöser Peritonitis und bei Cirrhosis hepatis syphilitica auch bei Männern gefunden worden. Um den Gehalt der Ascitesflüssigkeiten an Eiweiss unter verschiedenen Verhältnissen zu beleuchten, werden hier folgende, von Ruxeberg gefundene Zahlen angeführt. Sie beziehen sich auf 1000 Theile Flüssigkeit. Maximum Ascites bei Hydrämie 4,1 „ „ Portalstase 26,8 „ ,, allgemeiner venöser Stase . 23,0 „ „ Peritouealkarcinom . . 54,2 In Ascitesflüssigkeiten hat mim auch Harnstoff, bisweilen nur in Spuren, bisweilen in grösserer Menge (4 p. m. bei Albuminurie), ferner Harnsäure, Allanto'in bei Lebercirrhose (MOSCATELLI), Xanthin, Kreatin, Cholesterin und Zucker gefunden. Hydrocele- und Spermatoceleflüssigkeiteii. Diese Flüssigkeiten unter- scheiden sich in verschiedener Hinsicht wesentlich von einander. Die Hydrocele- flüssigkeiten sind regelmässig gefärbt, heller oder dunkler gelb, bisweilen bräun- lich mit einem Stich ins Grünliche. Sie haben ein verhältnissmässig hohes spez. Gewicht, 1,016 — 1,026, mit einem wechselnden aber im Allgemeinen ver- hältnissmässig hohen Gehalt an festen StoflTen, im Mittel 60 p. m. Sie ge- rinnen bisweilen spontan, bisweilen erst nach Zusatz von Fibrinferment oder Blut. Als Formbestandtheile enthalten sie hauptsächlich Leukocyten. Bisweilen enthalten sie auch eine kleinere oder grössere Menge von Cholesterinkrystallen. Die Spermatoceleflüssigkeiten dagegen sind als Regel farblos, dünnflüssig, trübe, wie ein mit wenig ]Milch vermischtes Wasser. Bisweilen reagiren sie Ascitcs- flüssitjkeit. Minimum Mittel 0,2 2,1 3,7 9,7 8,4 16,7 27,0 35,1 Die Ascites- flüssigkeit in verschie- denen Krank- heiten. Eiweiss^e- halt der Ascitesflüs- sigkeiten. Hydrocele- und Sperma- toceleüüs- sigkeit. 104 Fünftes Kapitel. Cerebro- spinal- flüssigkeit. Humor aqueus. Hautblasen- flüssiKkeit. schwach sauer. Sie haben ein niedriges spez. Gewicht, 1,006 a 1,010, einen nur geringen Gehalt an festen Stoßen — im Mittel etwa 13 p. m. — und gerinnen weder spontan, noch nach Zusatz von Blut. Sie sind in der Regel arm an Eiweiss und enthalten als Formbestandtheile Spermalozoen, Zelldetritus und Fetikörndien. Um die ungleiche Zusammensetzung dieser zwei Arten von Flüssig- keiten zu zeigen, werden hier die Mittelzahlen (auf 1000 Theile Flüssigkeit berechnet) der vom Verf. ausgeführten Analysen von 17 Hydrocele- und 4 Spermatoceleflüssigkeiten mitgetheilt. Hydrocele Siiermatocele Wasser 938,35 986,83 Feste Stoffe .... 61,15 13,17 Fibrin 0,59 — Globulin 13,52 0,59 Serumalbumin . . . 35,94 1,82 Aetherextraktstoffe . . 4,02 \ Lösliche Salze . . . 8,60 J- 10,76 Unlösliche Salze . . . 0,66 J In den Hydroceleflüssigkeiteu sind Spuren von Harnstoff und einer reduzireuden Sub- stanz, in einigen Füllen auch Bernsteinsäure und Inosit gefunden worden. Cerebrospiiialflüssigkeit. Diese Flüssigkeit, welche in gewisser Hin- sicht eher ein Sekret als ein Transsudat ist (C. Schmidt, Halliburton), ist dünnflüssig, wasserhell, von niedrigem spez. Gewicht (1,005). Sie ist sehr arm an festen Stoffen, 10 — -15 p. m. und enthält gewöhnlich gegen 10 p. m. Eiweiss. Dieses Eiweiss ist regelmässig ein Gemenge von Globulin und Alhumose, selten kommt daneben etwas Pepton und nur in besonderen Fällen etwas Serumalbumin (Halliburton) vor. Man hat in dieser Flüssigkeit auch einen optisch inaktiven, gährungsunf ähigen , Kupferoxyd reduzirenden Stoff beobachtet, welcher Brenz- katechin zu sein scheint (Halliburton). Die alte Angabe, derzufolge die Cere- brospinalflüssigkeit durch einen grösseren Reichthum an Kalisalzen von den Transsudaten sich unterscheiden würde, ist durch die neueren Untersuchungen nicht bestätigt worden. Humor aqueus. Diese Flüssigkeit ist klar, alkalisch, von 1,003 — 1,009 spez. Gewicht. Der Gehalt an festen Stoffen ist im Mittel 1 3 p. m. und der Gehalt an Eiweiss nur 0,8 — 1,2 p. m. Das Eiweiss besteht zu etwa gleichen Theilen aus Serumalbumin und Globulin (Kahn). Nach Gruenhagen enthält sie Para- milchsäure, eine andere reclitsdrehende Substanz und einen reduzirenden, nicht Zucker- oder dextrinähnlichen Stoff. Hautblasenflüssig^keit. Der Inhalt der Brand- und Vesikatorblasen und der Blasen des Pemphigus chronicum ist im Allgemeinen eine an festen Stoffen und Eiweiss (40 — 65 p. m.) reiche Flüssigkeit. Besonders gilt dies oft von dem Inhalte der Vesikatorblasen, welcher auch eine Kupferoxyd reduzirende Substanz enthalten soll. Die Flüssigkeit des Pemphigus soll alkalisch reagiren und schleimig sein. Anasarkaflüssigkeit. Diese ist dagegen in der Regel sehr arm an festen Stoffen, rein serös, d. h. nicht filmnogenhaltig, von dem spez. Gewichte 1,005 — 1,100. Transsudate und Exsudate. 105 Der Gehalt an Eiweiss ist in den meisten Fällen geringer als 10 p. m., 1 — 8 Anasarka- p. ni. (Hoffmann), und ein Eiwcissgehalt von weniger als 1 p. ni. soll auf "^^'^ ®'*' schwere Nierenaffektionen, meist mit amyloüler Degeneration, hinweisen (Hoff- mann), Die Anasarkaflüssigkeit soll regelmässig HarnslDJj, 1 — 2 p. m., und auch eine reibizirende Substanz- enthalten. Den eiweissarmon Transsudatou verwandt ist die Fl üssigkei t der Ecliitiokokkus- cysteusäcke, welehe düuntlüssig, farblos uud vom spez. (Gewichte 1,005 — 1,015 ist. Die Meuge der festen Stoffe ist 14 — 20 i>. m. Die cheinisehen Bostandtheile sind angeblieh Zucker, i^tkus" liis zu 2,5 p. ni., Ino.üt, Spuren von Harnstoff, Kreatin, Bernsteinxäure und Salze, 8,:5 — 0,7 p. ni. flüssigkeit. Von Eiweiss finden sich nur Si)uren, es sei denn, dass eine entziindlieiie Reizung stattgefunden hätte. In dem letztgenannten l'alle hat man l)is zu 7 p. m. Eiweiss gefunden. Synovia und Sohiieuschcideiillüssigkcit. Die Synovia ist wohl eigent- lich kein Transsudat; sie wird aber oft als Anhang zu den Transsudaten ab- gehandelt. Die Synovia ist eine alkalische, klebrige, fadenzieheude, gelbliche, von Zellkernen und Ueberbleibseln von zerfallenen Zellen getrübte aber auch bis- weilen klare Flüssigkeit. Sie enthält ausser Eiweiss und Salzen auch ein mucinähnliches Nucleoalbumin. Echtes Muciii ist in ihr noch nicht nachge- g wiesen. Die Zusammensetzung der Synovia ist nicht konstant, sondern wechselt je nach Ruhe uud Bewegung. Im letzteren Falle ist ihre Menge geringer und ihr Gehalt an dem mucinähnlichen Stoffe, an Eiweiss und Extraktivstoffen, grösser, während der Gehalt an Salzen vermindert ist. Dieses Vei'halten wird aus den folgenden, von Frerichs ausgeführten Analysen ersichtlich. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile. I. Synovia eines im Stall 11. Synovia eines auf die gemästeten Ochsen. Weide getriebenen Ochsen. Wasser 9G9,9 948,5 Feste Stoffe 30,1 51,5 Mucinähnlicher Stoff . . . 2,4 5,6 Albumin und Extraktivstoffe . 15,7 35,1 Fett 0,6 0,7 Salze 11,3 9,9 Die Synovia Neugeborener soll mit der von ruhenden Thieren überein- stimmen. Die Flüssigkeit der Bursae mucosae wie auch der Sehnenscheiden soll in qualitativer Hinsicht der Synovia ähnlich sein. III. Der Eiter. Der Eiter ist eine gelbgraue oder gelbgrüne, rahmähnliche Masse von schwachem Geruch und einem faden, süsslichen Geschmack, Er besteht aus einer Flüssigkeit, dem Eiterserum, und den in ihr aufgeschwemmten festen Partikelchen, den Eiierzellen. Die Menge dieser Zellen schwankt so bedeutend, dass der Eiter das eine Mal dünnflüssig, das andere dagegen so dick ist, dass Allgemeine Eiffön- kaum ein Tropfen Serum erhalten werden kann. Diesem Verhalten entsprechend schatten des . Eiters. schwankt auch das spez. Gewicht sehr, zwischen 1,020 und 1,040, ist aber gewöhnlich 1,031 — 1,033, Die Reaktion des frischen Eiters ist regelmässig alkalisch, kann aber durch Zersetzung, Avobei freie Fettsäuren, Glyceriuphosj)hor- 106 Fünftes Kapitel. Das Eiter- serum. Eiterzellen. säure und auch Milchsäure entstehen können, neutral oder sauer werden. Durch Fäulniss mit Ammoniakentwickelung kann sie umgekehrt stärker alkalisch werden. Bei der chemischen Unter.suchung des Eiters müssen das Eiterserum und die Eiterkörperchen gesondert analysirt werden. Das Eiterserum. Der Eiter gerinnt weder spontan, noch nach Zusatz von defibrinirtem Blut. Die Flüssigkeit, in welcher die Eiterkörperchen aufge- schwemmt sind, ist also nicht mit dem Plasma, sondern eher mit dem Serum zu vergleichen. Das Eiterserum ist blassgelb, gelblich-grün oder bräunlich-gelb und reagirt alkalisch. Es enthält hauptsächlich dieselben Bestandtheile wie das Blutserum, daneben aber bisweilen, wenn nämlich der Eiter längere Zeit in dem Körper verweilt hat, ein wie es scheint durch Maceration der Eiterzellen aus der hyalinen Substanz derselben entstandenes Xucleoalbumin, welches von Essigsäure gefällt und von überschüssiger Säure nur äusserst schwer gelöst wird {Py'in älterer Autoren). Das Eiterserum enthält ferner, wenigstens in mehreren Fällen , auffallender Weise kein Fibrinferment. In den Analysen Hoppe-Seylees enthielt das Eiterserum in 1000 Theilen : I II Wasser 913,7 905,05 Feste Stoße .... 86,3 94,35 Eiweisstofte .... 63,23 77,21 Lecithiu 1,50 0,56 Fett 0,26 0,29 Cholesterin 0,53 0,87 Alkoholextraktstoffe . . 1,52 0,73 Wasserextraktstoffe . . 11,53 6,92 Anorganische Stoffe . . 7,73 7,77 Die Asche des Eiterserums hat folgende Zusammensetzung, auf 1000 Theile Serum berechnet : I II XaCl 3,22 5,39 NaaSOi 0,40 0,31 XaoHPOi .... 0,98 0,46 Xa-^COs 0,49 1,13 Ca3(PÖ,).> .... 0,49 0,31 Mg3(P0i).i .... 0,19 0,12 PO4 (zu viel gefimden) 0,05 Die Eiterkörpert'lieii sollen nach der allgemeinen Ansicht, der Emi- grationshypothese, zum allergrössten Theil ausgewanderte farblose Blutkörperchen sein, und ihre chemische Beschaffenheit ist damit auch in der Hauptsache an- gegeben. Als mehr zufällige Formelemente des Eiters sind Molekularkörnchen, Fettkügelchen und rothe Blutkörperchen anzusehen. Die Eiterzellen können von dem Serum durch Centrifugiren oder Dekan- tation direkt oder nach Verdünnung mit einer Lösung von Glaubersalz in Wasser (1 Vol. gesättigter Glaubersalzlösung und 9 Vol. Wasser) getrennt und dann mit derselben Lösung in analoger Weise Avie die Blutkörperchen gewaschen werden. Die Hauptbestandtheile der Eiterkörperchen sind EiweisstofFe, unter denen eine in Wasser unlösliche Nucleoalbuminsubstanz, welche mit Kochsalzlösung von 10 ^,0 zu einer zähen, schleimigen Masse aufquillt, in grösster Menge vor- Der Eiter. 107 zukommen scheint. Diese Proteinsubstanz, welche auch in verdünntem Alkali sich löst, davon aber rasch verändert wird, nennt man die hyaline Substanz Ro^^DAs, und von ihr rührt die Eigenschaft des Eiters, von einer Kochsalz- lösung in eine schleimähnliche Masse umgewandelt zu werden, her. Ausser dieser Substanz hat man auch in den Eiterzellen gefunden : einen bei 48 — 49 ** C. gerinnenden Eiweisstoff, ferner Serumgiubulin (?), Serumalbuinin, eine dem ge- ronnenen Eiweisse nahestehende Substanz (^Iiescher) und endlich auch Pepton (Hofmeistek). Ausser dem Eiweisse sind in dem Protoplasma der Eiterzellen auch Leci- thin, Cholesterin, Xanthinstoß'e , Fett, Seifen und Cerebrin (vgl. Kapitel 10) gefunden worden. Glykogen soll nach Hoppe-Seyler nur in der lebenden, kontraktilen weissen Blutzelle, nicht aber in den todten Eiterkörperchen vor- kommen. Salomon hat indessen auch im Eiter Glykogen gefunden. Die Zell- kerne enthalten Nucle'in und etAvas Lecithin. Die Mineralstoffe der Eiterkörperchen sind Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium luid Eisen. Ein Theil des Alkalis findet sich als Chloride, der Rest, wie auch die übrigen Basen, als Phosphate. Die quantitative Zusammensetzung der Eiterzellen war in den Analysen Hoppe-Seylers die unten folgende. Sämmtliche Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile Trockensubstanz. Auch die Zahlen für die Mineralstofife sind auf 1000 Theile Trockensubstanz berechnet. I II Mineralstoffe Eiweisstoffe .... 137,62 \ NaCl 4,35 Nuelein 3-i2,.J7 \ 685,83 673,69 Ca3(P04)2 2,05 Unlösliche Stoffe . . 205,66 j M,ff3(POj2 1,13 Lecithin 1 ^ ,o oo 75,6-i FePOi 1,06 Fett ; ^''"^'^^ 75,00 PO^ 9,16 Cholesterin .... 74,0 72,83 Na 0,68 Cerebrin 51,99 1 ini SJ. ^ Spuren (?) Extraktivstoffe . . . 44,33 1 iui,»4 MiESCHER hat dagegen andere Zahlen für die Alkaliverbindungen gefunden. Er fand nämlich: Kaliuiuijhosphat 12, Natriumphosphat 0,1, Erdphosphate und Eisenphosphat 4,2, Chlomatrium 1,4 und Phosphorsäure in organischer Verbindung 3,14 — 2,03 p. m. In längere Zeit in Kongestionsabscessen stagnirtem Eiter hat man Pepton, Leucin und Tyrosin, freie fette Säuren und ßüchtige Fettsäuren, wie Ameisen- säure, Buttersäure und Valeriansäure, gefunden. Im Eiter sind auch bisweilen angeblich Chondrin (?) und Glutin (?), Harnstoff] Traubenzucker (bei Diabetes), Gallenfurbsloffe und Gallensäuren (bei katarrhalem Icterus) gefunden worden. Als mehr spezifische aber nicht konstante Bestandtheile des Eiters sind folgende Stoffe angegeben worden: Py'in, welches ein von Essigsäure fällbares Nucleoalbumin zu sein scheint, und ferner Py'insäure und Chlorrhodinsäure, welche jedoch als gar zu wenig studirte Stoffe hier nicht weiter abgehandelt werden können. Man hat in mehreren Fällen eine blaue , seltener eine grüne Farbe des Eiters beobachtet. Dies rührt von der Gegenwart einer Art Vibrionen her (Lücke), aus welcher Fordos und Lücke theils einen krystallisirenden, blauen und theils einen gelben Farbstoff — Pyocyanin und Pyoxanthose — isolirt haben. Eiweisstoffe der Eiter- zollen. Extraktiv- stoffe. Zusammen- setzung der Elterzellen. Abnorme Bestand- theile. Pyi'n, Py'in- säure, Oilur- rhodinsäure. Blauer Eiter. 108 Fünftes Kapitel. Lymph- drüsen. Protei n- stofle der ililzpulpe. Anhang. Lyinph- und ßlutgefäss-Drüsen. Die Lymphdrüsen. In den Zellen der Lymphdrüsen finden .«ich nach FosTEK und Lankester und Halliburton die schon oben (Kapitel 3, S. 35) genannten vier Eiweisstoffe. Als Produkte einer postmortalen Zersetzung können auch Alburaosen und Peptone vorkommen. Ausser den übrigen, gewöhnlichen Gewebsbestandtheilen , wie Collagen, Elastin und Nuclein, hat man in den Lymphdrüsen auch Cholesterin, Fett, Glykogen, Xanthinstoße , darunter auch Adenin (Keoxecker), und Leucin gefunden. In den Inguinaldrüsen einer alten Frau fand OrDTMA>'N 713,84 p. m. Wasser, 285 p. m. organische und 1,16 p. m. anorganische Substanz. Die Milz. Die ]\Iilzpulpe kann nicht von Blut befreit werden. Diejenige Masse, welche man von der Milzkapsel und dem Balkengewebe durch Aus- pressen trennen kann, und welche in gewöhnlichen Fällen das Material der chemischen L'ntersuchung darstellt, ist deshalb auch ein Gemenge von Blut- und Milzbestandtheilen. Aus diesem Grunde sind auch die Eiweisskörper der ^lilz nicht näher bekannt. Als wahre Milzbestandtheile bezeichnet man jedoch eisenhaltige Albuminate und besonders eine, in der Siedehitze nicht gerinnende, von Essigsäure fällbare Proteinsubstanz, welche beim Einäschern viel Phosphor- säure und Eisenoxj'd liefert (Scherer). Die Milzpulpe reagirt in frischem Zustande alkalisch, wird aber bald sauer, was wenigstens zum Theile von der Entstehung freier Fleischmilchsäure, zum Theile auch vielleicht von Glycerinphosphorsäure, herrührt. Ausser diesen zwei Säuren sind in der Milz auch flüchtige Fettsäuren, wie Ameisensäure, Essig- säure und Buttersäure, ferner Bernsteinsäure, Neutralfette, Cholesterin, Spuren von Leucin, Inosit (in der Ochsenmilz), Scyllit, ein dem Inosit verwandter Stoff (in der Milz der Plagiostomen) , Glykogen (in der Hundemilz) , Harnsäure, Guanin, Hypoxanthin, Xanthin, Adenin (Kronecker) und Jecorin (Baldi) ge- funden worden. Von besonderem Interesse sind unter den Bestandtheilen der Milz die von Nasse näher studirten eisenreichen Ablagerungen, welche aus eisenreichen Körnchen oder Konglomeraten von solchen bestehen. Diese, durch eine Um- wandlung der rothen Blutkörperchen entstandenen' Eisenkörner, welche auch in alten Thromben vorkommen, entstehen überhaupt, wenn stockende Blutkörper- Eisenhaltige chen nicht gelöst werden, und sie können entweder extrazellulär oder intra- Abla-e- . runtrenmder zellulär — wenn die Blutkörperchen von farblosen Zellen aufgenommen werden JJilz. . ^ ... — entstehen. Diese Ablagerungen kommen nicht in gleicher Menge in der ]\Iilz aller Thierarten vor; besonders reichlich finden sie sich in der Milz der Pferde, Die von !Nasse analysirten Körner (aus Pferdemilz) enthielten 839,2 p, m. organische und 160,8 ]).m. anorganische Substanz. Diese letztere bestand Extraktiv- stoffe. Die Milz. 109 aus 566—726 p. m. Fe^Og, 205—388 p. in. P^,0. und 57 p. ni. Erden. Die organische Substanz bestand hauptsächlich aus Eiweiss (060 — HOÜ p. ni.), Nuclei'n, 52 p. ni. (als ^Maximum), einem gelben Farbstotie, Extraktivstoffen, Fett, Chole- sterin und Lecithin. Hinsichtlich der Mineralheslnndlheile ist zu bemerken, dass der Gehalt an Eisen auffallend gross ist, und weiter, dass, dem Natrium und der Fhos- phorsäure gegenüber, der Gehalt an Kalium und Chlor gering ist. Die Menge des Eisens ist bei neugeborenen und jungen Thieren klein (Lapicque), bei Er- wachsenen grösser und bei alten Thieren bisweilen sehr bedeutend. So fand Nasse in der trockenen Milzpulpe alter Pferde nahe an 50 p. m. Eisen. Quantitative Analysen der ]Milz vom Menschen sind von Oidtmanx aus- geführt worden. Bei Männern fand er 750 — 694 p. m. Wasser und 250 bis 306 p. m. feste Stoffe. Bei einer Frau fand er 774,8 p. m. Wasser und 225,2 p. m. feste Stoffe. Die Menge der anorganischen Stoffe war bei den Männern 4,9 — 7,4 p. ni. und bei der Frau 9,5 p. m. Bezüglich der in der Milz verlaufenden pathologischen Prozesse ist be- sonders an die reichliche Neubildung von Leukocyten bei der Leukämie und das Auftreten der Amyloidsubstanz (vergl. S. 33) zu erinnern. Die physiologischen Funktionen der Milz sind wenig bekannt. Man hat die Milz als ein Einschmelzungsorgan der rothen Blutkörperchen betrachten wollen .(KöLLiKER, Ecker), und das Vorkommen der obengenannten eisenreichen Ablagerungen scheint wohl auch unzweifelhaft dieser Ansicht das Wort zu reden. Andere Forscher (Gerlach, Fuxke u. A.) dagegen betrachteten die Milz als ein Blutbildungsorgan. Auch das Vorkommen von kernhaltigen Vorbildungs- stufen der rothen Blutkörperchen in der Milz oder von jüngeren rothen Blut- körperchen in dem Milzveuenblute ist von mehreren Forschern behauptet worden. Auch zu der Verdauung hat man die Milz in eine bestimmte Beziehung bringen Avollen. Die Milz schwillt bekanntlich einige Zeit nach der Mahlzeit an und diese Anschwellung ist von Schiff und Herzen mit einer Ladung des Pankreas mit Enzym in Zusammenhang gebracht worden. Nach den genannten Forschern soll nämlich das Pankreas nach der Milzexstirpation kein eiweiss- verdauendes Enzym erzeugen können, eine Angabe, welche jedoch Heedexhaim und Ewald nicht bestätigen konnten. Nach neueren Untersuchungen von Herzex soll während der Milzanschwellung in diesem Organe ein eiweissver- dauendes Enzym entstehen. Eine Vermehrung der ausgeschiedenen Harnsäuremenge kommt bei der lienalen Leukämie vor (Raxke, Salkowski, Fleischer und Pexzoldt, Stadt- HAGEx), während umgekehrt eine Verminderung der Harnsäure im Harne unter dem Einflüsse grosser Dosen des Milzabschwellung bewirkenden Chinins statt- finden soll. Man hat hierin einen Wahrscheinlichkeitsbeweis für eine nähere Beziehung der Milz zu der Harnsäurebildung sehen wollen. Wenn, wie anzu- nehmen ist, die Xanthinstoflfe Vorstufen bei der Harnsäurebildung sind, könnte Mineral- stoffe. Quantitative Zusammen- setzung. Physio- logische Funktion. Beziehung zu der Verdaunni,'. Beziehung zu der Harn- säure- bildung. 110 Fünftes Kapitel. Die Thymus. Die Schild- drüse. die Harnsäurevermehrung bei der Leukämie vielleicht von dem in dieser Krank- heit vermehrten Gehalte der Milz an XanthinstofFen (Hypoxanthin) herrühren ^). Wie die Leber hat auch die Milz die Fähigkeit, fremde Stoffe, Metalle und Metalloide, zurückzuhalten. Die Thymus ist wenig studirt. Ausser Eiweiss und Substanzen der Bindesubstanzgruppe hat man in ihr kleine Giengen Fett, Leucin, Bernsleiii- säure , Milchsäure und Zucker gefunden, Bemerken swerth ist der grosse Ge- halt an Xanthinstofj'en , hauptsächlich Adenin — 1,79 p. m. in der frischen Drüse oder 19,19 p.m. in der Trockensubstanz (Kossel und Schindler). L^nter den Mineralbestandtheilen sind Kali und Phosphorsäure vorherrschend. In der Drüse eines 14 Tage alten Kindes fand Oedtmaxx 807,06 p. m. Wasser, 192,74 p. m. organische und 0,2 p. m. anorganische Stoffe. Die Schilddrüse. Die chemischen Bestandtheile dieser Drüse sind wenig bekannt. Bubnow hat durch Extraktion mit Kochsalzlösung oder sehr schwacher Kalilauge aus der Drüse einige Proteinsubstanzen, von ihm „Thyreoprole'ine" genannt, erhalten, welche etwa denselben Stickstoffgehalt, aber einen niedrigeren Kohlen- und Wasserstoffgehalt als das Eiweiss im Allgemeinen haben. Die in den Blasen enthaltene Flüssigkeit enthält, wenigstens bisweilen, eine von über- schüssiger Essigsäure fällbare, mucinähnliche Substanz. In dem Drüsenextrakte hat man ausserdem Leucin, Xantinn, Hypoxanthin, Milch- und Bemsteinsäure gefunden. In der Schilddrüse einer alten Frau fand O^DTMA^"x 822,4 p. m. Wasser, 176,7 p. m. organische und 0,9 p. m. anorganische Stoffe. Bei einem 14 Tage alten Kinde fand er: Wasser 772,1, organische Stoffe 223,4 und an- organische Stoffe 4,5 p. m. Bei „Struma cystica" fand Hoppe -Seyler in den kleinen Drüsen- räumen fast kein Eiweiss , sondern vorzugsweise Mucin ; in den grösseren da- gegen fand er viel Eiweiss, 70 — 80 p. m. In solchen Cysten kommt regel- mässig C/^o/es^e?*«« vor, bisweilen in so grosser Menge, dass der gesanunte Inhalt einen dünnen Brei von Cholestermtäfelchen darstellt. Auch Krystalle von Calciumoxalat kommen nicht selten vor. Der Inhalt der Strumacysten hat bisweilen eine von zersetztem Blutfarbstoffe, Methämoglobin (uüd Hämatin ?), herrührende, braune Farbe. Auch Gallenfarbstoffe sind in solchen Cysten ge- funden worden. (Bezüglich des Paralbumins und des Collo'ids, welche man bei Struma cystica und Colloidentartung gefunden haben soll, vergl. Kap. 11.) Ueber die Funktionen der Schilddrüse ist nur wenig bekannt. Vom chemischen Gesichtspunkte aus dürfte die Ansicht der Erwähnung werth sein, und Myx- derzufolge das sogenannte Myxödem, d. h. eine schleimige Infiltration des sub- kutanen Zellgewebes an Kopf und Hals (nebst anderen Störungen), mit dem Struma cvstica. ') In der letzten Zeit hat Horbaczewski A'orstufen der Harnsäure in der Milzj^ulpe gefunden xmd er hat ferner gezeigt, dass, ■wenn mau Milzpulpe uud Blut von Kälbern bei Bluttemperatur imd Gegenwart von Luft aufeinander einwirken lässt, erhebliche Mengen von Harnsäure gebildet werden. Die Nebeuuieren. Hl Ausfalle der Thätigkeit der Thyreoidea in Verbindung stehen soll. Horsley und Hai.i.iiuhton fanden aucli in der That bei Arten, nicht al)er l)ei Schweinen, einen vernielirten ^lucingehalt in den Geweben nach Exstirpation der Schilddrüse. Die Nebeiiiiieron. Ausser Eiweiss, Substanzen des Bindegewebes und Salzen hat man in deu Nebennieren gefunden: Palmilin, Lecithin, Neurin und Glycerinpliosphorsäure, welche letztere die giftigen Wirkungen eines wässerigen Extraktes der Drüse bedingen sollen (Marino-Zuco und Guarkieri) und etwas Leuciu, welches jedoch vielleicht ein Zersetzungsprodukt ist. Die Angaben über das Vorkommen von Benzoesäure, Hippursäwe , Gallenmuren und Tuurin sind einer weiteren Prüfung bedürftig. In der Marksubstanz hat man ein Chromogen oder mehrere solche gefunden, welche durch Einwii'kung von Luft, nieren. Licht, "Wärme, Haloiden oder Äletallsalzen in rothe Farbstoffe umgesetzt werden (VuLPiAX, Krukenberg). Wahrscheinlich kommt aucb ßrenzcotechin vor. Auf Gi'und des Gehaltes -der Nebennieren an Chromogen hat man oft einen Zusammenhang zwischen der abnormen Pigmentablagerung der Haut, welche die ADDisoN'sche Krankheit eharakterisirt, und den krankhaften Veränderungen, welche dabei in den Nebennieren häufig vorkommen, sehen wollen. Die Neben- Sechstes Kapitel. der Leber. Die Leber. Den blutbereirenden Drüsen schliesst sich die grösste aller Drüsen des Organismus, die Leber, nahe an. Die Bedeutung dieses Organes für die physio- logische Zu-ammensetzuns: des Blutes ist schon daraus ersichtlich, dass das vom Verdauungskanale kommende, mit den daselbst resorbirten Stoffen beladene Blut die Leber erst durchströmen muss, bevor es durch das Herz in die ver- schiedenen Organe und Gewebe getrieben wird. Dass eine Assimilation der mit dem Pfortaderblute der Leber zugeführten, resorbirten Xährstoife in diesem Organe wirklich stattfindet, ist wenigstens für die Kohlehydrate bewiesen, und es ist wohl nicht daran zu zweifeln, dass hierbei synthetische Prozesse auf- Prozesse in treten. Das Vorkommen synthetischer Prozesse in der Leber ist übrigens durch besondere Beobachtungen ganz sicher gestellt. Es können nämlich in der Leber gewisse Ammoniakverbindungen in Harnstoff, bezw. Harnsäure (bei Vögeln) übergehen (vergl. Kapitel 14), während auch einige Produkte der Darmfäulniss, wie z. B. die Phenole, in der Leber durch eine S}Tithese in Aetherschwefel- säuren übergeführt werden können (Pflüger und Kochs). Die Leber hat ferner die Fähigkeit, heterogene Stoffe aus dem Blute aufzunehmen und zurückzuhalten, und dies gilt nicht nur von ^Nletallsalzen, welche oft von diesem Organe zui'ück- gehalten werden, sondern auch, wie von Schiff und Lautexberger, Jacques, H£c^EK und EoGER gezeigt worden ist, von Alkaloiden, welche vielleicht zum Theil auch in der Leber umgesetzt werden. Wenn also die Leber von assimilatorischer Bedeutung ist und wenn sie auch reinigend auf das vom Verdauungskanale kommende Blut wirkt, ist sie jedoch gleichzeitig auch ein sekretorisches Organ, welches ein spezifisches Sekret, die Galle, absondert, bei deren Entstehung rothe Blutkörperchen zu Grunde gehen oder jedenfalls ein Bestandtheil derselben, das Hämoglobin, umgesetzt wird. Dass die Leber umgekelu-t während des Fötallebens ein Organ füi- die Jifeubildung von rothen Blutkörperchen ist, wird allgemein angenommen. Dass die chemischen Vorgänge in diesem Organe von mannigfacher Art und von grosser Bedeutung für den Organismus sein müssen, ist wohl also nicht zu bezweifeln; aber leider müssen wir gestehen, dass wir über die Art Die Leber. 113 und diyn Umfang dieser Vorgänge nur sehr wenig wissen. Unter ihnen giebt es indessen vorzugsweise zwei, welche nach einer vorausgeschickten kurzen Be- sprechung der Bestandtheile und der chemischen Zusammensetzung der Leber in diesem Kapitel ausführlicher abgehandelt werden müssen. Der eine scheint assimilatorischer Art zu sein und betrifft die Glykogenbildung, der andere be- trifft die Bereitung und die Absonderung der Galle. Die Reaktion der Leberzelle ist während des Lebens alkalisch, wird aber nach dem Tode sauer, wahrscheinlich in Folge einer Milchsäurebildung. Dabei scheint auch eine Gerinnung des Protoplasmaeiweisses der Zelle stattzufinden. Ein bestimmter Unterschied zwischen den Eiweisstoffen des todten und des noch leben- den, nicht geronnenen Protoplasmas ist jedoch nicht beobachtet w'orden. Die Eiweisstoffe der Leber sind zuerst von Plos'z näher untersucht worden. Er fand in der Leber eine in das wässerige Extrakt übergehende, bei -|- 45^ C. gerinnende Eiweissubstanz- , ferner ein bei -\~ 7ö^ C. koagulirendes Globiilin, ein bei -}- 70° C. koagulirendes Xucleoalbumin (?) und endlich einen, dem (je- ronnenen Eiiceisse nahestehenden, bei Zimmertemperatur in verdünnten Säuren oder Alkalien unlöslichen, in der Wärme dagegen in diesen unter Umwandlung in Albuminat sich lösenden Eiweisskörper. Die Leber enthält, wie St. Zaleski gezeigt hat, eisenhaltige Eiweisskörper , in welchen das Eisen in mehr oder weniger fester Bindung vorkommt. In welcher Beziehung diese zu den von Plos'z isolirten Eiweisskörpem stehen, ist noch unbekannt. Das Fett der Leber kommt theils als sehr kleine Kügelchen und theils, besonders bei säugenden Kindern und Thieren wie auch nach einer fettreichen Nahrung, als etwas grössere Fettröpfchen vor. Diese Fettinfiltration, welche bei passender Nahrung so reichlich werden kann, dass sie den höchsten Graden pathologischer Fettleber ähnlich wird, fängt an der Peripherie der Acini an und schreitet von da gegen das Centrum hin. Wird die Menge des Fettes in der Leber durch eine Fettinfiltration vermehrt, so nimmt das Wasser entsprechend ab, während die ^Meuge der übrigen festen Stoffe verhältnissmässig wenig ver- ändert bleibt. Anders verhält es sich bei der Fettdegeneration. Bei diesem Prozesse findet die Fettbildung auf Kosten des Protoplasmas der Zelle statt, und die Menge der übrigen festen Stoffe wird in Folge dessen vermindert, während der Gehalt an AVasser nur wenig verändert wird. Um das nun Ge- sagte zu beleuchten, werden hier theils einige Zahlen für die normale Leber vmd theils die von Peels bei Fettdegeneration und Fettinfiltration gefundenen Werthe angeführt. Sämmtliche Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile. Wasser Fett Uebr. feste St Normale Leber . . . 770 20—35 207—195 Fettdegeneration . . . 810 87 97 Fettinfiltration . . 620 190—240 184— U5 Unter den Extr aktiv stojfen hat man, abgesehen von dem Glykogen, welches später abgehandelt werden soll, in der Leber Xanthinstoffe in ziemlich reich- licher Menge gefunden. In 1000 Theilen Trockensubstanz fand Kossel 1,97 Chemische VorgilDge in der Leber. Die Leber- zellen. Eiweisstoffe der Leber. Das Fett der Leber. Hararaarsteii , Phj-siolo^-ische Chemie. lU Sechstes Kapitel. Guanin, 1,34 Hypoxanthin und 1,21 Xanlhin. X\\q\\ Adodn findet sich in der Leber. Ferner hat man in der Leber Harnstoff und Harnsäure (besonders in ^toffl^deV ^^^ Yogelleber), und zwar in grösserer Menge als im Blute, Paramüchsäure, Leber. Leucin, Jecorüi und in pathologischen Fällen Inosit, Tyrosin und Cyslin ge- funden. Das Vorkommen von G ullenfarbstoffen in den Leberzellen unter nor- malen Verhältnissen ist angezweifelt worden; bei Reteution der Galle können die Zellen dagegen den FarbstofT aufnehmen und von ihm gefärbt Averden. Das Jecorin ist ein zuerst von Deechsel in der Pferdeleber und später von Baldi in Leber und Milz von anderen Thieren, in Muskeln und Blut vom Pferde imd im Menschen- yehim gefundener, seiner Zusammensetzung nach noch nicht sicher bekannter, schwefel- und phosphorhaltiger Stofl'. Das Jecorin löst sich in Aether, wird aber aus der Lösimg von Alkohol Jecorin. gefällt. Es reduzirt Kupferoxyd imd nach dem Sieden mit Alkali erstarrt es beim Abkühlen wie eine Seifengallerte. Durch seine Löslichkeitsverhältnisse imd seineu Gehalt an Phosphor kann es bei der L'ntersuchung von Organen oder Geweben auf einen Gehalt an Lecithin zu Fehlem Veranlassung geben. Die Mineralstoffe der Leber bestehen aus Phosphorsäm-e, Kaliinn, Natrium, alkalischen Erden und Chlor. Das Kalium herrscht dem Xati'ium gegenüber vor. Eisen ist ein regehnässiger Bestaudtheil, dessen Menge sehr zu wechseln scheint, 0,3 — 11,8 p. m. auf die Trockensubstanz der Leber berechnet (St. Zat.kski). Das Eisen findet sich theils als Phosphat, theils, und zwar zum allergrössten Theile, in den eisenhaltigen Proteinstoffen (St. Zaleski). Kupfer scheint ein physiologischer Bestandtheil zu sein. Fremde Metalle, wie Blei, Zink u. a., werden leicht von der Leber aufgenommen und lange Zeit in ihr zurückgehalten. Iii der Leber eines jungen , des plötzlichen Todes verstorbenen Mannes fand V. BiBRA in 1000 Theilen : 762 "Wasser und 238 feste Stoffe, darunter 25 Fett, 152 Eiweiss und leimgebende Substanz und 61 ExtraktivstofiTe. Mineral- stoffe der Leber. Das Glykogen und die Glykogenbildung. Das Glykogen ist ein von Beexaed und Hensex fast gleichzeitig im Jahre 1857 entdecktes, den Stärkeaiten oder Dextrinen nahe verwandtes Kohlehydrat von der allgemeinen Formel C^^^f)-^, ^-ielleicht ßiC^^ff)-^) -~ H^O (KüLZ und Born- träger), Bei erwachsenen Thieren kommt es in grösster Menge in der Leber (Bernard, Hensen u. A.), in kleinerer Menge in den Muskeln (Nas.se, Brücke u, A.) vor. In sehr geringen Mengen findet es sich in vielen Organen , in Lungen, Haut, der Wurzelscheide der Haare ( Wier.sma', Barfurthj, der Tunica ^des°üi?-° media der Arterien und auch in gewissen Epithelzellen (Schiele, "Wier-sma). kogens. ggjj^ Vorkommen in lymphoiden Zellen und im Eiter ist schon m dem vorigen Kap. besprochen worden. In embryonalen Geweben kommt das Glykogen , wie be- sonders Bernard tmd Kühnt: gezeigt haben, sehr verbreitet vor und es scheint überhaupt ein Bestandtheil solcher Gewebe zu sein, in welchefi eine lebhafte Zellneubildung und Zellentwickelung stattfindet (Hoppe-Seyler). So kommt es auch in rasch sich entwickelnden pathologischen Geschwülsten vor (Hoppe- Das Glykoyeu und die Glykogeubilduug. 115 Seyler). Bei Diabetes mellitus ist es iu mehreren Organen gefunden worden. Auch im Pflanzenreiche, bei den Myxomyceten, hat man es gefunden. Die Menge des Glykogens in der Leber wie auch in den ^lu.-fkeln hängt wesentlich von der Nahrung ab. Beim Hungern verschwindet es nach einiger Zeit, rascher bei kleineren als bei grösseren Thieren. Nach älteren Angaben (Luciisinger) soll es dal^ei früher aus den Muskeln als aus der Leber ver- schwinden, nach neueren Angaben (Aldehoff) dagegen umgekehrt. Nach Auf- g^haif dei nähme von Nahrung, besonders wenn diese reich an Kohlehydraten ist, wird Leber. die Leber wiederum reich an Glykogen und die grösste !Menge davon soll die Leber 14 — 16 Stunden nach der Nahrungsaufnahme enthalten (KüLz). Der Gehalt der Leber an Glykogen kann nach reichlicher, kohlehydratreicher Nahrung 100 — 120 p. m. oder sogar noch mehr betragen. Gewöhnlich ist er bedeutend niedriger, 12 — 30 ä 40 p. m. Das Glykogen stellt ein amorphes, weisses, geschmack- und geruchloses Pulver dar. ]Mit Wasser giebt es eine opalisirende Lösung, die beim Verdunsten auf dem Wasserbade mit einer, nach dem Erkalten wieder verschwindenden Haut Eigen- sich überzieht. Die Lösung ist dextrogyr, («)D = -|-21l0 (Külz). Die spez. SÄnel^ Drehung Avird jedoch von verschiedenen Forschern etwas verschieden angegeben. Von Jod wird die Lösung weinroth gefärbt. Das Glykogen kann Kupferoxyd- hydrat in alkalischer Flüssigkeit in Lösung halten, reduzirt dasselbe aber nicht. Eine Lösung von Glykogen in Wasser wird nicht von Quecksilberjodidjodkalium und Salzsäure, wohl aber von Alkohol oder von amraoniakalischem Bleiessig gefällt. Bei anhaltendem Sieden mit verdünnter Kalilauge scheint das Glykogen ein wenig verändert zu werden (Vistschgaü und Dietl). Von diastatischen Enzymen wie auch durch Sieden mit verdünnten Mmeralsäuren wird das Glykogen in Zucker übergeführt. Die Reindarstellung des Glykogens (am einfachsten aus der Leber) ge- scliieht gewöhnlich nach der von Brücke angegebenen Methode, deren Haupt- züge die folgenden sind: Unmittelbar nach dem Tode des Thieres wird die Leber in siedendes Wasser geworfen , fein zertheilt und mehrmals mit neuem Wasser ausgekocht. Die filtrirten Extrakte werden genügend stark konzeutrirt, abgekühlt und durch abwechselnden Zusatz von Quecksilberjodidjodkalium und Salzsäure von Eiweiss befreit. Aus der abfiltrirten Flüssigkeit wird das Gly- kogen durch Zusatz von Alkohol, bis das Gemenge 60 Vol. Prozent davon ^'tung-^e^s" enthält, gefällt. Das Glykogen wird auf dem Filtrum erst mit 60^,'oigem und Glykogens. dann mit 95'^/oigem Alkohol ausgewaschen, mit Aether behandelt und über Schwefelsäure getrocknet. Es ist stets von Mineralstoffen verunreinigt. Um aus der Leber und besonders aus Muskeln und anderen Geweben sämmtliches Glykogen extrahiren zu können — was besonders bei quantitativen Bestim- mungen nothwendig ist — muss man erst einige Stunden mit verdünnter Kali- lauge, etwa 4 g KOH auf je 100 g Leber, kochen (Külz). Die quantitative Bestimmung geschieht gewöhnlich nach der nun be- schriebenen BRÜCKE'schen Methode, wobei zu beachten ist, dass man den mit Bestimmuns? Quecksilberjodidjodkalium und Salzsäure erhaltenen Niederschlag wenigstens kogens.' 4 Mal vom Filter nehmen, mit Wasser unter Zusatz von einigen Tropfen Salz- säure und Kaliumquecksilberjodid zum Brei anrühren und abfiltriren muss, um 116 Sechstes Kapitel. Einwirkuni; alles Glykogen in den Filtraten zu erhalten (KüLz). Die Menge des Glykogens kann auch mit dem Polaristrobometer oder durch Filtrirung, nachdem es zuerst durch Sieden mit einer Säure in Zucker übergeführt worden ist, bestimmt werden. Die Frage von dem Ursprünge des Glykogens im Körper ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Die Glykogenmenge in der Leber nimmt nach Aufnahme von mehreren Stoffen, in erster Linie von Zuckerarten und mehreren anderen Kohlehydraten (Pavy u, A,), ferner von Glycerin (van Deen, Weiss, Luchsikger), Leim (Woroschiloff) und dem Glykoside Arbutin zu, Inosit (Külz) und Mannit (Luchsinger) sind dagegen ohne Wirkung. Ebenso soll das Fett nach den Angaben der meisten Forscher ohne Einwirkung sein. Bezüglich der Bedeutung des Ei weisses für die Glykogen- bildung gehen die Ansichten etwas auseinander. Aus mehreren Beobachtungen, verschie- mj^yi- clenen besonders einige Fütterungsversuche mit ausgekochtem Fleische Jener Stoffe o o o auf die (Nauxyn) oder Blutfibrin (v. Mering) zu nennen sind, scheint iedoch unzweifel- Glykogen- ^ / ^ ' ' j biidung. l^Q^f^^ hervorzugehen, dass auch das Eiweiss zu den Glykogenbildnern zu rechnen ist, WoLFFBERG hat auch gefunden, dass man mit Eiweiss und Kohlehydraten in passenden Mengenverhältnissen eine reichlichere Glykogenbildung als mit einer einseitig kohlehydratreichen Nahrung mit nur wenig Eiweiss erreichen kann. Dass die Fütterung mit Eiweiss und Kohlehydraten eine entschieden be- deutendere Gljkogenzunahme als die Kohlehydratfütterung allein erzeugt, ist von mehreren Forschern, in letzter Zeit auch von Moszeik, gezeigt worden. Die grosse Bedeutung der Kohlehydrate für die Glykogenbildung hat zu der Ansicht geführt, dass das Glykogen in der Leber durch eine Synthese mit Wasseraustritt, also durch eine Anhydridbildung aus anderen Kohlehydraten (Zucker) entstehe (Luchsinger u. A.). Gegen diese Theorie (die Anhydrid- tlieorie) ist jedoch eingewendet worden, dass sie weder die Entstehung des Gl}^- kogens aus so verschiedenen Stoffen wie Eiweiss, Kohlehydraten, Glycerin u. a. erklärt, noch den Umstand, dass das Glykogen, unabhängig von den Eigenschaften der eingeführten Kohlehydrate, ob sie rechts- oder linksdrehend sind, stets erykogen-"^ dasselbe ist. Viele Forscher sind deshalb auch der Ansicht, dass alles Glykogen ""^" aus Eiweiss entstehe und dass dieses dabei in einen stickstoffhaltigen und einen stickstoffreien Antheil sich spalte, welch' letzterer zu Glykogen werden soll. Die Kohlehydrate sollen nach dieser Ansicht nur in der Weise wirksam sein, dass sie das Eiweiss und das aus ihm entstandene Glykogen sparen {Ersparnks- tlieorie von Weiss, Wolffberg u. A.). In vielen thierischen Geweben kommen Proteide vor, aus welchen Kohle- hydrate oder ihnen nahe verwandte Stoffe abgespaltet werden können. Das Vorkommen in der Leber von solchen Proteiden, aus welchen Kohlehydrate Entsteh- sich abspalten könnten, sind zwar auf Grund einiger Beobachtungen nicht ungsweise ^ a i i- t • • des Giy- unwahrscheinlich, aber jedenfalls nicht bewiesen. Auch für die von einigen kogens. Forschern vertretene Ansicht, derzufolge in den Eiweisstoffen im gewöhnlichen Sinne eine Kohlehydratgruppe präformirt enthalten sein sollte, fehlen noch Das Glykogi'ii und tlie Glykoneiiltilduii,«;. 117 genügende Anhaltspunkte. Unter solchen Umständen ist es nicht leicht die Entstehung des Glykogens aus Eiweiss im Thierkörper zu erklären. Da es al)er festgestellt zu sein scheint, dass das Glykogen sowohl aus Eiweiss wie aus Kohlehydraten, was neulich noch weiter von E. VoiT gezeigt worden ist, entstehen kann, hat unzweifelhaft die von Pflüger ausgesprochene Ansicht viel Verlockendes. Wie das Fett theils aus Eiweiss und theils aus Kohle- hydraten durch eine Synthese mit vorausgegangener Spaltung hervorgehen kann, soll nämlich nach Pflüger das Glykogen in der Leber aus verschiedeneu Stoffen durch eine, mit tiefgreifender Spaltung verknüpfte Synthese hervorgehen können. Dass das Leberglykogen , welches als amorphe Massen die Kerne der Leberzellen umlagert, in diesen Zellen gebildet wird, ist wohl nicht zu bezweifeln. Woher stammt aber das in anderen Organen, wie in den Muskeln, vorkommende Glykogen? Wird das Äluskelglykogen an Ort und Stelle gebildet oder wird es von der Leber mit dem Blute den Muskeln zugeführt? Diese Frage kann noch nicht sicher beantwortet werden, und die von verschiedenen Forschern über diesen Gegenstand ausgeführten Untersuchungen (an Fröschen von Külz und an Vögeln von Laves und ]\Iinkow'sky) haben zu widersprechenden Resultaten geführt. Als ein Reservenährstoff in der Leber deponirt, soll jedoch das Glykogen nach der gewöhnlichen Ansicht aus der Leber den anderen Organen, besonders den Muskeln , in welchen es als materielles Substrat der Arbeit dienen soll, mit dem Blute zugeführt werden. Die Bedeutung des Glykogens für die Wärme- bildung geht aus dem Umstände hervor, dass es beim Abkühlen eines Thieres rasch verbraucht wird. Die Möglichkeit einer Fettbildung aus dem Glykogen wie aus anderen Kohlehydraten ist wohl auch nicht in Abrede zu stellen. Von besonderem Interesse ist die Frage von dem Verhalten des Glykogens zu der Zuckerbildung. In einer todten Leber setzt sich das Glykogen rasch in Zucker um, und dieses Verhalten führte bald zu der Annahme, dass auch im Leben unter normalen Verhältnissen eine Zuckerbildung aus Glykogen, eine vitale Glykogenie, in der Leber stattfinden wüi'de. Als Umstände, Avelche einer solchen Ansicht das Wort reden, hat Cl. Bernard einerseits hervorgehoben, dass die Leber unter physiologischen Verhältnissen stets etwas Zucker enthält, und andererseits, dass das Lebervenenblut stets etwas reicher an Zucker als 'das Pfortaderblut ist. Die Richtigkeit der einen oder beider dieser Angaben ist jedoch von einer Menge von Forschern, wie Pavy, Ritter, Schiff, Eulex- BERG, LussANA, Abeles u. A. geläugnet worden. Dass ein etwas grösserer Zuckergehalt im Lebervenenblute unter Umständen vorkommen kann, wird zwar aiicht geläugnet, aber wie man annimmt dürfte er dann von dem operativen Eingriffe herrühren. Es ist nicht möglich auf die zahlreichen Arbeiten, in welchen diese Frage behandelt worden, hier des näheren einzugehen, und es mag hier nur hervor- gehoben werden, dass die zwei obigen Ansichten noch heuzutage einander gegen- Entstehung des Gly- koj-'ens in anderen Organen. Bedeutung des Gly- kogens. Zackerbil- dung ans dem Gly- kogen. 118 Sechstes Kapitel. Zuckerbii- Über Stehen. Das Vorhandensein einer vitalen Zuckerbildung aus dem Leber- ^L^eiier, ""^ gljkogen wird nämlich von einigen Forschern bestritten, von anderen dagegen angenommen. Diejenigen, welche dieselbe annehmen, wollen im Allgemeinen als Ursache derselben die Einwirkung eines im Blute, besonders bei dem Zer- falle der rothen Blutkörperchen (Tiegel) gebildeten Enzymes betrachten. Andere Forscher dagegen, wie Forster, Eves, Dastre u. A., leugnen die Wirkung eines Enzymes und sind der Ansicht, dass es bei der Zuckerbildung um einen vitalen Akt des lebenden Zellprotoplasmas sich handele. Nach Seegen soll in der Leber eine Zuckerbildung in sehr grossen^ Masstabe unter physiologischen Verhältnissen vorkommen, und das Lebervenen- blut soll nach ihm bedeutend reicher an Zucker als das Pfortaderblut sein. Nach Seegen soll indessen der Zucker nicht aus dem Glykogen, sondern aus Pepton und Fett entstehen. Diejenigen Beobachtungen, auf welchen diese An- sicht sich gründet, sind jedoch von anderen Forschern nicht bestätigt worden (Chittenden und Lambert). Die Frage von einer physiologischen Zuckerbildung in der Leber ist also streitig und lange nicht entschieden. Dass bei gewissen Läsionen des Nerven- systemes, bei Vergiftungen u. s. w. eine reichlichere Zuckerbildung auftreten kann, welche wenigstens in gewissen Fällen auf Kosten des Leberglykogens geschieht, steht dagegen unzweifelhaft fest, und mehrere Forscher scheinen auch mit Gl. Bernard diese Zuckerbildung, wie auch die Zuckerausscheidung bei Diabetes mellitus, als eine Steigeruiig der normalen Zuckerbildung aus Glykogen zu be- trachten. Es entspricht weder dem Plane noch dem Umfange dieses Buches, auf die verschiedenen Ansichten über Glykosurie und Diabetes mellitus hier des näheren einzugehen. Das Auftreten von Traubenzucker im Harne ist nämlich ein Symptom, welches bei verschiedenen Gelegenheiten wesentlich verschiedene Ursachen haben kann. Unter allen Umständen dürfte es jedoch nothwendig sein, zwischen denjenigen Krankheitszuständen einerseits, welche unter dem Namen Diabetes mellitus zusammengefasst werden, und der experimentell zu erzeugenden Glykosurie andererseits genau zu unterscheiden. In dem Diabetes dürfte es wohl, wenigstens in den meisten Fällen, eher um eine verminderte Verbrennung des Zuckers im Organismus als um eine gesteigerte Zuckerproduktion aus dem Leberglykogen oder eine gestörte Glykogen ablagerung in der Leber sich handeln. In der experimentellen Glykosurie handelt es sich dagegen in gewissen Fällen unzweifelhaft um eine Zuckerbildung aus dem Leberglykogen. So ruft z. B. der sogenannte Zuckerstich keine Glykosurie bei Thieren mit glykogenfreien Lebern (Hungerthiereu) hervor, während aus glykogenhaltigen Giycosurie. Lebern das Glykogen nach dem Zuckerstiche unter reichlicher Zuckerbildung rasch verschwendet (Hermann und Dock, Luchsinger). Es kann jedoch aber auch eine von einer Umsetzung des Leberglykogens unabhängige Glykosurie vorkommen, w'as besonders aus den Versuchen v. Merinos hervorgeht. Dieser Forscher hat nämlich durch Experimente an Hunden gezeigt, dass bei Thieren, JHo Ciallc und dk- CJulkubcrcituug. HQ welche so lange gehungert haben , dass sowohl die Leber wie die Muskeln glycogenfrei waren, durch Eingabe von dem Glykoside Phloridzin eine sehr erhebliche Glykosurie hervorgerufen wird. Die Ausscheidung von Zucker ist hierbei bedeutend grösser, als dass sie von einer Zersetzung des Glykosides selbst herrühren könnte. Auch bei entleberten Gänsen konnte v. Merin(j durch das Glykosid Diabetes erzeugen, und auch Langkndorff ist es gelungen, bei entleberten Fröschen Glykosurie hervorzurufen. Bei dem sog. Phloridzindiabetes wird also der Zucker nicht auf Kosten des Leberglykogeus, sondern allem An- scheine nach aus dem Eiweiss (bezw. den Proteiden) gebildet. Die Galle und die Gallenbereitiing-. Durch das Aulegen von Gallenfisteln, eine Operation, welche zuerst von Schwann (1844) ausgeführt wurde, wird es möglich, die Absonderung der Galle zu Studiren. Diese Absonderung findet unter einem sehr geringen Drucke statt, weshalb auch ein anscheinend sehr geringfügiges Hinderniss für den Abfluss der Galle — ein Schleimpfropf in dem Ausführungsgauge oder die Absonderung einer reichlicheren Menge dickflüssiger Galle -^ eine Stagnation und Resorption der Galle durch die Lymphgefässe (Resorptionsicterus) herbeiführen kann. Die Menge der während einer bestimmten Zeit, 24 Stunden, abgesonderten Galle lässt sich schwer ganz genau bestimmen. Die ungefähre Menge ist aber von Bidder und Schmidt für Hunde zu etwa 20 g mit rund 1 g festen Stoffen pro 1 Kilo berechnet worden. Für den Menschen wurde sie von Ranke im Mittel zu 14 g mit 0,44 g festen Stoffen berechnet. Ihre Menge ist von aWsfondw- der Nahrungsaufnahme abhängig. Beim Hungern nimmt die Menge ab, steigt aber ^^"^ ^^^'°' nach Aufnahme von Nahrung. Bezüglich des Zeitpunktes nach der Nahrungs- aufnahme, in welchem das Maximum der Sekretion auftritt, gehen jedoch die Angaben auseinander. Nach älteren Angaben würde vor Allem eiweissreiche Kost die Gallenabsonderung steigern ; nach neueren Untersuchungen von Rosen- berg sollen dagegen die Fette einen mächtigeren Reiz für die Absonderung der Galle abgeben als die anderen Nahrungsstoffe. Wassertrinken soll die Menge der abgesonderten Galle vermehren. Ueber die "Wirkungen verschiedener medikamentöser Stoflfe auf die Gallensekretion diflTeriren die Angaben der ver- schiedenen Forscher im Allgemeinen so bedeutend, dass es nicht möglich ist, bestimmte Schlüsse zu ziehen. In einem Punkte scheinen jedoch alle Forscher, welche mit dem fraglichen Gegenstande sich beschäftigt haben, einig zu sein, nämlich darin, dass das salicylsaure Natron ein wahres Cholagogum ist (RUTHERFORD, ViGNAL, LeWASCHEW, PrEVOST uud BlNET, RoSENBERG). Auch das Terpentinöl, welches ein Bestandtheil des sogenannten DuRAND'schen Mittels verschie- , , , . (lenerArznei- ist , scheint eine sichere Zunahme der Sekretion zu bewirken ( Lewaschew, mittel auf ^ dieGallenab- Prevost und Bestet, Rosenberg). Das Olivenöl ist nach Rosenberg ein sehr sonderung. kräftiges Cholagogum. Bei der vermehrten Sekretion der Galle nimmt in der Regel die 120 Sechstes Kapitel. Lebergalle und ßlasengalle. Menge der festen Stoße nicht in demselben Grade wie das Wasser zu, und die Konzentration der Galle nimmt deshalb ab. Eine Ausnahme hiervon findet nur unter Einwirkung von der Galle selbst statt. Die Galle wirkt nämlich als ein kräftiges Cholagogum, durch welches auch die Konzentration der abge- sonderten Galle vermehrt wird. Die Galle ist ein Gemenge von dem Sekrete der Leberzellen und dem sog. Schleim, welcher von den Drüsen der Gallengänge und von der Schleim- haut der Gallenblase abgesondert wird. Das Sekret der Leber, welches regel- mässig ärmer an festen Stoffen als die Blasengalle ist, ist dünnflüssig und klar, während die in der Blase angesammelte Galle , angeblich in Folge einer Resorption von Wasser und der Beimengung von „Schleim", mehr zähe und dickflüssig und durch Beimengung von Zellen, Pigmentkalk und dergleichen trübe wird. Das spez. Gewicht der Blasengalle schwankt bedeutend, beim Menschen zwischen 1,01 und 1,04. Die Reaktion ist alkalisch. Die Farbe ist bei verschiedenen Thieren wechselnd, goldgelb, gelbbraun, olivenbraun, braun- grün, grasgrün oder blaugrün. Die Menschengalle, wie man sie von Hinge- richteten unmittelbar nach dem Tode erhält, ist goldgelb oder gelb mit einem Stich ins Bräunliche. Doch kommen auch Fälle vor, in welchen die frische Menschen- galle eine grüne Farbe hat. Die gewöhnliche Leichengalle hat eine wechselnde Farbe, Die Galle einiger Thiere hat einen eigenthümlichen Geruch, So hat z. B. die Rindergalle, besonders beim Erwärmen, einen Geruch nach Moschus. Der Geschmack der Galle ist ebenfalls bei verschiedenen Thieren ein ver- schiedener. Die Menschen- und Rindergalle schmeckt bitter mit einem süsslichen Nachgeschmack. Die Galle von Schweinen und Kaninchen hat einen intensiven, rein bittereu Geschmack. Beim Erhitzen zum Sieden gerinnt die Galle nicht. Sie enthält (bei Rindern) nur Spuren von echtem Mucin, und ihre schleimige Beschaffenheit rührt, wie es scheint, hauptsächlich von einem mucinähnlichen Nucleoalbumin her (Paijkull). Als spezifische Bestandtheile enthält die Galle: G aliensäur er\, an Alkalien gebunden, Gallenfarbstoffe und im übrigen kleine Mengen Lecithin, Cholesterin, Seifen, Neutralfette, Harnstoff und Mineralstoffe (Chlornatrium, Calcium- und Magnesiumphos2:)hat und Eisen), (ialleiisaure Alkalien. Alle Gallensäuren können auf zwei Gruppen, die Glycochol- und die Taurocliolsäuregruppe, vertheilt werden. Alle Glycochol- säuren sind stickstoffhaltig, aber schwefelfrei und können unter Wasseraufnahme in Glycocoll (Amidoessigsäure) und eine stickstoffreie Säui-fe, die Cholalsäure, Zwei Haupt- p;espaltet werden. Alle Taurocholsäuren enthalten Stickstoff und Schwefel und gruppen von fe'-"^l-'" Gallen- 'werden unter Wasseraufnahme in schwefelhaltiges Taurin (Amidoäthansulfon- säure) und Cholalsäure gespaltet. Dass es verschiedene Glycochol- und Tauro- cholsäuren giebt, liegt also daran, dass es mehrere Cholalsäuren giebt. Die vei'schiedenen Gallensäuren kommen in der Galle als Alkalisalze, bei Seefischen als Kalium-, aber sonst allgemein als Natriumverbindungen vor. In der Galle einiger Thiere findet sich fast nur Glycocholsäure, in der anderer Physi- kalische Eigen- schaften der Galle. Galleusaure Alkalien. 121 nur Taurocholsäure und ])ei anderen Thieren ein Gemenge von beiden (vergl. unten). Sänimtliche gallensaure Alkalien sind löslich in Wasser und Alkohol, aber unlöslich in Aether. Ihre L()sung in Alkohol wird deshalb von Aether gefällt, und diese Fällung ist bei hinreichend vorsichtiger Arbeit für fast alle, bisher untersuchten Gallen in Rosetten oder Ballen von feinen Nadeln oder 4 — Oseitigen Prismen krystallisirt erhalten worden (Plattners krystallisirte Galle). Auch die frische Menschengalle krystallisirt leicht. Die Gallensäuren und deren Sal/e sind optisch aktiv und rechtsdrehend. Von konzentrirter Seh we|iel säure werden die Gallensäuren bei Zimmertemperatiu- zu einer rothgelben, prachtvoll in grün fluorescirenden Flüssigkeit gelöst. Bei vorsichtigem Erwärmen mit kon- zentrirter Schwefelsäure und ein wenig Rohrzucker geben die Gallensäuren eine prachtvoll kirschrothe oder rothviolette Flüssigkeit. Auf diesem Verhalten gründet sich die PETTENKOFER'sche Reaktion auf Gallensäuren. Die PETTEXKOFER'sche Gallensäureprobe führt man in folgender Weise aus: In einer kleinen Porzellanschale löst man eine ganz kleine Menge Galle in Substanz direkt in wenig konzentrirter Schwefelsäure und erwärmt, oder mau mischt ein Avenig der gallensäurehaltigeu Flüssigkeit mit konzentrirter Schwefel- säure unter besonderem Achtgeben darauf, dass in beiden Fällen die Temperatur nicht höher als -]- 60 — 70*^ C. steigt. Dann setzt man unter Umrühren vor- sichtig mit einem Glasstabe eine 10 "^/oige Rohrzuckerlösung tropfenweise zu. Bei Gegenwart von Galle erhält man nun eine prachtvolle rothe Flüssigkeit, deren Farbe bei Zimmertemperatur nicht verschwindet, sondern gewöhnlich im Laufe eines Tages mehr blau-violett wird. Die rothe Flüssigkeit zeigt in dem Spektrum zwei Absorptionsstreifen, den einen bei F und den anderen zwischen D und E, neben E. Diese, ausserordentlich empfindliche Reaktion missglückt jedoch, wenn man zu stark erwärmt oder eine nicht passende INIenge — besonders zu viel — Zucker zusetzt. In dem letztgenannten Falle verkohlt der Zucker leicht und die Probe wird missfarbig, braun oder schwarzbraun. Wenn die Schwefelsäure schweflige Säure oder die niedrigen Oxydationsstufen des Stickstoffes enthält, missglückt die Reaktion leicht. Mehrere andere Stoffe als die Gallensäuren, wie Eiweiss, Oelsäure, Amylalkohol, Morphin u. a., können eine ähnliche Reaktion geben, und man darf daher in zweifelhaften Fällen die spektroskopische Unter- suchung der rothen Lösung nie unterlassen. Die PETTEXKOFER'sche Gallensäureprobe beruht Avesentlich darauf, dass aus dem Zucker durch die Schwefelsäure Furfurol gebildet wird, und dieser Stoff kann deshalb statt des Zuckers zu der Probe benutzt Averden (Myliusj. Nach ]\Iylius und v. Udraxszky wendet mau am besten eine Furfurollösung von 1 p. m. an. Man löst die Galle in Alkohol, Avelcher jedoch erst mit Thierkohle von Verunreinigungen befreit werden muss. Zu je 1 Cc der alko- holischen Gallenlösung in einem Reagensgläschen setzt man 1 Tropfen Furfurol- lösung und 1 Cc konzentrirter Schwefelsäure und kühlt dann wenn nöthig ab. Krystalli- sirte Galle. Die Petten- kofer'sche Gallensäure- probe. DieReaktion mitFurfarol. 122 Sechstes Kapitel. Glycochol- sänre. Eigen- schaften und Verhalten. Darstellung der Glyco- cholsäure. Säuren der Schweine- galie. Taurochol- säure. damit die Probe sich nicht zu sehr erwärme. lu dieser Weise ausgeführt soll die Reaktion noch 1,20 — \3o mg Cholalsäure anzeigen (v. Udranszky). Auch andere Modifikationen der PETXEXKOFER'schen Probe sind vorgesehlagen worden. Glycocholsäure. Die Zusammensetzung der in der Menschen- und Rindergalle vorkommenden, am meisten studirten Glycocholsäure, welche mit der Chülsäure von Strecker und Gmelin identisch ist, wird durch die Formel Q6H43^'C)6 ausgedrückt. In der Galle der Fleischfresser fehlt die Glycochol- säure ganz oder fast ganz. Beim Sieden mit Säuren oder Alkalien wird die Glycocholsäure, der Hippursäure analog, in Cholalsäure und Glycocoll zerlegt. Die Glycocholsäure krystallisirt in feinen, farblosen Nadeln oder Prismen. Sie löst sich schwer in Wasser (in etwa 300 Theilen kaltem und 120 Theilen siedendem Wasserj und wird daher leicht durch Zusatz von einer verdünnten Mineralsäure zu der Lösung des Alkalisalzes in Wasser ausgefällt. Sie löst sich leicht in starkem Alkohol, aber sehr schwer in Aether. Die Lösungen haben einen bitteren, gleichzeitig süsslichen Geschmack. Die Salze der Alkalien imd alkalischen Erden sind in Alkohol und Wasser löslich. Die Salze der schweren Metalle sind meistens unlöslich oder schwer löslich in Wasser. Die Lösung des Alkalisalzes in AVasser wird von Bleizucker, Kupferoxyd- und Ferrisalzen und Silbernitrat gefällt. Die Reindarstellung der Glycocholsäure kann auf verschiedene Weise geschehen. Man kann also z. B. die mit Alkohol von sogenanntem Schleim befreite Galle, nach Verdunstung des Alkohols, mit Bleizuckerlösung fällen. Den Niederschlag zersetzt man dann mit Sodalösung in der Wärme, verdunstet zur Trockne und extrahirt den Rückstand mit Alkohol, welcher das Alkali- glycocholat löst. Von der filtrirten Lösung wird der Alkohol abdestillirt, der Rückstand in Wasser gelöst, die Lösung mit Thierkohle entfärbt und die Glycocholsäure durch Zusatz einer verdünnten Mineralsäure aus der Lösung gefällt. Die Säure kann entweder aus kochendem Wasser beim Erkalten oder aus starkem Alkohol durch Zusatz von Aether krystallisirt erhalten werden. Hinsichtlich der anderen Darstellungsmethoden wird auf ausführlichere Hand- bücher hingewiesen. Hyo^lycocholsäure, CajHisXOg, hat man die krrstallisirende Glycocholsäure der Schweinegalle genannt. Sie ist sehr schwerlöslich in Wasser." Die Alkalisalze", deren Lösungen einen intensiv bitteren Geschmack ohne süsslichen Nebengeschmack haben, werden von CaCl2, BaCl, und MgCh, gefällt und können von Xa-jSO^, in hinreichender Menge zugesetzt, wie eine Seife au.sgesalzen werden. Neben dieser Säure kommt in der Schweinegalle noch eine andere Glycocholsäure vor (JoLix). Das Glycoeholat in der Galle der Nager wird auch von den obengenannten Erd- salzen gefällt, kann aber ^\■ie das entsprechende Salz der Menscheft- oder Eindergalle durch Sättigung mit einem Xeutralsalz (NaoSO^) nicht ausgeschieden werden. Guanogallensäure ist eine der Glycoeholsäuregruppe vielleicht augehorige, in Peruguano gefimdeue, nicht näher untersuchte Säure. Taurocholsäure. Die in der Galle von Menschen, Fleischfressern, Rindern und einigen anderen Pflanzenfressern, wie Schafen vmd Ziegen, vor- kommende, mit der Choleinsüure von Strecker und Demarcay identische Tam-ocholsäure hat die Zusammensetzung C2SH45NSO7. Beim Sieden mit Säiu-en und Alkalien spaltet sie sich in Cholalsäure und Taurin, Tniinpclidlsiiiirc und Cliolalsilure. 123 Eigen - schaden und Verheilten. Darstellun;; der Tauro- cholsSuro. Die Taurocholsäure kann, wenn auch nur ^^chwierig, in feinen, an der Luft zerfliessentleu Nadeln erhalten werden (Pakkk). Sie int in Wasser sehr leicht löslich und kann ihrerseits auch die schwer lösliche Glycocholsäure in Lösung halten. Dies ist der Grund, warum ein Gemenge von Glycocholat mit einer genügenden !Menge von Taurocholat, wie es oft in der Rindergalle vor- kommt, nicht von einer verdüiniten Säure gefällt wird. Die Taurocholsäure ist leicht löslich in Alkohol, aber uidöslich in Aether. Die Lösungen haben einen bitter-süsslichen Geschmack. Die Salze sind im Allgemeinen leicht löslich in Wasser und die Lösungen der Alkalisalze werden nicht von Kupfersulfat, Silbernitrat oder Bleizucker gefällt. Bleiessig erzeugt dagegen einen in siedendem Alkohol löslichen Niederschlag. Zur Darstellung der Taurocholsäure geht man am besten von der ent- färbten, krystallisirten Hundegalle, welche nur Taurocholat enthält, aus. Die Lösung solcher Galle wird mit Bleiessig und Ammoniak gefällt und der ge- waschene Niederschlag ' in siedendem Alkohol gelöst. Das Filtrat behandelt man mit HgS, das neue Filtrat Avird in gelinder Wärme bis auf ein kleines Volumen verdunstet und mit einem Ueberschuss von wasserfreiem Aether ver- setzt, da die Säure bisweilen theilweise krystallisirt. Chenotaiirocliolsänre hat man eine in der G.änsegalle als die wesentlichste Gallensäure derselben vorkonnnende Säure von der Formel CogH^gNSO,-, genannt. Diese, wenig studirte Säure ist amorph, löslich in AVasser und Alkohol. Wie oben mehrmals gesagt worden, spalten sich die zwei Gallensäuren beim Sieden mit Säuren oder Alkalien in stickstoffreie Cholalsäure und Glycocoll, bezw. Taurin. Es folgt also zunächst, diese Spaltungsprodukte zu besprechen. Cholalsäure. Die gewöhnliche, als Zersetzungsprodukt der Menschen- und Rindergalle erhaltene Cholalsäure, welche in dem Darminhalte regelmässig und im Harne bei Icterus vorkommt, und Avelche mit der Cliolsäure Demae- (,'ay's identisch ist, hat nach Strecker und den meisten neueren Forschern die cholalsäure Zusammensetzung C^^H^o^ö' nach anderen dagegen die Formel C25H42O5 (Latschinoff). Nach MYLros ist die Cholalsäure eine einbasische Alkoholsäure mit einer sekundären und zwei primären Alkoholgruppen. Ihre Formel kann fCHOH deshalb auch C.jqHoi (CH^OH)., geschrieben werden. Bei der Oxydation kann (COÖH sie erst Deliydrocholalsäure (Verf.) und dann Biliansüure (Cleve) liefern. Die Formeln dieser Säuren sind (wenn man Q^i i^^ ^^^ Cholalsäure annimmt) Cg^Hg^O^ und Cg^Hg^Og. Durch Reduktion (bei der Fäulniss) kann aus der Cholalsäure die Desüxy cholalsäure Cj^H^qOj^ (Mylius) enstehen. / Die Cholalsäure krystallisirt theils mit 1 Molekül Wasser in rhombischen Tafeln oder Prismen und theils in grossen rhombischen Tetraedern oder Octa- edern mit 1 Mol. Krystallalkohol (Mylius). Diese Krystalle werden an der Luft bald undurchsichtig, porzellan weiss. Sie lösen sich sehr schwer in Wasser (in 4000 Theilen kaltem und 750 Theilen kochendem), ziemlich leicht in Alkohol, aber sehr schwer in Aether. Die amorphe Cholalsäure ist w^eniger schwerlöslich. Die Lösungen haben einen süsslich-bitteren Geschmack. Die EaystaUe verlieren Krystalli- sirte Cholal- säure. 124 Sechstes Kajjitel. Salze der Cholalsäure. Darstellung der Cholal- säure. Cholei'n- säure. Fellinsäure, Dyslysin- unä Cholo'i- dinsäure. den Kiystallalkohol erst bei langdauern dem Erhitzen auf 100 — 120" C. Die Wasser- und alkoholfreie Säure schmilzt bei -|- 19^*^ C. Die Alkalisalze sind leicht löslich in "Wasser, können aber von konzen- trirten Alkalilaugen oder Alkalikarbouatlösungen wie eine ölige, beim Erkalten krystallinisch erstarrende Masse ausgeschieden werden. In Alkohol sind die Alkalisalze weniger leicht löslich und beim Verdunsten der Lösung können sie krystallisiren. Die spez. Drehung des Natriumsalzes ist: [u)T> z= -\- Hl,4: *^. Die Lösung der Alkalisalze in Wasser wird, wenn sie nicht zu verdünnt ist, von Bleizucker und von Chlorbaryum sogleich oder nach einiger Zeit gefällt. Das Baryumsalz krystallisirt in feinen, seideglänzenden Nadeln; es ist ziemlich schwer löslich in kaltem, etwas leichter löslich in warmem Wasser. In warmem Alkohol ist das Baryumsalz, wie auch das in Wasser unlösliche Bleisalz, löslich. um die Cholalsäure darzustellen, kocht mau Rindergalle 18 — 24 — 36 Stunden mit starker Lauge oder noch besser mit so viel Barythydrat als die Flüssigkeit im Sieden gelöst halten kann. Während des Kocheus setzt man, wenn nöthig, neues Barythydrat zu. Man kolirt die siedend heisse Flüssigkeit und kouzeutrirt das Filtrat, bis eine krystallinische Masse in reichlicher Menge sich ausscheidet. Diese Masse trennt man von der jMutterlauge, j^resst sie stark aus und krystal- lisirt sie ein paar INIal aus siedendem Wasser um. Das umkrystallisirte Baryum- salz löst man dann in Wasser und zersetzt die Lösung mit Salzsäure. Die ausgeschiedene Säure wird in siedendem Alkohol gelöst und scheidet sich beim Erkalten gewöhnlich sogleich in Krystallen aus. Durch Umkrystallisiren aus Aethylalkohol und das letzte Mal aus Methylalkohol kann die Säure leicht in rein weissen, erbseugrosseu Krystallen gewonnen werden. Chole'insäure , €2511^2^4' ^^^^ Latschinoff eine andere Cholalsäure genannt, welche nelien der gewöhnlichen, wenn auch in geringerer Menge (kaum Vs von der Menge der Cholalsäure), aus der Rindergalle erhalten wird. Das Baryumsalz dieser Cholalsäure soll leichter löslich als das der gewöhnlichen Cholalsäure sein. Die Choleinsäure giebt bei ihrer Oxydation erst Dehydro- choleinsüure , C^sHggO^, und dann Choleinsäure, Q.^ö^zs^s ~\~ ^/^ ^2^ (Lat- schinoff). Fellinsäure, Cggü^o^^, nennt Schotten eine Cholalsäure, welche er neben der gewöhnlichen aus INIenschengalle dargestellt hat. Die Säure krystal- lisirt, ist unlöslich in Wasser und liefert sehr schwer lösliche Baryum- und Magnesiumsalze. Sie giebt die PETTENKOFER'sche Reaktion weniger leicht und mit einer mehr rothblauen Farbe. Der Hyoglycochol- und Chenotaurocholsäui'e wie auch der Glycocholsäure der Galle der Nager ensprechen besondere Cholalsäureu. Beim Sieden mit Säuren, bei der Fäulniss im Darme und beim Erhitzen ver- lieren die Cholalsäuren Wasser und gehen in Anhydride, sog. Dyslysine, über. Das, der gewöhnlichen Cholalsäure entsprechende Dyslysin, Co^HgßOg, Avelches in den Exkrementen vorkommt, ist amorph, unlöslich in Wasser und Alkalien. Choloidin- säure hat man ein erstes Anhydrid oder eine Zwischenstufe bei der Dyslysin- bildung genannt. Nach Hofpe-Seyler ist die Choloidinsäure vielleicht jedoch GlvcocüU uud Tauriu. 12Ö Eisren- schaften unj Verbind- iinsen. Darstellung des Glyco- colls- iiiir ein Gemenge von Cholalsäure und Dyslysin. Beim Sieden mit Alkalilauge werden die Dyslysine in die entsprechenden Cholalsüuren zurückverwandelt. Glycocoll, CoH^NO^, oder Amidoessigsäure, NHo.CHo.COOH, auch Glycin oder Leimzucker genannt, ist in den Muskeln von Pecten irra- dians gefunden worden, hat aber sein hauptsäcldichstes Interesse als Zersetzungs- Giycocoii. produkt gewisser Proteinstoffe — Leim und Spongiu — wie auch der Hippur- säure oder Glycocholsäure bei deren Spaltung durch Sieden mit Säuren. Das Glycocoll stellt farblose, oft grosse, harte Krystalle von rhombo- edrischer Form oder 4seitige Prismen dar. Die Krystalle schmecken süss und lösen sich leicht in kaltem (4,3 Theilen) Wasser. In Alkohol und Aether sind sie unlöslich; in warmem Weingeist lösen sie sich schwer. Das Glycocoll verbindet sich mit Säuren und Basen. Unter den letztgenannten Verbindungen sind zu nennen die Verbindungen mit Kupfer und Silber. Das Glycocoll löst Kupferoxydhydrat in alkalischer Flüssigkeit, reduzirt es aber nicht in der Siede- hitze. Eine siedend heisse Lösung von Glycocoll löst eben gefälltes Kupfer- oxydhydrat zu einer blauen Flüssigkeit, aus welcher nach genügender Konzen- tration beim Erkalten dunkelblaue Nadeln herauskrystallisiren. Die Verbindung mit Chlorwasserstoffsäure ist in Wasser und in Alkohol löslich. Die Darstellung des Glycocolls geschieht am besten aus Hippursäure durch Sieden derselben 10 — 12 Stunden hindurch mit 4 Theilen verdünnter Schwefelsäure, 1 : 6. Nach dem Erkalten trennt man die Benzoesäure ab, konzentrirt das Filtrat, entfernt den Rest der Benzoesäure durch Ausschütteln mit Aether, entfernt die Schwefelsäure mit BaCOg und verdunstet das Filtrat zur Krystallisation. Taurin, CgH^NSOg, oderAmidoäthansulfonsäurejNHg.CgH^.SOgOH. Dieser Stoff ist vorzugsweise als Spaltungsprodukt der Taurocholsäure bekannt und kann in geringer Menge in dem Darminhalte vorkommen. Man hat das Taurin ferner in Lungen und Nieren von Rindern und im Blute und Muskeln kaltblütiger Thiere gefunden. Das Taurin krystallisirt in farblosen, oft sehr grossen, glänzenden, 4 — 6- seitigen Prismen. Es löst sich in 15 — 16 Theilen Wasser von gewöhnlicher Temperatur, bedeutend leichter in warmem Wasser. In absolutem Alkohol uud in Aether ist es unlöslich; in kaltem Weingeist löst es sich wenig, leichter in warmem. Beim Sieden mit starker Alkalilauge liefert es Essigsäure und schweflige Säure, nicht aber Schwefelalkali. Der Gehalt an Schwefel kann als Schwefel- säure nach dem Schmelzen mit Salpeter und Soda nachgewiesen werden. Das Taurin verbindet sich mit Metalloxyden. Die Verbindung mit Quecksilberoxyd ist weiss, unlöslich und entsteht, wenn eine Tauriulösung mit eben gefälltem Quecksilberoxyd gekocht Avird (J. Lang). Diese Verbindung kann zum Nacli- weis von Taurin verwerthet werden. Das Taurin wird von Metallsalzen nicht gefällt. Die Darstellung des Taurins aus Galle ist sehr leicht. Man kocht die Galle einige Stunden mit Salzsäure. Das von Dyslysin und Choloidinsäure getrennte Filtrat konzentrirt man stark auf dem Wasserbade und filtrirt warm Taurin. Eigen- schaften und Verbind- ungen. 126 Sechstes Kapitel. Darstellung von Taurin und Glyco- coll. Nach'weis der Gallen- säuren. Physiolo- gische und patholo- gische Gal- lenfarbstoffe. von auskiystallisirtem Kochsalz und anderer Fällung ab. Dann verdunstet man zur Trockne und behandelt den E,ück.stand mit starkem Alkohol, von Avelehem salz- saures Glycocoll gelöst avuxI, während das Taurin zurückbleibt. (Die alkoholische Lösung von salzsaurem Glycocoll kann auf Glycocoll derart verarbeitet werden, dass man nach dem Verdunsten des Alkohols den Rückstand in Wasser löst, die Lösung mit Bleioxydhydrat zersetzt, filtrirt, die Lösung des Glycocollbleioxydes mit HgS entbleit und das neue Filtrat stark konzenti-irt. Die ausgeschiedenen Krystalle werden dann gelöst, mit Thierkohle entfärbt und die Lösung zur Krystallisation verdunstet.) Der obige, das Taurin enthaltende Rückstand wird in möglichst wenig warmem Wasser gelöst, warm filtrirt und mit überschüssigem Alkohol versetzt. Der unraittell)ar hierbei entstehende, krystallinische Niederschlag wird schleunigst abfiltrirt, und es scheidet sich nun das Taurin während des Er- kaltens in sehr langen Nadeln oder Prismen aus. Die Krystalle werden leicht durch Umkrystallisirung aus wenig warmem Wasser rein weiss erhalten. Da das Taurin keine positiven Reaktionen zeigt, erkennt man es haupt- sächlich an der Krystallform, der Löslichkeit in Wasser und Unlöslichkeit in Alkohol, ferner an der Verbindung mit Quecksilberoxyd, der Xichtfällbarkeit von Metallsalzen und vor Allem dem Schwefelgehalte. Nachweis der Gallensäuren in thierischen Flüssigkeiten. Um die Gallensäuren dermassen rein erhalten zu können, dass die PETTENKOFER'sche Reaktion angestellt werden kann, muss zuerst alles Eiweiss und Fett entfernt werden. Um das Eiweiss zu entfernen, macht man die Flüssigkeit erst neutral ur,d fügt dann einen so grossen Ueberschuss von Alkohol zu, dass das Gemenge mindestens 85 Vol. Prozent wasserfreien Alkohol enthält. jMan filtrirt, extra- hirt das gefällte Eiweiss von neuem mit Alkohol, vereinigt sämratliche Filtrate, destillirt den Alkohol ab und verdunstet zui' Trockne. Der Rückstand wird mit starkem Alkohol vollständig erschöpft, filtrirt und aus dem Filti'ate der Alkohol vollständig verdunstet. Der neue Rückstand wird in Wasser gelöst, wenn nöthig filtrirt, und die Lösung mit Bleiessig und Ammoniak gefällt. Den gewaschenen Niederschlag löst man in siedendem Alkohol, filtrirt warm und setzt einige Tropfen Sodalösung zu. Dann verdampft man zur Trockne, extra- hirt den Rückstand mit absolutem Alkohol, filtrirt und setzt Aether im Ueber- schuss zu. Der nun entstehende Niederschlag kann zu der PEXTEXKOFER'schen Probe verwendet werden. Es ist nicht nöthig, die Krystallisation abzuwarten, vor Allem aber darf man nicht eine in der Flüssigkeit auftretende Krystalli- sation ohne weiteres für krystallisirte Galle halten. Es können nämlich auch Nadeln von Alkaliacetat sich ausscheiden. Ueber den Nachweis von Gallen- säuren im Harne vergl. Kap. 14. (xallenf arbstoffe. Die bisher bekannten Gallenfarbstofie sind verhältniss- mässig zahlreich, und allem Anscheine nach giebt es deren noch mehrere. Die Mehrzahl der bekannten Gallenfarbstoffe kommt indessen nicht in der normalen Galle, sondern entweder in alter Leichengalle oder auch und z\'Car vorzugsweise in Gallenkonkrementen vor. Die unter physiologischen Verhältnissen vorkommenden Farbstoffe sind das rothgelbe Bilirubin, das grüne Biliverdin und bisweilen auch ein in der frischen Menschengalle beobachteter, dem Hijdrohiliruhin nahe- stehender Farbstoff". Die in Gallensteinen gefundenen Farbstoffe sind (ausser dem Biliruhin und dem Biliverdin) Büifuscin, Biliprasin, Bilihumin, ßili- cyanin (und Choletelin?). Ausserdem sind von einigen Forschern auch andere, noch weniger studirte Farbstoffe in der Galle von Menschen und Thieren IJiliniliin. 127 l)eoI)achtet worden. Die zwei obeiigcuannten physiologischen FtirbstofFe, das Bilirubin und Biliverdin, sind es auch, welche die goldgelbe oder orangegelbe, bezw. grüne Farbe der Galle bedingen, oder wenn, wie dies am öftesten in der Rindergalle der Fall ist, beide Farbstoffe gleichzeitig in der Galle anwesend sind, die verschiedeneu Nyancen zwischen rothbrauu und grün hervorrufen. Bilirubin. Dieser, von verschiedenen Forschern mit verschiedenen Namen, wie Cholopyrrhin, Biliphaein, Bilifulvin und Hämatoidin, bezeichnete Farbstoff hat nach der gewöhnlichen Ansicht die Formel CigH^gN^Og (M.\i.y). Das Bilirubin kommt vorzugsweise in den Gallensteinen als Bilirubinkalk vor. Es findet sich weiter in der Galle, besonders beim INIenschen und bei den Fleischfressern, welche jedoch bisweilen im nüchternen Zustande oder beim Hungern in der Blase eine grüne Galle haben. Es kommt auch in dem Dünn- darminhalte, im Blutserum der Pferde, in alten Blutextravasaten (als Hämatoidin) und beim Icterus in^ dem Harne und in den gelb gefärbten Geweben vor. Das Bilirubin stammt allem Anscheine nach von dem Hämatin her, welchem es nahe steht. Von Wasserstoff in Statu nascendi wird es in Hydrohilirubin C^2H4oNj^O, (jNIaly) übergeführt, welches von mehreren Forschern sowohl mit dem Harnfarbstoffe Urobilin wie mit dem im Darminhalte gefundenen Ster- cohilin (Mastus und Vaxlair) identisch sein soll. Dass eine grosse Aehnlich- keit zwischen diesen Farbstoffen besteht, is auch unzweifelhaft, die Identität wird aber von Mac Munn entschieden geleugnet. Durch Oxydation entstehen aus dem Bilirubin Biliverdin und andere Farbstoffe (vergl. unten). Das Bilirubin ist theils amorph und theils krystallinisch. Das amorphe Bilirubin ist ein rothgelbes Pulver von fast derselben Farbe wie amorphes Schwefelantimon; das krystallisirende hat fast die Farbe der krystallisirteu Chromsäure. Die Krystalle, welche leicht durch spontane Verdunstung einer Lösung von Bilirubin in Chloroform erhalten werden können, sind rothgelbe, rhombische Tafeln, deren stumpfe Winkel oft abgerundet sind. Das Bilirubin ist unlöslich in Wasser, wenig löslich in Aether, etwas löslicher in Alkohol, leicht löslich in Chloroform, besonders in der Wärme, weniger leicht löslich in Benzol, Schwefelkohlenstoff, Amylalkohol, fetten Gelen und Glycerin. Seine Lösungen zeigen keine Absorptionsstreifen, sondern nur eine kontinuirliche Absorption von dem rothen zu dem violetten Ende des Spektrums, und sie haben noch bei sehr starker Verdünnung (1 : 500000) eine deutlich gelbe Farbe. Die Verbindungen des Bilirubins mit Alkali sind unlös- lich in Chloroform, und durch Schütteln mit verdünnter Alkalilauge kann man das Bilirubin aus seiner Lösung in Chloroform entfernen (Unterschied von Lutein). Lösungen von Bilirubinalkali in Wasser werden von den löslichen Salzen der alkalischen Erden wie auch von Metallsalzen gefällt. Lässt man eine alkalische Bilirubinlösung mit der Luft in Berührung stehen, so wird allmählich Sauerstoff aufgenommen und grünes Biliverdin ge- bildet. Auch unter anderen Verhältnissen entsteht durch Oxvdation aus dem Vorkommen des Bili- rubins. Bilirubin- krv&taüe. Eigen- schaften des Bilirubins. 128 Sechstes Kapitel. Bilirubin Biliverdin. Dem Aussehen nach ähnliche, grüne Farbstoffe entstehen auch bei Einwirkung von anderen Reageutien, wie Cl, Br und J. In diesen Fällen scheint es jedoch nicht um Biliverdin, sondern um Substitutionsprodukte des Bilirubins sich zu handeln (Thudichum, Maly). Die GMELiN'sche Gallenfarbstoffreaktion. üebersehichtet man in einem Reagensglase Salpetersäure, welche etwas salpetrige Säure enthält, vorsichtig mit einer Lösung von Bilirubinalkali in Wasser, so erhält man an der Berührungs- stelle beider Flüssigkeiten nach einander eine Reihe von farbigen Schichten, welche von Oben nach Unten gerechnet, folgende Reilienfolge einnehmen : grün, blau, violett, roth und rothgelb. Diese Farbenreaktion, die GMELiN'sche Probe, DieGmeijn'- ist sehr empfindlich und gelingt noch bei Gegenwart von 1 Theil Bilirubin in sehe Reak- tion. 80 000 Theilen Flüssigkeit. Der grüne Ring darf nie fehlen; aber auch der rothviolette muss gleichzeitig vorhanden sein, weil sonst eine Verwechslung mit dem Lutein, welches einen blauen oder grünlichen Ring giebt, geschehen kann. Die Salpetersäure darf nicht zu viel salpetrige Säure enthalten, Aveil die Reaktion dann so rasch verläuft, dass sie nicht typisch wird. Alkohol darf nicht zugegen sein, weil er bekanntlich mit der Säure ein Farbenspiel in grün oder blau hervorrufen kann. Die HupPERT'sche Reaktion. Wird eine Lösung von Bilirubinalkali mit Kalkmilch oder mit Chlorcalcium und Ammoniak versetzt, so entsteht ein aus Bilirubinkalk bestehender Niederschlag. Bringt man diesen Niederschlag, nach DieHuppert- dem Auswaschen mit "Wasser, noch feucht in ein Reagensgläschen, füllt dieses bis sehe Reak- o o tion. zur Hälfte mit Alkohol, welcher mit Schwefelsäure angesäuert worden ist, und erhitzt genügend lange zum Sieden, so nimmt die Flüssigkeit eine smaragd- grüne oder blaugrüne Farbe an. Die HuppERT'sche Probe ist eine gute und leicht auszuführende Reaktion auf Gallenfarbstoffe. Bezüglich einiger Modifikationen der GMELEN'schen Probe und einiger anderer Gallenfarbstoffreaktioneu ward auf das Kap. 14 (Harn) verwiesen. Das, die GMELiN'sche Probe charakterisirende Farbenspiel wird der allge- meinen Ansicht nach durch eine Oxydation hervorgerufen. Die erste Oxydations- stufe stellt das grüne Biliverdin dar. Dann folgt ein blauer Farbstoff, welcher von Heinsius und Campbell BiUcyanin, von Stokvis Cholecyanin genannt ■worden und ein charakteristisches Absorptionsspektrum zeigt. Die neutralen Lösungen dieses Farbstoffes sind nach Stokvis blaugrün oder stahlblau mit ^ , ,. prachtvoller rother Fluorescens. Die alkalischen Lösungen sind grün und Oxydations- ^ . . Produkte des fluorescireu unbedeutend. Die neutralen und alkalischen Lösungen zeigen drei Bilirubins. _ _ • /-? j t-» i Absorptionsstreifen, einen, scharf und dunkel, in Roth zwischen C und D nahe an C, einen zweiten, -weniger scharf, D deckend, und einen dritten, nur einen schwachen Schatten darstellend, im Grün gerade in der Mitte zwischen D und E. Die stark sauren Lösungen sind violettblau und zeigen zwei, von Jaff^ be- schriebene Streifen zwischen den Linien C und E, durch einen schmalen, nahe bei D befindlichen Zwischenraum von einander getrennt. Als nächste Oxydations- stufe nach diesem blauen Farbstoffe tritt ein rothes Pigment auf und endlich lÜliviTtliii. 12ü erhält mau als letztes Oxydationsprodukt ein gelblich -braunes, von Maly Choletelin genanntes Pigment, wek-hes keine Absorptionsstreifen im Spektrum zeigt. Die Darstellung des Bilirubins geschieht am besten aus Gallensteinen von Rindern, welche Konkremente sehr reich an Bilirubinkalk sind. Die fein gepulverten Konkremente werden (hauptsächlich zur Entfernung von Cholesterin und Gallensäureu) erst mit Aether und dann mit siedendem Wasser er- schöpft. Dann behandelt man das Pulver mit Salzsäure, welche das Pigment frei macht, wäscht vollständig mit AVasser und Alkohol aus, trocknet und extrahirt anhaltend mit siedendem Chloroform. Nach dem Abdestilliren des Chloroforms aus der Lösung behandelt num den gepulverten Rückstand mit absolutem Alkohol, zur Entfernung des Bilifuscins, löst das rückständige Bili- rubin in wenig Chlorofoi'm, fällt es aus dieser Lösung mit Alkohol, wiederholt dieses Verfahren wenn nöthig, löst das Bilirubin zuletzt in siedendem Chloro- form und lässt es beim Erkalten auskrystallisiren. Die quantitative Bestimmung des Bilirubins kann auf spektrophotometrischem Wege, nach den für den Blut- fjirbstoff angegebenen Gründen, geschehen. Biliverdin, Cf^HgNO^. Dieser Stoff, welcher durch Oxydation des Bili- rubins entsteht, kommt in der Galle mehrerer Thiere, in erbrochenem Magen- inhalt, in der Placenta der Hündin (?), in Vogeleierschalen, im Harne bei Icterus und bisweilen in Gallensteinen, wenn auch nur in untergeordneter Menge, vor. Das Biliverdin ist amorph, es ist wenigstens nicht in gut ausgebildeten Krystallen erhalten worden. Es ist unlöslich in Wasser, Aether und Chloro- form (dies gilt wenigstens für das aus Bilirubin künstlich dargestellte Biliverdin, während der grüne Farbstoff der Ochsengalle nach Mao Munn in Chloroform löslich sein soll), löst sich aber in Alkohol oder Eisessig mit schön grüner Farbe. Von Alkalien wird es mit braungrüner Farbe gelöst und es wird aus dieser Lösung von Säuren, wie auch von Calcium-, Baryum- und Bleisalzeu gefällt. Das Biliverdin giebt die HuppERx'sche Reaktion und die GuiELiN'sche Reaktion mit der blauen Farbe anfangend. Von Wasserstoff in statu nascendi wird es in Hydrobilirubin übergeführt. Beim Stehen der grünen Galle, wie auch durch Einwirkung von Ammoniumsulf hydrat, kann das Biliverdin zu Bill- rubin reduzirt werden (Haycraft und Scofield). Die Darstellung des Biliverdins gelingt am einfachsten, wenn man eine alkalische Bilirubinlösung in dünner Schicht in einer Schale an der Lvift stehen lässt, bis die Farbe braungrün geworden ist. Die Lösung wird dann mit Chlor- wasserstoffsäure gefällt, der Niederschlag mit Wasser ausgew^aschen , bis keine HCl-Reaktion mehr erhalten wird, in Alkohol gelöst und durch Zusatz von Wasser der Farbstoff wieder ausgeschieden. Etwa verunreinigendes Bilirubin kann mit Chloroform entfernt werden. BiUfusein hat Städeler eiuen amorphen, braiiueu, in Alkohol und Alkalien löslichen, iu Wasser und Aether fast unlöslichen und in Chloroform (wenn nicht gleichzeitig Bilirubin zugegen ist) sehr schwer löslichen Farbstoff genannt. In reinem Zustande giebt das Bilifuscin die GjiELix'sche Reaktion nicht. Es ist in alter Leicheugalle und in Gallensteinen gefunden worden. Biliprasin ist ein grüner, von Städeler aus Gallensteinen dargestellter FarbstoÖ', welcher jedoch vielleicht nur ein Gemenge von Biliverdin und Bilifuscin sein dürfte. Als Bilihumin bezeichnete der genannte Forscher den braunen, amorphen Eückstand, welcher nach dem Ausziehen der Gallensteine mit Chloroform, Alkohol und Aether zurückbleil)t. Er giebt die GMELix'sche Probe nicht. Das Büicyanin ist auch iu Gallensteinen (vom Menschen) ge- funden worden (Heixsius und Campbell). Cholohämatin nennt Mag Muxx einen in Schaf- Darstellung des liili- ruTjins. Biliverdin. Eigen- schaften und Reaktionen. Darstellung des Bili- verdins. Sonstige Gallenfarb- stoffe. Hammarsten, Physiologische Chemie. 9 130 Sechstes Kapitel. Nachweis der Gallen- larbstoffe. üebrige Gallenbe- standtheile. Zusammen- setzang der Menschen- galle. und Rindergalle oft vorkommenden, durch vier Absoqitionsstreifen gekennzeichneten Farbstoff, welcher auch aus dem Hamann durch Einwirkung von Xatriumamalgam entstehen soll. In trockenem Zustande, durch Verdimstung der Chloroformlösung gewonnen, ist er grün, in alko- holischer Lösung olivenbraun. Zum Nacliwei? der Gallenfarbstoffe in thierischen Flüssigkeiten oder Geweben benutzt man gewöhnlich die GMELiN'sche oder die HupPERx'sche Reaktion. Die erstere kann, in der Regel, direkt ausgeführt werden, und die Gegenwart von Eiweiss stört nicht, sondern lässt im Gegentheil das Farbenspiel noch deutlicher hervortreten. Bei gleichzeitiger Anwesenheit von Blutfarbstoff kann man die Gallenfarbstoffe erst durch Zusatz von Natriumdiphosphat vmd Kalkmilch aus- fällen. Den, die Gallenfarbstoffe enthaltenden Niederschlag kann man dann direkt zu der HuppERT'schen Reaktion verwenden oder mau kann auch, nach Zusatz von Wasser und etwas Salzsäure, mit alkoholfreiem Chloroform ausschütteln und die Chloroformlösung zur weiteren Prüfung auf Gallenfarbstoff benutzen. Ausser den Gallensäuren und den Gallenfarbstoffen kommen in der Galle auch Cholesterin, Lecithin, Palmitin, Stearin, Olein und die Seifen der ent- sprechenden Fettsäuren vor. Wenigstens bei einigen Thieren enthält die Galle ein diastatisches Enzym. Cholin und Glycerinphosphorsüure dürften wohl, wenn sie vorhanden sind, als Zersetzungsprodukte des Lecithins zu betrachten sein. Harnstoff ^ommt, wenn auch nur spuren weise, als physiologischer Bestandtheil der Menschen-, Rinder- und Hundegalle vor. Als Mineralhestandtheile enthält die Galle, ausser dem Alkali, an welches die Gallensäuren gebunden sind, Chlornatrium und Chlorkalium, Calcium- und Magnesiumphosphat und Eisen — in der Menschengalle 0,04 — 0,11 p. m. (Young), vorzugsweise an Phosphor- säure gebunden. Spuren von Kupfer scheinen regelmässig und Spuren von Zink nicht gerade selten vorzukommen. Sulfate fehlen gänzlich oder kommen nur in sehr kleinen Mengen vor. Quantitative Zusammensetzung der Galle. Ausführliche Analysen von Menschengalle sind von Hoppe-Seyler und seinen Schülern ausgeführt worden. Die Galle wurde der Blase von Leichen, deren Lebern keine bemerkenswerthen Veränderungen zeigten, möglichst frisch entnommen. Die unten angeführten Zahlen Socoloffs sind Mittelwerthe aus sechs und die Hoppe-Seylers aus fünf Analvsen. Das Verhältniss zwischen Glycocholat und Taurocholat wurde in der Weise ermittelt, dass der mit Aether in dem alkoholischen Extrakte erzeugte, aus gallensauren Alkalien bestehende Niederschlag mit Salpeter und Soda ge- schmolzen wurde. Durch Bestimmung des Schwefelsäui-egehaltes der Schmelze wurde dann die Menge der Tam-ocholsäm-e berechnet 100 Theile BaSO^ ent- sprechen 220,86 Theilen Taurocholsäure. Die Zahlen sind auf 1 OQO Theile berechnet. Teifaxowski Socoloff Hoppe-Seylef. 1 2 Mucin 2-i,S 13,0 1 g^ ^q 1-/^ Uebrif^e in Alkohol unlösliche Stoffe . 4,5 14,6 j '" 1,4 Taurocholat 7,5 19,2 15,67 8,7 Glvcocholat 21,0 4,4 49,04 30,3 Seifen 8,1 16,3 14,60 , 13,9 Cholesterin 2,5 3,3 — 3,5 Lecithin I ^ o ^'- — ^'^ Fett I '" 3,6 — 7,3 Ferriphosphat — — — 0,166 Zusaiuineusetzui)'' der Galle. 131 Aeltere, weniger ausführliche Analyseu von Menschengalle sind von Fkericiis und v. Gokup-Besaxez ausgeführt worden. Die von ihnen analv- sirten Gallen stammten von ganz gesunden Personen, welche hingerichtet oder durch Unglücksfälle verstorben waren. Die zwei Analysen von Frerichs beziehen sich: Nr. 1 auf einen 18 jährigen und Nr. 2 auf einen 22jährigen Mann. Die Analysen von v. Gorup-Besaxez beziehen sich: Nr. 1 auf einen 4i) jährigen JMann und Nr. 2 auf eine 29 jährige Frau. Die Zahlen sind, wie gewöhnlich, auf 1000 Theile lierechnet. Fkekichs V. Gokup-Besaxez 12 12 Wasser 860,0 859,2 822,7 898,1 Feste Stoffe 140,0 140,8 177,3 101,9 Gallensaure Alkalien . . . 72,2 91,4 107,9 56,5 Schleim und Farbstoff' . . . 26,6 29,8 22,1 14,5 Cholesterin 1,6 2,6 \ a-o \ o^q Fett 3,2 9,2 } ^''^ j ^^'^ Anorganische Stoffe .... 6,5 7,7 10,8 6,3 Die Blasengalle ist, wie schon oben gesagt, reicher an festen Stoffen als die Lebergalle. In ^lenschengalle, welche aus einer Fistel entleert wurde, fand Jacobsex 22,4 — 22,8 p. m. feste Stoffe. In derselben Galle bestimmte Jacobsex auch die Mineralstoffe und fand folgende Werthe, auf den Trockenrückstand berechnet: KCl 12.85, NaCl 245,1, NagPO^ 59,8, CagCPO^y, 16,7 und Na^CO.^ 41,8 p. m. Das Mengenverhältniss des Glycocholats und des Taurocholats scheint in der Menschengalle recht bedeutend zu schwanken. Nach den Analysen und Beobachtungen der meisten Forscher scheint jedoch die Menschengalle in den meisten Fällen verhältnissmässig reich an Glycocholsäure und entsprechend arm an Taurocholsäure zu sein. Bei den Thieren ist das relative Mengenverhältniss der zwei Säuren sebr wechselnd. Durch Bestimmungen des Schwefelgehaltes hat man gefunden, dass, so weit die bisherige Erfahrung reicht, die Taurocholsäure bei fleischfressenden Säugethieren, bei Vögeln, Schlangen und Fischen die vorherrschende Säure ist. Unter den Pflanzenfressern haben Schafe und Ziegen eine überwiegend taurochol- säurehaltige Galle. Die Rindergalle enthält bisweilen überwiegend Taurochol- säure, in anderen Fällen überwiegend Glycocholsäure und wiederum in einzelnen Fällen fast ausschliesslich die letztgenannte Säm'e. Die Galle des Kaninchens, des Hasen und des Känguruhs enthält überwiegend, die des Schweines fast ausschliesslich Glycocholsäure. Irgend einen bestimmten Einfluss verschiedener Nahrung auf das relative Mengenverhältniss der zwei Gallensäuren hat man nicht nachweisen können. Nach Ritter soll jedoch bei Kälbern, wenn sie von der Milch- zu der Pflanzennahrung übergehen, die Menge der Taurocholsäure abnehmen. Die Gase der Galle bestehen aus einer reichlichen Menge Kohlensäure, welche mit dem Alkaligehalte zunimmt, höchstens Spuren von Sauerstoff und einer sehr kleinen Menge Stickstoff. 9* und Leber- salle. Relatives Mengeaver- hältniss der zwei Gallen- säaren. 132 Sechstes Kaj^itel. Die Galle bei Krank- heiten. Prinzip der Unter- suchung. Entstellung der Grallen- säuren in der Leber. Ueber die Beschaffenheit der Galle bei Krankheiten ist nur wenig bekannt. Die Menge des Harnstoffes hat man in der Urämie bedeutend vermehrt gefunden. Leucin und Tyrosin sind bei akuter gelber Leberatroi)hie und bei Typhus beobachtet worden. Spuren von JEiweiss (abgesehen von dem Nucleoalbumin) hat man einige Male in der Mensehengalle gefimden. Sogenannte pigmentäre Acholie, d. h. die Absonderung einer, Gallensäuren aber keine Gallen- farbstofte enthaltenden Galle hat man auch mehrmals beobachtet. In allen solchen, von ihm beobachteten Fällen, fand Ritter dabei eine Fettdegeneration der Leberzellen, wogegen sogar bei hochgradiger Fettinfiltratiou eine normale, iiigmenthaltige Galle abgesondert wird. Die Absonderung einer von Gallensäureu fast freien Galle ist von Hoppe-Seyler bei Amylo'id- degeneratiou der Leber und vou K. ;MöRyER beobachtet worden. Endlich wird durch die Galle eine Menge vou Stoffen, wie Terpentinöl, Salicylsäure, Kaliuiubromid und Jodid, Arsenik, Eisen, Blei und Quecksilber (Prevost und Bixet) ausgeschieden. Bei Thiereu, Hunden und besonders Kaninchen, hat man den Uebergang vou Blutfarbstott" in die Galle in Folge von Vergiftungen oder anderen, zu einer Zerstörung der Blutkorijercheu führenden Einflüssen beobachtet (Wertheimer und Meyer, Filehxe). Cheiuisiiius der (xallenbereituii^. Die Frage, welche hier in erster Hand beantwortet werden niuss, ist folgende: Entstehen die spezifischen Bestand- theile der Galle, die Gallensäuren und Galleufarbstoffe, in der Leber und, wenn dies der Fall ist, entstehen sie ausschliesslich in diesem Organe oder werden sie auch anderswo gebildet? Die Untersuchung des Blutes und besonders die vergleichende Unter- suchung des Pfortader- und Lebervenenblutes unter normalen Verhältnissen hat uoch keine Beiträge zur Aufklärung dieser Frage geliefert, und es ist deshalb zur Entscheidung derselben nothig gewesen, bei Thieren die Leber zu exstirpiren oder aus dem Kreislaufe auszuschalten. Werden die Gallenbestandtheile nicht in der Leber oder jedenfalls nicht in diesem Organe allein gebildet, sondern vielmehr nur mittelst der Leber aus dem Blute eliminirt, so muss man nach der Exstirpation oder der Ausschaltung dieses Organes aus dem Blutkreislauf eine Anhäufung von Gallenbestandtheilen in Blut und Geweben erwarten können. Werden die Gallenbestandtheile dagegen ausschliesslich in der Leber gebildet, so können die fraglichen Oi^erationen selbstverständlich keinen solchen Erfolg haben. Unterbindet man dagegen den Ductus choledochus, so müssen die Gallen- bestandtheile, gleichgültig ob sie in der Leber oder anderswo gebildet werden, in Blut und Geweben sich ansammeln. Nach diesem Prinzipe hat Köbner an Fröschen den Beweis für die Ent- stehung der Gallensäuren ausschliesslich in der Leber zu liefern versucht. Während man nämlich nach der Exstirpation der Leber bei diesen Thieren keine Gallensäuren in Blut und Geweben hat nachweisen können, gelang es Köbner dagegen nach Unterbindung des Ductus choledochus diesen Nachweis zu führen. Dass beim Hunde die Gallensäureu ausschliesslich in der Lebei*" entstehen, geht aus einer Untersuchung von Ludwig und Fleische hervor. Nach Unterbindung des Ductus choledochus beobachteten sie, dass die Gallenbestandtheile von den Lymphgefässen der Leber aufgesaugt und durch den Ductus thoracicus dem Blute zugeführt wurden. Nach einer solchen Operation können in dem Blute Gallensäuren nachgewiesen werden, während sie im normalen Blute nicht nach- zuweisen sind. Wurden dagegen der Ductus choledochus und der Ductus thoracicus zugleich unterbunden, so fanden sich keine nachweisbaren Spuren Chemisimis der Galk'iiin-reiUiui. 1 .->."> von Gallensäuren im Blute, was doch der Fall hätte sein müssen, wenn sie auch in anderen Orgauen oder Geweben gebildet worden. Die gewöhnliche Ansicht ist auch die, dass die Gallensäuren nur in der Leber entstehen, wenn €8 auch Forscher giel)t, welche einer anderen Ansicht sind. So behauptet Baldi, dass die Bildung der Gallen:^äuren nicht nur in der Leber, sondern in dem ganzen Organismus vor sich gehe, und dementsprechend soll nach ihm im nor- malen, cirkulirenden Blute verschiedener Organe Gallensäuren nachzuweisen sein. Dass die GaUenJarhsloJJ'e auch in anderen Organen als in der Leber entstehen können, dürfte dagegen unzweifelhaft bewiesen sein, wenn, wie dies allgemein angenommen wird, der in alten Blutextravasaten vorkommende Farl)- stoff Hämatoidin mit dem GallenfarbstofF, dem Bilirubin, identisch ist (vergl. 8. 66). Von Latschenbergee ist auch bei Pferden unter pathologischen Ver- hältnissen eine Entstehung von Gallenfarbstoff aus dem Blutfarbstoff in den Geweben beobachtet worden. Auch das Vorkommen von Gallenfarbstoff in der Placenta dürfte von einer Gallenfarbstoffbildung daselbst herrühren, während das Vorkommen von geringen INIengen Galleufarbstoff in dem Blutserum einiger Thiere vielleicht von einer Resorption desselben herrühren könnte. \yenn also Galleufarbstoffe in anderen Orgauen entstehen können, scheint jedoch ihre Entstehung unter physiologischen Verhältnissen wenn nicht aus- schliesslich, so doch wenigstens hauptsächlich an die Leber gebunden zu sein. Bei Experimenten an Tauben konnte Sterx nach Unterbindung der Galleu- gänge allein schon nach fünf Stunden Gallenfarbstoff in dem Blutserum nach- weisen, während er nach Unterbindung aller Gefässe der Leber und zugleich der Gallengänge weder im Blute noch in den Geweben der 10 — 24 Stunden nach der Operation getödteten Thiere etwas Gallenfarbstoff nachweisen konnte. Es haben ferner Minkowski und Naunyn gefunden, dass die Vergiftung mit Arsen Wasserstoff, welche bei vorher gesunden Gänsen eine reichliche Bildung von Gallenfarbstoff und Entleerung schon nach kurzer Zeit von einem biliverdiu- reichen Harn zur Folge hat, bei entleberten Gänsen in dieser Hinsicht ohne Wirkung ist. Die grosse Bedeutung der Leber für die Entstehung der Gallen- farbstoffe scheint also, wenn diese Stoffe auch anderswo gebildet werden können, sichergestellt zu sein. Bezüglich des IMaterials, aus Avelchem die Gallensäureu entstehen, lässt sich mit Sicherheit sagen, dass die zwei Komponenten, das Glycocoll und das Taurin, welche beide stickstoffhaltig sind, aus cien Proteinstoffen entstehen. Ueber die Abstammung der stickstoffreien Cholalsäure, welche man früher ohne genügende Gründe von dem Fette herleiten wollte, kennt man nichts Sicheres. Als Muttersubstanz der Gallenfarbstoffe betrachtet man den Blutfarbstoff. Wäre die Identität des Hämatoidins und des Bilirubins über jeden Zweifel erhaben, so könnte auch eine solche Ansicht schon durch diesen Umstand als bewiesen betrachtet werden. Unabhängig von dieser, nicht von allen P^'orschern anerkannten Identität der beiden Farbstoffe scheint jedoch die obige Ansicht ge- nügend begründet zu sein. Es ist von mehreren Forschern (neuerdings von Entstehung von Gallen- farbstoffen in den Ge- ■nreben. Entstehung von Gallen- farbstoffen in der Leber. Material der Gallensäure- bildung. 13J: Sechstes Kapitel. Latschenberger) bewiesen, dass aus dem Blutfarbstoff iu den Geweben gelbe oder gelbrothe Farbstoffe entstehen können, welche die GMELiN'sche Farbstoff- reaktion geben, und welche, wenn sie auch noch nicht fertige Gallenfarbstoffe sind, jedoch Vorstufen derselben darstellen (Latschenberger). Einen weiteren Material der ßeweis für die Entstehung der Gallenfarbstoffe aus Blutfarbstoff hat man darin Gallentarb- ° stoffberPi- gehen AV'ollen, dass aus dem Hämatiu durch Reduktion das angeblich mit dem Hydrobilirubin identische Urobilin entstehen kann (Hoppe-Seyler). Nach an- deren Forschern (Nexcki und Sieber und Le Nobel) soll die so erhaltene Substanz zwar kein echtes Urobilin sein, aber sie scheint jedoch unter allen Umständen ihm sehr nahe zu stehen, "Wenn nun auch die Identität des Urobilins mit dem aus dem Bilirubin durch Reduktion erhaltenen Hydrobilirubin von gewissen Forschern (^NIac Muxn) entschieden geleugnet wird, dürften jedenfalls diese Stoffe so nahe verwandt sein, dass diese Verwandtschaft als ein Beweis für die Entstehung des Biluaibins aus Blutfarbstoff gelten könnte. Es soll weiter das Hämatoporphyrin (vergl.S. 64) nach Nencki und Sieber dem Bilirubin isomer und nahe verwandt sein. Für die Entstehung des Bilirubins aus dem Blutfarbstoff spricht endlich auch der Umstand, dass nach der Erfahrung mehrerer Forscher das Auftreten von freiem Hämoglobin in dem Plasma — durch Zerstörung von rothen Blutkörperchen durch die verschiedenartigsten Einflüsse (vergl. unten) oder durch Injektion von Hämoglobinlösung — eine vermehrte Bildung von Gallenfarbstoff zur Folge haben kann. Es wird dabei nicht nur der Pigment- gehalt der Galle bedeutend vermehrt (Tarchanoff), sondern es kann sogar unter Umständen Gallenfarbstoff in den Harn übergehen (Icterus). Nach In- jektion von Hämoglobinlösung an einem Hunde, subkutan oder in die Peritoneal- höhle, beobachtete Gorodecki eine 60°/o betragende und zwanzig Stunden an- dauernde Vermehrung der Gallenfarbstoffausscheidung durch die Galle. Wenn also das eisenfreie Bilirubin aus dem eisenhaltigen Hämatin ent- Verhaiten Steht, muss dabei Eisen abgespaltet werden. Dieser Vorgang könnte, in Ueber- berder^Gal- eiustimmung mit der Ansicht von Nencki und Sieber, nach folgendem Schema tereiSnf verlaufen: Cg.Hg.NAFe + 2H,0 - Fe = 2C,,Il,,K,0,, obwohl je- doch der Verlauf mehr komplizirt sein dürfte. Von besonderem Interesse ist die Frage, in welcher Form oder Verbindung das Eisen abgespaltet wird , und ferner, ob es mit der Galle eliminirt werde. Das letztere scheint nicht der Fall zu sein. Auf je 100 Theile Bilirubin, welche mit der Galle ausgeschieden werden, enthält die letztere nach Kunkel nur 1,4 — 1,5 Theile Eisen, während 100 Theile Hämatin etwa 9 Theile Eisen enthalten. Es haben ferner Minkowski und Baserin gefunden, dass die reichliche Gallenfarbstoffbildung , welche bei der Vergiftung mit Arsenwasserstoff vorkommt, nicht von einer Vermehrung des Eisengehaltes der Galle begleitet ist. Die Menge des Eisens in der Galle scheint also nicht der Menge des Eisens in dem zersetzten Blutfarbstoffe zu entsprechen. Dagegen scheint es, als würde das Eisen, wenigstens in erster Hand, von der Leber als eiseureiche Pigmente zurückgehalten werden. Ein derartiges, eisenhaltiges Pigment, welches bei der Zersetung des Hämoglobins entstanden Icterus. l.'Jö war, be(jbaohteten Xainyn und Minkowski in den Lebern von Vögeln bei Arsen- wasserstoti'icterus. Nach LATS(Hi:Nr.En » Verdauung. hauptsächlich das Ueberführeu der Xahrungsstoffe in eine lösliche, resorbirbare Form oder die Spaltung derselben in für die thierische Synthese brauchbare, ein- fachere Verbindungen zur Aufgabe hat. Die Auflösung der Nährstoffe kann in einigen Fällen mit Hilfe von AVasser allein geschehen ; in den meisten Fällen dagegen ist eine chemische, durch die sauren oder alkalischen, von den Drüsen abgesonderten Säfte vermittelte Umsetzung und Spaltung hierzu erforderlich. Eine Besprechung der Verdauungsvorgänge, vom chemischen Gesichtspunkte aus, muss deshalb auch vor Allem die Verdauungssäfte, ihre qualitative und quantitative Zusammensetzung, wie auch ihre "Wirkung auf die Xahrungs- und Genussmittel gelten. I. Die Speicheldrüsen und der Speichel. Die Speicheldrüsen sind theils Eiweissdrüsen (Parotis bei Menschen und Säugethiereu , Submaxillaris beim Kaninchen), theils Schleimdrüsen (ein Theil der kleinen Drüsen in der Mundhöhle, die Glandula sublingualis und submaxillaris bei vielen Thieren) und theils gemischte Drüsen (Glandula submaxillaris beim Menschen). Die Alveolen der Albumindrüsen enthalten Zellen , welche reich Aibumin- au Eiweiss sind aber kein Mucin enthalten. Die Alveolen der Mucindrüsen drüsen. enthalten mucinreiche, eiweissarme Zellen; daneben kommen aber in der Sub- maxillaris und Sublingualis auch eiweissreiche Zellen vor, welche in einigen uo Siebeutes Kapitel. Bestand- theile der Speichel- drüsen. Verschie- dene Alten von Sub- niaxiilaris- speichel. unter- schiede zwischen €horda- und Sympathi- cusspeichel. Fällen eine halbmondförmige Zone (Lunula nach Gianuzzi) zwii?chen den Schleim- zellen und der Membrana proi^ria einnehmen, in anderen Fällen dagegen die mucinreichen Zellen wie ein Ring umgeben und bis^veilen endlich auch einzelne Alveolen gänzlich ausfüllen können. Bei anhaltender Sekretion scheinen die ]\[ucinzellen ihr sämmtliches Mucin abzugeben (Ewald, Stöhr), so dass nur Eiweisszellen zu sehen sind (Heedenhain). In der Ruhe soll das Mucin neu- gebildet werden, Nach den Analysen von Oedtmann enthalten die Si^eichel- drüsen beim Hunde 790 p. m. Wasser, 200 p. m. organische und 10 p. m. anorganische Substanzen. Unter den festen Stoffen sind, ausser Eiweiss, darunter Xudeoalbumin, und Mucin, diastatisches Enzym, bei einigen Thieren Nucle'in, Extraktivstoffe, Leucin und Spuren von Xanthinkürpern nebst Mineralstoffen gefunden woi'den. Der Speichel ist ein Gemenge von den Sekreten der obengenannten Drüseu- gruppen ; und es dürfte deshalb auch passend sein, erst ein jedes der verschiedenen Sekrete für sich und dann den gemischten Speichel zu besprechen. Der Submaxillarissiieicliel kann beim ISIenschen leicht durch Einführ- ung einer Kanüle durch die Papillaröffnuug in den WnARTON'schen Ausführ- ungsgang aufgefangen werden. • Der Submaxillarisspeichel hat nicht immer dieselbe Zusammensetzung oder Beschaffenheit, was wesentlich von den Verhältnissen, unter welchen die Sekretion stattfindet, abhängig ist. Die Absonderung ist nämlich theils — durch in der Chorda tympani verlaufende Facialisfasern — von dem cerebralen, theils — dui'ch in die Drüse mit den Gef ässen hineintretende Fasern — von dem sympathischen Nervensysteme abhängig. In Uebereinstimmung hiermit unterscheidet man auch zwei verschiedene Arten von Submaxillarissekret, nämlich Chorda- und Sym- patJdcusspeichel. Hierzu kommt noch eine dritte Art von Speichel, der sogen. paralytische Speichel, welcher nach Vergiftung mit Curare oder nach Durchschneid- ung der Drüsennerven abgesondert Avird. Der Unterschied zwischen Chorda- und Sympathicusspeichel (beim Hunde) bezieht sich hauptsächlich auf die quantitative Zusammensetzung , und er be- steht darin, dass der weniger reichlich abgesonderte Sympathicusspeichel mehr dickflüssig, zähe und reicher an festen Stoff^en, besonders Mucin, als der reich- lich abgesonderte Chordaspeichel ist. Nach Eckhard hat der Chordaspeichel des Hundes ein spez. Gewicht von 1,0039—1,0046 und einen Gehalt von 12 bis 14 p. m. festen Stoffen. Der Sympathicusspeichel dagegen hat ein spez. Gewicht von 1,0075—1,018 mit 16—28 p. m. festen Stoffen. Die Gase des Chordaspeichels sind von Pflüger untersucht worden. Er fand 0,5 — 0,8 ^/o Sauerstoff; 0,9 — 1 "/o Stickstoff und 64,73—85,13 ^/o Kohlensäure, sämmtliche Zahlen bei 0°C. und einem Drucke von 760 mm Hg berechnet. Die Hauptmasse der Kohlensäure ist fest chemisch gebunden. Beim Menschen hat man bisher die zwei obengenannten Arten des Sub- maxillarissekrets nicht gesondert studiren können. Die Absonderung wird bei Speichel. 141 ihm durch psychische Vorstellungen, durch Kaubewegungen und durch Reizung der Mundschleimhaut, besonders mit sauer schmeckenden Stoffen hervorgerufen. Der Submaxillarisspeichel des Menschen ist gewöhnlich klar, ziemlich dünn- llüssig, ein wenig fadenziehend und leicht schäumend. Die Keaktion ist alkalisch. Das spez. Gewicht 1,002 — 1,003 und der Gehalt an festen Stoffen 3,6 — 4,5 p. m. Als organische Bestaudtheile hat man Mucin, Spuren von Eiweiss und diasta- tischem Enzym, welches dagegen bei mehreren Thieren fehlt, gefunden. Die anorganischen Stoße sind Alkalichloride, Xatiüum- und Magnesiumphosphat nebst Bikarbonaten von Alkalien und Calcium. Auch Rhodankalium , nach Oehl 0,036 p. m, kommt in diesem Speichel vor. Der Sublin^ualisspeicliel. Die Absonderung dieses Speichels steht eben- falls unter dem Einflüsse des cerebralen und des sympathischen Nervensystemes. Der nur in spärlicher Menge abgesonderte Chordaspeichel enthält zahlreiche Speicht'lkörperchen,. ist aber sonst durchsichtig und sehr zähe. Er reagirt al- kalisch und hat nach Heidenhain 27,5 p. m. feste Bestaudtheile (beim Hunde). Das Sublingualissekret des Menschen ist von Oehl untersucht worden. Es war klar, schleimähnlich, stärker alkaliscli als der Submaxillarisspeichel und enthielt Mucin, diastatisches Enzym und Rhodanalkali. Der 31iiiidselileiiu kann nur von Thieren nach dem von Bedder und ScH^nDT angewendeten Verfahren (Unterbindung der Ausführungsgänge sänunt- licher grossen Speicheldrüsen und Absperrung ihres Sekretes von der ]\Iund- höhle) rein gewonnen werden. Die Menge der unter diesen Verhältnissen ab- gesonderten Flüssigkeit ist (beim Hunde) so äusserst gering, dass die genannten Forscher im Laufe einer Stunde nicht mehr als etwa 2 g Mundschleim erhalten konnten. Der Muudschleim ist eine dicke, fadenziehende, sehr zähe, mucin - hakige Flüssigkeit, welche reich an Formelementeu , vor Allem Plattenepithel- zellen, Schleimzellen und Speichelkörperchen ist. Die ^lenge der festen Stoffe in dem INIundschleime des Hundes beträgt nach Bidder und Schmidt 9,98 p. m. Der Parotisspeichel. Auch die Absonderung dieses Sekrets wird theils von dem cerebralen Nervensysteme (X. glossopharyngeus) und theils von dem sympathischen vermittelt. Die Absonderung kann durch psychische Einflüsse und durch Reizung der Drüsennerven, sei es direkt (bei Thieren) oder reflektorisch durch mechanische oder chemische Reizung der Mundschleimhaut, hervorge- rufen werden. Unter den chemischen Reizmitteln nehmen die Säuren den ersten Rang ein, während Alkalien und scharf schmeckende Stoffe wenig wirksam sein sollen. Süss schmeckende Stoffe, wie Honig, sollen angeblich unwirksam sein. Das Kauen übt auch einen starken Einfluss auf die Absonderung des Paro- tissekretes aus, was besonders deutlich bei einigen Pflanzenfressern zu sehen ist. Parotisspeichel vom Menschen kann dui'ch Einführen einer Kanüle in den Ductus Stenonianus leicht avifgesammelt werden. Der Speichel ist dünn- flüssig, schwächer alkalisch als der Submaxillarisspeichel (die ersten Tropfen sind bisweilen neutral oder sauer), ohne besonderen Geruch oder Geschmack. Sabmaxil- larisspeichel aes Menschen. Sublin^a- lisspeichel. ilund- schieim. Parotis- speichel. 142 Siebeutes Kapitel. Parotis - Speichel des Menschen. Gemischter Mund- speichel. Nachweis des Rhodan- alkalis. Ptyalin. Er enthält ein wenig Eiweiss, aber — was aus dem Baue der Drüse zu er- warten ist — kein Mucin. Er enthält auch ein diastatisches Enzym, welches dagegen bei mehreren Thieren fehlt. Der Gehalt an festen Stoffen schwankt zwischen 5 und 16 p. m. Das spez. Gewicht ist 1,0C3 — 1,012. Rhodanalkali scheint, wenn auch nicht konstant, vorzukommen. In menschlichem Parotis- speiehel fand Külz 1,46 ^/o Sauerstoff, 3,2 o/o Stickstoff' und im Ganzen 66,7 ^/o Kohlensäure. Die Menge der fest gebundenen Kohlensäure war 62 ^/o. Der gemischte Muii (Ispeichel ist beim Menschen eine farblose, schwach opalisirende , ein wenig fadenziehende, leicht schäumende Flüssigkeit ohne be- sonderen Geruch oder Geschmack. Er ist von Epithelzellen, Schleim- und Speichelkörpei'chen, oft auch von Residuen der Nahrung getrübt. "Wie der Sub- maxillaris- und der Parotisspeichel überzieht er sich au der Luft mit einer, aus Calciumkarbonat mit ein -wenig organischer Substanz bestehenden Haut oder wird allmählich meistens trübe. Die Reaktion ist alkalisch, bisweilen aber auch sauei'. Nach Sticker kann der frische Speichel einige Stunden nach den Mahlzeiten sauer sein. Zwei bis drei Stunden nach dem Frühstück und vier bis fünf Stunden nach dem Mittagessen können Maxima der Acidität vorkommen, und ebenso kann der Speichel nach Mitternacht bis zum Morgen schwach sauer sein. Das spez. Gewicht schwankt zwischen 1,002 und 1,009 und die Menge der festen Stoffe zwischen 5 — 10 p. m. Die festen Stoffe bestehen, abgesehen von den schon genannten Formbestandtheilen, aus Eiweiss, Mucin, Ptyalin und Mineralstoffen. Auch Harnstoff soll ein normaler Bestandtheil des Speichels sein. Die Mineral- stoffe sind Chloralkalien, Bikarbonate von Alkalien und Calcium, Phosphate, Spuren von Sulfaten und Rhodanalkali. Der Nachweis des Rhodanalkalis, welches, wenn auch nicht ganz kon- stant, in dem Speichel des Menschen und einiger Thiere vorkommt, kann leicht in der Weise geführt werden, dass der Speichel mit Salzsäure angesäuert und dann mit einer sehr verdünnten Lösung von Eisen chlorid versetzt wird. Der Kontrole halber muss dabei jedoch, bei Gegenwart von sehr kleinen Mengen, eine andere Probe mit derselben INIenge angesäuerten Wassers und Eisenchlorid damit verglichen werden. Ein anderes, einfaches, von Gscheidlen empfohlenes Verfahren besteht darin, dass man mit einer salzsäurehaltigen Eisenchlorid- lösung von bernsteingelber Farbe getränkte und getrocknete Filtrirpapier- streifen mit Speichel betupft. Jeder Tropfen i'hodanhaltigen Speichels erzeugt dann einen röthlichen Fleck. Ist die Menge Rhodanalkali so gering, dass sie nicht direkt nachgewiesen werden kann, so konzentrirt man den Speichel, nach Zusatz von ein wenig Alkali, stark, säuert mit Salzsäure an, schüttelt wieder- holt mit Aether aus, verdunstet, nach Zusatz von alkalihaltigeni Wasser, den Aether in gelinder Wärme und prüft die rückständige Flüssigkeit. Ptyalin oder Speicheldiastase nennt man das amylolytische Enzym des Speichels. Dieses Enzym findet sich in dem Speichel des Menschen aber nicht in dem aller Thiere. Es kommt nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei neugeborenen Kindern vor. Nach Zweifel soll das Ptyalin bei Neugeborenen nur in der Parotisdrüse, nicht aber in der Submaxillarisdrüse vorkommen. In dieser letzteren tritt es erst zwei Monate nach der Geburt auf. Ptvaliu. 