S^'VV LIBRARY Oh THE l 3 m\mm of north (ärolinä. Call No. Endowed by the Dialecfu and Philanthropie Societies ioy s«^ Wilson Annax THE LIBRARY OF THE UNIVERSITY OF NORTH CAROLINA AT CHAPEL HILL ENDOWED BY THE DIALECTIC AND PHILANTHROPIC SOCIETIES Wilson Annex ^% QL805 .V67 Bd. 2 Digitized by the Internet Archive in 2012 witii funding from University of Nortii Carolina at Chapel Hill http://archive.org/details/lehrbuchderprakt2vogt LEHRBUCH DER PRAKTISCHEN VERGLEICHENDEN ANATOMIE. Ol) ZWEITER BAND. Wilson Annex LEHRBUCH 0J.^ PRAKTISCHEN VERGLEICHENDEN ANATOMIE VON CAKL V0(4T ixD EMIL YÜNG Director Assistent des Laboraturiums für vergleicbeude Anatomie und ^Mikroskopie der Universität Genf. Z WE MIT 373 EIXGED '^0 y B R A U X S C H ^Y E I G , DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN. 1889 - 1894. Alle Rechte vorbehalten. V 0 E W 0 R T. Unter der Leitung meines verehrten Lehrers Gr. Valentin be- gann ich im Herbst 1835. als Student der Medicin in Bern, meine vergleichenden anatomischen Arbeiten. Später, im Jahre 1839. nach Beendigung meiner Universitätsstudien, lud mich L. Agassiz. der damals in Neuchätel Professor war. ein, zu ihm zu kommen und ihm bei der Ausarbeitung eines grossen "Werkes über die Süsswasserfische Mittel - Europas behültlich zu sein. Agassiz übernahm den zoologischen Theil. ich sollte embryologische und anatomische ]\Ionographien der wesentlichsten Typen bearbeiten. Dieses Werk ist unvollendet geblieben. Von dem zoologischen Theile erschien nur eine Lieferung von Farbentafeln in Folio, die Salmoniden enthaltend, ohne Text; die Ent-ft-icklungsgeschiclite der Palee {Coregonus palea) und die Anatomie der Forelle (Salnio fario)^ die ich für das Werk bearbeitet hatte, mussten sogar anderwärts erscheinen. Nach der Abreise Agassiz' nach Nord- amerika im Jahre 1844 konnte von einer Fortsetzung des Werkes nicht mehr die Rede sein. Wenn ich diese Daten hier erwähne, so thue ich es. um dar- zuthun, dass ich schon damals begreifen lernte, Avelche Sch^vierig- keiten sich der Bearbeitung einer anatomischen Monographie eines noch so bekannten Thieres in den Weg stellen. Man fand damals, wie später noch lange, in der ganzen Literatur nur un- vollständige, auf einzelne Systeme bezügliche NachAveise, welche in den systematischen Lehrbüchern oder in besonderen Abhand- lungen zerstreut waren; Monographien, etwa ähnlich den Lehr- büchern der Anatomie des Menschen, auf welche man sich hätte stützen können, fehlten fast vollständig. VI Vorwort. Ich gestehe, dass mich der Gedanke an diese Lücke während allen meinen späteren Arbeiten verfolgt hat. Man secirt und präparirt, sagte ich mir, bestimmte und concrete Typen, aber man hat keinen Leitfaden für den Typus im Einzelnen. Bei den ]Draktischen Untersuchungen, welche die vergleichende Anatomie betreffen, ist man in die unangenehme Lage versetzt, die beson- deren Thatsachen aus den Allgemeinheiten herauszuklauben, statt dass man den umgekehrten Weg einschlagen sollte. Zu wiederholten Malen besprach ich mit einzelnen Verlegern von mir ausgearbeitete Entwürfe zu einem Werke, welches die ver- schiedenen Typen behandeln sollte, deren man sich gewöhnlich und fast nothwendiger Weise bedient, um sich in die vergleichende Anatomie praktisch einzuarbeiten. Es blieb bei den Entwürfen. Erst sehr 'viel später, als ein hinlänglich ausgerüstetes Laboratorium mir unterstellt wurde, konnte ich an die Ausführung meines Planes denken. Aber ich wurde in meinen Anschauungen nur bestärkt, als ich sah, wie die in meinem Laboratorium arbei- tenden jungen Leute mühselig in systematischen, illustrirten Lehrbüchern die Angaben und Figuren zusammensuchten, welche sich auf das von ihnen zu untersuchende Thier bezogen. Ich beschloss also, Hand ans Werk zu legen. Das geplante Werk sollte in erster Linie anatomische Monographien derjenigen Thiere geben, welche man in den Laboratorien zu benutzen pflegt; aber diese Monographien sollten durch andere ergänzt werden, so dass das Werk Beispiele aus allen Classen und somit eine Gesammtauffassung des ganzen Thierreiches gab. Die Figuren im Texte sollten nach Originalpräparaten gezeichnet und zahl- reich genug sein, um besonders dem Anfänger ein vollständiges Studium des Thieres zu ermöglichen. Ich sah wohl ein, dass ungeachtet der bedeutenden Menge von Vorarbeiten, die ich im Laufe der Jahre angesammelt hatte, die Vollendung der Aufgabe über die Kräfte eines Einzelnen ging. Herr E. Y u n g , der unterdessen mein Assistent im Labora- torium geworden, entsprach glücklicher Weise meiner Aufforderung, mich als Mitarbeiter zu unterstützen. Ich muss hier ein Geständniss ablegen. Selbst nachdem wir schon unsere Arbeit begonnen hatten, gaben wir beide, Herr Yung Vorwort. vil und ich, uns noch. nicht vollständig Rechenschaft über die zu überwindenden Schwierigkeiten und über die Grösse der Aufgabe, die wir uns gestellt hatten. Wir glaubten, naiver Weise, wie ich zugestehen rauss , dass in Bezug auf viele der von uns zu bewältigenden Monographien, wir einfach die Arbeiten unserer Vorgänger benutzen könnten, um sie in einzelnen Punkten zu ergänzen und zu erweitern. Ein grosser Irrthum! Wir mussten bald zu der Ueberzeugung kommen, dass hinsichtlich vieler organischer Systeme Alles herzustellen sei; dass die Präparate, die Zeichnungen, die Beschreibungen unserem Zwecke anzupassen seien; dass die Arbeiten unserer Vorgänger häufig nur in be- schränktem Maasse uns dienen konnten. Wir haben stets in Gemeinschaft gearbeitet, unsere Beobach- tungen, Untersuchungen und Resultate discutirt. Ich darf wohl sagen, dass keine Linie des Textes, keine Zeichnung dem Werke einverleibt wurde, welche nicht von uns besprochen wäre. Wir können in Bezug auf manche Theile nicht sagen, welchem von uns beiden er zugesprochen werden muss. Wenn aber dieses der exacten Wahrheit entspricht, so muss ich doch anderseits sagen, dass wir insofern die Arbeit unter uns getheilt haben, als jeder von uns speciell eine Anzahl der Monographien bearbeitete, welche den Kern des Werkes bilden. Ich halte es demnach für zweckmässig, ja gewissen ausgestreuten Gerüchten gegenüber für nöthig, hier diejenigen Monographien zu verzeichnen, für welche jeder von uns, als specieller Bearbeiter, noch die besondere Verantwortlichkeit übernimmt. Erst in den letzten Jahren ist Herr Dr. M. Jaquet, der einige Zeit lang mein zweiter Assistent war und mich auch bei der Bearbeitung ein- zelner Capitel unterstützt hatte (im Texte des Werkes habe ich diese von Herrn Jaquet bearbeiteten Theile meiner Mono- graphien genau angegeben); erst in den letzten Jahren, sage ich, ist Herr Dr. Jaquet so gütig gewesen , die selbständige Bear- beitung der Monographien des Amphioxus, des Barsches und der Haustaube zu übernehmen. Folgendes ist die alphabetisch geordnete Liste der von uns bearbeiteten Monographien, für welche wir die specielle Ver- antwortuns; übernehmen. VIII Vorwort. C. Vogt: Actinosphaerium Eichhorni . Alcyonium digitatum . . . . Amoeba terricola Antedon rosaceus Astropecten aurantiacus . . , Aurelia aurita Boliua norvegica Brachionus pala Cucumaria Planci Epeira diadema Hyalea tridentata Lacerta viridis Lithobius forficatus Mesostomum Ehreubergii . . Peripatus capensis Petromyzon fluviatilis . . . . Plumatella repeus Salpa democratica-mucronata Sipunculus nudus Strongylocentrotus lividus . . Terebratula vitrea Tetrastemma flavidum . , . 3d. Seite 66 121 57 519 574 138 174 I 420 I 639 II 195 I 819 II 648 II 88 249 76 869 670 II 271 I 373 I 612 I 690 I 287 E. Yung-: Acanthometra elastica . Anodonta anatina . . . Arenicola piscatorum . Ascaris lumbricoides Astacus fluviatilis II Bd. Seite I I 73 726 I 481 I 344 13 Ciona intestinalis II 301 Dicyema typus I 96 Distomum hepaticum .... I 226 Helix pomatia I 767 Hirudo medicinalis I 812 Lepus cuniculus II 830 Leucandra aspera I 106 Lumbricus agricola I 489 Meloloutha vulgaris II 137 Paramecium aurelia ..... I 81 Polystomella strigilata .... I 60 Rana esculenta II 552 Sepia officinalis I 845 Taenia solium I 204 Die den einzelnen Monographien eingefügten Zeichnungen wurden von jedem der Bearbeiter eigenhändig nach selbst- gefertigten Präparaten ausgeführt und von Herrn Morien in Paris, den Originalen treu entsprechend, im Holzschnitt wieder- gegeben. Wir haben jedesmal sorgfältig angemerkt, welche ein- zelne Figuren von anderen, von uns namhaft gemachten Autoren entlehnt wurden. Unserem Verleger , Herren Fr. Vieweg und Sohn , bin ich für die Ausstattung des Werkes, sowie für vielfach erwiesene Gefälligkeiten zu bestem Danke verpflichtet. Genf, Ende August 1894. C. Vogt. Kreis der Arthropode n. Seitlich symmetrische Thiere mit heteronomer Segmentation und einer durch Connective mit den Kopfganglien in Verbindung stehenden Bauchganglienkette ; die Segmente besitzen ventrale , gegliederte und hohle Seitenanhänge, während das aus Chitin bestehende Tegument die Ansatzpunkte für die Muskeln bildet. Wimperepithelien fehlen gänzlich. Der Kreislauf ist stets unvollständig; das Herz dorsal. Athmung durch die Haut, durch Kiemen oder Tracheen. Der selten gewundene Darm hat einen gewöhnlich ventral stehenden Mund und endet mit einem After. Im Allgemeinen sind die Arthropoden ge- trennten Geschlechts und entwickeln sich von einer Primitivanlage aus, deren Rückenfläche gegen den Dotter gewendet ist. Bemerkenswerth ist, dass in diesem, so zahlreiche und verschiedene Typen umfassenden Kreise sämmtliche Hauptcharaktere Umgestaltungen unterworfen sind, die bis zu ihrer vollständigen Vernichtung vorgehen können. Einerseits werden diese rückschreitenden Metamorphosen in den meisten Fällen durch den sessilen oder parasitären Zustand, andererseits durch die übermässige Entwicklung gewisser Gruppen von Organen zum Nachtheile der anderen bedingt. Die bilaterale Symmetrie, die sich über alle Körpertheile ohne irgend welche Ausnahme erstreckt, wird immer im embryonalen und Larvenzustande vorgefunden. Abweichungen davon im erwach- senen Zustande sind jedoch nicht selten und können zuweilen sogar bis zu gänzlicher Asymmetrie sich ausbilden , wie es der Fall bei den Rhizocephalen ist. Wir bemerken bei den Arthropoden sämmtliche Durchgangsstadien von einer fast homonomen Segmentation, aus ziemlich gleichen Metameren, bis zu einer heteronomen Gliederung, wo gewisse Gruppen von mehr oder weniger ähnlichen und sogar mit einander ver- schmolzenen Metameren verschiedene Körperregionen bilden. So bieten z. B. die Onychophoren, die Myriapoden, sowie manche Larven eine vielen Anneliden entsprechende Segmentation, bei denen man zwischen einem, meist aus mehreren Ringen zusammengesetzten Kopfe und einem unterschiedenen Endsegmente eine Serie von identischen Segmenten •vorfindet. Bei gewissen Crustaceen und Arachniden erscheinen zwei mehr oder weniger deutlich bezeichnete Regionen : ein vorderer Cephalo- Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. ^ 2 Arthropoden. thorax vind ein hinteres Abdomen; bei den Insecten können Kopf, Thorax ixnd Bauch unterschieden werden , während bei einer Menge von Milben und niederen Crustaceen die ursprünglich vielleicht au- gedeuteten Segmente in eine einzige Masse verschmolzen sind, in der man durchaus keine Segmentation mehr erkennt. Mit Ausnahme des Darmes, welcher nur selten eine segmentäre An- deutung zeigt, sind alle anderen Organsysteme mehr oder minder der Segmentation unterworfen. Man kann als Regel annehmen , dass die Zahl der zur Bildung der einzelnen Regionen beitragenden Metameren sich in den höheren Typen zu fixiren strebt, während sie bei den nie- deren manchen Schwankungen unterworfen ist. Im Allgemeinen hängt die Theilung in Regionen von der ver- schiedenen Ausbildung der (mit Ausnahme der Flügel) auf der Bauch- fläche des Körpers symmetrisch angelegten, gegliederten Anhänge ab. Man kann behaupten, dass ursprünglich einem jeden Metamer ein Paar dieser Anhänge entspricht, die sehr verschiedenen Functionen vorstehen können, und dass die Regionen, wenn sie vollkommen be- grenzt sind, Anhänge mit specialisirten Functionen tragen. Es scheint zweifellos , dass die Arthropodenanhänge sich durch progressive Ent- wicklung aus den Parapoden der Würmer hervorgebildet haben. Sie sind hohl, in den meisten Fällen aus mehreren Gliedern gebildet, welche durch Articulationen von äusserst complicirten Formen in ein- ander gelenkt sind, und enthalten im Inneren in einzelne Bündel ge- theilte Muskeln, welche den Bewegungen der Anhänge im Ganzen oder ihrer einzelnen Artikel dienen. Diese, ursprünglich meist zur Loco- motion bestimmten Anhänge , können die verschiedenartigsten Func- tionswechsel erleiden, indem sie als Sinnes-, Mund-, Athmungs- oder Fortpflanzungswerkzeuge thätig sind. Sie können rückschreitende Metamorphosen durchmachen und sogar in Folge dieser vollständig verschwinden , sowie sie zuweilen Uebergangsformen zeigen , welche sich den Parapoden der Anneliden nähern. In unseren Monographien werden wir in die endlosen Discussionen über die Homologie dieser Anhänge nicht näher eintreten , und da wir gezwungen sind, uns so kurz wie möglich zu fassen, überlassen wir dieses Capitel der Zoologie, welche sich speciell mit demselben beschäftigen muss. Die Organisation der Metameren, sowie diejenige der Anhänge erfordert eine gewisse Erhärtung der Tegumente, auf welchen die Muskeln ihre Insertionen und Stützpunkte finden , da ein inneres Skelett, wie es bei den Wirbelthieren ausgebildet ist, fehlt; zwar ent- sendet ifi einigen Fällen das Tegument Fortsätza nach innen, welche wenig bedeutende Gerüste bilden; diese scheinbar inneren Skelett- bildungen sind aber stets Abhängigkeiten des Hautsystems. Das Tegument besteht immer aus wenigstens zwei Schichten, einer äusseren festen, wesentlich aus Chitin gebildeten Schicht, die Arthropoden. • 3 sehr hart werden , sich mit Kalksubstanzen schwängern und so einen festen Panzer bilden kann , und einer zweiten unterliegenden Schicht, der Hypodermis, die aus Zellen besteht, welche die über einander liegenden Lamellen des chitinöseu Teguments erzeugen. Letzteres ist von Poren durchlöchert, wodurch die Hypodermis sich nach aussen verlängert, um den zahlreichen, dasTegument oft gänzlich bedeckenden Cuticularanhängseln (Haare, Borsten, Stacheln, Haken, Schuppen u. s. w.) als Kern zu dienen. Die Bildung des chitinösen Teguments durcli über einander ge- lagerte Schichten, welche in zusammenhängender Weise von den Hypo- dermiszellen abgesondert werden, sowie die Starrheit, welche diese Chitindecke im Allgemeinen darbietet, haben wiederholte Haut- wechsel zur Folge, welche durch das Wachsthum des Körpers, durch die Entwicklung neuer oder die Umbildung schon vorhandener Anhänge bedingt werden. Ein neues chitinöses, noch weiches und ausdehnbares Tegumeut entsteht unter dem alten, welches schliesslich wie eine todte Hülle abgestossen wird. Bei den höheren Typen be- schränken sich diese Hautwechsel nach und nach auf bestimmte Epochen des Lebens, während sie bei den niederen Typen in unbestimmten Zeiten, in üebereinstimmung mit der Körperzunahme, auftreten. In mehreren Fällen schlägt sich das Tegument nach innen , um die Auskleidung verschiedener Organe , z. B. des Darms oder der Tra- cheen, zu bilden; diese inneren chitinösen Auskleidungen werden beim Hautwechsel ebenfalls abgestossen. Ein Hauptcharakter der Arthropoden ist der vollständige Mangel von Wimperepithelien, welche in allen übrigen Kreisen des Thier- reiches so reichlich vertreten sind. Man hat nirgends, weder bei Em- bryonen noch bei erwachsenen Arthropoden, sei es äusserlich oder inner- lich, jemals ein Wimpergewebe gefunden. Es scheint, dass der Entwicklungsplan eines Arthropoden mit der Existenz von Wimpern durchaus unvereinbar sei. Dasselbe ist mit dem bei den Würmern stets erkennbaren Ilaut- muskelsystem der Fall. Die Muskeln bilden eigene, derart gruppirte Bündel, dass sie die verschiedenen Bewegungen der Metameren und ihrer Anhänge vermitteln können. Die Muskelfasern zeigen fast immer eine sehr deutliche Querstreifung. Das Nervensystem der Arthropoden geht aus demjenigen der Anneliden hervor, weicht aber durch eine bedeutend grössere Ent- wicklung der Oberschlundganglien (Hirn), sowie durch eine mehr oder weniger ausgesprochene Concentration der Ganglien der Bauchkette ab, welche durch die Verschmelzung einzelner Metameren zur Bildung- gesonderter Körperregionen bedingt wird. Das Hirn, aus welchem die Nerven der wichtigsten Sinnesorgane entstammen, ist selten durch rückschreitende Metamorphose zu einer Art Brücke zwischen den seit- 1* 4 Arthropoden. liehen Commissuren des Schluadringes zurückgebildet. Ursprünglich enthält jedes Metamer ein vermittelst zweier Medianstränge mit den benachbarten Ganglien verbundenes Ganglion, welches alle im ent- sprechenden Segmente vorhandenen Organe mit Nerven versorgt; je- doch zeigt in Folge der Verschmelzung der Ganglien und der Ver- bindungsstränge die Bildung des centralen Nervensystems ungemeine Verschiedenheiten vor, welche durch das Dasein eines zuweilen sehr umfangreichen, sympathischen oder Darmsystemes noch complicirter werden. Augen existiren beinahe überall, sie können aber bei fest- sitzenden oder schmarotzenden Thieren gänzlich zurückgebildet werden; häufig haben dann die Larven Augen, die bei den Erwachsenen fehlen. Gewöhnlich stehen sie am Kopfe ; man hat indessen einige Thiere ge- funden, welche supplementäre Augen an der Basis der Thorax- oder Bauchanhänge tragen. Man unterscheidet einfache Augen, welche zu- weilen einzig und median (Nauplius der Crustaceen), zuweilen in der Medianlinie verschmolzen oder auch paarig am Kopfe gelagert sind, und zusammengesetzte Augen, die bald einfach und median, bald paarig sind; letztere bieten verschiedene Complicationsgrade. Die Hörorgane sind dagegen spärlich verbreitet und befinden sich nie im Kopfe, sondern auf Anhängen des Kopfes (Krebs) oder auf anderen Körpertheilen, sogar auf den Beinen (Heuschrecken), An verschiedenen Orten stösst man auf Gruppen von Sinnes- Zellen, welche Stäbchen oder steife Haare , manchmal auch Keulen tragen , und deren inneres Ende mit Nervenfädchen verbunden ist. In Folge ihrer Stellung und je nach den Ergebnissen physiologischer Versuche werden diese Elemente , deren Bildung wesentlich identisch ist, als Riech-, Geschmacks- oder Tastorgane angesprochen. Der Darm erscheint meist als ein röhrenförmiges Organ, welches mit einem Munde beginnt und mit einem After endet; beide Oeffnungen sind bauchständig. Wenn aber diese Röhre öfters in mehr oder weniger bestimmte und verschiedene Abschnitte (Schlund, Kropf, Magen, Dick- und Dünndarm u. s. w.) zerfällt, so kann sie auch durch rück- schreitende Metamorphose bei gewissen parasitären Formen gänzlich verschwinden oder in Folge von Mundverschliessung bei einigen Männchen von kurzer Lebensdauer unthätig bleiben. Mit Ausnahme dieser Fälle ist der Mund beinahe immer mit mehrfachen Stücken be- waffnet, welche aus der besonderen Anpassung einer gewissen An- zahl metamerischer Anhänge hervorgehen , die ursprünglich zur Be- wegung dienten, wie es viele Crustaceen und namentlich die Limulen beweisen. Die Zahl dieser Stücke (Kieferfüsse) ist bei den niederen Typen höchst unbeständig, strebt aber ständig zu werden , so dass sie bei den höheren (Decapoden , Araneiden , Insecten) unwiderruflich fixirt bleibt. Die Umwandlungen dieser Mundstücke in Bezug auf die Arthropoden. 5 Nahrung sind unzählbar; man kann jedoch im Allgemeinen zwei grosse Kategorien unterscheiden : die primitiven Kauorgane und die offen- bar in Folge späterer Veränderungen von diesen abgeleiteten Saug- organe. Die Absonderungs- und Ausscheidungsorgane sind im Allgemeinen röhrenförmig und gehören zum Darm, wo man sie je nach ihrer Stellung und ihren Producten unter den Namen Speicheldrüsen, Harndrüsen , Leber u. s. w. unterscheidet. Seltener treffen sich ein- zellige Drüsen im eigentlichen Endothelium des Darmes, oder eigen- thümliche, specialisirte Drüsen an bestimmten Stellen des Panzers oder seiner Anhänge. Man hat aber auch noch nicht mit Sicherheit das Vorhandensein von Ausscheiduugsorganen, die den Segmentar- canälen der Würmer homolog wären, nachweisen können, mit Ausnahme der Classe der Onychophoren, wo diese Organe durchaus denjenigen der Ringelwürmer ähneln. Die Athmung geschieht in vielen Fällen durch das Tegument des ganzen Körpers oder auch, bei höheren Wasserbewohnern, durch Kiemen, welche ursprünglich wohl immer den gegliederten Anhängen zugehören, die aber auf verschiedenen Körpertheilen als Büschel, La- mellen, Bläschen u. s. w. entwickelt sind. Endlich wird bei den höhe- ren Luftthieren die Athmung durch Luftröhren oder Tracheen bewerk- stelligt ; dieselben öffnen sich auf der Körperoberfläche und dringen in das Innere ein, wo sie sich oft gefässartig verzweigen, aber stets am Ende geschlossen bleiben. Die einerseits bei den Kiemen , anderseits bei den Tracheen vorkommenden Modificationen sind ausserordentlich zahlreich. Bei einigen Larven findet man eine Art von Mittelbildung zwischen Kiemen und Tracheen in Folge der Ausbildung von ge- schlossenen Tracheen auf kiemenförmigen Anhängen. Der Blutkreislauf ist immer lacunenartig iind meistens nimmt die allgemeine Körperhöhle einen grossen Antheil daran. Oefters liefert sie den einzigen Behälter der die Organe badenden Nährflüs- sigkeit, welche durch die Bewegungen der Locomotionsorgane, des Darmes u. s. w. hin und her bewegt wird. Ein eigentlicher Kreislauf entsteht durch die Bildung eines stets rückenständigen Herzens, welches gewöhnlich spaltförmige Oeffnungen besitzt, durch die das immer un- gefärbte, aber zellenartige Körperchen von verschiedenen Formen ent- haltene Blut einfliesst. Man kann annehmen, dass die primäre Form des Herzens metamerisch in dem Sinne sei, dass einem jeden Segment ein Paar seitlicher Spalten entsprechen würde; das Organ zeigt sich aber öfters concentrirter und sogar auf eine einzige Kammer redueirt. Die aus diesem Herzen entspringenden Arterien verzweigen sich mehr oder weniger, um sich schliesslich in die Lacunen zu öffnen, aus welchen bei gewissen höheren Typen ein besonderes Kreislaufsystem für die Athmungsorgane sich entwickelt. Selten ist dieses System mit 6 Arthropoden. dem Herzen vermittelst getrennter Gefässe verbunden •, im Allgemeinen münden die Kiemenveuen in das Lacunensystera, dessen Blut durch die seitlichen Spalten aufs Neue in das Herz zurückgeführt wird. Die Bildung der Geschlechtsorgane ist iingemein mannig- faltig. In der Regel sind sie auf zwei Individuen vertheilt; Zwitter- bildung trifft sich ausnahmsweise bei einigen festsitzenden Thieren oder Schmarotzern. Eigentliche asexuelle Fortpflanzung (Knospung, Fissiparität u. s. w.) kommt nirgends vor, dagegen erscheinen bei Larven oder Erwachsenen Generationsformen, wo die inneren, ur- sprünglich weiblichen Organe ohne irgend welche männliche Befruch- tung Keime erzeugen, welche zur Entwicklung gelangen (Partheno- genesis u. s. w.), wie man ferner noch auf andere Fälle stösst, wo die weiblichen Fortpflanzungsorgane steril bleiben (Neutren). Der Unter- schied zwischen beiden Geschlechtern ist fast immer äusserlich stark augedeutet und entwickelt sich zuweilen zu einem wirklichen Dimor- phismus; dabei behalten die Männchen mehr oder weniger larväre Formen, oder unterscheiden sich von den Weibchen durch die Ent- wicklung von Bewegungs-, Greif- oder Sinnesorganen, die dem Weibchen gänzlich fehlen. Die keimbereitenden Organe , Eierstöcke nnd Hoden, sind beinahe immer röhi'enförmig und paarig, werden aber auch zuweilen in Folge von Verschmelzung oder einseitiger Entwick- lung einfach. Die Verschiedenheiten treten besonders bei den Aus- fühi'ungscanälen und deren Nebenorganen, sowie bei den Begattungs- organen hervor. Die Männchen besitzen meist Nebendrüsen, deren Producte sich mit dem Samen mischen, ferner Theile, worin mehr oder weniger complicirte Spermatophoren gebildet werden, und endlich Be- gattungsorgane; zuweilen sind diese letzteren von den eigentlichen Geschlechtsorganen vollständig getrennt und werden vor der Begattung mit Samen, den sie den weiblichen Organen zuführen, beladen. Oefters entstehen die Männchen nur für die Copulation; manchmal sind sie sogar unfähig, irgend welche Nahrung zu sich zu nehmen , und leben dann nur sehr kurze Zeit. Ueberall geschieht die Befruchtung innerlich und daher finden wir in den weiblichen Organen eine Menge Anpassungen zur Aufnahme und zur Erhaltung des Samens. Die fernere Entwicklung der Eier erfordert besondere Bildungen, Uterus genannte Erweiterungen u. s. w., worin die Jungen manchmal bis zur gänzlichen Vollendung ihrer Metamorphosen verweilen. Weitere Reihen von Anhangsorganen dienen zur Vermehrung der Bildungssubstanzen des Eies selbst, zum Aufbau der Eihüllen und öfters sehr complicirten Schalen, zur Lieferung be- sonderer Stoffe, welche bestimmt sind, die Eier zu fixiren oder schweben zu lassen, kurz, ihre Existenz während der Evolutionszeit oder die- jenige der Larven nach ihrem Austritte zu versichern. Wenn gewisse männliche Auhangsorgane öfters in Hinsicht auf die Begattung seit- Arthropoden. 7 saraer Weise modificirt sind, erleiden dagegen die weiblichen nicht weniger wichtige Veränderungen für das Legen und Fixiren der von der Mutter, zuweilen auch von dem Vater getragenen Eier auf zu diesem Zwecke umgebildeten Anhängen. Die Schilderung der embryonalen und Larvenentwicklung werden wir übergehen. Wir erwähnen nur, dass die directe Entwicklung, in Folge deren die Jungen die Eier unter einer, derjenigen der Erwachse- nen ziemlich gleichen Form verlassen, verhältnissmässig selten statt- findet, dass dagegen in den meisten Fällen Reihen von Metamorphosen durchlaufen werden, welche manchmal so weit gehen, dass die Larven- formen sich nicht ohne anhaltende Beobachtung an die Erwachsenen anknüpfen lassen. Diese Formveränderungen fallen um so mehr auf, als sie meistens in scheinbar plötzlicher Weise auftreten, indem das Tegument und die Anhänge, welche das frühere Stadium besass, ab- geworfen werden. Im Allgemeinen können die larvären Metamor- phosen entweder progressiv sein in Folge der weiteren Entwicklung von bereits im vorhergehenden Stadium existirenden Organen , ja sogar durch das Erscheinen neuer Organe (zusammengesetzte Augen, Flügel u. s. w.) , oder regressiv in Folge übermässiger Entwicklung gewisser Theile (Zeugungsorgane z. B.), durch Verkümmerung und Verschwinden anderer Systeme, die unter dem Einflüsse festsitzender oder parasitärer Zustände überflüssig geworden sind. Mit der Mehrzahl der Autoren nehmen wir folgende Classen an : 1. Crustaceen. — Durch die Haut oder durch Kiemen athmende Arthropoden, welche im Allgemeinen zwei Fühler, Kieferfüsse in wechselnder Anzahl und Bauchbeine besitzen. 2. Onych.oph.orerL. — Wurmai'tig gestreckter, weicher Körper mit gesondertem Kopfe und einem Fühlerpaare, mit gleich gebildeten, homonomen Segmenten, krallentragenden Fussstummeln und Segmen- talorganen. Tracheenathmung. 3. Myriapoden. — Tracheaten mit gesondertem Kopfe, der ein einziges Fühlerpaar trägt, und zahlreichen, homonomen Segmenten mit je einem oder zwei gegliederten Beinpaaren. 4. Insecten. — Deutliche Körpertheilung in drei Regionen : Kopf, Thorax und Abdomen. Der Kopf trägt ein Fühlerpaar und Mundglieder in bestimmter Anzahl; der Thorax ist mit drei geglieder- ten Gliedpaaren (Hexapoden) auf der Bauchseite und meistentheils mit zwei rückenständigen Flügelpaaren versehen. Das Abdomen besitzt keine Anhänge. Tracheenathmung. 5. Aracliniden. — Arthropoden ohne Fühler und Anhänge am Abdomen. Sie athmen durch die Haut, durch isolirte oder auch durch zu besonderen Organen (Lungen) verbundene Tracheen und besitzen 8 Arthropoden, im Ganzen höchstens sechs Paare gegliederter Anhänge , die alle am Cephalothorax angeheftet sind. Diese Eintheilung ist jedenfalls eine provisorische, wenigstens was die Crustaceeu und Arachniden anbetrifft. Fortgesetzte emhryologische und paläontologische Untersuchungen wei'den , wie mau jetzt bereits im Voraus behaupten kann, grosse Veränderungen in der Classification der Crustaceen und der Arachniden herbeiführen , da diese Classen einerseits in Folge der Vereinigung heterogener Gruppen gebildet worden sind, und anderseits einzelne dieser Grvippen, die jetzt in verschiedenen Classen untergebracht sind, in engster Beziehung zu ein- ander stehen. Was jetzt schon sicher festgestellt scheint, ist, dass die tiefe, zwischen den Branchiaten (Crustaceeu) und den Tracheaten (die vier übrigen Classen) aufgestellte Trennung eine durchaus künstliche ist, welche keineswegs, besonders nach den paläontologischen Angaben hinsichtlich der zwischen den älteren Arthropoden existirenden Be- ziehungen, aufrecht erhalten werden kann. Indem wir diese fünf oben genannten Classen annehmen, sind wir genöthigt, einige Gruppen davon auszuschliessen, die wohl zum Kreise der Arthropoden gehören, jedoch so abweichende Charaktere zeigen, dass man sie nicht ohne eine gewisse Gewältthätigkeit in die eine oder die andei'e der angenommenen Classen unterbringen kann. Zu diesen GrujDpen zählen wir mit Balfour: die Linguatuliden, welche durch Parasitismus so ungemein modificirt worden sind, dass man den Typus, von dem sie herstammen, nicht mehr mit Sicherheit feststellen kann; ferner die Tardigraden, die Pantopoden und endlich die Xiphosuren, einer der ältesten und räthselhaftesten Typen, die es giebt. Wir kennen die embryologische Entwicklung einer jeden dieser, zwischen den Crustaceen uud den Arachniden schwankenden Gruppen genügend, um behaupten zu können, dass das Studium dieser Entwick- lung die Zweifel über die Verwandtschaft derselben nicht nur nicht weg- geräumt, sondern im Gegentheile noch verstärkt hat. Wir werden also diese unbestimmten Gruppen besonders behan- deln , indem wir die Hauptzüge ihrer Organisation erwähnen , ohne specieller daraiif einzugehen. Classe der Crustaceeu. Die unter diesem Natuen vereinigten Arthropoden sind in sehr grosser Anzahl in allen Gewässern verbreitet. Beinahe alle besitzen Kalkablagerungen in ihren chitinösen Tegumenten, jedoch fehlen bei den mikroskopischen Formen öfters die Mineralsalze. Die ins Unendliche wechselnde Körperform zwang die Zoologen, zahlreiche Unterclassen und Or-dnungen zu bilden, welche wir später Crustaceen, 9 kurz erwähnen werden. Im Allgemeinen verschmelzen die Kopf- segmente mit einem oder mit mehreren Brustsegmenten , woraus eine mehr oder weniger feste Vorderregion entsteht, der sogenannte Cephalo- thorax. Es giebt ebenfalls Beispiele, dass eine gewisse Anzahl von Thoraxsegmeuteu mit denen des Abdomens vereinigt sind. Die Segnien- tirung kann zuweilen gänzlich verschwinden, wie bei den Lernäen. Die gegliederten Anhänge sind zahlreich und werden zu allen mög- lichen Functionen verwendet , zur Bewegung , zum Kauen , zum Er- greifen, als Sinnesorgane, zur Athmung, zur Vertheidigung , zur Be- gattung, zur Brutpflege u. s. w. Die Thoraxglieder sind in der Regel wenigstens fünfpaarig und werden zur Bewegung benutzt. Der Kopf besitzt beinahe immer zwei Fühlerpaare. Am Abdomen heften sich Anhänge an (Bauchfüsse). Das Nervensystem besteht vorwiegend aus einer in der ventralen Mittellinie verlaufenden Kette von Ganglien, von denen je ein Paar einem Körpersegmente angehört. Die Doppelkette wird durch Connective, welche den Schlund umgeben, mit einer dorsal gelegenen Gangiienmasse (Gehirn) verbunden. Jedoch wird die Zahl der Ganglien öfters durch Verschmelzung verringert und zuweilen in solcher Weise, dass nur noch eine einzige Gangiienmasse zurückbleibt, welche Hirn- und Bauch- kette darstellt. Die Sinnesorgane bestehen aus auf verschiedenen Punkten des Körpers, namentlich auf den Fühlern, verbreiteten Tast- oder Geruchs- »haaren; aus einfachen oder zusammengesetzten, unpaaren oder paa- rigen, gestielten oder ungestielten, gewöhnlich am Kopfe stehenden Augen ; ferner aus entweder an der Basis der Fühler oder auf den Schwanzplatten befindlichen Hörbläschen. Der Darm erstreckt sich in gerader Richtung und erweitert sich in einen Magen und zuweilen in einen Vormagen. Er wird von Schlauchdrüsen umgeben, welche einen Verdauungssaft absondern. Das Kreislaufsystem ist sehr verschiedenartig. Höchst vereinfacht bei den niederen Formen, gelangt es zu grösserer Vollkommenheit bei den höheren Typen. Man unterscheidet dann ein dorsal gelegenes Herz und stets durch Hohlräume getrennte Arterien und Venen. Wenn Athmungsorgane vorhanden sind, so sind es meistentheils an den Brust- oder Bauchfüssen befestigte Kiemen; bei den niederen Typen fehlen sie gänzlich. Der Ausscheidungsapparat ist entweder durch Drüsenschläuche, welche vielleicht den Segmentalorganen der Würmer vergleichbar sind , dargestellt oder durch besondere in der Körperhöhle liegende Drüsen, die an der Basis der hinteren Fühler münden. Beinahe alle Crustaceen sind getrennten Geschlechts. Zwitter- bildungen trifft man nur bei Schmarotzern. Parthenogenesis wurde bei mehreren Gattungen nachgewiesen. Die Männchen sind im All- 10 Arthropoden. gemeinen kleiner als die Weibchen, und leben zuweilen als Parasiten auf denselben. Die Anordnung der Geschlechtsorgane wechselt un- gemein. Die Entwicklung durchläuft meist mehr oder weniger verwickelte Metamorphosen. Die Beobachtung der Larven erlaubt uns, die ver- schiedenen Formen auf eine kleine Anzahl primitiver Bildungen, viel- leicht auf eine einzige Form, die Naupliusform, zurückzuführen. Der Parasitismus spielt eine grosse Rolle bei den Krustenthieren, die dadurch oft bis aufs Aeusserste verkümmern. Bei den Larven zeigt sich dann eine rückschreitende Metamorphose. Die Crustaceen werden in Hauptgruppen zusammengestellt, Ento- mostraken, Leptostraken, Ai^throstraken, Thoracostraken, welche sich in mehrere Ordnungen theilen, deren Diagnosen wir dem Lehrbuch der Zoologie von Claus entnehmen. Wir werden auf diese Weise einen Einblick in die ausserordentliche Mannigfaltigkeit der Formenvarietät dieser Thiere gewinnen. A. Entomostraken. 1. Ordnung. — Die Phyllopoden besitzen Blattfüsse. Der ver- hältnissmässig grosse Körper ist deutlich gegliedert. Sie werden in zwei Unterordnungen getheilt : a) Die Branchiopoden besitzen einen Körper, welcher von einer einfachen und flachen, zuweilen abgeplatteten und schildähnlichen, manchmal auch zweiklappigen und seitlich comj)rimirten Schale ein- geschlossen wird. Sie tragen 10 bis 40 gut entwickelte blattförmige Schwimmfüsse mit Kiemenanhängen. Beispiele: BrancMpus , Apus, Esfheria. b) Die Cladoceren, mit einem seitlich comprimirten Körper, der von einer zweiklappigen Schale umgeben ist, sind mit grossen Schwimmfühlern und vier bis sechs Ruderpaaren versehen. Beisi^iele : Daplmia, Bosmina, Leptodora. 2. Ordnung. — Die Ostracoden, deren Körper klein und seitlich comprimirt ist, besitzen eine zweiklappige, sogar den Kopf bedeckende Schale. Sie haben ausserdem sieben als Fühler, Kiefer, Kriech- und Schwimmbeine fungirende Paare von Anhängen. Ihr Abdomen ist kurz. Beispiele: Cypridina, Cypris, Cyiliere. 3. Ordnung. — Die Copepoden mit gestreckter Köi'perform, ohne schalenförmige Hautduplicatur , mit zwei Fühlerpaaren , einem Paar Mandibeln, einem Paar Kiefer, zwei Kieferfusspaaren, vier oder sechs Paaren zweiästiger Ruderfüsse und einem aus fünf Segmenten be- stehenden, aber gliedmaassenlosen Abdomen. Man unterscheidet bei ihnen zwei Unterordnungen : Crustaceen. 11 a) Die Eucopepodea. Thiere mit Ruderfüssen und zum Kauen, Stechen oder Saugen angelegten Mundwerkzeugen. Beispiele: Cyclops, CetucJühls, und unter den zahlreichen Schmarotzerformen: ErgasiJiis, ChondraccDitJtuSi CaVujus, Lernaeojjoda. b) Die Branchiuren. Schildförmiger Cephalothorax und zwei- lappiges Abdomen. Sie besitzen vor dem Munde einen vorstülpbaren Stachel und vier längliche, an ihrem Ende gespaltene Ruderpaare Beispiel: Arguhis. 4. Ordnung. — Die Cirrhipeden. Der undeutlich gegliederte Kör- per ist von einer verkalkten Hautduplicatur umschlossen. Sie besitzen in der Regel sechs Paare von Rankeufüsseu. Sie sind festsitzend und beinahe alle Zwitter. Sie werden in vier Unterordnungen getheilt: a) Pedunculata. Nur auf dem Thorax segmentirt, ein Kalk- platten enthaltender Mantel. Beispiele: Lepus, Pollicqjes, Baianus, Coronula. b) Abdominalia. Schmarotzer mit flaschenförmigem Mantel. Drei Paare von Rankenfüssen. Beispiele: Alclppe, Cri/ptopMahis, c) Die Apoden. Parasiten ohne Mantelduplicatur und Ranken- füsse. Beispiele : ProteoJepas. d) Die Rhizocephalen. Schmarotzer mit sackförmigem, fuss- losem Körper ohne Segmentirung. Beispiele: Feitogaster, Sacculina. B. Leptostraken. Crustraceen mit dünnhäutiger, zweiklappiger Schalenduplicatur, unter welcher sämmtliche Brustringe als freie Segmente gesondert bleiben, mit acht, denjenigen der Phyllopoden ähnlichen Beihpaaren und achtgliedrigem, mit zwei Gabelfäden endigendem Abdomen. Sie bilden den üebergang von den Phyllopoden zu den Arthrostraken. Sind nur noch durch zwei Gattungen vertreten: NebaJia und Faranehalia. C. Arthrostraken. 1. Ordnung. — Die Amphipoden mit seitlich comprimirtem Leibe, besitzen sieben, selten sechs freie Brustringe, Kiemen an den Brust- füssen und ein längliches, selten rudimentäres Abdomen, dessen drei vordere Segmente ebenso viel Schwimmfusspaare tragen. Die Fuss- paare der drei hinteren Segmente sind nach hinten gerichtet. Man theilt sie in drei Unterordnungen ein: a) Die Laemodipoden, deren Abdomen rudimentär bleibt. Sie besitzen ein vorderes, unter dem Halse gelegenes Beinpaar. Beispiele ; Capretla, Cyamus, 12 Arthropoden. b) Die Crevettineri. Kleiner Kopf, kleine Augen; vielgegliederte, das Aussehen von Gehfüssen besitzende Kieferfüsse. Beispiele: Talitrics, Gammarus. c) Die Hy perinen. Grosser Kopf, grosse Augen. Ein drei- lappiges Kieferfusspaar , welches als Unterlippe fuugirt, Beispiele: Hyperia, Phronima. 2. Ordnung. — Isopoden. Breiter, mehr oder weniger gewölbter Körper mit sieben freien Brustringen. Meistens reducirtes Abdomen mit kurzen Segmenten, dessen blattförmige Beine meist als Kiemen fun- giren. Sie theilen sich in zwei Unterordnungen : a) Die Anisopoden. Der Körper ähnelt mehr oder weniger demjenigen der Amphipoden. Abdomen mit zweiästigen, nicht als Kiemen fiingirenden Schwimmfüssen. Beispiele: Tanais, Änceus. b) Die Euisopoden. Körper mit sieben freien Brustsegmenten und ebenso viel Beinpaaren. Abdomen verhältnissmässig kurz und breit, mit Kiemenlamellen an den Abdominalfüssen. Beispiele: CymotJioa, Idotliea, Äsellus, Oniscus. D. Thoracostraken. 1. Ordnung. — Cumaceen. Kleines Rückenschild, vier bis fünf freie Brustsegmente, zwei Paar Kieferfüsse und sechs Fusspaare, von denen wenigstens die zwei vorderen gespalten sind; langgestrecktes Abdomen mit sechs Ringen, welches beim Männchen, ausser den Schwanzanhängeu, noch zwei, drei oder fünf Paare von Schwimmfüssen trägt. Keine gestielte Augen. Beispiele: Diastylis, Leucor. 2. Ordnung. — Stomatopoden. Langgestreckte Thiere mit kurzem, die Brustsegmente nicht überdeckendem Kopfbrustschild, mit fünf Paaren von Mundfüssen und drei spaltästigen Beinpaaren, mit Kiemenbüscheln an den Schwimmfüssen des mächtig entwickelten Hinterleibes. Beispiel: Squilla. 3. Ordnung. — Podophtlialmen. Umfangreicher, über den Thorax ausgedehnter Cephalothorax mit drei oder zwei Paaren von Kieferfüssen und fünf oder sechs spaltästigen oder einfachen Thoracal- beinen. Sie theilen sich in zwei Unterordnungen: a) Die Schizopoden. Spaltfüssige Krebse. Kleine Crustaceen mit einem grossen, meist häutigen Panzer und acht Paaren gleichartig gebildeter Spaltfüsse, welche häufig frei vorstehende Kiemen tragen. Beispiele: Mysis, Eiipliausia. b) Die Decapoden. Grosses Rückenschild, welches gewöhnlich mit allen Segmenten des Kopfes und der Brust verwachsen ist, mit drei oder zwei Kieferfusspaaren und zehn bis zwölf, theilweise mit Crustaceen. 13 Scheeren bewaflfneten Gehfüssen. Man theilt sie in: Macruren, dessen sehr entwickeltes Abdomen länger als das Rückenschild ist. Beispiele: Astacus, PaUnurus, Pagunis, und in Brachyuren, deren kurzes Ab- domen nach vorn umgeklappt ist. Beispiele: Maja, Cancer, Pinnotheres. Typus: Astacus fluviafilis. (Rond.) Der Flusskrebs gehört zu der Gruppe der zehnfüssigen Makriiren und zur Ordnung der Podophthalmen (das Abdomen wird gewöhnlich unrichtiger Weise Schwanz genannt). Der Flusskrebs ist beinahe in allen Gewässern Europas verbreitet. Seine von einer grossen Zahl von Naturforschern bearbeitete Anatomie ist auf das Genaueste bekannt. Huxley hat hierüber eine zur Ein- leitung in die Zoologie dienende Monographie geschrieben, welche als ausgezeichneter Führer sich bewährt und auf die wir den Leser in Betreff der in unseren engen Rahmen nicht passenden Einzelheiten hinweisen werden. Man wird ebenfalls in der Zoologie eUmentaire von Felix Plateau eine abgekürzte und getreue Schilderung des Thieres finden. Präparation. — Der Flusskrebs lebt vortrefflich in einem Aqua- rium mit laufendem Wasser und kann sogar in einem breit geöffneten Gefässe unter zehn Centimeter hohem Wasser lange lebendig auf- bewahrt werden. Man tödtet den Krebs durch Einathmen von Aether oder Chloroform unter einer Glocke , oder auch in Wasser , das mit einigen Tropfen von Chloroform versetzt ist; in Alkohol aufbewahrte Thiere können ebenfalls in vielen Fällen benutzt werden. Zur Präparation des Skeletts lässt man den Krebs während einiger Stunden in einer concentrirten Kalilösung kochen, indem man dafür sorgt, dass das verdunstende W^asser von Zeit zu Zeit erneuert wii'd. Das Kali löst die organische Materie auf, während die Chitin- theile unversehrt bleiben. Mit dem Scalpell trennt man die Segmente an ihren Articulationsflächen und erst dann ihre Anhänge. Auf diese Weise erhält man eine sehr schöne Präparation des gänzlich desarticu- lirten Skelf^ttes, dessen verschiedene Theile auf eine Glasscheibe mit einem Tropfen von dichtem Canadabalsam aufgeklebt werden. Die Glasplatte wird alsdann mit einer zweiten gleich grossen Platte bedeckt, welche in einen Holzrahmen gefasst ist. Den Anfängern rathen wir sehr, sich solche Präparate zu verfertigen, und sich auf diese Weise mit den äusseren Hauptorganen bekannt zu machen. Um die in dem Skelett enthaltenen Kalkssalze zu entfernen , digerirt man es in einer Lösung von Essigsäure zum Drittel, bis es gänzlich weich geworden ist. Nachher wird mit Alkohol gewaschen, wodurch das Pigment auf- gelöst wird. Man erhält so die innere und äussere Chitinbedeckung in voller Reinheit. Was die Behandlung der inneren Organe anbetrifft, so werdem wir sie bei jedem einzelnen Organe erwähnen. 14 Arthropoden. Skelett, — Der Körper des Flusskrehses (Fig 1, 2) ist von eiuer chitinösen, meistentheils verkalkten Schale bedeckt. Es werden zwei Re- gionen bei ihm unterschieden, eine vordere, der Cephalothorax, welcher durch eine aus einem Stücke bestehende und in ein spitziges Ende, das Rostrura, auslaufende Rückenschale bedeckt wird; ferner eine hintere Region, das Abdomen oder unrichtiger Weise der Schwanz des Krebses, die segmentirt ist und mit Schwimmlamellen endet (20), riß-. 1. Astaciis ßuviatUis. — Von dei" Riiekenfläche aus gesehen (dem Werke von Huxley entnommene Figur). A, Männchen; B, Weibchen; hcg^ die Grenze zwischen dem Herzbeutel und den Kiemenhöhlen bezeichnende Kiemenherzfurche ; cg, Hirnfurche (diese Buchstaben stehen auf der Schale) ; r, Rostruiii ; t, t\ die zwei Theile des Tel- sons; 1, Augenstiele; 2, kleine Fühler; 3, grosse Fühler; 20, Seitenlappen der Schwanzflosse ; XV bis XX, Somiten des Abdomens. Man bemerkt auf der Schale eine Querfurche (Fig. 1, c g), welche dieselbe in eine vordere Kopfregion und eine hintere Thoraxregion theilt. Ausserdem bezeichnen zwei feine Längsrinnen die Lage des Herzens in der Mitte und die der Kiemen auf beiden Seiten (Fig. \^\)cg). Crustaceen. 15 Ferner ist zu beachten, dass die Schale sich rechts und links in zwei breite, convexe Platten krümmt, deren ünterränder frei bleiben. Diese Verlängerungen wurden Branchiostegiten genannt; sie bilden Fio;. 2. Astaciis fluviafdis. — Von der Bauch- oder Sternaltläche aus gesehen (Figur von Huxley). A, Männchen; B, Weibchen; a, After; gg, OefFnung der grünen Drüse; Ib, Oberlippe [luhrum); mt, Metastom oder Unterlippe ; od, EileiteröfFnung ; vd, OefFnung des Samenganges; 1, Augenstiele; 2, Antennula; 3, Fühler; 4, Mandibel ; 8, zweiter Kaufuss ; 9, dritter oder äusserer Kaufuss; 10, Scheere ; 11, erster Fuss ; 14, vierter Fuss; 15, 16, 19, 20, erster, zweiter, fünfter und sechster Bauchfuss ; X, XI, XIV, Sternum des vierten, fünften und achten Thoraxsomiten ; XVI, Sternum des zweiten Bauchsomiten. Bei dem Männchen hat man die Anhänge 4 bis 9 und 16 bis 19 der linken Seite weggenommen; beim Weibchen (ihr Basalglied ausgenommen) fehlen die Fühler und die Anhänge 5 bis 14 der rechten Seite. Man sieht hier die auf der linken Seite an den Schwimmfüssen ancrehefteten Eier. 16 Arthropoden. Fiff. 3. die äussere Wandung einer die Kiemen einschliessenden Kammer, deren innere Wand durch eine kaum verkalkte Chitinlamelle hei-gestellt ist, welche die Kiemeukammer von der Körperhöhle vollständig trennt (Fig. 4, Je, V). Die Kiemenkammer ist weit nach unten geöffnet, das Athemwasser kann also leicht darin circuliren. Nach vorn und unten verlängert sich die Kammer in einen Canal, der an dem Punkte, wo der Kopf an den Thorax eingelenkt ist, ausmündet. In dem Canale befindet sich eine ovale Platte, das Scaphognathit (Fig. 22, 6), deren Function wir bei der Athmung erörtern werden. Die Segmentirung des Cephalothorax ist nur auf der Bauchfläche ersichtlich (Fig. 2 a. v. S.). Man zählt hier ebenso viel Segmente als Gliederpaare. Im oben genannten Werke von Hu xley findet sich eine eingehende Beschreibung der verschiedenen, diese Segmente bildenden Theile, sowie derjenigen, welche das Eudophragmalsystem, das heisst das ungemein complicirte innere Skelett bilden, welches den Ce- phalothorax stützt, die Einge- weide beschützt und zahlreiche Ansatzpunkte für die Muskeln darbietet. Das Abdomen ist auf seinem ganzen Umkreise scharf segmen- tirt und wird aus sechs beweg- lichen auf einander folgenden Ringen oder S o m i t e n und einer Endlamelle , dem T e 1 s o n (Fig. 1 und 2, t, t') zusammengesetzt. Auf dem Querschnitte eines So- miten unterscheiden wir einen gewölbten Rückentheil, das Ter- gum (Fig. 3, a), einen Bauchtheil, das Sternum (?)) , und endlich zwei seitliche Theile, die Pleuren (c); Epimer {d) hat man die ster- nale Region zwischen dem Ver- bindungspunkte der Anhänge und der Pleuren genannt. Diese Ausdrücke sind unbedingt nothwendig, um die Homologien der verschiedenen Somiten des Cephalothorax und der Abdominalregion festzustellen. Anhänge. — An der Bauchseite der einzelnen Somiten sind zwanzig Paare gegliederter Anhänge angeheftet, welche die richtige Zahl der Körpersegmente angeben, mit Ausnahme des Telson, das keine besitzt. Es sind das von vorn nach hinten (siehe Fig. 2 und 6): I. Die mit der facettirten Hornhaut des Auges endenden Augenstiele. Astacus fluviatUis. — Querschnitt eines So- miten des Abdomens, welcher die allgemeine Anordnung der Organe zeigt (schematische Figur), a, Tergum ; &, Sternum ; c, Pleu- ron ; d, Epimer; e, Anhang; /, Streck- muskeln des Abdomens; g, Beugeiiiuskeln ; h, Darm; i, Nervenganglion; h, obere Baucharterie ; /, untere Baucharterie. Crustaceen. 17 II. Die Antennulen oder kleinen Fühler, welche zwei Geissein und das Hörorgan in ihren Basalgliedern tragen. III. Die mit eiuev einzigen Geissei endenden grossen F il h 1 e r. Die ßauchfläche ihres Basalgliedes trägt "die OefFnung der grünen Drüse. IV. Ein Paar harte und auf dem inneren Rande kräftig gezahnte Mandibeln. VundVI. Zwei Paar weichere, blattförmige Kiefer oder Maxillen. VII, VIII und IX. Drei Kieferfusspaare (Maxillipeden), deren hinteres Paar das grösste ist. Modificirte, zum Ergreifen der Nahrungs- mittel dienende Füsse. Die beiden letzten Paare tragen Kiemenfäden (siehe Athmung). X. Ein Paar grosser Füsse, welche mit kräftig entwickelten Scheeren enden (Chelae oder Raubfüsse von Huxley). XI, XII, XIII und XIV. Vier Paar Gehfüsse, die zur Orts- veränderung dienen. Die beiden ersten Paare enden mit Scheeren, welche denjenigen der Raubfüsse ähnlich sehen, aber bedeutend kleiner bleiben. Die zwei Hinterpaare gehen in eine Kralle aus." Zu bemerken ist , dass bei den Weibchen die Geschlechtsöffnungen auf dem Basal- gliede des zweiten Paares der Gehfüsse angelegt sind , während sie bei den Männchen an der Basis des vierten Paares münden (Fig. 2, J., fc? und JB, 0 d). XV, XVI, XVII, XVIII und XIX. Es kommen noch hinzu fünf Paare von Bauchfüssen oder falschen Füssen, welche dünn und biegsam sind. Sie dienen dem Weibchen zum Bewahren der Eier während der Brutzeit. Beim Männchen sind die beiden nach vorn gerichteten Vorderpaare zur Entleerung des Samens umgestaltet. (Siehe Geschlechtsorgane, Fig. 28.) XX. Endlich trägt das letzte Bauchsegment ein Doppelpaar von Ruderplatten, welche fächerartig auf jeder Seite des Telson angebracht sind. Das Ganze bildet eine mächtige Schwimmflosse, welche durch die Abdominalmuskeln in Bewegung gesetzt wird und namentlich die Bewegung nach rückwärts erzeugt (Fig. 1 und 2, t, t'). Jeder Anhang ist von einer gewissen Anzahl in einander gelenkter, beweglicher Glieder gebildet, deren Nomenclatur und Homologien man in dem Werke von Huxley finden wird. Die Beschreibung eines jeden einzelnen würde uns zu weit führen. Wir begnügen uns deshalb, auf unsere Figuren zu verweisen, welche die Umwandlungen dieser Organe je nach ihrer Anpassung zu den Sinnes-, Kau- und BeweguDgs- functionen u. s. w. darstellen. Die äussere Oberfläche der Somiten und der Anhänge ist beinahe glatt; jedoch gestaltet es sich anders mit der inneren Fläche, wo man Erhöhungen, Wülste und unter dem gemeinsamen Namen Apodemen bekannte Chitinlamellen bemerkt, die als lusertionsflächen der Muskeln fungiren. Vogt u. Yuiig, prakt. vergl. Anatomie. II. 2 18 Arthropoden. Allgemeine Lagerung der Organe (Fig. 4). — Bevor wir in die specielle Beschreibung der verschiedenen Organe des Krebses ein- Fig. 4. Astacus ßiunutlüs. — Allgemeine Ansicht der Organe. Das Herz ist weggenommen. Der Darm ist vorn abgeschnitten worden und nach rechts zurückgeschlagen, um die von ihm bedeckten Organe zu zeigen. Die Nervenkette in der Bauchregion ist nach Entfernung der Muskeln blossgelegt worden. Fühler und Füsse sind weggeschnitten, um die Figur zu vereinfachen, a, Hirn ; b, Connective des Schlundringes ; c, Bauch- gänglien ; d, die Bauchganglien verbindende Connective; ef, Apodemen des Endo- phragmalsystems, die Nervenkette in ihrem Brusttheile bedeckend; , DeutocereLrum ; c, Trito- cerebrum ; d, Augennerv; e, Oculomotorius ; /, Hautnerv; g, Fühlernerv; li, SchluuJ- connectiv; i, Hirnnerv, der nach hinten zum Magennervensystem geht. Die von der unteren Fläche des Hirns ausgehenden Antennularnerven sind nicht sichtbar. Gehfüssen und in den entsprechenden Kiemen. Die hinteren sind feiner und laufen in die benachbarten Thoraxmuskeln. Die fünf ersten Bauchganglien bestehen ebenfalls aus zwei zu einer einzigen Masse vereinigten Gaoglien (Fig. 7, .9). Obgleich sie bedeutend geringer sind, als die Brustganglien, so entsenden sie doch, wie diese, ein jedes zwei Nervenpaare, von denen das vordere die falschen Füsse und das hintere die Musculatur des entsprechenden Somiten versorgt. Ausser diesen beiden Nervenpaaren entspringt noch ein besonderes aus den die Ganglien vereinigenden Connectiven (Fig. 7,f). Die Fasern dieser Paare stammen von demjenigen Ganglion her, welches vor ihrem Austrittspunkte liegt und gehen in die Bauchmuskeln ein. 26 ' Arthropoden. Das letzte oder Aftergan gl iou (Fig, 7,/«) entsendet eine grösssere Anzahl von Nerven. Es ist dicker als die vorigen, fast kugelförmig und zeigt drei Hügel, einen mittleren und zwei seitliche. Von seiner Hinterfläche strahlen rückwärts zu den Schwimmplatten fünf Nerven- paare aus; ferner entspringt 'ein medianer, unpaarer Nerv von dem hinteren Rande, der sich gabelt und dann an dem Enddarm und in der Nähe des Afters verzweigt. Letzterer Nerv wurde von Lemoine als die Hinterportion seines „Nervensystems des organischen Lebens" angesprochen, von welchem das später von uns zu beschreibende Mundmagensystem die vordere Abtheilung bilden würde. Die paarigen Nerven werden von Fasern gebildet, die zum Theil von den After- ganglien, zum Theil aber auch von den Längsconnectiven der Kette herrühren. Letztere Fasern haben also ihren Ursprung in dem oder in den vorhergehenden Ganglien. Kehren wir zu den Schlundconnectiven zurück, welche das Hirn mit dem unteren Schlundganglion verbinden, so bemerken wir, dass sie ungefähr in der Mitte ihres Verlaufes eine kleine Anschwellung, das sogenannte Schlundganglion (Fig. 7, c), zeigen, das seitlich am Schlünde liegt (Com m i ssurenganglion Krieger's). Aus diesem Ganglion entspringen mehrere Nerven, von denen der eine, der so- genannte postero-lateraleNerv, an der Hinterhälfte der seitlichen Magenwand sich verzweigt, während ein anderer, der Mandibular- nerv, dessen Fasern dem Unterschlundganglion entstammen, zu den Mandibeln läuft; nach diesem Nerven wurde das Ganglion auch das Mandibularganglion genannt. Wir ziehen mit Mocquard den Namen Schlundganglion vor, der die Lagerung an der Seite des Schlundes bezeichnet. Aber die hauptsächlichsten Nervenzweige dieses Ganglions sind unbedingt die paarigen Wurzeln des stomato-gastrischen Nerven (Fig. 7, r, s). Diese beiden Wurzeln, eine obere und eine untere, laufen nach vorn zur Vorderwand des Schlundes und dann bis zum Magen, auf dessen Mittellinie sie sich mit dem gleichnamigen Nerven der anderen Seite zur Bildung des genannten unpaaren Stammes verbinden. Auf ihrem Verlaufe schicken diese Wurzeln mehrere die Seitenwände des Schlundes und die Lippenmuskeln versorgende Ver- zweigungen aus. Der stomato-gastrische Nerv begiebt sich zur Ober- wand des Magens , wo er sich in ein spindelförmiges Ganglion aus- breitet (stomato-gastrisches Ganglion), und dann weiter nach hinten läuft , um sich seitlich und gegen die hintere Magenwand zu verzweigen, indem er Aestchen zur Leber und wahrscheinlich auch zum Herzen abgiebt (Lemoine). Die Präparation dieses stomato-gastrischen Systems bietet wegen der Durchsichtigkeit und der Dünne seiner Nervenfasern grosse Schwierigkeiten. Für die Einzelheiten verweisen wir auf die ein- gehende Arbeit von Mocquard über den Magen der Podophthalmen. Criistaceen. 27 Dieser giebt den Rath, während des Präparirens die Stellen, wo man unter der Lupe einige Fasern blossgelegt hat, mit einer alkoholischen Lösung von Sublimat zu betupfen, welche die Nerven verdunkelt. Auch kann man Thiere benutzen , welche länger (mehrere Monate) in Müll er 'scher Flüssigkeit gelegen haben. Diese färbt die um- gebenden Gewebe braun, während die Nerven durch hellere, gelbliche Färbung sich abheben. Ferner wird die Präparation des ganzen Systems durch seitliche Lagerung des Thieres sehr erleichtert. Wir fügen hinzu, dass das Mundmagensystem eine feine Wurzel vom Hirn empfängt (Fig. 7, q). Endlich ist noch zu bemerken, dass die Connective durch eine kurze Quercommissur in kleiner Entfernung hinter den Schluudgauglien mit einander verbunden sind (Fig. 7, d). Sinnesorgane. — Die Festigkeit der Tegumente erlaubt es uns nicht, dem Thiere ein grosses Empfindungsvermögen auf der Fig. 9. / Astacus flmiatUis. — Haare der Cuticula auf verschiedenen Körpertheiien. A und B, vom Saume der Schwanzplättchen; C, vom Ende des dritten Paares der Kieferfiisse; />, Gräte der Kieferfüsse; E, die gleiche unter stärkerer Vergrösserung ; F, Haar au der Basis der Antenuulen. Oberfläche des Körpers zuzusprechen. Jedoch reagirt es sofort auf eine Reizung der zahlreich auf den Fühlern, den Kiefertastern, den Schwanzlamellen und auf den anderen Anhänsfeu zerstreuten Härchen. 28 Arthropoden. Diese Borstenhaare durchsetzen die Chitinschicht der Haut und wur- zeln, wie bereits erwähnt wurde, in der Hypodermis. Ihre Form und Grösse wechseln je nach den Körperregionen ungemein; die einen sind fadenförmig (Fig. 9, C, a. v. S.), andere zeigen feine Seiten- härchen (Fig. 9, A, B, F), oder auch chitinöse Häkchen (Fig. 9, D, E). Die -meisten zeigen doppelte Contouren und einen inneren Canal, welcher mit der Hypodermisschicht in Verbindung steht und in welchen die letzten Verzweigungen der Hautnerven eindringen. Es ist ausser Zweifel, dass sie als Tastorgane fungiren. Leydig hat als Riechborsten eigenthümliche Haare be- schrieben , welche in kleinen Büscheln , vier bis sechs au der Zahl, Aslacvs ßuviutUis. — A, rechte Antennula von der inneren Seite aus gesehen (fünf- mal vergrössert) ; i?, Theil der äusseren Geissei ; C, Eiechborsten der äusseren Geissei, a, von der Oberfläche gesehen ; 6, im Profil (300 mal vergrössert) ; a, Eiechborsten ; a u, Hörsack, welcher durch die Wand des Basalgliedes der Antennula durchschimmert ; b, Haare; en, Endopodit; ex, Exopodit ; sp, Stachel des Basalgliedes (dem Werke von Huxley entnommene Figur). auf der Unterfläche der äusseren Geissei der kleinen Fühler stehen (Fig. 10, A, ex). Man unterscheidet sie vortrefflich unter einer Ver- grösserung von 50 D.; gewöhnlich stehen zwei Büschel auf jedem Gliede (Fig. 10, B, a,a), mit Ausnahme der Basalglieder und des End- Criistaceen. 29 gliedes. Um sie unter einer Vergrösserung von 300 bis 400 Durch- messern zu beobachten , scheidet man sie mit einer feinen Scheere ab und klärt sie in Glyceriu auf. Sie sind dicker und kürzer als die auf der oberen Fläche der Antennula eingepflanzten Borsten. Sie be- stehen aus zwei Theilen (Fig. 10, C, ah) : einem cylindrischen Griff und einer abgeplatteten Klinge ; letztere ist entweder abgestumpft oder endet mit einer warzigen Ausbreitung. Jedes Härchen zeigt einen sehr deutlichen doppelten Umriss; das Innere ist granulös. Da die noth- wendigen Reagentien kaum durch das Chitin eindringen, so wird die Beobachtung der Nervenenden in diesen Riechborsten ungemein er- schwert. Was den Geschmackssinn anbeti'ifii't, so ist er nach Lemoine auf der von sehr feinen Härchen bedeckten Oberlippe localisirt. Hörbläschen. — Die Hörsäckchen liegen im Basalgliede der kleinen, inneren Fühler oder Antennulen (Fig. 10, A, au). Wenn Fiff. 11 Astacus flumutUls. — Hörapparat. J, Oberfläche des Basalgliedes der Antennula, unter der Lupe gesehen, und die von einem Haarbüschel überdeckte Hörspalte h zeigend ; fi, die gleiche nach Entfernung der Beschützungshärchen ; man sieht den zu dem Hörsack führenden dreieckigen Trichter; C , Hörsack; a, Chitinwand des Sackes ; 6, auf der Basis der Antennula mündende Oeffnung ; c, Hörnerv ; d, Ver- zweigungen des Hörnerven ; e, Hörhaare ; D, ein Beschützungshaar der Sacköffnung (Gundlach, Oc. I, Obj. 2); E, Hörhaar (Gundlach, Od, Obj.5); F, Spitze eines Hörhaares mit einem Knötchen (a) des Nerven (Gundlach, Oc. Immersion 7). 30 Arthropoden. man dieselben unter der Lupe, nach Entfernung der sie bedeckenden Augenstiele, untersucht, bemerkt man auf der oberen Fläche eine Reihe feiner kammartiger, in Form einer abgeplatteten Bürste angelegter Härchen (Fig. 11, A, B, a. v. S.). Diese Haare verbergen eine fast dreieckige Einsenkung, auf deren äusserer Seite man eine enge Längs- spalte bemerkt (Fig. 11, J5, o) , die in einen Sack führt, welcher auf dem Muskel des Fühlers aufliegt und dessen Wände durch einen chiti- nösen Einschlag der an dieser Stelle eingestülpten Cuticula gestützt werden. Es genügt, mit einer feinen Scheere die verkalkte Hautstelle, worin das Hörsäckchen mündet, abzusprengen, um dasselbe herauszunehmen und unter der Lupe zu untersuchen. Dasselbe ist eiförmig, mit Wasser Fig. 12. ■-:!M-.Vj! m:^.m I0miik—-ö ..^m Astacus fluviatilis. — Frisches , unter Wasser beobachtetes Fragment des geöffneten Hörsackes (Gundlach, Oc. I, Obj. 0). a, den Anschein eines körnigen Streifens zei- gender Hörnerv; b, seine Verzweigungen; c, Hörhaare; c/, Sandkörnchen, die Rolle von Otolithen spielend. und Schleim gefüllt und nach oben weit geöffnet (Fig. 11, C, h). Die durchscheinenden Wände des Säckchens lassen im Inneren kleine Sand- körncheu gewahren , deren Zahl sehr verschieden ist. Sie sind der umgebenden Erde entnommen und fungiren als Otolithen (Fig. 12, c?). Diese Körnchen sind lose; ein leichter Druck setzt sie sogleich in Be- wegung, so dass sie mit den Hörborsten (Fig. 12, c) in Berührung kommen. Hörborsten hat man äusserst zarte Härchen genannt, welche in die Höhlung des Sackes vorspringen und einzeln durch die Schall- Crustaceen, 31 wellen von aussen in Schwingung versetzt werden können (Hensen). Unter starker Vergrösseruug sieht man, dass sie mit feinen Fiederchen besetzt sind, welche am Ende gedrängter stehen als an der Basis; ihr Centralcanal scheint mit einer zusammenhängenden, granulösen, wahrscheinlich nervösen Substanz gefüllt zu sein, die an ihrem freien Ende eine kleine, eiförmige Anschwellung bildet (Fig. 11, E). Die Hörborsten stehen in doppelter Reihe längs einer krummen Linie auf dem unteren und hinteren Theile des Sackes (Fig. 11, C, c und Fig. 12, c). Parallel mit ihrer Einsetzungslinie sieht man einen körnigen Streifen, welcher nichts Anderes ist, als die Verlängerung des Hörnerven, der in das Hinterende des Sackes dringt (Fig. 11, C, cd und Fig. 12, a); seine Endzweige verlaufen auf der unteren Sackfläche in die Borsten, Um diese Nervenverzweigung beobachten zu können, muss man den Sack in einer 0,5 procentigen Osmiumsäurelösung öffnen und ihn während ungefähr einer Stunde darin lassen. Das granulöse Aussehen des Nervens im frischen Zustande ändert sich unter dem Ein- flüsse der Osmiumsäure; er erscheint dann faserig. Wir müssen aber erklären, dass diese Umgestaltung, deren Grund wir nicht kennen, nicht immer eintritt; warum, wissen wir nicht. Augen. — Die das erste Paar Anhänge bildenden Augenstiele oder Ophthal miten stehen auf beiden Seiten des Rostrums (Fig. 1 u. 2, 1). Sie sind auf ihrer Basis von oben nach unten und von innen nach aussen beweglich. Ihre Form ist nahezu cylindrisch ; sie be- stehen aus zwei an einander gefügten Gliedern ohne Gelenk. Das Basalglied ist breiter; seine Tegumente sind verkalkt; die unverkalkte, aber doch harte Chitinhülle des längeren und schmaleren End- gliedes wird nach vorn dünner und durchsichtig und bildet so am convexen Vorderende die ovale Hornhaut, die in Facetten ein- getheilt ist. Die ursprüngliche Form der Facetten erscheint, von der Fläche betrachtet, viereckig (Fig. 14, B). In der mittleren Region der Horn- haut bleiben sie vollkommen regelmässig, während sie auf den Rän- dern derselben unregelmässig polygonal werden und vier, fünf oder sechs Seiten zeigen (Fig. 14, A). Sagittalschnitte durch die Hornhaut beweisen den Parallelismus der beiden Flächen (Fig. 13, B,c, a. f. S.), obgleich wir manchmal auf der inneren Fläche eine leichte Wölbung bemerkt haben. Das sie bildende Chitin hat ein blätterartiges Aussehen, wie in den anderen Körper- regionen. Um die innere Bildung der Augen zu untersuchen, schneidet man das Auge eines lebendigen oder kurz vorher getödteten Krebses an dessen Basis ab , und nachdem man den Stiel der Länge nach auf- geschlitzt hat, isolirt man den Inhalt mit einer feinen Nadel und beobachtet denselben zuerst im Wasser oder noch besser im Blute des 32 Arthropoden. Thieres. Dann lässt man Osmiumsäure, Chromsäure oder irgend ein anderes Fixativ einwirken. Der Gebrauch von Glycerin muss ver- mieden werden, da es die Elemente verunstaltet. Um das undurch- sichtige Pigment zu entfernen, welches bei manchen Individuen in solchem Maasse angehäuft ist, dass es die Stäbchen verbirgt, kann man Aetzkali in concentrirter Lösung anwenden. Schnitte auf in Paraffin eingeschlossene Augen erlauben die rich- tigen Beziehungen der Elemente zu einander wahrzunehmen. Leider ist es schwierig, befriedigende Schnitte zu erhalten ; die Chitinsubstanz ist sogar nach ihrer Entkalkung noch so hart, dass die Schnitte unter dem Rasirmesser zerbröckeln und zerreissen. Das die Hornhaut un- gemein erweichende Javellewasser giebt ebenfalls keine schöne Resul- Fig. 13. ^li äläUJ Astacus fluviatUis. — A , Sagittalschnitt des Augenstieles (sechsmal vergrössert) ; B, ein kleiner Theil desselben , den Sehapparat vergrössert zeigend, a, Hornhaut ; b, äussere dunkle Zone ; c, äussere weisse Zone ; d, mittlere dunkle Zone ; e, innere weisse Zone ; /, innere dunkle Zone ; c )• , Krystallkegel ; g, Sehgauglion ; op, Seh- nerv; Sj9, gestreifte Spindeln (dem Werke von Hnxley entnommene Figur). täte , da der Inhalt des Stieles dadurch bröcklich wird. Das Beste ist, junge oder frisch gemauserte Exemplare zu untersuchen. Das abgeschnittene Auge wird in einprocentige Chromsäure gelegt; nach zwei oder drei Tagen wird es in Alkohol gehärtet, und dann kann es nach der gewöhnlichen Methode in Paraffin eingeschlossen werden. Die im frischen Zustande vorgenommene Zerlegung, sowie die Längsschnitte zeigen uns folgende Einzelheiten. Crustaceen. 33 Das Centrum des Augenstieles wird von der Verlängerung des Sehnerven eingenommen (Fig. 13, Ä, op). Dieser verdickt sich nach vorn nnd bildet ein Ganglion, in welchem sich spindel- und stern- förmige Nervenzellen vorfinden, die mit den Fasern in Verbindung stehen. Aus dem Sehganglion entspringt ein Bündel prismatischer Stäbchen, die nach der Hornhaut ausstrahlen und an ihrer inneren Fläche enden. Die Wurzeln der Stäbchen im Ganglion sind ursprüng- lich spindelförmig und zeigen eine feine Querstreifung (gestreifte Spindeln von Hiixley, Fig. 13, i?, sp). An ihrem Ausgange aus dem Ganglion sind sie prismatisch. Jedes Stäbchen ist mit einer Scheide von dunkelbraunem oder schwarzem Pigment umgeben, dessen Menge je nach den Individuen wechselt; das seiner Scheide ent- nommene Stäbchen zeichnet sich durch eine röthliche Färbunsf aus. Fio-. 14. Astacits Jhiriutilis. — A, Facetten der Hornhaut, wie sie sieh auf den Rändern der- selben zeigen ; 5, viereclrige Facetten der Mitte der Hornhaut ; C, zwei di^rch Zer- zupfung isolirte Stäbehen ; n, Krystallkegel ; &, eigentliches, von seiner Pigmentseheide umgebenes Stäbchen; c, faseriger Theil (Gundlach, Oc. I, Obj. T). Auf einem Längsschnitte zeigen das Ganglion und die Stäbchenschicht Reihen von abwechselnd hellen und dunklen Querzonen (Fig. 13, B, fcclch). Das Oberende der Stäbchen setzt sich in einem lichtbrechenden Theile fort, welcher beinahe vollständig pigmentlos, krystallhell und von anderer Bildung als die Substanz der Stäbchen ist. Dieser Theil ist unter dem Namen Krystallkegel bekannt und erfüllt den Raum zwischen der inneren Fläche der Hornhaut und dem eigentlichen Stäb- chen (Fig. 14, C, a). Es giebt ebenso viel Kegel und Stäbchen als Facetten an der Hornhaut; die Form der Prismen entspricht derjenigen der Horuhaut- facetten, an welchen sie enden. Vogt n. Tung, prakt. vergl. Anatomio. II. 3 34 Arthropoden. Wir gehen auf die Homologien dieser verschiedenen Theile des Auges beim Krebs mit den Retinaschichten des Auges bei den Wirbel- thieren nicht ein. Es herrscht hierüber grosse Verwirrimg in der Wissenschaft. Wir bemerken nur, dass die Nervenelemente zur Bil- dung der Sehstäbchen beitragen, die somit als empfindende Elemente angesehen werden müssen, während die Krystallkegel nur zur Brechung der Lichtstrahlen zu dienen scheinen. Uebrigens können die Theorien Fig. 15. Astacus fluviutUis. — Zergliederung eines von rechts aus gesehenen Mänucliens (Huxley'sche Figur), o, After; aa , durchschnittene Fühlerarterie; ag, vordere Magenmuskeln', der rechte ist an seinem Insertionspunkte abgeschnitten ; h d, OefF- nung des rechten Gallencanals ; cm, Constrictoren des Magens; coe, Blinddarm; cpm, rechter Cardiapylorusmuskel ; es, Cardiatheil des Magens; cm, Streckmuskeln des Abdomens; fm, Beugemuskeln des Abdomens; g a, Magenarterie; gn.l, Ober- schlundganglion; gn.2, Unterschlundganglion; g7i.l3, letztes Bauchganglion; ä, Herz; h a, Leberarterie ; h g, hinterer Darm ; i a d, untere Baucharterie ; l a, rechte Seiten- ötTnung des Herzens ; Ir, linke Leber ; mg, Mitteldarm; o «, Augenarterie ; oe, Schlund; pg, hintere Magenmuskeln, der rechte ist an seinem Lisertionspunkte abgeschnitten; ps, Pförtnertheil des Magens; s a, Sternalarterie ; saa, obere Baucharterie; t (links), Telson ; t (in der Nähe des Herzens), Hoden; vd, Samencanal; vd', seine Oeffnung ; 2, rechte Antennula ; 4, linke Mandibel ; 9, linker äusserer Kieferfuss ; 10, linke Scheere ; 15, erster, 16, zweiter, 20, sechster linker Bauchfuss. über das Sehvermögen eines so gebildeten Auges nur rein hypothe- tisch sein. Der Leser wird eine Menge von histologischen Einzelheiten in den in der Literatur angegebenen Arbeiten von Leydig, Lemoine und Chatin finden. Verdauungscanal. — Der Darm des Krebses beginnt an der Bauchfläche des Cephalothorax mit einer Längsspalte, dem Munde; der- selbe wird auf beiden Seiten von den Mandibeln und von den Kiefern (Fig. 2, 4), nach vorn von einer schildförmigen Platte, der Ober- lippe (Lahruni) (Fig. 2, Ib) und endlich nach hinten von zwei fleischi- gen, die Unterlippe oder das Metastom (Fig. 2, mf^ bildenden Lappen umgeben. Crustaceen. 35 Der Muud führt in eine verhältnissmässig weite , aber kurze Röhre, den Schlund (Fig. 17, oes und Fig. 15, oe), der beinahe senkrecht zur Riickenfläche emporsteigt und den Magen bildet, indem er sich plötzlich zu einem abgerundeten Sacke erweitert (Fig. 4, s und Fig. 15, cs,ps). Beim Austritt aas dem Magen, von dem wir später sprechen werden, nimmt der Darm wiederum ein röhren- förmiges Aussehen an, und indem er auf der ganzen Strecke beinahe die gleiche Dicke, ausser am Endtheile, wo er sich etwas erweitert, beibehält, geht er in gerader Linie nach hinten, um mit einer I>ängs- spalte, dem After, zu enden, welcher an der Bauchfläche des Telson gelegen ist (Fig. 2 und 15, a; Fig. 4, t, u). Wenn mau im Sommer einen Flusskrebs zergliedert, kommt es zuweilen vor, dass man an seiner Yorderregion, auf den Magenseiten, rundliche, linsenähnliche , auf ihrer unteren Fläche ausgehöhlte imd auf der Oberfläche gewölbte Kalkconcre- tionen (Fig. 16) bemerkt, welche zwischen der chitinogenen Zellenschicht und der den Magen innerlich überziehenden Chitin- lamelle, in der Dicke der Magenwand gelegen sind. Diese, aus kohlensaurem ß (63 Proc.) und phosphorsaurem (ISProc.) Asiacus fluviafdis. — Unter der Kalk gebildeten Steinchen zeigen eine Lupe gesehene Gastrolithen oder fein gefurchte Oberfläche (Fig. 16). Sie Krehsaugen. A, convexe Ober- gj^d unter dem Namen Krebsaugen fläche; B, im Profil gesehen. ^^^^ Gastrolitheu (Huxley) bekannt. Besonders gross sind sie vor der Mauser; sie verschwinden aber spur- los, sobald das Thier am Ende des Sommers sich gehäutet hat, wenn auch die von ihnen besetzte Stelle ihren Eindruck bewahrt. Die Gastro- lithen sind Kalkreserven, welche zur Bildung der zukünftigen Schale beitragen sollen. Während der Mauser fallen sie in die Magenhöhle, wo sie zerrieben, aufgelöst und aufgesaugt werden. Der Magen (Fig. 15 und 17 a. f. S.) ist innerlich durch eine starke Querfalte in zwei Kammern eingetheilt, wovon die vordere, in welche der Schlund mündet, die Cardiakammer genannt werden kann (Fig. 15, es), während die bedeutend engere hintere Abtheiluug die sogenannte Pförtnerkammer bildet (Fig. 15, ps). Die ganze innere Magenfläche ist, wie diejenige des Schlundes, mit einer Chitinlamelle überzogen, welche die Fortsetzung der nach innen eingestülpten Chitin- schicht der Tegumente ist. Die Chitinschicht des Magens verdickt sich stellenweise iTngemeiu , kann sich sogar verkalken, und eine An- zahl von Skelettstücken hervorbringen, welche zum Kauen und zur Zerreibung der Nahrungsstoff"e dienen. Es ist so mit den um dem Mund herum gelegenen Anhängen, die wir bereits erwähnten, ein wahrer Luxus an Kauinstrumenten hergestellt, jedoch scheint keines 3* 36 Arthropoden. davon unnützlich zu sein. Unter dem Namen Magenmühle schildert Huxley ausführlich dieses Magenskelett, von dem wir eine Zeichnung wiedergeben (Fig. 17). Wenn man den Vordertheil der Cardiakammer öffnet, sieht man an der Hinterfläche mehrere Zähne erscheinen, welche in die Höhlung vorspringen (Fig. 17, It, mt). Sie werden durch gegliederte und auf einander verschiebbare Chitinlamellen getragen. Auf der äusseren Fläche dieser Lamellen setzen sich Muskeln an (Fig. 15, cpni), welche die Aufgabe haben, sie in Bewegung zu setzen, die Zähne von einander zu entfernen oder zu nähern, so dass der Mageninhalt von ihnen gefasst Fig. 17. / 2CG Astacus fluvialllis. — A, der Magen, nach Abnahme der äusseren Bedeckung, von der linken Seite betrachtet; B, derselbe von der Fläche gesehen, nach Entfernung der vorderen Wand; C, von einander getrennte Knöchelchen der Magenmühle; 7), vorderes Pförtnerknöchelchen und Mittelzahn , von rechts aus gesehen ; E, Quer- schnitt der Pförtnerregion längs der Linie xy, in A (das Ganze zweimal vergrössert) ; c, Cardiaknöchelchen; cpv, Klappe zwischen Cardia und Pylorus ; Ip, seitliche Tasche; It, seitlicher Zahn, in A durch die Magenwand gesehen; ces , Schlund; p, Pförtnerknöchelchen; pc. Pterocardialknöchelchen ; pp^ Vorderpförtnerknöchelchen ; MC, Urocardialapophyse ; <, Wölbungen auf der freien Fläche ihres Hinterendes; 0, mittlere Pförtnerklappe; rc, Zygocardialknöchelchen (Huxley entnommene Figur). und zerrissen wird. Wir können nicht in die Einzelheiten der Strnc- tur dieses so verwickelten, von Huxley und namentlich von Moequart beschriebenen Apparates näher eingehen (siehe Literatur). Moequart Crustaceen. 37 hat eine umfaDgreiche , sehr vollständige, vergleichende Arbeit über diesen Gegenstand geliefert. Der Durchgang von der Cardiakammer zur Pförtnerkammer ist sehr eng. Ausser der erwähnten Falte beobachtet man an dieser Stelle ein konisches, mit zahlreichen Härchen bedecktes Zünglein (Fig. 17, JB, cpv), welches die Oeffnung in die Pförtnerkammer noch mehr verengert. Uebrigens ist die Höhle der letzteren ebenfalls sehr eng, ihre nach innen gewölbten Wände sind ausserdem mit Haaren über- zogen, so dass die Nahrungsstoffe durch diese Chitinborsten so zu sagen durchgeseiht werden und nur die feinsten Theile in den Dann eintreten können. Am Eingänge dieses letzteren besitzt die Pförtnerregion des Magens einen Klappenapparat. Es sind dies dreieckige, hornige La- mellen, welche den Eintritt der Nahrungsstoffe in den Darm gestatten, aber deren Rückkehr in den Magen verhindern (Fig. 17, A^v). Der Vordertheil des eigentlichen Darmes zeigt gleich hinter den Pförtnerklappen, auf der Rückenfläche, eine kurze Ausstülpung, einen Blinddarm (Fig. 15, c o), und auf seinen Seitenflächen sieht man die verhältnissmässig weiten Oeffnungen der Gallencanäle (Fig. 15, h d). In diesem Theile sind die Darmwände weich und gleichförmig, der Chitinüberzug fehlt ihnen, etwas weiter falten sie sich der Länge nach. Diese tiefen Falten erstrecken sich bis zum After. Die Chitin- schicht des Telson stülpt sich in den After hinein und erstreckt sich über die ganze gefaltete Darmregion. Querschnitte durch die verschiedenen Abtheilungen des in Pikriu- schwefelsäure oder in Sublimat fixirten und gehärteten Verdauungs- canaies, lassen dessen histologische Structur erkennen. Man wird durch dieselben einsehen, dass sich eine Schicht cylindrischer Chitinogenzellen unterhalb der inneren Chitinlamelle, ganz so wie in der äusseren Haut, befindet. Diese Zellen bedecken eine häutige Schicht, welche Binde- und Muskelgewebe enthält und die eigentliche Darmwand bildet (siehe für diese Elemente die ausführliche Arbeit von J. Frenzel). Diese Schicht lässt sich um den Magen herum leicht von der Chitinschicht trennen, die sie wie ein Sack umhüllt. Speicheldrüsen. — Wenn man die innere Schlundwand, be- sonders an ihrem vorderen Drittel, unter der Lupe betrachtet, bemerkt man kleine weisse Pünktchen, welche die Oeffnungen der Absonderungs- canälchen der Drüsenmassen darstellen, die in der Membranschicht des Schlundes rund herum gelagert sind (Fig. 18, B, a. f. S.). Wir kennen nur wenig die Eigenschaften der durchsichtigen, von diesen Drüsen ab- gesonderten Flüssigkeit; sie wurden unter dem Namen Speicheldrüsen von Max Braun beschrieben. Besitzen sie Verdauungseigenschaften'? Wir wissen es nicht. Wie dem auch sein mag, werden wir die Form 38 Arthropoden. dieser Drüsen auf Querschnitten und auf Zerzupfungen des Schlundes beobachten. Die Speicheldrüsen sind birn- oder eiförmig (Fig. 18, J., c), und unterhalb der Cuticula, in der Dicke des Bindegewebes der eigentlichen Schlundwand gelagert; sie enden mit einem langen Halse als Aus- führungsgang. Die Drüsenzellen sind gross , cylindrisch , zuweilen spitzig an ihrem gegen die Oeifnung des Absonderungscanais gerichte- ten Ende. Sie enthalten einen eiförmigen Kern ; ihr Protoplasma be- sitzt feine Granulationen, welche manchmal so massenhaft aufti-eten, Fig. 18. A. Astacus flvviatil'is. — A, Querschnitt des Schlundes, der die Speicheldrüsen zeigt; «, Hornschicht ; b, Absonderungscanal der Drüse, die Chitinschicht durchsetzend und in c mündend; d, Hals der Drüse; e, Körper der Drüse; /, chitinogene Zellen (Vergrösserung : 200 Durchmesser) ; B, Querschnitt des Schlundes, fünfzehnmal ver- grössert, um die Anordnvmg der Speicheldrüsen zu zeigen; a, innere Chitinschicht; h, chitinogene Schicht; c, Drüsen. Die anderen Gewebe wurden nicht dargestellt. (Nach einer Zeichnung von Max Braun.) dass der Kern durch sie versteckt wird. Diese Zellen stehen in kleinen Gruppen zusammen, deren jede ein Absonderungscanälchen besitzt, und die Gesammtheit dieser Canälchen mündet in den grossen Axialcanal ein, von dem wir bereits gesprochen haben. Derselbe durchsetzt die Chitinschicht und öffnet sich in der Schlundhöhle. Crustace'en. 39 Drüsen, welche den eben beschriebenen durchaus ähnlich sind, wurden von Vitzou in der Wand des hinteren Darmtheiles unter dem Namen Darmdrüsen beschrieben. Verdauungsdrüse oder Leber (Fig. 4, 3 und Fig. 15). — Diese umfangreiche Drüse, welche man in Folge der physiologischen Unter- suchungen mehrerer, namentlich Krukeuberg's, nicht mehr als Leber ansprechen kann, da ihr Absonderungsproduct der Galle nicht im Min- desten gleicht, erscheint in zwei länglichen, gelblichen oder bräun- lichen Massen, welche auf beiden Seiten des Darmes in der Höhle des Cephalothorax gelagert sind. Jede dieser Massen ist mehr oder weniger in zwei Lappen getheilt, welche aus zahlreichen Röhren oder Blind- säcken bestehen, deren blindes Ende nach aussen gewendet ist, während das andere sich in ein in der Dicke der Drüse gelegenes Absonderungs- can älchen öffnet. Die Absonderungscanälchen laufen gegen die Mitte des inneren Randes einer jeden Masse zusammen, wo sie sich in einem breiten Sammelcanal vereinigen. Derselbe mündet, wie wir es bereits gesehen haben , auf den Seiten des Darmes , unmittelbar hinter dem Pylorus (Fig. 15, h d). Die histologische Untersuchung der Verdauungsdrüse geschieht durch Zerzupfung im Blute des frisch getödteten Thieres und durch Schnitte. Letztere lassen sich nur schwer anfertigen ; die Elemente werden durch sie fixirende Osmiumsäure so krümlich, dass sie unter dem Rasirmesser zerstäuben. Wir erhielten bessere Resultate mit einer von Frenzel angewendeten concentrirten Lösung von Sublimat in Wasser oder Alkohol; jedoch darf der Aufenthalt der in kleine Stück- chen zerschnittenen Drüse darin nur ein kurzer sein , höchstens eine halbe Stunde ; eine längere Einwirkung würde das Gewebe krümlich machen. Nach der Fixirung härtet man in Alkohol zu 70 und 90 Proc, und zuletzt in absolutem Alkohol und schliesst endlich in Paraffin ein. Jede Leberröhre wird durch eine feine Membran gebildet, welche Muskelfäserchen und grosse durchsichtige, auf solche Weise angelegte Zellen enthält, dass sie, von der Fläche gesehen, das Aussehen eines Fadennetzes mit rechtwinkligen Maschen bieten. Das absondernde Endothelium besteht aus mehr oder weniger cylindrischen , äusserst zarten Zellen. Sie werden stets bei der Zer- zupfung zerrissen , so dass man nur die verschiedenen Granulationen und Kügelchen, die sie enthalten, in dem Präparate sieht. Man kann zwei Arten von Zellen unterscheiden, welche durch Form, Inhalt und die Art, wie sie sich der Osmiumsäure gegenüber verhalten, verschieden sind. Die einen sind in der Regel dunkler und enthalten unregelmässige Massen einer braunen , undurchsichtigen , in Wasser löslichen Substanz, es sind dies die Fermentzellen von Max Weber. Die anderen, Leberzellen genannt, sind heller und enthalten eine 40 Arthropoden. wechselnde Anzahl von stark lichtbrechenden, etwas gelblichen oder bräunlichen und unter dem Einflüsse der Osmiumsäure schwarz wer- denden Fettkörnchen. In den Arbeiten von Max Weber und Frenzel wird man die histologische Beschreibung dieser Elemente finden. Die mit Absonderungsproducten überfüllten Endothelialzellen platzen und entleeren dieselben in das Lumen der Röhre, von wo sie durch die Ausscheidungscan äle in den Darm ergossen werden. Gefässsystem. — Das Blut des Flusskrebses ist farblos oder etwas bläulich ; wie in dem der Mollusken, wurde Haemocyanin darin nachgewiesen. Es enthält farblose, durch Osmiumsäure leicht fixir- bare Kügelchen, die amöboide Bewegungen zeigen. Diese Kügelchen enthalten einen grossen , sich in Carminlösungen stark färbenden Kern. Das Blut circulirt in einem unvollständigen Gefässsysteme; sein Lauf wird durch die Zusammenziehungen des Herzens iind der Ar- terien unterhalten. Dieselben leeren es in grosse Hohlräume aus, von welchen aus es vor der Rückkehr zum Herzen durch die Kiemen fliesst. Das Herz ist also , wie bei allen Arthropoden , auch hier arteriell. Obgleich man schon bei einfacher Präparation die Hauptgefässe verfolgen kann , so bleibt es doch unerlässlich , Einspritzungen zu machen, um das gesammte System vor Augen zu bringen. Man steckt das Röhrchen in die Herzbeutelhöhle eines Thieres , dessen Herz noch schlägt, nachdem man eine kleine Oeffnung in der Schale oberhalb des Herzens gemacht hat. Nothwendig ist es, langsam vorzugehen. Allmählich dringt die eingespritzte Masse in das Herz ein, welches in Folge seiner Zusammenziehungen dieselbe in alle Gefässe treibt. Ein rascheres Verfahren besteht darin , dass man das Herz bloss legt und die Spritzröhre unmittelbar einsticht. Die Injection kann nur mit der grössten Sorgfalt gemacht werden. Die mit chromsaurem Bleioxyd oder mit löslichem Blau gefärbte Gelatinemasse dringt besonders gut ein, unter der Bedingung jedoch, dass man das Thier zuvor bis zu 30" C. erwärmt hat. Das musculöse und pulsirende Herz ist ungefähr sechseckig (Fig. 19); es ist in der mit Blut getränkten und von einer peritonealen Hülle umgebenen Herzbeutelhöhle eingeschlossen (Fig. 20, p), und wird an den Wänden dieser Höhle durch sechs Stränge von Faser- gewebe (Fig. 19, ac) befestigt. Die aus ihm entspringenden Arterien tragen ebenfalls zur Erhaltung seiner Lagerung bei. Sechs knopflochförmige , mit Klappenvorrichtungen versehene Hauptöffnungen durchlöchern die Herzwände; die Klappen gestatten den Eingang des Blutes von der Herzbeutelhöhle aus in das Herz, ver- sperren aber den Rücktritt desselben; sie sind paarweise auf den Crustaceen. 41 Rücken-, Baucli- und Seitenflächen angelegt (Fig. 19, A, sa, B, ca; C, lä). Einige Autoren wollen eine viel grössere Anzahl kleinei'er Oefi'nungen gesehen haben; nach Bela Dezsö sollen sich sogar fünf Paare solcher Löchlein einzig auf der Rückenfläche finden. Wir wollen ihre Existenz nicht läugneu; jedenfalls sind sie aber so winzig klein, dass es sehr schwierig ist, sie zu sehen. Uebrigens bietet das Herz keinen grossen Widerstand; die Injectionsmasse kann, wenn der Druck einigermaassen stark ist, seine Wände durchsetzen. Das hintere Herzende bildet eine abgestumpfte Spitze, welche sich in eine Art Bulbus (Fig. 19, b) verlängert, aus dem Bauch- und Sternal- arterie aussfehen. Fio-. 19. h.ct. Astacus fluviatilis. — Das Herz , viermal vergrössert. A, von oben ; B, von unten C, von der linken Seite; aa, Fühlerarterien; ac, Herzfliigel oder das Herz mit den Wandmigen der Herzbeutelhöhle verbindende Faserbündel; h, Bulbuserweiterung am Ursprünge der Sternalarterie ; Ä « , Magenarterien ; l , seitliche Klappenöflnungen ; oa, Augenarterie; s o, obere Klappenöffnungen; saa, obere Baucharterie ; s ]Äh.\2 arh.\2 p(6.l3 arl.B am Astucns fluviutUis. — A, die Kiemen in ihrer natürlichen Stellung, nach Entfernung des Branchiostegiten; in B sind die Podobranchien entfernt und die äussere Reihe der Arthrobranehien umgelegt, um die innere Reihe in natürlicher Stellung zu zeigen. 1, Augenstiel; 2, Antennula; 3, Fühler; 4, Mandibel ; 6, Scaphognathit; 7, erster Kaufuss ; in B ist das Epipodit, worauf die Linie zeigt, theilweise entfernt ; 8, zweiter Kaufuss; 9, dritter Kaufuss; 10, Scheere ; 14, vierter Gehfuss ; 15, erster Bauch- 'fuss; XV, erster und XVI, zweiter Bauchsomit; arb S, arb 9, arb 13, hintere Arthrobranehien des zweiten und dritten Kaufusses und des dritten Gehfusses ; arb' 9 und 0 7-6' 13, vordere Ai-throbranchien des dritten Kaufusses und des dritten Geh- fusses; pdb 8, Podobranchie des zweiten Kaufusses; pcZö 13, diejenige des dritten Gehfusses; plb 12 und plb 13, die zwei rudimentären Pleurobranchien ; p/b 14, fungirende Pleurobranchie ; r, Rostrum (nach H u x 1 e y). 46 Arthropoden. Podobranchien und in dem sie trennenden Räume Bündel von langen unter sich verfilzten Fadenhaaren bemerken (Fig. 23, A, es), die coxopoditischen Borsten, welche den Eintritt fremder Körper in die Kiemenkammer verwehren. Jedoch trifft man nicht selten an den Kiemen einen kleinen, parasitischen Blutegel, die Branchiobdella astaci Od. Fia:. 23. Astacus ßuviatilis. — A, eine von der Aussenseite gesehene Podobranchie ; B, die- selbe von der inneren Seite ; C, eine Arthrobranchie ; D, Fragment eines Haares von einem Coxopoditen; lü, Ende desselben; F, Ende eines Haares von der Basis einer Podobranchie; G, hakenförmiges Haar der Blattklinge (^A bis C dreimal vergrössert, D bis G stark vergrössert); b, Basis der Podobranchie; es, Haare des Coxopoditen; l, Blattklinge; pl, Feder und st Stiel der Podobranchie; t, Warze des Coxopoditen, worauf die Haare eingesetzt sind (nach Huxley). Ausser den Podobranchien breiten sich sehr verschieden gestaltete, aber doch ebenfalls der Athmung dienende Anhänge aus, die Arthro- branchien (Fig. 22, B, arh). Statt an der Basis der Füsse sind Crustaceen. 