143 Das Ptyalin ist bisher nicht in reinem Zustande isohrt worden. Am reinsten wurde es von Cohxheim durch Ausfällung mit Calciuniphosphat er- halten. Zum Studium oder zur Demonstration der Wirkungen desselben kann man einen Wasser- oder Glycerinauszug der Speicheldrüsen oder noch einfacher den Speichel selbst benutzen. Das Ptyalin ist, wie andere Enzyme, durch seine Wirkung charakterisirt. Diese besteht darin, dass es Stärke in Dextrin und Zucker überführt. Hierbei entsteht nach der gewöhnlichen Ansicht erst lösliche Stärke und dann Erythro- dextrin, welches dann weiter umgesetzt wird, so dass zuletzt als Endprodukte Achroodextrin und ^Maltose mit einer nur geringen Beimengung von Glykose erhalten werden. Wie die Stärke wird auch das Glykogen von dem Ptyalin unter Wasseraufnahme in Dextrin und Zucker (wie es scheint Maltose) gespaltet. Das Ptyalin ist nicht mit der Malzdiastase identisch; während jenes am kräftigsten bei etwa -|- 40^ C. wirkt, liegt das Optimum für die Wirkung der letzteren bei -f- 50 — 55 ° C. (Chittexdex und Martin). Das Ptyalin wirkt bei schwach alkalischer, neutraler und äusserst schwach saurer Reaktion. Am kräftigsten scheint es bei neutraler oder in einigen Fällen bei äusserst schwach saurer Reaktion (Chittenden und Scecniedt) zu wirken. Auf seine Wirksamkeit bei schwach saurer Reaktion üben jedoch mehrere Um- stände, wie der Verdünnungsgrad und die Gegenwart von Eiweiss oder Pepton, einen grossen Einfluss aus (Chittendex). Von der grössten physiologischen Bedeutung ist es jedoch immer, dass schon sehr kleine Mengen von freien Säuren, nicht nur ein Säuregrad von etwa 1 p. m. HCl. Avelcher in dem Magen- safte oft vorkommt, sondern sogar weit kleinere Mengen von Salzsäure (orga- nische Säuren wirken schwächer) nicht allein die Wirkung des Ptyalins verhindern, sondern auch das Enzym zerstören. Von Interesse ist es ferner, dass die ge- kochte Stärke (der Kleister) rasch, die ungekochte dagegen nur langsam ver- zuckert wird. Verschiedene Arten von ungekochter Stärke werden übrigens ungleich rasch umgesetzt. Die Geschwindigkeit, mit welcher das Ptyalin wirkt, wächst wenigstens unter sonst günstigen Verhältnissen mit der Enzymmenge und, bis etwas über -|- 40° C, mit steigender Temperatur. Fremde Zusätze, wie Metallsalze, üben eine verschiedene Wirkung aus. Einige Salze wirken ausschliesslich und schon in kleinen Mengen (HgCU z. B. schon bei Gegenwart von nur 0,05 p. m. voll- ständig) hemmend. Andere, wie das Magnesiumsulfat, wirken in kleinen jNIengeu (0,25 p. m.) fordernd, in grösseren Mengen (5 p. m.) hemmend. Die Anhäufung der amylolytischen Zersetzungsprodukte wirkt auch hemmend auf die Wirkung des Speichels ein. Um die Wirkung des Speichels oder des Ptyalins auf Stärke zu zeigen, kann man die drei gewöhnlichen Zuckerproben, die MooRE'sche oder die Teommer'- sche Probe oder die Wismuthprobe benutzen (vergl. Kap. 14 über den Harn). Dabei ist es jedoch der Kontrole halber nothwendig, den Kleister und den Speichel zuerst av;f die Abwesenheit von Zucker zu prüfen. Physiolo- gische Wir- kung des Ptrs-alins. Wirkung der Salzsäure auf das Ptyalin. Einfluss ver- schiedener Umstände auf die Ptyalin- wirkuns. lU Siebentes Kai^itel. Die fjuantitative Zusammensetzung des gemischteu Speichels muss natür- lich aus mehreren Gründen, nicht nur in Folge individueller Verschiedenheiten, sondern auch in Folge einer bei verschiedenen Gelegenheiten ungleichen Be- theiligung der verschiedenen Drüsen an der Sekretion, nicht unbedeutend wechseln können. Als Beispiele von der Zusammensetzung des menschlichen Speichels werden hier einige Anal vsen angeführt. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile. Zusammen- setzang des Speichels. Menge des abgeson- derten Speichels. Absonder- ung des Speichels. Wasser . . Feste Stoffe Schleim und Epithel Lösliche organ. Substanz . I Ptyalin älterer Forscher) ßhodanalkali Salze 992,9 1,9 995,10 994,1 988,3 994,7 4,84 5,9 11,7 5,3 1,62 2,13 1,34 1,42 3,27 1 0,06 0,10 1,62 2,19 1,03 1 3,5—8,4 in fiitrirtem Speichel 0,064—0,09 994,2 5,8 2,2 1,4 0,04 2,2 1000 Theile Asche von menschlichem Speichel enthielten in den Analysen von Hajimeebachek 457,2 Kali, 95,9 Xatron, 50,11 Eisenoxyd, 1,55 Magnesiiunoxyd, 63,8 Schwefel- säure (SO3), 188,48 Phosphorsäure (P0O5) und 183,52 Chlor. Die Menge des während 24 Stunden abgesonderten Speichels lässt sich nicht genau bestkamen, ist aber von Bedder und Sch^iidt zu 1500 g berechnet worden. Am lebhaftesten ist die Absonderung während der Mahlzeit. Nach den Berechnungen und Bestimmungen von Tuczek soll beim Menschen 1 g Drüse während des Kauens etwa 13 g Sekret im Laufe von einer Stunde liefern können. Diese Zahl stimmt mit den bei Thieren pro 1 g Drüse gefundenen ;Mittelzahlen, 14,2 g beim Pferde und 8 g bei Rindern, ziemlich genau überein. Die Menge des Sekretes pro eme Stunde kann also 8 — 14 Mal grösser als die ganze Drüsenmasse sein, und es giebt wohl auch, so weit bisher bekannt, im ganzen Körper keine Drüse — die Xieren nicht ausgenommen — deren absondernde Fähigkeit unter physiologischen Verhältnissen derjenigen der Speicheldrüsen gleichkommt. Eine ausserordentlich reichliche Speichelabsonderung ruft das Pilokarpin hervor, während das Atropin dagegen die Absonderung aufhebt. Wenn auch eine reichliche Speichelabsonderimg in der Regel bei vermehrter Blutzufukr auftritt, ist jedoch, wie aus folgenden Verhältnissen hervorgeht, die Speichelabsonderimg kein einfacher Filtrationsprozess. Der Sekretionsdrack ist höher als der Blutdruck in der Karotis, und bei Vergiftung mit Atropin, welches die sekretorischen Xerven lähmt, wird durch Chordareizung zwar eine vermehrte Blutzufuhr aber keine Sekretion hervorgerufen (Heidenhaix). Die Speicheldrüsen haben ausserdem eine spezifische Fähigkeit gewisse Substanzen, wie z. B. Kaliumsalze (Salkow.skij Jod- und Bromverbindungen, dagegen nicht Physiologische Bedeutung des Speichels. 145 andere, wie z. B. Eisenverbindungen, zu elimiuiren. Ueberdies muss auch be- merkt werden, dass der Speichel, wenn er durch allmählich gesteigerte Reizung rascher und in grösserer ^Menge abgesondert wird, reicher an festen Stoffen als bei mehr langsamer und weniger ausgiebiger Sekretion wird (Heidenhain). Mit wachsender Absonderungsgeschwindigkeit steigt auch der Salzgehalt bis zu einem gewissen Grade (Heidexhain', Werther, Langley und Fletciier, Novi). Wie die Absonderungsvorgänge im Allgemeinen, ist also auch die Abson- derung des Speichels an besondere, in den Zellen verlaufende Prozesse ge- bunden. Die Art dieser in den Zellen bei der Absonderung verlaufenden chemischen Vorgänge ist noch unbekannt. Xach Heidexhain sollen die Mucin- zellen der Submaxillarisdrüse bei der Absonderung zu Grunde gehen (während sie nach • Ewald und Stöhr nur ihr Mucin entleeren sollen) und in der Ruhe- periode soll in den Mucinzellen Mucin wieder auftreten. Diese Beobachtungen liefern jedoch keine Aufschlüsse über die Art der dabei stattfindenden chemi- schen Vorgänge. Die physiologische Bedeutung des Speichels. Dm-ch seinen Reichthum an Wasser ermöglicht der Speichel nicht nur die Einwirkung gewisser Stoffe auf die Geschmacksorgane, sondern er wird auch ein wahres Lösungsmittel für einen Theil der Xahrungsstoffe. Die Bedeutung des Speichels für das Kauen ist besonders bei Pflanzenfressern auffallend, und ebenso unzweifelhaft steht es fest, dass der Speichel das Schlucken wesentlich erleichtert. Die Fähio-keit, Stärke in Zucker umzusetzen, kommt nicht dem Speichel aller Thiere zu, und wenn sie vorhanden ist, hat sie jedoch bei verschiedenen Thieren eine ungleiche Intensität. Beim Menschen, dessen Speichel kräftig verzuckernd wirkt, kann eine Zuckerbildung aus (gekochter) Stärke unzweifelhaft schon in der Mund- ?^ysioio- höhle stattfinden; in wie weit aber diese Wirkung wenn der Bissen in den •^ö^tung des "^ OpGlCllölS, Magen gelangt ist, fortwährend ziu: Geltung kommen kann, hängt von der Ge- schwindigkeit, mit welcher der saure Magensaft in die verschluckten Speisen hineindringt und mit denselben sich vermischt, wie auch von dem ^Meno-enver- hältnisse des Magensaftes und der Speisen in dem ]\Iagen ab. Die reichlichen Mengen Wasser, w^elche mit dem Speichel verschluckt werden, müssen wieder resorbirt werden und in das Blut übergehen, mid sie müssen also in dem thieri- schen Organismus einen intermediären Ivreislauf diu-chmachen. In dem Speichel besitzt also der Organismus ein kräftiges Mittel, während der Verdauung einen vom Darmkanale zum Blute gehenden, die gelösten oder fein vertheilten Stofl^e mitführenden Flüssigkeitsstrom zu unterhalten. — Speichelkonkreinente. Der sog. Zahnstein ist gelb, grau, gelbgrau, braun oder schwarz und hat eiue geschichtete Straktur. Er kann mehr als 200 p. m. organische Sub- stanz, darunter Mucin, Epithel und Leptothrixketten, enthalten. Die Hauptmasse der anor- ganischen Bestandtheile besteht aus Calciumkarbonat oder Phosphat. Die Speichelsteine, Speichel- deren Grösse sehr, von der Grösse kleiner Körnchen bis zu deijenigen einer Erbse oder noch ionkre- mehr (man hat einen Speichelstein von 18,6 g Gewicht gefunden) wechseln kann, enthalten mente. ebenfalls eine wechselnde Menge, 50 — 380 p. m., organische Substanz, welche bei der Ex- traktion der Steine mit Salzsäure zurückbleibt. Der Hauptbestaudtheil der anorganischen Substanz ist Calciumphosphat. Hammarsten, Physiologische Chemie. 10 146 Siebeutes Ivai)itel. IL Die Drüsen der Magenschleimhaut und der Magensaft. Drüsen der Jlac-en Fundns- drüsen. Seit Alters her unterscheidet man zwei verschiedene Arten von Drüsen in der Magenschleimhaut. Die einen, welche in grösster Verbreitung vorkommen und besonders im Fundus die bedeutendste Grösse haben, nennt man Fundus- drüsen, auch Labdrüseu oder Pepsindrüsen. Die anderen, welche nur Schleimhaut, j^ (jgj. Umgebung des Pylorus vorkommen, werden Pylorusdrüsen , bisweilen auch, obzwar unrichtig, Schleimdrüsen genannt. Die Magenschleimhaut ist sonst in ihrer ganzen Ausdehnung mit einem einschichtigen Cylinderepithel bekleidet, welches dui'chgehends als aus Schleimbechern bestehend betrachtet wird imd diu'ch eine schleimige Metamorphose des Protoj^lasmas Schleim produziren soll. Die Fuiidusdrüsen enthalten zwei Arten von Zellen: adelomorphe oder Hauptzellen und delomorphe oder Belegzellen, die letzteren früher allgemein auch Labzellen, Pepsinzellen, genannt. Diese zw^ei Arten von Zellen bestehen aus einem eiweissreicheu Protoplasma; ihr Verhalten zu Farb- stoffen scheint aber darauf hinzudeuten, dass die Eiweisstoöe beider nicht identisch sind. Die Kerne dürften wohl hauptsächlich aus Xuclein bestehen. Neben den nun genannten Bestaudtheilen enthalten die Fundusdrüsen, ausser ein wenig Fett und Cholesterin, als mehr spezifische Bestandtheile zwei Zymogene, welche die Mutterstofie des Pepsins und des Labs sind. Die Pylorusdrüsen enthalten Zellen, welche im Allgemeinen als den oben genannten Hauptzellen der Fundusdrüsen nahe verwandt betrachtet werden. Früher glaubte man in diesen Drüsen einen grösseren Gehalt an ]\Iuciu an- nehmen zu können, aus welchem Grunde sie auch Schleimdrüsen genannt wurden. Nach Heldenhaix betheiligen sie sich jedoch, abgesehen von dem Cylinder- ei^ithel der Ausführungsgänge, in keinem nennenswerthen Grade an der Schleim- bildung, welche, seiner Ansicht gemäss, von dem die Schleimhaut auskleidenden Epithel vermittelt werden soll. Auch die Pylorusdrüsen scheinen die zwei oben- genannten Zymogene zu enthalten. Von Mineralstoffen sind in der Magen- schleimhaut Alkalichloride, Alkaliphosphat und Calciumphosphat gefunden worden. Der Mag'eiisaft. Durch die Beobachtungen von Helm und Beaumont an ]\Ienschen mit ^Nlagenfisteln wurde der Anstoss zum Anlegen von Magenfisteln an Thieren gegeben vmd diese Operation wurde auch zum ersten ]\Iale 1842 von Bassow an einem Hunde ausgeführt. An einem Menschen fübile Verxeuil im Jahre 1877 diese Operation mit glücklichem Erfolge aus. In dem Anlegen von Magenfisteln an Thieren hat man nunmehr ein vorzügliches Mittel, die Ab- sondermig des JMagensaftes wie auch die Verdauung im Magen zu studiren. Im nüchternen Zustande ist die Magenschleimhaut wenigstens oft fast trocken, bisweilen, besonders bei einigen Pflanzenfressern, mit einer Schicht von zähem sogenannten Schleim überzogen. Werden in den Magen Nahrungsmittel eingeführt oder wird die Schleimhaut in irgend einer "Weise gereizt, so findet Pylorns- drüsen. Der Magensaft. 147 eine Ahsoiiderung von einer dünnen, sauren Flüssigkeit, dem eigentlichen Magen- safte statt. Diese Absonderung kann duvcli mechanische oder thermische Reizung (Einführen von kaltem Wasser oder Eisstückchen in den Magen) oder durch chemische Reizmittel hervorgerufen werden. Zu den letzteren gehören Alkohol und Aether, welche jedoch in zu grosser Konzentration keine physiologische Sekretion, sondern eine Transsudation von einer neutralen oder schwach alkali- schen, eiweisshaltigen Flüssigkeit hervorrufen (Cl. Bekxard). Es gehören ferner hierher, Kohlensäure und Salzsäure, welch' letztere besonders die Absonderung von Pepsin vermehren soll (Jaworsky), Gewürze, Fleischextrakt, Neutralsalze, wie z. B. NaCl (welches jedoch bei zu grosser Konzentration wie Alkohol wirkt) und kohlensaure Alkalien. Die kohlensauren Alkalien sollen nach den An- gaben einzelner Forscher zwar zuerst den sauren Magensaft neutralisiren, dann aber eine anhaltende Sekretion von saurem INIagensaft hervorrufen. Die An- gaben von der Einwirkung verschiedener Stoffe auf die JMagensaftabsonderung sind jedoch leider' ziemlich unsicher und einander oft widersprechend. Dass die Absonderung des Magensaftes reflektorisch erregt werden kann, wird von mehreren Forschern angegeben. Nach dem Einführen von Wasser in den Magen tritt eine verhältnissmässig spärliche und wenig anhaltende Sekretion auf; werden dagegen verdauliche Nahrungsmittel eingeführt, so findet eine mehr reichliche und anhaltende Absonderung statt (Schiff, Heidenhaix). Selbst in diesem Falle kommt jedoch die Absonderung nicht sogleich sondern erst nach einiger Zeit, wenn lösliche, der Resorption zugängliche Stoffe gebildet worden sind, zu Stande. Dieses Verhalten spricht für die Richtigkeit der gewöhnlichen Sitte, die Mahlzeit mit der flüssigen Nahrung, der Suppe, anzufangen. Die qualitative und (juantitative Zusammensetzung des Magensaftes. Der INIagensaft, welcher wohl kaum rein und frei von Residuen der Nahrung oder von Schleim und Speichel gewonnen werden kann, ist eine klare oder nur sehr wenig trübe, beim Menschen fast farblose Flüssigkeit, von einem faden, säuer- lichen Geschmack und stark saurer Reaktion. Als Formelemeute enthält er Drüsenzellen oder deren Kerne, Scideimkörperchen und mehr oder weniger ver- änderte Cylinderepithelzellen, Die saure Reaktion des Magensaftes rührt von freier Säure her, welche, wie die Untersuchungen von C. Schisiidt, Richet u. A. gelehrt haben, unter physiologischen Verhältnissen nvu' aus Salzsäure zu bestehen scheint. Unter be- sonderen Verhältnissen, w'ie z. B. nach einer kohlehydratreichen Mahlzeit, kommen jedoch im Mageninhalte Milchsäure — nach Angabe auch Essigsäure und Buttersäure — vor. Der Gehalt des Magensaftes an freier Salzsäure beträgt beim Schafe etwa 1,2 und beim Hunde 3 p. m. Als :Mittel von 80 Bestimm- ungen fand Richet im Magensafte des Menschen 1,7 p. m. freie Säure mit Schwankungen von 0,5 — 3 p. m. Nach Szabo und Ewald und Boas enthält der menschliche Magensaft im Allgemeinen etwa 2 — 3 p. m. HCl. Der Magensaft scheint kein gerinnbares Eiweiss zu enthalten, enthält dagegen Spuren von Pepton oder Album ose (?). Unter den organischen Stoffen 10* Absomle- rung des Magen- saftes. Wirkung- der Nahrung auf die Ab- sonderung. Die freie Säure des Magen- saftes. Bestand- theile des Mairensaftes. 148 Siebeutes Kapitel. findet sich ein wenig Mucin und weiter, wenigstens beim Menschen, zwei En- zyme, das Pepsin und das Lab. Das spez. Gewicht des Magensaftes ist niedrig, 1,001 — 1,010. Dem ent- sprechend ist der Magensaft auch arm an festen Stoffen. Als Beispiele von der Zusammensetzung verschiedener Arten von Magensaft werden hier die Ana- lysen von C. Schmidt angeführt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der analysirte menschliche ]\Iagensaft von Speichel und Wasser verdünnt war und demnach nicht als normal anzusehen ist. Die Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile. Zusammen- setzung des Magensaftes. Wassei- Feste Stoffe . . . . Organische Substanz . NaCl CaCla KCl NH^Cl Freie Salzsäure (.HCl) Ca3(PO,)2 Mg3(P0,), . . . . FePO, Mit Speichel vermischter Masensaft vom Menschen 994,40 5,60 3,19 1,46 0,06 0,55 0,20 l 0,12 Hundemagen- | Hundemagen- saft. Speichel- ' saft. Speichel- frei , haltig. 973,0 27,0 17,1 2,5 0,6 1,1 0,5 3,1 1,7 0,2 0,1 971,2 28,8 17,3 3,1 1,7 1,1 0,5 2,3 2,3 0,3 0,1 Magensaft vom Schaf 986,15 13,85 4,05 4,36 0,11 1,52 0,47 1,23 1,18 0,57 0,33 Die, neben der freien Salzsäure, j^hysiologisch wichtigsten Bestandtheile des Magensaftes sind das Pepsin und das Lab. Das Pepsin. Dieses Enzym findet sich, mit Ausnahme von einigen Fischen, bei allen bisher darauf vintersuchten Rückgratsthieren. Das Pepsin kommt bei erwachsenen Menschen und neugeborenen Kindern vor. Bei neugeborenen Thieren ist dagegen das Verhalten etwas verschieden. Vorkommen Während bei einigen Pflanzenfressern, wie dem Kaninchen, das Pef)sin schon vor der Geburt in der Schleimhaut vorkommt, fehlt dieses Enzym dagegen bei der Geburt gänzlijch bei den bisher untersuchten Fleischfressern, dem Hunde und der Katze. Bei mehreren Everteb raten sind auch Enzyme, -welche in saurer Lösung i,roteolytisch wirken, gefunden worden. Dass diese Enzyme indessen wenigstens niclit bei allen Thieren mit dem gewöhnlichen Pepsin identisch sind, ist von Krukexbeeg gezeigt M'orden. Daewix hat weiter gefunden, dass von gcMissen insektenfressenden Pflanzen ein saurer, eiweisslösender Saft abgesondert wird ; aber es dürfte jedoch mindestens zweifelhaft sein, ob bei diesen Pflanzen etwas Pepsin vorkommt. Ans Wickensameu hat V. GORUP - Besaxez ein wie das Pepsin wirkendes Enzym isolirt, dessen Identität mit Pepsin jedoch zweifelhaft ist. Das Pepsin ist ebensowenig wie andere Enzj^me mit Sicherheit in reinem Zustande isolirt worden. Am reinsten war das von Brücke und Sundberg dargestellte Pepsin, welches den meisten Eiweissreagentien gegenüber negativ Pepsin uud küustliclier Magensaft. 149 Eifjon- bchafton des Pepsins. sich verhielt. Das Pcp.siu scheint also keine echte Eiweissuhstauz zu sein. Das Pepsin ist, wenigstens in unreinem Zustande, löslich in Wasser und Glycerin. Von Alkohol wird es gefällt, aber nur langsam zerstört. In wässeriger Lösung wird es beim Erhitzen zum Sieden rasch zerstört ; in trockenem Zustande kann es dagegen sogar über 100" C. erhitzt werden, ohne seine physiologische Wirkung einzubüssen. Die einzige Eigenschaft, welche für das Pepsin charakteristisch ist, ist die, dass es in saurer aber nicht in neutraler oder alkalischer Lösung Eiweisstoffe unter Bildung von Albumosen und Peptonen löst. Die Methoden zur Darstellung eines verhältnissmässig reinen Pepsins gründen sich im Allgemeinen auf der Eigenschaft desselben von fein vertheilten Niederschlägen anderer Stoffe, Calciumtriphosphat oder Cholesterin, mit nieder- gerissen zu werden. Hierauf gründen sich auch die ziendich umständlichen Methoden von Brücke und Sundbeeg. Eine für Verdauungsversuche geeignete, kräftig wirkende, verhältnissmässig reine Pepsinlösung kann nach folgendem, von Maly angegebenen Verfahren gewonnen werden. Die Schleimhaut (von Schweinemägen) wii'd mit phosphorsäurehaltigem Wasser infundirt, das Filtrat mit Kalkwasser gefällt, der Niederschlag, welcher das Pepsin enthält, in Wasser durch Zusatz von Salzsäure gelöst und die Salze durch Dialyse entfernt, wobei Darstellung das nicht diffundirende Pepsin im Dialysator gelöst zurückbleil)t. Eine zwar ^^^"* sehr unreine, aber pepsinreiche und jahrelang haltbare Pepsinlösuug erhält man, wenn man nach dem Vorgange v. Wittichs die fein zerhackte Schleim- haut mit Glycerin oder besser mit Glycerin, welches 1 p. m. HCl enthält, ex- trahirt. Auf je 1 Gewichtstheil der Schleimhaut kommen 10 — 20 Theile Glycerin. Nach 8 — 14 Tagen wird filtrirt. Aus diesem Extrakte kann man das Pepsin (neben viel Eiweiss) mit Alkohol ausfällen. Soll man das Extrakt direkt zu Verdauungsversuchen benutzen, so werden je 100 Cc mit 1 — 4 p. m. HCl an- gesäuerten Wassers mit 2 — 3 Cc vom Extrakte versetzt. Zu Verdauungsversuchen kann man auch in mehreren Fällen einfach eine Infusion der Magenschleimhaut direkt benutzen. Die genau mit Wasser abgespülte Magenschleimhaut wird (wenn Schw^einemägen verwendet werden) abpräparirt und fein zerschnitten; bei Verwendung von Kalbsmägen wird nur die oberflächliche Schicht der Schleimhaut mit einem Uhrglase oder der Rücken- seite eines Messers abgeschabt. Die Schleimhautstückchen oder die beim Ab- schaben erhaltenen schleimigen Massen werden dann mit reinem Quarzsand zerrieben, mit angesäuertem Wasser infundirt, an einem kühlen Orte 24 Stunden stehen gelassen und dann filtrirt. Bei der Darstellung künstlichen Magensaftes werden nur die pepsiu- reichsten Theile der Schleimhaut in Arbeit genommen, und der Pylorustheil ■wird am besten weggelassen. Der Schweinemagen liefert im Allgemeinen eine stark verunreinigte Infusion, während verhältnissmässig reine und kräftig wirkende Infusionen mitVortheil auf Drüsenmägeu von Vögeln (Hühnern) bereitet werden können. Auch Mägen von Fischen (Hecht) liefern ziemlich reine und kräftig verdauende Infusionen. Ein gleichzeitig sehr wirksamer und ziemlich reiner, künstlicher Magensaft kann aus der abgeschabten inneren Schicht der Magen- schleimhaut von Kälbern bereitet werden, wobei jedoch der Pylorustheil zuerst abgetrennt werden muss. Auf je einen mittelgrossen Kalbsmagen können 1000 Cc angesäuerten Wassers in Anwendung kommen. Der Säuregrad des zur Infusion benutzten Wassers richtet sich nach dem Zwecke, zu welchem der Magensaft verwendet werden soll. Handelt es sich um die Verdauung von Fibrin, so wird ein Säuregrad von 1 p. m. HCl pas- Künstlicher Magensaft. 150 Siebeutes Kapitel. AYirknnir einer sauren send o-ewählt; soll dagegen zu dem Versuche hartgesottenes Hühnereiweiss ge- braucht werden, so wird der Säuregrad passender zu 2 — 3 jd. ni. HCl bestimmt. Dieser letztgenannte Säuregrad ist übrigens im Allgemeinen der beste, weil die Infusion dabei haltbarer wird und unter allen Umständen so reich an Pepsin ist, dass sie, nachdem sie durch Verdünnimg mit Wasser auf den Säuregrad 1 p. m. HCl gebracht worden ist , noch .-ehr kräftig lösend auf ungekochtes Fibrhi wirkt. Die Wirkung des Pepsins auf Eiweiss. Bei neutraler oder alkalischer Reaktion ist das Pepsin unwirksam; in saurer Flüssigkeit löst es dagegen ge- ronnene Eiweisstofle. Dabei quillt das Eiweiss stets auf und wird durchsichtig, bevor es gelöst wird. Ungekochtes Fibrin quillt in einer Säure von 1 p. m. HCl zu einer gallertähnlichen Masse, löst sich aber bei Zimmertemperatur im Laufe lösun^'auf von ein paar Tagen nicht. Nach Zusatz von ein wenig Pepsin wird dagegen diese gequollene Masse bei Zimmertemperatur rasch gelöst. Hartgesottenes Ei- weiss, in dünnen Scheiben mit scharfen Rändern zerschnitten, wird im Laufe von mehreren Stunden von verdünnter Säure (2 — 4 p. m. HCl) bei Körper- temperatur nicht merkbar verändert. Bei gleichzeitiger Gegenwart von Pepsin werden dagegen die Ränder bald hell und durchsichtig, abgestumpft und ge- quollen, und das Eiweiss löst sich allmählich. Aus dem oben von dem Pepsin Gesagten folgt, dass Eiweiss als Mittel zum Nachweis von Pepsin in einer Flüssigkeit benutzt werden kann. Es kann hierzu Fibrin ebenso gut wie gesottenes Hühnereiweiss, das letztere in Form von Soheibchen mit scharfen Rändern, verwendet werden. Da aber das Fibrin auch bei Zimmertemperatur leicht verdaut wird, während die Pepsiuprobe mit Hühnereiweiss Körpertemperatur erfordert, und da die Probe mit Fibrin auch etwas empfindlicher ist, wird sie oft der Probe mit Hühnereiweiss vorgezogen. Pepsin- "Wenn von der „Pepsinprobe" ohne weiteres gesprochen wird, ist darunter auch ^^ ' gewöhnlich die Probe mit Fibrin zu verstehen. Diese Probe erheischt jedoch ein wenig Vorsicht. Das ungekochte Fibrin kann, Avenn auch regelmässig erst nach längerer Zeit, von Säure allein ohne Pepsin gelöst werden. Bei Versuchen mit ungekochtem Faserstoff bei Zimmer- temperatur muss deshalb auch stets eine Kontrollprobe mit einer anderen Portion desselben Fibrins und Säure allein ausgeführt Averdeu. Bei Körpertemperatur, bei welcher das ungekochte Fibrin leichter von Säure allein gelöst wird, ist es am besten ein für alle Mal nur mit gekochtem Fibrin zu arbeiten. Da man das Pepsin bisher nie mit Sicherheit in reinem Zustande dar- gestellt hat, ist es auch nicht möglich, die absolute ]\Ienge des Pepsins in einer Flüssigkeit zu bestimmen. Man kann nur den relativen Pepsingehalt zweier oder mehrerer Flüssigkeiten mit einander vergleichen, und dabei kann man auf verschiedene Weise verfahren. Als am meisten bewährt dürfte folgendes, von Brücke angegebene Verfahren sein. Sollen zwei Pepsinlösuugen, A und B, bezüglich iles Pepsingelialtes mit einander ver- glichen werden, so müssen sie zuerst — unter Achtgeben darauf, dass die eine dabei nicht stärker als die andere verdünnt wird — auf den passenden Säuregrad, etwa 1 p. m. HCl, gebracht werden. Dann bereitet mau sich, durch Yerdünuimg mit Salzsäure von 1 p. m. HCl, von jeder Flüssigkeit eine grössere Anzahl von Proben, deren Ciehalte an Pepsin — der Pepsingehalt der ursprünglichen Flüssigkeit gleich 1 gesetzt — resp. ^ 2, Vj, Vs, ^le, ^32 u. s. w. Geschwindigkeit der Pepsinverdauuug. löl betragen. Bezeichnet man dni nrspri'iiiiflichen repsiiiuchalt der zwei Flüssiglieiteu mit p, resp. p', so erhäh man also zwei Reilien von Fliissigkeiteu A B 1 p 1 p' >/2 p V'2 ].' 'i P "4 p' 's p ''8 p' V18 p ''l'i ]>' V32 p ' Sl p' In jede Probe wird dann ein kleines, mit einem Korkboiirer aus dünnen Schnitten von gekochtem Hüluiereiwciss ausgeschnittenes Sclicibclieu oder aucli eine kleine Fibrintiocke einge- tragen, wobei man sellistverständlieh darauf zu acliten iiat, dass mi'igliclist gleieligrosse und gleichartige Scheibeu oder Flöckchen gewühlt werden, ßeobaclitet imd ainiotirt man nun genau den Zeitpunkt, bei welchem in jeder Probe der zwei Iteihen die Verdauung anfängt resp. beendet ist, so findet man, dass einige Prolien der einen Keilie mit gewissen Proben der anileren etwa gleichen Schritt halten, und man kann hieraus schliessen, dass sie auch etwa densell)en Pepsin- gehalt haben. Wäre also beispielsweise in einer Versuchsreihe die Verdauuugsgeschwindigkeit in den Proben jj Vs, p 'le, \i '32 etwa dieselbe wie in den Proben p' ' •_', p' '/i, p' 's, so könnte man hieraus schliessen, dass die Flüssigkeit A etwa 4 Mal so reicli an Pepsin wie die Flüssigkeit B wäre. Auf die Geschwindigkeit der Pepsinverdauung wirken mehrere Umstäude ein. Es ^s'irken also verschiedene Säuren ungleich kräftig, und wie es seheint, zeigt die Salzsäure eine kräftigere Wirkung als irgend eine andere, sei es eine anorganische oder organische Säure. Der Säuregrad ist auch von grosser Be- deutung. Für die Salzsäure ist der günstigste Säuregrad für verschiedene Eiweisstoffe nicht derselbe. Für Fibrin ist er 0,8 — 1 p. m.; für Myosin, Casein und pflanzliches Eiweiss etwa 1 p. m.; für hartgesottenes Eiweiss dagegen etwa 2,5 p. m. Mit dem Pepsingehalte wächst die Verdauungsgeschwindigkeit wenigstens bis zu einer gewissen Grenze, wenn nicht das zugesetzte Pepsin von grösseren Mengen Verdauungsprodukten, welche hinderlich wirken können, ver- unreinigt ist. Anhäufung von Verdauungsprodukten stört nämlich die Ver- dauung. Bei niedrigerer Temperatur wirkt das Pepsin warmblütiger Thiere langsam und bei Temperaturen unter -f- 3 '^ C. ist es fast ohne Wirkung. Mit steigender Temperatur wächst dagegen die Geschwindigkeit der Verdauung und sie ist bei etwa 40 ^ C. am grössten. Das Pepsin kaltblütiger Thiere soll auch bei nahe 0^ C. wirksam sein. Verhindert man die Aufqaellung des Eiweisses, was durch Zusatz von einem Neutralsalz, wie z. B. NaCl, in genügender ]Menge oder von Galle zu der sauren Flüssigkeit geschehen kann, so kann die Ver- dauung verhindert werden. Fremde Stoffe verschiedener Art können eine ver- schiedene Wirkung ausüben, wobei selbstverständlich auch die wechselnden Mengenverhältnisse, in welchen der Zusatz geschieht, von grosser Bedeutung sind. So wirken beispielsweise Salicylsäiu-e und Karbolsäure auf die Verdauung hemmend ein, während die arsenige Säm-e dieselbe befördert (Chittekden) und die Cy an wasserstoffsäure verhältniss massig indifferent ist. Alkohol stört in grösserer ]Menge (10 °/'o und darüber) die Verdauung, während kleine Mengen davon indifferent sich verhalten. Metallsalze können zwar bisweilen in sehr kleinen Mengen die Verdauung beschleunigen, verlangsamen sie aber sonst im Allgemeinen. Die Wirkung der Metallsalze kann dabei in verschiedenen Fällen in verschiedener Weise erklärt werden, oft aber scheinen sie mit dem Eiweiss Qnantitativo Popsinbe- stiiniiuintj nachlJrücko. Auf die Pepsinver- dauung wir- kende Um- stände. Wirkung fremder Stoffe auf die Pepsin- verdauung. 152 Siebentes Kai)itel. Verdauungs- Produkte. Amido- säuren bei der Pepsin- verdauunp:. unlösliche oder scliwerlösliclie Verbindungen einzugehen. Auch Alkaloidver- bindungen können die Pepsinverdauuug verlangsamen (C/HITTENDEN und Allen). Ueber die Einwirkung fremder Stoffe auf die künstliche Pepsinverdauung liegt übrigens eine sehr grosse INIenge von Beobachtungen vor. Da aber diese Beobachtungen keine direkten Schlüsse bezüglich der Einwirkung derselben Stoffe auf die natürliche Verdauung, bei welcher auch die Einwirkung auf die Absonderung und die Aufsaugung sich geltend macht, gestatten, kann nicht weiter auf sie eingegangen werden. Die Produkte der Eiweissverdauung mittelst Pepsin und Säure. Bei der Verdauung von Nucleoalbuminen bleibt stets ein ungelöster Rest von Nuclein zurück. Der Faserstoff giebt ebenfalls einen ungelösten Rest, welcher wenig- stens zum Avesentlichen Theil aus Nuclein besteht, welches von in den Blutge- rinnseln eingeschlossenen Formelementen herrührt. Dieser, bei der Verdauung gewisser Eiw^eisstoffe zurückbleibende Rest ist von Meissner Di/spepton genannt worden. Die nach beendeter Verdauung filtrirte Lösung giebt bei der Neutrali- sation eine, in verschiedenen Fällen mehr oder weniger reichliche Fällung von Acidalbuminat oder einem Gemenge von Albuminaten, von Meissner Para- pepton genannt. Nach dem Abfiltriren dieser Fällung scheidet sich bei der Konzentration des Filtrates in der Wärme oft wiederum etwas Eiweiss aus. "Wird auch dieser Niederschlag abfiltrirt, so enthält das neue Filtrat nunmehr Atbumosen und Peptone in gewöhnlichem Sinne, wogegen das sogenannte echte Pepton Kühnes bisweilen fast ganz fehlt und überhaupt erst bei mehr an- haltender und intensiver Verdauung in nennenswerther Menge erhalten Avird. Auch das Verhältniss zwischen Albumosen und Peptonen in gewöhnlichem Sinne wechselt sehr in verschiedenen Fällen und bei der Verdauung verschiedener Eiweisstoffe. So erhält man z. B. eine grössere Menge von primären Albu- mosen aus dem Fibrin als aus hartgesottenem Hühnereiweiss oder aus dem Eiweisse des Fleisches. Bei der Verdauung von ungekochtem Fibrin kann als Zwischenprodukt in einem früheren Stadium ein bei -p 55° C. ^oagulirendes Globulin erhalten werden (Hasebroek). Bezüglich der verschiedenen Albumosen und Peptone, welche bei der Pepsiuverdauung entstehen sollen, wird auf das oben (S. 21 — 23) Gesagte hingewiesen. Nach Kühne sind Albumosen und Peptone die Endprodukte der Pepsiu- verdauung. Nach Hoppe-Seyler dagegen sollen dabei auch Amidosäuren, Leucin und Tyrosin, entstehen. Diese Ansicht hat auch Hlrschler durch seine Unter- suchungen zu- stützen versucht. Die von ihm angewendete Methode scheint je- doch nicht ganz zuverlässig zu sein (Neumeister), und nach Kühne und Neu- meister sollen die Amidosäuren, in den Fällen, in welchen solche unter den Verdauungsprodukten gefunden werden, von Verunreinigungen in dem ver- Avendeten Magensafte herrühren. Wirkung der Pepsinchlorwasserstojfsüure auf andere Stoffe. Die leim- gebende Substanz des Bindegewebes, des Knorpels und der Knochen, aus welch' letzteren die Säure allein nur die anorganische Substanz herauslöst, wird von dem Wirkung des Magensaftes auf andere Stofte. 153 Wirkung des Magen- saftes auf andere Stoffe. ^Magensäfte verdaut uutl in Leim ül)ergetührt, JJiescr letztere wird dann weiter umgewandelt, so dass er die Fähigkeit zu gelatiniren einbüsst und in sogen. Leim- pepton (S. 32) umgesetzt wird. Echtes Mticiii (aus der Submaxillardrüse) wird vom Magensafte gelöst und es liefert dal)ei theils peptonähuliche Substanzen luid theils, wie nach dem Sieden mit einer Mineralsäure, reduzirende Substanz. Elastin Avird langsam gelöst und liefert dabei die oben (S. 30) genannten Sub- stanzen. Das Keratin und die Epidermisgebilde sind unlöslich. Das Nuclehi wird nicht gelöst und die Zellkerne sind deshalb auch unlöslich in Magensaft. Die tiderische Zellmembran wird in dem ^laasse wie sie dem Elastin näher steht, leichter, und in dem ]Maasse wie sie dem Keratin näher verwandt ist, schwieriger gelöst. Die Membran der Pßanz-enzelle wird dagegen nicht gelöst. Das Oxyhämoglobin wird in Hämatin und Acidall^uminat zerlegt, welch' letzteres dauu Aveiter verdaut wird. Das Blut wird in Folge hiervon in dem jNIagen in eine schwarzbraune Masse umgewandelt. Auf Fett Avirkt der Magensaft nicht, dagegen Avirkt er auf das Fcitgeicebe, indem er die Zellmembranen auflöst, so dass das Fett frei Avird. Der Magensaft des Menschen soll nach Leube Rohrzucker in Traubenzucker überführen können. Bei den Umsetzungen und Spaltungen, Avelcheu die Kohlehydrate in dem ]Mageii unterliegen können, scheint jedoch sonst die Pepsinchlorwasserstoffsäure nicht betheiligt zu sein. Das Pepsin allein ist wie oben gesagt ohne Wirkung auf Eiweiss, und ebenso kann eine Säure von dem Säuregrade des Magensaftes bei Körpertem- peratur nicht oder nur äusserst langsam das geronnene Eiweiss lösen. Pepsin und Säure Avirken dagegen zusammen nicht nur rasch, sondern auch qualitativ anders als die Säure allein. Wird flüssiges EiAveiss mit Chlorwasserstoffsäure von 2 p. m. digerirt, so geht das Eiweiss in Acidalbuminat über; wird aber die Säure zuvor mit Pepsin A-ersetzt, so geht im Uebrigen unter denselben Verhält- nissen die Syntoninbildung Avesentlich langsamer von Statten (Meissner). Man hat dies so gedeutet, dass ein Theil der Salzsäure A'on dem Pepsin gebunden sein sollte, und man hat hierin einen Beweis für die Existenz einer gepaarten Säure, der von C. Schmidt angenommenen sogen. P ep s i n c h 1 o r av a s s e r s t o f f- säure, sehen Avollen. Mau hat sich weiter die "Wirkimsr dieser hypothetischen Säure iu der "Weise gedacht, dass sie bei der Yerdauuuo- iu freie Säure, welche gewissermassen in Statu nascendi das Ei- weiss löst, und freies Pei>siu zerfallen würde. Das freigewordene Pepsin würde mit einer neuen Portion Säure zu Pepsiuchlorwasserstoffsäure sich vereinigen, um dann, mit dem Eiweiss iu Berührung, in obengenannter Weise wieder zu zerfallen. Es ist wohl kaum nöthig hervor- zuheben, dass diese Ariualnue nur eine tmbewieseue Hypothese ist. Das Lab oder Chymosin (Deschamps) ist das zweite Enzvm des ]\Iagensaftes. ISTach Boas findet es sich in dem Magensafte des Menschen unter physiologischen Verhältnissen, kann aber unter besonderen pathologischen Ver- hältnissen wie Carcinom, Atrophie der Schleimhaut und gewissen chronischen Vorkommen Katarrhen, darin fehlen (Boas, Johnson, Klempeeee). In der neutralen, enzyms. Avässerigen Infusion des Labmagens A'om Kalbe und Schafe findet es sich regel- mässig, vor Allem in einer Infusion auf dem Fundustheile. Bei anderen Säuge- Unterschied zwischeu Säure Wir- kung UBd Pegsinsäure- wirkung. Theorie der Pepsinver- dauung. 154 Siebeutes Kapitel. Eigen- schaften des Labenzj-ius. Darstellung des Lab- enzj'ms. Absonde- rung der freien Salz- thieren und bei Vögeln findet es sich selten und bei Fischen fast nie in der neutralen Infusion, In dieser findet man statt dessen eine labbildende Substanz, ein Labzymogen, aus welchem das Lab durch Einwirkung einer Säure entsteht. Das Lab ist ebenso wenig wie andere Enzyme mit Sicherheit in reinem Zustande dargestellt worden. Das reinste, bisher dargestellte Labenzym gab die gewöhnlichen Eiweissreaktionen nicht. Beim Erhitzen seiner Lösung wird es zer- stört, und zwar leichter bei saurer als bei neutraler Reaktion. In einer mit Wasser von 3 p. m. HCl bereiteten, kräftig wirkenden Infusion einer Magen- schleimhaut kann durch Erwärmen auf 37 — 40 *^ C, während 48 Stunden sämmtliches Lab zerstört werden, während das Pepsin zurückbleibt. Auf diese Weise können labfreie Pepsinlösungen gewonnen werden. Das Lab ist durch seine physiologische Wirkung charakterisirt, und diese besteht darin, dass es die Milch oder kalkhaltige Caseinlösungen bei neutraler oder sogar sehr schwach alkalischer Reaktion zum Gerinnen bringt. Das Lab kann wie andere Enzyme von anderen Niederschlägen mit nie- dergerissen und dadurch verhältnissmässig rein erhalten w'erden. Man kann es auch aus der Magenschleimhaut durch Extraktion mit Glycerin, von viel Ei- weiss verunreinigt, erhalten. Eine verhältnissmässig reine Lösung von Lab kann auf folgende Weise erhalten Averden. Eine mit Salzsäure bereitete und darauf neutralisirte Infusion der Magenschleimhaut wird wiederholt mit neuen Mengen Magnesiumkarbonat geschüttelt, bis das Pepsin ausgefällt worden ist. Das Filtrat, welches noch kräftig auf Milch wirkt, wird mit Bleiessig gefällt, der Niederschlag mit sehr verdünnter Schwefelsäure zerlegt, die saure Flüssigkeit abfiltrirt und mit einer Lösung von Stearinseife in Wasser ■«'■ersetzt. Das Lab wird von den Fett- säuren mit niedergerissen, und wenn diese letzteren in Wasser vertheilt und durch Schütteln mit Aether entfernt werden , bleibt das Lab in der Avässerigen Lösung zurück. Ein hungerndes Thier vermag einen stark sauren Magensaft abzusondern. Die Säure des Magensaftes kann also nicht von der Nahrung herrühren, son- dern muss in der Schleimhaut entstanden sein. Da nun die Pylorusdrüsen, welche keine Belegzellen enthalten, ein alkalisches Sekret absondern, während die Fundusdrüsen, in welchen derartige Zellen vorkommen, ein saures Sekret liefern, nimmt man mit Heidenhain gewöhnlich an, dass die Belegzellen von besonderer Bedeutung für die Absonderung der freien Salzsäure sind, eine Annahme, welche auch durch andere Beobachtungen wahrscheinlich ge- worden ist. Dass die Salzsäure von den Chloriden des Blutes abstammen muss, ist offenbar ; und es müssen also diese letzteren unter Freiwerden von Salzsäure einer Zersetzung unterliegen. Früher nahm man zur Erklärung dieser Zersetz- ung eine Elektrolyse an, aber man ist auch der Ansicht gewesen, dass sie durch eine in der Schleimhaut entstandene organische Säure vermittelt werden könnte (Brücke). Von Maly ist indessen die Aufmerksamkeit darauf gelenkt worden, dass, in Folge der Anwesenheit von grossen Mengen freier Kohlensäure im Blute und der Avidität derselben, unter den zahlreichen Kombinationen von Säuren und Propepsin. Pylonissikrit. 155 Basen , welche in dem Serum vorkommen , neben sauren Salzen auch Spuren von freier Salzsäure vorhanden sein niüs.sen. In dem Maasse, wie diese Spuren von Salzsäure durch eine von den Drüsen vermittelte rasche Diffusion aus dem Blute entfernt werden, müssen in Folge der ^lassenwirkung der Kohlensäure neue Spuren von Salzsäure in dem Blute frei werden, und auf diese Weise könnte man also die Absonderung von grossen Mengen Salzsäure aus dein Blute erklären. Wenn nun auch das Vorkommen von Spuren freier Salzsäure in dem alkalisch reagirenden Blute nicht in Abrede zu stellen ist, so folgt daraus jedoch nicht ohne weiteres, dass die Salzsäure einfach durch eine Diffusion aus dem Blute in den ^lasensaft übero;eht. Aehnliche Prozesse in anderen thierischen Drüsen machen es vielmehr wahrscheinlich, dass man es hier wie in anderen Fällen von Sekretion, mit einer noch unaufgeklärten, spezifisch sekretorischen Wirkung der Drüsen- zelleu zu tliun hat. Der bei der Absonderung der Chlorwasserstoffsäm-e statt- findende Vorgang jst also noch unaufgeklärt. Nach einer möglichst reichlichen Mahlzeit, Avenn der Pepsinvorrath im Magen fast vollständig erschöpft worden ist, sollen nach Schiff gewisse Stoffe, vor Allem Dextrin, die Fähigkeit haben, eine Ladung der Schleimhaut mit Pepsin zu Stande zu bringen. Diese, von mehreren Forschern experimentell geprüfte „Ladungstheorie" ist jedoch nicht bestätigt worden. Dagegen hat die Angabe von Schiff, dass in dem Ventrikel eine pepsinbildende Substanz, ein „Pepsinogen" oder „Propepsin" vorkommen soll, als richtig sich erwiesen. Laxgley ist es nämlich gelungen, das Vorkommen einer solchen Substanz in der Schleimhaut sicher zu zeigen. Diese Substanz, das Propepsin, zeigt eine ver- hältnissmässig grosse Resistenz gegen verdünnte Alkalien (eine Sodalösung von 5 p. m.), von welchen das Pepsin dagegen leicht zerstört wird (Laxgley). Um- gekehrt widersteht das Pepsin besser der Einwirkung von Kohlensäure, von welcher das Propepsin leichter zerstört wird (Langley). Dass in der Schleimhaut auch ein Labzymogen vorkommt, ist schon oben hervorgehoben worden. Die Frage, in welchen Zellen die zwei Zymogene, besonders das Propepsin, gebildet werden, ist während mehrerer Jahre vielfach diskutirt worden. Während man früher allgemein die Belegzelleu als Pepsinzellen betrachtete, scheint man nmimehr allgemein, hauptsächlich auf die Unteruchuugen von Heidexhaix und seinen Schülern, von Langley u. A. sich stützend, die Pepsinbildung in die Hauptzellen verlegen zu wollen. Das Pylonissekret. Denjenigen Theil der Pylorusgegend des Hunde- mao-ens, welcher keine Fundusdrüsen enthält, hat Klemexsiewicz resecirt, am einen Ende blindsackförmig zusammengenäht und mit dem anderen Ende m die Bauchwunde eingenäht. Aus der so angebrachten Pylorusfistel konnte das Pylorussekret lebender Thiere gewonnen werden. Dieses Sekret ist alkalisch, dickflüssig, fast wie eine dünne Gallerte, reich an Mucin, mit einem spez. Ge- wichte von 1,009—1,010 und einem Gehalte von 16,5—20,5 p. m. festen Stoffen. Es wirkt nicht auf Fett ein, wirkt, wenn auch sehr langsam, verzuckernd auf Pepsinogen oder Pro- pepsin. Bildungsort der Zymo- qene. Das Pylorus- sekret. 156 Siebeutes Kai)itel. Der Chy- mus. Stärke und enthält regelraä.^sig, was auch Heidenhaix durch Beobachtungen an permanenten Pylorusfisteln konstatirt hat, Pepsin, bisweilen in nicht unbe- deutender Menge. Die Absonderung des Magensaftes ist in hohem Grade von dem Reiz ab- hängig, welcher auf die ^Magenschleimhaut einwirkt, und es folgt hieraus, dass die Menge des Sekretes unter verschiedenen Verhältnissen nicht unbedeutend wechseln muss. Die Angaben über die Giengen des in einem bestimmten Zeit- räume abgesonderten Magensaftes sind deshalb auch so unsicher, dass sie hier ohne Schaden weggelassen werden können. Der Cliymus und die Yerdauiiug- im 3raj^e]i. Durch die Bewegungen der Magenwand wird der Inhalt des Magens geknetet und die Speisen gegen einander gepresst und zertheilt. Durch die hierbei stattfindende mechanische Reizung der Magenschleimhaut wie auch dm'ch die chemische Reizung, welche die Speisen und der Speichel ausüben, findet eine vermehrte Absonderung von ^Magensaft statt. Die Speisen werden hierdurch im Magen reichlich mit Flüssig- keit vermischt und nach und nach in eine breiige Masse, den Chymus, umge- wandelt. Diese Masse reagirt sauer, und mit Ausnahme von den inneren Theilen grösserer Fleischstücke oder anderer festen ^N^ahrungsmittel nimmt der Chymus allmählich durch und durch eine saure Reaktion an. In dem Chymus lassen sich Umsetzungsprodukte von der Verdauung des Eiweisses und der Kohle- hydrate regelmässig nachweisen ; daneben finden sich aber auch , und zwar als die Hauptmasse der Chymusbestandtheile, mehr oder weniger veränderte unver- daute Reste der verschluckten Nahrungsmittel. In dem Chymus findet man also mehr oder weniger veränderte Fleischstück- chen, welche, wenn ungekochtes Fleisch verzehit worden ist, stark gequollen und schlüpferig sein können. Stark gequollen und schlüpferig sind oft auch Sehnen und Knorpel, während Knochenstücke bei mehr vorgeschrittener Ver- dauung bisweilen eine rauhe und unebene Oberfläche zeigen, was daher rührt, dass die leimgebende Substanz rascher als die Knochenerde von dem Magen- safte angegriffen worden ist. Die Milch gerinnt in dem Magen durch die kom- Verhaiten binirte Wirkuncr des Labenzymes und der Säure, in einigen Fällen auch durch der Nah- o .' > e mngsmittei die Wirkung der Säure allein. Je nach der Menjre der verschluckten Milch bei der ° ^ Chymifi- im Verhältniss zu den übrigen Si^eisen entstehen dabei entweder grosse und feste Käseklumpen oder auch kleinere Klümpchen oder Körner, die in der übrigen breiigen INIasse vertheilt sind. Die Kuhmilch liefert regelmässig grössere feste Massen oder Klümpchen; die Menschenmilch giebt dagegen feine lockere Gerinnsel oder eine feine Fällung, die theilweise in der sauren Flüssigkeit so- gleich sich wieder löst. Der Milchzucker kann in Milchsäuregährung übergehen, und dies ist nach Richet der Grund, warum, wie er beobachtet hat, die saure Reaktion des Mageninhaltes gegen Ende der Verdauung einer an Milch reichen Mahlzeit zunehmen kann. Das B r o d wird , besonders wenn es nicht zu frisch ist , verhältniss- mässig leicht im Magen in eine l)reiige Masse übergeführt. Andere vegetabilische Der Chymus und die Verdauung im Magen. 157 Xahiuugsniittel, wie z. B. die Kartoffeln, können, wenn sie nicht hinreichend fein gekaut werden, oft mehrere Stunden nach einer Mahlzeit als ziemlich feste u)id wenig veränderte Stückchen in dem Mageninhalte wieder gefunden werden. Die Stärke wird von dem Magensafte nicht in Zucker übergeführt; in der ersten Phase der Verdauung, bevor noch eine grössere ^lenge Salzsäure sich angesammelt hat, scheint jedoch die Wirkung des Speichels zur Geltung zu kommen, und dementsprechend lassen sich auch Zucker und Dextrin in dem ^lageuinhalte nachweisen. Ausserdem können auch die Kohlehydrate im Magen zum Theile einer, wahrscheinlich durch ^likroorganismeu vermittelten Milchsäure- gährung anheimfallen. Xach den Untersuchungen von Ellexbeeger und Hofmeister am Pferde und Schweine soll nach einer amylumreichen Mahlzeit in der ersten Phase der Verdauung eine Amylolyse mit Milchsäurebildung stattfinden; erst dann wird salzsäurehaltiger Magensaft abgesondert, und nun folgt eine zweite Phase, in welcher die Proteolyse stattfinden soll. In dem Maasse, wie die Absonderung der Salzsäure zunimmt, nimmt die Milchsäurebildung ab. Nach Ewald und Boas sollen ähnliche Verhältnisse auch beim ]\Ienschen obwalten. Bei ihm soll man ein erstes Stadium mit überwiegend Milchsäure, ein zweites mit gleich- zeitigem Vorkommen von Milch- und Salzsäure und ein drittes mit fast nur Salzsäure in dem Mageninhalte unterscheiden können. Zu einer ähnlichen An- sicht ist neulich auch Kjaergaard durch seine Untersuchungen an Kindern und robusten Erwachsenen gekommen. Bei älteren Leuten mit senilen Verändenmgen der Blutgefässe konnte er dagegen überhaupt nur Milchsäm-e in dem Magenin- halte nachweisen. Solche Leute verdauen auch grosse Mengen von Kohle- hvdraten, während die Verdauung von EiweissstofFen bei ihnen herabgesetzt ist. Das bei Zimmertemperatur nicht flüssige Fett schmilzt bei Körpertemperatur im Magen und wird flüssig. In derselben Weise verhält sich auch das Fett dss Fettgewebes, welches, nach der Verdauung der Zellmembran durch den Magensaft im ^Magen frei wird. Der Magensatt selbst scheint ohne Wirkung auf das Fett zu sein; dagegen soll nach neueren Angaben eine Spaltung des Xeutralfettes in Fettsäure und Glycerin, wenn auch nicht in grösserem L'mfange, in dem Magen stattfinden. Diese Spaltung soll nicht oder wenigstens nur zum geringen Theile durch die Bakterien des Mageninhaltes bewirkt werden (Klemperer rmd ScHEURLEX). Die löslichen Salze derXahrung finden sich selbstverständ- lich in der Flüssigkeit des Mageninhaltes einfach gelöst; aber auch die unlös- lichen Salze derselben können durch die Säure des Magensaftes in Lösung gebracht werden. Diejenigen Gase, welche in dem ^Nlagen vorkommen, dürften wohl, da die Salzsäure des Magensaftes den mit Gasentwickelung verbundenen Gährungen des Magenmhaltes hinderlich ist, wenigstens zum grössten Theile von der ver- schluckten Luft und dem verschluckten Speichel einerseits und von den dm-ch den Pförtner aus dem Darme zurückgetretenen Darmgasen andererseits herrühren. Verschie- dene Phasen der Magen- verdanung. Verhalten des Fettes im Magen. Gase im Magen- inhalte. 158 Sieljeutes Ka]ntel. bleiben die Speisen im Masen? Verdaulich- keit der Kahrunprs- mittel im Maaren. Planer fand in dem Gasgemenge des Ventrikels beim Hunde 66 — 68 ^/o N, 25—33 o/o COg und nur wenig, 0,8—6,1 '^/o Sauerstoff. Je nach der feineren oder gröberen Zertheilung der Speisen können sie früber oder später durch den Pförtner in den Darm übergehen. Nach Beobacht- ungen von Busch an einer menschlichen Darmfistel gelangt fast unverdaute Nahrung, wie Fleischstückchen, regelmässig 15 — 30 Minuten nach dem Essen in den obersten Theil des Dünndarmes. In einem von Kühne beobachteten Falle von Duodenalfistel beim Menschen sah er schon zehn Minuten nach dem Essen ungeronnene, aber noch gerinnbare Milch und kleine Fleischstückcheu aus der Fistel heraustreten. Die Zeit, innerhalb welcher der Magen seines In- haltes sich entbürdet, hängt jedoch auch von der Geschwindigkeit ab, mit welcher die Salzsäuremenge zunimmt, indem nämlich die Salzsäure wie ein die Er- öfi^nung des Pylorus bedingender Reiz wirken soll (Ewald u. A.). Es kommen jedoch hier auch mehrere andere Umstände, wie die Wirksamkeit des Magen- saftes, die Menge und Beschaffenheit der Nahrung u. s. w. in Betracht, und die zur Entleerung des Magens erforderliche Zeit muss also wesentlich wechseln können. Richet beobachtete in einem Falle von Magenfistel, dass beim Menschen in den ersten drei Stunden die Menge der Speisen im Magen nicht wesentlich sich verändert, dass aber dann im Laufe von einer Viertelstunde fast alles aus- getrieben wird , so dass nur kleinere Reste zurückbleiben. Etwas Aehnliches hat auch Kühne an Hunden und Menschen beobachtet. Er fand zwar beim Hunde, dass in der ersten Stunde alle zehn Minuten Entleerungen kleinerer Fleischmengen in den Darm erfolgten, beobachtete aber auch, dass beim Hunde durchschnittlich etwa fünf Stunden nach dem Fressen, beim Menschen etwas früher, eine mächtige Entleerung in den Darm stattfand. Nach anderen Forschern (Ewald und Boas) soll beim Menschen die Entleerung des Magens nicht plötz- lich sondern nur allmählich erfolgen. In seinen zahlreichen Beobachtungen an dem kanadischen Jäger St, ]\I a r t i n fand Beaumont, dass der Magen im Allge- meinen, je nach der verschiedenen Beschaffenheit der Nahrung, 1^/2 — 6^/2 Stunden nach der Mahlzeit leer geworden war. Auf die Geschwindigkeit, mit welcher verschiedene Nahrungsmittel den Magen verlassen, übt auch deren Verdaulichkeit einen wichtigen Einfluss aus. Mit Rücksicht auf eine ungleiche Verdaulichkeit im Magen muss man je- doch bezüglich der eiweissreichen Nahrungsmittel, welche ja den eigentlichen Gegenstand der Wirkung des Magensaftes darstellen, einen Unterschied machen zwischen der Geschwindigkeit einerseits, mit welcher das Eiweiss' in Albumosen und Peptone übergeführt wird, und der Geschwindigkeit andererseits, mit welcher die Nahrungsmittel in Chymus übergeführt oder überhaupt derart verarbeitet werden, dass sie in den Darm leicht übergehen können. Dieser Unterschied ist besonders von praktischem Gesichtspunkte aus von Bedeutung. Wenn es z. B. um die Wahl einer passenden Nahrung bei herabgesetzter Verdauungsfähigkeit im Magen sich handelt, ist es also von Wichtigkeit, gerade solche Nahrungsmittel zu Avählen, welche — gleichgültig ob ihr Eiweiss etwas leichter oder schwieriger peptonisirt Der Chymus und die Verdauuug im Magen. 159 wird — möglichst leicht und rasch den klagen verlassen und die Wirksamkeit dieses Organes also möglichst weuig in Anspruch nehmen. Von diesem Gesichts- punkte aus sind selbstverständlich im Allironieinen diejenigen Nahrungsmittel die verdaulichsten, welche schon von vorne herein flüssig sind oder in dem Magen leicht verflüssigt werden ; aber diese Nahrungsmittel sind nicht immer die ver- daulichsteu in dem Sinne, dass ihr Eiweiss am leichtesten peptonisirt wird. So wird z. B. hartgesottenes Eierweiss bei einem Säuregrade von 1 — 2 p. m. HCl leichter peptonisirt als flüssiges ; aber nichtsdestoweniger betrachtet man , und gewiss mit Recht, ein ungekochtes oder weichgekochtes Ei als leichter verdau- lich als ein hartgesottenes. Ebenso kann das ungekochte Fleisch, wenn es auch von dem ]Mageu safte, sobald es nicht sehr fein zerhackt worden ist, nicht rascher, sondern eher langsamer als das gekochte peptonisirt wird, bei genügend feiner Zertheiluug oft dem gekochten vorzuziehen sein. Die grössere oder geringere Leichtigkeit, mit welcher die verschiedenen eiweissreichen Nahrungsmittel von dem Magensafte peptonisirt werden, ist ver- hältnissmässig wenig studirt worden, und die mit künstlichem Magensafte ge- wonnenen Resultate sind, da die Verhältnisse im Magen viel komplizirter sind, oft gar nicht und jedenfalls nur mit grosser Vorsicht für die ärztliche Praxis zu verwerthen. Unter solchen Umständen kann auf diesen Gegenstand hier nicht des Näheren eingegangen werden, sondern es muss bezüglich der hierher gehörenden Fragen auf die Handbücher der Diätetik und der Nahrungsmittel- lehre hingewiesen werden. Wie unsere Kenntniss von der Verdaulichkeit der verschiedenen Nahrungsmittel im Magen überhaupt gering und unsicher ist, so sind auch unsere Kenntnisse von der Einwkkung anderer Stoffe, wie der alkoholischen Getränke, der Bitterstoffe, der Ge- würze u. a. auf die natürliche Verdauung sehr unsicher und mangelhaft. Die Schwierig- keiten, welche Untersuchungen dieser Art im Wege stehen, sind auch sehr gross, und in Folge dessen sind auch die bisher gewonnenen Resultate oft zweideutig oder einander direkt widersprechende. Während also, um nur ein Beispiel anzuführen, einige Forscher keine hemmende, sondern vielmehr eine die Verdauung fördernde Wii-kung von kleinen ^Mengen Alkohols oder alkoholischer Getränke gesehen haben, und während von anderen wiederum nui* störende Wirkungen beobachtet wurden, glauben andere Forscher dagegen gefunden zu haben, dass der Alkohol in erster Hand zwar etwas störend wirkt, dann aber in dem Maasse wie er re- sorbirt wird, eine reichliche Sekretion von Magensaft hervorruft und dadurch im Grossen und Ganzen der Verdauung förderlich wird (Cl. Berxard, Gluzdcski, Chittexden). Die Verdauung der verschiedenen Nahrungsmittel ist nicht an ein einziges Organ gebunden, sondern auf mehrere vertheilt. Schon aus diesem Grunde ist es also zu erwarten, dass die verschiedenen Verdauungsorgane sich in der Verdauungsarbeit wenigstens zu einem gewissen Grade vertreten können, und dass dementsprechend die Arbeit des Magens zum kleinereu oder grösseren Theil von dem Darme übernommen werden könnte. Dem ist Wirkting fremder Stoffe auf die Magen- verdauung. IGO Sieljentes Kai^itel. Antheil des Magens an der Ver- daaungs- arbeit. Bedeutung des Magens für die Ver- dauungs- arbeit. Antifermen- tative und antisep- tische Wir- kung des Magensaftes in der That auch so. Man hat iiämlich an Hunden den ^Magen fast voll- ständig exstirpirt (Czersy) oder auch dessen Antheil an der Verdauuugsarbeit durch Taniponade der Pylorusöffnung eliminirt (Ludwig und Ogata), und in beiden Fällen ist es gelungen, die Thiere wohl ernährt und kräftig am Leben zu erhalten. Li diesen Fällen ist ofienbar der Antheil des Magens an der Ver- dauungsarbeit von dem Darme übernommen worden. Dass der Magen trotzdem während normaler Verhältnisse einen wesentlichen Antheil an der Verdauungs- arbeit haben kann, geht daraus hervor, dass Produkte der Proteolyse regelmässig und sogar kurze Zeit nach der Mahlzeit in dem Mageninhalte des Menschen nachgewiesen werden können. Bei Versuchen an Hunden, welche Fleischpulver erhalten hatten , fand Cahx reichliche Mengen Pepton im Ventrikel , und dies trotzdem dass die Aufsaugung, wie Schmidt-Mülheim gezeigt hat, der Ver- dauung ziemlich gleichen Schritt hält. Es ist indessen eine ziemlich verbreitete Annahme, dass eine nennens- werthe Peptonisirung des Eiweisses in dem Magen nicht vorkommt und dass die eiweissreichen Nahrungsmittel vielmehr in dem ]Magen hauptsächlich nur für die eigentliche Verdauungsarbeit in dem Darme vorbereitet werden. Dass der Magen in der That in erster Hand als Vorrathskammer dient, geht schon aus der Form dieses Organes hervor, und diese Funktion kommt besonders bei einigen neugeborenen Thieren, Hunden und Katzen, zur Geltung. Bei diesen Thieren enthält das Sekret des Magens nur Salzsäure aber kein Pepsin, und das Casein der Milch wird von der Säui-e allein zu festen Klümpchen oder einem festen, den ^Nlagen ausfüllenden Gerinnsel ausgefällt. Von diesem Ge- rinnsel gehen erst nach und nach kleinere Mengen in den Darm über und ein Ueberbürden des Darmes wird hierdurch verhindert. Bei anderen Thieren^ wie bei Schlangen und einigen Fischen, welche ganze Thiere verschlucken, kann man sich jedoch davon überzeugen, dass der Löwen antheil der Verdauungsarbeit auf den ]\Iagen trifft. Die Bedeutung des Magens für die Verdauung kann also nicht ein für alle !^Lll festgeschlagen werden. Sie ist bei verschiedenen Thieren eine verschiedene; und selbst bei einem und demselben Thiere kann sie, je nach der feineren oder gröberen Zertheilung der Nahrung, der grösseren oder geringeren Geschwindigkeit, mit welcher die Peptonisirung stattfindet, dem rascheren oder langsameren Anwachsen der Salzsäuremenge u. s. w. eine ver- schiedene sein. Es ist eine längst bekannte Thatsache, dass der von Salzsäure saure Ventrikelinhalt ziemlich lange Zeit ohne Zersetzung aufbewahrt' werden kann, während er dagegen, wenn die Salzsäure neutralisirt wird, bald einer Gährung, bei welcher Milchsäure vmd andere organische Säuren auftreten, anheimfällt. Die Salzsäure des Magensaftes hat also unzweifelhaft eine antiferraentative und, wie die verdünnten Mineralsäuren überhaupt, eine antiseptische Wirkung. Diese Wirkung ist iusoferne von Bedeutung, als dadurch mehrere krankheitserregende Mikroorganismen von dem ^Magensäfte getödtet werden können. Es wird also z. B. der Kcmmabacillus der Cholera von dem normal sauren ^Magensäfte ge- Ih'Y Mageninhalt. 161 tolltet, währeiul er, wenn man ihn nach vorhergegangener Injektion von Sodalösung in den Magen einführt, noch wirksam bleiben kann (Kocii, Nicati und Rietsch). Auch wundinfizirende Streptocoecusarten und der Staphylococcus pyog. aureus werden von dem sauren Magensafte getödtet (Ai-Arv). Doch wirkt der Magen- satt nicht auf alle Mikroorganismen ein, und besonders können die letzteren im Sporenstadium seiner Wirkung widerstehen. So wird z. B. das Tuberkel- virus von dem Magensafte nicht zerstört (Falk), und die Sporen der ^Milzbrand- bakterien scheinen wenigstens nicht konstant von der Salzsäure des Magensaftes zerstört zu werden. jS^ach dem Tode, wenn der Ventrikel noch Speisen enthält, kann während der nur langsam stattfindenden Abkühlung der Leiche eine „Selbstverdauung" nicht nur des ^lagens, sondern auch der angrenzenden Organe stattfinden. Es hat dies zu der Frage geführt, warum denn der Magen nicht im Leben sich selbst verdaue. Seitdem von Pa^t gezeigt worden, dass nach Unterbindung kleinerer Blutgefässe des Magens beim Hunde die entsprechenden Theile der Magenschleimhaut verdaut werden, hat man die Ursache in einer Neutralisation der Säure des Magensaftes durch das Alkali des Blutes gesucht. Dass die Ursache der Xichtverdauung im Leben in der normalen Blutcirkulation zu suchen ist, kann nicht in Abrede gestellt werden; aber die Ursache dürfte wohl am nächsten darin zu suchen sein, dass die von dem alkalischen Blute nutriirte, lebendige Schleimhaut, wie dies schon längst von Raxke und Halenke gezeigt worden ist, ganz andere Imbibitions-, Diffusions- vmd Filtrationsverhältnisse als die todte Schleimhaut zeigt. Unter pathologischen Verhältnissen können Abnormitäten der Sekretion wie auch der Aufsaugung und der motorischen Arbeit des Magens vorkommen. Das Pepsin dürfte wohl nur äusserst selten fehlen, wogegen ein Fehlen des Labenzyms wie oben erwähnt in mehreren Fällen vorkommen kann (Boas, Johnson, Klemperee), Die Säure betreffend ist zu envähnen, dass die Sekretion derselben theils vermehrt, so dass ein abnorm saurer Magensaft abgesondert wird, und theils derai't vermindert sein kann, dass wenig oder fast keine Chlor- wasserstoffsäure secernirt wird. Auch eine Hypersekretion von sam-em Magen- saft kommt bisweilen vor. Bei Absonderung von zu wenig Salzsäure treten dieselben Verhältnisse wie nach Neutralisation des sanren Ventrikelinhaltes ausserhalb des Organismus ein. Es treten jetzt Gährungsprozesse auf, bei welchen neben ^lilchsäure auch flüchtige fette Säuren, wie Buttersäure, Essig- säure u. a., und Gase, wie Wasserstoff, auftreten. Diese Gährungsprodukte finden sich deshalb auch oft im Magen bei chronischem Magenkatarrh, wobei sie zum Aufstossen, Sodbrennen mid anderen Symptomen Anlass geben können. Unter den im Magenmhalte gefundenen fremden Stoffen smd zu nennen : Harnstoff oder daraus entstandenes Ammoniumkarbonat bei der Lrämie, Blut, welches meistens durch die Wirkung des Magensaftes eme, durch die Anwesenheit von Hämatin schwarzbraiine Masse darstellt, Galle, welche, be- Hammarsten, Physiologische Chemie. Selbstver- dauung des Magens. Abnonni- täten der Magensaft - absonde- rung. Fremde Stoffe im Magen- inhalte. 162 Siebeutes Kapitel. Prüfung auf Pepsin. Prüfung auf Lab. Bestimmung der Acidität. Keagense auf freie Salzsäure u. Milchsäure. sonders beim Erbrechen, leicht durch den Pylorus in den Magen hineinkommt, deren Anwesenheit jedoch ohne Bedeutung zu sein scheint. Will man Magensaft oder Mageninhalt auf die Anwesenheit von Pepsin prüfen, so kann man hierzu Fibrin verwenden. Wird dieses unmittelbar nach dem Schlagen des Blutes vollständig ausgewaschen, stark ausgepresst und in Glycerin eingelegt, so kann es fast beliebig lange aufbewahrt werden und zu der Pepsinprobe brauchbar sein. Der Magensaft oder der, wenn uöthig, vorher mit Salzsäure von 1 p. m. verdünnte Mageninhalt wird filtrirt und bei Zimmer- temperatur mit Fibrin geprüft, wobei man nie unterlassen darf, eine Kontrole- probe mit Säure allein und einer anderen Portion desselben Fibrins anzustellen. Ist der Faserstoff innerhalb einer oder ein paar Stunden nicht merkbar verdaut, so findet sich kein Pepsin oder höchstens nur unwesentliche Spuren von solchem. Zur Prüfung auf das Labenzym muss man die Flüssigkeit erst genau neutralisiren. Zu 10 Cc ungekochter, amphoter (nicht sauer) reagirender Kuh- milch setzt man dann 1 — 2 Cc der filtrirten, neutralen Flüssigkeit; aber man hüte sich, zu viel von der Magenflüssigkeit zuzusetzen, Aveil die Gerinnung dann durch die Verdünnung der Milch verlangsamt oder verhindert werden kann. Bei Gegenwart von Lab soll die Milch bei Körpertemperatur innerhalb 10 — 20 Minuten ohne Aenderung der Reaktion zu einer festen Masse gerinnen. Ist die Milch durch den Zusatz von INIagenflüssigkeit etwas zu viel verdünnt worden, so erhält man nur gröbere Flöckchen und kein festes Gerinnsel. Zusatz von Kalk- salzen ist zu vermeiden, weil die letzteren, Avenn von ihnen etwas zu viel zu- gesetzt worden, eine partielle Koagulation auch bei Abwesenheit von Lab hervor- rufen können. In mehreren Fällen ist es besonders wichtig, den Säuregrad des Magen- saftes zu bestimmen. Dies kann durch Titration nach gewöhnlichen Methoden geschehen. Als Indikator darf man dabei nicht das Phenolphthalein verwenden, weil man damit bei Gegenwart von etwas grösseren Eiweissmengen zu hohe Werthe erhält. Dagegen kann man mit empfindlichem Lackmuspapier gute Resultate erhalten. Obzwar nun die saure Reaktion eines Mageninhaltes von mehreren Säuren gleichzeitig bedingt sein kann, wird jedoch hier wie in anderen Fällen der Säuregrad nur durch eine einzige Säure, z. B. HCl, ausgedrückt. Im Allgemeinen zieht man es jedoch vor, die Acidität durch die Anzahl Cc N — — Natronlauge, welche zur Neutralisation sämmtlicher Säure in 100 Cc Magen- flüssigkeit erforderlich sind, auszudrücken. Eine Acidität von beispielsweise 43 °/o bedeutet also, dass zur Neutralisation von 100 Cc Magenflüssigkeit 43 Cc N - — Natronlauge erforderlich sind. Von Wichtigkeit ist es auch, die Natur der im Mageninhalte vorkom- menden Säure, bezw. Säuren, ermitteln zu können. Zu dem Zwecke.und besonders zum Nachweis von freier Salzsäure sind zahlreiche Farbenreaktionen vorge- schlagen worden, Avelche sämmtlich darauf basiren, dass die genannten Farb- stoffe schon mit sehr kleinen Mengen Salzsäure eine charakteristische Fär- bung geben, während sie von Milchsäure und anderen organischen Säuren nicht oder erst bei einer Konzentration der letzteren, welche in dem Mageninhalte kaum vorkommen kann, den charakteristischen Farbenwechsel zeigen. Solche Reagentien sind : ein Gemenge von F e r r i a c e t a t - und R h o d a n k a 1 i u m 1 ö s u n g (das MoHR'sche, von mehreren Forschern modifizirte Reagens), Methyl anilin- violett, Tropäolin 00, Congoroth, Malachitgrün, Phloroglucin- Uutersuchuug des Veutrikeliulinltes. 163 Vanillin, Beiizopurpuriii (j 15 u. n. Als Reiigentieii auf freie Milchsäure sind (lajjjogen von Ukkelmann eine .itel. Darmsaftdes Eiweiss oder Fleisch ist, während er nach TinRY Faserstoff lösen soll. Albumosen werden nicht in Pepton umgesetzt (Wexz, Bastianelli). Abweichend von andereSfsir- ^^^^6^*611 Forschern behauptet Schiff, dass der Saft nach gut gelungener Fistel- operation nicht nur geronnenes Eiweiss und Caseinklümpchen , sondern auch ungekochtes und gekochtes Fleisch verdauen soll. Der Mangel an eiweissver- dauender Wirkung, welcher von anderen Forschern beobachtet worden, soll nach Schiff daher rühren, dass diese Forscher mit einem, in Folge des oiierativen Eingriffes abnormen Saft gearbeitet haben. Aus der Fistel nach weniger gut gelungener Operation erhielt auch Schiff einen Saft, welcher ebensowenig wie der von Thiry und anderen Forschern studirte auf Eiweiss und Fleisch einwirkte. Darmsaft vom ^Menschen ist von Demant in einem Falle von Anus praeternaturalis untersucht worden. Dieser Saft erwies sich als völlig unwirksam auf Ei Weisskörper, selbst auf Faserstoff und auf Fette, Nur auf gekochte Stärke zeigte er eine allerdings sehr schwache Wirkung, Diejenigen Versuche über Menschen, die Wirkungen des Darmsaftes, welche an isolirten Darmschlingen bei Thieren oder am menschlichen Darme in Fällen von Anus prieternaturalis mit in den Darm eingeführten Nahrungsmitteln angestellt w'orden sind, haben, wegen der im Darme regelmässig verlaufenden Fäulnissprozesse, im Allgemeinen keine zuverlässigen Resultate geben können. Das Sekret der Drüsen im Dickdarme und Enddarme scheint haupt- sächlich Schleim zu sein. Auch an diesem Theile des Darmes, welcher wohl Sekret dos hauptsächlich , wenn nicht ausschliesslich, als Resorptionsorgan anzusehen ist, Dickdarmes, '■ . . sind Fisteln angelegt worden. Die Untersuchungen über die Wirkung des Sekretes auf Nahrungsmittel haben jedoch keine entscheidenden Resultate geliefert. IV. Die Pankreasdrüse und der Pankreassaft. Bei den Evertebrateu, welchen eine Pepsindigestion fehlt und bei welchen auch keine Gallenbereituug vorkommt, scheint das Pankreas oder wenigstens ein damit analoges Organ die wesentlichste Verdauungsdrüse zu sein. Umge- kehrt fehlt bei einigen Vertebraten, Avie bei einigen Fischen, ein anatomisch wohl charakterisirtes Pankreas, Diejenigen Funktionen, welche diesem Organe sonst zukommen, scheinen bei diesen Thieren von der Leber, die also mit Recht als Hepatopankreas bezeichnet werden kann, übernommen zu^ werden. Beim Menschen und den meisten Vertebraten ist dagegen die Bereitung der Galle und die Absonderung gewisser, für die A^erdauung Avichtiger Enzyme auf zwei getrennte Organe, Leber und Pankreas, vertheilt. Die Pankreasdrüse ist in gewisser Hinsicht der Parotisdrüse ähnlich. Die absondernden Elemente derselben bestehen aus kernführenden Zellen, deren Grundsubstanz eine m Wasser stai'k aufquellende eiweissreiche Masse darstellt, in welcher wenigstens zwei verschiedene Zonen zu unterscheiden sind. Die Pankreas und Pankreassaft. 167 Die Zellen d. Pankreas- drüse. Bestand- theile der Drüse. äussere Zone ist mehr homogen, die innere durch eine Menge von Körnchen trübe. Ungefähr an der Grenze zwischen den zwei Zonen liegt der Kern, dessen Lage jedoch mit der wechselnden relativen Grösse der zwei Zonen wechseln kann. Nach Heldeniiaix soll nämlich in einem ersten Stadium der Verdauung, in welchem die Absonderung lebhaft ist, der innere Theil der Zellen an Grösse abnehmen, indem er zu Sekret wird, während gleichzeitig die äussere Zone durch Aufnahme von neuem Material sich vergrössert. In einem späteren Stadium, in welchem die Sekretion abgenommen und die Resorption der Nahrungsstoffe stattgefunden hat, soll die innere Zone wiederum auf Kosten der äusseren sich vergrössern, in- dem die Substanz der letzteren in die Substanz der ersteren sich umwandelt. Unter physiologischen Verhältnissen sind also die Drüsen einer stetigen Ver- änderung unterworfen, einem Verbrauche nach innen und einem Zuwachse nach aussen. Die körnige, innere Zone soll in das Sekret umgewandelt werden, und die äussere, mehr homogene Zone, welche das Ersatzmaterial enthält, soll dann in körnige Substanz sich umsetzen. Neben bedeutenden Mengen von Eiweiss , Globulin, Sucleoalbumin und Albumin, finden sich in der Drüse drei Enzyme oder richtiger drei Zymogene, von denen unten die Rede sein wird. In der Drüse hat man ferner Nucle'in, Leucin (Butalanin), Tyrosin (nicht in der ganz frischen Drüse) XanÜiin 1 — 8 p. m., Hypoxanthin 3 — 4 p. m., Guanin 2 — 7,5 p. m., sämmtliche Zahlen auf Trocken- substanz bezogen (Kossel), Adenin, Inosit, Milchsäure, flüchtige Jette Säuren, Fette und Mineralstoffe gefunden. Nach Bestimmungen von Oidtmaxn ent- hält das Panki-eas des Menschen 750 — 760 p. m. Wasser, 240 — 250 p. m. organische und 3,7 — 9,5 p. m. anorganische Stoffe. Der Pankreassaft. Dieses Sekret kann durch Anlegen einer Fistel an dem Ausführuugsgange nach den von BeFwXard, Ludwig und Heedexhaix ge- gebenen Vorschriften gewonnen werden. Wird die Operation mit hinreichender Geschwindigkeit und Geschicklichkeit an einem Thiere ausgeführt, welches wenige Stunden vorher reichliche Nahrung aufgenommen hat, so erhält man in der Regel unmittelbar nach der Operation aus der Fistel (temporäre Fistel) ein an festen Stoffen reiches, dickflüssiges, kräftig wirkendes Sekret, welches wohl als der normale Pankreassaft aufgefasst werden kann. Gewöhnlich wird jedoch die Drüse einige Stunden oder Tage nach der Operation krankhaft verändert, und Temporäre o o r ' TULo. penna- das Sekret, welches dann aus der Fistel (permanente Fistel) ausfliesst, ist mehr p'^^H dünnflüssig, ärmer an festen Stoffen und in einigen anderen Beziehungen ab- weichend von dem unmittelbar nach der Operation erhaltenen Sekrete. Jedoch können auch permanente Fisteln bisweilen längere Zeit ein normales Sekret liefern (HF.mF.xTTArs'), während die temporären Fisteln bei unvorsichtiger Operation keinen oder nvu* einen abnormen Saft geben. Bei Pflanzenfressern, welche, wie das Kaninchen, ununterbrochen verdauen, ist die Absonderung des Pankreassaftes eine kontinuirliche. Bei den Fleisch- fressern scheint sie dagegen intermittent und von der Verdauung abhängig zu 168 Siebentes Kapitel. Einfluss der Nahrung auf die Ab- sonderung. Wirkung der Nahrung auf die Ab- sonderung. Menge dos Saftes. Das Sekret der tempo- rären Fisteln. Das Sekret der perma- nenten Fisteln. sein. Beim Hunger hört die Absonderung fast ganz auf, fängt aber nach Auf- nahme von Nahrung bald -wieder an. Die Nahrung scheint dabei in zweifacher "Weise zu ^virken. Einerseits kann sie nämlich mit der während der Verdauung reichlicheren Blutzufuhr, welche durch eine mehr rothe Farbe der Drüse sich kundgiebt, der Drüse eine grössere Menge von Nahrungsmaterial zuführen und dadurch die Absonderung eines an festen Nahrungsstoffen reicheren Saftes er- möglichen. Andererseits kann aber auch die Nahrung durch den Reiz, welchen sie auf die Schleimhaut des jMagens und des Duodenums ausübt, reflektorisch eine vermehrte Sekretion hervorrufen. Dass die Nahrung in der That auf diese zwei Weisen wirkt, ist daraus ersichtlich, dass auch andere Stoffe, z. B. Aether, von der Magenschleimhaut aus reflektorisch eine Absonderung von Pankreas- saft hervorrufen können, dass aber hierbei beim Hunger das dünnflüssige, nach Aufnahme von Nahrung dagegen das dickflüssige Sekret abgesondert wird. Nach Beobachtungen von Bernstein, Heidenhain und Anderen nimmt die Absonderung nach Aufnahme von Nahi'ung rasch zu und innerhalb der drei ersten Stunden erreicht sie ein Maximum. Darnach nimmt die Sekretion wieder ab, kann aber in der 5. — 7. Stunde, in welchen gewöhnlich grössere INIengen Nahrung aus dem Ventrikel in den Darm übergehen, wieder ansteigen. Dann nimmt sie von der 9. — 11. Stunde an ununterbrochen wieder ab und hört nach 15 bis 16 Stunden ganz auf. Die Angaben von der Menge des im Laufe von 24 Stunden abgesonderten Pankreas Saftes sind sehr wechselnd und wenig zuverlässig. Dass die permanenten Fisteln eine bedeutend grössere Sekretmenge als die temporären liefern, scheint jedoch sicher festgestellt zu sein. Während also die Menge des aus jenen ab- gesonderten Saftes von Keferstein und Hallwachs und von Schmidt und Kroger zu 45 — 100 g pro Kilo während 24 Stunden geschätzt wurde, ist von BiDDER und Schmidt und Bidder und Skrebitzky die Menge des Saftes aus temporären Fisteln zu 2,5—5 g pro Kilo in derselben Zeit angegeben worden. Bezüglich der ßestancUheile und der Zusammensetzung des Pankreassaftes muss man zwischen dem Sekrete der temporären und der permanenten Fisteln unterscheiden. Der aus jenen ausfliessende Saft ist beim Hunde eine klare, farblose, fast syrupöse, geruchlose Flüssigkeit von alkalischer Reaktion, sehr reich an Eiweiss und bisweilen so reich daran, dass sie beim Erhitzen fast wie Eierweiss gerinnt. Neben Eiweiss enthält der Saft auch drei Enzyme — ein diastatisches , ein fettspaltendes und ein eiweisslösendes. Dem letztgenannten hat Kühne den Namen Trypsin gegeben. Ausser den nun genannten Stoffen, enthält der Pankreassaft regelmässig ein wenig Leucin, Fett und Seifen. Als Mineralbestandtheile enthält er vorzugsweise Chloralkalien und daneben auch Alkalikarbonat und etwas Phosphor.?äure, Kalk, Bittererde und Eisen. Das Sekret der permanenten Fisteln ist stets ärmer an festen StoflTeu besonders Eiweiss und Enzymen , als dasjenige der temporären. Längere Zeit nach der Operation ist es mehr dünnflüssig, stärker alkalisch und es fehlt ihm oft die eiweissverdauende Fähigkeit des temporären Fistelsaftes oder das Sekret Pankreasdiastase und Fettenz^^n. 169 Saft aus ijennancnteu Fisteln a 1> c 976,8 970,9 984,6 23,2 20,1 15,4 16,4 12,4 9,2 6,8 7,5 6,1 hauptsächlich zeigt die.~e Fähigkeit doch nur in geringem Grade. Als Beispiel von der un- gleichen Zusammensetzung des Saftes von temporären und permanenten Fisteln werden hier die Analysen C. Schmidts angeführt. Die Zahlen beziehen sich wie gewöhnlich auf lOÜO Theile. Saft aus temporären Fisteln a 1) Wasser 900,8 884,4 Feste Stoffe .... 99,2 115,6 Organische Substanz . . 90,4 — Asche 8,8 — Die Mineralbestandtheile des temporären Fistelsaftes bestanden KaCl, 7,4 p. m. In dem Pankreassafte des Kauincheus hat man 11 — 26 p. m. feste Stoffe gefunden und in demjenigen des Schafes 14,3 — 36,9 p. m. In dem Pankreassafte des Pferdes und der Taube hat man bezw. 9 — 17,5 und 12 — 14 p. m. feste Stoffe gefunden. Paukreassaft vom Menschen ist von Herter in einem Falle, in welchem durch Druck eines Carcinoms eine Stauung des Saftes in dem Ausführungsgange stattgefunden hatte, aualysirt worden. Der Saft, welcher wohl kaum als normal anzusehen ist, war klar, alkalisch, ohne Geruch und enthielt die drei Enzyme. Er enthielt Pepton aber kein anderes Eiweiss. Die Menge der festen Stoffe war 24,1 p. m. Von diesen waren 0,4 p. m. in Alkohol löslich. Von Pepton (und Enzymen) enthielt er 11,5 und von Miueralstoffeu G,2 p. m. Unter den Bestandtheilen des Pankreassaftes sind die drei Enzyme die wichtigsten. Die Pankreasdiastase, welche nach KoROA^^^' und Zweifel nicht bei Neugeborenen, sondern erst bei mehr als einen Monat alten Kindern sich vorfindet, scheint, wenn auch mit dem Ptyalin nicht identisch, jedoch diesem Enzyme nahe verwandt zu sein. Die Pankreasdiastase wirkt sehr energisch auf gekochte Stärke, besonders bei 37—40° C. ein und dabei entsteht neben Dextrin hauptsächlich Maltose mit nur äusserst wenig Glykose. (Musculus und v. Mekln'g.) Steht natürlicher Paukreassaft nicht zur Verfügung, so kann man die Drüse, am besten Avenn sie erst einige Zeit (24 Stunden) an der Luft gelegen hat, mit Wasser oder Glycerin iufundireu. Das Infus oder das mit Wasser verdünnte Glycerinextrakt (wenn man ein Glycerin, welches nicht reduzirend wirkt, ver- wendet hat) kann direkt mit Kleister geprüft Averden. Sicherer ist es jedoch, das Enzym mit Alkohol erst aus dem Glycerinextrakte auszufallen und den mit Alkohol ausgewaschenen , über Schwefelsäure getrockneten Niederschlag mit Wasser zu extrahiren. Das Enzym wird von dem AVasser gelöst. Der Nach- Aveis der Zuckerbilduug geschieht wie beim Speichel. Das fettspaltende Enzym. Die Wirkung des Pankreassaftes auf Fett ist von zweierlei Art. Einerseits spaltet er Neutralfette in Fettsäuren und Glycerin , was ein enzymatischer Vorgang ist, und andererseits hat er auch die Fähigkeit, das Fett zu emulgiren. Die fettspaltende Wirkung des Pankreassaftes kann auf folgende Weise gezeigt werden. Man schüttelt Olivenöl mit Natronlauge und Aether, hebt die Aethcrschicht ab und filtrirt sie Avenn uöthig, schüttelt den Aether wiederholt mit Wasser und verdunstet ihn dann bei gelinder Wärme. In dieser Weise erhält man als Rückstand ein A-öllig neutrales, a'Ou Fettsäuren freies Fett, welches in säurefreiem Alkohol gelöst, Alcannatinktur nicht roth tärbt. Wird solches Fett mit ganz frischem, alkalischem Paukreassaft oder mit einer frischbereiteten, mit ein Aven ig; Alkali A'ersetzten Infusion der ganz frischen Drüse oder auch Pankreas- diastase. Pankreas- diastase. Fettspal- tende Wir- kung des Pankreas. 170 Siebentes Kajjitel. mit einem sclnvacli alkalischen Glyceriuextrakte der ebenfalls ganz frischen Drüse ( 9 Theile Glycerin und 1 Theil Sodalösuug von 1 <^, o auf je 1 g Drüsenmasse) gemischt, etwas Lackmustinktur zugesetzt und dann das Gemenge auf ~\- 37" C. erwärmt, so sieht man die alkalische Reaktion nach und nach abnehmen und zuletzt in eine saure umschlagen. Diese saure Reaktion rührt daher, dass das Xeutralfett von dem Enzyme in Glycerin und freie Fettsäure zerlegt wird. Die Spaltung des Xeutralfettes kann man auch in der folgenden, mehr exakten Weise zeigen. Das bei Körpertemperatur digerirte Gemenge von (ab- solut fettsäurefreiem) Xeutralfett und Pankreassaft oder Pankreasinfusion versetzt man mit etwas Soda und schüttelt wiederholt mit neuen Mengen Aether aus, bis alles ungespaltene Xeutralfett entfernt worden ist. Dann säuert man mit Schwefel- säure an, schüttelt die saure Flüssigkeit mit Aether aus, verdunstet den Aether mid prüft den Rückstand auf Fettsäuren. Ein anderes, einfaches Verfahren zur Demonstration der fettspaltenden Wirkung der Pankreasdrüse ist folgendes (Cl. Eerxaed). Eine kleine Portion der ganz frischen, fein zerhackteji Drüsensubstanz wird erst mit Alkohol (von 90 ^;o) entwässert. Durch Auspressen zwischen Fliesspapier wird dann der Al- kohol möglichst entfernt, und darnach werden die Drüsenstückchen mit einer Lösung von neutralem Butterfett (dm-ch Schütteln von ]\Iilch mit Natronlauge und Aether erhalten) in Aether übergössen. Xach dem Verdunsten des Aethers werden die mit Butterfett übergossenen Drüsenstückchen zwischen zwei ührgläs- chen gepresst und dann in dieser Lage mit den Uhrgläschen bis gegen 37 bis 40*^ C. erwärmt, Xach einiger Zeit tritt ein deutlicher Geruch nach Butter- säure auf. Die fettspaltende Wirkung des Pankreassaftes ist em der Saponifikation analoger Vorgang, und es werden hierbei die Xeutralfette unter Aufnahme der Be- standtheile des Wassers in Fettsäuren und Glycerin nach dem folgenden Schema zerlegt: C3H..O3.R3 (Xeutralfett) 4- 3H2O = C3H5.O3.H3 (Glycerin) + 3(H.0.R) (Fettsäure). Es handelt sich also hier um eine hydrolytische Spaltung, welche Die fettspai- Zuerst von Berxaed und Berthelot ' sicher dargethan wurde. Wie auf Xeutral- knng des ^^^^ "wirkt das Pankreasenzym auch auf andere Ester zerlegend ein (Nexcki), Das fettzerlegende Pankreasenzym ist weniger als die anderen Pankreasenzyme studirt worden, und mau hat sich sogar gefragt, ob doch nicht die Zerlegung der Xeutralfette im Darme einfach diu'ch niedere Organismen bewirkt werde. Aus den Untersuchungen von Xexcki scheint jedoch hervorzugehen, dass das Pankreas wirklich ein fettzerlegendes Enzym enthäl^ Dieses Enzym, welches noch sehr wenig bekannt ist, scheint gegen Säuren sehr empfindlich zu sein, und es fehlt oft in der nicht ganz frischen, sauren Drüse. Wird jeine kalt bereitete, wässerige Lifusion der Drüse mit gebrannter Magnesia versetzt, so wird das fragliche Enzym nach Daxilewski von der Magnesiafällung zurück- gehalten. Die Fettsäuren, welche durch die Wirkung des Pankreassaftes abgespaltet worden sind, verbinden sich im Darme mit Alkalien zu Seifen, welche auf das Fett kräftig emulgirend wirken, und der Pankreassaft wird hierdurch von grosser Bedeutung für die Emulgirung und die Aufsaugung des Fettes. Pankreas. Trypsin. • 171 Das Trypsin. Die von Bernard beobachtete, vor Allem aber von CoRViSART bewicseue, eiweissverdauciule Wirkung des Pankreassaftes rührt von einem besonderen, von Kühne Trypsin genannten Enzym her. Dieses Enzym kommt jedoch eigentlich nicht in der Drüse selbst vor. In ihr findet sich viel- ' "^^^ ' ' mehr ein Zymogen, aus welchem das Enzym bei der Sekretion wie auch bei der Einwirkung von Wasser, Säuren, Alkohol und anderen Stoffen abgespaltet oder gebildet wird. Nach Aluertoni findet sich dieses Zymogen in der Drüse im letzten Drittel des intrauterinen Lebens, Das bisher am reinsten erhaltene, von Kühne isolirte Trypsin ist löslich in Wasser, aber unlöslich in Alkohol oder Glycerin. Das weniger reine Enzym löst sich dagegen in Glycerin. Wird die Lösung des Enzyms in Wasser unter Zusatz von ein wenig Säure zum Sieden erhitzt, so zerfällt es in geronnenes Eii?en- Eiweiss und Pepton (Kühne). Von Magensaft soll es zerstört werden. Wie Trypsins. andere Enzymg wird das Trypsin durch seine physiologische Wirkung charak- terisirt. Diese Wirkung besteht darin, dass es bei alkalischer, neutraler und sogar äusserst schwach saurer Reaktion Ei weiss, besonders leicht Fibrin, zu lösen vermag. Die Reindarstellung des Trypsins ist von verschiedenen Forschern, Dani- lewski, Hüfner, Kühne, Loew u. a. versucht worden. Am reinsten scheint das von Kühne nach einer ziemlich komplizirten Methode dargestellte Präparat gewesen zu sein. Um die Wirkungen des Trypsins zu studiren, kann man sich oft mit einem weniger reinen Präparate begnügen, und zur Darstellung Darstellung eines solchen sind eine Menge von Methoden, auf die hier nicht näher einge- desTrypsins. gangen werden kann, vorgeschlagen worden. Zur Darstellung eines Glycerin- extraktes soll man nach Heidenhain die Drüse mit Glaspulver oder reinem Quarzsand zerreiben, die zerriebene Masse mit 1 °/oiger Essigsäure (1 Cc auf je 1 g Drüse) genau mischen, dann auf je 1 Theil Drüsenmasse 10 Theile Glycerin zusetzen und nach etwa drei Tagen filtrireu. Durch Fällung des Glycerinextraktes mit Alkohol und Auflösung des Niederschlages in Wasser erhält man eine kräftig verdauende Lösung. Eine wässerige Infusion der Drüse soll erst dann bereitet werden, wenn die letztere zuvor etwa 24 Stunden an der '^jl^Tryplm- Luft gelegen hat, und mau nimmt passend 5 — 10 Theile Wasser auf je ein lösungen. Gewichtstheil der Drüsenmasse. Am allereinfachsten ist es, die fein zerschnittene Drüse in einer Flasche mit Wasser, welches auf je 1 Liter mit je 5 — 10 Cc Chloroform (Salkowski) oder Aether versetzt worden ist, -zu infundiren. Nach einigen Tagen erhält man auf diese Weise eine sehr kräftig wirkende, haltbare Infusion. Die Wirkung des Trypsins auf Eiweiss ist am leichtesten bei Anwendung von Faserstoff zu demonstriren. Von diesem Eiweisskörper werden nämlich bei 37 — 40° C. sehr bedeutende Mengen schon von äusserst wenig Trypsin gelöst. Hierbei ist es jedoch nöthig, stets eine Kontroleprobe mit Fibrin allein, mit oder ohne Alkalizusatz zu machen. Das Fibrin wird von dem Trypsin ohne Fäulniss- wirkungdes 1 x> -11 Trypsins auf erscheinungen gelöst; die Flüssigkeit riecht nicht unangenehm, etwa nach üouiüon. Eiweiss. Um die Fäulniss vollständig auszuschliessen, muss man jedoch der Flüssigkeit etwas Thymol, Chloroform oder Aether zusetzen. Die Trypsin Verdauung unter- scheidet sich wesentlich von der Pepsinverdauung dadurch, dass jene vorzüglich 172 Siebentes Kapitel. ■Wirkung verschie- dener Um- stände auf die Trypsin Verdauung. bei neutraler oder alkalischer Reaktion, dagegen nicht bei den für die Pepsin- verdauung günstigen Säuregraden 1 — 2 p. m. HCl von statten geht, und weiter dadurch, dass das Eiweiss bei der Tiypsin Verdauung ohne vorheriges Aufquellen gelöst oder gleichsam angefressen Avird. Auf die Geschioindigkeit de?' Trypsinverdauung üben mehrere Umstände einen merkbaren Einfluss aus. Mit zunehmendem Enzymgehalt wird, wenigstens zu einem gewissen Grade, die Yei'dauung beschleunigt und dasselbe gilt von zunehmender Temperatur, wenigstens bis etwa -)- 40*^ C, wobei das Eiweiss sehr rasch von dem Trypsin gelöst wird. Die Reaktion ist auch von grossem Ein- fluss. Das Trypsin wirkt kräftig bei neutraler aber noch besser bei alkalischer Reaktion und am besten bei einem Gehalte von 3 — 4 y>. m. Nag COg. Freie Mineralsäuren, selbst in sehr kleinen Mengen, hemmen die Verdauung gänzlich. Ist die Säure dagegen nicht wirklich frei, sondern an Eiweiss gebunden, so kann die Verdauung, wenn diese Säureverbindung nicht in grösserer Menge vorhanden ist, rasch von statten gehen (Ciiittenden und Cummins). Organische Säuren wirken weniger störend, und bei einem Gehalte von 0,2 p. m. ]Milch- säure bei gleichzeitiger Anwesenheit von Eiweiss, Galle und Kochsalz kann die Verdauung sogar rascher als in einer schwach alkalischen Flüssigkeit ver- laufen (LiNDBEEGEPv). Fremde Stoffe können theils, wie z. B. Borax und Cyankalium, fördernd und theils, wie Quecksilber-, Eisen- und andere Salze (Chittenden und Cummins) oder wie Salicylsäure in grösserer Menge (Kühne) störend wirken. Die Beseht ff enheit des Eiweisses ist auch von Bedeutung. Ungekochtes Fibrin wird im Verhältniss zu den meisten anderen Eiweisstoffeu so ausserordentlich rasch gelöst, dass die Verdauungsversuche mit rohem Fibrin fast eine unrichtige Vorstellung von der Fähigkeit des Trypsins, geronnene Eiweisskörper im Allgemeinen zu lösen, geben. Die Anhäufung von Ver- dauungsprodukten wirkt hemmend auf die Trypsinverdauung. Die Produkte der Tnjpslnterdauang. Bei der Verdauung von unge- kochtem Fibrin kann als Zwischenprodukt ein bei -|- 55 — 56 *' C. gerinnen- des Globulin erhalten werden (Hekkmann). Sonst entstehen aus dem Fibiin, wie aus anderen Eiweisstoffen , Albumosen und Peptone, Lcucin, Tyrosin und Asparaginsäure, ein .wenig Ammoniak (Hirschler) und eine, ihrer Xatur nach unbekannte Substanz, die in saurer Flüssigkeit mit Chlor- oder Bromwasser eine ■^r^^^^'®^'^'^ schöne purpurrothe Farbe giebt. Bei nicht ganz ausgeschlossener Fäuluiss treten Verdauung, j^udi zahlreiche andere Stoffe . auf, die erst später im Zusammenhange mit den Fäulnissvorgängen im Darme näher Ijesprochen werden können. Bei der Trvpsin- verdauung soll, im Gegensatz zu der Pepsinverdauung, verhältnissmässig leicht und rasch echtes, von Amraoniumsulfat nicht fällbares Pepton entstehen. Das Pepton soll nach Kühne zuletzt nur aus Antipepton bestehen, vmd die oben- genannten Zersetzungsprodukte, Leucin u. a, sollen aus einer Zersetzung des Hemipeptons hervorgehen. Unter den durch Trypsinwirkung entstandenen Zer- setzungsprodukten des Eiweisses sollen hier zunächst das Leucin und das Tyrosin abgehandelt werden. Leuciü. 173 Leucin, C^IIigNOo, oder Amidokaprousäui-e, C5Hio(NH2) COOH, entsteht, abgesehen von der Trypsinverdauung von Eiweiss, aus den Protein- substanzen bei deren Zersetzung durch Sieden mit verdünnten Säuren oder Al- kalien, durch Schmelzen mit Alkalihydrat und bei der Fäulniss. Wegen der Leichtigkeit, mit welcher Leucin und Tyrosin bei der Zersetzung der Protein - Stoffe entstehen, ist es schwierig sicher zu entscheiden, in wie weit diese Stoffe, wenn sie in Geweben gefunden werden, als Bestandtheile des lebenden Körpers oder als nach dem Tode entstandene Zersetzungsprodukte anzusehen sind. Das Leucin ist indessen in Pankreas und dessen Sekret, Milz, Thymus und Lymph- des Loucins. drüseu, in der Schilddrüse, in Speicheldrüsen, Nieren, Gehirn und Leber (jedoch meist bei Krankheiten) gefunden worden. In der Schafwolle, im Schmutze auf der Haut (gefaulter Epidermis) und zwischen den Zehen kommt es auch vor und trägt durch seine Zersetzungsprodukte wesentlich zum üblen Gerüche des Fusschweisses bei. Pathologisch ist es in Atherombälgen, Iclithyosisschuppen, Eiter, Blut und Harn (bei Leberkraukheiten) gefunden worden. Auch im Pflanzen- reiche kommt das Leucin vor. Das Leucin kann synthetisch, am einfachsten durch Einwirkung von Ammoniak auf Mouobromkapronsäure dargestellt werden (Hüfxeh). Beim Erhitzen mit rauchender Jodwasserstoffsäure auf 140° C. spaltet es sich in Ammoniak und Kapronsäure. Beim Erhitzen des Leucins allein zersetzt es sich unter Ent- wickelung von Kohlensäure, Ammoniak und Amylamin. Beim Schmelzen mit Aetzkali wie auch bei der Fäulniss liefert es Valeriansäure und Ammoniak. Das Leucin krystallisirt in reinem Zustande in glänzenden, weissen, ausser- ordentlich dünnen Blättclien. Gewöhnlich erhält man es jedoch als runde Knollen oder Kugeln, die entweder hyalin erscheinen oder auch abwechselnd hellere oder dunklere, konzentrische, aus radial gruppirten Blättchen bestehende Schichte zeigen. Das Leucin, wie es aus thierischen Flüssigkeiten und Geweben undLSsiich- . . . . . f . ^mit- gewonnen Avird, löst sich leicht in Wasser und ziemlich leicht in Alkohol. Das reine Leucin ist schwerlöslicher; es löst sich in 27 Theilen kaltem Wasser, in 1040 Theilen kaltem und in 800 Theilen siedendem Alkohl. Von Alkalien und Säuren wird das Leucin leicht gelöst. Bei laugsamem Erhitzen auf 170*' C. schmilzt es und sublimirt in weissen wolligen Flocken, welche dem sublmiirten Zinkoxyde ähnlich sind. Gleichzeitig entwickelt es auch einen deutlichen Ge- ruch nach Amylamin. Die Lösung des Leucins in Wasser wird im Allgemeinen von Metallsalzen nicht gefällt. Die siedend heisse Lösung kann jedoch von einer ebenfalls siedend heissen Lösung von Kupferacetat gefällt werden. Kocht man die Lösung des Verhalten o L o D der Leucm- Leucins mit Bleizucker und setzt dann der abgekühlten Lösung vorsichtig Am- lüsuugen. moniak zu, so können glänzende Krystallblättchen von Leucinbleioxyd sich ab- setzen. Das Leucin löst Kupferoxydhydrat ohne es beim Kochen zu reduziren. Das Leucin erkennt man an dem Aussehen der Kugeln oder Knollen unter dem Mikroskope, durch das Verhalten beim Erhitzen (Sublimationsprobe) und durch die ScHERER'sche Probe. Diese letztere besteht darin , dass das 174 Siebentes Kapitel. TjTOsin. Eigen- schaften. Pirias Tyro. sinprobe. Hofmanns Probe. Scherers Probe. Leucin bei vorsichtigem Verdampfen desselben mit Salpetersäure auf Platinblech einen fast ungefärbten Rückstand giebt, der. mit einigen Tropfen Natronlauge erwärmt mehr oder weniger gelb bis braun (je nach der Reinheit des Leucins) sich färbt und beim "weiteren Konzentriren über der Flamme sich bald zu einem ölartigen Tropfen zusammenzieht, welcher auf dem Platinbleche, ohne dasselbe zu benetzen, herumrollt. Tyrosin, CgHj^XOg oder p. Oxyphenylamidopropion säure, HO. Cg ü^ . C2 Hg (NHg) . COOH, entsteht aus den meisten Proteinsubstanzen (nicht aus Leim) unter denselben Verhältnissen wie das Leucin, den es regelmässig be- gleitet. Besonders findet es sich, neben Leucin, in reichlicher Menge in altem Käse (TvqÖs), wovon der Xame hergeleitet ist. Das Tyrosin ist nicht mit Sicherheit in ganz frischen Organen, mit Ausnahme vielleicht von Milz und Pankreas bei Rindern, gefunden worden. Es findet sich aber im Darme bei der Verdauung von Eiweisstofien und es hat physiologisch wie pathologisch etwa dieselbe Ver- breitung wie das Leucin. Das Tyrosin ist von Eelexmeyer und Lipp aus p. Amidophenylalanin durch Einwirkung von salpetriger Säure dargestellt worden. Beim Schmelzen mit Aetzkali liefert es p. Oxybenzoesäure, Essigsäure und Ammoniak. Bei der Fäulniss kann es p. Hydrocumarsäure, Oxyphenylessigsäure und p. Kresol liefern. Das Tyrosin kann in sehr unreinem Zustande leucinähnliche Kugeln bilden. Das gereinigte Tyrosin stellt dagegen farblose, seideglänzende, feine Kadeln dar, welche oft zu Büscheln oder Ballen gruppirt sind. Es ist sehr schwer löslich. Es wird von 2454 Theilen Wasser bei -~- 20*^ C. und 154 Theilen siedendem Wasser gelöst, scheidet sich aber beim Erkalten in Büscheln von Nadeln aus. Bei Gegenwart von Alkalien, Ammoniak oder einer Mineralsäure löst es sich leichter. In Essigsäure ist es schwer löslich. Aus einer ammoniakalischen Löstrng scheidet es sich bei der spontanen Verdunstung des Ammoniaks in Krystallen aus. Von Alkohol und Aether wii'd es nicht gelöst. Das Tyrosin erkennt man an der Krytallform und an folgenden Reaktionen. Piria's Probe. Man löst das Tyrosin in konzentrirter Schwefelsäure unter Erwärmen auf, wobei Tyrosinschwefelsäure entsteht, lässt erkalten, verdünnt mit Wasser, neutralisirt mit BaCOg und filtrirt. Das Filtrat giebt bei Zusatz von Eisenchloridlösung eine schöne violette Farbe. Die Reaktion wird durch Gegen- wart von freier ]Mineralsäure und durch Zusatz von zu viel Eisenchlorid gestört. HoFMA^'^'s Probe. Uebergiesst man eine kleine Menge Tyrosin im Reagenz- glase mit etwas Wasser, fügt einige Tropfen der ^MiLLOx'schen Reagenzflüssig- keit zu und kocht die Probe einige Zeit, so färbt sich die Flüssigkeit schön roth und giebt dann einen rothen Niederschlag. ^lan kann auch erst Mercuri- nitrat zusetzen, darauf zum Sieden erhitzen und dann Salpetersäure, welche etwas salpetrige Säure enthält, zusetzen. Scherers Probe. Wird das Tyrosin vorsichtig mit Salpetersäure auf Platinblech zur Trockne abgedampft, so erhält mau einen schön gelben Rück- Leucin uud Tvrosin. JO stand (Nitrotyrosiiiuitrat), welcher mit Natronlauge eine tief rothgelbe Farbe annimmt. Diese Probe ist jedoch nicht charakteristisch, denn es geben auch andere Stoffe eine ähnliche Reaktion. Die Darstellung des Leucins und Tyrosins in grösserem Masstabe ge- schieht gowühnlich durch Kochen von Eiweisstoffen oder Albuminoideu mit ver- dünnter INIineralsäure. Gewühidich verwendet man Hornspähne (2 Theile), welche mit verdünnter Schwefelsäure (5 Thcilen konzeutrirter Säure und 18 Theilen Wasser) während 24 Stunden gekocht werden. Die nach l)eendetem Kochen mit Wasser verdünnte Lösung wird noch warm mit Kalkmilch neutrali- sirt uud von dem Gypse filtrirt. Der letztere wird wiederholt mit Wasser aus- gekocht, sännntliche Filtrate vereinigt und konzeutrirt. Aus der konzentrirten Flüssigkeit wird der Kalk mit Oxalsäure ausgefällt, der Niederschlag abfiltrirt, wiederholt mit Wasser ausgekocht, sämmtliche Filtrate vereinigt und zur Krystal- lisation verdunstet. Das zuerst auskrystallisirende besteht hauptsächlich aus Tyrosin mit nur wenig Leucin, Durch Konzentration können aus der Mutterlauge neue Krystallisationen, welche hauptsächlich aus Leucin mit etwas Tyrosiü bestehen, gewonnen Averden. Um das Leucin und das Tyrosin von einander zu trennen, kann man bei ihrer Darstellung in grösserem Masstabe von ihrer ungleichen Löslichkeit in Wasser ausgehen ; am sichersten al)er kommt man nach folgendem, von Hlasiwetz und Habermann angegebenen Verfahren zum Ziele. Die Krystallmassen werden mit viel Wasser unter Zusatz von der zu ihrer Lösunsr nöthigen Meng-e Ammoniak gekocht. Dieser, siedend heissen Darstellung o ö .°.. 1-1 -r- "^s Leucins Lösung setzt man dann so viel Bleiessig zu, bis der entstehende Niederschlag und Tyro- fast weiss erscheint, filtrirt, erhitzt das hellgelbe Filtrat zum Sieden, neutralisirt ^^°^" mit Schwefelsäure uud filtrirt siedend heiss. Nach dem Abkühlen ist fast alles Tyrosin ausgefällt, während das Leucin in Lösung geblieben ist. Das Tyrosin kann dann durch Umkrystallisiren aus siedendem AVasser oder aus ammonika- lischem Wasser gereinigt Averden. Die obengenannte, leucinreiclie ^lutterlauge wird mit HgS entbleit, das Filtrat konzentrirt und mit eben gefälltem Kupfer- oxydhydrat im Ueberschuss gekocht. Eiu Theil des Leucins wird dabei nieder- geschlagen, der Rest bleibt aber in Lösung und krystallisirt beim Erkalten theilweise als Kupferverbinduug aus. Aus dem Niederschlage einerseits und der Lösung andererseits wird nun das Kupfer mit HgS entfernt, die Filtrate, wenn nöthig, mit Thierkohle entfärbt, stark konzentrirt und zur Krystallisation hingestellt. Das aus dem Niederschlage erhaltene Leucin ist sehr rein, das aus dem Filtrate ist unreiner. Arbeitet man mit kleineren ]Mengen, so kann man die aus einem Ge- menge der beiden Stoffe bestehenden Krystallisationen in Wasser lösen und diese Lösung dann mit Bleiessig fällen. Das Filtrat wird mit H^S entbleit, das neue Filtrat zur Trockne verdunstet und der Rückstand mit warmem Alkohol, von welchem das Leucin, aber nicht das Tyrosin, gelöst wird, behandelt. Das rückständige Tyrosin wird durch Umkrystallisiren aus ammoniakhaltigem Alkohol gereinigt. Das Leucin reinigt man durch Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol oder auch durch Ausfällen desselben als Leucinbleioxyd, Zersetzen des in Wasser aufgeschwemmten Niederschlages mit HgS und Verdunsten der filtrirten Lösung zur Krystallisation. Zum Nachweise von Leucin und Tyrosin in thierischen Flüssigkeiten oder Geweben entfernt man erst das Eiweiss durch Koagulation mit Essigsäurezusatz Nachweis und fällt dann mit Bleiessig. Das Filtrat wird mit HgS behandelt, das neue ^^^^^^^^ Filtrat zum Syrup oder zur Trockne verdunstet, in dem Rückstande die zwei sins. Stoffe mit warmem Alkohol getrennt itnd dann, wie eben angegeben, gereinigt. 176 Siebeutes Kapitel. Asparaginsäure , C^ H^NO^ , oder A m i d o b e r n s t e i n s ä u r e CoH3(NH2).(COOH).,. Diese Säure hat man bei der Trypsinverdauung von Fibrin (Radziejewski und Salkowski) und von Glutin (v. Knieeiem) erhalten. Sie kann auch durch Zersetzung von EiweisstofFen oder Albuminoideu mit Säuren Asparagin- ^yergl. Kap. 2) erhalten werden. In Rübenmelasse hat man sie auch gefunden; und endlich ist sie im Pflanzenreiche sehr verbreitet als das Amid Asparagin (Amidobernsteinsäureamid), welches für die Entwickelung und die Entstehung der Eiweisstoffe von der grössteu Bedeutung zu sein scheint. Die Asparaginsäure löst sich in siedendem Wasser und krystallisirt beim Erkalten in rhombischen Prismen. Die Säure ist oj)tisch aktiv, in von Salpeter- h^ftlrTder ^äurc stark saurer Lösung ist sie dextrogyr. Mit Kupferoxyd geht sie eine, Asparagin- j^ siedend heissera Wasser lösliche, in kaltem Wasser fast unlösliche, krystal- sätire. ' _ '' lisireude Verbindung ein, welche zur Reindarstellung der Säure aus einem Ge- menge mit anderen Stoffen verwendet werden kann. Die Wirkung des Trypsins auf andere Stoße ist noch nicht viel studirt worden. In der Pankreasdrüse vom Schweine und einigen Pflanzenfressern hat man ein Enzym gefunden, welches neutrale oder alkalische Milch zum Gerinnen bringen soll (Kühne und Roberts). Leim wird von dem Paukreassafte gelöst und in Leirapepton umgesetzt. Bei Versuchen mit einer sehr unreinen Infusion (Selbstverdauung der Drüse bei Gegenwart von Leim) erhielt Nexcki neben Leimpepton, Leucin, Glycocoll, Ammoniak, eine Base, CgHj^N, und andere Produkte. Das reinere Enzym soll dagegen nach Kühne mit Leim weder Glycocoll noch Leucin geben. Die leimgebende Substanz, des Bindegewebes wird nicht direkt, sondern erst wenn sie zuvor durch Säuren gequellt oder durch Wasser von -|- 70 '^ C. zum Schrumpfen gebracht worden von dem Trypsin ge- Tryi^sinf auf ^öst. Bei der Einwirkung des Trypsins auf hyalinen Knorpel lösen sich die ^qqI^ Zellen und die Kerne bleiben zurück. Die Grundsubstanz erweicht und zeigt ein undeutlich kouturirtes Netzwerk von collagener Substanz (Kühne und Ewald). Die elastische Substanz-, die strukturlosen Membrane und die Membran der Fettzellen werden ebenfalls gelöst. Parenchymatöse Organe, wie die Leber und die Muskeln, werden bis auf Kerne, Bindegewebe, Fettkörnchen und Reste des Nervengewebes gelöst. Sind die Muskeln gekocht, so wird das Bindegewebe ebenfalls gelöst. Auf Chitin und Hornsubstanz scheint das Trypsin ohne Wirkung zu sein. Oxyliämoglobin wird von dem Trypsin unter Abspaltung von Hämatin zersetzt. Das Hämoglobin soll dagegen, wenn der Zutritt von Sauerstoff" gänzlich verhindert wird, von dem Trypsin nicht zersetzt werden (Hoppe-Seyler). Auf Fett und Kohlehydrate wirkt das Trypsin nicht. In dem Obigen wurde schon hervorgehoben, dass das Trypsin nicht als solches vorgebildet in der Drüse vorkommt, sondern dass diese vielmehr, wie besonders Heidenhain gezeigt hat, ein entsprechendes Zymogen enthält. Der Maximalgehalt der Drüse an solchem Zymogen kommt 14 — 16 — 18 Stunden Zymogen des "i^d ^81' Minimalgehalt 6—10 Stunden nach einer reichlichen ]\Iahlzeit vor. Trypsins. jy^^ Zymogen wird nicht von Glycerin, leicht aber von Wasser und von Säuren Chemische Vorgänge im Darme. 177 umgewandelt, so dass aus ihm Trypsin gebildet wird. Sodalösung von 1 — 1,5 ^,o verhindert dagegen die Umwandlung des Zymogens fast gänzlich. Lässt man die Drüse an der Luft liegen, so wird sie allmählich sauer, und dieses Sauer- werden führt zu einer Enzymbildung, bei welcher, Avie überhaupt bei der Um- wandlung des Zymogens in Trypsin, der Sauerstofl' wirksam zu sein scheint. Dass auch die zwei anderen Enzyme aus entsprechenden Zymogenen entstehen, ist sehr wahrscheinlich, und es ist dies besonders bezüglich des diastatischen Enzyms von LiVERsrooE wahrscheinlich gemacht Avorden. Nach einer reichlichen ^lahlzeit, in dem ersten Stadium der Verdauung, in welchem die Absonderung von Pankreassaft am lebhaftesten ist, werden, wie Heedexhaix an Hunden gefunden, die Drüsenzellen durch Verbrauch der inneren, körnigen Zone verkleinert, während die äussere Zone gleichzeitig neues Material aufnimmt und vergrösseit wird. In diesem Stadium ist der Zymogengehalt am kleinsten. In einer späteren Periode, 12 — 20 Stunden nach der Mahlzeit, wird die innere Zone auf Kosten der äusseren neugebildet, und je gi'össer jene Zone T 1 • 1 -rC • T-> Verhalten ist, um so grösser scheint der Z\Tnogengehalt m der Drüse zu sein. Das der Pan- ' 1 T A 1 1 kreasdrüse Zymogen würde also der inneren Zone angehören, und die Absonderung würde hei der Ab- . , , sonderang. also, wenigstens zum Theile, in einem Zerfalle oder Zerfliessen dieser Zone be- stehen, Avobei die Drüsensubstanz selbst in das Sekret umgewandelt werden sollte (Heedenhain). Dieser Ansicht widerspricht jedoch eine Beobachtung von Lewaschew, dass bei Thieren, welche gehungert hatten und deren Pankreas- drüsen fast zymogenfrei waren, die innere, körnige Zone ebenso stark ausge- bildet wie unter normalen Verhältnissen bei reichlichem Zymogengehalt war. Die Alt der bei der Umsetzung des Zymogens in das Enzym stattfinde nden chemischen Vorgänge ist noch vollständig in Dunkel gehüllt. V. Die chemischen Vorgänge im Darme. Die W^irkuugen, welche einem jeden Verdauungssekrete an sich zukommen, können unter Umständen durch Beimengung von anderen Verdauuugsflüssig- keiten wesentlich verändert werden; und hierzu kommt noch, dass den in den Darm sich ergiessenden Verdauungsflüssigkeiten noch eine andere Flüssigkeit, die Galle, sich beimengt. Es ist also im Voraus zu erwarten, dass das Zusammen- Avirken dieser sämmtlichen Flüssigkeiten die im Darme verlaufenden chemischen Vorgänge kompliziren Avird. Da die Säm-e des Magensaftes auf das Ptyalin zerstörend Avirkt, dürfte wohl dieses Enzym, selbst nachdem die Säure des Magensaftes im Darme neutralisirt worden, keine weitere diastatische Wirkung entfalten können. Die Galle hat wenigstens bei einigen Thieren eine schwach diastatische Wirkung, die wohl an und für sich von keiner wesentlichen Bedeutung sein dürfte, die aber doch zeigt, dass die Galle nicht einen hinderlichen, sondern eher einen förderlichen Einfluss auf die energische, diastatische Wirkung des Pankreassaftes Hammarsten, Physiologische Chemie. 12 178 Siebeutes Kaiiitel. und die schwach diastatische Wirkuug des Darmsaftes ausübt. Es haben in der That auch neulich Martin und \yiLLiAMS in ihren Versuchen eine fördernde Verhalten Wirkung der Galle auf die diastatische Wirkuuo- von Pankreasinfusen beobachtet. der Kohle- ° _ _ _ ^ hydrate im Hierzu konimt noch die Wirkuus; der im Darme regelmässis; und in der Nahrung Darme. ^ . bisweilen vorkommenden organisirteu Fermente, welche theils eine diastatische Wirkung entfalten und theils eine Milchsäure- und Buttersäuregährung hervor- rufen können. Die aus der Stärke entstandene Maltose scheint im Darme in Gljkose umgesetzt zu werden. Dass die Cellulose, besonders die feinere und zartere, im Darme zum Theile gelöst wird, ist unzweifelhaft; die Produkte, welche aus ihr entstehen, sind dagegen nicht genügend bekannt. Dass die Cellulose hn Darme durch die Einwirkung von Mikroorganismen einer Sumpfgasgährung unterliegen kann, ist von Tappexier gezeigt worden; aber dagegen weiss man nicht, wie gross der in dieser Weise zerfallende und für den Organismus al.'o werthlos werdende Theil der Cellulose ist. Die Galle hat nur in sehr geringem Grade die Fähigkeit, das Fett zu lösen, und diese Fähigkeit dürfte wohl auch kaum von nenneuswerther Bedeutung sein. Von grösserer Bedeutung ist es zweifelsohne, dass die Galle, wie Nexcki gezeigt hat, die fettspaltende Wirkung des Pankreassaftes befördert. Diese Spaltung des Fettes in Fettsäure und Glycerin ist nämlich von der grössteu Bedeutung für die Kesorption des Fettes. Die Fettsäuren verbinden sich näm- GaUe auf das ^'^^^ "^^*^ ^^"^ Alkali der Galle und vor Allem mit dem Alkali des Darm- und Fett. Pankreassaftes zu Seifen, welche theils als solche resorbirt werden können, theils und vor Allem aber auf die Resorption des Fettes eine kräftige Wirkuug ausüben. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Hauptmenge des Fettes in der Nahrung als eine feine Emulsion resorbirt wird, und für das Zustande- kommen dieser Emulsion sind die Seifen von der allergrössten Bedeutung. Setzt man einer Sodalösung von etwa 2 p. m. Na^COg reines, wirklich neutrales Olivenöl in nicht zu grosser Menge zu, so erhält man erst bei kräf- tigem Schütteln eine, nicht dauerhafte Emulsion. Setzt man dagegen zu einer anderen, gleich grossen Quantität derselben Sodalösung dieselbe Menge von gewöhnlichem, käuflichem Olivenöl (welches stets freie Fettsäuren enthält), so braucht man nur das Gefäss vorsichtig umzustülpen, so dass die beiden Flüssig- keiten gemischt werden, um sogleich eine, von einer äusserst feinen und dauer- vrr,„^^w„r.r. haftcu Emulslou milchähnliche Flüssigkeit zu erhalten. Die freien Fettsäuren des Fettes, ^jgg gj.g|.g ^twas ranzigen, käuflichen Oeles verbinden sich mit dem Alkali zu Seifen, welche ihrerseits die Emulgirung bewirken (Brücke, Gad). Diese emul- girende Wirkuug der dui'ch den Pankreassaft abgespaltenen Fettsäuren wird unzweifelhaft durch das regelmässige Vorkommen von freien Fettsäuren in der Nahrung wie auch durch die Abspaltung von fetten Säuren aus dem Neutral- fette bei der Fäulniss im Darme unterstützt. Diese Fettsäuren müssen nämlich ebenfalls mit dem Alkali im Darme zu Seifen sich verbinden. Diese Emulgirung des Fettes mittelst der durch die Wirkung des Pankreas- saftes oder in anderer Weise entstandenen Seifen kann jedoch nur bei alkalischer Die <'lu'iinsclion VorKi'iiiiji' im Pnriiir. 179 Reaktion stattfinden. In dem Darminhalte, so lauge er noch sauer reagirt, dürfte Avohl also eine solche Emulsion nicht vorkonuuen können. Dagegen konnut sie wohl unzwcifelluif't an den Stellen vor, wo das Fett mit der von einem alkalischen Sekrete überzogenen Schleimhaut in Berührung kommt, oder überhaupt wo es mit dem zur Emulsionsbildung nöthisen Alkali zusanmien- Emuiffirung ^ == " , dos Fottes trifil. In dem sauren Darmiidialte von Hunden, welclie fettreiche Nahrung im Darme, erhalten hatten, beobachteten Ludwig und Casii in derTliat keine Fettemulsion. ISach Unterbindung von den zwei Pankreasausführungsgängen bei Hunden fanden sie auffallenderweise in den Chylusgefässen eine feine Emulsion, trotz- dem das Fett im Darminhalte nicht emulgirt war. In diesem letzteren Falle ist es denkbar, dass die freien Fettsäuren, die wohl niemals in dem Fette der Nahrung fehlen und die auch bei der Fäulniss im Darme entstehen können, mit dem Alkali der Darmschleimhaut die Seifenbildung und die in den Chylus- gefässen sichtbare Emulsion zu Stande gebracht hatten. Schon längst hat Claude Bernard bei Versuchen an Kaninchen, bei welchen Thieren der Ductus choledochus in den Dünndarm oberhalb des Pankreas- ganges einmündet, gefunden, dass nach fettreicher Nahrung die Chylusgefässe des Darmes oberhalb des Pankreasganges durchsichtig, unterhalb desselben aber milchig weiss sind und dass also die Galle allein ohne den Pankreassaft das Fett nicht emulgirt. Dastre hat an Hunden den umgekehrten Versuch aus- geführt, indem er nämlich den Ductus choledochus unterband und eine Gallen- Wirkung fistel anlegte, durch welche die Galle in den Darm unterhalb der Mündung Pank'reas- des pankreatischen Ganges einfliessen konnte. Da die Versuchsthiere nach einer Emai?irung fettreichen Mahlzeit getödtet wurden, waren die Chylusgefässe erst unterhalb der Einmündung der Gallenfistel milchig weiss. Hieraus zieht Dastre den Schluss, dass für die Resorption des Fettes ein Zusammenwirken von Galle und Pankreassaft nothwendig sei, eine Annahme, welche mit den obengenannten Beobachtungen von Nencki im Einklänge ist. Die Galle hat zwar keine lösende Einwirkung auf das Eiweiss, aber dennoch kann sie auf die Eiweissverdauung einen Einfluss üben. Der saure, eiweissreiche Mageninhalt gicbt mit der Galle einen Niederschlag von Eiweiss und Gallensäuren. Dieser Niederschlag reisst das Pepsin theil weise mit, und hierdurch wie auch durch die theilweise oder vollständige Neutralisation der Säure des Magensaftes durch das Alkali der Galle und des Pankreassaftes kann die Pepsin Verdauung im Darme nicht weiter von statten gehen. Dagegen GaUeluf die stört die Galle hierdurch nicht die Eiweissverdauung mittelst des Pankreas- '^dlnung^'^' Saftes im Darme. Die Wirkung dieses Verdauungssekretes wird nämlich, wie oben genannt, von der Galle nicht gestöi't, besonders nicht bei der von orga- nischen Säuren herrührenden, schwach sauren Reaktion, welche regelmässig in den oberen Theilen des Darmes zu herrschen pflegt. Der gallehaltige, schwach saure Darminhalt von während der Verdauung getödteten Hunden zeigt in der That auch regelmässig eine kräftig verdauende "Wirkung auf Eiweiss. 12* 180 Siebentes Kapitel. Der beim ZusammentrefFen des saureu Mageninhaltes mit der Galle ent- stehende Niederschlag löst sich wieder leicht — zum Theile schon bei saurer Keaktion — in einem Ueberschuss von Galle wie auch in dem bei der Neu- tralisation der Salzsäure des Älagensaftes entstandenen NaCl. Es ist übrigens zweifelhaft, ob beim Menschen, bei welchem die Ausführungsgänge der Galle und des Pankreassaftes neben einander einmünden, und bei welchem in Folge dessen der saure Mageninhalt wahrscheinlich sogleich beim Zutritte der Galle neutralisirt wird, überhaupt eine Ausfällung von Eiweiss durch die Galle im Darme vorkommt. Neben den in dem Vorigen besprochenen , durch Enzyme vermittelten Prozessen verlaufen jedoch in dem Darme auch Prozesse anderer Art, die von Mikroorganismen vermittelten Fäulnissvorgänge. Diese verlaufen weniger in- tensiv in den oberen Theilen des Darmes, nehmen aber gegen den unteren Theil desselben an Intensität zu, um endlich in dem Dickdarme und End- darme in dem Maasse, wie das Wasser durch die Resorption entfernt wird, wieder an Stärke abzunehmen. Dass bei diesen Prozessen Mikroorganismen wirksam gänge im sind, geht schon mit Sicherheit aus dem reichlichen Vorkommen von solchen in dem Darminhalte hervor, und es ist hierbei noch zu bemerken, dass diese Organismen in den unteren Theilen des Darmes, wo der Inhalt einen mehr stinkenden Geruch hat, am reichlichsten vorkommen. In dem Darmkanale des Fötus kommt dagegen keine Fäulniss vor, was auch daraus hervorgeht, dass, wie Zweifel, Hoppe-Seyler und Senator gefunden haben, im Inhalte desselben nur unzersetzte Gallensäuren und Gallenfarbstoffe vorkommen, während die im Darmkanale sonst regelmässig vorkommenden Fäulnissprodukte in ihm fehlen. Diese, im Darme verlaufenden Fäulnissvorgänge sind etwas ganz anderes als die Pankreasverdauung, und diese zwei Prozesse sind durch die Pi'odukte, welche sie liefern, wesentlich von einander verschieden. Bei der Pankreasver- dauung entstehen, so Aveit bisher bekannt, neben Albumosen und Peptonen Amidosäuren und Ammoniak. Bei der Fäulniss des Eiweisses entstehen zwar anfiinglich dieselben Produkte, aber die Zersetzung geht bedeutend weiter und es entstehen eine Menge von Produkten, welche man durch die Untersuchungen zahlreicher Forscher, vor Allem Nencki, Baumann, Brieger, H. und E. Salkow^ski kennen gelernt hat. Die bei der Fäulniss von Eiweiss entstehenden Produkte sind (ausser Albumosen, Peptonen, Amidosäuren und Ammoniak) Indol, Skatof, Prod kt d Pdfcikresol, Phenol, Phem/lpropionsäure und Phenylessigsüure , ferner Para- fäiXif" oxyphenylessigsäure und Hydroparacumarsäure (neben Parakresol durch die Fäulniss von Tyrosin entstanden), flüchtige fette Säuren, Kohlensäure, Wasser- stoffgas, Sumpfgas und Schwefelwasserstoff. Bei der Fäulniss von Leim ent- stehen weder Tyrosin noch Indol, wogegen OlycocoU dabei gebildet wird. Von diesen Zersetzungsprodukten sind einige von besonderem Interesse ihres Verhaltens innerhalb des Organismus wegen, indem sie nämlich nach ge- schehener Resorption in den Harn übergehen. Einige, wie die Oxysäuren, ludol und Skatol. 181 Indol und Skatol. o-chen hierbei unverändert in den Harn ül)er, andere, wie die Phenole, gehen direkt und andere wiederiun, wie Indol und Skatol, erst nach erfolgter Oxyda- tion durch eine Synthese in Aetherschwetelsäuren über, welche mit dem Harne aus- jpr°p?j„'jn"s^s. geschieden werden (vergl. bezüglich der -weiteren Details Kap. 14). Die Menge ijo^"^*^®^^'" dieser Stoffe im Harne wechselt auch mit dem Umfange der Fäulnissvorgänge im Darme, wenigstens gilt dies von den Aetherschwefelsäuren. INIit stärkerer Fäulniss wächst ihre Menge im Harne, vmd umgekehrt können sie, wie Bau- mann durch Experimente an Hunden gezeigt hat, wenn der Darm mit Kalomel desinfizirt wird, aus dem Harne verschwinden. Unter den nun genannten Fäulnissprodukten im Darme dürften hier die folgenden zwei, das Indol und das Skatol, des näheren besprochen werden müssen. Indol, C,H.N=iC(;H / /CH, und Skatol oder Methyl indol, ^NH^ .C.CH3, €(, H gN ZT CgH^ ^'CH, sind zwei zu den Indigosubstauzen in naher \ KH /" Beziehung stehende Stoffe, welche aus den Eiweisstoffen bei deren Fäulniss oder beim Schmelzen mit Aetzkali entstehen. Sie kommen deshalb auch regel- mässig im Darmkanale des ^Menschen vor und gehen , wenigstens zum Theile, nach geschehener Oxydation zu Indoxyl, rep. Skatoxyl als die entsprechenden Aetherschwefelsäuren aber auch als Glykuronsäuren in den Harn über. Diese zwei Stoffe sind auf mehrfache Weise synthetisch dargestellt worden. Es können beide aus Indigo, durch Reduktion desselben mit Zinn und Salz- säure und Erhitzen des Reduktionsproduktes mit Zinkstaub, gewonnen werden (Baeyer). Das Indol entsteht auch aus dem Skatol beim Durchleiten desselben durch ein glühendes Rohr. In Wasser suspendirtes Indol wird von Ozon zum Theile zu Indigblau oxydirt (Xencki). Indol und Skatol krystallisiren in glänzenden Blättchen, deren Schmelz- punkte bei -j- 52, bezw\ 95° C. liegen. Das Indol riecht eigenthümlich exkre- nientähnlich, das Skatol hat einen intensiven fäkalen Geruch (das Skatol aus Indigo soll jedoch geruchlos sein). Beide Stoffe sind mit Wasserdämpfen leicht flüchtig, das Skatol jedoch leichter als das Indol. Aus dem wässerigen Destillate können beide mit Aether ausgeschüttelt werden. In siedendem Wasser ist das Skatol bedeutend schwerlöslicher. Beide sind in Alkohol leicht löslich. Beide geben mit Pikrinsäure eine in rothen Nadeln krystallisirende Verbindung. Wird ein Gemenge von den zwei Pikraten mit Ammoniak destillirt, so gehen die beiden Stoffe unzersetzt über; destillirt man dagegen mit Natronlauge, so gpjjgf/^'^;„^ wird das Indol zersetzt, das Skatol nicht. Die wässerige Lösung des Indols «eaktionen. giebt mit rauchender Salpetersäure eine rothe Flüssigkeit und dann einen rothen Niederschlag von Nitrosoindolnitrat (Baeyer). Man kann noch besser erst ein paar Tropfen Salpetersäure zufügen und dann tropfenweise eine 2 *^/oige Lösung von Kaliumnitrit zusetzen (Salkowski). Das Skatol giebt nicht diese 182 Siebentes Kapitel. Darstell ung und Xaeh- Tveis von Indol und Skatol. Darmsase. Reaktion. Eine mit Salzsäure versetzte alkoholische Lösung von Indol färbt einen Fichteuspahu kirschroth. Das Skatol giebt diese Reaktion nicht. In konzentrirter Salzsäui'e löst sich das Skatol mit violetter Farbe. Die zum Xaehweis und zur Reindarstellung von Indol und Skatol aus Exkrementen oder faulenden Gemengen übliche Methode ist in ihren Haupt- zügen folgende. Man destillirt nach dem Ansäuern mit Essigsäure, versetzt das Destillat mit Alkali (um etwa gleichzeitig anwesende Phenole zu binden) und destillirt von üseuem. Aus dem neuen, zweiten Destillate werden die beiden Stoffe mit Pikrinsäure nach Zusatz von Salzsäure ausgefällt. Die Pikratfällmig wird dann mit Ammoniak destillirt. Aus dem Destillate werden die beiden Stoffe mit Aether wiederholt ausgeschüttelt und sämmtliche Aetherauszüge ver- dunstet. Der, Indol und Skatol enthaltende Rückstand wii'd in sehr Avenig ab- solutem Alkohol gelöst und mit 8 — 10 Volumen Wasser versetzt. Dabei wird das Skatol gefällt, das Indol dagegen nicht. Bezüglich des zur weiteren Trennung und Reinio-uno; nöthigen Verfahi-ens wird auf ausführlichere Handbücher verwiesen. Die bei den Zersetzungsvorgängen im Darme entstehenden Gasii werden im Yerdavxungskanale mit der, mit Speichel und Speisen verschluckten, atmo- sphärischen Luft gemischt, und da die Gasentwickelung bei der Zersetzung ver- schiedener Nährstoffe eine verschiedene ist, muss wohl also das Gasgemenge nach verschiedener Xahrung eine verschiedenartige Zusammensetzung haben. Dies ist in der That auch der Fall. Von Sauerstoff finden sich in den Ge- därmen höchstens Spuren, was zum Theile von bei den Gährungsprozessen ent- standenen reduzirenden Substanzen, welche Sauerstoff binden können, und theils und wahrscheinlich der Hauptmenge nach von einer Diffusion des Sauerstoffes durch die Gewebe der Darmwand herrühren dürfte. Dass diese Vorgänge zum grössten Theile schon im Magen stattfinden, dürfte aus dem oben (S. 158) über die Zusammensetzung der Magengase Gesagten ersichtlich sein, Stickstoff' findet sich dag-egen regelmässig im Darme, und er dürfte wohl hauptsächlich von der verschluckten Luft, zum Theile jedoch auch vielleicht, wie Bu>'GE annimmt, von einer Diffusion aus den Geweben der Darmwaud in den Darm herrühren. Die Kohlensäure stammt theüs von der Eiweissfäulniss, theils von einer ^Nlilch- und Buttersäuregährung der Kohlehydrate und theils von einem Freiwerden von Kohlensäure aus dem Alkalikarbonate des Pankreas- und Darmsaftes, bei deren Neutralisation dui'ch die Salzsäure des Magensaftes und die bei der Gährung entstandenen organischen Sävn-en, her. Wasserstoff' kommt in grösster Menge nach Milchnahrung und in kleinster Menge bei reiner Fleischnahrung vor. Dieses Gas scheint zum grössten Theile bei der Buttersäuregährung. der Kohle- hydrate zu entstehen, obgleich es jedoch auch bei der Eiweissfäulniss unter Um- ständen in reichlicher Menge auftreten kann. Die Abstammung der im Darme normalerweise vorkommenden Spuren von Schicefelwosserstoff aus dem Eiweiss ist imzweifelhaft. Auch das Sumpfgas kann unzweifelhaft von der Eiweissfäulniss herrühren. Hierfür sprechen besonders die grossen ]\Iengen, 26,45 ^yO, Simipf- gas, welche von Rl'GE im Darme des Menschen nach Fleischkost gefunden wm'den. Noch grössere Mengen von diesem Gase fand er jedoch nach einer Fäuluissvorgäuge im Darme. 183 Hülsenfrüchte enthalteiuleii Xaluung, was gut mit der Beobachtung stimmt, dass das Sunii)fgas durch eine Gährung von Kohlehydraten , besonders aber von Cellulose (HoprE-SEVLER; TArPEiXER), entstehen kann. Besonders bei den Pflanzenfressern dürfte wohl auch ein solcher Ursprung des Sumpfgases gewöhn- lich sein. Ein kleiner Theil des Sumpfgases wie auch der Kohlensäure kann auch von einer Zersetzung des Lecithins herrühren (Hasebroek). Einer Fäuluiss im Darme unterliegen indessen nicht nur die Bestandtheile der Nahrung, sondern auch die eiweisshaltigen Sekrete und die Galle. Unter den Bestandtheilen der Galle werden dabei nicht nur die Farbstoffe — aus dem Bilirubin entstehen, wie man allgemein annimmt, Hydrobilirubin und braune Farbstoffe — sondern auch die Gallensäuren, vor Allem die Taurocholsäure, umgewandelt oder zersetzt. Die Glycocholsäure ist beständiger und sie findet ^^^oT^^^Ue' sich deshalb bei einigen Thiereu in den Exkrementen zum Theile unzersetzt i"» ^"•"^• wieder, während die Taurocholsäure der Zersetzung regelmässig so vollständig anheimfällt, dass sie in den Darmausleerungen gänzlich fehlt. Beim Fötus, in dessen Verdauuugskanal keine Fäulnissprozesse vorkommen, findet man da- gegen im Darmiuhalte unzersetzte Gallensäuren und Gallenfarbstoffe. Dass die eiweissreichen Sekrete der Fäulniss ebenfalls anheimfallen, folgt daraus, dass die Fäulniss auch bei vollständigem Hungern fortbesteht. Bei seinen Beobachtungen an Cetti fand ^Müller, dass beim Hunger die Indicanausscheidung rasch abnahm und nach dem 3. Hungertage nicht mehr zu beobachten war, wogegen die Phenolausscheidung, welche erst herabgiug, so dass sie fast minimal wurde, von dem 5. Hungertage ab wieder anstieg und am 8. oder 9. Tage 3 — 7- Mal so gross wie beim Menschen unter gewöhnlichen Verhältnissen war. Bei Hunden ist dagegen während des Hungers die Indicanausscheidung bedeutend, die Phenol- pg^i^iss ^g^ ausscheidung dagegen minimal. Unter den im Darme faulenden Sekreten dürfte ^^^^e!"" wohl der Pankreassaft, welcher sehr leicht in Fäulniss übergeht, den hervor- ragendsten Platz einnehmen. Bei seinen Experimenten an Hunden hat in der That auch Plsexti gefunden, dass die Indicanausscheidung mit dem Harne nach Unterbindung des pankreatischen Ganges stark abnimmt, dass sie aber, wenn die Thiere Pankreaspepton oder Pankreassaft erhalten haben, wieder zunimmt. Aus dem in dem Vorigen Gesagten ergiebt sich, dass die bei der Fäulniss im Darme entstehenden Produkte zum Theile dieselben sind, welche bei der Verdauimg entstehen. Insoferne als bei der Fäulniss solche Produkte wie Albu- mosen und Peptone und vielleicht auch gewisse Amidosäuren gebildet werden, kann also die Fäuluiss zum Nutzen des Organismus wirksam sein. Dagegen ist das Auftreten von weiteren Spaltungsprodukten als ein Verlust von werth- vollem [Material für den Organismus zu betrachten, und es ist darum auch von Wichtigkeit, dass die Fäuluiss im Darme innerhalb gebührender Grenzen ge- £^5^^^- halten wird. Tödtet man ein Thier, während die Verdauung im Darme im Gange ist, so hat der Inhalt der Dünndärme einen eigenthümlichen aber nicht fauligen Gemch. Auch der Geruch des im Dickdarme befindlichen Inhaltes ist lanoe nicht so stinkend wie der einer faulenden Pankreasinfusion oder eines fäalniss. 184 Siebentes Kai^itel. eiweissreiclien, faulenden Gemenges. Schon hieraus kann man schliessen, dass die Fäulniss im Darme gewöhnlichenfalls lange nicht so intensiv wie ausserhalb des Organismus wird. Unter physiologischen Verhältnissen scheint also dafür gesorgt zu sein, dass die Darmfäulniss nicht zu weit geht, und diejenigen Faktoren, die liier in Betracht kommen können, dürften verschiedener Art sein. Die Resorption ist unzweifelhaft von grosser Bedeutung, und es ist durch direkte Beobachtungen sicher gestellt, dass die Fäulniss stärker zunimmt in dem jNIaasse, wie die Re- sorption gehemmt ist und flüssige Massen in dem Darme sich anhäufen. Die Beschaffenheit der Nahrung übt auch einen unverkennbaren Einfluss aus, und es scheint, als ob eine grössere Menge von Kohlehydraten in der Nahrung der iiemmenden Fäuluiss entgegenwirken Avürde (Hieschler). Eine besonders starke, fäulniss- °Darme."" hemmende Wirkung hat man schon längst der Galle zuschreiben wollen. Diese antiputride Wirkung kommt jedoch nicht der neutralen oder schwach alkalischen Galle, welche selbst bald in Fäulniss übergeht, sondern den freien Gallensäuren, besonders der Taurocholsäure , zu (Maly und E^ncH, Li^dbeeger). Dass die freien Gailensäuren eine stark fäulnisshemmende Wirkung ausserhalb des Or- ganismus ausüben können, unterliegt keinem Zweifel; und es dürfte deshalb auch schwierig sein, ihnen eine solche Wirkung in dem Darme abzusjjrecheu. Nichtsdestoweniger wird die antiputride Wirkung der Galle im Darme von einigen Forschern (Voit, RömiAxx) in Abrede gestellt. Um die Bedeutung der Galle für die Verdauung kennen zu lernen, hat man sie- durch Anlegen von Gallenfisteln nach aussen abgeleitet (Sch^'AXn, Blondlot, BrooER und Schmidt u. A.). Als Folgen eines solchen Eingriffes hat man regelmässig bei fetthaltiger Nahrung eine mangelhafte Resorption des Fettes und eine von dem grösseren Fettgehalte der Exkremente bedingte , hell- graue oder blasse Farbe derselben beobachtet. In wie w'eit sonstige Abweich- ungen von dem Normalen nach der Gallenfisteloperation auftreten oder nicht, hängt wesentlich von der Beschaffenheit der Nahrung ab. Füttert man die Thiere mit Fleisch und Fett, so muss man nach der Operation die Menge des Futters bedeutend vermehren , weil die Thiere sonst stark abmagern und sogar unter den Symptomen des Verhungerns zu Grunde gehen. In diesem Falle werden auch die Exkremente aashaft stinkend, was man früher als einen Beweis für die fäulnisshemmende Wirkung der Galle angeführt hat. Die Abmagerung und Verhalten ^^^ gesteigerte Nahrungsbedürfniss rühren selbstverständlich von der mangel- fistefthiere' ^^^ften Resorption des Fettes her, dessen hoher Verbrennungswerth hierbei weg- fällt und durch Aufnahme von grösseren Mengen anderer Nährstoffe ersetzt werden muss. Vermehrt man die Menge des Eiweisses und des Fettes, so muss das letztere, Avelches ja nur sehr unvollständig resorbirt werden kann, in dem Darme sich anhäufen. Dieses Anhäufen des Fettes im Darme soll nun seiner- seits die Einwirkung der Verdauungssäfte auf das Ei weiss erschweren, und dieses letztere fällt nun in grösserer Menge als sonst der Fäulniss anheim. Hierdurch erklärt man das Aufti-eten von stinkenden Fäces, welche ihre blasse Exki-emente. 185 Farbe nicht dem Mangel au Gallenfarbstoffen sondern dem Reiebthurae an Fett zu verdanken haben sollen (Röiiiviann, Voit). Füttert man dagegen die Tbiere mit Fleisch und Kohlehydraten, so können sie sich ganz normal ver- halten, und das Ableiten der Galle hat keine gesteigerte Fäulniss zur Folge. Die Kohlehydrate können nämlich ungehindert in so grossen Mengen resorbirt werden, dass sie das Fett der Nahrung ersetzen, und dies ist der Grund, warum die Tbiere bei einer solchen Diät nicht abmagern. Da nun ferner bei dieser Nahrung die Fäulniss im Darme trotz der Abwesenheit der Galle nicht stärker als unter normalen Verhältnissen ist, könnte es ja den Anschein haben, als übte die Galle im Darme keine fäuln isshemmende Wirkung aus. Wenn man sich indessen vergegenwärtigt, dass die Anwesenheit von freien Säuren der Fäulniss entgegenwirkt, und ferner, dass die Kohlehydrate durch sam-e Gähruug im Darme freie Säuren liefern, so ist es jedoch denkbar, dass die Kohlehydrate, welche ja überdies nach Hirschler, ohne in saure Gährung überzugehen, die Fäulniss hemmen können, sozusagen die fäulnisshemmende 'kohie- Wirkung der Galle übernehmen. Dass die Galle unter gewöhnlichen Verhält- dieFäuinUs. uissen, bei gemischter nicht sehr kohlehydratreicher Kost, im Darme eine fäul- nisshemmende Wirkung ausübt, dürfte wohl also noch nicht ganz in Abrede zu stellen sein. Dass sie in dem Sinne antiseptisch wirkt, dass sie dem Zerfall des Eiweisses in einfachere, für den Organismus weniger werthvolle oder vielleicht sogar schädliche Produkte entgegenwirkt, hat Limbourg gezeigt. Wenn also die Frage, wie die Fäulnissvorgänge im Darme unter physio- logischen Verhältnissen innerhalb gebührender Grenzen gehalten werden, noch nicht sicher zu beantworten ist, so lässt sich jedoch darüber wenigstens so viel sagen, dass in den oberen Theilen der Gedärme die saure Reakiton und in den unteren die Resorption von Wasser dabei von grossem Belange ist. Die Exkremente. Es ist einleuchtend, dass der Rückstand, welcher nach beendeter Verdauung und Resorption im Darme zurückbleibt, je nach der Art und Menge der Nahrung qualitativ und quantitativ ein wesentlich verschiedener sein muss. Während die Menge der Exkremente beim Menschen bei gemischter Kost gewöhnlich 120 — 150 g, mit 30—37 g festen Stoffen, pro 24 Stunden beträgt, war nach Voit dagegen bei einem Vegetarier ihre Menge 333 g mit Menge und 75 s festen Stoffen. Bei einseitiger Fleischnahrung sind die Exkremente spar- der Exkre- lieh, pechähnlich, von Hämatin und Schwefeleisen fast schwarz gefärbt. Eni ähnliches Aussehen haben die spärlichen Exkremente beim Hungern. Eine reich- liche Menge von gröberem Brod liefert eine reichliche Menge hell gefärbter Exkre- mente. Bei einem grösseren Fettgehalte nehmen sie ein helleres, thonfarbiges Aussehen an. Zu der normalen Farbe der Fäces scheinen die Zersetzungs- produkte der Gallenfarbstoffe nur wenig beizutragen. Die Bestandtheile der Exkremente sind der verschiedensten Art. Es kommen also in den Exkrementen verdauliche oder resorbirbare Bestandtheile der Nahrung, wie Muskelfasern, Bindegewebe, Caseinklürapcheu , Stärkekörner 186 Siebentes Kapitel. Bestand- theile der Exkremente. Reaktion u. Farbe der Exkremente. Acholische Dannaus- Jeerungen. und Fett vor, welche während des Aufenthaltes im Darmkanale nicht die zur vollständige:! Verdauung oder Resorption nöthige Zeit gefunden haben. Es enthalten die Exkremente ausserdem unverdauliche Stoffe, wie Pflanzenreste, Keratinsubstanzen, Nuclein u. a.; ferner Formelemente, von der Schleimhaut und den Drüsen stammend; Bestandtheile der verschiedenen Sekrete, wie Mucin, Cholalsäure, Dyslysin und Cholesterin; Mineralstoffe der Nahrung und der Sekrete und endlich Produkte der Fäulniss oder der Verdauung, wie Skatol, ludol, flüchtige fette Säuren, Kalk- und Magnesiaseifen. Bisweilen kommen auch Parasiten verschiedener Art vor, und endlich enthalten die Exkremente Mikroorganismen, Spaltpilze verschiedener Art, bisweilen in so reichlicher Menge, dass ihre Hauptmasse aus derartigen Mikroorganismen zu bestehen scheint (v. Jaksch). Die Reaktion der Exkremente ist sehr wechselnd. Sie ist oft m den inneren Theilen sauer, während die an der Schleimhaut liegenden äusseren Schichten alkalisch reagiren. Bei Säuglingen soll sie regelmässig sauer sein (Wegscheidee). Der Geruch wird wohl hauptsächlich von dem Skatol bedingt, welches zuerst in Exkrementen aufgefunden wurde (Brleger) und nach ihnen seinen Namen erhalten hat. An dem Gerüche haben jedoch auch Indol und andere Substanzen Theil. Die Farbe ist gewöhnlich heller oder dunkler braun und hängt vor Allem von der Natur der Nahrung ab. Medikamentöse Stofle können den Fäees eine abnorme Farbe geben. Die Exkremente werden also von Eisen- und Wismuthsalzen schwarz, von Rhabarber gelb und von Calomel grün. Diese letztgenannte Farbe erklärte mau früher durch die Entstehung von wenig Schwefelquecksilbers; nunmehr erklärt man sie dagegen allgemein dadurch, dass das Calomel die Darmfäulniss und die davon abhängige Zer- setzung der Gallenfarbstoffe hemmt, so dass ein Theil des Gallenfarbstoffes als Biliverdin in die Fäces übergeht. Eine grüne Farbe der Exkremente bei Kindern soll ausserdem nach Lesage theils von Biliverdin und theils von einem anderen, von einem Bacillus erzeugten Pigmente herrühren können. In den eigelben oder grüngelben Exkrementen der Säuglinge kann man Bilirubin nach- weisen. Bei Erwachsenen dagegen scheint unter normalen Verhältnissen in den Exkrementen weder Bilirubin noch Biliverdin vorzukommen. Dagegen findet man das Stercobilin (Ma.sr'S und V^vxlair), welches nach einigen Forschern mit dem aus dem Bilirubin durch einen Reduktionsprozess hervorgegangenen Hydrobilirubin (Maly) und dem Urobilin (Jaff£) identisch sein soll, eine An- sicht, welche jedoch von Mac Munx bekämpft wird. In pathologischen Fällen kann auch bei Erwachsenen Bilirubin in den Fäces vorkommen. Krystallish-t (als Hämatoidüi) ist es in den Fäces sowohl bei Kindern wie bei Erwachsenen beobachtet worden (Uffelma:s'x, v. Jaksch). Bei Abwesenheit von Galle (sog. acholischen Darmentleerungen) haben die Exkremente, wie oben gesagt, eine von dem grossen Fettgehalte herrührende graue Farbe, welche jedoch wohl auch zum Theile von der Abwesenheit von Gallenfarbstoff herrühren dürfte. In diesen Fällen hat man auch in den Mekouiuu). 187 Exkrementen eine reichliche ^Nlenge von Krystallen beobachtet (Gerhardt, V. Jaksch), welche überwiegend aus Magnesiaseifen (Oesterlen) oder Natron - seifen (Stadklmaxn) bestehen. Blutungen in den oberen Abschnitten des Ver- dauuugskanales liefern, wenn sie nicht sehr reichlich waren, von Humatin schwarzbraune Exkremente. Exkretin hat Makckt einen in Menseheucxkrenicnten vorkomniemlen krystallisirendeii Stoff gentumt, wolelier jedoch nacli Hoim'E-Skylkk vielleicht uiclits Anderes als unreines Cholesterin ist. Exkretol iusiiure hat Maucet einen üläluilichen Stoll" von exkremeutellem Gerüche genannt. In Anbetracht der sehr wechselnden Zusammensetzung der Exkremente sind quantitative Analysen derselben von geringem Werth und sie können deshalb hier bei Seite gelassen werden. Das Mekouiuiii oder Kindspech ist eine dunkel braungrüne, pech- ähnliche, meistens sauer reagireude blasse ohne stärkeren Geruch. Es enthält grüngefärbte Kpithelzellen, Zelldetritus, zahlreiche Fettkörnchen und Cholesterin- täfelchen. Der Gehalt an Wasser und festen Stoffen ist resj). 720 — 800 und 280 — 200 p. m. Unter den festen Stoffen hat man Muciu, Galleufarbstoffe und Gallensäuren, Cholesterin, Fett, Seifen, Calciurp- und ^Nlagnesiumphosphat Mekoninm gefunden. Zucker und Milchsäure, Eiweisstoffe (?) und Peptone wie auch Leucin und Tyrosin und die sonst im Darme vorkommenden Fäulnissprodukte sollen darin fehlen. Das Mekonium kann unzersetzte Taurocholsäure, Bilirubin und Biliverdiu enthalten, enthält aber kein Hydrobilirubiu, was als ein Beweis für ilas Nichtvorhandenseui von Fäulnissprozessen in dem Verdauungskanale des Fötus betrachtet wird. In gerichtlich-chemischen Fällen handelt es sich bisweilen darum, zu ent- scheiden, ob Flecke auf Leinwand oder anderem Stoff von Mekonium herrühren oder nicht. Für einen solchen Fall hat man folgende Anhaltspunkte. Die von ^Mekonium herrührenden Flecke haben eine braungrüne Farbe und lösen sich leicht von dem Stoffe ab, welchen sie auf Grund der zähen Beschaffenheit des Mekoniums kaum durchnässen. Mit Wasser angefeuchtet entwickeln sie keinen besonderen Geruch, beim Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure riechen sie dagegen etwas fäkal. Mit Wasser geben sie eine schleimige, grünlich gelbe -^eto°i'i™s Flüssigkeit mit braunen Flöckchen. Die Lösung giebt mit überschüssiger Essigsäure eine unlösliche Fällung von Mucin; beim Sieden gerinnt sie aber nicht. Der filtrirte, wässerige Auszug giebt die GMELo'sche, aber noch besser die HuppERT'sche Reaktion auf Gallenfarbstoffe. Die mit überschüssiger Kalk- milch gefällte Flüssigkeit giebt ein fast entfärbtes Filtrat, welches nach der Konzentration eine recht schöne PETTEXKOFER'sche Reaktion geben kann. Der Darminhalt unter abnormen Verhältnissen wird wohl gewöhnlich weniger Gegenstand einer chemischen Analyse als einer Inspektion oder einer mikroskopischen Untersuchung, x'^.us diesem Grunde kann auch die Frage von der Beschaffenheit des Darminhaltes bei den verschiedenen Krankheiten hier nicht des näheren abgehandelt werden. Von einem gewissen Interesse ist jedoch die Frage nach den verschiedenen Prozessen, welche — insoferne als sie von der Sekretion und Absorption abhängig sind — eine abnorme Konsistenz, eine dünnflüssige Beschaffenheit der Darmausleerunsen hervorrufen können. Eine Nachweis des 188 Siebentes Kapitel. solche Beschaffenheit kann theils von einer aus irgend welcher Ursache ge- hemmten Resorption von Flüssigkeit aus dem Darme und theils von einer ge- steigerten Absonderung oder einer Traussudation von Flüssigkeit in den Darm herrühren. Eine herabgesetzte Resorption (von Wasser) soll von einer lebhafteren Darmbewegung, in Folge welcher der Inhalt den Darm zu rasch passirt, her- rühren können, und auf diese "Weise sucht man oft die "Wirkung der abführenden Mittel zu erklären. Eine verminderte Resorption könnte jedoch auch von einer herabgesetzten Thätigkeit der resorbirenden Zellen selbst herrühren. Bei der Resorption sind, wie mau heutzutage allgemein annimmt, die Zellen der Schleim- Laxantien. haut aktiv betheiligt, und alles, was auf das Protoplasma dieser Zellen störend einwirkt, muss also auch die Resorption beeinflussen können. Dieses Verhalten ist mit Rücksicht auf die Wirkung der Laxantien besonders von Hoppe-Seyler betont worden. Nach ihm ist es auch wahrscheinlich, dass solche Laxantien, die höchstens spuren weise zur Resorption gelangen, durch eine direkte Ein- wirkung auf das Darmepithel — sei es dass sie hierdurch die Resorption erschweren oder eine Traussudation ermöglichen oder gleichzeitig auf diese beiden Weisen einwirken — die dünnflüssigen Ausleerungen erzeugen. Durch eine herabgesetzte Resorptionsthätigkeit sollen auch nach Röhma>'x die konzentrirten Salzlösungen wirken. Auch durch eine vermehrte Ausscheidung von Flüssigkeit in den Darm können dünnflüssige Darmentleerungen zu Stande kommen, und es scheinen viele Forscher es als etwas ganz Sichergestelltes zu betrachten, dass durch die Wir- kung der salinischen Abführmittel eine Traussudation von Flüssigkeit in den Darm erfolgt. Für das Zustandekommen einer solchen Transsudation ist wiederum die Beschaffenheit des Darmepithels zweifelsohne von der grössten Bedeutung, und wenn die salinischen Abführmittel eine Transsudation erzeugen, kommt diese wahrscheinlich durch eine Wirkung auf das E2:)ithel zu Stande. Mit Hoppe- Seylee und anderen Forschern muss man nämlich in dem Darniepithel den wichtigsten Regulator für die Flüssigkeitsströmung durch die Darm- schleimhaut sehen. Das Epithel ist es, welches einen Flüssigkeitsstrom den Gesetzen der Osmose entgegen ei'möglicht und welches unter normalen Yerhält- tionerTin' ui^scu eine Transsudatiou in den Darm verhindert. Stoffe, welche das Epithel affiziren, können deshalb eine Transsudation hervorrufen, und besonders reich- lich findet die Traussudation nach Abstossung des Darmepithels statt. Das schlagendste Beispiel hiervon liefert die asiatische Cholera, in welcher Krankheit das Epithel massenhaft abgestossen wird und eine ausserordentlich reichliche Transsudation stattfindet. den Darm. Darmkonkremente. 189 Anhang. Darinkonkremente. Im Darme des Menschen oder der Fleischfresser kommen Konkremente weniger oft vor; bei den Pflanzenfressern dagegen sind sie gewöhnlicher. Fremde Stotie oder unverdaute Reste der Nahrung können, wenn sie aus irgend einer Ursache im Darme längere Zeit zurückbleiben, mit Salzen, besonders mit Am- moniummagnesiumphosphat oder !Magnesiumphosphat sich inkrustiren, und diese Salze stellen in der That auch oft den gewöhnlichsten Hauptbestandtheil der Konkremente dar. Beim Menschen kommen bisweilen rundliche oder ovale, gelbe, gelbgraue oder braungraue Konkremente von wechselnder Grösse vor, welche aus konzentrischen Schichten bestehen und welche hauptsächlich Ammonium- maguesiumphosphat, Calciumphosphat nebst ein wenig Fett oder Pigment ent- halten. Der Kern ist gewöhnlich ein fremder Körj^er, z. B. Kerne von Steinobst, Darmkon- ein Knochenfragment oder ähnliches. In den Gegenden, in welchen Brod Menschen. aus Haferkleie ein wichtiges Nahrungsmittel ist, findet man nicht selten im Dickdarm des Menschen Ballen, die den sogenannten Haarballen, ähnlich sind (vergl. unten). Solche Konkremente enthalten Calcium- und Magnesiumphosphat {gegen 10 ^io), Haferkleie (15 — 18^o), Seifen und Fett (etwa 10 ^lo). Konkre- mente, welche sehr viel (gegen 74 *^/o) Fett enthalten, kommen selten vor, und ebenso sind aus mit Phosphaten inkrustirten Fibringerinnseln, Sehnen oder Fleischstückchen bestehende Konkremente weniger gewöhnlich. Bei den Thieren, besonders bei mit Kleie gefütterten Pferden, kommen Darmkonkremente öfter vor. Diese Konkremente, welche eine sehr bedeutende Grösse erreichen können, sind sehr hart und schwer (bis zu 8 Kilo) und be- stehen zum grössten Theile aus konzentrischen Schichten von Ammonium- magnesiumphosphat. Eine andere Art von Konki'ementen , welche bei Pferden und Rindern A'orkommen, besteht aus graugefärbten, oft sehr grossen aber verhält- nissmässig leichten Steinen, welche Pflanzenreste und Erdphosphate erhalten. Eine krementebei dritte Art von Darmsteinen sind endlich die bisAveilen cylindrischen , bisweilen sphärischen, glatten, glänzenden, an der Oberfläche braungefärbten, von zusammen- gefilzten Haaren und Pflanzenfasern bestehenden Haarballen. Zu dieser Gruppe gehören auch die sogenannten „Aegagropilae", w^elche angeblich von Anti- lope rupicapra stammen sollen, am öftesten aber wohl nichts anderes als Haarballen von Rindern sein dürften. Zu den Darmkonkrementen gehören endlich auch die sogenannten orientali- schen Bezoarsteine , welche wahrscheinlich aus dem Darmkanale von Capra x\egagrus und Antilope Dorcas stammen. Die Bezoarsteine können zweierlei Art sein. Die einen sind olivengrün, schwach glänzend mit konzentri- schen Schichten. Beim Erhitzen schmelzen sie unter Entwickelung von aromati- schen Dämpfen. Sie enthalten als Hauptbestandtheil eine der Cholalsäure ver- ^jg^" wandte Säure, die Li thof eil in säure, C^qÜ-j^O^, und daneben auch eine andere Gallensäure, die L i t h o b i 1 i n s ä u r e. Die anderen dagegen sind fast schwarz- braun oder schwarzgrün, stark glänzend mit konzentrischen Schichten und 190 Siebeutes Kapitel. Ambra. schmelzen beim Erhitzen nicht. Sie enthalten als Hauptbestandtheil die Ellag- siiure, ein Derivat der Gerbsäure von der Formel Cj4H,;0g, welche mit einer Lösung von Eiseuchlorid in Alkohol eine tiefblaue Farbe giebt. Diese letzt- genannten Bezoarsteine stammen allem Anscheine nach von der Nahrung der Thiere her. Die Ambra ist nach der allgemeiuen Ausicht ein Darmkonkremeiit des Pottwalles. Ihr ITaiiptbestandtheil ist das Ambrain, -welches eine stickstof freie, dem Cholesterin vielleicht verwandte Substanz ist. Das Ambrain ist unlöslich in "Wasser uud wird von siedender Alkali- lauge nicht verändert. In Alkohol, Aetlier und Oelen löst es sich. Kohlehy- drate und Fett. Resorption des Ei- weisses. VI. Die Resorption. Die Aufgabe der Verdauung bestand zum Theile darin, die für den Orga- nismus werthvollen Bestandtheile der Nahrung von den werthlosen zu trennen und jene zu lösen oder iiberhaupt derart umzuwandeln, dass sie den Aufsaugungs- vorgängen zugänglich werden. Bei einer Besprechung der Resorj^tionsvorgäuge handelt es sich also theils um die Form , in welcher die verschiedenen Nähr- stoffe zur Aufsaugung gelangen, theils um die Wege, welche die zu resorbiren- den Stoffe einschlagen und endlich um die Kräfte, welche bei diesen Prozessen wirksam sind. Die Stärke und die übrigen Kohlehydrate werden hauptsächlich als Zucker, zum Theile auch als organische Säuren (Milchsäure) und vielleicht auch aus- nahmsweise in geringer Menge als Dextrin aufgesogen. Das Fett kann zwar zum Theile als Seifen resorbirt werden , doch scheint die INIenge des in dieser Weise resorbirten Fettes, deijenigeu gegenüber, welche als eine Emulsion resorbirt wird, nur eine sehr geringe zu sein. Die Emulsion ist unzweifelhaft die un- verhältnissmässig wichtigste Form, in welcher das Fett resorbirt Avird, und der Emulsionsbildung unterliegen wie das Neutralfett auch die freien Fettsäuren, wenn sie in grosser Älenge im Darme vorkommen. Das Pepton ist', wie oben gesagt, das Endprodukt der A^erdauung der Eiweissk-örper, w'enn man nämlich nur die eiweissartigen Endprodukte in's Auge fasst. Da nun weiter das Pepton eine sehr leichtlösliche und verhältnissmässig leicht diffundirende Eiweissmodifikation ist, lag gewiss die Annahme nahe zur Hand, dass das Eiweiss in Pepton umgewandelt werden müsse, damit es leicht aufgesaugt werde. Für diese Ansicht sjorechen in der That auch einige Beob- achtungen Funkes an Thieren. Er fand nämlich, dass aus einer abgebundenen Darraschlinge des lebenden Thieres das Pepton (im älteren Sinne) bedeutend rascher als anderes Eiweiss resorbirt wurde. Dass aus dem Darmkanale stets ein Theil des Eiweisses als Pepton oder richtiger vielleicht als Albumose und Pepton resorbirt wird, ist auch unzweifelhaft. Ebenso sicher dürfte es aber durch Untersuchungen von Brücke, Bauer und Voit, Eichhorst, Czerny und Latschenberger festgestellt sein, dass auch nicht peptonisirtes Eiweiss, Casein, Myosin und Alkalialbuminat, aus dem Darme aufgesaugt werden kann, Die Resorption. 191 eine Bcol)achtung, welche besonders mit Rücksicht auf die cniühiendeii Klystire von i)nvktisc'hor Bedcutuiig ist. Wenn also das Eiweiss theils als solches und theils als Pepton resor])irt weiden kann, so fragt es sich demnächst, inwieweit es überwiegend in der einen oder der anderen Form resorbirt werde. Diese Frage kann noch nicht sicher beantwortet werden. Bei Untersuchungen des Magen- und Darininhaltes von Hunden fand indessen Schmidt- Mülheim die Menge des Peptons bedeutend grösser als die des einfach gelösten Eiweisses, was darauf hinzudeuten scheint, dass die grösste Menge des Eiweisses als Pepton (oder Albumose) resorbirt wird. Mit dem Wasser werden auch die löslichen Salze resorbirt. Für die Re- sorption solcher Salze, welche, wie z. B. die Erdphosphate, bei alkalischer Resorption Reaktion in Wasser unlöslich sind, scheinen das Eiweiss und die Peptone, ''^r Saize. welche nicht unerhebliche IMengen solcher Salze lösen, von grosser Bedeutung zu sein. Wie andere gelöste Stoffe können auch die löslichen Bestandtheile der Yerdauungssekrete und, wie der Uebergang von Pepsin in den Harn zeigt, unter diesen auch die Enzyme resorbirt werden. Für eine Resorption von Gallen- bestandtheilen unter physiologischen Verhältnissen spricht iiach der gewöhnlichen Ansicht das Vorkommen von Urobilin im Harne, obgleich jedoch dieser Farb- stoff nach gewissen Forschern (Mac Munx) mit dem Hydrobilirubin nicht identisch ist und andererseits nach einer Beobachtung von Copeman und Wixston au einer Frau mit Gallenfistel auch dann im Harne vorkommen kann, wenn keine Galle in den Darm hineinkommt. Die Frage nach dem Vorkommen von sehr kleinen Spuren von Gallensäuren im normalen Harne ist auch streitig, und aus dem Verhalten des Harnes ist es also schwierig, ganz sichere Schlüsse über eine etwaige Resorption von Gallenbestandtheilen aus dem Darme zu ziehen. Dagegen scheint eine Resorption von Gallensäuren aus dem Darme durch andere Beobachtungen sichergestellt zu sein. So hat Tappeixer Lösungen von gallen- Resorption sauren Salzen bekannter Konzentration in eine abgebundene Darmschlinge einge- "^Testand-" führt und nach einiger Zeit den Inhalt untersucht. Er beobachtete hierbei, dass hl dem Jejunum und dem Ileum, nicht aber in dem Duodenum, eine Resorption von Gallensäuren stattfindet, und er fand ferner, dass in dem Jejunum von den zwei Gallensäuren nur die Glycocholsäure resorbirt wird. Es ist ferner längst von Schiff die Ansicht ausgesprochen worden, dass die Galle einen inter- mediären Kreislauf derart durchmacht, dass sie aus dem Darme resorbirt, dann mit dem Blute der Leber zugeführt und endlich durch dieses Organ aus dem Blute eliminirt wird. Gegen diese Angabe sind zwar von einigen Seiten Ein- wände erhoben worden, aber ihre Richtigkeit scheint jedoch durch die Beobach- tungen mehrerer Forscher, in neuester Zeit von Prevost und Binet, wenigstens insofenie bewiesen zu sein, als nach Einführung von fremder Galle in den Darm eines Thieres die fremden Gallensäuren in der secernirten Galle des Ver- suchsthieres wieder erscheinen. Bezüglich der Wece, auf welchen die resorbirten Stoffe in den Blutstrom theilen. 192 Siebentes Kapitel. hiueingelangen können, sind zwei IMöglichkeiten denkbar. Die resorbirten Stoffe können theils durch die Chylusgefässe und den Ductus thoracicus indirekt dem Blute zugeführt werden oder sie können, nachdem sie das Darmepithel passirt haben, in die Blutkapillareu der Villi und also direkt in das Blut übergehen. Durch Untersuchungen von Ludwig und seinen Schülern, Röhrig, Zawilsky, V. Merixg und Schmidt - Mülheim, wie auch von Heidenhatn und seinen Schülern ist es nun festgestellt worden, dass das Fett zwar den Weg durch die Chylusgefässe und den Brustgang zum Blute einschlägt, dass dagegen die in Wasser löslichen Stoffe, wie Zucker vmd Salze, von dem Blute in den Kapil- laren der Villi aufgenommen werden und auf diese Weise in die Blutmasse Verschie- hineingelansren. Der Grund, warum diese gelösten Stoße nicht in grösserer deneResorp- ö & o o ^ tionswege. Menge in die Chylusgefässe übergehen, ist nach Heidenhain in den anatomi- schen Verhältnissen, in der Anordnung der Kapillaren dicht unter der Epithel- schicht zu suchen. Gewöhnlichenfalls finden diese Kapillaren die zur Aufnahme des Wassers und der in ilnn gelösten Stoffe nöthige Zeit. Wenn aber auf ein- mal grössere Mengen von Flüssigkeit, z. B. von einer Zuckerlösung, in den Darm eingeführt werden, ist dies nicht mehr möglich und in diesem Falle geht auch ein Theil der gelösten Stoffe in die Chylusgefässe und den Ductus thoracicus über (Ginsberg und Röhmann). Die Frage von der Resorption des Peptons, Avobei man jedoch in den meisten Fällen nicht zwischen Albumosen und Peptonen unterschieden hat, ist Gegen- stand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Ludwig und Schmidt -Mülheim unterbanden an Hunden die Hals- und Armvenen und Lymphgefässe beider Seiten, so dass, wie die Sektion später zeigte, eine vollkommene Absperrung des Chylus von der Blutbahn erzielt wurde. Sie fanden nun, dass die Eiweiss- des Peptons, resorption aus dem Darme hierdurch gar nicht beeinträchtigt wurde; und es folgt hieraus, dass das Eiweiss wie die anderen in Wasser löslichen Nahrungs- stoffe durch die Wandungen der Darmkapillaren direkt ins Blut gelangt. Wenn dies nun aber der Fall ist, könnte man ja erwarten, in dem Blute während oder nach der Verdauung Pepton in Lösung zvi finden. Dies ist indessen nicht der Fall. Schmidt - Mülheim und Hofmeister fanden nur Spuren davon im Serum oder Blute, und nach Neumeister finden sich nicht einmal Spuren da- von im Blute. In dem Chylus findet sich kein Pepton. Wo bleibt also das aus dem Darme resorbirte Pepton? Wird Pepton in Lösung in das kreisende Blut eingeführt, so wird es rasch aus dem Blute mit dem Harne eliminirt (Plos'z und Gyergyai, Hofmeister, SchmeOt-Mülheim). Dasselbe geschieht auch nach subkutaner Injektion von Pepton. Der normale Harn enthält nun aber kein Pepton, und die Abwesenheit dieses Stoffes im des Peptons. Blute nach der Verdauung lässt sich also nicht durch die Annahme einer Aus- scheidung desselben durch die Nieren erklären. Da das direkt in das Blut ein- geführte Pepton rasch durch die Nieren eliminirt wird, während von dem im Darme gebildeten Pepton nichts in den Harn übergeht, könnte man vielleicht denken, dass das Pepton normalerweise in der Leber zurückgehalten und ver- Die Resorption. 193 arbeitet werde, und da^^s nur dasjciu'oe Pepton, welclies mit Umgehung von diesem Organe in das kreisende Blut hineinkommt, in den Harn übergehe. Auch (heser Versuch einer Erkhirung scheint jedoch unhaltbar zu sein. Neumeister hat das Pfortaderblut eines Kaninchens, in dessen Magen reichliche ^NFengen von Albumoseu und Peptonen eingeführt worden, untersucht, ohne Spuren der fraglichen Stoffe darin zu finden. Andererseits hat er auch gezeigt, dass, wenn man der Leber eines Hundes mit dem Pfortaderblute Pepton (Amphopepton) zu- führt, dieses von der Leber nicht zurückgehalten, sondern mit dem Harne eli- minirt wird. Das Pepton scheint also als solches weder in die Blut- noch in die Chylusgefässe überzugehen, sondern es scheint schon in der Darmwand in irgend einer Weise verändert zu werden. Hofmeister, nach welchem die Magen- und die Darmwand die einzigen Körpertheile sind, in welchen Peptone während der Verdauung konstant vorkommen, hat in der That auch die Beobachtung gemacht, dass- das Pepton bei Körpertemperatur aus der ausgeschnittenen, an- scheinend noch lebenden Schleimhaut des Magens nach einiger Zeit verschwindet. Das Pepton scheint also schon in der Mukosa des Verdauungskanales eine Um- wandlung zu erleiden und mit einer solchen Annahme steht auch folgende Beob- achtung von Ludwig und Salyioli im Einklänge. Die genannten Forscher brachten nämlich in eine doppelt abgebundene, herausgeschnittene Dünndarm- schlinge, welche mittelst Durchleitens von defibrinirtem Blute am Leben er- halten wurde, eine Peptonlösung hinein und beobachteten dann, dass das Pepton zwar aus der Darmschlinge verschwand, dass aber in dem durchgeleiteten Blute kein Pepton sich vorfand. Wenn also das Pepton schon in der Schleimhaut oder jedenfalls in der Wand des Verdauungskanales verschwindet, so fragt es sich demnächst, was denn aus dem Pepton in der Schleimhaut werde. Durch Untersuchungen mehrerer Forscher, wie Maly, Plosz und Gyergyai, ADAMKIEW^cz, Zuntz und Pollitzer dürfte es wohl sichergestellt sein, dass die Albumosen und Peptone anderes Eiweiss in der Nahrung vertreten und also in gewöhnliches Eiweiss umgesetzt werden können. ^Nlan muss also annehmen , dass das Pepton schon in der Schleimhaut des Verdauungskanales zu Eiweiss regenerirt wird. Nach Hofmeister findet während der Verdauung eine bedeutende Ver- mehrung der Leukocyten in dem adenoiden Gewebe statt, eine Angabe, welche mit der Beobachtung Pohl's, dass beim Hunde nach einer eiweissreichen Mahl- zeit das venöse Blut des Darmes reicher an Leukocyten als das arterielle ist, im besten Einklänge steht. Nach Hof:meister sollen nun gerade die Leukocyten von grosser Bedeutung für die Resorption und Assimilation des Peptons sein. Sie können nämlich einerseits das Pepton aufnehmen und das Transportmittel desselben im Blute sein , vind andererseits können sie durch ihr Wachsthum, ihre Neubildung und Vermehrung in inniger Beziehung zu der Umwandlung und Assimilation des Peptons stehen. Heidenhain dagegen, welcher gleichfalls eine Umwandlung des Peptons in Eiweiss schon in der Schleimhaut als sicher- gestellt betrachtet, will doch, hauptsächlich auf Grund einer vergleichenden Resorption des Peptons. Um-wand- !ung des Peptons in Eiweiss. Beziehung der Leuko- cyten zu der Popton- resorption. Hammarsten , Pliysiologische Chemie. 13 194 Siel)eutes Kapitel. Bei der Eesorption ■wirkende Kräfte. Eesorption des Fettes. Schätzung der Menge des resorbirten Pepton.s und der Leukocyten, den letzteren keine .so gro.s.se Bedeutung für die Resorption des Peptons wie HoF^rEisxER bei- messen. Er findet es am wahrscheinlichsten, dass die Rückverwandlung des Peptons in Eiweiss schon in der Epithelschicht stattfindet. Die bei der Aufsaugung betheiligten Kräfte sind nur wenig bekannt. Früher wollte man in der Osmose und der Filtration mächtige Faktoren bei der Aufsaugung sehen. Wie aber bezüglich des Peptons, dessen Entstehung bei der Verdauung ja vor Allem im Interesse einer erleichterten Osmose und Filtration geschehen sollte , die Verhältnisse ganz anders liegen und weit ver- wickelter sind, so hat man auch bezüglich der anderen resorptionsfähigen Stoffe immer mehr von der älteren Anschauung Abstand genommen und der Ansicht sich zugeneigt, dass die Resorption ein au die vitalen Eigenschaften der Zellen gebundener Vorgang sei. Untersuchungen in dieser Richtung sind von Heiden- hain und seinen Schülern, Röhmann und Gumilewsky, ausgeführt worden und diese Untersuchungen haben gezeigt, dass die Zelle bei der Resorption aktiv betheiligt ist und dass sie diesen Vorgang unabhängig von einer ungleichen Diffusionsfähigkeit der verschiedenen Stoffe vermittelt. So wird z. B. aus einer Lösung, welche Traubenzucker und Glaubersalz in gleichen Mengen enthält, der Zucker fast vollständig resorbirt zu einer Zeit, in welcher von dem Salze, welches doch eine grössere Diffusionsfähigkeit hat, noch bedeutende Mengen im Darme sich vorfinden. Gewisse Farbstoffe werden nicht resorbirt und die Zelle scheint also die Fähigkeit zu besitzen, eine Auswahl zwischen den verschiedenen Substanzen zu treffen. Auch die Resorption der gelösten Stoffe scheint also an eine spezifi- sche Thätigkeit der lebenden Zelle, des lebenden Protoplasmas, gebunden zu sein. Die bei der Aufsaugung der nicht gelösten Stoffe, des enlulgirten Fettes, betheiligten Kräfte sind ebenfalls unbekannt. Dass die Galle von der aller- grössten Bedeutung für die Resorption des Fettes ist, darüber sind wohl Alle einig; wie aber die Galle bei diesem Vorgange wirkt, das ist noch unentschieden. V. Wistinghausen hat gefunden, dass das Fett in Kapillarröhren höher steigt, wenn sie mit Galle, als wenn sie mit Wasser angefeuchtet sind, und ferner, dass flüssiges Fett leichter durch eine mit Galle als durch eine mit Wasser getränkte todte Membran filtrirt. Aus diesen Beobachtungen, deren Richtigkeit übrigens neulich von Gad und Geöper l^estritten wurde, haben Einige den Schluss gezogen, dass die Galle die Kapillaritätsattraktion erleichtere und hier- durch auf die Aufsaugung des Fettes befördernd wirke. Die Epithelsehicht der Darmschleimhaut kann jedoch wohl nicht einer todten, mit Wasser durchtränkten Membran gleichgestellt werden, und es ist also zweifelhaft, ob die obengenannte Wirkung der Galle irgend welchen Einfluss auf die Resorption des Fettes im Darme haben könne. Dass die Resorption des Fettes von lymphoiden Wander- zellen vermittelt sein würde (Zawarykin, Sch.t:fer), wird von Gruenhagen und Heidenhain bestritten. Nach diesen Forschern nimmt das Fett seinen Haupt- weg durch die Epithelzellen selbst. Wie aber die letzteren hierbei wirken, ist, wie die Art ihrer Wirkung bei der Resorption überhaupt, noch in Dunkel gehüllt. Achtes Kapitel. Formele- mente. Chemische Bestand- theile. Gewebe der Bindesubstanzgruppe. I. Das Bindegewebe. Die Formelemente des typischen Bindegewebes sind Zellen verschiedener Art, von nicht näher erforschter chemischer Zusammensetzung, und leimgebende Fibrillen. Daneben kommen oft auch elastische Bildungen in wechselnder, bisweilen so vorherrschender Menge vor, dass das Bindegewebe fast in elastisches Gewebe übergeht. In dem Bindegewebe findet sich auch ein Mucin und die in der Parenehymflüssigkeit vorkommenden EiweisstofFe, Serumglobulin und Serum albmn in (Loebisch). Werden fein zerschnittene Sehnen mit kaltem Wasser extrahirt, so werden die in der Nahrungsflüssigkeit gelösten Eiweisstoffe nebst ein wenig Mucin herausgelöst. Extrahirt man dann den Rückstand mit halb gesättigtem Kalk- wasser, so löst sich das Mucin (Rollett, Loebisch) und kann mit überschüssiger Essigsäure aus dem filtrirten Auszuge gefällt werden. Der ausgelaugte Rück- stand enthält die Bindegewebsfibrillen nebst Zellen und elastischer Substanz. Die Bindegewebsfibrillen bestehen aus Collagen. Sie sind elastisch, quellen etwas in Wasser, stärker in verdünntem Alkali oder in Essigsäure, schnimpfen aber dagegen durch Einwirkuna; von einigen Metallsalzen, wie Ferrosulfat oder Quecksilberchlorid, und von Gerbsäure, welche Stoffe mit dem Collagen unlös- liche Verbindungen eingehen. Unter diesen Verbindungen, welche die Fäulniss des Collagens verhmdern, hat die Verbindung mit Gerbsäure grosse technische Verwendung zur Herstellung des Leders gefunden. Bezüglich des Sehnen- nnicins vergl. oben p. 27 und bezüglich des Collagens, des Glutins und des Elastins p. 30—32. Die unter dem Namen Schleim- oder Gallertgeicebe beschriebenen Gewebe sind mehr durch ihre physikalischen als durch ihre chemischen Eigenschaften . . 1 . • j % 11 • 1 Schleim- charakterisirt und sie sind überhaupt wenig studirt. So viel ist jedenfalls sicher, oderGaiiert- • • -n n • 1 • geivebe. dass das Schleim- oder Gallertgewebe wenigstens in gewissen Fällen, wie bei den Akalephen, kein Mucin enthält. 13* 196 Achtes Kapitel. Das ZU!" Untersuclnuig der chemischen Bestandtheile des Gallertgewebes am leichtesten zugängliche Material ist der Xabelstrang. Das darin vorkommende Muciu ist schon oben, S. 27, besprochen worden. In dem Glaskörper hüt C. Th. Mörxer ein Mucoid, welches 12,20 ^'o StickstoÖ' und 1,19 ^o Schwefel enthält, gefunden. Zellen und Grnnd- snbstanz. Bestand- theile der Grund- Substanz. IL Das Knorpelgewebe. Dieses Gewebe besteht aus Zellen mid einer ursprünglich hyalinen Grund- substanz, die jedoch derart verändert werden kann, dass in ihr ein Netzwerk von elastischen Fasern oder auch Bindegewebsfibrillen auftreten. Die Zellen, welche Alkalien und Sävuren gegenüber als sehr widerstands- fähig sich erweisen, sind nicht näher untersucht. Die Grundsubstanz soll, der älteren Anschauung gemäss, aus einem dem Collagen analogen Stoff, dem Chondrigen, bestehen, welches unter ähnlichen Verhältnissen wie das Collagen in einen entsprechenden Leiin, Chondrin oder Knorpelleim, übergehen soll. Neuere Untersuchimgen von Morochowetz u. A., besonders aber von C. Th. MöRXER, haben jedoch dargethan, dass die Grundsubstanz des Knorpels aus einem Gemenge von Collagen mit anderen Stoffen besteht. Die Tracheal-, Thp-eoideal-, Cricoideal- und Arytenoidealknorpel erwach- sener Kinder enthalten nach Mörxer in der Grundsubstanz vier Bestandtheile, nämlich das Chondromuco'id , die ChondroUsäure , das Collagen und das Albumo'id. Zasammen- setznng und Spaltangs- prodnkto. Chondromucoid. Dieser Stoff hat nach Mörxer die Zusammensetziuig C 47,30, H 6,42, V 12,58, S 2,42, 0 31,28 "o. Der Schwefel ist zum Theil locker gebunden und kann durch Einwirkung von Alkali abgespaltet werden, zum Theil scheidet er sich beim Sieden mit Salzsäure als Schwefelsäure ab. Von verdünnten Alkalien wird das Chondromucoid zersetzt und liefert dabei Alkalialbuminat, Peptonsubstanzen, Chondroitsäure, Schwefelalkali und etwas Alkalisulfat. Beim Sieden mit Säuren liefert es Acidalbuminat, Peptonsub- stanzen, Chondroitsäure und in Folge der weiteren Zersetzung der letzteren Schwefelsäm-e und eine reduzirende Substanz. Das Chondromucoid ist ein weisses, amorphes, sauer reagirendes Pulver, welches in Wasser unlöslich ist, nach Zusatz von wenig Alkali sich aber leicht löst. Diese Lösung wird von Essigsäiue in grossem üeberschuss und schon von kleinen Mengen ^Mineralsäure gefällt. Die Ausfällung kann von Xeutralsalzen imd von Chondroitsäure verhindert werden. Die NaCl-haltige, schalten des ^[^ jjQ anffesäuerte Lösung wird von Ferrocvaukalium nicht gefällt. Fällunes- Chondro- e o . o ^ mucoids. mittel für das Chondromucoid sind dagegen: Alaun, Eisen chlorid, Bleizucker oder Bleiessig. Von Gerbsäm-e wird das Chondromucoid nicht gefällt \ind das- selbe kann sogar im Gegentheil die Ausfällung des Leimes durch Gerbsäure verhindern. Das Chondromucoid .giebt die gewöhnlichen Farbenreaktionen der Eigen- Chondroitsäure. 197 Eiweisskürper: mit Salpetersäure, Kupfersulfat und Alkali, dem MiLLON'schen uud dem AüAMKiEWicz'schen Reagense. Chondroitsäure. Diese Säure, welche l)isher nicht frei, sondern nur als saures Salz erhalten worden ist, hat nach INIörner folgende Zusammen- setzung: C 35,28, II 4,68, A' 3,15, S 6,33, 0 50,56. Beim Sieden mit ver- dünnter Salzsäure spaltet sich säramtlicher Schwefel als H2SO4 ab und da- neben entsteht eine reduzirende Substanz von noch nicht ermittelter Natur. Die Säure (richtiger die sauren Alkalisalze) stellt ein weisses, amorphes Pulver dar, welches sehr leicht in Wasser zu einer sauren, bei genügender Konzentration klebrigen, einer Gummilösung ähnlichen Flüssigkeit sich löst. Fast sämmtliche Salze sind in Wasser löslich. Die neutralisirte Lösung Avird von Zinnchlorür, basischem Bleiacetat, neutralem Eisenchlorid und von Alkohol, bei Gegenwart von wenig Neutralsalz, gefällt. Dagegen wird die Lösung nicht von Essigsäure, Gerbsäure, Blutlaugensalz uud Säure, Bleizucker, Quecksilber- chlorid oder Silbernitrat gefällt. Die Chondroitsäure giebt die Farbenreak- tionen der Eiweisskörper nicht. Reindarstellung des Chondromucoids und der Chondroitsäure. Extrahirt man den sehr fein zerhackten Knorpel mit Wasser, so wird die präformirte Chondroitsäure nebst etwas Chondromucoid gelöst. In diesem Wasserex- trakte hindert die Chondroitsäure die Ausf ällung des Chondromucoids mit einer Säure; setzt man aber dem Wasserauszuge 2 — 4 p. m. HCl zu und erwärmt dann im Wasserbade, so scheidet sich nach und nach das Chondromucoid aus, während in dem Filtrate die Chondroitsäure und der Rest des Chondromucoids zurückbleiben. Extrahirt man dann den mit Wasser ausgelaugten Knorpel bei Körpertemperatur mit Salzsäure von 2 — 3 p. m., bis das Collagen in Leim um- gesetzt und gelöst worden ist, so kann aus dem ungelösten Rückstande noch ein Rest des Chondromucoids mit sehr verdünntem Alkali ausgezogen und aus dem alkalischen Extrakte mit einer Säure ausgefällt werden. Durch wieder- holtes Auflösen in Wasser mit Hilfe von wenig Alkali, Ausfällung mit einer Säure und zuletzt Alkohol - Aetherbehandlung kann das Chondromucoid ge- reinigt werden. Die Chondroitsäure, die präformirte Säure ebenso wie die, welche durch Zersetzung des Chondromucoids entsteht, erhält man durch Auslaugen des Knorpels mit Kalilauge von 5*^/0. Aus der Lösung entfernt man das durch Zersetzung des Chondromucoids entstandene Alkalialbuminat durch Neutralisation, fällt dann das Pepton mit Gerbsäure, entfernt den Ueberschuss der letzteren mit Bleizucker und entbleit dann das Filtrat mit Schwefelwasserstoff. Behufs der weiteren Reinigung fällt man die Säure mit Alkohol, löst den Niederschlag in Wasser, dialysirt diese Lösung energisch, fällt dann wieder mit Alkohol, wiederholt das Lösen in Wasser und Ausfällen mit Alkohol noch einige Male und behandelt zuletzt die Säure mit Alkohol-Aether. Das Collagen des Knorpels giebt nach Mörner einen Leim, welcher nur 16,40/0 N enthält und welcher wohl kaum mit dem gewöhnlichen Glutin ganz identisch sein dürfte. In den obengenannten Knorpeln erwachsener Thiere finden sich die Chon- droitsäure uud das Chondromucoid, vielleicht auch das Collagen, um die Zellen Zusammen- sotzun;,' der Cliondroit- sUure. Eisen- schaften der Chondroit- säure. Darstellung dos Chondro- mucoids. Darstellung.' der Chondro- itsäure. Collagen des Knorpels. 198 Achtes Kapitel. Choiulrin- ballen. Albumoid. Darstelluni;: des Knorpel- leimes u. des AlbnmoMs. Zusammen- setzung des Knorpels. Cornea. herum gelagert als rundliche Ballen oder Klümpchen , welche die Zellen um- schlie-sseu. Diese Ballen {ChonchinbaUen Mörners), welche von Methylviolett blau gefärbt werden, liegen ihrerseits in den Maschen eines Balkenwerkes, welches aus Albumoid besteht und von Tropäolin gefcärbt wird. Das Albumoid ist eine stickstofllialtige Substanz, welche lose gebun- denen Schwefel enthält. Das Albumoid ist schwer löslich in Säuren und Alkalien und ist in vieler Hinsicht dem Keratin ähnlich, von dem es in- dessen durch Löslichkeit in Magensaft sich unterscheidet. In anderer Hinsicht wiederum ähnelt es mehr dem Elastin, unterscheidet sich aber von diesem durch den Gehalt an Schwefel. Das Albumoid giebt die Farbenreaktionen des Ei- weisses. Zur Darstellung des Knorpelleimes und des Albumoids kann man auf folgende Weise verfahren (Mörner). Man entfernt zuerst das Chondromucoid und die Chondroitsäure durch Extraktion mit schwacher Kalilauge (ü, 2 — 0,5 ^'/o), wäscht aus den Knorpelresten das Alkali mit Wasser weg und kocht dann mit Wasser im Papins Digestor, Das Collagen geht dabei als Leim in Lösung, während das Albumoid ungelöst (von Knorpelzellen jedoch verunreinigt) zurück- bleibt. Der Leim kann durch Ausfällung mit Natriumsulfat, bis zur Sättigung in die schwach angesäuerte Lösung eingetragen, Auflösung des Niederschlages in Wasser, energische Dialyse und Ausfällung mit Alkohol gereinigt werden. In dem jungen Knorpel findet sich nach jMörner kein Albumoid, sondern nur die drei erstgenannten Bestandtheile. Trotzdem enthält der junge Knorpel etwa dieselbe Menge von Stickstofl' und MineralstofTen wie der ältere. In frischem Rippenknorpel fand Hoppe - Seyler 676,7 p. m, Wasser, 301,3 p. m. organische und 22 p, ni. anorganische Substanz. Im Kniegelenk- knorpel hat man 735,9 p. m. Wasser, 248,7 p. m. organische und 15,4 p. m. anorganische Substanz gefunden. Die Asche des Knorpels enthält bedeutende Mengen (sogar 800 p. m.) Alkalisulfat, welches indessen nicht als präformirt anzusehen ist, sondern wenigstens zum allergrössten Theile aus der Chondroit- säure und dem Chondromucoid beim Einäschern entstanden ist. Die Analysen der Knorpelasche können in Folge hiervon keine richtige Vorstellung von dem Gehalte des Knorpels an Mineralstoffen liefern. In dem Knorpel von Haifischen hat man sogar 940 p. m. NaCl in der Asche gefunden (Petersen und Soxhlet) und solcher Knorpel dürfte demgemäss wohl kaum nennenswerthe Giengen Chondromucoid oder Chondroitsäure enthalten. Der Knorpel einer Roche (Raja batis. Lin.), welcher von Lönnberg untersucht wurde, enthielt kein Albumoid, nur wenig Chondromucoid, aber viel Chondroitsäure und Collagen. . Die Cornea. Das Cornealgewebe, welches von mehreren Forschern in chemischer Hinsicht als dem Knorpel verwandt angesehen worden ist, enthält Spuren von Eiweiss und als Hauptbestandtheil ein Collagen, Avelches nach C. Th. Mörner 1 6,94^/0 N enthält. Daneben kommt nach Mörner auch ein Mucoid von der Zusammensetzung C 50,16; U 6,98; N 12,8 und S 2,05^/0 vor. Beim Sieden mit einer verdünnten Mineralsäure wird aus diesem Mucoid eine reduzirende Substanz erhalten. Das Knochengewebe. 199 Ossein. In der Cornea des Ochsen fand His 758,3 p. m. Wasser, 203,8 p. ni. leinigebende Substanz, 28,4 p. m. andere organische Substanz nebst 8,1 p. ni. lö-^lichen und 1,1 p. m. unlöslichen Salzen. III. Das Knochengewebe. Das eigentliche Knochengewebe , wenn es von anderen in den Knochen vorkommenden Bildungen, wie Knochenmark, Nerven und Blutgefässen, frei ist, besteht aus Zellen und Grundsubstanz. Die Zellen sind hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung nicht näher untersucht. Beim Sieden mit Wasser liefern sie keinen Leim. Sie ent- zeiien. halten kein ][veratin, welches überhaupt in der Knochensubstanz nicht vorkommen soll (Herbert Smith), enthalten aber vielleicht eine elastinähnliche Substanz. Die Grundsubstanz des Knochengewebes enthält zwei Hauptbestandtheile, nämlich eine organische Substanz, das Ossein, und die in ihr eingelagerten oder mit ihr verbundenen Kalksalze, die sog. Knochenerde. Behandelt man Knochen bei Zimmertemperatur mit verdünnter Salzsäure, so werden die Kalksalze heraus- gelöst und das Ossein bleibt als eine elastische Masse von der Form der Knochen zurück. Dieses Ossein betrachtet man allgemein als mit dem Collagen des Bindegewebes identisch. Das Ossein in den Knochen einiger AVasservögel und Fische dürfte jedoch vielleicht damit nicht identisch sein (Fremy). Der anorganische Bestandtheil des Knochengewebes, die sog. Knochenerdc, welche nach dem 'vollständigen Verbrennen der organischen Substanz als eine ^e?de!'^' weisse, spröde Masse zurückbleibt, besteht überwiegend aus Calcium und Phos- phorsäure, enthält aber auch Kohlensäure nebst untergeordneten JMengen Mag- nesium, Chlor und Fluor. Alkalisulfat und Eisen, welche man in der Knochen- asche gefunden hat, scheinen nicht der eigentlichen Knochensubstanz, sondern der Ernährungsflüssigkeit oder den übrigen Bestandtheilen der Knochen zu gehören. Bezüglich der Art und Weise, wie die Mineralstoffe des Knochengewebes an einander gebunden sind, gehen die Ansichten etwas auseinander. Das Chlor und das Fluor sollen in apatitähnlicher Bindung vorkommen (CaFl2,3Ca3P20g). Sieht man von dem Chlor und Fluor ab, so kann man sich denken, dass die übrigen ^Nlineralstoffe die Verbindung 3(Ca3P20g)CaC03 darstellen. Analysen der Knochenerde haben gelehrt, dass die Mineralbestandtheile in einem ziemlich konstanten Mengenverhältniss, welches auch bei verschiedenen Thieren ziemlich dasselbe ist, zu einander stehen. Als Beispiele von der Zu- sammensetzung der Knochenerde werden hier folgende Analysen von Zalesky angeführt. 1000 Theile Knochenerde enthielten bei : 200. Achtes Kapitel. Zusammen- setzung der Knochen- erde. Menge der organischen Substanz des Knochen- Nährflüssig- keit der Knochen. Zusammen- setzunR der verschie- denen Knochen des Slielets. Mensclaen Ochsen Schildkröten Meerschweinchen Calfiiimphosphat CaaPsOs 838,9 860,9 859,8 873,8 Masuesiuniphosphat :Mg3P,.0ö .... 10,4 10,2 13,6 10,5 Calcium, au CO.,, Fl und Cl gebimdeu . 76,5 73,6 63,2 70,3 CO2 57,3 62,0 52,7 — Chlor 1,8 2,0 — 1,3 Fluor • 2,3 3,0 2,0 — Bei dem Veraschen entweicht jedoch stets etwas COg, so dass die Kuocheuasche nicht die gesammte CO2 der Kuochensubstauz enthält. Die Meuge der organischen Substanz der Knochen, als Gewichtsverlust beim Glühen berechnet, schwankt etwa zwischen 300 — 520 p. m. Diese Schwank- ungen erklären sich theils aus der Schwierigkeit, die Knochensubstanz durch Trocknen ganz wasserfrei zu erhalten, und theils durch den sehr wechselnden Ge- halt verschiedener Knochen an Blutgefässen, Nerven, Marksubstanz u. dgl. Von einem wechselnden Gehalte an diesen Bildungen hängt wahrscheinlich auch der ungleiche Gehalt an organischer Substanz, welchen man in den kompakten und spongiösen Theilen desselben Knochens, wie auch in Knochen von verschiedenen Entwickelungsperioden derselben Thierart gefunden hat, ab. Das Dentin, welches verhältnissmässig reines Knochengewebe ist, enthält nur 260 bis 280 p. m. organische Substanz, und Hoppe-Seyler findet es deshalb auch wahi-scheinlich, dass die ganz reine Knochensubstanz eine konstante Zusammensetzung hat und nur etwa 250 p. m. organische Substanz enthält. Die Frage, ob diese Substanz mit der Knochenerde chemisch verbunden oder nur innig gemengt vorkomme, ist nicht entschieden. Die Ernährungsfiüssigkeit, welche die Masse des Knochens durchtränkt, hat mau nicht isoliren könneu und man weiss nur, dass sie etwas Eiweiss und ausserdem auch etwas NaCl und Alkalisulfat enthält. Das gelbe Kuochenmark enthält überwiegend Fett, welches aus Olein, Palmitin und Stcariu besteht. Eiweiss hat man besonders in dem sogenannten rothen Mark der spongiösen Knochen gefimden. Ausserdem enthält das Knochenmark sogenannte Extraktivstofte , wie Milchsäure, Hypoxauthin und Cholesteriu, meistens aber Stofi'e unbe- kannter Art. Die verschiedene quantitative Zusammensetzung der verschiedenen Knochen des Skelets rührt wahrscheinlich von einem verschiedenen Gehalte derselben an anderen Bildungen, wie Knochenmark, Blutgefässen u. a. her. Derselbe Um- stand bedingt auch allem Anscheine nach den grösseren Gehalt der spongiösen Knochenpartien an organischer Substanz den kompakten gegenüber. Scheodt hat an einem und demselben Thiere (Hund) vergleichende Analysen der ver- schiedenen Theile des Skelets ausgeführt und dabei wesentliche Unterschiede ge- funden. Der Wassergehalt der frischen Knochen schwankte zwischen 138 und 443 p. m. Die Knochen der Extremitäten und des Schädels enthielten 138 bis 222, die Rückenwirbel 168—443 und die Rippen 324 — 356 p. m. Wasser. Der Fettgehalt schwankte zwischen 13 und 269 p. m. Die grösste Fettmenge, 256 — 269 p. m., wurde in den langen, rohrförmigen Knochen gefunden, während in den kleinen, kurzen Knochen nur 13 — 175 p. m. Fett gefunden wurden. Die Menge der organischen Substanz, auf die frischen Knochen berechnet, war 150 — 300 p. m. und die Menge der Mineralbestandtheile 290— 563 p. ra. Die grösste Menge Knochenerde wurde nicht, wie sonst allgemein angenommen worden ist, in dem Femur, sondern in den drei ersten Halswirbeln gefunden. Bei der Das Knochengewebe. 201 Gans hat man die grösste Menge Knochenerde in dem Hunierus gefunden (Hiller). Ueber die Zusanuuensetzuug der Knochen in verschiedenen Altern liegen keine ganz zuverlässigen Angaben vor. Dass eine Zunahme der Mineralbestand- theile bis zu einem gewissen Alter, in welchem die Knochen ihre nöthige Festig- keit erreicht haben, stattfindet, ist nicht zu bezweifeln. Dagegen ist es nicht feststehend, ob diese Zunahme bei einer gewissen Grenze aufhört oder, wie man früher allgemein angenommen hat, vom Kindes- bis zum Grcisenalter ununter- brochen, wenn auch langsam, fortfährt. Die Zusainniensctzung der Knochen verschiedener Thierkhisscn ist nur wenig ))ekanut. Die Knochen der Vögel sollen im Allgemeinen etwas mehr Wasser als die der Säugethiere enthalten und die Knochen der Fische sollen die wasserreichsten sein. Die Knochen der Fisclie imd Amphibien enthalten umgekehrt eine grössere Menge organische Substanz. Die Knochen der rachydermen und der Cetaceen sollen viel Calciumkarbonat enthalten; die der körnerfressenden Vögel enthalten stets Kieselsäure. Die Kuochenasche der Amphilneu und Fische enthält ^Natriumsulfat. Die Knochen der Fische scheinen im Allgemeinen mehr lös- liche Salze als die anderer Thiere zu enthalten. Um den Stoffwechsel der Knochen zu studiren , hat man eine Menge Fütterungsversuche mit kalkreicher, bezw. kalkarmer Nahrung ausgeführt. Die Ergebnisse sind aber oft zweideutig oder widersprechend gewesen. Auch die Versuche, den Kalk der Knochen durch andere alkalische Erden oder durch Thonerde zu substituiren, haben widersprechende Resultate geliefert. Nach dem Ein- geben von Krapp hat man die Knochen der Versuchsthiere nach einigen Tagen oder Wochen roth gefärbt gefunden ; aber auch diese Versuche haben zu keinen sicheren Aufschlüssen über das Wachsthum der Knochen oder den Stoffwechsel derselben geführt. Unter pathologischen Verhältnissen, wie bei der Rachitis und der Knochen- erweichung, hat man angeblich in deii Knochen ein Ossein gefunden, welches beim Sieden mit Wasser keinen typischen Leim gab. Sonst scheinen die patho- logischen Verhältnisse hauptsächlich auf die quantitative Zusammensetzung der Knochen und besonders auf das Verhältniss zwischen organischer und anorgani- scher Substanz einzuwirken. Bei Exostosen und Osteosklerosen ist der Gehalt an organischer Substanz gewöhnlich vermehrt. In der Rachitis und der Osteo- malacie ist die Menge der Knochenerde bedeutend vermindert, Durch Fütte- rung mit kalkarmer Nahrung hat man versucht, die Thiere rachitisch zu machen. Bei Versuchen an erwachsenen Thieren hat man hierbei einander widersprechende Versuchsergebnisse erhalten. Bei jungen, noch nicht entwickelten Thieren hat Erwin Voit dagegen durch Mangel an Kalksalzen in der Nahrung rachitis- ähnliche Veränderungen hervorrufen können. Bei erwachsenen Thieren wurden die Knochen zwar auch in Folge des Mangels an Kalksalzen nach längerer Zeit verändert, aber sie wurden nicht weich, sondern nur dünner und atrophisch. Die Versuche, durch Zusatz von Milchsäure zu der Nahrung die Kalksalze aus den Knochen zu entfernen (Heitzmann, Heiss, Baginsky), führten ebenfalls zu keinen entscbeidenden Resultaten. Einige Forscher sind indessen der Ansicht, dass in der Rachitis ebenso wie in der Osteomalacie eine Lösung der Kalksalze Zusaimneii- setzunt: in verschie- denen Altern. Knochen ver- schiedener Thiere. Stoffwechsel der Knochen. Wirkung kalksalz- armer Nah- rung. 202 Achtes Kapitel. der Knochen durch Milchsäure geschehe. Mau beruft sich hierbei auf den Umstand , dass O. Weber und C. Schmidt in der cystenartig veränderten Knochensubstanz der osteomahicischen Knochen Milchsäure gefunden haben. Gegen die Möglichkeit, dass bei der Osteomalacie Kalksalze von der Milch- säure gelöst und aus den Knocheu weggeführt werden , haben hervorragende Forscher sich ausgesprochen. Sie haben nändich hervorgehoben, dass die von der^Eweisl- ^^'^^' Milchsäure gelösten Kalksalze bei der Neutralisation der Säure durch das pho^phato'zu '^Ik^'lische Blut sich wieder ausscheiden müssen. Ein solcher Einwand ist jedoch losen. yf)jj keiner grösseren Bedeutung, weil das alkalische Blutserum in hohem Grade die Fähigkeit hat, Erdphosphate in Lösung zu halten, wovon man sich leicht überzeugen kann. lu der Rachitis hat mau eine zwischen 664 und 811 p. m. schwankende Menge orga- nische Substanz gefunden. Die Menge der anorganischen Substanz war 189 — 336 p. m. Der Ilachitis gegenüber zeichnet sich die Osteomalacie nicht selten durch einen bedeutenden Fett- gehalt der Knochen, 230 — 290 p. m., aus ; im Uebrigeu scheint aber die Zusammensetzung so sehr zu schwanken, dass die Aualj'seu nur wenig Ijelehrend sind. Das Zaluig'cwebe schliesst sich in chemischer Hinsicht an das Knochen- gewebe nahe an. Von den drei Hauptbestandtheilen der Zähne, dem Dentin, dem Schmelze und dem Cemente, ist der letztgenannte Bestandtheil , das Cement, als echtes Knochengewebe zu betrachten und als solches gewissermassen schon besprochen worden. Das Dentin hat, der Hauptsache nach, dieselbe Zusammensetzung wie das Knochengewebe, ist aber etwas ärmer an Wasser. Die organische Substanz giebt beim Kochen Leim ; dabei werden aber die Zahnröhren nicht gelöst und sie können demnach nicht aus Collagen bestehen. In dem Dentin hat mau 260 — 280 p. m. organische Substanz gefunden. Der Schmeh ist eine Epithelial- bildung mit grossem Reichthume an Kalksalzen. Der Natur und Abstammung des Schmelzes eutsprechend liefert die organische Substanz desselben keinen Leim. Der vollständig ausgebildete Schmelz ist das wasserärmste, härteste und an MineralstofFen reichste Gewebe des Körpers, Bei erwachsenen Thieren ent- hält es fast kein Wasser, und der Gehalt an organischer Substanz beträgt nur 20 — 40 p. m. Das Mengenverhältniss des Calciums und der Phosphorsäure ist, nach Hoppe-Seyler's Analysen, etwa dasselbe wie in der Knochenerde. Nach den Bestimmungen von Berzelius kann der Schmelz 40 p. m. Calciumfluorid enthalten. Das Zahn-« Zellen des Fettge- webes. IV. Das Fettgewebe. Die Membran der Fettzellen widersteht der Einwirkung von Alkohol und Aethei". Sie wird weder' von Essigsäure noch von verdünnten INIineralsäuren gelöst, löst sich aber in künstlichem Magensaft. Vielleicht besteht sie aus einer dem Elastin nahe verwandten Substanz. Der Inhalt der Fettzellen ist während des Lebens flüssig, erstarrt aber nach dem Tode und wird je nach der Be- schaffenheit des Fettes mehr oder weniger fest. Neben dem Fette enthalten Das Fettgewebe. 203 die Fettzelleii auch einen gelben Farbstoff, welcher beim Abiua<^eru weniger rasch als (las Fett schwindet, weshalb auch das Unterhautzellgewebe sehr magerer Leichen eine dunkel orangerothe Farbe hat. Die nach vollständigem Verschwinden des Fettes zurückbleibenden fettarmen oder fast fettfreien Zellen, die „serum- haltigen Fettzellen", haben, wie es scheint, ein eiweisshaltiges , wasserreiches Protoplasma. Das Fettgewebe enthält um so weniger Wasser je reicher au Fett es ist. ScHULTZE und Reinecke fanden in lUU Thcilen Wasser ^lembraue Fett ettgewebe vom Ochseu 99,6 11,G 888,8 „ „ Schat 104,8 1G,4 878,8 „ „ Schwein G4,4 13,5 92-2,1 Das in den Fettzcllen enthaltene Fett besteht hauptsächlich aus Trigly- ceriden der Stearin-, Palmitin- und Oelsäure. Ausserdem kommen, besonders in den weniger .festen Fettarten, Glyceride der Kapronsäure, Valeriansäure und anderer, nicht näher untersuchten Fettsäuren vor. In allem Thierfett kommen ausserdem, wie Hofmann besonders gezeigt hat, auch freie, nicht flüchtige Fett- säuren, obgleich nur in geringer JNIenge, vor. Das Fett hat nicht nur bei ver- schiedenen Thierarten sondern auch in den verschiedenen Körpertheilen derselben Thierart eine wesentlich verschiedene, von den relativen jMengeverhältnissen der verschiedenen Fette abhängige Konsistenz. In den festeren Fetten — den Talg- Das Fett arten — überwiegen das Tristearin und Tripalmitin, während die weniger festen des Fett- Fette durch einen grösseren Reichthum an Palmitin und Triolein ausgezeichnet ^ sind. Dieses letztgenannte Fett findet sich in verhältnissmässig reichlicherer Menge bei Kaltblütern, und dies ist der Grund, warum das Fett der letzteren bei solchen Wärmegraden noch flüssig bleibt, bei Avelchen das Fett der Warm- blüter erstarrt. Im Menschenfett aus verschiedenen Organen und Geweben sollen angeblich rund 670 — 800 p. m. Olein enthalten sein. Der Schmelzpunkt ver- schiedener Fette wird durch die verschiedene Zusammensetzung des Gemenges bedingt, und er ist dementsprechend nicht nur für das Fett verschiedener Ge- webe desselben Individuums, sondern auch für das Fett desselben Gewebes bei verschiedenen Thieren ein verschiedener. Im Thierorganismus kommt Fett in allen Organen und Geweben vor, wenn auch die Menge desselben eine so wechselnde ist, dass eine tabellarische Uebersicht über den Fettgehalt der verschiedenen Organe von wenig Interesse " Fettgehalt ist. Am reichsten an Fett ist das Knochenmark, mit über 960 p. m. Die drei Avichtigsten Hauptdepots des Fettes im Thierorganismus sind: das inter- muskuläre Bindegewebe, das Fettgewebe der Bauchhöhle und des Unterhaut- bindegewebes. Das Thierfett hat im Mittel folgende elementare Zusammensetzung: C 76,5 ; H 12,0 und 0 11,5 "/o. Die Neutralfette sind farblos oder gelblich, in mög- lichst reinem Zustande geruch- und geschmacklos. Sie sind leichter als Wasser, auf welchem sie im geschmolzenen Zustand als sogenannte Fettaugen schwimmen. Sie sind unlösslich in Wasser; in siedendem Alkohol lösen sie sich, scheiden 204 Achtes Kapitel. Saponifl- kation. sich aber beim Erkalten — oft krystalliuisch — ■ aus. In Aether, Benzol und Chloroform sind sie leicht löslich. Mit Lösungen von Gummi oder Eiweiss geben die flüssigen Xeutralfette beim Schütteln eine Emulsion. Mit Wasser allein geben sie erst bei starkem und anhaltendem Schütteln eine, nicht dauer- sch^tten'des liafte , Emulsion. Bei Gegenwart von etwas Seife entsteht dagegen äusserst Fettes. leicht eine sehr feine und dauerhafte Emulsion. Das Fett giebt nicht ver- schwindende Flecken auf Papier; es ist nicht flüchtig, siedet bei etAva 300° C. unter theil weiser Zersetzung und verbrennt mit leuchtender und ■ russender Flamme. Die Fettsäuren haben die meisten der obengenannten Eigen- schaften mit den Keutralfetten gemeinsam, unterscheiden sich aber von ihnen dadurch, dass sie, in Alkohol-Aether gelöst, sauer reagiren und die Akroleinprobe nicht gebeu. Die Neutralfette entwickeln nämlich bei genügend starkem Er- hitzen alleiu, noch leichter aber beim Erhitzen mit Kaliumbisulfat oder anderen Wasser entziehenden Stoffen, stark reizende Dämpfe von Akrolein, von der Zer- setzung des Glycerins herrührend : Cg Hg (0H)3 — 2 HgO = Cg H^O. Die Neutralfette können unter Aufnahme der Bestandtheile des Wassers nach dem folgenden Schema gespaltet werden Cg H^ (ORjg -j- SH^O =:C3H5(OH)3 -^ 3H0R. Diese Spaltung kann durch das Pankreasenzym und durch gespannte Wasserdämpfe bewirkt werden. Am häufigsten zerlegt man je- doch die Neutralfette durch Sieden mit nicht zu konzentrirter Alkalilauge oder noch besser (bei zoochemischen Arbeiten) mit alkoholischer Kalilösung. Bei diesem Verfahren, welches Saponifikation genannt wird, entstehen die Alkalisalze der Fettsäuren (Seifen). Geschieht die Saponifikation mit Bleioxyd, so wird Bleipflaster, fettsaures Bleioxyd, erhalten. Stearin oder Tristearin, CgH^fCig HgjOolg, kommt vorzugsweise in den festeren Talgarten, aber auch in Pflanzenfetten vor. Die Stearinsäure, Cj^gHggOa, ist in freiem Zustande in zersetztem Eiter, in dem Auswurfe bei Lungeugangrän und in käsiger Tuberkelmasse gefunden worden. Als Kalkseife kommt sie in Exkrementen und Leichenwachs, in letzterem auch als Am- moniakseife vor. Als Natronseife findet sie sich vielleicht in Blut, Transsudaten und Eiter, Das Stearin ist das festeste und schwerlöslichste der drei gewöhnlichen • Neutralfette, In kaltem Alkohol ist es fast unlöslich und in kaltem Aether sehr schwer löslieh (225 Theilen). Aus warmem Alkohol scheidet es sich beim Stearin. Erkalten in rektangulären, seltener in rhombischen Tafeln aus,- Bezüglich des Schmelzpunktes, welcher dui'ch abwechselndes Erwärmen und Erkaltenlassen sich ändern kann, gehen die Angaben etwas auseinander; für das Stearin aus dem Fettgewebe wird er aber oft zu -f- 63° C. angegeben. Die Stearinsäure kiystallisirt (aus siedendem Alkohol beim Erkalten) in grossen, glänzenden, länglichen rhombischen Schüppchen oder Blättern, Sie ist schwerlöslicher als die anderen Fettsäuren und hat den Schmelzpunkt 69,2 ° C, Ihr Baryumsalz enthält 19,49 °,o Baryum. Paluiitin und Olein. 205 Palmitin, Tripulmitin C3H5.(CnjH3i OJ3, soll unter den zwei festen Fettai-ten diejenige sein, welche in dem Meuschenfette in vorherrschender Menge vorkommt (Langer). Das Palmitin kommt in allem thierischen Fett und auch in mehreren Arten vegetabilischen Fettes vor. Ein Gemenge von Stearin und Palmitin wurde früher Marga-rin genannt i). Von dem Vor- kommen der Palmitinsäure, CigHgoO^, dürfte wohl etwa dasselbe wie für die Stearinsäure gelten. Das Gemenge dieser zwei Säuren wurde früher Mar- gar in säure genannt, und dieses Gemenge kommt — in oft sehr langgezogenen, dünnen, um ihre Längenachse gedrehten, krystallinischen Blättchen — in altem Eiter, in dem Auswurfe bei Lungengangrän u. s. w. vor. Das Palmitin krystallisirt, beim Erkalten der warm gesättigten Lösung in Aether oder Alkohol, in sternförmigen Rosetten von feinen Nadeln. Das, Margarin genannte Gemenge von Palmitin und Stearin krystallisirt beim Er- p^j^^jjj^ kalten der Lesung in Ballen oder kugeligen ^Massen, welche aus kürzeren oder längeren, dünnen Blättchen oder Nadeln, die oft grashalmähnlich gewunden er- scheinen, bestehen. Wie das Stearin hat auch das Palmitin verschiedene Schmelz- und ErstaiTungspunkte , je nach der Art und Weise, wie es vorher behandelt worden ist. Als Schmelzpunkt wird oft + 62° und als Erstarrungs- punkt -|- 45' C. angegeben. Die Palmitinsäure krystallisirt aus alkoholischer Lösung in Büscheln von feinen Nadeln. Der Schmelzpunkt ist + 62^ C, doch ändert die Beimengung von Stearinsäure, wie Hein'tz gezeigt hat, je nach dem wechselnden relativen IVIengenverhältnisse der zwei Säuren, den Schmelz- bezw. Erstarrungspunkt wesentlich. Die Palmitinsäiu-e ist in kaltem Alkohol etwas leichtlöslicher als die Stearinsäure; in siedendem Alkohol, Aether, Chloroform und Benzol sind beide dagegen etwa gleich löslich. Olein, Triolein C3H5(CisH330,)3 , kommt in allem thierischen Fett und in reichlicher Menge in den Pflanzenfetten vor. Es ist ein Lösungsmittel für Stearin und Palmitin, Die Oelsäure , El a'in säure CigHg^O,, kommt wahrscheinlich als Seife in dem Darmkanale während der Verdauung und im Chylus vor. Das Olein ist bei gewöhnlicher Temperatur ein fast farbloses Oel von 0,914 spez. Gewicht, ohne Geruch und eigentlichen Geschmack. Bei — 5° C erstarrt es zu krystallinischen Nadeln. An der Luft wird es leicht ranzig. Es löst sich schwer in kaltem Alkohol, leichter in warmem oder in Aether. Von salpetriger Säure wird es in das isomere Elaidin übergeführt. Die Oelsäure, welche beim Erhitzen neben flüchtigen Fettsäuren die in glänzenden Blättcheu krystallisirende , bei 127« C. schmelzende Sebacin- säure, CioH^gO^, giebt, und welche von salpeteiger Säure in die isomere, feste, q^^^.^^^ bei -{- 450 C. schmelzende Elaidin säure übergeführt wird, bildet bei ge- Palmitin- säure. Olein. ^) Dieses Gemenge darf nicht mit dem srathetiscli dargestellten Xeutralfette Trimargarin verwechselt werden. 206 Achtes Kapitel. wohnlicher Temperatur eine färb-, geschmack- und gej'uchlose ölige Flüssigkeit, die bei etwa -|- 4^ C. krystallinisch erstarrt. Sie ist unlöslich in Wasser, löst sich aber in Alkohol, Aether und Chloroform. Mit konzentrirter Schwefelsäure und etwas Rohrzucker giebt sie eine prachtvoll rothe oder roth-violette Flüssig- keit, deren Farbe der bei der PEXXEXKOFER'schen Gallensäiu-eprobe entstehenden ähnlich ist. Wird die wässerige Lösung der Alkaliverbindung der Oelsäure mit Blei- acetat gefällt, so erhält man eine weisse, zähe, klebrige Masse von plsaurem Bleioxyd, welche in Wasser nicht, in Alkohol wenig, aber in Aether löslich ist (Unterschied von den Bleisalzen der zwei anderen Fettsäuren), Eine der Oelsäure verwandte Säure , die Döglingsäure, welche bei 0 ° fest, bei -{-16" flüssig und in Alkohol löslich ist, findet sich im Thrane von Balaena rostrata. Zum Xachweise von Fett in einer thierischen Flüssigkeit oder in thieri- schen Geweben muss man erst in passender Weise das Fett mit Aether aus- schütteln oder extrahiren. Nach dem Verdunsten des Aethers wird der Rück- stand auf Fett geprüft, wobei die Akroleinnrobe nicht unterlassen werden darf. Fällt diese Probe positiv aus, so ist Neutralrett vorhanden ; im entgegengesetzten Falle finden sich nur Fettsäuren vor. Giebt der Verdunstungsrückstand die Akrol einprobe , so löst man einen kleinen Theil davon in säurefreiem, mit Al- caunatinktur blau -violett gefärbtem Alkohol - Aether. Wird die Farbe dann roth, so liegt ein Gemenge von Neutralfett und Fettsäuren vor. Man behandelt Prüfon? auf in diesem Falle das Fett mit Sodalösung in der Wärme und verdunstet unter ^"d^r'ett- L'iiirühren auf dem Wasserbade, bis das Wasser entfernt worden ist. Die Fett- säuren, säuren werden hierbei von dem Alkali als Seifen gebunden, während das Neutral- fett unter diesen Umständen nicht verseift wird. Behandelt man nun dieses Gemenge von Seifen und Xeutralfett mit Wasser und schüttelt dann mit alkohol- freiem Aether, so löst sich das Neutralfett in dem Aether, während die Seifen in wässeriger Lösung zurückbleiben. Aus dieser Lösung können die Fettsäuren dann durch Zusatz von einer ]SIineralsäure freigemacht und ausgeschieden werden. Das vom Aether aufgenommene, von den Seifen getrennte Neutralfett ist oft von etwas Cholesterin verunreinigt, von dem es bei quantitativen Bestim- mungen durch Sapouifikation mit alkoholischer Kalilauge getrennt werden muss. Das Cholesterin wird von der Lauge nicht angegriffen, während das Neutralfett verseift wird. Nach dem Verdunsten des Alkohols löst man in Wasser und Prüfun? auf Schüttelt mit Aether, welcher das Cholesterin löst. Aus der wässerigen Lösung fäMen^und ^^^' Seifen scheidet man die Fettsäm-en durch Zusatz einer Mineralsäure aus. Seifeu. Hat man von Anfang an ein Gemenge von Seifen, Neutralfett und Fettsäuren, so behandelt man es mit Wasser und schüttelt mit alkoholfreiem Aether, von welchem Fett und Fettsäuren gelöst werden, während die Seifen bis auf sehr kleine Mengen, welche auch von dem Aether aufgenommen werden, in Lösung bleiben. Um die verschiedeneu Arten der Neutralfette zu erkennen und von ein- ander zu trennen, muss man sie erst, am besten mit alkoholischer Kalilauge, \'erseifen. Nach dem Verdunsten des Alkohols löst man in Wasser und fällt mit Bleizucker. Das Ölsäure Bleioxyd Avird dann von den zwei anderen Blei- salzen durch anhaltende Extraktion mit Aether getrennt. Den in Aether un- Prüfung auf löslichen Rückstand zersetzt man auf dem Wasserbade mit überschüssiger Soda- dene Fett- lösung, trocknet ein, pulverisirt fein und extrahirt mit siedendem Alkohol. Die arten. alkoholische Lösung wird dann mit Barvuraacetat oder Barvumchlorid fraktionirt Ursprung des Fettes. 207 gefällt. Im den Fraktionen bestimmt man einerseits den Gehalt an Baryum und andererseits bestimmt man den Schmelzpunkt der mit einer jNIineral säure ausgeschiedenen Fettsäure. Die von vorne herein in thierischen Geweben oder Flüssigkeiten entweder frei oder als Seifen vorkommenden Fettsäuren werden ebenfalls in Baryumsalze übergeführt und wie oben untersucht. Die Ahstamimmn des Fettes ini Orfjdnisrnus kann eine verschiedene sein. Das Fett des Thierkörpers kann nämlich theils aus resorbirtem, in den Geweben deponirtem Nahrungsfett und theils aus in drm Organismus aus anderen Stoffen, Eiweisskörpern oder Kohlehydraten entstandenem Fett bestehen. Dass das im Darmkauale resorbirte Fett der Nahrung von den Geweben zurückgehalten werden kann, ist auf verschiedene Weise gezeigt worden. Lebedeff und MuNK haben Hunde mit fremdem Fett, wie Leinöl, Hammeltalg und Rüb- öl, gefüttert und darnach das verfütterte Fett in den Geweben wiedergefunden. Hofmann liess Hunde so lange hungern, bis sie anscheinend ihr eigenes Körper- fett verloren hatten, und fütterte sie dann mit grossen Mengen Fett und nur wenig Eiweiss. Da die Thiere später getödtet wurden, fand er in ihnen eine so grosse Menge Fett, dass sie lange nicht von dem aufgenommenen Eiweiss allein hätte gebildet sein können, sondern zum wesentlichen Theil auch von dem mit der Nahrung aufgenommenen Fette herrühren musste. Zu ähnlichen Re- sultaten bezüglich des A^erhaltens des resorbirten Fettes im Organismus gelangten auch Pettenkofer und Vorr in ihren, nach einer anderen Methode ausgeführten Versuchen. Endlich hat auch Munk gefunden, dass bei Verfütterung von freien Fettsäuren diese ebenfalls in den Geweben abgelagert werden, aber nicht als solche, sondern erst nachdem sie auf dem Wege vom Darme zum Ductus thoracicus eine Synthese mit Glycerin zu Neutralfett erfahren haben. Nach Ewald soll die überlebende Darmschleirahaut einer solchen Synthese fähig sein. Als MutterstofFe des im Organismus gebildeten Fettes können die Eiweiss- stoffe und die Kohlehydrate in Betracht kommen. Einen Beweis für die Fettbildung aus Eiweiss hat man in der Entsteh- ung des sogenannten Leichenwachses, Adij^ocire, einer aus reichlichen Mengen Fettsäuren, Ammoniak- und Kalkseifen bestehenden Masse, in welche eiweissreiche Leichentheile bisweilen umgewandelt werden , sehen wollen. Die Beweiskraft dieser Beobachtung ist jedoch vielfach angezweifelt worden und man hat die Entstehung des Leichenwachses in verschiedener Weise zu erklären ver- sucht. Nach neueren Untersuchungen von Kratter und K. B. Lehmann will es jedoch scheinen, als wäre es auf experimentellem Wege gelungen, eiweissreiche thierische Gewebe (IMuskeln) durch anhaltende Einwirkung von Wasser in Leichenwachs umzuwandeln. Dass die Entstehung der Fettsäuren in diesem Falle wirklich aut Kosten des Ei weisses geschieht, scheint aus den Untersuch- ungen Lehmanns hervorzugehen. Ein anderer, der pathologischen Chemie entlehnter Beweis für eine Fett- bildung aus Eiweiss ist die Fettdegeneration. Auch in diesem Punkte ist man nicht ganz einig gewesen; aber es scheint jedoch durch die Untersuchungen von Ursprang des Fettes im Thier- körper. Leichen- vrachs. Fetldegene- ration. 208 Achtes Kapitel. Fettbildung aus Eiweiss. Pettbildung aus Ei weiss. Fettbildnng aus Kohle- hydraten. Bauer bewiesen zu sein, dass wenigstens bei der akuten Phospborvergiftung die Fettdegeneration wirklich in eiuer Fettbildung aus Eiweiss besteht. Als ein schwerwiegender Beweis für eine Fettbildung aus Eiweiss sind die UntersuchuDgen von Fetten kofer und Voit oft angeführt worden. Diese Forscher fütterten Hunde mit grossen Mengen möglichst fettarmem Fleische und fanden dabei in den Exkreten sämmtlichen Stickstoff, aber nvir einen Theil des Kohlen- stoffes wieder. Zur Erklärung von diesem Verhalten hat mau die Annahme gemacht, dass das Eiweiss im Organismus in einen stickstoff'haltigen und einen stickstoffreien Theil sich spalte, von denen jener zuletzt in die stickstoff'haltigeu Endprodukte, Harnstoff u. a., zerfallen, dieser dagegen im Organismus als Fett zurückgehalten werden soll (Pettenkofer und Voit). Einen anderen, mehr direkten Beweis für eine Fettbildung aus Eiweiss hat Hofmann geliefert. Er experimentirte mit Fliegenmaden. Einen Theil der- selben tödtete er und bestimmte deren Gehalt an Fett. Den Rest liess er in Blut, dessen Gehalt an Fett ebenfalls bestinunt worden, sich entwickeln, tödtete sie nach einiger Zeit und analysirte sie dann. Er fand dabei in ihnen 7 bis 19 Mal so viel Fett als die anfangs analysirten Maden und das Blut zusammen enthalten hatten. Wenn nun also, auf Grund des eben Angeführten, eine Fettbildung aus Eiweiss wohl nicht zu bezweifeln ist, so kennt man indessen weder die Menge Fett, welche aus dem Eiw'eiss in Maximo entstehen kann, noch die bei der Fettbil- dung verlaufenden chemischen Prozesse. An diejenigen Produkte erinnernd, welche bei der Zersetzung des Eiweisses mit Baryumhydroxyd entstehen, hat Drechsel die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass im Eiweissmoleküle wahrscheinlich ursprünglich keine Radikale mit mehr als sechs oder neun Kohlenstoffatomen enthalten sind. Wenn überhaupt Fett aus Eiweiss im Thierkörper entsteht, muss es also in Folge hiervon nach Drechsel bei der Fettbildung nicht um eine Abspal- tung von Fett aus dem Eiweiss, sondern vielmehr um eine Synthese aus primär entstandenen, kohlenstoffärmeren Spaltungsprodukten des Eiweisses sich handeln. Eine Fettbildung aus Kohlehydraten im Thierkörper wurde zuerst von Liebig angenommen. Diese Ansicht wairde aber eine Zeit lang bekämpft, und man war bis in der letzten Zeit allgemein der Meinung, dass eine direkte Fett- bildung aus Kohlehydraten nicht nur unbewiesen, sondern auch unwahrschein- lich sei. Den von Liebig beobachteten und bewiesenen, unzweifelhaft grossen Einfluss der Kohlehydrate auf die Fettbildung wollte man mit C. v. Voit durch die Annahme erklären, dass diese letzteren statt des resorbirten odei* aus dem Eiweiss gebildeten Fettes verbrannt werden und also eine das Fett ersparende AVirkung haben würden. Durch eine Menge von Fütterungsversuchen mit ein- seitig kohlehydratreicher Nahrung, von Lawes und Gilbert, Soxhlet, Tscher- W'iNSKY, Meissl und Stromer (an Schweinen), B. Schultze, Chaniewski, E. Voit und C. Lehmann (an Gänsen), J. Munk und M. Rubner (an Hunden), scheint es indessen nunmehr ganz sicher bewiesen zu sein, dass eine direkte Fettbil- dung aus Kohlehydraten wii'klich vorkommt. Die Art und Weise, wie diese Fett- Wiillrath. 200 bililuiijj; ZU SLan(l«> koiiuiit, isl ji-dDch uiihckaiiiil. J)a in den Kolilcliydratcii keine so viel^dioderifioii Kohlcnstoifketteii wie in (km Fettarten enthalten sind, muss die l'^'tlhilduMj;- aus den Koldehydiateii eine Syntliese sein, hei welcher, da die Gruppe ClIOIl hierbei in i'lL^ übcr^etuhrt wird, auch eine Reduktion stattfinden muss. ]]ei sehr fettreicher Nahrung werden reichliche Mengen Fett in das Fett- gewebe abgelagert, um bei unzureicht;nder Nahrung rasch verbraucht zu werden. Es giebtwohl auch kaum irgend eines der verschiedenen Gewebe, welches während des Hungers so rasch abninniit wie das Fettgewebe. In diesem Gewebe hat also der Organismus ein De[)ot, in welches ein für die Eutwickelung von Wärme und lebendiger Kiaft überhau{)t äusserst wichtiger Nährstoff bei reichlicher Nahrungszufuhr abgelagert und von welchem er bei unzureichender Nahrung, in di'm Maasse wie es ncithig wird , wieder abgegeben wird. Dass das Fett- gewebe, abgesehen von dieser ]iedeutung, auch als schlechter AVärmeleiter ein wichtiges Mittel zur Regulirung der Wärineverluste des Kih-pers darstellt, ist ebenso einleuchtend, wie es offenbar ist, dass das Fettgewebe als Ausfüllungs- mittel gewisser Höhlen und als Schutzmittel gewisser innerer Organe von der erWissteu Bedeutung; sein muss. Bodoutung des Fett- frewobos. Anhang znm Fett;^:ewebe. Wallratll. Beim Pottwalle findet sieli in einer grossen Vertiefung der Schädelknochen eine beim lebenden Thiere ölige Flüssigkeit, der Wallratli, welcher nach dem Tode beim Erkalten in einen festen, krystallinischeu Antheil, den Wall rat h im eigentlichen Sinne, und in einen flüssigen, das Wallrathöl, sich scheidet. Das letztere wird durch Auspressen von jenem getrennt. Der Wallrath findet sich auch bei anderen Wallfischen und bei einigen Delphinusarten. Der gereinigte, feste Wallrath, welcher Cetin genannt wird, ist ein Gemenge von I'^ettsiiureestern. Der Hau])tbestandtheil ist der Palmitiusäure-Cetyläther, dem geringe Mengen der zusammengesetzten Aether der Laurinsäure, Myristinsilure imd Stearinsäure mit Radikalen der Alkohole Lethal, CVJI^.OH, Methai, Ci^Haj, . OH und Stethai, CigHsj-OH, beige- mengt sind. Das Cetil! ist eine schneeweisse, perlmuttergliinzeude, blättrig krystalliuische, spnUle, dem Anfühlen nach fettige Masse, welche je nach der Reinheit einen verschiedenen Schmelz])unkt ■ 30 bis -|- 50 " C. zeigt. Das Cetin ist unlöslich iu Wasser, löst sich aber leicht in kaltem Aether, flüchtigen und fetten Oelen. Es löst sich in siedendem Alkohol, krystallisirt aber beim Erkalten aus. Von einer Lösung von Kalihydrat in Wasser wird es schwierig, von alkoholischer Kalilösung dagegen leicht verseift, und es werden dabei die obengenannten Alkohole frei gemacht. Aetlial oder Cetylalkohol, CißHgs.OH, welcher auch iu der Burzeldrüse von Enten und Gänsen (De Jonge) ^xad in kleinen Mengen im Bienenwachse vorkommen soll, stellt weisse, durchsichtige, geruch- imd geschmacklose Krystallmassen dar, welche in Wasser unlöslich, in Alkohol und Aether aber leicht löslich sind. Das Aethal schmilzt bei -\- 49,.'5 " C. Das Wallrathöl soll bei der Verseifung Valeriansäure, kleine Mengen fester Fett- säuren und Physetölsäure liefern. Diese Säure stellt färb- und geruchlose, nadelförmige, in Alkohol und Aether leicht lösliche Krystalle, welche bei -f~ 34 " C. schmelzen, dar. Das Bienen wachs dürfte auch im nächsten Anschluss an die Fette abgehandelt werden können. Es enthält drei Hauptbestaudtheile. 1. Die Cerotin säu r e, C.^jfJ-aO.i, welche als Cetyläther in chinesischem und als freie Säure in gewöhnlichem AVachs vorkommt. Sie löst sich in siedendem Alkohol und scheidet sich beim Erkalteu krystallinisch aus. Der von ihr getrennte, erkaltete, alkoholische Auszug des Wachses enthält 2. das Cerolcin, welches wahrscheinlich ein Gemenge mehrerer Stoffe ist, imd 3. das Myricin, welches den Haui>tbestandtheil des in Alkohol , warmem wie kaltem , unlöslichen Theiles des Wachses darstellt. Das ^Myricin besteht hauptsächlich aus dem Palmitinsäureäther des Melissyl-(iryricyl)- Alkühols, C30HB1.OH. Dieser Alkohol ist ein bei + 85 ° C. schmelzender, seideglänzender krvstalli nischer Stoff. Wallrath Cetin. Aethal. Bieneii- wachs. Hammarsten, Physiolugische Chemio. 14 Neuntes Kapitel. Die Muskeln. Quergestreifte Muskeln. Beim Studium der Muskeln niuss die Hauptaufgabe der physiologischen Chemie die sein, die verschiedenen morphologischen Elemente des Muskels zu isoliren und jedes Element für sich zu untersuchen. Des komplizirten Baues des Muskels wegen ist dies jedoch bisher fast gar nicht möglich gewesen, und bis auf einige wenige mikrochemische Reaktionen hat man sich bisher mit der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der Muskelfaser als Ganzes begnügen müssen. Jedes Muskelrohr oder jede Muskelfaser besteht aus einer Hülle, dem Sarkolemma, welches aus einer elastinähnlichen Substanz zu bestehen scheint, und einem ei weiss reichen Inhalt. Dieser letztere, welcher im Leben kontraktionsfähig ist, reagirt bei dem lebenden, ruhenden Muskel alkalisch Inhalt der oder richtiger amphoter mit vorherrschender Wirkung auf rothes Lackmus- röhren, papier, eine Reaktion, welche von einem Gemenge von Mono- und Dikalium- phosphat mit überwiegendem Diphosphat herrührt. Der todte Muskel reagirt dagegen sauer, und diese Reaktion rührt von Kaliummonophosphat und freier Säure, Milchsäure, her. Sieht man von den noch etwas streitigen Angaben über die feinere Struktur des Muskels ab, so kann man in den quergestreiften Muskelröhren zwischen zwei Hauptbestandtheilen unterscheiden, der doppeltbrechenden, anisotropen, und der einfach brechenden, isotropen Substanz. Behandelt man die Muskel- faser mit eiweisslösenden Reagentien, wie verdünnter Salzsäure, Sodalösrng oder Magensaft, so quillt sie .stark und zerfällt in Querscheibchen „Bowmans Discs." Bei der Einwirkung von Alkohol, Chromsäure, siedendem Wasser oder im All- gemeinen von solchen Reagentien, welche eine Schrumpfung hervorrufen, zer- fällt die Faser der Länge nach in Fibrillen ; und diese Verhältnisse zeigen also, dass in den Bau der Muskelfasern mehrere, chemisch differente Substanzen verschiedener Löslichkeit eingehen. Verhalten der Muskel- lasern zu Reagentien. Eiwi'isskinpcr (Us Muskels. 211 Als Hnupdu'stnnrltlie'il der aus (ioppclthrechendiT Sui)^i;iiiz bestehenden (J.uerschei bellen giei)t man gewöhnlieh einen Eiweisskörper, da- Myo.-'in, an, während die isotrope Substanz die Hauptmasse der übrigen Eiweissstoffe des Muskels, wie auch wenigstens die IIau[)tmasse der Extraktivstoffe derselben enthalten soll. Nach einer Beobachtung Damlewsky's soll man indessen mit einer Boziohun.'on . (lor Kiweiss- 5°/oigen Salmiaklösung das Myosiu vollständig aus dem Muskel extrahiren stofro zu der ' ^ n J o Struktur (los können, ohne die Struktur desselben zu verändern, was der obigen An- Muskels. nähme widerspricht. Nach Danii.ewsky soll die Struktur des Muskels wesent- lich an die Gegenwart einer anderen, eiweissartigen , nicht näher studirten, in Salmiaklösung nur (juellenden aber nicht löslichen Substanz gebunden sein. Für den Bau des Muskels dürften jedenfalls unter allen Umständen die Ei- weisskörper desselben, welche auch die Hauptmasse seiner festen Stoffe dar- stellen, von der grössten Bedeutung sein. Ei Weisskörper des Muskels. Wie das Blut eine spontan gerinaiende Flüssigkeit, das Blutplasma, ent- hält, welches unter Abscheidung von Fibrin eine nicht gerinnbare Flüssigkeit, das Blutserum liefert, so enthält auch der lebende Muskel, wie dies zuerst von Kühne gezeigt worden, eine spontan gerinnende Flüssigkeit, das Muskelplasma, jinstei- welches unter Abscheiduiig eines Eiweisskörpers , des Myosins, rasch gerinnt ^j^^i'^kei"""^ und dann ebenfalls ein Serum liefert. Diejenige Flüssigkeit, w'elche durch somm. Auspressen aus dem noch lebenden Muskel erhalteji wird, nennt man Muskel- plasmu , diejenige dagegen, welche mau aus dem todten Muskel erhält, wird Maskelserum genannt. Diese zwei Flüssigkeiten enthalten also verschiedene Eiweisskörper. Das Muskelplasma wurde zuerst von Kühne aus Froschmuskeln und neuerdings nach derselben Methode von Halliburton . aus Muskeln warmblütiger Thiere, besonders Kaninchen, dargestellt. Das Prinzip der Methode ist folgen- des. Unmittelbar nach dem Tödteu des Thieres wird aus den Muskeln das Blut mittelst Durchleitens einer stark abgekühlten Kochsalzlösung von 5 bis 6 p. m. ausgewaschen. Dann lässt man die schleunigst zerschnittenen Muskeln schnell durchfrieren, so dass sie in gefrorenem Zustande zu einer feinen Masse, „Muskelschnee", zerrieben werden können. Diese Masse wird nun in der Kälte stark gepresst, und die dabei abtropfende Flüssigkeit, das Muskel- plasma, welches schwach gelblich gefärbt und alkalisch ist, gerinnt langsam spontan bei etwas über 0 '^ C, sehr rasch dagegen bei Körpertemperatur. Dabei wird — in dem Froschmuskelplasma jedoch nicht gleichzeitig mit der Gerinn- Muskei- ung, sondern erst nach und nach — die Reaktion derart geändert, dass die r-isma- alkalische Reaktion in eine saure umschlägt. Die aus dem Gerinnsel ausge- presste Flüssigkeit, das Muskelserum, reagirt immer sauer. Denjenigen Eiweiss- körper, welcher das Gerinnsel bildet, nennt man Myosin. Neben ihm soll jedoch auch ein anderer Eiweissstoff, das Muskulin oder Paramyosinogen (Halliburton), in dem Gerinnsel enthalten sein. 14* 212 Neuntes Kapitel. Myosin. Ei^en- schai'ten. Das Myosin, welches zuerst von Kühne entdeckt wurde, stellt in den meisten Fällen Itiobith. Muskol- glvko^eu. Muskel- zuckpr. Milehsiinren. 218 Neuntes Kapitel. VorkommoM der Milch- säuren, (GscnEiDLEJf) und im diabetischen Harne gefunden zu haben. Während der Verdauung findet sich diese Säure auch im Magen- und Darminhalte und, als Alkalilaktat, im Cliylus. Die Paramilchsäure. ist jedenfalls die eigentliche Säure des Fleischextraktcs und sie allein ist in todten Muskeln sicher gefunden worden. Diejenige Milchsäure, welche in Milz, Lymphdrüsen, Thymus, Thyreoidea, Blut (spuren weise), Galle, pathologischen Transsudaten, osteomalacischen Knochen, im Seh weisse bei Puerperalfieber und im Harne nach anstrengenden Märschen, bei akuter gelber Leberatrophie, bei Phosphorvergiftung und besonders nach Exstirpation der Leber (bei Gänsen nach Minkowski, bei Fröschen nach Mar- cusE und Werther) gefunden worden ist, scheint Paramilchsäure zu sein. Die ^Milchsäuren sind amorph. Sie haben das Aussehen eines farblosen oder schwach gelblichen, sauer reagirenden Syrups, welcher in allen Verhältnissen mit Wasser, Alkohol oder Aether sich mischen lässt. Die Salze sind löslich in Wasser, die meisten auch in Alkohol. Die zwei Säuren unterscheiden sich durch ihr verschiedenes optisches Verhalten — die Paramilchsäure ist dextrogyr, die Gährungsmilchsäure optisch inaktiv — wie auch durch die verschiedene Löslichkeit und den verschiedeneu Krystallwassergehalt der Kalk- und Zinksalze. Das Zinksalz der Gähiangsmilchsäure löst sich bei 14 — 15°C in 58 — 63Theilen Wasser und enthält 18,18 prozent Krystallwasser, entsprechend der Formel Miichsäaren. Zu(C3H503)2 + SH^O. Das Zinksalz der Paramilchsäure löst sich bei der obigen Temperatur in 17,5 Theilen Wasser und enthält regelmässig 12,9 ^'o H.,0, ent- sprechend der Formel ZnlCaHjOgl^ -r- 2 HgO. Das Kalksalz der Gährungs- milchsäure löst sich in 9,5 Theilen Wasser und enthält 29,22 "^/o (= 5 Mol.) Krystallwasser, während das Calciumparalaktat in 12,4 Theilen Wasser sich löst und 24,83 oder 26,21 '',0 {z:^ 4 oder 4^2 Mol.) Krystallwasser enthält. Beide Kalksalze krystallisiren dem Tyrosin nicht unähnlich in Kugeln oder Büscheln von sehr feinen mikroskopischen Nadeln. Der Nachweis der Milchsäuren in Organen und Geweben geschieht nach folgendem Prinzipe. Nach vollständiger Extraktion mit Wasser entfernt man das Eiweiss durch Koagulation in der Siedehitze unter Zusatz von einer kleinen Menge Schwefelsäure. Die Flüssigkeit wird darauf mit Aetzbaryt im Sieden genau neutralisüt und nach der Filtration zum Syrup eingedampft. Der Rückstand wird mit absolutem Alkohol gefällt und der Niederschlag mit Alkohol voll- ständig erschöpft. Aus den vereinigten alkoholischen Extrakten wird der Alkohol vollständig abdestillirt und der neutrale Rückstand mit Aether zur Entfernung des Fettes geschüttelt. Dann nimmt man den Rückstand in Wasser auf, setzt Phosphorsäure zu und schüttelt wiederholt mit neuen Mengen Aether, welcher die Milchsäure aufnimmt. Aus den vereinigten Aetherextrakten wird der Aether abdestillirt, der Rückstand in Wasser gelöst und diese Lösung auf dem Wasser- bade, um den etwa zurückgebliebenen Aether und flüchtige Säuren zu entfernen, vorsichtig erwärmt. Aus der filtrirten Lösung wird dann durch Kochen mit Zinkkarbonat eine Lösung des Zinklaktates dargestellt, welche zu beginnender Krystallisation eingedampft und dann über Schwefelsäure stehen gelassen wird. Feit fehlt nie in den Muskeln. In dem intermuskulären Bindegewebe kommt stets etwas Fett vor; aber auch die Muskelfaser selbst soll Fett ent- Xachweis der Milch- säure. Die Todtenstarre des Muskels. 