47 sie auf der die Glieder mit dem Cephalothorax verbindenden Zwischen- membran eingelenkt (Fig. 22, am). Man zäblt deren elf auf jeder Seite; eine, welche an der Interarticularmembran des zweiten Paares der Kieferfüsse angeheftet ist, je zwei an derjenigen des dritten Kiefer- fusspaares, zwei an der grossen Scheere, und endlich zwei an jedem der drei vorderen Gehfusspaare. Jede Arthrobranchie besteht aus einem mit zahlreichen winzigen Kiemenfädchen überdeckten Axenstiel (Fig. 23, C). Die Kiemenfäden sind hohl und gewähren dem darin fiiessenden Blute einen weiten Spielraum ; das Blut ist vom Wasser nur durch eine dünne Membran getrennt, durch welche der Austausch der Gase stattfindet. Endlich findet sich noch eine achtzehnte hintere Kieme. Sie ist auf der Eigenwand des Thorax eingelenkt, oberhalb des letzten Geh- fusspaares, bleibt aber von diesem letzteren, welches keinen Kiemen- anhang trägt, unabhängig. Huxley nennt sie die Pleurobranchie (Fig. 22, plh, 14), und sieht zwei ebenfalls an der Brustwand oberhalb der zwei vorhergehenden Gehfusspaare sitzende Chitinfäden (Fig. 22, pZ&, 13 und 14) als homologe, aber verkümmerte Bildungen an. Die Pleurobranchie hat eine gleiche Form wie die Arthrobranchien. Die Kiemen nebst ihren Verzweigungen sind aus äusserst zarten Chitinlamellen gebildet, welche, wie überall, auf einer Schicht chiti- nogener Zellen ruhen. Wimpern trifft man, wie überhaupt bei den Arthropoden, nirgends an, Ausscheidungsorgane, grüne Drüsen. — Zwei rundliche, grüne Massen (Fig. 24, A, ggs, a. f. S.) liegen an der Bauchfläche des Yorderendes der Cephalothoraxhöhle. Man bemerkt sie sogleich nach Entfernung des Magens, etwas nach hinten und unterhalb des Hirnes. Sie stellen Absonderungsorgane vor, welche die Producte der Abnutzung der Stickstoff'substanzen ausscheiden. Sie enthalten Guanin und sind unter dem Namen der grünen Drüsen bekannt. Man wird bei ihnen zwei Theile erkennen, einen oberen, sack- förmigen Behälter (Fig. 24, C, es) mit feinen und lockeren, kaum gefärbten Wänden, und einen unteren, kuchenartigen (Fig. 24, C, gg), je nach den Thieren mehr oder weniger gelbgrünlichen oder grünbläu- lichen Körper, die Drüse. Dieselbe ergiesst ihr Secretionsproduct in den Behälter, welcher es nach aussen durch einen kleinen chitinösen Canal entleert, der vom Vorderende des Behälters ausgeht, und auf einer zarten, an der Basis des entsprechenden grossen Fühlers hervorragenden Papille mündet (Fig. 24, JB, x). Die histologische Untersuchung des Organs wird mittelst Zer- zupfung im frischen Zustande und auf Schnitten, nach Fixation in Osmium- oder Pikrinsäure oder ganz einfach in Alkohol vorgenommen. Die Schnitte zeigen eine gewisse Anzahl von Hohlräumen, welche an der Peripherie etwas enger an einander gelagert sind, und einen, in der 48 Arthropoden. Mitte der Rückenfläche der Drüse gelegenen Kern. Die Oeffnungen der auf sich selbst gewundenen, mit cubischen und cylindrischen Endo- thelialzellen überzogenen Canälchen geben der Drüse ein maschiges Ansehen. Nachdem der Behälter weggenommen und die Drüse isolirt ist, sieht man, dass dieselbe aus drei verschiedenfarbigen Zonen gebildet ist, einer äusseren grünen, einer mittleren weissen und einer inneren gelbbraunen. Wir können nicht in die Beschreibung des Endotheliums dieser Zonen eingehen, dessen Bildung durch Grobben und Rawitz genauer beschrieben worden ist (siehe Literatur). Die Absonderungs- zellen sind namentlich in der grünen Zone angehäuft, während der Canal der weissen Zone ausschliesslich dazu zu dienen scheint, das Fio-. 24. Astaciis fluviatiUs. — A, Vordertheil des Körpers ii;n,h Abnahme eines Theiles der Eiickenschale, um die Lagerung der grünen Drüse zu zeigen ; ß, Seitenansicht, nach Entfernung der linken Schale ; C, isolii-te grüne Drüse im Profil (sämmtliche Figuren zweimal vergrössert) ; agr, linker vorderer Magenmuskel; c, Connective des Schlund- ringes; c, Cardialtheil des Magens; gg, grüne Drüse, in A ist auf der linken Seite der Sack entfernt und die isolirte grüne Drüse von oben gesehen; ima, Zwischen- kiefer- oder Kopfapodem ; ocs, Schlund, quer durchschnitten (in A)\ s, Sack der grünen Drüse; x, durch die Oeflfuung am Basalgliede des Fühlers in die Höhlung des Sackes eingeführte Borste (nach Huxley). Ausscheidungsproduct in den Behälter, in welchen er mündet, über- zuführen. Die grüne Drüse empfängt viel Blut durch zwei Wege, durch einen von der Fühlerarterie herkommenden Zweig und durch einen Ast der Sternalarterie. Geschlechtsorgane. — Die Geschlechter sind beim Flusskrebs stets getrennt. Die Männchen lassen sich an ihrem schmaleren Cnistaceen. 49 Figr. 25. Körper erkennen; auch sind die Schwimmblätter des Schwanzes nicht so breit, als beim Weibchen. Sie tragen die Geschlechtsöffnungen an der Basis des letzten Paares der Gehfüsse (Fig. 2,Ä,od), während die Eileiteröffnungen des "Weibchens an der Basis des zweiten Paares der- selben Füsse angebracht sind (Fig. 2, B, o d). Ferner sind bei dem Männchen die beiden ersten Bauchfusspaare in Begattungsorgane um- gewandelt (Fig. 2,^, 15 und 16). Das erste Paar der entsprechenden Füsse bleibt beim Weibchen verkümmert , während das zweite den folgenden gleicht und wie dieselben dazu dient, die Eier während der Brütezeit zu tragen (Fig. 2,5, 15 und 16). So die äusseren Geschlechts- charaktere. Die inneren Organe haben beinahe die gleiche Form, die Hodenlappen sind nur etwas länger und schmäler als die Eierstöcke, Man erkennt aber das Männchen sofort nach Entfernung der Schale an den weisslichen, unterhalb und etwas hinter demHerzen zusammengeknäuelten Samengängen. Die Eileiter sind im Gegentheil sehr kurz und beschreiben keine Windungen. Hoden. — Die Hoden (Fig. 25) liegen in der Höhle der Cephalothorax, zwischen dem Magen und dem Herzen , oberhalb des Darmes ; sie werden rechts und links von einer langen, gewundenen Röhre gebildet, welche zahlreiche, nach allen Richtungen hin ausstrahlende An- hängsel trägt, deren blindes Ende bläschenartig erweitert ist. Das Ganze ist von Bindegewebe umzogen und bildet eine dreilappige Masse. Zwei Lappen richten sich nach vorn, der dritte nach hinten ; letzterer schiebt sich unter die Bauchwand des Herzbeutelsinus ein (Fig. 4, ))i n und Fig. 26,01)). Jeder Lappen ist streng ab- gesondert, mehr oder weniger cylin drisch und rundet sich während der Begattungszeit ab, wenn die Samenzellen in Menge abfallen und die Drüsencauäle strotzend anfüllen. Ein langer, mehrfach auf sich selbst ge- wundener Samencanal tritt auf der Bauchfläche hervor, am Verbindungspunkte der beiden Tor- derlappen mit dem Hinterlappen. Bei Beginn ist er eng, wird aber bald breiter und kann bis zu zwei Millimeter im Durchmesser an- schwellen; die Wände werden dicker und er endet, wie gesagt, auf dem Basalgliede des vierten Gehfusspaares. Der Inhalt des Samen- canales ist zuerst flüssig und halb durchsichtig, aber je näher er der Oeffnung kommt, desto dickflüssiger, weisser und undurchsichtiger Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. _j_ AstacusfluviatUls. — Unter der Lupe g-ezeichnete Ho- den und Samencanäle. a, Vorderlappen; J, Hinter- lappen ; c , Knäuel der Samencanäle; d, Aus- spritzungscanal; e, an der Basis des vierten Paares der Gehfüsse ausmündende Oeffnung (siehe Fig-. 2, vd). 50 Arthropoden. wird er. Endlich wird der Samen unter der Form von weichen, nach dem Lumen des Canales abgeformten Cylindern ausgespritzt, welche bei der Berührung mit Wasser erhärten. Man untersucht die histologische Structur auf frischen Zerzupfungs- präparaten, sowie auf Schnitten des in Pikrinschwefelsäure oder in Chrorasäure fixirten Hodens, Osmiumsäure kann zur Fixirung der isolirten Elemente benutzt werden , aber sie dringt so wenig ein und schwärzt die von ihr erreichten Gewebe so sehr, dass man sie kaum Fig. 26. Astucns fluviatiUs. — A, Schnitt durch ein Hodenläppchen (Hartnack, Oc. 3, Obj. 8), das Endbläschen zeigend; a, Samenzellen (Spermatoblasten); h, Keimkerne; c, Endo- thelium der Ausführangscanälchen , bei c' von der Fläche gesehen ; d, Muskelfasern ; e, Hüllmembran. JB, Querschnitt der Drüsenportion des Samencanals; a, Endo- theliumzellen ; &, Längsmuskeln ; c, Kreismuskeln. C, Endothelium des Ausspritzungs- canais ; a, lange Zellen; 6, Kerne; c, Muskelfasern (nach C. Grobben). für Stücke von gewisser Grösse benutzen kann. Die Samenbläschen («, Fig. 26) besitzen eine Wand von Bindegewebe, das zarte Muskel- fasern enthält. Sie sind von einem, von Grobben sorgfältig be- schriebenen Endothelium überzogen, in welchem man zwei Elemente Crustaceen. 51 unterscheidet: umfangreiche polygonale, einen grossen sphärischen Kern enthaltende Zellen (Fig. 26,^«), die Samenzellen oder Spermato- blasten, und zahlreiche, in einer Protoplasmaschicht zerstreute Kerne (&), in welcher es nicht möglich ist, Zellengrenzen zu unterscheiden. Diese Elemente sitzen in dem angeschwollenen blinden Ende der Bläschen; der röhrenförmige, in den Samencanal mündende Theil derselben wird von einem cylindrischen oder cubischen Endothelium bekleidet, welches nach Grobben absondernder Natur zu sein scheint- Grobben und Nussbaum haben in letzter Zeit die Entwicklung der Spermatozoiden in den Spermatoblasten beschrieben. Zur Begattungs- Fio-. 27. Astacus fluriuühs. — A, B, C, Spermatozoiden in verschiedeneu Entwicklung.sstadien; D, ein vollständig reifes Spermatozoid, 650 mal vergrössert (nach C. Grobben). zeit vermehren sich diese Elemente ungemein, man trifft sie in jedem Entwicklungsgrade bis zur vollständigen Reife. In diesem Zustande (Fig. 27, D) bildet das Spermatozoid einen abgeplatteten, sphärischen Körper, dessen Peripherie in eine grosse Anzahl von spitzigen Fort- sätzen ausläuft. Man unterscheidet im Inneren des Körpers einen excentrischen Kern und ein geringeltes, mit feinen, strahlenden Streifen versehenes Körperchen. Die Autoren stimmen über die Be- deutung dieser Elemente nicht überein. Der Samengang unterscheidet sich, was die histologische Structur anbetrifft, nicht wesentlich von dem Hodencanal, die Wände sind 4* 52 Artliropoden. dicker in Folge der grösseren Entwicklung der Muskelscliiclit , in welcher man innere Längsbündel und äussere Kreisbündel beobachtet. Das den Canal auskleidende Endothelium kommt in seiner Mitte zu besonderer Bedeutung, seine Cylinderzellen enthalten einen elliptischen, in Carminlösungen ausgezeichnet sich färbenden Kern ; das Protoplasma ist körnig und sondert eine Substanz von kreideartigera Aussehen ab, die sich mit dem Samen mischt (Fig. 26, B). Im Endtheil des Samen- ganges (ductiis ejaciüatorius) ist das Endothelium nicht mehr das gleiche; die an einander gepressten Zellen haben sich verlängert und ihre Kerne haben sich an ihrem äusseren Ende gegen die Muskelschicht gelagert (Fig. 26, C). Begattungsorgane. — Sie sind durch die zwei Paare modi- ficirter Bauchfüsse hergestellt. Diejenigen des ersten Paares sind auf ein einziges gerades und schmales, in seiner Mitte lamellöses Glied -picf. 28. reducirt. Der untere Theil ist zu einer Rinne ausge- höhlt; wenn sich diese bei- den Rinnen gegen einander legen, bilden sie einen voll- ständigen Canal (Fig. 28, A). Die Bauchfüsse des zwei- ten Paares (Fig. 28, B) be- stehen aus drei Theilen, einem Basalgliede (rf), auf welchem zwei Anhänge eingelenkt sind , die Bor- stenpinsel an ihrem Ende tragen. Astacus fliwiaüüs. — Begattungsanhänge des Diese Anhänge werden Männchens. A, das erste Paar mit seiner Rinne; ^^-^^^ -^ ^.^ werbliche Ge- B, ein Anhang des zweiten Paares ; a, Basalgliecl ; i i i , rp h, lamellöses Endglied; c, fadenförmiges Seiten- schlechtsöffnung einge- glied (nach Brocchi). führt, die Befruchtung ge- schieht höchst wahrschein- lich äusserlich ; wir haben wenigstens niemals Spermatozoiden im Eileiter angetroffen. Jedoch paaren sich die Thiere von verschie- denem Geschlecht. Das Männchen packt das "Weibchen mit den Scheeren, wirft es auf den Rücken und bringt es plötzlich unter sein Abdomen. In diesem Momente sollen, nach Gerbe, die Bauch- füsse sich nähern; das Ende des hinteren Paares wird in die Rinne des Vorderpaares eingebracht, während der ductus ejacidatorius nach aussen vorspringt und den an seiner weissen Farbe kenntlichen Samen an der Basis des Vorderpaares entleert. Der Samen fliesst lang- sam längs der Furche der vorderen Anhänsce und wird durch sie ..-& Crustaceen. 53 Fig. 29. an dem Sternum des Weibchen entladen , wo er während längerer Zeit bleibende weissliche Streifen zurücklässt. Eierstock. — Der Eierstock nimmt beim Weibchen dieselbe Stelle ein, wie die Hoden beim Männchen. Wie dieser, ist das Ovarium dreilappig , wenn auch die Lappen kürzer und abgerundeter erscheinen (Fig. 29). Seine äusserst feinen Wandungen aus Binde- gewebe sind innen mit Endothelialzellen überzogen, welche eine dicke Schicht bilden, an welcher zahlreiche, in die Eierstockhöhle voi'ragende Bläschen sich zeigen. Jedes dieser Bläschen wird in der Weise ein Ei sack oder Follikel, dass eine der Endothelialzellen, welche das Bläschen umgeben, schneller heranwächst als die anderen und das Ceutrum des Bläschens behauptet. Das Protoplasma erleidet Ver- änderungen, je mehr die Zelle sich vergössert; nach und nach ent- wickelt sich ein Nahrungsdotter, in welchem viele Fettkügelchen schwimmen. Der durch Pikrinschwefelsäure fixirte und mit Alkohol abgehärtete Eierstock kann nach Einschliessung in Paraffin in feine Schnitte zerlegt werden. Auf solchen Schnitten kön- nen die Eier in allen ihren Entwickluugs- stadien beobachtet werden. Während der Begattuugszeit ist die Höhle des Eierstockes mit grossen Eiern gefüllt, welche durch Gegendruck eine polygonale Form angenom- men haben. Jedes Ei besitzt ein Keim- bläschen und mehrere Keimflecke, die sich in Carmin stark färben. Der Eileiter entsteht an der Bauchfläche des Eierstockes, am Verbindungspunkte der vorderen Lappen mit dem hinteren (Fig. 29, c) ; er bildet einen breiten, direct nach aussen und nach hinten laufenden Canal, der nach kurzem Verlaufe an der Basis des zweiten Paares der ßauchfüsse mündet (Fig. 2, o d). Während der Ablage werden die Eier von der klebrigen Flüssigkeit, welche aus den Hautdrüsen der Bauchregion abgesondert wird, eingehüllt und durch diesen Stoff fest an die Bauchfüsse angeklebt. Da die Legezeit in unseren Gegenden im November beginnt und die Brütezeit sechs Monate dauert, findet man wähi'end des ganzen Winters Eiertrauben unter dem Abdomen des Weibchens. Der junge Krebs hat beim Auskriechen eine den Eltern ähuliche Gestalt. Die Metamorphosen des Embryos spielen sich also im Inneren des Eies ab. Sie wurden von Rathke, Lereboullet und Reicheu- bach beschrieben (siehe Literatur). Astacus ßuviatüis. — Unter der Lupe gezeichneter Eier- stock, a, Vorderlappen ; 6, Hinterlappen ; c, Eileiter. 54 Arthropoden. Die äussere Gestalt der Krusteuthiere wechselt uneudlich und ergiebt sich aus der relativen Entwicklung und der Vereinigung der verschiedenen, den Körper bildenden Ringe oder Somiten. Das Hautskelett ist in den meisten Fällen in eine mehr oder weniger grössere Anzahl von Ringen getheilt, welche entweder unter einander beweglich, oder zu Gruppen verschmolzen sind, was erlaubt, besondere Regionen, wie Kopf, Thorax, Bauch u. s. w., zu unterscheiden, deren ursprüngliche Segmentirung mehr oder minder verwischt ist. Selten ist der Kopf abgesondert (Amphipoden) , noch seltener beweglich (Squilla). In der Regel verschmelzen seine Segmente mit denjenigen des Thorax zu einem einzigen Cephalothorax (Brachi/tiren), dessen Segmentirung auf der Bauchfläche oft noch sichtbar ist {Macruren}. Sehr häufig wachsen Rücken- oder Seitenfalten des Cephalothorax zu einem Schilde (Apiis) oder einem Panzer aus, der dann entweder die ganze Ko^Df brustregion {Schizopoden, Decajjoden) , oder nur ihre vorderen Segmente {Stomatopoden , Camaceen) bedeckt. Die ausserordentliche Entwicklung der Seitenplatten einer solchen Schale und ihre Ausdehnung nach hinten hat dann die Bildung einer zwei- klappigen Hülle zur Folge, in ^ig* 30. welche der ganze Körper zurück- e gezogen werden kann {Eatheria, Ostracoden). Etwas Aehnliches kommt bei den Cirrhipeden vor (Fig. 30). Zu einer gewissen Zeit ihres Lebens , wo sich die bis dahin bewegliche junge Larve mit ihren Fülllern festsetzt, dehnt sich der Rückentheil ihrer Tegumente in einen breiten Sack (d) aus, wel- cher auf der Bauchfläche offen bleibt und den ganzen Körper umgiebt, aber nur an der Kopf- region ihm angeheftet ist. Uebri- gens kann diese Region beim erwachsenen Thiere über den Sack hinaus in einen langen Stiel auswachsen, mit welchem das Thier sich fixirt, wie es bei den Lepadiden der Fall ist. La der Dicke des Mantelsackes kommen fünf (Lejja.b), sechs {Baianus} oder fünfzehn bis zwanzig {PoUicipes), dem Thiere eine harte Hülle bildende Kalkstücke vor, welche die früheren Zoologen derart getäuscht haben, dass Cuvier die Thiere noch zu den Mollusken stellte. Diemeist abgesonderte Bauchregion zeigt ebenfalls sehr verschiedenartige Stadien der Entwicklung; sie kann die Grösse des Cephalothorax besitzen {Ilacriiren), oder auf eine unter dem Cephalothorax eingeschlagene Lamelle beschränkt sein {Brachytoreii) oder endlich zu einer kleinen Erhöhung ver- kümmert sein {Caprella, Cyamus). Was nun die Zahl der Somiten anbetriff't, so ist sie bei den Entomo- straken höchst unregelmässig, während sie bei den höheren Krustenthieren meist auf zwanzig sich beläuft, wovon dreizehn dem Cephalothorax und sieben dem Abdomen angehören. Ansicht eines Baianus nach weggebrochener Schalenhälfte, a, Mund ; b h' , cirrhenförmige Glieder; c, Kopftheil des Thieres ; d, Haut- duplicatur, die das Thier wie ein Mantel be- deckt; ee, zur Verschliessung der Schale die- nende bewegliche Klappen ; //, äussere Schale ; m, Mviskeln (nach Darwin, dem Handbuche von C. Gegenbaur entnommene Fio'ur). Criistaceen. 55 i)er eine so bedeutende Rolle iu dieser Artliropodeuclasse spieleude Parasitismus vei-\vischt häufig die ursprüngliclie bilaterale Symmetrie gänzlich, und verändert den Körper dermaasseu , dass kein einziger Charakter eines Krusteuthieres mehr übrig bleibt [Lernaea, Sacculina). Darum ist auch die Kenntniss der Larvenformeu nothwendig, um diesen so verkümmerten Wesen ihren richtigen Platz in der Serie anzuweisen. Es bedürfte eines Buches, wollten wir die vielfachen Anpassungen und die Homologien der Glieder bei den verschiedenen Ordnungen der Classe nachweisen. Jedes Somit kann ein Paar gegliederter Anhänge tragen. Im Allgemeinen tragen die Kopfringe zwei Fühlerj^aare, jedoch ist das hintere Paar zuweilen verkümmert (Aptis). Diese Anhänge fungiren beinahe immer als Sinnesorgane (Tast- und Riechorgane); bei einigen Branchiopoden und Ostracoden dienen sie aber auch als Ruder und bei den Männchen der Copepoden ist es nicht selten, den einen dieser Fühler in ein Greiforgau zur Erfassung des Weibchens umgewandelt zu sehen. Nach den Fühlern folgen Mandibeln und Kiefer, v/elche manchmal mit Palpen zur Betastung der Nahrung versehen sind. Bei den Schmarotzern (Argulus) und sogar bei einigen frei lebenden Copepoden sind die Kiefer zu Stechorganen umgestaltet und in eine, durch die verlängerten Vorder- und Hinterlippen gebildete Scheide eingeschlossen. Die hinter den Kiefei'n gelegenen Thoraxfüsse werden noch iu der Mehr- zahl der Fälle zur Mastication verwendet, deshalb der Name Kiefer- oder Kaufüsse. Anstatt der drei bei Astacus erwähnten Paare, welche regelmässig bei den Decapoden vorkommen, finden wir deren nur noch zwei Paare bei den Cumaceen, während sie bei den Stomatopoden bis zu fünf Paaren gelangen. Letztere besitzen dagegen nur noch drei Gehfusspaare am Thorax. Die Brustfüsse dienen meist der Ortsbewegung (Gehen oder Schwimmen), doch können diese Organe auch zur Athmung verwendet werden {Phyllojpoden), oder, wie es häufig bei den Decapoden der Fall ist, zu Hülfsorganeu der Geschlechtsfunction umgestaltet werden. Die Bauchgiieder werden auch zuweilen der Locomotion angepasst, jedoch sind sie im Allgemeinen zu anderen Functionen bestimmt. Manchmal breiten sich gewisse von ihren Gliedern als Athmuugsblätter oder zu Platten aus, die einen Brutraum umgrenzen ; manchmal sind sie bei den Männchen zu einfachen, durch Rinnen ausgehöhlten Stengeln verkümmert und dienen dann als Begattungsorgane. Wir wissen bereits, dass bei dem Flusskrebs, wie bei den langschwänzigen Krebsen überhaupt, die Füsse des letzten Bauchgliedes in Schwimmplättchen umgewandelt sind. DieTegumente sind weit davon entfernt, überall die Härte zu besitzen, welche wir bei unserem Typus antrafen. Bei den meisten Entomostraken sind sie sehr zart und enthalten nur ausnahmsweise Kalkablageruugen. Die Chitinschicht ist einfach, biegsam, durchsichtig und zuweilen so fein gestreift, dass sie das Licht bricht und zu den lebhaftesten Diffractionsfarben Anlass giebt (Sapphirina). Sie wird übrigens öfters erneuert, in Folge wiederholten, namentlich während des Wachsens stattfindenden Mauserus. Fast immer schmücken feine Härchen diese zarte Schale, welche, wie bei den Decapoden, das Ergebniss einer Ausschwitzung der chitinogenen Oberhautschicht ist, die aus cylindrischen oder cubischen, den oben von uns beschriebenen ähn- lichen Zellen gebildet wird. Das Nervensystem ist stets bauchstäudig und man beobachtet im Allgemeinen bei ihm eine Verminderung der Ganglienzahl der Kette im Verhältniss zur Verschmelzung der Somiten. Wenn auch andererseits die Ganglien ursprünglich in jedem Somit paarig und mit einander durch eine Quercommissur und ein Längscounectiv verbanden sind, so dass sie, wie bei 56 Arthropoden. vielen BrancliioiDoden, das Aussehen einer Leiter haben , so muss man doch zugeben, dass in den meisten Fällen bei den übrigen Ordnungen eine An- näherung der beiden Ganglien auf der Mittellinie stattfindet, welche bis zur gänzlichen Verschmelzung führen kann. Die mikroskopische Beob- achtung, besonders ar;f Schnitten,, erlaubt jedoch fast imnaer, in den scheinbar einfachen Ganglien die Spur ihrer ursprünglichen Zwiefältigkeit , wie beim riusskrebs, zu entdecken. Die grösste Concentration des Nervensystems kommt bei den schma- rotzenden Copepoden vor. Hier kann von einer Nervenkette keine Rede mehr sein. Die Nervencentren sind zu einer kleinen , dichten Masse ver- schmolzen, welche ringförmig den Schlund umgiebt und oberhalb dessen sie mehr oder weniger angeschwollen ist , um von da aus alle peripherischen Nerven ausgehen zu lassen. Jedoch fehlt zuweilen auch die Hirnanschwellung, der Bückentheil des Schlundringes wird dann durch eine einfache Commissur dargestellt. Die Hirnentwicklung steht übrigens im directen Verhältniss zu der- jenigen der Augen und der Tühler. "Wenn dieselben verkümmern, wie es bei den Schmarotzern geschieht, vermindert sich das Hirn, während es an Grösse wächst, sobald die Siuuesanhänge des Kopfes sich entwickeln, wie es die grossäugigen Amphipoden {Phronima) z. B. beweisen. Die Zahl der Bauch ganglien, geAvöhnlich zwölf bei den Schizopoden und bei den Macruren, schwankt zwischen sieben bis dreizehn bei den Isopoden und den Amphipoden; sieben bei geAvisseu Copepoden (Caiajwc^es), fünf bei den Daphniden u. s. w. Die höchste Summe erlangt sie bei Apus {Phyllopoden), während sie bei einigen Macruren {Palaemon, Palinurus) in Folge der Ver- schmelzung der Brustganglien abnimmt. Bei vielen Anomuren [Pagurus) sind die Bauchgauglien in eine einzige Masse zusammengeflossen, und bilden in dieser Hinsicht den Uebergang zwischen den Macruren und den Brachyuren (Krabben), deren Ganglien im Thorax zu einer sternförmigen Masse vereinigt sind (Fig. 31, Ä). Ein aus den Connectiven des Schlundringes entstehendes Darmnerven- system ist bereits bei den Cirrhipeden unter den Entomostraken vorhanden. Seine Kenntniss in den anderen Gruppen lässt sehr zu wünschen übrig, mit Ausnahme der Decapoden , wo es in seinen allgemeinen Zügen die dem Flusskrebse angehörende Bildung besitzt. Die Tast-, Geschmack- und E. i e c h o r g a n e werden höchst wahrschein- lich bei sämmtlicheu Krustern durch Härchen dargestellt, welche fast überall auf dem ganzen Körper, aber besonders auf den Fühlern (Tast- und Riechhärchen), auf den Kiefertastern i\nd den Lippen in unmittelbarer Nähe des Mundes (Geschmackshärchen) zerstreut sind. Zu bemerken ist , dass diese Härchen, in deren Axen Nervenfädchen eindringen , bis zu den Copepoden und den Ostracoden herab viel zahlreicher auf den Fühlern der männlichen Indivi- duen als auf denjenigen der Weibchen sich vorfinden. Dieses wurde nament- lich für die Riechhärchen beobachtet. Im Basalgliede der kleinen Fühler befindliche und nach dem beim Flusskrebs beschriebenen Typus gebildete Hörsäckchen finden sich bei den meisten Decapoden vor, sie scheinen aber bei den Stomatopoden und den anderen Crustaceen zu fehlen. Neuere Forschungen über diese wichtigen Apparate sind sehr Avünschenswerth und es dürfte sogar angemessen er- scheinen, dieselben auf die Gesammtheit der Gruppen auszudehnen. Bei mehreren Decapoden sind die Hörbläschen geschlossen , ohne ii'gend welche Verbindung nach aussen , also müssen die Otolithen, welche sie ent- halten, durch ihr Endothelium abgesondert werden. Bei einigen Gattungen {Pinnotheres , Platycarcinus) hat man geschlossene Bläschen beobachtet, die Crustaceen. 57 keine Spur von Otolitlien enthalten. Die Hörsäckclien sind mit sehr feinen, vei'schiedenartigen Härchen aasgekleidet, welche aber von den Siuneshaaren der anderen Körperregionen nicht sehr abweichen; bei Crangon , Hifpolyte sind diese Borsten in sehr geringer Zahl vorhanden. Bei den Mysiden be- finden sich die vollständig geschlosseneu Hörbläschen in der Dicke der dem Telson angehefteten Schwanzplatten und eiiipfangen vom Aftergaugiion einen besonderen Nerven. Hensen hat eine ausführliche Beschreibung derselben gegeben (s. Literatur). Ausser den Schmarotzern (Bopyrus), den Höhlenbewohnern {Asellus, Typliloniscus) , oder den Bewohnerin der grossen Tiefen {Gammarus, Xijphar- gus) besitzen alle Krusteuthiere Fig A^ Kervensystem einer Krabbe [Carcinns mae- nas); gs, Hirnganglion; o, Sehnerv; a, Fühler- nerv; c, Sclilundring ; i, Quercommissur des Ringes; gi, verschmolzene Bauchkette (nach Milne-Edwar ds) ; B, Xervensystem eines Cirrhipeden {Coronida dludema), von der Bauch- seite gesehen ; g s, g i, wie in A ; a, Füliler- nerven, die sich im Mantel und an der Schale verzweigen. Zwischen ihnen liegt das mit dem Hirn verbundene Augenganglion ; m, Mao-en- nerv ; s, Eingeweidenerv, welcher sich in einem Plexus s" mit einem zweiten , von dem Vor- dertheil des Schlundringes herrührenden Vis- ceralnerven s' vereinigt. Das Bauchgan2;lion sendet nach vorn den Nerven des ersten Cir- rhus vmd nach hinten diejenigen der anderen Rankenfüsse (nach Darwin, dem Handbuche von Gegenbaur entnommene Fis-ur). Augen. Zwar zeigen diese Augen sehr verschiedene Entwicklungs- stufen. Die einfachsten bestehen aus einem, in eine Pigmentmasse eingesenkten Sehstäbchen , wie es der Fall bei Nauplius ist. Diese Elementarform verwickelt sich aber in Folge der Ver- mehrung der Stäbchen. Die bei- den seitlichen Sehgruppen nähern sich auf der Mittellinie des Kopfes, um an dieser Stelle ein unpaares, x-förmiges Auge {Cojpe- poden, Ostracoden, Branchiopoden) zu bilden, welchem sich noch gewöhnlich zwei entweder ein- fache [Pontelliden) oder zusam- mengesetzte {Daphnia , Branchi- pus) Augen von späterer Bildung auschliessen. Wenn sie aber bei Branchipus gänzlich getrennt und auf Stielchen gestellt sind, findet man sie bei Daphnia bei- nahe zu einem einzigen , fort- während in Bewegung befind- lichen Auge verschmolzen. Bei einer grossen Anzahl von Phyl- lopoden sind diese zusammen- gesetzten Augen von einer glat- ten Hornhaut' überzogen. Zusammengesetzte Augen mit Facetten sind die Regel bei den höheren Crustaceen. Sie sind festsitzend bei den Edriophthal- men [Ampliipoden, Isopoden, C'u- maceen), gestielt und beweglich bei den Podophthalmen [Deca- poden), oder können auch in Augengrübchen zurückgezogen werden [Brachyuren). Die Zahl der Stäbchen, die Bedeutung des Endganglions des Sehnerven, die Pigmentbildung und die- 58 Arthropoden. < jenige der unterhalb der Hornhaut sich befindüchen Krystallkegel ändert je nach den Gattungen. Die Hornhautfacetten sind im Allgemeinen viereckig {Palaemon, Palinurus) oder sechseckig {Maja, Squilla). Bei Euphausia (Schizo- poden) bemerkt man noch stark roth pigmentirte, au der Basis des Thorax oder der Bauchfüsse angelegte Nebenaugen. Ihre Anzahl beläuft sich auf acht bei Thysanojjoda. Der stets bauchständige Mund mit einer vorderen und einer hinteren Lippe, die nur selten in eine, Stechborsten enthaltende Scheide umgewandelt ist, führt in eine verhältnissmässig einfache Darmröhre. Der Schlund ist kurz, senkrecht oder nach vorn gebeugt und erweitert sich, indem er sich nach hinten krümmt, in einen mehr oder weniger umfangreichen Magen, welcher durch Ausbildung von in der Höhle vorspringenden Chitinstücken complicirt wird. Sie bilden oft einen demjenigen des Flusskrebses ähnlichen inneren Kauapparat , welchen man nicht nur bei den Decapoden , sondern auch bei den Isopoden und bei einigen Amphipoden [Gammarus) vor- findet. Hinter dem Magen verengt sich der Darm und läuft ganz gerade bis zum After. Sein Vordertheil ist bei den Copepoden mit einem Drüsenepi- thelium überzogen, welches jedenfalls die fehlende Verdauungsdrüse vertritt. Magenblindsäcke fehlen den Copepoden ebenfalls , während die meisten an- deren Krustenthiere in der That einen (Sida) , zwei [Daplmiden) (Fig. 32, h) oder auch eine grössere Anzahl von hinter dem Pförtner stehenden Blind- säcken besitzen {Apus, Maja). Ihre Länge ist höchst veränderlich; sie ver- zweigen sich zuweilen [Argulus). Man bemerkt bei einigen Gattungen von Copepoden und von Cladoceren rhythmische Bewegungen des Kectums, welche vielleicht eine Eolle in der Athmung und im Kreislauf der Nahrmigsfiüssig- keit spielen. Bei den Bhizocephalen [Sacculina) ist der Verdauungsapparat gänzlich verkümmert; sie ernähren sich durch Osmose von den ihren Wohnthieren (Krabben) angehörenden Nahrungsflüssigkeiten , vermittelst wurzeiförmiger Bohren, welche in die Eingeweidehöhle dieser letzteren sich verzweigen. Einzellige Speicheldrüsen wurden bei den Daphniden sowie bei einigen Copepoden unterhalb der Vorderlippe beschrieben. Jedoch müssen wir uns, was die Bedeutung dieser Drüsen anbelangt, mit Vermuthungen begnügen; im gleichen Falle befinden wir uns hinsichtlich der von Braun bei den Decapoden und bei Squilla in den Wandungen des Schlundes und der Vorder- lippe aufgefundenen Drüsen. Die unter dem Namen Leber bekannten Verdauungsdrüsen existiren bei den höheren Typen. Sie besitzen die Form von Röhren, deren erweitertes, blindes Ende allein drüsenartig zu sein scheint, während der cylindrische, in den Mitteldarm einmündende Böhrentheil als Ausführungscanal fungirt. Diese Röhren sind zuweilen so weit geöffnet, dass ihre Höhle eine Dependenz derjenigen des Darmes zu sein scheint. Man hat davon ein einziges Paar (Ci/amus, Caprella) oder zwei (Ganmiarits), oder drei P-Aare (Idothea, Ligia) ge- funden. Aber bei allen Decapoden vermehren sich diese Röhren un- gemein, verzweigen sich und bilden im Cephalothorax, auf beiden Seiten des Darmes, eine öfters viellappige oder auch traubenartige Masse (C'rangon, Palaemon). Bei den Stomatopoden sind solche Trauben auf der ganzen Fläche des mittleren Darmes zerstreut. Das stets farblose und amöboide Körj^erchen enthaltende Blut ist bei einigen wenigen Gattungen (Lernanthropus, Clavella) von einer Hämoglobin enthaltenden rothen Flüssigkeit begleitet. Diese Flüssigkeit circulirt in einem geschlossenen Gefässsystem , welches Ed. van Beneden Appareil hematique genannt hat. Dieser Autor vermuthet, dass dieser Apparat dazu dient, dem Crustaceen, 59 die Körperhöllleu füllenden Blute den aufgeuouinienen Sauerstoff zuzu- bringeu und die Ausscheidung der Kohlensäure zu erleichtern. Das Herz fehlt öfters bei deu niederen Gruppen, wie z. B. bei den meisten Cyclopiden, Corj-caeiden u. s. w., sowie bei den Ostracoden, mit Aus- nahme der Cypridinen. Gefässe sind dann ebenfalls nicht vorhanden; die Nahruugsflüssigkeit circulirt in den Hohlräumen in Folge der Zusammen- ziehungen der Körperwände, äßv Muskeln, der Glieder oder des Verdauungs- canais. Die erste Andeutung eines Gefässsystems findet sich wohl bei den Dapli- niden (Fig. 32, c). Das lebhaft sclilagende, sackförmige Herz liegt oberhalb des Darmes. Es empfängt das Blut durch ein oder zwei Paar seitlicher Spaltöffnungen und treibt es bei jeder Systole in eine einzige, sehr kurze Aorta, die es in die Hohlräume des Körpers ergiesst. Bei den Phyllopoden verlängert sich das Herz, und erstreckt sich bis zum Abdomen {Branchiinis). Es trägt auf den Seiten zahlreiche , den Seg- menten entsprechende Oeffnuugen, so dass das Blut in Fülle zuströmen kann. Dagegen sind die ausführenden Gefässe noch sehr einfach und nur am vor- deren Ende ausgebildet. Organisation einer Daplinia ; die grossen Schwimmfühler sind abgeschnitten, ü, Tast- f'ühler; c, Hirn; oc, Auge; i, Darm; A, Blinddärme; (/, Schalendrüse; c, Herz; l, Oberlippe; ov, Eierstock; o, ein Ei in der Bruthöhle o', die zwischen Körper und Mantel liegt (nach Leydig; dem Handbuch von Gegenbaur entnommen). Bei den Arthrostraken wird das röhrenförmige Herz noch länger; es dehnt sich weiter gegen den Kopf hin aus bei den Amphipoden, während es bei den Isoj)oden gegen den Hinterleib hin zurückgeworfen wird. Bei diesen letzteren besonders scheint das arterielle System sich zu entwickeln ; das Herz liefert Gefässe an seinem vorderen und hinteren Ende. Unter den Thoracostraken treffen wir bei den Stomatopoden noch ein sehr in die Länge gezogenes Herz, welches sich an seinen beiden Enden in eine vordere und hintere Arterie fortsetzt, während es bei den Schizopoden und den Decapoden mehr zusammengedrängt ist , sich im Thorax localisirt und sowohl nach vorn als nach hinten eine grössere Anzahl von Stämmen ausgiebt , die sich in dem Hirn , den Fühlern , der Leber, den Geschlechts- organen u. s. w. verästeln. Aber bei keinem Krustenthiere besteht ein unmittelbarer Zusammenhang der Gefässe zwischen den Arterien und dem Athmungsorgan. "Wir haben beim Flusskrebse den höchsten Grad der Entwicklung des Blutkreislaufes 60 Arthropoden. angetroffen und wissen, dass das Blut, nachdem es sich bis zu den letzten Zweigen der Arterien ergossen hat, in Hohlräume (Sinus) strömt, die es zu den Kiemen führen. Nach der Hämatose kehrt es durch Venen, deren Zahl nach derjenigen der Kiemenanhänge wechselt, nicht direct zum Herzen zu- rück, sondern strömt in einen das Herz umgebenden Sinus, aus welchem die Spaltöffnungen des Herzens es entnehmen. Localisirte Athmungsorgane fehlen bei vielen niederen Crustaceen, welche mit der ganzen Körperoberfläche atlimen. Bei den Copepodeu und den Ostracoden bemerkt man zuAveilen mehr oder weniger gefaltete Hauttheilchen, welche die Athmungsfläche vergrössern ; auf der inneren Mantelfläche der Balanideu bilden sich diese Falten zu wirklichen Kiemenblättchen aus. Jedoch im Allgemeinen entwickeln sich die eigentlichen Kiemen auf den Brust- oder Bauchfüssen. Das im Ganzen oder nur theilweise der Athmungs- Fig. 33. Fig. 34. Fig. 33. — Querschnitte von Krustenthieren. ^-i, Phyllopodc (Liranetis nach Grube); B, Squilla (nach M i 1 n e - E d w a r d s) ; c, Herz ; i, Darm ; n, Ganglienkette ; h r, Kiemen ; d, Duplicatur des Kückenteguments, in ^ eine Schale darstellend (nach Gegenbaur). Fig. 34. — Kiemen eines Brachyuren. Die Rückentegumente des Cephalothorax sind entfernt worden. Die Körperhöhle mit dem Kaumagen v und dem Darm, der dai-aus entspringt, zeigt sich in der Mitte ; die seitlichen Kiemenhöhlen sind geöffnet ; rechts die Kiemen mit sechs Reihen von Blättchen ; linkerseits sind vier davon , sowie das Flagellum / weggeschnitten, um den Strudelapparat f, f unterhalb der Kiemen zu zeigen; o, Auge; d, Fühler; ar, eine isolirte, bei rc abgeschnittene Kieme (nach Gegenb aur). function angepasste Glied dient oft ausserdem noch der Ortsbewegung; es plattet sich au seiner Basis blattförmig ab. So besitzen bei den Phyllopoden z. B. (Fig. 33, A, br), wie ihr Name es übrigens andeutet, die Füsse die Form breiter und dünner Lamellen, zwischen deren Wänden der Austausch der Gase sich vollzieht, da das Wasser stets Crustaceen. 61 iu Folge ihrei" beständigen Bewegung sicli um sie erneuert. Alle Glieder können an solcher Umwandlung theil nehmen, sowie es hauptsächlich der Fall bei den Branchiopoden ist. Bei den Isopoden sind die fünf Paare der Bauchfüsse auf diese Weise gänzlich zu Athmungslamellen umgewandelt, und es kommt manchmal vor [Oniscus. Forcellio) , dass ein Paar dieser Glieder sich als Deckplatten entwickelt und die anderen wie in eine Kammer ein- schliesst. Bei den Amphipoden haben die Kiemen die Form von Säcken, welche an den Basalgliedern der Brustfüsse angeheftet sind ; sie sii:id bei Talitrus, Gam-marus unter Hautverlängerungen des Thorax versteckt. Sie sind bei den Caprellen sehr verkümmert ; dieselben besitzen nur zwei kurze röhrenförmige Kiemensäckchen , welche auf dem zweiten und dritten Thoraxsegmente , die keine Füsse tragen, befestigt sind. Bei den Stomatopoden (Squilla) (Fig. 33, B, hr) sehen wir Büschel von verzweigten, auf dem inneren Rande der fünf Paare der Bauchschwimmfüsse angeheftete Kiemen fädchen. Bei allen anderen Thoracostraken, mit Ausnahme der j^Iysiden, die keine besitzen, localisiren sich die Athmungsorgane auf den Kieferfüssen und auf den Gehfüssen. Diese Organe stellen sich aber unter sehr verschiedenen Formen dar ; zuweilen bilden sie Büschel von röhrigen Fädchen , kammartigeu Ver- längerungen (Macrureu) , zuweilen auch Eeihen von einzelnen sich gegen das Ende verschmälernden Plättchen (Fig. 34, a r), welche an den Füssen oder an der inneren \Yand der Kiemenkamraer angeheftet sind. Die Kiemen sind nun nicht mehr von aussen sichtbar, da sie, wie wir es bereits bei Astacus bemerkten, durch eine Duphcatur des Kopf- brustskelettes überdeckt sind. Diese Duplicatur begrenzt äusserlich eine Kiemenhöhle, welche vermittelst einer zwischen dem freien Bande der Dupli- catur und der Basis der Füsse gelegenen Spalte sich nach aussen öffnet. Bei den Brachyuren wird die Spalte vollständiger geschlossen und auf eine ein- fache Ritze reducirt, welche vor dem ersten Fusspaare gelegen ist und durch eine äussere Verlängerung der Basis der Kieferfüsse geschlossen werden kann. Eine derartige Vorrichtung erlaubt den Landkrabben {Gecarcinus), Wasser in ihrer Kiemenkammer zu behalten. Bei dem die Erde bewohnenden Birgus latro finden sich noch auf dem Dach der Kiemenhöhle baumförmig ver- zweigte Verlängerungen , die als eine Art von Lungen angesehen wurden (Sem per). Bei allen Wasserbewohnern wird der Kreislauf des Wassers in der Höhle durch die eigenen BeAvegungen der Kiemen, oder gewisser von der Basis der Kieferfüsse ausgehender ■ und nach hinten auf die Gesammt- zahl der Kiemen sich ausdehnender , peitschenartiger Anhänge befördert (Fig. 34, f, f, f"). Endlich müssen wir auch das Vorhandensein von Luft in den vorderen Kiemenlamellen einiger landbewohnenden Isopoden erwähnen [Poo-ceUio), ohne dass die Form derselben sich wesentlich von derjenige]\ der gleichen Lamellen bei den Wasserbewohnern unterschiede. Bei einigen Copepodenlarven hat man Zellenmassen beschrieben , welche harte Ablagerungen enthalten, die Harnconcretionen zu sein scheinen. Solche in Nebensäcken des Darmes gelegene Zellen finden sich bei Ci/clops-ine castor (Leydig). Bei den Amphipoden wurden kurze, an dem Enddarm angehef- tete Drüsenröhrclien als den Malpighi'schen Canälen der Insecten homologe Organe betrachtet. Mit grösserer Wahrscheinlichkeit gehören Drüsenknäiiel, die sich bei den meisten Ordnungen vorfinden und entweder an der Fühler- basis (Fühlerdrüsen) oder unter Hautfalten an dem Vordertheil des Körpers liegen (Schalendrüsen, Kopfdrüsen u. s. w.) (Fig. 32, g), den Absonderungs- organen an. Grobben' s Forschungen beweisen, das wir es hier mit gleich- 62 Arthropoden. artigen Bildungen zu tliun haben ; ihre innere Structur ist bei Phyllopoden und Copepoden wesenthch die nämliche. Man kann immer bei ihnen ein blindes, sackförmig erweitertes Ende unterscheiden, welches der Drüsen- theil ist und dem Malpighi'schen Knäuel in der Niere der Wirbelthiere vergleichbar wäre , und ein mehr oder weniger langes , auf sich selbst ge- Avundenes Canälchen, welches der Ausführungscanal ist. Diese Bildung findet sich übrigens in der grünen Drüse beim Fltisskrebs Avieder, welche deshalb Fig. 35. als der Fühlerdi'üse homolog be- trachtet werden muss. Zwittei'bildung ist eine Aus- nahme hei den Krustenthieren. Es giebt einige Beispiele davon unter den Cirrhipeden und bei Cymothoe unter den Isopoden. Bei einigen Gattungen von Cir- rhipeden [Scalpellum) treten übri- gens, wie es scheint, nur zu ge- wissen Zeiten männliche Indivi- duen als Ergänzungsmännchen auf. Die Trennung der Geschlechter ist also die Regel und in der grössten Mehrzahl der Fälle sind die keimbereitenden Organe, Ho- den und Eierstöcke, nach dem gleichen Typus entweder ein- facher oder verzweigter paariger Röhren gebaut. Die Männchen sind im All- gemeinen kleiner als die Weib- chen, manchmal bleiben sie so- gar zwergartig klein {Cirrhipe- den^ schmarotzende Copepoden, Bopyrus , Entonisciis unter den Isopoden) und an die Geschlechts- üfFnung dieser letzteren ange- heftet (Fig. 35, M). Wir haben bereits den Dimorphismus der Männchen von einigen Copepo- den {Cydops) erwähnt, bei denen der eine Fühler eingeknickt wer- den kann iind das Weibchen wäh- rend der Begattung festhält. Bei anderen ist es das erste Fusspaar (Estheria) oder die Kieferfüsse (Cypris) , welche zu diesem Zwecke umgebildet sind. Bei den Cladoceren unterscheiden sich noch die Männchen von den Weibchen durch grössere Augen und längere Fühler. Der Angriffsapparat des männlichen Branchipus ist ausserordentlich complicirt; das Hauptstück ist spiralförmig- gewunden. Branchiella mulleus (in der Mundliiihle des Zitterrochens ansässig). Das Weibchen trägt ein an der Geschlechts'öfTnung angeklammertes Männchen J\]. i, Füsse des ersten Paares; k, Füsse des zweiten Paares ; ???, Vordertheil des Körpers ; n, Hintertheil ; r, Eisack mit reifen Eiern ; s, Darm ; /, Eierstöcke. — Crustaceen. 