219 Füit iiini Locithin. Mineral- stoffo der Muskeln. halten. Der Gehalt der eigeutlicheu Muskelsubstanz au Fett ist stets gering, gewöhn lichenfalls beträgt er gegen 10 p. in. oder etwas darüber. Einen be- deutenderen Fettgehalt der Muskelfasern findet man nur bei der Fettdegeneration. Lecithin Süll auch regelmässig in den Muskeln vorkommen. Die Mineralstoff'e des Muskels. Vollständige Analysen der Mineralstoffe in der reinen, blutfreien Muskelsubstanz giebt es nicht. Die bei der Verbren- nung von Muskeln zurückbleibende Asche, deren Menge etwa 10 — 15 p. m., auf den feuchten Muskel berechnei, beträgt, reagirt sauer. In grösster Menge findet man in ihr Kalium und Phosphorsäure. Darnach kommen Natrium und Magnesium und endlich Calcium, Chlor und Eisenoxyd. Sulfate finden sich nur spurenweise in dem Muskel, entstehen aber bei dem Einäschern aus dem Muskeleiweisse und kommen deshalb in reichlicherer Menge in der Asche vor. Von Kalium und Phosphorsäure enthält der ^luskel so reichliche Mengen, dass das Kaliumphosphat unbedingt das im Muskel vorherrschende Salz zu sein scheint. Von Chlor finden sich dagegen so unbedeutende Mengen, dass man sie vielleicht von einer Verunreinigung mit Blut oder Lymphe herleiten könnte. Der Gehalt an Magnesium ist etwa doppelt so gross wie an Calcium. Diese zwei Stoffe kommen wie das Eisen nur in geringer Menge vor. Die Gase des Muskels bestehen aus grösseren Mengen Kohlensäure nebst Spuren von Stickstoff". Die Todtenstarre des Muskels. Wird ein Muskel dem Einflüsse des cirkulii-enden, sauerstoffhaltigen Blutes entzogen, wie nach dem Tode des Thieres oder nach Unterbindung von der Aorta oder der Muskelarterien (STENSON'scher Versuch), so fällt er rascher oder langsamer der Todtenstarre anheim. Die unter diesen Verhältnissen auftretende, gewöhnliche Starre wird die spontane, aber auch die fermentative Starre genannt, weil man ihre Ursache wenigstens zum Theil in Enzymwirkungen hat sehen wollen. Ein Muskel kann jedoch auch in anderer Weise starr werden. So tritt die Starre momentan beim Erwärmen des Muskels auf 40^^ bei Fröschen, auf 48 — 50*^ bei Säugethieren und auf öS^ C. bei Vögeln ein { Wärmestarrej. Destillirtes Wasser kann auch den Muskel ^ie xodten starr machen (Wasserstarre). Säuren, selbst sehr schwache wie die Kohlensäure, können rasch die Starre hervorrufen (Säurestarre) oder das Auftreten derselben beschleunigen. In ähnlicher Weise wirken auch eine Menge chemisch diflferenter Substanzen, wie Chloroform, Aether, Alkohol, ätherische Oele, Coffein und mehrere Alkaloide. Diejenige Starre, welche durch Säuren oder andere Agentien, welche wie der Alkohol das Eiweiss koaguliren, hervorgerufen wird, dürfte je- doch wohl ein ganz anderer Vorgang als die spontane Starre sein. Auf die Schnelligkeit, mit welcher die spontane Starre eintritt, wirkt die Temperatur in der Weise ein, dass niedere Temperaturen verlangsamen und höhere das Auftreten derselben beschleunigen. Auch die Muskelarbeit übt insoferne einen unverkennbaren Einfluss aus, als vorausgegangene kräftige Kon- traktionen das Starrwerden des Muskels beschleunigen. Auf dieselbe Weise 220 Neuntes Kapitel. Chemische Vorgänge beim Auf- treten iler ütarre. Lösung der Starre. wirken auch mechanisclie Insultationen des Muskels verschiedener Art. Das Auftreten der spontanen Starre steht unter dem Einflüsse des Centraluerveu- systenies, und ein Muskel, dessen Nerv durchschnitten worden, erstarrt lang- samer als ein anderer, dessen Kontinuität mit dem Central nerveusysteme noch eriialten ist (Hermaxx und seine Schüler v. Etselsberg, v. Gexdre und Bier- FREUXD). Einen ähnlichen Einfluss scheint auch das Nervensystem auf die postmortale Säuerung des Muskels auszuüben (Gross). Nach einigen Forschern (Hermanx und seinen Schülern) soll die Todtenstarre als eine, ihrer Art nach mit der gewöhnlichen identische, langsam verlaufende letzte Muskelkontraktion aufzufassen sein, eine Ansicht, deren Berechtigung von chemischer Seite gegen- wärtig schwer zu beurtheilen ist. Wenn der ^Muskel in Todffenstarre übergeht, wird er kürzer und dicker, fester, trübe und undurchsichtig, w-eniger dehnbar und sauer. Die chemischen Voigäuge, welche hierbei in ihm verlaufen, sollen folgende sein. Durch die Gerinnung des Plasmas entsteht ein M3'os ingerinn sei, welches die grössere Härte und die verminderte Durchsichtigkeit bedingen soll. Das Auftreten dieses Ge- rinnsels kann durch die gleichzeitig stattfindende ^lilehsäurebildung beschleunigt werden. Es wird- ferner Kohlensäure gebildet, welche indessen kein direktes Oxydationsprodukt zu sein scheint. Nach Hermaxx produzirt nämlich ein aus- geschnittener Muskel auch bei Abwesenheit von Sauerstoff Kohlensäure, wenn er in Todtenstarre übergeht. Die ^lenge der bei dem Sauerwerden entstehenden Kohlensäure und Milchsäure ist dieselbe, gleichgültig ob die Starre rascher oder langsamer zu Stande kommt (Raxke, Hermaxx). Aus welcher oder welchen Muttersubstanzen diese Säuren hervorgehen, ist noch nicht bekannt. Am nächsten liegt die Annahme, dass die Milchsäure und die Kohlensäure aus dem Glykogen entstehen, und es ist in der That auch eine Abnahme des Glykogens bei der Starre von einigen Forschern sicher beobachtet worden (Nasse, Werther). Auf der anderen Seite hat jedoch Böhm gezeigt, dass es Fälle giebt, in welchen gar kein Glykogenverbrauch bei der Starre stattfindet, und er hat ferner gefunden, dass die Menge der entstehenden ^Milchsäure dem Glykogengehalte nicht pro- portional ist. Unter solchen Umständen, luid da sogar glykogenfreie Muskeln hungernder Tauben nach Demaxt nach dem Tode noch Milchsäure liefern, ist es kaum möglich, die obigen zwei Säuren von dem Glykogen herzuleiten. Es bleibt also nur die Annahme übrig, dass sie avis Eiweisstoffen oder irgend einem anderen, nicht näher bekannten Bestandtheil des iNEuskels hervorgehen. Wenn die Muskelstarre einige Zeit gedauert hat, wird sie wieder gelöst und der Muskel wird weicher. Dies kann theils von einem stärkeren Sauer- werden mit einer Lösung des ^Ivosingerinnsels diu-ch die Säure, theils, und wahrscheinlich am häufigten, von beirinneuder Fäulniss herrühren. Der Stoffwechsel im rulioinleii iiiul arbeitenden Muskel. Von einer Reihe hervorragender Forscher, Pfi.üger und Colasaxti, Zuxtz und Röhrig u. A. ist es dargethan worden, dass der Stoffwechsel im Muskel von dem Nerven- Stoll'wtH-iiscl im nilit'nfuskel. 221 Systeme regulirl wird. Selhsl in der Rulie in «fowühnliclieiii Sinne, wenn also keine mechanische Arbeit geleistet wird, l)ciindet sieh der Muskel in einem Zu- stande, welcher von Zuntz und K(')IIKu; als „(•IwmUdicr 7'on//.s" hezeiclinet wird. Dieser Tonus scheint ein Retlextoiuis zu sein, uud dementsprechend kann er durch Aufheben der Verbindung zwischen den Muskeln und den nervösen C'entralorganen — sei es durch Durchschneiden 'i'i"iiti),'on '^ Kxtraktiv- kreatinin , dessen Menge ein Zehntel von der Menge des Kreatijiius betragen stoiro. kann. Die Menge der Xanthinkörper soll dagegen nach Monari unter dem Einflüsse der Arbeit abnehmen. Dass der arbeitende Muskel eine geringere Menge wasserlösliche und eine grössere Menge in Alkohol lösliche Stoffe als der ruhende enthält, scheint sicher dargethau zu sein (Helmholtz). Die Frage nach dem Verhalten der stick.stoffhaltigen Bestandtheile des Muskels in der Ruhe und während der Arbeit hat man auch durch Bestimm- ungen der Gesanuntstickstofiausscheiduug in diesen verschiedenen Körperzu- ständen zu entscheiden versucht. Während man früher, in Uebereinstimmung mit der Ansicht Liebiü's, es als feststehend betrachtete, dass die Stick.stoffaus- scheidung durch den Harn in Folge der Arbeit sich vermehre, haben Unter- suchungen von mehreren Forschern, besonders von Voit au Hunden und von Pettenkofer und Voit an Menschen , zu einem ganz anderen Resultate ge- g.- ,^ führt. Sie haben nämlich gezeigt, dass während der Arbeit keine oder nur eine un°*wiüfrend sehr unbedeutende Steigerung der Stickstoffausscheidung stattfindet. Man darf ""^ Arbdt '^'"^ indessen nicht verschweigen, dass es auch Versuchsreihen giebt, in welchen eine nicht unbedeutende Steigerung des Eiweissumsatzes während oder nach der Arbeit beobachtet worden ist. Es haben also z. B. Flint und Pavy an einem Schnelläufer, v. Wolff, v. Funke, Kreuzhage und Kellner an einem Pferde und neuerdings auch Argutinsky an sich selbst Beobachtungen gemacht, welche eine unzweifelhafte Steigerung der Stickstoffausscheidung während oder nach der Arbeit zeigen. Auf die Grösse der Stickstoffausscheidung wirken indessen viele, erst später (in Kapitel 15) zu erwähnende Faktoren, wie die Menge und Zusammen- setzung der Nahrung, der Fettbestand des Körpers, die Wirkung der Arbeit auf den Respirationsmechanismus u. s. w. ein, welche nicht alle in den zuletzt erwähnten Versuchen genügend berücksichtigt worden sein dürften. Die Be- weiskraft der sehr sorgfältigen Versuche von Voit und Pettenkofer und Voit ist wohl auch kaum durch diese Arbeiten erschüttert worden, wenn auch zuge- geben werden muss, dass die Frage noch etwas streitig ist. Aber selbst wenn man die Ansicht, dass die Muskelarbeit an sich keine vermehrte Stickstoff'aus- scheidung zur Folge hat, als ganz sicher bewiesen betrachtet, wäre damit jedoch ausscheid- nicht die Möglichkeit eines gesteigerten Eiweissumsatzes in dem Muskel ganz "°Arboit. ^'^ ausgeschlossen. Es wäre nämlich denkbar, dass in Folge der, besonders von 224 Neuntes Kapitel. Ranke studirfceu funklionclleii Wechselwirkung der Organe eine vermehrte Umsetzung von Eiweiss in den Muskeln von einer gleichzeitig herabgesetzten Umsetzung von Eiweiss in anderen Organen koinpcnsirt werden k()niite. Sei dem nun wie ihm wolle; die moderne Ansicht ist jedenfalls die, dass der Ei- weissumsatz im Muskel bei der Arbeit nicht vermehrt ist. Die Untersuchungen über den Fettgehalt ausgeschnittener Muskeln in der Ruhe und während der Arbeit haben zu keinen entscheidenden Resultaten ge- Voiiiaiion luhrt. Dagegen giebt es Stoff Wechsel versuche, von Voit an einem hungernden ' boi (inr " Hunde und von Pettenkofer und Voit an einem Menschen, welche, wie es scheint, in überzeugender Weise einer vermehrten Fettzersetzuug während der Arbeit das Wort reden. Fasst man die Resultate der bisherigen Untersuchungen über die chemi- schen Vorgänge im arbeitenden und ruhenden Muskel zusanmien, so findet man . K()N1(; und Fauwk'K in den INLuskeln der Extrem itäton beim Hasen 10,7 und in den Muskeln des Rebhuhnes 14,3 p, ni. FeU. Die Muskeln von Rehwcinen und gemästeten Thieren sind, wenn alles anhängende Fett entfernt worden ist, sehr fettreich, mit 40 bis 90 p.m. Sehr reich an Fett sind auch die Muskeln einiger Fische. Es enthält z. B. nach Almi5n das Fleisch von Lachs, Makrele und Aal resp. 100, 1G4 und 329 p. ni. Fett. Die Menge des Wassers in den Muskeln unterliegt bedeutenden Sclnvan- kungen. Einen besonderen Einfluss übt der Fettgehalt aus, und zwar derart, dass das Fleisch im Allgemeinen in dem IMaasse ärmer an Wasser als es reicher an Fett ist. Der Gehalt an Wasser hängt jedoch nicht von dem Fettgehalte allein, sondern auch von mehreren anderen Umständen, unter welchen auch das Alter der Thiere zu nennen ist, ab. Bei jüngeren Thieren sind die Organe im Allgemeinen und sonach auch die Muskeln ärmer an festen Stoffen und reicher an Wasser. Beim Menschen nimmt der Wassergehalt bis zum kräftigen Mannes- alter ab, nimmt aber dann gegen das Greisenalter wieder zu. Es wirken auf den Wassergehalt auch Arbeit und Ruhe derart ein, dass der arbeitende Muskel mehr Wasser als der ruhende enthält. Das ununterbrochen arbeitende Herz hdf^de'r' soll angeblich auch die wasserreichste Muskulatur haben. Dass der Wasser- gehalt unabhängig von dem Fettgehalte wechseln kann, zeigt sich deutlich bei einem Vergleiche der Muskeln verschiedener Thierklassen. Bei den Kaltblütern haben die Muskeln im Allgemeinen einen höheren, bei den Vögeln einen niedrigeren Wassergehalt. Wie verschieden der AVassergehalt (unabhängig von dem Fett- gehalte) in dem Fleische verschiedener Thiere sein kann, geht sehr deutlich bei einem Vergleiche von Rinder- und Fischfleisch hervor. Nach den Analysen xAlm13NS enthalten die Muskeln von mageren Ochsen 15 p. m. Fett und 767 p. m, AVasser; das Fleisch des Hechts enthält dagegen nur 1,5 p.m. Fett und 839 p. m. Wasser. Für gewisse praktische Zwecke, wie z. B. für Stoffwechselversuche, ist es von Wichtigkeit, den Gehalt des Fleisches an Stickstoff zu kennen. Im All- gemeinen dürfte diese Menge als Mittel zu etwa 3,4 °/o in dem frischen mageren stiekstoff-e- Fleische angeschlagen werden können (Voit). Nach Nowak und Huppert kann Fleisches. jedoch diese Zahl um 0,6 ^jo schwanken, imd bei genaueren Versuchen ist es des- halb nothwendig, besondere Stickstoffbestimmungen auszuführen. Glatte Muskeln. Die glatten Muskeln reagiren in der Ruhe neutral oder alkalisch (Du Bois-Reymond). Während der Arbeit reagiren sie sauer, wie aus der Beobach- tung Bernsteins, dass der fast beständig kontrahirte Schliessrauskel von An o- donta im Leben sauer reaeirt, hervorgeht. Auch die glatten Muskeln können, körper der ^^ glatten wie Heidenhain und Kühne gezeigt haben, in Todtenstarre übergehen und »fuskein. dabei sauer werden. Wegen dieses Verhaltens hat man geglaubt , dass unter 223 Noimles T\ii])itc'l. den Eiwcisskörpern der glatten Muskeln aiicli eine niyosinbildendc Substanz sich vorfinden Avürde. Ein spontan gerinnendes Plasma hat man jedoch nicht erhalten, es sei denn, dass man als solches den bei Zimmertemperatur erst inner- halb 24 Stunden, bei -|- 45*^ C. aber sogleich, koagulirendon, ausgepressten Saft der Muskeln von Anodonta betrachten wollte. Eben so wenig hat man aus den glatten Muskeln Myosin erhalten. Dagegen haben aber Heideniiain und Hellwig aus glatten Muskeln vom Hunde einen, dem Muskulin analogen, bei _|_ 45 — 49^0. gerinnenden Eiweisskörpcr erhalten. Die glatten Muskeln sollen angeblich reichliche Mengen Alkalialbuminat nebst einem bei -\- 75° C. ge- rinnendem Albumin enthalten, Hämoglobin kommt bei gewissen Thieren in den glatten Muskeln vor, fehlt aber bei anderen. Krealin hat Lehmann gefunden. Taurin soll neben Kreatinin (Kreatin?) nach Fkemy und Valenciennes in den Muskeln der Extraktiv- Cephalopodeii vorkonmien. Von stickstoffreien Stoffen sind mit Sicherheit Gb/- stoffe. j^Qgf,)^ u„(^l Milchsäure gefunden Avorden. Die Mineralbestandtheile sollen das eigenthümliche Verhalten zeigen , dass die Natriumverbindungen den Kaliuni- verbindungen gegenüber vorherrschen. Zehntes Kapitel. Gehirn und Nerven. Der Schwierigkeiten wogen, welche einer mechanischen Trennung und Iso- liruug der verschiedenen Gewehselemente der nervösen Centralorgane und der Nerven im Wege stehen, ist man bis auf einige mikrochemische Reaktioneji geuöthigt geweseu, hauptsächlich durch (jualitative und (quantitative Untersuchung der verschiedeneu Theile des Gehirnes die verschiedene chemische Zusannnen- setzunir der Zellen und der Nerveuröhren zu erforschen. Aber selbst die che- mische Untersuchung dieser Theile ist mit sehr grossen Schwierigkeiten verbunden; und wenn auch unsere Kenntniss von der chemischen Zusammensetzung des Gehirnes und der Nerven durch die Untersuchungen der neueren Zeit nicht unwesentlich vorwärts gerückt ist, müssen wir jeooch einräumen, dass dieses Kapitel heutzutage noch als eines der am wenigsten aufgeklärten und am meisten verwickelten der physiologischen Chemie anzusehen ist. Als chemische Bestandtheiledes Gehirnes und der Nerven hat man Eiweiss- körper verschiedener Art nachgewiesen, und zwar theils solche, welche in Wasser und verdünnten Neutralsalzlösuugen unlöslich, theils solche, welche darin löslich sind. Unter den letzteren finden sich Albumin und Globulin. Auch Nucleo- ulhumin, Avelches oft als ein Alkalialbuminat aufgefasst worden ist, kommt vor. Dass die Eiweisskörper wenigstens vorwiegend der grauen Substanz des Gehirnes und dem Achsencyliuder angehören, scheint unzweifelhaft zu sein. Dasselbe 1 ^r , 11 T Eiweiss- ijilt auch, allem Anscheine nach, von dem Nude'in, welches von v. Jakscii stoffe, Nhc- in Überwiegender Menge in der giauen Substanz gefunden wurde. Dagegen rokeratin. kommt das zuerst von Kühne nachgewiesene Neurokeratiii (vergl. S. 29), welches das Spongiosagerüst darstellt und als doppelte Scheiden, von welchen die äussere das Nervenmark unter der ScHWANN'schen Scheide und die innere deji Achsencyliuder umhüllt, in den Nerven vorkommt, ganz ü])erwiegend 'der weissen Substanz zu (Kühne und Chittendkn, Baumstauk). Als einen, der weissen Substanz überwiegend oder vielleicht fast ganz aus- schliesslich (Baumstakk) angehörenden Bestandtheil, dürfte man vielleicht die phosphorhaltige Substanz, das Protagon, betrachten können. Dieses letztgenannte 230 Zehntes Kapitel. Clieinische Bestand- llieile dos Gehirns lind der Nerven. Myelin- lorraen. Elxtraktiv- stoffe. liefert als Zersetzungsproduktc leicht Lecithin, Fettsäuren und eine stickstoff- haltige Substanz, das Ccrebrin, welch' letzteres wohl kaum in dem Gehirne präformirt vorkommt, sondern wohl eher ein Laborationsprodukt sein dürfte (Baumstark). Dass das Lecithin auch präformirt in Gehirn und Nerven vor- kommt, dürfte kaum zu bezweifeln sein. In wie weit es vorwiegend der grauen oder der weissen Substanz angehört, ist aber aus den bisher ausgeführten Unter- suchungen nicht sicher zu entnehmen. Fetlsäurcn und NcutrulJ't^ll können zwar aus Gehirn und Nerven dargestellt werden; da aber jene leicht aus einer Zer- setzung von Lecithin und Protagon hervorgehen können, während dieses in dem Fettgewebe zwichen den Nervenröhren vorkommt, ist es schwierig zu entscheiden, in wie weit Fettsäuren und Neutralfette Bestandtheile der eigentlichen Nerven- substanz sein dürften. Das Cholesterin findet sich in Gehirn und Nerven theils frei und theils in chemischer Bindung nicht näher ermitelter Art (Baum- stark). Das Cholesterin scheint überwiegend in der weissen Substanz vorzu- kommen. Ausser diesen Stoffen enthält das Nervengewebe, besonders die weisse Substanz, zweifelsohne eine INIenge von anderen, noch nicht näher bekannten Bestandtheilen, unter denen auch mehrere, welche phosphorhaltig sind, vorkommen dürften. Thudichum behauptet, aus dem Gehirne eine Anzahl phosphorhaltige Substanzen isolirt zu haben, welche von ihm auf drei Hauptgruppen: Kcplia- line, Myeline und Lecithine, vertheilt werden. Diese Angaben sind noch nicht von anderen Forschern eingehender nachgeprüft worden. Lässt man Wasser auf den Lihalt der Markscheide einwirken, so ent- stehen runde oder längliche, doppelt koutourirte Tropfen oder auch der doppelt- kontoui-irten Nerven nicht unähnliche Fasern. Diese eigenthümlichen Gebilde, welche auch in der Markscheide des todten Nerven zu sehen sind, hat man „Mi/elinfonncn" genannt, und man leitete sie früher von einem besonderen Stoff, dem „Myelin", her. Solche Myelinformen kann man indessen aus ver- schiedenen Stoffen, wie Protagon, Lecithin, Fett und unreinem Cholesterin, er- halten, und sie rühren von einer Zersetzung der Bestandtheile der Markscheide, wahrscheinlich hauptsächlich des Protagons, her. Die Extraktivstoffe scheinen, der Hauptsache nach, dieseloen wie in den Muskeln zu sein. Es sind also gefunden worden : Kreatin, welches jedoch auch fehlen kann (Baumstark), Xantliinkörper, Inosit, Mikhsüare (auch Gährungs- niilchsäure), Harnsäure^ Jecorin (in Menschengehirn nach Baldi) und das von Brieger entdeckte Neuridin, welches durch sein Auftreten bei der Fäulniss thierischer Gewebe sein grösstes Interesse hat. Unter pathologischen Verhält- nissen hat man in dem Gehirne Lencin und Harnstoff (welch' letzteres jedoch auch ein physiologischer Bestandtheil des Gehirnes der Kuopelfische ist) gefunden. Unter den oben genannten Bestandtheilen der Nervensubstanz müssen das Protagon und dessen Zersetzuugsprodukt, das Cerebrin, besonders besprochen werden. Protagon. Dieser Stoff, welcher von Liebreich entdeckt wurde, ist eine Stickstoff- und phosphorhaltige Substanz, deren elementare Zusammensetzung riotugou luiil Ceitbiiu. 231 Ei;,'en- chaftca und Verhalten. iKU-li Camcjkk und Bi.VNKKMiouN C6G,;M), I-r 10,69, N 2,39 uud P l,0()8"/o ist, und di'ien empirische Formel C^,.^^ M.j„,s N. PO.j-, sein soll. Beim Sieden mit Buryt\va!>ser liefert das Prolugon die Zerse(zuiij:;sj)rorsüurc um! Cliolin (Xciirin'/j, um! daneben auch Cerebrin. Beim Sieden mit verdünnten Miiieralsäuren soll es unli'r anderen auch eine linksdreliende, reduzirende, gährungsuni'ähige Substanz liefern. Protagon stell! in trockenem Zustande ein weisses, lockeres Pulver dar. In Alkohol von 8r)Vol."/() bei -j- 45 *'C. gelöst, scheidet es sich beim Erkalten als eine schneeweisse, flockige, aus Kugeln oder Gruppen von feinen Krystal In adeln bestehende Fällung aus. Beim Erhitzen zersetzt es sicli schon unter 100 "C. In kaltem Alkohol oder Aether ist es kaum löslich, löst sich aber in warmem. Mit wenig Wasser quillt es, zersetzt sich theilweise und giebt Myelinformen. Mit mehr Wasser (juillt es zu einer gallert- oder kleisterähnlichen Masse, die mit viel Wasser eine opalisirende Flüssigkeit giebt. ]>eim Schmelzen mit Salpeter und Soda giebt es Alkaliphosphat. Zur Darstellung des l'rotagons verfährt man auf folgende Weise. Mög- lichst frisches Ochsengehirn, von Blut und Häuten sorgfältig befreit, zerrührt man fein und extrahirt dann mehrere Stunden laug mit Alkohol von 85 Vol. '^/o bei -!-45''C. Mau filtrirt bei derselben Temperatur und laugt den Rückstand so lange mit warmem Alkohol aus, bis das Filtrat bei 0"C. keinen Niederschlag mehr absetzt. Sämmtliche aus den auf G"C. abgekühlten Filtrateu ausgeschiedene Niederschläge vereinigt man uud extrahirt sie vollständig mit kaltem Aether, welcher Cholesterin und Iccithinähnliche Stoffe löst. Das ungelöste presst man zwischen Papier stark aus und lässt dann über Schwefelsäure oder Phospliorsäureanhydrid austrocknen. Man pulverisirt dann, digerirt mit Alkohol bei -\- 45 "C, filtrirt und kühlt langsam auf Ü"C. ab. Die ausgeschiedenen Krystalle können, wenn nöthig, durch Umkrystallisiren gereinigt werden. Nach demselbeji Prinzipe verfährt man, wenn es um den Nachweis von Protajion sich handeln würde. Darstellung des Prota- gons. Cerebrin. Unter dem Namen Cerebrin beschrieb zuerst W. Müller eine stickstoffhaltige, phosphorfreie Substanz, welche er durch Extraktion der mit Barytwasser gekochten Gehirnmasse mit siedendem Alkohol erhalten hatte. Nach einer in der Hauptsache ähnlichen aber jedoch etwas abweichenden Methode hat später Geoghegan aus dem Gehirne ein Cerebrin mit denselben Eigenschaften wie das MüLLER'sche aber mit einem niedrigeren Stickstoffgehalte dargestellt. Nach Gamgee soll indessen das Cerebrin Geoghegans ein Gemenge von dem bei der Zersetzung des Protagons entstehenden Cerebrin und einer von Gamgee „Pseudocerebrin" genannten Substanz sein. Ferner hat Thudiciium unter dem Namen „Cerebrine" mehrere stickstoff'haltige phosphorfreie Stoffe, wie das Cere- brin Müllers und die neuen Stoffe „Phrenosin" und „Kerasin" zusammengeführt. Endlich hat auch Parcus zu zeigen versucht, dass das von Müller und Geoghegan beschriebene Cerebrin ein Gemenge von drei Stoffen, „Cerebrin", „Homocerebrin" und „Encephalin" gewesen sei. Aus (lein eben Gesagten ergiebt sicli, dass die Zusammeusctzuug des Cerebrins noch nicht so sicher festgestellt worden ist, dass mau den von irgend einem Forscher erhaltenen Cerebrin. 232 Zehntes Kapitel. Zusaminen- setzuni; der Uerebrine. ZersetzanfTS- proiiuktedes Cerebrins. Gehirn- zucker. Vorkommen der Cere- brino. Eigen- schaften des Cerebrins. H N 11,20 4,50 "/o 10,91 1,44 „ 11,47 2,13 „ 11,60 2,23 „ 11,60 3,09 „ 11,87 1,83 „ 11,36 1,74 „ Zahlen volle Beweisskratt zuerkenuoii kann. Es kann also nicht von Mittelzalilen die Rede sein, inul es wird deshalb auch liier eine Uebersichtstabclle der bisher i.'efnndcncn Zahlen geliefert. C MÜLler's Cerebrin 68,4.", Geoghegan's Cerel>rin .... 68,74 Parcüs' „ .... 69,08 Paecüs' Honiocerebrin .... 70,06 rAKCiTs' Enceiilialin 68,40 (iAMfJEE's r.seudocerebrin . . . ()8,89 Tihtdichum's Kerasin .... 68,90 Das Cerebrin Geogheg.4NS hat also den niedri<,'sten Stickstoffgehalt, und da die Ana- lysen dieses Forschers unter einander gut stimmen, ist es schwierig einzusehen, wie sein Cerebrin, wie Pakcus meint, ein Geraenge der stiekstoftreicheren , von dem letztgenannten Forseher dargestellten Stoffe sein könne. Auf der anderen Seite hat jedoch Paecl's für das ('erel)riu eine konstante Zusammensetzung gefimdeu, gleichgiltig ob es 2 — 5 oder 8 Mal um- krystallisirt worden, imd es ist also ebensowenig berechtigt, den AVerth seiner Untersuchungen anzuzweifeln. Es müssen künftige Untersuchungen diese verwickelte Frage entscheiden. Das Pseudocerebrin Gaäkjee's und das Kerasin Thudichu.m's haben, bis auf den AVasserstottge- halt, eine so ähnliche Zusammensetzung, dass es nahe liegt, sie als identisch zu betrachten. Die Zerse tzuugsprodukte des Cerebrins sind von einem gewissen Interes.se. 15ei der Einwirkung von konzeutrirter Schwefelsäure erhielt Geogiiegan eine linksdrehende, reduzireude Substanz, die indessen nicht Zucker, sondern eine Säure sein sollte. Als Ilaupt- |)rodukt soll dabei auch eine, von ilim ,,Cetylid" genannte Substanz, C.^.jHj^Oö, entstelu'n, welclie beim Schmelzen mit Aetzkali Sumpfgas, Wasserstoff und Palmitinsäure giebt. Nach ihm soll das Cetylid wahrscheinlich ein Derivat des Cetylalkohols sein. Von besonderem Interesse ist der zuerst von Tiiudichu:m geführte und neuerlich von Tiiikufeldeu bestätigte Nachweis, dass aus dem sogenannten Cerebrin beim Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure eine Glykose sich abspaltet. Diese Glykose ist, wie ThiioPvFELijer festgestellt hat, mit der Galaktose identisch. Sieht man von den obigen Differenzen bezüglich der Zusammensetzung wie auch von einigen , etwas abweichenden Angaben über die qualitativen Re- aktionen ab, so giebt es jedoch immer einige für alle Cerebrinpräparate gemein- same Reaktionen, welche zum Erkennen derselben benutzt werden können. Auf Grund dieser, später anzuführenden Eigenschaften hat man behaui^ten können, dass das Cerebrin — ausser in Gehirn und Nerven — in den Eiterzellen und dem elektrischen Organe der Roche vorkommt. Geoc4Hegan hat auch Cerebrin in einem Krebsgeschwulste der Leber gefunden. Das Cerebrin, wie es allgemein beschrieben wird, ist in (rockenem Zu- stande ein lockeres, rein weisses, geruch- und geschmackloses Pulver. Beim Erhitzen bräunt es sich bei etwa 80" C, bläht sich bei fortgesetztem Erwärmen auf, schmilzt und wird allmählich zersetzt. In Wasser, kaltem Alkohol oder Aether, wie auch in verdünnter Alkalilauge oder Barytwasser , ist es unlöslich. In kochendem AVasser quillt es zu einer kleisterähnlichen blasse auf. In sieden- dem Alkohol (auch Aether) löst es sich, scheidet sich aber beim Erkalten als ein flockiger Niederschlag aus, welcher bei mikroskopischer Untersuchung als aus lauter Kügelchen oder Körnchen bestehend sich zeigt. Durch dieses Ver- halten wie auch durch die Eigenschaft, beim Sieden mit verdünnten Mineral- säuren eine reduzireude Substanz zu geben, ist das Cerebrin hauptsächlich charakterisirt. Cerebrin. 2a3 Das Cerebrin von P.vucrs unterscheidet sich von dem gewöhnlichen unter anderem dathu'ch, dass es in kochendt'm Aethcr nicht löslich ist, dass es beim Erwärmen ohne Zersetzung (welche erst bei 140 — 160" C. stattfindet) schmelzen kann, dass es mit konzentrirter Schwefelsäure eine hellgelbliche Lösung giebt und dass es in kaltem Wasser nur wenig aufquillt. Das llo m oce re In* in und E ii cl'IiIi a li ii Pauci s' blcilicii nacli liiin Ausfallen iIcs unreinen Cerel)rins aus warmem Alkohol in der Mutterlauge zurück. Diese Slrillc halien die Neigunij, als i,'allertit,'C Massen sieh ansziiseheideii. Das Ilonioeerehrin, welches nach I'AHCis dem Cerebrin hoiuolog sein soll, ist diesem idinlieli, h'.st sich aber leichter in warmem Alkohol und auch in warmem Aethi'r. Ks kami als äusserst feine Nadeln erhalten werden. Das ICnee- phaliu soll nach rAKcis ein rmwandlunijsprodukl des Cerebrins sein. In ganz reinem Zu- stande krystallisirt es in kleinen Hlättehen. In warmem Wasser quillt es zu einer kleister- ähnliehen Masse. Wie das Cerebrin und das llomocerebriu giebt es beim Sieden mit ver- dünnter Säure eim; reduzireude Substanz. Das Pseudocerebrin Gamgee's, welches noeh nicht näher untersucht worden ist, erhält man als Nebenprodukt bei dem Umkrystallisiren des Protagons. Die Darstellung des Cerebrins geschieht meistens nach der Methode von Mi'iJ.Ki;. Die Gehininiasse wird mit Barytwasser zu einer dünnen Milch ausgerührt und dann aufgekocht. Das ungelöste trennt man ab, presst aus und kocht es wiederholt mit Alkohol aus, welcher siedend heiss abfiltrirt wird. Das beim Erkalten sich ausscheidende unreine Cerebrin wird mit Aether von Cholesterin und Fett befreit und dann durch wiederholtes Auflösen in warmem Alkohol gereinigt. Nach Paiicus soll man das Auflösen in warmem Alkohol wiederholen, bis keine gallertartige Ausscheidungen (von Homocerebrin oder Encephalin) mehr auftreten. Nach der Methode von Geogiiegan extrahirt man das Gehirn erst mit kaltem Alkohol und Aether und kocht es dann mit Alkohol aus. Den beim Erkalten des alkoholischen Filtrates sich ausscheidenden Niederschlag behandelt man mit Aether und kocht ihn dann mit Barytwasser. Der ungelöste Rück- stand wird durch wiederholtes Auflösen in siedendem Alkohol gereinigt. Nach den oben angegebenen Methoden kann das Cerebrin auch in anderen Organen aufgesucht werden. Die quantitative Bestimmung, wenn eine solche in Frage kommt, kann in derselben Weise geschehen. Das Neuridin, C5H14N2, ist ein von BrJEGER entdecktes, nicht giftiges Diamin, welches von ihm ))ei der Fäulniss von Fleisch und Leim erhalten wurde. Es kommt nach ihm unter physiologischen Verhältnissen in dem Gehirne und spurenweise auch im Eidotter vor. Das Neuridin löst sich in AVasser und liefert beim Sieden mit Alkalien ein Gemenge von Dimethyl- und Trimethylamin. Es löst sich schwierig in Ajiiylalkohol. In Aether oder absolutem Alkohol ist es unlöslich. In freiem Zustande hat es einen eigenthümlichen, an Sperma erinnernden tieruch. Mit Salzsäure giebt es eine in langen Nadeln krystallisirende Yerbin- dimg. Mit Platiuehlorid oder Goldchlorid giebt es krystallisirende, für seine Darstellung und Erkennung verwerthbare Doppelverbindungen. Die sogenannten Cor puscula amylaeea, welche an der Oberlläehe des Gehirnes und in der Glandula pituitaria vorkommen, werden von Jod mehr oder weniger rein violett und von Schwefelsäure und Jod mehr blau gefärbt. Sie bestehen vielleicht aus derselben Substanz wie gewisse Prostatakonkremeute, sind aber nicht näher untersucht. Quantitalive Zusammensetzung des Gehirnes. Die Menge des Wassers ist grösser in der grauen als in der weissen Substanz und grösser bei Neu- geborejien oder bei jüngeren Individuen als bei Erwachsenen. Beim Fötus ent- hält das Gehirn 879 — 926 p. m. Wasser. Nach Beobachtungen von Weisbach ist der Gehalt an Wasser in den verschiedenen Theilen des Gehirnes (und des verlängerten Markes) in verschiedenen Altern ein verschiedener. Die folgenden Homocere- brin, Ence- phalin und Pseudo- cerebrin. Darstollang des Cere- brins. Neuridin. 234 Zehntes Kapitel. Wasserge- halt des Gehirnes. Analysen desGehimes. Quantitative Zusaminen- setZLing dos Gehirnes. Zahlen beziehen sich auf 1000 Theile, und zwar A bei Männern und B bei Weibern : 20—30 Jahre 30—50 Jahre .50—70 Jahre 70—9-1 Jahre 'a b" A B A B ' 1 B AV'eisse Substanz des Gehirnes 695,ö Ö82,9 683,1 703,1 701,9 689,6 726,1 722,0 Graue „ „ „ 833,0 826,2 836,1 830,6 838,0 838,4 847,8 839,5 Gvri 784,7 792,0 795,9 772,9 796,1 796,9 802,3 801,7 Kleinhirn 788,3 794,9 778,7 789,0 787,9 784,5 803,4 797,9 Pons Varoli 734,6 740,3 725,5 722,0 720,1 714,0 727,4 724,4 Medulla oblongata . . . 744,3 740,7 732,5 729,8 722,4 730,6 736,2 736,7 Quantitative Analysen von dem Gehirne im übrigen sind von Petrowsky am Ochsengehirne und von Baumstark am Pferdegehirne ausgeführt worden. In den Analysen Petrowsky's ist jedoch nicht das Protagon berücksichtigt worden und sänimtliche organische, phosphorhaltige Substanzen wurden als Le- cithin berechnet. Aus diesem Grunde sind diese Analysen in gewisser Hinsicht nicht brauchbar. In den Analysen Baumstark's, in welchen die graue und die weisse Substanz nicht genügend getrennt werden konnte, und welche Analysen in Folge dessen theils auf überwiegend weisse und theils auf überwiegend graue Substanz sich beziehen, hat etwa die Hälfte der organischen Stoffe, hauptsäch- lich aus in Aether löslichen Stoffen bestehend, nicht näher analysirt werden können. Auch diese Analysen liefern also keine genügende Aufklärung über die quantitative Zusammensetzung des Gehirnes. Aus den bisher ausgeführten Analysen ergieljt sich indessen die schon in dem Obigen angegebene ungleiche Vertheiluug der organischen Bestandtheile auf graue und weisse Substanz. In den Analysen Petrowsky's betrug die Menge des Eiweisses und der Leimbildner in der grauen Substanz etwas mehr als die Hälfte und in der weissen etwa 1/4 der festen organischen Stoffe. Die Menge des Cholesterins betrug in der weissen etwa die Hälfte und in der grauen Sub- stanz etw-a ^jr, der festen Stoffe. Von löslichen Salzen und Extraktivstoffen finden sich grössere Mengen in der grauen als in der weissen Substanz (Bau3I- stark). Die Menge der wichtigsten der bekannten Gehirnbestandtheile, auf 1000 Theile des frischen, wasserhaltigen Gehirnes berechnet, war in den Ana- lysen Baumstark's folgende. Ä bedeutet überwiegend weisse und B überwiegend graue Substanz. A B Wasser 695,35 769,97 Feste Stoffe 304,65 230,03 Protagon 25,11 10,80 Unlösliches Eiwciss tuid Bindegewebe . 50,02 60,79 Cholesterin, frei ....... 18,19 6,30 gebunden 26,96 17,51 Nuelein . 2,94 1,99 Neurokeratin 18,93 10,43 Mineralstolie . . . .• 5,23 5,62 Der Rest der festen Stoffe dürfte wohl hauptsächlich aus Lecithin und anderen phosphorhaltigen Stoffen bestanden haben. Von dem gesammten Phos- phorgehalte kommen nämlich 15—20 p. ni. auf das ISuclem, 50 — 60 p. m. Sehpurpur. 235 keratins. auf Protagon, 150— lOO p. in. auf die Asche und 770 i». ni. tiuf Lecithin und andere phosphorhaltige, urgimisclie Sul)stanzen. Die Älenge des Neurokeratius in den Nerven und in vcr-schiedenfii Tlieilen des Centrahicrvensy.'^teins ist von KCmnio und Ciiittknden näher bestimmt worden. Sie fanden in dem Plexus brachialis 3,1(5 [). ni., in der Kleinhirn- rinde 3,12 p.m., in der weissen Substanz des Grosshirnes 22,434, in der weissen Substanz des Corpus callosum 25,72— 29,02 p. m. und in der grauen Substanz ^°f^t«rö! der Grosshirnrindc (mögliclist frei von weisser Substanz) 3,27 p. m. Neuro- keralin. Die weisse Substanz ist also sehr bedeutend reicher an Ncurokeratin als die peripherischen Nerven oder die graue Substanz. Die Menge der Mineralbestaudtheile in dem Gehirne I)eträgt nach Geogiikgan 2,95—7,08 p. m. In 1000 Theilen frischem wasserhaltigem Ge- hirne fand er 010,43-1,32, PO^ 0,956-2,016, 00^0,244—0,796, SO^ 0,102 bis 0/220, Fe,(P04)2 0,01-0,098, Ca 0,005 0,022, Mg 0,016-0,072, K 0,58 bis 1,778, Na 0,450—1,114. Die graue Substanz liefert eine alkalische, die weisse eine saure Asche. Di» Kotina. Anhang. Die Gewebe und Flüssigkeiten des Auges. Die Retina enthält als Ganzes 816 — 880 p. m. Wasser, 72 — 102 p.m. Proteinstoffe — Myosin, Albumin und Muciu (?), 9—32 p. m. Lecitliin und 2,7 — 10,6 p.m. Salze (Hoppe-Seyler und Kahn). Die Mineralstoffe enthalten 420 p. m. NagHPO^ und 350 p. m. NaCl. Diejenigen Stoffe, welche die verschiedenen Segmente der Stäbchen und Zapfen bilden, sind nicht näher erforscht und das grösste Interesse knüpft sich an die Farbstoffe der Eetina an. Sehpurpur, auch Rh o dop sin, Erythropsin oder S ehr o th genannt, nennt man den Farbstoff der Stäbchen. Im Jahre 1876 beobachtete Bole, dass die Stäbchenschicht der Retina im Leben eine purpurrothe Farbe hat, welche durch Lieh teiu Wirkung erblasst. KCpixe hat später gezeigt, dass diese rothe Farbe nach dem Tode des Thieres, wenn das Auge vor dem Tageslichte geschützt oder im Natriumlichte untersucht wird, längere Zeit bestehen kann. Durch dieses Verhalteii wurde es auch möglich, diese Substanz zu isoliren und näher zu studiren. Das Sehroth (Boll) oder der Sehpurpur (Kühne) ist hauptsächlich durch die Untersuchungen Kühne's bekannt geworden. Der Farbstoff kommt aus- schliesslich in den Stäbchen und nur in dem äussersten Theile derselben vor. Bei solchen Thieren, deren Retina keine Stäbchen hat, fehlt der Sehpurpur, welcher selbstverständlich auch in der Macula lutea fehlt. Bei einer Art Fleder- "^^^ p^a^g.'^"'^' maus (Rhinolophus hippos idero s), wie auch bei Hühnern, Tauben und neugeborenen Kaninchen hat man in den Stäbchen keinen Sehpurpur gefunden. Sehpuqiur. Vorkommen 236 Zehntes Kapitel. Eigen- schaften des Sohpurpurs. Eegene- ratioii lies Sehpurpurs. Bedeutung des Seh- purpars. Eine Lösung von Sehi^uipur iu Walser, welches 2—5 ^/o krystallisirte Galle, welche das beste Lösungsmittel des Sehpurpiu's i^t, enthält, i.ll' — liczw. Cldorophan, Xanihophan nnd Jihodophnn - isolirt. Das dnidi. Unter diesem Namen hat Schkrer eine von ihm in einer OvarialÜiissigkeit gefundene Proteinsubstanz beschrieben. Das Metalljumin wurde VCD Scherer als ein Eiweisstoff betrachtet; es gehört aber der Mucingruppe an und ist aus diesem Grunde vom Verf. Pseudoimicin genannt worden. Kchafton und ZiisuinineD- sotzung. Metalbumin. Pseudo- imicin. Paralbn- min. Pseudoniucin. Dieser Stoff, welcher wie die Mueine beim Sieden mit Säuren eine reduzirende Substanz giebt, ist ein Mucoid, dessen Zusammensetzung nach Verf. folgende ist: C 49,75, i? 6,98, A' 10,28, S 1,25, 0 31,740/o. Mit Wasser giebt das Pseudoniucin schleimige, fadeuziehende Lösungen, und diese Substanz ist es, welche vorzugsweise dem flüssigen Inhalte der Ovarial- kystome seine typische , fadenziehende Beschaffenheit verleiht. Die Lösungen gerinnen beim Sieden nicht, sondern Averden dabei nur milchig opalisirend. Zum Unterschiede von Mucinlösungen werden die Pseudomucinlösungen von Essig- säure nicht gefällt. Mit Alkohol geben sie eine grobflockige oder faserige, selbst nach längerem Aufbewaliren unter Alkohol in Wasser noch lösliche Fällung. Das Paralhumin ist eine andere, von Scherer entdeckte, in Ovarial- flüssigkeiten vorkommende und auch in Ascitesflüssigkeiten bei gleichzeitiger Gegenwart von Ovarialcysten und Berstung derselben gefundene Substanz. Sie ist indessen nur ein Gemenge von Pseudoniucin mit wechselnden Mengen Eiweiss, und die Reaktionen des Paralbumins sind dementsprechend auch etwas wechselnd. Der Nachweis des Metalbumins und Paralbumins ist selbstverständlich gleichbedeutend mit dem Nachweise des Pseudomucins. Eine typische, pseudo- mucinhaltige Ovarialflüssigkeit ist in der Regel durch ihre physikalische Beschaffen- heit hinreichend charakterisirt, und nur in dem Falle, dass in einer hauptsäch- lich serösen Flüssigkeit sehr kleine Mengen von Pseudoniucin enthalten sind, dürfte eine besondere chemische Untersuchung nöthig werden. Man verfährt dabei auf folgende Weise. Das Eiweiss entfernt man durch Erhitzen zum Sieden unter Essigsäurezusatz, das Filtrat konzentrirt man stark und fällt mit Nachweis Alkohol. Den Niederschlag wäscht man sorgfältig mit Alkohol aus und löst '^'^^^*i„s''''' ihn dann in Wasser. Ein Theil der Lösung wird mit Speichel bei Körper- temperatur digerirt und dann auf Zucker (von Glykogen oder Dextrin herrührend) geprüft. Bei Gegenwart von Glykogen führt man dieses mit Speichel in Zucker über, fällt noch einmal mit Alkohol und verfährt dann wie bei Abwesenheit von Glykogen. In diesem letztgenannten Falle setzt man nämlich der Lösung des Alkoholniederschlages in Wasser erst Essigsäure zu, um etwa vorhandenes Mucin auszufällen. Ein entstandener Niederschlag würd dann abfiltrirt, das Filtrat mit 2°/o HCl versetzt und im Wasserbade einige Zeit erwärmt, bis die Flüssigkeit stark braun gefärbt worden ist. Bei Gegenwart von Pseudoniucin giebt die Lösung dann die TROMMER'sche Probe. lü* 24i Elftes Kapitel. Intraliga- inentiiio Cysten. Inhalt der Parovarial- cystoii. Uebrige Protein stofFe, welche man angeblich in Cystenflüssigkeiten gefunden hat, sind Serumglobulin und Serumalbumin, Pepton {?), Mucin und Muciri- pcpton{?). Fibrin konnnt nur in Ausnahmefällen vor. Die Menge der Mineral- stoflfe beträgt als Mittel gegen 10 p. m. Die Menge der Extraktivstoffe (C7uIiu aufgefasst worden, scluinl aher eher ein Nucleoalbnmin zu sein. Die Frage, in welcher Eezieliung andere Proteinsubslauzen, welche, wie die Aleuronkryalulle gewisser Ovoviteiiin. Samen utul die sogen. DoUerpläUdien in den Eiern einiger Fisclie vnid Amphibien, dem Ovovitellin verwandt sein sollen, zu diesem Stofi'c stehen, ist einer fortge- setzten Prüfung bcKlürflig. Das Ovovitellin, wie man es bisher aus dem Eidotter dargestellt hat, ist nicht ein reiner Eiweissstoff, sondern enthält stets Lecithin. Hoi'I'K-Skylioh fand in dem Vitellin 25 "/o Lecithin und ausserdem auch Nuclei'n. Das Lecithin kann allerdings mit siedendem Alkohol entfernt werden ; dabei wird aber das Vitellin verändert, und es ist darum auch möglich, dass das Lecithin an das „ . , ' * ' Beziehung' Vitellin chemisch gebunden sei (HorrE-SEYLER). Aus dem Dotter hat Bunge ^^9"^ i^^^- ö "^ ' thiiis zu dem durch Verdauung mit Magensaft ein Nuclei'n dargestellt, welches nach seiner Viteiim. Ansicht von grosser Bedeutung für die Blutbereitung sein soll und aus diesem Grunde auch von ihm Hämatogen genannt worden ist. Dieses Hämatogen, dessen Zusammensetzung folgende ist: C 42,11, /76,08, iV 14,73, S0,55, P5,19, Fe 0,29 und 0 31,05 ^/o, scheint ein Produkt der Zersetzung des Vitellins zu sein. Das Vitellin ähnelt den Globulinen darin, dass es in Wasser unlöslich, in verdünnter Neutralsalzlösuug dagegen (wenn auch nicht ganz klar) löslich ist. In Salzsäure von ca. 1 p. m. HCl, wie auch in sehr verdünnten Lösungen von Alkalien oder Alkalikarbonaten ist es ebenfalls löslich. Aus der salzhaltigen Lösung durch Verdünnung mit Wasser ausgefällt und einige Zeit mit Wasser in Berühruuggelassen, wird das Vitellin nach und nach verändert und den Albuminaten ähnlicher. Die Gerinnungstemperatur der salzhaltigen (NaCl) Lösung liegt bei -]- 70 bis 75 ^ C oder, wenn man sehr rasch erwärmt, bei etwa -|- 80° C. Von den Globulinen unterscheidet sich das Vitellin dadurch, das es bei der Pepsin- Eigeu- verdauung Nuclei'n giebt. Auf Grund dieses Verhaltens ist das Vitellin auch Verhalten. oben (s. 12) zu den Nucleoalbumineu gerechnet worden, obwohl es durch die Gerinnung der neutralen, salzhaltigen Lösung bei einer Temj^eratur unter 100*^ C, wie auch durch gewisse Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse von den Nucleoalbumineu im Allgemeinen sich unterscheidet. Wegen der Schwierigkeit, das Lecithin ohne Veränderung der Eigenschaften des Vitellins zu entfernen, ist es jedoch, da das Lecithin die Löslichkeits- und Fällbarkeitsverhältnisse der Ei Weisskörper wesentlich verändert, ohne Zweifel notliAvendig, die Resultate weiterer Untersuchungen abzuwarten,' bevor man das Vitellin definitiv, sei es zu der Globulin- oder der Nucleoalbumingruppe führt. Die Darstellungsmethode des Ovovitellins ist in den Hauptzügen folgende: Darstellung Das Eigelb schüttelt man vollständig mit Aether aus, löst den Rückstand in vfteiiins." 246 Elftes Kapitel. Kochsalzlösung von 10 ^/o, liltrirt und scheidet das Vitcllin durch reichlichea Wasserzusatz aus. Das Vitellin wird dann durch wiederholtes Auflösen in ver- dünnter Kochsalzlösung und Ausfällen mit Wasser gereinigt. Ausser Vitellin soll der Eidotter angeblich auch Alkalialbuinlnut und Albumin enthalten. Das Fett des Eidotters ist nach Liebermann ein Geraenge von einem festen und einem flüssigen Fette. Das feste Fett besteht überwiegend aus Tripalmitin mit etwas Stearin. Bei Verseifung von dem eigentlichen Eiüle Das Fett dos ^ / Eidotters, erhielt Liebermann 40 ^jo Oelsäure, 38,04 "Vo Palmitin- und 15,21*^/0 Stearin- säure. Das Fett des Eidotters ist ärmer an Kohlenstoff als anderes Fett, was von einem Gehalte au Mono- und Diglyceriden oder von einem Gehalte an einer kohlen Stoff ärmeren Fettsäure herrühren kann (Liebermann). Lutein. Gelbe oder oraugerothe, amorphe Farbstoffe kommen im Eigelb und au mehreren anderen Orten im Thierorganismus , wie in Blutserum und Lipochromo. scröseu Flüssigkeiten, Fettgewebe, Milchfett, Corpora lutea und den Fettkügelchen der Retina vor. Diesen Farbstoffen, welche angeblich auch im Pflanzenreiche vorkommen sollen (Thudichum), hat mau den Namen Lute'ine oder Lipochrome gegeben. Die Luteüie, welche unter einander ein etwas abweichendes Verhalten zeigen können, sind alle in Alkohol, Aether und Chloroform löslich. Von dem Gallenfarbstoffe, dem Bilirubin, unterscheiden sie sich dadurch, dass sie von alkalihaltigem Wasser aus ihrer Lösung in Chloroform nicht aufgenommen werden, dass sie ferner mit Salpetersäure, welche ein wenig salpetrige Säure schatten der enthält, nicht das charakteristische Farbenspiel des Gallenfarbstoffes, sondern eine blaue, rasch verschwindende Farbe geben, und endlich dadurch, dass sie ein Absorptionspektrum mit gewöhnlich zwei Streifen geben, von denen der eine die Linie F einschliesst und der andere etwa in der Mitte zwischen F und 6f liegt. Die Luteine widerstehen der Wirkung von Alkalien, so dass sie nicht verändert werden, Avenn man durch Verseifung das gleichzeitig anwesende Fett zu ent- fernen sich bemüht. Das Luteiu aus Eigelb ist uiflit rciu dargestellt worden. Nach Cheveeul und GOBLEY Süll im Eigelb theils ein rother und theils ein gelber Farbstort" vorkouimen. lu den Eiern einer Wassers2»inue (Maja Squinado) hat Maly zwei eisenfreie Farbstofle, eiueu rotheu, Vitellorubin, und eiueu gelben, Vitellolute'in , gefunden. Von Saliietersäure, Avelehe salpetrige Säure euthält, werden beide Farbstoffe blau und von konzeutrirter Schwefelsäure schön grüu gefärbt. Die Absorptiousstreifeu im Si)ektrum, besonders diejenigen des Yitellolutems, stimmen gut mit denen des Ovoluteins übereiu. Die Mineralstoffe des Eidotters bestehen nach Poleck, auf 1000 Theile Asche berechnet, aus Natron 51,2— 65,7, Kali 89,3— 80,5, Kalk 122,1 — 132,8, Bittererde 20,7—21,1, Eisenoxyd 14,5—11,90, Phosphorsäure 638,1-667,0 und Mineral- Kicsclsäure 5,5 — 14,0 Theilen. Am reichlichsten kommen also Phosphorsäure Do^ter^s!^ und Kalk und demnächst Kali, welches in etwas grösserer Menge als das Natron sich vorfindet, vor. Diese Zahlen sind jedoch insoferne nicht ganz richtig, als erstens im Dotter keine gelösten Phosphate vorkonnnen (Liebermann) und Eiwciss iiud Ovall)miiiii. 247 zweitens bei dem Eiiiäst'hern Phosphorsäure iiiul Schwefelsäure entstehen und das Chlor, welches iu älteren Analysen auch fehlt, austreiben köinien. Der Dotter eines Hühnereies wiegt etwa 12 — 18 g. Der Gehalt an Wasser und festen Stoffen beträgt nach Paükks 471,9 p. m, resp. 528,1 p. ni. Unter den festen Stoffen fand er lb(),3 \h ni. Eiwciss, 3,50 p. ni. lösliche und ß,12 p. ni. unlösliche Salze. Die ÄEenge des Fettes war nach Pakkks 228,4 p. ni., die des Lecithins, aus der Menge phosphorhaltigcr, organischer Su))stanz in dem AlUohol-Aetherextrakte berechnet, 107,2 p. m. und die des Cholesterins 17,5 p. m. Das Eiweiss ist eine schwach gelbliche, eiweissreiche, in einem Fach- werke von dünnen Häuten eingeschlossene Flüssigkeit, welche an und für sich dünnflüssig ist und nur durch die Anwesenheit der diesell)e durchsetzenden feinen Mend)ranen zähflüssig erscheint. Diejenige Substanz, welche die Häute bildet, scheint wie die, aus welcher die Chnlazae bestehen, ein den Plornsubstanzen ver- wandter Stoff zu sein (Liebermann). Das Eiweiss hat ein spezifisches Gewicht von 1,045 und reagirt stets al- kalisch. Es enthält 850—880 p. m. Wasser, 100 — 130 p. m. Eiweisüoß'a und 7 p. m. Salze. Unter den Extraktivstoffen fand Lehmann eine gährende Zackerart, deren Menge 5 oder nach Meissner, 80 p. m. des festen Rück- standes betragen soll. Ausserdem finden sich im Eiweiss Spuren von Fett, Seifen, Lecithin und Cholesterin. Das Eiweiss der Eier von Nesthockeru wird beim Siedeo durclisiclitig imd vcrliillt sieli in vieler Hiusieht wie Alkaliiübumiuat. Dieses Eiweiss liat TAlicitANOFF „Tatachveiss" geuauut. Die Eiweisstoffe des Eiweisses gehören theils der Globulin- und theils der Albumingruppe an. Das Eiglohulin ist nach Dillner dem Serumglobulin nahe verwandt. Beim Verdünnen des Eiweisses mit Wasser scheidet es sich zum Theile aus. Es wird auch vona Magnesiumsulfat gefällt. Die Menge des Globulins im Ei- weiss beträgt im Mittel 6,67 p. m. oder etwa 67 p. m. des Gesammteiweisses. Nach CoRiN und Beraed finden sich im Eiweiss zwei Globuline, von denen das eine bei -j- 57,5° C, das andere bei -]- 67*^ C. gerinnt. Ovalbumin oder Albumin des Eiweisses. Die Zusammensetzung dieses Albumins ist folgende C 52,25, B 6,9, N 15,25 und S 1,93 ^lo. Das Oval- bumin hat die Eigenschaften der Albumine im Allgemeinen, unterscheidet sich aber von dem Serumalbumin durch Folgendes: Die spez. Drehung ist niedriger, fl(D)=r — 38*^. Lösungen von mittlerem Eiweissgehalte gerinnen bei -j- 56*^ C, gleichgültig ob der Salzgehalt etwas grösser oder kleiner ist. Dagegen ändert sich bei konstantem Salzgehalt die Gerinnungstemperatur mit wechselndem Ei- weissgehalte. Das Ovalbumin wird von Alkohol bald unlöslich. Von einer genügenden Menge Salpetersäure oder Salzsäure wird es gefällt, löst sich aber in einem Ueberschusse dieser Säuren ungemein schwieriger als das Serumalbu- rain. Ovalbumin in Lösung, in die ßlutbahn eingeführt, geht in den Harn über, was mit dem Serumalbumiu nicht der Fall ist. Zusarainon- sotzunj,' dos Dotters. Das Weisse des Eies. ßestaml- theilo des Eiweisses. Tataciwoiss. Eijrlobulia Ovalbumin. 218 Elftes Kapitel. Darstellung des Ovalbu- mins. Mineral- stoffe des Eiweisses. Schalenhaut und Schalen. Farbstoffe der Eier- schalen. Eier anderer Thißre. Nach Gautier und Bechamp ist das Ovalbuniin ein Gemenge von zwei Albuminen mit den Gerinming.stemperatureu 60 — 63, bezw. 71 — 7-1 "C. Nach Corin und Berard soll es dagegen ein Gemenge a'ou drei Albuminen mit den Koagitlation.stemperatureu, resp. 67", 72 " luid 82 " C, sein. Hierbei hat man jedoch übersehen, dass die Gerinnuugstemperatur des Ovalbumins mit einem wechselnden Eiweissgehalte der Lösung sich ändert. Das Ovalbumiu erhält man durch Ausfüllung des Globulins mit ÄlgSO^ bei -)- 20 " C. und Sättigung des Filtrates mit Na^SO^ bei dersell>en Temperatur. Das hierbei .«ich ausscheidende Ovalbuniin wird abfiltrirt, ausgepresst, in Wasser gelöst und durch Dialyse von den Salzen befreit. Die dialysirte Lösung wird dann im Vakuum oder bei -\- 40 — 50" C. eingetrocknet. Fällt man mit Alkohol, so wird das Albumin bald unlöslich. Die Mlneratsloffc des Eiweisses sind von Poleck und Weber analysirt worden. Sie fanden in 1000 g Asche: 276,6 -284,5 g Kali, 235,6— 329,3 Natron, 17,4— 29 Kalk, 16—31,7 Bittererde, 4,4-5,5 Eisenoxyd, 238,4—285,6 Chlor, 31,6—48,3 Phosphorsäure (PoO^), 13,2—26,3 Schwefelsäure, 2,8—20,4 Kiesel- säure und 96,7 — 116 g Kohlensäure. Auch Spuren von Fluor hat man ge- funden (Nic'KLEs). Die Asche des Eiweisses hat also, derjenigen des Eidotters gegenüber, einen grösseren Gehalt an Chlor und Alkalien, aber einen geringeren Gehalt au Kalk, Phosphorsäure und Eisen. Die Sclialeiiliaut und die Eiersclialeii. Die Schalenhaut besteht, wie oben (S. 29) gesagt worden, aus einer Keratinsubstanz. Die Schalen bestehen nur zum kleinen Theile, 36 — 65 p. m., aus organischer Substanz. Die Haupt- masse, mehr als 900 p. m,, besteht aus Calciumkarbouat nebst sehr kleinen Mengen Magnesiumkarbonat und Erdphosphaten. Die verschiedene Färbimf/ verscliiedener Vogeleierschalen rülirt, wie Wicke, Sorby, LiEBEKMAXN uud Krukexberg gezeigt liaben, von mehreren A'erschiedenen FarbstoÖen lier. Unter diesen tindet sicli einer von rotlier oder rothbi'iamer Farlte, von SoRBY „OorodcTn" genirnnt, welcher vielleiciit mit dem Ilämatoporphyriu identisch ist (80RBY, Krukenberg). Der grüne oder blaue Farbstotl', das Oocyaii 8orby's, scheint nach Liebermamn uud Kruken- BERG theils Biliverdin und theils ein blaues Gallenfarbstoffdcrivat zu sein. Die Vogeleier enthalten an ihrem stumpfen Pole einen mit Gas gefüllten Raum, dessen Sauerstoflgehalt nach Biöciioff im Mittel 23,3 A^ol. "/o beträgt. Das Gewicht eines Hühnereies schwankt zwischen 40 — 60 g und kann sogar bisweilen 70 g betragen. Die Schale und die Schalenhaut zusammen haben in sorgfältig gereinigtem aber noch feuchtem Zustande ein Gewicht von 5 — 8 g. Das Eigelb wiegt 12 — 18 und das Eiweiss 23 — 34 g, d. h. etwa doppelt so viel. Das Eiweiss der I'^ier von Kuori)el- uud Knochenfischen enthält uur Siuireu a-ou wahrem Eiweiss imd die Hülle des Froscheics soll nach Giacosa aus ^lucin bestehen. Die krystalli- uisclieu Geliilde ( Dotterplällchen) , welche man in den Eiern von Schildkröten,' Frösclien, Rochen, Haien uud anderen Fisclien beobaditet hat, und welclie von Valenciexnes luul Fremv unter den Nameu Emydin, Ichlhin, Ichthidin luid Ichthulin beschriebcu wordeu sind, enthalteu Lecithin, Nucle'in uud Eiweiss. Sie entsjireclieu vielleicht den gelben Dotterkügelchcu im Nahruugsdotter des Hühnereies. Die Eier des Flusskrebses uud des Hummers solleu denselben Farbstoff wie die Schalen dieser Thiere enthalten. Dieser Farbstoff, das Cyanoki-ystallin, wird beim Sieden in AVasser roth. In fo.ssilen Eiern (von Aptenodytes, Pelecanus und Haliaeus) iu alten Guano- lagern hat man eine gelbweisse, seideglänzendc, blättrige, in "Wasser leicht lösliche, in Alkohol vmd Aethcr imiöslichc Verbiudung, das Guanovuüt, (XH^i^SO^ -|- 2K^S0^ -|- 3KHS0i -f- 4H2O, gefunden. Bebrütung des Eies. 249 Diejeuigeii Eier, welche ausserhalb des mütterlichen Organismus sich ent- wickeln, müssen alle Elemente des jungen Thiercs enthalten. Man findet in der That auch im Dolter und Ei^veiss in reichlicher Menge Eiweisskörper ver- schiedener Art und besonders reichlich im Dotter phosphorhaltigcs Eiweiss. Man findet ferner im Dotter auch das Lecithin, welches in den sich entwickelnden Zellen regelmässig vorzukommen scheint. Das Vorkommen von TJIykogen ist dagegen zweifelhaft, und die Kohlehydrate, w'elche als gewebel)ildende Stoffe keinen direkten Werth haben, sind also vielleicht luu- durch die sehr kleine die Ent- -f-,. , . , Ti Wickelung Zuckermenge des Eies repräseutut. Dagegen ist das Ei sehr reicJi an i^ett, des Em- brvos. welches zweifelsohne für den Embryo von grosser Bedeutung als Nahrungs- und Rcspirationsmittel sein dürfte. Das Cholesterin und das Lutein dürften wohl dagegen kaum eine direkte Bedeutung für die Entwickelung des Embryos haben. Auch hinsichtlich der Mincralstoffe scheint das Ei die Bedingungen für die Ent- wickelung des jungen Thieres zu enthalten. Der Maugel an Phosphorsäure wird ilurch den reichlichen Gehalt an phosphorhaltiger, organischer Substanz ersetzt, und das eisenhaltige Nucleoalbumin, aus welchem das Hämatogen (vergl. S. 245) entsteht, ist zweifelsohne, wie Bunge annimmt, von grosser Bedeutung für die Entstehung des eisenhaltigen Hämoglobins. Auch die für die Entwickelung der Federn nöthige Kieselsäure findet sich in dem Ei. Während der Bebrütung verliert das Ei an Gewicht, hauptsächlich durch Verlust an Wasser. Auch die ]\renge der festen Stoffe, besonders des Fettes und des Eiweisses, nimmt ab, und das Ei giebt nicht nur Kohlensäure, sondern auch, wie Liebermann gezeigt hat, Stickstoff oder eine stickstoffhaltige Sub- stanz ab. Dieser Verlust wird jedoch durch Aufnahme von Sauerstoff korapensirt, und es findet also während der Bebrütung ein respiratorischer Gasaustausch statt. Während also die IMenge der Trockensubstanz in dem Ei während der Vorändcr- Bebrütuntr stetio; abnimmt, nimmt daa;e2;en im Embryo der Gehalt an Mineral- Eies wuh- • , , T^ • T^ 1 rond der J3e- stoffen, Eiweiss und Fett stetig zu. Die Zunahme der Fettmenge im Embryo brütun;?. rührt nach Liebermann wenigstens zum grossen Tlieil von einer Aufnahme von Nahrungsdotter in die Bauchhöhle her. Das Gewicht der Schalen und der Gehalt derselben an Kalksalzen kann während der Bebrütung unverändert bleiben. Dotter und Eiweiss zusammen enthalten auch eine für die Entwickelung ge- nügende Menge Kalk, Die ausführlichsten und sorgfältigsten chemischen Untersuchungen über die Entwickelung des Hühnerembryös sind von Lieberäiann ausgeführt w'orden. Aus seinen Untersuchuno-en mag Folgendes hier angeführt werden. In der ersten Zeit der Entwickelung entstehen sehr wasserreiche Gewebe, mit fort- luns des schreitender Entwickelung nimmt aber der Wassergehalt ab. Die absolute embryos. iMeuge der wasserlöslichen Stoffe nimmt mit der Entwickelung zu, Avähreud ihre relative Menge, den übrigen festen Stoffen gegenüber, unaufhörlich abnimmt. Die Menge der in Alkohol löslichen Stoffe nimmt rasch zu. Eine besonders bedeutende Vermehrung erfährt das Fett, dessen Menge noch am vierzehnten Tage nicht sehr gross ist, dann aber sehr bedeutend wird. Die Menge der in Wasser 250 Elftes Kapitel. Farbstoffe derPlacenta. Utorinmilcli. Traubon- moleii. Amiiios- flüssigkeit. Chemische Bostanrt- theilo der Amnios- flüssiskoit. unlöslichen Eiweisstoffe und Albuuünoide wächst stetig und regelmässig in der Weise, dass ihre absolute Menge zunimmt, während ihre relative Menge fast unverändert bleibt. Beim Hühnerembryo fand Liebermann kein Glutin. Bis zum zehnten Tage enthält der Embryo überhaupt keine leimgebende Substanz, vom vierzehnten Tage ab enthält er aber einen Stoff, welcher beim Sieden mit Wasser eine chondrinähnliche Substanz giebt. Ein mucinähnlieher Stoff kommt bei etwa sechs Tage alten Embryonen vor, verschwindet dann aber. Der Hämo- globingehalt zeigt im Verhältuiss zu dem Körpergewichte ein stetiges Ansteigen. Während das Verhältuiss Hämoglobin: Körpergewicht am elften Tage=: 1 : 728 war, fand Liebermann am 21. Tage ein Verhältuiss = 1:421. Das Gewebe der Placenta ist noch iiiclit Gegenstand einer cingelienderen cliemisehen Untersuchung gewesen. In deu Räuderu der Plaeenta der Hündin und der Katze liat man theils einen krystallisireuden, orangefarbigen Farbstoff (Bilirubin?) und theils einen grünen, amorphen Farbstoft", das Hämatochlorm Meckel's, welelies von J'TTI als Biliverdin lietrachtet worden ist, gefvmden. Pkeykr bezweifelt die Identität dieses Farbstofles mit dem Biliverdin. Aus den Placenta rkotyledonen bei Wiederlduiern Icaun belvanntlicli durch Druck eine Aveisse oder schwach rosafarbige, rahmähuliche Flüssigkeit, die üterinmilch, ausgepresst werden. Sie reagirt alkalisch, Avird aber leicht sauer. Das spez. Gewicht ist 1,033 — 1,040. Als Formelemente enthält sie Fettkügelchen , kleine Körnchen und Epithelzellen. In der Uterinmilch hat man 81,2—120,9 p. m. feste Stofle, 01,2—105,6 p. m. Eiweis, gegen 10 p. m. Fett und 3,7 — 8,2 p. m. Asche gefunden. Die in den sogenannten Traubenmolen (Mola racemosa) vorkommende Flüssigkeit hat ein niedriges spez. Gewicht, 1,009 — 1,012, der Gehalt an festen Stoticn ist 19,4 — 26,3 p. m. mit 9 — 10 p. m. Proteinstotfen imd 0—7 p. m. Asche. Die Amiiiosllüssig'koit ist beim Menschen dünnflüssig, weisslich oder blassgelb ; bisweilen ist sie etwas mehr gelbbraun, trübe. Sie setzt weisse Flöckchen ab. Die Formbestandtheile sind Schleimkörperciien, Epithelzellen, Fettropfchen und Lanufjohdare. Der Geruch ist fade, die Reaktion neutral oder schwach alkalisch. Das spez. Gewicht ist 1,002 — 1,028. Die Anmiosflüssigkeit enthält die gewöhnlichen Transsudatbestandtheile. Ihr Gehalt an festen Stoffen beträgt bei der Geburt kaum 20 p. m. In den früheren Perioden der Schwangerschaft soll die Flüssigkeit reicher an festen Stoffen, besonders Eiweiss, sein. Unter den Eiweisskörpern hat Weyl eine, dem ViteUin ähnliche Substanz und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Sei'um- albumin nebst wenig Mucin gefunden. Zucker ist regelmässig in der Amnios- flüssigkeit von Kühen, nicht aber in der von Menschen gefunden worden. Da- gegen enthält die menschliche Amniosflüssigkeit etwas Harnstoff und Allanknn Die Menge dieser Stoffe kann bei Hydramnion vermehrt sein (Prociiownick, Harnack), was auf einer vermehrten Nieren- resp. Hautsekretion des Fötus beruht. Kreatin und niilchsaure Salze sollen zweifelhafte Bestandtheile der Amniosflüssigkeit sein. Die Menge des Harnstoffes in der Amniosflüssigkeit war in Prochownick's Analysen 0,16 p. m. In der Flüssigkeit bei Hydramnion fanden Prochownik und Harnack bezw. 0,34 und 0,48 p. m. Harnstoff. Die Hauptmasse der festen Stoffe besteht aus Salzen. Die Menge der Chloride (NaCl) beträgt 5,7—6,6 p. m. Z wollt OS Kapitel. Die Milch. Die chciuiriclieii Beslandtbeile der Milchdrüsen sind wenig studirt. Das Protophisnui der Zellen ist reich an Eiweiss, welches, wie man angenommen hat, zum grossen Theil aus Casei'n oder einer ihm verwandten Substanz be- stehen soll. Entfernt man durch gründliches Auswaschen alle Milchreste aus der Milchdrüse von Kühen, so enthalten die Zellen noch reichliche Mengen von Eiweiss, welches bei Zusatz von sehr verdünntem Alkali (1 — 2 p. m. KOH) zu einer schleimigen, zähen oder fadenziehenden Masse aufquillt. Dieses Eiweiss besteht wenigstens zu grossem Theile aus Nucleoalbumin , welches durch die Alkalieinwirkung allmählich verändert wird. Dieses Nucleoalbumin steht ausserdem törpe^ der den Mucinsubstanzen insoferne nahe, als es beim Sieden mit verdünnten Säuren eine reduzirende Substanz giebt. Kocht man die Milchdrüse in Wasser, so wird das Protoplasma der Zellen zersetzt und es geht in Lösung ein Nucleo- albumin über, welches durch Zusatz von Essigsäure ausgefällt werden kann und, dem Casei'n gegenüber, durch grössere Schwerlöslichkeit in Essigsäure sich aus- zeichnet. Dieses Nucleoalbumin, welches wohl als in der Hitze umgewandeltes Protoplasmanucleoalbumin aufzufassen ist, giebt ebenfalls beim Sieden mit ver- dünnter Mineralsäure eine reduzirende Substanz von noch unbekannter Natur. In welcher Beziehung die obengenannte Nucleoalbuminsubstanz , welche, wenn die Muttersubstanz des reduzirenden Stoffes nicht in ihr als Verunreinigung vorkommt, richtiger als ein Proteid zu bezeichnen ist, zu dem Zucker der Milch oder der Muttersubstanz desselben steht, hat noch nicht ermittelt werden können. Nach Bert soll die absondernde Drüse einen Stoff enthalten , w^elcher beim uebrige Bo- Sieden mit verdünnter Mineralsäure eine reduzirende Substanz liefert. Eine der Miich- solche Substanz, welche eine Vorstufe bei der Entstehung des Milchzuckers dar- stellen soll, ist auch von Tiiierfelder beobachtet worden. Fett scheint wenigstens in der absondernden Drüse ein nie fehlender Bestandtheil der Zellen zu sein und dieses Fett kann als grössere oder kleinere Kügelchen von dem Aussehen der Milchkügelchen in dem Protoplasma beobachtet werden. Die Ex- traktivstoffe der Milchdrüse sind w'enig erforscht, es kommen unter ihnen aber nicht unbedeutende Mengen von Xanthinkörpern vor. drüse. 252 Zwr.iftos Kiipiicl. Da die Milch des Menschen und der Thlere im Wesentlichen von derselben Besclmffenheit ist, scheint es am besten zu sein, zuerst die am gründlichsten untersuchte Milch, die Kuhmilcli, und dann erst die wesentlichsten Eigenschaften der übrigen, wichtigeren Milchsorten zu besprechen. Die Kuhmilch. Die Kuhmilch stellt wie alle Milch eine Emulsion dar, welche sehr fein vertheiltes Fett in einer hauptsächlich Eiweisstofie, Milchzucker und Salze ent- AiiKemeino balteudcn Flüssigkeit suspendirt enthält. Die Milch ist undurchsichtig, weiss, sciiHi'tmi" iior ^veisslich gelb oder in dünneren Schichten etwas bläulich weiss, von schwachem iJik . fadem Gei'uch und mildem, schwach süsslichem Geschmack, Die Reaktion ist regelmässig amphoter, bisweilen mit überwiegender Einwirkung auf rothes, bisweilen auf blaues Lackmuspapicr, Das spez. Gewicht bei -|- 15" C. ist 1,028 bis 1,0345. An der Luft verändert sich die INIilch nach und nach und ihre Reaktion wird mehr sauer. Dies rührt von einer Umsetzung des Milchzuckers in Milch- Sanor- säure her, eine Umsetzung, welche zum Theil angeblich von der Gegenwart eines Milch. besonderen , aus der Drüse stammenden , aber noch nicht unzweifelhaft iiach- gewiesenen Enzyms herrühren soll, welche aber jedenfalls hauptsächlich durch Mikroorganismen hervorgerufen wird. Ganz frische, amphoter reagirende Milch gerinnt beim Sieden nicht, sondern liefert höchstens eine aus geronnenem Casei'n vuid Kalksalzen l^estchende Haut, welche nach dem Entfernen rasch sich erneuert. Selbst nach dem Durchleiten eines Kohlensäurestromes durch die frische Milch gerinnt diese beim Sieden , , nicht. In dem Maasse, wie die Milchsäurebildung vorschreitet, ändert sich in- Vorhalten _ ' . der Milch desseu dicscs Verhalten und es kommt bald zu einem ersten Stadium, in welchem die Milch nach vorausgegangener Kohlensäurebehandlung beim Sieden gerinnt. In einem zweiten Stadium gerinnt sie beim Sieden allein, dann gerinnt sie durch Kohlensäure allein ohne Sieden und endlich, Avenn eine genügende Menge Milch- säure sich gebildet hat, gerinnt sie bei Zimmertemperatur spontan zu einer festen Masse. Es kann dabei, besonders in der Wärme, das Caseiugerinnsel sich zu- sammenziehen und eiue gelbliche oder gelblich - grüne, saure Flüssigkeit (saure Molken) sich absondern. Wird die Milch durch Erhitzen sterilisirt und der Zutritt von Mikro- organismen dann verhindert, so kann die Milchsäurebilduug gänzlich ausbleiben. Ebenso l^aiin das Sauerwerden wenigstens einige Zeit von mehreren Antisepti(;is, wie Salicylsäure (1:5000), Thymol, Borsäure und anderen Stoffen verhindert werden, Lilsst man die Milch längere Zeit bei einer Teni])cranir nahe l)ei 0" stehen, so bloi1)t sie mehrere AVochcn flüssig, gerinnt aber zuletzt. In diesem Falle soll die Gerinnung jedoch nicht durch eine i^Iilchsäurebildung, sondern vielmehr durch die Entstehung von Fettsäuren in Folge einer Oxydation bedingt sein (IIoJ'I'E-Skyj.eu). beim Siedon. Kuhmilch. 253 Winl IrLscli <;i'iiK)lkeno, aiiipliolcr reiii^irciidc INIilcli mit. Lab versetzt, so gerinnt sie, besonders bei Körpertempriiitur, rascli zu einer festen Masse (Käse), aus web^her albnälilich eine j;clbliebe Flüssigkeit (süsse Älolken) ausgepresst 'jor"jnich wird. Diese Gerinnung der Milch geschieht ohne Aenderung der Reaktion ; sie ''"'■^'' ''*''• kann aueli bei äusserst sclnvach alkalischer Reaktion stattfinden und hat folg- lich mit der Säuregerinnung nichts zu thuii. l>if Milcli iiiilfrlu'ji;t l)is\v('ik'ii i-iiicr bcsoiiilcrou , ciijtciifluiiiiliclicii Art, von Gerinn im;,', inilrni .sii' in cino dickt', z;ilu>, sdilciniine Müsse (diclve MiJcii) miiucwaiKlolt wird. Diese Uin- wiindlinit; riilirt niicii ScnMiDT-jMi'i.nKiAr von einer eigentliiindielien Umsetzung des Milch- znekers iier, liei welciier dieser eine sehleiniige Umwandlung erlalirt. Diese Umwandlung Soll durcli ein l)esonderes, organisirtes Ferment bewirkt werden. In der Kulunildi findet man zwar als Formbestandtheile spärliche Colos- trumkryrixnchen (Vergl. das Colostrum) und einzelne blasse, kernhaltige Zellen. Die Zahl dieser Formbestandtheile ist indessen verschwindend klein gegenüber der ungeheuren Menge des wesentlichsten Formbestandtheiles, der Milchkügelchen. Die Milrhkiif>"('l('hei!. Diese bestehen aus äusserst kleinen Fetttröpfchen, deren Anzahl nach Bohr 2,6 — 11,4 oder als Mittel 5,0 Millionen in 1 cmm Die Miich- betragen soll, und deren Diameter 0,00014 — 0,0003 mm beträgt ((Bohr). Dass "='"' ®"- die Milchkügelchen Fett enthalten, ist unzweifelhaft, und man betrachtet es als feststehend, dass sämmtliehes Milchfett in ihnen sich vorfindet. Eine andere streitige Frage ist dagegen die, ob die Milchkugeln ausschliesslich aus Fett be- stehen oder daneben auch Eiweiss enthalten. Nach einer Beobachtung Aschersons sollen die Fettröpfchen in einer alkalischen Eiweisslösung mit einer feinen Eiweisshülle, einer sogen. Haptngen- meinbrun, sich überziehen. Da nun die Milch beim Schütteln mit Aether nicht oder, bei einem grossen üeberschuss von Aether, nur sehr langsam ihr Fett an den Aether abgiebt, während dies nach vorherigem Zusatz von Säuren oder Alkalien, welche das Eiweiss lösen, leicht geschieht, war man früher der Ansicht, dass die Fettkügelchen der Milch von einer Eiweisshülle umschlossen sein sollten. Eine wahre Membran ist indessen nie nachgewiesen worden ; und da das Fett unter Umständen, bei welchen kein eiweisslösendes Mittel zugesetzt worden ist, wie z. B. wenn die Milch nach Zusatz von sehr wenig Essigsäure mit Kohlensäure gefällt (Soxhlet) oder wenn sie durch Labzusatz koagulirt wird, sehr leicht aus der Milch mit Aether extrahirt werden kann, hat man die Annahme von einer Haben die besonderen Eiweissmembran der Fettkügelchen in der Milch nunmehr wohl fast c'hen enie" allgemein fallen lassen. Im Anschlüsse an die Beobachtungen Quinckes über m\e-'^ das Verhalten der Fettkügelchen in einer mit Gummi bereiteten Emulsion, nimmt mau wohl auch heutzutage allgemein an, dass in der Milch jedes Fett- kügelchen durch Molekularattraktion von einer Schicht Caseinlösung umgeben sei, welche das Zusammenfliessen der Kügelchen verhindere. Alles, was die physikalische Beschaffenheit des Caseins in der Milch verändert oder die Aus- fällung desselben bewirkt, muss folglich die Lösung des Fettes durch den Aether ermöglichen, und in dieser Weise soll ein Zusatz von Alkalien, Säuren und Lab wirken. 254 25wölftes Kapitel. Eiweiss- gehalt der Milch- küfrelchen. Das Milch- fett. Fremde Fette in der Butter. Bost.ind- theile der Milch- llüs&igkeit. Acceptirt mau diese, weiter zu prüfeude Ausicht, so darf nuiu jedoi-h nicht iiberselieu, dass die Fettkügelchen uu verändert bleiben , wenn man die Milcli imter Umrühren mit Lab koagulirt. In diesem Falle tindet man uämlich eine imgeheuere Menge von unveränderten Milchkügeleheu in den Molken, und wenn man eine, von der Molekularattraktion herrührende Eiweisschieht der Fettkügelchen annehmen will, muss man sie also nicht ausschliesslich von dem Caseiu, sondern von dem Eiweiss überhaupt herleiten. Filtrirt man die Fettkügelchen ab und wäscht sie auf eiueni Filtrum aus, so erhält man (Radknhausen imd Danilevvsky) nach ihrer Behandlung mit Aether stets einen aus Eiweiss bestehenden Rest. Aus diesem Verhalten hat man den Schluss ziehen wollen, dass die Fettkügelchen, wenn sie auch keine eigentliche Membran enthalten, jedenfalls aus Fett und Eiweiss bestehen. Die ausserordentlich grossen Schwierigkeiten, welche einem vollständigen Entfernen der Eiweisskörjier der Milch durch Auswaschen des Fettes auf dem Filtrum im Wege stehen, fordern jedoch zu sehr grosser Vorsicht beim Ziehen der Schlüsse aiif. Die Frage nach der Zusammensetzung der Milchkügeleheu und namentlich nach ihrem etwaigen Gehalte an Eiweiss dürfte auch noch lange nicht entscliieden sein. Das Müchfctt hat ein ziemlicli schwankendes spez. Gewicht, welches nach Bohr bei + 15 •'C. 0,949 — 0,996 beträgt. Das Milchfett, wie es unter dem Namen Butter erhalten wird, besteht zum grössten Theil aus den Neutralfetten Palmüin, Ok'in und Skarin. Daneben enthält es auch als Triglyceride kleine Mengen von Buttersäure und Kapronsäure nebst Spuren von Kapryl- und liaprinsäure (Laurinsäure kommt wahrscheinlich auch vor), Myristin- und Arachinsäure. Butter, welche der Einwirkung des Sonnenlichtes ausgesetzt worden ist, soll auch Ameisensäure enthalten (DucLAUx). Das Milchfett ent- hält auch ein wenig Lecithin und Cholesterin nebst einem gelben Farbstoffe. Die Menge der flüchtigen Fettsäuren in der Butter beträgt nach DuCLAUX im Mittel gegen 70 p. m., darunter 37—51 p. ni. Buttersäure und 20 — 33 p. m. Kapronsäure. Das nicht flüchtige Fett besteht zu ^/^j bis ^I^q aus Olein und im Uebrigen aus einem Gemenge von Palmitiu und Stearin. Der Gehalt des Butterfettes au flüchtigen Fettsäuren ist von grosser praktischer Be- deutung mit Rücksicht auf die Methoden zum Nachweis von fremden Fetten in der Butter. Dieser Nachweis wird gewöhnlich nach der von Hehnek und Angell begründeten Reichert'- schen Methode geführt. Das Fett wird mit alkoholischer Kalilauge verseift und der Alkohol verdunstet. Die Seifen löst man in Wasser imd destillirt dann nach Zusatz von überschüssiger Phosphorsäure. Den Gehalt des Destillates an flüchtigen Fettsäuren bestimmt man durch N Titration mit Alkali. Bei richtiger Beschaöenhcit der Butter sollen 2,5 g davon em 10 Destillat geben^ welches zur Neutralisation 14 — 13 Co und jedenfalls nicht weniger als 12 Co N Alkali erfordert. In dem Maasse, wie die Butter eine grössere Menge fremden Fettes enthält, wird der Alkaliverbrauch des Destillates kleiner. Das Milcliiilasiiia oder diejenige Flüssigkeit, in Avelcher die Milchkügeleheu suspendirt sind, enthält wenigstens drei verschiedene Eiweisskörper, Case'in, Lactoglobulin und Laclalbiirnin, und zwei Kohlehydrate, von denen jedoch nur das eine, der Mikhzucker, von grösserer Bedeutung ist. Das Milchplasma enthält ferner Extraktivstoffe, Spuren von Harnsto(}\ Kreatin, Kreatinin, Hypo- xanthin{?), Lecithin, Cholesterin, etwa 1 p. m. Citrunensäure (Soxhlet und Henkel; eine noch grössere Menge nach Söldner) und endlich auch Mineral- stoffe und Gase. Casein. Diese Proteinsubstaoz, welche bisher mit Sicherheit nur in der Milch nachgewiesen ist, gehört der Nucleoalbumingruppe an und unterscheidet Case'iu. 255 si(;h von tleii Alhuiniiialon vor Allein durch ihren Phosphorgelialt und durch ihr Verhalten zu dem Lahenzynie. Das Casein der Kuhmilch hat folgende Zusannnenselzung C 5;3,(), // 7,0, iV 15,7, S0,8, P0,85 und 0 1>2,05 «/o. Die spez. Drehung desselben ist nach Hoimmo-Skylek etwas schwankend; in neutraler Lösung soll jedoch «(D) = — 80" sein. Ob das Casein der verschiedenen Milch- sorten identisch sei otler ob es mehrere verschiedene Caseiue gebe, ist noch nicht ganz sicher entschieden. Das Casein stellt trocken ein staubfeines, weisses Pulver dar, welches nach dem ICihitzen auf 100 " ('. oder etwas darüber die Eigenschaften und Löslichkeitsvcrhältnisse des eben ausgefällten , noch feuchten Case'ins zeigt. Das Caseiu ist in Wasser oder in Jjösungen von Neutralsalzen nur äusserst wenig hislich. Es verhält sich wie eine ziemlich starke Säure, löst sich leicht in Wasser bei Zusatz von sehr wenig Alkali zu einer neutralen oder sauren Flüssigkeit und löst sich endlich auch in Wasser bei Gegenwart von Calcium- karbonat, aus welchem es die Kohlensäure austreibt. Löst man das Casein in Kalkwasser und setzt dann dieser Lösung vorsichtig stark verdünnte Phosphor- säurc l)is zu neutraler Reaktion zu, so kann das Casein anscheinend in Lösung bleiben, ist jedoch Avahrscheinlich wohl nur stark gequollen wie in der Milch, und gleichzeitig enthält die Flüssigkeit reichliche Mengen Calciumphosphat, ohne dass irgend eine Fällung oder irgend welche suspendirteii Partikelchen in ihr zu sehen sind. Die kalkhaltigen Caseinlösungen sind opalisirend und nehmen beim Erwärmen das Aussehen der fettarmen Milch an. Es ist deshalb auch kaum zu bezweifeln, dass die weisse Farbe der Milch zum Theil auch von Casein und Calciumphosphat herrührt. Caseinlösungen gerinnen beim Sieden nicht, überziehen sich aber dabei wie die Milch mit einer Haut. Von sehr wenig Säure werden sie gefällt, aber gleichzeitig anwesende Neutralsalze wirken der Ausfällung entgegen. Eine salz- haltige Caseinlösung oder gewöhnliche Milch erfordert deshalb auch zur Fällung mehr Säure als eine salzfreie Caseinlösung derselben Konzentration. Das ge- fällte Casein löst sich sehr leicht wieder in einem kleinen Ueberschuss von Salzsäure, weniger leicht aber in überschüssiger Essigsäure. Von Mineralsäuren im Ueberschuss werden diese sauren Lösungen gefällt. Von Kochsalz oder Magnesiunisulfat in Substanz wird das Casein mit unveränderten Eigenschaften aus der neutralen Caseinlösung oder aus der Milch gefällt. Metallsalze, wie z. B, Kupfersulfat, fällen eine neutrale Caseinlösung vollständig. Dasjenige, was das Casein am meisten charakterisirt, ist seine Eigenschaft, bei Gegenwart von einer hinreichend grossen Menge Kalksalz mit Lab zu ge- rinnen. In kalksalzfreier Lösung gerinnt das Casein nicht. Nach Soxhlet und Söldner sind nur die löslichen Kalksalze von wesentlicher Bedeutung für die Gerinnung, während das Calciumphosphat bedeutungslos sein soll. Der chemische Verlauf bei der Labgerinnuug ist noch nicht genügend erforscht worden; es sprechen aber mehrere Beobachtungen für die Annahme, dass das Casein dabei theils in einen schwerlöslicheren, seiner Zusammensetzung nach dem Zusaniraon- sotziing des Caseins. Eigon- S(!haf'ten und Verhalten des Caseins. Verhalten der Casein- lösungen. 256 Zwölftes Kapitel. Vorlud Ion des Gasoiiis zu dorn Lab- enzymo. Darstellung des Caseius. liacto- globulin. Caseiu aiahestehenden Stoff', das Paracase'in oder den Käse, welcher das Haupt- produkt bildet, und theils in eine leichtlöslichere, kohlen- und stickstoffärmere (50,3 "/o C und 13,2 "/o A'^ Küster), albumoseartige Substanz, das Mnlkenenoeiss^ welches nur in sehr geringer Menge entsteht, sich spaltet. Das Paracasein wird von dem Labenzyme nicht weiter verändert und es hat nicht in demselben Grade wie das Casein die Fähigkeit, das Calciumphosphat in Lösung zu halten. Setzt man einer kalkfreien Caseinlösung Lab zu, so gerinnt die Lösung zwar nicht, aber das Casein wird dabei derart verändert, dass die Lösung, wenn das Enzym durch rasches Erhitzen zerstört wird, ]iach dem Erkalten bei Zusatz von Kalksalzen wie eine Paracaseinlösung sich verhält. Die Einwirkung des Labenzyraes auf das Caseiu findet also auch bei Abwesenheit von Kalksalzen statt, und die letzteren sind nur für die Gerinnung, d. h. für die Ausfällung des Paracaseins nothwendig. Die Darstellung des Caseins kann in folgender Weise geschehen. Die Milch wird mit 4 Vol. Wasser verdünnt und das Gemenge mit Essigsäure bis zu 0,75 bis 1 p. m. versetzt. Das hierbei sich ausscheidende Casein wird durch wiederholtes Auflösen in Wasser mit Hilfe von möglichst wenig Alkali, Fil- tration, Ausfällung mit Essigsäure und gründliches Auswaschen mit Wasser ge- reinigt. Die Hauptmasse des Milchfettes wird bei der ersten Filtration von dem Filtrum zurückgehalten, und die das Casein verunreinigenden Spuren von Fett werden zuletzt durch Alkohol-Aetherbehandlung entfernt. Lctdoglohulin stellte Sebelien aus der Kuhmilch durch Sättigung der- selben mit Kochsalz in Substanz (wobei das Casein ausgefällt wird) und Sättig- ung des Filtrates mit Magnesiumsulfat dar. So weit es bisher untersucht worden ist, hat es die Eigenschaften des Serumglobulins, mit dem es vielleicht identisch sein dürfte. Lactalbu- iiiin. Darstellunj; des Lact- albnmiiis. Andere Ei- ■\veisstoffe. Lactalbumin ist ebenfalls zuerst von Sebelien aus der Milch in reinem Zustande dargestellt worden. Seine Zusammensetzung ist nach Sebelien folgende: Ü 52,19, H 7,18, N 15,77, S 1,73, 0 23,13°/o. Das Lactalbumin hat die Eigenschaften der Albumine. Es gerinnt je nach der Konzentration und dem Salzgehalte bei -|- 72 bis -|- 84*^ C, Es steht dem Serumalbumin nahe, unter- scheidet sich aber von ihm durch eine bedeutend niedrigere spez. Drehung; «(D)r=:— 370. Das Prinzip für die Darstellung des Lactalbumins ist dasselbe wie für die Darstellung des Serumalburains aus dem Serum, Das Casein und das Globulin scheidet man mit MgSO^ in Substanz aus und behandelt dann das Filtrat wie oben (S. 51) angegeben. Das Vorkomnieu anderer Juweisskörper, M'ie AlhumoKcn und Peplone,in der Älilcli ist uielit sieher bewiesen. Dagegen entstellen solche Stofle leielit als Lal)()rati(>nsprodukte aus den anderen Eiweisstofl'en der Milch. J3in solches Laborationsjirodukt ist das Lacloprote'in von ^IlLLON und COMAILLE, ein Geinenge von wenig Casein mit verändertem Albumin und durch die chemischen Operationen entstandener Albuniose. Milchzucker, La c to s e , C'^a^aoCji -|- H^O. Dieser Zucker kann unter Aufnahme von Wasser in zwei Glykosen — Dextrose und Galaclose — sich spalten. Bei der Einwirkung von verdünnter Salpetersäure giebt er ausser Milchzucker. 257 Kohlensäure, Oxalsüure, Weinsäure, Zuckersäure und Tiaulxiisäure die krystalli- sirende, in kaltem Wasser und in Alkohol fast unlösliche Scfdeimsüure, welche auch aus Dulcit, Clununi und Pflan/cnrfchhiini erhalten wird. Durch Einwir- kung von Natriuniamalgani auf" Milclizucker erhält man Dulcit, Mannit, Milch- säure u. a. Durch Alkalieinwirkung kann unter anderen Produkten auch Milch- säure entstehen, Milch'/Aicker kommt in aller Milch vor. Man hat ihn auch im Harne der Wr)chnerinnen bei INfilchslauung gefunden. Nach Bouciiardat kommt er auch in der reifen Frucht von Ach ras sapota vor. Der Milchzucker kommt gew<)hnlich als farblose, rhombische Krystalle mit 1 Mol. Krystal 1 Wasser , welches bei langsamem Erhitzen auf 100*^* C , leichter bei 130— 140" C. entweicht, vor. Bei 170 bis 180" C. geht er in eine braune, amorphe Masse, Lactokaramel , CuHj^Oj;, über. Der Milchzucker löst sich in 6 Theilen kaltem und in 2,5 Theilen siedendem Wasser; er schmeckt nur schwach süss. In Aether oder in absolutem Alkohol löst er sich nicht. Die L(")sungen sind dextrogyr. Das Drehungsvermögen , welches durch Er- hitzen der Lösung auf 100" C. konstaut wird, ist: a(D) z=: -\- 52,5". Der Milchzucker verbindet sich mit Basen ; die Alkaliverbindung ist unlöslich in Alkohol. Von reiner Hefe wird Milchzucker nicht in Gährung versetzt. Von ge- wissen Schizomyceten wird er dagegen in Alkoholgährung versetzt, und hierbei wird auch Milchsäure gebildet. Auf diesem Verhalten gründet sich die Be- reitung von Milchbranntweiu , „Kumys", aus Stutenmilch und „liephir" aus Kuhmilch. Mikroorganismen können den Milchzucker in Milchsäuregährung versetzen, und hieraus erklärt sich das gewöhnliche Sauerwerden der Milch. Der Milchzucker verhält sich den später (vergl. Kapitel 14 über den Harn) zu besprechenden Traubenzuckerreaktionen (der MooRE'schen oder der TROMMER'schen Reaktion und der Wismuth probe) gegenüber positiv. Er reduzirt auch Quecksilberoxyd in alkalischer Lösung. Nach dem Erwärmen mit essig- saurem Phenylhydrazin giebt er beim Erkalten eine gelbe, krystallisirende Fäl- lung von Phenyllactosazon C24H32N40y (vergl. Kap. 14 über Zucker im Harne). Von dem Rohrzucker unterscheidet er sich durch positives Verhalten zu der MooRE'schen Probe und der Wismuthprobe, wie auch dadurch, dass er beim Erhitzen mit entwässerter Oxalsäure auf 100" C. sich nicht schwärzt. Von Traubenzucker und Maltose unterscheidet er sich durch andere Löslichkeit und Krystallform, besonders aber dadurch, dass er mit Hefe nicht vergährt und mit Salpetersäure Schleimsäure giebt. Zur Darstellung des Milchzuckers benutzt man die als Nebenprodukt bei der Käsebereitung erhaltenen süssen Molken. Das Eiweiss entfernt man durch Koagulation in der Hitze und das Filtrat verdunstet man zum Syrup. Die nach einiger Zeit sich ausscheidenden Krystalle umkrystallisirt man, nach Ent- färbung mit Thierkohle, aus Wasser. Aus käuflichem Milchzucker kann man durch wiederholtes Umkrystallisiren ein reines Präparat erhalten. Die quanti- tative Bestimmung des Milchzuckers kann theils mit dem Polaristrobometer und Hammai'sten, Physiologische Chemie. 17 Mildizunkor. Eigen- schaften dos Milch- zuckers. Gälinins: des Milch- zuckers. Reaktionen. Darstellung des Milch- zuckers. 258 Zwölftes Kapitel. Bestimmung der festen Stoffe. Bestimmung der Mineral- Stoffe. Methode von Ritthausen. Methode von Puls-Sten- berg. Methode von Sebelien. tlieils durch Titration mit Feiilings Flüssigkeit geschehen. 10 Cc der Fehling'- schen Lösung entsprechen 0,067 g Milchzucker (bezüglich der FEiiLiNo'schen Lösung und der Titration auf Zucker vergl. Kap. 14). IliTTiiATTSEN hat iu der Milch ein anderes, in Wasser lü.sliches, nidit kryslallisircudes Kolilehydrat gefunden, welches zwar direkt sehwacli reduzireud wirkt, nach dem Sieden mit einer Säure aber eine grössere Jleduktioiisfähigkeit erlangt. Von Landwehr wird es als thierisclies Cinmuii betraclitet. Die Mineralstoffe .der Milch sollen im Zusammenhange mit der quanti- tativen Zusannnensetztuig abgehandelt werden. Die Methoden zur quantitativen Analyse der ]\[ilch sind sehr zahlreich und da sie nicht alle hier abgehandelt werden können, werden hier nur die Hauptzüge einiger der zuverlässigsten und am meisten geübten Methoden an- gegeben. Zur Bestimmung der festen Stoffe mischt man die genau abgewogene INIeuge Milch mit einer ebenfalls gewogenen Menge ausgeglühten Quarzsandes, feinen Glaspulvers oder Asbests. Das Eintrocknen der Milch geschieht zuerst im Wasserbade und dann in einem Kohlensäure- oder Wasserstofl'strome bei nicht über 100» C. Zur Bestimmung der Mineralstoffe äschert man die Milch unter Beob- achtung der in den Handbüchern angegebenen Cautelen ein. Die für die Phos- phorsäure erhaltenen Zahlen werden jedoch durch die Verbrennung der phos- phorhaltigen Stoße, des C/aseins und Lecithins, dabei unrichtig. Man muss deshalb nach Söldner von der gesammten Phosphorsäuremenge der Milch rund 25 ^Vo abziehen. Ein Gehalt der Asche an Sulfat rührt ebenfalls von dem Ein- äschern (Verbrennung dss Eiweisses) her. Zur Bestimmung des Gesammteiweisses benutzt man oft die Methode Ritthausens, die Milch mit Kupfersulfat zu fällen. Diese Methode giebt je- doch um-ichtige Zahlen aus dem Grunde, dass das Kupferoxydhydrat nicht sämmtliches Hydratwasser bei dem Trocknen des Niederschlages, sondern erst bei dem Einäschern desselben abgiebt. Die Zahlen für das Ei weiss fallen aus diesem Grunde etwas zu hoch aus. Die Methode von Puls und Stenberg besteht darin, dass die neutralisirte Milch erst mit Wasser etwas verdünnt und dann mit so viel Alkohol versetzt wird, dass der Gehalt des Gemenges an Alkohol 70 — 85 Vol. Prozent beträgt. Der Niederschlag wird auf einem Filtrum gesammelt, mit warmem Alkohol von 70*'/o gewaschen, mit Aether extrahirt, getrocknet, gewogen, eingeäschert und der Rückstand wieder gewogen. Die Spuren von Eiweiss, welche in Filtrat und Waschflüssigkeit zurückbleiben, werden (vergl. oben S. 17 und 18) mit Gerb- säure gefällt. Von dem Gerbsäureniederschlage werden rund 63*^/0 als Eiweiss berechnet und der direkt gefundenen Menge zugezählt. Die Methode giebt ge- naue und gute Resultate. Nach der Methode von Sebelien verdünnt man 3 — 5 g Milch mit einigen Vol. Wasser, setzt ein wenig Kochsalzlösung zu und fällt mit Gerbsäure im Ueberschusse. Der Niederschlag wird mit kaltem Wasser gewaschen und end- lich der Gehalt desselben an Stickstoff nach K.teldaiil bestimmt. Die ge- fundene Stickstoffmenge mit 6,37 multiplizirt (Casein und Lactalbumin enthalten beide 15,7 ''/o Stickstoff) giebt die Gesammtmenge der Eiweisstoffe an. Diese, leicht ausführbare Methode giebt sehr gute Resultate, bevor aber der Stickstoff- gehalt der Eiweisskörper anderer IMilchsorten genau bestimmt worden ist, lässt sich jedoch diese Methode nur für die Analyse der Kuhmilch brauchen. Quantitative Milcliaiialyse. 259 Ciosondorto BostimiiiunK vonCasoVnu. Allmmin. Bestimmung des Globulins. Zur getrennten Bestininuing des Cdseina und Alhumina kiinn man das zuerst von Hoppk- Kicylkm und ToLMATsniKiT geübte Verfaln-en , das Casein mit Magnesiun)sulfat auszufüllen, verwenden. Nach Skukijkx verdünnt man erst die Milch mit einigen Vol. gesättigter Magnesiumsulfatlösung, sättigt dann mit dem Salze in Substanz, filtrirt und wäscht den Niederschlag mit gesättigter MagnesiunisuHatl<>snng aus. In dem Niederschlage bestinmit man den Stick- stoff uach K.iKi.DAiir, und erfährt durch Multi])likation mit (),37 die Casein- menge. Die Menge des Lactalbumins kaiui als Diflcrcnz zwischen Casein und Gesammteiweiss berechnet werden. Man kann aber auch das Laetalbumin in dem von dem Caseinniederschlage getrennten, mit Wasser verdünnten, magnesium- sulfathaltigen Filtrate mit Gerbsäure fällen, den Stickstoffgehalt des Nieder- schlages nach K.iKLDAiiL bestimmen und die gefundene Zahl mit 6, .37 multi- pliziren. Die ]\Ietliode Sebelten's ist bis jetzt nur für Kuhmilch zu ver- wenden. Die Menge de^ Glohnllns in der Milch kann nicht genau bestimmt werden. Einen Minimalwerth erhält man jedoch, wenn man erst das Casein vollständig mit NaCl in Substanz und dann aus dem Filtrate das Globulin mit Magnesium- sulfat fällt (Sebelikn). Man kann auch das Casein aus der verdünnten iSIilch mit Essigsäure fällen und aus dem Filtrate nach der Neutralisation das Globulin mit jMgS04 ausfällen. In diesem Falle erhält man indessen, Avegen Beimengung der in Lösung gebliebenen Spuren des Caseins, etwas zu hohe Werthe. Das Feit kann man gewichtsanalytisch, durch erschöpfende Extraktion der eingetrockneten jNIilch mit Aether, Verdunsten des Aethers aus dem Ex- trakte und Wägung des Rückstandes bestimmen. Auf aräoraetrischem Wege kann die INIenge des Fettes durch Alkalizusatz zu der Milch, Schütteln mit Aether und Bestimmung des spez. Gewichtes der Aetherfettlösung mit dem Apparate von Soxiili:t bestimmt ^verden. Zur Ausführung von Fettbestimm- ungen in grösserem Maasstabe eignet sich vorzüglich das Lactokrit von De Laval. Man mischt die Milch mit dem gleichen Volumen eines Gemenges von Eisessig und konzentrirter Schwefelsäure, wärmt im Wasserbade 7 — 8 Minuten und centrifugirt dann die Mischung in gradirten Röhren bei -|- 50" C. Die Höhe der Fettschicht giebt den Fettgehalt an. Zur Bestimmung des Milchzuckers entfernt man zuerst das Eiweiss. Zu dem Ende fällt man entweder mit Alkohol, welcher dann aus dem Filtrate durch Verdunstung entfernt wird, oder man verdünnt mit AVasser, scheidet das Casein durch Zusatz von wenig Säure aus und entfernt das Laetalbumin ßestimmuns durch Koagulation in der Siedehitze. In dem Filtrate bestimmt man dann den '^^upfers'^' Zucker durch Titration mit Fehling's oder Knapp's Flüssigkeit (vergl. Kap. 14, Zucker im Harne). Das Prinzip der Titrirung ist dasselbe wie für die Zucker- titrirung im Harne. 10 Cc der FEiiLiNG'schen Flüssigkeit entsprechen 0,067 g Milchzucker. Von der KxAPP'schen Flüssigkeit entsprechen 10 Cc 0,0311 bis 0,0310 g Milchzucker, wenn die zuckerhaltige Flüssigkeit etwa V^ — l*^Vo Zucker enthält. Bezüglich der Ausführung der Titrirung muss auf ausfühi-lichere Hand- bücher und auf das Kapitel 14 hingewiesen werden. Anstatt der volumetrischen Bestimmung kann man auch folgendes Ver- fahren benutzen. Man versetzt eine abgemessene INIenge Milchzuckerlösuug mit FEHLTNo'scher Lösung im Ueberschusse, kocht auf, filtrirt das Kupferoxydul ab, reduzirt es im Wasserstoffstrome und wägt das metallische Kupfer. In einem Aufsatze (Journal für praktische Chemie 1880) hat Soxiilet eine Tabelle mit- getheilt, welche die Berechnung in solchen Fällen erleichtert. 17* Bestimmung: des Fettes. 260 Zwölftes Kapitel. Monge der Mineral- Stoffe. Die Milch- gase. Colostram. Der Zucker kann aucli mit dem Polariskope he.stimmt werden, und zwar um so eher, als die milclizuckerhaltigen Filtrate regelmässig farblos sind. Die Bestimmung ist rasch ausführbar, giebt al)er schwerlich ganz genaue Resultate. Die quantUalive Zusuitimensetzung der Kuhmilch kann selbstverständlich nicht unbedeutenden Schwankungen unterliegen. Im INIittel enthält uiiiiii Fett 30,5 Zueki^r 48.1 Salze 7,1 34,1 Die Menge der Minerahloffe in 1000 Theilen Kuhmilch war in Söldner's Analysen folgende: KäOl,72; Na^OO.Bl; CaO 1,98; MgO0,20; P20.r,l,82 (nach Korrektion für das Nucleiii) ; Cl 0,98 g. Bunge fand 0,(J035 g FcgOg. Nach SöLiJNKR finden sich K, Na und Cl in derselben j\[enge in der ganzen Milch wie in dem Milchserum. Von der Gesammtphosphorsäure sind 36 bis 56 "/o und von dem Kalke 53 — 72 ^lo nicht einfach gelöst. Ein Theil dieses Kalkes ist an Casein gebunden; der Rest findet sich an Phosphorsäure ge- bunden als ein Gemenge von Di- und Tricalciumphosphat, welches von dem Casein gelöst oder suspendirt gehalten wird. In dem Milchserum iiberwiegen die Basen über die Mineralsäux'en. Der Ueberschuss der ersteren ist an organi- sche Säuren, welche einer Menge von 2,5 j). m. Citronensäure entsprechen (Söldner), gebunden. Die Gase der Milch bestehen hauptsächlich aus CO2 nebst ein wenig N und Spuren von 0. Pflüger fand 10 Vol. 0/0 CO.^ und 0,6 Vol. "/o N, bei O" C. und 760 mm Hg-druck berechnet. Die Schwankungen der Zusammensetzung der Kuhmilch rühren von mehreren Umständen her. Das Colostrum oder die IMilch, welche vor dem Kalben und in den nächsten Tagen nach demselben abgesondert wird, ist gelblich, bisweilen alkalisch, aber oft auch sauer, von höherem sptv.. Gewicht, 1,046 — 1,080, und einem grösseren Gehalte an festen Stoffen als gew()hiiliehe Milch. Nebst Fettkügelchen enthält das CJolostrum zahlreiche Colostrumkörperchen — kernhaltige, granulirte Zellen von 0,005—0,025 mm. Durchmesser mit zahlreichen Fettkörnchen und Fettkügelchen. Das Fett des Colostrums hat einen etwas höheren Schmelzpunkt und ist ärmer an flüchtigen Fettsäuren als das Fett der gewöhnlichen Milch (Nilson). Der Gehalt an Cholesterin und Lecithin ist regelmässig grösser. Der augenfälligste Unterschied von gewöhnlicher Milch liegt jedoch darin,* dass das C'olostrum wegen seines absolut und relativ grösseren Gehaltes an Globulin und Albumin beim Erhitzen zum Sieden gerinnt. Die Menge eines jeden dieser zwei Eiweisstoffe kann sogar mehrere Prozente betragen (Sebelien). Die Zusammen- setzung des Colostrums ist sehr schwankend. Als Mittel giebt König folgende Zahlen für 1000 Theile an: Wasser 740,5 Feste Stoffe 259,5 C'asei 46,0 Allmiiiin u. Globulin 130,2 Fett 34,3 Zucker 20,0 Sake 15,8 Milch verschiedener Thierarten. 261 iNIit cIlt Dauer (Ut Jjaklalioii äiidcil- die Milch ihre Beschaffenheit, so dass sie reicher an Caseiii wird. Auch eine Vermehrung des Fettgehaltes ist bis- weilen beobachtet worden (E.MMKUi.rNc). Sonst gicbt man aber oft un , dass die IMik'h mit der Dauer der Laktation ärmer an Fett und dieses wiederum ärmer an flüchtigen Fettsäuren wird. Die Abendmilch ist reicher an Fett als die Morgeiimilch (Ai-KX. MrM,i;i; und Eisenstuck ; Nii-son). Die Rasse der Thiere ül)t auch einen grossen Einfluss aus. Die Frage von dem Einflüsse der Nahrung auf die Zusammensetzung der Milch soll im Zusanunenhange mit der Frage von dem Chcmisnuis der Milch- sekretiou abgehandelt werden. Im nächsten Anschluss au die Zusammensetzung der Milch werden Mittelzalilen (nach König) für die ahgerahmte Milch und einige andere Milchpräparate liier angeführt. Wasser Eiweiss Fett Zucker ;Milchsäurc Salze Al.uerahmle Milch . . 906,6 31,1 7,4 47,5 — 7,4 Ttahm 6:>'y,l 36,1 267,5 35,2 — 6,1 Buttermilch .... 902,7 40,6 9,3 37,3 3,4 6,7 Molken 932,4 8,5 2,3 47,0 3,3 6,5 Kumys und Ivephir erhält man, wie ohen erwähnt, durch Alkohol- und Milchsäure- gährung des Milchzuckers, im ersteren Falle aus Stutenmilch, im letzteren aus Kuhmilch. Es werden dabei reichliche Mengen Kohlensäure gebildet, und die Eiweisskörper der Milch sollen dabei angeblich theilweise in Älbumosen und Peptone übergehen, wodurch die Verdaulichkeit erhöht werden soll. Der Gehalt an Milchsäure in diesen Präparaten kann etwa 10 — 20 p. m. betragen. Der Gehalt an Alkohol schwankt recht bedeutend, von 10—35 p. m. Verändor- ungoii wJih- rend der Laktation. Kumys und Kephir. milch. 3Iiloh anderer Thierarten. Die Ziegenmilch hat eine mehr gelbliche Farbe Ziegenmilch und einen anderen, mehr spezifischen Geruch als die Kuhmilch. Die mit Säure oder Lab er- und Schaf- haltenen Gerinnsel sollen fesler und härter als die der Kuhmilch sein. Die Schafmilch steht der Ziegenmilch nahe, hat aber ein höheres spez. Gewicht und einen grösseren Gehalt an festen Stoffen. Die Stutenmilch rcagirt alkalisch und enthält ein Casein, welches von Säure nicht in Klümpchen oder festeren Massen, sondern wie das Casein der Frauenmilch als feine Flöck- chen gefällt werden soll. Von Lab wird dieses Casein nur unvollständig koagulirt und es ähnelt übrigens auch in anderer Hinsicht sehr dem Casein der Menschenmilch. Nach BiEL soll indessen das Casein der Kuh- und der Stutenmilch dasselbe sein, und das in gewisser Hin- sicht verschiedene Verhalten der zwei Milchsorteu soll nur durch einen verschiedenen Salz- gehalt und eine verschiedene Relation zwischen Casein und Albumin bedingt sein. Die Eseliunenmilch soll der Meuschenmilch ähnlieh sein. Stuten- und Eselinnen- müch. Die Milch der Fleischfresser, der Hündinnen und Katzen, soll sauer reagiren und sehr reich an festen Stoften sein. Die Zusammensetzung der ]\lilch dieser Thiere schwankt jedoch mit der Zusammensetzung der Nahrung sehr. Um die Zusammensetzung der Milch einiger Thiere näher zu beleuchten, werden hier einige, zum Theil den Zusammenstellungen Königs entlehnte Zahlen mitgetheilt. Da die Milch jeder Thierart eine wechselnde Zusammensetzung haben kann, sind indessen diese Zahlen mehr als Beispiele wie als allgemeingültige Ausdrücke für die Zusammensetzung der ver- schiedenen Milchsorten zu betrachten. Milch der Fleisch- fresser. Milch von Hund Katze Ziege Schaf Kiüi Pferd Esel Schwein Wasser Feste Stoflfe Eiweiss Fett Zucker Salze 754,4 816,3 «69,1 835,0 874,2 900,G 900,0 823,7 245,6 183,7 130,9 165,0 125,8 99,4 100,0 167,3 99,1 90,8 36,9 57,4 34,1 18,9 21,0 60,9 9.5,7 33,3 40,9 61,4 36,5 10,9 13,0 64,4 31,9 49,1 44,5 39,6 48,1 66,5 63,0 40,4 7,3 5,8 8,6 6,6 7,1 3,1 3,0 10,6 Zusammen- setzung der Milch ver- schiedener Thierarten . 262 Zwölftes Kapitel. Menscheiiiuilch. Die Frauenmilch soll zum Unterschiede von der Kulimilch im Allgemeinen eine alkalische Reaktion und grössere Fettkügelchen haben. Die Zahl der letzteren ist nach Bol'ciiut in den meisten Fällen 1 — 2 Millionen in 1 cmm. Frauen- milch. j)^g gpg2_ Gewicht der Frauenmilch soll zwischen l/)26 und 1,085, meistens zwischen 1,028 und 1,034 schwankeii. Diese Milch soll im Allgemeinen eine geringere Neigung zum Sauerwerden haben und sie gerinnt dabei nicht deutlich. Das Fett der Menschenmilch ist nicht eingehender untersucht worden. Nach Hoppe-Seyler ist es jedoch reicher an flüssigen Fettarten als das Fett der Kuhmilch. Der wesentlichste qualitative Unterschied zwischen Frauenmilch und Kuh- milch betrifft wie es scheint das Eiweiss oder näher bestimmt das Case'in. Eine Menge von älteren und jüngeren Forschern, Berzelius, Simon, Biedert, Langgard, Makris u. A. haben hervorgehoben, dass das Casein der Frauen- milch andere Eigenschaften als das Casein der Kuhmilch hat. Die wesent- lichsten Unterschiede sind folgende. Das Frauenmilchcasein ist schwieriger mit Säui'en oder Salzen auszufällen ; es gerinnt nicht regelmässig in der Milch nach Labzusatz ; es kann freilich von Magensaft gefällt werden, löst sich aber leicht vollständig in einem Ueberschusse davon ; der diu'ch Säure erzeugte Casein- niederschlag löst sich leichter in überschüssiger Säure, und endlich stellen die aus Frauenmilchcasein bestehenden Gerinnsel nicht so grosse und derbe Massen wie die aus Kuhcasein dar, sondern sind mehr locker und feinflockig. Diesem letzt- genannten Umstände misst man , und zwar mit Recht, eine grosse Bedeutung bei, indem man hierdurch die allgemein angenommene leichtere Verdaulichkeit Unter. ^^^ Fraucnmilchcaseins erklären will. Die Frage, in wie weit die eben ge- ^schen'dera' nannten Unterschiede von einem bestimmten Unterschiede der zwei Caseine oder i-ia.m;nm'?ch ^^^'^^ ^^^^ einer ungleichen Relation zwischen Casein und Salzen in den zwei liuhinfich. Milchsorten, bezw. von anderen Umständen, herrühren, ist noch nicht genügend untersucht, zweifelsohne aber einer weiteren Prüfung im höchsten Grade werth. Ganz zuverlässige und Ijrauchbare Analysen von Frauencasein giebt es zur Zeit noch nicht, aber es scheint jedoch, als ob das Casein der Frauen- und Kuh- milch nicht identische Eiweisstofte wären. Neben dem Casein enthält die Frauen- milch auch Lactalbumin und ausserdem glauben einige Forscher in der Frauen- milch auch verhältnissmässig viel Albumose und Pepton gefunden zu haben. Nach anderen Angaben (Dogiee und Hofmeister) soll indessen kein Pepton in ihr vorkommen, und die zum Nachweis der ^Ibumosen angewendeten . Me- thoden scheinen keine bestimmten Schlüsse zu gestatten. Die Eiwcisstoffe der Frauenmilch sind also einer weiteren Untersuchung in hohem Grade bedürftig. Die Gesammtmenge Milch, welche von beiden Brüsten abgesondert wird, beträgt pro zwei Stunden 500 — 1500 g. Die quantilalive Zusam)ncnsetzung der Frauenmilch ist, selbst wenn man von denjenigen Differenzen absieht, welche von der Unvollkommenheit der an- Frauenmilch. 263 gewendeten analytischen Methoden lieniihien, in so hohem Grade schwankend, dass es nicht möglicli ist, irgend welche brauchbaren Mittelzahlen für dieselbe auzufidiren. Mit Weglassung einiger älteren, offenbar unrichtigen Analysen können deshall) auch hier nur als Beispiele die von einigen neueren Forschern, bisweilen aus einer sclu" grossen Anzahl von Analysen (Pfeiffki:; TiKkd), er- haltenen Mittelzahlen angeführt werden. Sänimtliclie Zahlen bejjiähen sich auf lUUU Theile Milch. v 1 «: o ^ s 'S 1« 0 1 0) ■=3 ■X; 87(),0 124,0 22,10 38,10 _ 60,90 2,90 BlEL — — 23,60 25,60 0,32 55,60 — TOLMATSC'HEFF 891,0 109,0 17,90 33,00 — 53,90 4,20 Gerber 872,4 127,6 19,00 43,20 — 59,80 2,60 Christenn 892,0 108,0 10,13 32,28 — 57,94 1,65 Frauen 20—30 Jahre 1 ^ 890,6 109,4 17,24 29,15 — 59,92 2,09 Frauen 30—40 Jahre | 877,90 — 25,30 38,90 — 55,40 2,50 Mendes de Leon 867,32 132,68 19,95 41,31 69,36 2,00 Leed Obwohl die Zusammensetzung der Frauenmilch recht ])edeutend wechseln kann und trotzdem in neueren Analysen auch in einzelnen Fällen hohe Werthe (etwa 40 p. m.) für die Eiweisstoffe erhalten wurden, scheint jedoch die Frauenmilch im Allgemeinen ärmer an Eiweiss und reicher an Zucker als die Kuhmilch zu sein. Die Menge des Case'ins ist nicht nur absolut, sondern auch relativ — im Verhältniss zu der ]Menge des Albumins — kleiner in der Frauen- milch als in der Kuhmilch. Eine weitere Verschiedenheit zwischen Frauenmilch und Kuhmilch ist die, dass jene reicher au Lecithin aber ärmer an Mineralstoffen, vor allem an CaO und P.^Oj ist (sie enthält nur ^/g resp, Vi von den entsprechenden Mengen dieser Mineralstoffe in der Kuhmilch). Ueber die ^lenge der Mineralstoß'e in der Frauenmilch liegen Analysen von Bunge vor. Er analysirte die ]\Iilch derselben Frau, theils 14 Tage nach der Geburt nach einer 4 tägigen Periode von sehr kochsalzarmer Nahrung (A), theils 3 Tage später nach einem täglichen Zusätze von 30 g NaCl zu der Nahrung (B). Bunge fand folgende Zahlen, auf 1000 Theile Milch be- rechnet. K,0 . . . 0,780 0,703 Na.,0 . . . 0,232 0,257 CaO . . . 0,328 0,343 MgO . . . 0,064 0,065 Fe.,03. . . 0,004 0,006 P.O, . . . 0,473 0,460 Cl . . . . 0,438 0,445 Quantitative Zusararnen- setzun^ der Frauen- milch. Die Mineral- Stoffe der Frauen- milch. 264 Zwölftes Kapitel. Uolostrain. Das Verhältniss der 2 Stoffe, des Kaliums und des Natriums, zu einander kann nacli den Bestimmungen Bunge's recht bedeutend schwanken (1,3 — 4,4 Aeqv Kali auf je 1 Aeqv Natron). Durch Zusatz von Kochsulz zu der Nahrung steigt der Gehalt der Milch an Natrium und Chlor, während ihr Gehalt an Kalium abuinunt. Die Gase der Frauenmilch sind noch nicht untersucht. In wie weit die Kuhmilch durch Verdünnung mit Wasser und passende Zusätze geeignet gemacht werden kann, die Frauenmilch als Nahrung für den Säugling zu ersetzen, ist nicht sicher zu entscheiden bevor die Verschiedenheiten des Ei weisses dieser 2 Milchsorten eingehender studirt worden sind. Wie auf die Kuhmilch wirkt auch auf die Frauenmilch die Dauer der Laktation wesentlich ein. Das Colostrum hat ein höheres spez. Gewicht, 1,040 — 1,060, einen grösseren Reichthum an koagulablem Eiweiss und eine mehr gelbliche Farbe als gewöhnliche Frauenmilch. Schon einige Tage nach der Entbindung wird jedoch die Farbe mehr weiss und der Albumingehalt kleiner, und ebenso nimmt die Anzahl der Colostrumkörperchen ab. Clemm hat das Colostrum zu ver- schiedenen Zeiten vor und nach der Entbindung analysirt und dabei folgende Zahlen für 1000 Theile erhalten: 4 Woch der G 1 en vor cburt 17 Tage vor der Geburt 9 Tage vor der Geburt 24 Stunden nach der Geburt 2 Tage nach der Geburt Wasser 945,2 852,0 851,7 858,8 843,0 867,9 Feste Stoffe . . . 54,8 148,0 148,3 141,2 157,0 132,1 Casein — — — — — 21,8 Albumin .... 28,8 69,0 74,8 80,7 — Fett 7,3 41,3 30,2 23,5 — 48,6 Milchzucker . . 17,3 39,5 43,7 36,4 — 61,0 Salze 4,4 4,4 4,5 5,4 5,1 — Veräniler- ungen der Milch wäh- rend der Laktation. Die Gesannntmenge des Eiweisses scheint mit der Dauer der Laktation abzunehmen. So fand z. B. Pfeiffer während resp. der 2 ersten Tage, der I.Woche, der 2. Woche, des 2. Monats und des 7. Monats folgende Mittelzahlen, nämlich resp. 86,04, 34,42, 22,88, 18,43 und 15,21 p. m. Gesammtei weiss. Die Behauptung Simojs's, dass die Menge des Casei'ns in der ersten Zeit -der Lak- tation kleiner ist und dann bedeutend zuuinnnt, ist nach Pfeiffer unrichtig, und es verhält sich nach ihm gerade umgekehrt. Die Menge des Fettes zeigt keine regelmässigen und konstanten Schwankungen während der Laktation. Nach Vernois und Becquerel soll die Menge des jMilchzuckers in dem ersten Monate abnehmen, in dem achten bis zehnten Monate dagegen zunehmen. Nach Pfeiffer nimmt dagegen die Menge des Zuckers von der Entbindung bis zum dritten bis vierten Monate regelmässig zu und ist dann etwas schwankend. Zusammeusetzuög der Milch. 265 Iiic Ix'ideii Brüste (liTscIhcii l'"riiu kruim-n, wii- S<>ri:i'.\r mnl spütiT auch IJut'NNEK gezeigt haben, eine etwas verseliiedene Milcli liefern. Klienso können verseliiedene Mileh- portionen derselben Melkung eine abweieliende Znsaninienset/.uni; haben. Die zner.st austretende Portion wurde stets ärmer an Fett trefunden (I'AKMKNTIKU, Tkligot u. A.). Einwirkung Naeii r,'llKi!iTii;i! , Vkknois und IJkcqukkkl soll die Mileli der Blondinen weniger voischiode- Casein als die der Brünetten enthalten, ein l'ntersehied , den Toi.MATSCllKFK indessen nicht s"|n,ieaüf hat konstatiren kr>iinen. I''rauen von zarterem Bau sidlen eine an festen Stoffen, besonders dio Zusam- an Casein, reichere .Milch als Frauen kräftitrerer Konstitution liefern (V. und U.). inoiisetznni,' dor Frauon- I>as Alter der Frau soll nach V. und B. derart auf die Zusamnien.setzung der Milch milrli. einwirken, dass man Ix'i Frauen von If) — 'JO .Jahren den gnissten Kiweiss- und Fettgehalt und den kleinsten Zuckergehalt findet. Der kleinste Kiweiss- und der grösste Zuckergehalt sollen in dem Alter von 20 oder von 20 — 30 .Tahren vorkommen. Nach V. und B. soll die .Milch von Frstgebärenden wasserreicher — mit einer gleichförmigen Verminderung des Casein-, des Zucker- und Fettgehaltes — als die von Jlehrgebäreuden .sein. Die Einwirkung der Menstruation soll nach V. und B. in einer geringen Verminderung des Milchzuckers und einer unbedeutenden Vermehrung des Fettes und des Caseins bestehen. Hcxeninilch nennt mau das Sekret der Brustdrüsen bei Neugeborenen beider Ge- llexenniikh. schlechter unmittelbar nach der Geburt. Dieses Sekret hat in ([ualitativer Hinsicht dieselbe Beschaftenheit wie die Milch, kann aber in quantitativer Hinsicht bedeutende Abweichungen und Schwankungen zeigen. Von Schlossberger und Hauff, Gurler und (iiEVENNE und V. Gesner ausgeführte Analysen der Hexenmilch von Kindern haben für dieselbe einen Gehalt von 10,5 — 28 p. m. Eiweiss, 8,2 — 14,6 p. m. Fett und Ü — 00 p. m. Zucker ergeben. Da die Milch während einer bestimmten Periode des Lebens ein für Menschen und Säugethiere ausreichendes Nahrungsmittel ist, so muss sie auch sämintliche fiir das Leben nothwendige Nährstoffe enthalten. Dem entsj^rechend findet man auch in der Milch Repräsentanten der drei Hauptgruppen organischer Nährsubstanz, Eiweiss, Kohlehydrate und Fette, und ausserdem scheint auch alle Milch etwas Lecithin zu enthalten. Auch die Mineralstoffe müssen in ihr in einem passenden Mengenverhältnisse vorkommen, und von diesem Gesichts- punkte aus ist es von besonders grossem Interesse, dass, wie Bunge für Hunde nachgewiesen hat, die Milch die Mineralstoffe in ziemlich demselben relativen Dio Minerai- ® ' ^ . bestand- Yerhältnisse enthält , in Avelchem sie in dem Körper des säugenden , jungen theiie der ^ .,,.,. , Milch und Thieres vorkonmien. Es kommen nach Bunge auf lOOü Gewichtstheile Asche d. Gesammt- Organismus in dem ueug-eborenen Hunde (A) und in der Hundemdch (B) dos Säug- A B K20 . . . . 114,2 149,8 Na^O . . . . 106,4 88,0 CaO . . . . 295,2 272,4 MgO . . . . 18,2 15,4 Fe^Oa . . . . 7,2 1,2 P0O5 . . . . 394,2 342,2 Cl . . . . . 83,5 169,0 Dass die Milchasche etwas kalireicher und uatronärraer als die Asche des neugeborenen Thieres ist, findet nach Bunge eine teleologische Erklärung darin, dass in dem wachsenden Thiere die kalireiche Muskulatur relativ zunimmt und die natronreichen Knorpel dagegen relativ abnehmen. Auch den höheren Chlor- gehalt der Milchasche sucht Bunge teleologisch zu erklären, und zwar durch die Annahme, dass die Chloride nicht nur zum Aufbau der Gewebe dienen, sondern auch bei der Nieren Sekretion unentbehrlich seien. Nur bezüglich des Eisengehaltes findet man ein unerwartetes Verhalten , indem nämlich jener in der jNIilchasche sechsmal geringer als in der Asche des Säuglings ist. Dieses 266 Zwölftes Kapitel. Verhalten erklärt Bunge durcli die von ihm und Zalesky gefundene That- sache, dass der Eisengehalt des Gesainmtorganismus und der Organe bei der Geburt am höchsten ist. Der »Säugling hat also seinen Eisenvorrath für das Wachsthum der Organe schon bei der Geburt mit auf den Lebensweg erhalten. Der Einjluss der Nahrung auf die Zusammensetzung der Milch ist aus mehreren Gesichtspunkten von Interesse und er ist auch Gegenstand vieler Untersuchungen gewesen. Aus diesen Untersuchungen ergiebt sich, dass beim Menschen wie bei Thieren unzureichende Nahrung die Menge der Milch und den Gehalt derselben an festen Stoßen herabsetzt, während reichliche Nah- rung beide vermehrt. Nach den Beobachtungen von Decaisne an stillenden Frauen während der Belagerung von Paris 1871 nimmt bei unzureichender Nahrung die Menge des Caseins, des Fettes, des Zuckers und der Salze, vor Allem aber die des Fettes, ab, während der Gehalt an Lactall)umin meistens etwas vermehrt gefunden wurde. Reichlicher Eiweissgehalt der Nahrung vermehrt die Menge der Milch und ihren Gehalt an festen Stoffen, vor Allem an Fett (für Menschen von Zalesky, für Schafe von Stolzmaxn, Weiske, Schrodt und Dehmel und Munk, für Hunde von Poggiale und Ssubbotin, für Kühe — - wenigstens für gewisse Fälle — von Kühn und seinen Schülern be- wiesen). Eine Vermehrung der Caseinraenge und eine Verminderung der Menge des Albumins und des Zuckers in der Kuhmilch nach vermehrtem Eiweissgehalt des Futters haben Kühn und seine Schüler beobachtet. Die Menge des Zuckers in der Frauenmilch fanden einige Forscher nach eiweissreicher Nahrung ver- Nahrunc; aiff niehrt, andere dagegen vermindert. Reichlicher Fettgehalt der Nahrung Zusammen- kann bei Schafen, wie Stolzmann, Welske, Schrodt und Deh.^iel beobachtet ^^ju°c\i. ^"^ haben, eine Vermehrung des Fettgehaltes der Milch hervorrufen. Bei Kühen hat man jedoch nur nach einer vorausgegangenen unzureichenden, nicht aber nach einer genügenden oder reichlichen Nahrung (Kühn und Fleischmann), eine Vermehrung des Fettgehaltes der Milch als Folge eines Fettzusatzes zu dem Futter beobachtet. Nach Fütterung mit Palmkuchcn hat man eine ein- seitige Vermehrung des Fettes in der Kuhmilch beobachtet (Kühn). Die Gegen- wart von grösseren Mengen Kohlehydraten in der Nahrung scheint keine konstante, direkte Einwirkung auf die Menge der Milchbestandtheile aus- zuüben. Bei Fleischfressern findet die Absonderung von Milchzucker selbst bei ausschliesslicher Fütterung mit magerem Fleisch ununterbrochen statt. Wasser- reiche Nahrung giebt eine wasserreiche, weniger werth volle jNIilch. In der Milch von Kühen, welche mit Schlempe gefüttert worden, fand Commaille 906,5 p. m. Wasser, 26,4 p. m. Casein, 4,3 p. m. Albumin, 18,2 p. m. Fett und 33,8 p. m. Zucker, Solche Milch hat einen eigenthümlichen, säuerlichen, scharfen Neben geschm ack . Cheniisinus der Milchabsonderung. Dass die in der ]\Iilch vorkommenden, wirklich gelösten Bestandtheile nicht durch eine Filtration oder Diffusion allein der^sT/ichrb- '" ^^^ Sekret übergehen, sondern vielmehr durch eine spezifisch sekretorische sonderung. Wirksamkeit der Drüsenelemente abgesondert werden, geht schon daraus hervor, Ghemismus der Milchubsouderung. 267 dass der Älilclizuckcr, welcher iu dem Blule niclit i;(Tmi(Ien worden ist, allem Anscheine naeli in tier Drüse selbst gebildet wird. Ein weiterer Beweis liegt darin, dass das liaclalbuniin nicht mit doni Serunialbninin identisch ist (Skimolikn), und endlich darin, dass, wicJ^uxhitzen mit Wasser auf 150" C. unterscheidet es sich von dem Chitin. Die Farbstoffe der Haut und der Horngebilde sind verschiedener Art, aber nur wenig studirt. Die im MALPiGHi'schen Schleimnetz, besonders der Neger, und in den Haaren vorkommenden schwarzen oder braunen Pigmente ge- hören zu der Gruppe von Farbstoffen, welchen man den Namen Melanine ge- geben hat. Melanine. Mit diesem Namen hat man mehrere verschiedenartige, in Haut, Haaren, Epithelzellen der Retina, Sepia, gewissen pathologischen Neul)ilduiigen , Blut und Harn bei Krankheiten vorkommende, 'amorphe, schwarze oder braune Pigmente bezeichnet, welche in Wasser, Alkohol, Aether, Meianiue. Chloroform und verdünnten Säuren unlöslich sind. Von diesen Pigmenten sind einige, wie das Melanin des Auges und das der melanotischen Geschwülste von Pferden, das Hippomelanin ((Nencki und BePvDez), in Alkalien schwer löslich, andere dagegen, wie das Pigment der Haare und der Farbstoff gewisser patho- logischer Geschwülste beim Menschen, das Phymalorhusin (Nencki und Berdez), in Alkalien leicht löslich. H N O 0,5 5,2 43,0 0,7 4,5 44,7 Melanine. 271 Uiilcr den Melaninen sind einij^e, Avie das ('h()ri()Vcleali)i^nieiit, schwefel- frci, andere dagegen, wie das Pigment der Haare niid Uossliaarc, ziendicli reich an Seliwefel (2 — 4 •'/<>), während das in gewissen (i(^S(•llwnlsten und im Harne (Nencki und Bkkdkz; K. Möiiner) gefundene Phymal-orhusin sehr reich an Schwefel (8— 10"/o) ist. Ob einige dieser Pigmente, besonders des Phymato- rhusin, eiseiduiltig sind oder nicht, ist eine mit Rücksicht auf die Fiage, ob diese Pigmente aus dem Blutfarbstoffe entstehen , wichtige aber noch streitige Frage (Nencki und Sieuek; K. MciiiNER). Die Schwierigkeiten, welche einer Isolirung und Reindarstellung der Melanine im Wege stehen, hat man in einigen Fällen nicht überwinden kihinen, während es in anderen Fällen fraglich ist, ob nicht das zuletzt erhaltene Endprodukt infolge der tiefgreifenden chemischen Reinigungsprozeduren von anderer Zusammensetzung als der ursprüngliche Farb- stoff gewesen sei. Unter solchen Umständen scheint eine Zusammenstellung der bisher ausgeführten Analysen verschiedener Melaninpräparate von unterge- ordnetem Interesse zu sein. Unter den obengenannten, zu der Melaningruppe gehörenden Stoffen scheint das von Nencki und Sieber aus melanotischen Geschwülsten und von K. MöRNER aus den Geschwülsten und dem Harne eines Patienten dargestellte Phymatorhusin von einem besonderen Interesse zu sein. Das Phymatorhusin ist ein amorpher, schwarzbrauner, in Alkalien oder Alkalikarbonaten löslicher, in warmer Essigsäure von 50 — 75 "/o dagegen unlöslicher Farbstoff. In al- kalischer Lösung zeigt es keinen Absorptionsstreifen. Nach Nencki und Sieber soll es eisenfrei, nach Mörner dagegen eisenhaltig sein. Mörner fand für diesen Farbstoff aus den Geschwülsten (A) und aus dem Harne (B) folgende Zusammensetzung, auf die als aschefrei gedachte Substanz berechnet. A B c 55,32—56,13 55,76 H 5,05— 6,33 5,95 N 12,30 12,27 s 7,97 9,01 Fe 0,063—0,081 0,20 Nencki und Sieber haben übrigens gezeigt, dass in Melanosarkoraen von Menschen auch andere, mit dem Phymatorhusin nicht identische Melanine vor- kommen können. Der Farbstoff oder die Farbstoffe der Menschenhaare haben einen nied- rigen Stickstoffgehalt, 8,5 "/ü (Sieber), und einen wechselnden aber hohen Schwefelgehalt, 2,71 — 4,10 *'/o. Die reichlichen Mengen Eisenoxyd, welche bei der Verbrennung der Haare zurückbleiben, scheinen nicht den Farbstoffen zu gehören. Im Anschlüsse an die Farbstoffe der Menschenhaut mögen anch einige, in Haut oder Epidermisl)ilduugcu von Thieren gefundene Pigmente hier abgehandelt werden. Die prachtvolle Farbe der Federn mehrerer Vögel rührt in gewissen Fällen von i-ein physikalischen Verhältnissen (Interferenzphenomenen), in anderen dagegen von Farbstoffen ver- schiedener Art her. Ein solcher, amorpher, rothvioletter Farbstoff ist das kupferhaltige Turacin, dessen Spektrum sehr an dasjenige des Oxyhämoglobins erinnert. In den Vogel- federn hat Krukenberg eine grosse Anzahl von Farbstoffen, wie Zoonerythrin, Zoofulvin, Zusanitnon- sotziitif,' der Mclunirio. Phymato- rhusin. Farbstoffe der Haare. Farbstoffe der Vogel- federn. 272 Dreizehntes Kapitel. Tetroneiy- tlu'in. Karmin- Säure und Purpur. Hauttalg. CeruDien. Bibergeil. Wollfett. Turacoverdin, Zoombin, PsUlacofulvin uuil andere, die liier iiieht alle aufgezählt werden kiinnen, gefunden. Tetronerythrin hat Wurm den rothen, amorphen, in Alkohol und Aether löslieheu Farh- stoft' genannt, welcher in dem rothen warzigen Flecke über dem Auge des Auerhahns und Birk- hahns vorkommt, und welcher auch bei den Evertebraten sehr verbreitet sein soll (Hallihurton, De Mere.jko\vski, Mac Munn). In den Schalen der Krelise und Hummern findet sich aus.ser dem Tetronerythrin (Mac Münn) ein blauer Farbstoff', das Cyanokry stallin, welcher von Sauren wie auch von siedendem Wasser roth wird. Hämatoporphyrin soll auch nach Mac äIunn in den Integumeuten gewisser niederer Thiere vorkommen. Im Anschluss an die nun genannten Fai-bstofte mögen auch einige andere, bei gewissen Thieren (wenn auch nicht in den Hautbiklungen) gefundene Farbstoffe hier besprochen werden. Die Karminsäure oder der rothe Farbstoff' der Cochenille soll die Zusammensetzung CjjHigOio haben. Beim Sieden mit Sauren soll sie angeblieh Zucker geben, was indessen nicht mit neueren Angaben (von Ijebermann'I übereinstimmt. Die pi'achtvoll purpurfarl)ige liösung des karminsauren Ammoniaks hat wie das Oxyhämoglobin zwei Absorptionsstreifen zwischen D und E. Diese Streifen liegen jedoch näher an E und näher an einander und sie sind weniger scharf be- grenzt. Purpur nennt man das eingetrocknete, durch die Einwirkung des Sonnenlichtes purpur- violett gefärbte Sekret der sog. ,, Purpurdrüse" der Mantel wand einiger M ure x- und Purpura- arten. Seine chemische Natur ist noch nicht erforscht worden. Unter den übrigen , bei Evertebraten gefundenen Farbstoff'en sind hier zu nennen : Blauen Stenlorin, Actiniochrom. , Bonellin, Polyperythrin, Pentacrinin, Antedonin, Crtista- ceorubin, Janthinin und Chlorophyll. Der Hauttalg^ ist frisch abgesondert eine ölige, halbflüssige Masse, welche auf der Hautoberfläche zu einem schmierigen Talg erstarrt. Die Menge ist bei verschiedenen Personen eine sehr verschiedene. Hoppe-Seyler hat in dem Hauttalge einen caseinähnlichen Stoff" nebst Albumin und Fett gefunden. In diesem Fette findet sich auch Cholesterin, welches besonders in der „Vernix caseosa" in reichlicher iMenge vorkommen soll. Die festen StoflTe der Haut- salbe bestehen überwiegend aus Fett, Epithelzellen und ProteinstoATen ; die der Vernix caseosa bestehen überwiegend aus Fett. Das Cerumen ist ein Gemenge des Sekretes der im knorpeligen Theile des äusseren Gehörganges vorkommenden Talg- und Schweissdrüsen. Es ent- hält vorwiegend Seifen und Fett und enthält ausserdem einen rothen, in Al- kohol löslichen, bitter schmeckenden Stoff". Das Präputialsekret , Smegma praeputii, enthält überwiegend Fett, ferner Cholesterin und angeblich auch Amraoniakseifen, die vielleicht von zer- setztem Harne herrühren. Desselben Ursprunges sind vielleicht auch die im Smegma des Pferdes gefundenen StoflTe : Hippursäure, Benzoesäure und Calciumoxalat. Zu dem Präputialsekrete kann auch das aus 2 eigenthümlichen Drüseusäckchen in das PräiJutium des Bibers ausgeschiedene Bibergeil, Castoreum, gerechnet werden. Dieses ist ein (iemisch von Eiweiss, Fett, Harzen, Spuren von Phenol (flüchtigem Oel) und einem stick- stoffreien, seiner Zusammensetzung nach nicht näher bekannten, aus Alkohol in 4 seifigen Nadeln krystallisirenden, in kaltem Wasser unlöslichen, in siedendem dagegen etwas lösliehen Stoff, dem Castorin. Das Wollfett oder der sog. Fettschweiss der Schafe ist ein Gemenge der Sekrete der Talg- xnid Scliweissdrüsen. In dem Wasserextrakte findet sich eine reichliche Menge von Kalium, welches an organische Säuren, flüchtige und nicht flüchtige Fettsäuren, Benzoe- säure, Phenolsehwefelsäure, Milchsäure, Aepfelsäure, Bernsteinsäure u. a. gebunden ist (BuisiNE). Das Fett enthält unter anderen Stoffen auch reichliche Mengen Aetherarten von Fettsäuren mit Cholesterin imd Isocholesterin. Aus den Drüsen der Haut einer Känguruhart und einer Zwergantilope werden nach Weber farblose Sekrete abgesondert, welche an der Luft im ersten Falle einen rothen und in dem zweiten einen blauen Farbstoff' bilden. Das Sekret der Burzeldrüse der Enten und Der SchweisH. 27:"] Die Scliweifs- abson- (lerung. Gänse ciithiilt einen easoniähnlichen Stofl", ferner All)umin, Nnolein, Leeitliin und FcH, iihcr keinen Zuelver (Dl". .)()N(;i':). In dem ilantsekrete von Sidüniiuidcrn und Kniten imt man .t;iftij<(' Stolle, be/.w. das Samanclariu (Zamcsky) und das Biijidin (JoitNAitA und (!asai,i) gefunden. Uer Sclnveiss. Der unverhältiiissmässig grösste Theil der durch die Haut ausgeschiedenen Stoffe, deren Menge als Mittel etwa Vci des Körpergewichtes beträgt , besteht aus Wasser. Nächst den Nieren ist auch die Haut der für die Ausscheidung des Wassers beim Menschen wichtigste Apparat. Da die Drüsen der Haut und die Nieren bezüglich ihrer Funktionen in gewisser Hin- sicht einander nahe stehen, können sie auch bis zu einem gewissen Grade Stell- vertreter für einander sein. Die Umstände, welche auf die Schweissabsonderung einwirken, sind sehr zahlreich, und die Menge des abgesonderten Schweisses rauss dementsprechend sehr bedeutend wechseln können. Auch an den verschiedenen Stellen der Haut ist die Schweissabsonderung ungleich stark, und man hat angegeben, dass sie an den Wangen, der Innenseite der Hand und dem Unterarme wie 100:90:45 sich verhalten soll. Aus der ungleichen Stärke der Sekretion an verschiedenen Körperstellen folgt auch, dass man aus der von einem kleineren Theile der Körperoberfiäche in einem bestimmten Zeiträume abgesonderten Schweissmenge keine Schlüsse auf die Grösse der Sekretion der ganzen Körperoberfläche ziehen kann. Bei den Versuchen, die Grösse der Schweissabsonderung zu bestimmen, sucht man ausserdem im Allgemeinen eine starke Sekretion hervorzurufen , und da die Drüsen wohl schwerlich längere Zeit mit derselben Energie arbeiten können, dürfte es wohl kaum berechtigt sein, aus den während einer kurz- dauernden, stärkeren Sekretion abgesonderten Mengen die Menge des Sekretes pro 24 Stunden zu berechnen. Von der ganzen Körperoberfläche im Darapf- bade und bei reichlichem Wassertrinken erhielt Favre im Laufe von l'/a Stun- den 2560 g Schweiss. Der Schweiss, wie man ihn zur Untersuchung erhält, ist nie ganz rein, sondern enthält abgestossene Epidermiszellen wie auch Zellen und Fettkügel- chen aus den Talgdrüsen. Der filtrirte Schweiss ist eine klare, ungefärbte Flüssigkeit von salzigem Geschmack und einem an verschiedenen Hautpartien verschiedenem Geruch. Die physiologische Reaktion soll nach den meisten Angaben sauer sein ; nach anhaltender Sekretion soll der Schweiss jedoch Allgemeine alkalisch werden können (Favre und Gillibert, Trümpy und Luciisinger). Eigenscbaf- ten des Eine alkalische Reaktion kann auch von einer Zersetzung unter Ammoniak- Schweisses. bildung herrühren. Nach einigen Forschern soll die physiologische Reaktion die alkalische sem, und eine saure Reaktion leiten diese Forscher von einer Bei- mengung von fetten Säuren aus der Hautsalbe her. Moriggia fand den Schweiss der Pflanzenfresser gewöhnlich alkalisch, den der Fleischfresser dagegen meistens sauer. Das spez. Gewicht des Schweisses ist 1,003 — 1,005. Der Schweiss enthält 977,4-995,6 p. m., im Mittel 988,2 p.m., Wasser und 4,4 — 22,6, im Mittel 11,80 p. m., feste Stoffe. Die organischen Stoffe sind Hammarsten, Physiologische Chemie. 1*^ 274 Dreizehntes Kapitel. Bestaml- thoilo lies Schweissos. Aethor- schwefol- sSuro und Sulfat- schwefel- siinro. Fremde Stoffo. Farbigor Schweiss. Gaswcchsol durch die Haut. Ueber- firiiissen der Haut. NeutralfeUe, Cholesterin, flüchtige Fettsüurev, Spuren von Eiweiss (beim Pferde regelmässig nach Leclekc; beim Menschen nach Lkube bisweilen nach heissen Bädern, bei Morbus Brightii und nach Pilokarpingebrauch) , ferner Kreatiniv, (Capraxica), aronialische Oxysäuren, Aetherschioefelsäuren von Phenol und Skatori/l (Käst), nicht aber von ludoxyl, und endlich HarnslojJ. Die ^Menge des Harnstoffes, welche nach Funke sogar 1,99 p. ni. beträgt, ist in neuester Zeit von Argutinsky näher bestimmt worden. In zwei Dampfbadversuchen, in welchen im Laufe von V2 resp. ^U Stunden eine Menge von 225 bezw. 330 Cc Schweiss abgesondert wurde, fand er be^w. 1,61 und 1,24 p. m. Harn- stoff. Bei Urämie und bei Anurie iu der Cholera kann Harnstoff durch die Schweissdrüsen in solcher Menge abgesondert werden, dass Krystalle davon auf der Haut sich absetzen. Die Mineralstoffe bestehen hauptsächlich aus Chlor- natrium mit etwas Chlorkalium, Alkalisulfat und Phosphat. Das relative Mengenverhältniss derselben ist in dem Schweisse ein ganz anderes als in dem Harne (Favre, Käst). Das Verhältniss ist nämlich nach Käst folgendes: Chlor : Phosphate : Sulfate im Schweisse 1 : 0,0015 : 0,009 im Harne 1 : 0,1320 : 0,397 In dem Schweisse fand Käst das Verhältniss der Aetherschwefelsäure zu der Sulfatschwefelsäure = 1:12, Nach Einführung von aromatischen Sub- stanzen nimmt die Menge der Aetherschwefelsäuren in dem Schweisse nicht in demselben Grade wie in dem Harne (vergl. Kap. 14) zu. Zucker kann bei Diabetes in den Schweiss übergehen ; der Uebergang von Galleufarb- stollen in dieses Sekret ist dagegen nicht sicher bewiesen. Benzoesäure, Bernsteinsäure, Wein- säure, Jod, Arsen, Quecksilberchlorid und C'Amm gehen in den Schweiss über. In dem Schweisse hat man ferner Harnsäure bei Gicht imd Cystin bei Cvstinurie gefimden. Cliromhidrose hat mau die Absonderung von getäi-btem Schweisse genauut. Bisweilen hat mau den Schweiss von Indigo (Bizio), von Pyocyanin (Foedos) oder von Ferrophosphat (KOLLMAXN) blaugefärbt gesehen. Wahres Blutschwitzeu, bei welchem Blutkörperchen durcli die Drüsenmündungen austreten, ist auch beobachtet worden. Der Gaswechsel durch die Haut ist beim Menschen, dem Gaswechsel in den Lungen gegenüber, von sehr untergeordneter Bedeutung. Die Sauer- stoftaufnahme durch die Haut, zuerst von Regnault und Reiset bewiesen, ist äusserst gering. Die Menge der durch die Haut ausgeschiedenen Kohlensäure wächst mit zunehmender Temperatur (Aubert, Rührig, Fubixi und Rokciii). Sie soll ferner im Lichte grösser als im Dunkel sein. Während der Verdau- ung ist sie grösser als im nüchternen Zustande und nach vegetabilischer Nah- rung grösser als nach animalischer (Fubini und Ronchi). Von Schärling ist sie zu 10 und von Aubert zu 3,9 g in 24 Stunden geschätzt worden. Bei gewissen Thieren, wie bei dem Frosche, ist der Gaswechsel durch die Haut be- kanntlich von grosser Bedeutung. Da der Gaswechsel durch die Haut bei Menschen und Säugethieren sehr gering ist, so folgt hieraus, dass die schädlichen oder lebensgefährlichen Wirkungen des Ueberziehens der Haut mit Firniss, Oel oder dergleichen schwerlich von dem o;ehinderteu Gaswechsel herrühren können. Nach dem üeberfirnissen der Ueberfimissen der Haut. 275 Haut köiiiipii die Tliiorc rasch unter beträolitUchen "VVrirmcvcrlusten zu Grunde gellen. AVird das Tliier gegen diesen Wärnieverlust geschützt, so kann es ge- rettet oder jedenfalls längere Zeit am Leben erhalten werden. Man hat früher angenommen, dass es hier um eine durch Zurückhalten eines oder einiger Per- spirations.^toffe {perspirahüe relenlwti) hervorgerufene, von Fieber und gesteigertem Wärmeverlust durch die Haut begleitete Vergiftung sich handeln würde; aber diese Annahme hat nicht als richtig sich erwiesen. Die Erscheinung sclieint ganz andere Ursachen zu haben, und wenigstens bei gewissen Thieren (Kanin- ehen) scheint der Tod die Folge einer durch das Firnissen hervorgerufenen Er- lahmung der vasomotorischen Nerven zu sein. Durch die Erweiterung der Haut- gefässe scheint nämlich die AVärmeausstrahlung durch die Haut dermaassen gesteigert zu werden, dass die Thiere durch das Sinken der Körpertemperatur zu Grunde gehen. 18* Vierzelmtes Kapitel. Der Harn. Für die stickstoiFhaltigen Stoffwechselprodukte wie auch für das Wasser und die gelösten Mineralstoffe ist der Harn das wichtigste Exkret des menschlichen Organismus und er muss also in vielen Fällen wichtige Aufschlüsse über den Ver- lauf des Stoffwechsels, seine Abweichungen in quantitativer und, beim Auftreten von fremden Stoffen im Harne, auch in qualitativer Hinsicht liefern können. Es muss ferner der Harn durch die chemischen oder morphologischen Bestand- theile, welche er aus Nieren, Harnleitern, Blase und der Harnröhre aufnehmen kann, in mehreren Fällen uns gestatten, den Zustand dieser Organe zu be- der'^Ha'rn^ urtheilcn. Und endlich giebt uns die Harnanalyse auch ein ausgezeichnetes Mittel anaiyso. j^ jj^ Hände, die Frage zu entscheiden, in wie weit gewisse Heilmittel oder andere in den Organismus eingeführte fremde Substanzen resorbirt und innerhalb desselben chemisch umgewandelt worden sind. Besonders von dem letztgenannten Gesichtspunkte aus hat die Harnanalyse sehr wichtige Aufschlüsse über die Natur der chemischen Prozesse imierhalb des Organismus geliefert, und die Harnanalyse ist deshalb auch nicht nur für den Arzt ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel, sondern sie ist auch für den Toxikologen und den physiologischen Chemiker von der allergrössten Bedeutung. Bei dem Studiuni der Se- und Exkrete sucht man gern die Beziehungen zwischen dem chemischen Baue des absondernden Organes und der chemischen Zusammensetzung des von ihm abgesonderten Produktes zu erforschen. Mit Rücksicht auf die Nieren und den Harn hat die Forschung jedoch bis jetzt in dieser Hinsicht nur äusserst wenig geleistet. Ebenso fleissig wie die anato- mischen Verhältnisse der Nieren studirt worden sind, ebenso wenig ist ihre chemische Zusammensetzung Gegenstand mehr eingehender, chemischer Unter- suchungen gewesen. In den Fällen, in welchen ehie chemische Untersuchung der Nieren unternommen wurde, hat sie sich auch im Allgemeinen mit dem Organe als solchem und nicht mit dessen anatomisch verschiedenartigen Theilen beschäftigt. Eine Aufzählung der bisher gefundenen chemischen Bestandtheile der Nieren kann also nur einen untergeordneten Werth haben. Physikalische Eigenschaften des Harnes. 277 In den Nieren finden sich Eiweisskörper verschiedener Art: Glubuline, Albumine und Nudeoalbuinine, ferner auch leimgebende und elastische Substanz und endlich auch ein umcinähnlicher Stoß'. Ob überhaupt echtes Mucin in den Nieren vorkommt, ist noch nicht entschieden. Der mucinähulichc Stoff, welcher ein Nucleoalbumin ist und beim Sieden mit Säuren keine reduzirende Substanz giebt (Lönnukkc), gehört hauptsächlich dem Papillartheile an, während die Kortikalsubstauz reicher an einem nicht mucinähnlichcn Nucleoalbumin ist. Fell kommt nur in geringer Menge in den Zellen der gewundenen Harnkanäl- chen vor. Unter den Extraktivstoffen der Niereu hat man Xanlhinkörper, auch Adenin (Kronecker), ferner Harnsloff und Harnsäure (spurenweise), Gh/kuyeu, Leucin, Inosil, Taiirin und Cyslin (in der Ochsenniere) gefunden. Die bisher ausgeführten quantitativen Analysen der Nieren haben nur untergeordnetes Interesse. Der Wassergehalt der Menschenuieren soll nach Fkericii.s 828,4 und nach Volkmaxx 834,5 p. m. betragen. Die unter j)athologischen Yerliältnissen , bei der Ilydronephrose, sich ansammelnde Flüssigkeit ist dünnflüssig, von sch^vankendeni, aber im Allgemeinen niedrigem spez. Gewicht. Sie ist gewöhnlich strohgelb oder blasser, bisweilen fast farblos. Am häufigsten ist sie klar oder nur schwach trübe von weissen Blutkörperchen und Epithelzellen ; in einzelnen Fällen ist sie aber so reich an Formelementen, dass sie dem Eiter ähnlich wird. Eiweiss kommt meistens in nur geringer Menge vor: bisweilen fehlt es ganz, in einzelnen, selteneren Fällen aber ist seine Menge fast ebenso gi'oss wie im Blutserum. HamstoÜ' kommt, wemi das Paren- chym der Xiere nur zum Theil atrophisch geworden ist, bisweilen in bedeutender Menge vor ; bei vollständiger Atrophie kann er gänzlich fehlen. Chemisctio Bestand-" theile der Nieren. Flüssitjkeit bei Hydro- nephrose. I. Physikalische Eigenschaften des Harnes. Konsistenz , Durelisielitigkeit, Geruch und Geschmack des Harnes. Der Harn ist unter physiologischen Verhältnissen dünnflüssig und giebt, wenn er mit Luft geschüttelt wird, einen bald verschwindenden Schaum. Der Harn des Menschen und der Fleischfresser, welcher regelmässig sauer reagirt, erscheint unmittelbar nachdem er gelassen ist klar und durchsichtig, oft schwach fluorescirend. Wenn er einige Zeit gestanden hat, enthält der Menschenharn ein leichtes Wölkchen (Nubecula), welches aus sogenanntem „Schleim" besteht, und meistens auch ein- zelne Epithelzellen, Schleimkörperchen und Uratkörnchen enthält. Bei Gegen- wait von grösseren Mengen Uraten (harusauren Salzen) kann der Harn, wegen der grösseren Schwerlöslichkeit der letzteren bei Zimmer- als bei Körpertemperatur, beim Erkalten sich tiüben und einen lehmgelben, gelbgraueu, rosafarbigen oder oft ziegelrothen Niederschlag [Sedimoilum laleriliiirn) absetzen. Diese Trübung verschwindet wieder bei gelindem Erwärmen. Bei neugeborenen Kindern ist der Harn in den ersten 4 — 5 Tagen regelmässig von Epithelien, Schleimkörper- chen, Harnsäure oder harnsauren Salzen getrübt. Der Harn der Pflanzenfresser, welcher regelmässig eine neutrale oder alkalische Reaktion hat, ist von Kar- bonaten der alkalischeu Erden stark getrübt. Auch der Harn des Menschen kann bisweilen unter physiologischen Verhältnissen alkalisch sein. In diesem Falle ist er auch von Erdphosphaten trübe, und diese Trübung verschwindet Klarheit nnd Darchsich- tiskeit oder Trübung des Harnes. 278 Vierzehntes Kapitel. zum Unterschiede von dem Sedimentum lateritiuni beim Erwärmen nicht. Der Harn hat einen durch Chlornatrium und Harnstoff bedingten salzigen und schwach bitterlichen Geschmack. Der Geruch des Harnes ist eigenthiimlich aromatisch; die Stoffe, welche denselben bedingen, sind ciber unbekannt. Die Farbe des Harnes ist normalerweise bei einem sp. Gewicht von 1,020 hellgelb. Sie hängt sonst von der Konzentration des Harnes ab und schwankt von blass strohgelb, bei geringem Gehalte an festen Stoffen, zu dunkel rothgelb Farbe lind oder rothbrauD bei sehr starker Konzentration. Von der Regel, dass die In- Konzen- ..... o > tration. tcnsitüt der Farbe mit der Konzentration parallel läuft, kommen unter patho- logischen Verhältnissen Ausnahmen vor, imd eine solche Ausnahme bildet der diabetische Harn, welcher bei grossem Gehalte an festen Stoffen und hohem sp. Gewicht oft eine blassgelbe Farbe hat. Die Reaktion des Harnes hängt wesentlich von der Beschaffenheit der Nahrung ab. Die Fleischfresser sondern einen sauren, die Pflanzenfresser einen neutralen oder alkalischen Harn ab. Setzt man einen Fleischfresser auf Pflanzen- Reaktion des Harnes, kost, SO kann sein Harn weniger sauer oder neutral werden, während umgekehrt der Pflanzenfresser beim Hungern, wenn er also auf Kosten seiner eigenen Fleisch- masse lebt, einen sauer reagirenden Harn absondern kann. Der Harn des gesunden Menschen hat bei gemischter Kost eine sawe Reaktion, und die Summe der Säureäcjuivalente überwiegt also in ihm die Summe der Basenäquivalente. Dies rührt daher, dass bei der physiologischen Verbrennung innerhalb des Organismus aus neutralen Substanzen (Eiweiss u. a.) Säuren , vor Allem Schwefelsäure, aber auch Phosphorsäure und organische Säuren, wie Hippursäure, Harnsäure, Oxalsäure, aromatische Oxysäuren u. a. entstehen. Hieraus folgt dann weiter, dass die saure Reaktion nicht von einer Säure allein bedingt sein kann. Bis zu welchem Grade die eine oder andere Harnes beim Säure au der sauren Reaktion sich betheiligt, weiss man nicht; da aber die Summe der Basenäquivalente die Sunnne der Aequivalente der anorganischen Säuren übertrifft oder ihr wenigstens gleich ist, dürfte die saure Reaktion zum allergrössten Theil von organischen Säuren und sauren Salzen herrühren. Am häufigsten begegnet man der Angabe, dass die saure Reaktion des Menscheu- harnes von zweifach saurem Alkaliphosphat (Monophosphat) herrühren soll. Die Menge der sauer reagirenden Stoße oder Verbindungen, welche im Laufe von 24 Stunden mit dem Harne eliniinirt werden, beträgt, wenn man sie als Oxalsäure oder Chlorwasserstoffsäure berechnet, resp. 2 — 4 und l,!? — 2,3 g (Vogel). Die Bescliaffenheit der Nahrung ist iiadessen nicht das einzige Moment, welches beim Menschen auf den Säuregrad des Harnes einwirkt. So kann z. B. Umstände, nach der Aufnahme von Nahrung im Beginn der Magenverdauung, da eine grössere welche den ,f ,..,,. ,_ , . , , ^^ Säure^rad Menge von salzsaurehaltigeni oNlagensaft abgesondert wn-d, der Harn neutral beeinflussen. •, i i i n i i oder sogar vorübergehend alkalisch werden. Die grösste j\Ienge Säure oder saurer Salze, pr. eine Stunde, wird beim Menschen nach Vogel in der Nacht, Säuregrad des Harnes. 279 nach Hoffmann dagegen Nachmittags abgesondert. Die kleinste Menge soll nach Vogel in der Nacht, nach Quincke dagegen in den Vormittagsstunden abgesondert werden. Man beobachtet in der That auch nicht selten, dass ganz gesunde Personen in den Vormittagsstunden einen neutralen oder alkalischen, von Erdphosphaten trüben Harn absondern. Die Wirkung der Muskelarbeit auf den Säuregrad des Harnes ist nicht ganz sicher festgestellt worden. Nach Hoffmann und Ringstedt soll Muskelarbeit den Säuregrad erhöhen, nach Aducco dagegen erniedrigen. Starke Schweissabsouderung soll den Säuregrad herabsetzen (Hoffmann). Beim Menschen und bei den Fleischfressern scheint der Säuregrad des Harnes nicht über eine bestimmte obere Grenze hinaus gesteigert werden zu können, selbst dann nicht, wenn Mineralsäureu oder schwerverbrennliche organische Säuren in grösserer Menge aufgenommen werden. Wenn nämlich der dem Organismus zu diesem Zwecke zur Verfügung stehende Vorrath an Karbonaten der fixen Alkalien nicht mehr ausreicht, um den Säureüberschuss zu binden, so wird aus dem Eiweisse oder dessen Zersetzungsprodukten «Ammoniak abgespaltet, welches den Säureüberschuss bindet und in den Harn als Ammoniaksalz übergeht. Bei den Pflanzenfressern scheint eine derartige Ammoniakabspaltung und Bin- von^Säure- dung des Säureüberschusses an Ammoniak nicht stattzufinden, und die Pflanzen- fresser gehen deshalb auch bei Säurezufuhr bald zu Grunde. Dagegen kann der Säuregrad des Menscheuharnes leicht herabgesetzt werden, so dass die Re- aktion neutral oder alkalisch wird. Dies findet nach Aufnahme von Karbo- naten der fixen Alkalien oder von solchen pflanzensauren Alkalien — Avein- sauren, citronensaui-en und äpfelsauren Alkalien — welche in dem Organismus leicht zu Karbonaten verbrannt werden, statt. Unter pathologischen Verhält- nissen wie bei der Resorption alkalischer Transsudate kann der Harn alkalisch werden (Quincke). Die Besthnuning des Säuregrades des Harnes kann nicht in gewöhnlicher Weise acidimetrisch geschehen, weil der Harn zweifach saures Phosphat, MHgPO^, neben einfach saurem Phosphat, Mg HPO4, enthält. Bei der Titration wird das zweifachsaure Phosphat nach und nach in M2HPO4 umgesetzt, und man erhält also eine Zeit lang ein Gemenge in wechselnden Verhältnissen von den zAvei Phosphaten, welches Geraenge nicht neutral sondern amphoter reagirt. Da man nun fast allgemein dahin übereingekommen ist, die saure Reaktion des Harnes dem in ihm vorhandenen zweifach sauren Phosphate zuzuschreiben, so liegt es gewiss am nächsten, den Säuregrad des Harnes in Mengen des vor- handenen zweifach sauren Phosphates auszudrücken. Will man also den Säuregrad des Harnes als zweifach sam'es Phosphat oder noch einfacher als in diesem Salz enthaltenes Phosphorsäureanhydrid, P0O5, berechnen, so führt man die Titrirung nach dem von ]M^ly und Hofmann angegebenen Prinzipe in folgender Weise aus. Man versetzt den Bestimmung Harn (100— 2ÜÜ Cc) mit einer genau abgemessenen Mejige Viertelnormal- ^^gra^fj^^' uatronlauge, welche mehr als hinreichend ist, um alle Phosphate in basische über- zuführen, d. h. mit so viel Natronlauge, dass der Harn stark alkalisch reagirt. Dann setzt man eine ungefähr dreiviertelnormale BaCla-lösung (142,8 BaCl2,2H20 im Liter) zu, bis kein Niederschlag mehr entsteht. Auf diese 280 Vierzehntes Kapitel. Weise ist also sämmtliche Phosphorsäure aus dem Harne ausgefällt worden. Man filtrirt nun durch ein trockenes Filtrura, misst von dem Filtrate eine, 50 oder 100 Co des ursprünglichen Harnes entsprechende Menge ab und titrirt unter Verwendung von Lackmuspapier mit Viertelnormalschwefelsäure bis zu neutraler Reaktion zurück. Zieht man die bei dieser Resttitrirung gefundene, restirende Menge Lauge von der dem fraglichen Harnvolumen ursprünglich zugesetzten Menge Lauge ab, so findet man als Differenz diejenige Menge Lauge, welche erforder- lich war, um das vorhandene zweifach und einfach saure Phosphat in normales Phosphat überzuführen. Bezeichnet man diese Menge mit o und die Menge des in später anzugebender Weise bestimmten gesammten PgO-, in mg, in der fraglichen Harn menge mit (j, so findet man die auf das zweifach saure Phos- phat entfallende Menge P2O5 in mg s nach der Formel s •=. 17,75 a — (j (HUPPERT). Wenn z. B. in einem Falle zur Ueberführung der beiden Phosphate in normales Phosphat für je 100 Cc Harn 20 Cc Lauge erforderlich waren, während die Gesammtmenge des P2O5 in 100 Cc Harn 275 mg war, so ist also s = 11,1b X 20 — 275 = 80 mg. Die Menge des PqOj im einfach sauren Phosphate war also 195 mg. Ein Harn , dessen alkalische Reaktion durch fixe Alkalien bedingt ist, hat in diagnostischer Hinsicht eine andere Bedeutung als ein Harn, dessen alkalische Reaktion von der Gegenwart von Ammoniumkarbonat herrührt. Im letzleren Falle handelt es sich nämlich um eine durch Mikroorganismen be- wirkte Zersetzung des Harnstoffes im Harne. Will man entscheiden, ob die alkalische Reaktion eines Harnes von Am- moniak oder fixen Alkalien herrührt, so taucht man ein rothes Lackmuspapier Harnef au^/ ^^ *^6n Harn ein mid lässt es dann direkt an der Luft oder in gelinder Wärme Alkali oder eintrocknen. Rührte die alkalische Reaktion von Ammoniak her, so wird das Papier wieder roth ; rührte sie dagegen von fixen Alkalien her, so bleibt es blau. Das spezifische Uewicht des Harnes, welches von dem Verhalten der abgesonderten Wassermenge zu der Menge der festen Harnbestandtheile , vor Allem des Harnstoffes und des Kochsalzes, bedingt ist, kann sehr bedeutend schwanken, ist aber gewöhnlich 1,017 — 1,020. Nach reichlichem Wassertrinken kann es auf 1,002 herabsinken, während es nach reichlicher Schweissabsonde- rung oder nach Aufnahme von nur sehr wenig Wasser auf 1,035 — 1,040 an- steigen kann. Bei Neugeborenen ist das sp. Gewicht niedrig, 1,007 — 1,005. Spezifisches t-,. -p, • i /-< • Gewicht des Die Bestnnmung des sp. Gewichtes hat ihre grösste Bedeutung als Mittel die Farnes. Menge der festen Stoffe, welche mit dem Harne den Organismus verlassen, kennen zu lernen, m\d aus diesem Grunde Avird diese Bestimmung auch erst dann von wahrem Werth, wenn man gleichzeitig die während einer bestimmten Zeit abgesonderte Harnmenge genau bestimmt. Man soll also die zu ver- schiedenen Zeiten im Laufe von 24 Stunden gelassenen Harnportionen auf- sammeln, zusammenmischen, die gesammte Tagesmenge messen und dann das sp. Gewicht bestimmen. Die Bestimmung des speZ'. Gcwicides geschieht am genauesten mittelst des Pyknometers. Für gewöhnliche Fälle kann das sp. Gewicht jedoch mit hinreichender Genauigkeit mittelst des Aräometers bestimmt werden. Oft sind Das spez. Gewicht des Harnes. Harnstort'. 281 die im Handel vorkommenden Aräometer, Vromelcr, von 1,000 — 1,040 gradirt; Urometer bei goiuuieren Arbeiten ist e.s jedoch besser, zwei Uromeler zu benutzen, von denen das eine von 1,000 — \,02() und das andere von 1,020 — 1,040 gradirt ist. Ein besonderes Urometer ist das Hi:i.LER'sehe, welclies in B.vuME'schen Graden von 0—8 getheilt ist. Jeder solcher Grad entspricht 7 Graden des gewöhnlichen Urometers, und da der Nullpunkt des HELLER'schen Urometers der Zahl 1,000 auf dem gewöhnlichen entspricht, müssen also 1, 1,5, 2, 2,5, 3 u. p. w. Grade des HELLER'schen Urometers den sp. Gewichten von bezw. 1,007, 1,0105, 1,014, 1,0175, 1,021 u. s. w. entsprechen. Bei der Ausführung einer Bestimmung giesst man den klaren, nöthigen- falls filtrirten Harn, welcher, wenn er ein Uratsediment enthält, erst zur Lösung des Sedimentes gelinde erwärmt wird, in einen trockenen Glascylinder mit der Vorsicht jedoch, dass kein Schaum sich bildet. Luftblasen und Schaum müssen, wenn sie vorhanden sind, mit einem Glasstabe und Fliesspapier entfernt werden. Der Cylinder, welcher zu etwa ^/.-^ mit Harn gefüllt wird, soll so weit sein, dass das Urometer frei in der Flüssigkeit schwimmt und an keiner Stelle die Wand berührt. Cylinder und Aräometer sollen beide trocken oder vorher mit dem Harne aus- bezw. abgespült worden sein. Bei dem Ablesen bringt man das Auge in eine Ebene mit dem unteren Flüssigkeitsrande — was erreicht ist, sobald man den hinteren Rand der Flüssigkeitsoberfläche gerade nicht mehr sieht — und liest dann die Stelle ab, wo diese Ebene die Skala schneidet. Bei nicht richtiger Ablesung, sobald das Auge zu tief oder zu hoch liegt, erscheint die Oberfläche der Flüssigkeit in der Form einer Ellipse. Vor dem Ablesen drückt man das Urometer mit dem Finger um einige Theilstriche tiefer in den Harn herab, lässt es wieder aufsteigen und wartet mit dem Ablesen bis es ruhig steht. Ist die zur Verfügung stehende Harnmenge nicht genügend, um den Cy- linder bis zur nöthigen Höhe zu füllen, so kann man, je nach Umständen, mit dem gleichen oder einem mehrfachen Volumen "Wasser verdünnen. Dieses Verfahren giebt jedoch leicht nicht ganz genaue Resultate und bei kleinen Harnmengen bestimmt man das sp. Gewicht am besten mit dem Pyknometer. Jedes Urometer ist bei einer bestimmten Temperatur gradirt, welche auf dem Instrumente, wenigstens auf besseren Instrumenten, angegeben ist. Kann man nun mit der Ausführung der Bestimmung nicht warten, bis der Harn diese Temperatur angenommen hat, so muss man folgende Korrektion für die abweichende Temperatur machen. Für je drei Temperaturgrade über der Normal- temperatur muss man dem abgelesenen Werthe einen Aräometergrad zuzählen und für je drei Temperaturgrade miter derselben muss man von dem abgelesenen Werthe einen Aräometergrad abziehen. Wenn beispielsweise ein für -|- 15° C gradirtes Urometer in einem Harne von — 24° C ein sp. Gewicht von 1,017 anzeigt, ist also das sp. Gewicht bei + 15°C= 1,017+ 0,003 = 1,020. Bestimmang des spez. Gewichtes. IL Organische, physiologische Harnbestandtheile. Der Harnstoff, Ur, welcher gewöhnlich als Karbamid C0(NH2)^ auf- gefasst wird, kann synthetisch auf verschiedene Weise, wie aus Karbonylchlorid oder Kohlensäureäthyläther und Ammoniak : COClg + 2NH3 = CO(]S^H2)2 + 2 HCl, resp. {C.^.^.^.O^.CO + 2 NH3 = 2 (Q.^-^.OYi) + COCNH^)., ferner durch metamere Umsetzung des Ammoniumcyanats (NH^).O.CX = CO(NH2)2 (WöHLER 1828) und auf viele andere Weisen erhalten werden. Er ent- Zasammen- setzung. 282 Vierzehntes Kapitel. steht auch bei Zersetzung oder Oxydation von gewissen im Thierkörper ge- fundenen Stoßen, wie Kreatiu und Harnsäure. Der Harustofi* kommt am reichlichsten im Harne des Fleischfressers und des Menschen, in geringerer Menge in dem der Pflanzenfresser vor. Die jNIenge desselben im Menschenharne ist gewöhnlich 20 — 30 p. m. Er ist auch im dos Harn- Harne einiger Vögel und Amphibien gefunden worden. Im Schweisse kommt Harnstoff in kleiner Menge, gegen 2 p. m., und im Blute und den meisten thierischen Säften spurenweise vor. Er findet sich ferner in gewissen Geweben oder Organen, vor Allem in der Leber (bei Säugethieren) und der Milz, nicht aber in den Muskeln. Unter pathologischen Verhältnissen , bei gehinderter Exkretion, kann der Harnstoff in vermehrter Menge in thierischen Säften und Geweben auftreten. Unter diesen Verhältnissen kommt er auch in den Mus- keln vor. Die Menge Harnstoff, welche bei gemischter Kost p. 24 Stunden ab- gesondert wird, beträgt für erwachsene Männer ungefiihr 30 g, für Frauen etwas Aveniger. Kinder sondern absolut weniger aber relativ, auf das Körper- Rische Be- gewicht berechnet, mehr Harnstoff als Erwachsene ab. Die physiologische Be- Harusfoffes^ deutung des Harnstoffes liegt darin, dass dieser Stoff beim Menschen und Fleisch- fressern in quantitativer Hinsicht das wichtigste stickstoffhaltige Endprodukt der Umsetzung der Proteinstoffe darstellt. Aus diesem Grunde schwankt auch die Grösse der Harnstoffausscheidung in hohem Grade mit der Grösse des Ei- weissumsatzes und in erster Linie mit der Menge des mit der Nahrung auf- genommenen, resorbirten Eiweisses. Die Harnstoffausscheidung ist am grössten nach einseitiger Fleischnahrung und am geringsten , sogar kleiner als beim Hunger, nach einseitiger Zufuhr von stickstofffreien Stoffen, weil diese den Um- satz des Körperei weisses herabsetzen. Fällt das Eiweiss des Körpers einem gesteigerten Verbrauche auheim, so wird die Harnstoffausscheidung regelmässig vermehrt. Dies findet in ziem- lich hohem Grade in gewissen mit Fieber verlaufenden Krankheiten, ferner, wenn auch nur in geringem Grade, nach Aufnahme von Kochsalz und nach reichlichem Wassertrinken (Voit) statt. Die Harnstoffausseheidung soll auch von mehreren Arzneimitteln etwas gesteigert werden und endlich soll sie nach Vergiftungen mit Arsen, Antimon und Phosphor, bei verminderter Sauerstoff- zufuhr — wie bei starker und anhaltender Dyspnoe, Vergiftung mit Kohlen- Vermohrte i -r->T . „ ^ , -r ^• -r<--ii i Harnstoff- oxyd, Blutungen u. s. w. — eme Steigerung erfahren. In diesen .ballen hat nng. man jedoch nicht immer einen genauen Unterschied zwischen der .Harnstoff- menge und der Gesammtstickstoffmenge des Harnes gemacht, und gerade diese letztere dürfte es oft gewesen sein , welche man in diesen Fällen vermehrt ge- funden hat. Die Menge des im Harnstoff enthaltenen Stickstoffes fällt nicht mit der Gesammtstickstoffmenge des Harnes zusammen, indem nämlich, wie Pflüger gezeigt hat, diejenige Stickstoffmenge, welche unter physiologischen Verhältnissen im Harne in anderen Verbindungen als im Harnstoff vorkommt, im Mittel 13,4, bisweilen sogar 16 °/o des Gesammtstickstoffes betragen kann. Ursprung des Jlarustoffes. 2R3 lu Kninklieiten kann diese Relation eine wesentlich andere sein, und es ist also, um nur ein Beispiel anzuführen, von Fim:nkel ein Fall von Phosphor- vergiftung beobachtet worden, in welchem die im Harnstofle enthaltene Stick- stofTmenge weniger als die Hälfte des GesanimtstickstofTes des Harnes betrug. Eine verminderte Hamstoffausscheidung kommt bei herabgesetztem Ei- weissverbrauch und ferner — was mit Rücksicht auf die Bedeutung der Leber für die Harnstuti'bildung von Interesse ist — bei einigen Leberkrankheiten, wie bei der akuten gelben Leberatrophie und bisweilen bei der interstitiellen Lebercirrhose, vor. Unter diesen Verhältnissen kann die Ammoniakmenge des Harnes relativ zum Harnstoff vermehrt sein (Hallekvordex , Stadelmann). Bei Nierenkrankheiten, welche die Integrität der Epithelien der gewundenen Harnkanälcheu stören oder vernichten, kann die Harnstoffausscheidung be- deutend herabgesetzt werden. Die Entstehung des Harnstoffes im Organismus. Die Versuche, aus dem Eiweisse durch Oxydation Harnstoff direkt zu erzeugen, haben zu keinen sicheren positiven Resultaten geführt. Als Zersetzungsprodukte des Eiweisses erhält man dagegen (vergl. oben S. 14) oft Amidosäuren, und man ist deshalb auch der Ansicht gewesen, dass die Amidosäuren Zwischenstufen bei der Harn- stoflfbildung aus Eiweiss darstellen sollen. Es ist in der That auch bewiesen, dass Leucin und Glycocoll (Schultzen und Nencki, Salkowski) und Aspa- raginsäure (v. Knieriem) innerhalb des Organismus in Harnstoff übergehen können. Die Natur des hierbei stattfindenden chemischen Vorganges ist jedoch unbekannt. ]SIan hat auch viele andere Entstehungsweisen des Harnstofies als möglich bezeichnet; das Einzige aber, was bisher ganz sicher bewiesen wurde, ist eme Harnstoffbildung aus Ammoniumkarbonat in der Leber. Nachdem zuerst die Untersuchungen von v. Kniekeem, Salkowski, Feder, Ml^nck, Schmiedeberg und Walter und Hallervorden gezeigt hatten, dass Am- moniumkarbonat oder solche Ammoniumsalze, welche im Organismus zu Kar- bonaten verbrannt werden, im Körper des Fleisch- und Pflanzenfressers in Harn- stoff sich imisetzen, hat v. Schröder den entscheidenden Beweis für eine Harn- stoflfbildung aus Ammoniumkarbonat in der Leber der Säugethiere geliefert. Beim Durchleiten von mit Ammoniumkarbonat oder Ammoniumformiat ver- setztem Blut durch überlebende Hundelebern fand er nämlich eine recht be- deutende Harnstoff bildung. Mit diesen, unter Beobachtung von genügenden Cautelen gemachten, von Salomon bestätigten Beobachtungen stimmt auch die oben genannte Verminderung der Harnstoff- und Vermehrung der Amraoniak- menge im Harne bei gewissen Leberkrankheiten gut überein. Dass die nun genannte Harnstoffbildung in der Leber von grosser physio- logischer Bedeutung ist, kann nicht bezweifelt werden; aber hieraus folgt jedoch nicht, dass aller Harnstoff diesen Ursprung hat. Die Möglichkeit einer Harn- stoffbildung aus Kreatin oder Xanthinstoffen ist nicht ohne weiteres zurück- zuweisen, mid es sind übrigens auch andere Möglichkeiten denkbar. Veriiiimlerto Harnstofl- ausscheid- unsf. Amidosäuren und Harn- stoff. Harnstoff- bildnng au= Ammoniuin- karbonat in der Leber. 284 Vierzehntes Kapitel. Die Frage, in welchem Organe der Harnstoff gebildet wird, ist auch Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Durch die Arbeiten zahlreicher Forscher, Peevost und Dumas, Meissner, Voit, Gr^itant, Gscheidlen, Sal- KOWSKi und V. Schröder weiss man, dass die Exstirpation der Nieren eine be- deutende Vermehrung der Harnstoffmenge in dem Blute zur Folge hat und dass die Niere also, wenn sie überhaupt Harnstoff produzirt, jedenfalls nicht Ort der f]j^g einziffe Oi-gan der Harnstoffbildung sein kann. Durch au überlebenden Harnstoff- ö s> o biidunir. Organen angestellte Versuche, welche den obengenannten Versuchen an über- lebenden Lebern analog sind, hat v. Schröder ferner gezeigt, dass weder die Nieren noch die Muskeln oder die übrigen Gewebe der unteren Extremitäten beim Hunde die Fähigkeit haben, Harnstoff aus Ammoniumkarbonat zu erzeugen. Das einzige Organ, in welchem eine Harnstoffbildung bisher direkt und sicher nachgewiesen wurde, ist also die Leber, was indessen natürlich die Möglichkeit nicht ausschliesst, dass der Harnstoff auch in anderen Organen, vielleicht aus anderem Materiale als Ammoniumkarbouat und in anderer Weise, gebildet werden könne. Eigenschaften und Reaktionen des Harnsloffes. Der Harnstoff krystallisirt in Nadeln oder in langen, farblosen, vierseitigen, oft innen hohlen, wasserfreien, rhombischen Prismen von neutraler Reaktion und kühlendem, salpeterartigem Geschmack. Er schmilzt bei 130 — 132° C, zersetzt sich aber schon etwas bei 100 ° C. Bei gewöhnlicher Temperatur löst er sich in der gleichen Gewichts- menge Wasser und in fünf Theilen Alkohol. Von siedendem Alkohol erfordert er einen Theil zur Lösung; in Aether ist er fast unlöslich. Erhitzt man Harn- Eigen- Stoff in Substanz in einem Reagensrohre, so schmilzt er, zersetzt sich, giebt Schäften und i i . i • • n i Reaktionen Ammoniak ab und hinterlässt zuletzt einen undurchsichtigen, weissen Rückstand, des Harn- stoffes, welcher unter anderem auch Biuret enthält und welcher, in Wasser gelöst, mit Kupfersulfat und Alkali eine schön rothviolette Flüssigkeit giebt (Biuretreaktion). Beim Erhitzen mit Barytwasser oder Alkalilauge wie auch bei der durch Mikro- organismen vermittelten sogenannten alkalischen Gährung des Harnes spaltet sich der Harnstoff unter Wasseraufnahme in Kohlensäure und Ammoniak. Dieselben Zersetzungsprodukte entstehen auch, wenn der Harnstoff mit konzen- trirter Schwefelsäure erhitzt wird. Eine alkalische Lösung von Natriurahypo- bromit zersetzt den Harnstoff in Stickstoff, Kohlensäure und Wasser nach dem Schema: CON2H4 + 3NaOBr = 3NaBr + COg + 2H2O + Ng. Der Harnstoff geht mit mehreren Säuren krystallisirende Verbindungen ein. Unter diesen sind die mit Salpetersäure und Oxalsäure die wichtigsten. Salpetersaurer Harnstoff, CO(NH2)2 . HNO3. Diese Verbindung kry- stallisirt bei schneller Ausscheidung in dünnen rhombischen oder sechsseitigen, Salpeter- einander oft dachziegelförmig deckenden, farblosen Tafeln, deren spitze Winkeln saurer - t i Harnstoff. 82^^ betragen. Bei langsamer Krystallisation erhält man grössere und dickere rhombische Säuleu oder Tafeln. Die Verbindung ist in reinem Wasser ziemlich leicht, in salpetersäurehaltigem Wasser dagegen bedeutend schwerer löslich Harnstoff. 285 Oxalsaurer Harnstoff. Verbind - ungen mit Salzen. und man erhält sie, wenn eine konzentrirte Lösung von Harnstoff mit einem Ueberschuss von starker, von salpetriger Säure freier Salpetersäure versetzt wird. Beim Erhitzen verflüchtigt sich die Verbindung oline Rückstand. Diose Vor1)iiulaiii,' kann auch mit Vortlu-ü zum Naclnvois von kleinoa .Mcngeu Jlarn- stott' dii-non. Man bringt eiueu Tropfen der konzeutrirten Lösung auf ein Objektglas, legt das Deckgliischen auf und lä.sst von der Seite einen Tropfen Sal]ietersäure unter dem Deckgläseben hinzutreten. Die Krystallausscheiduug beginnt dann an der Stelle, an welcher die Lö.sung und die Säure ineinander tliessen. Salpetersaure Alkalien können bei Verunreinigung mit anderen Stofl'en dem salpetersauren Harnstoff sehr iUinlieh krystallisiren, und wenn man auf Harnst ofV prüft, muss man deshalb auch stets theils durch Erhitzen der Probe, theils in anderer Weise von der Identität der Krystalle mit salpetersaurem HarnstofT sich überzeugen. Oxalsaurer Harnstoff, 2.CO(]SrH2)2.H2Ca04. Diese Verbindung ist schwerlöslicher in Wasser als die Salpetersäureverbindung. Man erhält sie in rhombischen oder sechsseitigen Prismen oder Tafeln durch Zusatz von gesättigter Oxalsäurelösung zu einer konzentrirten Lösung von Harnstoff. Der Harnstoff geht auch Verbindungen mit Merkurinitrat in wechselnden Verhältnissen ein. Setzt man einer etwa zweiprozentigen Lösung von Harnstoff eine nur sehr schwach saure Merkurinitratlösung zu und neutralisirt das Ge- menge annähernd, so erhält man eine Verbindung von konstanter Zusammen- setzung, welche auf je zehn Theile Harnstoff 7,2 Gewichtstheile Quecksilber- oxyd enthält. Diese Verbindung liegt der LiEBiG'schen Titrirmethode zu Grund. Der Harnstoff verbindet sich auch mit Salzen zu meist krystallisirenden Ver- bindungen, so mit Chlornatrium, den Chloriden schwerer Metalle u. s. w. Von Quecksilberchlorid wird eifie alkalische, nicht aber eine neutrale Harnstoff- lösung gefällt. Die Methode zur Darstellung des Harnstoffes aus dem Harne ist in den Hauptzügen folgende. Man konzentrirt den nöthigenfalls sehr schwach mit Schwefelsäure angesäuerten Harn bei niedriger Temperatur, setzt dann Salpeter- säure im Ueberschuss unter Abkühlen zu, presst den Niederschlag stark aus, zerlegt ihn in Wasser mit eben gefälltem Baryumkarbonat, ti'ocknet im Wasser- bade ein, extrahirt den Rückstand mit starkem Alkohol, entfärbt wenn nöthio- mit Thierkohle und filtrirt warm. Der beim Erkalten auskrystallisirende Harn- Darstellung Stoff kann durch Umkrystallisiren aus warmem Alkohol gereinigt werden. Aus "^^Itoffes?" der Mutterlauge kann man weitere Mengen Harnstoff durch Konzentriren u. s. w. erhalten. Von verunreinigenden Mineralstoffen reinigt man den Harnstoff durch Auflösung in Alkohol-Aether. Handelt es sich nur um den Nachweis des Harnstoffes im Harne, so ist es genügend, eine kleine Menge Harn auf einem Uhrgläschen zu konzentriren und nach dem Erkalten mit überschüssiger Salpeter- säure zu versetzen. ]Man erhält dann einen Krystallbrei von sälj)etersaurem Harnstoff. Quantilative Bestimmung des Harnstoffes im Harne. Die zu diesem Zwecke ersonnenen Methoden sind theils solche, welche, wie die LiEBio'sche Titrirmethode und die Methoden von Heintz und Ragsky, bezw. von Kjeldahl, eigentlich Methoden zur Bestimmung des Gesammtstickstoffes sind, und theils solche, welche, wie die Methoden von Bunsen und Knop-Hüfner, eine geson- nlrnstoffbe- derte Bestimmung des Harnstoffes bezwecken. Unter diesen Methoden kann st>™"'""=- hier nur die LiEBiG'sche Methode, welche von dem Arzte wohl am häufigsten 286 Vierzehntes Kapitel. DioMorkuri- nitratlösung. angewendet wird, ausfuhr] iclier abgehandelt werden. Bezüglich der anderen, welche nur in den Hauptzügen hier besprochen werden können, muss auf aus- führlichere Handbücher hingewiesen werden. Die LiEBia'sche Titrirraethode gründet sich darauf, dass eine ver- dünnte Lösung von Merkurinitrat unter günstigen Verhältnissen allen Harnstoff als eine Verbindung von konstanter Zusammensetz.ung ausfällen kann. Als Prinzip ;i"r Indikator wird dabei eine Sodalösung oder auch ein dünner Brei von mit AVasser sehen 'fitrir- aufgeschlänimtem Natriumbikarbonat benutzt. Ein Ueberschuss von Merkuri- methodo. ])it,.at giebt hiermit eine gelbe oder gelbbraune Verbindung, während die Harn - Stoffquecksilberverbindung weiss ist. Die näheren Bedingungen für die volle Brauchbarkeit der Methode sind von Pflüger angegeben worden, und es wird deshalb hier auch die PFLÜGER'sche Modifikation der LiEBia'schen Methode beschrieben. Von der Merkurinitratlösung wird auch die Phosphorsäure gefällt und diese letztere muss deshalb vor der Titrirung durch Zusatz einer Barytlösung zum Harne entfernt werden. Es muss ferner Avährend der Titrirung jiach Zusatz der Quecksilberlösung die saure Reaktion durch Zusatz einer Sodalösung in der von Pflüger näher angegebenen Weise abgestumpft werden. Die zu der Titrirung erforderlichen Lösungen sind also folgende: 1. Merkurinitratlösung. Diese Lösung ist für eine 2-prozentige Harn- stofflösung berechnet, und es sollen 20 Cc der ersteren 10 Co der letzteren ent- sprechen. Jedes Cc der Quecksilberlösung entspricht also 0,010 g Harnstoff. Für das Auftreten der Endreaktion (mit Alkalikarbonat, resp. Bikarbonat) ist jedoch stets ein kleiner Ueberschuss von HgO in dem Harngemenge noth- wendig, und in Folge dessen muss jedes Cc der Quecksilberlösung 0,0772 statt 0,0720 g HgO enthalten. Die Quecksilberlösung enthält also im Liter 77,2 g HgO. Man kann die Lösung aus reinem Quecksilber oder aus Quecksilberoxyd durch Auf- Iciseu in Salpetersäure bereiten. Die von überschüssiger Säure soweit möglich befreite Lösung verdünnt mau durch vorsichtigen Zusatz von Wasser unter Umrühren bis das spez. Gewicht bei -}- 20" C. 1,10 oder ein wenig h<")her ist. Man bestimmt dann den Titer der Lösung mittelst einer 2i)rozentigen Lösung von reinem, über Schwefelsäure getrocknetem Harnstoff' und verfährt dabei in der unten bei Besprechung des Titrirverfahrens anzuführenden Weise. Man korrigirt darauf die Lösung, wenn sie zu konzentrirt ist, durch vorsichtigen Zusatz der er- forderlichen ^Menge Wasser, wenn dies ohne Ausscheidung von basischem Salz gescliehen kann, und titrirt von neuem. Die Lösung ist richtig, wenn nach Zusatz in einem Strahle von 19,8 Cc zu 10 Cc der Harnstofflösung und unmittelbar darnach folgendem Zusatz der zur fast voll- ständigen Neutralisation erforderlichen Menge Normalsodalösung (es sind hierzu zwischen 11 und 12 Cc oder nur wenig mehr erforderlich) die Endreaktion (nach Zusatz von je Vio Cc nach dem andern ohne darauffolgende Neutralisation mit Sodalösung) gerade nach Zusatz von 20 Cc Quecksilberlösung zum Vorschein kommt. 2. Barytlösung. Diese soll aus 1 Vol. Baryumnitrat- und 2 Vol. Barythydratlösung, beide bei Zimmertemperatur gesättigt, bestehen. 3. Normalsodalösung. Diese Lösung soll im Liter 53 g wasser- freies, reines Natriumkarbonat enthalten. Nach Plüger ist es genügend, eine solche Lösung von der Dichte 1,053 zu bereiten. Man bestimmt darauf durch Titration mit einer reinen, 2 prozentigen Harnstofflösung diejenige Menge Soda- lösung, welche zur fast vollständigen Neutralisation der beim Titriren frei- werdenden Säure erforderlich ist. Der Bequemlichkeit halber kann man die so für je 10 — 35 ('C Quecksilberlösung gefundenen Mengen Sodalösung tabellarisch aufzeichnen. Darstellung der Merkuri- nitratlösung. Baryt- lösung. Normalsoda- losung. Die LiKBiG'sche Titrirmethode. 287 Bevor juau zur Ausfüliriin<2; der Titrining geht, nnis.s man Folgeiides beachten. Die C-hlorverbindungen d(>s Harnes wirken da(hirch störend auf die Titrirung ein, dass sie mit einem Theil der Merkurinitratl()sung zu Quecksilber- chlorid sich umsetzen, von welchem der Harnstott' nicht gefällt wird. Man entfernt deshalb die Chloride aus dem Harne mit Silbernitratlösung, und das- selbe gilt auch von im Harne etwa vorhandenen Brom- und Jodverbindungen. Enthält der Harn Eiweiss in nenuenswerther Menge, so muss dieses durch Koagulation mit Essigsäurezusatz entfernt werden, wobei jedoch darauf zu achten ist, dass die Konzentration und das Volumen des Harnes hierdurch nicht ge- ändert werden. Enthält der Harn in Folge einer alkalischen Gährung Am- moniumkarbonat in nenuenswerther Menge, so kann diese Titrirmethode überhaupt nicht in Anwendung kommen. Ebenso darf der Harn nicht Leucin , Tyrosin oder von Merkurinitrat fällbare, medikamentöse Stoffe enthalten. In den Fällen, in welchen der Harn frei von Eiweiss oder Zucker und nicht besonders arm an Chloriden ist, lässt sich aus dem sp. Gewichte des Harnes der Gehalt desselben an Harnstoff und also die zur Titrirung erforder- liche ungefähre Menge Merkurinitratlösung ziemlich annähernd abschätzen. Ein sp. Gewicht von 1,010 entspricht also etwa 10 p. m., das sp. Gewicht 1,015 meist etwas weniger als 15 p. m. und das sp. Gewicht 1,015-1,020 etwa 15 — 20 p. m. Harnstoff. Bei einem sp. Gewichte, welches höher als 1,020 ist, enthält der Harn wohl regelmässig mehr als 20 p. m. Harnstoif, und ober- halb dieser Gi'enze steigt der Harnstoffgehalt viel rascher als das sp. Gewicht, so dass jener bei einem sp. Gewichte von 1,030 über 40 p. m. betragen kann. In einem Fieberharne mit einem sp. Gewichte von mehr als 1,020 finden sich bisweilen 30 — 40 p. m. Harnstoff oder mehr. Vorbereitungen zur Titrirung. Ist wegen des gefundenen, hohen spezifischen Gewichtes des Harnes ein grosser HarnstofFgehalt desselben an- zunehmen , so verdünnt man erst den Harn mit einer genau abgemessenen Menge Wasser, so dass der Gehalt an Harnstoff jedenfalls vuiter 30 p. m. liegt. In einer besonderen Portion desselben Harnes bestimmt man dann nach irgend einer der später anzuführenden Methoden den Gehalt an Chlor und annotirt die hierzu erforderliche Anzahl Cc Silbernitratlösung. Darauf mischt man eine grössere Menge Harn, z. B. 100 Cc, mit dem halben oder, falls dies zur voll- ständigen Ausfällung der Phosphorsäure und Schwefelsäure nicht hinreichend sein sollte, dem gleichen Volumen Barytlösung, lässt einige Zeit stehen und filtrirt dann durch ein trockenes Filtrum den Niederschlag ab. Von dem Fil- trate misst man nun eine passende, etwa 60 Cc des ursprünglichen, bezw^ mit Wasser verdünnten Harnes entsprechende Menge ab und neutralisirt genau mit Salpetersäure, welche aus einer Bürette zugesetzt wird, damit die zur Neu- tralisation erforderliche Menge Säure genau gemessen werden könne. Das neu- tralisirte Harnbarytgemenge versetzt man darauf mit der zur vollständigen Aus- fällung der Chloride erforderlichen, aus der obigen Bestimmung bekannten Menge Silbernitratlösung. Das Gemenge, dessen Volumen also fortwährend genau bekannt ist, filtrirt man nun durch ein trockenes Filtrum in eine Flasche hinein und von dem Filtrate misst man zu jeder Titrirung eine, 10 Cc des ursprünglichen (bezw. mit Wasser verdünnten) Harnes entsprechende Menge ab. Ausführung der Titrirung. Von der Quecksilberlösung lässt man in einem Strahle fast die gesammte Menge, welche nach dem sp. Gewichte zu urtheilen als Minimum zugesetzt werden darf, zufliessen und fügt unmittelbar darauf die nach der empirischen Tabelle erforderliche Menge Sodalösung zu. Auf ilio Ti- trinmi? stürond wirkende Stoffo. Spoz. Ge- wicht Tind Gehalt an Harnstoff. Vorberoit- iingen für diu Titrirung;. Ausführung der Titrir- ung. Vierzehntes Kapitel. Ansführnng' der Titrirnn;'. Berechnung der Resul- tate der Titrimner. Ximnit das Gemenge dabei eine gelbliche Farbe an, so ist zu viel Quecksilber- lösung zugesetzt worden, und man muss eine neue Bestimmung machen. Wenn die Probe dagegen weiss bleibt und wenn ein herausgenommer Tropfen, wenn man ihn auf einer Glasplatte mit schwarzer Unterlage mit einem Tropfen eines dünnen Breies von Natriumbikarbonat anrührt, keine gelbliche Farbe annimmt, so fährt man mit dem Zusätze der Quecksilberlösung fort, indem man erst je einen halben und später je 0,1 Cc zusetzt und nach jedem Zusatz in folgender Weise prüft. Auf eine Glasplatte mit schwarzer Unterlage bringt man einen Tropfen des Gemenges und neben ihn einen kleinen Tropfen des Bikarbonat- breies. Ist die Farbe nach dem Zusammenfliessen und dem Umrühren beider Tropfen nach einigen Sekunden noch weiss, so muss mehr Quecksilberlösung zugesetzt werden; ist sie dagegen gelblich, so ist man — wenn man nicht durch unvorsichtige Arbeit schon zu viel zugesetzt hat — dem richtigen Werthe bis auf einige Zehntel Cc nahe gekommen. Durch diese annähernde Be- stimmung, welche wohl in vielen Fällen für praktische Zwecke genügend sein könnte, hat man also erfahren, wie viel Quecksilberlösung im Minimum der fraglichen Menge Harnßltrat zugesetzt werden muss, und mau schreitet nun zu der endgültigen Bestimmung. Man misst also wieder eine, 10 Cc des ursprünglichen Harnes entsprechende Menge Filti-at ab, lässt dieselbe Menge Quecksilberlösung, welche im vorigen Versuche bis zur Endreaktion verbraucht wurde, in einem Strahle zufliessen und setzt unmittelbar darnach die entsprechende Menge Sodalösung zu, wobei die Misch- ung nicht direkt die Endreaktion zeigen darf. Von der Quecksilberlösung setzt man dann je 0,1 Cc nach dem andern ohne Neutralisation mit Normalsoda- lösung zu, bis ein aus der Mischung genommener Tropfen in Berührung mit Sodalösung gelb wird. Erhält man schon nach Zusatz von 0,1 — 0,2 Cc diese Endreaktion, so kann man die Titrirang als beendet betrachten. Ist da- gegen eine grössere Menge erforderlich , so muss man mit dem Zusätze der Quecksilberlösung fortfahren, bis die Endreaktion mit einer Lösung von ein- fachem Karbonat erhalten wird, und dann eine neue Titrirung mit Zasatz in einem Strahle von der zuletzt verbrauchten gesammten ]\Ienge Quecksilberlösung wie auch der entsprechenden Menge Normalsodalösung machen. Ist man auf diese Weise so weit gekommen, dass zur Erhaltung der Endreaktion nur noch ^/lo Cc er- forderlich ist, so kann man die Titrirung als fertig betrachten. Misst man zu jeder Titrirung eine Menge Harubarjtfiltrat ab, welche 10 Cc Harn entspricht, so wird die Berechnung (da 1 Cc Quecksilberlösung 10 Mgm Harnstoff entspricht) sehr einfach. Da indessen die Quecksilber- lösung auf eine 2-prozentige Harn Stoff lösung gestellt ist, das Harnbaiythltrat dagegen in der Regel ärmer an Harnstoff ist (wenn man von Ajifang an einen konzentrirten Harn mit Wasser verdünnt, so kann man den Fehler, welcher aus einem grösseren Harn stoffgeh alt als 2*^/o in dem Filtrate erwächst, leicht venneiden), so entsteht hierdurch ein Fehler, den man jedoch nach PflCger in folgender Weise korrigiren kann. Man addirt zu dem für die Titrirung ab- gemessenen Volumen Harnfiltrat (Harnbarytfiltrat nach Neutralisation mit Sal- petersäure, Fällung mit Silbernitrat und Filtration) die verbrauchte Menge Nor- raalsodalösung und zieht von dieser Summe da-s Volumen der verbrauchten Quecksilberlösung ab. Den Rest raultiplizirt man mit (J,08 und zieht das Produkt von den verbrauchten Cc Quecksilberlösuug ab. Wenn man z. B. in einem Falle von dem Filtrate (Harnbarytfiltrat + Salpetersäure + Silber- nitratlösung) 25,8 Cc abgemessen und bei der Titration 13,8 Co Soda- lösung und 20,5 Cc Quecksilberlösung verbraucht hatte, so erhält man also: Quantitative Harnstoflfbestimmimg. 289 Die Kjel- dahl'sche Methode. 20,5 - {(39,6—20,5) X 0,08} = 20,5 — 1,53 = 18,97, und die korrigirte Menge der Quecksilberlösung ist also= 18,97 Cc. Entsprachen in diesem Falle wie gewöhnlich die abgemessenen Cc des Harnbarytfiltrates (in diesem Falle 25,8 Cc) 10 Cc des ursprünglichen Harnes, so war die Harnstoffmenge: 18,97 X 0,010 = 0,1897 g = 18,97 p. ra. Harnstoff. Von der Quecksilberlösung werden nicht nur der Harnstoff, sondern auch andere stickstoffhaltige Harnbestandtheile gefällt. Durch die Titrirung findet mau also eigentlich nicht die Menge des Harnstoffes, sondern vielmehr, wie Pflüger gezeigt hat, die Gesammtmenge des Harnstickstoffes, in Harnstoff ausgedrückt. Da der Harnstoff 46,67 »/o iV enthält , kann man also aus der gefundenen Harnstoffmenge die Gesammtmenge des Harnstickstoffes berechnen. Die nach der LiEBiG-PFLÜGER'schen Titrirmethode gefundenen Zahlen für den Gesammtstickstoff stimmen, wie Pflüger gezeigt hat, gut mit denjenigen Zahlen überein, welche man nach der für Harnstoff bestimmungen zuerst (1861) von ALMiiX angewendeten, von Pflüger und Boiilaxd etwas abgeänderten, Kjeldahl'- schen Methode erhält. Diese Methode besteht darin, dass man den Harn einige Stunden mit überschüssiger konzentrirter oder rauchender Schwefelsäure (5 Cc Harn und 40 Cc Schwefelsäure) erhitzt, bis aller Stickstoff in Ammoniak über- geführt worden ist, darauf nach Zusatz von überschüssiger Natronlauge das Am- N . • moniak in eine titrirte — Schwefelsäure überdestillirt und durch Resttitrirung 10 die Menge des gebildeten, überdestillirten Ammoniaks bestimmt. Harn Stoffbestimmung nachBuNSEN. Das Prinzip dieser Methode besteht darin, dass man den Harn oder die Harnstoff lösung in einem zu- geschmolzenen Rohre bei höherer Temperatur mit einer alkalischen Chlorbaryum- gj^^ngt^ff. lösung erhitzt. Der Harnstoff spaltet sich dabei in Kohlensäure und Ammoniak, bestimmunsj welche je für sich gesondert bestimmt werden können. Diese Methode ist von Bansen. Pflüger und seinen Schülern, Bohlaxd und Bleibtreu, sehr genau geprüft und wesentlich verbessert worden. Es hat dabei sich herausgestellt, dass die Methode sehr genaue Resultate geben kann, wenn man erst die übrigen, stick- stoffhaltigen Harnbestandtheile mit einem Gemenge von Salzsäure und Phos- phorwolframsäure fällt, dann mit Kalkmilch das Filtrat schwach alkalisch macht und zuletzt im zugeschmolzenen Rohre mit alkalischer Chlorbaryum- lösuno; erhitzt. jNIan kann nmi theils die Kohlensäure und theils das Ammoniak N (durch Destillation mit Magnesia, Auffangen des Ammoniaks in —-Säure und Resttitrirung) bestimmen. Im letzteren Falle muss man jedoch eine Korrektion für das (nach Schlösixg's ]N[ethode) in einer besonderen Haruportion bestimmte, präformirte Ammoniak machen. Pflüger und Bi-eibtreu haben diese Methode in folgender Weise wesentlich verändert. Sie fällen die übrigen stickstoff- haltigen Harnbestandtheile mit Salzsäure und Phosphorwolframsäure aus, machen das Filtrat mit Kalkmilch schwach alkalisch, bestimmen in einem Theile des neuen Filtrates das präformirte Ammoniak nach Schlösixg (unter Beobachtung gewisser Cautelen), führen dann einen anderen Theil desselben Filtrates (etwa 15 Cc) in einen grossen Kolben über, welcher etwa 10 g krystallisirte Phos- phorsäure enthält, und erhitzen bei 230— 260<'C. etwa drei Stunden. Dabei wird aller Harnstoff zersetzt und das abgespaltene Ammoniak von der Phosphor- säure gebunden. Nach dem Erkalten setzen sie Natronlauge in Ueberschuss zu, destilliren das Ammoniak in eine titrirte Säure über, welche dann zurück- titrirt wird. Nach Abzug des präformirten Ammoniaks erhält man auf diese 10 Hammarsteu, Physiologische Chemie. Verfahren von Pflüger and Bleibtreu. 290 Vierzehntes Kapitel. Methode vi)n Ivnop- Hüfner. Esbachs Ureometer. Kreatinin. Menge des Kreatinins im Harne. Eigen- schaften. Weise sebr genaue Zahlen für das aus dem Harnstoff (und vielleicht aus einem in dem Harne vorkommenden, unbekannten Ure'id) entstandene Ammoniak. Die Kxop-HüFNEPv'sche Methode gründet sich darauf, dass der Harnstoff durch Einwirkung von Bromlauge (Natriumhypobromit) in Wasser, Kohlensäure (welche von der Lauge absorbirt wird) und Stickstoff, dessen Volumen ge- messen wird, sich spaltet (vergl. oben S. 284). Diese Methode ist weniger genau als die vorige, durch welche sie auch bei wissenschaftlichen Arbeiten entbehrlich geworden ist. Wegen der Leichtigkeit und Geschwindigkeit, mit welcher sie sich ausführen lässt, ist sie dagegen für den Arzt und über- haupt für praktische Zwecke, wenn es nicht auf sehr genaue Resultate an- kommt, von nicht zu unterschätzendem Werth. Für praktische Zwecke ist auch eine Menge von verschiedenen Apparaten, welche die Anwendung dieser Methode erleichtern, konstruirt worden. Unter diesen Apparaten verdient besonders das Ureometer von Esbach beachtet zu werden. Bezüglich der Handhabung dieses Apparates wie auch bezüglich der zur Ausführung einer Harnstoffbestimmung erforderlichen Reagentien kann auf die Gebrauchsanweisung, welche dem von Brewer Freres Paris, zu beziehenden Apparate beigelegt ist, hingewiesen werden. Für reine Harnstofflösungen kann die EsBACH'sche Methode ganz exakte Resultate geben. Bei Harnstoffbestimmungen im Harne erhält man nach dieser Methode stets etwas zu niedrige Zahlen, als Mittel erhält man jedoch im Allgemeinen nur um etwa 0,1 *^/o niedrigere Zahlen als nach der LiEBiG'schen Titrirmethode. y "V"CT CO Kreatinin, C^H^NgO oder NH:Cn^ • , wird allgemein als das Anhydrid des in den ^Muskeln vorkommenden Kreatins (vergl. S. 215) aufge- fasst. Es kommt in dem Harne des ^Menschen und einiger Säugethiere vor. Auch in Rinderblut (Voit), Milch, obgleich in äusserst kleiner 3Ienge (Weyl), und in dem Fleische einiger Fische hat man es gefunden. Die Menge des Kreatinins im Menschenharne beträgt für einen erwachsenen Mann bei normaler Harnmenge in 24 Stunden 0,6 — 1,3 g (Neubauer) oder im Mittel 1 g. Die Menge ist von der Nahrung abhängig imd beim Hungern nimmt sie ab. Säuglinge sollen im Allgemeinen kein Kreatinin absondern, und erst wenn die ^Nlilch durch andere Nahrung ersetzt worden ist, soll es im Harne auftreten. Die Menge des Kreatinins im Harne hält im Allgemeinen der Menge des Harnstoffes gleichen Schritt; doch soll sie von Fleisch (wegen des Gehaltes des Fleisches an Ki'eatin) mehr als von Eiweiss vermehrt werden. Nach ^luskelarbeit soll nach Grocco, im Widerspruch mit den Angaben von HoFMANX u. A., die Kreatininausscheidung vermehrt sein. Das Verhalten des Kreatinins in Krankheiten ist wenig bekannt. Bei gesteigertem Stoffwechsel soll die ]\Ienge jedoch angeblich vermehrt und bei herabgesetztem Stoffwechsel, wie bei Anämie und Kachexie, vermindert sein. Das Kreatinin krystallisirt in farblosen, stark glänzenden, monoklinischen Prismen, welche zum Unterschied von den Kreatinkrystallen bei 100 '^ C. nicht durch Wasserverlust weiss werden. Es löst sich in 1 1,5 Theilen kaltem Wasser, leichter in warmem. Von kaltem, absolutem Alkohol erfordert es zur Lösung etwa 100 Theile, in warmem Alkohol ist es leichter löslich. In Aether ist es Kreatinin. 291 fast ganz unlöslich. In alkalischer Lösung wird das Kreatinin, besonders leicht in der Wärme, in Kreatin übergeführt. Mit ChlorwasserstofFsäure giebt das Kreatinin eine leic^htlösliche, krystalll- sireude Verbindung. Mit Mineralsäure angesäuerte Krcatininlösungen geben mit Phosphorwolfram- oder Phosphormolybdänsäurc krystallinische Niederschläge, welche selbst bei starker Verdünnung (1 : lüOOO) auftreten (Kerxer). Von Merkurinitratlösung wird das Kreatinin wie der Harnstoff gefällt. Unter den Verbindungen des Kreatinins ist diejenige mit Chlorzink, (\a.a Krenlininchlorz-inh, '^i^f^^"",'^' (C^H^NaOJaZnCla, von besonderer Bedeutung. Diese Verbindung erhält man, wenn man eine genügend konzentrirte Lösung von Kreatinin in Alkohol mit einer konzentrirten, möglichst schwach sauren Lösung von Chlorzink versetzt. Freie Mineralsäure, welche die Verbindung löst, darf nicht zugegen sein; ist dies der Fall, so setzt man Natriuraacetat zu. In unreinem Zustande, wie es ge- wöhnlieh aus dem Plarne erhalten wird, stellt das Kreatininchlorzink ein sandiges, gelbliches Pulver dar, welches unter dem Mikroskope gesehen aus feinen Nadeln bestellt, welche, konzentrisch gruppirt, meistens vollständige Rosetten oder gelbe Kügelchen bilden oder auch zu Büscheln oder mit den kurzen Stielen an ein- ander gelagerten Pinseln gruppirt sind. Bei langsam stattfindender Krystallisation und bei grösserer Reinheit können mehr deutlich prismatische Krystalle erhalten werden. Die Verbindung ist schwerlöslich in Wasser. Das Kreatinin wirkt reduzirend. Quecksilberoxyd wird zu metallischem Quecksilber reduzirt, und es entstehen dabei Oxalsäure und Methylguanidin (Methyluramin). Das Kreatinin reduzirt auch Kupferoxyd hyd rat in alkalischer Lösung zu einer farblosen löslichen Verbindung, und erst bei anhaltendem Kochen mit überschüssigem Kupfersalz soll freies Oxydul entstehen. Das Krea- tinin stört also die TROMMER'sche Zuckerprobe, theils weil es reduzirend wirkt ^v^J.^^^J^^J'j^'gg und theils weil es das Kupferoxydul in Lösung halten kann. Die Verbindung Kreatinins, mit Kupferoxydul ist in gesättigter Sodalösung nicht löslich, und wenn man in einer kalt gesättigten Sodalösung ein w^enig Kreatinin löst und darauf einige Tropfen FEHLiNG'scher Lösung zusetzt, scheidet sich deshalb auch nach dem Erwärmen auf 50 — 60 C. beim Erkalten die weisse Verbindung flockig aus (Reaktion v. Maschke). Eine alkalische Wismuthlösung (vergl. die Zucker- proben weiter unten) wird dagegen von dem Kreatinin nicht reduzirt. Setzt man einer verdünnten Kreatininlösung (oder auch dem Harne) einige Tropfen einer frisch bereiteten, stark verdünnten Nitroprussidnatriumlösung (sj). Gewicht 1,003) und dann einige Tropfen Natronlauge zu, so wird die Flüssigkeit rubinroth aber binnen kurzem wieder gelb (Reaktion von Weyl). Verwendet man zu der Reaktion statt der Natronlauge Ammoniak, so kommt die rothe Farbe nicht zum Vorschein (Unterschied von Aceton und Aethyl- p^^^^^^,.^^^. diacetsäure Le Nobel). Versetzt man die gelb gewordene Lösung mit über- ^i^^^^^^^f,,*^ schüssiger Essigsäure und erhitzt, so färbt sie sich erst grünlich und dann blau (Salkowski). Zuletzt entsteht ein Niederschlag von Berlinerblau. Versetzt man eine Lösung von Kreatinin in Wasser (oder auch Harn) mit etwas wässe- 19* 292 Vierzehntes Kapitel. riger Pikrinsäurelösung und einigen Tropfen verdünnter Natronlauge, so tritt sogleich schon bei Zimmertemperatur eine, mehrere Stunden anhaltende rothe Färbung auf, welche durch Säurezusatz in Gelb übergeht (Reaktion von Jaff£). Aceton gibt eine mehr rothgelbe Farbe. Traubenzucker giebt mit dem Reagense erst in der Wanne eine rothe Färbung. Zur Darstellung des Kreatinins aus dem Harne stellt man erst Kreatinin- chlorzink nach der Methode von Neubauer dar, welche Methode auch zur quantitativen Bestimmung benutzt wird. Behufs einer solchen Bestimmung misst man von dem eiweissfreien (bezw. durch Sieden mit Säurezusatz von Eiweiss befreiten) und zuckerfreien (bezw. mit Hefe vergährten) Harne 200 — 300 Cc ab, Avelche mit Kalkmilch zu alkalischer Reaktion und mit CaClg-lösung bis alle Phosphorsäure ausgefällt worden ist, versetzt werden. Man filtrirt, wäscht den Niederschlag mit Wasser, vereinigt Filtrat und Waschwasser und verdunstet diese Flüssigkeit nach schwachem Ansäuern mit Essigsäure zum Syrup. Dieser letztere wird noch warm mit 50 Cc 95 — 97prozentigem Alkohol gemischt. Das Geraenge führt man in ein Becherglas über, in welches auch das in der Abdampfschale zurückgebliebene sorgfältig und vollständig übergeführt wird. Das Becherglas lässt man dann mit einer Glasplatte bedeckt mindestens acht Stunden kalt stehen. Dann filtrirt Bestimmung "^^"^ durch ein kleines Filterchen, wäscht den Niederschlag mit Alkohol aus, des verdunstet das Filtrat wenn nöthig, bis das Volumen wieder 50 ä 60 Cc be- reainms. ^^-^^^^ j^g^j. gj-jj^aiten, setzt ^/a Cc einer säurefreien Chlorzinklösung von dem sp. Gew. 1,20 zu, rührt um und lässt das Becherglas mit einer Glasplatte be- deckt zwei bis drei Tage an einem kühlen Orte stehen. Den Niederschlag sammelt man auf einem kleinen, trockenen, vorher gewogenen Filtrum, wobei das Filtrat zum Nachspülen der Krystalle benutzt wird. Nach vollständigem Abtropfen aller Flüssigkeit wäscht man mit ein wenig Alkohol, bis das Filtrat keine Chlorreaktion mehr giebt, und trocknet bei 100° C. 100 Theile Kreatinincblor- zink enthalten 62,42 Theile Kreatinin. Da der Niederschlag nie ganz rein ist, muss man bei genauem Arbeiten den Gehalt an Zink durch Verdunsten mit Salpetersäure, Glühen, Extraktion des Zinkoxydes mit Wasser (um etwa an- wesendes NaCl zu entfernen), Trocknen, Glühen und Wägen genau bestimmen, 22,4 Theile Zinkoxyd entsprechen 100 Theilen Kreatininchlorzink. Auf dieselbe Weise verfährt man in der Hauptsache bei Darstellung des Kreatininchlorzinks im Grossen aus dem Harne. Aus dem Kreatininchlorzink Darsteiinng kann man das Kreatinin erhalten durch Sieden mit Bleioxydhydrat, Filtriren, Ent- des Kreati- färbung des Filtrates mit Thierkohle, Eintrocknen, Extraktion des Rückstandes Harne. mit starkem Alkohol (welcher das Kreatin ungelöst lässt), Verdunsten zur Krystallisation und Umkrystallisireu aus Wasser. Xanthokreatinin. Dieser, schon in einem vorigen Kapitel (über die Muskeln) be- Xanlho- sprochene StofF hat Moxari im Hundeharne nach Injelition von Kreatinin in die Leibeshöhle kreatinin. ^j^j j^^ Menschenharne nach mehrere Stunden anhaltenden, anstrengenden Märschen gefunden. Die Richtigkeit der Beobachtung wird jedoch zon Stadthagen in Abrede gestellt. Harnsäure , Ur, CgH^N^Og. Die Strukturformel dieser Säure ist /NHCNH^^^ nach Medicus CO' C.NH/ und die Harnsäure kann infolge ihrer \nh.co Konstitution als Abkömmling der Akrylsäure, als Akry Isäurediurei" d, be- trachtet werden. Ilarusäurc. 293 Die Harnsäure ist von Horbaczewski auf nielirfache Weise synthetisch dargestellt worden. Beim Zusammenschmelzen von Harnstoff und Glycocoll wird Harnsäure nach der Gleichung: SCON^.H^ -|- CgH^NO^ = CjPI^N^O^ + 2H2O -|- 3NH3 gebildet, und bei dieser Reaktion sollen Hydantoin und Biuret als intermediäre Produkte entstehen. Beim Schmelzen von Methyl- hydantoi'n mit Harnstofi' und von Methylhydantoin mit Biuret oder Allophan- säureamylester erhielt Horbaczewski Methylharnsäure. Endlich erhielt er auch Harnsäure durch Erhitzen von Trichlormilchsäure oder noch besser Trichlor- milchsäureamid mit überschüssigem Harnstoff. Sieht mau von den reichlichen Nebenprodukten (Cyanursäure,. Kohlensäure etc.) ab, so lässt sich dieser Prozess durch die Gleichung: CgClgH^OaN -f- 2CON2H4 = CgH^N^Og + HgO -f NH^Cl + 2HC1 darstellen. Bei starkem Erhitzen zersetzt sich die Harnsäure unter Bildung von Harnstoff, Cyanwasserstoff, Cyanursäure und Ammoniak. Beim Erhitzen mit konzentrirter Salzsäure im zugeschmolzenen Rohre auf 170^ C spaltet sie sich in Glycocoll, Kohlensäure und Ammoniak. Bei Ein- wirkung oxydirender Agentieu findet eine Spaltung und Oxydation statt, und es entstehen dabei entweder Mono- oder Dlureide. Bei der Oxydation mit Bleihyperoxyd entstehen Kohlensäure, Oxalsäure, Harnstoff und Al- lan toin, welch' letzteres Glyoxyldiureid ist (vergl. unten). Bei der Oxydation mit Salpetersäure entstehen zunächst in der Kälte Harnstoff und ein Mo- noureid, der Mesoxalylharnstoff oder das Alloxan: CgH^^N^Og -|- O -j-HgO = C^H2N204 -|- (NH2)2CO. Beim Erwärmem mit Salpetersäure liefert das Alloxan Kohlensäure und OxalylharnstofF oder Parabansäure, CgHgNgOg. Durch Aufnahme von Wasser geht die Parabansäure in die in dem Harne spurenweise vorkommende Oxalursäure, C.Hj^NgO^, über, welche ihrerseits leicht in Oxalsäure und Harnstoff sich spaltet. Die Harnsäure kommt am reichlichsten in dem Harne der Vögel und der beschuj^pten Amphibien vor, bei welchen Thieren die Hauptmasse des Stick- stoffes in dieser Form im Harne erscheint. Im Harne der fleischfressenden Säugethiere kommt die Harnsäure häufig vor, fehlt aber bisweilen vollständig; im Harne der Pflanzenfresser kommt sie regelmässig, obwohl nur spurenweise, in dem Harne des Menschen dagegen in zwar grösserer, aber jedenfalls nur geringer und schwankender Menge vor. Die Harnsäure ist auch spurenweise in mehreren Orgauen oder Geweben, wie Milz, Lungen, Herz, Pankreas, Leber (besonders bei Vögeln) und Gehii-n gefunden worden. Im Vogelblute soll sie regelmässig vorkommen (Meissner). Im Menschenblute ist sie unter normalen Verhältnissen spuren weise (Abeles), besonders aber bei der Gicht (Garrod), gefunden worden. Harnsäm-e kommt übrigens in reichlicher Menge in Gicht- knoten, gewissen Harnkonkrementen und im Guano vor. Im Harne der Insekten und einiger Schnecken ist sie auch nachgewiesen worden. Die Menge der mit dem Harne ausgeschiedenen Harnsäure schwankt beim Menschen bedeutend, beträgt aber bei gemischter Kost im Mittel 0,7 g llariisUiiro- sjnthoscn. Zersetzungs- und Oxy- dations- produkte. Vorkommen der Harn- säure. 294 Vierzehntes Kapitel. Grösse der Hiirnsäuro- ausscheid- Harnsäure- ausscheid- Ting bei Krank- heiten. Entstehung der Harn- säure im Organismus. pro 24 Stunden. Bei vegetabilischer Nahrung ist die Menge kleiner; bei reich- licher Fleischnahruug kann sie dagegen bis auf 2 g und darüber ansteigen. Das Verhältniss der Harnsäure zum Harnstoff ist bei gemischter Kost im Mittel gleich 1 : 50 bis 1 : 70. Bei Neugeborenen und in den ersten Lebens- tagen ist die Harnsäureausscheidung nach Makes vermehrt, und die Relation zwischen Harnsäure und Harnstoff etwa wie 1: 13 — 14. Nach Einnahme von Glycerin wird die Harnsäureausscheidung vermehrt (Horbaczewski und Kanera), wogegen sie durch Einnahme von akrylsaurem Natron nicht ver- mehrt wird (Horbaczewski), Die in den Organismus eines Hundes eingeführte Harnsäure wird zum grossen Theil in Harnstoff umgewandelt, und da bei der Einwirkung oxydiren- der Agentien auf die Harnsäure ausserhalb des Organismus auch Harnstoff entsteht, hat man oft die Harnsäure als eine Vorstufe des Harnstoffes im Or- ganismus betrachten wollen. Eine solche Ansicht ist jedoch nicht genügend begründet, und die Annahme, dass bei mangelhafter Sauerstoffzufuhr und herab- gesetzter Oxydation eine vermehrte Harnsäurebildimg stattfinden würde, ist nicht hinreichend bestätigt worden. Mit Rücksicht auf die pathologischen Ver- hältnisse kennt man eigentlich auch nur zwei Zustände, in welchen die Aus- scheidung der Harnsäure vermehrt ist, nämlich das Fieber und die Leukämie. Im Fieber ist die Harnsäureausscheidung in Folge des gesteigerten Zerfalles von Organeiweiss vermehrt. In der Leukämie ist die Ausscheidung sowohl absolut wie im Verhältniss zu der des Harnstoffes gesteigert (Ranke, Salkowski, Fleischer und Penzoldt, Stadthagen u, A.), und das Verhältniss von Harn- säure zu Harnstoff kann dabei 1 : 16 — 1 : 12 sein. Vermindert soll die Harn- säureausscheidung dagegen bei der Gicht kurz vor und während des Anfalles sein, wobei die Harnsäui-e im Körper zurückgehalten wird. Eine Verminderung der Harnsäureausscheidung ist ferner bei darniederliegendera Stoffwechsel wie auch nach dem Gebrauche von Chinin und Coffein und einigen anderen Arzneimitteln beobachtet worden. Die Entstehung der Harnsäure im Organismus. Durch die Zufuhr von Ammoniaksalzen wird die Harnsäurebildung bei Vögeln vermehrt (v. Schröder). In derselben Weise wirkt bei ihnen auch der Harnstoff (Meyer und Jatfe), während umgekehrt im Säugethierorganismus die eingeführte Harnsäure mehr oder weniger vollständig in Harnstoff umgesetzt wird. Nach Exstirpation der Leber bei Gänsen beobachtete Minkowski eine sehr bedeutende Abnahme der Harnsäureausscheidung , während die Ausscheidung des Ammoniaks , in ent- sprechendem Grade vermehrt war. Es spricht dieses für eine Betheiligung des Ammoniaks an der Harnsäurebildung bei Vögeln; und da Minkowski ferner nach der Leberexstirpation auch reichliche Mengen Milchsäure im Harne der Thiere fand, wird es wahrscheinlich, dass bei den Vögeln die Harnsäure in der Leber, vielleicht durch eine Synthese aus Milchsäure und Ammoniak, ent- steht. Amidosäuren — Levicin, Glycocoll und Asparaginsäure — vermehren ebenfalls die Harnsäureausscheidung bei Vögeln (v. Knieriem), ob aber die Harnsäure. 295 Aniidosäuren dabei zuerst unter Abspaltung von Ammoniak zerfallen, ist noch unbekannt. Dass ein kleiner Theil der Harnsäure bei Vögeln von dem Hypo- xanthin abstammen kann, hat v. Mach gezeigt, und ein ähnlicher Ursprung der Harnsäure ist auch bei Säugethieren sehr wahrscheinlich (Minkowski), Nach der Exstirpatiou der Nieron bei Schlangen und Vögeln (v. SrnR()DER) hat man eine Anluiui'ung von Harnsäure in Blut und Geweben beobachtet. Dass die Niere bei diesen Thieren jedenfalls nicht das ausschliessliche Organ der Harnsäurebildung sein kann, ist hiermit bewiesen, und irgend welche direkten Beweise für eine Harnsäurebildung in den Nieren hat mau zur Zeit noch nicht erbracht. Eine direkte Beziehung der INIilz zu der Harnsäurebildung, auch beim Menschen, haben dagegen mehrere Forscher wahrscheinlich zu machen versucht (Ranke, Kühne), und als Stütze einer solchen Ansicht hat man theils die vermehrte Harusäureausscheidung bei Krankheiten mit Milzvergrösserung und theils die Abnahme der Harnsäuremenge im Harne, wenn das Volumen der Milz durch grosse Gaben Chinin A'ermindert ward, angeführt. Noch wahr- scheinlicher ist die Bildung der Harnsäure in der Milzpulpe durch die Unter- suchungen von HoRBACZEWSKi geworden. Er fand nämlich, wenn er Milzpulpe und Blut von Kälbern bei Körpertemperatur bei gleichzeitigem Durchleiten von einem Luftstrome aufeinander einwirken Hess, eine erhebliche Neubildune: von Organo der " Harnsäure- Harnsäure. Durch siedendes AVasser konnte er auch Auszüge aus der Milz- i^iidmur- pulpe bereiten, welche nach der Einwirkung von Blut Harnsäure lieferten, und es muss hier vor Allem an die Zersetzungsprodukte der Nucleine (die Xauthin- körper) gedacht werden. Nach Horbaczewski sollen Avahrscheinlich die lym- phatischen Elemente hier eine Rolle spielen, eine Annahme, welche mit der vermehrten Harnsäureausscheidung bei der lienaleu Leukämie, wie auch mit dem zwischen der Verdauungsleukocytose und der sofort nach der Nahrungs- aufnahme sich einstellenden Vermehrung der Harnsäureausscheidung bestehen- den Parallelismus in bestem Einklänge steht. Für die Annahme einer Harn- säurebildung in der Leber des jNIenschen und der Säugethiere liegen noch keine stichhaltigen Gründe vor, wogegen eine Harnsäurebildung in der Leber bei Vögeln durch die Untersuchungen Minkow^skis ini höchsten Grade wahrschein- lich geworden ist. Eigenschaften und Reaktionen der Harnsäure. Die reine Harnsäure ist ein weisses, geruch- und geschmackloses, aus sehr kleinen rhombischen Prismen oder Täfelchen bestehendes Pulver. Die unreine Säure erhält man leicht in etwas grösseren, gefärbten Krystallen. Bei rascher Krystallisation entstehen kleine, nur mit dem Mikroskope sicht- bare, anscheinend ungefärbte, dünne, 4-seitige, rhombische Tafeln, welche durch Abrundung der stumpfen Winkeln oft spulförmig erscheinen. Bisweilen sind die Täfelchen 6-seitig, unregelmässig ausgezogen; in anderen Fällen sind sie rektan- gulär, mit theils geraden theils gezackten Seiten und in anderen Fällen wiederum zeigen sie noch mehr unregelmässige Formen, sog. Dumbbells etc. Bei langsam stattfindender Krystallisation, wie z. B. wenn der Harn ein Sediment absetzt oder 296 Vierzehntes Kapitel. Harnsäwe- iviystalle aus. Löslichkeit. Salze. mit einer Säure versetzt worden ist, scheiden sich grössere, stets gefärbte Mit dem MikroskoiDe betrachtet, erscheinen diese Krystalle stets gelb oder gelbbraun gefärbt. Die gewöhnlichste Form ist die Wetzsteinform, entstanden durch Abrundung der stumpfen Winkel der rhombischen Tafel. Die Wetzsteine sind vielfach, zu zweien oder mehreren sich kreuzend, mit ein- ander verwachsen. Ausserdem kommen auch Rosetten von prismatischen Kry- stallen, unregelmässige Kreuze, braungefärbte, rauhe, in Nadeln oder Prismen zerfallende Krystallmassen nebst verschiedenen anderen Formen vor. Die Harnsäure ist unlöslich in Alkohol und Aether, ziemlich leichtlöslich in siedendem Glycerin, sehr schwerlöslich in kaltem (14 000—15 000 Theilen) und schwerlöslich in siedendem Wasser (in 1800 — 1900 Theilen). Von einer heissen Lösung von Natriumdiphosphat wird die Harnsäure gelöst, und bei Gegenwart von überschüssiger Harnsäure entstehen dabei Monophosphat und saures Urat. Das Natriumphosphat soll nach der gewöhnlichen Ansicht auch ein Lösungsmittel für die Harnsäure- im Harne sein. Von konzentrirter Schwefel- säure wird die Harnsäure ohne Zersetzung gelöst. Von Pikrinsäure wird die Harnsäure sehr vollständig aus dem Harne gefällt (Jaffe). Mit Basen bildet die Harnsäure zwei Reihen von Salzen, neutrale und saure Salze. Von den Alkaliuraten lösen sich die neutralen Kalium- und Lithiumsalze am leichtesten, das saure Ammonsalz am schwersten. Die sauren Alkaliui-ate sind sehr schw'erlöslich und scheiden sich aus konzentrirteren Harnen beim Erkalten als Sediment (Sedimentum lateritium) aus. Die Salze mit alka- lischen Erden sind sehr schwerlöslich. Wird ein wenig Harnsäure in Substanz in einer Porzellanschale mit ein paar Tropfen Salpetersäure versetzt, so löst sich die Harnsäure unter starker Gas- eutwickelung beim Erwärmen, und nach dem vollständigen Eintrocknen aut dem Wasserbade erhält man einen schön rothen Rückstand, welcher bei Zusatz von ein wenig Ammoniak eine (aus j)urpursaurem Ammon herrührende) schön purpurrothe Farbe annimmt. Setzt man statt des Ammoniaks ein wenig Natronlauge (nach dem Erkalten) zu, so Avird die Farbe mehr blau oder blau- violett. Diese Farbe verschwindet rasch beim Erwärmen (Unterschied von gewissen Xanthinstoffen). Die nun beschriebene Reaktion nennt man die Murexidprobe. Die Harnsäure reduzirt eine alkalische AVismuthlösung nicht, reduzirt da- gegen eine alkalische Kupferoxydhydratlösung. Bei Gegenwart von nur wenig Heduzirende Kupfersalz erhält man dabei einen aus harnsaurem Kupferoxydul bestehenden, weissen Niederschlag. Bei Gegenwart von mehr Kupfersalz scheidet sich rothes Oxydul aus. Bringt man auf Filtru-papier , welches man vorher mit Silbernitratlösung benetzt hat, einen Tropfen einer Lösung von Harnsäure in kohlensaurem Natron, so entsteht durch Reduktion des Silberoxydes ein braunschwarzer oder, bei Anwesenheit von nur 0,002 mg Harnsäure, ein gelber Fleck (Schiffs Reaktion). Murexid- probe. Eigen- schaften. Quantitative Bestimmung der Harnsäure. 297 Darstellung der Harnsäure aus dem Harne. Normalen, filtrirten Harn versetzt man mit Salzsäure, 20 — 30 Co Salzsäure von 25^Vo auf je 1 Liter Harn. Nach 48 Stunden s.'innnclt man die Krystalle und reinigt sie durcii Auflösung in verdünntem Alkali, Entfärbung mit Thierkohle und Ausfällung mit Salzsäure. Grössere Mengen Harnsäure erhält man leicht aus Schlangen- exkremeuten durch Kochen derselben mit verdünnter Kalilauge, bis kein Am- ^^^t Har"^ moniak mehr entweicht. In das Filtrat leitet man Kohlensäure, bis es kaum ^'^"'■''• noch alkalisch reagirt, löst das ausgeschiedene und gewaschene saure Kalium- urat in Kalilauge und fällt die Harnsäure durch Eingiessen des Filtrates in überschüssige Salzsäure. Quantitative Bestimmung der Harnsäure im Harne. Die ältere, von Heintz angegebene, von Sciiwanert etwas modifizirte Methode ist in den Haupt- zügen folgende. Von dem eiweissfreicn (bezw. von Eiweiss befreiten), filtrirten Harne (ein aus Uraten bestehendes Sediment wird vorher durch Erwärmen gelöst), welcher, wenn er zu verdünnt ist, durch Konzentration auf das spez. Gewicht 1,020 gebracht wird, misst man 200 Cc ab und setzt ihnen 10 — 20 Cc Salzsäure von dem sp. Gewicht 1,12 zu. Nachdem man das Gemenge 48 Stunden an einem kühlen Orte stehen gelassen hat, sammelt man die aus- gefällte Harnsäure auf einem kleinen, gewogenen Filtrum (von 5 — 6 cm Durch- messer), indem man die an der Glaswandung haftenden Krystalle mit Hilfe Methode von eines über das Ende des Glasstabes gestreiften Stückes Gummischlauch loslöst schwanort. und mit Hilfe des Filtrates auf das Filtrum bringt. Nachdem alle Flüssigkeit abgelaufen ist, füllt man das Filtrum mit Wasser, lässt vollständig ablaufen und wäscht in dieser AVeise, bis das Waschwasser keine Chlorreaktion mehr giebt. Dann trocknet man und wägt. Von der Hai'nsäure bleibt jedoch stets ein Theil in den Filtraten gelöst zurück. Man muss deshalb das Filtrat, ein- schliesslich des Waschwassers, messen und dem gefundenen Werthe für je 10 Cc Filtrat (und Waschwasser) 0,00048 g Harnsäure zuzählen. Mit dieser Kor- rektion soll die Methode angeblich dieselben Werthe wie die folgende, umständ- lichere Methode geben. Die Methode vouSalkowski und Ludwig besteht in den Haupt- zügen darin, dass man die Harnsäure mit Silbernitratlösung aus dem mit Magnesiamixtur versetzten Harne fällt und die aus der Silberfällung freigemachte ^g^aikowsir Harnsäure wägt. Bei Harnsäurebestimmungen nach dieser Methode arbeitet und Ludwig. man oft nach folgendem, von E. Ludwig herrührenden Verfahren, welches folgende Lösungen erfordert. 1 . Eine ammoniakalische Silber nitratlös ung, welche im Liter 26 g Silber- nitrat vmd eine, zur vollständigen Wiederauflösung des bei Ammoniakzusatz zuerst entstandenen Niederschlages erforderliche Menge Ammoniak enthält. 2. Magnesiamixtur. Man löst 100 g krystallisirtes Chlormagnesium in Wasser, setzt erst so viel Ammoniak hinzu, dass die Erforder- Flüssigkeit stark darnach riecht, und dann eine zur Auflösimg des Niederschlages erforderliche Lösungen. Menge Chlorammonium und füllt zuletzt zum Liter auf. 3. Eine Lösung von Schwefel- natrium. Man löst 10 g Aetznatron, welches frei von Salpetersäure und salpetriger Säure ist, in 1 Liter Wasser. Von dieser Lösung wird die Hälfte mit Schwefelwasserstoff voll- ständig gesättigt und dann mit der anderen Hälfte wieder vereinigt. Die Konzentration der drei Lösungen ist so gewählt, dass je 10 Cc der- selben für 100 Cc Harn vollständig ausreichen. Von dem filtrirten, eiweissfreien — bezw. durch Aufkochen nach Zusatz einiger Tropfen Essigsäure von Eiweiss befreiten — Harne giesst man in ein Becherglas, je nach der Konzentration des Harnes, 100 — 200 Cc. In einem anderen Gefässe mischt man dann 10 bezw. 20 Cc Silberlösung mit 10, bezw. 20 Cc Magnesiamixtur und setzt Ammoniak, wenn nöthig auch etwas Chlor- 298 Vierzehntes Kapitel. Methode ron Salkowski und Ludwig. Methode von Haycraft. üxaluisUure. Oxalsäure. animouiura, bis das Gemenge wieder klar geworden ist, zu. Diese Lösung mischt man nun unter Umrühren mit dem Harne und lässt das Gemenge eine halbe bis eine Stunde ruhig stehen. Dann sammelt nnm den Niederschlag auf einem Saugtiltrum, wäscht mit ammoniakhaltigem Wasser aus und bringt ihn dann mit Hilfe eines Glasstabes und der Spritzflasche, ohne das Filtrum zu beschädigen, in dasselbe Becherglas zurück. Nun erhitzt man 10, bezw. 20 Cc der Schwefel- alkalilösung, welche vorher mit ebensoviel Wasser verdünnt worden, zum Sieden, lässt diese Lösung durch das oben erwähnte Filtrum in das Becherglas, welches die Silberfällung enthält, einfliessen, wäscht mit heissem Wasser nach und er- wärmt, unter Umrühren des Inhaltes, das Becherglas eine Zeit lang in dem Wasserbade. Nach dem Erkalten filtrirt man in eine Porzellanschale, wäscht mit heissem Wasser nach, säuert das Filtrat mit etwas Salzsäure an, dampft auf etwa 15 Cc ein, setzt noch einige Tropfen Salzsäure zu und lässt 24 Stunden stehen. Die nach dieser Zeit auskrystallisirte, auf einem kleinen, gewogenen Filtrum gesammelte Harnsäure wäscht man mit Wasser, Alkohol, Aether und Schwefel- kohlenstoff' aus, trocknet bei 100 — 110 °C. und wägt. Für je 10 Cc des wäs- serigen Filtrates muss man der direkt gefundenen Harnsäuremenge 0,00048 g zuzählen. Statt des gewogenen Papierfilters kann man eines, von Ludwig konstruirten, mit Glasw^olle beschickten, in ausführlicheren Handbüchern be- schriebenen Glasrohres sich bedienen. Die Methode von Haycraft, 25 Cc Haru werden erst mit 1 g Bikarbonat versetzt, dann mit Ammoniak stark alkalisch gemacht und zuletzt mit ammoniakalischer Silberlösung gefällt. Den genau gewaschenen Nieder- schlag löst man in Salpetersäure von 20 — 30 ^/o vmd in dieser Lösung titrirt N man dann nach Volhard auf Silber mit einer Rhodanalkalilösung. Jedes _^ 100 *= Cc dieser Lösung entspricht 0,00168 g Ur. Diese INIethode ist von Czapek derart verändert worden, dass man nach Zusatz von einem bestimmten Volumen ammoniakalischer Silberlösung bekannter Stärke mit Schwefelalkali die in dem Harngemenge nach Fällung mit Silbersalz restirende Menge des Silbersalzes titrirt. Die Methode von Haycraft zeichnet sich durch die leichte und rasche Ausführung aus, weshalb sie auch für klinische Zwecke empfohlen worden ist. Für exakte Bestimmungen soll sie dagegen nicht ganz brauchbar sein, weil die Harnsäuresilberfällung keinen konstanten Gehalt an Silber hat (Salkowski). Da der Werth dieser Methode eine sehr verschiedene Beurtheilung erfahren hat, kann hier nicht ausführlicher auf sie eingegangen werden. Oxalursäure, CsIIiN-jO^ = (CONaHs) . CO . COOH. Diese Säure, deren Beziehung zu der Hai'nsilnre und dem Harnstoffe schon oben besprochen worden ist, kommt nur sjjurenweise als Ammoniumsalz im Harne vor. Dieses Salz wird von CaCl.^ und NHj nicht direkt, wohl aber nach dem Sieden, wobei es in Harnstofl" und Oxalat sich zerlegt, gefällt. Zur Darstellung der Oxalursäure aus dem Harne wird dieser letztere durch Thierkohle filtrirt. Das von der Thierkohle zurückgehaltene Oxalurat kann mit siedendem Alkohol aus- gezogen werden. Oxalsäure, C^H^O^ oder a^^„, kommt als physiologischer Bestand- theil im Harne in sehr geringer Menge, bis zu 0,020 g in 24 Stunden (Für- bringer), vor. Nach der gewöhnlichen Anschauung findet sie sich im Harne als Calciumoxalat, welches von dem sauren Phosphate des Harnes in Lösung gehalten werden soll. Oxalsaurer Kalk ist ein häufiger Bestandtheil von Harn- sedimenten und kommt auch in gewissen Harnsteinen vor. Oxalsäure. Allantoin. 299 Abstam- Die Abstammung der Oxalsilurc des Harnes ist nicht genügend bekannt. Die von aussen aufgcnonnnene Säure wird, wie es scheint, mit dem Harne wieder unverändert ausgeschieden; und da mehrere vegetabilisclie Nahrungs- oder Genussraittel, wie Kohlarten, Spinat, Spargel, Sauerampfer, A('pfel, Trauben u. s. w., Oxalsäure entlialten, kann die Oxalsäure im Harne wenigstens zum ' ' . Aüstam- Theil von der Nahrung direkt stammen. Ein anderer Theil wird jedoch gewiss {^^^"«j^J^r im Körper aus Eiweiss oder Fett" oder durch unvollkommene Verbrennung der dos Hamos. Kohlehydrate gebildet. Die Entstehung der Oxalsäure aus Eiweiss (oder Fett) geht daraus hervor, dass bei ausschliesslicher Nahrung von Fleisch und Fett, wie auch beim Hungern, Oxalsäure im Harne ausgeschieden wird. Man hat auch — aber ohne genügende Gründe — die Oxalsäure des Harnes als ein Oxydationsprodukt der Harnsäure betrachtet. Eine vermehrte Oxalsäureausscheidung kann bei der Zuckerharnruhr vor- kommen. Ob sie auch als selbständige Krankheit {Oxulurie, Oxalsäure- di ath es e) vorkommen kann, darüber gehen die Angaben etwas auseinander. Die Eigenschaften und Reaktionen der Oxalsäure und des Calciumoxalates sind aus den Lehrbüchern der Chemie genügend bekannt. Das Calciumoxalat als Bestandtheil der Harnsedimente soll später ausführlicher besprochen werdeji. Nachweis und quantitative Bestimmung der Oxalsäure im Harne. Die im Harne in Lösung sich vorfindende Oxalsäure weist man nach Neubauer in der Weise nach, dass man 500—600 Cc Harn mit CaCl^-lösung versetzt, mit Ammoniak alkalisch und darauf mit Essigsäure eben sauer macht. Nach 24 Stunden bringt man den Niederschlag auf ein kleines Filtrum, wäscht mit Nachweis u. Wasser nach, behandelt mit Salzsäure (wobei die Harnsäure auf dem Filtrum ^^fr OmI-" ungelöst zurückbleibt) und wäscht nochmals mit Wasser. Das Filtrat, ein- säure, schliesslich des Waschwassers, überschichtet man mit Ammoniak in einigem Ueberschusse und lässt 24 Stunden stehen. Es scheidet sich dann das Calcium- oxalat in Quadratoktaedern aus. Nach demselben Prinzipe bestimmt man die Oxalsäure quantitativ. Das Oxalat wird durch Glühen in Aetzkalk übergeführt und als solcher gewogen. AUantom oder Gly oxyldiureid, C^HgN^Og oder ^^/NH.CH.NH.CO.NHo , . ^ t^. , • v, u i C0( ,^^T ^^ , kommt im Harne von Kmdern, innerhalb der ersten \NH.CO acht Tage nach der Geburt, und in sehr kleiner Menge auch im Harne Er- wachsener (GussEEOW, Ziegler und Hermann) vor. In etwas reichlicherer Menge findet es sich in dem Harne Schwangerer (Gusserow). Das Allantoin ist auch in dem Harne saugender Kälber (Wöhler) und bisweilen auch im vorkommen Harne anderer Thiere (Meissner) gefunden worden. Es findet sich ferner im '^^^^otls?'^" Kindswasser und in der Allantoisflüssigkeit der Kühe (woher der Name). Das Allantoin entsteht, wie oben erwähnt, aus der Harnsäure bei der Oxydation derselben. Die vermehrte Allantoinausscheidung, welche Salkowski bei Hunden nach Einftihrung von Harnsäure beobachtet hat, macht auch eine Entstehung des Allantoins aus dieser Säure im Thierkörper nicht unwahrscheinlich. 300 Vierzehntes Kapitel. Eigen- schaften und Reaktionen. Darstellung des Allantoüis. Xanthin- körper. Paraxanthin und Hetero- xanthin. Darstellung derXiinthin- körper aus dem Harno. Das Allantoin ist eine in farblosen, oft zu sternförmigen Drusen ver- einigten Prismen krystallisirende, in kaltem Wasser schwer, in siedendem leicht und auch in heissem Alkohol, nicht aber in kaltem oder in Aether, lösliche Substanz. Es verbindet sich mit Säuren zu Salzen. Eine wässerige Allantoin- lösung giebt mit Silbernitrat allein keinen Niederschlag ; bei vorsichtigem Zusatz von Ammoniak entsteht dagegen ein in überschüssigem Ammoniak löslicher, weisser, flockiger Niederschlag, C^HgAgN^Og, welcher nach einiger Zeit aus sehr kleinen, durchsichtigen mikroskopischen Tröpfchen besteht. Der Gehalt des getrockneten Niederschlages an Silber ist 40,75*^/0. Eine wässerige Allan- toinlössung wird von Merkurinitrat gefällt. Das Allantoin stellt man am einfachsten aus Harnsäure durch Oxydation derselben mit Bleihyperoxyd dar. Zur Darstellung des Allantoins aus Kälber- harn konzentrirt man den letzteren im Wasserbade zum Syrup und lässt ihn mehrere Tage kalt stehen. Die durch Schlämmen von dem übrigen Nieder- schlage getrennten Krystalle löst man in siedendem Wasser unter Zusatz von etwas Thierkohle, filtrirt heiss, macht das Filtrat mit Salzsäure schwach sauer (wodurch das in Lösung gegangene Phosphat in Lösung erhalten wird) und lässt krystallisiren. Ln Menschenharne weist man das Allantoin nach einer zuerst von Meissner angegebenen Methode nach. Die Hauptzüge dieser Methode sind folgende. Man fällt den Harn mit Barytwasser, filtrirt, scheidet den Baryt mit Schwefelsäure aus, filtrirt, fällt das Allantoin mit HgClg bei alkalischer Reaktion, zerlegt den Niederschlag mit Schwefel wasserstoflT, konzentrirt stark, reinigt die ausgeschiedenen Krystalle durch Umkrystallisiren und stellt zuletzt die Silberverbindung dar. XaiithinstolTc. Die im Menschenharne regelmässig vorkommenden Xan- thinstoffe sind XantJiin, Hypoxanthin (Salomon), Guanin (Pouchet), Carnin (Pouchet) und die neuerdmgs entdeckten Stoße Paraxanthin (Thudichum, Salo- mon) und Heteroxanlhiu (Salomon). Die Menge dieser Stoffe im Harne ist äusserst gering. Vermehrt ist die Menge der Xanthinkörper im Harne besonders bei der Leukämie, bei welcher Krankheit auch Adenin im Harne gefunden worden ist (Stadthagen). Das Xanthin tritt auch als Bestandtheil einer selten vor- kommenden Art von Harnsteinen auf (Marcet). Als Bestandtheil von Harn- sedimenten ist es auch zuweilen beobachtet worden (Bence Jones). Das Paraxanthin, CjHyN^O.j (Dimethylxanthin), und das Hetei'oxanthin, CeHttN^Oa (Methylxanthiu) geben nicht die Xanthinreaktion mit Salpetersäure imd Alkali, geben aber die WEiDEL'sche Reaktion (vergl. S. 41). Von anderen Xanthinkörperu unterscheiden sie sich dadurch, dass sie mit Alkalien schwerlösliche, krystallisirende Verbindungen eingehen. Aus der Natriumverbindung scheidet sich bei der Neutralisation das Heteroxanthin amorph, das Paraxanthin dagegen krystallinisch aus. Das Paraxanthin giebt mit Salzsäure eine leichtlös- liche, das Heteroxanthin dagegen eine schwerlösliche, schön krystallisirende Verbindung. Zur Darstellung der Xanthinkörper aus dem Hame übersättigt man den letzteren mit Ammoniak und fällt das Filtrat mit Silbersalzlösung. Der Niederschlag wird dann mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Die siedend heiss abfiltrirte Flüssigkeit wird zur Trockne ver- dunstet und der eingetrocknete Piückstand mit Schwefelsäure von 3 "/o behandelt. Es werden dabei die Xanthinstoffe gelöst, während die Harnsäure imgelöst zurückbleibt. Das neue Filtrat übersättigt man mit Ammoniak und fällt mit Silbernitratlösung. Die verschiedenen Xanthin- körper können dann durch Behandlung des Silberniederschlages mit siedend heisser Salpeter- säure von 1,1 spez. Gew. (wie oben S. 43) von einander getrennt werden. Hippursäure. 301 Hippursäure oder Benzoylamidocssigsäure, CyHyNOy oder CßHj.CO.NH.CHg.COOH. Beim Sieden mit Mineralsäuren oder Alkalien wie auch bei der Fäulniss des Harnes zerfällt diese Säure in Benzoesäure und 'lippnr- sUiirosyii- Glycocoll. Umgekehrt wird sie aus diesen zwei Komponenten beim Erhitzen thcsen. im zugeschmolzenen Rohre unter Austritt von Wasser nach folgenden Schema gebildet: CüH^.COOH + NHg.C'Ha.COOH = CcH^.CO.NH.CHa.COOH + HgO. Die Säure kann auch synthetisch aus Benzamid und Mouochloressig- säure: C^jH^.CO.NHg + CHgCl.COOH = CeH5CO.NH.CH2.COOH + HCl, wie auch auf verschiedene andere AVeise dargestellt werden. Die Hippursäure kommt in grösster Menge in dem Harne der Pflanzen- fresser, aber nur in geringer Menge in demjenigen der Fleischfresser vor. Die Menge der mit dem Harne des Menschen ausgeschiedenen Hippursäure ist bei gemischter Kost gewöhnlich kleiner als 1 g pro 24 Stunden ; im Mittel ^^ , ° ° o X- Vorkommen beträgt sie 0,7 g. Nach reichlichem Genuss von Gemüse, namentlich von Obst, <'°'' Hippur- » ' ° ' ' säure. Pflaumen u. dgl., kann ihre Menge mehr als 2 g betragen. Ausser im Harne soll die Hippursäure angeblich auch im Seh weisse, in Blut, Nebennieren der Rinder und in den Ichthyosisschuppen gefunden sein. Ueber die Menge der Hippursäure im Harne in Krankheiten ist kaum etwas Sicheres bekannt. Die Entstehung der Hippursäure im Organismus. Die Benzoesäure, bezw. die substituirten Benzoesäuren setzen sich im Körper in Hippursäure, bezw. substituirte Hippursäuren um. Ebenso gehen solche Stofl!e in Hippursäure über, welche durch Oxydation (Toluol, Zimmtsäure, Hydrozimmtsäure) oder Reduktion (Chinasäure) in Benzoesäure verwandelt werden. Die Frage von dem Ursprünge der Hippur- 1 TT- Pill! 1-1 TT -iT-i 1 säure im der Hippursäure lällt daher auch m der Hauptsache mit der Frage von dem Thierkörper. Ursprünge der Benzoesäure zusammen; denn die Entstehung des zweiten Kom- ponenten, des Glycocolls, aus den Proteinsubstanzen im Thierkörper ist un- zweifelhaft. Die Hippursäure findet sich im Harne hungernder Menschen (Schultzen) und Hunde (Salkowski) wie auch im Hundeharri e bei ausschliesslicher Fleisch- kost (Meissner und Shepard, Salkowski u. A.). Dass die Benzoesäure in diesen Fällen von dem Eiweisse stammt, ist offenbar. Bei der Oxydation des Eiweisses ausserhalb des Körpers kann zwar Benzoesäure entstehen; die bei vorwiegender Fleischkost gebildete Benzoesäure scheint aber aus der Eiweiss- fäulniss im Darme hervorzugehen. Unter den Produkten der Eiweissfäulniss Entstehung ° bei der Ei- ausserhalb des Körpers hat nämlich Salkowski die Phenylpropionsäure, ^y^f^?- CgHg.CHg.CHa.COOH, gefunden, welche im Körper zu Benzoesäure oxydirt und, mit Glycocoll gepaart, als Hippursäure ausgeschieden wird. Die Phenyl- propionsäure scheint ihrerseits aus der bisher allerdings nur aus Pflanzeneiweiss dargestellten Araidophenylpropionsäure hervorzugehen, und die Vermuthung, dass die Phenylpropionsäure bei der Darmfäulniss aus dem Tyrosin entstehe, soll nach Baumann, Schotten und Baas nicht berechtigt sein. Die Bedeu- tung der Darmfäulniss für die Entstehung der Hippursäure geht übrigens daraus 302 Vierzehntes Kapitel. hervor, dass nach kräftiger Desinfektion des Darmes mit Kalomel bei Hunden die Hippursäure aus dem Harne verschwinden kann (Baumann). Das reichlichere Auftreten der Hippursäure im Harne der Pflanzenfresser lässt sich zum Theil daraus erklären, dass einerseits das Pflanzeneiweiss viel- leicht reichlichere Mengen Amidophenylpropionsäure liefert, und andererseits die Fäulnissprozesse besonders lebhaft im Darme der Pflanzenfresser verlaufen. Dass es jedoch nicht durch diese Umstände allein erklärt werden kann, dürfte a^;f 'anSere^i unzweifelhaft sein (Salkowski). Zum Theil dürfte wohl die reichlichere Hippur- Substanzen. gäuj.gausscheidung bei Pflanzenfressern auch von dem grösseren Gehalte der Nah- rung dieser Thiere an aromatischen Substanzen, welche im Organismus in Benzoe- säure übergehen, herrühren. Dass die Hippursäure im Harne des Menschen bei gemischter Kost und besonders nach dem Genüsse von Gemüse, Obst u. dgl. zum Theil einen ähnlichen Ursprung hat, ist wohl nicht zu bezweifeln. Als besonderes Organ der Hippursäuresynthese kann bei Hunden die Niere betrachtet werden (Schmiedeberg und Bunge). Bei anderen Thieren, Ort der Hip- ^^jg |jgj,^^ Kauincheu, scheint die Hippursäurebildung auch in anderen Organen, pursäure- ' ^ ^ ^ ^ Synthese. yr\Q jj^ Leber Und ]\[uskeln, von statten zu gehen. Die Hippursäuresynthese ist also nicht ausschliesslich, wenn auch vielleicht bei einer bestimmten Thierart überwiegend, an ein bestmimtes Organ gebunden. Eigenschaften und Reaktionen der Hippursäure. Die Säure krystallisirt in halbdurchsichtigen, milch weissen , langen, vierseitigen rhombischen Prismen oder Säulen oder, bei rascher Ausscheidung, in Nadeln. Sie löst sich in 600 Krystaiiform T^ieilen kaltem Wasser, bedeutend leichter in heissem. Von Alkohol wird sie ^®'*- leicht, von Aether schwerer gelöst. Von Essigäther wird sie leicht, etwa 12 Mal leichter als von Aethyläther gelöst. In Petroleumäther löst sie sich dagegen nicht. Beim Erhitzen schmilzt die Hippursäure erst zu einer öligen Flüssigkeit, die beim Erkalten krystallinisch erstarrt. Bei fortgesetztem Erhitzen zersetzt sie sich; die Masse wird roth, giebt ein Sublimat von Benzoesäure und entwickelt anfangs einen eigenthümlichen, angenehmen Heugeruch und später einen Geruch Ei-en- nach Blausäure. Durch dieses Verhalten wie auch durch die Krystaiiform und schatten und , ■, . •, . , t xt- •• i • i j- Reaktionen. die Unlöslichkeit in Petroleumäther unterscheidet sich die Hippursäure leicht von der Benzoesäure. Mit dieser Säure hat sie dagegen die Reaktion von Lücke gemeinsam ; d. h. nach Eindampfen mit starker Salpetersäure zur Trockne und Erhitzen des Rückstandes entwickelt sie einen intensiven, bittermandel- ähnlichen Geruch von Nitrobenzol. Die Hippursäure giebt mit Basen in den meisten Fällen krystallisirende Salze. Die Verbindungen mit Alkalien und alkalischen Erden sind in Wasser und Alkohol löslich. Die Silber-, Kupfer- und Bleisalze sind in Wasser schwer löslich; das Eisenoxydsalz ist unlöslich. Die Darstellung der Hippursäure geschieht am besten aus frischem Pferde- oder Kuhharn. Man kocht den Harn einige Minuten mit überschüssiger Kalkmilch. Aus der warm filtrirten, kdnzentrirten und dann abgekühlten Flüssigkeit fällt man die Hippursäure durch Zusatz von überschüssiger Salz- Aetherschwef elsäuren . 