63 Bei den freien Copepoden ist die Geschleclitsdrüse unpaarig; sie liegt in der Mittellinie des Köi-pers oberhalb des Mitteldarmes ; sie besitzt aber zwei mehr oder weniger complicirte Ansführungscanäle an ihren Enden. Die Eileiter zeigen öfters' Erweiterungen , welche als Samenbehälter oder Bruttaschen dienen können. Die Eier werden indess meistens in Säcke ab- gelegt, welche beiderseits am hinteren Körperende angeheftet sind. Die Geschlechtsdrüsen der schmarotzenden Copepoden sind paarig. Bei den Phjdlopoden liegen sie auf beiden Seiten des Darmes; ihre Ausführungs- gänge münden an der Grenze zwischen Thorax und Abdomen. Oefters fungirt ein erweitei-ter Theil des Eileitei-s als Uterus. Bei den Daphniden bildet sich unterhalb der Schale und am Hinterende des Körpers eine Brut- kammer (Fig. 32, o'), in welcher die Eier durch chitinöse Erhöhungen des Bauches festgehalten werden. Bei Estheria entwickeln sich die Eier ebenfalls zwischen den Klappen, auf besonderen Anhängen der Eüsse. Die paarigen Drüsen der Arthrostraken sind im Allgemeinen vollständig- getrennt. Die Eileiter der Amphipoden öffnen sich auf dem fünften Brust- segment. Bei den Isopoden bildet sich eine Brutkammer, welche durch aus den Thoraxfüssen stammende, dachziegel förmig über einander gelegte Plätt- chen begrenzt wird. Unter den Thoracostraken sind es die Schizopocieu, welche die einfachsten Geschlechtsorgane aufweisen. Das unpaare Ovarium setzt sich in zwei weite, als Uterus fungireude Eileiter fort und blätterige Ausbreitungen der beiden letzten Thoraxfüsse begrenzen eine Brutkammer. Die Ansführungscanäle der Männchen enden mit besonderen , von einer Umgestaltung der Bauchfüsse herstammenden Begattungsanhängen. Bei den Decapoden compliciren sich im Gegentheil die gleichen Organe. Der Drüsentheil besteht aus einem sehr langen und sehr feinen , mehrfach auf sich selbst gewundenen Rohr, welches eine mehrlappige, ausnahmsweise bis in das Abdomen sich erstreckende Masse [Pagurus) bildet, wähi-end sie manchmal sehr nach vorn im Cephalothorax gelegen ist (Galathea). Die Ausführungscanäle sind, besonders bei dem Männchen, sehr lang, schlangen- förmig gewunden und stellenweise drüsenartig. Die Drüsen können sogar davon getrennt bleiben , unter der Form von Anhängen (Maja). Bei den Brachj'uren trägt übrigens der Ausführungscanal bei einigen Gattungen eine als Samenbläschen dienende Erweiterung. Im Allgemeinen muss man den- selben als die Fortsetzung der Hodenröhre betrachten und in vielen Fällen giebt es keine streng gesonderte Grenze zwischen beiden (Brocchi). Der Endtheil der Ausführungscanäle ist musculöser, dicker und kann nach aussen hervortreten, er ist öfters Ruthe genannt worden. Die weiblichen Geschlechtsöffnungen finden sich beinahe immer auf dem Basalgliede des zweiten Paares der Gehfüsse oder auf dem diesen Füssen entsprechenden Bruststücke {Brachyuren). Die männlichen Oeffnungen stehen weiter rückwärts , wie beim Krebs , an der Basis des vierten oder letzten Paares dieser gleichen Füsse. Mit Ausnahme von einigen Macruren (Sci/llarus, Palaemon) sind das erste [Homarus] oder die zwei ersten Bauchfusspaare, bei den männlichen Decapoden, zu Begattungsorganen umgewandelt. Die Metamorphose ist deutlicher und allgemeiner bei den Brachyuren als bei den Macruren. Die Spermatozoiden sind unbeweglich (ausser bei den Cirrhipeden) , zeit- weilig fadenförmig und sehr lang (Isopoden, Amphipoden, Ostracoden) , au einem Ende hakenförmig gebogen (Mysis) oder zellenartig und mit aus- strahlenden Anhängen versehen. Im Allgemeinen sind sie bei der Aus- stossung von einer schleimigen Hülle umgeben, die bei Berührung mit Wasser erhäi-tet. Auf diese Weise werden Spermatoiohoren gebildet , welche 64 Arthropoden. das MäDDchen manclimal an den Geschlechtsring des Weibchens anheftet (Copepoden). Fälle von Parthenogenesis sind bei den Ci'ustaceen nicht selten {Cladoceren, Ajpus, Artemia). So bildet z. B. der Eierstock der Daphniden im Frühling und im Sommer Eier , die direct in die Brutkammer übergehen und sich darin ohne jegliche Befruchtung entwickeln. Im Herbst erzeugt das gleiche Ovarium zwei {Daphnia) oder mehrere (Lynceus) sogenannte Wintereier, welche befriichtet werden und den Winter unter der Schale liegen bleiben, um im folgenden Frühling sich zu entAvickeln. Die übrigens seltenen Männchen treten nur im Herbst auf. Bei einigen Cladoceren gehen den Männchen einige Zwitter voran (Kurz). Die directe Entwicklung, in Folge welcher das junge Thier aus dem Ei mit einer beinahe derjenigen der Eltern gleichen Form ausschlüpft, wie es der Fall beim Flusskrebse ist, kommt nur äusserst selten bei den Krusten- thieren vor. Man hat sie so zu sagen nur noch bei den Cumaceen und bei Fig. 36. Naupliuslarveii. A, von Lernaeodiscus ; B, von Cj'clops ; a, unpaares Auge ; b, Chitin- schale; c, Oljeriippe; d, Darm; 1, erstes Paar von einfachen Füssen ; 2 und 3, zweites und drittes Paar zweispaltiger Piudevfüsse. den Mysiden heobachtet. Bei den Isopoden und den Amphipodeu trifft man ebenfalls keine freie Larvenformen. In der Regel machen die Jungen nach dem Austritt aus dem Ei eine Reihe mehr oder weniger complicirter Metamorphosen durch. So vermochte z. B. Claus bei den Cypriden neun Larvenformen nachzuweisen. Diese Umwandlungen sind regressiv bei den Parasiten , wenn sie auch zuweilen sehr verwickelt sind, wie wir es bei der so gewissenhaft von Delage beob- achteten Sacculina sehen. Die bis jetzt hekanuteu Larvenformen sind zahlreich ; die Homologien ihrer Segmente und ihrer Anhänge sind noch lange nicht für eine jede dieser Formen festgestellt. Mit Ausnahme einiger Formen scheinen iudess die meisten von der einfachen Larve NaupUus der Copepoden herzustammen Crustaceen. 65 (Fig. 36). Der in seiner Form sehr verschiedene Nauplius, dessen Tegumeute fein und durchsichtig sind, wird theoretisch in vier Segmente getheilt. Die Abgrenzung dieser Segmente ist selten ersichtUch. Die drei ersten Segmente tragen Anhänge, das erste Paar dieser Anhänge ist einfach, die zwei letzteren zweisj)altig. Da diese Glieder später zu den zwei Fühlerpaaren und den Mandibeln des erwachsenen Thieres sich umwandeln, so kann man die sie tragenden Larven- segmente als die Kopfregion des zukünftigen Crustaceums betrachten. Die Durchsichtigkeit der Haut gestattet bereits ein Hirnganglion bei Nauplius zu entdecken , auf welchem ein einfaches unpaares Auge aufsitzt ; man sieht ferner einen geraden Darm und zwei an der Basis des zweiten Gliedpaares gelegene Fühlerdrüsen. Diese Larvenform wächst nun durch die Entstehung neuer Segmente zwischen dem Mandibelsegment und dem von Anhängen entblössten letzten Aftersegment weiter fort. Bei mehreren höheren Tj'pen (meerbewohnende Decapoden) schlüpft das Junge unter einer anderen Larvenform aus, die Zo'ea genannt wird. Diese besitzt sieben Gliederpaare , ist durch die Grösse ihrer Facettenaugen, zwischen denen ein unpaares Mittelauge steht, und durch nadei- förmige Stacheln ihrer Schale bemerk enswerth. Ausser Zoea hat man andere Larvenformen beobachtet , wie z. B. die Form Megalops der Brachyuren, Erichthus bei den Squillen, Phyllosoma der Langusten u. s. w. Wir können nicht in die Schilderung dieser verschiedenen Entwicklungs- stadien eingehen, da das phylogenetische Studium nicht zu unserer Aufgabe gehört; man wird in der Embryologie von Balfour ihre Beschreibung und die ausserordentlich ausgedehnte Bibliographie über dieselben finden. Literatur. — Jurine, Histoire des AJonodes, Geneve, 1820. — H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung des Flusskrebses, Leipzig, 1829. — V. Thompson, On the Metamor pliosis of JJecapodoiis Crustacea. ZooL Journ,, Bd. II, 1831, et Isis, 1834, 1836, 1838. — Milne-Ed wards, Histoire naturelle des Crustaces, Paris, 1834, 1840. — Ders. , Observations sur le Systeme tegumentaire des Cnistaces Decapodes. Ann. des sc. nat., 3. Serie, Bd. XVI. — Duvernoy, Des organes exte- rieurs sur le squelette tegumentaire des Crustaces Decapodes. Memoires de VAcad. des sc, Paris, Bd. XXIII. — Krohn, lieber die Verdauungsnerven des Krebses. Isis, 1834. — Oesterlen, lieber den Magen des Flusskrebses. 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Das erste vorn am Munde gelegene Gliederpaar trägt eine auf zwei kurzen Gliedern stehende Zange; das zweite, ungemein wechselnde Paar fehlt zuweilen gänzlich und scheint vielmehr Tast- functionen zu besitzen ; das dritte Paar ist beim Männchen stets grösser als beim Weibchen und zeigt bei ersterem blätterige Anhängsel, auf welchen sich die Eier anheften , die das Männchen nach der Be- frvichtung mit sich trägt; die vier folgenden Paare sind im Allgemeinen die längsten und mit einer Endkralle versehen , mit welcher diese Thiere sich an die Pflanzen und Steine, worauf sie langsam umher kriechen, anklammern. Man kann die Pantopoden nur am Meeresufer und im lebenden Zustande beobachten, da ihre geringe Grösse keiue Zergliederung gestattet. Die Tegumente zeigen die zwei gewöhn- lichen Schichten der Arthropoden : eine mehr oder weniger erhär- tete Cuticula und eine Hypodermis , zwischen deren Zellen zahl- reiche einfache Hautdrüsen sich vorfinden. Bei den Männchen trifft man auch noch am vierten Gliede der vier Hinterbeinpaare Kittdrüsen, welche zuweilen in einen gemeinschaftlichen Ausführungscanal münden. 68 Arthropoden. Stacheln oder Haare mit centralem Canal sind ebenfalls vorhanden. — Das Nervensystem besteht aus einem, die Augen sowie das erste Gliederpaar innervirenden Oberschlundganglion; ausserdem liefert es einen bedeutenden Nerven zu dem Obertheile des Schnabels, Dieser Nerv besitzt secundäre Ganglien. Zwei Commissuren verbinden das Oberschlundganglion mit der Bauchkette , deren Ganglien durch Ver- schmelzung eine Reducirung erleiden können. Die vier Augen sind in einer rückenständigen, warzenartig vortretenden Erhöhung gelegen und einfach; man findet darin eine Krystalllinse, eine Choroidea und eine Retina. Zwischen den Augen zeigt sich eine in einen chitinösen Ring eingeschlossene Zellenanhäufung, deren Function zweifelhaft er- scheint. Der dreieckige Mund ist von drei weichen, behaarten Lippen umgeben , welche durch ein sehr verwickeltes , chitinöses Gerüst ge- tragen werden. Er führt in einen ziemlich weiten Canal, in dessen Grunde ein Reuse nap parat sich befindet, welcher aus langen, steifen, feinen und spitzigen Borsten besteht, die mit ihren Spitzen nach vorn frei hervortreten und mit ihrer etwas verbreiterten Basis, an welche sich feine Muskelfasern ansetzen , in den Wänden des Canals fixirt sind. Zuweilen sind einige grössere Zähne in diesen Apparat eingepflanzt. Von diesem derart vertheidigten Eingange erstreckt sich die Speiseröhre als ein gerader Schlauch in einen Mitteldarm, von welchem röhrenförmige Blinddärme symmetrisch ausgehen, um in allen Fällen wenigstens bis in die vier Hinterbeinpaare, sogar manchmal bis in das erste Paar und bis zum Schnabel sich zu er- strecken. Oefters verlaufen diese durch bindegewebige Bänder in ihrer Stellung festgehaltenen Blindsäcke bis zur Spitze der Bein- paare. Sie besitzen dieselbe Structur wie der Mitteldarin ; eine äussere Eigenhaut, eine aus zarten Muskelfasern bestehende mittlere Haut und ein Zellenendothelium. Der ganze Darmapparat ist mit durchsichtigen, in der Flüssigkeit schwimmenden und wahrscheinlich als Verdaiiungselemente fungirenden blasigen Körperchen erfüllt. Der After befindet sich am Ende des Abdomens. Das aus mehreren Kammern bestehende Herz zeigt zwei Paare Seitenspalten und zu- weilen noch eine hintere, mittlere Endspalte. Es bildet nur eine mus- culöse Rinne, die mit ihren Oberrändern dem Tegumente angeheftet ist, welches die obere Decke des Canals bildet. Gefässe giebt es nicht. Das Blut enthält zahlreiche amöboide Körperchen, durchsichtige Bläschen und scheibenförmige Körperchen. Die Pygnogoniden sind getrennten Geschlechts. Die Organe sind röhrenförmig und liegen in dem Winkel zwischen Herz und Darm ; sie erstrecken sich nach vorn bis zum Schnabel und entsenden Blindsäcke in die vier hin- teren Beinpaare. Bei den Männchen erreichen die Hodenblindsäcke nur das dritte Glied des Beines, während die Ovarien sich bis zum vierten, zuweilen sogar bis zum Eudgliede ausdehnen. Die Eier ent- Xiphosiiren. 69 stehen vorzugsweise in den Blindsäcken. Die mit Klappen versehenen Oeffnnngen der Ovarien stehen an der Basis des zweiten Gliedes eines jeden Beinpaares, mit Ausnahme von Phoxichilidium, wo nur das letzte Beinpaar eine GeschlechtsöflFnung besitzt. Die im gleichen Gliede ent- haltenen männlichen Oeffnungen variiren mehr, was ihre Zahl an- betrifft. Das vierte Beinpaar zeigt nie eine Geschlechtsöffnung. Die an den blätterigen Anhängseln des dritten Beinpaares angeklebten Eier werden von den Männchen bis zum gänzlichen Auskriechen der Larven, die mit dem Nauplius eine gewisse Aehnlichkeit haben, getragen. Bei vielen Pantopoden findet sich eine zweite Larvenform vor, welche in Hydrarpolypen schmarotzt. Sie nähern sich während ihrer ersten Larvenform den Entomostraken, von denen sie dann im er- wachsenen Zustande bedeutend abweichen. Literatur. — A. de Quatrefages, Sur V Organisation des Pycnogonides. Annales des Sc. naiur. 3. Serie, Bd. IV, 1845. — Cavanna, Studie e richerchi sui Picnogonidi. Firenze 1877. — A. Dohrn, Fauna und Flora des Golfes von Neapel. III. Monogr. Die Pantopoden. Leipzig 1881, Die Xiphosuren oder Po e cilopoden. Die heutzutage einzig diese Classe bildende Gattung lAmulus findet man an den Küsten des Indischen Meeres und des Atlantischen Oceans und in Nordamerika. — Von oben betrachtet, zeigt der Körper drei Theile: ein grosses gewölbtes, vorn und auf den Seiten abgerunde- tes Schild , das nach hinten durch zwei dreieckige Flügel ^verlängert wird, in welche ein zweites kleineres, mit dem ersten durch eine Quer- linie verbundenes und auf seinen Seitenrändern durch grosse mobile Stacheln gezacktes Schild eingepasst ist. Diesem Stücke schliesst sich noch eine lange, harte, einem dreikantigen Dolche ähnelnde Spitze an. Das vordere Schild trägt zwei seitliche, auf den Rändern eines durch erhabene Linien umgrenztenRaumes gelegene, zusammengesetzte Augen und weiter nach vorn zwei kleine, der Mittellinie näher stehende, ein- fache Augen. Auf der Bauchfläche des Vorderschildes erscheinen sieben Paare von Anhängen, die den ungefähr im Centrum des Schildes ge- legenen Mund timgeben. Das erste , unmittelbar vor dem Munde stehende Paar ist kurz, dünn und endigt mit einer Scheere; die Hüft- glieder der fünf folgenden Paare sind mit einer aus starken Stacheln bestehenden Bürste bewaffnet; bei den Weibchen endigen sie alle mit Scheeren , während bei den Männchen ein oder zwei Vorderpaare mit Krallen endigen, mittelst welcher sie sich während der Begattung an den Rücken der Weibchen anklammern. Diese fünf Gliederpaare sind wirkliche Kieferfüsse; die am letzten Paare durch eine schneidige 70 Arthropoden. Platte ersetzten Hüftbürsten zerreiben in der That die Nahrungsstoffe, während das freie Ende zum Gehen dient. Man betrachtet als ein siebentes Paar zwei abgeplattete und haarige Spitzen, die wohl hinter dem Munde gelegen sind, sich aber nach vorn zwischen die Hüftglieder hineinbiegen, um den Mund zu bedecken. Endlich setzen sich noch an das zwischen den beiden Schilden befindliche Gelenk zwei breite, dicke, in der Mittellinie zusammenlaufende Lamellen an, die sich über die Bauchseite des hinteren Schildes hinüberschlagen und so einen Deckel für fünf Paare lamellärer und dünner Anhänge bilden, welche als Kiemen fungiren und eine gewisse Aehnlichkeit mit den Kiemen- beinen der Phyllopoden zeigen. Der bauchständige After tritt an der Basis des Schwanzstachels hervor. Die Tegumente zeigen die gleiche Structur wie die der grossen Crustaceen mit stark entwickeltem Panzer, doch mit dem Unterschiede, dass bei ihnen die chitinöse Natur der Schichten vorherrschend ist, und nur sehr wenig Kalksalze darin vorkommen , während knorpel- artige Bildungen stellenweise sich erblicken lassen. Das Nerven- system zeigt eine höchst sonderbare Bildung. Die centralen Theile sowie die Mehrzahl der Nerven liegen in der Axe von arteriellen, sinus- artigen Gefässen, welche weit abstehende Scheiden bilden, so dass das Blut im Zwischenraum zwischen der Scheide und dem axialen Nerven circulirt. Die sensitiven Nerven treten sofort nach ihrer Entstehung aus dem Centralsinus hervor und werden unabhängig, während die anderen grösstentheils im Inneren der Arterien verlaufen. Die Präpara- tion des Nervensystems wird in Folge dieser eigenthümlichen Bildung ziemlich schwierig, um so mehr, als die Nerven und die Centraltheile in ihrer Stellung durch Bänder von Bindegewebe festgehalten werden. Das centrale Nervensystem besteht aus zwei Theilen: aus einem durch die Verschmelzung aller unter dem Vorderschild ange- legten primitiven Ganglien geformten Schlundring, und aus einer ab- gekürzten , aus kaum angeschwollenen Ganglien bestehenden Bauch- kette, welche durch einen doppelten Strang, dessen Connective sehr nahe an einander liegen, verbunden sind. Am Schlundring bemerkt man ein Vorderganglion, welches ein Nervenpaar zu den Ocellen, ein anderes bedeutenderes zu den zusammengesetzten Augen, und endlich ein drittes Stirnnervenpaar zu dem Tegumente des Vorderschild- randes entsendet. Unmittelbar hinter diesem Frontalnerven, aber bereits auf dem Anfang der seitlichen Commissuren, entspringt ein längs dem Schlünde laufendes Paar von Magennerven , die auf beiden Seiten des Pförtners ein kleines Ganglion bilden. Die zweifellos aus der Verschmelzung von mehreren Ganglien entstandenen Seiten- commissuren sind vermittelst Querbrücken, deren Zahl wechselt, ver- bunden. Der Schlund geht zwischen dem vorderen Mittelganglion und der ersten Brücke durch. Die Commissuren liefern nach und Xiphosuren. 71 nach Nerven für die sieben an der Bauchfläche des Vorderschildes fixirteu Beinpaare; die Ganglien der Bauchkette innerviren die corre- spondirenden Theile des hinteren Schildes und die Kette endet mit zwei ziemlich starken Nerven, welche durch pinselförmige Bündel bis zum Schwanzanhange gehen. Die einfachen Oc eilen besitzen eine glatte, nach aussen wenig, aber innerlich sehr gewölbte Cornea, anstatt einer Krystalllinse; die zusammengesetzten Augen dagegen haben Facetten, die nur im Inneren durch Vorsprünge, welche in die Pigment- schicht eindringen, angedeutet sind. Der Darmcanal zeigt einen spaltenförmigen Längsmund, der sich in einen engen Schlund öffnet, welcher zuerst nach vorn läuft, dann aber sich im Halbkreis umbiegt, um auf der Höhe der Ocellen einen Sack mit fleischiger Wandung zu erzeugen. Derselbe wird innerlich von einer dicken chitinösen Schicht ausgekleidet, welche stumpfe, in Längsreihen geordnete Wärzchen trägt. Dieser Vormagen ist ohne Zweifel ein Kaumagen ; er öffnet sich in den Darmcanal mittelst eines engen, gegen die Oeffnung dieses letzteren vorspringen- den Trichters. Die Darmröhre selbst ist durchaus gerade, jedoch zeigt ihr Vordertheil, in welchen der Trichter des Vormagens mündet, vor- springende Querrunzeln. Am Ende dieses Theiles, welchen man als Magen betrachten könnte, münden in die Röhre zwei Paare von Aus- führungsgängen einer sehr umfangreichen und lappigen L e b e r , welche die Seitenräume zwischen den Muskelmassen der Beine und den Vorder- schildrändern einnimmt. Das Rectum mit hervortretenden Längs- muskelstreifen ist kurz. Der Blutkreislauf ist ziemlich vollständig; Lacunen treten nur an den letzten Enden der beinahe capillären Verzweigungen auf. Das röhrenförmige, in dem Herzbeiitel durch Querbändchen gehaltene Herz erstreckt sich vorn von dem Vormagen bis zum letzten Drittel des Hinterschildes, indem es sich von vorn nach hinten erweitert. Es besitzt acht Paare knopflochartiger, mit Klappen versehener Seiten- spalten, durch welche das vom Körper zurückfliessende und im Herz- beutelsinus angesammelte Blut in das Herz eindringt, um dann aufs Neue durch elf, an die verschiedenen Organe sich vertheilende und die Scheiden um das Nervensystem bildende Stämme ausgetrieben zu werden. Für die Einzelheiten verweisen wir auf die Arbeit von Alph. Milne-Edwards (siehe Literatur). Das Blut, welches in den Capillar- netzen und in den Gewebelacunen circulirt hat, sammelt sich zuletzt in zwei grosse Seitenstämme, durch welche es zu den fünf Paaren der blattförmigen, unter dem hinteren Schild gelegenen Kiemen, sowie zu den Opercularlamellen fliesst. Nachdem es sich in den Capillarnetzeu dieser Kiemenblätter oxygenirt hat, kehrt das Blut wiederum zu dem Pericardialsinus durch sechs, in diesen Sinus einzeln mündende Gefäss- stämme zurück. 72 Arthropoden. Die fünf Kiemenblättclienpaare sind an der Bauchfläche des hin- teren Schildes angeheftet. Sie bestehen ans zwei chitinösen , sehr feinen Lamellen , welche am Rande durch einen dickeren Chitinrand verbunden sind und zwischen sich zahlreiche, nach concentrischen Linien geordnete Lacunen lassen , in welchen das Blut circulirt. Die bereits erwähnten, alle diese Lamellen bedeckenden Deckel, sind ohne Zweifel verdickte Kiemenblätter, die ihre Athmungsfunction verloren haben. Die Geschlechter sind getrennt. Die Männchen sind kleiner als die Weibchen und unterscheiden sich, wie bereits gesagt, durch die Modification ihrer mit Krallen anstatt Scheeren bewaffneten Vorder- beine. Die inneren männlichen und weiblichen Organe zeigen ähn- liche Gestaltung, obgleich die der Weibchen bedeutend grösser sind. Ovarien und Eileiter stehen in directem Zusammenhang, sind röhren- förmig und bestehen aus zwei Seitentheilen, die hinten und vorn mit einander communiciren und je nach ihrem Entwicklungsgrade laterale Blindsäcke bilden. Die ausführenden Eileiter entstehen vor der Endvereinigung der Organe, die in der Bauchhöhle über und um den Darm herum gelagert sind ; sie laufen schräg nach innen und unten, jim mit zwei spaltförmigen Oeffnungen zu endigen, nachdem sie durch ihre Erweiterung eine kleine Tasche an der Basis des Deckels, in der Nähe der Mittellinie zwischen den beiden zurückgebogenen Lamellen dieses letzteren, gebildet haben. Die Embryonen durchlaufen im Ei eine Reihe von Stadien, von denen das eine äusserlich den Trilobiten gleicht (siehe die Arbeiten von Dohrn und von Packard). Die Xiphosuren können weder unter den Crustaceen noch unter den Arachniden untergebracht werden. Sie gehören augenscheinlich einem besonderen , uralten Phylum an , welches einerseits mit den ausgestorbenen Merostomen und Trilobiten, andererseits vielleicht auch mit den Scorpioniden in sehr engem Zusammenhange steht. Literatur. — J. van der Hoeven, RechercJies sur PMsioire naturelle et Vanatomie des Limiiles^ Leyde 1838. — C. Gegeubaur, Anatomische Untei'suchung eines Limulus mit besonderer Berücksichtigung der Gewebe. Abh. naturf. Ges., Halle, Bd. IV, 1838. — A. I. Packard, On the enibryolocjy of Limulus polypliemus, Pro- ceed. American Association 1871. — Ders., Memoirs of ihe Boston. Soc. of nat. Mst., Bd. II, 1871. — Ders., Further oiservations. American Natural. Bd. VII, 1873. — Ders., Devel. of the nervous System, ebend., Bd. X, 1875. — A. Dohrn, Embryol. u. Morpholog. des Limulus polyphemus. Jena'sche Zeitschr., Bd. VI, 1871. — R. Owen, On the anatomy of the American Kings -crah. Transact. Linnean Soc, Bd. XXVIII, 1872. — Alph. Milne-Edwards, Recherches sur Panat. des Lhnules. Ann. sc. nat., 5. Serie, Bd. XVII, 1873. Tardigraden oder Bärthierchen. 73 Die Tardigraden oder Bärthierchen. Diese kleinen, im Meere, im Süsswasser, im Moose der Dach- rinnen etc. lebenden Thierchen , deren abwechselnd an feuchten oder gänzlich austrocknenden Orten sich aufhaltende Arten durch ihre Fähigkeit, nach einem mehrjährigen Verdorren wieder aufzuleben, berühmt geworden sind, besitzen einen cylindrischen, undeutlich seg- mentirten Körper, welcher mit vier kurzen, ungegliederten, stummei- förmigen Parapodenpaaren versehen ist. Diese Glieder sind mit zurück- ziehbaren Krallen bewaffnet, die zuweilen zweispaltig sind; meist finden sich vier solcher Krallen an einem Fussstummel, in einzelnen Fällen kann die Zahl bis auf neun steigen {Ecliiniscus). Das letzte Fusspaar ist immer endständig und auf beiden Seiten des Afters gelegen. Der wenig abgesonderte Kopf trägt vorn den mit Stiletten ausgerüsteten Saug- mund und manchmal auch ein Paar einfacher Augen , die meist zu Pigmentarflecken, welche einen lichtbrechenden Körper umgeben, ver- kümmert sind. Die Haut, obgleich chitinöser Natur, ist biegsam, aber nach dem allgemeinen Plan der Arthropoden gebaut; sie zeigt eine äussere Schicht mit Porencanälchen , welche Stacheln und Borsten trägt und zuweilen so dick wird, dass sie eine Art von Panzer bildet (Münesium) ; die untere Schicht ist eine zellige Hypodermis. Die Muskeln sind glatt, aber in besondere Bündel getheilt. Wimper- epithelien trifft man nirgends, weder äusserlich noch innerlich. Das Nervensystem besteht aus einer Bauchkette, welche durch vier in der Mitte verschmolzene Ganglien und durch lange , zuweilen mittelst Querbrücken verbimdene Seitencommissuren gebildet wird. Das Unterschlundganglion entsendet nach vorn zwei Paare Nerven , von denen das eine Paar, das zuweilen eine geringe Anschwellung zeigt, nach einem Orte der Haut sich wendet, welcher zuweilen warzenförmig vorspringt und augenscheinlich mit einigen Haarzellen versehen ist (Tast- oder Riechorgan). Das zweite, ebenfalls zu einem Endganglion anschwellende Paar, geht zu den Augenflecken. Nach Greeff ist dieses Ganglienpaar durch eine feine, über den Schlund sich erstreckende Faserbrücke verbunden; es würde somit den gänzlich auf die Seite verschobenen Oberschlundgauglien entsprechen. Die drei anderen Ganglien innerviren die Füsse und die Eingeweide. Der von Papillen umgebene Mund führt in eine steife Chitinröhre , in deren Oeffnung zwei lange, feine, spitzige, zuweilen kalkige Stilette sich befinden, welche in einen kugelförmigen Pharynx eingepflanzt sind, dessen enge, centrale Höhle "manchmal mit chitinösen Platten ausgekleidet ist. Zwei grosse birnförmige Seitendrüsen entleeren ihren wahrscheinlich giftigen Inhalt in die Mundröhre, unmittelbar vor dem Pharynx. Aus 74 Arthropoden. demselben entspringt die gerade cylindrische Darmröhre. Der end- ständige After hat die Form einer Längsspalte. Ausscheidungs-, Circnlations- oder Athmungsorgane sind nicht nachgewiesen. Die Nahrungsflüssigkeit füllt die umfangreiche Körperhöhle und enthält sphärische, granulöse, ziemlich grosse Körperchen. Die Tardigraden sind Zwitter. Das unpaare, sehr bedeutende Ovarium ist auf der Rückenfläche der Darmröhre in der Mitte des Körpers gelegen und erzeugt verhältnissmässig sehr grosse Eier mit einer festen, zuweilen glatten , zuweilen mit Runzeln oder Papillen bedeckten Schale. Nach hinten und auf der Rückseite des Ovariums trifft man ein mit zwei röhrenförmigen Hoden zusammenstossendes Samenbläschen. Alle diese Theile münden mit dem Darmcanal gemein- schaftlich in eine Art von Cloake, um welche zuweilen kleine accesso- rische Drüsen gruppirt sind. Einige Autoren haben einen aus dieser Cloake heraustretenden Penis beobachtet (Greeff). Die Arten mit glatten Eiern legen dieselben in ihre, bei Gelegenheit einer Häutung abgestreifte Haut. Diese Eier zeigen eine vollständige Zerklüftung, aus der schliesslich ein auf die Bauchfläche zurückgebogener, aus Ectoderm und Entoderm gebildeter Embryo hervorgeht. Der Pharynx wird zuerst im Inneren des Embryos angelegt. Die Organisation der Tegumente, sowie das gänzliche Fehlen aller "Wimperformationen verweisen wohl die Tardigraden unter die Arthropoden , während hingegen die Stellung ihrer Glieder sie ent- schieden von den Arachniden entfernt, die keine abdominalen Anhänge besitzen, Sie bilden ein besonderes Phylum, welches durch seinen Pharynx sich den Acariden nähert, aber auch ausgesprochene Ver- wandtschaft mit den Anneliden zeigt. Literatur. — A. Doyere, Memoire sur les Tardigrades. Ann. sc. tiat., 2. Serie, Bd. XIV, 1840. — J. Kaufmann, Ueber die Entwicklung und die systematische Stellung der Tardigraden. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, Bd. III, 1854. — R. Greet'f, Ueber das Nervensystem der Bärthierchen. Archiv f. mikrosk. Anatomie, Bd. I, 1865. — Ders. , Untersuchungen über den Bau und die Natur- geschichte der Bärthierchen, ebend., Bd. II. 1866. Die Linguatuliden oder Pentastomen. Diese wurmförmigen , mehr oder weniger ventral abgej)latteten Thiere leben im entwickelten Zustande als Schmarotzer in den Athmungsorganen verschiedener Erdwirbelthiere. Der Körper zeigt zahlreiche Segmente mit vorstehenden und zuweilen zahnartig aus- gezackten Hinterrändern. Man unterscheidet an dem Vordertheile einige breitere und stärker angedeutete Segmente, welche vorn zwei Tastwärzchen und auf der Bauchfläche den Mund zeigen, der von Pentastomen. 75 zwei in einen Halbkreis gestellten Hakenpaareu umgeben ist. Diese Haken können in Hautvertiefungen zurückgezogen werden ; sie stützen sich auf ein chitinöses Gerüst, besitzen eigene Muskeln und können als zweigliedrige, rudimentäre Glieder betrachtet werden, so wie man die auf dem Stirurand gelegenen Tastwärzchen mit den Fühlern der übrigen Arthropoden vergleichen kann. Die Tegumente bestehen aus einer äusseren chitinösen Schicht und einer zelligen Hypodermis. In der ersteren bemerkt man porenförmige Canälchen und auf den vorderen Segmenten runde , fälschlich Stigmen genannte Grübchen, in deren Grunde die Hypodermis angeschwollen erscheint. Diese Stigmen sind wahrscheinlich zurückgebildete Hautdrüsen, welche während der Larvenzeit in Function waren. Das Muskelsystem liegt unmittelbar an der Haut und zeigt von aussen nach innen zuerst eine Schicht von Querfasern, dann eine mittlere Längsfaserschicht und innen eine Schicht von schiefen Fasern. Die einzelnen Muskelbündel bestehen aus sehr feinen und quergestreiften Fasern. Alle Muskelfasern sind mit grossen Kernzellen umgeben und die schiefen Fasern bilden mit dieser Aus- kleidung seitliche Divertikel des Cöloms, die in einem canalförmigen Mittelraume zusammenlaufen. Das centrale Nervensystem beschränkt sich bei den Erwachsenen auf ein einziges Unterschlundganglion, welches aus zwei beinahe ihrer ganzen Länge nach verschmolzenen Hälften besteht und nach vorn einen dünnen, einfach faserigen Ober- schlundring zeigt. Die Speiseröhre läuft zwischen diesem Ringe und dem Ganglion. Bei jungen Thieren zeigt das Ganglion Bildungen, welche sein Verwachsen aus zwei Reihen von seitlichen Ganglien beweisen. Es bildet also eine verschmolzene Bauchkette. Die symmetrisch angeordneten Nerven begeben sich direct zu den Organen, vorzugsweise zu den Tastwärzchen, zu den Gliedern u. s. w. Einige Naturforscher erwähnen ein von anderen Autoren bezweifeltes sym- pathisches Nervensystem. Ausser den Tastwärzchen giebt es keine anderen Sinnesorgane. Der unweit hinter dem Vorderende gelegene Mund ist von einem chitinösen Ringe umgeben und unbewaffnet. Ein kurzer Trichter mit chitinösen Wandungen führt zum musculösen Pharynx, welcher Saugbewegungen machen kann. Die eigentliche, aus diesem Pharynx austretende Speiseröhre ist ziemlich eng ; sie durchsetzt den Nervenring und erweitert sich sogleich in einen weiten, röhrenförmigen, in seiner Vorderhälfte der Länge nach gefurchten Magen , der ohne äusserliche Abgrenzung mittelst einer musculösen Einschnürung in das Rectum übergeht, welches sich am Hinterende des Körpers öffnet und in seiner Stellung durch Bindegewebsfäserchen, die das Cölom in schiefer Richtung durchsetzen, zurückgehalten wird. Man findet keine Spur von eigentlichen Circulations- oder Athmungs- organen ; nirgends sieht man Wimpern. Die in Folge der Zusammen- ziehungen des Körpers und der Muskeldivertikel des Cöloms in 76 Arthropoden. Bewegung erhaltene Nahi'ungsflüssigkeit ist sehr dickflüssig, farblos und enthält keine Körperchen. Gruppen von einzelligen, im vorderen Theile des Körpers gelegenen Drusen stellen das Ausscheidungssystem vor. Diese Drüsen sammeln ihre Ausführungsgänge in Canälen , die sich nach aussen an der Basis der Haken öffnen. Bei einigen Arten (P. Diesingü) laufen die Absonderungscanäle neben der Speiseröhre durch den Nervenriug. Die Geschlechter sind getrennt. Die Keim- organe (Hoden und Ovarien) haben die Form einer medianen, in die Länge gezogenen, unmittelbar unter der Rückenhaut gelegenen Drüse. Der Hoden verlängert sich nach vorn in ein Samenbläschen, aus welchem zwei Ausführungscanäle entspringen , die an ihrer Basis accessorische Bildungen besitzen, welche als Ejaculationsapparat für den Samen zu fungiren scheinen. Die Samenleiter richten sich nach der Bauchfläche, indem sie den Magen umziehen ; ein jeder erweitert sich zu einer bedeutenden Tasche, welche einen fadenförmigen, un- gemein laugen und in der Tasche aufgewickelten Cirrhus enthält; sie münden zuletzt in einer medianen, am dritten Segment, hinter dem letzten Hakenpaare gelegenen Oeffnung nach aussen. Die weiblichen Organe sind bedeutend einfacher. Das unpaare Ovarium verlängert sich in zwei Eileiter, die in eine einfache, sehr lange und geräumige Scheide münden, welcher awei Samenbläschen angeheftet sind. Die Scheide öffnet sich nach aussen unmittelbar unter dem After. Man weiss, dass die Linguatuliden eine Sei'ie von Metamorphosen durchmachen, bevor sie zur Reifezeit gelangen. Die erste Embryönal- form besitzt ausser den beiden Gliederpaaren ein räthselhaftes, chiti- nöses Organ auf der Mitte des Rückens und eine Mundbewaffnung, welche aus einem grossen, bauchständigen Stilett und ein oder zwei Paaren von Seitenstacheln besteht. Diese Stücke gehen später gänzlich verloren. Diese Thiere sind durch den Parasitismus bis zum höchsten Grade degenerirte Arthropoden. Wenn wir auch zugeben , dass gewisse Charaktere sie den Acariden nähern , so stimmen wir dennoch mit Balfour überein, welcher behauptet, dass man sie nicht ohne Zwang bei dieser Gruppe unterbringen kann. Fernere Untersuchungen werden uns vielleicht denjenigen Stamm der Arthropoden nennen, welchem sie zuzurechnen sind. Literatur. — P. J. van Beneden, Recherches sur P Organisation et le deve- loppement des Linguatules, Memoires de PAcad. de Bruxelles, 1849 {Ann. scienc. natur., 3. Serie, Bd. XI, 1849, Extrait). — Rud. Leuckart, Bau und Entwicklungs- geschichte der Pentastomen, Leipzig, 1860. Onychophoreii. 77 C lasse der Onycliop hören. Monographisch können wir diese, aus der einzigen Gattung PeripatiiS bestehende Classe, deren zahlreiche Arten in den tropischen Zonen Amerikas, am Cap und in Xeu- Seeland leben, nicht behandeln. Da aber der Typus dieser wurmförmigen Landthiere vom morpholo- gischen Standpunkte aus höchst wichtig ist, werden wir in eingehender Weise und weitläufiger die bei ihm vorgefundenen Einzelheiten besprechen, als wenn es sich um andere abweichende oder Uebergänge vermittelnde Typen handelte. Der ziemlich deutliche, aber kaum vom Körper getrennte Kopf trägt vorn zwei einfache, geringelte Fühler, zwei an der Basis derselben auf der Rückenfläche gelegene einfache Augen und auf der Bauchfläche einen weiten, mit einer Lippe umgebenen Mund, in dessen Hinter- grund man ein Paar seitlicher, mit kleinen Häkchen bewaffneter Kiefer nebst einem Paar tasterartiger Anhängsel trifft, in welchen bedeutende Schleimdrüsen münden , die offenbar in Hinsicht auf eine specielle Function umgewandelte Füsse sind. Der Körper ist in eine grosse, bei den verschiedenen Arten wechselnde Zahl von Metameren getheilt, welche mit dem Alter bis zu einer bestimmten Grenze zunimmt. Jedes dieser Segmente besitzt ein Paar geringelter, aber nicht gegliederter Anhängsel, die ungemein den Parapoden gewisser Anne- liden gleichen, sich jedoch von diesen durch zwei chitinöse End- krallen unterscheiden, zu welchen noch zuweilen zwei kleine rudimen- täre Seitenkrallen hinzukommen. Alle diese Krallen werden durch besondere Muskelbündel in Bewegung gesetzt, welche sich den Krallen direct anheften , was immerhin eine von derjenigen der Parapoden äusserst abweichende Structur bildet, da bei diesen letzteren die Borsten in einer Tasche eingepflanzt sind, an deren Grund die Muskeln sich ansetzen. Am Körperende auf der Mittellinie befinden sich der After und etwas weiter nach vorn die Geschlechtsöffnung. Die Tegumente werden von aussen nach innen durch eine chitinöse Oberhautschicht gebildet, die warzenförmige Erhöhungen zeigt und auf einer Lage von umfangreichen, mit grossen Kernen versehenen Zellen ruht , unterhalb welcher man ein Netz von Bindegewebsfasern erblickt, woi'in die einen wellenartig laufen, die anderen rechtwinklig auf die Aussenfläche gestellt sind. Dieser letzteren Schicht schliesst sich ein dicker, aus glatten, sagittalen, queren und schrägen Muskelfasern be- stehender Hautmuskelschlauch an; die Musculatur der Füsse entsteht aus den schrägen Bündeln, zu welchen sich noch Längsfasern gesellen. Zuletzt wird dieser Hautmuskelschlauch von einer feinen, auf die im Cölom aufgehängten Organe sich umschlagenden Peritonealmembran 78 Arthropoden. ausgekleidet. Tastorgane finden sich vorzugsweise in den auf dem Rücken hervortretenden Oberhautwärzchen; man triflft ausserdem be- sondere Hautdrüsen an der Basis der Füsse. Das centrale Nervensystem (Fig. 37, h) wird von zwei mächtigen, im Vordertheile des Kopfes vor dem Munde gelegenen und Fig. 37. Perljniius capensis. — Die Tegumente sind längs der dorsalen Mittellinie aufgeschlitzt und die Organe auf beiden Seiten ausgebreitet worden , um die innere Bauchfläche zu zeigen (nach Moseley). Man sieht das Hirn mit den zwei seitlichen Nerven- Onyclioplioreii. 79 durch eine unbedeutende Querbrücke verbundenen Ganglienmassen gebildet, von denen eine jede birnförmig und nach vorn abgerundet ist. Einige etwas vertiefte Querlinien scheinen auf eine Verschmelzung aus mehreren auf einander folgenden und hauptsächlich den Tentakeln, den Augen und den Mundtheilen angehörigen Ganglien hinzuweisen. Das erste Ganglion entsendet zwei mächtige Stämme (?) zu den Fühlern; das zweite trägt die sehr kurzen Sehnerven (k), während die folgenden Theile den Kiefern, den Lippen und den Mundpalpen Nerven zukommen lassen. Nachdem sie diese Zweige abgegeben haben, biegen sich die Massen, indem sie dünner werden, gegen die Bauchfläche; sie nähern sich der Mittellinie und, nachdem sie durch zwei auf einander folgende und bloss aus Fasern bestehende Querbrücken verbunden worden sind, gehen sie von Neuem aus einander und setzen sich gegen den Hinter- theil des Körpers in Form zweier seitlicher Nervenstränge ohne Ganglienanschwellungen fort (?). Sie entsenden auf ihrem Verlaufe zahlreiche Nervenfäden zu den Füssen und allen Organen; verbinden sich hier und da durch unregelmässige faserige Querbrücken iind enden schliesslich mit einer im letzten Körpersegment befindlichen Schlinge. Ganglienzellen sind auf dem ganzen Verlauf der Rindensubstanz dieser Seitenstränge hier und da zerstreut. Man muss anerkennen, dass eine sehr grosse Aehnlichkeit zwischen dieser Structur und derjenigen der Nemertiden existirt, während die Verwandtschaft mit den aus einander weichenden Nervensträngen mehrerer Anneliden, z. B. der Serpiiliden, weit weniger angedeutet ist. Einfache Augen von ziemlich entwickelter Bildung liegen am Rande der Rückenfläche des Kopfes. Sie bestehen aus einer falschen, durch das verdünnte Tegument gebildeten Hornhaut, ferner aus einer verhältnissmässig kleinen und sphärischen Krystallliuse, einem grossen Glaskörper, einer wenig entwickelten Iris, einer Choroidea und einer Retina in Form eines geöflheten Kelches, dessen Grund sich in einen sehr kurzen, zum Hirnganglion sich begebenden Sehnerven verlängert. Ausser den bereits erwähnten Sinnesorganen der Haut sind keine andere bei Peripatus gefunden worden. strängcB, den Pharynx, die Seitencanäle (Speicheldrüsen), die mittleren Längsmuskeln, das Ovarium nebst dem gemeinschaftlichen Eileiter und die auf den Tegumenteu fisirten Tracheenbüschel. Links wurde die Zone der vom Cölom zu den Beinen füh- renden Spalten beibehalten, während rechts, nach Gaffron, die Schlingen der den Füssen entsprechenden Segmentalorgane hinzugefügt wurden, a, Tentakel ; b, aus- gebreitete Tegumente ; c, c, Hautflächen mit Tracheenbüscheln ; e, Spaltenzone; /, Zone der Segmentalcanäle ; g, mittlere Bauchmuskeln; h, Hirn; i, Tentakelnerven; k, Seh- nerven ; /, Bauchstränge ; m, Rückziehmuskel der Fühler ; n, n, Speicheldrüsen : o, o, Schleimdrüsen ; |j, Pharynx; p', Hebemuskel des Pharynx; p", Speiseröhre; q, Darm; r, Rectum; s, Ovarium; t, sein Hängeband; u, Haftbündel am Rectum; v, gemein- schaftlicher Eileiter; ?/■, 2n, seitliche Eileiter; x, x, mit Embryonen gefüllter Uterus; y, Endcanäle der Uterusse; z, After. 80 Arthropoden. Der bei einigen Arten vollständig gerade, bei den anderen wellen- förmige Dar mcanal beginnt mit einem eiförmigen, stark musculösen Pharynx (p), welcher mit Vor- und Rückziehmuskeln (p') versehen ist und auf welchem zahlreiche Tracheen sich verästeln. Der Schlundkopf setzt sich in eine kurze und schmale Speiseröhre (p") fort, die sich in einen weiten Magendarm mit dicker Wandung ausdehnt, welche durch ein Endothelium von grossen, kernigen und bräunlichen Zellen bedeckt ist, zwischen denen einzellige Drüsen eingestreut sind. Der Darm endet mit einem kurzen, röhrenförmigen, in seiner Stellang durch zahlreiche Bindegewebsstränge und durch auf seinen Wänden ver- zweigte Tracheen (to) befestigten Rectum (r). Bei gewissen Arten finden sich seitliche Afterdrüsen, die bei anderen zu fehlen scheinen. Man findet keine Spur von weiteren accessorischen Organen, wie Leber, Malpighi' sehen Canälchen u. s. w. Dagegen müssen wir hier zwei drüsenartige, mit den Nahrungs- functionen in Beziehung stehende und im Munde sich öfi"nende Drüsen- apparate erwähnen. Der erste besteht aus zwei umfangreichen Schleimdrüsen (o), deinen verzweigte Ausscheidungsröhren bis zum Ende des Cöloms sich erstrecken und um den Magen eine Art von Maschennetz bilden. Diese Röhren vereinigen sich beiderseits im vorderen Drittel des Körpers in einem weiten, gewundenen und äusserst ausdehnbaren Ausführungscanal mit dicken , durchsichtigen und sehr musculösen Wänden. Diese Canäle werden um so dünner, je mehr sie sich dem Munde nähern, und münden durch eine kleine Oeffnung am Ende der beiden Mundpalpen. Letztere sind nach den meisten Autoren umgewandelte Fussstummel. Diese Drüsen sondern eine schleimige und klebrige, an der Luft erstarrende Flüssigkeit ab, welche die Thiere bis zu einer gewissen Elntfernung herausspritzen können, was ihnen als Angriffs- oder Vertheidigungsmittel dient; man hat beobachtet , dass eine Fliege , deren sich der Peripatus bemächtigen wollte, damit bespritzt wurde. Man findet noch ausser diesen sehr grossen Schleimdrüsen ein Paar Drüsenschläuche , die parallel den beiden Nervensträngen auf den Aussenseiten derselben laufen und welche Seitencanäle oder Speicheldrüsen (n) genannt worden sind. Diese Schläuche be- ginnen mit einem blinden Ende am letzten Drittel des Cöloms; sie sind, wie die Nervenstränge, durch innere Schichten von Quermuskeln bedeckt und in eine Längsfurche der Muskeln eingesenkt, von welchen Fasern in die Musculatur ihrer Wandung eintreten, welche im Inneren durch ein hohes , palissadenförmiges Säulenepithelium bekleidet ist. Die beiden Schläuche nähern sich, indem sie enger werden, und bilden dann in der Nähe des Mundes zwei weite, mit einem Cylinderepithelium ausgekleidete Behälter, die mit einer einzigen, spaltenartigen Oeffnung im Hintergrunde der Mundhöhle münden. Onycliophoren. 81 In derselben Rinne, welche den Nervenstrang und den durch eine feine Bindegewebsmembran davon getrennten Seitencanal enthält, liegen noch die Segmentalorgane oder Nephridien (/), welche für die Onychophoren höchst charakteristisch sind. Einem jeden Metamer entspricht ein Paar von diesen nach einem ziemlich einfachen Typus gebauten und in allem den gleichartigen Organen der Anne- liden homologen Nephridien. Die äussere Oeffnung dieser Organe be- findet sich an der inneren Fläche der Fussbasis. Diese von Muskel- Fis. 38 Ziemlich vergrössertes Segmentalorgan des Peripafus Edwarsii (nach Gaffron), a, Tegument mit Muskelbündeln ; b , Blasenhals ; c , Blase mit Muskelfasern und Kernen; d, Anknüpfungsfädchen der Blase; e, in die Blase sich öffnender heller Canal ; /, Drüsentheil des Canals ; g, enge Muskelportion ; Ji, Wimpertriehter mit Frau- zen ; h', der Blase angeheftete Lippe des Trichters ; i, Eingang des Trichters ; k, An- knüpfungsstränge des Canals. fasern umgebene Oeffnung (a) führt vermittelst eines kurzen und engen Halses (h) in eine weite, birnförmige Blase, deren Wände mit einander anastomosirende Längsmuskelbündel zeigen. Die Blase (c) wird durch Vogt u. Tung, prakt. vergl. Anatomie. II. Q 82 Arthropoden. Bindegewebsfasern (d) in ihrer Lage fixirt und ist höchst wahrschein- lich contractu. Im Inneren findet sich eine körnige, grosse Kerne ent- haltende Substanz, die unregelmässige Wülste bildet, welche auf Schnitten wie Zotten hervortreten. Vom Grund der Blase geht ein enger Canal (c) mit sehr durchsichtiger Wandung aus , welche nur grosse Kerne erkennen lässt. Dieser Canal beschreibt eine Schlinge, deren Wölbung nach vorn gerichtet ist und erweitert sich am Ende derselben, um sich in einen gleichfalls schlingenartig gegen die Höhlung der ersten Schlinge (/) zurückgebogenen Theil zu verlängern. Diese Portion ist wahrscheinlich drüsenartiger Natur, da sie ein palissaden- förmiges Zellenepitheliüm besitzt. Der Canal verschmälert sich un- gemein an dem Punkte, wo er sich dem Grunde der Blase (g) nähert, er wird hier musculös und zeigt ein wahrscheinlich wimperndes Epi- thelium mit kleinen Zellen. Endlich öffnet sich dieser enge Canal durch einen weiten Wimpertrichter mit gefranzten Rändern (h), von dem ein Theil an der Blase angeheftet bleibt (^), frei in die Furche, welche nur eine einfache Fortsetzung des Cöloms bildet. Diese auf jedem Fuss- paare symmetrisch angebrachten Organe zeigen also alle typischen Charaktere der einfachen Nephridien: einen im Cölom sich öffnenden Wimpertrichter, einen theilweise drüsigen Canal und eine äussere Oeffnung mit einem contractilen Endbläschen. Die Organe der ersten Segmente sind in Folge einer nicht so charakterisirten Schlingenbildung des Canals ziemlich verschiedenartig gebaut und Kennel hat uach- ziiweisen gesucht (siehe Literatur), dass die Schleimdrüsen im Grunde nur modificirte Segraentalorgane seien. Wenn das Vorhandensein von typischen Nephridien die Ony- chophoren den Anneliden nähert, so stellt sie die Organisation der Athmungsorgane im Gegentheil in die Nähe der Traeheaten und namentlich der Myriapoden. Sie athmen in der That durch Tracheen (o), welche aber auf eigenthümliche Art geordnet sind. Die Existenz dieser Organe, welche den älteren Autoren entgangen waren, konnte nur durch die Untersuchung lebender Thiere nachgewiesen werden , bei welchen die mit Luft gefüllten Tracheen sich sogleich unter Wasser in Folge ihres Perlmutterschimmei's erkennen lassen. Die Stigmen sind winzige, knopflochförmige Oefifnungen , die sehr zahlreich und unregelmässig auf der ganzen Körperfläche zer- streut sind. Gaffron schätzt ihre Zahl für jedes Metamer aiif 75. Sie entstehen aus einer im Inneren von der Epidermis bekleideten und auf Schnitten das Aussehen eines Flaschenhalses bietenden Einstülpung des Tegumentes. Vom Grunde dieses Halses gehen sehr feine Röhr- chen in Menge aus, welche zuerst bündeiförmig vereinigt sind, sich aber dann trennen, ohne Verzweigungen zu bilden. Sie bestehen aus einer chitinösen, der Wirkung einer siedenden Aetzkalilösung wider- stehenden Membran, ei-reichen eine bedeutende, zwei- oder dreimal Onychophoren, 83 die Körperlänge übertreffende Ausdehnung und verbreiten sich auf allen Organen, am Bauchfell, am Pharynx, am Rectum und besonders am befruchteten Uterus in solcher Weise, dass sie um dieses letztere Organ eine Art von gefilzter Hülle bilden. Sie zeigen öfters ein quer gestreiftes Aussehen, welches an die Spiralfaser der Tracheen bei den Insecten erinnert. Weder die Art ihrer Endigung noch ihre Ent- wicklung sind bekannt, da keiner der Autoren sie bei den Em- bryonen im Uterus hat beobachten können , während sie unmittelbar nach der Geburt in Folge ihrer Füllung mit Luft sehr deutlich und vollständig ausgebildet erscheinen. Das Kreislaufsystem zeigt ein centrales Herz, das aus einer abgeplatteten Röhre mit äusserst feinen Wandungen besteht, die sich in der Mittellinie des Rückens über die ganze Körperlänge erstreckt. Dieses in allen Beziehungen dem Rückengefässe der Myriapoden ver- gleichbare Herz zeigt in jedem Metamer ein Paar knopflochartiger, seitlicher Spalten, welche von schlingenförmig gebogenen Schliess- muskelu umsponnen sind. Das von einer besonders seitlich ent- wickelten Zellenmasse umgebene Herz ist von einer Hülle umschlossen, die hauptsächlich nach der Bauchfläche hin wie eine horizontale Scheide- wand das Ganze gegen das Cölom abschliesst. So wird um das Herz herum ein weiter Pericardialsinus gebildet, der durch zahlreiche Oeff- nungen mit dem Cölom und dem interstitiellen Lacunarsystem des Körpers communicirt. Die Herzhülle wird durch ein musculöses Maschenwerk verstärkt. Die in dem Sinus angehäuften Zellen (Peri- cardialzellen von Gaffron) sind zweierlei Arten, von denen die eine das Ende der Tracheen zu bilden scheint. Man hat diese Zellen mit denjenigen des Fettkörpers der Insecten verglichen, deren Kreislauf- system übrigens der Structur, wie wir sie soeben nach Gaffron aus einander gesetzt haben, durchaus entspricht. Peripatus ist getrennten Geschlechts. Die Männchen, welche viel seltener als die lebendige Junge gebärenden Weibchen sind (ungefähr eins auf vier), sind auch kleiner und besitzen einige Segmente weniger. Ausser dem Vorhandensein von besonderen Drüsen an einigen Hinter- fusspaaren der Männchen, die aber sehr schwer zu finden sind, giebt es keine weiteren äusseren Verschiedenheiten zwischen den beiden Geschlechtern. Die männlichen Geschlechtstheile sind ziemlich einfach. Sie beginnen mit zwei darmförmigen, blind endigenden Hoden (Schlauch- hoden von Gaffron) mit feiner Wandung, die mit hyalinen Sperma- zellen gefüllt sind, welche die ganze Höhlung des Schlauches ein- nehmen, ohne ein gesondertes Endothelium zu bilden. Dieser Schlauch erweitert sich in den sogenannten Blasenhoden von Gaffron, der mit dickeren Muskelwänden versehen und von einem Pflasterepithelium mit polygonalen Zellen ausgekleidet ist. Dieser Blasenhoden ist mit 6* 84 Arthropoden, Zoospermen in allen Stadien der Entwicklung gefüllt. Die ausgebil- deten Zoospermen sind fadenförmig, zeigen aber stets am zweiten Drittel ihrer Länge eine kleine, ein sehr lichtbrechendes Körperchen enthaltende Protoplasmamasse. Dieser Protaplasmaanhang verliert sich erst in den weiblichen Organen, Die beiden hinter einander gelegenen Blasenhoden öffnen sich mittelst äusserst enger Oeffnungen in zwei Samencanäle, welche je nach den Arten mehr oder weniger in Gestalt einer Epididymis verknäuelt sind. Dieser mit einem Säulenepithelium ausgekleidete Theil enthält in seinem engen Lumen nur fadenförmige Zoospermen. Die beiden Canäle verbinden sich zu einem gemeinschaftlichen Ausführungscanal, dessen Länge bei den verschiedenen Arten ungemein wechselt. Man kann in demselben drei Regionen unterscheiden: eine erste, mit zarten Wänden und mit freien Zoospermen gefüllt; eine zweite, mit muscu- löser, im Inneren an bestimmten Stellen ein sehr langes Wimperepithe- lium und in den Zwischenräumen ein Säulenendothelium mit kürzeren Wimpern tragender Wandung. Diese Zellen verwandeln sich nach und nach in einzellige Drüsen. Dieser Theil enthält immer ein einziges, sehr langes Spermatophor, für dessen eingehende Beschreibung wir auf Gaffron verweisen. Der dritte, gewöhnlich seitlich gelegene Theil besitzt sehr dicke Wände mit kräftigen Muskelschichten. Der Canal öffnet sich stets in der Mittellinie, je nach den Arten, zwischen dem letzten oder vorletzten Fusspaare. Auf kleinen Papillen endigende Schenkeldrüseu finden sich an der Basis einer wechselnden Zahl von hinteren Fusspaaren des Männchens , ausgenommen auf den beiden letzten. Es scheint auch, dass die Männchen allein Afterdrüsen be- sitzen, die auf beiden Seiten des Afters auf der Bauchfläche sich öffnen. Weibliche Organe. Die im hinteren Abschnitte des Cöloms befindlichen Ovarien (Fig. 37, s) liegen unmittelbar an der pericar- dialen Scheidewand und werden durch einen Einschlag des durch zwei Muskelbündel verstärkten Peritoneums daran geheftet. Dieses Liga- ment (t) zieht sich ungemein aus und bildet bei den erwachsenen Weibchen zwei in die Länge gezogene Bändchen, welche einerseits sich beim fünften Hintersegment an die pericardiale Scheidewand heften, und mit dem anderen Ende das Ovarium umgeben und ihm> eine eigene Muskelhülle bilden. Die zwei sackförmigen oder zu kurzen Röhren mit Querscheidewänden ausgezogenen Ovarien sind durch eine Bindegewebehülle vereinigt, so dass sie vorn nur ein einziges spindel- förmiges, durch eine innere Längswand getrenntes Organ vorstellen. Die inneren quer gefalteten Wände, welche sie in auf einander folgende Kammern abtheilen, sind mit einem Keimepithelium bekleidet, dessen Zellen in zwei verschiedenen Richtungen sich entwickeln: die eiinen wachsen aus und werden Eier, während die anderen sich in Follikel- hülleu um diese Eier verwandeln. Onycliophoren. 85 Die Höhlungen der beiden Ovarialsäcke fliessen am Voi-derende zusammen und lassen bei den ameinkanischen Arten zwei kurze, quere Eileiter entstehen, welche zwei spitze, warzenförmige Anhänge tragen, über deren Organisation Gaffron und Kennel nicht vollständig über- einstimmen. Beide Autoren erkennen wohl einen stark musculösen Verbin dungscanal mit dem Eileiter, der sich in einen weiten, zart- wandigen Trichter fortsetzt; während aber Gaffron diesen Trichter in das Cölom geöffnet und mit Pericardialzellen gefüllt findet, be- hauptet Kennel, dass er nur den Hals eines Bläschens mit ungemein feinen und leicht zerstörbaren "Wändchen darstelle, welches reife, aus dem Ovarium austretende Eier enthalte, die den Augenblick ihres Uebertrittes in den Uterus abwarten. Da Kennel Gelegenheit hatte, die Thiere im frischen Zustande zu beobachten, wird er wahrscheinlich Recht haben. Jedoch sind die beiden Autoren über die Bedeutung dieser Anhänge einverstanden , indem sie dieselben als umgestaltete Nephridien ansehen, eine Ansicht, welche durch die Thatsache gestützt wird, dass vollkommene Nephridien in den letzten Segmenten nicht vorhanden sind. Nach Kennel fehlen diese von ihm „Eibehälter" genannten Anhänge den Arten, bei welchen alle Eier auf einmal in den Uterus eintreten, während man sie bei denjenigen entwickelt findet, wo dieser Uebergang allmählich geschieht. Nachdem sie diese Anhänge gebildet haben, wenden sich die Ei- leiter plötzlich nach vorn und zeigen zwei ziemlich weite, runde An- hangsblasen, deren jede mit dem entsprechenden Eileiter durch zwei kurze, gegen das Lumen des Eileiters hin divergirende Canälchen com- municirt. Diese Bläschen entstehen, wie die Embryogenie bewiesen hat, aus einer Schlinge des Eileiters, deren an einander stossende Wände mit einander verwachsen. Die Function dieser Bläschen kann nicht zweifelhaft sein ; es sind Samenbehälter, die nach der Begattung mit lebenden Zoospermen gefüllt erscheinen. Diese beiden Anhänge, welche als Ei- und Samenbehälter fuugiren, fehlen bei dem von Moseley beschriebenen Peripatus capensis, bei welchem man zuerst einen gemeinschaftlichen Eileiter (Fig. 37, v) findet, der sich später in zwei seitliche Eiergänge {lo) theilt. Vom Anheftungspunkte des Samenbehälters aus breiten sich die Eileiter ungemein aus und zeigen bei den Weibchen während der Tragezeit knotige Auftreibungen, welche den im Inneren enthaltenen Embryonen entsprechen. Diese Theile wurden Uterus genannt (Fig. 37, x). Sie setzen ihren Weg nach vorn fort, indem sie den Darm in unregel- mässiger Weise umschlingen, und wenden sich zuletzt nach hinten, um unweit von der Geschlechtsöffnung in einer kurzen, gemeinschaftlichen, stark musculösen Vagina zusammenzutreffen. Hier treten ebenfalls grosse Verschiedenheiten zwischen den afrika- nischen und den amerikanischen Arten hervor. Bei den ersteren 86 Arthropoden. bleiben die Eier und die Embryonen frei und können also nach und nach in der Höhle des Uterus bis zur Scheide vordringen; deshalb trifft man bei diesen Arten alle im Organ befindlichen Embryonen etwa auf dem gleichen Entwicklungsstadium. Bei den amerikanischen Arten hingegen tritt das befruchtete Ei sogleich in enge Beziehung zu der Uteruswand, an welcher es durch einen Stiel angeheftet bleibt, der einer Nabelschnur vergleichbar ist. Später, wenn einmal dieser Zu- sammenhang geschwunden ist, bleibt der Embryo in eine durch das Uterusepithelium hergestellte Hülle eingeschlossen. Die Embryonen versperren gänzlich die innere Höhle des Uterus, welcher durch Wachs- thum sich in dem Maasse verlängern muss, als andere durch die Zoo- spermen des Behälters befruchtete Eier sich zwischen dem Behälter und dem in der Entwicklung begriffenen Embryo fixiren. Daravis folgt, dass man bei den amerikanischen Gattungen Embryonen in den verschiedensten Phasen ihrer Entwicklung findet, die älteren in der Nähe der Vagina, die jüngeren nahe am Behälter und am Ovarium. Wir werden nicht in die so meisterhaft von Kennel behandelte Entwicklungsgeschichte des Peripatus, welche übrigens höchst inter- essant ist, eingehen. Im Ganzen genommen , bilden die Onychophoren einen sehr be- lehrenden Uebergangstypus zwischen den Anneliden einerseits und den Myriapoden andererseits; denn wenn sie die Segmentalorgane der ersteren besitzen, so zeigen sie auch Tracheen, wie die letzteren. Wir erwähnen hier nur diese beiden, am meisten hervortretenden Charaktere; man kann leicht in der Anordnung der verschiedenen Organe zahlreiche Parallelen mit den in den beiden genannten Kreisen vorkommenden Bildungen nachweisen. Literatur. — Ed. Grube, üeber den Bau von Peripatus Edwardsii. Müller's Archiv, 1853. — H. N. Moselej', On ihe strucfnre and developpment of Peripatus capensis. Philosoph. TransacL, Bd. CLXIV, 1874. — F. W. Hutton, On Peripatus Novae-Zelandiae. Annais and Alagaz. Nat. Eist., IV, 18, 1876. — Fr. Balfour, On certain points in the anatomy of Peripatus capensis. Quarter. Journ. of microscop. Science, Avril 1883. — J. Kennel, Entwicklungsgeschichte von Peripatus Edwardsii Bl. und P. torquatus nov. sp. Arbeiten aus dem Zool. Institut von Würzburg, von Semper, I. Theil, Bd. VII, 1884. II. Theil, Bd. VIU, 1886. — Ed. Gaffron, Bei- träge zur Anatomie und Histologie von Peripatus. Zoologische Beiträge von A. Schneider, Bd. I, Heft I, 1883; Heft III, 1885. Myriapoden. 87 Classe der Myriapoden. Diese nicht besonders zalilreiche Classe bietet bei scharf umschrie- benen Charakteren nichtsdestoweniger ziemlich mannigfaltige Varia- tionen im Einzelnen. Der wurmartige Köiper zeigt zuweilen eine sehr grosse, in anderen Fällen eine geringere Anzahl von Segmenten; er ist abgeplattet oder cylindrisch und trägt gegliederte Anhänge an allen Leibesringen. Der vollständig gesonderte Kopf ist durch Ver- schmelzung von mehreren Metameren gebildet; er zeigt ein einfaches, an der Stirn stehendes Fühlerpaar und an der unteren Fläche einen Mund, welcher von mehreren Paaren gegliederter Anhänge umgeben ist, deren Zahl und Anordnung je nach den Ordnungen wechselt. Auf den Seitenrändern des Kopfschildes finden sich die meistentheils ein- fachen, beinahe immer nahe an einander liegenden , aber in verschie- dener Weise gruppirten Augen. Bei gewissen Gattungen erscheinen zusammengesetzte Augen, während solche bei anderen gänzlich fehlen. Eine Abgrenzung von verschiedenen Regionen, unter anderen von Thorax und Abdomen, ist bei den folgenden Leibesringen meist nicht möglich; manchmal unterscheiden sich die ersten und die letzten Seg- meute etwas von den übrigen durch Form und Anhänge, während es zuweilen auch abwechselnde, grössere und kleinere giebt, die ebenfalls gegliederte, mit Krallen bewaffnete Füsse tragen. Das Nervensystem besteht, wie bei den Ringelwürmern oder den Insecten, aus einer, die Fühler und Augen versorgenden Ober- schlundmasse (Hirn) und aus zwei, den Schlund umgebenden und in ein Unterschlundganglion auslaufenden Verbindungsfäden ; von letzte- rem treten die für die Mundwerkzeuge bestimmten Nerven aus. Dieses Ganglion bildet den Anfang der Bauchganglienkette, welche ebenso viel Anschwellungen aufweist, als es Ringe giebt, und die vermittelst Längsconnectiven mit einander verbunden sind. Diese Bauchkette liegt unmittelbar der inneren Fläche der Tegumente in der Mittel- linie an. Der Schlundring scheint aus mehreren zusammengeschmolze- nen, im Embryo jedoch getrennten Ganglienpaaren zu bestehen. Bei gewissen Arten wurde beobachtet, dass die die Fühler versorgenden Ganglien von der Hirnmasse mehr oder weniger unabhängig sind. Das Eingeweide- oder sympathische System ist im Allgemeinen ziemlich gut entwickelt, da es durch paarige Seitennerven und einen unpaaren, auf dem Magen ein Ganglion bildenden Nerven zusammengesetzt ist. Gewöhnlich erscheint der Darm als eine gerade, in drei Abschnitte, Munddarm, Mitteldarm und Rectum, getheilte Röhre; der After liegt stets am Ende des Körpers. Ferner wurden Speichel-, Leber- und Harndrüsen entdeckt, welche in den Darm münden und im Allgemeinen 88 Arthropoden. röhrenförmig sind. Giftdrüsen öffnen sich bei den fleischfressenden Chilopoden in den Kralleu, und beinahe alle Gattungen sondern durch Hautdrüsen übelriechende Flüssigkeiten ab. Die Athmung geschieht meistentheils vermittelst chitinöser Tracheen, welche im ganzen Körper, sei es in isolirten Gruppen , sei es durch seitliche und Längsstämme verbi;nden , vertheilt sind. Sie nehmen die Luft durch Oeffnungen (Stigmen) auf, die, einige Fälle ausgenommen, symmetrisch auf den Seiten des Thieres im Verhältuiss mit den Metameren angebracht sind. Der Blutkreislauf ist immer unvollständig; die Körperhöhle und die zwischen den Organen bestehenden Räume nehmen einen wichtigen Antheil daran. Das stets rückenständige Herz ist nach dem gleichen Typus, wie bei den Insecten, gestaltet; es erstreckt sich längs der Mittellinie fort, indem es sich der ganzen Körperlänge nach unmittel- bar an die Tegumente anlehnt und in jedem Segment eine leichte, An- schwellung und ein paar Seitenspalten zeigt, durch welche das von den Organen zurückfliessende Blut eindringt. Das arterielle System ist mehr entwickelt als bei den Insecten, ausser seitlichen und segmen- talen Arterien findet sich auch noch eine verästelte Kopfaorta, die einen den Nervenstrang umschlingenden Zweig abgiebt, wie dies bei vielen Anneliden der Fall ist. Seitliche Flügelmuskeln, die das Herz in seiner Lage erhalten, erinnern dagegen an ähnliche, bei den In- secten vorkommende Bildungen. Die Geschlechter sind immer getrennt; die Männchen sind im Allgemeinen kleiner und seltener als die Weibchen. Parthenogenesis ist unbekannt. Die inneren Organe sind nach einem und demselben Plan gebaut; Hoden und Eierstöcke entwickeln sich als eine Mittel- röhre , von der meistens zwei Ausscheidungscanäle ausgehen. Die Organisation dieser Canäle, Eileiter und Samenleiter, die Ausbildung der Nebenorgane, die Stellung der äusserten Oeffnungen und die Struc- tur der Begattungsorgane wechselt ungemein. Die Myriapoden legen Eier. Es kann aber sein, dass einige exo- tische Scolopender lebendige Junge gebären. Der Embryo schlüpft gewöhnlich aus dem Ei mit einer geringen Anzahl von Segmenten. Es ist bekannt, dass die Embryonen der Chilognathen nur drei Fuss- paare besitzen, während bei den jungen Chilopoden noch weitere Füsse angelegt sind. Die drei ersten , denjenigen der Insecten homologen Fusspaare sind jedoch auch bei den Chilopoden während längei'er Zeit mehr entwickelt, als die anderen, welche gleich wie die Metameren mit dem Wachsthum sich vermehren. Wir theilen im Einverständniss mit der Mehrzahl der Autoren die Myriapoden in zwei Ordnungen: Die Chilopoden besitzen nur ein einziges Fusspaar an jedem Segmente. Sie sind fleischfressend und haben ein kräftiges Kiefer- zangenpaar, welches mit einem starken, mit einer giftigen Drüse ver- Myriapoden. 89 sehenen Haken bewaffnet ist. Die Geschlechtsöffnungen liegen am Ende des Körpers. Seolopendra, Lifhohiits, Scutigera. Die pflanzenfressenden Chilognathen zeichnen sich durch ein Fusspaar an jedem der drei ersten Ringe und durch zwei Paare auf jedem der folgenden Metameren aus. Die Geschlechtsöffnungen befin- den sich in der Nähe des Kopfes. Polyzoniuni , Jalus , Pohjdesmus, Glomeris. Den Chilognathen sehr nahe, stehende Myriapodenformen zeigen sich bereits im oberen Silur. Typus: Lithobiits forficatus (L.). — Dieser Chilopode ist in ganz Europa verbreitet. Man findet ihn in Menge bereits im ersten Frühling unter Steinen, Moos und dürren Blättern. Den Winter bringt er unter der Erde zu. Man kann ihn sehr lange in einem Gefäss, worin Erde mit feuchtem Moos ist, aufbewahren. Er verbirgt sich immer in den dunklen Ecken und läuft ziemlich schnell. Man er- nährt ihn mit Fliegen und wenn dieselben nicht vorhanden sind, mit kleinen Stückchen von frischem oder gekochtem Fleische. Wir wurden in unserer Untersuchung vortrefflich von Herrn Dr. Jacquet unterstützt, welcher sich namentlich mit den mikroskopi- schen Nachforschungen beschäftigte. Präparation. — Die Lithoben sind gross genug, um unter der Lupe zergliedert werden zu können. Man tödtet das Thier in einem Gläschen , in das man ein mit Chloroform benetztes Papier bringt. Einige Minuten genügen, um es zu lähmen und dann in vollkommener Ausdehnung des ganzen Körpers zu tödten. In diesem Zustande kann die äusserliche Gestaltung leicht beobachtet werden. Zunächst wird es unterm Wasser geöffnet, indem man die Spitze eines feinen Scalpells oder einer Staarnadel seitlich unter ein Rückenschild einstösst und dann die Incision weiter gegen den Kopf hin fort führt. Bei Führung der Spitze des Instrumentes darf man nicht unterlassen , die innere Fläche der Schilde abzukratzen, was in Folge der Durchsichtigkeit der Tegumente, die es erlaubt, diese Operation mit dem Auge zu verfolgen, nicht besonders schwierig ist. Schlingen des Darmes und der Ge- schlechtsröhren werden oft nach dem ersten Einschnitte ausgepresst; es braucht einiger Sorgfalt, um sie nicht zu verletzen. Nachdem die Rückentegumente umgelegt und mit Stecknadeln befestigt worden sind, setzt man die Zergliederung mit feinen Staarnadeln weiter fort; unter stärkerer Vergrösserung, wenn es sich darum handelt, zarte Theile, wie das Nervensystem oder das Herz z. B., bloss zu legen. Zur Beobachtung der Chitintheile ist Aetzkali anzurathen, welches die inneren Organe, sowie die Fettkörper, Muskeln u. s. w. auflöst und die Chitintheile durchsichtig macht. Wenn es sich um die ungemein dauerhaften Tegumente handelt, kann eine concentrirte Lösung und längere Behandlung während 24 Stunden und mehr in einer Tempe- 90 Arthropoden. ratur von 60° angewandt werden. Um jedoch zartere, innere, chitinöse Organe, wie die Tracheen z. B., darzustellen, deren Wandungen sich mit der Zeit auflösen, sind schwächere Lösungen anzuwenden. In diesen Fällen ist es gerathen, eine oder zwei Oeffnungen an den Seiten des Thieres anzubringen , um den Eintritt des Kalis in das Innere zu befördern. Mit leichtem Drucke kann man durch diese Oeffnungen Fettmassen, sowie den nicht immer durch das Kali aufgeklärten Darm- inhalt herauspressen. Auf diese Weise haben wir sehr schöne Präpa- rate erhalten, welche die stärksten Vergrösserungen gestatten und die Einzelheiten der Bildung mit der grössten Klarheit zeigen. Die An- wendung der Scbnittmethode hat mit bedeutenden Schwierigkeiten zu kämpfen. Die fixirenden, erhärtenden und färbenden Flüssigkeiten dringen nur sehr langsam ein, so dass' die inneren Organe manchmal vor der vollständigen Durchdringung bereits zersetzt sind. Wenn man die Thiere in mehrere Stücke zerschneidet oder Oeffnungen ausschnei- det, so ruft man Veränderungen in der Lagerung der Organe in Folge von Zusammenziehungen hervor. Endlich, da die Tegumente sehr hart und die Organe äusserst zart sind, so lassen sich gleichmässige , für die Topographie unumgängliche Schnitte nur sehr schwer herstellen. Man kann indessen doch genügende Präparate erhalten , wenn man die Thiere während einer mehr oder weniger langen Zeit mit den ver- schiedenen gewöhnlichen Reagentien behandelt. Andere Reagentien, wie Eau de Javelle u. s. w., gaben uns nur negative Resultate. Subli- mat , Alkohol in verschiedenen Stärkegraden , und zur Färbung die Carminlösungen genügen; jedoch erfordert ihre Einwirkung sowie die EinSchliessung in Paraffin oft eine mehrtägige Dauer. Allgemeine Beschreibung. — Wenn man den Lithobius von der Rückenseite aus betrachtet, so kann man folgende äussere Theile unterscheiden : 1. Ein vorn und seitlich abgerundetes Kopfschild, welches nach hinten durch ein beinahe gerades Quergelenk endet. Dieses Schild ti'ägt auf den Seiten der Stirnfläche die Fühler mit zahlreichen cylin- drischen, von starren Borsten oder Dornen ringsum überdeckten Glie- dern. Diese Fühlerglieder können sich an ihren Gelenken ein wenig in einander schieben. Das Basalglied , welches mächtiger ist als die sieb allmählich verkleinernden übrigen , ist unter dem Rande des Schildes in eine Vertiefung eingelenkt, auf deren Rückenfläche man ein Grübchen mit starker, von steifen Haaren überdeckter Chitin- wandung bemerkt. Unmittelbar hinter der Fühlereinsetzung, und zwar auf dem Schildrande, befindet sich das Augenfeld, worauf ungefähr 20 einfache, in zwei oder drei über einander liegenden Längslinien gruppirte Augen stehen. 2. Ein sehr schmales, mit dem Kopfschild eingelenktes Segment, welches an seiner unteren Fläche die Giftklauen trägt. Myriapoden. 91 3. Nach diesem Segment folgen 14 je mit einem Fusspaar ver- sehene Segmente. Dieselben sind von starken viereckigen Platten bedeckt, deren Breite nach der Mitte des Körpers hin sich kaum ver- grössert, während sie sich gegen das Schwanzende hin nach und nach verschmälert. Diese Platten sind nicht von gleicher Länge; die 1., 3., 5., 7., 8., 10., 12. und 14. sind grösser als die anderen. Alle diese langen oder kurzen Segmente tragen Füsse, jedoch besitzen nur die- jenigen mit langen Platten, das erste ausgenommen, Stigmen auf den Seiten. 4. Endlich kommt noch das letzte fnsslose Segment, welches wir später beschreiben werden. Ausser dem Kopfe , dem Klauensegment und dem hinteren End- ring treffen wir noch auf der Bauchfläche der fusstragenden Segmente den Rückenplatten ähnliche Platten, welche aber bedeutend feiner und biegsamer sind. Es ist auch noch zu bemerken, dass die auf der Rückenseite so deutliche Verschiedenheit zwischen langen und kurzen Platten hier beinahe vollständig verschwindet; die Leibesringe sind gleichmässig und verkürzen sich allmählich von der Körpermitte gegen das Schwanzende hin. Die Bauch- und Rückenplatten sind auf den Seiten diirch eine äusserst zarte und dehnbare, vielfach gefaltete Chitinhaut verbunden, welche sich bedeutend ausdehnt, wenn der Darm gefüllt oder die Geschlechtsorgane entwickelt sind. In dieser Seitenhaut liegen die Stigmen. Die Füsse sind in der ganzen Reihe gleichartig ausgebildet. Sie werden grösser von vorn nach hinten und nehmen zugleich eine mehr parallele Stellang zur Körperaxe ein, so dass die zwei oder drei Hinter- paare entschieden nach hinten gerichtet sind, während die Yorderpaare rechtwinkelig vom Körper ausgehen. Sie sind auf den Bauchplatten in unmittelbarer Nähe der Mittellinie eingelenkt, und bestehen jedes aus sechs Artikeln. Die Gelenke der Glieder sind mehr oder weniger Ginglymen ; nur in den zwei ersten Gelenken sind seitliche Bewegungen möglich. Die Füsse sind zusammengedrückt, bogenartig nach der Erde gekrümmt und das letzte Glied ist mit einer mächtigen, in der- selben Richtung gebogenen Kralle bewaffnet. An der Basis dieser Kralle befindet sich eine kleine Nebenkralle. Auf den Füssen er- scheinen einige spärliche Haare und an den Gliedern ziemlich starke Dornen. Die vier letzten Fusspaare zeigen in beiden Geschlechtern eine besondere Bildung (Fig. 39, a. f. S.). Auf den inneren Rändern ihrer Hüftglieder befindet sich eine Längsreihe von fünf bis sechs Vertiefun- gen, welche von dichten, in ziemlich zarte gefranzte Ränder aus- laufenden Erhöhungen umgeben sind. Diese Vertiefungen sind eiförmig und ihre grosse Axe steht im rechten Winkel zu derjenigen des 92 Arthropoden, Gliedes; sie sind gemeinschaftlich durch einen verdickten Wulst oder durch eine stärkere, in der Richtung des Gliedes verlängerte Chitin- leiste umzogen. Der Grund dieser Grübchen erscheint glatt und wird durch eine feine Chitinplatte gebildet , in welcher wir keine Spur von Oeffnungen entdecken konnten. Innerlich ist diese Lamelle von einer feinkörnigen Substanz bedeckt, zu welcher sich stets eine kleine, äusserst dünne Luftröhre begiebt. Wir haben uns die Frage gestellt, ob diese Grübchen vielleicht nicht Hörorgane seien, ähnlich den- jenigen der Heuschrecken ; es Hessen sich aber keine dahin laufende Nervenverzweigungen erblicken. Jedenfalls sind es keine Drüsen, wie mehrere Autoren behauptet haben. Unter dem Kopfschilde lassen sich die Anhänge erblicken, welche den auf der Mitte der Bauchfläche des Schildes gelegenen Mund um- geben. Wir wollen sie hier behandeln und geben den verschiedenen Thei- len die Benennungen, welche ihnen Plateau in seiner ausgezeichneten Fig. 39. Diese wie alle folgenden Figuren beziehen sich auf Lithohius foi'ficatus. Kalipräparat der Hüfte eines Hinterbeines mit der Reihe von Vertiefungen , von der Seite gesehen (Z e i s s , Oc. 1, Obj. 2, Camera htcida). a, Borsten und kleine Hautdrüsen in Menge auf der La- melle; ö, Chitinrand eines Loches, von oben gesehen; c, innerer Grund; d, Chitinstütze; e, die Spalte umgebender gefranzter Rand. Monographie der Verdauung bei Lithobius ertheilt hat (s. Literatur). Diese meisten- theils H. Milne-Edwards entnommenen Namen ent- scheiden nicht im Geringsten im Voraus die Frage über die Parallelisirung dieser Anhänge mit denjenigen der Crustaceen oder Insecten ; wir haben die- sen Gegenstand hier nicht zu besprechen. Wir werden diese Bildungen der Reihe nach von vorn nach hinten, wie sie unter dem Schilde eingelenkt sind (Fig. 40), behandeln. Gleich hinter dem umge- bogenen Rande der nach vorn für die Einlenkung der Fühler etwas eingeschnittenen Kopfplatte zeigt sich eine enge , hufeisen- förmig gestaltete Chitinlamelle (Fig. 40,/), welche wir die Vormund- lamelle nennen. Sie trägt auf ihrem gegen die Stirn etwas vor- gezogenen Mitteltheile (/') einige starre Borsten und ist unbeweglich fest. Sie dient wohl auf der Bauchfläche zum Schutze des darüber gelegenen Hirnes. Hinter diesem Bogen zeigt sich ein zweiter, welcher schmäler aber dicker ist, die Vorderlippe (Labrum) der Autoren {g). Diese Vorderlippe ist an ihrem Vorderrande angelöthet, während der Hinter- rand frei bleibt und eine zugeschärfte Schneide bildet, welche um den Myriapoden. 93 Mund herum von feinen Auszackungen umrahmt ist, die zu zierlich sind, um in unserer Zeichnung dargestellt werden zu können. Diese Zäckchen erscheinen unter einer stärkeren Vergrösserung aus zwei Fig. 40. a. y 9 '. Kalipräparat, von der Bauchfläche aus gesehen (Gundlach, Oc. 1, Obj. 00, Camera lucida). Man hat die Giftzangen mit ihrer Basis abgetrennt , um sie nach hinten zurückzuschieben und auf diese Weise die von ihnen bedeckten anderen Mundorgane hei'vortreten zu lassen, a , Stirnrand des Kopfschildes ; ö, Fühler ; c, Augenfeld ; d, am Kopfe eingelenktes Segment, die Giftzangen tragend; e, Hinterrand dieses Segments, Schnittlinie ;/, Vormundlamelle ; /', ihr mit Haaren bedeckter Vordevrand; f^, ihr hinterer Schenkel ; g, Vorderlippe mit fünf Chitiuzähneu in der mittleren Ausbuchtung ; g', ihr hinterer Schenkel ; h , Mundkegel ; i, Deutognath , Endtheil ; i'. Basaltheil des Deutognathes ; Tc, Tritognath ; h', sein BasalgrifF; /, Protognath oder Mandibel ; /', sein Gelenkhöcker ; m, Taster, Basaltheil ; m' , erster Artikel ; nfi, End- glied mit Fiederborsten ; n^ bis ?i*, Segmente der Giftzangen; o, innere, zur Insertion der Muskeln dienende Chitingräte; p, Hüften der Giftzangen; p^, Zähnchen der Hüften; p2, Articulation ; p^, Mitteluaht ; q, Siebcanal der Giftdrüse ; 2', glatter Theil des Ausführungsganges. 94 Arthropoden. Arten von modificirten Härchen gebildet. Auf den Rändern des Bogens stehen in mehreren gedrängten Reihen gefiederte Borsten , die einen kurzen, nach der Peripherie hin beinahe vollständig verschwin- denden Stiel und einen längeren Endtheil zeigen, der spitzige Höcker- chen trägt, deren freies Ende nach vorn gerichtet ist. Es sind dies wahrscheinlich Tasthaare, wie wir sie auch auf anderen Stücken des Mundapparates antreffen werden. Vor diesen Barthärchen erblickt man eine Reihe von starren Fädchen, welche palissadenförmig an ein- ander gereiht sind. Im Centrum der Austiefung der Vorderlippe stehen unmittelbar vor dem Munde fünf mächtige schwarze, an den Spitzen abgestumpfte Zähne, von denen der eine in der Mitte und die anderen paarig auf den Seiten des Ausschnittes hervortreten. Gegen diese Zähne reiben sich diejenigen der Mandibeln (?). Im Grunde des nach vorn durch die Vorderlippe, seitlich und nach hinten durch die paari- gen Stücke begrenzten Raumes befindet sich die auf einer Erhöhung {h) sich öffnende Mundspalte. Wir werden dieselbe bei den Verdauungs- organen beschreiben. Was nun die nächstfolgenden Stücke anbetrifft, so stimmen wir nicht ganz mit Herrn Plateau überein. Im Ceutrum bemerken wir zwei kleine, höchst feine, auf ihren Flächen mit einigen Härchen und an ihrer Spitze mit Bartbüscheln versehene Kegel, die Deutognathen («), welche auf zwei breite, in der Mittellinie sich berührende Basal- platten (^') eingelenkt sind. Ausserhalb dieser Theile lassen sich auch noch zwei Anhänge in Form von Schabeisen, die Tritognathen {¥), erkennen, welche uns unabhängig von den vorigen scheinen und die auf einem langen und dünnen Stiele (Ji') eingelenkt sind. Diese Klingen besitzen einen dickeren gewölbten Aussenrand und einen mit feinen gefiederten, in mehrfachen Reihen eingepflanzten Härchen umgebenen Innenrand. An dieser Stelle erreichen diese Fiederborsten ihre grösste Entwicklung. Piateaii betrachtet diese Klingen, welche er deutlich gesehen hat, als integrirende Theile der Deutognathen. Alle diese Theile sind in der Normalstellung durch die Mandibeln gänzlich überdeckt. Man muss letztere, um die darunter liegenden Anhänge zu erblicken, auf die Seite legen, wie dies in unserer Figur geschehen ist. Die Mandibeln oder Protognathen (J) müssen, wie Plateau bewiesen hat, als die wichtigsten Kauorgane angesehen werden; sie zerreissen die Beute in Stücke, welche dann geschluckt wenden können. Sie bilden zwei spateiförmige Stücke, welche breit und abgerundet gegen den Mund, nach hinten stielartig verdünnt und im Ruhezustande derartig gestellt sind, dass ihr Vorderrand der inneren Wandung der Vorderlippe anliegt und ihre ausgebreiteten Enden sich auf der Mittel- linie berühren, um auf diese Weise den Mund, die Deutognathen und die Tritognathen zu bedecken. Eine aus dem sehr verdickten Vorder- Myriapoden. 95 rande entspringende Warze (?') legt sich im Ruhezustände auf eine kleine entsprechende Fläche des inneren Randes der Vorderlippe. Das breite Mundblatt der Mandibeln ist auf seinem inneren und abgerun- deten Rande mit kräftigen, schwarzen, schneidenden und abgerundeten Zähnen besetzt, welche von vorn nach hinten an Grösse zunehmen und im Ruhezustände in diejenigen der entgegengesetzten Mandibel eingreifen. Eine dichte, aus winzigen Zähnchen gebildete Bürste befindet sich am Hinterwinkel des Gliedes als Fortsetzung der Reihe der starken Zähne. Auf dem Hinterraude desselben freien Randes trifft man einen Büschel oder vielmehr eine Reihe langer, kammartiger, feiner und biegsamer, eine Bürste darstellender Borsten. Etwa zwanzig eigenthümliche An- hänge sind im oberen und äusseren Rande dieser Bürste eingepflanzt. Es sind dies sehr lange, etwas gebogene, gelbliche, vorn abgestumpfte Stäbchen, welche auf der distalen Hälfte ihres inneren Randes feine, nach vorn gerichtete Spitzen tragen. Die beiden Mandibeln können auseinander gehen und sich erheben, wie wir sie dargestellt haben ; sie schlagen sich wie zwei menschliche Hände ohne Finger über die Mund- öffnung herüber. Hinter den Mandibeln, deren Basalglieder sie theilweise verdecken, sind die Palpen (erste Kieferfüsse J£ iJ) eingelenkt. Sie bestehen aus einem einzigen engen , bogenartig nach vorn gekrümmten Basal- theil (m) und zwei freien Zweigen , die an Füsse erinnern , welche mit einigen starken Borsten bedeckt. Auf jedem freien Zweige articulirt ein kurzes behaartes, von dem spitzigen Endgliede (^m^) gefolgtes Glied. Letzteres trägt auf seiner gegen den Mund gedrehten Fläche gefiederte, denjenigen der Mandibeln ähnelnde Borsten, während die äusseren Flächen mit steifen Doi-nen besetzt sind. An der Endspitze der Palpen sind kleine, denjenigen der Füsse ähnliche Krallen angebracht, was für uns der Beweis ist, dass diese Organe nichts Anderes als modificirte Gehfüsse darstellen. Nach Plateau dienen diese Organe in der That dazu, die gepackte Beute zu betasten und die von den Mandibeln zerrissenen Stücke der Muudöffnung zuzuführen. Die Kieferzangen oder Gift klauen (Forcipula) ()?) bilden ein zweites Paar von modificirten Füssen, welches an einem besonderen, vom Kopfschilde getrennten Segmeute eingelenkt ist. Am Hinter- rande des Kopfschildes ist der Basaltheil fest angelöthet. Letzterer (23), auch Unterlippe genannt, wird durch zwei ziemlich grosse, viereckige, bei den Erwachsenen nach hinten auf der Mittellinie vereinigte, bei den Jungen getrennte und nach vorn durch einen grossen Einschnitt ihres freien Theiles eingekerbte Lamellen gebildet. Die Verbindungsnaht (p^) zeigt sich auch noch bei den erwachsenen Thieren. Der freie Vorderrand einer jeden Lamelle trägt schwarze, conische Zähne, deren Zahl mit dem Alter wächst. Wir besitzen in der That Präparate von jungen Lithoben, wo jede Lamelle nur zwei 96 Arthropoden. Zähne aufzuweisen hat, also vier im Ganzen, während bei anderen sehr grossen bis zu sieben Paar Zähne wahrgenommen werden ; ferner haben wir noch einige getroffen, die eine ungleiche Zahl von Zähnen auf den beiden Seiten zeigten. Einige kleine Borsten sind auf der Fläche des freien Theiles zerstreut, welcher über den Mund sich vor- streckt, so dass er mit seinen Zähnen die gezahnten Ränder der Vorderlippe berühren kann. Diese Basallippe ist durch sehr starke Rippen (p^) an der eigent- lichen, aus vier Gliedern bestehenden Gift klaue eingelenkt. Die beiden Klauen sind derart gebogen, dass sie den Kopf umgeben und ihre Haken vor dem Munde zusammenstossen können. Sie bewegen sich seitlich gegen einander. Das Basalglied (#) ist ungemein gross. Es enthält im Inneren einige, in die folgenden Glieder sich fortsetzende Chitinlamellen (o), auf welche sich fächerförmig die Bündel der mächtigen Muskeln, die das Organ bewegen, ansetzen. Das zweite und dritte Glied {n^, n^) sind sehr kurz, breit und scheibenförmig; sie können sich in ihren Gelenken etwas in einander schieben. Das Endglied (n') ist durch einen sehr kräftigen, nach innen gebogenen und mit sehr dicken und schwarzen Wandungen versehenen Haken gebildet. Man bemerkt auf der äusseren Fläche des Hakens bei stärkerer Vergrösserung unregel- mässige Längsfurchen mit etwas erhöhten Rändern, welche im All- gemeinen zu hellen, runden, durchsichtigem Hautgrübchen führen, in deren Mitte man eine kleine circuläre Oeffnung beobachtet. Das Gift scheint durch die Furchen zu laufen; ferner stellen die Poren wahr- scheinlich nicht gänzlich entwickelte Borsten dar. Man bemerkt in der That zwischen einigen am Anfange des Hakens stehenden Haaren und den Poren verschiedene Haarstümpfe. Im Inneren dieser drei Glieder befindet sich die Giftdrüse, welche sich nur theilweise in den mit Kali behandelten Präparaten erhält. Der chitinöse Ausführungs- canal , welchen man in solchen Präparaten deutlich sieht, zerfällt in zwei Theile. Der erste Theil {(/) bildet einen walzenförmigen Canal mit homogener Wandung, der mit einer feinen Spaltöffnung auf der Hakenspitze mündet. Dieser glatte Canal nimmt in seiner Fortsetzung nach hinten, indem er der Krümmung des Hakens bis zu seiner Basis folgt, unter schwacher Vergrösserung ein körniges Aussehen an. Bei stärkerer Vergrösserung und besser noch auf Längsschnitten des Organs lässt sich dieser Theil (q) als die etwas erweiterte Fortsetzung des Ausführuugscanals erkennen, welche von kleinen Oeffnungen mit etwas verdicktem Umfange durchlöchert ist. Wir werden ihn den Sieb- canal nennen. An jedes dieser winzigen Löchlein heftet sich eine durchsichtige Röhre mit sehr feinen Wänden an, die ohne Zweifel drüsenartiger Natur ist, da ihr peripherisches Ende bedeutend körnig ist. Diese Röhren strahlen vom Siebcanale aus und bilden in ihrem Myriapoden. 97 Ganzen eine grosse Drüse, die Giftdrüse, welche den inneren Eaum der Hakenbasis und der beiden Zwischenglieder der Kieferzangen fast vollständig einnimmt, indem sie nur einen sehr engen Platz für die Muskelsehnen, für einen Zweig der Tracheen und für den Nerven frei lässt. Es ist leicht, die Beobachtungen von Plateau zu be- stätigen, welcher auseinandergesetzt hat, dass die Lithoben nach Durchstechung der Beute mittelst der Haken sie mit der aus diesem Canal austretenden Flüssigkeit vergiften. Sie halten die getödtete Beute zwischen den Giftklauen fest, bis die durch die Mandibeln be- werkstelligte Zerstückelung beendigt ist. Tegumente. — Wie wir bereits bemerkt haben, wird die Haut- bedeckimg durch zwei Schichten gebildet, die äussere Chitinschicht und die innere Hypodermis. Fio;. 41. Theil eines Querschnittes eines Fühlers (Verick, Oc. 3, Obj. 7, Camera heida), a, Cuticula ; &, geschichtete Chitinlage ; c, Hypodermis ; r/, Xervenschicht ; e, Borste ; e^, ihr Schaft ; e^, mit homogenem Protoplasma gefüllter Canal ; e^. Gelenkwärzchen ; e^, Verlängerung der körnigen H}-podermis ; /, äusserer Perus ; f, Zickzackeanäle ; , ventrale Geschlechtsplatte; q, Geschlechtszange; r, zweispaltiger Endhaken der Zansre. Myriapoden. 