303 säure. Die stark gepressten Krystalle löst man in Kalkmilch unter Auf- kochen, verfährt dann wie oben und fällt die Hippursäure zum zweiten ]\[ale aus dem stark konzeutrirtcn Filtrate mit Salzsäure. Die Krystalle werden durch Umkrystallisiren und (wenn nöthig) Entfärben mit Thierkohle gereinigt. Die quantitative Bestimmung der Hippursäure im Harne kann in folgen- der Weise (BuNtiK und Sciimiedjcberci) geschehen. Man macht den Harn erst schwach alkalisch mit Soda, verdunstet ihn dann fast zur Trockne und laugt den Rückstand gründlich mit stärkstem Alkohol aus. Nach der Verdunstung des Alkohols löst man in Wasser, säuert mit Schwefelsäure au und extrahirt vollständig durch Schütteln (wenigstens 5 Mal) mit neuen Portionen Essigäther. Den abgehobenen Essigäther wäscht man darauf wiederholt mit Wasser, welches mittelst eines Scheidetrichters entfernt wird, verdunstet ihn dann bei massiger Temperatur und behandelt den eingetrockneten Rückstand wiederholt mit Petro- leumäther, welclier Benzoesäure, Oxysäuren, Fett und Phenole löst, während die Hippursäure ungelöst zurückbleibt. Diesen Rückstand löst man nun in wenig warmem Wasser und verdunstet bei 50 — 60^ C. zur Krystallisatiou. Die Krystalle werden auf einem kleinen gewogenen Filtrum gesammelt. Die abfiltrirte Mutterlauge schüttelt man wiederholt mit Essigäther aus. Dieser letztere wird dann abgehoben und verdunstet; den Rückstand bringt mau auf das obige, die ausgeschiedeuen Krystalle enthaltende Filtrum, trocknet und wägt. Phenacetursäure, CioHuNOa = CeHg.CH^.CO.XH.CIIo.COOH. Diese Säure, welche im Tliierkörper durcli eiue Paarung der bei der Eiweissfäuluiss entstellenden Phcayl- essigsäiire, C0H5 . CH., . COOH, mit Glvcocoll entstellt, ist von Salkowski aus Pferdeharn dargestellt worden, kommt aber wahrscheinlich auch im ilenschenharne vor. Benzoesäure. C;H60.2 oder CgHj.COOH, ist im Kaninchen- imd zuweilen auch in geringer ilenge im Hundeharne (Weyl und v. Akeep) beobachtet worden. Von Jaaesveld und Stokvis und von Kronecker wurde sie auch im Menscheuhame bei Nierenleiden ge- funden. Das Vorkommen von Benzoesäure im Harne scheint von einer fermentativen Zer- setzung der Hippursäure herzuleiten sein. Eine solche Zersetzung findet nämlich in einem alkalischen oder eiweisshaltigeu Harne sehr leicht statt (Van de Velde und Stokvis). Bei gewissen Thieren — Schwein und Hund — sollen die Organe (die Nieren) nach Schmiede- beeg imd Minkowski ein besonderes Enzym, das Histozym Schmiedeberg 's, enthalten, welches die Hipjiursäure unter Abscheidimg von Benzoesäure sjialten soll. Aethersch"wefelsäuren. Bei der Eiweissfäulniss im Darme entstehen Phenole, als deren Muttersubstanz das Tyrosin zu betrachten ist, und ferner auch Lidol und Skatol. Diese Stoffe, die zwei letztgenannten nachdem sie zu Indoxyl-, bezw. Skatoxyl oxydirt worden, gehen nach einer Paarung mit Schw'efel- säure als Aetherschwef elsäuren in den Harn über. Die wichtigsten dieser Aethersäuren sind Phenol- und Kresol&chwefelsäure — früher auch phenol- bildende Substanz genannt — Indoxyl- und Skala xyhchicefdsüure. Zu derselben Gruppe gehören auch die im Menschenharne nur- in sehr geringer Menge vor- kommende ßrenzkatechinscfiwefelsüure , die nach Vergiftung mit Phenol auf- tretende Hydrochinonschwefelsäure und wahrscheinlich auch andere im Harne physiologisch vorkommende, noch nicht isolirte Aethersäuren. Die Aether- schwef elsäuren des Harnes sind von Baumann entdeckt und besonders studirt worden. Die Menge dieser Säureu im Harne ist gering. Die Menge der ge- paarten Schwefelsäure beträgt pro 24 Stunden als Mittel 0,25 g, schwankt aber zwischen 0,094 und 0,620 g. Das Verhältniss der Menge der Sulfat- schwefelsäure A zu der Menge der gepaarten Schwefelsäure B ist bei Gesunden durchschnittlich wie 10 : 1, zeigt aber Schwankungen von 6 : 1 und 15 : 1. Darstellunpr dor Hippar- säuro. Aether- schwefel- säuren. 304 Vierzehntes Kapitel. Nach Einnalime von Phenol wie auch bei reichlicherer Fäulniss innerhalb des Organismus kann jedoch dieses Verhältniss durch vermehrte Ausscheidung der Aetherschwefelsäureu wesentlich verändert werden. Der Harn des Pferdes ist regelmässig bedeutend reicher an Aetherschwefelsäuren als der des Menschen. Phenol- und p • Kresolschwefelsäure , CgH^.O.SOg.OH und C7 H7. 0.SOg. OH. Diese Säuren finden sich als Alkalisalze im Harne des Menschen, in welchem auch Orthokresol nachgewiesen worden ist. Die Menge der Kresol- schwefelsäure ist bedeutend grösser als die der Phenolschwefelsäure. Bei quan- titativen Bestimmungen werden indessen die zwei aus den Aethersäuren frei Kresoi^ gemachten Phenole nicht gesondert, sondern gemeinschaftlich als Tribromphenol ^^äure^ ' bestimmt. Die Menge Phenole, welche aus den Aetherschwefel säuren des Harnes sich abscheiden lässt, beträgt nach Muxk pro 24 Stunden 17 — 51 mg. Nach Pflanzennahrung ist die Menge grösser als nach Fleischnahrung. Nach Einnahme von Karbolsäure, welche zum grossen Theil innerhalb des Organismus durch eine Synthese in Phenolätherschwefelsäure, daneben aber auch in Brenzkatechin- und Hydrochinonschwefelsäure wie auch, wenn die zur Bindung der Phenole verfügbare Schwefelsäure nicht ausreicht, in Phenolglykm-onsäure übergeht, wird die !^[enge des Phenols und der Aetherschwefelsäuren im Harne auf Kosten der Sulfatschwefelsäure bedeutend vermehrt. Eine vermehrte Ausscheidung der Phenolätherschwefelsäuren kommt bei lebhafterer Darmfäulniss bei Stauungen des Darminhaltes, wie bei Ileus, diffuser Peritonitis mit Atonie des Darmes oder tuberkulöser Enteritis, nicht aber bei einfacher Obstruktion, vor. Ebenso ist die Ausscheidung bei der Resorption scheXngTn von Fäuluissproduktcn aus eiterigen Geschwüren oder Abscessen anderswo im hehen." Körper vermehrt. Bei verschiedenen anderen Krankheitszuständen hat man auch in einzelnen Fällen hohe Werthe für die Phenolausscheidung gefunden. Die Alkalisalze der Phenol- und Kresolschwefelsäuren krystallisiren in weissen, perlmutterglänzenden Blättcheu, welche in Wasser ziemlich leicht löslich Salze der ' r- o ' Aether- sind. Sie werden von siedendem, nur wenig aber von kaltem Alkohol gelöst. säaren. Beim Sieden mit verdünnten Mineral säuren werden sie in Schwefelsäure und die entsprechenden Phenole zerlegt. Die Phenolschwefelsäuren sind von Baumaxx synthetisch aus Kalium- pyrosulfat und Phenol-, bezw. p-Kresolkalium dargestellt worden. Bezüglich ihrer Darstellung aus dem Harne, welche nach einer ziemlich komplizirten Methode geschieht, kann auf ausführlichere Handbücher verwiesen werden. Zur quantitativen Bestimmung dieser Aetherschwefelsäuren bestimmt nian nach BAUMA:sr>' und Brieger die Menge Phenol, welche aus dem Harne als Tri- bromphenol abgeschieden werden kann. Zu der Bestimmung verwendet man, wenn der Harn nicht besonders reich an Phenolen ist, etwa ^i-i des gesammten Tagesquantums, säuert mit konzentrirter Salzsäiu-e — 5 Cc auf je 100 Cc Harn — an und destillirt so lange, bis eine Probe des Destillates mit dem MiLLOx'schen Reagense oder mit Bromwasser nicht die geringste Reaktion auf goantitative Phenole mehr giebt. Das Destillat neutralisut man nun genau mit Sodalösung der Phenole, (welche Benzoesäure u. s. w. bindet) und destillirt von Neuem, bis eine Probe des Destillates mit den obengenannten Reagentien als phenolfrei sich erweist. Aetherschwefelsänren. 305 Das neue Destillat versetzt man mit Bromwasser bis zur l)leibenden Gelbfärbung, lässt es etwa 24 Stunden kalt stehen, bringt dann den krystallinisehen Niederschlag auf ein kleines, gewogenes Filtrum, wäscht mit schwachem Brom- wasser nach, trocknet über Schwefelsäure ohne Anwendung des Vakuums und wägt, 331 Theile Tribromphenol entsprechen 94 Theilen Phenol. Das Para- kresol wird bei diesem Verfahren von dem Brorawasser allmählich in Tribrom- phenol übergeführt. Die Methoden zur gesonderten Bestimmung der gepaarten Schwefelsäure und der Sulfatschwefelsäure sollen später, bei Besprechung der Methoden zur Bestimmung der Schwefelsäure des Harnes, abgehandelt werden. Brenzkatecliinschwefelsänre (und Brenzka techin). Von Bacmaxk ist diese Säure im Pferdeliarne iu zicnilich reichlicher Menge gefunden worden. Im Menschenhanie kommt sie nur in äusserst geringer Menge und vielleicht nicht konstant vor; in reichlicherer Menge findet sie sich im Harne nach Einnahme von Phenol , Brenzkatechin oder Proto- katechusäure. Bei ausschliesslicher Fleischkost kommt diese Säure nicht im Harne vor und sie dürfte deshalb aus dem Pflanzenreiche stammen. Wahrscheinlich rührt sie von der Protokatechu- säure her, welche nach Preusse zum Theil als Brenzkatechinschwefelsäure in den Harn über- geht. Zum Theil kann die Säure auch vielleicht von innerhalb des Organismus oxydirtem Phenol herrühren (Baü>l\nx und Preussej. Brenzkatechin oder o-Dioxybenzol, CgH^rOH).,, wurde zum ersten Male in dem Harne eines Kindes beobachtet (Epstein imd J. Müller). Der zuerst von Bödeker im Menschenhame gefundene, reduzirende Stoff Alkapton, welcher lange Zeit als mit dem Brenz- katechin identisch betrachtet ^rurde, soll Uroleucinsäure (Kirkj sein. Das Brenzkatechin krystallisirt in Prismen, die in Alkohol, Aether imd Wasser löslich sind. Es schmilzt bei 102 — 10-4 ** C. und sublimirt in glänzenden Blättchen. Die wässerige Lösung nimmt bei Gegenwart von Alkali Sauerstoff aus der Luft auf, wird grün, braun imd schliesslich schwarz. Versetzt man eine sehr verdünnte Eisenchloridlösung mit Weinsäure, macht sie darauf mit Ammoniak alkalisch und setzt dann dieses Eeagens zu einer wässerigen Brenzkatechinlösung, so erhält man eine violette oder kirschrothe Flüssigkeit, die beim Ueber- sättigen mit Essigsäure grün wird. Das Brenzkatechin wird von Bleiacetat gefällt. Es reduzirt eine ammoniakalische .Silberlösung Vtei Zimmertemperatur imd reduzirt alkalische Kupferoxyd- lösung in der Wärme, dagegen nicht Wismuthoxyd. Ein brenzkatechinhaltiger Harn \vird an der Luft, besonders bei alkalischer Pteaktion, bald dunkel \md reduzirt alkalische Kupferoxydlösung in der Wärme. Zum Nachweis des Brenzkatechins konzentrirt man den Harn, wenn nöthig, filtrirt, kocht nach Zusatz von Schwefel- säure zur Entfernimg des Phenols und schüttelt nach dem Erkalten wiederholt ndt Aether aus. Von den vereinigten Aetherauszügen wird der Aether abdestillirt. Den Rückstand neu- tralisirt man mit Baryumkarbonat und schüttelt wiederum mit Aether. Das nach dem Ver- dunsten des Aethers zurückbleibende Brenzkatechin kann durch Krystallisation aus Benzol gereinigt werden. Hydrochinon oder p-Dioxybenzol, C6H4(OH).2, kommt oft nach Gebrauch von Phenol im Harne vor (BArjLi:N">' und Prefsse). Durch seine Zersetzungsprodukte bedingt es haujitsächlich die dunkle Farbe, welche solcher Harn, sogenannter „Karbolham" au der Luft annimmt. Als normaler Harnbestandtheil kommt das Hydrochinon nicht, wohl aber nach Verabreichung von Hydrochinon, vor; nach v. Merin'G und Lewix soll es als Aetherschwefel- säure in den Harn des Kaninchens, als Zersetzungsprodukt des Arbutins, übergehen können. Das Hydrochinon bildet rhombische Krystalle, die in heissem Wasser, in Alkohol und Aether leicht löslich sind. Es schmilzt bei 169 " C. Es reduzirt wie das Brenzkatechin leicht Metalloxyde. Gegen Alkalien verhält es sich wie dieses, \rird aber nicht von Bleiacetat ge- fällt. Durch Eisenchlorid und andere Oxydationsmittel wird es zu Chinon oxydirt, welch' letzteres an seinem eigenthümlichen Gerüche erkannt wird. Der Nachweis der Hydrochinon- schwefelsäure Im Harne geschieht nach demselben Prinzipe wie derjenige der Brenzkatechin- schwefelsäure. Brenz- katechin- schwefel- säure. Brenz- katechin. Nachweis des Brenz- katechins. Hydro- c-hmon. Indoxylschwefelsäure,CgH-XSO^oder CgHgX.O.SO^.OH, auch Harn- in dikan, früher Uroxauthin (Heller) genannt, kommt in dem Harne als Alkalisalz vor. Diese Säure ist die Muttersubstanz des grössten Theiles des Harnindigos. Als Maass der im Harne vorkommenden Menge Indoxylschwefel- Hammarsten, Physiologische Chemie. 20 Indigo- bildende Substanzen. 306 Vierzehntes Kapitel. säure (und Indoxylglykuronsäure) betrachtet mau die Menge Indigo, welche aus dem Harne abgeschieden werden kann. Diese Menge beträgt nach Jaffiö für den Menschen 5 — 20 mg pro 24 Stunden. Der Pferdeharn enthält etwa 25 Mal so viel indigobildende Substanz wie der Menschenharn. Die Lidoxylschwefelsäure stammt, wie oben (S. 181) erwähnt worden ist, aus dem Indol, welches im Körper erst zu Indoxyl oxydirt wird und dann mit der Schwefelsäure sich paart. Nach subkutaner Injektion von Indol wird die Indikanausscheidung sehr bedeutend vermehrt (Jaff^, Baumann und Bkieger). Ebenso wird sie bei Thieren durch Einführung von Orthonitrophenylpropiol- säure vermehrt (G. Hoppe-Seyler). Das Indol wird bei der Eiweissfäulniss inun-,' des gebildet, und es ist infolge dessen leicht verständlich, dass die Menge der In- indfkaiis. doxylschwcfelsäure im Harne bei Fleischkost grösser als bei Pflanzenkost ist. Aus der Fäulniss der eiweissreichen Sekrete im Darme erklärt sich auch das Vorkommen des Indikans im Harne beim Hunger. Der Leim vermehrt die Indikanausscheidung dagegen nicht. Eine abnorm vermehrte Indikanausschei- dung kommt bei solchen Krankheitsprozessen vor, welche mit Unwegsamkeit des Dünndarmes und einer in Folge der lebhaftereren Darmfäulniss reichlicheren Indolbildung im Darme einhergehen. Eine solche vermehrte Indikanausschei- dung kommt bei Unterbindung des Dünndarmes, nicht aber des Dickdarmes, bei Hunden vor (Jaffi:). Einfache Kothobturation des Kolons beim Menschen führt zu keiner Ver- mehrung des Harnindikans. Bei Verschluss des Dickdarmes durch Inkarceration Abnorm ver- ^^^^^ jedoch. Wenn CS ZU erheblichen Störungen in der Fortbewegung des In- indTkanaus- ^^^^^es dcs oberen Ileums kommt, eine vermehrte Indikanausscheidung auftreten. Scheidung, -^yjg ^^jg Damifäulniss kann auch eine Eiweissfäulniss in anderen Organen und Geweben des Körpers eine Vermehrung des Harnindikans herbeiführen. Eine vermehrte Indikanausscheidung ist bei vielen Krankheiten, wie bei Ileus, Cholera, akuter allgemeiner Peritonitis, Magengeschwür, Magencarcinom, Darmkatarrhen, multiplen Lymphomen, putrider Bronchitis, jauchigen Pleura- exsudaten , Diabetes mellitus u. a. beobachtet worden. Die bei allgemeinen Konsumptions- und Inanitionszuständen beobachtete Vermehrung des Harn- indikans rührt vielleicht von Verdauungsstörungen her. Bei vermehrter Indi- kanausscheidung ist die Phenolausscheidung regelmässig auch vermehrt; ein phenolreicher Harn ist dagegen nicht immer reich an Indikan. Das Kalisalz der Indoxylschwefelsäure , welches aus dem Harne mit In- dol gefütterter Hunde von Baumann und Brieger rein dargestellt worden ist, krystallisirt in farblosen, glänzenden Tafeln oder Blättchen, welche in Wasser Schwefel"- leicht, in Alkohol weniger leicht löslich sind. Von Mineralsäuren wird es in saures Kali. Schwefelsäure und Lidoxyl gespaltet, welch' letzteres bei Luftabschluss in einen rothen Körper, das Indoxylroth, bei gleichzeitiger Anwesenheit von Oxydations- mitteln dagegen in Indigblau übergeht: 2 C8H7NO -}- 2 0 = CjeH^oNaOg + 2 HgO. Auf diesem letzteren Verhalten grüudet sich der Nachweis des Indikans. Indoxyl- und Skatoxylschwefelsäure. 307 probe JafTüs. Bezüglich der ziemlich umsLäiidlichea Darstellung der Indoxylschwefel- säure als Kalisalz aus dem Harne muss auf nusfülirlichere Handliücher ver- wiesen werden. Zum Nachweis des Harnindikans ist für gewöhnliche Fälle die folgende Methode von jAFFt, welche auch eine approximative Schätzung der Indikanmenge gestattet, genügend. Die Indikanprobc jAFFf;'s. 20 Cc Harn werden in einem Reagensglase, nach Zusatz von 2 — 3 Cc Chloroform, mit dem gleichen Volumen konzen- trirter Salz-säurc gemischt. Unmittelbar darnach setzt man eine konzentrirte Chlorkalklösung oder eine halbprozentige Kaliumpermanganatlösung Tropfen um Tropfen zu, indem man nach Zusatz eines jeden Tropfen tüchtig umschüttelt. Das Chloroform färbt sich dabei allmählich schwächer oder stärker blau. Ein Dielndikan- Ueberschuss des Oxydationsmittels, besonders der Chlorkalklösung, beeinträch- tigt die Reaktion sehr und muss deshalb vermieden werden. Man wiederholt die Probe mit etwas wechselndem Zusatz des Oxydationsmittels, bis man den Punkt gefunden hat, bei welchem das Maximum der Blaufärbung des Chloro- forms eintritt. Nach der Intensität der Färbung wird die Menge des Indigos geschätzt. Eine exakte Bestimmung der Indigomenge im Harne dürfte nur selten vorkommen. Die zu dem Zwecke vorgeschlagenen Methoden sind sehr um- ständlich, und da sie trotzdem nicht ganz genaue Resultate geben, muss bezüg- lich dieser auf ausführlichere Handbücher hier verwiesen werden. Das Indol scheint auch in den Harn als eine Glykuronsäure, die In- doxyUjlykuronsäure (Schmiedebeeg), überzugehen. Bei Thieren hat man eine solche Säure nach Verabreichung des Natriumsalzes der o-Nitrophenylpropiol- säure in dem Harne gefunden (G. Hoppe-Seyler). Skatoxylschwefelsäure, CgHgNSO^ oder CgHgN.O.SOg.OH. Das Kaliumsalz dieser Säure scheint regelmässig in dem Harne des Menschen als ein Chromogen vorzukommen, welches bei der Zersetzung mit starker Säure mid einem Oxydationsmittel rothe oder violette Farbstoffe liefert. Dieses Salz ist aus diabetischem Menschenharne von Otto dargestellt worden. Ueber die ]\renge des Skatolchromogens, zu welchem wahrscheinlich auch die Skatoxyl- glykuronsäure zu rechnen ist, unter physiologischen und pathologischen Ver- hältnissen ist nur wenig bekannt. Die Skatoxylschwefelsäure stammt aus bei der Fäulniss im Darme ge- bildetem Skatol, welches nach der Oxydation zu Skatoxyl mit Schwefelsäure sich paart. Dass in den Körper eingeführtes Skatol wenigstens zum Theil in den Harn als eine Aetherschwefelsäure übergeht, ist von Brieger gezeigt worden. Das Lidol und das Skatol zeigen jedoch insoferne ein verschiedenes Verhalten, als, wenigstens beim Hunde, das Indol reichliche Mengen Aether- schwefelsäure, das Skatol dagegen nur unbedeutende Mengen davon giebt (Mester). Das Skatol scheint theilweise in den Harn als eine Skatoxyl- glykurunsäure überzugehen. Das Kaliumsalz der Skatoxylschwefelsäure krystallisirt; es löst sich in Wasser, schwerer in Alkohol. Von Eisen chlorid wird die wässerige Lösung stark violett, von konzentrirter Salpetersäure roth. Von konzentrirter Salzsäure 20* Skatoxyl- schwefel- Abstam- mung der Skatoxyl- schwefel- säure. Skatoxyl- schwelel- sanres Kali. 308 Vierzehntes Kapitel. Verhalten skatol- haltiger Harne. Aromatische Oxysäuren. Nachweis der Oxy- säaren. üroleucin- sänre. wird das Salz unter Abscheidung von einem rotheu Niederschlage zersetzt. Die Natur der bei der Zersetzung der Skatoxylschwefelsäure entstehenden rothen Farb- stoffe wie auch die Beziehimgen der letzteren zu anderen rothen Harnfarbstoffen sind jedoch leider nur wenig bekannt. Bei der Destillation mit Zinkstaub geben die Skatolfarbstoffe Skatol. Bei der Jaffa 'sehen Indikanprobe färben sich skatoxylhaltige Harne schon bei Zusatz von Salzsäure dunkelroth bis violett; mit Salpetersäure färben sie sich kirschroth, mit Eisenchlorid und Salzsäure beim Erwärmen roth. Der Farbstoff, welcher mit Zinkstaub Skatol liefert, kann dem Harne mit Aether entzogen werden. Skatoxylreiche Harne dunkeln beim Stehen und können da- bei röthlich, violett oder fast schwarz werden. Das Vorkommen der bei der Fäulniss ebenfalls auftretenden Skatolkarbonsäure, CjHgN . COOH, im normalen Harne ist von Salkowski sehr wahrscheinlich gemacht worden. Aromatische Oxysäuren. Bei der Eiweissfäulniss im Darme ent- stehen, aus dem Tyrosin als Zwischenstufe, die Paraoxyphenylcssigsäure CgH4(OH).CH2.COOH, und die Paraoxyphenylpropionsüure, Cg H^ (OH). Cg H^. COOH, welche beide unverändert in den Harn übergehen und daselbst zuerst von Baumann nachgewiesen worden sind. Die Menge dieser Säuren ist ge- wöhnlich sehr klein. Sie wird aber unter denselben Verhältnissen wie die der Phenole vermehrt und namentlich bei der akuten Phosphorvergiftung soll sie bedeutend vermehrt sein. Bei akuter Leberati'ophie ist auch eine andere Oxy- säure, die Oxy mandelsäure, im Harne gefunden worden (Schultzen und Reess). Die zwei obengentmnten Oxysäuren sind in Aether löslich. Beim Erwärmen mit dem MiLLOX'schen Eeagense geben sie eine schön rothe Farbe. Zimi Xachweis der Oxysäuren ver- fährt man in folgender Weise (BAr^siAXX). Man erwärmt den Harn, zur Vertreibimg der flüchtigen Phenole, nach Zusatz von Salzsäure einige Zeit im Wasserbade. Nach dem Erkalten schüttelt man dreimal mit Aether aus imd schüttelt darauf den Aetherauszug mit schwacher Sodalösuug, welche die Oxysäuren aufnimmt, während der Rest der Phenole im Aether gelöst zurückbleibt. Die alkalische Lösung der Oxysäuren säuert man darauf schwach mit Schwefel- säure an, schüttelt abermals mit Aether aus, hebt den Aether ab, lässt ihn verdimsten, löst den Rückstand in wenig Wasser und prüft diese Lösung mit dem MiLLON'schen Reagense. Die zwei Oxysäuren lassen sich am sichersten durch ihren verschiedenen Schmelzpunkt imter- scheiden. Bezüglich des zur Isolirung und Trennung der zwei Oxysäuren von einander dienenden Verfallrens wird auf ausführlichere Handbücher verwiesen. Uroleucinsäure, C9H10O5, hat Kirk eine von ihm besonders studirte, zuerst von Marshall in reinem Zustande aus dem Harne dargestellte Säure genannt, welche in un- reinem Zustande die von Boedeker entdeckte, reduzirende Substanz Alkapton darstellt. Diese Säure ist besonders im Kinderharne gefunden worden. Solche Harne reduziren die FEHLiNG'sche Flüssigkeit, nicht aber alkalische Wismuthlösung oder Pikrinsäurelösung. Sie sind gährungsunfähig, optisch inaktiv und färben sich an der Luft, namentlich bei alkalischer Reaktion, unter Sauerstoffaufnahme tief braun. Durch diese Eigenschaften unterscheiden sie sich von zuckerhaltigen Harnen. Harnfarbstoffe und Chromog-ene. Die gelbe Farbe des normalen Harnes rühi-t wie es scheint von mehreren (Vierordt), noch nicht isolirten und studirten Farbstoffen her. Neben diesen, nicht studirten Stoffen kommt auch zuweilen in frischem normalem Harn, aber lange nicht immer, etwas Urobilin vor. Statt des Urobilins enthält der normale Harn jedoch oft eine Chromogen Muttersubstanz desselben, ein Chromogen oder Urobilinogen, aus welchem des Urobi- , . ,, & ' lins. bemi Stehen des Harnes an der Luft das Urobilin allmählich durch Oxydation Hamfarbstoffe. Urobilin. 309 entsteht (Jaffi^:, Stokvis, Disque u. A.). Ausser diesem Chromogeii enthält clor Harn jedoch auch verschiedene anderen Stoffe, aus welchen durch Einwirkung von chemischen Agcntien Farbstoffe entstehen können. So können durch Ein- wirkung von Säuren Hu ininsubs tanzen (vielleicht z. Thcil aus den Kohle- hydraten des Harnes) entstehen (v. Udranszky und Hoppe-Seyler), abgesehen davon, dass solche Substanzen zuweilen auch aus den angewendeten Reagentien, wie aus unreinem Amylalkohol, hervorgehen können (v. Udranszky und Hoppe-Seyler). Zu diesen, durch Säurewirkung unter Luftzutritt aus normalem Harne erhaltenen Huminkörpern sind zurechnen: dasUrophäin von Heller, die von verschiedenen Forschern (Plos'z, Tiiudichum, Sctiunck) beschriebenen verschiedenen Uromelanine u. a. Aus der Indoxylschwefelsäure, bezw. der ,„ Andere "' _ Chromogono. Indoxylglykuronsäure, lässt sich Indigblau (Uroglaucin von Heller, Uro- cyanin, Cyanurin und andere Farbstoffe älterer Forscher) abspalten. Aus den gepaarten Indoxyl- und Skatoxylsäuren können rothe Farbstoffe entstehen, und solchen Ursprunges sind wahrscheinlich das Urrhodin (Heller), das Urorubin (Plos'z), das Urohämatin (Harley) und vielleicht auch das Uro rosein (Nencki und Sieber). Auf die verschiedenen, als Zersetzungsprodukte aus normalem Harne er- haltenen Farbstoffe kann hier nicht des Näheren eingegangen werden; und da die im Harne präformirten physiologischen Farbstoffe nicht näher untersucht sind, kann niu' das bisher am eingehendsten untersuchte Harnpigment, das Urobilin, hier besprochen werden. Das Urobilin ist zuerst von Jaffe aus Harn dargestellt worden. Der von ihm dai'gestellte Farbstoff kommt besonders im Harne von Fieberkranken vor und wird deshalb von Mac Munn als febriles Urobilin be- zeichnet. Das im normalen Harne vorkommende Urobilin ist in optischer Hinsicht von dem vorigen etwas verschieden und wird von Mac Munn normales Urobilin genannt. Wie schon erwähnt, kommt in dem Harne eine Muttersubstanz des Urobilins, ein Urob ilinogen, vor, aus welchem das Urobilin durch Einwirkung der Luft entsteht. Nach der Ansicht vieler Forscher soll das Urobilin mit dem Hydrobili- rubin (Maly) identisch sein und dementsprechend die Zusammensetzung ^32^40^4^7 haben. Nach derselben Ansicht soll das Urobilin durch eine Re- duktion des Bilirubins im Darme entstehen. Die Richtigkeit einer solchen An- Behauptete » Identität mit sieht wird indessen von anderen Forschern (Mac Munn, Le Nobel) bestritten, "^om Hydro- ^ ' _ bilitUDin. Nach Mac Munn sollen das Hydrobilirubin und das Harnurobilin nicht iden- tische Stoffe sein, wogegen es ihm gelungen ist, durch Einwirkung von Wasser- stoffhyperoxyd auf eine Lösung von Hämatin in schwefelsäurehaltigem Alkohol normales Urobilin zu erhalten. Den Urobilinen ähnliche, wenn auch mit ihnen nicht identische, Farbstoffe hat man theils aus den Gallen- und theils aus den Blutfarbstoffen erhalten. Ausser dem von Maly aus Bilirubin dargestellten Hydrobilirubin ist auch von 310 Vierzehntes Kapitel. Künstlich dargestellte rrobili- noidine. Urobilinaus- scheidnng in Krank- heiten. Eigen- schaften. STOK'sas aus einem Gallenfarbstoffe, dem Cholecyanin, mit Chlorzink und Jodtinktur oder durch Kochen mit wenig Bleihyperoxyd ein Choletelin erhalten worden, welches wie das Urobilin sich verhielt (das mit Salpetersäure aus Bilirubin er- haltene Choletelin verhält sich dagegen anders). Urobilinähnliche Körper haben ferner Hoppe-Seylek bei der Reduktion von Hämatin und Hämoglobin durch Zinn und Salzsäure, Le Nobel beim Behandeln einer sauren alkoholischen oder alkalischen Lösung von Hämatoporphyrin mit Zinn oder Zink vmd endlich auch Nexcki und Sieber durch Behandeln von Hämatoporphyrin mit Zinn und Salzsäure erhalten. Dass diese, aus dem Blutfarbstoffe künstlich dar- gestellten Farbstoffe mit dem Harnurobilin nicht identisch sind, wenn sie auch in optischer Hinsicht ihm sehr nahe stehen, geht aus den Beobachtungen von Le Nobel und Nencki und Seebek hervor. Es muss hierbei dahingestellt bleiben, ob diese Stoffe untereinander und mit dem Harnui'obilin wirklich nicht identisch sind, oder ob die beobachteten Unterschiede nur von Verunreinigungen mit anderen Stoßen herrühren. Wegen unserer mangelhaften Keuntniss des Harnurobilins und der Uro- bilin oidine (den Namen Urobilinoidin hat Le Nobel seiner künstlich dar- gestellten urobilinähnlichen Substanz gegeben) ist es schwierig, etwas ganz Sicheres über das Vorkommen des Urobilius im Harne bei Krankheiten aus- zusagen. Während der Resorption grösserer Blutextravasate, wie auch bei mit Zer- störung der Blutkörperchen verbundenen Krankheiten oder bei dem Auftreten von Methämoglobin im Blutplasma, nimmt der Harn eine dunkle Farbe an, welche allgemein von einem vermehrten Urobilingehalte hergeleitet wird. Ob es hier um die vermehrte Ausscheidung des Harnm'obilins und nicht vielmehr um die eines aus dem Blutfarbstoffe entstandenen Urobilinoidins sich handelt, ist jedoch sehr fi-aglich. Beim Icterus ist eine vermehrte Urobilinausscheidung ebenfalls oft beobachtet worden, und es kommen sogar Fälle vor, in welchen das Urobilin fast der einzige, im icterischen Harne nachzuweisende Farbstoff ist (Urobilinicterus). In diesen Fällen handelt es sich vielleicht um eine aus Gallenfai-bstoff hervorgegangene urobiliuoide Substanz. Das aus Fieberharn dargestellte Urobilin ist nach Jaffe amorph, je nach der Darstellimgsmethode roth, schmutzig roth oder rothgelb. Es löst sich leicht in Alkohol, Amylalkohol und Chloroform, weniger leicht in Aether. In Wasser ist es wenig löslich, die Löslichkeit wird jedoch durch die Gegenwart von Neu- tralsalzen erhöht. Aus einer mit Ammoniumsulfat gesättigten Lösung kann es durch Zusatz von Schwefelsäure gefällt werden (j\I£hy). Von Alkalien wird es gelöst und durch Säurezusatz aus der alkalischen Lösung unvollständig ge- fällt. Aus der sauren (wässerig-alkoholischen) Lösung w^ird es von Chloroform theilweise aufgenommen ; Alkalilösungen entziehen aber dem Chloroform das Urobilin. Die alkalischen Lösungen geben mit Salzen der schweren Metalle, wie Zink und Blei, unlösliche Verbindungen. Das Urobilin giebt die GMELm'sche Gallen farbstoffreaktion nicht. Die neutralen alkoholischen Urobilinlösimgen sind bei grösserer Konzen- Urohiliii. 311 tration braungelb, bei grösserer Verdünnung gelb oder rosafarbig. 81e zeigen eine starke grüne Fluorescenz. Die .säurehaltigen alkoholischen Lösungen sind, je nach der Konzentration, braun, rothgelb oder rosenroth. Sie fluoresciren niclit, zeigen aber einen schwachen Absor])tionsstreilen y zwischen h und V , welcher an F angrenzt oder bei stärkerer Konzentration auch über F hinausreicht. Die alkalischen Lösungen sind, je nach der Konzentration, braungelb, gelb oder (die animoniakalischen) gelblich grün. Setzt man der ammoniakalischen Lösung etwas Chlorzinklösung zu, so wird sie roth und zeigt eine prachtvolle grüne Fluorescenz. Diese Lösung wie auch die mit fixem Alkali alkalisch ge- machten Lösungen zeigen einen dunkleren und schärfer begrenzten Streifen J zwischen h und F, ziemlich in der ]\Iitte zwischen h und F. Die von Mac Muxn, in etwas anderer Weise als nach dem Verfahren von Jaffe, aus dem Harne gewonnenen zwei Urobiline unterscheiden sich von einander hauptsächlich durch Folgendes. Eine Lösung von normalem Urobilin wird durch Natron stärker roth, eine solche des febrilen gelb. Der Streifen y des normalen Urobilins verschwindet auf Zusatz von Alkali, der entsprechende Streifen des febiülen rückt dabei nach links. Die ätherische Lösung des febrilen Urobilins zeigt zwei schwächere Absorptionsstreifen zu beiden Seiten von i), welche weder in der wässerigen Lösung noch in dem Harne zu sehen sind. Das febrile Urobilin bildet ein braunrothes, das' normale ein gelbbraunes Pulver. Durch Kaliumpermanganat soll nach Mac Munn das febrile Urobilin in nor- males übergeführt werden können. Zur Darstellung des Urobilins aus normalem Harn fällt man nach Jaffe den Harn mit Bleiessig, wäscht den Niederschlag mit Wasser aus, trocknet ihn bei Zimmertemperatur, kocht ihn dann mit Alkohol aus und zersetzt ihn mit kaltem, schwefelsäurehaltigem Alkohol. Die abfiltrirte, alkoholische Lösung ver- dünnt man mit Wasser, übersättigt mit Ammoniak und setzt Chlorziuklösuug zu. Der neue Niederschlag wird mit Wasser chlorfrei gewaschen, mit Alkohol ausgekocht, getrocknet, in Ammoniak gelöst und diese Lösung mit Bleizucker gefällt. Diesen, mit Wasser gewaschenen und mit Alkohol ausgekochten Nieder- schlag zerlegt man mit schwefelsäurehaltigem Alkohol, mischt die filtrirte alko- holische Lösung mit 1/2 Vol. Chloroform, verdünnt mit Wasser und schüttelt wiederholt aber nicht zu kräftig. Das Urobilin wird von dem Chloroform auf- genommen. Dieses letztere wird ein- bis zweimal mit nur wenig Wasser ge- waschen und dann abdestillirt, wobei das Urobilin zurückbleibt und mit Aether von einem verunreinigenden rothen Farbstoffe gereinigt wird. Aus urobilinreicliem Fieberharne kann mau nach Jaffe den Farbstoff direkt mit Am- moniak und Chlorzink ausfällen und diesen Niederschlag wie oben behandeln. Mehy säuert den Harn mit Schwefelsäure (1—2 g auf je 1 Liter) schwach an, sättigt darauf mit lYmmonium- sulfat, wäscht den Niederschlag auf dem Filtrum mit einer angesäuerten gesättigten Ammonium- sulfatiösimg, presst das Filtrum aus und zieht den Farbstoff unter Zusatz einiger Tropfen Ammoniak" mit absolutem Alkohol in gelinder Wärme aus. Mac Muxx fidlt den Harn mit Bleizucker luul Bleiessig, zerlegt die Niederschläge mit säurehaltigem Alkohol, verdünnt die Lösung mit "Wasser, schüttelt mit Chloroform, verdunstet das letztere und löst den Rückstand wiederholt in Chloroform. Die Darstellungsmethode ist nach ihm dieselbe für beide Urobiline, das normale imd das febrile. Zum Nachweis des Urobilins dienen die Farbe der sauren bezw. alka- lischen Lösungen, die schöne Fluorescens der ammoniakalischen, mit Chlorzink versetzten Lösung und die Absorptionsstreifen im Spektrum. Im Fieberharne Optisches Verhalten. Normales und febriles Urobilin nach Mac iJunn. Darstellung des Urobilins aus dem Harne. Darslollung des Urobi- lins. 312 Tierzelmt€S Klapitel. Nachweis des Urobi- lins. Urochrom nnd Croery- thrin. Fluchtige Fettsäuren. Milchsäure. Kohlehy- drate und rednzirende Substanzen. kann das Urobilin direkt oder nach Zusatz von Ammoniak und Chlorzink mit dem Spektroskope nachgewiesen werden. Ebenso gelingt der Nachweis zuweilen in dem iiormalen Harne, entweder direkt oder nachdem der Harn an der Luft ge- standen hat, bis das Chromogen in Urobilin umgesetzt worden ist. Gelingt der Nachweis mittelst des Spektroskopes nicht in dem Harne, so kann man den letzteren mit einer Mineralsäure versetzen und mit Aether ausschütteln. Die ätherische Lösung kann man direkt oder nach genügender Konzentration mit dem Spektroskope untersuchen. Noch besser ist es oft, den nach Verdunsten des Aethers erhaltenen Rückstand in absolutem Alkohol zu lösen und zu der spektroskopischen Untersuchung zu verwenden. Nach Salkowski kann man auch dem Harne direkt durch sanftes Schütteln mit alkoholfreiem Aether das Urobilin entziehen, ^yenn der Nachweis nach den nun beschriebenen Ver- fahrungs weisen nicht gelingt, so fällt man den Harn mit Bleiessig, zerlegt den Niederschlag mit säurehaltigem Alkohol, untersucht diese Lösung oder entzieht ihr den Farbstoff durch Verdünnung mit Wasser und Schütteln mit Chloroform. Das TJrochrom (Thtdichum) scheint ein Gemenge von mehreren Stoffen zu sein. Uroe'rythrin hat man denjenigen Farbstoff genannt, welcher die oft schön rothe Farbe des Hamsedimentes (Sedimentum lateritium) bedingt. Es kommt besonders beim Fieber und anderen Krankheiten vor, findet sich aber auch im Harne ganz gestmder Personen. Flüchtige Fettsäuren, wie Ameisensäure, Essigsäure und vielleicht auch Buttersäure, kommen unter normalen Verhältnissen in dem Harne des Menschen (v. Jaksch) wie auch in dem des Himdes und der Pflanzenfresser (Schotten) vor. Die an Kohlenstoff ärmeren Säuren, die Ameisensäure und die Essigsäure, sind im Körper mehr beständig als die kohlensioff"- reicheren imd sie gehen deshalb auch zu verhältnissmässig grossem Theile imverändert in den Harn über (Schottex i. Normaler Menschenham enthält ausserdem auch Stoffe, welche bei der Oxydation mit Kaliumchromat imd Schwefelsäure Essigsäure geben (v. Jakschj. Die Menge der flüchtigen Fettsäuren im normalen Harne beträgt nach v. Jaksch 0,008 — 0,009, nach V. Eokitaxsky 0,054 g pro 24 Stunden. Die Menge ist vermehrt bei ausschliesslicher Emähnmg mit Mehlspeisen, ferner im Fieber und bei gewissen Leberkrankheiten (v. Jaksch). Sie ist auch vermehrt bei Leukämie und in vielen Fällen bei Diabetes (v. Jaesch). Bei der alkalischen Gährung des Harnes entstehen grosse Mengen flüchtiger Fettsäuren, und der Gehalt an solchen kann 6 — 15 Mal so gross wie im normalen Harne werden (Salkowski). Paramilchsäure soll im Harne Gestmder nach sehr anstrengenden Märschen vorkommen (COLASASTI imd MosCATELLi). In grösserer Menge ist sie im Harne bei akuter Phosphor- vergiftung imd akuter gelber Leberatrophie (Schultzex und RiESS) wie auch bei der Osteo- malacie (MOES und MrCK i gefunden worden. Nach Exstirpation der Leber geht sie bei Vögeln in reiclilicher Menge in den Harn über (Mrs'KOWSKi). Die Glycerinphosphorsäure kommt simren- weise in dem Harne vor und sie dürfte wohl ein Zersetzungsprodukt des Lecithins sein. Das Vorkommen der Bernsteinsäure im normalen Harne ist Gegenstand streitiger Angaben gewesen. Kohlehydrate und reduzirende Substanz-en im Harne. Das spurenweise Vorkommen von Traubenz-ucker im normalen Harne ist durch die Unter- suchungen von Brücke, Abeles und v. Udeanszky, welch' letzterer das regel- mässige Vorkommen von Kohlehydraten im Harne gezeigt hat, im höchsten Grade wahrscheinlich gemacht und durch die Untersuchungen von Baumann und Wedenski wohl endgültig bewiesen worden. Ausserdem soll der Harn Spuren von einem dextrinartigen Kohlehydrate (thierischem Gummi) enthalten (Landwehr, Weden.ski). Ausser Spuren von Zucker und den oben besprochenen reduzirenden Stoffen, Harnsäure und Kreatinin, enthält der Harn jedoch auch andere reduzirende Substanzen. Diese letzteren sind wahrscheinlich (Flijckiger) gepaarte Verbindungen mit der dem Zucker nahestehenden Glykur07isäure^ CgHjoO-. Die Reduktionsfähigkeit des normalen Harnes entspricht nach Cilykiironsäure. 313 Flückioer 1,5 — 2,5, nach Salkowski 4,08, nach Munk im Mittel 3,0 und nach WoRM Müller gegen 4,0 p. ni. Traubenzucker. Glykuronsäure, C^HioO, oder CHO.(CH. OH),. COOK. Diese Säure kann durch Einwirkung von Brom in Zuckersäure, CßHjoO^, übergeführt werden (Thierfelder), und sie scheint eine intermediäre Stellung zwischen dieser Säure und der bei Oxydation von Glykose oder Rohrzucker mit Cl oder Br erhaltenen Glykonsäure, CgHia^?' einzunehmen. Die Glykuronsäure dürfte vielleicht nor- malerweise in sehr geringer Menge als gepaarte Verbindungen mit Indoxyl, Skatoxyl und Phenolen im Menschenharne vorkommen. Sie findet sich auch in der ^Malerfarbe „Jaune Indien", welche das Magnesiumsalz der Euxanthin- säure enthält. Beim Erhitzen mit Wasser auf 120 — 125*^0. spaltet sich diese Säure in Euxanthin und Glykuronsäure. Als gepaarte Glykuronsäuren kann die Säure in grösserer Menge in den Harn übergehen nach Verabreichung von verschiedenen Arzneimitteln oder anderen Substanzen (vergl. unten). So treten z. B. nach Verabreichung von Chloralhydrat, Naphthalin, Kampher und Terpentinöl bezw. Urochloral.säure, Naphtholglykuronsäuren, Kamphoglykuronsäure undTerpenglykuronsäuren in dem Harne auf Die gepaarten Glykuronsäuren drehen alle die Ebene des polari- sirten Lichtes nach links, während die Glykuronsäure selbst rechtsdrehend ist. Unter Aufnahme von Wasser können sie in Glykuronsäure und die zugehörigen Paarlinge gespaltet werden. Einige der gepaarten Glykuronsäuren, wie z. B. die Urochloralsäure , reduziren Kupferoxyd und gewisse andere Metalloxyde in alkalischer Lösung und können in Folge hiervon bei Untersuchung des Harnes auf Zucker zu Verwechselungen Veranlassung geben. Die Glykuronsäure ist nicht in Krystallen, sondern nur als Syrup er- halten worden. Sie löst sich in Alkohol und ist in Wasser leicht löslich. Wird die wässerige Lösung eine Stunde gekocht, so geht die Säure zum Theil (20 "/o) in das krystallisirende , in Wasser lösliche und in Alkohol unlösliche Anhydrid Glykuron, CgHgOg, über. Das Kaliumsalz der Säure krystallisirt in feinen Nadeln. Das neutrale Baryumsalz ist amorph, in Wasser löslich, kann aber mit Alkohol ausgefällt werden. Sättigt man eine konzentrirte Lösung der Säure mit Barythydrat, so scheidet sich basisches Baryumsalz aus. Das neutrale Bleisalz ist in Wasser löslich, das basische dagegen unlöslich. Die Säure ist rechtsdrehend, sie reduzirt Kupfer-, Silber- und Wismuthsalze. Mit Phenylhydrazin giebt die Säure eine krystallisirende Verbindung. Die Glykuronsäure kann man aus Urochloralsäure oder Kamphoglykuron- säure durch Sieden mit einer Mineralsäure darstellen. Leichter erhält man sie durch Erhitzen der Euxanthinsäure mit Wasser im PAPix'schen Digestor bei 120 — 1250c. während einer Stunde und die Verdunstung der Wasserlösung bei -{- 40" C. Das nach und nach auskrystallisirende Anhydrid trennt man ab, verdünnt die Mutterlauge mit Wasser, kocht einige Zeit, um eine neue Portion der Säure in das Anhydrid zu überführen, und verdunstet bei etwa -|- 40*^ C. In dieser Weise verfährt man bis fast alle Säure in Anhydrid übergeführt worden ist. Das Anhydrid kann dann weiter gereinigt werden. Olyknron- säaro. G epaarte GlyKuroii- säuren. Eigen- schaftea der Glykuron- säure. Darstellung der Glyku- ronsäure. 314 Vierzehntes Kapitel. Neutraler und saurer Schwefel. Schwefel- wasserstoff. Phosphor- haltifre organische Substanzen. Enzvme. Prote'm- substanzen. Ptomame. Thierharne. Schwefelhaltige organische Verbindungen unbekannter Art, welche jedoch wenigstens zum kleinen Theile aus Rhodanalkali, 0,0-4 (Gscheidlex) — 0,11 p. m. (.J. Muxk), Cystin oder dem Cystin verwandten Substanzen und Protexnatoffen bestehen können, finden sich sowohl in Menschen- wie in Thierhamen. Der Schwefel dieser meistens unbekannten Verbindungen wird von Salkowski als ,, neutraler" zum Unterschiede von dem „sauren" Schwefel der Sulfate und der Aethersehwefelsäuren bezeichnet. Den neutralen Schwefel im normalen Harne be- stimmte Salkowski zu 15 **/o, Stadthagex zu 13,3 — 14,5 ",'0 und Lepixe zu 20 " 0 des Ge- sammtschwefels. Eine Vermehrung der Menge des neutralen Schwefels ist bei Icterus (Lepise) und bei Cystinurie (Stadthagex) beobachtet worden. Die Gesammtmenge des Schwefels im Harne bestimmt man durch Schmelzen des festen Hamrückstandes mit Salpeter und AetzkaU. Die Menge des neutralen Schwefels dagegen bestimmt man als Differenz zwischen dem Gesamnitschwefel einerseits und dem Schwefel der Sulfat- und Aetherschwefelsäure andererseits. Schwefelwasserstoff kommt im Harne nur imter abnormen Verhältnis.sen oder als Zer- setzungsprodukt vor. Der Schwefelwasserstoff kann durch Einwirkung bestimmter Bakterien aus den schwefelhaltigen organischen Substanzen des Harnes (aus dem neutralen Schwefel) entstehen (Fr. Müller, Salkowskij. Als die Quelle des S^hwefelwa-sserstoffes haben andere Forscher (EOSENHEIM und Gutzmaxx) jedoch auch die unter schweflig sauren Salze bezeichnet. Das Vorkommen von Hyposidfiten im normalen Menschenharne, welches von Heffter be- hauptet wurde, wird indessen von Salkowski bestritten. Im Harne von Katzen kommen da- gegen Hyposulfite konstant und in dem der Hunde in der Eegel vor. Phosphor haltige organische Verbindungen '^Glycerinphosphorsäure u. a.), welche beim Schmelzen mit Salpeter imd Aetzkali Phosphorsäure geben, finden sich auch im Harne (ZixzER, Leplxe, Eyeox>'et und Aubert). Enzyme verschiedener Art hat man aus dem Harne isolirt. Als solche sind zu nennen : Pepsin fBRÜCKE u. A. I, diastatisches Enzym fCOHXHElM u. A.) imd Lab (GrüTZXEB, Holovt- SCHIXER, HEL^rE.S). Das Vorkommen von Trypsin im Harne ist zweifelhaft. Mucinähnliche Substanz (Nucleoalbumin?) von den Hamwegen und der Blase her- rührend scheint regelmässig, wenn auch in sehr kleiner Menge, in dem Harne vorzukommen. Ebenso soll nach mehreren Forschem (Leube, Hofmelster, Posx'ERj der normale Menschen- ham Spuren von Eiweiss enthalten. Ptomame imd Leukomaine oder giftig wirkende Substanzen unbekannter Art, welche oft als alkaloid ähnliche Substanzen bezeichnet werden, sollen im normalen Harne vorkommen (POUCHET, BorcHAED, Adfcco u. A.). Unter pathologischen Verhältnissen kann die Menge dieser Stoffe vermehrt sein (Bouchard, Lepixe und GcERix, Villiers u. A.). In der letzten Zeit hat besonders Bouchard die giftigen Eigenschaften des Harnes zum Gegenstand mehr eingehender Untersuchungen gemacht. Er hat dabei gefunden, dass der Xachtharn weniger giftig als der Tagesham ist und dass die giftigen Bestandtheile im Tages- vmd Xachthame nicht dieselben "Wirkungen haben. Dass unter pathologischen Verhältnissen Ptomaine in dem Harne vorkommen können, ist von Bafmaxx und v. Udr.vnszky gezeigt worden. In dem Harne eines an Cystinurie und Blasenkatarrh leidenden Patienten wiesen sie nämlich die zwei von Brieger entdeckten und zuerst isolirten Ptomaine, das Putrescin, C4H12N2, (Tetramethylendiamin) und das Ca- daverin, C^Hi^Xo, (Pentamethylendiaminj nach. Dass dagegen weder diese noch andere Dia- mine unter physiologischen Verhältnissen im Harne vorkommen, haben Brleger, v. Ur)RA>'SZKY und Baumaxx und Stadthagex gezeigt. Das Vorkommen im normalen Harne von irgend einem Harngifte überhaupt wird übrigens von einigen Forschem, wie Feltz und Ritter und Stadthagex verneint. Die giftigen Wirkimgen des Harnes sollen nach ihnen zum allergrössten Theile von den Kalisalzen herrühren. In Thierhamen hat man mehrere, im Menschenhame nicht gefundene Stoffe beobachtet. Zu diesen gehören: die im Hundehame vorkommende Kynurensäure, CmHjXOg, welche eine Oxychinolinkarbonsäure ist; die im Ilundeharne ein Mal gefundene Urocaninsäure CJaffe); die aus Kuhham bei der Destillation erhaltenen Säuren, Damalur- und Damolsäure (nach Schottex wahrscheinlich ein Gemenge von Benzoeesäure mit flüchtigen Fettsäuren), und die in Hamkonkrementen gewisser Thiere gefundene Lithursäure. Anorganische BestancUheile des Harnes. Chloride. 315 III. Anorganische Bestandtheile des Harnes. riiloridp. Das im Harne vorkommende Chlor ist zweifelsohne auf sämmt- liche in diesem Exkretc enthaltene Basen verthcilt; die Hauptmasse desselben ist jedoch an Natrium gebunden. In Uebereinstimmung hiermit drückt man auch allgemein die Menge des Chlors im Harne in NaCl aus. Der Gehalt des Harnes an Chlorverbindungen unterliegt bedeutenden Schwankungen. Im Allgemeinen berechnet man jedoch denselben für einen gesunden, erwachsenen Mann bei gemischter Kost zu 10 — 15 g NaCl pro 24 Stunden. Auf die Menge des Kochsalzes im Harne wirkt vor Allem der Salz- gehalt der Nahrung ein, mit welchem die Chlorausscheidung zu- und abnimmt. Reichliches Wassertriuken steigert auch die Chlorausscheidung, welche angeblich während der Arbeit grösser als in der Ruhe (während der Nacht) sein soll. Gewisse organische Chlorverbindungen, wie z. B. Chloroform, können die Aus- scheidung von anorganischen Chloriden durch den Harn steigern (Zeller, Mylius, Käst). Bei Diarrhöen, bei schneller Bildung von grösseren Transsudaten und Exsudaten, wie auch in besonders auffälliger Weise bei akuten fieberhaften Krankheiten zur Zeit der Krise, ist die Kochsalzausscheidung bedeutend herabgesetzt. In den ersten Tagen nach der Krise und während der Resorption umfangreicher Exsudationen ist die Ausscheidung dagegen abnorm vermehrt. Eine verminderte Chlorausscheidung findet sich bei akuten und chronischen, mit Albuminurie einhergeheuden Erkrankungen der Nieren. In den chronischen Krankheiten hält die Chlorausscheidung im Allgemeinen mit dem Ernährungszustande des Körpers und der Lebhaftigkeit der Harnabsonderung gleichen Schritt. In der Regel ist die Chlorausscheidung in den chronischen Krankheiten herabgesetzt. Die guantitative Bestimmung des Chlors im Harne geschieht am ein- fachsten durch Titration mit Silbernitratlösung, wobei der Harn jedoch weder Eiweiss (welches, wenn es vorkommt, diurch Koagulation entfernt werden muss), noch Jod- bezw. Bromverbindungen enthalten darf. Bei Gegenwart von Bromiden oder Jodiden verdunstet man eine abgemessene ^lenge Harn zur Trockne, verbrennt den ßüclvstand mit Salpeter und Soda, löst die Schmelze in AVasser und entfernt das Jod oder Brom durch Zusatz von verdünnter Schwefelsäure und etwas Nitrit und vollständiges Ausschütteln mit Schwefelkohlenstotf. In der so behandelten Flüssigkeit kann man dann nach der VOLHARD'schen Methode mit Silbernitrat die Chloride titriren. Die Menge der Bromide oder Jodide berechnet man als Differenz aus der Menge Silbernitratlösung, welche zur Titration der Lösung der Schmelze einerseits und des ent- sprechenden Volumens des ursprünglichen Harnes andererseits verbraucht worden ist. Die sonst ausgezeichnete Titrirmethod e von Mohr, nach welcher mit Silbernitrat in neutraler Flüssigkeit mit neutralem Kaliumchromat als Indikator titrirt wird, kann bei genauer Arbeit nicht im Harne direkt zur Anwendung kommen. Es werden nämlich von dem Silbersalze auch organische Haru- bestandtheile ausgefällt, und die Zahlen für das Chlor fallen in Folge hiervon etwas zu hoch aus. Will man nach dieser Methode arbeiten, so müssen des- halb auch die organischen Harnbestandtheile zuerst zerstört werden. Zu dem Zwecke verdunstet man 5 — 10 Cc Harn nach Zusatz von 1 g chlorfreier Men},'e des Ulilornatri- ums im Jiarne. Die Chlor- ausscheid- ung in Krank- heiten. Bromide und Jodide im Harne. Mohr'sche Titnr- methode. 316 Vierzehntes Kapitel. Volhard'- sche Titrir- methode. Erforder- liche Lös- ungen. Bereitung und Prüfung der Khodan- lösung. Titrirung im Harne nach Volhards Methode. Soda und 1—2 g chlorfreiem Salpeter vollständig zur Trockne und äschert vorsichtig ein. Die Schmelze löst man in Wasser, säuert die Lösung erst schwach mit Salpetersäure an und neutralisirt dann genau mit reinem kohlen- saurem Kalk. Diese neutrale Lösung wird zu der Titrirung verwendet. N Die Silbernitratlösung kann eine —-Lösung sein. Oft giebt man ihr aber eine solche Stärke, dass je 1 Cc 0,006 g Cl, bezw. 0,010 g NaCl ent- spricht. In diesem letztgenannten Falle enthält die Lösung 29,075 g AgNOg im Liter. Die Methode von Volhard. Statt der vorhergehenden kann man die VoLHARD'sche Methode, welche im Harne direkt zur Verwendung kommen kann, benutzen. Das Prinzip dieser Methode ist folgendes. Aus dem mit Salpetersäure angesäuerten Harne fällt man alles Chlor mit überschüssigem Silbernitrat aus, filtrirt ab und bestimmt in einem abgemessenen Theile de:i Filtrates mit Rhodanalkalilösung die ]\Ienge des überschüssig zugesetzten Silber- salzes. Dieses letztere wird von der Rhodaulösung vollkommen gefällt, und als Indikator benützt man dabei eine Lösung von Ferrisalz, welches bekanntlich mit der kleinsten Menge Rhodan eine von Eisenrhodanid rothgefärbte Flüssig- keit giebt. Zu dieser Titrirung sind erforderlich: 1. Eine Silbe rnitratlösung, welche 29,075 g AgNOg im Liter enthält, und von welcher also 1 Cc 0,010 g NaCl oder 0,00607 g Cl entspricht; 2. eine bei Zimmertemperatur gesättigte Lösung von chlorfreiem Eisenalaun oder Ferrisulfat; 3. chlorfreie Salpetersäure von dem spez. Gewichte 1,2 und 4. eine Rhodankalium- lösung, welche 8,3 g KONS im Liter enthält, und von welcher 2 Cc also 1 Cc der Silbersalzlösung entsprechen. Man löst etwa 9 g Rhodankalium in Wasser und verdünnt zum Liter. Den Gehalt dieser Lösung an KRh bestimmt man darauf mit der Silbernitratlösung in folgender Weise. Von der Silbersalzlösung raisst man 10 Cc ab, setzt dann 5 Cc Salpetersäure imd 1 — 2 Cc Ferrisalzlösung zu und verdünnt mit Wasser zu etwa 100 Cc. Hierauf lässt man imter stetigem Umrühren die Rhodanlösung aus der Bürette zufliessen, bis eine nach Umrühren nicht ver- schwindende schwache Rothfärbung der Flüssigkeit emtritt. Dem in dieser Weise gefundenen Gehalte an Rhodanalkali entsprechend wird die Rhodanlösung darauf mit Wasser verdünnt. Man titrirt noch ein Mal mit 10 Cc AgXOs-lösung imd korrigirt die Ehodanlösimg durch vor- sichtigen Wasserzusatz, bis 20 Cc derselben genau 10 Cc der Silberlösung entsprechen. Bei Chlorbestimmungen im Harne nach dieser Methode verfährt man auf folgende Weise. In einen Kolben, welcher bis zu einer bestimmten Marke am Halse 100 Cc fasst, lässt man erst genau 10 Cc Harn einfliessen, fügt dann 5 Cc Salpetersäure dazu, verdünnt mit etwa 50 Cc Wasser und lässt dann genau 20 Cc der Silbernitratlösung hinzufliessen. Man schliesst nun den Kolben mit dem Daumen, schüttelt stark um, streicht den Daumen an der Mündung ab, spritzt ihn mit destillirtem Wasser über den Kolben ab und füllt diesen letzteren mit destillirtem Wasser bis zur Marke. Man verschliesst nun wieder mit dem Daumen, mischt sorgfältig durch Schütteln und filtrirt durch ein trockenes Filtrum. Von dem Filtrate misst man mit einer trockenen Pipette 50 Cc ab, setzt 3 Cc der Ferrisalzlösung zu und lässt dann die Rhodanlösung vorsichtig zufliessen, bis die über dem Niederschlage stehende Flüssigkeit eine bleibende röthllche Farbe angenommen hat. Die Berechnung ist sehr einfach. Wenn z. B. zur Erzeugung der Endreaktion 4,6 Cc Rhodanlösung verbraucht wurden, so sind also für 100 Cc Filtrat (= 10 Cc Harn) 9,2 Cc derselben Lö- sung nöthig. 9,2 Cc Rhodanlösung entsprechen aber 4,6 Cc Silberlösmig, und es waren also zur vollständigen Ausfällung der Chloride in 10 Cc Harn Phosphate. 317 20 — 4,(3 = 15,4Cc Silberlösung erforderlich z= 0,154 g NaCl. Der Gehalt des fraglichen Harnes an Chlomatrium war also 1,54 °/o oder 15,4"/oo. Wenn man zu der Bestimmung stets 10 Co Harn nimmt , immer 20 Cc AgNOa- lösung zusetzt und zu 100 Cc mit Wasser verdünnt, so findet man, wenn man die auf 50 Cc Filtrat verbrauchten Cc Rhodanlösung (R) von 20 abzieht, direkt den Gehalt des Harnes an NaCl in 1000 Theilen. Der Gehalt an NaCl in p. m. ist also unter diesen Bedingungen = 20 — R., und der Prozentgehalt ,. ,,, . (20 — R.) SSaCl also ^^ '- 10 Zur approximativen Schätzung der Menge der Chloride im Harne (welcher frei von Eiweiss sein muss) macht man den letzteren stark sauer mit Salpeter- säure und lässt dann in ihn einen Tropfen einer konzentrirten Silbernitrat- lösung (1:8) hineinfallen. Bei normalem Chlorgehalte sinkt der Tropfen als mative ein ziemlich kompaktes käsiges Klümpchen zu Boden. Je geringer der Chlor- der Itfemfe gehalt ist, um so weniger fest und cohärent wird die Fällung, und bei Gegen- der Chloride. wart von nur sehr wenig Chlor erhält man einen weissen feinkörnigen Nieder- schlag oder auch nur eine Trübung, bezw. Opalisirung. Phosphate. Die Phosphorsäure kommt im sauren Harne theils als zwei- fach saures, MH0PO4, und theils als einfach saures, M^HPO^, Phosphat vor, welche beide Phosphate jedoch gleichzeitig im sauren Harne sich vorfinden können. Ott fand im Mittel BO^/o der Gesammtphosphorsäure als zweifach saures und 40 "^/o als einfach saures Phosphat. Die totale Phosphorsäuremenge ist sehr schwankend und sie hängt von der Art mid Menge der Nahrung ab. Im Mittel wird sie zu rund 2,5 g PqOj, mit Schwankungen von 1 — 5 g, pro 24 Stunden angeschlagen. Zum kleinen Theile rührt die Phosphorsäure des Harnes von innerhalb des Organismus verbrannten organischen Verbindungen, Nuclein, Protagon und Lecithin, her. Die Hauptmasse stammt jedoch von den Ausscheid- Phosphaten der Nahrung, und die Menge der ausgeschiedenen Phosphorsäure phofphaten ist am grössten, wenn die Nahrung reich an Alkaliphosphaten im Verhältniss *^°Harn.^'^ zu der Menge des Kalkes und der Magnesia ist. Enthält die Nahrung viel Kalk und Magnesia, so können reichliche Mengen von Erdphosphaten mit den Exkrementen ausgeschieden werden, und trotz einer nicht unbedeutenden Menge Phosphorsäure in der Nahrung wird in diesem Falle der Phosphorsäure- gehalt des Harnes gering. Ein solches Verhalten kommt bei den Pflanzen- fressern, deren Harn regelmässig arm an Phosphaten ist, vor. Die Grösse der Phosphorsäureausscheidung durch den Harn hängt also nicht nur von der Totalmenge der Phosphorsäure der Nahrung, sondern auch von dem relativen Mengenverhältnisse der alkalischen Erden und der Alkalisalze in der Nah- rung ab. Je nachdem die Umsetzung der eiweissreichen Gewebe oder der phosphor- reichen Nervensubstanz im Körper gesteigert ist, könnte man vielleicht eine ungleiche Relation zwischen Stickstoff und Phosphorsäure im Harne erwarten, ''^s^hen^ Untersuchungen hierüber sind auch von mehreren Forschern (Zuelzer, SteübdsG Sarl-^un'd und Edlefssen) ausgeführt worden ; da aber alle diejenigen Verhältnisse, welche aussch^id- auf die Phosphorsäureausscheidung einwirken, noch nicht genügend bekannt "°°' 318 Vierzehntes Kapitel. Die Phos- phorsäure- aiissclioid- ung in Krank- heiten. Prinzip der Titrirung. Bereitung der Uran- lösung. Ausführung der Titrir- ung. sind, so ist es schwierig, aus den bisher gemachten Beobachtungen ganz bestimmte Schlüsse zu ziehen. lieber die Phosphorsäureausscheidung in Krankheiten ist wenig bekannt. In fieberhaften' Krankheiten soll die Menge der Phosphorsäure, derjenigen des Harnstoffes gegenüber, bedeutend herabgesetzt sein (Zuelzer). Bei Nierenleiden kann die Fähigkeit der Nieren die Phosphate zu eliminiren bedeutend ver- mindert sein (Fleischer), Bei der Meningitis soll dagegen angeblich eine be- deutende Vermehrung der Phosphate im Harne vorkommen. Von Teissier ist eine besondere Form von Polyurie beschrieben worden, in welcher reichliche Mengen von Erdphosphaten, 10 — 20 — 30 g pro 24 Stunden, abgesondert werden können. Diese Polyurie ist von TEissiERPhosphatdiabetes genannt worden. Die Angaben über die Menge der Phosphate im Harne bei der Rhachitis und der Osteomalacie sind etwas streitig. Eine verminderte Phosphorsäureausschei- dung wurde von Stokvis bei Arthritis beobachtet. Quantitative Bestimmung der Phosphorsäure im Harne. Diese Bestim- mung geschieht am einfachsten durch Titrirung mit einer Lösung von essig- saurem Uranoxyd. Das Prinzip dieser Titrirung ist folgendes. Eine warme, freie Essigsäure enthaltende Lösung eines phosphorsauren Salzes giebt mit einer Lösung eines Uranoxydsalzes einen weissgelben oder grünlichgelben Nieder- schlag von phosphorsaurem Uranoxyd. Dieser Niederschlag ist unlöslich in Essigsäure, wird aber von Mineralsäuren gelöst, und aus diesem Grunde setzt man bei der Titrirung immer Natriumacetatlösung in bestimmter Menge zu. Als Indikator benutzt man gelbes Blutlaugen salz, welches nicht auf den Uranphos- phatniederschlag einwirkt, mit der geringsten Menge eines löslichen Uranoxyd- salzes dagegen eine rothbraune Fällung oder Färbung giebt. Die zu der frag- lichen Titrirung erforderlichen Lösungen sind also: 1. Eine Lösung eines Uranoxydsalzes, von welcher Lösung je 1 Cc 0,005 g P2O5 entspricht, und welche also 20,3 g Uranoxyd im Liter enthalten muss. 20 Cc dieser Lösung entsprechen also 0,100 g P2O5; 2. Eine Lösung von Natrium- acetat und 3. eine frisch bereitete Lösung von Ferrocy ankalium. Die Uraulösung bereitet man sicli aus Uranuitrat oder Uranacetat. Mau löst etwa 35 g essigsaures Uranoxyd in Wasser, setzt etwas Essigsäure zu, um vollständige Lösung zu erzielen, und verdünnt zum Liter. Den Gehalt der Lösimg ermittelt man durch Titration mittelst einer Natriumjihosphatlösung von genau bekanntem Gehalte (10,085 g krystallisirtes Salz im Liter, was einem Gehalte von 0,100 g P2O5 in 50 Cc gleich ist). Man verfährt hierbei in derselben Weise wie bei der Titiürimg im Harne (vergl. unten) imd korrigirt die Lösung durch Verdünnung mit Wasser und neues Titriren, bis 20 Cc der Uraulösimg genau 50 Cc der obigen Phosphatlösung entsi^rechen. Die Natriumacetatlösung soll in 100 Cc 10 g Natriumacetat und 10 g Acidum aceticum concentratum enthalten. Zu jeder Titrirung nimmt man von dieser Lösung 5 Cc auf je 50 Cc Harn. Bei der Ausführung der Titrirung misst man in ein Becherglas 50 Cc des filtrirten Harnes ab, setzt 5 Cc der Natriumacetatlösung zu, bedeckt das Becherglas mit einem Uhrgläschen und erwärmt im Wasserbade. Hierauf lässt man die Uranlösung aus der Bürette zufliessen, und wenn der Niederschlag nicht mehr sich merkbar vermehrt, lässt man einen herausgenommenen Tropfen auf einer Porzellanplatte mit einem Tropfen Blutlaugensalzlösung zusammen- fliessen. So lange noch zu wenig Uranlösung zugesetzt worden ist, bleibt die Farbe hierbei nur blassgelb, und man muss mehr Uranlösuug zusetzen ; sobald man aber den geringsten Ueberschuss von üranlösung zugesetzt hat, wird die Sulfate. 319 Farbe schwach röthlich braun. Hat man diesen Punkt erreicht, so erwärmt man von Neuem und wiederholt die Prüfung mit einem neuen Tropfen. Erhält man auch diesmal eine Färbung von derselben Stärke wie die Endreaktion bei der Titerstellung, so ist die Titration beendigt. Widrigenfalls setzt man die Uranlösuug tropfenweise zu, bis eine nach erneuertem Erwärmen bleibende Färbung hervortritt, und wiederholt dann den Versuch mit neuen 50 Co des Harnes. Die l^erechnung ist so einfach, dass es überflüssig ist, dieselbe durch ein Beispiel zu beleuchten. Auf die nun angegebene "Weise bestimmt man die Gesammtmenge der Phosphorsäure im Harne. Will man dagegen die an alkalische Erden und die an Alkalien gebundene Phosphorsäure gesondert kennen lernen , so be- stimmt man erst die gesammte Phosphorsäure in einer Harnportion und scheidet dann in einer anderen Portion die Erdphosphate mit Ammoniak aus. Den Niederschlag sammelt man auf einem Filtrum, wäschst ihn aus , spült ihn mit Wasser in ein Becherglas hinab, setzt Essigsäure zu und löst ihn durch Er- wärmen. Diese Lösung verdünnt man darauf mit Wasser zu 50 Cc, setzt 5 Cc Natriumacetatlösung hinzu und titrirt wie gewöhnlich mit Uranlösung. Die Differenz der in beiden Bestimmungen gefundenen Phosphorsäuremengen giebt die Menge der an Alkalien gebundenen Phosphorsäure an. Sulfate. Die Schwefelsäure des Harnes rührt nur zum ganz kleinen Theile von Sulfaten der Nahrung her. Zum unverhältnissmässig grössten Theile entsteht sie bei der Verbrennung des schwefelhaltigen Eiweisses im Körper, und es ist hauptsächlich diese Schwefelsäurebildung aus dem Eiweisse, welche den oben hervorgehobenen Ueberschuss von Säure, den Basen gegenüber, im Harne bedingt. Die Menge der durch den Harn ausgeschiedenen Schwefel- säure, kann zu etwa 2,5 g HgSO^ pro 24 Stunden angeschlagen werden. Da die Schwefelsäure hauptsächlich aus dem Eiweisse stammt, geht auch die Schwefelsäureausscheidung der Stickstoffausscheidung ziemlich parallel, und das Verhältniss NiHgSO^ ist auch ziemlich regelmässig =5:1. Die Schwefel- säui-e kommt im Harne theils präformirt (als Sulfatschwefelsäure) und theils als Aetherschwefelsäure vor. Die Menge der Gesammtschwefelsäure bestimmt man, unter Beobachtung der in ausfühi-licheren Handbüchern gegebenen Vorschriften, in der Weise, dass man 100 Cc des filtrirten Harnes nach Zusatz von 5 Cc konzeutrirter Salz- säure 15 Minuten kocht, im Sieden mit 2 Cc gesättigter BaClo-lösung fällt und dann noch einige Zeit erwärmt, bis das Baryumsulfat sich vollständig abgesetzt hat. Der Niederschlag muss nach dem Auswaschen mit Wasser auch mit Al- kohol und Aether (zur Entfernung harzartiger Substanzen) gewaschen werden, bevor er nach den allgemein bekannten Vorschriften behandelt Avird. Zur getrennten Bestimmung der Sulfatschwefelsäure und der Aether- schwefelsäure kann man nach der Methode von Baumaxx erst die Sulfat- schwefelsäure aus dem mit Essigsäure angesäuerten Harne mit BaClg ausfällen und dann durch Sieden nach Zusatz von Salzsäure die Aetherschwefelsäure zer- setzen und die freigewordene Schwefelsäure als Baryumsulfat ausfällen. Noch besser verfahrt man jedoch auf folgende, von Salkowski angegebene Weise. 200 Cc Harn fällt man mit dem gleichen Volumen einer Barytlösung, welche aus 2 Vol. Barjthydrat- und 1 Vol. Chlorbaryumlösung , beide bei Zimmertemperatur gesättigt, besteht. Man filtrirt durch ein trockenes Filtrum, Gesonderte Bestimmang der an Al- kalien und Erden ge- bundenen Phosphor- säure. Sulfate im Harne. Bestimmung der Ge- sammt- schwefel- säure. 320 Vierzehntes Kapitel. Gesonderte Bestimmung der Sulfat- und der Aether- sch wofel- säure. Nitrate. Ealinm und Natrium. Ammoniak im Harne. Ammoniak- ausscheid- ung in Krank- heiten. misst von dem Filtrate, welches nur die Aetherschwefelsäuren enthält, 100 Cc ab, setzt 10 Cc Salzsäure von dem spez. Gewicht 1,12 zu, kocht 15 Minuten und erwärmt dann auf dem Wasserbade, bis der Niederschlag sich vollständig abgesetzt hat und die darüberstehende Flüssigkeit vollständig klar geworden ist. Dann wäscht man mit warmem Wasser, mit Alkohol und Aether und verfährt im Uebrigen nach den üblichen Vorschriften. Aus der Differenz zwischen der so gefundenen Aetherschwefelsäure und der in einer besonderen Harnportion bestimmten Gesammtschwefelsäure berechnet sich die Menge der Sulfat- schwefelsäure. Nitrate kommen in geringer Menge im Menschenharne vor (Schönbkin) und sie stammen wahrscheinlich von dem Trinkwasser und der Nahrung her. Nach Wkyl und CiTRON ist ihre Menge am kleinsten bei Fleischkost und am grössten bei vegetabilischer Nahrung; die Menge soll als Mittel etwa 42,5 mg im Liter sein. Kalium und Natrium. Die von einem gesunden Erwachsenen bei ge- mischter Kost pro 24 Stunden mit dem Harne ausgeschiedene Menge dieser Stoffe ist nach Salkowski 3 — 4 g K2O und 5 — 7,5 g NagO. Das Verhält- niss K : Na ist gewöhnlich wie 3 : 5. Die Menge hängt vor Allem von der Nahrung ab. Beim Hungern kann der Harn nach and nach reicher an Kalium als an Natrium werden, was von dem Aufhören der Kochsalzzufuhr und dem Umsätze der kalireichen Gewebe herrührt. Im Fieber kann ebenfalls die Menge des Kaliums relativ bedeutend grösser werden , während nach der Krise das Umgekehrte der Fall ist. Die quantitative Bestimmung dieser Stoffe geschieht nach den in grösseren Handbüchern angegebenen gewichtsanalytischen Methoden. Ammoniak. In dem Harne des Menschen und der Fleischfresser findet sich regelmässig etwas Ammoniak. Dieses Ammoniak dürfte nach dem oben (S. 283) von der Harnstoff bildung aus Ammoniak Gesagten wohl die kleine Ammoniakmenge repräsentiren, welche, wegen des Ueberschusses der bei der Verbrennung entstandenen Säuren, den fixen Alkalien gegenüber, von solchen Säuren gebunden und demnach von der Synthese zu Harnstoff ausgeschlossen worden ist. Mit dieser Anschauung stimmt auch die Beobachtung von Cokanda, dass die Ammoniakausscheidung bei vegetabilischer Kost kleiner und bei reich- licher Fleischkost grösser als bei gemischter Kost ist. Bei gemischter Kost beträgt die mittlere Menge des mit dem Harne ausgeschiedenen Ammoniaks etwa 0,7 g NHg pro 24 Stunden (Neubauer). Die Menge des Ammoniaks im Harne wird beim Menschen und bei Fleischfressern von eingeführten Mineralsäuren vermehrt und ebenso nimmt sie in Krankheiten, in welchen durch gesteigerten Eiweissumsatz eine vermehrte Säurebildung stattfindet, zu. Dies ist im Fieber und bei Diabetes der Fall. In dieser letzteren Krankheit kann ausserdem eine organische Säure, die ß-Oxj- buttersäure, entstehen (Minkowski, Külz, Stadelmann), welche an Ammoniak gebunden in den Harn übergeht. Bei Leberkrankheiten, wie bei akuter gelber Leberatrophie und interstitieller Hepatitis (Hallervorden, Stadelmann), kann die Harnstoffbilduug abnehmen und die Ammoniakausscheiduug gesteigert werden. In diesen Fällen wird das Verhältniss NH3 : Ur, welches nach Ammoniak, Calciinn iiiul iNriiiriii'siuin S21 Calcium und Magnesium. STADELi\rANN normalerweise = 2,8 : 100 ist, zu Gunsten des Ammoniaks ge- ändiM't. Dasselbe kann auch bei der akuten Phosphorvergiftung sich ereignen. In einem solchen Falle fand K. Möunkh die Relation 5,2 : 100. Der Nachweis und die (juantitative Bestinuiiung des Annnoniaks geschieht am häufigsten nach der Methode von Sciilösinü. Das Prinzip dieser Methode besteht darin, dass man aus einer abgemessenen Menge IFarn das Ammoniak mit Kalkwasscr in einem abgeschlossenen Raum frei macht uud das fi-ei ge- N "wordene Ammoniak von einer abgemessenen Menge -— ■ Schwefelsäure absor- bireu lässt. Nach beendeter Absorption des Ammoniaks erfährt mau die Menge des*Ammo- desselben durch Titration der rückständigen , freien Schwefelsäure mit einer niaks. N ——-Lauge. Diese Methode giebt jedoch leicht etwas zu niedrige Zahlen, und man muss, um ganz genaue Werthe zu erhalten, nach der von Bohland (Pflüger's Archiv Bd. 43 S. 32) angegebenen Modifiikation arbeiten. Andere Methoden sind von Sciimiedebekg und von Latschenberger angegeben worden. Calciuiu und Mag^iiesium kommen zum unverhältnissmässig grössten Theile als Phosphate im Harne vor. Die Menge der täglich ausgeschiedenen Erdphosphate beträgt etwas mehr als 1 g und von dieser Menge kommen an- nähernd ^/3 auf das Magnesium- und ^/s auf das Calciumphosphat. Im sauren Harne finden sich sowohl einfach wie zweifach saure Erdphosphate, und die Löslich keit der erstei-en , unter denen das Calciumsalz, CaHP04, besonders schwerlöslich ist, soll durch die Gegenwart von zweifach saurem Alkaliphosphat und Chlornatrium im Harne wesentlich erhöht werden (Ott). Die Menge der alkalischen Erden im Harne ist von der Beschaffenheit der Nahrung abhängig. Ueber konstante und regelmässige Veränderungen der Ausscheidung derselben in Krankheiten ist wenig Sicheres bekannt. Die quantitative Bestimmung des Calciums und des Magnesiums \\'ird nach allgemein bekannten Regeln ausgeführt. Eisen kommt im Harne nur in geringer Menge und wie es sclieint nielit als Salz, sondern in organischen Verbindungen — theils vielleicht als Farbstoff oder Chromogen (Kunkel, Giacosa) und theils in anderer Form — vor. Nach Magnier soll die Menge des Eisens im Liter Harn 3 — 11 mg sein. Nach Gottlieb beträgt die Eisenausscheidung mit dem Harne bei gesvmden Menschen 2,59 mg für den Tag. In den Dann eingeführte Eisen- salze gellen entweder gar nicht oder in nur äusserst geringen Mengen in den Harn über. Die Menge der Kieselsäure beträgt nach den gewöhnlichen Angaben etwa 0,03 p. m. Spuren von Wasserstoffhyperoxyd kommen auch im Harne vor. Die Gase des Harnes sind Kohlensäure, Stickstoff und Spuren von Sauei'- stoff. Die Menge des Stickstoffes ist nicht ganz 1 Vol.-prozent. Die der Kohlensäure schwankt bedeutend. In saurem Harne ist sie kaum halb so gross wie in neutralem oder alkalischem Harne. Eisen im Harne. Hammarsten, Pliysiologische Chemie. 21 322 Vierzehntes Kapitel. IV. Menge und quantitative Zusammensetzung des Harnes. Aufgabe dor Nioron. Die Vor- gänge bei d er Hariiab- sonderung. Auf die ilenge und Zusammen- sotzung des Harnes ein- wirkende Umstände. Eine direkte Betlieiligung der Nierensubstanz an der Bildung der Harn- bestandtheile ist wenigstens für einen Bestandthcil des Harnes, nämlich die Hippursäure, bewiesen, Dass die Nieren, wie die Gewebe überhaupt, einen ge- wissen Antheil an der Bildung auch anderer Harnbestandtheile haben können, ist wohl nicht zu bezweifeln; dass aber ihre Hauptaufgabe darin besteht, die im Blute gelösten, aus anderen Organen und Geweben aufgenommenen Harn- bestandtheile auszusondern und auszuscheiden, scheint wohl eine ganz sicher- gestellte Thatsache zu sein. Dass diese Ausscheidung des Wassers und der übrigen Harnbestand- theile nicht durch einfache Diftusion und Filtration allein zu Stande kommt, ist durch die Untersuchungen zahlreicher Forscher, wie Heldenhain, v. Wittich, NiissBAUM, Neisser, Ustimowitscii, J. Munk u. A. gezeigt worden. Man ist auch darüber einig, dass die Vorgänge der Harnsekretion im Wesentlichen auf einer spezifischen Zellenthätigkeit der Epithelien der Hai-nkanälchen beruhen, neben welcher jedoch Filtrations- und Diffusionsprozesse unzweifelhaft auch verlaufen. Den Vorgang der Harnabsonderung beim Menschen und den höheren Thieren stellt man sich auch allgemein in den Hauptzügen in folgender Weise vor. Das Wasser soll nebst einer kleinen Menge der Salze durch die Glomeruli hindurchgehen, während die Hauptmasse der festen Stoffe durch das Epithel der Harnkanälchen ausgeschieden werden soll. Eine Absonderung der festen Stoffe ohne eine gleichzeitige Ausscheidung von Wasser lässt sich jedoch nicht denken, und es muss deshalb auch ein Theil des Wassers durch die Epithel- zellen der Harnkanälchen ausgeschieden werden. Den Durchgang der Haupt- masse des Wassers durch die Glomeruli betrachtet man ziemlich allgemein als eine von dem Blutdrucke abhängige Filtration. Nach Heidenhain soll indessen der dünnen Zellenschicht der Glomeruli eine sekretorische Wirkung zukommen. Die Menge und Zusammensetzung des Harnes sind grossen Schwankungen unterworfen. Diejenigen Umstände, welche unter physiologischen Verhältnissen auf dieselben den grössten Einfluss ausüben, sind jedoch folgende: Der Blut- druck und die Geschwindigkeit des Blutstromes in den Glomerulis ; der Gehalt des Blutes an Harnbestand theilen, besonders an Wasser, und endlich auch der Zustand der secernirenden Drüsen demente selbst. Vor Allem hängen selbst- verständlich die Menge und die Konzentration des Harnes von der Grösse der Wasserausscheidung ab. Dass diese letztere bei einem bestimmten Wasser- gehalte des Blutes mit veränderten Blutdrucks- und Cirkulationsverhältnissen schwanken kann, ist offenbar ; unter gewöhnlichen Verhältnissen hängt aber die Grösse der Wasserausscheidung durch die Nieren im Wesentlichen von der Wassermenge ab, welche dem Blute zugeführt wird, bezw. den Körper auf anderen Wegen verlässt. Es wird also die Harnabsonderung durch reichliches Wasser- Menge uiul quantitative Zusammensetzung des Harnes. 323 trinken oder veriniiulerte Wasserabfuhr auf anderen Wegen vennelnl und um- gekehrt bei verminderter Wasserzufuhr bezw. grösserem Wasserverluste auf anderen Wegen vermindert. Ge^Yühnlich wird beim Menschen durch die Nieren ebenso viel Wasser wie durch Haut, Lungen und Darm zusanmien ausgeschieden. Bei niedriger Temperatur und feuchter Luft, unter welchen Verhältnissen die Wasseraussclioiduiig durch die Haut herabgesetzt ist, kann die Harnabsonde- rung dagegen bedeutend zunehmen. Verminderte Wasserzufuhr oder vermehrte Jig® f^'arnet Ausscheidung von Wasser auf anderen Wegen — wie bei heftigen Diarrhöen, scWedeneü heftigem ICrbrechen oder reichlicher Schweissabsondcrung — vermindern dagegen Umstunden. die Harnabsonderung stark. Es kann also z. B. bei starker Sommerhitze die tägliche Harnmeuge auf 500 - 400 Co herabsinken , während man nach reich- lichem Wassertrinken eine Harnausscheidung von 8000 Cc beobachtet hat. Die im Verlaufe von 24 Stunden entleerte Harnmenge muss also bedeutend schwanken können; gewöhnlich Avird sie jedoch beim gesunden erwachsenen ]\[anne durelischnittlich zu 1500 Cc und beim Weibe zu 1200 Cc berechnet. Das Minimum der Absonderung fällt in die Nacht, etwa zwischen 2 — 4 Uhr. ÄLaxima fallen in die ersten Stunden nach dem Erwachen und in die Zeiträume von 1 — 2 Stunden nach den ]\[ahlzeiten. Die jNIenge der im Verlaufe von 24 Stunden abgesonderten festen Stoffe ist, selbst bei schwankender Harnmenge, ziemlich konstant und zwar um so mehr, je gleichmässiger die Lebensweise ist. Dagegen verhält sich selbstverständlich der Prozentgehalt des Harnes an festen Stoffen im Allge- meinen umgekehrt wie die Harnmenge. Die Menge der festen Stoffe pro ^eJe-'(^|' 24 Stunden wird gewöhnlich durchschnittlich zu (50 g berechnet. Die Menge ^"^e^J^tanj™' derselben kann man mit annähernder Genauigkeit aus dem spez. Gewichte in ^*^®''®- der Weise berechnen , dass man die zweite imd dritte Decimalstelle der das spez. Gewicht angebenden Zahl mit dem HÄSER'schen Koeffizienten 2,33 multi- plizirt. Das Produkt giebt die Menge der festen Stoffe in 1000 Cc Harn an, und wenn die Menge des in 24 Stunden abgesonderten Harnes gemessen wird, lässt sich also die Menge der in demselben Zeiträume abgesonderten festen Stoffe leicht berechnen. AVerden z. B. im Laufe von 24 Stunden 1050 Cc der^°festerf Harn von dem spez. Gewichte 1,021 abgesondert, so ist also die Menge der dem spez. 48 9 X 1050 Gewichte. festen Stoffe: 21 X 2,33 = 48,9, und ' \^ = 51,35g. Der Harn enthielt also in diesem Falle 48,9 p. m. feste Stoffe, und die Tagesmeuge der letzteren war 51,35 g. Diejenigen Stoffe, welche unter physiologischen Verhältnissen auf die Dichte des Harnes besonders einwirken, sind das Kochsalz und der Harnstoff. Da das spez. Gewicht des ersteren 2,15, das des letzteren dagegen nur 1,32 beträgt, so ist es einleuchtend, dass, wenn das relative Mengenverhältniss dieser quellen bei zwei Stoffe wesentliche Abweichungen von dem Normalen zeigt, die obige, auf Berechnung. dem spez. Gewichte gegründete Berechnung weniger genau werden muss. Das- 21* 324 Vierzehntes Kapitel. Menge und Konzen- tration des Harnes unter iibnormon Verhiüt- nissen. Tagosmenge der verschie- denen Harn- bestand- tlieile. .-^elbe muPs auch der Fall sein , wenn ein an normalen Bestaudtlieilen ärmerer Harn reichlichere Mengen von fremden Stoffen, Eiweiss oder Zucker, enthält. Wie oben erwähnt, nimmt im Allgemeinen der Prozentgehalt des Hanies an festen Stoffen mit einer grösseren abgesonderten Harnmenge ab, und bei einer reichlichen Harnabsonderung (einer Polyurie) hat deshalb auch in der Regel der abgesonderte Harn ein niedriges spezifisches Gewicht. Eine Avichtige Ausnahme hiervon macht jedoch die Zuckerharnruhr (Diabetes mellitus), bei welcher in sehr reichlicher Menge ein Harn abgesondert wird, dessen sj^ez. Gewicht, des hohen Zuckergehaltes wegen, sehr hoch sein kann. Bei Absonderung von nur wenig Harn {Oligurie), wie bei starkem Schwitzen, bei Diarrhöen und beim Fieber, ist das spez. Gewicht in der Regel sehr hoch, der Prozentgehalt an festen Stoffen gross und die Farbe dunkel. Zuweilen , wie z. B. in gewissen Fällen von Albuminurie, kann jedoch umgekehrt der Harn trotz der Oligurie ein niedriges spez. Gewicht haben, blassgefärbt und arm an festen Stoffen sein. Wegen der grossen Schwankungen, welche die Zusammensetzung des Harnes zeigen kann, ist es schwierig, eine tabellarische Uebersicht über die Zusammensetzung desselben zu liefern. Zu einigem Nutzen dürfte jedoch viel- leicht die folgende tabellarische Zusammenstellung werden können, wobei jedoch nicht übersehen werden darf, dass die Zahlen nicht auf lOOOTheile Harn sich lieziehen, sondern nur annähernd diejenigen Giengen der wichtigsten Haupt- bestandtheile angeben, welche im Laufe von 24 Stunden bei einer durchschnitt- lichen Harnmenge von 1500 Cc abgesondert werden. Tagesmenge der festen Stoße = 60 g. Orgauiselie Bestandtlieile = 35 g. Anorganische Bestandtheile ^= 25 g. Harnstoff 30,0 g Chlornatrium (NaCl) . . 15,0 g Harnsäure 0,7 „ Schwefelsäure (HjSO^) . 2,5 „ Kreatinin 1,0 „ Phosphorsäure (P2O5) . . 2,5 „ IIii)pursäure 0,7 „ Kali (KgO) .."... 3,3 „ Uebrige org. Stoflb . . . 2,G „ (Ammoniak (XHj) . . . 0,7 „ Magnesia (MgO) .... 0,5 „ Kalk (CaO) 0,3 „ Uebrige anoi-g. Stofte . . 0,2 „ Der Gehalt des Harnes an festen Stoffen ist durchschnittlich 40 p. m. Die Menge des Harnstoffes ist etwa 20 und die des Kochsalzes etwa 10 p. m. Zufällige llarnbo- standtlunle. V. Zufällige Harnbestandtheile. Das Auftreten zufälliger, von Arzneimitteln oder von in den Körper ein- geführten, fremden Stoffen herrührender Harnbestandtheile kann aus prak- tischen Rücksichten von Bedeutung werden, weil derartige Bestandtheile einer- seits bei gewissen Harnuntersuchungen störend wirken können und andererseits ein gutes Mittel zur Entscheidimg, ob gewisse Stoffe eingenommen worden sind oder nicht, abgeben können. Von diesem Gesichtspunkte aus werden auch einige solche Stoffe in einem folgenden Abschnitte (über die pathologischen Harnbestandtheile) bespi-ocheu werden. Von einem besonders grossen, physio- Zufällige Jliiriibestaudtlieile. ?,25 logisch cheraischeu Interesse ist jedoch das Auflrcteii /-ufälliger oder IVcindcr Stoffe im Hunie in den Füllen, in welchen sie die Art der cheniischeu Um- setzungen gewisser fSubstunzen innerhalb des Körpers zu beleuchten geeignet sind. Dil die unorganischen Stoffe, welche im Allgemeinen den Körper un- verändert verlassen, von diesem Gesichtspunkte aus von geringerem Interesse sind, niuss die Hauptaufgabe hier die sein, die Umsetzungen g(!wisser, in den Thierkörper eingeführter organischer Substanzen zu besprechen , insoferne als diese Umsetzungen durch Untersuchung des Harnes der Forschung zugänglich geworden sind. Die der Feilreihe angehörenden Stoffe fallen meistens, wenn auch mehrere Ausnahmen von der Kegel vorkommen, einer zu den Endprodukten des Stoff- wechsels führenden Verbrennung anheim, wobei jedoch oft ein kleinerer oder grösserer Theil des fraglichen Stoffes der Oxydation sich entzieht und in dem Harne unverändert erscheint. In dieser Weise verhält sich ein Theil . . . Veihalten der on/aiiischeii oüuren, welche sonst im Allgemeinen zu AVasser und der organ. ■ Säuren. Karbonaten verbrannt werden und den Harn neutral oder alkalisch machen können. Die an Kohlenstoff ärmeren ßüchtigen FeUsäwen werden weniger leicht als die kohlenstofli-eicheren verbrannt, und sie gehen deshalb auch in grösserer Menge — dies gilt besonders von der Ameisensäure und der Essig- säure — unverändert in den Harn über (Schotten, Gkehant und Quinquaud). Die Ü.V'ilsäKrii geht vollständig oder fast vollständig unverändert in den Harn über (GagIvIo). Die Süiircumide scheinen im Körper nicht umgesetzt zu werden (Schultzen und Nencki). Die Amidosäuren scheinen zwar zum kleinen Theile unverändert ausgeschieden werden zu können, aber sonst werden sie, wie oben S. 283, von dem Lt'Kcin, dem Glycocidl und der Aaparaginsäure gesagt worden ist, im Körper zersetzt, und sie können dabei eine vermehrte Harnstoffausscheidung hervorrufen. Das SarJwsin (Methylglycocoll), NH(CH3).CH2.COOH, dürfte ausserdem vielleicht zum kleinen Theile in die entsprechende Uramidosäure, die Methi/Üujdanto'imäurc, NH2.CO.N(CH3).CH2.COOH, übergehen. Ebenso kann das Taarin , die Amidoäthansulfonsäure , welches zwar bei verschie- der Amido- (lenen Thieren etwas verschieden sich verhält (Salkowski), beim Menschen wenigstens zum Theil in die entsprechende Uramidosäure, die Taurokarbamin- süurc, NHg.CO.NH.CgH^.SOg.OH., übergehen. Ein Theil des Taurins erscheint auch als solches im Harne. Beim Kaninchen erscheint, wenn das Taurin in den Magen eingeführt wird, fast aller Schwefel des eingeführten Taurins als Schwefel- säure und unterschwc'ßigc Säure im Harne wieder. Nach subkutaner Injektion kommt das Taurin dagegen zum grossen Theile unverändert im Harne wieder zum Vorschein. Das Krealin geht wenigstens zum Theil in Kreatinin über. Zum Theil kann es vieleicht in Harnstoff übergehen (vergl. S. 215). Das Hijpoxanlhin soll in Harnsäure übergehen können. sauren. 326 Vierzehntes Kapitel. Paanins mit Glycocoll. Paaruuf,' mi Glykaroii- säure. Aromatische Verbin- dungen. Verhalten des Benzol- kemes. Eine Paarung mit Glycocoll kann auch vorkommen. Es geht also beim Kaninchen und Hunde das Furfurol oder das Anhydrid der Pyroschleirasäure, C5H4O2, zum ■wesentlichen Theile als mit Glycocoll gepaarte Pyroschleimsäure, Pyromulxursäure ^ C-H^IsO^, zum geringen Theile dagegen als mit Glycocoll gepaarte Furfurakrylsäure, Furfwakrylursäure, CgHgNO^, (Jaffe und Cohn) über. Bei Vögeln (Hühnern) ist das Verhalten dagegen ein anderes. Bei diesen Thieren giebt das Furfurol Pyroschleiinsäure und eine gepaarte Säure, die Pyromucinorniihursäure, ^\-a^iQ^2^6y welche mit konzentrirter Salzsäure in der Wärme in Pyroschleimsäm-e und Ornithin, C5HJ2N2O0, zerfallt (Jaffe und Cohn). Paarunu mit Glykurnnsüure kommt bei gewissen substituirten Alkoholen, Aldehyden und Ketonen (?), welche dabei wahrscheinlich erst in Alkohole übergehen (SuxD^^K), vor. Es geht also das Chloralkydrut, CVCLOH -f- H.,0, nachdem es zuerst durch eine Reduktion in Trichloräthylalkohol übergeführt worden ist, in eine linksdrehende, reduzirende Säure, die Urochloralsäure oder Trichloräthylglykm-onsäure, CaClgHg.CgHgO-, über (Musculus und v. Meeln'g). Ebenso gehen TricMurbutylalkobol und Butylchloralhydral in Trichlorbutyl- glykuronsäure über. Tertiärer Amyl- und Butylalkohol gehen auch (beim Kauincheu, nicht aber beim Menschen) eine Paarmig mit Glykm-onsäure ein. Bei Thieren, welche bis zum Verschwinden des Glykogens aus den Muskeln und der Leber gehungert hatten und welchen dann Chloralhydrat oder Dimethyl- karbinol dargereicht wurde, traten gepaarte Glykuronsäm-en im Harne auf (Tkler- felder). Wegen dieses Verhaltens glaubt man den Ursprung der Glykuron- säui-e von den Eiweisskörpern herleiten zu können. Vielleicht stammt sie jedoch eher von solchen, im Körper weit verbreiteten Proteiden ab, aus welchen Kohle- hydrate oder diesen verwandte Säuren abgespaltet werden können. Die aromatisclieu A^rbiuduugeu gehen so weit die bisherigen Erfah- rungen reichen, in der Regel nach vorausgegangener theilweiser Oxydation oder nach einer Synthese mit anderen Stoffen, als aromatische Verbindungen in den Harn über. Ob der Benzolkern selbst im Körper zerstörbar ist, hat man zwar noch nicht ganz sicher entscheiden können, aber Avenigstens für gewisse Fälle dürfte eine solche Zerstörung jedoch mindestens sehr wahrscheinlich sein. Dass das Benzol ausserhalb des Organismus zu Kohlensäure, Oxalsäure und flüchtigen Fettsäuren oxydirt werden kann, ist lange bekannt, und es mag hier au die im ersten Kapitel besprochenen Untersuchungen von Drechsel erinnert werden , nach welchen dieser Forscher durch Elektrolyse des Phenols Normalkapronsäm-e und dann immer kohlenstoffärmere Substanzen, bis zu den Endprodukten des thierischen Stoffwechsels, erhielt. Wie in diesen Versuchen vor der Entstehung von Körpern der Fettreihe eine Sprengung des Benzolringes stattfand, so muss auch, wie man annimmt, Avenn eine Verbrennung der aro- matischen Substanzen im Thierkörper zu Stande kommen soll, dabei zuerst eine Sprengung des Benzolriuges unter Bildung von Fettkörpern stattfinden. Verhalten der aromatischen Verbindungen. 327 Geschieht dies nicht, so wird der Benzolkern als eine aromatische Verbindung der einen oder linderen Art mit dem Harne eliminirt. Wie der ^rchwer ver- brennliche Benzolkern eine der Fettreihe angehörende, mit ihm gepaarte Substanz vor dem Zerfallen schützen kann , was z. B. mit dem Glycocoll der Hippur- säure der Fall ist, so scheint auch der aromatische Kern selbst durch Synthese mit anderen Stoßen vor dem Zerfalle im Organismus geschützt werden zu können. Ein Beispiel dieser Art liefern die aromatischen Aetherschwefelsäuren. Die Schwierigkeit der Entscheidung, ob der Benzolkern selbst im Körper zerstört wird, liegt darin, dass man noch nicht alle die verschiedenen aromati- schen Umwandlungsprodukte kennt, welche aus irgend einer in den Körper eingeführten aromatischen Substanz entstehen können, und Avelche man dem- entsprechend in dem Harne zu suchen hat. Aus diesem Grunde ist es auch nicht möglich, durch genaue quantitative Bestimmungen zu ermitteln, ob eine eingenommene und resorbirte aromatische Substanz in dem Harne vollständig wieder erscheint oder nicht. Gewisse Beobachtungen machen es jedoch wahr- scheinlich, dass der Benzolkern, wie oben angedeutet wurde, wenigstens in ge- wissen Fällen im Körper zerstörbar ist. Es haben also Schotten und Bau- aiAxx gefunden, dass gewisse Amidosäuren, wie Tyrosin, Phtnylamidopropian- säure und Amidozimmtsäure, in den Thierkörper eingeführt, keine Vermehi'ung der Menge der bekannten aromatischen Substanzen im Harne herbeiführen, was eine Zerstörung dieser Amidosäuren im Thierkörper wahrscheinlich macht. Es hat ferner Juvalta Versuche mit der PlUalsäure gemacht und dabei gefunden, dass beim Hunde von der in den Körper eingeführten Säure bedeutende Mengen, 57,5 — 68,76 ^/o, verschwinden oder richtiger nicht wiedergefunden werden können. Nach Juvalta soll diese Säure im Thierkörper weder Synthesen eingehen noch irgend welche aromatischen Umsetzungsprodukte liefern, und wenn diese Voraussetzungen richtig sind, würde also hier ein Beweis für die Zerstörung des Benzolkernes in einem Theile der in den Hundeorganismus eingeführten Phtalsäui-e liegen. Eine Oxydation aromatischer Verbindungen findet oft in einer Seitenkette statt, kann jedoch auch in dem Kerne selbst geschehen. Es wird also z. B. das Benzol erst zu Oxybenzol (Sciiultzex und Nauny>') und dieses dann weiter zum Theil zu Dioxyhenz-olen oxydirt (Bauma>.'x und Preusse). Das Saphtalin scheint in OxynaphUdin imd wahrscheinlich zum Theil auch in Di- oxynaphtalin überzugehen (Lesxik und M. Nexcki). Das Anilin, C^Hj.NH,, geht in Paramidophenol über, welches als Aetherschwefelsäure, H^N.CgHj^.O.SO^.OH, in den Harn übergeht (F. Müller). Hat die aromatische Substanz eine der Fettreihe angehörige Seitenkette, so wird dieselbe im Allgemeinen oxydirt. So werden beispielsweise Toluol CßHj.CHg (ScHULTZEN und Nausyn), AethylbenZ'Ol C6H5.C2H5 und Propyl- benZ'Ol, CgHj.CgH, (Xencki und Giacosa), wie auch viele anderen Stoße zu Benzoesäure oxydirt. Hat die Seitenkette mehrere Glieder, so können die Ver- hältnisse etwas verschieden sich gestalten. Die Flienylessigsäure, Cf^H^.CH.^.COOH, Verhalten des Benzol- kemes. Verhalten der Phtal- säure. Oxydation in dem Benzolkeroo. 328 Vierzehntes Kapitel. in welcher nur ein Kohlenstoffatom zwischen Benzolkern und Karboxyl ein- geschaltet ist, wird nicht oxydirt, sondern nach der Paarung mit Glycocoll als Phenacelur säurt ausgeschieden (Salkowski). Die Phemjlpropionmure, CgH^.CH^.CHg.COOH, mit zwei Kohleustoffatoraeu zwischen Benzolkern und Oxydation Karboxyl wird dagegen zu Benzoesäure oxydirt. Aromatische Amidosäuren Seitenkette, „üt drei Kohlenstoffatomen in der Seitenkette, von denen das mittlere die Gruppe NH2 bindet, wie z. B. das Ty rosin, a-Oxyphenylamidopropion- säui-e, C6H4(OH).CH2.CH(NH2\COOH, und die a-PItenylamiduin'opionsüure, CgH^.CH.j.CHfXHgj.COOH scheinen zum grössteu Theile im Körper verbrannt zu werden (Schottex und Baumaxx). Die Phenylamidoessigsüure, welche nm- zwei Kohlenstoffatome in der Seitenkette hat, CgH5.CH(NH2).COOH, verhält sich dagegen anders, indem sie in Mandelsäure, Phenylglykolsäure, C6H5.CH(OH).COOH, übergeht (Schottex). Sind am Benzolkern mehrere Seitenketten vorhanden, so wird stets nur eine derselben zu Karboxvl oxydirt. Es werden also z. B. Xylol, CfiH,(CH,).„ Substanzen ... o k> i\ 0 - mitmehreren ZU Toluylsüure, CeH4(CH3).COOH (ScinjLTZEX Und Nauxyx), Mesitylen, ketten. CeH3(CH3)3 , ZU Mesityleiisäure , CeH3(CH3)2.COOH (L. Nex'cki) und Cymol zu Kuminsäure (M. Nexcki und Ziegler) oxydirt. Synthesen aromatischer Substanzen mit anderen Atomgruppen kommen sehr oft vor. Hierher gehört in erster Linie die von Wöhler entdeckte Paarung der Benzoesäure mit Glycocoll zu Hippursäure. Alle die zahlreichen aromatischen Substanzen, welche im Thierkörper in Benzoesäm-e sich umsetzen, werden also als Hippursäure ausgeschieden. Dieses Verhalten gut jedoch nicht für alle Thierklassen. Nach den Beobachtungen von Jaffe geht nämlich die Benzoesäure bei Vöcreln nicht in Hippursäure sondern in eine andere stick- Paarung mit '^ ^ GiycocoU. stoffhaltige Säure, die Ornithursäure, C^gHooNgO^, über. Als Spaltungsprodukt giebt diese Säure ausser Benzoesäure einen basischen Körper, das Ornithin (vergl. oben S. 326). Einer Paarung mit Glycocoll zu entsprechenden Hippiir- säiu-en unterliegen wie die Benzoesäure nicht nur die Oxyhenz-oe säuren (die Salicyl- säiu-e geht zum Theil in Salicylursäure über) und die suhdituirten Benzoesäuren (Bertagnini) sondern auch die obengenannten Säiu-en, Toluyl-, Mesitylen-, Kumin- und Plienylessiysänre. Diese Säm-en werden als bezw. Tolur-, Mesi- tylenur-, Kuminur- und Plienacetursäurc ausgeschieden. Eine andere Synthese der aromatischen Substanzen ist diejenige der Aetliersckicefehäuren. Als solche werden , wie Bau^ianx und Hekter u. A. Aether- . '^ . Schwefel- gezeigt haben, Phenole wie überhaupt die hudroxylirlen aromatischen liohkn- säuren. -^ <-' ^ ± ^ ,y Wasserstoffe ausgeschieden. Eine Paarung aromatischer Substanzen mit Glykuronsäure, welche letztere dadurch vor der Verbrennung geschützt wird, kommt auch recht oft vor. Kampher, Ci^H^gO, einem Hunde gegeben, geht erst durch Oxydation in Kampherol, Paarung mit ^\oHi5(OH)0 , über, Und aus diesem entsteht dann durch Paarung mit Gly- ^'säure*?"' kuronsäure die Kamphoglykuromäure (Schmiedeberg}. Das B irneol und das Mtuthol geben direkt, unter Abgabe von Wasser, die entsprechenden gepaarten Verhalten der aromatisclien Verbindungen. 329 GlykuTonsäuren (Pellacani). Das l'hisnol kann auch direkt zum Tlieil als eine gepaarte Glykuronsäure ausgeschieden werden (S(JIImiedkkI';i;<;). Die Nupldole scheinen ebenso zum wesentlichen Theil in den Harn als gepaarte Glykuronsäureu überzugehen (Lesnik und M, Nencki). Das Orthonilrntolunl geht beim Hunde er^t in Orthonitrobenzylalkohol und dann in eine gepaarte Glykuronsäure über (Jakfk). Das Indul (Sciimiedeberg) und das Skalol (Mester) scheinen wie oben erwähnt auch zum Theil als gepaarte Glykuronsäureu mit dem Harne ausgeschieden zu werden. Dasselbe gilt auch von mehreren anderen aromatischen Substanzen. Eine Synthese, bei welcher schw'efelhaltige Verbindungen, Merhdptnrsfiurev, entstehen, konunt nach Einführen von Chlor- oder Bromderivaten des Benzols in den Organismus des Hundes vor (Baumann und Pkeusse, Jaffe). Jvs ""säu^re^' verbindet sich also z. B. das Chlorbenz-nl mit dem Cyste'in, einem Stoffe, welcher ein intermediäres Zersetzungsj^rodukt des Eiweisses zu sein scheint und welcher dem Cystin nahe verwandt ist (vergl. unten), zu Chlorphenylmerkapluraa>ire, Cij^H^.jClSNOg. Beim Sieden mit einer Mineralsäure zerfällt diese Verbindung in Essigsäure und Chlorpbenylcystein, CgH^Cl.CgHeNSO^. Ein besonderes Verhalten zeigt das Pyridin, C5H-N, welches weder mit Glykuronsäure noch mit Schwefelsäure nach vorausgegangener Oxydation sich verbindet. Es nimmt eine ]\[ethylgruppe auf und bildet eine Ammoniumver- bindung, das Methylpi/ridylammoniumhydroxyd (His). Mehrere Alkaloide, wie ^JSaioide! Chinin^ Morphin und Strychnin, können in den Harn übergehen. Nach Ein- nahme von Terpentinöl, Kopaivabalsam und Harzen können Harzsäuren in den Harn übergehen (Maly), In den Harn gehen auch Farbstoffe verschiedener Art, wie der Erappfarbstoff, die Chrysopliansüure nach Gebrauch von Rheum oder Senna, der Farbstoff der Heidelheeren u. s. w. über. Nach Einnahme von Rheum, Senna oder Santonin nimmt der Harn eine gelbe oder grünlich gelbe Farbe an, welche durch Alkalizusatz in eine schön rothe Farbe übergeht. Das Phenol ertheilt, wie schon oben erwähnt, dem Harne eine dunkelbraune oder schwarzgi'üne Farbe, welche grösstentheils von Zersetzungsprodukten des Hydrochinons, auch Huminsubstanzen (v. UDEA^'SZKY), herrühren diufte. Nach Naphtalin-Gehrauch. wird der Harn ebenfalls dunkel gefärbt, und es können auch mehrere andere Arzneistoffe dem Harne eine besondere Färbung geben. So wird er z. B. von Kairin oft gelbgrün und dunkelt an der Luft nach; von Farbstoffe Thaliin wird er grünlich braun, in dünner Schicht deutlicher grün, und von Antipyrin wird er gelb bis blutroth. Nach Einnahme von Kapaicabalsam wird der Harn, wenn man ihn mit Salzsäure stark ansäuert, allmählich rosen- und purpm-roth (Quincke). Nach dem Gebrauche von Naphtalin oder Naphtol giebt er mit konzentrirter Schwefelsäure (1 Cc konzentrirte Säure und einige Tropfen Harn) eine schön smaragdgrüne Farbe (Pexzoldt), welche wahrschein- lich von der Naphtolglykuronsäure herrührt. Riechende Stoffe gehen auch in den Harn über. Nach dem Genüsse von Spargel n erhält der Harn einen ekelhaft widrigen Geruch. Nach Einnahme von Terpentinöl kann er einen eigen- thünilichen, veilchenälmlichen Geruch annehmen. 330 Vierzehntes Kapitel. VI. Pathologische Harnbestandtheile. Eiweiss. Das Auftreten geringer »Spuren von Eiweiss in dem Harne an- gchelnend ganz gesunder Personen ist von mekreren Forschern (Leube, Hof- meister, PosxER u. A.) in vielen Fällen beobachtet worden, wobei mau jedoch nicht verschweigen darf, dass andere Forscher diese Eiweisspuren als das erste Zeichen einer, wenn auch äusserst gelinden, Erkrankung des uropoetischen Apparates oder als Zeichen einer rasch vorübergehenden Cnkulationsstörung betrachten. Sehr gewöhnlich ist es, in dem Harne Spuren einer mit dem Mucin Eiweiss im leicht ZU Verwechselnden, nucleoalbuminähnlichen Substanz zu finden, welche Harne. wahrscheinlich mit dem von Löxxberg aus dem Pupillartheile der Nieren und aus der Blasenschleimhaut isolirten Nucleoalbumin identisch ist. In krank- haften Zuständen kommt Eiweiss im Harne in den vei'schiedensten Fällen vor, und diejenigen Eiweisstoffe, welche dabei besonders oft vorkommen, sind das Serumglobulin und das Serumalbumin. Zuweilen kommen auch Albumosen oder Peptone vor. Der Gehalt des Harnes an Eiweiss ist in den meisten Fällen kleiner als 5 p. m. ; verhältnissmässig selten ist er 10 p. m. und nur sehr selten beträgt er gegen 50 p. m. oder darüber. Unter den vielen, zunit Nachweis von Eiweiss im Harne vorgeschlagenen Reaktionen mögen folgende hier Erwähnung finden. Die Kochprobe. Man filtrirt den Harn und prüft dann die Reaktion desselben. Ein saurer Harn kann in der Regel ohne weiteres gekocht werden, und nur bei besonders stark saurer Reaktion ist es nödiig, dieselbe erst mit Alkali ein wenig abzustumpfen. Einen alkalischen Harn macht man vor dem Erllitzen neutral oder nur äusserst schwach sauer. Ist der Harn arm an Salzen, so setzt man ihm vor dem Aufkochen ^'lo Vol. gesättigter Kochsalzlösung zu. Darauf erhitzt man zum Sieden, und wenn dabei keine Fälliuig, Trübung oder Die Koch- Opalesceus erscheint, so enthält der fragliche Harn kein koagulables Eiweiss, kann aber Albumosen oder Peptone enthalten. Entsteht dagegen beim Sieden ein Niederschlag, so kann dieser aus Eiweiss oder aus Erdphosphateu oder aus beiden bestehen. Das einfach saure Calciumphosphat zersetzt sich nämlich beim Sieden und es kann normales Phosphat sich ausscheiden (Stokvis, Salkowski, Ott). Um einerseits eine Verwechselung mit den Erdphosphaten zu verhindern und andererseits um eine liessere, mehr flockige Ausscheidung des Eiweisses zu erzielen, muss mau nun der Harnprobe eine passende Menge Säure zusetzen. Verwendet man hierzu Essigsäure, so setzt man auf je 10 Cc Harn 1, 2 — 3 Q^opfen einer 25prozentigen Säure zu und kocht nach Zusatz von jedem Tropfen wieder auf. Bei Anwendung von Salpetersäure muss mau von einer 25pi'ozentigen Säure, je nach dem Eiweissgehalte, 1 — 2 Tropfen auf je 1 Cc des siedend heissen Harnes zusetzen. Bei Anwendung von Essigsäui-e kann, wenn der Gehalt an Eiweiss sehr gering ist, das letztere, besonders wenn der Harn ursprünglich alkalisch war, bei Zusatz von der obigen Essigsäuremenge bisweilen in Lösung bleiben. Setzt man dagegen weniger Essigsäure zu, so läuft man Gefahr, dass ein in dem amphoter oder nur sehr schwach sauer reagirenden Harne entstandener, aus Calciumphosphat bestehender Niederschlag nicht vollständig sich löst und probe. Eiweissproben. 331 7A\r Verwechselung mit einem Eiwcissniederschlage Veranlassung geben kann. Verwendet man zu der Koclii)robe Salpetersäure, so darf man nie ü])erselien, dass nach Zusatz von nur wenig 8äure eine beim Sieden lösliche Verbindung zwischen ihr und deniEiweisse entsteht, welche erst von überschüssiger Säure gefällt wird. Aus diesem Grunde muss die obige grössere Menge Salpetersäure zugesetzt werden, aber hierbei läuft man nun wiederum die Gefahr, dass kleine Eiweiss- mengen von der überschüssigen Säure gelöst werden können. We)in man, was unbedingt nothwondig ist, die Säure erst nach vorhergegangenem Aufkochen zusetzt, so ist die Gefahr zwar nicht sehr gross, allein sie ist jedocli vorhanden. Schon aus diesen Gründen ist also die Kochprobe, wehdie zwar in der Hand des Geübteren sehr gute Dienste leistet, nie dem Arzte als alleinige Ei weiss- probe zu empfehlen. Eine Verwechselung mit Mucin, wenn solches überhaupt je im Harne vorkommt, wiirde bei der Kochprobe mit Essigsäure leicht dadurch zu vermeiden sein, dass man eine andere Probe bei Zimmertemperatur mit Essigsäure ansäuert. Es scheiden sich hierbei Mucin und mucinähnliche Nucleoalbuminsubstanzen aus. Entsteht bei Ausführung der Kochprobe mit Salpetersäure der Nieder- schlag erst beim Erkalten oder wird er dabei merkbar vermehrt, so deutet dies auf die Gegenwart von Albumose in dem Harne, entweder allein oder mit koagulablem Eiweiss gemengt. In diesem Falle ist eine weitere Untersuchung nöthig (vergl. unten). In einem uratreichen Harne scheidet sich nach dem Er- kalten ein aus Harnsäure bestehender Niederschlag aus. Dieser Niederschlag ist jedoch gefärbt, körnig-sandig und kaum mit einer Albumose- oder Eiweiss- fällung zu verwechseln. Die HELLER'sc/iß Probe führt man in der Weise aus (vergl. S. 16), dass man in einem Reagensglase die Salpetersäure sehr vorsichtig mit dem zu prüfenden Harne überschichtet. Bei Gegenwart von Eiweiss tritt dabei ein weisser Ring an der Berührungsstelle beider Flüssigkeiten auf. Bei der Ausführung dieser Probe erhält man regelmässig auch im normalen Harne einen von den Indigofarbstoffen herrührenden, rothen oder rothvioletten durchsichtigen Ring, welcher mit dem weissen oder weisslichen Eiweissringe kaum verwechselt werden kann , und welcher auch mit einem von GallenfarbstofFen herrührenden Ringe nicht ver- wechselt werden darf. In einem uratreichen Harne kann dagegen eine Ver- ^^^^ p^robe. Avechselung mit einem von ausgefällter Harnsäure herrührenden Ringe geschehen. Der Harnsäurering liegt jedoch nicht wie der Eiweissring an der Berührungs- stelle beider Flüssigkeiten, sondern etwas höher. Aus diesem Grunde kann man auch in einem uratreichen und nicht zu viel Eiweiss enthaltenden Harne oft gleichzeitig zwei Ringe sehen. Die Verwechselung mit Harnsäure vermeidet man am einfachsten durch Verdünnung des Harnes, vor der Ausführung der Probe, mit 1 — 2 Vol. Wasser, Die Harnsäure bleibt nun in Lösung und die Empfindlichkeit der HELLER'schen Eiweissprobe ist eine so grosse, dass nur bei Gegenwart von bedeutungslosen Eiweisspuren die Probe nach einer solchen Verdünnung negativ ausfällt. In einem an Harnstoff sehr reichen Harne kann auch eine ringförmige Ausscheidung von salpetersaurem Harnstoff auftreten. Dieser Ring besteht jedoch aus glitzernden Kryställchen und er tritt in dem vorher mit Wasser verdünnten Hai-ne nicht auf. Eine Verwechselung mit Harz- säureu, welche bei dieser Probe ebenfalls einen weisslichen Ring geben, ist leicht zu vermeiden, denn die Harzsäuren werden durch Zusatz von Alkohol gelöst. Eine Flüssigkeit, welche echtes Mucin enthält, giebt bei dieser Probe keine Fällung, sondern einen mehr oder weniger stark opalisireuden Ring, Avelcher l^eim Umrühren verschwindet. Die Flüssigkeit enthält nach dem Umrühren keine 332 Vierzehntes Kapitel. Metaplios- phorsäure. Die J'robo mit Essisr- säare und l'^rrocyan- kalium. Farben- reaktionen. Trocken 0 Eiweiss- roagontien. Nachweis von Globulin u. Albumin. Fällung, sondern i.st klar oder etwas opalisirend. Erinnert mau sicli der nun besproclieucu möglichen Verwechselungen und der Art und Weise, wie sie ver- mieden werden können, so dürfte es kaum irgend eine andere Probe auf Eiweiss im TIarne geben, welche gleiclizeilig leichter auszuführen, emi)findlicher und zuverlässiger als die Hellek'scIic Probe ist. Mit dieser Prol)e können nämlich noch 0,02 p. m. Eiweiss ohne Schwierigkeit nachgewiesen werden. Bei der Ausführung dieser Probe werden auch die (primären) Albumosen gefällt. Die Rcdldiun mit Mct(ijiliosjjli(yrs(iure (vergl. S. 16) ist sehr bequem und leicht auszuführen. Sie ist aber nicht ganz so empfindlich und zuverlässig wie die HELLEE'sche Probe. Von dem Reagense werden auch Albumosen gefällt. Die Realdion mit Es!^i(jsüure und Ferroctjankaliwn. Man versetzt den Harn mit Essigsäure bis zu etwa 2 °/o und setzt dann tropfenweise eine Ferro- cyankaliumsösuug (1 : 20) mit Vermeidung eines Ueberschusses zu. Diese Probe ist sehr gut und in der Hand des geübten Chemikers sogar fast noch em- pfindlicher als die HELLER'sche. Bei Gegenwart von sehr kleinen Eiweiss- meiigen erfordert sie jedoch mehr Uebung und Geschicktheit als diese, weil das relative Mengenvcrhältniss des Reagenses, des Eiweisses und der Essigsäure auf das Resultat einwirkt. Auch der Salzgehalt des Harnes scheint nicht ohne Einfluss zu sein. Das Reagens fällt auch die Albumosen. Die verschiedenen Furbonreiiktionen können, besonders in einem stärker ge- färbten Harne, welcher nur wenig Eiweiss enthält, im Allgemeinen nicht direkt zur Verwendung konnnen. Auf die MiELON'sche Reaktion wirkt ausserdem das Kochsalz des Harnes störend ein. Dagegen kann man, um die Gegenwart von Eiweiss noch sicherer zu zeigen, den bei der Kochprobe erhaltenen, abfiltrirten und ausgewaschenen Niederschlag mit dem MiLLON'schen Reagense prüfen. Man kann auch den Niederschlag in verdünntem Alkali lösen und mit der Lösung die Biuretprobe anstellen. Mit dieser letztgenannten Probe prüft man jedoch auch den Harn direkt auf die Gegenwart von Albumosen oder Peptonen. Bei der Untersuchung des Harnes r.uf p]iweiss darf man übrigens nie mit einer Reaktion allein sich begnügen, sondern man muss wenigstens die Kochprobe einerseits und die HELLER'sche Prol)e oder die Ferrocyajikaliumprobe anderer- seits ausführen. Bei Anwendung der Kochprobe allein kann man nämlich leicht die Albumosen übersehen, welche dagegen mit der HELLER'schen Probe entdeckt werden. Begnügt man sich dagegen mit dieser letzteren Probe oder der Ferro- cyankaliumprobe allein, so findet man keine genügende Andeutung von der Art des vorhandenen Eiweisses, ob es aus Albumosen oder koagulablem Ei- weiss besteht. Für privktisclie Zwecke hat mau mehrere ti'ockeiie EiMeissreageutien empfohlen. Ausser der Metaph()si>horsäiire sind unter diesen zu nennen: Pavys Reagens, welches aus Scheihchen oder Tiifelchcn von Citroueusäure und von Ferrocyainiafriuni besteht; die SrÜTZ'scheu oder FÜKBRiNGER'schen Gelatinekapseln, welche (Quecksilberchlorid, Chlornatriuni und Citroneusäure enthalten, und das GicissLER'sehe P^iweissreagenzpapier, welches aus Filtrirpai)ierstreilen be- steht, welche theils mit einer Citronensäurclösung, theils mit Quecksilberchlorid- imd Jod- kaliiinilösung getränkt und dann getrocknet sind. Hat man durch die obigen Reagenticn von der Gegenwart von Eiweiss sich überzeugen können, so handelt es sich zunächst darum zu zeigen, welcher Art das im Harne enthaltene Eiweiss ist. Der Nachweis von Globulin und Albumin. Zum Nachweis von Serum- globulin neuü-alisirt man den Harn genau, filtrirt und setzt Magnesiumsulfat in Substanz, bis zur vollständigen Sättigung bei Zimmertemperatur, oder auch das gleiche Volumen einer gesättigten neutral reagirenden Lösung von Am- Alhumosen und Peptone im Harne. 333 moniumsulfat zu. In beiden Fällen entsteht bei Gegenwart von Globulin ein weisser flockiger KiedersehlnL'. Bei Anwendung von Aniinoniurnsulf'atlösung kann in einem uratreichen Harne ein au? Aninioniunnnat bc-stehendi r Nieder- schlag sich ausscheiden. Dieser Niedersclilag konnnt jedoch nicht sogleich, sondern ei-st nach einiger Zeit zum Vorschein, und er dürfte wohl kaum mit einem Globulinuiederschlage verwechselt werden können. Zum Nachweis des Serumalbumins erhitzt man das vom Globulinuiederschlage getremite Filtrat zum Sieden oder setzt ihm bei Zinnnertemperatur gegen 1 "/o Essigsäure zu. Zum Nachweis der Albiunosen, deren Vorkonnnen im Harne erst von Bexce Jonks und von Kühxk und später von vielen anderen Forschern bei verschiedenen Krankheitszuständen beobachtet worden ist, entfernt man zuerst durch Sieden unter Essigsäurezusatz alle koagulablen Eiweisskörper, wenn solche . Nachweis überhaupt vorhanden sind. Das Filtrat prüft man dann mit der Biuretprobc der Aibu- und, wenn diese positiv ausfällt, darauf mit den 3 oben (S. 21) erwähnten mosen. Albumosereagentien : Salpetersäure, Essigsäure mit Ferrocyankalium und Sät- tigung mit Kochsalz und Säurezusatz. Die Albumosen können auch durch Sättigung mit Aramoniumsulfat in Substanz ausgefallt werden. Pepton kann nach den Untersuchungen mehrerer Forscher, unter denen besonders Hofmeister, v. Jaksch, M.uxner und Fischel zu nennen sind, in dem Harne auftreten, sobald es aus irgend einer Ursache in dem Blute selöst sich vorfindet. Dies ist besonders bei einem reichlicheren Zei-fiill von Eiterzellen mit Resorption des aus ihnen stammenden Peptons, wie bei der Pneumonie im Lösungsstadium, bei purulenter Pleuritis u. s. w., der Fall (pyogene Peptonurie, Hofmeister, ]\Luxxer, v. Jak.sch). Das Pepton soll auch in den Harn übergehen, wenn durch ulceröse Prozesse im Darme die normale Resorption imd Assimilation des Peptons gestört ist, so dass das letz- tere direkt durch die geschädigten Theile der Darmwand in das Blut übergeht (enterogene Peptonurie, Maixxer), ferner bei der Involution der puer- peralen Gebärmutter (puerperale Peptonurie, Fischel), bei akuter Phosphor- vergiftung und gewissen Leberkrankheiten (hepatogene Peptonurie), bei Blutergüssen wie in schwereren Fällen von Skoi'but (hämatogene Peptonurie, V. Jaksch) u. s. w. Diese Angaben beziehen sich jedoch meistens auf das Pepton im älteren Sinne , und die Frage , in wie weit es sich hier um „sekundäre Albumosen" oder um „echtes Pepton" oder um ein Gemenge von beiden gehandelt habe, ist noch unentschieden. Bevor man über die Bedeutung der Begriffe Peptone und Albumosen noch nicht vollständig einig geworden ist, kann man auch kaum über das Vorkommen von Peptonen im Harne ganz sichere Angaben machen oder eine ganz zuverlässige Methode zum Nachweis und zur quanti- tativen Bestimmung derselben im Harne angeben. Der auf Pepton, im älteren Sinne, zu prüfende Harn soll frei von ilucin und so frei von Eiweiss sein, dass er weder die Reaktion mit Ferrocyankalium noch die mit der Heller'- schen Probe giebt. Ein solcher Harn kann direkt weiter geprüft werden ; enthält er dagegen Eiweiss, so muss dieses zuerst entfernt werden. Mau verfährt hierbei gewöhnlich nach Hof- meisters Methode. Mindestens 0,5 Liter Harn versetzt man — zur Abscheidung von etwa anwesendem sog. Mucin some eines Theiles des Eiweisses und der Farbstofle — mit einer unzu- reichenden Menge Bleiacetatlosuuj; oder mit nur so viel, dass ein dichter flockiger Nieder- schlag entsteht. Das Filtrat, welches bei richtiirem Arbeiten mit mehr Bleiacetath'isunLr einen Peptone in: Harne. 