127 achtung entzogen. Die reifen Eier bilden sowohl nach innen als nach aussen vorspringende Erhöhungen. Wenn man unter dem Mikroskop frische, durch Pikrocarmin gefärbte Eierstöcke beobachtet, sieht man, dass die ursprünglichen, überall auf der Wand sich vorfindenden Eier eine höchst feine Dotter membran und ein ziemlich grosses, wasserhelles Keimbläschen besitzen, welches ungefähr zwanzig zerstreute Kernchen mit stark lichtbrechenden Wänden enthält. Je mehr die Eier wachsen, um so dicker scheinen ihre Hüllenmembranen zu werden , die ein flockiges Ansehen bekommen. Die Ursache dieses Aussehens beruht in der Anhäufung von Zellenmassen auf der Dotterhaut, welche mit ein- ander verschmelzen, so dass sich schliesslich nur noch körnige, sich stark färbende Kerne unterscheiden lassen. Die Epithelialzellen des Eierstockes, welche nicht grösser werden, bilden demnach durch ihre Verschmelzung vollkommene, das Ei umgebende Follikel. Letzteres behält seine homogene Dotterhaut, während das Dotterprotoplasma immer mehr mit feinen Granulationen sich füllt. Das Keimbläschen bleibt anfangs hell; jedoch lösen sich die lichtbrechenden Nucleolen ebenfalls nach und nach in sehr feine , denen des Dotters ähnliche Körnchen, die sich stark färben, und zuletzt in Granulationen auf, die das Keimbläschen vollständig erfüllen. Das histologische Aussehen des Eierstockes verändert sich un- gemein auf Schnitten, in Folge der Einwirkung der Reagentien, welche die verschiedenen Elemente zusammenziehen. Die Epithelialzellen wer- den deutlicher, indem sie sich abplatten und in dem durch ihre Ver- schmelzung gebildeten Stroma erscheinen gewundene Canäle, die uns nur durch Contractionen hervorgebrachte Hohlräume zu sein scheinen. Eier und Eichen nehmen unregelmässige Formen an; die Follicular- schicht, welche sie umgiebt, löst sich mehr vom Stroma ab; der Inhalt wird vollständig opak und zeigt in den grossen reifen Eiern kugelige Massen von verschiedener Grösse, welche durch sehr lichtbrechende Granulationen gebildet werden, mit einem Fetttröpfchen im Centrum. Die Eihülle allein bleibt durchsichtig, obgleich sie dicker wird. Der Eiersack setzt sich in einen engeren Hals fort, worin man junge, auf unregelmässigen Querwülsten sitzende Eichen findet, und endet im Eileiter (b) als geschlossener Blindsack. Man kann diese Thatsache auch auf Serien von Querschnitten feststellen. Von der Peritoneallamelle des Eierstockes löst sich nach und nach eine feine Lamelle ab, welche das Eierstockende umgiebt und eine Röhre mit sehr feiner Wandung bildet. Die reifen Eier finden sich immer dem Kopfende des Eierstockes genähert, und da letzterer einen geschlossenen Sack darstellt, so müssen die reifen Eier nach ihrer Ablösung zwischen den entstehenden Eichen die Sackhöhle durchgehen, um endlich, nach Zerreissung des Blindsackes, in den Eileiter zu fallen. Die Wände desselben, zuvor ungemein dünn, werden aber allmählich dicker und sind 128 Arthropoden. am Ende und bei ihrer Ausbreitung mit Längsmuskelfaeern versehen. Hier und da erblickt man grosse Drüsenmassen mit einem klebrigen Inhalt, die in die Höhlung des Eileiters vorspringen. Man kann auf Schnitten constatiren (Fig. 60), dass in der Mitte seines Verlaufes der Eileiter den ganzen Raum zwischen dem Herzen nach oben und dem Rectum nach unten einnimmt; unter letzterem finden sich die End- ganglien der Nervenkette, während die Nebendrüsen mit den Muskel- massen und mit den Tracheen die seitlichen Räume des Cöloms ein- nehmen. Der Eileiter liegt während des beschriebenen Verlaufes auf der Rückenfläche des Rectums. Ungefähr in der Mitte der Länge dieses letzteren aber theilt er sich in zwei Arme (Fig. 59, c'), die das Rectum, Fig. 60. Weibchen von Lithohiiis. Senkrechter Querschnitt im vorletzten Körpersegment (Gundlach, Oc. 1, Obj. 0, Camera fecicZa). Man hat nur den Mitteltheil des Schnittes gezeichnet und die seitlichen Muskelmassen weggelassen, a, Rückentegument ; &, Bauch- tegument ; c, Eileiter, mit einigen drüsenartigen Erhöhungen am Darm ; links sieht man die Mündung (c^) in die Cloakenhöhle ; d, die inneren Falten seiner Endothelial- schicht zeigendes Rectum , mit durchschnittenen Tracheen in den Faltenräumen ; e, Kittdrüse; e'-, ihr Ausführungscanal, durchschnitten; /, Schleimdrüse; _/'■'■, ihr Ausführungscanal , quer durchschnitten ; g^ Peritonealhülle des Samenbehälters , die Wand der Cloake bildend; ^'^ zurückgebogener Theil dieser Membran; 9^, Cloaken- höhle, li^, eigene Drüsenwand des Samenbehälters ; ?!, Smegma im Innern des Behälters.; h, körnige Schicht des Fettkörpers ; /, sehr nahe an den Ganglien durchschnittene Nerven- stränge ; m, zu den Füssen gehende Nerven ; m, untere Fettschicht ; o, ventraler Quermuskel. über dem sie eine Art Brücke bilden, umfassen, zu beiden Seiten des- selben auf die Bauchfläche hinabgleiten, wo sie in einen weiten Sack Myriapoden. 129 mit sehr dünner Wandung, in eine Cloake ziisanimenfliessen, in welclie die Canäle der Nebendrüsen ausmünden. Dieser Sack ist in seinen Mitteltheilen so zart und durchsichtig und haftet so sehr an den be- nachbarten Theilen an, dass man eine Verbindung mit dem das Cölom auskleidenden Peritoneum kaum verneinen dai-f. Auf unseren Schnitten lassen sich die auf dem Rectum laufenden Seitencanäle erblicken (Fig. 60, c'); über ihre Fortsetzung bleibt man jedoch im Zweifel, und die Thatsache, dass man bei den befriTchteten Weibchen, trotz aller Vorsicht in der Behandlung, Eier im Cölom vorfindet, scheint für eine Verbindung der Cloake mit der allgemeinen Körperhöhle in- dieser Region zu sprechen. Wie dem auch sei, so bleibt der Sack auf seinen Seiten, wo er die OefFnungen der verschiedenen Anhangsdrüsen erhält, gut be- grenzt und endigt in der Vulva, die „rechts und links von einem zweigliedrigen Hakenstücke umgeben ist, welches in eine doppelte, an der Basis mit zwei kurzen Zähnen bewaffnete Spitze ausläuft" (L. Du- four). Wir werden später diese Bildung besprechen. Die histologische Untersuchung des Eileiters bietet zahlreiche Schwierigkeiten. Die äusserst feinen Wände scheinen, so weit sie das Eierstockende umfassen, nur aus der Peritoneallamelle und aus einem sehr abgeplatteten Epithelium zu bestehen. Die ganze Höhlung des Canals ist mit einem klebrigen Schleim erfüllt, welcher unter dem Ein- flüsse der Reagentien zu freien Fettkörnchen gerinnt. Die Wände werden sehr schnell dick und zeigen dann zahlreiche Längsfalten, welche zuweilen sich dermaassen erhöhen , dass sie die gegenüber stehende Wand berühren und das Lumen des Canals in mehrere Längs- rinnen zu theilen scheinen. Auf den Schnitten zeigen sich diese Falten als Zotten, die sogar, besonders an der Verzweigung des Canals, drüsen- artiger Natur zu sein scheinen. Ausser diesen Theilen zeigen die Ei- leiterwände ein Endothelium, welches aus eiförmigen, mehrschichtigen Zellen gebildet ist, auf welchen eine feine Hyalinschicht sich innerlich ausbreitet. In dieser Hyalinschicht lässt sich eine feine Kreisstreifung erblicken. Die verschiedenen Nebendrüsen liegen auf den Seiten und auf der Bauchfläche des Rectums. Die der Mittellinie am meisten genäherte Drüse (Fig. 59, ä; Fig. 60, c) ist, wie die zweite, bedeutend in die Länge gezogen, und aus unregelmässigen, abgerundeten Läppchen zusammengesetzt. Im frischen Zustande beobachtet, erscheint sie durchsichtig, von bläulicher Farbe (die Farbe des Blutes) und mit einem schleimigen Inhalte gefüllt, welcher bereits durch den Einfluss des W^assers und noch mehr durch die Reagentien gerinnt. Wir werden diese Drüse die Kitt- drüse nennen. Der Ausführungscanal {d') zeigt einen wellenförmigen Verlauf und in allen Fällen eine gegen die Mittellinie gedrehte Schleife; Vogt u. Yuug, prakt. vergl. Anatomie. II. 9 130 Arthropoden. er läuft über die äussere Seite der Cloake. Zunächst aus ziemlich dicken Wänden mit einem aufgewulsteten Endothelium gebildet, er- weitert er sich in eine lange Blase (d^), welche sich bald mit der Cloake vereinigt und mit derjenigen der anderen Seite in einer quer- spaltigen Oeffnung mündet. Die zweite Drüse, die Schleimdrüse (Fig. 59, ß; Fig. 60,/), besitzt beinahe die gleiche Form wie die vorige und besteht wie sie aus abgerundeten Läppchen. Jedoch zeigt ihr Inhalt bereits im frischen Zustande das kreidige und körnige Aussehen , welches der- jenige der anderen Drüse nur durch Reagentien erhält. Der Aus- scheidungscanal ist steifer, hat einen geraden Verlauf ohne wellen- artige Biegungen und dickere, weissgelbliche Wände. Der Canal (c') biegt sich gegen denjenigen der anderen Seite hin und öffnet sich mit demselben in der Nähe der Mittellinie, in der Rückenwand der Cloake, unweit vom After. Zuletzt trifft man ein gänzlich auf der Bauchfläche gelegenes drittes Paar von Organen (Fig. 59, /; Fig. 60, «'), welche viel umfang- reicher sind als die eigentlichen Drüsen. Diese durch ihre gelbliche Fär- bung stark hervortretenden Körper haben die Gestalt von Keulen oder von Spindeln mit abgerundeten Enden. Ihre Wände sind sehr dick, elastisch, durchsichtig, ihr Inhalt ein zäher, dicker Brei. Diese beiden Säcke oder sackförmigen Drüsen, welche wir die Samenbehälter nennen werden, nähern sich der Mittellinie und öffnen sich in der Cloake auf ihrer Bauchfläche, vor den Ausscheidungscanälen der vorigen Drüsen. Die histologische Structur der Kitt- und Schleimdrüsen ist beinahe die gleiche. Die Läppchen sind von einer sehr feinen Peritonealhülle umzogen, auf welcher ein pflasterförmiges, zuweilen in Folge der Ge- rinnung des Inhalts durch die Reagentien kaum erkennbares Endo- thelium ruht. Man unterscheidet in dieser, alle Hohlräume der Drüsen füllenden Masse zahlreiche Vacuolen und zerstreute, manchmal in der Schleimdrüse von durchsichtigen Ringen umgebene Kerne. Die Ab- sonderungscanäle sind von einem hohen Endothelium mit conischen Zellen ausgekleidet, welche auf Schnitten wie Radspeichen erscheinen und deren Kerne dem inneren Ende der Zelle genähert sind. In der Erweiterung des Ausscheidungscanales der Kittdrüse zeigen die Endo- thelialzellen nicht mehr die gleiche regelmässige Anordnung; sie werden hier bedeutend länger und ihr innerer Rand scheint nicht mehr streng begrenzt zu sein; er zeigt kurze Franzen, wodurch dieses Ende das Aussehen eines feinen Spitzengewebes annimmt. Die dicke und durchsichtige Hülle der Samenbehälter färbt sich sehr schwer. Ihre Hauptmasse enthält sehr feine, glatte Muskelfasern, welche sich ziemlich leicht trennen lassen und sowohl Längsschichten wie Kreisschichten bilden. Diese Muskelwände sind von einer feinen Myriapoden. 131 Peritoneallamelle umzogen. Der Inhalt besteht aus reifen Zoospermen, die durch eine klebrige Masse derart unter einander verbunden und verfilzt sind, dass in Folge eines massigen Druckes die Masse als Ganzes auf einmal austritt. Vor der Begattung wird im Behälter nur dieser formlose Klebstoff angetroffen. Welches sind nun die Functionen dieser Nebenorgane? Wir ge- stehen, immer noch im Zweifel über diese Frage zu sein, wenigstens was die eigentlichen Drüsen betrifft. Wir nennen jedoch die ersten Drüsen Kittdrüsen, obgleich wir mehrfach in ihren Behältern (d-)^ in P'olge einer vorhergehenden Begattung, Zoospermenbündel angetroffen haben, während wir weder im Ausführungscanal {d^) noch im Körper der eigentlichen Drüse jemals welche gefunden haben. Die Drüse liefert nur eine klebrige und durchsichtige Absonderung, welche viel- leicht zur Bildung einer eiweissartigen Hülle des Eies während seiner Ablagerung dient. Man muss hierbei bemerken, dass die Anwesenheit von Zoospermen eine ganz zufällige ist, da wir sie nur nach vollstän- diger Füllung der Cloake vind der Samenbehälter darin gesehen haben. Der körnige Inhalt der zweiten Drüsen (c) kann uns keine Aus- kunft über ihre Function geben ; wir geben ihnen den indifferenten Namen Schleimdrüsen. Leon Dufour nennt die sackförmigen Drüsen die Talgdrüsen (/) (glandes sebacees), und diese Benennung scheint nach dem Inhalte eine richtige zu sein , da letzterer vor der Begattung an eine verdickte Salbe erinnert. Es ist aber von uns, namentlich auch auf Schnitten, festgestellt worden, dass diese Säcke nach der Begattung immer Haufen von Bündeln gut entwickelter Zoospermen enthalten, welche denen der männlichen Organe ähneln und besonders in der Nähe der Cloake eingebettet liegen. Das Smegma ist dann in das distale Ende des Sackes zurückgedrängt und diese Thatsache führt uns zu der Ansicht, dass das Smegma nur vor der Befruchtung gebildet und resorbirt wird, wenn sich das Organ, in Folge der Begattung, mit Zoospermen füllt. Die Säcke nehmen übrigens die Stelle ein , wo sich bei den meisten weiblichen Insecten der oder die Samenbehälter befinden und scheinen also diesen Bildungen der Insecten homolog zu sein. Wir werden sie deswegen Samenbehälter nennen, um ihre Füllung mit Zoospermen nach der Begattung zu constatiren. Das letzte Segment des weiblichen Körpers hat eine andere Form als dasjenige des Männchens. Von der Rückenfläche aus, wie es die Fig. 59 darstellt, findet man eine Schutzplatte (w), deren Ränder sich nach unten biegen, um so eine wirkliche Scheide um die Afteröffnung (m) zu bilden. Unterhalb dieser Scheide und unmittelbar an ihre Bauch- fläche angelegt, findet sich eine kleine horizontale Platte, welche wir als Perinealplatte bezeichnen, da sie die Geschlechtsöffnung vom After trennt. Endlich ist das Ganze von der Bauchseite her von einer ober- 9* 132 Arthropoden. flächlichen Platte (p) bedeckt. Zwischen derselben und der Perineal- platte zeigt sich die von zwei seitlichen Zangen (q) eingeschlossene Geschlechtsöffnung. Jede dieser Geschlechtszangen wird von drei Gliedern gebildet; ein sehr breites und kurzes Basalglied, welches gegen die innere Ventralfläche vorspringt und auf dem freien Hinter- rande zwei kleine, abgerundete Zähnchen trägt, die so gestellt sind, dass der Eingang zur Scheide auf der Bauchseite durch einen Halbkreis von vier starken Chitinzähneu vertheidigt wird. Das zweite, kürzere und dünnere Glied ist mit starken Borsten bekleidet und zeichnet sich durch einen grossen Reichthum von sehr feinen Tracheen aus, welche in seinem Inneren ein höchst verwickeltes Netz bilden. Endlich bildet das Endglied (r) einen kräftigen Chitinhaken mit zwei abgestumpften und sehr nahe an einander gerückten Spitzen. Die beiden Haken sind mit ihren concaven Flächen nach innen gedreht und bilden so eine seitliche Zange, mit welcher das Weibchen während der Begattung das Ende der männlichen Organe ergreifen und halten kann. Wir kennen weder die Art der Begattung bei Lithobius, noch die Bildung der gelegten Eier oder die Entwicklung des Embryo im Ei. Die jüngsten im April und Anfangs Mai gefundenen Thierchen besassen eine Länge von 3V2 Millimeter und eine helle, durchsichtige, gelbliche Färbung. Die drei ersten Fusspaare waren allein ausgebildet, die anderen Füsse waren nur Stummel, welche auf der Bauchfläche in der Nähe der Mittellinie angeheftet waren. Wenn auch die Cliilopoden zahlreiche, für die verschiedenen Sj'steme be- sonders interessante Verschiedenheiten in den Einzelheiten bieten, so kann man doch behaupten, dass die allgemeinen Züge ihi-er Organisation die nämlichen bleiben und dass diese Ordnung eine grosse innere und äussere Einförmigkeit der Structur zeigt. Mag der Körper , wie bei Geophilus , aus einer sehr grossen Anzahl von Leibessegmenten gebildet oder abgekürzt sein, wie bei den Scolopendern und Lithobius, so wird man dennoch immer ein Fusspaar für jeden Ring, die gleichen in ihren Formen mehr oder weniger veränderten Mundtheile tmd die gleiche Anordnung der inneren Organe vorfinden. Auf- fallendere Verschiedenheiten kommen nur bei den Augen vor; die Geophiliden haben keine , die Scolopendriden besitzen nur vier isolirte Augen ; ferner zeigen die Lithobiden dieselben auf mehreren Reihen verbunden , während die Sentigeriden Facettenaugen wie die Insecten tragen. Die Verminderung der Sehganglien auf dem Hirn hält mit der Verkümmening der Augen gleichen Schritt. Die Familie der Sentigeriden nimmt übrigens eine ganz eigenthümliche Stelle ein, sowohl in Bezug auf die äussei'e Anordnung als auch auf die Bildung gewisser innerer Apparate. Die Tarsen sind zwei- spaltig und sehr lang; auf dem Munde zeigt sich zwischen den Kiefern ein besonderes Organ (Maxillarorgan) , welches vermuthlich ein Sinnesorgan dar- stellt und von Haase genau beschrieben worden ist (siehe Literatur), dessen Function aber noch problematisch erscheint. Das Athmungssystem zeigt die grössten Verschiedenheiten. Man sollte annehmen, dass jedes Segment, sogar des Kopfes, ursprünglich sein Stigmenpaar hätte besitzen sollen, jedoch ist dies nicht der Fall, da Eeductionen in den verschiedenen Körpertheilen , im Kopf, Thorax und Abdomen vorkommen. Die Gattung Scolopendra allein Myriapoden. 133 hat nur noch ein Paar von auf eleu Seiten und an dem vorderen Eande des Kopfes gelegenen Stigmen aufzuweisen; die Mehrzahl der anderen Gattungen haben ihre Kopfstigmeu verloren; viele zeigen nur noch mehr oder weniger abwechselnde Stigmen, wie unser Typus, während andere ein Stigmenpaar auf jedem Leibesringe besitzen. Scutigera zeigt eine ähnliche Anordnung wie die der Arachniden. Auf der Mittellinie des Eückens stehen sieben Stigmen in Form länglicher Knopflöcher, die zu einer Höhle führen, von welcher un- gefähr sechshundert kurze, mehrfach sich theilende Tracheen ausgehen, die blind enden. Dieselben bilden in ihrem Ganzen ein nierenförmiges Organ, das im lebenden Thiere einen durch die Ansammlung der Luft iu diesen Eöhren hervorgebrachten Metallglanz besitzt. (Für die Einzelheiten siehe die Arbeit von Haase.) Die Organisation der Chüognathen ist im Allgemeinen mannigfaltiger. Die dieser Ordnung angehörenden Mj'riapodeu haben immer drei Vordersegmente, die nur ein einziges Fuss^^aar tragen und so einen Thorax bilden, der vom Abdomen getrennt ist, wo in den meisten Fällen jeder Leibesring zwei Fuss- paare trägt. Was letztere anbetrifft, giebt es jedoch Unterschiede. So hat Polyxenus lagurus nach Bode (sielie Literatur) vier, nur ein Fusspaar tragende Vordersegmente, vier folgende, jedes mit zwei Füssen, und ein hinteres mit einem Fusspaare. Die Mundorgane zeigen eine grosse Verschiedenheit. Bei den kauenden Gattungen, welche sich von allerlei verfaulten thierischen und pflanzlichen Substanzen ernähren, fehlen die Giftzangen immer, während die anderen Organe, Oberlippe, Deutognatlien und Tritoguathen, zwar nach dem gleichen Typus wie bei den Chilognathen angeordnet sind, aber immer- hin sehr verschiedenartige Formen und Abänderungen vorzeigen. Doch herrscht der durchgreifende Unterschied, dass die Mandibelu sich durch ihre sehr erweiterten Basaltheile mit einem Mittelstück, der Unterlippe, verbinden, um einen grossen, den Mund schützenden Deckel zu bilden, dessen Structur oft sehr complicirt erscheint. Durch die successive Verminderung der Kiefer und Mandibelu gestaltet sich zuweilen diese Bildung zu einem röhrenförmigen Saugapparate um {Polyzoniden), Die Geschlechtsorgane zeigen die grössten Verschiedenheiten, sogar in den beiden Ordnungen. Die männlichen Organe der Cliilopoden sind nach dem gleichen Plan wie bei Lithobius gebildet; überall trifft man den un paaren Hoden und die beiden Paare der sehr verschiedenartigen Nebendrüsen ; die paarigen Hodeuröhren dagegen fehlen meistens. Die Oeffnung dieser Organe steht immer am Hinterende des Körpers, vor dem After. Bei den Chilo- gnathen dagegen trefl^en wir stets zwei männliche Geschlechtsöffnungen, welche wie die der Weibchen am Vordertheile des Körpers, zuweilen am Basalgliede des als Geschlechtsfuss fungirenden zweiten Fusses (Polgdesmus), zuweilen zwischen dem zweiten und dritten Fusse (Julus) angelegt sind. Die Oeffnungen beflnden sich ohne Ausnahme auf einer speciellen Erhöhung; die Ausscheidungs- canäle treffen auf der Mittellinie in einem mehr oder weniger verlängerten Theile zusammen, welcher sich bis in das hintere Ende des Körpers erstreckt, bei den einen als ein einfacher Sack, auf -welchem Hodenbläschen {Glomeris} beiderseits aufgereiht sind. Bei anderen da'gegen theilt sich der Sack in zwei Eöhren, von denen eine jede nur eine einzige Eeihe von Bläschen trägt, die aber durch zahlreiche Q.uerstreifen mit einander verbunden sind (Julus). Die Nebendrüsen fehlen gewöhnlich. Den Palpen der Arachniden hinsichtlich der Function ähnelnde Begattungsorgane wurden von Fahre bei Polydesmus, Craspedosoma, Julus auf dem siebenten oder achten, sehr modificirten Fuss- paare nachgewiesen. Diese Organe werden vor der Begattung mit Samen angefüllt und dann mit den weiblichen Oefl'nungen in Berührung gebracht. Die weiblichen Organe der Chiloxooden zeigen immer einen einzigen Eierstock 134 Arthropoden. der manchmal in einen einzigen Eileiter (Crt/ptops, Geophilus) oder in zwei, das Rectum umschlingende Zweige {Lithobius, Scolopendra) endet. Die Ei- leiter münden stets am Hinterende des Körpers in eine Cloake , in welche mannigfaltig variirte Samenbehälter und wenigstens ein Nebendrüsenpaar sich öffnen. Zwei Paare von diesen Drüsen finden sich bei Scolopendra wie bei Litho- bius. Bei den Chilognafhen stehen die weiblichen Oeffuungen wie bei den Männ- chen am zweiten Fusspaare, zuweilen auf einem Näpfchen, in dessen Inneren man als Samenbehälter dienende Bildungen sieht {Julus, Pohjclesmus), während bei anderen {Craspedosoma) getrennte Samenbehälter existiren. In anderen Fällen sind keine Behälter vorhanden (Glomeris). Die beiden Eileiter ver- binden sich wie die Samenleiter in einem Mittelcanal, von dem zwei ge- trennte Ovarialsäcke (Craspedosoma) oder ein einziger Sack (Polyxenus , Glo- meris , Julus , Polydesmus) ausgehen. Im letzteren Falle bildet aber das eiertragende Stroma zwei Längswülste, welche auf eine Verschmelzung von zwei primitiven Ovarien hindeuten. Für die Einzelheiten verweisen wir auf die ausgezeichnete Arbeit von Fahre (siehe Literatur). Literatur. — Leon Dufour, Recherches anatomiques sur le Lithobius forßcahis et la Scutigera lineata. Ann. scienc. natur., Bd. II, 1824. — Georges Newport, On the Organs of reproductlon and the development of Myrlapoda. Philosoph. Trans- actions, 1841. — Ders., On the striicture, relations and development of the nervous and circulatory Systems, ebend., 1843. — Ders., On the reproductlon of tost parts in Myrlapoda and Insecta, ebend., 1844. — Stein, De Myrlapodum partibus genltalibus. Müller's Archiv, 1842, — Fabre, Recherches sur Panatomie des organes reproducieurs et sur le developpement des Myrlapodes. Ann. sc. nat., 4. Serie, Bd. III, 1855. — E. Metschnikoff, Embryologie der Chilognatha. Zeitschr. wissensch. Zooh, Bd. XXIV, 1874. — Ders., Embryologisches über Geophilus, ebend., Bd. XXV, 1875. — J. Plateau, Recherches sur les phenomenes de la dlgestlon et sur la struciure de Vappareil digestlf des Myriapodes. Mem. Acad., Brüssel, Bd. XLIl, 1876. — Ders., Recherches experlmentales sur la vislon chez les Arthropodes. Brüssel, 1887 bis 1888. — E. Voges, Beiträge zur Kenntniss der Juliden. 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Die in dieser Classe zusammengefassten Arthropoden unterscheiden sich äusserlich hauptsächlich durch die Vereinigung der sie bildenden Ringe in drei leicht erkenntliche Abtheilungen, den Kopf, den Tho- rax und das Abdomen. Nur die beiden vorderen Abtheilungen tragen gegliederte Anhänge: ein Paar Fühler und zwei Paare von Kiefern am Kopfe, drei Paare von Füssen am Thorax. Ausserdem unterscheiden sie sich von allen übrigen Arthropoden durch die häufige Anwesen- heit von zwei Paar Flügeln , die auf der Rückenfläche der beiden letzten Brustringe angebracht sind. Der Körper besteht höchstens aus 17 Ringen, wovon vier dem Kopfe, drei dem Thorax und zehn dem Abdomen angehören. Das centrale Nervensystem wird, wie bei den meisten Arthropoden und Anneliden, von einer Kette von Ganglien gebildet, deren Zahl sehr veränderlich ist und die zu den einzelnen Organen, besonders zu den Gliedern und den Sinneswerkzeugen, Nerven abgeben. Die Augen sind besonders bei den fliegenden Insecten sehr ausgebildet; die anderen Sinneswerkzeuge stehen zurück. Der Verdauungsapparat, der zuweilen sehr entwickelte Neben- drüsen besitzt, verkümmert nur bei wenigen, sehr kurzlebigen Gat- tungen. Die Malpighi 'scheu Gefässe, welche nie fehlen, entleeren in den hinteren Abschnitt des Darmes ihre Absonderungsproducte, die durch den After ausgestossen werden. Der Athemapparat besteht aiis einer wechselnden Zahl von mit Luft gefüllten Canälen , Tracheen , welche sich an alle Organe ver- zweigen und mit ihren letzten Aesten in dieselben eindringen. Die Tracheenstämme münden nach aussen durch besondere Oeff'nungen, Stigmen. Da in Folge dieses Eindringens von Luft in den ganzen Körper das Blut nicht zu einem localisirten Athemorgane geleitet zu werden braucht, so ist das Gefässsystem nur sehr wenig entwickelt. Das Herz wird von einer rückenständigen, pulsirenden Röhre gebildet, in welche das Blut durch seitliche Spalten eindringt, die sich in mehreren Bauch- ringen paarig wiederholen. Nach vorn verlängert sich das Herz in Form eines einzigen Aortenstammes, der das Blut in die allgemeine Körperhöhle ergiesst, die somit einen weiten Blutraum darstellt. Nur ausnahmsweise finden sich nach hinten vom Herzen abgehende Ge- fässe, die aber stets sehr kurz sind. Alle Insecten sind getrennten Geschlechts. Parthenogenese kommt häufig vor. Eierstöcke und Hoden sind röhrenförmig und nach dem- selben Plane gebaut. Fast allgemein finden sich zahlreiche Neben- 136 Arthropoden. Organe , Drüsen , Samen- und Eibehälter u. s. w. Die Jungen durch- laufen verscliiedene , oft zahlreiche Metamorphosen, die nur selten fehlen. Wir nehmen mit Claus und den meisten Autoren folgende Ord- nungen an: 1. Geradflügler (0 rthopter a). — Mit unvollkommener Meta- morphose (Hemimetabola). Beissende Mundwerkzeuge; zwei Paare von Flügeln, von welchen die vorderen meist fester als die hinteren sind und sie bedecken. Freier, beweglicher Prothorax. Blatta, Lo- custa, Ternies, EpJiemera, Libellula. 2. Netzflügler {Neuroptera). — Mit vollkommener Metamorphose (Metabola). Beissende, zuweilen zum Saugen rückgebildete Mund- theile. Vier gleiche, häutige und netzförmig gegitterte Flügel. Freier Prothorax. Panorpa, Hemerohiiis, Myrmeleon, Phryganea. 3. FäGh.evß.üglev {Strepsij}t er a). — Die Larven parasitisch auf Ilymenopteren. Die während ihres ganzen Lebens schmarotzenden Weibchen haben weder gegliederte Anhänge noch Sinnesorgane. Die Männchen mit stummeiförmigen , aufgerollten Vorderflügeln und der Länge nach gefalteten Ilinterflügeln. Mundtheile verkümmert. Xeuos, StyJopis. 4. Schnabelkerfe (Ilemijjtera, Bliynchota). — Mit unvoll- kommener Metamorphose. Flügellos oder mit vier, bald ungleichen (Hemiptera) , bald gleichen Flügeln (Homoptera). Ein Stechschnabel. Prothorax frei. Fedicuhis, Äpliis, Coccus, Gicada, Acanthia. 5. Zweiflügler (Diptera). — Mit vollkommener Metamorphose. Saugende und stechende Mundwerkzeuge. Hinterflügel verkümmert, zu Schwingkolben (Halteres) umgebildet. Prothorax festsitzend. Musca, Culex, Piilex. 6. Schmetterlinge {Lepidoptera). — Mit vollkommener Ver- wandlung, Mundwerkzeuge zu einem in der Ruhe spiralig aufgerollten Saugrüssel umgebildet. Vier mit Schuppen bedeckte Flügel. Pro- thorax festsitzend. Pyrcdis, Geometra, Bomhyx, SpMnx, Vanessa. 7. Käfer [Coleo2)tera). Vollkommene Metamorphose. Beissende Mundtheile. Vorderflügel zu Flügeldecken (Elytren) umgewandelt, unter welche die quer gefalteten HinterÜügel in der Ruhe untergeschlagen werden. Sehr entwickelter freier Prothorax (Halsschild). Ceranibyx, Geotrupes^ liydrophüus, Carahus. 8. Hautflügler {Mymenoptera). — Vollkommene Verwandlung. Mundtheile zum Beissen und Lecken eingerichtet. Festsitzender Pro- thorax. Sirex, Cynips^ Ichneumon, Apis, Formica. Typus: Melolontha vulgaris, Fahr. — Der Maikäfer. In ganz Europa gemein, im Frühjahre auf Bäumen, deren Blätter er Insecten. 137 frisst. Die Gattung gehört zu der Ordnung der Coleopteren , zur Gruppe der Pentameren mit fünfgliedrigem Tarsus und zur Familie der Lamellicornier mit geblätterten Fühlhörnern. Strauss-Dürck- heim hat eine grosse, anatomische Monographie des Insects aus- gearbeitet und mehrere Jahre seines Lebens auf diese Arbeit ver- wendet, die den Stempel ihrer Epoche trägt, sich in Einzelheiten über die Muskeln z. B. verliert, die übrigen Organsysteme aber nur sehr kurz behandelt und die mikroskopische Anatomie fast ganz bei Seite lässt. Es bedürfte einer längeren Arbeit, um die Einzelheiten zu bestätigen, welche das "Werk über das Chitinskelett und die sich daran ansetzenden Muskeln giebt. Wir haben dasselbe indessen vielfach beniitzt bei Ausarbeitung der makroskopischen Anatomie. Die Larve des Maikäfers ist unter dem Namen „Engerling" be- kannt. Sie lebt drei Jahre lang unter der Erde, nährt sich von Wur- zeln und verwandelt sich im vierten Jahre in eine unbewegliche Puppe oder Nymphe. Das vollkommene Insect (Imago) findet sich schon im Herbste in der Puppe und kriecht in Ausnahmefällen bei warmer Wit- terung im September oder October aus. Meist aber verharrt es den Winter hindurch xind erscheint in Mitteleuropa zwischen dem 15. April und 15. Juni. Man muss seine Untersuchung zu dieser Zeit in frischem Zustande vornehmen, denn die kräftigsten Fixirungsmittel der Gewebe dringen nur sehr schwer in das Innere des Körpers ein. Die inneren Organe von Individuen, die mehrere Wochen lang in Pikrin- oder Pikrinschwefelsäure gelegen hatten, waren oft gänzlich zersetzt. Die Reagentien zur Fixirung der Gewebe, von welchen wir sprechen werden , müssen stets in alkoholischen Lösungen angewandt werden. Wässerige Lösungen, z.B. von Osmiumsäure, Sublimat u. s. w., dringen kaum ein. Wir haben den Maikäfer als Typus der Insectenclasse sowohl seiner Häufigkeit als auch seiner Grösse wegen gewählt. Seine Unter- suchung bietet weniger Schwierigkeiten als z. B. diejenige der Schabe oder der Biene. Letztere wäre ihrer höheren Organisation wegen wohl vorzuziehen gewesen, aber hier stösst man auf die Schwierigkeit, sich Königinnen (fruchtbare Weibchen) zur Untersuchung zu ver- schaffen. Aeussere Anatomie. — Der Körper des Maikäfers ist im Ganzen eiföjmig, vorn abgerundet, hinten in einer Spitze ausgezogen (Fig. 61, g, a. f. S.). Wie bei den meisten Insecten zerfällt er in drei Abtheilungen, Kopf, Thorax, Abdomen (Fig. 61, Ä, B, C), jede aus mehreren Ringen (Somiten) zusammengesetzt, die in dem Kopfe verschmolzen , im Hinterleibe aber frei beweglich sind. Der erste Brustring, das Halsschild, ist ebenfalls frei beweglich und von den beiden folgenden Ringen so verschieden , dass manche Forscher wie Strauss-Dürckheim, ihn als eine besondere vierte Abtheilung 138 Arthropoden. beschreiben. Obgleich er keine Flügel trägt, ist er aber doch den anderen Brustringen homolog und wir werden ihn in unserer Beschrei- bung nicht davon trennen. Nachdem man sich mit diesen allgemeinen Punkten vertraut ge- macht hat, trennt man die drei Körperregionen mittelst eines feinen Scalpels und untersucht sie einzeln unter der Lupe , um ihre Form und ihre Beziehungen zu den Organen, besonders auch am Kopfe und der Brust, zu den gegliederten Anhängen dieser Theile genauer kennen zu lernen. Man kann zu dieser Untersuchung mit Vortheil Exem- plare benutzen, die man in einer Lösung von Aetzkali gekocht hat. Fiff. 61. Doppelt vergrösserter inämilicher Maikäfer, vom Rücken aus gesehen. Rechterseits sind die beiden Flügel ausgebreitet worden, um die Abdominalringe 1 bis 8 zu zeigen. A, der Kopf mit den seitlichen Augen; ß, der Thorax; C, das Abdomen, b, Stirn; c, Kiefertaster; d, die Fühler mit sieben Lamellen; e, Halsschild oder Prothorax; /, erstes Fusspaar ; g, Schildchen oder Mesothorax ; h, zweites Fusspaar ; «', linker Flügeldeckel in der Ruhe; l', rechter Flügeldeckel, zum Fluge gehoben; k, Mittel- furche des Metathorax; l, Metathorax ; m, drittes Fusspaar; n, der rechte häutige Flügel ausgebreitet; o, sein Gelenk; p, tei'minale Flügeladern; q, das spitze Ende des Hinterleibes. welches die übrigen Organe zerstört, die Chitinbildungen aber nicht angreift. Kopf. — Er bildet die kleinste Region des Körpers (Fig. 61, A) und besteht aus vier, bei dem erwachsenen Thiere zu einem einzigen Stücke, dem Kopfschilde, verschmolzenen Somiten. Man kann Insecten, 139 daran den Scheitel unterscheiden (Fig. 62, A, a, h) , der sich auf jeder Seite mit scharfer Biegung nach unten krümmt und nach vorn sich in eine Chitinlamelle, die Stirn (c), fortsetzt, die von ihm durch eine seichte Furche geschieden ist. Von oben gesehen (Fig. 61) zeigt der Kopf vorn die Kiefertaster (/), die Fühler (d) und auf beiden Seiten die vorgewulsteten Augen (Fig. 62, d). Die Unterseite des Kopfes (Fig. 62, £) zeigt mannigfaltigere Bil- dungen. Ausser den seitlich herabgekrümmten Wangen des Kopf- schildes, welche die hintere Fläche einnehmen, sieht man vorn ein unpaares Stück, das Basalschild (h), welches seitlich an das Kopf- schild und nach vorn an ein zweites, unpaares Stück, das Kinn (Men- tum) (/), anstösst, an dessen Vorderrand die Unterlippe, Labium (m), eingelenkt ist. Diese letztere besteht aus einer starken Chitin- platte, deren vorderer, fx'eier Rand sich gegen die Kiefer anlegt ; sie Fig. 62. Der Kopf des Maikäfers, sechsfach vergrös.sert. A, Ansicht von oben ; a, Seitentheil des Kopfschildes (Wangen) ; h, vorderer Rand des Kopfschildes , c, Stirn ; d, Augen ; e,e, Kante der Hornhaut;/, Kiefertaster; g, Basalglieder der Antennen. B, der ab- geschnittene Kopf von unten; a, Unterfläche des Kopfschildes; b, das Basalstück ; c, Rand der Stirn ; d, Augen ; e, OeflFnung zum Durchtritt des Schlundes, der Nerven- kette u. s. w. ; /, Präbasilarstück ; fj, die abgeschnittenen Fühler; A, Lappen der Oberlippe; i, Mandibeln; k, Maxillen ; l, Kiefertaster; m, Unterlippe; n, die Zunge; o, die Lippentaster (nach Strauss-Dürckheim). trägt auf jeder Seite einen kurzen, aus drei Gliedern bestehenden, mit einigen kurzen, steifen Haaren besetzten Anhang, den Lippen- taster (o), dessen letztes, verlängertes Glied spitz endigt. Die Unter- lippe (Fig. 63, B, a. f. S.) trägt auf ihrer Innenseite in der Mittellinie einen kegelförmigen , mit einem Büschel kleiner, stabförmiger Haare besetzten Anhang, in welchem man, ohne genügende Beweise, ein Ge- schmacksorgan hat finden wollen. Dieser behaarte Fortsatz, der in die Mundhöhle vorspringt, ist die Zunge (6), die man unter dem 140 Arthropoden. Mikroskope uutersuchen muss, nachdem man die Unterlippe mit einer Staarnadel abgelöst hat. Der Unterlippe gegenüber, vorn an der Bauchseite des Kopfes, liegt unmittelbar unter der Stirn die Vorder- lippe, labrum (Fig. 62, B, h). Sie begrenzt die Mundöffnung nach vorn und zeigt an ihrem Vorderrande eine tiefe Einkerbung, welche von zwei runden , mit grossen , steifen Haaren besetzten Lappen ein- geschlossen ist (Fig. 63, A, a). In der Verlängerung der Kerbe trägt die Oberlippe auf der Innenseite eine lancettförmige Membran (Fig. 63, A, &), die mit kurzen Haaren besetzt ist. In dem Räume zwischen den beiden Lippen bewegen sich seitlich die zwei Paare von Kiefern. Die Oberkiefer oder Mandibeln Fio-. 63. Mundtheile des Maikäfers. A, Oberlippe (LaLrum), von unten gesehen, so dass man die Lappen « und die behaarte Mittelhaut h sieht. B, Unterlippe (Labium) ; o, ihre Taster; 6, die Zunge. C, der Unterkiefer (Masilla) von oben gesehen; a, Haken; ö, Zähne; c, Kiefertaster; d, e, /, Stielglieder. Z>, der Oberkiefer (Mandibula) von unten ; a, der schneidende Inneurand ; &, die Bürste ; c, die Kaufläche. (Fig. 62, B. i; Fig. 63, D) liegen noch unter der Stirn und sind einer- seits in einen Ausschnitt der Wangen und anderseits an dem Vorder- rande des Basalschildes eingelenkt. Sie werden von einem einzigen, sehr harten Stücke gebildet, das die Gestalt einer dreiseitigen Pyra- Insecten. 141 mide hat. Die nacli innen gedrehte Kante hat einen schneidenden, eingekerbten Vorderrand (Fig. 63, 7), a) und trägt auf ihrem Hinter- rande ein rundes Schild (c), das gegen dasjenige des gegenüber- stehenden Kiefers reibt. Die Mahlfläche (Mola) ist mit verticalen, schneidenden Rippen besetzt und von einer Art Bürste umgeben (h), deren kurze Haare dicht zusammengedrängt sind. Die Unterkiefer oder Maxillen (Fig. 62, B, Ic- Fig. 63, C), die sich ebenfalls von der Seite her gegen einander bewegen, bestehen aus mehreren Gliedern, die Strauss sehr eingehend beschrieben hat. Das Basalglied, die Angel (d) (Cardo), lenkt an dem Basalschilde ein; auf ihr sitzt der mit langen Haaren besetzte Stiel (Stipes) (e), von pyramidaler Form. Dieser ist mit einem ebenfalls dreieckigen Stücke (/) verbunden, dessen innerer Rand mit einem abgestumpften Haken (n) endet. Auf dem freien Rande sitzt ein wenig bewegliches Stück , der Helm (Galea) (b), der scharfe, krumme Reisszähne trägt. An dem Aussenwinkel des Vorderrandes einer jeden Maxille ist der viergliedrige , schief nach aussen und vorn gerichtete Kiefer- taster (Palpus maxillai'is) (Fig. 63, C, c), eingelenkt. Die verschiedenen Mundwerkzeuge können sehr leicht an mit Aetzkali präparirten Exemplaren losgelöst 'und einzeln genauer unter- sucht werden. Um Präparate zum Studium und zur Demonstration zu erhalten, legt man sie in Canadabalsam ein. Die Fühler oder Antennen (Fig. 61, d; Fig. 64 a. f. S.) sind in seitlichen Gruben des Kopfschildes vor den Augen eingelenkt. Diese Anhänge, welche, wie wir später sehen werden, sehr wichtige Sinnes- wei'kzeuge sind , bestehen aus zehn Gliedern , deren erstes an seinem distalen, bedeutend verdickten Ende die Gelenkhöhle für das zweite Glied trägt. Die drei ersten Glieder bilden zusammen den Stiel der Antenne. Hierauf folgen bei dem Männchen sieben, bei dem Weibchen sechs sehr kurze Ringe, welche sich nach vorn hin zu lancettförmigen Blättchen ausdehnen , die in der Mitte am breitesten , am Ende ab- gerundet sind (Fig. 64, A, B, h). Diese Lamellen können ausgespreizt oder mit den Flächen zusammengelegt werden. Sie sind bei den Männchen weit länger und breiter als bei den Weibchen tind dienen als hauptsächlichstes Unterscheidungsmerkmal der beiden Geschlechter, welche im Uebrigen einander ziemlich gleich sehen. Jede Lamelle zeigt eine Unzahl kleiner, unregelmässig rundlicher Grübchen (Fig. 64, C), von welchen später noch die Rede sein wird. Haus er (s. Literatur) schätzt ihre Zahl auf 39 000 bei dem Männchen und 35 000 bei dem Weibchen für jede Antenne. Wir nehmen diese Schätzung unbesehen an. Endlich sieht man noch hinter jeder Antenne die vorgewölbten, zu- sammengesetzten Augen, die wir bei den Sinnesorganen behandeln werden. 142 Arthropoden. Thorax. — Das Bruststück besteht aus drei Ringen, Pro- thorax, Mesothorax und Metathorax. Wir geben nur eine sum- marische Beschreibung und verweisen für die Einzelheiten auf die Monographie von Strauss, der sie sehr erschöpfend behandelt hat. Das erste, auf den folgenden beweglich eingelenkte, längste Glied, der Prothorax, wird von den Entomologen das Halsschild genannt. Es hat die Form einer di'eiseitigen , vorn abgestutzten Pyramide, die mit ihrer Basis auf dem folgenden Gliede aufsitzt; die Rückenfläche (Pro- notum) ist breit gewölbt und aussen glatt. Das Halsschild krümmt sich auf den Seiten nach unten und wird hier durch ein unpaares, schmales und dickes Stück geschlossen, die Vorbrust (Prosternum). Fig. 64. Die Antennen, etwa 15 fach vergrössert. A, Antenne des Männchens; a, Stielglieder; b, die Lamellen der sieben Endglieder. B, Antenne des Weibchens. Die Theile sind mit denselben Buchstaben bezeichnet. C, die Kiechgrübchen von der Fläche gesehen. Gundlach, Obj. V, Camera dura. An der Anschlussstelle des Halsschildes mit der Vorbrust findet sich jederseits vorn ein Grübchen, in welchem das erste Fusspaar (Fig. 61,/) eingelenkt ist; an dem hinteren Rande dieser Stelle und in der chiti- nösen Haut, welche den Prothorax mit dem Mesothorax verbindet, sieht man jederseits eine von einem verdickten Ringe umgebene, eiförmige Oeffnung, das erste Paar Stigmen. Auf den Seiten und an der Unterfläche sind die beiden folgenden Ringe, Mesothorax und Metathorax, mit einander verschmolzen, aber Insecten. 143 auf der Riickenfläche unterscheidet man leicht ihre Grenze in einer mit ihrer Convexität nach hinten gerichteten Bogenlinie. Der Meso- thorax ist sehr kurz, sein Rückentheil (Mesonotum) hat die Gestalt eines Dreiecks mit abgerundeter, nach hinten gerichteter Spitze und etwas ausgeschweifter Basis. Es ist das Schildchen (Fig. 61, g) der Entomologen. Eine seidhte Querfurche trennt das Schildchen in zwei Theile; der vordere ist behaart; der hintere, vollkommen glatt, tritt zwischen den beiden Flügeldecken hervor, die an den Seiten des Schild- chens eingelenkt sind. Auf der Bauchseite verschmelzen die umgebogenen Ränder des Schildchens in ähnlicher Weise wie das Halsschild , mit einem mitt- leren, flügelförraig nach den Seiten ausgezogenen Stücke, die Mittel- brust (Mesosternum) (Fig. 65, a, a, l),h). Dieselbe zeigt auf jeder Seite einen tiefen Ausschnitt (d) , in welchen die Hüfte des zweiten Beinpaares eingelenkt ist. Wie die anderen Bruststücke, zeigt auch die Mittelbrust auf der Innen- ^' ■ fläche in die Körperhöhle vor- springende Fortsätze, an welche sich die Brustmuskeln festsetzen. Die Fassungsringe des zwei- ten Stigmenpaares liegen an dem hinteren Rande des Mesothorax. Der M e t a t h 0 r a X ist fast doppelt so gross als der Meso- thorax. Er besteht aus acht- zehn mehr oder minder mit ein- ander verschmolzenen Stücken ; sein Metasternum (Fig. 65, c) ist breit vierseitig; an seinem hinteren , etwas ausgeschweiften Rande sind die Hüften des drit- ten Beinpaares eingelenkt und auf der Mittellinie seiner Innen- fläche erhebt sich eine grosse, senkrechte, dreieckige Platte, die in drei Fortsätze ausläuft, an welche sich Muskeln ansetzen. Die Rückenfläche (Metanotum) ist gewölbt, wie das Schildchen behaart und zeigt eine Mittelfurche ('Fig. 61, 1t). Das Rückenstück ist durch be- sondere Seitenstücke, Pleuren, auf welchen die dem Metathorax an- gehörigen, häutigen Flügel eingelenkt sind, mit dem Metasternum ver- bunden. Bevor wir uns mit dem Abdomen beschäftigen, wollen wir die Beine und Flügel besprechen, welche, wie bei allen Insecten, an dem Thorax eingelenkt sind. Meso- und Metathorax des Maikäfers, etwa vierfach yergrössert, von der Unterseite (nach Strauss-Dürckheim). a, a, b, b, Mesosternum ; c, c, Metasternum ; d, d, Aus- schnitte, in welche die Hüften des zweiten Fusspaares eingefügt sind; e, e, Ausschwei- fung des Hinterrandes zur Einlenkung des dritten Fusspaares. 144 Arthropoden. Fiff. 66. Beine. — Jedem Brustringe gehört ein Paar von Gangbeinen an, deren jedes aus neun beweglich mit einander eingelenkten Gliedern besteht. Sie sind bei dem Männchen verhältnissmässig etwas länger als bei dem Weibchen. In der Ruhe (Fig. 61) ist das vordere Bein- paar nach vorn, die beiden anderen, von welchen das Hinterpaar das längste ist, nach hinten gerichtet. Sonst zeigäii sie keine wesentlichen Verschiedenheiten , so dass wir uns mit der Beschreibung des ersten Paares begnügen und dem Beobachter die Constatiruiig der geringen Modificationen überlassen können , welche die beiden hinteren Paare, namentlich in der Gestaltung der Tibia zeigen. Das erste Glied, die Hüfte (Coxa) (Fig. 66, a) ist cylindrisch und zeigt auf seiner inneren, dem Halsschilde anliegenden Fläche eine Längsspalte, die seine Höhlung mit derjenigen des Prothorax in Ver- bindung setzt; seine Einlenkung in eine Grube des Prosternums gestattet nur geringe Drehbewegungen um seine Axe. Das zweite Glied, der Trochanter (Fig. 66, a ), ist sehr klein und derart mit dem distalen Ende der Hüfte ver- schmolzen, dass es nur einen Theil derselben zu bilden scheint. Hierauf folgt ein lan- ges, an seinem inneren Rande zugeschärftes Glied, der Schenkel (Femur) (&), der auf dem Trochanter frei einge- lenkt ist und am ande- ren Ende mit der etwa gleich langen Schiene (Tibia) (c) articulirt. Die Tibia des ersten Beinpaares ist stark seitlich zusammengedrückt und trägt am Innenrande ihres distalen Endes drei starke Dornen. Das Bein endet mit einer Reihe von fünf kleirlen Fingergliedern, Pha- langen, welche den Fuss (Tarsus) bilden (f?). Das letzte Glied endet mit zwei starken Doppelkrallen (e) , mit welchen der Maikäfer sich an den Zweigen festklammert. Die verschiedenen Beinglieder sind theilweise mit einfachen, innen hohlen Haaren besetzt, von welchen bei dem Tegumente die Rede sein wird. Füsse des Maikäfers, vierfach vergrössert. A, rechter Vorderfuss; B, rechter Mittelfuss ; a, Hüfte (Coxa); b, Trochanter ; c, Schenkel (Femur) ; c, Schienbein (Tibia) ; d, Tarsus, aus fünf Gliedern bestehend; e, Endkrallen. Insecten. 145 Flügel. — Sie sind, wie bei allen Käfern, sehr verschieden gebaut; das Vorderpaar ist dick, hornig, zu Flügeldecken (Elytren) um- gewandelt; sie decken in der That in der Ruhe vollständig die häu- tigen Hinterflügel, die allein zum Fluge tauglich sind. Die Flügeldecken (Fig. 61, ?') sind auf dem Mesothorax mit- telst kleiner, horniger Schaltstücke so eingelenkt, dass sie sich in schiefer Richtung bewegen können. Sie bestehen aus zwei grossen, harten, etwas elastischen, nach aussen gewölbten Platten, die sich mit ihren geraden Innenrändern in der Ruhe so eng an einander legen, dass sie den Metathorax und sämmtliche Bauchringe mit Ausnahme des letzten bedecken. Sie krümmen sich mit ihrem äusseren und auch mit ihrem Hinterrande in der Weise nach unten, dass sie sich vollständig an die Flächen des Abdomens anschmiegen. Ihre gewölbte Oberfläche zeigt sechs wenig vorspringende Längsrippen , in welchen Tracheenstämme verlaufen , die zahlreiche Verästelungen nach allen Richtungen aus- senden und in den Präparaten leicht erkenntlich sind, da sie mit Luft gefüllt bleiben. Die mikroskopische Untersuchung lässt auf der Aussenfläche der Flügeldecken verschiedene Cuticularbildungen erkennen. An ihrer Basis finden sich kleine, schuppenartige Rauhigkeiten , zwischen wel- chen hier und da mehr oder minder lange Haare eingefügt sind, welche ganz denjenigen gleichen , die wir fast überall auf den Tegumenten des Maikäfers verstreut finden. Die einen sind dünn, scharf zugespitzt und zeigen an ihrem Ende feine, nach vorn gerichtete seitliche Zähn- chen; andere haben die Form von Lancetten. Diese Haare fallen bei der Behandlung mit Aetzkali leicht ab, so dass man auf solchen Prä- paraten nur die Oeff'nungen der Poren sieht, auf welchen sie eingepflanzt sind. Ausserdem sieht man zahlreiche rundliche Körperchen , die un- regelmässig in der Dicke der Flügeldecken eingebettet sind, eine feine, concentrische Streifung zeigen und im Centrum eine kleine OefFnung zu besitzen scheinen. Vielleicht Drüsen ? Wir haben uns dessen nicht vergewissern können, da Schnitte, senkrecht auf die Fläche der Flügel- decken geführt, uns keine befriedigenden Resultate gegeben haben. Die Consistenz der Decken ist so bedeutend, dass sie unter dem Rasir- messer splittern, und wir wissen aus Erfahrung, dass die Reagentien, welche das Chitin erweichen , in solchem Maasse zerstörend auf die Weichtheile einwirken, dass der Histologe sich von ihrer Anwendung keine Vortheile versprechen kann. Doch konnten wir auf einigen in Paraffin gemachten Schnitten uns überzeugen , dass das Hornblatt, welches die Flügeldecke bildet, aus zwei äusseren Chitinlamellen besteht, zwischen welche eine dünne Hypodermschicht eingeschoben ist, in welcher die Tracheen und Nerven verlaufen und worin einzelne Kerne zerstreut sind , welche sich durch alkoholische Cochenillelösung leicht färben. Vogt u. Tung, prakt. vergl. Anatomie. II. 10 146 Arthropoden. Fig. 67. Die Unterfläcbe der Flügeldecken ist der Oberfläche ähnlich, nur zeigt sie weit längere und biegsamere gezähnte Haare. Die häutigen Hinter flu gel (Fig. 61, n ; Fig. 67), die zwischen dem Metanotum und den Metapleuren eingefügt sind, zeigen sich als zwei dünne, durchsichtige Lamellen, die während des Fluges hori- zontal ausgestreckt werden. In der Ruhe werden sie in der Weise zusammengeschlagen, dass ihr distaler Theil sich schief unter den Basaltheil schiebt und so der ganze Flügel unter seiner entsprechenden Decke versteckt ist. Sie bestehen aus zwei sehr zarten, einander eng anliegenden Hautlamellen, die man nur an der Basis des Flügels in der Nähe seiner Einlenkung von einander trennen kann. Sie zeigen zahlreiche Falten, welche durch die Reibung der Flügel gegen ihre Decken in der Ruhe entstehen, und werden durch verzweigte Chitinröhren, die Flügel- adern oder Flügelnerven (Fig. 67, 3 bis 9), gesteift, deren Durch- messer von der Basis zum Rande allmählich abnimmt. Einige Nerven entsenden Aeste, die sich mit entsprechenden Aesten der benachbarten Nerven verbinden und so Räume umgrenzen , welche von den Ento- mologen Zellen genannt werden und für die Bestim- mung der Gattungen und ' (5 Arten Bedeutung haben. Die -.cL Randader, die stärkste, ver- "■e- läuft am Vorderrande des Flügels (/) ; alle übrigen sind weit schwächer. Die drei Hauptadern sind etwa am ersten Drittel des Flügels ge- knickt (, Fig. 80) fliesst sofort nach seinem Eintritte in die Kopfhöhle mit dem entsprechenden Stamm der anderen Seite zu- sammen, trennt sich aber bald wieder und läuft in schiefer Richtung zu dem Auge. Von der Dorsalfläche der Vereinigung der beiden Stämme entsteht ein unpaarer Ast, der zum Hirne verläuft und zahl- reiche Seitenzweige abgiebt, welche sich in den Muskeln und den übrigen an der Oberfläche des Kopfes gelegenen Organen verzweigen. Der untere Kopfstamm (c), welcher von der Vorderseite des Wurzel- stammes entspringt, dringt unter dem Schlünde in den Kopf ein, ver- einigt sich mit dem entsprechenden der anderen Seite mittelst eines ansehnlichen Querstammes und setzt seinen Weg nach vorn zu der Antenne fort, die er mit Aesten versorgt. Er giebt auf diesem Wege zahlreiche Seitenäste an die Mundwerkzeuge und deren Muskeln ab. Ein dritter Stamm (d), die Schenkeltrachee von Strauss, geht zum ersten Beinpaare und giebt zahlreiche Zweige auf seinem Ver- laufe bis in den Tarsus ab. Er entspringt an der ünterfläche des 168 Arthropoden. Wurzelstammes und ist weniger ansehnlich als die beiden vorher- gehenden. Acht kleinere Stämmchen, von welchen nur zwei auf unserer Figur sichtbar sind (e, /, Fig. 80), vertheilen sich noch in den Muskeln des Beines (/<, i). Von der oberen Fläche der Tracheenblase entspringt noch ein Sttarker Stamm (g) , der sich nach oben und hinten richtet , in den Mesothorax eindringt und, in den Wurzelstamm des zweiten Stigmas einmündend , eine Verbindung zwischen den beiden vorderen Stigmen herstellt. Dieser Stamm trägt mehrere Tracheenblasen, welche sich an die Innenfläche des Halsschildes anlegen; er giebt ausserdem drei Aeste an die Flügeldecken. ländlich entspringen noch von der Hinterfläche des ersten Wurzel- stammes drei Stämme (k 1, m), welche alle mit Blasen besetzt sind und sich in den Mesothorax begeben, mit dessen Stigmen sie ebenfalls Ver- Fig. 80. Melolontha vulgaris. — Die rechte Körperhälfte, mit Ausnahme des Kopfes, von innen gesehen, um die hauptsächlichsten Tvacheenstämme zu zeigen. Vierfache Vergrösse- rung. J, Prothorax oder Halsschild. B, Mesothorax und Metathorax. C, Abdomen. a , Erweiterung des Wurzelstammes des ersten Stigmas ; b , obere Kopftrachee ; c, untere Kopftrachee ; cl, e, Tracheenstämme zum ersten Beinpaar ; /, in den Beuge- muskeln der Hüfte sich verzweigende Tracheen ; g , Trachee der Flügeldecken ; h, i, Beugemuskeln der Hüfte ; k, l, m, Tracheen, die mit denen des zweiten Stigmas communiciren ; n, o, Communicationstracheen mit zahlreichen Blasen ; p, q, Wurzel- stämme der Bauchstigmen ; r, r, s, s, die sie verbindenden Stämme ; t, Trachee der Geschlechtsorgane ; u, mit einer Blasentraube it' endender absteigender Stamm des unteren Bogens; v, v, verbindende Querstämme, die sich in to vereinigen; x, x, längs der Rückenbogen aufsteigende Stämme mit zahlreichen Blasen. (Reduetion nach einer Zeichnung von Strauss-Dür ckheim.) bindungen herstellen. Einer von ihnen (l) beugt sich zur Bauchseite, dringt in die Hüfte des zweiten Beinpaares ein und verzweigt sich in diesem bis zum Tarsus. Insecten. 169 Wenn wir nun von dem ersten Stigma zu demjenigen zwischen dem Meso- und Metathorax und den an dem Hinterleibe gelegenen Stigmen übergehen, so bemerken wir, dass ihre Wurzelstämme von geringerem Umfange sind und eine kleinere Anzahl von Stämmen aus- gehen lassen. Es begreift sich dies leicht, da das von ihnen versorgte Feld weit geringere Ausdehnung besitzt, während die von dem ersten Stigma ausgehenden Stämme nicht nur das Halsschild, sondern auch den ganzen stigmenlosen Kopf versehen müssen. Die von dem zweiten Stigma ausgehenden Tracheen verlaufen longitudinal, gehen mit den Stämmen der benachbarten Stigmen Ver- bindungen ein (h, o) und sind mit zahlreichen Bläschen besetzt. Sie entsenden Seitenzweige zu den Muskeln der beiden letzten Beinpaare, des Thorax, zu dem Darme und den häutigen Flügeln. Die von den sechs Paaren der Abdominalstigmen entstehenden Tracheen zeigen ziemlich gleiche Anordnung. Sie sind an ihrem Ur- sprünge (q) kaum erweitert und theilen sich fast unmittelbar in zwei kurze, gebogene Aeste, einen oberen und einen unteren. Jeder dieser Aeste verbindet sich mit dem entsprechenden, aus dem vorhergehenden und folgenden Stigma entspringenden Aste. Die hinteren Aeste des Wurzelstammes vom letzten Stigma verlängern sich nach hinten und münden in einander. Aus ihrer Vereinigung entspringt ein starker Mittelstamm (t), welcher sich in den Geschlechtsorganen verzweigt; er ist in unserer Figur nahe an seinem Ursprünge abgeschnitten. Es finden sich demnach im Hinterleibe jederseits zwei über ein- ander liegende Längstracheenstämme, die eine Reihe von Bogen bilden und an jedem Stigma zusammenmünden. Da nun die von den Brust- stigmen entstehenden Wurzelstämme sowohl unter sich als auch mit dem des ersten Stigma communiciren, so folgt daraus, dass die Luft, welche durch irgend ein beliebiges Stigma eindringt, sich in dem Tracheensysteme des ganzen Körpers vertheilen kann. Jeder Tracheenstamm des Hinterleibes lässt acht bis zehn lose Aeste entspringen, welche sich nach innen wenden und an den Ein- geweiden sich verzweigen. Der zweite untere Tracheenast liefert einen langen Zweig (i(), der nahe am ersten Bauchstigma entspringt, längs dem ventralen Bogen des zweiten Abdominalringes bis gegen die Mittellinie vordringt und hier einen Strauss von grossen Blasen trägt (tc). Die folgenden sechs Längsstämme lassen ähnliche Aeste (v) ent- stehen, die alle gegen den hinteren Rand des fünften Bauchringes hin convergiren , und auf der ventralen Mittellinie sowohl unter sich (iv) als auch mit den entsprechenden Aesten der gegenüberstehenden Seite anastomosiren. So wird eine Verbindung zwischen den zu beiden Seiten gelegenen Stigmen hergestellt. Alle diese Aeste tragen Luft- bläschen. 170 Arthropoden. Die oberen Längstracheeu (r) erzeugen ihrerseits je einen Ast (a;), welcher dem dorsalen Bogen eines jeden Segmentes bis zur Mittellinie entlang läuft. Aber diese Aeste bleiben frei ; sie tragen zahlreiche lose Blasen, die durch ihren Silberglanz sich sofort bemerklich machen, sobald man das Abdomen öffnet. Die Tracheen (0,/, Fig. 79 und 81) bestehen wesentlich aus einem dui'chsichtigen Chitinrohre, welches von einer umhüllenden chi- tinogenen Haut gebildet wird, die nur an den Endverzweigungen fehlt. Die innere Chitinlamelle, die Intima, zeigt anscheinend einen Spiral- faden, welcher den Tracheen ein charakteristisches Ansehen giebt, aber nur eine Verdickung ist. Dieser Spiral faden verstärkt die Elasticität der Trachee und hält ihr Lumen stets offen. Zerzupft man eine Fig. 81. Melolonfha vulgaris. — Tracheen. A, Tracheenblase im Banche. a, PeritonealhüUe ; 5, ihre bei b' vorspringenden Kerne ; c, Trachee. B, Trachee , deren Spiralfaden bei a entrollt ist; a, «', Kerne. C, verästelter Spiralfaden eines grossen Tracheen- stamines. D, Fragment einer durch Behandlung mit Aetzkali gefalteten Trachee. Trachee , so rollt sich der Faden in einer gewissen Länge wie eine Spiralfeder ab, weil die Intima in den Zwischenräumen zwischen den Verdickungen weit dünner ist und leichter reisst {B, a, Fig. 81). Der Faden ist indess nicht immer auf seiner ganzen Länge einfach. Hier und da theilt er sich und die Zweige enden spitz auslaufend. Man bemei-kt dies besonders auf den grossen Tracheenstämmen (C, Fig. 81). Aetzkali erweicht die Intima, ohne sie vollständig zu zerstören; die auf diese Weise behandelten Tracheen verlieren ihre Elasticität und die Wände fallen leicht zusammen (D, Fig. 80). Insecten. 171 Die chitinogene oder peritoneale Hülle besteht aus mehreren Schichten abgeplatteter Zellen, deren eiförmige Kerne sich leicht mit Carminlösuugen färben lassen (J., B, b, Fig. 81). Die Kerne sind so dick, dass sie auf der Aussenfläche der Hülle vorspringen, wie man leicht sehen kann, wenn man den Rand einer Trachee beobachtet (Ä, JB, l)'). An den Endzweigen der Trachee scheint diese Hülle zu fehlen; man sieht dort nur die Chintinröhre der lutima, die in ein homogenes Röhrchen ausläuft und keinen Spiralfaden mehr erkennen lässt. Um die Peritonealbülle zeigt sich noch eine sehr feine äussere Grenzmembran (Graber's Basalmembran), die so fein und homogen ist, dass sie sich nur erkennen lässt, wenn sie sich durch die Einwirkung von Reagentien abhebt. Die Tracheenblasen sind nur Erweiterungen der Tracheeu- röhren , welche meist eiförmige Gestalt, aber genau dieselbe Structur wie die Tracheen besitzen , nur sind die Wandungen sehr verdünnt und der Spiralfaden im Inneren fehlt; wenigstens haben wir ihn in einigen vergeblich gesucht; dagegen treten die Kerne der Peritoneal- bülle meist deutlich hervor. Diese Erweiterungen sind keine End- blasen, wie man glauben könnte; sie finden sich auf dem Verlaufe der Trachee, welche sich darüber hinaus fortsetzt. F. Plateau hat in seiner schönen Arbeit über die Athem- bewegungen der Insecten den Mechanismus der Respiration beim Mai- käfer eingehend behandelt (siehe Literatur). Geschlechtsorgane. — Wie bei allen Insecten sind die Ge- schlechter beim Maikäfer getrennt. Wir wissen bereits, dass das im Uebrigen dem Weibchen ähnliche Männchen sich von diesem durch die Structur der Fühler unterscheidet, die sieben grosse Lamellen statt sechs kleiner beim Weibchen tragen. Männliche Geschlechtsorgane. — Sie liegen im Hinterleibe und bestehen aus zwei Gruppen sehr kleiner Hoden (a, Fig. 82 a. f. S.) mit ihren Ausführungsgängen, zwei Nebendrüsen (e, e) und einem sehr complicirten und voluminösen Begattungsorgan {m). Jederseits im vierten und fünften Abdominalsegmente liegen sechs kleine, abgeplattete Hodenkuchen mit unregelniässigen Rändern, die, wie L. Dufour richtig bemerkt, Samen von Malvaceen ähnlich sehen. Ihre Oberfläche zeigt strahlige Streifen , die den Grenzen der zahl- reichen kurzen Hodenröhrchen entsprechen, aus welchen der Hoden besteht und die gegen einen Centralpunkt convergiren , von welchem der Hodencanal ausgeht. Das blinde Ende dieser länglichen Bläschen oder Röhrchen ist gegen die Peripherie gerichtet, das Innere mündet in den Anfang des Hodencanals. Innen sind die Wände mit dem Epi- thelium ausgekleidet, welches die Samenzellen liefert. Das Ansehen der Orgaue wechselt je nach dem Reifezustande. In voller Thätigkeit, wenn sie viel Samen erzeugen, erscheinen die Röhr- 172 Arthropoden. eben wie ihre Ausführungsgänge geschwollen, von weisser Farbe und lassen sich bei Individuen, die einen bedeutenden, ebenfalls weissen Fettkörper haben, nicht leicht präpariren. Bei in Weingeist conser- virten Thieren sind die Hoden sehr verschrumpft. Man muss sie also an frischen Exemplaren untersuchen. Aus dem Centrum der Unterfiäche jedes Hodens entspringt der feine und sehr dünnwandige Hodengang, dessen Inhalt weissliche Farbe hat. Die sechs Hodengänge vereinigen sich jederseits in einen ge- meinsamen Ausführungsgang, den Samengang (vas deferens). Dieser (c, Fig. 82) bildet eine sehr lange, enge, vielfach gewundene Röhre, die sich so zusammenknäuelt, dass sie sich nur mit Mühe entfalten lässt. Gegen das hintere Ende hin erweitert sich der Samengang zu Fie 82 Melolontha vulgaris. — Männliche Geschlechtsorgane, vmter der Lupe gezeichnet. a, Hoden; b, Hodengänge; c, verknäuelte Samengänge; d, ihre erweiterten Enden (spindelförmige Samenbläschen); e, Nebendriisen ; /, ihr etwas angeschwollener Ank- lang ; g, ihr erweitertes Ende ; h, Spritzcanal, der bei i die Samengänge und die Aus- führungscanäle der Nebendriisen aufnimmt; k, Theil der Penisscheide , die gespalten und bei p, am Ende des Penis, ausgebreitet ist; /, Gipfel des Penis, wo der Spritz- canal eindringt; m, Peniskapsel; n, ihre in der Rinne o gelegene Endöffnung. einer spindelförmigen Samen blase (d) mit sehr ausdehnbaren Wänden, die meist von Samen geschwellt ist. Sodann mündet jeder Samengang nahe dem der entgegengesetzten Seite in den Anfang des Spritz- eana 1 e s {h). Dieser nimmt fast an demselben Punkte die Mündungen zweier Nebendrüsen auf (e), die in Gestalt dünner Röhren, welche etwa zehnmal so lang sind als der Körper, sich zwischen dem vierten und I Insecten. 173 siebenten Bauchsegmente verknäuelu. Diese Knäuel lassen sich noch schwieriger entwirren als die der Samengänge. Die Röhren sind an ihrem distalen, blinden Ende (/) etwas angeschwollen und an dem anderen (g) bedeutend erweitert. Sie entleeren in den Spritzcanal eine weissliche Flüssigkeit, die sich mit dem Samen mengt nnä denselben zu verdünnen scheint. Die histologische Structur der Samengänge und der Xebendrüsen scheint ziemlich dieselbe. Ihre dünnfaserige Wand wird von einer feinen Peritoneallamelle von aussen und von einem zelligen Epithelium von innen ausgekleidet. Da wir im Augenblicke, wo wir dieses schrei- ben, keine frischen Exemplare zur Hand haben und conservirte Exem- plare keine deutliche Resultate geben, können wir über die histologische Structur keine eingehendere Bemerkungen mittheilen. Der Spritzcanal {ductus ejaculuiorius) (Ji, Fig. 82), der die erwähnten vier Ausführungsgänge etwa auf demselben Punkte (/) auf- nimmt, läuft schief von rechts nach links und vorn, und kreuzt die Peniskapsel {>) , deren häutige Scheide (k) ihn eiuschliesst. Er dringt in die Spitze des Penis (/) ein und durchsetzt diesen der Länge nach. Seine Wände sind dick, sein Durchmesser unregelmässig und im Inneren des Penis, wo er sich erweitert, mehr oder minder stark, so dass er den Bewegungen des Begattungsorganes sich anschmiegen kann. Der Penis (k, Fig. 76; 7, m, Fig. 82) ist ein mächtiges, halb- cylindrisches und doppelt gekrümmtes Organ, das sich an beiden Enden verengt. Er füllt den grössten Theil der Bauchhöhle aus und ist von den Windungen des Darmes und zahlreichen Tracheen umgeben. Eine häutige Scheide (Je), die das Organ umhüllt, schliesst auf der Unter- fläche zwei, von dem Sternum des echten Bauchsegmentes ausgehende Chitinstücke ein, welche den Penis stützen. Xach vorn wird die Scheide dicker und chitinös. Die verschiedenen Hüllen des Penis, welche wie die Stücke eines Fernrohres in einander geschoben werden können, sind übrigens als Ringe eines einzigen Canales anzusehen, welcher durch die Einstülpung der Tegumente des letzten Bauchringes gebildet wird. Der äussere, braune und glatte Chitinring bildet die Kapsel des Penis; die innere, häutige Einfaltung wird von Strauss Präputium genannt. Zwischen diesen Einfaltungen sind kleine Muskelbündel, die Spritz- muskeln, angebracht, deren eingehende Beschreibung bei Strauss nachzusehen ist. Im Ruhezustande ist die Peniskapsel gänzlich in den Hinterleib zurückgezogen, auf dessen Unterfläche sie mit ihrer rechten Seite auf- lagert, so dass ihre untere Oeffnung nach links gewendet ist (»i, Fig. 82). Bei der Begattung wird aber der Penis durch seine Ausziehmuskeln, welche sich an seinem vorderen Ende anheften, aufgerichtet. 174 Arthropoden. Der Penis mündet vor dem Rectum in die Cloake. Das Ende des Spritzcanales wird bei der Begattung nach aussen vorgeschoben und in die Begattungstasche des Weibchens eingeführt. Die weiblichen Organe bestehen aufe den Eierstöcken, ihren Ausführungsgängen, einer Begattuugstasche, einer Samenblase und zwei Nebendrüsen. Die Ovarien (a, a, Fig. 83) bestehen aus zwei pyramidenförmigen Bündeln von Eiröhren , welche von einer PeritouealhüUe umschlossen Fior. 83. Melolontha vulgaris. — Unter der Lupe gezeichnete weibliche Geschlechtsorgane. Rechts sieht man den normalen Eierstock, links sind die Eiröhren von einander getrennt und ausgehreitet worden.,«, Eierstock; a', Keimlager; ö, AulTiängeband des Eierstockes ; c, Eier in Reihen ; d, netzförmiger Abschnitt der Eiröhren ; e, Eileiter ; /", Vagina ; g, Schliessmuskel der Vulva ; h, Nebendi'üsen ; *', Begattungstasche ; k, ihr Ausführungsgang ; /, Samentasche ; m, birnförmiges Bläschen ; n, Rectum ; o, Theil der Rückenwand der Cloake. und von zahlreichen Tracheen umsponnen werden , die grösstentheils dem unpaaren Stamme entsprossen (f, Fig. 81). Häufig findet man lusecten. 175 auch in ihrer Umgebung Fetthläschen, Ueberreste des Fettkörpers. Sie ruhen auf der Bauchfläche der Leibeshöhle und erstrecken sich vom ersten zum sechsten Segmente. Die zugespitzten Enden der zu Bündeln yereinigten Eiröhren convergiren in der Spitze der Pyramide, welche durch ein Faserbündel, das Aufhänge band (b), an der Rückenfläche des ersten Bauch- segmentes angeheftet ist. Jedes Ovarium wird von sechs Eiröhren zusammtengesetzt , die man leicht mit der Nadel trennen kann, wie wir es auf der linken Seite unserer Figur 83 dargestellt haben und die alle denselben Bau haben. In dem ausgezogenen spitzen, aber geschlossenen Ende (a), das man auch die Keirakammer genannt hat, entstehen durch Differen- zirung im auskleidenden Endothelium die Eikeime, welche sich los- lösen, in die Höhle der Eiröhren fallen und in dem Maasse, als sie gegen den Eileiter hin vorrücken, sich mit Nahrungsdotter umgeben, der von den Wänden derEiröhre abgesondert wird. Durch ihr fortschreitendes Wachsthum dehnen die Eier die sie umschliessenden Röhren aus. Es scheint sogar, als ob das Endothelium der Röhren sich um die Eier herumlege und so einen Zellenfollikel um sie bilde; wir haben indess diese Phase der Eibildung nicht eingehender verfolgt. Zwischen je zwei Eiern schnürt sich die Wand der Eiröhre ringförmig ein, so dass die Eiröhre einer Perlenschnur gleicht, deren Perlen um so kleiner sind, je näher sie dem geschlossenen Ende liegen. Jede Eiröhre ent- hält zugleich vier bis fünf Eier (r, e, Fig. 83), um welche Haufen von Nährzellen angehäuft sind. Der untere Abschnitt der Eiröhren ist mit einer krümeligen, grauen Substanz von netzartigem Aussehen erfüllt (d, Fig. 83). Viel- leicht wird hier schon die Schale des Eies gebildet, wie ältere Beobachter annehmen? Die sechs Eiröhren vereinigen sich jederseits, um einen Canal mit dicken, musculösen Wänden, den Eileiter (e, Fig. 83), zu bilden, der mit leichter Krümmung nach aussen gegen die Mittellinie sich wendet und mit dem Eileiter der anderen Seite zu einem gemeinschaftlichen Gange, der Vagina (/), sich vereinigt, die gerade nach hinten läuft und vor dem Rectum mit einer Querspalte, der Vulva, in die Cloake mündet. Die Oeffnung ist von einem Schliessmuskel (g) umgeben. An ihr inseriren sich ausserdem vier von Strauss beschriebene Muskeln, die bei der Eiablage die Vulva nach hinten ziehen und der Cloakenöffnung näher bringen. Die untere Lippe der Vulva trägt zwei kleine Chitinstücke, deren hinteres Ende in die Cloake vorspringt. Jederseits vom Schliessmuskel liegt eine kleine, eiförmige, in die Bauchhöhle vorragende Drüse, die mit einem kurzen aber weiten Ausführungsgange in die Vulva mündet. 176 Arthropoden. Diese Nebendrüsen (h, Fig. 83) sind von einer dünnen, hornigen Lamelle übezogen. Sie sondern eine ölige Schmiere ab, welche wahr- scheinlich dazu dient, die Oeffnung der Vulva schlüjji'rig zu erhalten und so die Ablage der Eier zu befördern. Strauss vermuthete, dass der Geruch dieser Absonderung zur Anziehung der Männchen dienen könne. Die Vagina trägt auf ihrer Rückenfläche vor der Vulva eine grosse, nierenförmige 'Blase von weisser Farbe, deren Volumen je nach den Individuen sehr variirt. Dies ist die B egattungstasche (^, Fig. 83), in welche das Ende des Penis bei der Begattung eingeführt wird, wie man leicht constatiren kann, wenn man den Hinterleib des Männchens bei der Begattung rasch mit der Scheere abschneidet. Die Begattungstasche liegt nach rechts geneigt, zwischen den Windungen des Darmcanales; ihr dicker Ausführungsgang (k) mündet mit weiter Oeffnung in die Vagina. Die dicken Wandungen enthalten eine äussere Ringmuskelschicht und eine innere Längsmuskelschicht; sie sind mit einer längsgefalteten, dicken Schleimhaut ausgekleidet, die von einer dünnen Chitinlamelle, einer Fortsetzung der die Cloake aus- kleidenden Chitinschicht, überzogen ist. Die Höhlung ist mit weiss- lichem oder grauem Schleime erfüllt. Vor der Begattungstasche und ebenfalls auf der Rückenfläche der Vagina mündet ein zweiter Anhang, die Samen tasche (7, Fig. 83), ein. Es ist eine lange, cylindrische, an ihrem gekrümmten Ende ab- gerundet geschlossene Röhre , die mit der Vagina durch einen dünnen Stiel mit engem Canale verbunden ist. Dieser Canal zeigt eine kleine birnförmige Anhangsblase (m), die ein ausgestülpter Blindsack ist. Die Wände der Samentasche zeigen wie die der Begattungstasche eine äussere Muskelschicht und eine innere, längsgefaltete Zellenschicht. Die Höhlung enthält ausser der Begattungszeit eine weissliche, coagu- lirte Masse. Trotz der ausserordentlich grossen Mannigfaltigkeit der äusseren und innerän Orgaue, die sich bei den so unendlich zahlreichen Repräsentanten der Classe der Insecten vorfindet, lässt sich doch bei allen, vielleicht mit Ausnahme einiger stark modificirten Schmarotzer, der allgemeine Grundplau des Baues wiedei-erkennen , der die Classe selbst mit gi'osser Bestimmtheit definirt. Man unterscheidet stets, wie bei dem Maikäfer, die drei Körperregionen : Kopf, Thorax, Abdomen. Nur wechselt das Verhältuiss dieser Regionen zu einander ungemein. Meist ist der Kopf der kleinste Abschnitt , doch kann er zuweilen , wie beim Hirschkäfer [Lucanus cervus) , sogar grösser als der Thorax werden. "Wenn wir die Zahl der Anhänge in Anschlag bringen , so erscheint der Kopf ans vier verschmolzenen Somiten gebildet. Er trägt in der That stets ein Paar Antennen, ein Paar aus einem Gliede bestehender Mandibeln, ein Paar Maxillen von complicirterem Bau und ein zweites Kiefei-paar, das in den meisten Fällen durch Verschmelzung in der Mittellinie zu einem ein- Insecten. 177 zigen unpaaren Stücke, der Unterlippe, umgebildet ist. Bei den Orthopteren bleiben aber die beiden Hälften getrennt. Vor den Mandibeln liegt ausserdem ein stets unpaares Gebilde, die Ober- lippe (Labrum). Der Thorax besteht immer aus di-ei Segmenten, dem mit dem Kopfe durch ein enges Stück zusammenhängenden Prothorax, dem Meso- und Meta- thoi-ax. Alle drei Brustsegmente tragen je ein Beinpaar (Hexapoden) und die zwei hinteren je ein Paar Flügel. Diese in die Augen fallenden Charak- tere unterscheid^en die Insecten sofort von allen anderen Arthropoden. Zuweilen (Hymenopteren, Dipteren) ist das erste Bauchsegment noch mit dem Thorax verschmolzen. Anderseits bleibt der Prothorax häutig frei be- weglich; er wird dann das Brustschild genannt (Ooleoptere)i, Orthopteren, Nevropteren und ein Theil der Rhi/nchoten). Das Abdomen ist aus neun bis elf meist sehr deutlichen und unter sich beweglichen Segmenten gebildet. Seine weicheren und dehnbaren Tegumente können sich ausdehnen und den Zusammenziehungen der Athemmuskeln zur Ausführung der rhythmischen, von F. Plateau genau untersuchten Athem- bewegungen nachgeben. Ebenso dehnen sie sich zur Zeit der Eireife aus, zuweilen in ausserordentlichem Maasse [Termes). Nur sehr ausnahmsweise trägt das Abdomen Bewegungsanliänge [Japyx, PodureUa), auch im vollkommenen Zustande. Bei vielen Larven aber finden sich normale Baachfüsse oder falsche Füsse (Raupen der Schmetter- linge, Afterraupen einiger Hymen optereu) , die den Parapoden der Anneliden einigermaassen ähnlich sind, aber bei der Metamorphose verschwinden. An dem letzten Bauchringe (Afterring) oder dem vorletzten (Genital- ring) finden sich oft sehr verschiedenartig gebildete, chitinöse Verlänge- rungen : Zangen zum Festhalten {Forficula) , Begattungsanhänge bei den Männchen, Legeröhren, Legebohrer etc. bei den Weibchen zur Ablage der Eier in der Erde, im Holz u. s. w. Die Homologie dieser Bildungen mit Gliedern ist sehr problematisch, meist sind es nur Umbildungen des Körper- tegumentes. Die gegliederten Anhänge des Kopfes und des Thorax sind durcli An- passung an die Lebensbedingungen den mannigfaltigsten Umbildungen unter- worfen . Die stets nur in der Zahl eines Paares vorhandenen Antennen sind wenigstens aus drei, oft aber bis dreissig und mehr Gliedern zusammen- gesetzt, die einander ähnlich oder unähnlich und meist unter sich beweglich sind. Sie sind fadenförmig , borstenartig , gekrümmt , keulenförmig , ge- blättert u. s. w. (Fig. 84 a. f. S.) , aber stets an der Vorderseite oder auf der Oberfläche des Vorderkopfes in der Nähe der Augen eingelenkt. Die Muudtheile der kauenden Insecten {Orthopteren, Coleopteren, Xevrop- teren) sind mehr oder minder denjenigen des Maikäfers ähnlich, werden aber bei den saugenden Insecten (Lepidopteren, Dipteren), den leckenden [Hy- menopteren) und den stechenden {Rhynchoten) in bedeutender und sehr ver- schiedenartiger Weise umgebildet. Indessen bleibt der von Savigny zuerst formulirte Satz zu Eecht bestehen : Welche Gestalt auch der Mund der Insecten annehmen mag, so ist er unter allen Umständen doch stets aus denselben Elementen zusammengesetzt. Sa- vigny hat nachgewiesen, dass die Schmetterlinge zwei liippen besitzen, eine obere und eine untere, die Taster trägt; ferner zwei sehr kleine Mandibeln imd zwei Maxillen, deren jede in eine lange, biegsame Halbrinne verlängert ist, aussen abgerundet, innen ausgekehlt, welche durch die Zusammenlegung ihrer Ränder eine Röhre, den spiralig aufroUbaren Rüssel, bilden. Diese Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. ]2 178 Arthropoden. Halbrinnen {A, c, Fig. 85) tragen zwei- oder dreigliedrige Taster, die in der- selben Weise eingelenkt sind, wie auf den Maxillen der kauenden Insecten. Fie. 84. Verschiedene Formen von Antennen. A, Aeschna (Pseudo-Nevropteren) ; B, Volu- cella (Dipteren); C, Sargus (Dipteren); D, Necrophorus; E, Ctenocerus ; F, Prionus; G, Ciirculio (Coleopteren). Fig. 85. d^"' Mundwerkzeuge verschiedener Insecten, zur Demonstration ihrer Umwandlungen durch Anpassung. A, Kopf einer Noctua von unten. Die Lippentaster sind abgeschnitten (nach Savigny). «, Oberlippe; b, Mandibeln ; c, Maxillarrinnen, den Rüssel bildend; d, Maxillarpalpen ; e, Insertion der abgeschnittenen Lippentaster. B, Mundtheile eines Weibchens von Culex nemorosus (nach Becher). a, Oberlippe; b, Mandibeln; c, Maxillen ; d, Unterlippe, zum Rüssel umgebildet ; e, Lippentaster ; /, Hypopharynx. C, Mundtheile von Anthophora retusa (nach Newport). a, Antennen; b, Man- dibeln; c, Maxillen; d, Maxillartaster ; e, Lippentaster; /, Zunge; g, Nebenzungen (Paraglossen) ; h, einfache Augen (Stemmata). Insecten. 179 Bei den ßhynclioten sind die Mandibeln und Maxillen in Stilette zum Stechen und die Unterlippe in eine Saugröhre umgewandelt. Bei deu Hymenopteren (Anthophora) zeigen die Oberlippe und die Mandibeln etwa dieselbe Bildung wie bei den Coleopteren ; die Maxillen und die Unterlippe und namentlich die Zunge sind zu einem Schöpfrüssel umgebildet. (Man sehe die Abhand- lungen von S avigny und Gerstfeld.) Einige Typen, wie z.B.äie]Phryganiden, zeigen Uebergänge zwischen kauenden und saugenden Mundtheilen. Auch die Beine modeln sich nach den ihnen zustehenden Functionen, namentlich das erste und dritte Paar. Die Zahl ihrer einzelnen Glieder ist zwar ziemlich constant , aber ihre verhältnissmässige Entwicklung sehr ver- schieden. So werden z. B. bei den Springern {Locusta, Pulex) , Schenkel (Femur) und Schiene (Tibia) ausserordentlich laug und stark , während sie im Gegentheile bei den Grabern {Gryllotalpa , Ateuchiis) kurz und massiv werden. Bei den Schwimmern {Di/fiscits , Gyrinics , Xotonecfa) platten sich die Tarsen zu scheibenförmigen Eudern ab, die mit feinen Haaren besetzt sind. Bei den Fliegen tragen die Tarsen am Ende kleine Spornen und Pol- ster, die mit mikroskopischen Saugnäpfen besetzt sind, wodurch sie sich an glatte Flächen anheften können. Die Flügel fehlen den Thysanuren und Apteren. Meist finden sich zwei Paare , die sich erst bei dem vollkommenen Insect (Image) entwickeln ; aus- nahmsweise findet man schon bei einigen Larven, von Orthopteren besonders, Rudimente davon in Gestalt einfacher Hautfalten {Blatta, Termes). Die vier Flügel zeigen gleiche Bildung bei den Xevropteren , Lepidopteren; Hymenop- teren. Bei den Dipteren ist das hintere Flügelpaar zu zwei Sehwingkolben {Halteres) verkümmert , die sogar bei einigen Gattungen gänzlich zu Grunde gegangen sind. Dagegen sind hei den männlichen Strepsipteren nur die Hinterflügel ausgebildet, und wir wissen vom Maikäfer, dass sie auch bei den Coleopteren meist weitaus grösser sind als die Vorderflügel und allein zum Fluge dienen, während sie sich in der Ruhe unter die Yorderflügel ein- schlagen. Die Yorderflügel sind bald häutig, dünn, durchsichtig, geädert {Hyrnenop- teren) oder fein genetzt [Xevropteren), bald dicker , pergamentartig, undurch- sichtig oder Halbdecken (Orthopteren, Ehynchoten], bald endlich harte Flügel- decken [Coleopteren), wie beim Maikäfer. Bei einigen Coleopteren (Gihhium) sind die Decken in der Mittellinie verwachsen und die Hinterflügel ver- kümmert, so dass die Decken nur eine feste Schutzbrücke über den Hinter- leib bilden. Bei den Lepidopteren und Phryganiden sitzen auf den Flügeln Chitinblättchen in Form feingestreifter Schüppchen. Die Flügeladern enthalten die Nerven und Tracheen. Ihre Anordnung ist bei Arten und Gattungen eine constante , so dass sie den Entomologen vortreffliche Anhaltspunkte zur Unterscheidung liefern. Yiele Insecten bringen durch Reibung eines Körpersegmentes gegen das benachbarte Töne hervor (Coleopteren). Bei den Heuschrecken und Grillen wird der Ton durch Geigen des Beines an dem Rande der Flügeldecken erzeugt. Die raschen Schwingungen der Flügel verursachen bei Fliegen und Hummeln wenigstens zum TheU. das Summen. Aber bei vielen Gat- tungen steht der tönende Apparat in enger Beziehung zu dem Tracheen- systeme (siehe unten) imd die Cicaden besitzen einen sehr ausgebildeten , an den ersten Bauchringen angebrachten musikalischen Apparat, der früher von Reaumur und neuerdings von Carle t genau beschrieben wurde (siehe Literatur). Die Tegumente aller Insecten sind nach demselben Plane gebaut: Wir flnden stets eine äussere Chitinlage und eine innere, chitinogene Hypo- dermis. Letztere zeigt aber nicht immer deutliche Zellen , sondern häufig 12* 180 Arthropoden. nui* eine Protoplasmaschicht mit zerstreuten Kernen. Einzelne Elemente dieser Schicht differenziren sich niclit selten zu drüsigen Orgauen, die bald einfache , flas;henförmige Drüsenzellen , deren Hals die Chitinschicht durch- setzt, bald auch kleine Gruppen bilden. Diese Hautdrüsen sondern bei den Blattläusen oft einen Wollüberzug von wachsartiger Substanz ab; bei den Bienen und Hummeln, wo sie auf den zarten und durchsichtigen Hautblättern zwischen den Bauchringen localisirt sind, erlangen sie durch Absonderung des Wachses eine besondere Bedeutung (Wachsdrüsen). Die Afterdi'üsen, von welchen beim Darme die Rede sein wird, gehören derselben Kate- gorie au. Die Mächtigkeit der Chitinhaut wechselt ungemein. Während sie bei vielen wasserbewohnenden Larven äusserst dünn und durchsichtig ist,, setzt sie sich bei vielen Coleopteren, besonders den Rüsselkäfern, aus vielfachen, sehr harten Lagen zusammen. Mit Ausnahme der Larven von Stratiomys Fig. 86. Verschiedene Nervensysteme. J, Termes (nach Lespes). B, Dytiscus. C, Fliege (nach Blanchard); g s^ Oberschlundganglion (Hirn); 9«, Unterschlundganglion; (/^, (/^, (/^, Bauchganglien; 0, Augen (dem Handbuche von Gegenbaur entnommen). (L e j' d i g)' findet man in der Chitinschicht niemals Kalkconcretioneu, wie bei Crustaceen und einigen Myriapoden , wohl aber sehr häufig Pigmentiiblage- rungen, welche zur Eärbtiug der Insecten beitragen. üebrigens finden sich auf der Oberfläche häufig Streifen und Riefen, welche das Licht in verschiedener Weise brechen, und fast immer Anhänge in Gestalt von Schuppen, Borsten, Haaren u. s. w. Bei den Schmetter- lingen dringen Fortsetzungen der eigentliümlich gestalteten grossen Hypo- dermiszellen in das Innere der die Flügel bedeckenden Schuppen ein (Sem per, siehe Literatur). Bei vielen Wasserbewohnern (Notonecta, Hi/dromefra) wird die Chitinschicht von Poren durchsetzt , die Luft enthalten und so das Schwimmen fördern. Insecten. 181 Wir können hinsichtlich des Nervensystemes das bei den Crustaceen Gesagte wiederholen. Die ursprünglich paarige Gauglienkette variirt von einer Ordnung und selbst Familie zur anderen je nach dem Grade der Ver- schmelzung der einzelneu Ganglien. Die Kette ist bald sehr gedehnt und zählt bis zii zAvölf Ganglieupaaren {Carabus ; die meisten Larven], zuweilen sind alle Ganglien in eiue im Thorax gelegene Masse vereinigt [Piqjiparen, Strepsipteren). Fig. 86 stellt einige Fälle dar. Mau kann fast immer die allmähliche Verschmelzung der ursprünglich getrennten Ganglien von der Larve zu der Imago verfolgen; die drei Thorax- gangiien vereinigen sich und ebenso die Bauchganglien ; in extremen Fällen verschmilzt sogar die Bauchmasse mit dem Thoraxganglion. Doch findet die Verschmelzung zuweilen schon im Larvenzustande statt, namentlich bei Co- leoptei'en. So liegen z. B. die elf Ganglien der Larve von C'alandra dicht gedrängt bei einander im ersten Einge. Das Hirnganglion zeigt namentlich bei den geselligen Insecten (Bienen) einen sehr verwickelten Bau. Sein Volumen hängt mit demjenigen der Seh- nerven zusammen, die ihrerseits wieder von der Grösse der Augen ab- hängen. Bei den Libellen, Dipteren und Lepidopteren mit grossen Augen ist es sehr voluminös. Die Untersuchungen von Viallanes haben festgestellt, dass das Hirn aus drei Abschnitten, Proto-, Deuto- und Tritocerebron besteht, die den gleichnamigen Abschnitten des Hirnes der Krebse homolog sind, und jeder eine speeielle Kategorie von Nerven (Sehnerven, Fühlernerven etc.) entstehen lässt. Die Masse ist durch zwei Connective mit dem Unterschluud- ganglion verbunden , das die Nerven für die Mundorgane abgiebt und meist von den folgenden Ganglien streng geschieden ist, mit Ausnahme der Schma- rotzer {Piqnparen, Strepsipteren). Bei den Insecten mit beweglichem Prothorax bleiben die Brustganglien meist getrennt. Bei den Hymenopteren uud einigen Coleopteren [Lamelli- cornier) finden sich nur zwei Brustganglien. Sie sind um so bedeutender, je mehr die Flügel und Füsse, deren Nerven sie liefern, entwickelt sind. In der Regel sind die Bauchganglien um so besser getrennt , je mehr der Hinterleib in die Länge gezogen ist. Man zählt fünf bis neun Ganglien bei Orthopteren und Pseudo-Neoropteren und bis zu zwölf bei einigen Th}-- sanuren [Lepisma). Bei Dipteren uud Hj'menopteren trifft man nicht selten sechs Bauchganglien; bei den Coleopteren variirt die Zahl ungemein, denn während Carabus und Cerambyx acht Ganglien aufweisen, findet sich bei Curculioniden iind Blatthörnern nur eines , das unmittelbar den Thorax- gauglien sich anlegt. Viele Ehynchoten verhalten sich wie die Strepsip- teren; die Bauchganglien sind durch Verschmelzung mit den Brustganglien verschwunden. Da jedes Ganglion wenigstens ein Paar Nerven entstehen lässt, so kann man aus der Zahl der von einer verschmolzenen Masse ausstrahlenden Nerven auf die Zahl der ursprünglichen Ganglien schliessen, die in die Masse eingegangen sind — es sei denn , dass die Verschmelzung so weit gegangen sei, wie bei den erwähnten Schmarotzern. Das sympathische oder Eiugeweidenerv ensy stem scheint bei den meisten Insecten doppelt zu sein. Der eine Theil besteht aus zwei Stämmen, die an der hinteren Fläche des Hirns entstehen , an dem Schlünde nach hinten laufen uud beiderseits eine Kette kleiner Ganglien bilden {s.s, Fig. 87 a. f. S.). Der andere , unpaare Theil entsteht aus einem vor dem Hirne gelegenen Stirngauglion und steht mit dem Hirn durch einige feine Zweige in Ver- bindung. Der davon ausgehende unpaare Nerv (r, Fig. 87) läuft auf der Piückenfläche des Schlundes nach hinten bis zum Magen , wo er sich mit einigen Magenganglieu verbindet, die auch mit den Ganglien des paarigen Systemes in Beziehung stehen. 