334 Vierzehntes Kapitel. Prüfunt,' des Uarnes auf Pepton. Prüi'unp anf echte Pep- tone. Quantitative Bestimmung des Ge- sammt- eiweisses. Getronnfe Bestimmung des Globu- lins und Albumins. Niederschlag giebt, prüft man dann auf Eiweiss. Bei Abwesenheit von solchem prüft man es direkt auf Pepton; bei Gegenwart von Eiweiss dagegen nniss dieses durch Sieden mit Ferriacetatlösung vorerst entfernt werden. Zu dem Ende versetzt man das Filtrat mit einer konzentrirten Natrium- acetatlösung fetwa 10 Cc auf ','2 Liter Harn) und darauf mit Eisencliloridlösung bis zur blut- rothen Färbung. Die sauer reagirende Flüssigkeit macht man darauf durch Alkalizu.satz neutral oder nur ganz schwach sauer, kocht stark und filtrirt nach dem Erkalten. Das Filtrat soll eiweissfrei sein, widrigenfalls muss die obige Behandlung mit Natriumacetat und Eisen- chlorid wiederholt werden. Ist der auf Pepton zu prüfende Jlarn von vorneherein ziemlich reich an Eiweiss, so entfernt man dieses, so weit möglich, durch Sieden mit Essigsäurezusatz, l)evor man die ol)ige Behandlung mit Bleiacetatlösung u. s. w. unternimmt. Von dem ganz eiweissfreien Filtrate macht man eine kleine Probe stark sauer mit Essigsäure und setzt dann eine essigsaure Lösung von Phosi)horwolframsüure zu. Bleibt diese Probe längere Zeit klar, so enthält der Harn kein Pepton; entsteht dagegen eine milchige Trübung, so kann Pepton vorhanden sein, und das Filtrat wird dann weiter verarbeitet. Zu dem Zwecke setzt man dem Filtrate erst V20 — Vio Vol. konzentrirter Salzsäure und dann eine mit Säure versetzte Phosphorwolframsäurelösung so lange zu, als noch ein Nieder- schlag entsteht. Üieser wird sofort abfiltrirt imd mit Wasser, welches mit 3 — 5 "'0 konzen- trirter Schwefelsäure versetzt worden ist, gewaschen, bis das Filtrat farblos abläuft. Den noch feuchten Niederschlag verreibt man innig mit überschüssigem festen Barythydrat, setzt etwas Wasser zu, erwärmt kurze Zeit gelinde und tiltrirt. In dem Filtrate weist man dann das Pepton (und sekundäre Albumose) mit den in dem Vorigen angegebenen Picaktionen nach. Besonderes Gewicht hat man dabei auf die Biuretprobe gelegt, welche auch zur koloriinetrischen, quantitativen Bestimmung des Peptons benutzt worden ist. Zum Nachweis von echtem Pepton muss man die Lösung mit Ammoniumsulfat im Sieden sättigen und siedend heiss filtriren. Nach dem Erkalten trennt man die Flüssigkeit von den ausgeschiedenen Krystallen, verdünnt sie stark, fällt das Pepton durch vorsichtigen Zusatz von Gerbsäure, zerlegt den Niedersclilag mit überschüssigen) Barythydrat und verwendet lue filtrirte, von überschüssigem gelöstem Barytliydrat durcii C(K l)cfreite Lösung zur Ausführung der Biuretprobe. Selbst bei diesem Verfahren kann jedocii das Pepton von etwas Albumose verunreinigt sein. Eine ganz zuverlässige Methode zur (juantitativen Bestimmung der Albu- mosen und Peptone im Harne giel)t es nicht. Quantit.atice Besiimmnng des Eiweisses im Hai^ne. Unter allen bisher vorgeschlagenen Methoden giebt die Koa gul ation s methode (Sieden unter ERsigsäurezusatz), wenn sie mit genügender Sorgfalt ausgeführt wird, die besten Resultate. Der durchschnittliche Fehler braucht nicht mehr als 0,01 "/o be- tragen und er ist regelmässig kleiner. Bei Anwendung dieser Methode verfährt man am besten so, dass man erst in kleineren, abgemessenen Harnportionen die Menge Essigsäure bestimmt, welche dem vorher im Wasserbade erhitzten Harne zugesetzt werden muss, damit die Ausscheidung des Eiweisses so voll- ständig werde, dass das Filtrat mit der HEi.LEii'schen Probe keine Eiweiss- reaktion giebt. Darauf koagulirt man 20 — 50—100 Cc Harn in einem Bechergla.se im Wcsserbade, setzt dann allmählich und unter Umrühren die berechnete i\Ienge Essigsäure zu und erhitzt noch einige Zeit. Dann filtrirt man warm, wäscht/ erst mit Wasser, darauf mit Alkohol und Aether aus, trocknet, wägt, äschert ein und wägt von Neuem. Bei richtigem Arbeiten darf das Filtrat keine Reaktion mit der HELLER'schen Probe geben. Zur getrennten Bestimmung des Globulins und Albunfins neu- tralisirt man den Harn genau und fällt ihn mit MgSO^ zur Sättigung (Verf.) oder noch einfacher mit dem gleichen Volumen gesättigter, neutral reagirender Ammoniumsulfatlösung (Hof.mei.ster und Pohl). Den aus Globulin bestehe]i- den Niedei'schlag wäscht man vollständig mit gesättigter Magnesiumsulfat-, bezw. halbgesättigter Ammoniumsulfatlösung aus, trocknet ihn anhaltend bei 110° C, kocht ihn mit Wasser aus, extrahirt mit Alkohol und Aether, trocknet, wägt, äschert ein und wägt nochnuds. Die ]Menge des Albumins berechnet man aus der Differenz zwischen der Menge des Globulins und des Ge.sammteiweisses. Approximative Bestimmung des Eiweisses im Harne. 335 Approximative Bestimmung des Eitceisses im Harne. Unter den zu diesem Zwecke vorgeschlagenen Methoden hat wohl bisher keine eine grössere Verwendung gefinulen als die Methode EsuAciis. Die Methode von Esbach besteht darin, dass man in ein besonders gradirtes Reagensrohr den sauer reagirenden, bezw. mit Essigsaure angesäuerten Harn bis zu einer l)estininiten IMarke gics.st, dann bis zu einer zweiten Marke die Kcagenslüsung (eine Lösung von 2*^/0 Citroncnsäure und 1 "/o Pikrinsäure in Wasser) zusetzt, das Rohr mit einem Kautschukstopfen schliesst und den Inhalt vorsichtig ohne Schaumbildung umschüttelt. Man lässt nun das Rohr 24 Stunden bei Seite stehen und liest nach dieser Zeit die Höhe des Niederschlages in dem gradirten Rohre ab. Die abgelesene Zahl giebt direkt die Eiweissmenge in 1000 Theilen Harn an. Eiweissreicher Harn muss erst mit Wasser verdünnt werden. Die nach dieser Methode erhaltenen Zahlen sind jedoch von der Temperatur abhängig, und eine Temperaturdifferenz von 5 bis 6,5 ^^ C kann bei einem mittleren Eiweissgehalte einen Fehler von 0,2 — 0,3 "/o Eiweiss zu wenig oder zu viel im Harne bedingen (Christensen und Mygge). Diese Methode ist also nur brauchbar, wenn man über ein Zimmer zu verfügen hat, in welchem die Temperatur ziemlich konstant gehalten werden kann. Dem Apparate ist eine Gebrauchsanweisung beigelegt. Älethode von Christexsen und Mygge. 5 Cc Harn werden nach dem Ansäuern mit 2 Tropfen Essigsäure in eine etwas modifizirte, englische Bürette gegossen, mit einer bestimmten Menge einprozentiger Gerbsäurelösung gefällt und dann mit 1 Cc Gummischleim versetzt. Nach Zusatz von A\^asser bis zu einer bestimmten Marke wird darauf durch mehrmaliges Umdrehen der Röhre eine gleichförmige Emulsion hergestellt. Man stellt nun ein cylindrisches, bis zu ^/2 oder ^/s mit Wasser gefülltes Glas auf eine weisse Unterlage, welche eine Anzahl von dicht stehenden, schwarzen Linien enthält, giesst allmählich und unter Umrühren von dem Inhalte der Bürette in's Wasser, bis man selbst bei angestrengter Beobachtung nicht mehr die schwarzen Striche von den weissen Zwischenlinien deutlich unterscheiden kann. Die abgelesene, verbrauchte Menge der Harnemulsion giebt direkt den Eiweissgebalt des Harnes an. Die Methode soll sehr gute Resultate geben. Eine besondere Beschreibung ist dem Apparate beigelegt ^). In der Ausführung etwas beschwerlicher aber sonst ebenso gut sind die von Roberts und Stolnikow angegebene, von Braxdberg weiter ausgearbeitete Methode und die deusi- meti-ische Methode von Lang, Huppert und Zahob, welche letztere Methode darin besteht, dass man das spez. Gewicht des Harnes theils direl^t und theils nach der Abscheiduug des Eiweisses durch Koagulation bestimmt. Mncin soll angeblich unter normalen Verhältnissen theils gelöst und theils in stark gequollenem , fein vertheiltem Zustsmde im Harne vorkommen. In grösserer Menge soll es bei katarrhalen Affektioneu der Harnwege auftreten. Das Vorkommen von echtem Mucin im Harne ist jedoch bisher wohl nie ganz unzweifelhaft dargethan worden. Zum Nachweis des Mucins im Harne verdünnt mau iJm mit Wasser, wodurch bei dem folgenden Säurezusatze theils die Ausfällimg von Harnsäure verhindert und theils die muciji- lösende Wirkung des Kochsalzes im Harne aufgehoben wird, und setzt darauf eine massige Menge Essigsäure zu. Einen etwa entstellenden Niederschlag reinigt man durch Auflösen in Wa.sser imter Zusatz von wenig Alkali und neue Ausfällung mit Essigsäure. Der Nieder- schlag wird mit den gewöhnlichen ^lucinreagentien gei^rüft. Um eine Verwechselung mit mucinähnlichem Nucleoalbumin zu vermeiden, muss man den Niederschlag auf sein Verhalten beim Sieden mit verdünnter Mineralsäure prüfen. Giebt er nach diisi r iRhandlung keine reduzirende Substanz, so enthält er kein Mucin. Esbach's Methode. Methode von Christensen und Mygge. Mncin. Nachweis des Mucins. *) Der Apparat kann von CORNELIUS Knudsen in Koiienhagen bezogen werden. Vierzehntes Kapitel. Hämaturio. Hämoglo- binurie. Mikrosko- pischeUnter- suchung. Spektro- skopische Untersuch- ung. Die Guajak- probe. Blut und Blutfarbstoff. Durch Blutungen in den Nieren oder irgendwo in den Harnwegen kann der Harn bluthaltig werden (Hämaturie). In diesen Fällen ist der Harn, wenn die Blutmenge nicht sehr gering ist, mehr oder weniger stark getrübt, von röthlicher, gelbrother, schmutzig rother, brauurother oder schwarzbrauner Farbe. Bei frischen Blutungen, bei welchen das Blut sich noch nicht zersetzt hat, ist die Farbe mehr blutroth. In dem Sedimente findet man Blutkörperchen, bisweilen auch Blutcylinder und kleinere oder grössere Blutgerinnsel. In gewissen Fällen enthält der Harn keine Blutkörperchen sondern nur gelösten Blutfarbstoff, Hämoglobin oder, und zwar sehr häufig, Methämoglobin (Hämoglobinurie). BlutfarbstoflT kommt unter den verschiedensten Verhält- nissen, wie bei Blutdissolution, bei Vergiftungen mit ArsenwasserstoflT, Chloraten u. A., nach schweren Verbrennungen, nach Bluttransfusionen wie auch bei perio- discher, mit Fieber auftretender Hämoglobinurie im Harne vor. Bei der Hämo- globinurie kann im Harne auch ein reichliches, graubraunes, eiweissreiches Sediment vorkommen, welches Reste der Stromata der rothen Blutkörperchen enthält. Bei Thieren kann man Hämoglobinurie durch eine Menge von Eingriffen hervorrufen, durch welche freies Hämoglobin in das Plasma übertritt. Zur Erkennung des Blutes im Harne bedient man sich des Mikro- skop es, des Spektroskop es, der Guajakprobe und der HELLER'schen oder HELLER-TEiCHMANN'schen Probe. Mikroskopische Untersuchung. Im sauren Harne können die Blutkörper- chen lange ungelöst bleiben ; in alkalischem werden sie dagegen leicht verändert und gelöst. In dem Sedimente findet man sie oft scheinbar ganz unverändert, in anderen Fällen dagegen gequollen und in anderen wiederum von unregel- mässiger gezackter und gekerbter oder stechapfelähnlicher Form. Bei Niereu- blutungen findet man zuweilen in dem Sedimente cylinderförmige Gerinnsel, welche mit zahlreichen rothen Blutkörperchen besetzte Abgüsse der Harnkanälchen darstellen. Diese Gebilde nennt man Blutcj'^linder. Die spektroskopische Untersuchung ist selbstvei'ständlich von sehr hohem Werthe; und wenn es sich darum handelt, nicht nur Blutfarbstoff überhaupt nachzuweisen, sondern auch die Art des vorhandenen FarbstoiFes zu ermitteln, so ist sie nicht zu entbehren. Bezüglich des optischen Verhaltens der verschiedenen Blutfarbstoffe wird auf das Kapitel 4 verwiesen. Die Guajakprobe Almens. In einem Reagensrohre mischt man gleiche Volumina Guajaktinktur und altes Terpentinöl, welches an der Luft unter dem Einflüsse des Lichtes stark ozonhaltig geworden ist. Zu diesem Gemenge, welches nicht die geringste Blaufärbung zeigen darf, setzt man dann den zu untersuchenden Harn. Bei Gegenwart von Blut oder Blutfarbstoff tritt nun an der Berührungsstelle der Flüssigkeiten ein erst blaugrüner und dann schön blauer Ring auf. Beim Umschütteln wird das Gemenge mehr oder weniger schön blau. Normaler oder eiweisshaltiger Harn giebt diese Reaktion (bezüg- Blut und Blutfarbstoff im Harne. 337 lieh deren Ursache auf das Kapitel 4 S. 59 verwiesen wird) nicht. Bei Gegen- wart von Eiter kann der Harn, auch wenn kein Blut zugegen ist, mit dem Reagense eine blaue Farbe geben; in diesem Falle wird aber die Guajaktinklur allein, ohne Terpentinöl, von dem Harne blau gefärbt (VrrAu). Dies gilt ■wenigstens für eine Tinktur, welche einige Zeit der Einwirkung der Luft und des Tageslichtes ausgesetzt gewesen ist. Die bläuende Wirkung des Eiters geht übrigens, zum Unterschied von derjenigen des Blutfarbstoffes, verloren, wenn man den Harn zum Sieden erhitzt. Einen in Zersetzung begriffenen, alkali- scheu Harn muss man vor Ausführung der Reaktion schwach ansäuern. Das Terpentinöl soll im Tageslichte, die Guajaktinktur dagegen in einer Flasche von dunklem Glase aufbewahrt werden. Die Brauchbarkeit der Reagentien muss übrigens mit einer bluthaltigen Flüssigkeit kontrollirt werden. Diese Probe ist zwar bei positivem Erfolge nicht absolut entscheidend, weil auch andere Stoff^e eine Blaufärbung erzeugen können; dagegen ist sie bei richtigem Arbeiten so ausserordentlich empfindlich, dass, wenn sie negativ ausfällt, jede andere Untersuchung auf Blut überflüssig und resultatlos wird. Die HELLER-TEiCHMANN'sche Probe. Erhitzt man einen bluthaltigen, neutralen oder schwach saureu Harn zum Sieden, so erhält man stets einen aus Eiw^eiss und Hämatin bestehenden, missfarbigen Niederschlag. Setzt man nun der siedend heissen Probe Natronlauge zu, so klärt sich die Flüssigkeit, wird in dünnerer Schicht grün (von Hämatinalkali) und setzt einen neuen, rothen, bei auffallendem Licht in Grün spielenden Niederschlag ab, welcher aus Erdphosphaten und Hämatin besteht. Diese Reaktion nennt man die HELLER'sche Blutprobe. Sammelt man nach einiger Zeit den Niederschlag auf Die Heiier- einem kleinen Filtmm, so kann man ihn zu der Häminprobe verwenden (vergl. gehe Probo. S. 66). Sollte der Niederschlag neben grösseren INIengen Erdphosphaten nur wenig Blutfarbstoff" enthalten, so wäscht man ihn mit verdünnter Essigsäure aus, von welcher die Erdphosphate gelöst werden, und verwendet den Rückstand zur Darstellung der TEiCHMANN'schen Häminkry stalle. Sollte umgekehrt die Menge der Phosphate sehr klein sein, so setzt man erst dem Harne ein wenig CaClg-Lösung zu, erhitzt zum Sieden und fügt gleichzeitig mit der Kalilauge etAvas Natriumphosphatlösung hinzu. Bei Gegenwart von nur sehr kleinen Blutmengen macht man erst den Harn durch Ammoniakzusatz sehr schwach alkalisch, setzt Gerbsäure zu, säuert mit Essigsäure an und verwendet den Niederschlag zur Darstellung von Häminkrystallen (Struve). Melanin. Bei Gegenwart von melanotischen Geschwülsten werden bisweilen dunkle Farbstoffe mit dem Harne ausgeschieden. Aus solchem Harne hat K. MÖKXER zwei Farb- stoffe isolirt, von denen der eine in warmer Essigsäure von 50 — 75 "/o löslich, der andere dagegen imlöslich war. Der eine Farbstoff seheint Phymatoi-husin gewesen zu sein (vgl. S. 271). *^^gJJ.'"g™ Gewöhnlicher ist es vielleicht, dass der Harn kein fertiges Melanin, sondern ein Chromogeu desselben, ein Melanogen, enthält. In solchen Fällen giebt der Harn die EiSELT'sche Eeaktion, d. h. er wird von Oxydationsmitteln, wie konz. SaliJetersäure, Kaliumbichromat und Schwefel- säure sowie von freier Schwefelsäure, dunkel gefärbt. Melanin- oder melanogenhaltiger Harn färbt sich mit Eisenchloridlösiuig schwarz (v. Jaksch). In einem Falle von Lejira fand Baumstark im Harne zwei wohlcharakterisirte Farb- stoffe, das ,,rrorubrohämatin" und das ,,Urofuscohämatin", welche, wie die Xamen anzeigen, in naher Beziehimg zu dem Blutfarbstoffe zu stehen scheinen. Das eisenhaltige Urorubro- hämaiin, C^sHy^NgFe^O,«, zeigt in saurer Lösung einen Absorptionsstreifen vor B und einen Urorabro- breiteren hinter D. In. alkalischer Lösung zeigt es vier Streifen, hinter D, bei E, hinter F hämatin und und hinter G. Es ist weder in Wasser, noch in Alkohol, Aether oder Chloroform löslich. Mit ]^äiMt['n' Alkalien giebt es eine schön braimrothe, nicht dichroitische Flüssigkeit. Das eisenfreie Urofusco- Hammarsten, Physiologische Chemie. ^^ a38 Vierzehntes Kapitel. Andere pa- thologische Farbstoffe. Eiter im Harne. Die Donne'- sehe Eiter- probo. Nachweis dos Eitors. Gallen- Säuren. Nachweis der Gallon- säuren. hämatin, C6gHio6N802B, zeigt kein charakteristisches Spektrum; es lüst sich in Alkalien mit brauner Farbe. Urorosci'n hat Nencki einen bei verschiedenen Krankheiten auftretenden Harnfarb- stoft' genannt, welcher nach dem Ansäuern des Harnes mit einer Mineralsäure zum Vorschein kommt und von Amylalkohol beim Schütteln dainit aufgenommen wird. Die Lösung zeigt einen Absorptionsstreifen zwischen D imd E. Das Uroerythrin, welches besonders in fieber- liaften Zuständen dem Harnsedimente eine rosarotlie Farlje crtlieilt, scheint auch unter physio- logischen Vei'hältuisseu in dem Harne vorzukommen. Es ist nicht näher studirt worden. Ein dem Hämaloporphyrin nahestehender Farbstoff ist von Neusser in zwei ijatliologischen Hamen gefunden woi'den. Bei Ehcumatismus und Addison 'scher Krankheit hat ^Iac Munn einen Fai-bstoff, das Urohämatin, gefunden, welchen er auch künstlich aus Hämatin dargestellt hat. Dieser Farbstoff scheint aucli in naher Beziehung zu dem Hämatoporphyrin zu stehen. Eiter kommt im Harne bei verschiedenen entzündlichen Affektionen, be- sonders aber beim Katarrh der Harnblase und bei Entzündungen des Nieren- beckens oder der Harnröhre vor. Der Nachweis des Eiters geschieht am einfachsten mit dem Mikroskope. In alkalischem Harne werden jedoch die Eiterzellen ziemlich leicht zerstört. Zum Nachweis des Eiters bedient man sich auch der DoNNE'schen Eiterprobe, welche auf folgende Weise ausgeführt wird. Man giesst den Harn möglichst vollständig von dem Sedimente ab, legt in letzteres ein Stückchen Aetzkali ein und rührt um. Wenn die Eiterkörperchen nicht schon vorher wesentlich verändert worden sind, verwandelt sich das Sediment dabei in eine stark schleimige, zähe Masse. In alkalischem Harne quellen die Eiterkörperchen stark, lösen sich auf oder werden jedenfalls so verändert, dass sie nicht mit dem Mikroskope zu er- kennen sind. Der Harn ist in diesen Fällen mehr oder weniger schleimig, fadenziehend vmd er wird von Essigsäure grobflockig gefällt, so dass eine Ver- wechselung mit Mucin möglich wird. Die nähere Untersuchung des mit Essig- säure erhaltenen Niederschlages und besonders das Auftreten resp. Nichtauftreten einer reduzirenden Substanz nach dem Sieden desselben mit einer Mineralsäure geben Aufschluss über die Natur der fällbaren Substanz. Eiterhaitiger Harn ist stets eiweisshaltig. Galleiisäureii. Die Angaben über das Vorkommen von Gallensäuren im Harne unter physiologischen Verhältnissen sind streitig. Nach Vogel und Dragendorff und Hone sollen Spuren von solchen im Harne vorkommen; nach Hoppe-Seyler und v. Udranszky dagegen nicht. Pathologisch kommen sie im Harne bei hepatogenem Icterus, obwohl nicht immer, vor. Nachweis der Gallensäuren im Harne. Die entscheidende Reaktion ist immer die PETTENKOFER'sche Probe; da aber auch andere Stoffe eine ähnliche Farbenreaktion geben, muss man wenn nöthig auch die spektroskopische Unter- suchung zu Hilfe nehmen. Den Harn direkt auf die Gegenwart von Gallen- säuren zu prüfen, gelingt zwar leicht nach absichtlichem Zusatz von selbst Spuren von Galle zum normalen Harne. In gefärbtem icterischem Harne ist dagegen ein solcher direkter Nachweis eine sehr missliche Aufgabe und man muss deshalb auch immer die Gallensäuren aus dem Harne zu isoliren ver- suchen. Dies kann nach der folgenden, hier nur unwesentlich abgeänderten Methode von Hoppe-Seyler geschehen. Die Methode Hoppe-Seylers. Man konzentrirt den Harn stark und extrahirt den Rückstand mit starkem Alkohol. Das Filtrat wird durch Ver- dunsten von dem Alkohol befreit und darauf mit Bleiessig und Ammoniak ge- Gallenfarbstoife im Harne. 339 fällt. Den ausgewascheuen Niederschlag behandelt man mit siedendem Alkohol, filtrirt heiss, setzt dem Filtnite einige Tropfen Sodalösung zu und verdunstet zur Trockne. Den trockenen Rückstand cxtrahirt man mit absolutem Alkohol, tiltrirt und setzt Aethcr im Uobcrschuss hinzu. Mit dem aus gallensaureii Alkalien bostehondon amorphen oder nach längerer Zeit krystallinischen Nieder- schlage stellt man zuletzt die PEXTENKOFEu'sche Probe an. (ialliMirarbstoirc kommen im Harne bei den verschiedenen Formen von Icterus vor. Ein gallenfarbstoffhaltigcr Harn ist stets abnorm gefärbt, gelb, gelbbraun, gesättigt braun, rothbraun, grünlich gelb, grünlich braun oder fast rein grün. Beim Schütteln schäumt er, und die Blasen sind deutlich gelb oder gelblich grün gefärbt. In der Regel ist der icterische Harn etwas trülie, und das Sediment ist häufig, besonders wenn es . Epithelzellen enthält, von Gallen- farbstoffen ziemlich stark gefärbt. Ueber das Vorkommen von Urobilin im icterischen Harne vergl. oben S. 310. Naclaoeis der GaUenfarbstoffe im Harne. Zum Nachweis der Gallen- farbstoffe sind mehrere Proben vorgeschlagen worden. Gewöhnlich kommt man jedoch mit der GMELiN'schen oder der HupPERT'schen Probe zum Ziele. Die GMELm'che Probe kann mit dem Harne du-ekt angestellt werden; besser ist es jedoch, die RosENBACH'sche Modifikation derselben anzuwenden. Man filtrirt den Harn durch ein sehr kleines Filtrum, welches von den zurück- gehaltenen Epithelzellen und dergl. dabei stark gefärbt wird. Nach dem voll- ständigen Abtropfen aller Flüssigkeit betupft man die Innenseite des Filtrums mit einem Tropfen Salpetersäure, welche nur sehr wenig salpetrige Säure ent- hält. Es entsteht dabei ein blassgelber Fleck, welcher von farbigen Ringen umgeben wird, welche von innen nach aussen gelbroth, violett, blau und grün erscheinen. Diese Modifikation ist sehr empfindlich und eine Verwechselung mit Indikan oder anderen Farbstoflfen ist kaum möglich. Mehrere andere J\Io- difikationen der GMELiN'schen Probe in dem Harne direkt, wie mit konzentrirter Schwefelsäure und Nitrat u. a., sind zwar vorgeschlagen worden, sie sind aber weder einfacher noch zuverlässiger als die RosENBACu'sche Modifikation. Die HupPERT'sche Reaktion. In einem dunkelgefärbten oder indikan- reichen Harne kommt man nicht immer zu guten Resultaten mit der Gmelin- schen Probe. In solchen Fällen, wie auch wenn der Harn gleichzeitig Blut- farbstoff' enthält, setzt man dem Harne Kalkwasser oder erst etwas Chlor- calciumlösung und dann eine Lösung von Soda oder Ammoniumkarbonat zu. Den Niederschlag, welcher die GallenfarbstoflTe enthält, filtrirt man ab und verwendet ihn zu der HupPERT'schen Probe (vergl. S. 128). Den aus Pigmentkalk bestehenden Niederschlag kann man auch nach dem Auswaschen in Wasser vertheilen, mit Essigsäure ansäuern und mit Chloro- form ausschütteln. Das Bilirubin wird von dem Chloroform, welches davon gelb gefärbt wird, aufgenommen, während die essigsaure Flüssigkeit von Bili- verdin grün wird. Beide Lösvmgen können dann zu der GMELiN'schen Reaktion verwendet werden (Hoppe-Seylee), und in dieser Weise kann man selbst sehr kleine Mengen von Gallenfai'bstoff" nachweisen. Man kann auch nach Hilger den Pigmentkalkniederschlag in folgender Weise direkt zu der G^^iELiN'schen Probe verwenden. Man rührt ihn in dünner Schicht in einer Porzellanschale an und setzt vorsichtig einen Tropfen Salpetersäure zu. Die Reaktion tritt dann gewöhnlich sehr schön auf. 22* fjallonfarl)' Stoffe. Gmolin- Rosoiibach'- scho Probe. DioHupport- scho Probe. Modifi- kationen der Ginolin'- schen Probe. 340 Vierzehntes Kapitel. DieReaktion von Stokvis. Andere Gallenfarb- stofFreak- tionon. Medikamen- töse Farb- stoffe. Die Reaktion von Stokvis ist besonders werthvoll in solchen Fällen, in welchen neben nur sehr wenig GallenfarbstofF grössere Mengen von anderen Farbstoffen in dem Harne enthalten sind. Man führt die Probe auf folgende Weise aus. 20 — 30 Cc Harn versetzt man mit 5 — 10 Co einer Lösung von Zinkacetat (1 : 5). Den Niederschlag wäscht man auf einem kleinem Filtrum mit Wasser aus und löst ihn dann auf dem Filtrum in wenig Ammoniak. Das neue Filtrat zeigt direkt oder nachdem es einige Zeit, bis es eigenthümlich braungrün geworden ist, an der Luft gestanden hat, die Absorptionsstreifen des Bilicyanins (vergl. S. 128). Es sind viele andere Reaktionen auf Gallenfarbstoffe im Harne vor- geschlagen worden ; da aber die oben besprochenen völlig hinreichend sind, dürfte es genügend sein , einige der anderen Reaktionen hier nur beiläufig zu erwähnen. Die ÜLTZMANN'scÄe Reaktion besteht darin, dass man etwa 10 Cc Harn mit 3 — 4 Cc konzentrirter Kalilauge versetzt und daranf mit Salzsäure sauer macht. Der Harn Avird dann schön grün. Die Smith'scäc Reahtion. Man überschüttet den Harn vorsichtig mit Jodtinktur, wobei an der Berülirungsstelle ein schön grüner Ring auftritt. Man kann auch Jodtinktur unter Umschütteln zusetzen, bis der Harn eine schöne grüne Farbe annimmt. Die EHRLicii'.scAe Frohe. Man mischt zuerst den Harn mit dem gleichen Volumen verdünnter Essigsäure und setzt dann troi:)fenweise eine Lösung von Sulfodiazobenzol hinzu. Das saure Harngemenge wird bei Gegenwart von Bilirubin von dem Reagense dunkelrotli gefärbt und diese Farbe geht nach Zusatz von Eisessig in blauviolett über. Die Sulfodiazo- benzollösimg bereitet man aus 1 g Sulfanilsäure , 15 Cc Chlorwasserstoffsäure und 0,1 g Natriumnitrit, welche Lösung mit Wasser zum Liter verdünnt wird. Medikamentöse Farbstoffe, von Santonin, Rheum, Senna u. a. herrührend, können dem Harne eine abnorme Färbung ertheilen, welche zvir Verwechselung mit Gallenfarbstoffen oder, in alkalischem Harne, vielleicht mit Blutfarbstoff Veranlassung geben könnte. Setzt man einem solchen Harne Salzsäure zu, so wird er gelb oder blassgelb, wälirend er umgekehrt nach Zusatz von ü))erschüssigem Alkali mehr oder weniger schön roth wird. Zucker im Harne. Trauben- zucker. Bas Auf- treten von Glykose im Harne. Der Traubenzucker, CgHigOe, auch Glykose, Dextrose und Harn Zucker genannt, kommt hauptsächlich im Pflanzenreiche vor, findet sich aber in sehr geringer Menge, im Mittel 1,5 p, m., im Blute und spuren weise auch in anderen thierischen Flüssigkeiten oder Geweben. Das Vorkommen von »Spuren von Traubenzucker im Harne ganz gesunder Personen dürfte wohl nunmehr unzweifelhaft festgestellt sein. Tritt Zucker dagegen mehr anhaltend und besonders in grösserer Menge im Harne auf, so muss er als ein abnormer Bestandtheil angesehen werden. Kleine Mengen Glykose können in den Harn übergehen bei übermässiger Zufuhr von Zucker, wenn also der Körper durch die Resorption aus dem Darme mehr Zucker aufnimmt als er zu assimiliren vermag (Worm Müller ; F. Hof- meister, De Jong). Auch nach Stärkemehlnahrung beobachtete Hofmeister bei Hunden, bei welchen durch mehrtägige volle oder nahezu völlige Nahrungs- entziehung die Fähigkeit den Zucker zu assimiliren herabgesetzt war, Glykos- urie auftreten (Hungerdiabetes nach Hofmeister). Beim Menschen ist das Auftreten von Glykose im Harne bei zahlreichen verschiedenartigen patho- logischen Zuständen, wie Läsionen des Gehirnes und besonders des verlänger- Traubenzucker im Harne. 341 mellitus. teil Markes, Cirkulatlonsanomalieii im Unterleibe, Herz- und Lungenkrank- heiten, Lebercirrhose, Cliolcra u. a. beoljacbtet worden. Bei Tliiercu hat man auch auf verscliiedene Weise, durch den Zuckersstich (riqure). Durchschneidung des Rückenmarkes, centrale Reizung des Vagus, Vergiftung mit Kohlenoxyd, Curare, Amylnitrit, o-Nitro})henylpropiolsäurc, Pliloridzin und mehreren anderen Stoffen, ferner durch Injektion von verdünnter Kochsalzlösung in die Blut- gefässe und durch mehrere andere Eingriffe eine Glykusuria hervorrufen können. Von besonderem Interesse ist in dieser Hinsicht die Beobachtung von v. Mkring und Minkowski, dass bei Hunden nach totaler Exstirpation des Pankreas eine sehr reichliche und anhaltende Zuckerausscheidung, ein wahrer Diabetes, auftritt. Ein anhaltendes Auftreten von Zucker im Harne des Menschen, bisweilen in sehr bedeutender Menge, kommt bei der Zuckerhdrnruhr (Diabetes mel- litus) vor. In dieser Krankheit kann bis zu einem Kilogramm Traubenzucker und sogar darüber pro 24 Stunden mit dem Harne ausgeschieden werden. Im Anfange der Krankheit, wenn der Gehalt an Zucker noch sehr klein ist, bietet der Harn oft sonst nichts Abweichendes dar. In den ausgebildeten, mehr typischen Fällen ist die Harnmenge dagegen bedeutend, bis zu 3 — 6 — 10 Liter pro 24 Stunden, vermehrt. Der prozentische Gehalt des Harnes an physio- ^Diabetes^^ logischen Bestandtheilen ist in der Regel sehr niedrig, während die absolute Tagesmenge derselben vermehrt ist. Der Harn ist blass, aber von hohem spez. Gewicht, 1,030 — 1,040 oder sogar darüber. Das hohe spez. Gewicht rührt von dem Zuckergehalte her, welcher in verschiedenen Fällen zwar sehr verschieden ist, aber sogar 10 ^lo betragen kann. Der Harn ist also in den typischen Fällen der Zuckerharnruhr dadurch charakterisirt, dass er in sehr reichlicher Menge abgesondert wird, von blasser Farbe und hohem spez. Gewicht ist und Zucker enthält. Dass der Harn nach der Einnahme von gewissen Arzneimitteln oder Giften reduzirende Stoffe, gepaarte Glykuronsäuren, enthält, welche zu einer Verwechselung mit Zucker Veranlassung geben können, ist in dem Vorigen erwähnt worden. Eigenschaften des Traubenzuckers. Der Traubenzucker krystallisirt theils mit 1 Mol. Krystallwasser m warzigen Massen aus kleinen Blättchen oder Täfelchen und theils wasserfrei in feinen Nadeln. Der krystallwasserhaltige Zucker schmilzt schon unter 100^ C. und verliert das Krystallwasser bei 110^ C. Der wasserfreie schmilzt bei 146° C. und geht bei 170*^0. unter Wasserabgabe in Glukosan, CßH^oOg, über. Bei stärkerem Erhitzen geht er in Karamel über und wird dann zersetzt. Der Traubenzucker ist in Wasser leicht löslich. Diese Lösung, welche weniger stark süss schmeckt als eine Rohrzuckerlösung entsprechender Kon- zentration, ist rechtsdrehend. Die spez. Drehung ist, nachdem sie konstant ge- worden, in wässerigen Lösungen von 1 — 15 °/o wasserfreier Glykose bei -\- 20 ^ C. zwar etwas schwankend, 52,52 — 52,9° (Landolt), dürfte aber als Mittel zu Traubea- zucker- krystalle. 342 Vierzehntes Kapitel. Eigen- -f- 52,6'' angenommen werden können. Der Traubenzucker löst sich wenig in LöbSeT* kaltem, leichter in siedend heissem Alkohol. 100 Theile Alkohol von 85^/0 lösen bei -f 17,5^ C 1,94 vmd im Sieden 21,7 Theile wasserfreie Glykose (Anthon). In Aether ist die Glykose unlöslich. Setzt man einer alkoholischen Glykoselöäung eine alkoholische Aetzkalilösung zu, so scheidet sich ein amorpher Niederschlag von unlöslichem Zuckerkali aus. Beim Erwärmen zersetzt sich das Zuckerkali leicht unter Gell)- oder Braimfärbung und hierauf* gründet sich die folgende Reaktion. Die MooRE'sche Zucke?'probe. Versetzt man eine Glykoselösung mit etwa ^/4 Volumen Kali- oder Natronlauge vmd erwärmt, so wird die Lösung sehe Zucker- erst gelb, dann orange, darauf gelbbraun und zuletzt dunkelbraun. Sie riecht gleichzeitig auch schwach nach Karamel imd dieser Geruch wird nach dem Ansäuern noch deutlicher. Mit NaCl geht die Glykose mehrere krystallisirende Verbindungen ein, von denen die am leichtesten zu erhaltende, {CJi-^o^e)^-^^^^ 4" HgO, grosse, ungefärbte, sechsseitige Doppelpyramide oder Rhomboeder mit 13,40*^/0 KaCl darstellt. ;Mit Bierhefe geht der Traubenzucker in neutraler oder von organischer Säure selu- schwach saurerLösungin Alkoholgälu'ung über: C^^^^2^Q=^2C2n.-fi'H.-\-2C02. Die für diese Gähiimg geeignetste Temperatiu* ist etwa 25 '^ C. Neben dem Alkohol und der Kohlensäure entstehen, besonders bei höherer Temperatur, kleine ]\Iengen homologer Alkohole (Amylalkohol), Glycerin und Bernsteinsäure. Gährung des Bei Gegenwart von saurer !Milch oder von Käse geht der Traubenzucker, be- Trauben- • n /"v 1 z'« /- /-v • •» r-1 1 zuckere, sonders bei Gegenwart einer Base wie ZnO oder CaCOg, m Muchsäm-egährung über: CqH.i20q = 2Q^HqO^. (Der Verlauf ist jedoch etwas komplizirter und es wird auch CO2 gebildet, Bouteon, Hueppe.) Die Milchsäure kann dann ihrer- seits weiter in Buttersäiu'egährung übergehen: 2C3He03 = C^Hg02-|-2C02-]-4H. Der Traubenzucker reduzirt in alkalischer Flüssigkeit mehrere Metalloxyde, wie Kupferoxyd, "Wismuthoxyd, Quecksilberoxyd, und hierauf gründen sich einige wichtigere Zuckerreaktionen. Die TROMMER'sche Probe gründet sich auf der Eigenschaft des Zuckers, Kupferoxydhydrat in alkalischer Lösung zu Oxydul zu reduzhen. ]\Iau versetzt die Zuckerlösung mit etwa ^/5 — ^/s Vol. Natronlauge und fügt dann vorsichtig eine verdünnte Kupfersulfatlösung zu. Das Kupferoxydhydrat wird hierbei zu einer schön lazurblau gefärbten Flüssigkeit gelöst, und man fährt mit dem Zusätze des Kupfersalzes fort, bis eine sehr kleine Menge Hydrat in der Flüssigkeit ungelöst bleibt. Man erwärmt darauf, und es scheidet sich dann schon unterhalb der Siedehitze gelbes Oxydulhydrat oder rothes Oxydul mer'sche" aus. Setzt man zu wenig Kupfersalz zu, so wird die Probe durch das Auf- treten der MoORE'schen Reaktion missfarbig braun gefärbt, während umgekehrt bei Zusatz von überschüssigem Kupfersalz das überschüssige Hydrat beim Sieden in ein wasserärmeres schwai'zbraunes Hydrat sich umsetzt und dadurch die Probe stört. Um diese Unannehmlichkeiten zu vermeiden, kann man als Reagens Probe. Traubenzucker. 343 die sog. FEHLiNG'sche Flüssigkeit verwenden. Dieses Reagens erhält man, wenn man gleiche Volumina einer alkalischen Seignettesalzlösung und einer Kupfer- sulfatlösung (vergl. bezüglich der Konzentration dieser Lösungen die quantitative Zuckerbestimmung im Harne) eben vor dem Gebrauche vermischt. Diese Lösung wird beim Sieden nicht reduzirt oder merk])ar vi-rändert, das Tartrat hält das überschüssige Kupferoxydhydrat in Lösung und ein Ueberschuss des Reagenses wirkt also nicht störend. Bei Gegenwart von Zucker wird diese Lösung reduzirt. Die BöTTGER-ALM^N'sche Frohe, gründet sich auf der Eigenschaft der Glykose, Wismuthoxyd in alkalischer Flüssigkeit zu reduziren. Das geeignetste Reagens erhält man nach der, von Nylander nur unbedeutend veränderten Angabe Almi5n's durch Auflösen von 4 g Seignettesalz in 100 Theilen Natron- lauge von 10 ^/o NaOH und Digeriren mit 2 g Bismuthum subnitricum auf dem Wasserbade, bis möglichst viel von dem Wismuthsalze gelöst worden ist. Setzt man einer Traubenzuckerlösung etwa ^/lo Vol. oder bei grossem Zuckergehalte eine etwas grössere Menge dieser Lösung zu und kocht einige Minuten, so färbt sich die Flüssigkeit erst gelb, dann gelbbraun und zuletzt fast schwarz und nach einiger Zeit setzt sie einen schwarzen Bodensatz von Wismuth (?) ab. Beim Erwärmen mit essigsaurem Phenylhydrazin giebt eine Trauben- zuckerlösung eine in feinen gelben Nadeln krystallisirende, in AVasser fast un- lösliche, in siedendem Alkohol aber lösliche und aus der mit Wasser versetzten alkoholischen Lösung beim Entweichen des Alkohols wieder sich ausscheidende Fällung von Phenylglf/Jwsazon (E. Fisciiek): CgHjaOß + 2 CgHg. NgHg ^C^gHgaN^O^ -|- 2H2O -|- 2H. Diese Verbindung schmilzt in reinem Zu- stande bei 204— 2050 C. Von Bleizuckerlösung wird die Glykose nicht, von ammoniakalischeni Bleiessig dagegen ziemlich vollständig gefällt. Beim Erwärmen färbt sich der Niederschlag fleischfarben bis rosenroth. Versetzt man eine wässerige Lösung von Traubenzucker mit Benzoyl- chlorid und einem Ueberschuss von Natronlauge und schüttelt, bis der Ge- ruch nach Benzoylchlorid verschwunden ist, so entsteht' ein in Wasser und in der Lauge unlöslicher Niederschlag von Benzoesäureestern der Glykose (BAUMAX^"). Versetzt man ^/a — 1 Cc einer verdünnten wässerigen Glykoselösung nüt ein paar Tropfen einer löprozentigen alkoholischen Lösung von «-Naphtol, so nimmt die Flüssigkeit bei Zusatz von 1 — 2 Cc konzentrirter Schwefelsäure eine schöne violette Farbe an (Molisch). Diese Reaktion beruht auf der Bil- dung von Furfurol aus dem Zucker durch die Einwirkung der Schwefelsäure. Diazobenzolsulfosäure giebt in einer, mit fixem Alkali alkalisch gemachten Zucker- lösimg nach 10 — 15 Minuten eine rothe, allmählich etwas violett werdende Farbe (Penzoldt und Fischek). Orthonitroiilieuylpropiolsäure liefert mit wenig Zucker und kohlen- saurem Natron beim Sieden Indigo, welcher von überschüssigem Zucker in Indigweiss über- geführt mrd (Baeyer). Eine alkalische Traubenzuckerlösung wird beim Erwärmen und Zusatz von verdünnter Pikrinsäurelösung tief i'oth (Bkaun). Die Böttgor- Ahiiön'scho Probe. Phenyl- jlykobazon. Vorhalten zu Benzoyl- chlorid und Alkali. 3M Vierzehntes Kapitel. Die Trom- nier'scho Probe. Modifikation von Worm Müller. Die Alraön'- sche Wis- mathprobe. Der Nachweis des Zuckers im Harne ist gewöhnlich, bei Gegenwart von nicht sehr wenig Zucker, eine sehr einfache Aufgabe. Bei Gegenwart von nur sehr kleinen Mengen kann dagegen der Nachweis des Zuckers bisweilen recht umständlich und schwierig sein. Aus einem eiweisshaltigen Harne muss das Eiweiss durch Koagulation mit Essigsäurezusatz entfernt werden, bevor man auf Zucker prüft. Diejenigen Zuckerproben, welche bei Harnuntersuchungen am häufigsten verwendet werden oder besonders empfohlen worden sind, dürften die folgen- den sein. Die TROMMER'sche Probe. In einem typischen, diabetischen Harne oder überhaupt in einem zuckerreichen Harne gelingt diese Probe leicht, und sie kann in der oben (S. 342) angegebenen Weise ausgeführt werden. In einem an Zucker armen Harne, besonders wenn dieser gleichzeitig einen normalen oder etwas vermehrten Gehalt an physiologischen Harnbestandtheilen hat, kann diese Probe dagegen zu groben Fehlern Veranlassung geben, und für den Arzt oder den weniger Geübten dürfte sie deshalb für solche Fälle nicht zu em- pfehlen sein. Jeder normale Harn enthält nämlich reduzirende Substanzen (Harnsäure, Kreatinin u. a.), und es findet deshalb auch in jedem Harne bei Anwendung dieser Probe eine Reduktion statt. Es kommt allerdings gewöhn- lich nicht zu einer Ausscheidung von Kupferoxydul; wenn man aber das Ver- hältniss zwischen Kuj)fersu]fat und Alkali variirt und die Probe kocht, so kann man nicht selten in einem normalen Harne eine wirkliche Ausscheidung von Oxydul oder eine von fein vertheiltem Oxydulhydrat eigenthümlich gelbroth gefärbte, missfarbene Flüssigkeit erhalten. Dies findet besonders bei Zusatz von viel Alkali und zu viel Kupfersulfat statt, und bei unvorsichtigem Arbeiten kann deshalb der weniger Geübte bisweilen in einem normalen Harne ein scheinbar positives Resultat erhalten. Andererseits enthält jeder Harn Stoffe, nämlich das Kreatinin und das aus dem Harnstoffe entstandene Ammoniak, welche bei Gegenwart von nur wenig Zucker das Kui:)feroxydul in Lösung halten können, und aus diesem Grunde kann auch der weniger Geübte in an- deren Fällen leicht eine kleine Zuckermenge im Harne übersehen. Die TROMMER'sche Probe kann zwar durch eine von Worm Müller an- gegebene Modifikation auch bei Gegenwart von sehr kleinen Zuckermengen brauchbar und zuverlässig werden. Da aber diese Modifikation ziemlich um- ständlich ist und ausserdem ziemlich viel Uebung und Genauigkeit erfordert, so dürfte sie wohl selten von dem vielbeschäftigten Arzte verwendet werden. Sie ist auch durch die folgenden Proben überflüssig geworden. Die ALMi^:N'sche Wismuthprohe, welche in der letzten Zeit weniger richtig die NYLANDER'sche Probe genannt wird, führt man mit der oben S. 343 an- gegebenen alkalischen Wismuthlösung aus. Zu jeder Probe nimmt man 10 Cc Harn, setzt 1 Cc Wismuthlösung zu und kocht einige Minuten. Bei Gegenwart von Zucker wird der Harn dabei erst dunkler gelb oder gelbbraun. Dann wird er immer dunkler, trübt sich, wird schwarzbraun oder fast schwarz und undm-ch- sichtig. Nach kürzerer oder längerer Zeit setzt er einen schwarzen Bodensatz ab, die obenstehende Flüssigkeit klärt sich allmählich, bleibt aber gefärbt. Bei Gegenwart von nur sehr wenig Zucker wird die Harnprobe nicht schwarz oder schwarzbraun, sondern nur dunkler gefärbt, und erst nach längerer Zeit sieht man am oberen Rande des Phosphatniederschlages einen dunklen oder schwarzen, feinen Saum (von Wismuth ?). Bei Gegenwart von viel Zucker kann man ohne Schaden eine grössere Menge des Reagenses zusetzen. In einem zucker- Nachweis des Traubenzuckers hu Harne. 345 armen Harne muss dagegen von der obigen Reagenslösung auf je 10 Co Harn nur 1 Co zugesetzt werden. Diese Probe zeigt in einem Harne noch einen Gehalt von 1 — 0,5 p. in. Zucker an. Diejenigen Fehlcniuelleu , welche bei der TKoMMEii'schen Probe durch die Gegenwart von Harnsäure und Kreatinin bedingt werden, fallen l)ei Anwendung dieser Probe weg. Die Wismuthprobe ist ausserdem leichter aus- zuführen und ist aus diesen Gründen dem Arzte zu empfehlen. Kleine Eiweiss- niengen stören die Probe nicht; grössere Mengen können durch die Entstehung von Schwefelwismuth eine Täuschung veranlassen, und man muss deshalb das Eiweiss durch Koagulation abscheiden. Bei Anwendung dieser Probe darf man jedoch nicht übersehen, dass sie, ebenso wie die TROMMER'sche Probe, eine Reduktionsprobe überhaupt ist, und dass sie folglich ausser dem Zucker auch gewisse andere reduzirende Stoffe anzeigen kann. Solche Stoffe sind gewisse gepaarte Glykuronsäuren , welche im Harne erscheuien können. Nach dem Gebrauche von Rheum erhielt Sal- ^®'' \fJ^^ der >\ is- KOWSKi mit dem Reagense einen bläulich schwarzen Niederschlag, und auch muthprobo. nach dem Gebrauche von Terpentinöl und einigen anderen Arzneimitteln hat man mit der Wismuthprobe schwarze Niederschläge erhalteu. Hieraus folgt, dass man, besonders wenn die Reduktion nicht sehr stark ist, n i e mit dieser Probe allein sich begnügen darf. Der Kontrolle halber muss man ausser ihr mindestens eine der folgenden Reaktionen ausführen. Unter diesen ist besonders die Gährungsprobe entscheidend. Die Gährungsprobe, Bei Anwendung dieser Probe muss man auf ver- schiedene Weise verfahren, je nachdem die Wismuthprobe einen schwachen oder starken Ausschlag gegeben hat. Hat man eine ziemlich starke Reduktion er- halten, so kann man den Harn mit Hefe versetzen und aus der entwickelten Kohlensäure auf die Anwesenheit von Zucker schliessen. In diesem Falle ver- setzt man den sauren, widrigenfalls mit etwas AVeinsäure schwach angesäuerten Harn mit Hefe, welche vorher durch Dekantation mit Wasser gewaschen worden ist. Man giesst dann den mit Hefe versetzten Harn in eine ScHEÖTTER'sche Gaseprouvette oder füllt mit ihm eine, am offenen Ende abgeschliffene Glas- röhre, welche mit dem Daumen geschlossen und in einer, Quecksilber als Sperr- flüssigkeit enthaltenden Schale umgestülpt wird. In dem INIaasse wie die Gäh- rung fortschreitet sammelt sich Kohlensäure oben in der Röhre an, während eine entsprechende Menge Flüssigkeit unten verdrängt wird. Der Kontrolle halber muss man jedoch in diesem Falle zwei andere, ganz ähnliche Proben anordnen, die eine mit normalem Harn und Hefe, um die Grösse der dabei regelmässig stattfindenden Gasentwickelung kennen zu lernen, und die andere mit Zuckerlösung und Hefe, um die Wirksamkeit der Hefe zu konstatiren. Hat man dagegen mit der Wismuthprobe nur eine schwache Reduktion erhalten, so kann man aus dem Ausbleiben einer Kohlensäureentwickelung, bezw. aus dem Auftreten einer sehr unbedeutenden Gasentwickeluug, keine ,^'®_^^^f" sicheren Schlüsse ziehen. In diesem Falle verfahrt man auf folgende Weise. Man versetzt den sam-en, bezw. mit ein wenig Weinsäure angesäuerten Harn mit Hefe, deren Wirksamkeit mau durch eine besondere Probe mit Zucker- lösung kontrollirt, und lässt ihn dann bei Zimmertemperatur oder besser bei etwas höherer Temperatur 24 — 48 Stunden stehen. Nach dieser Zeit prüft man wiederum mit der Wismuthprobe, und falls die Reaktion nun negativ ausfällt war Zucker fi'üher vorhanden. Fällt die Reaktion dagegen fortwährend positiv aus, so ist damit — wenn die Hefe kräftig wirkend war — die Gegenwart von anderen, reduzirenden, gährungsunfähigen Stoffen bewiesen. Es bleibt hierbei ungsprobe. 346 Vierzehntes Kapitel. zwar noch die Möglichkeit übrig, dass der Harn neben solchen Stoffen auch etwas Zucker enthalten hat, Ueber diese Möglichkeit entscheidet die folgende Probe. Die Phenylh ydrazinprobe . Nach v. Jaksch führt man diese Probe in folgender Weise aus. In eine Eprouvette, die 8 — 10 Cc Harn enthält, werden zwei Messerspitzen voll salzsaureu Phenylhydrazins und drei Messerspitzen voll essigsauren Natriums gebracht und, wenn sich die zugesetzten Salze beim Er- wärmen nicht gelöst hatten, noch etwas Wasser hinzugefügt. Das Gemisch wird in der Eprouvette in kochendes Wasser gesetzt und, um eine Verwechse- lung mit Phenylhydrazinglykui'onsäureverbindungen zu vermeiden , eine Stunde (v. Jaksch und Hirschl) im kochenden Wasserbade erwärmt. Dann wird es in ein mit kaltem Wasser gefülltes Becherglas gebracht. Bei Gegenwart von nicht sehr wenig Zucker erhält mau nun einen gelben, krystallinischen Nieder- schlag. Erscheint der Niederschlag amorph, so findet man bei mikroskopischer Untersuchung theils einzelne, theils in Drusen angeordnete, gelbe Nadeln. Handelt ^hvdrluin'^-^" ^^ ^i<^^^ ^^'^"^ ^®^^^ geringe Mengen Zucker, so bringt man die Probe in ein Spitz- probo. glas und untersucht das Sediment. Man findet dann in diesem wenigstens ein- zelne Phenylglykosazonkrystalle, während das Vorkommen von kleineren und grösseren gelben Plättchen oder stark lichtbrechenden, braunen Kügelchen für Zucker nicht beweisend ist. Diese Reaktion ist nach v. Jaksch sehr verläss- lich, und man soll mit ihr noch einen Zuckergehalt von 0,3 p. m. nachweisen können (Rosenberg, Geyer). Eine Verwechselung mit Glykuronsäure ist nach Hirschl nicht zu befürchten, wenn man nicht zu kurze Zeit (eine Stunde) im Wasserbade erwärmt. Um in zweifelhaften Fällen ganz sicher zu sein, stellt man den Niederschlag aus einer grösseren Harnmenge dar, löst ihn auf dem Filtrum durch Uebergiessen mit heissem Alkohol, setzt dem Filtrate Wasser zu und kocht den Alkohol weg. Erhält man nun die charakteristischen, gelben Krystallnadeln, deren Schmelzpunkt (204 — 205 ^ C) ausserdem bestimmt werden kann, so ist die Probe ganz entscheidend. Die Polarisalion. Die Untersuchung mit dem Polarimeter ist, besonders weil sie in vielen Fällen rasch den Unterschied zwischen Zucker und anderen reduzirenden, oft linksdrehenden Substanzen gestattet, von hohem Werthe. Bei DiePoiari- Gegenwart von nur sehr wenig Zucker hängt jedoch dieser Werth wesentlich ^probe." "^'^^^ ^^^' Empfindlichkeit des Instrumentes und der Uebuug des Beobachters ab, und diese Methode dürfte wohl auch in den allermeisten Fällen der Wismuth- probe und der Phenylhydrazinprobe an Empfindlichkeit unterlegen sein. Will man kleine Mengen Zucker aus dem Harne isoliren, so fällt man den Harn erst mit Bleizucker, filtrirt, fällt das Filtrat mit ammoniakalischem Bleiessig, wäscht diesen Niederschlag mit Wasser, zersetzt ihn in Wasser mit Schwefelwasserstoff, konzentrirt das Filtrat, versetzt es mit starkem Alkohol, isoiirung ^i^ ZU 80 Vol. ^/o, filtrirt wenn nöthig und fügt eine alkoholische Lösung von Zucker- Actzkali hinzu. Den aus Zuckerkali bestehenden Niederschlag löst man in mengen. Wenig AVasser, fällt das Kali durch Zusatz von überschüssiger Weinsäure, neu- tralisirt das Filtrat mit kohlensaurem Kalk in der Kälte und filtrirt. Das Filtrat kann zur Prüfung mit dem Polariskope, sowie zu der Gährungs-, der Wis- muth- und der Phenylhydrazinprobe benützt werden. Nach demselben Prinzipe kann mau den Traubenzucker in thierischen Flüssigkeiten überhaupt oder Ge- weben nachweisen, wobei jedoch vorhandenes Eiweiss erst durch Koagulation oder Alkoholzusatz abgeschieden werden muss. Für den Arzt, welcher selbstverständlich besonders einfache und rasch auszuführende Proben wünscht, dürfte zum Nachweis von Zucker im Harne in Quantitative Bestimmung des Zuckers. 347 erster Linie die Wisniuthprobe, welche wenn nöthig durch die Gäl)rungs- oder Phenylhydraziuprobe zu kontroUiren ist, zu empfehlen sein. Andere Zucki'ri>roben, wie z.B. die Rcaktif)n mit Ortliouitio|)henyli)roi)i()l8äure, Pikrin- säure, Diazobenzolsulfosäure, sind entl)clirlich. Die Ilcaktion mit 7.-Niiplito), welche eine Keaktion auf Kohlehydrate im Allgemeinen, auf Cilykurou.säure und Mucin ist, dürfte, auch mit Rücksicht auf ihre jjar zu grosse Empfindlidikeit, leicht zu Täuschungen führen ki'imen, und sie ist deshalb für den Arzt noch nicht zu empfehlen. Quanlitativc Besllmwun;/ des Zuckers im Harne. Einer solchen Be- stimmung muss stets eine Prüfiuig auf Eiweiss vorangehen, und wenn solches vorhanden ist, muss es stets, unter besonderer Beachtung dass das ursprüngliche Volumen des verarbeiteten Harnes hergestellt wird, durch Koagulation unter Essigsäurezusatz entfernt werden. Die Menge des Zuckers kann man durch Titration mit Fehling's oder Knapp's Flüssigkeit, durch Gährung oder durch Polarisation bestimmen. Die Titrationsflüssigkeiten reagiren nicht nur für Zucker, sondern auch für gewisse andere reduzirende Substanzen, und aus diesem Grunde geben auch die Titrationsmethodeu etwas zu hohe Werthe. Bei grösserem Zuckergehalte, wie im tyjüschen, diabetischen Harne, welcher regelmässig einen geringen Pro- zeutgehalt an normalen, reduzu'enden Bestandtheilen hat, ist dies nun zwar ohne wesentlichen Belang; bei geringem Zuckergehalte eines im Uebrigen nor- malen Harnes kann der Fehler dagegen, da die Reduktion sfdhigkeit des normalen Harnes 4 p. m. Traubenzucker entsprechen kann (vergl. S. 313), bedeutend werden. In solchen Fällen muss deshalb die Titrirung in später anzugebender Weise mit der Gährmethode kombinirt werden. Zu den Titrirungsmethodeu ist übrigens zu bemerken, dass in typischen, diabetischen Harnen mit erheblicherem Zuckergehalte die Titrirung mit Fehling's Flüssigkeit ebenso brauchbar wie die mit Knapp's Flüssigkeit ist. ^Yenu der Harn dagegen bei einem normalen Gehalte an physiologischen Bestandtheilen nur wenig Zucker enthält, so ist die Titration mit Fehling's Flüssigkeit schwierig, in gewissen Fällen sogar kaum möglich auszuführen, und sie giebt unsichere Resultate. In solchen Fällen soll dagegen die KxAPP'sche Methode nach WoPvM Müller und seinen Schülern gute Resultate geben. Die Titrirung mit FEHLiNG'scher Lösung beruht auf der Eigenschaft des Zuckers Kupferoxyd in alkalischer Lösung zu reduzireu. Man benützte hierzu früher eine Lösung, welche ein Gemenge von Kupfersulfat, Seignettesalz und Natron- oder Kalihydrat enthielt (FEHLDsG'sche Lösung); da aber eine solche Lösung sich leicht verändert, bereitet man sich nunmehr einerseits eine Kupfersulfatlösung und andererseits eine alkalische Seiguettesalzlösung und mischt erst vor dem Gebrauche gleiche Volumina dieser Flüssigkeiten miteinander. Die Konzentration der Kupfersulfatlösung wird so gewählt, dass 10 Cc dieser Lösung von 0,050 g Traubenzucker geradeauf reduzirt werden. Die Kupfer- lösimg soll zu dem Ende 34,65 g reines, krystallisirtes gar nicht verwittertes Kupfersulfat im Liter enthalten. Man krystallisirt das Sulfat aus einer heiss gesät- tigten Lösung durch Abkühlen unter Umrühren mn, saugt die Mutterlauge ab, presst zwischen Fliesspapier wiederholt aus, bis das Salz trocken geworden ist, löst genau 34,65 g in Wasser und füllt zu 1 Liter auf. Die Seiguettesalz- lösung bereitet man dm-ch Auflösung von 173 g des Salzes in etwa 350 Cc Wasser, Zusatz von 600 Cc Natronlauge von dem spez. Gewichte 1,12 und Verdünnung mit Wasser bis zu 1 Liter. Nach Woem Müller soll man eine jede dieser drei Flüssigkeiten — Seiguettesalzlösung, Natronlauge und Wasser — gesondert aufkochen, bevor man sie miteinander mischt. Zu jeder Titrirung Andere Zucker- probon. Qiiaiititatiro Zuckorbe-, ätiniiuunir. Die Titra- tions- methoden. Die erforder- Hchen Lösungen . 348 Vierzehntes Kapitel. Vorbereit- Q.nsenvorder Titrirung. Bestimmang der End- reaktion. Voranssetz- nngen für eine exakte Bestim- muDfr. misst man in einer kleinen Kochflasche oder in einer Porzellan schale 10 Cc der Kupferlösung und 10 Cc alkalische Seignettesalzlösung genau al) und setzt dann 30 Cc Wasser zu. Der eiweissfreie Harn ist vor der Titrirung mit Wasser so zu verdünnen, dass zur Reduktion von 10 Cc Kupferlösung zwischen 5 und 10 Cc des ver- dünnten Harnes verbraucht werden , was einem Zuckergehalte von zwischen 1 und '/2'^. 0 entspricht. Einen Harn von dem spez. Gewichte 1,030 kann man gewöhnlich auf das fünffache, einen konzentrirteren auf das zehnfache ver- dünnen. Mit dem so verdünnten Harne beschickt man eine Bürette. Aus dieser Bürette soll man nun den verdünnten Harn der siedenden Kupfer-Seignettesalzlösung zusetzen, bis das Kupferoxyd geradeauf reduzirt worden ist. Dies hat stattgefunden, wenn die Mischung unmittelbar nach dem Kochen gerade nicht mehr blau ist. Diesen Punkt genau zu bestimmen, ist, wenn das Kupferoxydul sich schlecht absetzt, sehr schwierig und erfordert jeden- falls etwas Uebung. Zur Beurtheilung der Farbe wartet man, bis aus der obersten, unter dem Meniscus JDefindlichen Schicht das Kupferoxydul sich ge- senkt hat, und wenn man so weit gekommen ist, dass diese Schicht gar nicht blau ist, während nach Zusatz von 0,1 Cc Harn weniger die ]\Iischung noch bläulich erschien, so ist die Titrirung beendet. Wegen der Schwierigkeit, diesen Punkt genau zu treffen, hat man auch eine andere Endreaktion vorgeschlagen. Diese besteht darin, dass man unmittelbar nach dem Kochen einen kleinen Theil der Probe durch ein kleines Filtnim in ein Reagensröhrchen eintropfen lässt, welches eine kleine Menge mit Essigsäure angesäuerten und mit ein paar Tropfen Ferrocyankaliumlösung versetzten Wassers enthält. Die kleinste Menge Kupferoxyd macht sich hierbei durch eine röthliche Färbung der Probe kund. Wenn man rasch arbeitet, damit keine Oxydation des Oxyduls zu Oxyd statt- findet, ist diese Eudreaktion brauchbar in solchen Harnen , welche reich an Zucker und arm an Harnstoff sind, und welche man stark mit Wasser verdünnt hat. In zuckerarmen Harnen, welche etwa den normalen Gehalt an Harnstofi" haben, und welche weniger stark mit Wasser zu verdünnen sind, findet bei dem Sieden der alkalischen Flüssigkeit eine ziemlich starke Ammoniakbildvuig aus dem Harnstoffe statt. Dieses Ammoniak löst einen Theil des Oxyduls, welches dadurch sehr leicht in Oxyd übergeht, und ausserdem giebt auch das gelöste Oxydul, welches durch das Filtrum geht, mit dem Ferrocyankalium eine röth- liche Farbe. Gerade in den Fällen, in welchen die Titrirung am schwierigsten auszuführen ist, kann man also diese Endreaktion am wenigsten brauchen. Bei einiger Uebung ist sie auch überflüssig, und es ist am besten als Endi'eaktion einfach das Aussehen der Flüssigkeit zu benutzen. Um die Abscheidung des Kupferoxyduls und damit die Klärung der Flüssig- keit zu erleichtern, kann man der letzteren nach Muxk ein wenig Chlorcalciura- lösung zusetzen und noch einmal aufkochen. Es entsteht hierbei ein Nieder- schlag von weinsaurem Kalk, welcher das suspendirte Kupferoxydul mit nieder- reisst, wodurch die Farbe der Flüssigkeit leichter zu sehen ist. Dieser Kunstgrifi" führt gewiss in vielen Fällen zum Ziele; leider giebt es aber bisweilen Harne, in welchen in keiner Weise die Titrirung nach Fehles'g exakte Resultate giebt. Nothwendige Bedingnisse für das Gelingen der Titrirung sind nach SoxiiLET unter allen Umständen folgende. Die Kupfer-Seignettesalzlösung muss wie oben mit Wasser auf 50 Cc verdünnt werden; der Harn darf nur zwischen 0,5 — 1 °/o Zucker enthalten, und die gesammte zur Reduktion erforderliche Ham- menge muss auf einmal der Titrirflüssigkeit zugesetzt und damit gekocht werden. Titrirung des Zuckers im Harne. 349 Aus diesem letzteren Umstände folgt also, dass die Titrirung sehr umständlich wird und jedesmal mehrere Bestimnuingen erfordert. Wie die Titrirung auszufiihren ist, dürfte am besten aus einem Beispiele ersichtlich werden. Das obige Gemenge von Kupfersulfat-Seigncttesalzhisung und Wasser (Gesammtvolumen = 50 Cc) erhitzt man in einem Kölbchen zum Sieden, wobei es klar bleiben muss. Dem siedend heissen Gemenge setzt man nun den (z. B. auf das fünffache) verdünnten Harn von 1 zu 1 Cc zu, indem man nach jedem Zusatz wieder einige Sekunden kocht, und beobachtet das Eintreten der Endreaktion. Findet man nun z. B., dass 3 Cc eine zu kleine, aber 4 Cc eine zu grosse Menge ist (die Flüssigkeit wird gelblich), so ist der Harn mit zu wenig Wasser verdünnt worden, denn es sollen nach dem Vorigen zur Reduktion zwischen 5 und 10 Cc Harn verbraucht werden. Man verdünnt nun den Harn auf das zehnfache, und es müssen nun also zwischen 6 und 8 Cc erforderlich sein. Man macht nun 4 neue Proben , welche übrigens zur Zeit- ersparniss gleichzeitig gekocht werden können, und setzt ihnen auf einmal, resp. je 6, 6^/2, 7 und 7^/2 Cc zu. Findet man nun, dass die Endreaktion zwischen 6^/2 und 7 Cc liegt, so macht man 4 neue Proben, welchen man resp. 6,6, 6,7, 6,8 und 6,9 Cc zusetzt. Würde in diesem Falle die Probe mit 6,7 Cc noch etwas bläulich, die mit 6,8 Cc dagegen völlig entfärbt sein, so betrachtet man die Mittelzahl 6,75 Cc als die richtige. Die Berechnung ist einfach. Die verbrauchten 6,75 Cc enthalten 0,050 g Zucker, und der Prozentgehalt des verdünnten Harnes an Zucker ist also (6,75 : 0,05 = 100 : X) = -" = 0,74. Da aber der Harn auf das zehn- 6,75 5 X 10 fache verdünnt war, enthielt also der unverdünnte Harn ——- — = 7,4% Zucker. 6,75 Die allgemeine Formel, bei Anwendung von 10 Cc Kupfersulfatlösung, ist also 5 X n — p — , in welcher n angiebt, wie viel mal der Harn verdünnt war, und k die zur Titrirung verbrauchte Anzahl Cc des verdünnten Harnes bedeutet. Die Titrirung nach Knapp beruht darauf, dass Qucksilbercyanid in alkalischer Lösung von dem Traubenzucker zu metallischem Quecksilber reduzirt wird. Die Titrirflüssigkeit soll im Liter 10g chemisch reines, trockenes Queck- silbercyanid und 100 Cc Natronlauge von dem spez. Gewichte 1,145 enthalten. Von dieser Lösung sollen, wenn man die Titrirung in der unten anzugebenden Weise ausführt (nach Worm Müller und Otto), 20 Cc gerade 0,050 g Traubenzucker entsprechen. Verfährt man in anderer Weise, so ist der Wirkungs- werth der Lösung ein anderer. Auch bei dieser Titrirung soll der Zuckergehalt des Harnes nicht höher als zwischen ^/2 und 1 Prozent liegen, und man hat also auch hier, wenn nöthig, durch einen Vorversuch den erforderlichen Verdünnungsgrad festzustellen. Zur Feststellung der Endreaktion wird in der unten anzuführenden Weise auf über- schüssiges Quecksilber mit Schwefelwasserstoff geprüft. Zur Ausführung der Titrirung lässt man in eine Kochflasche 20 Cc der KNAPP'schen Flüssigkeit einfliessen und verdünnt darauf mit 80 Cc Wasser oder, wenn man Ursache hat, weniger als 0,5 "/o Zucker im Harne zu ver- muthen, mit nur 40 — 60 Cc. Darauf erhitzt man zum Sieden luid lässt dann zu der heissen Lösung den verdünnten Harn allmählich zufliessen, anfangs von 2 zu 2, nachher von 1 zu 1, von 0,5 zu 0,5, von 0,2 zu 0,2 und zuletzt von 0,1 zu 0,1 Cc. Nach jedem Zusätze lässt man wieder V2 Minute kochen. Wenn Ausführung der Titrirung. Berechnung der Zacker- menge. Titrirnng nach Knapp. Ausführung der Titrirung. 350 Vierzehntes Kapitel. miin der Endreaktion sich nähert, so fängt die Flüssigkeit an, sich zu klären, und das Quecksilber scheidet sich mit den Phosphaten ab. Die Endreaktion führt man in der Weise aus, dass man mit einem Kapillarröhrchen einen Tropfeu der obersten Flüssigkeitsschicht aufsaugt und dann durch Ausblasen auf rein weisses schwedisches Filtrirpapier fallen lässt. Den feuchten Fleck hält man darauf erst über eine Flasche mit rauchender Salzsäure und dann über eine andere mit starkem Schwefel wasserstoffwasser. Bei Gegenwart von nur minimalen Mengen Quecksilbersalz in der Flüssigkeit wird der Fleck gelb- lich, was am sichersten zu sehen ist, wenn man ihn mit einem zweiten Flecke vergleicht, welcher dem Schwefelwasserstoffe nicht ausgesetzt gewesen ist. Die Endreaktion wird noch schärfer, wenn man einen kleinen Theil der Flüssigkeit abfiltrirt, mit Essigsäure ansäuert und mit Schwefelwasserstoff prüft (Otto). Die Berechnung ist ebenso einfach wie bei der vorigen Methode. Diese Titrirung kann zum Unterschied von der vorigen nicht nur bei Tageslicht, sondern auch bei künstlicher Beleuchtung ausgeführt werden. Vor der FEHLiNG'schen Methode soll die KNAPP'sche folgende Vorzüge haben. Sie ist brauchbar selbst wenn der Zuckergehalt des Harnes sehr klein und der ^MotiKKie^*''^ Gehalt an übrigen Harnbestandtheilen normal ist. Sie ist leichter auszuführen und die Titrirflüssigkeit kann ohne Zersetzung lange Zeit aufbewahrt werden (WoRM Müller und seine Schüler). Die Ansichten der verschiedenen Forscher über den Werth dieser Titrirmethode sind jedoch etwas streitig. Bestimmung der Zuckermenge durch Gährung. Diese Bestimmung kann auf verschiedene Weise geschehen; am einfachsten und zugleich für ge- wöhnliche Fälle hinreichend genau kann man sie jedoch nach der Methode von Roberts ausführen. Diese Methode besteht darin, dass man das spez. Gewicht vor und nach der Gährung bestimmt. Bei der Gährung entstehen aus dem Zucker als Hauptprodukte Kohlensäure und Alkohol, und theils durch das Verschwinden des Zuckers, theils durch die Entstehung des Alkohols fällt das spez. Gewicht. Roberts hat nun gefunden, was später mehrere andere Forscher bestätigt haben (Worm Müller u. A.), dass ein Herabsinken des spez. Gewichtes um 0,001 einem Zuckergehalte von 0,230 "/o entspricht. Hatte also beispielsweise ein Harn vor der Gährung das spez. Gewicht 1,030 und nach derselben 1,008, so war also der Zuckergehalt 22 X 0,230 = 5,06 "/o. Bei der Ausführung dieser Probe muss das spez. Gewicht bei derselben Temperatur des Harnes vor und nach der Gährung bestimmt werden. Der Harn muss schwach sauer sein und wird deshalb nöthigenfalls mit ein wenig Weinsäurelösung schwach angesäuert. Die Wirksamkeit der Hefe muss wenn nöthig durch eine besondere Probe kontrollirt werden. In einen Kolben, welcher zur Hälfte von dem Harne gefüllt wird, giesst man etwa 200 Cc Harn, setzt ein etwa bohnengrosses Stück Presshefe zu, zertheilt die Hefe in der Flüssig- keit durch Umschüttelu, verschliesst den Kolben durch einen, mit einem fein aus- gezogenen, offenen Glasrohre versehenen Stopfen und lässt die Probe bei Zimmer- temperatur oder noch besser bei -\- 20 — 25° C. stehen. Nach 24 — 48 Stunden ist die Gährung gewöhnlich beendet, wovon man sich übrigens durch die Wis- muthprobe überzeugen muss. Nach beendeter Gährung filtrirt man durch ein trockenes Filtrum, bringt das Filtrat auf die erwünschte Temperatur und be- stimmt das spez. Gewicht von Neuem. Wenn man das spez. Gewicht mit einem guten, mit Thermometer und Steigrohr versehenen Pyknometer bestimmt, soll diese Methode, wenn der Gehalt an Zucker nicht weniger als 4 — 5 p. m. beträgt, nach Worm Müller ganz exakt sein, was dagegen von Budde bestritten wird. Für den Arzt ist aber Die Robert - sclio Gähr- methode. Ausführung der Giihr- ungsprobe. Quantitative Bestimmung des Zockers. 351 Wortli ilor Methode. mengen. die Methode in dieser Form nicht recht brauchbar. Bestimmt man dagegen das spez. Gewicht mit einem empfindliclien Aräometer, welches die Dichte bis auf die vierte Decimnlstelle abzulesen gestattet, so erhält man zwar, wegen der prinzi])i('ll('n Fehler dor Methode (Bl'DDi;), nicht ganz exakte Wertlie; a])er die Fehler sind regelmäs.>^ig kleiner als die, welche der nicht ganz besonders Geübte bei den Titrirungen macht. Unter den zur quantitativen Bestimnmng des Zuckers vorgeschlagenen und näher geprüften Methoden giebt es auch keine, welche gleiciizeitig leichter auszuführen ist und in der Hand des nicht besonders geübten Arztes zuverlässigere Resultate giebt. Wenn der Gehalt des Harnes an Zucker kleiner als 5 p. ni. ist, so kann man jedoch diese Methode nicht gebrauchen. Ein so niedriger Gehalt an Zucker kann übrigens, wie schon oben erwähnt wurde, wegen der Reduktionsfähigkeit des normalen Harnes, welche 4 — 5 p. m. Zucker entsprechen kann, auch nicht BostimmunK durch Titrirung direkt bestimmt werden. Für solche Fälle muss man nach ^ Zacker-^' WoRM MüLLKK erst die Reduktionsfähigkeit des Harnes durch Titrirung nach Knapp bestimmen, dann den Harn nach Hefezusatz vergähren lassen und darauf wiederum nach Knapp titriren. Die bei diesen zwei Titrirungen gefundene Differenz, als Zucker berechnet, giebt den wahren Zuckergehalt an. Bestimmung der Zuckermenge durch Polarisation. Diese Methode setzt voraus, da.ss der Harn klar, nicht zu stark gefärbt ist und vor Allem neben der Glykose keine anderen, optisch wirkenden Substanzen enthält. Bei Anwendung von einem sehr vorzüglichen Instrumente und bei genügender Uebung können mit dieser Methode sehr genaue Resultate erhalten werden (K. jSIöPvNer, H. Huppert). Für den Arzt ist jedoch die Gährungsprobe nach Roberts, welche keine theueren Apparate und keine besondere Uebung erfordert, vorzu- ziehen. Unter solchen Umständen, und da die Bestimmung durch Polarisation mit Vortheil nur von besonders geschulten Chemikern ausgeführt werden kann, dürfte bezüglich dieser Methode und der zu ihrer Anwendung erforderlichen Apparate auf ausführlichere Handbücher verwiesen werden köimen. Levulose. Linksdrehende, zuckerhaltige Harne sind von Ventzke, Zimmer und Czapek, Seegex u. A. beobaclitet worden. Die Natur der hierbei vorkommenden Substanz ist schwierig genau anzugeben, dass aber der Harn wenigstens in gewissen Fällen, wie in dem von Seegen beobachteten, Levulose enthalten hat, ist wohl nicht zu bezweifeln. In diabetischen Harnen hat Leo einige Male eine linksdi-ehende, reduzirende, nicht gährungsfähige und nicht krystallisirende Substanz gefunden, welche von ihm als eine besondere Zuckerart betrachtet wird. Die Anwesenheit von Levulose in einem zuckerhaltigen Harne ist nur dann wahrschein- lich, wenn der Harn links di-cht oder optisch inaktiv ist, oder wenn er eine der Reduktions- fähigkeit nicht entsprechende (schwächere) Eechtsdrehimg zeigt vmd wenn er nachweislich keine anderen linksdrehenden Substanzen (ß-Oxybuttersäure, gepaarte Glykuronsäuren, Protein- stofte oder Cystin) enthält. Milchzucker. Das Auftreten von Milchzucker im Harne bei Milch- stauung ist besonders durch die Untersuchungen von De Sinety und F. Hof- meister bekannt geworden. Nach dem Genüsse von grösseren Mengen Milch- zucker findet sich nach Worm Müller etwas Milchzucker und daneben auch etwas Glykose (De Jong) im Harne des Menschen. Der sichere Nachweis des Milchzuckers im Harne ist schwierig, indem nämlich dieser Zucker vne die Glykose rechtsdrehend ist und die gewöhnlichen Reduktionsproben giebt. Enthält der Harn einen rechtsdrehenden, die Wismuth- des*^Miich- lösung reduzirenden, nicht gährenden Zucker, so ist dieser sehr wahrscheinlich ^^ ^^' Milchzucker. Ganz gesichert wird jedoch der Nachweis erst durch Isolirung Bostimrauncf durch Polari- sation. Levulose. Milchzucker im Harne. 352 Vierzehntes Kapitel. Isolirun? (los Milch- zuckers aus dem Harne. Inosit. Nachweis des Inosits. Aceton und Acetessig- Vorkommen des Acetons im Harne. des Milchzuckers aus dem Harne. Dies geschieht nach dem folgenden, von F. Hofmeister angegebenen Verfahren. Man fällt den Harn mit Bleizucker, filtrirt, wäscht mit Wasser aus, vereinigt das Filtrat und das Waschwasser und fällt mit Ammoniak. Die von dem Niederschlage abültrirte Flüssigkeit fällt man abermals mit Bleizucker und Ammoniak, bis das letzte Filtrat optisch inaktiv geworden ist. Sämmtliehe Niederschläge , mit Ausnahme von dem ersten , welcher keinen Zucker enthält , vereinigt man imd wäscht sie ndt Wasser aus. Die gewaschenen Niederschläge zerlegt man in der Kälte mit Schwefelwasserstoft', filtrirt, treibt das überschüssige Schwefel wasserstoflgas durch einen Luftstrom aus, befi'eit die Flüssigkeit von den freigewordenen Säuren durch Schütteln mit Silberoxyd, filtrirt, scheidet das in der Flüssigkeit gelöste Silber mit Schwefelwasserstoft' aus, setzt Baryumkarbonat, um etwa vorhandene freie Essigsäure zu binden, zu luid konzentrirt. Bevor der Abdampfimgsrückstand syrupös geworden ist, wird er mit so viel OOprozentigem Alkohol versetzt, dass ein flockiger, sich schnell absetzender Niederschlag entsteht. Das hiervon getrennte Filtrat setzt im Exsiccator Krj'stalle von Milch- zucker ab, welche durch Umkrystallisiren , Entfärbung mit Thierkohle und Auskochen mit Alkohol von 60 — 70 °/o gereinigt werden. Inosit kommt nur selten, und zwar nur in geringer Menge, im Harne bei Albuminurie und bei Diabetes mellitus vor. Nach übermässiger Zufuhr von Wasser ist der Inosit auch im Harne gefunden worden. Nach Hoppe- Seyler kommen Spuren von Inosit in jedem normalen Harne vor. Zum Nachweis des Inosits wird das Eiweiss zuerst aus dem Harne abgeschieden. Darauf konzentrirt man den Harn im Wasserbade auf ^U und fällt ihn mit Bleizucker. Das Filtrat wird erwärmt und so lange mit Bleiessig versetzt, als noch ein Niederschlag entsteht. Der erst nach 24 Stimden gesammelte Bleiessigniederschlag wird ausgewaschen, in Wasser suspen- dirt imd mit Schwefelwasserstofi' zerlegt. Aus dem Filtrate scheidet sich nach einiger Zeit ein wenig Harnsäure aus. Man filtrirt die Flüssigkeit davon ab, konzentrirt sie zum Syrup und versetzt sie kochend mit 3 — 4 Vol. Alkohol. Der Niederschlag wird rasch abgetrennt. Die nach Zusatz von Aether zu dem erkalteten Filtrate nach einiger Zeit sich ausscheidenden Krystalle reinigt man durch Entfärljung und Umkrystallisiren. INIit den Krystallen stellt man die S. 216 erwähnten Proben an. Aceton und Acetessigsäure. Diese Stoffe sind zuerst im Harne bei Diabetes mellitus beobachtet worden (Peters, Kaulich, v. Jaksch, Gerhardt). Im diabetischen Harne kommen bisweilen diese beiden Stoffe gleichzeitig, bis- weilen dagegen nur der eine vor. Das Aceton kann dem diabetischen Harne wie auch der Esspirationsluft einen Geruch nach Aepfeln oder Obst ertheilen. Das Aceton soll nach v. Jaksch ein normaler, wenn auch nur in sehr kleiner Menge (die Tagesmenge beträgt höchstens 0,01 g) vorkommender Harnbestand- theil sein. Nach Le Nobel soll es dagegen nur nach dem Genüsse von Alkohol oder nach eiweissreicher Kost in dem Harne Gesunder auftreten. So- wohl das Aceton als die Acetessigsäure scheinen Zersetzungsprodukte des Ei- weisses zu sein, und durch sehr eiweissreiche Nahrung kann Acetonurie her- vorgerufen werden. Ueber das Vorkommen dieser Stoffe im Harne unter krankhaften Zuständen liegt eine grosse Menge von Beobachtungen, besonders von v. Jaksch, von Kaulich, Cantani, Deichmüller, Frerichs, Ebstein, Penzoldt, Le Nobel, Seifert, Gerhardt u, A. vor. Ausser in gewissen Fällen von Diabetes kommt die Acetonurie besonders bei solchen pathologischen Prozessen vor, welche mit einem gesteigerten Zerfalle der Gewebe einhergehen. Die Acetonvme kommt also beim Fieber, bei kachektischen Zuständen, auch bisweilen bei Carcinomen Aceton. 353 der Digestionsorgane, ferner bei der Iiismilion und l)(;i Psychosen vor. Besonders häufig ist die Acetonurie bei Kindern. Die Acetessigsäure kommt nie als physiologischer Bestandtheil im Harne vor, tritt aber in demselben unter etwa denselben Bedingungen wie das Aceton auf. Namentlich kommt sie häufig bei Kindern, bei hohem Fieber, akuten Exanthemen u. dergl. vor. Das Aceton, Dimethylketon, CgH^O oder C0.(CH3)j,, ist eine dünn- flüssige, wasserhelle, bei 56,5" C. siedende, angenehm nach Obst riechende Flüssigkeit. Sie ist leichter als Wasser, mit welchem, wie auch mit Alkohol und Aether, sie in allen Verhältnissen sich mischt. Die wichtigsten Aceton- reaktionen sind folgende. Die Jodojormprohe nach Lieben, Wenn man eine wässerige Lösung von Aceton mit Alkali und darauf mit etwas Jod-Jodkaliumlösung versetzt und gelinde erwärmt, so entsteht ein gelber Niederschlag von Jodoform, welcher an dem Gerüche und dem Aussehen der Kryställchen (sechsseitige Täfelchen oder Sternchen) bei der mikroskopischen Untersuchung zu erkennen sind. Diese Reaktion ist zwar sehr empfindlich, aber für das Aceton nicht charakteristisch. Die GuNNiNG'sche Modifikation der Jodoformprohe besteht darin, dass man statt der Jod-Jodkaliuralösung und des Alkalihydrates eine alkoholische Jod- lösung und Ammoniak verwendet. Es tritt in diesem Falle neben Jodoform ein schwarzer Niederschlag von Jodstickstoff auf, welcher jedoch beim Stehen der Probe allmählich verschwindet, wobei das Jodoform sichtbar wird. Diese Modifikation hat den Vorzug, dass sie mit Alkohol kein Jodoform liefert. Da- gegen ist sie etwas weniger empfindlich, zeigt jedoch noch 0,01 mg Aceton in 1 Cc an. Die Quecksilbei'oxydprobe nach Reynold gründet sich auf der Fähigkeit des Acetons frisch gefälltes HgO zu lösen. Man fällt eine Qucksilberchlorid- lösung mit alkoholischer Kalilauge, setzt die auf Aceton zu prüfende Flüssig- keit zu, schüttelt tüchtig und filtrirt. Bei Gegenwart von Aceton enthält das Filtrat Quecksilber, welches mit Schwefelammonium nachgewiesen werden kann. Diese Probe hat etwa dieselbe Empfindlichkeit wie die GuNxiNG'sche Probe. Die Nitropjrussidnatriumpi'obe nach Legal. Versetzt man eine Aceton- lösung mit einigen Tropfen frisch bereiteter Nitroprussidnatriumlösung und da- rauf mit Kali- oder Natronlauge, so färbt sich die Flüssigkeit rubinroth. Das Kreatinin giebt dieselbe Farbe ; wenn man aber mit Essigsäure übersättigt, so wird die Farbe bei Gegenwart von Aceton karminroth oder purpurroth, bei Gegen- wart von Kreatinin dagegen zunächst gelb und dann allmählich grün und blau. Stellt man die Probe mit Ammoniak statt mit Alkalilauge an (Le Nobel), so gelingt die Probe ebenfalls mit Aceton, dagegen nicht mit Kreatinin. Die Legal'- sche Probe reagirt noch für 0,1 mg Aceton. Die Indigop)robe nach Pexzoldt beruht darauf, dass Orthonitrobenzal- dehyd in alkalischer Lösung mit dem Aceton Indigo giebt. Eine warm gesättigte Hammarsten, Physiologische Chemie. 23 Aceton. Die Jodo- formprobe. DieReynold- sche Probe. Die Nitro- prnssid- natrinm- probe. Indigoprobe. 354 Vierzehntes Kapitel. Äcetessig- säure. Nachwois der Diacet- säure. Nachweis des Acetons. Oxybntter- säure. und darauf erkaltete Lösung von dem Aldehyde versetzt man mit der auf Aceton zu prüfenden Flüssigkeit und darauf mit Natronlauge. Die Flüssigkeit wird bei Gegenwart von Aceton erst gelb, dann grün und scheidet endlich Indigo ab, welcher beim Schütteln der Probe mit Chloroform von diesem mit blauer Farbe gelöst wird. Mittelst dieser Probe können 1,6 mg Aceton nach- gewiesen werden. Acetessigsäure oder Diacetsäure C^HgOg oder C2H3O.CH2.COOH. Diese Säure ist eine farblose, stark saure Flüssigkeit, welche sich mit Wasser, Alkohol und Aether in allen Verhältnissen mischt. Beim Erhitzen wie beim Sieden mit Wasser und besonders mit Säuren zerfällt sie in Kohlensäure und Aceton und giebt deshalb die obengenannten Acetonreaktionen. Von dem Aceton unterscheidet sie sich dadurch, dass sie mit verdünnter Eisenchloridlösung eine violettrothe oder braunrothe Farbe annimmt. Diese Färbung verblasst jedoch bei Zimmertemperatur innerhalb 24 Stunden, schneller beim Sieden (Unter- schied von Phenol, Salicylsäure, Essigsäure, Rhodanwasserstoff). Nachweis von Aceton und Acetessigsäure im Harne. Der Prüfung auf Aceton muss eine Prüfung auf Acetessigsäure vorangehen, und da diese Säure allmählich beim Stehen des Harnes zersetzt wird, so muss der Harn möglichst frisch untersucht werden. Bei Gegenwart von Diacetsäure giebt der Harn die sog. GERHARDT'sche Reaktion, d. h. er nimmt nach Zusatz von verdünnter, nicht zu stark saurer Eisenchloridlösung eine weinrothe Farbe an. Man ver- setzt 10 — 50 Cc Harn mit Eisenchloridlösung so lange, als er noch einen Niederschlag giebt, filtrirt vom Eisenphosphatniederschlage ab und fügt noch etwas Eisenchlorid zu. Bei Gegenwart der Säure wird die Farbe bordeauxroth. Darauf ei'hitzt man eine zweite, gleich grosse Portion des Harnes zum Sieden bei schwach saurer Reaktion und wiederholt nach dem Erkalten die Probe, welche nun negativ ausfallen muss. Eine dritte Harnportion säuert man mit Schwefelsäure an und schüttelt mit Aether (von welchem die Säure aufgenommen wird). Schüttelt man darauf den abgehobenen Aether mit einer sehr verdünnten wässerigen Eisenchloridlösung, so färbt sich die wässerige Schicht violettroth oder bordeauxroth. Die Färbung verblasst in der Wärme. Bei Abwesenheit von Acetessigsäure kann man direkt auf Aceton prüfen. Dies kann im Harne direkt mit den Proben von Legal und Penzoldt ge- schehen. Diese Untersuchung, welche eigentlich nur zur vorläufigen Orientirung dient, gelingt jedoch nur, wenn der Harn ziemlich viel Aceton enthält. Behufs sicheren Nachweises destillirt man unter guter Kühlung mindestens 250 Cc des mit Schwefelsäure schwach angesäuerten Harnes. Das meiste Aceton ist in den ersten 10—20 Cc Destillat enthalten. Das Destillat wird mit den obigen Proben geprüft. Zur Prüfung auf Aceton bei gleichzeitiger Gegenwart von Acetessigsäure macht man den Harn erst schwach alkalisch und schüttelt ihn dann behutsam in einem Scheidetrichter mit alkohol- und acetonfreiem Aether. Den abgehobenen Aether schüttelt man darnach mit etwas Wasser, welches das Aceton aufnimmt, und prüft dann das AVasser. /?-Oxybuttersäure, C^HgOg oder CH3.CH(OH).CH2.COOH. Das Auftreten dieser Säure im Harne ist zuerst von Minkowski, Külz und Stadel- mann sicher nachgewiesen worden. Die Säure kommt vor Allem in schweren Oxybuttersäure. 355 Eltren - schafton. Nachweis der Oxy- buttersäure. Fällen von Diabetes vor, if^t aber aucli bei Scharlacb und Masern, bei Skorbut und bei abslinirenden Geisteskranken beobaebtet worden. Die ;V-Oxybuttersäure ist im Harne von Acetessigsäure begleitet. Die /J-Oxybuttersäure bildet einen geri\chlosen Syrup, welcher mit Wasser, Alkohol und Aether sich leicht mischt. Die Säure ist optisch aktiv, und zwar levogyr, und sie wirkt also auf die Bestimmung des Zuckers im Harne durch Polarisation störend ein. Die Säure wird weder von Bleiessig noch von am- moniakalischem Bleiessig gefällt. Beim Sieden mit Wasser, besonders bei Gegen- wart von einer Mineralsäure, zersetzt sich die Säure in die bei 71 — 12^ C schmelzende a-Krotonsäure und Wasser : CH3. CH (OH). CHg. COOH = H2O -{- CH3.CH : CH.COOH. Bei der Oxydation mit Chromsäuremischung liefert sie Aceton, Nachweis der ß-Oxybuttersäure im Harne. Ist ein mit Hefe vergohrener Harn noch levogyr, so ist das Vorkommen der Oxybuttersäure wahrscheinlich. Zur weiteren Prüfung kann man nach Külz den vergohrenen Harn zum Syrup verdunsten und nach Zusatz von dem gleichen Volumen kouzentrirter Schwefel- säure direkt ohne Kühlung destilliren. Es wird hierbei c-Krotonsäure gebildet, welche überdestillirt und nach starkem Abkühlen des in einem Reagensrohre auf- gefangenen Destillates in Krystallen mit dem Schmelzpunkte -j- 72° sich ab- setzen kann. Erhält man keine Krystalle, so schüttelt man das Destillat mit Aether und prüft den Schmelzpunkt des nach Verdunsten des Aethers erhal- tenen, mit Wasser gewaschenen Rückstandes. Bezüglich der Methode von Minkowski, die Säure als Silbersalz zu isoliren, wird auf Schmiedebeeg's Archiv 18, 85 oder Fresenh Zeitschrift 24, 153 verwiesen. Die Ilarnprohe Ehrlichs. Von einer Lösung, welche im Liter 50 Cc Salzsäure und 1 g Sulfanilsäure enthält, mischt man 250 Cc mit 5 Cc einer V2 prozentigen Lösung von Natriumnitrit (wobei also nur wenig des wirksamen StoiFes, des Sulfodiazobenzols , gebildet wird). Bei der Ausführung der Probe versetzt man den Harn mit dem gleichen Volumen dieser Mischung und übersättigt darauf mit Ammoniak. Normaler Harn wird hierbei gelb oder nach Zusatz von Ammoniak orange (aromatische Oxysäuren können zuweilen nach einiger Zeit rothe Azokörper geben, welche die oberste Schicht des Phosphatsedimentes färben). In DieP:hrlich'- pathologi sehen Harnen tritt dagegen bisweilen (und dies ist die charakteristische Diazoreaktion) sehe Harn- primäre Gelbfärbung mit exquisiter, sekundärer Rothfärbimg bei Ammoniakzusatz und Roth- prose. färbung des Schaumes auf. Die oberste Schicht des Sedimentes wird dann grünlich. Der Stoff, welcher diese Reaktion giebt, ist unbekannt, er soll aber besonders in dem Harne Typhuskranker vorkommen (Ehrlich). Ueber die Bedeutung dieser Reaktion sind die An- sichten übrigens getheilt (Ehrlich, Penzoldt, Petei, Escherik). Fett im Harne. Chylurie nennt man die Absonderung eines Harnes, welcher durch sein Aussehen und seinen Fettreichthum dem Chylus ähnlich ist. Er enthält ausserdem regel- mässig Eiweiss, oft auch Fibrin. Die Chylurie kommt am häufigsten in den Tropenländern chylurie vor. Lipurie, oder die Ausscheidung von Fett mit dem Harne, kann theils mit theils ohne nnd Lipnrie. Albuminurie bei anscheinend gesunden Personen, bei Schwangeren und ferner bei gewissen Krankheiten, wie bei Diabetes, Phosphorvergiftung und Fettentartung der Nieren vorkommen. Das Fett erkennt man gewöhnlich leicht mit dem Mikroskope. Man kann es auch mit Aether ausschütteln, und unter allen Umständen kann man es durch Eindampfen des Harnes zur Trockne und Extraktion des Rückstandes mit Aether nachweisen. Cholesterin ist auch mitunter bei Chylurie und in einigen anderen Fällen im Harne gefunden worden. L e u c i n und T y r 0 s i n. Diese Stoffe sind im Harne besonders bei ^^^^.^ ^^^ akuter gelber Leberatrophie, bei akuter Phosphorvergiftung, schwerem Typhus Tyrosm. und schweren Pocken gefunden worden. 23* 356 Vierzehntes Kapitel. Nachweis von Leucin vind Tyrosin. Das als Sediment vorkommende Tyrosin kann mit dem ^Mikroskope erkannt werden; zum sicheren Kachweis ist jedoch das Umkrystallisiren des- selben aus Ammoniak oder ammoniakhaltigem Alkohol nothwendig. Zum Nachweis der beiden Stoffe, wenn sie im Harne in Lösung vorkommen, verfährt man auf folgende Weise. Den eiweissfreien Harn fällt man mit basischem Bleiacetat, entbleit das FUtrat mit Schwefelwasserstoff und konzentrirt möglichst stark. Den Rückstand zieht Nachweis ni^n zur Entfermmg des Harnstoffes mit kleinen Giengen absoluten Alkohols aus. Das des Lencins Ungelöste kocht man mit schwächerem, ammoniakalischem Alkohol aus, filtrirt, dampft das n. Tyrosins. j^ßtrat auf ein kleines Volumen ein imd lässt zur Krystallisation stehen. "Werden hierbei keine Tj-rosinkrystalle erhalten, so verdünnt man mit Wasser, fällt noch einmal mit Bleiessig und verfährt dann wie oben. Scheiden sich ziiletzt Tyrosinkrystalle ab, so werden sie abfiltrirt und das Filtrat zur Gewinnung von Leucinkrystallen noch weiter konzentrirt. Cystin, (C3HeNS02)2. Dieser Stoff ist nach Baumann als das Disulfid TT f-i^C<^^ 2 ^ c^^^Cf'H ^^^ schon oben (S. 329) besprochenen Cystin. Cysteins, C3H7NSO2, aufzufassen. Diese letztere, schwefelhaltige Substanz ist nach Baumann als Brenztraubensäure aufzufassen, deren Ketonsauerstoff- atom durch die beiden einwerthigen Gruppen NHa und SH ersetzt ist, also: HgN^p COOH HS-^^'M^Hg • Im normalen Harne soll nach Bal'mann und Goldmann eine, dem Cystin ähnliche Substanz in sehr kleiner Menge sich vorfinden. Das Cystin selbst ist dagegen mit Sicherheit nur, und zwar sehr selten, in Harnkonkrementen und im pathologischen Harne, aus welchem es als Sediment sich ausscheiden kann, gefunden worden. Die Cystinurie kommt öfter bei Männern als bei Weibern vor, und das Cystin scheint ein abnormes Spaltungsprodukt des Eiweisses zu Cystinurie. gein. In dem Harne bei Cystinurie haben Bal':mann und v. Udranszky die zwei Diamine, das Cadaverin (Pentamethylendiamin) und Putrescin {Tetra- methylendiamin), welche bei der Eiweissfäulniss entstehen (Brieger), gefunden. Dieselben Diamine fanden sie bei der Cystinurie in dem Darminhalte, während Diamine in demselben sonst nicht vorkommen. Die Verfasser nehmen deshalb an , dass zwischen der Diaminbildung im Darme durch eine eigenthümliche Fäulniss bei der Cystinurie und dieser letzteren selbst ein gewisser Zusammen- hang bestehe. Auch von Stadthagen und Brieger sind Dianiine in dem Darminhalte bei Cystinurie gefunden worden. Das Cystiu krystallisirt in dünnen, farblosen, sechsseitigen Täfelchen. Es löst sich nicht in Wasser, Alkohol, Aether oder Essigsäure, löst sich aber in Mineralsäuren und Oxalsäure. Es löst sich ferner in Alkalien, auch in Am- moniak, nicht aber in Ammoniumkarbonat. Das Cystin ist optisch aktiv, und zwar stark linksdrehend. Kocht man Cystin mit Alkalilauge, so zersetzt es sich und liefert tinter anderen Produkten Schwefelalkali, welches mit Bleiacetat Eigen- oder Nitroprussidnatrium nachgewiesen werden kann. Beim Behandeln des schatten und i r 1 .11 -01^1 n. Reaktionen. Cystins mit Zmn und Salzsäure entwickelt es nur wenig Schweielwasserstoö und geht in Cystein über. Schüttelt man eine Lösung von Cystin in über- schüssiger Natronlauge mit Benzoylchlorid, so entsteht ein voluminöser Nieder- schlag von Benzoylcystin (Baumann und Goldmann). Beim Erhitzen auf einem Cyetin, Harnsedimeute und Konkremente. 357 Platiubleche schmilzt das Cystiii nicht, fängt aber Feuer und verbrennt rait blaugrüner Flamme unter Entwickelung eines eigenthümlicheu scharfen Ge- ruches. Aus Cystinsteinen stellt man das Cystin leicht dar durch Lösung in 7VI- kalikarbonat, Ausfällung mit Essigsäure und Wiederauflösung in Ammoniak. Bei der spontanen Verdunstung des letzteren scheidet sich das Cystin krystal- linisch aus. Das im Harne gelöste Cystin weist man bei Abwesenheit von Eiweiss und Schwefelwasserstoff durch Sieden mit Alkuli und Prüfung mit Blei- salz oder Nitroprussidnatrium nach. Zur Isolirung des im liarne gelösten Cystins säuert man den Harn mit Essigsäure stark an. Den nach 24 Stunden gesammelten, cystinhaltigen Niederschlag digerirt man mit Salzsäure, von welcher Cystin und Calciumoxalat, nicht aber die Harnsäure gelöst werden. Alan fil- trirt, übersättigt das Filtrat mit Ammoniimikarbonat und behandelt den Nieder- schlag mit Ammoniak, welches das Cystin löst, das Calciumoxalat dagegen un- gelöst hinterlässt. ]Man filtrirt wiederum und fällt mit Essigsäure. Das gefällte Cystin erkennt man mit dem Mikroskope und an den obengenannten Reaktionen. Als Sediment erkennt man das Cystin mit dem Mikroskope. Man muss es jedoch durch Auflösung in Ammoniak und Ausfällung mit Essigsäure reinigen und näher untersuchen. Spuren von gelöstem Cystin kann man durch Dar- stellung von Benzoylcystin nach Bauimann und Goldiviann isoliren. Darstellung und Nach- weis des Cystins. VII. Harnsedimente und Harnkonkremente. Als Harnsediment bezeichnet man den mehr oder weniger reichlichen Bodensatz, welchen der gelassene Harn nach und nach absetzt. Dieser Boden- satz kann theils organisirte und theils nicht organisirte Bestandtheile enthalten. Die ersteren, welche Zellen verschiedener Art, Hefepilze, Bakterien, Sperma- Uarnsedi- mente. tozoen, Harncylinder u. dergl. sind, müssen Gegenstand der mikroskopischen Untersuchung werden, und die folgende Darstellung kann also nur auf die nicht organisirten Sedimente sich beziehen. Wie schon oben (S. 277) erwähnt, kann der Harn gesunder Individuen zuweilen schon beim Harnlassen von Phosphaten trübe sein oder nach einiger Zeit durch ausgeschiedene Urate trübe werden. In der Regel ist der eben gelassene Harn klar und nach dem Erkalten zeigt er nur ein leichtes Wölk- chen (Nubecula), welches aus sogenanntem Schleim, einzelnen Epithelzellen, Schleimkörperchen und Uratkörnchen besteht. Lässt man den sauren Harn stehen, so wird er jedoch nach und nach verändert ; er wird dunkler und setzt ein aus Harnsäure oder harnsauren Salzen und bisweilen auch Calciumoxalat- krystallen bestehendes Sediment ab, in welchem auch Hefepilze und Bakterien zuweilen zu sehen sind. Als Ursache dieser Veränderung, welche von früheren Forschern „saure Harngährung" genannt wurde, betrachtete Scherer den Schleim, welcher wie ein Enzym oder Ferment wirken und eine Essigsäure- oder Milchsäurebildung mit Ausfällung von freier Harnsäure und sauren Uraten un^c'en'd^es' hervorrufen würde. Nach Neubauer soll zwar eine wirkliche saure Gährung im Hames! diabetischen Harne vorkommen können, aber gewöhnlich erklärt man nunmehr 858 Vierzehntes Kapitel. die obige Veränderung des Harnes in anderer Weise. Nach Voit und Hofmann kann nämlich ohne eine Zunahme der sauren Reaktion eine Ausscheidung von freier Harnsäure und sauren Uraten zu Stande kommen, nämlich durch eine Umsetzung des zweifach sauren Alkaliphosphates mit den Alkaliuraten nach dem Erkalten und bei dem Stehen des Harnes. Es sollen hierbei einfach saures Phosphat und, je nach Umständen, saure Urate oder freie Harnsäure entstehen. Eine allmähliche Ausfällung von Harnsäure kann also nicht nur ohne eine Zunahme der sauren Reaktion sondern — wegen der alkalischen Reaktion des einfach sauren Alkaliphosphates — sogar bei gleichzeitiger Abnahme derselben geschehen. Früher oder später, bisweilen erst nach mehreren Wochen, verändert sich jedoch die Reaktion des ursprünglich sauren Harnes, sie wird neutral oder al- kalisch. Der Harn ist nun in die „alkalische Gährung" übergegangen, welche darin besteht, dass der Harnstoff durch niedere Organismen, den Micro- coccus ureae, das Bacterium ureae und auch andere Bakterien in Kohlensäure und Ammoniak zersetzt wird. Aus dem Micrococcus ureae hat Musculus ein in Wasser lösliches, Harnstoff* spaltendes Enzym isoliren können. Während der alkalischen Gährung können auch flüchtige Fettsäuren , besonders Essigsäure, hauptsächlich durch eine Gährung der Kohlehydrate des Harnes entstehen (Salkowski). Ist die alkalische Gährung nur so weit vorgeschritten, dass die Reaktion neutral geworden ist, so findet man in dem Sedimente oft Reste von Harnsäure- li^ho H^m- kiys^^^l^n, bisweilen mit prismatischen Krystallen von Alkaliurat besetzt, dunkel- gahruiig. gefärbte Kügelchen von Ammoniumurat, oft auch Calciumoxalatkry stalle und zuweilen auch krystallisirtes Calciumphosphat. Besonders charakteristisch für die alkalische Gährung sind Krystalle von Ammoniuramagnesiumphosphat (Trippel- phosphat) und die Ammoniumuratkügelchen. Bei der alkalischen Gährung wird der Harn blasser und oft mit einer dünnen Haut überzogen, welche amorphes Calciumphosphat mit glitzernden Trippelphosphatkrystallen und zahllose Mikro- organismen enthält. Nicht organisirte Sedimente. Harnsäure. Die Harnsäure kommt im sauren Harne als gefärbte Kry- stalle vor, welche theils an ihrer Form und theils an ihrer Eigenschaft, die Murexidprobe zu geben, erkenntlich sind. Beim Erwärmen des Harnes werden sie nicht gelöst. Bei Zusatz von Alkalilauge zu dem Sedimente lösen sich die Krystalle dagegen, und wenn man einen Tropfen dieser Lösung auf dem Objekt- glase mit Salzsäure versetzt, so erhält man die mit dem Mikroskope leicht zu erkennenden kleineu Harnsäurekrystalle. Saure Urate. Dieses, nur im sauren oder neutralen Harne vorkommende Sediment ist amorph, lehmgelb, ziegelroth, rosafarbig oder braunroth. Von anderen Sedimenten unterscheidet es sich dadurch, dass es beim Erwärmen des Harnsäure. Urate. IlarDsedinicnte. 359 Haines sicli löst. Es giebt die Murexidprobe und scheidet nach Zusatz von Salzsäure mikroskopisch kleine Harnsäurekrystalle ab. Krystallisirtes Alkali- urat kommt selten im Harne vor und in der Regel nur in solchem, welcher in Folge der alkalischen Gälirung neutral, aber noch nicht alkalisch geworden ist. Die Krystalle sind denen des neutralen Calciumphosphates ziemlich ähn- lich, w-erden aber von ICssigsäurc nicht gelöst, sondern geben damit eine Trübung von kleineu Harusäurekrystallen. Ammoniumurat kann zwar bei neutraler Reaktion, bei der alkalischen Gährung eines vorher stark sauren Harnes, in dem Sedimente vorkommen, ist aber eigentlich nur für den ammoniakalisch reagirenden Harn charakteristisch. Das Sediment besteht aus gelb- oder braungefärbten, runden, häufig mit stachel- förmigen Prismen besetzten und in Folge hiervon stechapfelähnlichen, ziemlich grossen Kugeln. Es giebt die Murexidprobe. Von Alkalien wird es unter Ammoniakentwickelung gelöst und nach Zusatz von Salzsäure scheiden sich aus der Lösung Harnsäurekrystalle ab. Calciumoxalat kommt als Sediment am häufigsten als kleine, glänzende, stark lichtbrechende Quadratoktaeder vor, welche bei mikroskopischer Besich- tigung an die Form eines Briefcouvertes erinnern. Die Krystalle können wohl nur mit kleinen, nicht völlig ausgebildeten Krystallen von Ammoniummagnesium- phosphat verwechselt werden. Von diesen unterscheiden sie sich jedoch leicht durch Unlöslichkeit in Essigsäure. Das Oxalat kann auch als platte, ovale oder fast kreisrunde Scheiben mit centraler Grube vorkommen, welche von der Seite gesehen sanduhrförmig sind. Oxalsaurer Kalk kann als Sediment in saurem sowohl wie in neutralem oder alkalischem Harne vorkommen. Die Menge des im Harne als Sediment sich ausscheidenden Calciumoxalates hängt nicht nur von dem Gehalte des Harnes an diesem Salz, sondern auch von dem Säuregrade desselben ab. Das Lösungsmittel des Oxalates im Harne scheint das zweifach saui-e Alkaliphosphat zu sein, und mit einem grösserem Gehalte an solchem Salz kann auch mehr Oxalat in Lösung gehalten werden. Wenn, wie oben (S. 358) erwähnt, beim Stehen des Harnes aus dem zweifach sauren einfach saures Phosphat gebildet wird, kann demnach ein entsprechender Theil des Oxalates als Sediment sich ausscheiden. Calciumkarbonat kann in reichlicher Menge als Sediment im Harne der Pflanzenfresser auftreten. Im Harne des Menschen kommt es als Sediment nur in geringer Menge vor, und zwar nur im alkalisch reagirenden Harne. Es hat entweder fast dasselbe Aussehen wie das amorphe Calciumoxalat oder es kommt in etwas grösseren , konzentrisch gestreiften Kugeln vor. Es löst sich , zum Unterschied von dem oxalsauren Kalk, in Essigsäure unter Gasentwickelung. Es ist nicht gelb oder braungefärbt, wie das Ammoniumurat, und giebt nicht die Murexidprobe. Calciumsulfat kommt sehr selten als Sediment in stark saurem Harne vor. Es tritt in langen, dünnen, farblosen Nadeln oder meist zu Drusen vereinigten, schief abgeschnittenen Tafeln" auf. Ammonium- urat. Calcium- oxalat. Calcium- karbonat. 360 Vierzehntes Kapitel. Calciiim- phosphate. Trippelphos- phat und Magnesium- phosphat. Kyestein, Seltenere Harnsedi- mente. Calciumphosphdt. Das nur im alkalischen Harne sich vorfindende C a 1- ciümtriphosphat, Ca3(P04)2, ist stets amorph iind kommt theils als ein farbloses, sehr feines Pulver und theils als eine aus sehr feinen Körnchen be- stehende Haut vor. Von amorphen Uraten unterscheidet es sich dadurch, dass es ungefärbt ist, in Essigsäure sich löst, beim Erwärmen des Harnes aber un- gelöst bleibt. Das Calciumdiphosphat, CaHPO^ -|- 2 H2O, kommt in neu- tralem oder nur sehr schwach saurem Harne vor. Man findet es theils in der den Harn überziehenden, dünnen Haut und theils in dem Sedimente. Es krystal- lisirt in einzelnen oder sich kreuzenden oder zu Drusen angeordneten, farblosen, keilförmigen, an dem breiten Ende schief abgeschnittenen Krystallen. ,Von krystal- lisirtem Alkaliurat unterscheiden sich diese Krystalle am leichtesten dadurch, dass sie in verdünnten Säuren ohne Rückstand löslich sind und die Murexid- probe nicht geben. Ammoniummagnesiuinphosp]iat , T r i p p e 1 p h 0 s p h a t , phosphorsaure Ammou-Magnesia, kann zwar in amphoter reagirendem Harne bei Gegenwart einer genügenden Menge Ammonsalze sich ausscheiden, ist aber sonst für den durch alkalische Gährung ammoniakalisch gewordenen Harn charakteristisch. Die Krystalle sind so gross, dass sie mit unbewaffnetem Auge als farblose, glitzernde Punkte in dem Sedimente, an der Wand des Gefässes und in der Haut an der Oberfläche des Harnes leicht gesehen werden können. Das Salz stellt grosse, prismatische Krystalle des rhombischen Systemes (Sargdeckel) dar, welche in Essigsäure löslich sind. Amorphes Magnesiumtriphosphat, Mg3(P04)2, kommt neben Calciumtriphosphat in einem, durch fixe Alkalien alkalischen Harne vor. In seltenen Fällen hat man auch krystallisirtes Magnesiumphos- phat, Mg3(P04)2 -|- 22H2O als stark lichtbrechende, längliche, rhombische Tafeln im Menschenharne (auch im Pferdeharne) beobachtet. Kyestein hat man eine Haut genannt, welche nach einiger Zeit auf der Oberfläche des Harnes auftritt. Diese Haut, welche früher als für den Harn Schwangerer charakteristisch angesehen wurde, enthält allerlei Elemente, wie Pilze, Vibrioneu, Epithelzellen u. s. w. Oft enthält sie auch Erdphosphate und Trippelphosphatkrystalle. Als seltenere Sedimente sind zu bezeichnen: Cystin, Tyrosin, Hippursäure, Xanlhin, Hämato'idin. In alkalischem Harne können auch durch eine Zersetzung der Indoxylglykuron- säure blaue Kryställchen von Indigo auftreten. Harngries und Harn- konkre- mente. Harnkonkremente. Ausser gewissen pathologischen Harnbestandtheilen können an der Ent- stehung der Harnkonkremente sämmtliche diejenigen Harnbestandtheile sich be- theiligen, welche überhaupt als Sedimente im Harne vorkommen können. Als einen wesentlichen Unterschied zwischen einem amorphen oder krystallini scheu Harnsedimente einerseits und Harngries oder grösseren Konkrementen anderer- seits giebt jedoch Ebstein das Vorkommen eines organischen Gerüstes in diesen letzteren an. Wie die in einem normalen, sauren, und die in einem gährenden, alkalischen, Harne auftretenden Sedimente verschiedenartig sind, so sind auch die unter entsprechenden Verhältnissen auftretenden Harnkonkremente ebenfalls verschiedenartig. ITarnkonkrcniente. 361 Findet die Entstehung eines Konkrementes und der weitere Zuwachs des- selben in einem unzersetzten Harne statt, so nennt man die.-^es primäre Stein- bildung. Wenn der Harn dagegen in alkalische Gährung übergeht und das dabei gebildete Ammoniak durch Ausfällung von Ammoniunuirat, Trippelphos- phat und Erdphosphaten zu einer .Stcinbildung Veranlassung giebt, so nennt man dies sekundäre Steinbildung, Eine solche findet z, B. statt, wenn ein Fremdkörper in der Blase zum Katarrh mit alkalischer Gährung des Harnes führt. Man unterscheidet zwischen dem Kerne oder den Kernen, wenn solche zu sehen sind, und den verscliiedenen Schichten eines Konkrementes. Die Kerne können in verschiedenen Fällen wesentlich verschieden sein, nicht sehr selten bestehen sie aber aus in die Blase hinein gelangten fremden Körpern. Die Steine können ein- oder mehrkernig sein. In einer von Ultzmaxx gemachten Zusammenstellung von 545 Fällen von Blasensteinen bestand der Kern in 80,9 ^!o sämmtlicher Fälle aus Harnsäure (und Uraten), in 5,6 ",0 aus Calcium- oxalat, in 8,6^,0 aus Erdphosphaten, in l,4*^,o aus Cystin und in 3,3 °/o aus einem fremden Körj^er. Während des Zuwachses eines Konkrementes ereignet es sich oft, dass durch irgend eine Ursache statt der ursprünglich steinbildenden Substanz eine andere als eine neue Schicht sich ablagert. Ausserhalb dieser kann dann eine neue Schicht der früheren Substanz sich ablagern und so weiter. Auf diese Weise können aus einem ursprünglich einfachen Steine Konkremente mit ab- wechselnden Schichten verschiedenartiger Substanz, sog. zusammengesetzte Steine, entstehen. Solche Konkremente entstehen immer wenn eine primäre Steinbildung in eine sekundäre lunschlägt. Durch anhaltende Einwirkung eines alkalischen, eiterhaltigen Harnes können in einem ursprünglich primären Harnsteine die primären Bestandtheile zum Theil ausgelöst vmd durch Phosphate ersetzt werden. Auf diese Weise entstehen sog. metamorphosirte Harnsteine. Harnsäurekonkremenle sind sehr häufig. Sie haben eine sehr wechselnde Grösse und Form. Die Grösse der Blasensteine schwankt von der einer Erbse oder Bohne zu der eines Gänseeies. Die Harnsäuresteine sind stets gefärbt, am häufigsten sind sie graugelb, gelbbraun oder blass rothbraun. Die Ober- fläche ist zuweilen ganz eben und glatt, zuweilen dagegen rauh oder klein- höckerig. Nächst den Oxalatsteinen sind die Harnsäuresteine die härtesten. Die Bi-uchfläche zeigt regelmässig konzentrische, ungleich stark gefärbte Schichten, welche oft schalenartig sich ablösen. Diese Steine entstehen primär. Schichten von Harnsäure wechseln bisweilen mit anderen Schichten primärer Steinbildung, am häufigsten mit Schichten von Calciumoxalat, ab. Die nicht zusammen- gesetzten Harnsäuresteine hinterlassen beim Verbrennen auf dem Platnibleche fast keinen Rückstand. Sie geben die Murexidprobe , zeigen aber bei Ein- Avirkung von Natronlauge keine nennenswerthe Ammoniakentwickelung. Ammoniumuratsteine sollen als primäre Steine bei neugeborenen oder säugenden Kindern, selten bei Erwachsenen, vorkommen. AJs sekundäre Ab- Primäre und sekundäre Stein- bildong. Kerne der Harnsteine. Einfache, zusammen- gesetzte und metamor- phosirte Hzirnsteine. Harnsäuie- konkre- mente. Ammonium- uratsteine. 362 Vierzehntes Kapitel. Caleiumoxa- latsteine. Phosphat- steine. Steine aus Calci um- karbonat. Cystin- steine. Urostea- Jiihe, lagerung kommt das Ammoniumurat weit häufiger vor. Die primären Steine sind klein mit einer blassgelben oder mehr dunkelgelben Oberfläche. Feucht sind sie fast teigig weich ; in trockenem Zustande sind sie erdig, leicht zu einem blassen Pulver zerfallend. Sie geben die Murexidprobe und entwickeln mit Natronlauge viel Ammoniak. Calciumoxalatkonkremente sind nächst den Harnsäurekonkreraenten die häufigsten. Sie sind entweder glatt und klein (Hanfsamensteine) oder grösser, bis zur Grösse eines Hühnereies, mit rauher, höckeriger oder selbst mit Zacken besetzter Oberfläche (Maulbeersteine). Diese Konki-emente rufen leicht Blutungen hervor, und aus diesem Grunde haben sie oft eine aus zersetztem Blutfarbstoff dunkelbraun gefärbte Oberfläche. Unter den beim Men- schen vorkommenden Konkrementen sind diese die härtesten. Sie werden von Salzsäure ohne Gasentwickelung, nicht aber von Essigsäure, gelöst. Nach mas- sigem Erhitzen des Pulvers löst es sich dagegen in Essigsäure unter Auf- brausen. Nach hinreichend starkem Glühen reagirt das Pulver von gebildetem Aetzkalk alkalisch. Phosphatsteine. Diese, welche meist aus einem Gemenge der normalen Phos- phate der alkalischen Erden mit Trippelphosphat bestehen, können sehr gross werden. Sie sind in der Regel sekundär und enthalten ausserdem auch etwas Ammoniumurat und Calciumoxalat. Aus einem Gemenge dieser drei Bestand- theile, Erdphosphate, Trippelphosphat und Ammoniumurat, bestehen gewöhn- lich die um einen Fremdkörper als Kern entstandenen Konkremente. Die Farbe ist wechselnd, weiss, schmutzig weiss, blassgelb, bisweilen violett oder lila- farbig (aus Indigroth). Die Oberfläche ist stets rauh. Steine aus Trippelphos- phat allein sind selten. Sie sind gewöhnlich klein mit körniger oder strahlig krystallinischer Bruchfläche. Steine aus einfach saurem Calciumphosphat sind selten. Sie sind weiss und besitzen ein schön krystallinisches Gefüge. Die Phosphatsteine sind nicht verbrennlich , das Pulver löst sich in Säuren ohne Aufbrausen und die Lösung giebt die Reaktionen der Phosphorsäure und der alkalischen Erden. Die trippelphosphathaltigen Konkremente entwickeln nach Alkalizusatz Ammoniak. Konkremente aus kohlensaurem Kalk kommen hauptsächlich bei Pflanzenfressern vor. Beim Menschen sind sie selten. Sie besitzen zumeist eine kreideartige Beschaflenheit und sind gewöhnlich weisslich gefärbt. Von Säuren werden sie unter Aufbrausen fast vollständig oder jedenfalls zum grössten Theile gelöst. Die Cystinsteine sind selten. Sie entstehen primär, sind von wechselnder Grösse, können aber die Grösse eines Hühnereies erreichen. Sie haben eine glatte oder höckeiige Oberfläche, sind weiss oder mattgelb, auf dem Bruche krystallinisch. Sie sind wenig hart, verbrennen auf einem Platinbleche fast vollständig mit bläulicher Flamme und geben die obengenannten Cystinreaktionen. Die Xanthinsteine sind sehr selten. Sie sind ebenfalls primär, von der Grösse einer Erbse bis zu der eines Hühnereies. Sie sind mattweiss, gelbbraun oder zimmtbraun, massig hart, auf dem Bruche amorph und nehmen beim Reiben Wachsglauz an. Auf dem Platin- bleche verbrennen sie vollständig. Sie geben die (mit der Murexidprobe nicht zu verwechselnde) Xanthinprobe mit Salpetersäure und Alkali. Die Urostealithsteine sind nur wenige Male beobachtet worden. In feuchtem Zustande sind sie bei Körpertemperatur weich, elastisch; getrocknet sind sie dagegen spröde mit amorpher Chemische Untersuchung der Harnsteine. 363 Bnuhfliichi' und \\';K'list,'l;iiiz. Auf «Iviii riutiul)Ifi-li(; vt'rl)reiineii au- mit le\iclit('udcr Flaiiiiiie und eutwit'kclii dabei einen (ieruoh uacli Harz, Sclicllaek oder enutzten Paraffinbouiiie herrührend. Viclleieht .sind aueli in anderen Fällen beobachtete rrusfealilhe eine.s ahnliciien Ursj)runj;ea gewesen, obwohl diejenige Substanz, aus welcher sie bestanden, nicht näher untersucht worden ist. Fibrinkonkremente kommen zuweilen vor. Sie bestehen aus mehr oder weniger veränderten Fibrinkoagelu. Bei dein Verbrennen entwickeln sie einen Geruch nach ver- branntem Hörn. Die cJicniische Untersuchung der IJarnslcinc ist von gros.ser praktischer Bedeutung. Damit eine solche Untersuchung wirklich belehrend werde, ist es jedoch noth wendig, die verschiedenen Schichten, welche ein Harnkonkrenient zu- sammensetzen , gesondert zu untersuchen. Zu dem Zwecke sägt man das mit Papier umwickelte Konkrement mit einer feinen Säge so durch, dass auch der Kern durchgesägt und zugänglich wird. Darauf schält man die verschiedenen Schichten ab oder man schabt — wenn der Stein aufbewahrt werden soll — von jeder Schicht eine für die Untersuchung genügende Menge Pulver ab. Dieses Pulver prüft man darauf durch Erhitzen auf dem Platiubleche, wobei man je- doch nicht übersehen darf, dass einerseits wohl nie ein Konkrement ganz voll- ständig verbrennlich ist, luid andererseits ein Konkrement wohl nie dermassen frei von organischer Substanz ist, dass es beim Erhitzen gar nicht verkohlt. Man legt also kein zu grosses Gewicht auf einen sehr unbedeutenden unver- brennlichen Rückstand oder einen sehr unbedeutenden Gehalt an organischer Substanz, sondern man sieht das Konkrement im ersteren Falle als vollständig verbrennlich, im letzteren als unverbrennlich an. Wenn das Pulver zum grossen Theile verbrennlich ist, dabei aber einen nicht unbedeutenden, unverbrennlichen Rückstand hinterlässt, so enthält das fragliche Pulver in der Regel harnsaure Salze mit anorganischen Stoffen ge- mengt. In einem solchen Falle zieht man die Urate mit kochendem Wasser aus und untersucht darauf das Filtrat auf Harnsäure und die zu erwartenden Basen. Den Rückstand prüft man nach dem folgenden Schema von Heller, welches überhaupt, wenigstens zur orientirenden Untersuchung von Harnsteinen, sehr zweckmässig ist. Bezüglich der mehr detaillirten Untersuchung wird auf ausführlichere Handbücher hingewiesen. Fibrinkon- kromente. Chemische L'ntersuch- ung der Harnsteine. 364 Vierzehntes Kapitel. Beim Erhitzen auf dem Platinbleche ist das Pulver Nicht verbrennlich Verbrennlich Das Pulver, mit Salzsäure htehandelt, Mit Flamme Ohne Flamme braust nicht ^ S 2 ü 0 Das Pulver giebt 0 a> 5" a' K „ _ h^ ?r fr die Murexidprobe Das massig verglimmte Pulver c 1 E b' d- mit Salzsäure behandelt 1 2] 1 ? i 2 (w 2 « Das native Pulver Das native Pulver giebt c giebt kalt mit mit wenig Kalilauge befeuchtet 1 •f. ~ 5^ 2- - B B 1 2- 1 0 2. wenig Kalilauge versetzt 2. • r 2. X '5 B B* '^ ^ § n, ^ 2. N n 2- 2 II 50 P r B i. 2. 5" B B P » P O D ^1 cr5 1 2 E 0 ^"1 4 a> H g: 2 r CR y 00 C B n rD * > x" -. 1 ^ 0 S* 2 0 1 s B B :5 < ro B r; 1 B 1—! 1 1 B g- s 1 2 « C: C. 2 c s ^ B: S 03 s 0 1 B P' § 2- 31 1 S' p »- CD "• » 1 1-t 11 •1 S C^ c B >- 0 CG 1 5 S 1 1 2. S B 3 ri p: '^ 11 B 0= B CS B "" n -^ =■ ^ ^ 1 ^ 2- 1 O OD 5. g; ^1 00 Sj »5' ^ B 55 li 1.' £• 02 ^ B 1 g" > TT CT- 1 B 0 ot 2 p r 3 ö ** M !^ 0 B S b' K3 g « ' o ?1 »_, c; 0 !^ W«' ^_, o P 'S 05 CT X- B 1 X S- 3 X S2. f i i p* s 1 ►< •^ I-* »-»■ 'X rr- *^ ' »r <0 ^ g. g- "H- = pr ^ ^ r* ■ -2- '^ ^ =: ?^ s 2 -^ B (R B o B ^ f» B t» ?r 2 S^ B »-"H- 1 a s s 2 1 1 'S ^ •^ Fünfzehntes Kapitel. Der Stoffwechsel bei verschiedener Nahrung und der Bedarf des Menschen an Nahrungsstoffen, Der Umsatz chemischer Spannkraft in lebendige Kjaft, welcher das Thier- leben charakterisirt, führt, wie schon in der Einleitung hervorgehoben wurde, , zu der Entstehung von verhältnissmässig einfachen Verbindungen, Kohlensäure, Harnstoff u. a., welche den Organismus verlassen und welche übrigens sehr arm an Spannkraft sind und aus diesem Grunde von keinem oder nur unter- geordnetem Werthe für den Körper sein können. Für das Bestehen des Lebens ' leiT^der^ und des normalen Verlaufes der Funktionen ist es deshalb auch unumgänglich aufnähme.' nothwendig, dass zum Ersatz dessen, was verbraucht wird, neues Material dem Organismus und seinen verschiedenen Geweben zugeführt wird. Dies geschieht durch die Aufnahme von Nahrungsstoffen. Als Nahrungsstoff bezeichnet man nämlich jeden Stoff, welcher, ohne auf den Organismus eine schädliche Wirkung auszuüben, die in Folge des Stoffwechsels verbrauchten Körperbestandtheile er- setzen, bezw. ihren Verbrauch verhindern oder vermindern kann. Unter den zahlreichen, verschiedenartigen Stoffen, welche der Mensch und die Thiere mit den Nahrungsmitteln aufnehmen, können nicht alle gleich noth- wendig sein oder denselben Werth haben. Einige können vielleicht entbehrlich, andere wiederum unentbehrlich sein. Durch direkte Beobachtungen und eine reiche Erfahrung weiss man nun, dass, ausser dem für die Oxydation noth- wendigen Sauerstoffe, die füi- die Thiere im Allgemeinen und den Menschen insbesondere nothwendigen Nahrungsstoffe Wasser, Mineralstoffe, Proteinstoffe, Kohlehydrate und Feile sind. Es liegt jedoch auf der Hand, dass auch die verschiedenen Hauptgruppen der nothwendigen Nährstoffe für die Gewebe und Organe eine verschiedene Be- deutung haben müssen, dass also beispielsweise das Wasser und die Mineral- 'keit'*der^ Stoffe eine andere Aufgabe als die organischen Nährstoffe haben und diese irrenden* wiederum unter einander eine verschiedene Bedeutung haben müssen. Für die Frage von dem Bedarfe des Körpers an Nahrung unter verschiedenen Verhält- nissen wie auch für viele andere, die Ernährung des gesunden und kranken nngen. 366 Fünfzehntes Kapitel. Menschen betreffende Fragen muss deshalb auch die Kenntniss der Wirkung der verschiedenen Nahrungsstoffe auf den Stoffwechsel in qualitativer wie in quantitativer Hinsicht von fundamentaler Bedeutung sein. Zu einer solchen Kenntniss führen nur systematisch durchgeführte Beob- achtungsreihen, in welchen, unter Beobachtung von dem Verhalten des Körper- gewichtes, die Menge der in einem bestimmten Zeiträume aufgenommenen und resorbirten Nahrungsstoffe mit der Menge derjenigen Endprodukte des Stoff- wechsels, welche in derselben Zeit den Organismus verlassen, verglichen wird. Untersuchungen dieser Art sind von mehreren Forschern, vor Allem aber von Blschoff und Voit, von Pettexkofer und Voit und von Voit und seinen Schülern ausgeführt worden. Es ist also bei Untersuchungen über den Stoffwechsel unbedingt noth- wendig, die Ausgaben des Organismus aufsammeln, analysiren und quantitativ bestimmen zu können, um damit die Menge und Zusammensetzung der aufge- nommenen Nahi-ungsmittel zu vergleichen. In erster Linie muss man also wissen, welche die regelmässigen Ausgaben des Organismus sind, und auf welchen Wegen die fraglichen Stoffe den Organismus verlassen. Man muss ferner auch zuverlässige Methoden zur quantitativen Bestimmung derselben haben. Der Organismus kann unter physiologischen Verhältnissen zufälligen oder periodischen Verlusten von werthvollem Material ausgesetzt sein. Solche Ver- Zuräiiige luste, welche nur bei gewissen Individuen oder bei demselben Individuum nur oder peno- ° dische Aus- zu bestimmten Zeiten auftreten, können durch die Milchabsonderung, die gaben. ' ° ' Produktion von Eiern, die Ausleerung des Samens oder durch Menstrualblutungen bedingt sein. Es liegt auf der Hand, dass solche Verluste nur in besonderen, speziellen Fällen Gegenstand der Untersuchung und Bestimmung werden können. Von der allergrössten Bedeutung für die Lehre von dem Stoffwechsel sind dagegen die regelmässigen und beständigen Ausgäben des Organismus. Zu diesen gehören in erster Linie die eigentlichen Endprodukte des Stoffwechsels ^sl^e'nnd' — Kohlensäure, Harnstoff (Harnsäure, Hippursäure, Kreatinin u. a. beständige Harnbestandtheile) und ein Theil des Wassers. Es gehören zu den beständigen Ausgaben. ' b o Au.sgaben ferner der Rest des Wassers, die Mineral Stoffe und diejenigen Sekrete oder Gewebsbestandtheile — Schleim, Verdauungssäfte, Hauttalg, Seh weiss und Epidermisbildungen — welche entweder in den Darm- kanal sich ergiessen oder auch von der Körperoberfläche abgesondert oder ab- gestossen werden und demnach für den Körper verloren gehen. Zu den Ausgaben des Organismus gehören auch die mit einer wechseln- den Beschaffenheit der Nahrung ihrer Menge und Zusammensetzung nach be- deutend wechselnden, theils unverdaulichen, theils verdaulichen aber unverdauten, Nahrun''''Ym ^^ ^^^^ Darmausleerungen enthaltenen Reste der Nahrungsmittel. Wenn auch diese Reste, welche nie resorbirt worden und folglich nie Bestandtheile der thierischen Säfte oder Gewebe gewesen sind, nicht zu den Ausgaben des Organismus im eigentlichen Sinne gerechnet werden können, so ist jedoch ihre quantitative Bestim- mung bei Stoffwechselversuchen für gewisse Fälle unumgänglich nothwendig. Darme. Ausgaben des Organismus. 367 Die Bestimmung der beständigen Verluste ist zum Thcil mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Die durch abgestossene Epidermisbildungen, durch die Absonderung des Sekl-etes der Talgdrüsen u. s. \v. bedingten Ausgaben lassen sich schwerlich quai\titativ genau bestinmien und sie müssen deshalb auch — was in Anbetracht ihrer geringen Menge ohne nennenswerthen Schaden geschehen kann — bei quantitativen Stoffwechsel versuchen ausser Acht gelassen werden. Ebensowenig können die im Darminhalte vorkommenden, mit den ^g^tTn'boi Exkrementen den Körper verlassenden Bestandtheile des Schleimes, der Galle, "^^„^g^]™" des Pankreas- und Darrasaftes u. s. w. von dem übrigen Darminhalte getrennt ^Insgaten" und gesondert quantitativ bestimmt werden. Die Unsicherheit, welche, der nun angedeuteten Schwierigkeiten wegen, den bei StofFwechselversuchen gefundenen Zahlen anhaftet, ist jedoch denjenigen Schwankungen gegenüber, welche durch verschiedene Individualität, verschiedene Lebensweise, verschiedene Nahrung u. s.w. bedingt werden, sehr gering. Für die Grösse der beständigen Ausgaben des Menschen können deshalb auch keine allgemein gültige, sondern nur ungefähre Werthe angegeben werden. Durch Zusammenstellung der von verschiedenen Forschern gefundenen ' Zahlen kann man jedoch für einen erwachsenen Mann von 60 — 70 Kilo Körper- gewicht bei gemischter Kost pro 24 Stunden etwa folgende Ausgaben berechnen. Wasser 2500—3500 g Salze (aiit dem Harne) 20 — 30 „ „ .. . Kohlensäure 750 — 900 „ Ausgaben Harnstoff 20— 40 „ beim Sonstige stickstoffhaltige Harnbestandtheile . 2— 5 „ Menschen. Feste Stoffe in den Exkrementen 30 — 50 „ Diese Gesam ratausgaben vertheilen sich auf die verschiedenen Exkretions- wege in folgender ungefährer Weise, Avobei jedoch nicht zu übersehen ist, dass diese Vertheilung unter verschiedenen äusseren Verhältnissen in hohem Grade wechseln kann. Durch die Athmung werden etwa 32 °/o, durch die Haut- ausdünstung 17 ^jo, mit dem Harne 46 — 47 °/o und mit den Exkrementen 5 — 9 "/o ausgeschieden. Die Ausscheidung durch Haut und Lungen, die man der^6e-° unter dem Namen „Per spirati 0 insensibilis" bisweilen von den sichtbaren ^^^en^auf Ausscheidungen durch Nieren und Darm unterscheidet, würde also im Mittel de^n^e^rOg'ane. etwa 50 °/o der gesammten Ausscheidungen betragen. Diese, nun angeführten relativen Mengenverhältnisse können jedoch in Folge des bei verschiedenen Gelegenheiten sehr wechselnden Wasserverlustes durch Haut und Nieren sehr bedeutend schwanken. Von dem Wasser werden bei den Fleischfressern ungefähr 90 "/o durch die Nieren ausgeschieden. Bei den Pflanzenfressern dagegen können mit den Exkrementen, welche bei ihnen 30 — 50 °/o der Gesammtausgaben betragen, so- gar 60 ^/o des Wassers eliminirt werden. Beim Menschen wird nur ein kleiner Bruchtheil des Wassers (etwa 5 ^/o) mit den Exkrementen ausgeschieden und die Hauptmasse vertheilt sich also auf Nieren, Lungen und Haut. 368 Fünfzehntes Kapitel. Harnsticlc- stoff. Stickstoff der Darm- ausleer- ungen. Von dem Vetdauungs- kanalo und den Ver- dauungs- säften her- rührender Stickstoff. Stickstoff- verlust durch Horn- gebilde und Haut. Die stickstoö'haltigeu Exkretbestandtlieile bestehen hauptsächlich aus Harn- stoff, bezw. Harnsäure bei gewissen Thieren, und den übrigen stickstoffhaltigen Harnbestandtheilen. Der »Stickstoff verlässt also zum unverhältnissmässig grössten Theile den Körper durch den Harn ; und da die stickstoffhaltigen Harnbestand- theile Endprodukte der Eiweissumsetzung im Organismus sind, so lässt sich, wenn man den Gehalt des Ei weisses an Stickstoff zu rund 16 ^h annimmt, durch Multiplikation des Harnstickstoffs mit dem Koeffizienten 6,25 {^^^lie = 6,25) die entsprechende, im Körper umgesetzte Eiweissmenge berechnen. Eine andere Frage ist jedoch die, ob der Stickstoff den Körper nur mit dem Harne oder auch auf anderen Wegen verlässt. Dieses letztere ist regel- mässig der Fall, Die Darmausleerungen enthalten stets etwas Stickstoff, welcher eine zweifache Abstammung haben kann. Ein Theil dieses Stickstoffs rührt nämlich von unverdauten oder nicht resorbirten Resten der Nahrung und ein anderer Theil von nicht resorbirten Resten der Verdauungssekrete — Galle, Pankreassaft, Darmschleim — und von Epithelzellen der Schleimhaut her. Dass ein Theil des Stickstoffs der Exkremente diesen letzteren Ursprung hat, folgt daraus, dass Darraausleerungen auch bei vollständiger Inanition vorkommen. Handelt es sich darum, zu entscheiden, wie viel stickstoffhaltige Stoffe bei einer gewissen Ernährungsweise oder nach Aufnahme einer bestimmten Menge Nahrung resorbirt worden sind, so muss selbstverständlich von der mit der Nahrung aufgenommenen, gesammten Stickstoffmenge die von der Nahrung stammende, mit den Exkrementen entleerte Stickstoffmenge abgezogen werden. Um diese letztere kennen zu lernen, ist es nun wiederum nothwendig, von der gesammten Stickstoffmenge der Exkremente diejenige Stickstoffmenge abzuziehen, welche von dem Verdauungskanale selbst und dessen Sekreten stammt, und diese letztere Grösse muss also bekannt sein. Es ist offenbar, dass der vom Verdauungskanale und den Verdauungs- säften stammende Theil des Stickstoffs der Exkremente nicht durch eine, ein für allemal gültige, exakte Zahl angegeben werden kann. Er muss vielmehr nicht nur bei verschiedenen Individuen, sondern auch bei demselben Individuum je nach der mehr oder weniger lebhaften vSeki-etion und Resorption wechseln können. Man hat indessen diesen Theil des Exkrementstickstoffes zu bestimmen versucht, und man hat dabei gefunden, dass er bei stickstoffreier oder fast stick- stoffreier Nahrung beim Menschen pro 24 Stunden in abgerundeter Zahl etwas weniger als 1 g beträgt (Rieder; Rubner). Beim Hungern, wobei eine ge- ringere Menge Verdauungssekrete abgesondert wird, ist er kleinei*. ,Bei Beob- achtungen an dem Hungerkünstler Cetti fand Müller in 24 Stunden nur 0,2 g aus dem Darrakanale stammenden Stickstoff. Der Stickstoff verlässt indessen auch den Körper durch die Horngebilde. Die Menge Stickstoff, welche auf diesem Wege verloren geht, ist jedoch, wenn man sie auch nicht hat genau bestimmen können , nur äusserst geringfügig. Durch Haare und Nägel verliert der Mensch täglich nur etwa 0,03 g (Moleschott) und mit der abgeschuppten Haut etwa 0,3 0,5 g Stickstoff. Die Menge Stick- Stickstoflilefi/.it iiiul StifksU)ftgk'idi>,'cwitlit. nm Stoff, welche unter gewöhnlichen Verhältnissen durch den Rchweiss den K/irper verlässt, dürrtc wohl so gering sein, dass sie wie der StickstollVcrhisl durch die; Horngebildc lici Stotl'wechselversucheu ausser Acht gchissen worden l^ann. Nur beim starken Scliwitzen muss die Stickstoffausscheidung aui' dicscMii Wege auch mit berücksichtigt werden. Man ist früher der Ansicht gewesen, dass beim Menschen und bei Fleisch- fressern eine Ausscheidung von gasförmigem Stickstoff durch Haut und Lungen stattfinde und dass in Folge hiervon bei einem Vergleiche des Stickstoffes der Nahrung mit dem des Harnes und des Kothes ein SlicksloJJ'd(Jizit in den sicht- baren Ausscheidungen sich vorfinden würde. Diese Frage ist Gegenstand streitiger Ansichten und zahlreicher IJjiter- suchungen gewesen. Aus den Respirationsvcrsucheu von Re(;nault und Rkisict hat man den Schluss gezogen, dass auch eine Stickstoffexhalation stattfinde, eine Ansicht, deren Richtigkeit in der letzten Zeit besonders Seegkn und Nowak zu beweisen versucht haben. Die Ausführung derartiger Versuche ist jedoch mit so grossen Schwierigkeiten und so vielen Fehlerquellen verbunden, dass die Versuche nur schwierig überzeugend werden, und die Fehlerhaftigkeit der Experimente von Seegen und Nowak ist in der That auch von Petten- KOFER und VoiT dargethan worden. Auf der anderen Seite haben PflCger und Leo bei Kaninchen keine merkliche Stickstoffexhalation finden können. Es haben ferner mehrere Forscher, vor Allem Voit, Pettenkofer und Voit und Ranke, durch Beobachtungen an Menschen und Thieren gezeigt, dass man durch passende Menge und Beschaffenheit der Nahrung den Körper in Siicl:- slojfuleichgc'ivkht, d. h. in den Zustand versetzen kann, in welchem die Menge des im Harn und Koth erscheinenden Stickstoffs der Menge des Stickstoffs in der Nahrung gleich ist. Besonders beweisend scheinen in dieser Hinsicht die von Gruber in Voit's Institut ausgeführten Versuche zu sein. Gruber fütterte siebenzehn Tage hindurch einen Hund mit Fleisch, dessen Gesammtgehalt an Stickstoff 368,53 g betrug, und er fand in derselben Zeit in dem Harne und den Exkrementen des Thieres 368,28 g Stickstoff wieder. Auf Grund dieser und anderer Ver- suchsreihen dürfte man wohl auch mit Voit annehmen können, dass ein Stick- stoffdefizit nicht existirt oder, wenn man auch die obengenannten, sehr kleinen Verluste an Stickstoff durch Horngebilde u. a. berücksichtigt, jedenfalls so ge- ringfügig ist, dass man es bei Stoffwechseluntersuchungen ausser Acht lassen kann. Bei Untersuchungen über den Eiweissumsatz im Körper hat man also gewöhnlich nur nöthig, den Stickstoff in Harn und Koth zu berücksichtigen, wobei zu beachten ist, dass der Harnstickstoff ein Maass der Grösse der Ei- weisszersetzuug im Körper ist, während der Kothstickstoff (nach Abzug von etwas weniger als 1 g bei gemischter Kost) ein jNfaass des nicht resorbirteu An- theiles des Nahrungsstickstoffs abgiebt. Bei der Oxydation des Eiweisses im Organismus wird der Schwefel des- selben zu Schwefelsäure oxydirL, und daher rührt es, dass die Schwefelsäure- Hammarsteu, Physiologische Clieraie. StickBtoff- a.'fizit. Stickstoff- (lefiiit unil StickstoA- gleichge- wicht. Stickstoff- defizit exi- stirt nicht. 2-i 370 Fünfzehntes Kapitel. Snhwefol- säuieans- scheiduiisr ii Fol ^'6 der Eiweisszer- setzung. Der Stick- stoff als Maass der Kiwoisszor- selziuiir. Der Kohlen- stoff der Exkreie. ausscheidung durch den Harn , welche beim Menschen nur in geriugem Grade von den Sulfaten der Nahrung herrührt, der Stickstoffausscheidung durch den Harn fast gleichen Schritt hält. Berechnet man den Gehalt des Eiweisses an Stickstoff und Schwefel zu rund 16 , bezw. 1 ^/o, so wird das Verhältniss zwischen dem Stickstoffe des Eiweisses und der bei der Verbrennung des letz- teren entstehenden Schwefelsäure, HgSO^, = 5,2 : 1 oder etwa dasselbe wie im Harne (vergl. S. 319). Die Bestimmung der durch den Harn ausgeschiedenen Menge Schwefelsäure liefert also ein wichtiges Mittel, die Grösse der Eiweiss- zersetzung zu kontrolliren , und eine solche Kontrolle ist besonders wichtig in den Fällen, in welchen man die Einwirkung gewisser anderer stickstoffhaltiger, nicht eiweissartiger Stoffe auf die Eiweisszersetzuug studiren will. Eine Be- stimmung des Stickstoffs allein kann nämlich in solchen Fällen selbstverständ- lich nicht genügend sein. Findet man bei einem Vergleiche zwischen dem Stickstoff^ der Nahrung einerseits und dem des Harnes und Kothes andererseits einen Ueberschuss auf der Seite des erstereu, so bedeutet dies, dass der Körper seinen Vorrath an stickstoffhaltiger Substanz, an Eiweiss, vermehrt hat. Enthalten dagegen Harn uud Kolli eine grössere !Menge Stickstoff als die in derselben Zeit aufgenommene Nahrung, so bedeutet dies, dass der Körper einen Theil seines Stickstoffs ab- gegeben, d. h. einen Theil seines eigenen Eiweisses zersetzt hat. Aus der Menge des Stickstoffs kann man, wie oben angegeben, durch Multii^likation mit 0,25 die entsprechende Menge Eiweiss berechnen. Gebräuchlicher ist es jedoch, nach dem Vorschlage Voits, den Harnstickstoff nicht in zersetztes Eiweiss, sondern in zersetzte Muskelsubstanz, in Fleisch, umzurechnen. Das Fleisch enthält als Mittel etwa 3,4 °/o Stickstoff, und je 1 g Harnstickstoff entspricht also in ab- gerundeter Zahl etwa 30 g Fleisch. Der Kohlenstoff verlässt zmn unverhältuissmässig grössten Theil den Körper als Kohlensäure, welche hauptsächlich durch Lungen und Havit ent- weicht. Der Rest des Kohlenstoffs wird in organischen, kohlenstoffhaltigen Ver- bindungen durch Harn und Koth ausgeschieden , in welclien die Menge des Kohlenstoffs eletnentaranalytisch bestimmt werden kann. Die jMenge der gas- förmig ausgeschiedenen Kohlensäure bestimmt mau mittelst des Pettexkofer- schen Respirationsapparates, welcher in grösseren Handbüchern al)gebildet und beschrieben ist. Durch ^Multiplikation der geftmdenen ^lenge Kohlensäure mit 0,273 kann man dann daraus die Menge des als C0.> ausgeschiedenen Kohlen- stoffs berechnen. Vergleiclit man die Gesammtmenge des auf verschiedenen Wegen ausgeschiedeneu Kohlenstoffs mit dem Kohlenstoffgehalte der Nahrung, so gewinnt man einen Einblick in den Umsatz der kohlenstoft'haltigen Ver- bindungen. Ist die Menge des Kohlenstoffs grösser in der Nahrung als in den Exkreten, so ist der entsprechende Kohlenstoff betrag zum Ansatz gekommen, während die Differenz, wenn sie in entgegengesetzter Richtung ausfällt, einen entsprechenden Verlust an Körpersubstanz anzeigt. Zur Ermittelung der Natur der hierbei zum Ansatz Lreknmineneii , rcsp. Berechnung den Grösse des I^niRalzes. •)~\ verloren < 10) = 1G6 würde also die Menge Kohlenstoff' in den zerfallenen stickstoff'reien Verbindungen angehen. Geht man ferner von dem einfachsten Falle, dem Huugerzustande aus, wobei der Körper auf Kosten seiner eigenen Kürpermasse lebt, so dürfte man, da die Menge der Kohlehydrate im Körper derjenigen des Fettes gegenüber nur äusserst gering ist, in einem solchen Falle ohne nennenswerthen Fehler die Annahme machen können, dass die Versuchsperson nur Fett und Eiweiss verbraucht habe. Da das thierische Fett im Mittel 76,5 ^/o Kohlenstoff' enthält, so kann man also die ^lenge des umgesetzten Fettes durch Multiplikation des KohlenstoflTs mit "— ^ = 1,3 berechnen. In dem als Beispiel gewählten Falle würde also das 76,5 Versuchsiudividuum im Laufe von 24 Stunden von seiner eigenen K/irperniasse ()2,5 g Eiweiss und 166 X 1.3 = 216 g Fett verbraucht haben. Von der Stickstoff*bilanz ausgehend kann man auf dieselbe Weise be- rechnen, ob ein Ueberschuss an Kohlenstoff' in der Nahrung im Vergleich zu der Menge Kohlenstoff' m den Exkreten als Eiweiss oder Fett oder als Beides im Körper zurückgehalten wird. Ebenso kann man umgekehrt bei einem Ueber- schuss an Kollleustoff' in den Exkreten berechnen, in wie weit der Verlust an Körpersubstanz von einem Verbrauch an Eiweiss oder Fett oder diesen beiden Stoff'en herrührt. Die Menge des mit Harn und Exkrementen ausgeschiedenen Wassers und der ausgeschiedenen Mineralstoffe lässt sich leicht bestimmen. Da-s durch Haut „^ ,. und Lungen ausgeschiedene Wasser kann mittelst des PETXEXKOFER'schen ^fier^^y^H''* Apparates direkt bestimmt werden. Die Menge des aufgenommenen Sauerstoffes g^^e'Jsj'o^eä wird als Diff'erenz zwischen dem Anfangsgewichte des Versuchsindividuums plus allen seinen direkt bestimmbaren Einnahmen einerseits und dem Endgewichte plus allen .ausgaben andererseits berechnet. 24* 372 Fünfzeliutes Kapitel. I. Der Stoffwechsel beim Hungern. Beim Hungern finden die Zersetzungen im Körper ununterbrochen, wenn auch mit abnehmender Intensität, statt; da sie aber auf Kosten der Körper- substanz geschehen, können sie nur eine begrenzte Zeit fortfahren. Wenn das Thier einen bestimmten Bruchtheil seiner Körpermasse verloren hat, tritt der Tod ein. Dieser Bruchtheil schwankt mit dem Zustande des Körpers am An- fange der Hungerperiode. Fette Thiere erliegen erst, wenn das Körpergewicht auf etwa ^/2 des Anfangsgewichtes gesunken ist. Sonst sterben Thiere nach Chossat im Allgemeinen, wenn das Körpergewicht auf ^/ö des ursprünglichen Gewichtes gesunken ist. Der Zeitpunkt, bei welchem der Hungertod eintritt, schwankt nicht nur nach dem verschiedenen Ernährungszustande am Anfange der Hungerperiode, sondern auch nach dem mehr oder weniger lebhaften StoflT- Eintritt des ^ygchsel. Dieser ist bei kleinen und lungeren Thieren reger als bei grösseren tolles. ^„^j| älteren, aber auch bei verschiedenen Thierklassen zeigt er eine ungleiche Lebhaftigkeit. Kinder sollen schon nach drei bis fünf Tagen, nachdem sie etwa ^4 ihrer Körpermasse eingebüsst haben, dem Hungertode erliegen. Er- wachsene sollen nach den gewöhnlichen Angaben bei Wassergenuss drei Wochen leben können; es kommen jedoch auch Angaben von weit längeren Hunger- perioden vor. Es sollen also z, B. Melancholiker, welche Wasser getrunken hatten, erst nach 41 Tagen gestorben sein, und der Italiener Merlatti soll eine Hunger- kur von 50 Tagen, während welcher angeblich nur Wasser genossen wurde, überstanden haben. Hunde sollen vier bis acht Wochen, Vögel fünf bis zwanzig Tage, Schlangen mehr als ein halbes Jahr und Frösche mehr als ein Jahr hungern können. Beim Hungern nimmt das Kbrpergeu'ichl ab. Der Gewichtsverlust ist am grössten in den ersten Tagen und nimmt dann ziemlich gleichmässig ab. Bei kleinen Thieren ist der absolute Gewichtsverlust pro Tag selbstverständlich kleiner als bei grossen Thieren. Der relative Gewichtsverlust — d. h. der Ge- Verhalten ^ • • i des Körper- wichtsvcrlust auf die Einheit des Körpergewichtes, 1 Kilo, bezogen — ist da- beim gegen grösser bei kleinen als bei grossen Thieren. Der Grund hierzu liegt Huntrern. darin, dass die kleinen Thiere eine im Verhältniss zu ihrer Körpermasse grössere Körperoberfläche als die grösseren Thiere haben und den hierdurch liedingteu grösseren Wärmeverlust durch einen regeren StofFverbrauch ersetzen müssen (Rubner). Für ein gründlicheres Studium des Stoffwechsels im Hungerzustande sind längere Zeit fortgesetzte genaue Beobachtungen erforderlich. Da solche indessen nur selten an Menschen zu machen sind, ist unsere Keuntniss von dem Stoff- wechsel beim Hungern hauptsächlich durch Beobachtungen an Thieren, besonders an Fleischfressern, gewonnen worden. Da der Stoffwechsel beim Hungern auf Kosten der eigenen Körperbestand- theile stattfindet, so muss er im Wesentlichen in derselben Weise bei Fleisch- und Eiweissiunsatz beim Hungern. 373 Pllaii/A'iifre.-i.serii verhiutVii. Da iiulcs>cii die Naliiuii von l'rotoin- verbrauch herabgesetzt, denn bei einseitig fett- und kohlehydratreicher Kost **'iJnhrui" '""'^ kann der Eiweissumsatz sogar kleiner als beim vollständigen Hungern werden (HiusciirELD). Dem entsprechend können auch die Thiere bei einer nur stick- süjffreie Stoffe enthaltenden Nahrung länger als bei vollständigem Hungern am Leben erhalten werden. Bei Abwesenheit von Feiten und I\o!ih:hy r j) e r 105 — 1G5 — 95 500 599 — 99 — 47 1000 1079 — 79 — 19 1500 1500 — + 4 1800 1757 + 43 + 1 2000 2044 — 44 -f 58 2r)00 2512 — 12 + 57 In diesem Falle soll also, der allgemeinen Annahme zufolge, eine Fett- hildung aus Eiweiss stattgefunden haben, wenn sie auch der zersetzten Ei weiss- menge gegenüber nur gering ist. Diese Fettbildung aus Eiweiss soll in der Weise geschehen, dass das Eiweiss im Organismus in einen stickstoffhaltigen und einen stickstoffreien Theil sich spaltet, von welchen jener zuletzt Harn- stoff, Harnsäure u. s. w. giebt, während dieser in Fett oder fettbildende Sub- stanz übergeht. Dieser stickstoffreie Theil soll in erster Hand den Fettumsatz herabsetzen und dann, wenn er in grösserer Menge entsteht, als Fett zum An- satz kommen. Der Fettansatz im Körper ist also bei einseitiger Fleischnahrung nur gering. Dasselbe gilt auch von dem Eiweissansatz , welcher fast von Tag zu Tag abnimmt und übrigens, wegen des bald eintretenden Stickstoffgleichgewichts, nur kurze Zeit andauert. Dies ist auch der Grund, warum man mit einseitiger Fleischnahrung zwar einen gut genährten Körper an seinem Bestände erhalten kann, dagegen nicht einen durch Krankheit oder schlechte Ernährung herunter- gekommenen Organismus fett machen kann. Die bei ausschliesslicher Fleischnahrung sehr bedeutend gesteigerte Stick- stoffausscheidung und die Eigenthümlichkeiten, welche dieselbe darbietet, haben neben anderen Verhältnissen, darunter auch das ungleiche Verhalten des Eiweiss- zerfalles in den ersten und den folgenden Hungertagen , zu der Anschauung geführt (Voit), dass nicht alles Eiweiss im Körper gleich leicht zersetzt werde. VoiT unterscheidet das in den Gewebselementen fixirte so zu sagen organisirte Eiweiss, das Organciioeiss, von demjenigen Eiweiss, welches mit dem Säfte- strome im Körper und dessen Geweben cirkulirt und von den lebenden Gewebs- ^^l^^l Zellen aus der sie umspülenden interstitiellen Flüssigkeit aufgenommen und zum Zerfall gebracht wird. Dieses cirknlirende Eiweiss soll ferner nach Voit leichter und schneller als das Organeiweiss zerfallen. Wenn also bei einem hungernden Thiere, welches vorher mit Fleisch gefüttert worden ist, in den ersten Hunger- tagen ein reichlicher, rasch abnehmender Eiweisszerfall vorkommt, während im weiteren Verlauf der Hungerperiode der Eiweisszerfall kleiner und mehr gleich- massig ist, so soll dies dalier rCdu-en , dass in den ersten Hungertagen haupt- sächlich der Vorrath an cirkulirendem Eiw^eiss und in den späteren hau[)tsäch- lich Organeiweiss unter die Bedingungen des Zerfalls geräth. Organei- weiss und cirkuliren- weiss. 384 Fünfzehntes Kapitel. Eiweiss- resorption und iStick- stoft'aus- scheidang. Die Gewebselemente sollen Apparate verhältnissmässig stabiler Natur sein, welche die Fähigkeit haben, Eiweiss aus der umspülenden Gewebsflüssigkeit aufzunehmen und zu verarbeiten, während von ihrem eigenen Eiweiss, dem Organeiweiss, gewöhnlich nur eine kleine Menge, nach VoiT täglich etwa 1 ^/o, der Zerstörung anheimfallen soll. Mit gesteigerter Eiweisszufuhr wird auch, wenigstens zu einem gewissen Grade, die Lebensthätigkeit der Zellen und ihre Fähigkeit Nahrungseiweiss zu zersetzen gesteigert. Wenn nach gesteigerter Eiweisszufuhr Stickstoffgleichgewicht erreicht w'orden ist, würde dies also be- deuten, dass die eiweisszersetzende Fähigkeit der Zellen dahin gesteigert worden, dass durch sie gerade ebensoviel Eiweiss umgesetzt als mit der Nahrung dem Kfirper zugeführt wird. Wird durch gleichzeitige Zufuhr von anderen, sticikstoff- freien Nahrungsmitteln (vergl, unten) der Eiweisszerfall herabgesetzt, so kann ein Theil des cirkulirenden Eiweisses gewissermassen Zeit finden, von den Ge- weben fixirt und organisirt zu werden, und die Fleischmasse des Körpers nimmt in diesem Falle zu. Während des Hungerns oder beim Mangel an Eiweiss in der Nahrung würde umgekehrt ein Theil des Organ eiweisses in cirkulirendes Eiweiss übergehen und umgesetzt werden, und in diesem Falle würde also die Fleischmasse des Körpers abnehmen. Die VoiT'sche Lehre von cirkulirendem Eiweiss und Organeiweiss ist zwar eine Hypothese, aber sie erklärt jedoch eine Menge sonst sehr dunkler Verhältnisse in durchaus befriedigender Weise und sie befindet sich im besten Einklänge mit den Thatsachen. Eine besondere Stütze gewann diese Lehre durch die Untersuchungen mehrerer Forscher, wie Panum, FAiiCK und Feder über den zeitlichen Verlauf der Harnstoffausscheidung nach einer eiweissreichen Mahl- zeit. Aus diesen, an Hunden ausgeführten Untersuchungen ergiebt sich näm- lich, dass die Harnstoffausscheidung fast unmittelbar nach einer eiweissreichen Mahlzeit ansteigt und ihr Maximum in etwa der sechsten Stunde erreicht, zu welcher Zeit etwa die Hälfte der dem verzehrten El weisse entsprechenden Stick- stoff'menge ausgeschieden worden ist. Erinnert man sich nun ferner, dass, nach einer Beobachtung von Scüimidt-Mülheevi an einem Hunde, in den ersten zwei Stunden nach der Mahlzeit etwa 33 ^jo und am Ende der sechsten Stunde etwa 56 "/o des verzehrten Eiweisses resorbirt worden sind, so liegt wohl die Annahme am nächsten, dass die vermehrt« Stickstoffausscheidung nach der Mahlzeit durch eine Zersetzung von verdautem und resorbirtem Nahrungseiweiss bedingt ist. Wollte man annehmen, dass das zerfallende Eiweiss vorher oi'gani- sirt gewesen sein müsste, so würde die nach einer eiweissreichen Mahkeit enorm gesteigerte Stickstoffausscheidung einen in kurzer Zeit verlaufenden, weit rascheren und umfassenderen Zerfall und Wiederaufbau der Gewebe voraussetzen als an- zunehmen ist. Die VoiT'sche Lehre von dem verschiedenen Verhalten des Orgaueiw'eisses und des cirkulirenden Eiweisses im Thierkörper scheint durch einige von Ludwig und TsCHiHJEW und von Forster ausgeführte Untersuchungen eine Stütze, gefunden zu haben. In den Versuchen von Tschirjew w^urde einem Hunde Niihrwcrtli des Leimes. 385 thells gekochtes Ilundeblut zum Fressen gegeben und theils dieselbe Menge defibrinirten Hundeblutes in eine Vene injizirt. Im letzteren Falle stieg die Harnstoffausscheidung mir unbedeutend, während sie im ersteren Falle der Auf- nahme etwa entsprechend stieg. In den Versuchen V(M1 Fokster dagegen wurde einem Hunde theils defibrinirtes Hundeblut und theils Pferde- oder Hunde- blutserum transfundirt. Nach Transfusion von Blut war die Stickstoffaus- scheidung zwar etwas grösser als beim Hungern, aber der Zuwachs war jedoch '^n'^mH""n.i nur unbedeutend. In zwei Versuchen mit Transfusion von 395 oder 611 2 I^'"*??''^™ ö im Korper. Blut betrug der Zuwachs nur 3,0 resp. 3,4 g Harnstoff, während das mit dem transfundirteu Blute eingeführte Ei weiss einer Harnstoffmenge von 32, bezw. 42 g entsprach. Nach Transfusion von 552 g Huudeblutserum, dessen Gehalt an Eivtciss 10,G g Harnstoff entsprach, war dagegen die Harnstoffausscheidung an dem Tage der Transfusion um 6,4 g grösser als an dem folgenden Tage. Nach diesen Versuchen würde also das Eiweiss der Blutkörperchen, welches als Organeiweiss aufzufassen ist, weniger leicht als das verdaute Bluteiweiss oder das Eiweiss des Blutserums umgesetzt werden, und diese Versuche würden also der Voix'schen Ansicht das Wort reden. Oben ist angedeutet worden, dass andere Nahrungsstoffe den Eiweisszerfall herabsetzen können, und ein solcher Nahrungsstoff ist der Leim. Der Leim und die Leimhildner scheinen im Körper nicht in Eiweiss übergehen zu können, und dieses letztere kann in der Nahrung nicht ganz durch Leim ersetzt werden. Füttert man z. B. einen Hund mit Leim und Fett, so verliert er an Körper- eiweiss, selbst wenn die Menge des Leimes so gross ist, dass das Thier mit ebensoviel Fett und einer Fleischmenge, welche gerade ebensoviel Stickstoff wie die fragliche Menge Leim enthält, in Stickstoffgleichgewicht verharren können würde. Dagegen hat der Leim, wie Voit und Fanum und Oerum gezeigt i^s^Lefmes haben, einen grossen Werth als Eiweiss ersparendes Nahrungsmittel, und er Leimbiidn'er. soll nach Voit sogar in noch höherem Grade als Fett und Kohlehydrate die Eiweisszersetzuug herabsetzen können. Dies ist aus folgendem tabellarischen Auszug aus den Versuchen Voit's an einem Hunde ersichtlich. Tab. VI. Nahrung pro Tag Fleisch zersetzt am Körper 450 — 50 439 — 39 256 + 44 Fleisch Leim Fett Zucker 400 0 200 0 400 0 0 250 400 200 0 0 Diese Fähigkeit des Leimes, Eiweiss zu ersparen, erklärt Voit durch die Annahme, dass der Leim statt eines Theiles des cirkulirenden Eiweisses zersetzt wird, wodurch ein Theil des letzteren organisirt werden kann. Der Leim kann auch den Fettverbrauch ein wenig herabsetzen, wenn er auch in dieser Hinsicht lange nicht einen so hohen Werth wie die Kohle- hydrate hat. Hammarsten, Physiologische Chemie. 25 386 Fünfzehntes Kapitel. Nilhrwerth des Peptons. In naher Beziehung zu der Frage von dem Nährwerthe des Eiwelsses und des Leimes steht auch die Frage von dem Nährwerthe des Peptons. Die von früheren Forschern, Maly, Plos'z und Gyergyay und Adamkiewic'z aus- geführten Untersuchungen haben zu dem Schlüsse geführt, dass ein Thier mit einer Nahrung, welche kein anderes Eiweiss als Pepton enthält, nicht nur in StickstofFgleichgewicht verharren, sondern sogar seinen Eiweissbestand vermehren kann. Dem gegenüber glaubt Voit auf Grund einiger neueren, von Feder ausgeführten Untersuchungen, dass das Pepton im Körper vollständig zerfällt, dass es zwar durch seine Fähigkeit das Eiweiss zu ersparen den Eiweissverbrauch vollständig oder fast vollständig aufheben, nicht aber in Eiweiss übergehen kann. Die allgemeine Ansicht ist jedoch die (vergl. S. 193), dass das Pepton im Körper in Eiweiss zurückverwandelt wird. In den oben erwähnten Fütterungs versuchen mit Pepton hat man ein Ge- menge von Albumosen vind Peptonen in modernem Sinne verwendet. In neuerer Zeit haben jedoch Zuntz und Pollitzer Fütterungsversuehe an Hunden theils mit Fleisch und theils mit echtem Pepton und Albumosen verschiedener Art angestellt. In diesen Versuchen scheint ein Ansatz von Eiweiss (Zurückhalten eines Theiles des Stickstoffs) im Körper stattgefunden zu haben, und wenn man eine Korrektion für denjenigen Stickstoff macht, welcher in den Extraktivstoffen des Fleisches enthalten war, so scheinen die untersuchten Verdauungsprodukte für den Körper etwa denselben Nährwerth wie die entsprechende Menge Eiweiss des Fleisches gehabt zu haben. Nach Versuchen , welche von Weiske an Pflanzenfressern ausgeführt worden, scheint das Asparagin bei solchen Thieren das Eiweiss ersparen zu können. Beim Fleischfresser (J. Munk) und bei Mäusen (Voit und Politis) Asparagnis. scheint jedoch das Asparagin keine Eiweiss ersparende Wirkung zu haben. Wie es beim Menschen wirkt, ist nicht bekannt. Nährwerth der Albu- mosen und Peptone. Nilhrwerth des Der Stoffwechsel bei einer aus Eiweiss und Fett bestellenden Nahrung. Das Fett kann den EiweisszerfaU nicht aufheben oder verhindern; dagegen kann es ihn herabsetzen und das Fett kann also Eiweiss ersparend wirken. Dies wird aus folgender Tabelle nach Voit ersichtlich. A giebt die Mittelzahlen für drei und B für sechs Tage an. Tab. VII. N a li r 11 n £j F 1 e i s c h Fleisch Fett Umgesetzt am Kör2)er A 1500 0 1512 — 12 B 1500 150 1474 + 2G Wie das Fett der Nahrung wirkt auch das Körperfett, und die Eiweiss Eiweiss- ersparende Wirkung des letzteren kann derjenigen des Nahrungsfettes sich zu- Wbkun^gdes ^c^^^i^'e" > SO dass ein fettreicherer Körper nicht nur in Stickstoffgleichgewicht Fettes. verbleiben, sondern sogar seinen Vorrath an Körpereiweiss vermehren kann bei denselben Eiweiss- und Fettraengen der Nahrung, bei welchen in einem Eiweiss und Fett iu der Nahrung, 387 mageren Körper ein Verlust an Eiweiss stattfindet. In einem fettreichen Körper wird also durch eine hestinnnte Fettmenge eine grössere Menge P^iweiss vor dem Zerfalle geschützt als in einem mageren. Wegen der Eiweiss erparenden Wirkung des Fettes kann, wie aus der Ta- belle ersichtlich ist, ein Thier, welches einen Zusatz von Fett zur Nahrung er- hält, seinen Eiweissbestand vermehren bei Fütterung mit einer Fleischmenge, welche an sich zur Erhaltung des StickstofTgleichgewichtes unzureichend ist. Mit Rücksicht auf die Zunahme des Körpereiweisses ist jedoch die Relation zwischen Eiweiss und Fett in der Nahrung von grosser Bedeutung. Bei ein- seitiger Eiweissnahrung nimmt der Eiweissumsatz mit steigenden Eiweissmengen der Nahrung zu, und dieses Verhalten wird durch Zusatz von Fett zur Nah- rung nicht aufgehoben, wenn auch die absolute Grösse des Eiweissumsatzes dabei etwas herabgesetzt wird. Bei Gegenwart von viel Eiweiss im Verhältniss zu dem Fette in der Nahrung sind deshalb auch für das Zustandekommen des StickstofFgleichgewichtes wie auch für einen Eiweissansatz sehr grosse Eiweiss- Fettes auf^ mengen erforderlich, während bei Zusatz von verhältnissmässig viel Fett zum umsstz." Eiweiss ein solches Resultat schon mit verhältnissmässig kleinen Eiweissmengen zu erreichen ist. Folgende Tabelle dürfte in dieser Hinsicht belehrend sein. Tab. VIII. Nalirung Fleisch Fleisch Fett Umgesetzt am Körper 450 250 344 + 106 1000 250 875 -j" 125 1500 250 1381 + 119 Die Tabelle zeigt, dass auch bei Gegenwart von Fett der Eiweisszerfall mit steigenden Eiweissmengen der Nahrung zunimmt, und dass man in Folge hiervon in dem angeführten Beispiele im Grossen und Ganzen keinen wesent- lich reichlicheren Eiweissansatz bei Fütterung mit 1500 g Fleisch und 250 g Fett als bei Fütterung mit 450 g Fleisch und derselben Fettmenge erhielt. Die Bedeutung dieses Verhaltens soll unten noch weiter besprochen werden. Hält man bei Fütterung mit Fleisch und Fett die Fleischmenge der Nahrung konstant, während man die Fettmenge variirt, so kann mit steigenden Fettmengen der Eiweisszerfall allmählich herabgesetzt werden. Dies findet jedoch nicht immer statt, was dagegen bei Fütterung mit steigenden Mengen Kohlehydraten der Fall ist (Voit). Dieselbe Eiweiss ersparende Wirkung, welche das Neutralfett hat, kommt nach J. MuNK auch den Fettsäuren zu, während der zweite Hauptbestandtheil des Neutralfettes, das Glycerin, wenn es in einer Menge von 1 — 2 g pro Kilo de/rett-' verzehrt wird, keinen Einfluss auf den Eiweissumsatz auszuüben scheint (J. Munk). Bezüglich des Fettumsatzes hat man gefunden, dass bei gleichbleibendem Eiweissgehalte der Nahrung der Fettumsatz mit wachsenden Mengen resorbirten Fettes wächst. Folgende Tabelle scheint dies zu zeigen. 25* säuren. 388 Fünfzehutea Kapitel. Nahrung Fleisch Fett 500 0 500 100 500 200 Tabelle IX. Fett Umgesetzt am Körper 47 — 47 60 + 34 109 4- 91 Wie das Fett der Nahrung wirkt auch das Körperfett. Ein fettreicher Körper zersetzt einen grösseren Bruchtheil des Fettes als ein magerer, und die- selbe Menge resorbirten Nahrungsfettes, welche in einem fetten Körper voll- ^Fettes"iuT^ Ständig sich zersetzt, kann in einem mageren einen Fettansatz bewirken. Nimmt '^urasatz'^' ^^^ Körper neben dem Eiweisse grössere Mengen Fett auf als er in derselben Zeit zersetzt, so wächst mit steigenden Mengen resorbirten Fettes auch der Bruchtheil desselben, welcher im Körper zum Ansatz konnut (vergl. Tab. IX). Der grösste Ansatz von Eiweiss und Fett findet nach Aufnahme von mittleren Mengen von beiden in passenden Mengenverhältnissen statt (vergl. weiter unten). Der Stoffwechsel bei einer aus Eiweiss und Kohlehydraten bestehen- den Nahrung. Das oben von der Wirkung des Fettes auf den Eiweissumsatz Gesagte gilt im Wesentlichen auch für die Kohlehydrate. Es können also auch die Kohlehydrate Eiweiss ersparen. Bei Zusatz von Kohlehydraten zu der Nahrung kann der Fleischfresser nicht nur in StickstofFgleichgewicht ver- harren, sondern es kann bei ihm dieselbe Fleischmenge, welche an und für sich unzureichend ist und ohne Kohlehydrate zu einem Verluste von Körper» Eiwoiss- eiweiss führt, bei gleichzeitiger Aufnahme von Kohlehydraten einen Ansatz von w^rkung^ Eiwciss erzeugen. Die Kohlehydrate sollen jedoch stärker Eiweiss ersparend als "^hYaia^e^' ^^^ -^®^^ wirken (Voit). Diese Verhältnisse sind aus der folgenden Tabelle ersichtlich. Tab. X. Nah r u n g F 1 e i seh Fleisch Fett Zucker Stärke Umgesetzt am Köri^er 500 250 — — 558 — 58 500 — 300 — 460 + 34 500 — 200 — 505 — 5 800 — — 250 745 + 55 800 200 — — 773 + 27 2000 — — 200—300 1792 4- 208 2000 250 — — 1883 + 117 Wegen der grösseren Eiweiss ersparenden Wirkung der Kohlehydrate setzen die Pflanzenfresser, welche im Allgemeinen reichliche Mengen Kohlehydrate aufnehmen, leicht Eiweiss an (Voit), Während bei gleichbleibender Fleischmenge steigende Fettmengen der Nahrung den Eiweisszerfall nicht konstant herabsetzen, sollen die Kohlehydrate dagegen nach Voit regelmässig einen verminderten Eiweissumsatz bewirken. Dies geht schon aus der vorigen Tabelle hervor, wird aber durch die hier folgende noch deutlicher ersichtlich. Eiweiss und Kohlehydrate in der Nahrung. 389 '1 l'iil). XI. Nii: li r u n K F 1 (• i s c 1» Fleiscli Kohlcliydriilo umgesetzt iiin Körper 500 100 .537 — 37 500 200 505 — 5 500 300 4(30 + 34 2000 100 1847 f 153 2000 200 1778 + 222 2000 200 1780 + 220 Auch bei Zusatz von Kohlehydraten zu der Nahrung steigt der Eiweiss- zerfall mit steigenden Eiweissmengen derselben. Bei Gegenwart von nur kleinnn Mengen Kohlehydraten sind deshalb auch für das Zustandekommen eines Ei- weissansatzes im Körper sehr grosse Eiweissmengen in der Nahrung erforder- lich, während dasselbe Resultat einfacher und vortheilhafter mit bedeutend kleineren Eiweissmengen und verhältnissmässig viel Kohlehydraten zu er- reichen ist. Die AVirkung der Kohlehydrate auf den Feitansatz betreffend, haben die Untersuchungen von Pettenkofer und Voit gezeigt, dass die Kohlehydrate nicht nur den Fettumsatz herabsetzen und also einen Fettverlust verhüten, sondern auch einen Fettansatz erzeugen können. Die verschiedenen Ansichten über die Bedeutung der Kohlehydrate für die Fettbildung, welche im Laufe der ^ohieif-l^*^ Zeit sich geltend gemacht haben, sind schon in dem Vorigen (S. 208) besprochen ''^-oltumsa?" worden, und es wurde dabei betont, dass nach der gegenwärtigen Ansicht die Kohlehydrate nicht nur Fett ersparen, sondern auch im Körper in Fette um- gewandelt werden können. In nächster Beziehung zu dem, was eben von einer aus Eiweiss und Kohlehydraten bestehenden Nahrung gesagt worden ist, steht die praktisch sehr wichtige Frage von den Bedingungen für einen Fett- und Fleischansatz im Körper. In dem Vorigen wurde wiederholt hervorgehoben, dass einseitig eiweiss- reiche Nahrung vor Allem einen gesteigerten Eiweisszerfall zur Folge hat, und dass bei einer solchen Nahrung Stickstoffgleichgewicht bald eintreten kann. Durch einseitig gesteigerte Eiweisszufuhr kann man also nur kurze Zeit und in geringerem Grade den Eiweissbestand des Körpers vermehren, und dies ausser- dem nur für den Fall, dass der Körper vorher verhältnissmässig gut genährt war. Bei einem durch Krankheit oder irgend eine andere Ursache herunter- gekommenen, fettarmen Körper gelingt dies dagegen nicht. Will man einen Eiweissansatz im Körper erzeugen, so muss man ihm also mit der Nahrung neben Eiweiss auch irgend einen anderen , Eiweiss ersparenden Stoff, wie uiif,°pn"Hrr Leim, Fette oder Kohlehydrate, und zwar aus mehreren Gründen vor Alfem '^^^nZvl^^' Fette und Kohleliydrate, in genügender Menge zuführen. In dem Vorhergehenden ist ferner auch betont worden, dass man, wegen der Eigenschaft des Eiweisses den Eiweissumsatz zu steigern, einen Eiweiss- ansatz im Körper billiger und besser mit einer mittleren Eiweissmenge und verhältnissmässig viel stickstotfreier Substanz als mit einer grossen Eiweissmenge 390 Fünfzehntes Kapitel. imd verbal tuissmässig wenig stickstofFreien Stoffen erzeugen kann. Vor Allem ist eine solche passende Relation zwischen Eiweiss und stickstoffreieii Stoffen von Bedeutung, wenn es darauf ankommt, einen längere Zeit anhaltenden Fleischansatz zu erzielen. In dieser Hinsicht düi-fte folgender Auszug aus den Tabellen Voit's lehrreich sein. Tab. XII. Anzahl Ver- Nahrung Total-Fleisch- Stickstofl'gleich- suchstage Fleisch g Fett g ansatz g gewicht 32 500 250 1794 noch nicht 3 750 250 271 beinahe 3 1000 250 375 4 1500 250 476 ,, 7 1800 250 854 Stickstoffgleichgewicht 3 2000 250 352 beinahe Der absolut grösste Fleischansatz im Körper wurde in diesem Falle mit nur 500 g Fleisch und 250 g Fett erreicht, und selbst nach 32 Tagen war Stickstoffgleichgewicht noch nicht eingetreten. Bei Fütterung mit 1800 g Fleisch und 250 g Fett trat Stickstoffgleichgewicht dagegen schon nach sieben Tagen ein, ungen für uiid Wenn dabei auch der Fleischansatz pro Tag grösser war, so wurde jedoch der ansatz. absolute Fleischansatz nicht halb so gross, wie in dem vorigen Falle. Insoferne als die Eiweissmenge nicht unter eine bestimmte Grösse herabgeht, scheint man also den reichlichsten und am längsten andauernden Fleischansatz durch eine Nahrung, welche im Verhältnisse zu dem Fette nicht zu viel Eiweiss enthält, zu erhalten. Dasselbe dürfte auch für eine aus Eiweiss irnd Kohlehydraten bestehende Nahrung gelten. Die Bedingungen für einen Fettansatz im Körper betreffend, ergiebt sich aus dem Vorhergehenden, dass ein Fettansatz zwar bei einseitiger Fleischnahr- ung zu Staude kommen kann, dass er aber in diesem Falle, selbst wenn sehr grosse Eiweissmengen verzehrt werden, nur gering ist. Fiü- das Zustandekommen einer reichlicheren Fettablagerung muss der Körper mit der Nahrung ausser Eiweiss entweder Fett oder Kohlehydrate oder auch, was besonders für den Menschen das beste ist, gleichzeitig Fett und Kohlehvdrate aufnehmen. Von Beding- , 1 -r, -, ungen für besonderer Bedeutung werden die Kohlehydrate hierbei durch ihren im All- den Fettan- • i -n- t^ • n satz im gcmemcn billigen Preis demjenigen des Fettes gegenüber. Da die stickstoffreien Stoffe allem Anscheine nach Avenigstens in erster Linie das materielle Substrat der Muskelarbeit darstellen, so muss verminderte körperliche Arbeit, also Körper- ruhe, ein günstiges Bedingniss für den Fettansatz im Körper sein. Körperruhe, nebst einer passenden Kombination der drei Hauptgruppen organischer Nährstoffe, ist- deshalb auch von der grössten Bedeutung für die Mästung, deren Aufgabe es ist, in billigster Weise eine möglichst bedeutende Vermehrimg der Eiweiss- und Fettmasse des Thierkörpers zu erzeugen. Wirkung einiger anderen Stoffe auf den Stoffwechsel. Wasser. Führt man dem Organismus eine, das Bedürfniss übersteigende Menge Wasser zu, so wird der Ueberschuss rasch und hauptsächlich mit dem Harne eliminirt. Körper. Wirkung anderer Stoffe auf den Stoffwechsel. 391 Wirkung des Die hierdurch vermehrte HanKuissehei(hm<;' hat hei hiiiiL:;ern(leii Thiereii (VoiT, Forstkk), nicht aber iu nennenswerthcm Grade bei Thieren, welche Nahrung aufnehmen (Seegen, Munk, Mayeu), eine vennchrte Harnstortausscheidung zur Folge. Als Ursache dieser vermehrten Harnstoftausscheidung hat man eine durch die reichlichere Wasseraufnahme bedingte vollständigere Ausspülung des Harnstoffes aus den Geweben angenommen. Eine andere, von Vorr vertretene Wassors anf ^ den Kiwoiss- Ausicht ist jedoch die, dass iu Folge der lebhafteren Säftcströmuug nach der umsatz. Aufnahme von grösseren Mengen AVasser eine Steigerung des Eiweissumsatzes stattfinden soll. Diese Erklärung betrachtet Vorr als die richtigere, obwohl er nicht läugnet, dass bei reichlicherer AVasserzufuhr eine vollständigere Ausspülung des Harnstoffes aus den Geweben stattfinden kann. Bezüglich der AVirkuug des AYassers auf Fettbildung und Fettumsatz scheint die Ansicht ziemlich allgemein verbreitet zu sein, dass reichliches AVasser- trinken den Fettansatz im Körper begünstigt, während umgekehrt Aufnahme von nur sehr wenig AVasser der Fettbildung entgegenwirken soll. kidlze. Durch Kochsalz soll die Harnausscheidung, selbst wenn keine grössere AVasserauf nähme stattfindet, vermehrt werden, und dabei findet auch eine vermehrte Harnstoffausscheidung statt. Für das Zustandekommen dieser letzteren können dieselben zwei Möglichkeiten wie für die AA'^irkung des AVassers auf die Harnstoffausscheidung in Betracht kommen. Aus einem, längere Zeit ,„. , , ® ' ö Wirkung' der von VoiT fortgesetzten Versuche, in welchem der absolute Zuwachs der Harn- .^^g? ""'^,. stofi^ausscheidung recht bedeutend (106 g im Laufe von 49 Tagen) war, lässt umsatz. sich jedoch mit sehr grosser AVahrscheinlichkeit der Schluss ziehen, dass das Kochsalz den Eiweissumsatz thatsächlich etwas steigert. AA^ie das Kochsalz wirken auch, wie es scheint, einige andere Salze, wie Chlorkaliura, Glaubersalz, Natriumphosphat, Acetate, Salpeter und Salmiak. Eine den Eiweissumsatz steigernde AVirkung scheinen auch das Natriumborat und die Natriumsalze der Salicylsäure und der Benzoesäure auszuüben. Alkohol. Die Frage, in wie weit der aus dem Darmkanale resorbirte Alkohol im Körper verbrannt wird oder denselben auf verschiedenen AVegen unverändert verlässt, ist Gegenstand streitiger Ansichten gewesen. Allem An- scheine nach wird jedoch der unverhältnissmässig grösste Theil des Alkohols verbrannt. Nach Bodl^vnder Averdeu von dem aufgenommenen Alkohol 1,18 ^/o mit dem Harne, 0,14^'o mit der Hautausdunstung und 1,6 "/o mit der Aus- Alkohols athmungsluft elirainirt. Der Rest, etwa 97°/o, wird im Körper verbrannt. Da der Alkohol also zum allergrössten Theile im Körper verbrannt wird, so fragt es sich demnächst, ob er für andere Stoffe ersparend eintreten könne und ob er also als ein Nährstoft' zu betrachten sei. Die zur Entscheidung dieser Frage angestellten Untersuchungen haben zu keinem unzweideutigen und entscheiden- den Resultate geführt. Bei A^ersuchen über die Stickstoffausscheidüng beim Menschen hat man nach kleineren Alkoholgaben bisweilen eine verminderte (Haimmoxd, E. Smith, Oberniee), bisweilen wieder eine unveränderte (Parkes und AVoLLOWicz) und in anderen Fällen endlich eher eine vermehrte (Förster 392 Fünfzehntes Kapitel. nud RoMEYx) Stickstoffaussclieiduiig beobachtet. Bei Hunden fanden Fokker iiud J. ^ru>'K nach kleinen Giengen einen verminderten, nach grösseren einen vermehrten Eiweissuxnsatz. Ueber die Grösse des Gaswechsels nach Alkoholgenuss liegen auch mehrere Beobachtungen vor. Boeck und Bauer beobachteten bei Hunden nach kleinen Alkoholgaben eine Vermehrung sowohl des Sauerstoffverbrauchs wie der Kohlen- säureausscheidung. BoDLÄNDER fand bei Kaninchen und Hunden eine Ver- miiiderimg des Sauerstoffverb rauchs uud der Kohlen säureausscheiduug, AVolfers dagegen bei Kaninchen einen vermehrten Sauerstoffverbrauch. Bei ihren Unter- suchmigen an Menschen beobachteten ZuxTZ mid Berdez und auch Geppert wirkangdes nach kleineren, nicht berauschenden Alkoholdosen keine wesentliche Aenderungr AlkohoJs. ... des respiratorischen Gasaustausches. Da der Alkohol im Körper zum aller- gi-össten Theile verbrennt und der Gaswechsel trotzdem nicht wesentlich steigt, so scheint es also, als würde der Alkohol die Verbrennung anderer Stoffe her- absetzen und demnach einen Erspamisswerth haben. Dieser Werth kann jedoch, wenn ein solcher überhaupt vorkommt, nur in gewissen Fällen von wesentlicher Bedeutimg werden, indem nämlich grössere Mengen Alkohol aiif einmal ge- nommen oder kleinere bei mehr anhaltendem Gebrauche auf den Organismus schädlich wirken. Der Alkohol kann also eigentlich nur in Ausnahmefällen einen Werth als Nährstoff beanspruchen und er ist sonst bekanntlich nur ein Genussmittel. Der Kaffee und der Thee üben keine sicher konstatirten Wirkungen auf den Stoffwechsel, und ihre Bedeutung liegt hauptsächlich in der Wirkung, welche sie auf das Nervensvstem ausüben. IV. Die Abhängigkeit des Stoffwechsels von anderen Verhältnissen. Bullt und Arbeit. Während nach der LiEBiG'schen Theorie die Muskel- arbeit mit einem gesteigerten Eiweissumsatze verbunden sein sollte, haben, wie oben S. 223 erwähnt, Untersuchungen von anderen Forschern, besonders von VoiT an Hunden und von Pettenkofer und Voit an ^lenschen, gezeigt, dass die totale Stickstoffausscheidung während oder in Folge der Arbeit keine nennens- werthe Vermehrung erfährt. Es ist zwar richtig, dass einige Forscher in be- sonderen Fällen eine gesteigerte Stickstoffausscheidung beobachtet haben; man hat aber diese Beobachtungen in anderer W^eise erklären zu können geglaubt. So kann z. B. die Arbeit, wenn sie mit heftiger Körperbewegung verbunden ist, leicht zur Dyspnoe führen, und diese letztere kann, wie FR.'i:s'KEL gezeigt hat, wie* jede Verringerung der Sauerstoffzufuhr eine Steigerung des Eiweiss- zerfalles und dadurch eine vennehrte Stickstoffausscheidung zur Folge haben. In satz bei der anderen Versuchsreihen ist wiederum die Menge der Kohlehydrate und des Fettes in der Nahrung nicht völlig hinreichend gewesen; der Fettvorrath des Der Stoffwechsel uuter verschiedenen Verhältnissen. 393 Körpers hat iu Folge hiervon ahgenommen und (leraentsprechend ist auch der Eiweisrfzcrfall gesteigert worden. Endlich kann auch die Arbeit den Aj^petit erhöhen , und das in Folge hiervon in grösserer Menge aufgenommene Eiweiss l'iihrt eine vermehrte StickstofFausscheidung herbei. An sich soll dagegen nach der gewöhnlichen Ansicht die Muskelthätigkeit kaiun einen Einfluss auf den Eiweissumsatz; ausüben. Dagegen übt die Arbeit einen sehr bedeutenden Einfluss auf den Umsatz der stickstoffreien Stoffe und — als ein Maass der Grösse dieser Umsetzung — auf die Kohlensäureausscheidung und den Sauerstoffverl^rauch aus. Diese Wirkung, welche zuerst von Lavoisier beobachtet wurde, ist später von einer Menge von Forschern bestätigt worden. Von Pettenkofer und Vorr sind an einem erwachsenen Manne von 70 Kilo Körpergewicht Untersuchungen über den Umsatz sowohl der stickstoffhaltigen wie der stickstoffreien Stoffe in der Umsatz der Ruhe und während der Arbeit , theils beim Hungern und theils bei gemischter freien Stoffe Kost ausgeführt worden. Die Resultate sind iu folgender Tabelle enthalten, Arbeit. Tab. Xin. Verbrauch von Eiweiss Fett Kohlehydraten CO, ausgeschieden 0 aufgenommen Wasser ausgehaucht Beim f Ruhe 78 215 — ' 716 761 889 Hungern. 1 Arbeit 75 380 — 1187 1072 1777 Gemischte / Ruhe 137 65 352 912 831 828 Kost \Arbeitl37 173 352 1209 980 1412 Auf den Eiweisszerfall übte also in diesem Falle die Arbeit keinen Ein- fluss aus, während der Verbrauch von stickstoffreien Stoffen und die Ausschei- dung von "Wasser durch Haut und Lungen bedeutend vermehrt waren, Li naher Beziehung zu der Frage von dem Stoffwechsel in der Ruhe und während der Arbeit steht auch die Frage von dem Verhalten desselben im Schlafe und im Wachen. Der Eiweissumsatz wird nach Pettenkofer und VoiT von diesen zwei verschiedenen Zuständen nicht konstant beeinflusst, dagegen soll die Kohlensäureproduktion regelmässig am Tage grösser als in der Nacht sein. Hat während des Tages augestrengte Arbeit stattgefunden, so kann die Kohlensäureausscheidung in der folgenden Nacht bedeutend herabgehen. Im Schlafe ist der Umsatz von stickstoffreier Substanz sogar kleiner als in der Ruhe ohne Schlaf (Levin) und er ist kleiner je tiefer der Schlaf ist. Die Ursache der weniger reichlichen Kohlensäureausscheidung im Schlafe liegt nicht nur an der Muskelruhe, sondern auch an mehreren anderen Um- ständen, unter denen die Abwesenheit von Licht und anderen im Tage wirken- den Reizen, welche, wie es scheint, reflektorisch den chemischen Tonus der Muskeln und damit den Stofiwechsel anregen, hervorzuheben sind. Eine solche, von den Hautnerven reflektorisch vermittelte Regulirung des Stoffwechsels und der Wärmeproduktion, welche durch Einwirkung auf den chemischen Tonus der Muskeln zu Stande kommt, scheint auch für die Wirkung der Aussentemperatur auf den Stoffwechsel von der grössten Bedeutung zu sein. Der Stoffwechsel im Schlafe und im Wachen. Wirkunp äusserer Reize. 394 Fünfzehntes Kapitel. Wirkujig der Teinjicralur der umgebeudeii Luft. Bei Kaltblütern nimmt die Kohlen säureproduktiou mit der Umgebungstemperatur zu, resp. ab. Bei Warmblütern ist das Verhalten dagegen ein anderes. Durch Untersuchungen von Ludwig und Sanders -Ezn, Pflüger, Herzog Carl Theodor in Bayern u. A. ist es nämlich dargethan, dass bei Warmblütern Aenderungen in der Aussentemperatur einen verschiedenen Erfolg haben, je nachdem die Eigenwärme des Thieres dabei die nämliche bleibt oder sich ändert. Sinkt die Eigentem- peratur, so sinkt auch die Kohlensäureausscheidung; steigt dagegen jene, so steigt auch diese. Bleibt die Eigentemperatur dagegen unverändert, so steigt die Kohlensäureausscheidung mit niederer und nimmt dagegen mit höherer einer ver- Ausscntemperatur ab. Dieses Verhalten kann man nach Pflüger und Zuntz Aussen- durch die Annahme erklären, dass die niedere Temperatur durch Reizung der sensiblen Hautnerven reflektorisch einen gesteigerten Umsatz in den Muskeln mit einer vermehrten, die Körpertemperatur regulirenden Wärmeproduktion er- zeugt, während es bei höherer Aussentemperatur umgekehrt sich verhält. Die bei niederer Aussentemperatur stattfindende Steigerung des StoflTwechsels betrifft jedoch, soweit bisher bekannt, nur die stickstoffreien Substanzen, nicht aber das Eiweiss. Körpergewicht und Alter. Je grösser die Körpennasse ist, um so grösser ist auch, ceteris paribus, der absolute StoflTverbrauch, während dagegen, wie oben bei der Besprechung des Stoffwechsels beim Hungern erwähnt wurde, ein kleineres Individuum derselben Thierart wegen seiner verhältnissmässig grösseren Körperober- fläche und dadurch bedingten relativ grösseren Wärmeabgabe relativ mehr Sub- stanz zersetzt. Bei etwa demselben Körpergewichte ist der Eiweisszerfall kleiner ^Körpergo-*^^ ^^^^ grösserem Fettgehalt. Bei Weibern, welche meistens ein kleineres Körper- wichies. gewicht und einen grösseren Fettgehalt als die Männer haben, ist deshalb auch der Eiweissverbrauch und der Stoflfumsatz im Allgemeinen kleiner und der letztere beträgt gewöhnlich etwa ^/5 von dem bei Männern. Sonst scheint das Ge- schlecht an sich keinen besonderen Einfluss auf den Stoö'wechsel auszuüben. Jüngere Thiere haben aus oben S. 372 erörterten Gründen einen regeren Stoffwechsel als ältere und setzen pro Kilo eine grössere Menge Substanz um. Bezüglich des StoflTwechsels bei Kindern finden sich Untersuchungen von ScHARLiNG und FoRSTER über die Kohlensäureausscheidung und von Camerer über die Ausscheidung des Harnstoffes. Forster fand für Kinder im Zustand der Ruhe eine Kohlensäureaus- scheidung pro Kilo und Stunde in den Altern von Einfluss des Alters auf die Kohleii- säureaus- scheidung. Bei einem erwachsenen Manne im Zustand der Ruhe beträgt nach Pettenkoffr und Vorr die Kohlensäureausscheidung bei gemischter Kost 0,55 g CO, pro Stunde und Kilo. Bei Kindern von 3 — 7 Jahren ist also die Kohleusäureausscheidung pro Kilo reichlich doppelt so gi'oss wie bei Erwachse- 3 — 5 Jahren . . . . 1,17 g COa 6- 7 „ • . 1,17 „ „ 9—13 „ . . • . 0,9 „ „ Einfluss des Alters. Potentielle Euergie der Nährstoffe. 395 neu. In dem Aller von 16 Jalucu ist die Kohlensäureausscheidung pro Kilo etwa dieselbe wie bei Erwaehseucu. Für die Harustoftausscheidung bei Kindern bat Cameuiok folgende Wertbe gefunden. Tal). XIV. Köri)ergc\vicht iu Kilo llariistotl' iu p Alter 7 Monate IV2 Jahre 3 7 9 I2V2 15 6,70 8,95 12,61 17,43 16,20 18,80 25,10 32,60 35,70 liro Tag 5,0 12,1 11,1 14,6 12,3 13,9 17,3 17,6 17,ü pro Kilo 0,75 1,35 0,90 0,84 0,76 0,74 0,69 0,54 0,50 Einfluss des Altere auf die Ham- stoffaus- schoidung. Bei Erwachsenen von etwa 70 Kilo Gewicht werden pro Tag etwa 30 bis 85 und pro Kilo gegen 0,5 g Harnstoff' ausgeschieden. Erst gegen 15 Jahre ist also der Eiweisszerfall pro Kilo etwa derselbe wie bei Erwachsenen. Die Ursache des relativ grösseren Eiweissumsatzes bei jüngeren Individuen ist theils darin zu suchen, dass der Stoffumsatz im Allgemeinen bei jüngeren Thieren lebhafter ist, und theils darin, dass die jüngeren Thiere im Allgemeinen ärmer an Fett als die grösseren sind. V. Die potentielle Energie und der relative Nährwerth der verschiedenen organischen Nährstoffe. Mit den organischen Nährstoffen wird dem Organismus ein Vorrath an potentieller Energie zugeführt, welche dann im Körper in lebendige Kraft um- gesetzt wird. Diese potentielle Energie der verschiedenen Nährstoffe kann be- kanntlich durch die Wärmemenge ausgedrückt werden, welche bei ihrer Ver- brennung frei wird. Diese Wärmemengen, in Kalorien ausgedrückt, wenn man als Kalorie diejenige Wärmemenge bezeichnet, welche zum Erwärmen von 1 g Wasser von 0*^ auf 1° C. erforderlich ist, sind für folgende Substanzen für je 1 g folgende. Tab. XV. Trockensubstanz Aschefreie Substanz Kalorien Kalorien Eiweiss (im Fleisch) 5754 5778 1 Muskel 5345 5656 t Eubnek Fett (Schweinefett, Schnielzp. + 43") . . . . 9423 J Traubenzucker 369L 1 Milchzucker J|877 g^oHMANN Rohrzucker oJDJ l Stärke -ill^J Fette und Kohlehydrate werden im Körper vollständig verbrannt, und man kann darum auch im Grossen und Ganzen deren Vcrbrennungswerth als ein Maass der von ihnen innerhalb des Organismus entwickelten lebendigen Kraft Verbreun- ungswäniie der Nätr- stofie. 396 Fünfzehntes Kapitel. Verbrenn- ungswäriue des Ei- Physiolo- gische Ver- brennungs- wärme der Nährstoffe. betrachten. Ajiders verhält sich das Eiweiss. Es wird mir uiivüllgtändig ver- brannt und es liefert gewisse, mit den Exkreten den Körper verlassende Zer- setzungsprodukte, welche eine bestimmte Menge potentieller Energie, die für den Körper verloren geht, noch repräsentiren. Die Verbrennungswärme des Eiweisses ist also innerhalb des Organismus kleiner als ausserhalb desselben und sie muss demnach besonders bestimmt werden. Zu dem Zwecke hat Rubner Hunde mit ausgewaschenem Fleisch gefüttert und von der Verbrennungswärme des letzteren zog er die Verbrennungswärme des Harnes und der Exkremente, welche der aufgenommenen Nahrung entsprachen, plus die zur Quellung der Eiweisstoffe und zur Lösung des Harnstoffs erforderliche Wärmemenge ab. Ebenso hat Rubner die Verbreunungswärme des im Körper des Kaninchens beim Hungern zersetzten Eiweisses (Muskelei weiss) zu bestimmen versucht. Nach diesen Unter- suchungen ist die physiologische Verbrennungswärme in Kalorien für je 1 g Substanz folgende. Tab. XVI. 1 g Trockensubstanz Calorieu Eiweiss aus Fleisch 4424 Muskel 4000 Eiweiss beim Hungern 3842 Fett (Mittelzahl für verschiedene Fette) 9300 Kohlehydrate (berechneter Mittel werth) . 4100 Die physiologische Verbreunungswärme der verschiedenen, zu derselben Gruppe gehörenden Nährsoffe ist nicht ganz dieselbe. So ist sie beispielsweise für einen vegetabilischen Eiweisskörper, das Conglutin, 3969 und für einen animalischen, das Syntonin, 4424 Kalorien. Als Normalzahl kann man nach Rubner die Verbrennungswärme, pro 1 g, für animalisches Eiweiss zu 4233 und für vegetabilisches Eiweiss zu 3960 Kalorien berechnen. — Wenn der Mensch bei gemischter Kost etwa 60 '^/o des Eiweisses aus animalischen und etwa 40 °/o aus vegetabilischen Nahrungsmitteln aufnimmt, so kann man den Nutzeffekt von 1 g Eiweiss der Nahrung zu rund etwa 4100 Kalorien berechnen. Der physiologische Nutzeffekt einer jeden der drei Hauptgruppeu organischer Nähr- substanz bei deren Zersetzung im Körper wird also in abgerundeten Zahlen: Tab. XVII. Kalorien 1 g Eiweiss = 4100 1 g Fett = 9300 1 g Kohlehydrat . . . . =4100 Wie oben mehrfach erwähnt, können Fette und Kohlehydrate den Eiweiss- umsatz im Körper herabsetzen, während umgekehrt auch die Menge des Eiweisses im Körper oder in der Nahrung auf den Fettumsatz im Körper ein- wirkt. Bei der physiologischen Verbrennung können also die verschiedenen Nährstoffe bis zu einem gewissen Grade sich vertreten, und es ist also von Wichtigkeit zu wissen, in welchen Mengenverhältnissen sie zum Ersatz für ein- ander eintreten können. Von Rubner ausgeführte Untersuchungen haben nun gelehrt, dass dies, wenn es um die Aufhebung eines Fettverlustes oder um Der Bedarf des Menschen an Nahrung. 397 einen Fettansatz sich handelt, in Verhältnissen geschieht, welche den resp. Zahlen für die Verbrennungswärnie derselben entsprechen. Dies ist auch aus der folgenden Tabelle ersichtlich. In dieser findet man nämlich diejenigen Ge- wichtsmengen der verschiedenen Nährstoffe, welche mit 100 g Fett gleichwerthig sind, und zwar theils wie sie bei Versuchen an Thieren gefunden worden und theils wie sie aus den Zahlen der Verbrennungswärme sich berechnen lassen. Tab. XVIII. 100 g Fett sind gleichwerthig oder isodyuam mit: Nach Thierversuchen Nach der Verbrennungswärme Differenz (%) Syntonin 225 213 + .0,6 laodyname Muskel fleisch (trocken) . 243 235 + 4,3 Werthe der Stärke 232 229 -j- 1,3 Nährstoffe. Rohrzucker 234 235 — 0 Traubenzucker .... 256 253 — 0 Aus den hier mitgetheilten isodynmnen Wf) Ihot der verschiedenen Nähr- stoffe ergiebt sich also, dass diese Stoffe im Körper einander fast genau nach Maassgabe ihres Inhalts an potentieller Energie vertreten. Es sind also rund 240 g Kohlehydrate gleichwerthig oder isodynam mit 100 g Fett, aber nur in Bezug auf die Fähigkeit, den Fettverlust aufzuheben. In Bezug auf die Er- sparniss von Eiweiss leisten dagegen die Kohlehydrate mehr als die gleichen Fettmengen (vergl. S. 388). Die Kenntniss von diesen isodynaraen Werthen wie auch von dem Inhalte der verschiedenen Nährstoffe an potentieller Energie überhaui:»t ist von grundlegender Bedeutung für die Berechnung des Kostmaasses des Menschen unter verschiedejien Verhältnissen. VI. Der Bedarf des Menschen an Nahrung unter verschiedenen Verhältnissen. Die Grösse des täglichen Bedarfes des Menschen an organischen Nah- rungsmitteln hat man auf verschiedene Weise zu bestimmen versucht. Einige Forscher, Playfair, ]\Ioleschott u. A., haben für eine grosse Anzahl gleich- massig ernährter Individuen, Soldaten, Schiffsvolk, Arbeiter u. a., den täglichen Verbrauch von Nahrungsmitteln berechnet und daraus das Mittel der pro Kopf entfallenden Nährstoffmengen gezogen. Andere, wie Parkes, Smith und Voit zar^Bestfm- haben aus der Menge des Kohlenstoffs und des Stickstoffs in den Exkreten ^g"i|hln^ den täglichen Bedarf an Nalirungsmitteln berechnet. Andere wiederum, wie ^dürSLIes^' Pettenkofer ujid Voit, haben die Menge der Nährstoffe in einem Kostmaass berechnet, mit welchem für einen oder für mehrere Tage die fraglichen Indivi- duen im Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Ausgabe des Kohlenstoffs und Stickstoffs sich befanden. Endlich haben andere, in erster Linie Forster, die von Personen verschiedener Gewerbe und Beschäftigungen täglich nach Belieben verzehrten Speisemengen, bei welchen sie sich wohl befanden und vollkommen arbeitstüchtig waren, während mehi-erer Tage festgestellt und deren Gehalt an organischen NährstoflJen bestimmt. 398 Fünfzehntes Kapitel. Worth dor J\Iotlioden. Unvollstän- dise Resorp- tion der Nährstoffe. Kostmaass verschie- dener Menschen. Unter diesen Metlioden sind einige nicht ganz vorwurfsfrei und andere noch nicht in genügend grossem Maasstabe zur Anwendung gekommen. Trotzdem bieten die bisher gesammelten Erfahrungen, theils wegen der grossen Anzahl derselben und theils weil die Methoden zum Theil einander kontrolliren und komplettiren, in vielen Fällen, wenn es um die Feststellung der Kostration verschiedener Klassen von Menschen und dergleichen Fragen sich handelt, gute Anhaltspunkte dar. Rechnet man die Menge der tcäglich aufgenommenen Nährstoffe in die Anzahl Kalorien um, welche sie bei der physiologischen Verbrennung liefern, so erhält man einen Einblick in die Summe von chemischer Spannkraft, welche unter verschiedenen Verhältnissen dem Körper zugeführt ward. Hierbei darf man jedoch nicht übersehen, dass die Nahrung nie ganz vollständig resorbirt wird und dass stets unverdaute oder nicht resorbirte Reste derselben mit den Darm- ausleerungen den Körper verlassen. Die Bruttozahlen der aus der aufgenommenen Nahrung zu berechnenden Kalorien müssen deshalb auch nach Rubner um min- destens etwa 8 "/o vermindert werden. Die folgende tabellarische Zusammenstellung enthält einige Beispiele von den Nahrungsmengen, welche von Menschen aus verschiedenen Volksklassen wie unter verschiedenen Verhältnissen aufgenommen worden. In der letzten Kolonne findet man auch die mit oben angedeuteter Korrektion als sogenannte grosse Kalorien berechnete Menge lebendiger Kraft, welche den fraglichen Nahrungsmengen entspricht. Die Kalorien sind also Nettozahlen, während die Zahlen für die Nährstoffe Bruttozahlen sind, Tab. XIX. T^. . T^ ,, Kohle- Kalorien Kiweiss J"ett , - ^ , , hvclrate (grosse) Soldat im Frieden ... 119 40 '.-.29 2784 (Playfair). „ , leichter Dienst . . 117 35 447 2424 (Hildeshetm). „ , im Felde .... 146 44 504 2852 Arbeiter 1.50 40 550 2903 (Moi.eschott) „ , in Ruhe .... 137 72 352 2458 (Pettenkofek und Yoit). Seh reiner (40 J.) . . . . 131 68 494 2835 (Förster). Junger Arzt 127 89 362 2602 „ „ 134 102 292 2476 Arbeiter, Dienstnianu (30 .T.) 133 95 422 2902 I':uglischer Sehmied ... 176 71 666 3780 (Plavfair). Preisfechter . . 288 88 93 2189 Bayerischer Waldarbeiter . 135 208 876 5589 (Liebig). Arbeiter in Schlesien . . 80 16 552 2518 (Meinert). Näherinnen in London . . 54 29 292 1688 (Playfair). Es ist einleuchtend, dass Personen von wesentlich verschiedenem Körper- gewichte, welche unter ungleichen äusseren Verhältnissen leben, einen wesentlich verschiedenen Bedarf an Nahrungsmitteln haben müssen. Es i.st also zu er- warten, was auch durch die Tabelle bestätigt wird, dass nicht nur die absolute Menge der avifgenommenen Nahrungsmittel, sondern auch das i-elative Mengen- verhältniss der verschiedenen organischen Nährstoffe bei verschiedenen Menschen recht bedeutende Schwankungen zeigen werden. Allgemein gültige Zahlen für das tägliche Nahrungsbedürfniss des Menschen lassen sich also nicht angeben. Für bestimmte Kategorien von Menschen, wie für Arbeiter, Soldaten u. s. w. I Tägliches Kostmaass. 399 lassen sich dagegen Zahlen aufstellen, welche für die Bereclinuiig der tägliflicn Kostration sich verwerthen lassen. Auf Grundlage umfassender Untersuchungen und einer sehr reichen Er- fahrung hat VoiT mittlere Zahlenwerthe für das tägliche Kostmaass des Er- wachseneu aufgestellt. Als solches berechnet er Eiweiss Fett Kohleliydrate Kalorien für ^[iinner 118 g .Ö6 g öOÖ g 2810 WOZU jedoch zu bemerken ist, dass diese Angaben auf einen Mann von 70 bi.'^ 75 Kilo Körpergewicht, welcher 10 Stunden täglich mit nicht zu anstrengender Arbeit beschäftigt ist, sich beziehen. Das Nahrungsbedürfniss massig arbeitender Frauen dürfte auf etwa *jr, des arbeitenden Mannes zu veranschlagen sein, und man kann also als tägliches Kostmaass bei massiger Arbeit fordern Eiweiss Fett Kohlehydrate Kalorien für Frauen 94 g 45 g 400 g 2240 Das Verhältniss des Fettes zu den Kohlehydraten ist hier wie 1 : 8 — 9. Ein solches Verhältniss dürfte auch oft in der Nahrung der ärmeren Volks- klassen vorkommen, während das Verhältniss in der Nahrung der Wohl- habenderen meistens 1 : 3 — 4 sein dürfte. Die maximale Menge der Kohle- hydrate in der Nahrung darf nach Voit nicht 500 g übersteigen; und da die Kohlehydrate ausserdem hauptsächlich in den oft sehr voluminösen, vegetabili- schen Nahrungsmitteln vorkommen, so ist es aus den nun angeführten und anderen Gründen wünschensw'erth, dass in den obigen Kostrationen die Menge des Fettes auf Kosten der Kohlehydrate vermehrt wird. Wegen des höheren Preises des Fettes lässt sich jedoch leider eine solche Abänderung nicht immer durchführen. Bei Beurtheilung der obigen Zahlen des täglichen Kostmaasses darf mau übrigens nicht übersehen, dass die Zahlen für die verschiedenen Nährstofle Bruttozahlen sind. Sie repräsentiren folglich die Menge von Nährstoffen, welche aufgenommen werden muss, und nicht diejenige, welche thatsächlich zur Resorption gelangt. Die Zahlen für die Kalorien, welche hier wie überall in dem Folgenden sog. grosse Kalorien sind, sind dagegen Nettozahlen. Die verschiedenen Nahrungsmittel werden bekanntlieh nicht gleich voll- ständig verdaut und resorbirt, und im Allgemeinen wird die vegetabilische Nahrung weniger vollständig ausgenutzt als die animalische. Dies gilt besonders von dem Eiweisse. Wenn also Voit, wie oben erwähnt, den täglichen Eiweiss- bedarf eines Arbeiters zu 118 g berechnet, so geht er dabei von der Voraussetzung aus, dass die Kost eine gemischte, animalische und vegetabilische ist, und ferner, dass von den obigen 118 g Eiweiss etwa 105 g thatsächlich resorbirt werden. Mit dieser letztgenannten Zahl stimmen auch — wenn das ungleiche Körpergewicht der ver- schiedenen Versuchspersonen genügend berücksichtigt wird — die Zahlen gut über- ein, welche Pflijger und seine Schüler, Blelbtreu und Bohlaxd, für die Grösse des Eiweissumsatzes bei Männern bei hinreichender, frei gewählter Kost fanden. In dem Maasse, wie man eine mehr einseitig vegetabilische Nahrung aufnimmt, wird auch regelmässig der Gehalt derselben an Eiweiss kleiner. Die Das Kt'St- maass Ar- beitender. VerliHltniss des Fettes zu den Kohle- hydraten. Menge des resorbirteu Eiweisses. 400 Fünfzehntes Kapitel. Der Mini- malbedarr au" Ei- weiss. einseitig vegetabilische Kost einiger Völker — wie der Japaner — und der sog. Vegetarier ist deshalb auch schon an sich ein Beweis dafür, dass der Mensch, wenn er überhaupt eine genügende Menge Nahrung erhält, mit be- deutend kleineren Eiweissmengen als den von VoiT vorgeschlagenen auskommen kann. Dass bei genügend reichlicher Zufuhr von stickstoffreien Nährstoffen fast vollständiges oder sogar vollständiges Stickstoffgleichgewicht mit verhältnissmässig sehr kleinen Eiweissmengen erreicht werden kann, geht aus den Untersuchungen von Hirschfeld und von Kumagawa hervor. Hieschfeld, dessen Körper- gewicht 73 Kilo betrug, konnte sich beinahe in Stickstoffgleichgewicht erhalten mit einer Nahrung, w^elche 43,5 g stickstoffhaltige Stoffe, 165 g Fett, 354 g Kohlehydrate und 42,7 g Alkohol enthielt. Kumagawa stellte an sich selbst Versuche mit rein vegetabilischer, ganz überwiegend aus gekochtem Reis be- stehender Nahrung au. Es wurden im Durchschnitt täglich 50,5 g Eiweiss und 569,83 g Kohlehydrate eingeführt, von denen täglich 37,82 g Eiweiss und 566,7 g Kohlehydrate zur Ausnutzung gelangten. Bei dieser Nahrung konnte er, bei einem Körpergewichte von 48 Kilo, nicht nur Stickstoffgleichgewicht erreichen, sondern es fand sogar eine Zurückhaltung von Stickstoff im Körper statt. Das Körpergewicht nahm dabei zu und das Allgemeinbefinden war durch- aus gut. Die Gesammtzahl der Kalorien der resorbirten Nahrung war in diesem Falle rund 2500 oder pro 1 Kilo rund 52. Es geht also aus den nun mit- getheilten Untersuchiuigen hervor, dass ein erwachsener Mensch mit einer be- deutend kleineren Eiweissmenge als der von Voit geforderten sich begnügen kann, sobald durch entsprechend gesteigerte Zufuhr von stickstoffreien Nähr- stoffen dafür gesorgt wird, dass die gesammte Nahrung dem Bedarfe des Körpers an Kalorien entspricht. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Nahrung verschiedener Völker eine sehr verschiedenartige ist, und dass der Mensch also, den äusseren Lebensbeding- ungen und dem Einflüsse des Klimas gemäss, in verschiedenen Ländern eine wesent- lich verschiedene Nahrung aufnimmt, so ist es wohl eigentlich nicht auffallend, wenn auch der an gemischte Kost gewöhnte Mensch einige Zeit mit einer einseitig vegeta- bilischen, aber nicht besonders schwerverdaulichen, eiweissarmen Kost auskommen kann. Au der Fähigkeit des Menschen, einer verschiedenartig zusammengesetzten Nahnmg sich anzupassen, wenn die letztere nur nicht zu schwerverdaulich und überhaupt zureichend ist, hat wohl Niemand gezweifelt; wegen dieser Fähigkeit aber, die von Voit aufgestellten Zahlen wesentlich abändern zu wollen, dazu Bedeutung üegen wohl, wie es scheint, noch keine genügenden Gründe vor. Die Zahlen Voit's gründen sich nämlich auf umfassende Untersuchungen wie auf einer sehr reichen Erfahrung und genauen Kenntniss der thatsächlich bestehenden Verhältnisse und sie sind, jwas besonders wichtig ist, wie oben angegeben nur für bestimmte Fälle oder bestimmte Kategorien von Menschen aufgestellt. Dass für andere Fälle andere Zahlen maassgebend sein müssen, wird von Niemandem geleugnet, und es ist ja offenbar, dass das von Voit, wohl zunächst mit Rück- sicht auf die in Mitteleuropa obwaltenden Verhältnisse, für den Arbeiter ge- der Voit sehen Zahlen Nahrangsbodürfniss des Menschen. 401 forderte tätliche Koslmaass in anderen Ländern kleine Abänderungen erfahren nuiss. Mit Rücksicht auf die Verhältnisse hier in Schweden dürfte man also, auf Grundlage der hier gewonnenen Erfahrungen und ausgeführten Berechnungen, das tägliche Kostmaass arbeitender Männer zu etwa 120 g Kiweiss, 100 g Feit und 400 — 450 g Kohlehydrate veranschlagen müssen. Vergleicht man die Zahlen der Tabelle XIX mit den von Voit für das tägliche Kostmaass Arbeitender vorgeschlagenen Normalmittelzahlen, so hat es wohl in erster Hand den Anschein, als würde die aufgenommene Nahrung in gewissen Fällen den täglichen Bedarf bedeutend übersteigen, während sie in anderen Fällen dagegen, wie z. B. für die Näherinnen in London, ganz un- zureichend sein würde. Einen bestimmten sicheren Schluss in dieser Richtung kann man indessen nicht ziehen, wenn man nicht sowohl das Körpergewicht wie die von den fraglichen Personen geforderten Leistungen und die übrigen Lebensverhältnisse kennt. Es ist freilich wahr, dass das Nahrungsbedürfniss dem Körpergewichte nicht direkt proportional ist, denn ein kleinerer Körper setzt relativ mehr Substanz als ein grösserer um, und es kann auch ein verschiedener Fettgehalt Verschiedenheiten bedingen ; aber es setzt jedoch ein grösserer Körper, welcher eine grössere Masse zu unterhalten hat, eine absolut grössere Stoffmenge als ein kleinerer um, und bei Beurtheilung des Nahrungsbedürfnisses muss man deshalb auch stets der Grösse des Körpergewichtes Rechnung tragen. Nach dem von VoiT für einen Arbeiter vorgeschlagenen Kostmaasse kommen, bei einem Körpergewichte von 70 Kilo, auf je 1 Kilo rund 40 Kalorien. In der Versuchsreihe von Kumagawa, in welcher die absolute ]\Ienge Nahrung ge- ringer war, kamen dagegen auf je 1 Kilo als Mittel 52 Kalorien. Wie oben mehrfach erwähnt wurde, muss das Nahrungsbedürfniss bei verschiedenen Körperzuständen ein verschiedenes sein. Unter solchen Zuständen sind es besonders zwei, welche von grösserer praktischer Bedeutung sind, näm- lich Ruhe und Arbeit. In einem vorigen Kapitel, in welchem die Muskelarbeit besprochen wurde, haben wir gesehen, dass, der allgemeinsten Ansicht nach, die stickstoffreien Nahrungsstoffe wenn nicht als die ausschliessliche jedoch als die wesentlichste Quelle der Muskelkraft angesehen werden. Als eine natürliche Folgerung hieraus ist zu erwarten, dass bei der Arbeit vor Allem die Menge der stick- stoffreien Nährstoffe in der Tagesration vermehrt werden muss. Dieser Forderung scheint jedoch die tägliche Erfahrung nicht zu ent- sprechen. Es ist nämlich eine allgemein bekannte Thatsache, dass angestrengt arbeitende Individuen — Menschen wie Thiere — einer grösseren jSIenge Ei- weiss in der Nahrung als weniger stark arbeitende bedürfen. Dieser Wider- spruch ist indessen nur scheinbar und er rührt, wie Voit gezeigt hat, daher, dass angestrengt arbeitende Individuen regelmässig eine stärker entwickelte Muskulatur, eine grössere Fleischmasse zu unterhalten haben. Aus diesem Grunde muss ein kräftiger Körperarbeiter mit der Nahrung eine grössere Ei- weissmenge als eine weniger angestrengt arbeitende Person aufnehmen. Eine Hammarsten, Physiologische Chemie, ^^ Ki'irpergo- wicht und Nahrunps- beiiürfnisp. Eiweissbe- darf Ar- Leitender. 402 Fünfzehntes Kapitel. Verpflegung der Soldaten. Kostmaass derSoldaten. Kostmaass der Solüaten. andere Frage ist dagegen die, wie die absolute und relative Menge der Nähr- stoffe zu verändern sei, wenn man von einer und derselben Person eine ge- steigerte Arbeitsleistung fordert. Auf der Erfahrung gegründete Aufklärungen hierüber könnte man er- warten aus den Angaben über die Verpflegung der Soldaten im Frieden und im Felde. Solche Angaben liegen auch in reichlicher Menge vor. Bei einer Prüfung derselben findet man jedoch , dass in der Kriegsration nur ausnahmsweise die Menge der stickstoffreien Stoffe, derjenigen des Eiweisses gegenüber, vermehrt ist, während in den meisten Fällen das Umgekehrte der Fall ist. Auch in diesen Fällen entsprechen also die thatsächlichen Verhält- nisse den theoretischen Anforderungen nicht, worauf indessen kein zu grosses Gewicht zu legen ist, weil bei der Verpflegung der Soldaten im Felde mehrere andere Umstände, wie das Volumen und das Gewicht der Nahrung u. dergl., auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann, in Betracht kommen müssen. Um die Verpflegung der Soldaten im Kriege und im Frieden zu be- leuchten, werden hier folgende, von Alm£x aus den Detailangaben für mehrere Länder ^) berechneten Mittelzahlen angefühi-t. Diesen Mittelzahlen sind auch die Zahlen für Schweden beigefügt. Tab. XX. A. Friedensportion. Eiweiss Fett Kohleh. 108 22 504 165 97 731 130 40 531 179 102 591 B. Kriegsportion. Eiweiss Fett Kohleh. 126 38 484 197 95 688 146 59 557 202 137 565 Minimum Maximum Mittel Schweden (vorgeschlagen) Sieht man von der für die Soldaten in Schweden vorgeschlagenen, sehr reichlichen Kostration ab und hält man sich nur an die obigen Mittelzahlen, so erhält man folgende Zahlen für die tägliche Kostration Eiweiss Fett Kohlehydrate Kalorien Im Frieden 130 40 551 2900 „ Kriege 146 59 557 3250 Rechnet man das Fett in die äquivalente Menge Stärke um, so wird die Relation des Eiweisses zu den stickstoffreien Nährstoften. Im Frieden = 1 : 4,97 „ Kriege = 1 : 4,79. Die Relation ist also in beiden Fällen fast dieselbe; der kleine Unter- schied, welcher sich vorfindet, zeigt jedoch eine geringe relative Vermehrung des Eiweisses in der Kriegsportion an. Dagegen ist, was besonders aus der Anzahl der Kalorien ersichtlich wird, die Gesammtmenge der Nahrungsstoffe grösser in der Kriegs- als in der Frieden sportion. Wie eine grössere Arbeit eine Vermehrung der absoluten Nahrungsmenge erfordert, so muss umgekehrt die Menge der Nahrung, wenn man auf die Leistungsfähigkeit geringere Ansprüche stellt, herabgesetzt werden können. Die ') Deutschland, Oesterreich, Schweiz, Frankreich, Italien, Russland und die Vereinigten Staaten Nordamerikas. Diätkuren gcfjon KoiiJiilonz. 40a Frage, in wie weit dies gepclielien kann, ist mit l)eson(1erer Rücksiclit auf die Kostsiitze in Cietangnissen und in Altersversorgiingsanstalten von Bedeutung. Als Beispiele solcher Kostsätze werden hier folgende Angaben inilgetheilt. Till). X\T. Ei weiss (Jefiinireiio iniclit arl)citi'ii(le) 87 Pfrüiuliier U2 PrrüiuliieriniU'ii 80 Fett 22 30 4.") 49 Kolilelivdrnti 30.-. 300 332 2()fi iCiilorien li ^ h) Fleisch o h u e K u o c h e u : Fettes Rindfleisch-') 183 Mittelfettes Riudfleisch^) . . . . ij 196 Rindfleisch (Beafj-) 190 Mittclfettes gesalzenes Rindfleisch . 218 Kalbfleisch " 190 Pferdefleisch gesalzen u. geräuchert | 318 Geräucherter Schinken . . . . i 255 Schweinefleisch gesalzen und ge- räuchert*) I 100 Fleisch von Hasen 233 „ von fetten Haushühnern . j 195 „ von Rebhühnern . . . . j 253 „ von AVildenten ....'. 246 b) Fleisch mit Knochen: Fettes Rindfleisch-) 156 Mittelfettes Rindfleisch 3) .... 167 Schwach gesalzenes Rindfleisch. . ' 175 Stark gesalzenes Rindfleisch . . . i 190 Hammelfleisch, sehr fett . . . . |i 135 „ mittelfett .... I 160 Schweinefleisch, frisch, fett . . . ! 100 Schweinefleisch, gesalzen, fett . . j 120 Geräucherter Schinken . . . . ' 200 I c) Fische. | Flussaal, frisch (ganze Fische) . . 89 Lachs „ „ ;; • • ''\ 121 Strömling „ „ „ . . !| 128 Scholle „ „ „ . . ll 145 14 166 98 120 115 80 65 365 660 11 93 14 31 141 83 93 100 332 160 460 540 300 220 67 39 11 640 18 688 18 672 117 550 13 717 125 492 100 280 40 130 12 744 11 701 14 719 12 711 9 544 15 585 85 480 100 430 8 437 10 520 5 365 60 200 7a 340 i 6 10 11 352 469 489 11 ! 580 150 150 167 180 88 150 70 80 90 333 333 333 250 100 90 100 50 100 63 1 100 53 i 100 42 ; 100 20 100 143 100 660 100 5 100 48 100 6 100 13 100 90 100 49 100 53 100 53 100 246 100 100 100 460 100 450 100 150 100 246 100 56 100 31 100 9 ') Die in dieser Tabelle aufgeführten Zahlen sind der Hauptsache nach theils den Zu- sammenstelhmgen von Almen und theils den von König entlehnt. Als „Abfälle" werden hier diejenigen Theile der Nahrungsmittel bezeichnet , welche bei der Zubereitung der Speisen vei'loren gehen oder überhaupt vom Körper nicht ausgenutzt werden. Als solche sind also z. B. Knochen, Haut, Eierschalen und bei den vegetabilischen Nahnmgsmitteln die Cellulose zu nennen. '^) Fleisch wie es in Schweden gewöhnlich auf dem Markte gekauft wird. ^) Rindfleisch wie es in Schweden bei grösseren Lieferanten für öftentliche Anstalten erhalten wird. "*) Schweinefleisch, haiiptsächlich vou Brust- imd Bauchtheileu, wie es in der „Trocken- portion" der Soldaten in Schweden vorkommt. 406 Animalische Nahrungsmittel. 1000 Theile enthalten Verhältniss von 1:2:3 Flussbarsch, frisch (ganze Fische ) Dorsch „ ,, ,, Heclit „ „ „ Häring, gesalzener „ ,, Strömling, gesalzener ,, ,, Lachs (Seiteustücke) gesalzen Kabeljau (gesalzener Schellfisch) Stockfisch (getrockneter Leng) . „ (getrockneter Dorsch . Fischmehl von Gadusarten . d) Innere Organe (frisch). Gehirn Leber von Rindern Herz von Rindern Herz und Lungen von Hammeln . Niere von Kälbern Zunge von Ochsen (_frischj . Blut verschiedener Thiere (Mittel- zahlen) 100 [ 2 86 1 82 I 1 140 ' 140 e) Andere animalische Nahr- ungsmittel. ^lettwurst (sog. Soldatenmettwurst) Mettwurst (zum Braten) .... Butter Schweineschmalz Fleischextrakt Kuhmilch (volle Milch) .... „ (abgerahmte Milchj . Buttermilch Rahm Käse (Fettkäse) „ (Magerkäse) Molkenkäse (Mysost) mager . Hühnereier (ganze Eier) .... „ (ohne Schalen) . Eidotter Eierweiss 116 200 246 532 665 736 116 196 184 163 221 150 182 190 220 304 35 35 41 37 230 334 89 106 122 160 103 2. Vegetabilische Nahrungs- ll mittel. Weizen ( Samen j !; 123 Weizenmehl (fein) i 110 „ (sehr fein^ .... 92 Weizenkleie 150 Weizenbrod (frisch) ! 88 Nudeln it 90 Roggen (Samen) p 115 Roggenmehl 115 Roggenbrod (trocken) : 114 Roggenbrod (frisch, gröberes; . . i 77 43 108 4 5 10 7 103 56 92 106 38 170 150 160 850 990 35 7 9 257 270 66 70 93 107 307 7 17 10 11 39 10 3 17 15 20 10 11 50 50 38 35 40 50 456 4 676 740 768 439 550 768 688 720 725 480 6 100 107 132 178 106 59 87 50 55 15 175 7 7 7 6 60 50 56 8 10 13 440 450 1 455 450 461 450 280 340 334 400 460 100 472 100 257 116 170 11 770 17 720 10 714 10 721 13 728 10 070 807 610 565 119 7 217 873 901 905 665 400 500 329 654 756 520 875 100 150 18 I 140 120 120 130 17 330 8 . 131 18 [ 140 20 I 110 15 1 110 16 400 135 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 j 100 i 100 100 100 100 100 1, ll loo; 37 54' 1 1 1 1 89 28 50 65 17 113 79 0 73! 0 12100 100 33000 0 100 20 22 695 117 19 79 192 7 143 143 93 95 17 15 512 4 4 0 7 26 100 • 14 549 12 100 11 654 6 100 12 835 192 100 26 292 5 100 11 625 100 3 853 22 ' 100 15 600 20 1 100 13 626 16 ! 100 18 634 17 100 1^ 623 Vegetabilische Nahriiugsmittel. 407 1000 Tlieile entlialteu Verliältiiiss von 1:2:3 l{i>Kgeul)r<)d (frisfli, foluen-s) (Jcrstc (Samen) Gersteugrau]>eii Hafer (Samen) llafergranpcri ^lais Reis (entschälter Kochreis) . Schminkbohnen Erbsen (gelbe oder grüne, trocken) . Erbsenmehl (fein) Kartoffeln Kohlrüben Möhren (gelbe Rüben) .... Blumenkohl Weisskraut Schnittbohnen Spinat Kopfsalat Gurken Radischen Essbare Pilze, frisch (Mittelzahlen) „ „ lufttrocken (Mittel- zahlen) .... Aepfel und Birnen Verschiedene Beeren (xMittelzahlen) Mandeln Cacao 80 111 110 117 140 101 70 232 220 270 20 14 10 25 19 27 31 14 10 12 32 219 4 5 242 140 14 514 21 654 10 720 GO 563 60 660 58 656 7 770 21 537 15 530 15 520 2 200 2 74 2 4 2 1 5 3 1 1 4 25 537 480 90 50 49 66 33 22 23 38 60 412 130 90 72 180 11 26 7 30 20 17 2 36 25 25 10 7 10 8 12 6 19 10 4 7 9 61 3 6 29 50 370 140 146 130 100 140 146 137 150 125 760 893 873 904 900 888 908 944 956 934 877 160 832 849 54 55 11 48 7 100 20 28 5 37 60 45 8 10 15 9 18 12 8 7 6 8 18 123 31 50 66 95 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 18 19 9 51 I 43 57 10 9 7 6 10 14 20 16 11 4 16 21 10 8 12 12 222 343 634 589 654 481 471 662 1100 231 240 192 1030 529 900 200 258 244 106 157 230 317 188 188 3250 1800 30 129 Tab. II. Malzge tränke. 1000 Gewichtstheile enthalten Porter Bier (Schwedisches „Sötöl") . Bier (Schwedisches Exportbier) Schenkbier Lagerbier Bockbier Weissbier Schwedisches „Svagdrieka" . 871 2 54 887 28 885 32 911 2 35 903 2 40 881 2 47 916 3 25 945 — 22 76 58 72 59 15 7 — 7 13 65 73 10 31 7 47 13 — — — 2 1,5 1,7 4 408 Tab. III. Weine und andere alkoholische Getränke. 1000 Gewichtstheile enthalten Bordeauxweine . Eheingauweissweine Champagner . . . . Kheinweiu, moussireud Tokayer Sherry Portwein Madeira ]\Iarsala Schwedischer Punsch , Branntwein ... Französischer Cognac Liqueure .... 883 863 776 801 808 795 774 791 790 479 94 115 90 94 120 170 164 156 164 263 460 550 442—590 23 23 134 105 72 35 62 53 46 6 4 115 87 51 15 40 33 35 332 5,9 5,0 6,0 6,0 7,0 5,0 4,0 5,0 5,0 260—475 2,0 2,0 1,0 I 1,0 1,0 9,0 6,0 2,0 3,0 4,0 2,0 3,0 5,0 3,0 3,0 4,0 60—70 Sach-Rcgister Aal, Blutserum 53, Fleisch 227. Abführmittel, s. Laxantien. Absorptiousverhältuiss ()7, der J?lutfurbstoffe68. Acetate, Wirkung auf den Eiweissumsatz 391. Acetessigsäure 354, im Harne 352. Aceton 353, im Blute 94, im Harne 352. Acetonurie 352. Aeetylenliämoglobin 61. Acholie, pigmentäre 132. Achroodextriu 143. Acidalbuminate 12, Eigenschaften und Ver- halten 19, 20, bei der Pepsinverdauung 152, 153. Acidität, des Mageninhaltes 104, des Harnes 279. Actiniochrom 272. Adenin 40, Eigenschaften, Verhalten imd Vor- kommen 42, im Harne 300. Aderlässe, Wirkung auf das Blut 95. Adhäsion, Bedeutung für die Blutgerinnung 74. Adipocire 207. Aegagropilae 189. Aerotonometer 85. Aethal 209. Aether, Wirkung auf Blut 55, auf jSIageusaft- absonderuug 147, auf Muskeln 219, auf Pankreassaftabsonderung 168. Aetherische Oele, Wirkung auf Muskeln 219. Aetherschwefelsäure im Harne 181, 303, 308, 327, 328, im Schweisse 274. Aethylalkohol , Uebergang in die Älilch 268, Verhalten im Organismus 391, Wirkimg auf die Magensaftabsonderung 147, auf Muskeln 219, auf die Verdauung 151, 159. Aethylbenzol , Verhalten im Organismus 327. Aethvlenimin 240. Aethylenmilchsäure 217. Aethylidenmilchsäure 217. Akrolein 204. Akroleinprobe 204, 206. Akrylsäure, Wirkung auf die Harnsäureaus- scheidung 294. Akrylsäurediureid 292. Alanin 32. Albumin, Nachweis im Harne 332, quant. Be- stimmung 334, s. im Uebrigen die Eiweiss- stofle. Albuminate 12, Eigenschaften und Verhalten 19, 20, eisenhaltige Albuminate in der ^lilz 108. Albumine 12, Allgemeines Verhalten 18, s. im Uebrigen die verschiedenen Albumine. Albuminoide 12, 28, im Knorpel 196, 198, in der Dotterhaut 244. Albumosen 12, Allgemeines Verhalten 20 — 25, bei der Eiweissfäulniss 180, bei der Pepsin- verdauung 152, bei der Trypsinverdauung 172, im Harne 333, Nährwerth 386. Aleuronkrystalle 245. Alizarinblau, Verhalten in den Geweben 4. Alkalialbuminat 12, Eigenschaften und Ver- halten 19, 20, im Auge 235, 238, im Ei- dotter 246, im Gehirne 229, in glatten Muskeln 228, Liebekkiihn's Alkalialbumi- nat 19. Alkalikarbonate, physiologische Bedeutung 379, Wirkimg auf Magensaftabsonderung 147, Vor- kommen, s. die verschiedenen Gewebe und Säfte. Alkaliphosphate, im Harne 321, Vorkommen, s. die verschiedenen Gewebe. Alkalische Erden, imHarne321,in denKnochen 199, 200, unzureichende Zufuhr 201, 380. Alkalische Harngährung 312. Alkaliurate, in Sedimenten 358, 359, in Kon- krementen 361. Alkaloide, P^iuwirkung auf Muskeln 219, Ueber- gang in den Harn 329. Alkapton 305. Alkohol, s. Aethylalkohol. Alkoholgährung 6, 257, 342. Allanto'in, Eigenschaften, Verbreitung und Ver- halten 299, Entstehung aus Harnsäure 293, in Transsudaten 101, 103. Allantoisflüssigkeit 299. Alloxan 293. ALMEN-BÖTTGER'sche Wismuthprobe 343, 344. ALMEN'sche Guajak-Blutprobe 336. Amanitin 36. Ambra 190. Ambra'in 190. Ameisensäure, in Butter 254, im Mageninhalte 164, Uebergang in den Harn 312, 325. 410 Sach- Regster. Amidoakrolem 31. Amidoäthansulfonsäure, s. Taurin. Aniidobemsteinsäure, s. Asparaginsäure 176. ^Vinidoessigsäure, s. Glycocoll. Aniidokapronsäure, s. Leucin. Amidophenvlessigsäure , Verhalten im Orga- nismus 328. Amidophenylpropionsäure, Entstehung bei der Eiweissfäulniss 301, Verhalten im Organismus 327, 32S. Amidosaaren, Beziehung zur Hamstoft'bildung 283, zur Hamsäurebildung 294, Entstehung bei der Fäulniss 180, bei der Pepsin Ver- dauung 152, aus Protein Substanzen 13, 14, 29, 30, 172, 180, bei der Trvpsinrerdauung 172. Amidozimmtsäure,Verhalten imOrganismus327. Ammoniak, Entstehung bei der Eiweissfäulniss I 180, aus Proteinsubstanzen 13, 14, 29, 30, i 172, 180, bei der Trypsin Verdauung 172, ; im Blute 94, im Harne 320. Ammoniakausscheidung, bei Leberkrankheiten 320, nach Eingabe von Mineralsäuren 279, 380, nach Leberexstirpation 294. Ammoniakbestimmung im Harne 321. .Vmmoniaksalze, Beziehung zur Hamstofl1>il- dung 283, zur Hamsäurebildung 294. Ammoniummagnesiumpliosphat , in Harnkou- krementen 361, 362, in Harnsedimenten 360. Ammoniumurat in Hamkonkrementen 361, in Hamsedimenten 359. Amniosflüssigkeit 250. Amphikreatin 216. Amphopepton 22. i Amylalkohol 326. ] Amylnitritvergiftung 95, 341. \ Amyloid 12, 33. Anämie 92, 93, pemiciöse 92. Anasarkaflüssigkeit 104. -Ynhydridtheorie der Glykogenbildung 116. Anilin, Verhalten im Organismus 327. Anisotrope Substanz 210. Antedonin 272. Antialbumose 22. Antimon, Uebergang in die 2tlilch 268, Wirk- ung auf Stickst oöausscheidimg 282. Autipeptone 22. Antipyrin, Einwirkung auf den Harn 329. .\nurie 274. Apatit, in Knochenerde 199. Approximative Eiweissbestimmung im Harne «JtjD. Arachinsäure in Butter 254. Arachnoidealflüssigkeit 101. Arbeit, Einfluss auf die Chlorausscheidung 315, auf den Stoffwechsel 223—225, 392, 393, auf das Xahrungsbedürfniss 401, 402. Arbeiter, Kostmaass 399. Arbutin, Bedeutung für die Glykogenbildung 116, Verhalten im Organismus 305. Aromatische Verbindungen, Verhalten im Or- ganismtis 326—329. Arsen, Uebergang in Milch 268, in Schweiss 274, Wirkung auf die Stickstofi'ausöcheidung 282. Arsenige Säure, Einwirkung auf die Pepsin- verdauung 151. Arsenwasserstoff, Vergiftimg 133 — 135, 336. Arterin 56. -Vscitesflüssigkeiten 103. Asparagin , Bedeutung für die Eiweissyntliese 14, Nährwerth 386. Asparaginsäure, Beziehung zur llarnstofl'bild- img 283 , zur Harnsäurebildung 294 , Ent- stehung aus Eiweiss 14, 172, 176, Verhalten im Organismus 325. Atmidalbumin 23. Atmidalbumose 23. Atropin, Wirkung auf Speichelabsonderung 144. Aufsaugimg, s. Resorption. Auge 235—238. Ausgaben des Organismus 366, 367, Vertheilung auf die Exkretionswege 367. Auto Intoxikation 10. Bacterium ureae 358. Bantingktrr 403. Basen, stickstoff"haltige aus Eiweiss 14. Bauchspeichel, s. Pankreassaft. Bebrütimg des Eies 249. Belegzellen 146, 155. Benzoesäure, Entstehung aus Proteinsubstauzen 14, 31, 301, Uebergang in den Schweiss 274, Verhalten im Organismus 2, 301, 328, Vor- kommen im Harne 303, Wirkung auf den 8toff"wechsel 391, Substituirte Benzoesäuren, Verhalten im Thierkörper 328. Benzol, Verhalten im Thierkörper 326, 327. Benzoylamidoessigsäure, s. Hippursäure. Benzoylchlorid, Verhalten zu Kohlehydraten343, zu Cystin 356. Benzoylcystin 356. Benzylalkohol, Verhalten im Organismus 3. Bernsteiusäure, in Transsudaten 101 — 104, in der Milz 108, der Thyreoidea 110, Ueber- gang in den Harn 312, in den Schweiss 274. Bezoarsteine, orientalische 189. Bibergeil 272. Bienenwachs 209. Biliansäure 123. Bilicvanin 126, 128, 129. Bilifülvin 127. Bilifuscin 126, 129, 136. BUihumin 126, 129. Biliphaein 127. Biliprasin 126, 129. Bilirubin, Beziehimg zu dem Blutfarbstoffe 133, 134, zu dem Hämatoidin 66, 127, 133, Eigenschaften, Verhalten u. Vorkommen 127, in den Corp. lutea 231, im Harne' 339, in der Placenta 250. Bilii-ubinkalk 127, 136. Biliverdin, Eigenschaften, Verhalten imd Vor- kommen 129, in Eierschalen 248, in Exkre- menten 186, im Harne 339, in der Placenta 250. Bindegewebe 195. Biuret 284. Biuretreaktion 17, 2«4. Blaseusteine 360 — 364. Siuli-ltfgister. Ul Blaues Steiitoriii 272. ] Blei, im Blute S8, iu der Leber 114, Ueber- ' gang in die Mileh 268. Blondinen, Zusaniineiisetznng der Mileli 2ü.'j. | Blut 4.')— 9(), allgemeines Veriialten 4."), 71, 72, j Analysen, (luantitative 87, 88, arterielles und i venöses, 57, 72, 78, 7i), 89, delibrinirtes 4(i, j r-TStiekungsblnt 4, :>7 , 72, 78, 79, Menge { im Ki)ri)er 9"), Nadiwi'is, geriehtlicli-che- I miseher (id, Verhalten lieim Hungern 91, , 376, Zusammensetzung unter i)atln)l()giselien | Verhältnissen 92 — 95, unter iiiiysiologischen 89, 92, Blut im Harne 336, 337, im Magen- inhalte 161. Bhitcylinder 336. Blutfarl)st(>fte 56 — (iS, im Harne 336. Blutflecken 66. Blutgase 78—86. Blutgerinnung 45, 49, 72—77. Blutkörperchen, rothe 54 — 56, im Harne 336, Zusammensetzung 69, 88, 93; farblose 69, Verhalten bei der Blutgerinnung 69, 74, 75. Blutkuchen 46. Blutplasma 45 — 51, Zusammensetzvmg 53, 88. Blutplättchen, 45, 69, 70, Bedeutung für die Gerinnung 75. Blutschwitzen 274. Blutserum 4(3, 51 — 54, Zusammensetzung 53, 88. Bluttransfusion 92, 95. Blutverluste 95. Blutvertheilung der Orgaue 96. Bonellin 272. Borax, Wirkung auf den Stoffwechsel 391, auf die Trypsinverdauimg 172. Borneol, Verhalten im Organismus 328. BÖTTCHER'sche Spermakrystalle 239. BÖTTGER-ALMEN'sche Wismuthprobe 343, 344. BowMANN'sche Uiscs 210. Brenzkatechin, Eigenschaften 305, Vorkommen im Harne 305, in Nebennieren 111, in Transsudaten 104. Brenzkatechinschwefelsäui'e 303, 305. Brod, Verhalten im Magen 156, Exkremente nach Brodnahrimg 184. Bromanil 14. Bromoform 14. Bromverbindungen, Uebergang in den Speichel 144. Brünetten, Zusammensetzung der Milch 265. BRUXNER'sche Drüsen 164. Bufidin 273. Bursae mucosae, Inhalt 105. Burzeldrüse 272. Butterfett 254. Buttermilch 261. Buttersäure, im Mageninhalte 161, 164, im Magensafte 147, im :Milchfett 254. Buttersäuregährung 4, 342, im Darme 182. Butylalkohol, Verhalten im Organismus 326. Butylchloral , Verhalten im Organismus 326. Byssus 12, 32. Cadaverin 314, 356. Calcium, Mangel daran iu der Nahrung 201, 380, Vorkommen, s. die verschiedenen Säfte und (lewcbe. Calciumkarl)onat, im Harne 277, in Harn- konkrementen 3(32, Harnshe 238. Peritonealflüssigkeit 101, 102. Perspiratio inseusibilis 367. PETTENKOFEiR'sche Gallensäureprobe 121. Pferdemilch 261. Pflanzen, Chemische Vorgänge in denselben 1, 2. Pflanzensaure Akalien, Verhalten imOrganismus 279. Pflaumen, Einfluss auf die Hippursäureaus- scheidung 301, 302. Pfortaderblut 89, 117, 193. Pfründner, Kostsätze 403. Phacozymase 237. Phaseomannit 216. Phenacetursäure 303, 328. Phenole, Ausscheidung durch den Harn 181, 303, 304, beim Hungern 183, Bestimmung im Harne 304, Einwirkung auf den Harn 329, Elektrolyse des Phenols 5, 326, Ent- stehung bei der Fiiulniss 180, 303, Verhalten im Thierkörper 180, 303, 304, 328, 329. Phenolglvkuronsäure 304, 329. Phenolsciiwcfelsäure, im Harne 303, 304, 328, im Schweisse 274. Phenylamidoessigsäure, Verhalten im Thier- körper 328. Phenylamidopropionsäure, Verhalten im Thier- körper 327, 328. Phenylcssigsäurc, Entstehung bei der Fäulniss 180; Verhalten im Thierkörper 327, 328. Phenylglykosazon 343. Phenylhydrazinprobe 257, im Harne 343, 346. Pheuyllactosazon 257. Phenylpropionsäure, Entstehung bei der Fäul- niss 180, 301, Verhalten im Thierkörper 328. Phlebin 56. Phloridzindiabetes 119, 341. Phosphatdiabetes 318. Phosphate, im Harne 317—319, 3.30. Siehe im Uebrigtn die verschiedenen Phosphate. Phosphatsteine 362. Phosphorhaltige Verbindungen im Harne 314. Phosphorsäure, Ausscheidung durch den Harn 317—319,370, Entstehung bei Muskelarbeit 222, 224. Phosphorvergiftung,Einwirkung auf Ammoniak- ausscheidung 283, 321 , Harnstoffausscheidung 282, 283, 321, Milchsäureausscheidung 312. Fettdegeneration als Folge davon 208. Ver- änderungen des Harnes 282, 283, 312, 355. Phrenosin 231. Phtalsäure, Verhalten im Thierkörper 327. Phymatorhusin 270, 271, im Harne 337. Physetölsäure 209. Pikrinsäure, Reagens auf Eisweiss 16, 335, auf Kreatinin 292, auf Zucker 343, 347. Pilokarpin, Einwirkung auf die Absonderung von Darmsaft 165, Schweiss 274, Speichel 144. PiRiAS, Tyrosinprobe 174. Placenta 250. Plasma, s. Blutplasma. Plasmoschise 76. Plattxer, krystallisirte Galle. Plethora polycythämica 92. Pleuraflüssigkeit 101, 102. Polycythämie 92, 95. Polyperythrin 272. Polyurie 318, 324. Pourple Cruorin 60. Präputialsekret 272. PEYER'sche Drüsen 165. Propepsin 155. Propylbenzol, Verhalten im Thierkörper 327. Prostatasekret 239. Prostatakonkremente 239. Protagon 229, 230. Protamin 241. Proteide 25, der Milchdrüse 251, 267, 268, im Protoplasma 35, 36. 422 Sach -Register. Prote'instofFe 11 — 33. Siehe die verschiedenen Proteinstofte. Protokatechusäure, Verhalten im Tliierkörjier 305. Protoplasma 35, 43, 44. Protozym 74. Protsäure 215. Pseudocerebrin 231, 232, 233. Pseudomucin 28, Eigenschaiten 243. Pseudoxanthin 216. Psittacofulvin 272. Ptomaine 9, im Harne 314, 356. Ptyalin 142, Verhalten zu Salzsäure 143, 145, 177, Wirkung auf Stärke 143. Purpur 272. Putrescin 314, 356. Pvämie 93. Pyin 12, 102, 106, 107. Pyinsäure 107. Pylorusdrüsen 146, 154. Pylorussekret 155. Pyocyanin 107, im Schweisse 274. Pyoxanthose 107. Pyridin, Verhalten im Thierkörper 329. Pyromucinoruithursäure 326. Pyromukursäure 326. Pyroschleimsäure 326. Quecksilbersalze, Uebergang in Milch 268, in Schweiss 274, Wirkung auf Ptyalin 143, auf Trypsin 172. Quelle der Muskelkraft 224. Querscheiben des Muskels 211. Quotient, respiratorischer 375. Rachitis, Knochen 201, 202. Rahm 261. Reduktionsprozesse 1, 2, 5, 6, 79, 127, 129, 182, 209, 301, 309, 326. Reduzirende Substanzen, Entstehung bei Fäul- niss und Gährung 4, 182, Vorkommen im Blute 4, 52, im Darme 182, im Harne 312, in Transsudaten 101, 104. Resorption 190 — 194, Bedeutung der Zellen für dieselbe 188, 193, 194, Einwirkung auf die Fäulnissvorgänge im Darme 184, zeit- licher Verlauf der Eiweissresorption 384. Resjiiration des Hühnereies 249, der Pflanzen 2. Siehe im Uebx'igen den Gaswechsel bei ver- schiedenen Zuständen. Respiratorischer Quotient 375. Retina 235. Rheum, Einwirkung auf den Harn 329, 340. Rhodankaliura, im Speichel 141, 142, im Harne 314. Rhodophan 237. Rhodopsin 235. Riechstoffe im Harne 329. Rippenknori^el 198. Robert's Methode zur Zuckerbestimmung 350. Rohrzucker, Verhalten zu Darmsaft 165, zu Magensaft 153. RoviD.\'s hyaline Substanz 56, 70, 107. Rüböl, Fütterung damit 207. Ruhe, Stoffwechsel dabei 221—225, 392, 393. Saccharogen, in der Milchdrüse 268. Salicylsäure , Verhalten im Organismus 328, Einwirkung auf die Pepsinverdauung 151, auf den Stoffwechsel 391, auf die Trypsin- verdauung 172. Salicylsaures Natron , Einwirkung auf die Gallenabsouderung 119. Salicylursäure 328. Salmiak, Einwirkung auf den Stoffwechsel 391. Sali^eter, Einwirkung auf den Stoffwechsel 391. Salze, s. die verschiedenen Salze. Salzplasma 46. Salzsäure, s. Chlorwasserstoffsäure. Samaudarin 273. Same 239. Samenfäden 239, 240. Santonin, Einwirkung auf den Harn 329, 340. Saponifikatiou der Neutralfette 170, 178, 204. Sarkin, s, Hypoxanthin. Sarkolemma 210. Sarkosin 215, Verhalten im Thierköqier 325. Sauerstoff, Aktivirung desselben 4, 59, 79; im Blute 78, 79, 83, 84, im Darme 182, in der Lymphe 98, im Magen 158, in Se- kreten 131, 142, 260, 321, "in Transsudaten 101. Bindung des Sauerstoffes im Blute 58, 79 ; Tension desselben im Blute 83, 84, in der Exspirationsluft 83. Sauerstoffaufnahme, bei Arbeit und Ruhe 222, 224, 393, beim Hungern 374, durch die Haut 274. Sauerstoffüberträger 6, 59. Sauerstoffzehrung im Blute 60, 62, 79. Säureamide, Verhalten im Tliierkörper 325. Säuren, organische, Verhalten im Thierkörper 325. Säurestarre 219. Schafmilch 261. Schalenhaut, der Hühnereier 29, 248. Schilddrüse 110. Schildpatt 29. Schlaf, Stoffwechsel 393. Schleim, der Galle 120, des Harnes 277, 314, 335, der Synovia 105. Schleimdrüsen 139. Schleimgewebe 195. Schleimsäure 257. Schleimstoff, s. Mucin. Schmelz 202. Schneckenmucin 27. ScHKEiNEK'sche Basc 240. Schwefel, in Eiweisstoffen 13; imHrfrne, neu- traler und sam*er 314. Schwefelmethämoglobin 62. Schwefelsäure, Aetherschwefelsäure und Sulfat- scliwefelsäure ; im Harne 303, Bestimmung 319; im Schweisse 274, Ausscheidung durch den Harn 319, Verhalten zur Stickstoffaus- scheidung 319, 370. Schwefelwasserstoff', bei der Darmfäulniss 180, 182, im Harne 314. Sach-BegiBter. 423 Schweinemilch 261. Schweiss 273, Absonderung 273, Einwirkung auf den Harn 279, 280, 323, 324. Sclerotica 238. Scyllit 108. Sebacinsäure 205. Sedimente, s. llarusediniente. Sedimeutum lateriüum 277, 296, 312. Sehneunuicin 27, 28, 195. Sehncnscheidenttüssigkeit 105. Sehpurpur 235. Sehrotli 235. Seideuloini 32. Seifen; im Blutserum 52, Chylus 98, Eiter 107, Exkrementen 186, 187, Galle 130; Bedeutung für die Eniulgirung der Fette 178, 204. Semiglutiu 32. Senna, Einwirkung auf den Harn 329, 340. Sericiu 12, 32. Sericoin 32. Serin 32. Seröse Flüssigkeiten 100 — 105. Serum, s. Blutserum. Serumalbumin 12, 46, Eigenschaften 50, Nach- weis im Harne 332, quantitative Bestimm- ung 5 1,334, Verhalten im Thierkörper 50, 247. Serumeasein, s. Serumglobulin. Serumfibrinogen 51. Serumglobulin 12, 46, 49, Bedeutung für die Blutgerinnung 75, Eigenschaften 49, Nach- weis im Harne 332, quantitative Bestimm- img 50, 334. Sinkalin 36. Skatol 180, Eigenschaften 181, Entstehimg bei der Fäulniss 180, 303, 307, Verhalten im Thierkörper 181, 303, 307, 329. Skatolfarbstofte 308. Skatolkarbonsäiire 308. Skatoxyl 181, 307. Skatoxylglykuronsäure 307, 329. Skatoxvlschwefelsäure 303, 307, im Schweisse 274.' Smegma prseputii 272. Soldaten, Verpflegung 402. Spaltimgsprozesse, Allgemeines 1, 2, 6. Siehe die verschiedenen Enzyme und Fermente. Spargeln, EiechstofFe im Harne 329. Speckhaut 72. Speichel 140 — 145, Absonderung 145, giftige Eigenschaften 10, gemischter Speichel 142, physiologische Bedeutimg 145, Verhalten im Magen 145, 157, verschiedene Arten von Speichel 140, 141, Wirkung 142, Zusammen- setzung 144. Speieheldiastase, s. PtyaUn. Speicheldrüsen 139. Speichelkonkremente 145. Spektrophotometrie 67, 68. Sperma 239. Spermakrystalle 239, 240. Spermatin 241. Spermatoceleflüssigkeit 103. Spermatozoen 240. Spinnenexkremente 42. Spirographin 28. Spongin 12, 32. Stäbchen der Retina, Farbstofte 235, 236. Staphylococcus, Verhalten zu Magensaft 161. Starke, hydrcdytische Spaltung, durch Darm- saft 1()5, Pankreassaft 169, Speichel 143, 145, Verhalten im Magen 157. Stearin 203, 204. Stearinsäure 204. Stercobilin 127, 186. Stethai 209. Stickoxydhämoglobin (Jl. Stickstofl", freier, im Blute 78, im Darme 182, im Magen 158, in Sekreten 131, 142, 260, 321, in Transsudaten 101. Gebundener Stick- stofl', Menge desselben in Darmausleenmgen 368, im Fleische 227, 370, im Harne 282, 283, Bestimmung 285—290; in Proteinsub- stanzen 13, 27, 29, 32. Stickstoffausscheidung, bei Arbeit und Ruhe 223—225, 392, 393, beim Hungern 373, bei verschiedener Nahnmg 381 — 390; Aus- scheidung, durchDarmausleerungen 368, Harn 282, 283, 317, 319, 368, 369, Horngebilde 368, 369, Schweiss 369, Beziehung zu Plios- phorsäureausscheidung 317, zur Schwefel- säureausscheidung 319. Stickstoffdefizit 369. StickstofTgleichgewicht 369, bei verschiedener Nahrung 381—390. Stier, Spermatozoen 240. Stoff'wechsel , Abhängigkeit von der Aussen- temperatur 393; in verschiedenen Altem 394, bei Arbeit und Ruhe 220—225, 392, 393, bei verschiedenen Geschlechtern 394 , beim Hungern 372 — 376, bei verschiedener Nahr- ung 381—390, im Schlafe und Wachen 393; Berechnung der Grösse des Stoffwechsels 370, 371. Streptococcus, Verhalten zu Magensaft 161. Stroma, der Blutkörperchen 55 , des Muskels 214. Stromafibrin 56. Struma cystica 110. Strychnin, Uebergang in den Harn 329. Stutenmilch 261. Sublingualisdrüse 139. Sublingualisspeichel 141. Submaxillarisdrüse 139. Submaxillarismucin 27, 28. Submaxillarisspeichel 140. Sumpfgas, im Darme 182, 183, bei der Darm- fäulniss 180, bei Gährung der Cellulose 178, 182, durch Zersetzung des Lecithins 183. Sympathicusspeichel 140. Synovia 105. Synthesen 1, 2, 6, 112, 117, 181, 207, 208, 209, 281, 293, 301, 303, 306, 326 329. Syntonin 20, aus Muskeln 214, Tataeiweiss 247. Tannin 125, 126, Verhalten im Thierkörper 325. Taurocholsäure 122, 123, Menge in verscliie- 424 Sach-Regisfcer. deueu Thicrgallen 131, Zersetziiug im Darme 183. Taiirokarbaminsäui'e 325. TEiCHMANN'sche Krystalle 65, G6. Tension der Kohlensäure, im Blute 84 — 86, in der Lymphe 98, des Sauerstoffes im Blute 83, 84. Terpenglykuronsäure 313. Terpentinöl, Einwirkung auf Gallenabsonderung 119, auf den Harn 329, Verhalten im Thier- körj)er 313. Tetanin 9. Tetronerythrin 68, 272. Tliallin, Einwirkung auf den Harn 329. Thätigkeitswechsel der Organe 96, 222. Thee, Einwirkung auf den Stoffwechsel 392. Theobromin 40. Theophyllin 40. Thränen 238. Thymus 110. Thyreoidea 110. Tliyreoprotei'ne 110. Todtenstarre des Muskels 219, 227. Toluol, Verhalten im Thierkörper 301, 327. Tolursäure 328. Toluylendiaminvergiftung 135. Toluylsäure 328. Tonus, chemischer, der Muskeln 221, 393. Toxine 9. Transsudate 97, 100—105. Transsudation in den Darm 188. Traubenmolen 250. Traubenzucker, Eigenschaften und Vorkom- men 340—342, im Harne 52, 118, 340—351, Nachweis 344 — 347, quantitative Bestim- mimg 347—351, Reaktionen 341—343. Tribromamidobenzoesäure 14. Tribromessigsäure 14. Trichloräthylglykuronsäure 326. Trichlorbutylalkohol , Verhalten im Thier- körper 326. Triclilorbutylglykuronsäure 326. Trinitroalbumin 14. Triolein 205. Tripalmitin 205. Trippelphosphat, in Harnsedimenten 360, in Harnsteinen 361, 362. Tristearin 204. TKOMMER'sche Zuckerprobe 342, 344, Ver- halten zu Glykuronsäuren 313, Harnsäure 296, Kreatinin 291. Trypsin 168, 171, Einwirkung auf Ei weiss 171, auf andere Stoffe 31, 176. Trypsinverdauung , Einwirkimg verschiedener Umstände auf dieselbe 172, Produkte 172. Trypsinzymogen 167, 176, 177. Tuberkel virus, Verhalten zu Magensaft 161. Tubo-ovarialcysten 244. Tunicin 269. Turacin 271. Turacoverdin 272. Typhotoxin 9. Tyrosin, Eigenschaften und Vorkommen 174, im Harne 355, in Sedimenten 355, 360, Nachweis 175, 356, Ursprung 13, 29, 172, 180; Verhalten bei der Fäulniss 301, 303, im Thierkörper 327, 328. Tyrosinschwefelsäure 194. IJeberfirnissen der Haut 275. Unterschweflige Säure, im Hame 314, 325. Uramidosäuren 325. Urämie, Blut 94, Galle 132, Mageninhalt 161, Schweiss 274. Urate 296, in Sedimenten 277, 358, 359. Ureide 13. Ureometer nach Esbach 290. Urobilin 308, 309, Beziehung zu Bilirubin 127, 134, 309, zu Choletelin 310, zu Huma- tin 134, 310, zu Hämatoporphyrin 310, zu Hydrobilirubin 127, 186, 191, Eigenschaften 309—311. Urobilinicterus 310. Urobilinogen 308, 309. Urobilinoidin 310. Urocaninsäure 314. Urochloralsäure 313, 326. Urochrom 312. Urocyanin 309. Uroerythrin 312, 338. Urofuscohämatin 337. Uroglaucin 309. Urohämatin 309, 338. Uroleuciusäure 305. Uromelanine 309. Urometer 281. Urophäin 309. Urorosein 309, 338. Urorubin 309. Urorubrohämatin 337. Urostealithsteine 362. Uroxanthin 305. Urrhodin 309. Uterlnmilcli 250. Valeriansäure 13, 203. Vegetarier, P>nährung 400, Exkremente 185. Verbrennung, ijhysiologische 5. Verbrennungswärme der Nährstoffe 395 — 397. Verdaulichkeit der Nährstoffe 158, 159, 399. Verdauung 139—190. Verdauungsleukocytose 91. Vernix caseosa 272. Verseifung der Fette 170, 178, 204. Vesikatorblasen, Inhalt 104. Vitellin 12, im Eidotter 245, im Protoplasma 35. Vitellolutein 246. Vitellorubin 246. Vitellosen 22. Wallrath 209. Wallrathöl 209. Wärme, Einwirkung auf den Stoffwechsel 394, Ent\vickelung von Wärme bei Pflanzen 2. Sach-Rogistcr. 425 Wasser, Ausscheiduiig dunli Harn 322 — 324, :3G7, (liiirli Haut 27:!, 367, beim Hiiiiireni 37"), ]]i' ^;..li^.3 Mg^^. W N'^^iÄ 4, . % 'jm 4mf£^ L^!^ J¥'