182 Arthropoden. Untersucht man die Bauchnervenkette mit dem Mikroskope, so gewahrt man auf der Rückenfläche derselben einen sehr feinen , unpaaren Nerven, der hei jedem Ganglion zwei Zweige abgiebt, die sich zu den Muskeln der entsprechenden Stigmen und deren Tracheen stammen begeben. Dies sind die queren accessorischen Nerven oder Athemnerven von Ne wport (cZ, Fig. 88). Fast alle lusecteu zeigen auf der Haut Haare verschiedener Gestalt, Stäbchen, in deren Axe ein den Hautnerven entstammendes Fädchen ein- tritt. Diese Anhänge sind ohne Zweifel sensitiver Natur und vermitteln, je nach ihrer Stellung, verschiedene Sinneseindrücke. Aber man schliesst weit mehr aus dieser Lage, als aus den Ergebnissen von methodischen Versuchen, dass die einen, auf den Anteimen, Tastorgane, die anderen, auf den Mundwerk- zeugen, Geschmacksorgane seien. Trotz der zahlreichen Arbeiten, die in den letzten Jahren über diese Sinneshaare gemacht Avurden, sind wir über die Natur der Eindrücke, welche sie vermitteln, nicht völlig im Reinen. Es ist Fig. 88. Fisf. 87. Ä,. Fig. 87. — Oberschkindgiingjion und Eingeweideiiervensystem des Seidenschmetter- lings (Bombyx morio). gs, Oberschlundganglion (Hirn); fl, Antennennerv; o, Seh- nerv ; r , unpaarer Stamm des Eingeweidenervensystems ; r', seine Hirnwurzeln ; s, paarige Eingeweidenerven mit ihren Ganglien s' und s" (nach Brandt); Fig. 88. — Larve der Heuschrecke (Locusta viridissima). Stück der Bauchnervenkette. a, Längsconnective ; b, Ganglien; c, seitliche Nerven; f/, sympathischer Nerv (nach Ley di g). wohl wahrscheinlich, dass die von Wolff beschriebenen haarigen Cuticular- gebilde auf den Rändern der Mundhöhle der Bienen und die Nervenendigungen auf dem Hypopharynx der Orthopteren und Coleopteren Geschmacksempfin- dungen vermitteln ; aber es fehlen noch immer experimentelle Resultate, welche die Richtigkeit dieser Vermuthung beweisen. Dagegen thun viele Versuche unwiderleglich dar, dass die Geruchs- empfindung bei vielen Insecten, namentlich Schmetterlingen, Ameisen u. s. w., in den Antennen ihren Sitz hat. Insecten. 183 Viele Insecten (Ameisen) sind vollständig taub; andere (OrtJiopferen) hüi'en. Bei letzteren betrachtet man als Hörorgane besondere Apparate , die entweder hinter dem Metathorax auf dem ersten Bauchringe (Acridiiwi) oder auf den Schienbeinen des ersten Fusspaares (Locusta, Gryllus) gelegen sind und wesentlich aus einer Haut, einem Tympan, bestehen, die über einen Chitinring gespannt ist. Die innere Fläche dieses Paukenfelles ist mit kugel- förmigen Vorsprüngen besetzt, in welchen Nervenfasern enden. Eine grosse, an die Haut angelehnte Tracheenblase bildet den Resonanzapparat. Hin- sichtlich der sehr verwickelten histologischen Structur dieser Apparate ver- weisen wir auf Grab er (siehe Literatur). Derselbe beschreibt als chor- dotonale Sinnesorgane eigenthümliche, bei vielen Insecten an der Haut gelegene Bildungen, die er ebenfalls als Hörorgane anspricht. Endlich scheinen sich diesen Organen die eigenthünilichen porösen Scheiben anzuschliessen welche an der Basis der Halteren der Fliegen liegen und die Zweige von den Nerven der Halteren erhalten. Diese Platten stehen mit Verlängerungen von Sinneszellen in Verbindung. Bolles Lee, der ihre Histologie sehr ein- gehend untersucht hat (siehe Literatur) , spricht sich mit Recht nicht end- gültig über ihre Function aus , sondern stellt sie unter die sehr vage Kate- gorie der aeroskopischen Organe , welche die Schwingungen der Luftwellen zur Empfindung zu bringen scheinen, ohne dass man diese Empfindung näher definiren könnte. Mit Ausnahme einiger Höhlenbewohner {AnopMhalmus) besitzen alle voll- kommenen Insecten fest in den Tegumenten des Kopfes eingelassene Augen. Bei Diopsis freilich stehen die Augen auf zwei seitlichen, stielförmigen Aus- breitungen des Kopfes, die aber unbeweglich sind. Wir haben bei dem Maikäfer nur zusammengesetzte Augen vorgefunden. Es giebt aber bei vielen Insecten ausserdem noch einfache Augen , Ocellen oder Stemmata, die weit kleiner sind, oben auf dem Kopfe stehen und eine biconvexe Cuticularlinse besitzen, die nicht facettirt ist. Ihre innere Structur ist meist verwickelter, als ihr äusseres Ansehen es vermuthen lässt. Unter der Horuhautlinse finden sich durchsichtige HA'podermiszellen, die man als Glaskörper bezeichnet hat. Darunter folgen Sinneszellen , Retinazellen oder Retinophoren genannt. Diese Zellen versammeln sich zu kleinen Grup- pen, Ommatidien, welche so gestellt sind , dass sie mit ihren Spitzen gegen die optische Axe des Auges couvergiren. Jede Retinazelle endet mit einem Stäbchen, in welchem die letzten Fäserchen des Sehnerven zu enden scheinen, so dass also die Stäbchen die eigentlichen empfindenden Elemente wären. Ocellen sind bei den mit Füssen versehenen Larven sehr verbreitet. Bei vollkommenen Insecten {Orthopteren, Nevropteren , Dipteren, Hymenopteren) finden sie sich meistens , zugleich mit den zusammengesetzten Augen, in der Dreizahl. Die sinnreichen Versuche von F. Plateau haben bewiesen, dass die Larven (Raupen) mit ihren Ocellen auf eine kleine Entfernung (1 cm) Objecte sehen können, dass aber ihr Nutzen bei vollkommenen Insecten nicht in das Gewicht fällt, da solche, nach Blendung der Ocellen, sich völlig ebenso betragen wie normale Individuen. Die zusammengesetzten Facettenaugen sind verhältnissmässig gross und stehen seitlich am Kopfe. Ihre Hornhaut ist wie bei dem Maikäfer in Facetten geschliffen , deren Zahl zwanzigtausend übersteigen kann. Die ältere Ansicht, wonach diese Augen als eine Zusammenstellung von einzelnen Augen anzusehen seien, scheint nach und nach aufgegeben werden zu sollen. Das zusammengesetzte Auge entsteht und entwickelt sich in der That genau in derselben Weise wie das einfache, und Patten (siehe Literatur) hat in seiner vergleichenden Arbeit gezeigt, dass in beiden sich dieselben Structur- elemente vorfinden. Demnach unterscheidet sich das zusammengesetzte Auge 184 Arthropoden. von dem einfachen nar dnrcli die grössere Zahl und strengere Geschieden- heit seiner Retinaelemente; die Krystallkegel entsprechen den Stäbchen, in welchen die Fäserchen des Sehnerven enden, und wären ebenso, wie diese Stäbchen der Ocellen, empfindende Organe für die Lichtwellen und nicht lichtbrechende Organe, wie man bisher annahm. "Wie dem auch sei , so ist das zusammengesetzte Auge überall hei den Insecten nach demselben Plane gebaut. Wir verweisen diejenigen , welche die secundären Unterschiede, die dieser Bau bei den einzelnen Ordnungen zeigt, kennen lernen wollen, auf die Monographie von Grenadier (siehe Literatur) und fügen nur bei, dass diesem Forscher zufolge die Schicht der Krystallkegel bei einigen Typen (Schrecken, Wanzen) zu fehlen scheint. Nach den Versuchen von F. Plateau erlauben die zusammengesetzten Augen keine genaue Auffassung der Form der Gegenstände, in deren Nähe sie sich befinden , wenn diese unbeweglich sind. Wohl aber werden die I!e- wegungen der Objecte in der Sehweite mit grosser Schärfe aufgefasst. Je nach der Nahrung und der Lebensepoche zeigt der Darmcanal sehr bedeutende Verschiedenheiten. Bei den Fleischfressern ist der Darm jij,,. gg kürzer als bei den Pflanzenfressern. Er verkümmert bei einigen Insecten, die im vollkommenen Zustande nur eine sehr kurze Lebensdauer haben. Den Ephemeren und männlichen Blattläusen fehlt die Mundöffuung und bei den Larven von Dytiscus , Myr- meleo, Hemerohius etc. ist sie durch Canäle ersetzt, welche sich in den Greifzangen befinden und an deren Spitze öffnen. Bei den stacheltragen- den Hj^menopteren und den Pupiparen endet der Mitteldarm blind und hat keine Communication mit dem Rec- tum, das nur zurAusstossung der Pro- ducte der Malpi ghi'schen Röhren dient. In dem vollständig ausgebildeten Darme kann man stets drei Abschnitte, Vorderdarm , Mitteldarm und Hinter- darm, unterscheiden (Fig. 89). Bei den Pseudo-Nevropteren ist er am ein- fachsten. Der meist enge Schlund ist bei den Hemipteren sehr kurz, bei den Schmet- terlingen im Gegentheile sehr lang. Die Speicheldrüsen, wenn sie überhaupt vorhanden , münden in ihn und häufig zeigt er eine seitliche oder am Ende gelegene Anschwellung in Gestalt einer Blase, die man den Saugmagen genannt hat {vs, B, Fig. 89), die zuweilen [Clirysis) doppelt ist und stets sehr dünne Wände hat. Ein Theil der Nahrungsstofife wird in dieser Blase länger zurückgehalten und der Einwirkung des Speichels ausgesetzt. Bei Musca , Hemerohius und einigen Schmetterlingen ist der Saugmagen gestielt und bildet einen besonderen Anhang des Darmes. Wenn die Speicheldrüsen fehlen , werden sie durch ein besonderes drüsiges Epithel des Schlundes ersetzt, das eine verdauende Flüssigkeit absondert. In manchen Fällen dehnt sich der Schlund aus und erweitert sich zu Verdauuiigsoi'gane : A^ einer Grille; />, einer Fliege. oe, Schlund; i, Kropf; (', Magen ; c, Blinddärme ; r, Rectum ; «' m, M a 1 p i g h i ' sehe Röhren ; v s, Saug- magen (von Gegenbaur entnommen). Insecten. 185 einem Kröpfe , wie man ihn bei vielen Orthopteren (^4, i, Fig. 89) und Coleopteren antrifft. Bei Grt/llotalpa ist der Kropf durch eine deutliche Einschnürung von dem Schlünde getrennt und hei manchen Hymenop- teren, wie Bienen und Wespen, wird er musculös und scheint zum Saugen zu dienen. Bei Fleischfressern folgt auf den Kropf eine Erweiterung, deren Innen- fläche mit chitinöseu Wülsten oder Leisten versehen ist , die zum Zerreiben der Nahrung dienen. Coleopteren (Caraius, Dijtiscus) , Nevropteren, Orthop- teren und einige Hymeuopteren [Cynips, Formica) haben einen solchen Kau- oder Yormagen. Der Mitteldarm oder Chylusmagen setzt die im Kröpfe begonnene Ver- dauung fort. Die innere Chitinlamelle fehlt in diesem Theile, der mit einem Drüsenepithelium ausgekleidet ist, dessen verdauende Wirkung nicht überall dieselbe ist (Plateau). Bei vielen Coleopteren liegen diese Drüsen in zahl- reichen kleinen Blindsäcken. Bei den Orthopteren sind sie in Ausweitungen localisirt, die am Anfange des Mitteldarmes liegen und in die Bauchhöhle vorspringen. Bei einigen {Gryllofaljpa, Loeusta) finden sich zwei solcher Aus- buchtungen, bei Acridium sechs, noch mehr bei Mantis und Blatta. Zu- weilen ist der Mitteldarm so lang, dass er mehrere Windungen macht {Di]}- teren, Hemipteren). Der Enddarm beginnt in der Regel an der Einmündungssteile der Mal- pighi' sehen Röhren. Man hat oft mehrere Abschnitte an ihm unter- schieden: Dünndarm, Dickdarm, Rectum. Er ist meist am Ende erweitert und zeigt zuweilen {Di/tiscus, Nepa, Ranatra) einen ziemlich grossen Blind- darmanhang, in welchem sich das Secret der BI al p ighi' sehen Röhren an- häuft. Zuweilen finden sich darin ganz ansehnliche Harnsteine (Plateau). Der Endtheil des Darmes enthält oft drüsige Wülste oder Warzen, soge- nannte Rectaldrüsen, die mit cj^lindrischen Zellen besetzt sind, welche ander- wärts im Darme fehlen. Die E.xistenz starker Tracheenbündel im Inneren dieser Wülste bietet eine gewisse Analogie mit an demselben Orte gelegenen Tracheenkiemen, von welchen später die Rede sein soll. Bei den im Wasser lebenden Libellenlarven finden sich in der That im Rectum längsgefaltete Blätter, welche zur Athmung dienen. Die am Vorderdarme gelegenen Speicheldrüsen fehlen beim Maikäfer, wie bei E])hemera, Libellula, Aphis etc., sind nur sehr wenig entwickelt bei Sialis, Myrmeleo, dagegen bedeutend bei Blattei, Apis; bald röhrig [Coleop- teren, Dipteren), bald traubeuförmig [Orthopteren, Hemipteren). Bei den Wan- zen und den Hymeuopteren findet man oft mehrere Paare. Ihre immer in den Schlund mündenden Ausführungsgänge zeigen öfter mehr oder minder bedeutende Erweiterungen, in welchen sich das Secret sammelt [Mantis, Blatta), welches, wie der Speichel der höheren Thiere, auf stärkemehlige Substanzen wirkt. Wie wir später sehen werden, wandeln sich die Speichel- drüsen oft in Gift- oder Spinndrüsen um. Wie schon bemerkt, haben die Malpighi' sehen Röhren nichts mit der Verdauung zu thun. Ihre rein absondernde Natur scheint uns endgültig nachgewiesen. Die mannigfaltigen Versuche von F. Plateau und die über alle Insectenordnungen ausgedehnten Beobachtungen von Schindler haben wohl den Discussionen über die mehrfache Function dieser Organe ein Ziel gesetzt. Ihre constante Einmündung am hinteren Abschnitt des Darmes, wo die Verdaiumg längst beendet ist, ihr drüsiger Bau und die chemische Zu- sammensetzung ihres Secretes beweisen, dass die Malpighi'schen Röhren Harnröhren sind. Sie treten stets unter der Gestalt von mehr oder minder laugen , gelben oder weissen, einfachen oder verästelten Röhren auf und münden meist, wie 186 Arthropoden. bei dem Maikäfer, am hinteren Ende des Mitteldarmes. Bei einigen Hemiit- teren münden sie unmittelbar vor dem After in das Eectum. Bei den Poduriden sind sie noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen ; meist steht ihre Länge in umgekehrtem Verhältuiss zu ihrer Zahl. Oft zählt man zwei Paare (Dipteren, Hemipteren) oder drei Paare (Scbmetterliuge, einige Käfer) ; zuweilen sind sie sehr zahlreich, mebr als hundert [Hymenop- teren, Orthopteren) (A, vm, Fig. 89). Im letzteren Falle vereinigen sie sich oft in einen einzigen Canal, einen Harnleiter, der jederseits in den Afterdarm mündet {Gryllotalpa). Ihre Structur ist im Grunde überall die gleiche; ihr Epithelium variirt nur hinsichtlich der Gestalt und Grösse der Zellen, sowie hinsichthch der Structur und Farbe der in ihrem Protoplasma enthaltenen Concretionen. Die absondernden Zellen platzen und entleeren ihren Inhalt in die Röhre, woraus er in das Rectum übergeführt und durch den After ausgestossen wird. Im Puppenzustande, während der Bildungsperiode vieler Organe, sind sie in vollster Thätigkeit. Hinsichtlich des Mechanismus der Ausstossung vergleiche man die Abhandlung von Schindler über die Grillen (siehe Literatur). Den Ausscheidungsorganen stellen sich besondere Drüsen zur Seite, die zur Vertheidigung dienen. Dahin gehören die Stinkdrüsen der Ameisen, einiger Schmetterlinge (besonders Männchen) und Käfer, die Brustdrüsen der Wanzen, deren stinkendes und ätzendes Secret zwischen den Beinen des dritten Fusspaares hervorquillt u. s. w. Viele Larven besitzen meist röhrige Spinndrüsen, die meist in der Nähe des Mundes liegen und umgewandelte Speicheldrüsen sind. Sie treten be- sonders zur Zeit der Verwandlung in die Puppe in Thätigkeit und liefern die Seide, womit die Larve ihren Cocon spinnt. Bei den Larven von Heme- robius und Myrmeleon finden sich solche Spinndrüsen im Rectum. Wir wissen schon, dass die weisse Wachswolle, welche oft den Körper gewisser Blattläuse (Schizoneura lanigera) einhüllt, das Product besonderer Haut- drüsen ist , die bei den Bienen die Wachsplättchen zum Bau der Zellen liefern. Die Giftdrüsen verschiedener Hymenopteren finden sich nur bei den Weibchen; sie liegen im Hinterleibe und münden in den Stachel. In der Umgebung des Darmes und der Eingeweide schliesst, besonders im Larvenzustande, das Bindegewebe grosse Zellen mit Pettbläschen im Proto- plasma ein. Mau nennt dieses Gewebe , das ohne Zweifel eine bedeutende Rolle in der Ernährung spielt, den Fettkörper. Es ist eine Aufspeicherung von Nahrungsmaterial zur Bildung der Organe des vollkommenen Insects und deshalb auch posteiübryonaler Dotter genannt worden (Künckel d'Her- culais). Bei den vollkommenen Insecten finden sich meist noch Reste davon; bei den Larven aber ist der Fettkörper oft in solcher Masse angehäuft, dass er die Präparation der Organe sehr erschwert. Die oft so lebhafte Phosphorescenz mancher Insecten (Lampyris, Elater, Fulgord) beruht auf der Erzeugung besonderer Leuchtstoffe im Protoplasma absondernder Zellen, die an verschiedenen Stellen angehäuft sind, am Thorax (Pyrophorus) oder am Bauche auf besonderen Paaren von Blättchen, die sehr reichliche Netze von Tracheen- und Nervenästchen erhalten (Lain- pyris). Die bei dem Leuchten selbst sich abspielenden chemischen Vorgänge sind neuerdings von Raphael Dubois sehr eingehend untersucht worden (siehe Literatur). Das Blut der Insecten ist wie das der übrigen Arthropoden farblos und enthält amöboide Körperchen. Die Reduction des Gefässsystemes ist weiter fortgeschritten als in den anderen Classen. Das Herz bildet überall, wie Insecten. 187 bei dem Maikäfer, ein contractiles Rohr, das stellenweise, den Segmenten entsprechend , durch Einstülpungen seiner Wände eingeschnürt ist und so eine Reihe von Kammern bildet (acht im höchsten Falle), die durch Klappen- falten getrennt sind , welche dem Elutstrome die Richtung von hinten nach vorn geben. Jede Kammer zeigt ein Paar seitlicher, ebenfalls mit Klappen versehener Spaltöffnungen , durch welcbe das vom Körper kommende Blut bei der Diastole in das Herz eintritt. Das Rückengefäss ist mit kurzen Muskelbäudern an die Rückenbogen der Segmente angeheftet und von einem eigenthümlichen Gewebe (Peri- cardialgewebe nach Grab er) umgeben, in welchem die Flügelmuskeln ein- gebettet sind, die nach Gräber eine Art von Diaphragma, eine Scheide- wand zwischen der Eingeweidehöhle und der Herzhöhle bilden. Diese Mus- keln sollen durch ihre Zusammenziehung auf die unterliegenden Organe einen Druck ausüben und so das Blut in die Pericardialhöhle treiben, wäh- rend sie bei ihrer Erschlaffung den Pericardialsinus verengen und den Ein- tritt des Blutes in das Herz erleichtern sollen. Man kann bei G r a b e r die Beobachtungen nachlesen , auf welche sich diese Ansicht stützt (siehe Lite- ratur). Die vorderste Herzkammer verlängert sich in ein meist enges Rohr, die Aorta , welches dieselbe Structur wie das Herz, aber keine Einschnürungen noch Seitenspalten besitzt. Die Aorta erstreckt sich bis zum Hirn , wo sie bei einigen Insecten sich zu theilen scheint. Ausnahmsweise finden sich auch bei einigen Larven {PtycJioptera, Ephemera) kurze Gefässe im hinteren Theile des Körpers. Das Blut strömt aus der Aorta in den vorderen Abschnitt des Cöloms, das im Ganzen einen weiten Blutsinus darstellt. Das Blut scheint darin in bestimmten Bahnen zu circuliren , wie die directe Beobachtung bei durchsichtigen Larven zeigt. Ein Strona läuft dorsal , ein anderer ventral, zwei parallele Ströme folgen dem Darme, secundäre Bahnen führen in die Beine u. s. w. Man begreift den Grund der Einfachheit eines solchen Kreislaufsystemes, wenn man die Anordnung der Athemorgane kennt, die bei allen Insecten von Tracheen oder Luftröhren gebildet werden, welche bald ganz geschlossen sind (wasserbewohnende Larven) oder, wie beim Maikäfer und in den meisten Fällen durch besondere Luftlöcher, Stigmen, mit der Aussenluft in Verbin- bindung stehen. Die Tracheenstämme sind meist in der Nähe der Stigmen ziemlich weit, werden aber enger in dem Maasse , als sie sich verästeln. Sie ver- zweigen sich in alle Organe und bis in das Innere der Gewebe und bringen Luft in den ganzen Körper, so dass das Blut nicht durch Gefässe in ein specielles Athemorgan gebracht zu werden braucht , um mit dem Sauerstoif der Luft in "Wechselwirkung zu treten. Cuvier hatte schon gesagt, dass bei den Insecten das Blut nicht die Luft aufsucht , sondern dass die Luft dem Blute zu begegnen sucht. Die Vertheilung der Tracheen variirt natürlich ungemein je nach den Lebensbedingungen und besonders je nach der Flugfähigkeit. Bei den guten Fliegern, die lange aushalten oder einen gewichtigen Körper besitzen, sind die Tracheen mehr oder minder mit Ausweitungen, mit Tracheenblasen, besetzt, welche hinsichtlich ihrer Function den Luftsäcken der Vögel ver- glichen werden können. Diese Tracheenblasen, die um so zahlreicher, je kleiner sie sind , finden sich in Menge bei grossen Coleopteren (LanielU- cornier) , während man bei vielen Dipteren nur zwei antrifft, welche aber den grössten Theil der Bauchhöhle einnehmen. Bei den tauchenden Insecten {Hydrophihis) bilden die Tracheenblasen 188 Arthropoden. eiu hydrostatisches Element iu ähnlicher Weise , wie die geschlossenen Tra- cheen bei manchen Avasserbe wohnenden Larven, bei welchen, nach Gegen- baur, die hydrostatische Function ursprünglich die bedeutendste gewesen wäre und sich erst allmählich aus dieser, in ähnliclier Weise wie bei der Schwimmblase mancher Fische, die Beziehung zur Athmung entwickelt hätte. Wie dem auch sei , so finden sich die Tracheen der Wasserlarven bald unmittelbar ausgebreitet unter der Haut {Tipolülen) , bald mehr concentrirt auf beiden Seiten des Körpers in blätterigen (Ephemera, A, c, Fig. 90) oder fadenförmigen Anhängen (Sialis). Solche Ausstülpungen der Haut, in welchen sich Tracheenbündel verzweigen und durch deren dünne Haut der Austausch der Gase leicht vor sich gehen kann, werden Tracheenkiemen genannt. Bei den Larven der Ephemeriden zählt man ein Paar Tracheenkiemen auf jedem A, Hintertheil des Körpers einer Larve von Ephemera vulgata. u, Längstraclieeii- stamm; 6, Darmcanal ; c, Tracheenkienien ; d, t'ederartige Schwanzanhänge. B, Larve von Aeschna grandis nach Wegnahme der Rückentegumente. «, obere Längstracheen- stämme; i, ihr vorderes Ende; c, ihr hinteres, auf dem Eertum verzweigtes Ende; o, Augen. Die Figur C in der Glitte stellt denselben Darmabschnitt im Profil dar; a, /;, c, wie in B; d, unterer seitlicher Tracheenstamm; e, Verbindungstracheen zum oberen Stamm. (Von Gegenbaur entnomiuen.) der sieben Bauchringe, während bei den Perliden nur drei oder vier Kiemen- büschel auf dem Thorax und dem Ende des Bauches ansitzen. Bei einigen im Wasser lebenden Larven [Lihellula, Aeachna) ist das Eec- tum bedeutend erweitert i;nd innen mit blätterigen Falten besetzt , in deren Innerem sich zahlreiche Tracheeubündel verzweigen. Die musculöseu Wände Insecten, 189 des Mastdarmes machen rliytlimische Bewegungen, um Wasser ein- und aus- zupumpen, so dass der Mastdarm als Athemorgan fungirt, wie Reaumur dies sclion beobachtet hatte (c, Fig. 90). Mit Ausnahme einiger Schmetterliugsraupeu , welche Rudimente von Stigmen am Kopfe tragen, fehlen solche Luftlöcher gemeinhin am Kopfe und dem ersten Brustringe. Bei den Holopueusten zählt man gewöhnlich zwei Stigmenpaare auf den hinteren Brustringen und acht auf den Bauchringen ; der letzte trägt keine Stigmen. Die Insecten, welche nur auf den Brust- ringen Stigmen tragen, werden Hemipueusten, die, welche nur auf den Bauch- ringen welche besitzen, Peripneusten genannt (Larven der Käfer und Schmetter- linge). Bei manchen wasserbewohnenden Rhynchoten {Nepa, Ranatra) sind die Stigmen auf zwei, an den hinteren Bauchriugen angebrachte Paare redu- cirt, welchen die Luft durch eine aus zwei Halbrinnen bestehende, chitinöse Röhre zugeführt wird , die das Insect meist an der Oberfläche des Wassers hält. Für Einzelheiten verweisen wir auf Palmen (siehe Literatur). Der Schlussapparat der Stigmen variirt sehr. Bei den Fliegen ist die Oeffnung mit vibrirenden Lamellen besetzt, welche beim Summen mitwirken; bei den Orthopteren und Nevropteren dienen diese Lamellen auch zum Ver- schliessen der Oeffnung , die sie von aussen bedecken. Bei den Käfei-n liegt der Schliessapparat hinter der Oeffnung , die oft durch Büschel von Haaren und Borsten geschützt wird. Einzelheiten bei Landois (siehe Literatur). Die Structur der Tracheen ist überall etwa gleich. Ihre Wände zeigen meist drei Schichten, von denen die innere functionell die Avichtigere ist. Sie besteht aus einem von der mittleren chitinogenen Schicht abgesonderten Chitiurohr , das nur in den feinen Verzweigungen homogen ist. Auf ihrer sonstigen Erstreckung, mit Ausnahme der Tracheenblasen, verdickt sich die Chitiühaut zu einem festeren Spiralfaden, der zuweilen schwarz pigmentirt ist (Dytiscus) , übrigens sonst in Beziehung auf Länge , Dicke und Gestalt sehr variirt, indem er bald rund, bald bandartig abgeplattet, verzweigt u. s. w. ist. Bei vielen Insecten [Lcunpijris, Ceramhyx) trägt der Faden feine Haare oder Borsten , welche in die Höhle der Trachee vorspringen. Die äussere Schicht (Basalmembran, äussere Cuticula von Graber) ist stets sehr dünn und homogen. Die drei Schichten erhalten sich in den Tracheenblasen , nur wird hier die Intima sehr fein und glatt und bildet keinen Spiralfadeu. Die Tracheen enden spitz verschlossen in den Geweben. An den Enden erhält sich nur die glatte Innenhaut ohue Spiral faden. Alle Insecten sind getrennten Geschlechtes. Die von S i e b o 1 d und Westwood bei Lepidox^teren und Hj'menopteren beobachteten Fälle von Hermaphroditismus können als zufällige Anomalien betrachtet werden. Die Geschlechter sind häufig dimorph; bei einigen Schmetterlingen giebt es sogar mehrere Formen von Weibchen, also Polymorphismus. Die Männchen unter- scheiden sich meist durch lebhaftere Farben und stärkere Ausbildung der Sinnes- und Bewegungsorgane. Die Weibchen von Lampyris, Coccu^ , den Strepsipteren zeigen im vollkommenen Zustande noch Larvenformen und bleiben ungeflügelt. Mit Ausnahme einiger Blattläuse, Staphilinen (Käfei') und der Strepsip- teren, die lebendige Junge gebären, legen alle Insecten Eier. Parthenogenese kommt hüufig vor; normal bei Psyche, Solenobia, den Cocciden, Aphiden, Bienen, Wespen, Gallwespen etc., ausnahmsweise bei einigen Schmetterlingen (Bomhyx inorio). Bei den geselligen Hymenopteren entstehen aus den un- befruchteten Eiern nur Männchen. Bei den Blättläusen findet man abwech- selnde parthogenetische Generationen (im Sommer) und geschlechtliche Gene- rationen (im Herbst) und innerhalb dieser oft noch polymorphe Reihen von 1 90 Arthropoden. ludividuen {Ohermes). Vou vielen Gattungen sind die Männchen ausser- ordentlich selten oder selbst ganz unbekannt. Die Geschlechtsorgane sind bei beiden Geschlechtern nach demselben Plane gebaut. In der Kegel sind nur die vollkommenen Insecten fort- pflanzungsfähig; doch kennt man Fälle, wo Larven wiederum junge Larven erzeugen [Gecidomyia, Miastor) oder wo Nymphen Junge hervorbringen {Chi- ronoinus). Die Arbeiterinnen der Bienen und Ameisen sind Weibchen mit verkümmerten Fortpflanzungsorganen. Die Hoden bestehen aus langen, geschlossenen, vielfach verwickelten Röhren von sehr wechselnder Zahl. Meist bilden sie jederseits in der Bauch- höhle compacte Massen, die zuweilen mit einander verschmelzen (Schmetter- linge). Die Röhren setzen sich in gewundene Samengäuge fort, deren Ende oft zu einer Samenblase erweitert ist. Meist vereinigen sich die beiden Samengänge in einen unpaaren Spritzcanal, wie beim Maikäfer, dessen Ende in eine hornige Rinne ausläuft, welche den Samen in die Geschlechtsöffnung des Weibchens bringt. Der Spritzcanal stülpt sich bei der Begattung nach aussen vor; er passt sich an Chitinstücke an, die ihn stützen und zur inni- geren Vereinigung der Individuen dienen und die dem letzten Bauchringe angehören. Bei den Libellen liegen die Begattungsorgaue weit von der Geschlechts- öffnung entfernt auf der Ventralseite des zweiten Bauchringes. Bei vielen Insecten werden kleine, compacte Spermatophoren durch die Einhüllung des Samens in die schleimige Absonderung der Nebendrüsen gebildet, welche in den Anfang des Spritzeanales münden. Die Eierstücke sind ebenfalls röhrenförmig. Die Zahl und Anordnung dieser Eiröhren wechselt ungemein ; am einfachsten sind sie bei Lepidopteren und Rhynchoten. Die Eiröhren münden stets in Eileiter zusammen, die sich meist au ihrem Ende zu einer Vagina erweitern, in welche die Nebendrüsen ihre zur Umhüllung der Eier dienenden Seerete ergiessen. Fast immer finden sich zweierlei Anhangsgebilde an dem weiblichen Be- gattungsappai'ate : eine Begattungstasche, in welche der Penis des Männchens eindringt, und eine einfache oder doppelte Samentasche, in welcher der Samen sich oft lange Zeit, sogar mehrere Jahre (Bienenkönigin) befruchtungs- fähig erhält. Ausnahmsweise liegt (bei den Strepsipteren) die weibliche Geschlechts- öffnung vorn auf der Rückenfläche , sonst am Ende des Hinterleibes und wird hier von paarigen und unpaaren Verlängerungen der letzten Bauch- segmente umgeben, die mancherlei Formen annehmen (Legeröhre, Lege- stachel, Stachel etc.) , aber stets nach demselben Grundplane gebaut sind (Lacaze-Duthiers). Die meist von einer harten Hülle (Chorion) umgebenen Eier zeigen eine oder mehrere Micropylen , durch welche die Zoospermeu eindringen können. Die Entwicklung der Insecten variirt ungemein. Selten verlassen die Jungen das Ei in einer den Eltern ähnlichen Gestalt, wie bei den Apteren, wo keine Metamorphose Platz greift (Ametabolen). Meist durchgeht das Insect mehrere Metamoi'phosen als Larve und Nymphe, bevor es vollkommen, Imago , wird. Indessen bieten diese Stadien mancherlei Verschiedenheiten. Bei den Hemimetabolen ist das Nymphenstadium weggefallen (Orthopteren, Rhynchoten); der Uebergaug von der Larve zur Imago wird durch mehrere Häutungen bewerkstelligt, durch welche die Bewegungs- und Fortpflanzungs- orgaue nach und nach vervollkommnet werden. ■ Bei den Metabolen mit vollkommener Verwandlung geht die meist durch homonome Gliederung des Körpers ausgezeichnete Larvenform in eine zweite Insecten. 191 Mittelform (Nymphe, Puppe) über, welche meist unbeweglich ist, keine Nahrung aufnimmt und die inneren Organe auf Kosten des im Larven- zustande angesammelten Materials ausbildet. Indessen sind bei Tipida, Phry- ganea und einigen anderen Gattungen die Nymphen während der ganzen oder während einiger Zeit dieses Zustandes beweglich. Einige wenige Insecten (Meloiden, Pteromaliden) zeigen eine Uebermeta- morphose, indem die Larven nach und nach mehrere Formen annehmen. 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Mit Ausnahme der Acariden , bei welchen der ganze Körper zu einer einzigen, ungegliederten Masse verschmolzen ist, unterscheidet man bei allen anderen Arachniden zwei Hauptregionen des Körpers, den Cephalothorax, welcher die rückenständigen Augen und auf der Bauchfläche den Mund und sämmtliche gegliederte Anhänge trägt, und ein Abdomen, an welchem der meist endständige After, ^owie die Oeff- nungen der Athem- und Geschlechtsorgane angebracht sind. Es giebt im Ganzen sechs Paare von gegliederten Anhängen. Die drei hinteren Paare sind, mit Ausnahme einiger Milben, meist sehr gleichartig gebaut, bestehen aus einer Reihe von einzelnen Gliedern (bis zu sieben), sind Bewegungsorgane, Beine, und am Ende meist mit Krallen bewaffnet. Das diesen Beinen vorstehende Gliederpaar vaiüirt schon mehr; es kann die Gestalt von Antennen, Palpen oder Greif- organen haben und keine Klauen tragen ; meist aber ist es den drei hinteren Paaren ähnlich als Bewegungsorgan gebildet, so dass man mit Recht sagen kann, dass die meisten Arachniden vier Paare von Gangfüssen besitzen. Die zwei vorderen Gliederpaare variiren in grösserem Maasse. Das vorderste Paar ist an dem Vorderrande des Cephalothorax, aber noch auf der Bauchfläche eingelenkt. Da es seine Nerven direct von dem Gehirne erhält, entspricht es, seiner Innervation nach, den Antennen der übrigen Arthropoden; aber seiner Function nach gehört es zu den Mundwerkzeugen und seiner Lagerung nach lässt es sich mit den Mandibeln der Insecten vergleichen. Wir nennen diese vor- deren Anhänge, mit den meisten Autoren, die Cheliceren; sie stellen mächtige Klauen, horizontale oder verticale Scheeren dar und sind zu- weilen in Stechborsten umgewandelt. Das zweite Paar, welches immer, wenigstens mit seinem proxi- malen Segmente, in inniger Beziehung zu dem Munde steht, ist nicht minder variabel. Die proximale Basis spielt meistens die Rolle eines- Kiefers oder einer Maxille; das distale Ende kann mehr oder minder unabhängig werden und als Taster (Palpus) bezeichnet werden. Es Vogt u. Yung, prakt. veigl. Anatomie. II. 23 194 Arthropoden. kann die Gestalt einer einfachen Antenne, eines Tastwerkzeuges hahen oder auch in Klauen oder Scheeren umgewandelt sein. Bei den Männ- chen der Spinnen übernimmt es die Rolle eines Befruchtungswerk- zeuges. Endlich findet man auch noch in manchen Fällen am Hinterrande des Mundes eine mittlere Unterlippe, welche den Mund wie ein Klapp- deckel schliessen kann und zuweilen von zwei seitlichen, nicht mit ein- ander verschmolzenen Stücken gebildet wird. Die inneren Organe sind sehr verschieden ausgebildet. Wir be- trachten sie später, nachdem wir uns mit der Anatomie der typischen, ausgewählten Art beschäftigt haben werden. Die Geschlechter sind stets getrennt und häufig sehr verschieden in Form und Grösse. Wir nehmen folgende, grossentheils auf den äusseren Bau gestützte Classifikation an. 1. Ordnung. Spinnen (Aranehla). — Cephalothorax und Ab- domen ungegliedert. Cheliceren in Form gewaltiger Giftklauen. Mit Bürsten versehene Maxillen und geisselförraige, unabhängige Palpen, die beim Männchen Begattungswerkzeuge darstellen. Tracheenlungen und ausserdem noch meist Tracheen. Spinnwarzen am hinteren Theile des Abdomens. Unterordnung der Vierlunger (Tefrapneicmones). Vier Lungen- säcke und. vier, selten sechs Spinnwarzen. MygaJe^ Ctenisa. Unterordnung der Zweilunger {Dipneumones). Zwei Lungen- säcke, sechs Spinn Warzen. Salticus, Lycosa^ Tegenaria, Epeira, Se- gestria. 2. Ordnung. G-liederbäuehe (Arthrogasfra). — Gegliedertes Abdomen. Keine Spinnwarzen, mit Ausnahme der Afterskorpione. Unterordnung der Pedipalpen. Ungegliederter Cephalothorax; Cheliceren mit Klauen ; Palpen in Gestalt von Klauen oder Zangen ; das dritte Gliederpaar antennenförmig, eine lange Geissei darstellend; drei Paar Gangbeine. Vier Lungensäcke. Thelyplionus, Phrynus. Unterordnung der Weberspinnen (Phalangida). Cephalothorax ungegliedert; Cheliceren zangenförmig; lange Palpen mit kleinen Klauen; vier Paare sehr langer Gangbeine. Tracheen, die in zwei Stig- men münden. PhäJangium, Gonylepies. Unterordnung der Afterskorpione (Pseudoscotpiones) . Cephalo- thorax ungegliedert; horizontale, zangenförmige Cheliceren; grosse, scheerenförmige Palpen; vier Paar Gangbeine. Athmung durch Tra- cheen. Kein Giftstachel. Chelifer, Ohishmi. Unterordnimg der Skorpione {Scorpiones). Gliederanhänge wie bei den vorigen; Cephalothorax ungegliedei't; das Abdomen in zwei Regionen getheilt, ein vorderes, dickeres Abdomen und ein hin- Arachniden. 195 teres, cylindrlsches Postaldomen, das mit einem Giftstachel endet. Acht Lungen sacke. Seorpio, Builms. Unterordnung der Skorpiousspinnen (Solifiiga). Cephalo- thorax gegliedert; scheerenförmige, verticale Cheliceren; gangbein- artige, sehr lange Palpen, die aber, wie das folgende, kurze Beinpaar, keine Klauen tragen; drei Paare klauentragender Gangbeine. Tracheen. Solpuga {G-aleodes). 3. Ordnung. Milben {Acarida) — Ungegliederter Körper in einer Masse. Cheliceren und Palpen sehr variabel. Athmung durch Tracheen oder durch die Haut. Demodex, Sarcoptes, G-amasus, Trom- hidium, Uydrachna, Oribates. Typus: Die Kreuzspinne {Epeira diadema L.). — Wir haben diese grosse, zu der Unterordnung der Zweilunger und der Familie der Radspinnen (Orbitelae) gehörige Spinne deshalb gewählt, weil sie in ganz Centraleuropa im Sommer und Herbste sehr gemein ist. Man findet überall in Gärten und Weinbergen die senkrecht gestellten, rad- förmigen Netze dieser Spinnen , die mit dicken Fäden befestigt und aus kreisförmigen Ringfäden gebildet sind , welche durch speichen- artige Strahlen zusammengehalten werden. Die weibliche Spinne, deren Hinterleib die Grösse einer Haselnuss erreicht, hält sich im Mittelpunkte des Netzes. Die Männchen sind weit kleiner, haben einen mageren, länglichen Hinterleib, viel längere Beine als die Weibchen und knopfförmig angeschwollene Palpen. Sie sind seltener anzutreffen als die Weibchen, weil sie meist nicht in dem Netze, sondern in der Nähe desselben auf der Unterseite der Blätter von Gesträuchen sitzen, wo man sie bei einigem Suchen finden kann. Unsere Arbeit ist durch ausgiebige Unterstützung von Dr. M. Jaquet wesentlich gefördert worden. Aeussere Bildung. — Die Untersuchung der äusseren Theile wird sehr durch die Behandlung mit Aetzkali erleichtert, wovon später die Rede sein wird. Auf allen Körpertheilen finden sich Haare , die indessen auf dem Rückenschilde des Cephalothorax und dem Abdomen zerstreut und weniger entwickelt sind , als auf dem Brustschilde , den Palpen und namentlich auf den Kiefern. Der eiförmige Cephalothorax ist nach vorn etwas verengert, und wesentlich aus zwei Stücken zusammengesetzt, dem härteren Rücken Schilde (a, Fig. 91 a. f. S.) und dem etwas kleineren und weniger festen Brust Schilde {g)\ zwischen diesen Schildern sind die verschiedenen Anhänge eingelenkt. Das Rückenschild krümmt sich auf allen Seiten nach unten und bildet so die abgerundeten Seiten- kanten , die auf Querschnitten flügelartig vorstehen. Es trägt auf der vorderen Stirnfläche die acht Augen, von welchen vier nahe an 13* 196 Arthropoden. der Mittellinie in den Ecken eines Quadrates stehen, die beiden vor- deren an dem umgebogenen Stirnrande, die hinteren auf der Höhe der Stirn (Ji, Je, Fig. 91). Die seitlichen Augenpaare (?') stehen am Rande des Rückenschildes; jedes Paar ist nach oben und hinten von einer erhöhten, bogenförmig gekrümmten Chitinleiste eingefasst. Auf der Bauchfläche des Cephalothorax treten nach vorn die Che- liceren vor (c, Fig. 91 und 92), zwei mächtige, bei dem Männchen etwas schmälere und yerhältnissmässig längere Anhänge, deren ver- dicktes Basalglied bei der Ansicht von oben den Stirnrand des Rücken- schildes überragt. Diese Basalglieder krümmen sich leicht nach unten und auf ihrem freien Ende ist eine scharfe, säbelförmig gekrümmte, fein zugespitzte Klaue eingelenkt , die sich in der Ruhe gegen das Fiof. 91. TJ Ul II ci I Epeira diadema. — Junges Männchen im Profil. Pas Afterfeld mit den Spinnwarzen ist etwas in Dreiviertelansicht gedreht. Kalipräparat. Gundlach, Oc. 1, Obj. 00. Camera Jucida. I bis IV, die vier Beinpaare, abgeschnitten. a, Cephalothorax, Piückenschild; a', sein unterer Piand ; ?>, Hinterleib; c\ Chelicere ; d, Kiefer; e, Taster; /, Unterlippe; «7, Brustschild des Cephalothorax; h, oberes oder hinteres Mittelauge; i, vereinigte Seitenaugen; Ic, vorderes Mittelauge ; /, Lunge; m, Genitalspalte; ?«, n, vordere Spinnwarzen, zwischen welchen man das Wärzchen des rudimentären Cri- bellum sieht; 0, o, hintere Spinnwarzen; in dem Räume zwischen vorderen und hinteren Spinnwarzen sieht man die mittleren; p, Afterdeckel. Basalglied wie die Klinge eines Messers gegen den Stiel einschlägt und sich von aussen nach innen bewegt. Die Basis der Klaue ist in eine Rinne des Basalgliedes eingelenkt, in welche sie sich einschlägt. xVuf dem Aussenrande dieser verdickten Chitinrinne steht eine Reihe von vier grösseren, auf dem Innenraude eine von fünf kleineren, ab- gestumpften Chitin Zähnen. Die weit weniger mächtigen Kiefer {d) bestehen ebenfalls aus zwei Gliedern und sind mit ihrem freien Ende gegen den Mund hin Arachniclen. 197 Fiff. 92. eingekrümmt, den sie gänzlich bedecken. Das bei der Ansicht von unten dreieckig erscheinende Endglied ist auf seinem Rande mit einer Menge dicker und etwas krummer Haare besetzt, wie eine Bürste. Die äusseren Haare dieser Bürste sind einfach, die hinteren, welche sich unmittelbar auf den Mund legen, sehen wie lange Federchen aus, die kurze, spitze Bärteichen tragen. Auf der unteren Fläche des Endgliedes bemerkt mau ein ziemlich an- sehnliches , von Haaren entblösstes Feld, wel- ches ein fein getüpfeltes Ansehen hat. Der Vor- derrand dieses Feldes ist scharf schneidend und mit einer dicht ge- drängten Reihe höchst feiner Chitinzähnchen besetzt, die ihrer Win- zigkeit wegen auf un- serer Zeichnung (Fig. 92) nicht dargestellt werden konnten. Hinter dem Basal- gliede der Kiefer, aber durchaus unabhängig von demselben , treten die Taster (e) hervor, welche bei beiden Ge- schlechtern sehr ver- schieden gestaltet sind. Die Taster des Weib- chens (Fig. 92) sind cylindrisch, lang, aus sechs Gliedern zusam- mengesetzt. Ihr ver- längertes, gleichförmig zulaufendes und mit dicken Haaren besetztes Endglied trägt an der Spitze eine kleine Kralle, Kpiflra diudenia. — Junges Weilxhen, von der Bauch- fläche aus gesehen. Kalipräparat. Gundlach, Oc. 1, Obj. 00. Camera dura. I bis IV, die vier Beinpaare, abgeschnitten ; a, Rand des Cephalothorax ; J, Hinter- leib ; c, Basalglied des Chelicers ; c', der Gifthaken ; d, Kiefer; e, Taster;/, Unterlippe; (/, Brustschild des Cephalothorax ; /?, Vorderlippe oder Schnabel ; /, Seiten- augen; h, Mundkegel; /, Lunge; «i , äussere Ge- schlechtstheile ; w, vordere Spinn^varzen ; o, hintere Spinnwarzen ; p, Afterwai'ze ; 5, Schlundrinne ; r, Saug- magen ; s, Stachel des Afterfeldes ; <, rudimentäres Cribellum ; h, mittlere Spinnwavzen. 198 Arthropoden. welche durch ihre Besetzung mit Nebenzinken den an den Enden der Füsse befindlichen Kämmen sehr ähnlich ist. Die Zahl und relative Grösse der einzelnen Glieder, sowie der Kamm an der Spitze dürften wohl darauf hinweisen , dass der Taster der weiblichen Kreuzspinnen nur ein sehr wenig modificirtes Gangbein und kein secundärer Anhang der Kiefer ist. Die Weibchen tragen den Taster wagerecht nach vorn gerichtet. — Der Taster des Männchens ist sehr verschieden gestaltet. Sein stark behaartes und meist sehr dunkel gefärbtes Endglied ist kolbenartig verdickt. Bei den jungen Männchen (Eig. 91) sieht man nur einen einfachen Endkopf von ziemlicher Dicke, aber bei den ge- schlechtsreifen Männchen zeigt dieser Knopf eine sehr verwickelte Organisation, von welcher wir bei Gelegenheit der Geschlechtsorgane handeln werden. Die Männchen tragen die Taster meist nach unten, gegen den Mund hin, eingeschlagen. Man muss die Kiefer stark zur Seite biegen , um ein zwischen ihnen verborgenes Mittelstück, die Vorderlippe oder den Schnabel (i, Eig. 92) zur Anschauung zu bringen, das den Mund von vorn her deckt. Es ist eine fleischige, vorspringende Stummelwarze, die bei der Ansicht von unten die Gestalt eines Dreiecks zeigt. Die hintere Fläche des Schnabels, welche den aufsteigenden Schlundkopf begrenzt, ist mit einer starken Chitinlamelle belegt ; die anderen Flächen zeigen ein dünnes, weiches Tegument. Der Schnabel schliesst Muskeln und eine besondere Drüse ein. Die quere Mundspalte wird von unten her durch eine dünne, drei- eckige Chitinlaraelle geschlossen , deren nach vorn gerichtete Spitze fester ist und deren Basis auf dem Brustschilde eingelenkt ist. Diese Unterlippe (/') erfüllt den leeren Baum zwischen den Enden der Kiefer; sie trägt auf ihrer Vorderfläche, welche die Hinterwand des Pharynx bildet, besondere Chitinbildungen, auf die wir bei Gelegenheit der Verdauungswerkzeuge zurückkommen werden. Das stark behaarte B r u s t s c h i 1 d (g) hat etwa die Form eines Wappenschildes, es bedeckt die Bauchfläche des Cephalothorax zwischen der Unterlippe, den Hüften der Beine und dem Bauchstiele. Es zeigt seitliche, den Basalgliedern der Beine entsprechende Aus- schnitte, und da diese von vorn nach hinten der Mittellinie näher treten, ist es vorn breiter und läuft nach hinten in eine mit einigen Zähnchen besetzte Spitze aus, welche das Gelenk des Hinterleibes trägt. Die vier symmetrischen Beinpaare (Ibis IV) zeigen eine durch- weg übereinstimmende Bildung und unterscheiden sich nur durch ihre relative Länge und Dicke. Das dritte Paar ist kürzer und dünner als alle übrigen. Jedes Bein trägt an seinem distalen Ende zwei kamm- förmige Seitenklauen , die auf ihrem schneidenden , eingeschweiften Rande eine Reihe von Zinken zeigen , deren Länge von aussen nach Arachniden. 199 innen abnimmt. Zwischen den Wurzeln dieser seitlichen Kämme erhebt sich eine etwas weiter nach hinten eingelenkte, hakenförmige Klaue, welche nur eine Zinke an ihrer Basis trägt. Diese Endklauen sind von einem Büschel starker Stachelhaare umgeben, unter welchen sich be- sonders zwei S-förmig gekrümmte, mit feinen Zähnchen besetzte Dornen bemerklich machen, welche man als Hülfskämme bezeichnet hat. Der kugel- oder eiförmige Hinterleib ist mittelst eines dünnen Stieles mit dem Cephalothorax verbunden, zeigt ein sehr weiches, aus- dehnbares , einförmiges Tegument , das indessen der Einwirkung von Aetzkali widersteht. Auf seiner Bauchfläche sieht man, nahe an dem Verbindungsstiele in der Mittellinie die Geschlechtsöffn ung (w), die bei beiden Geschlechtern verschieden gestaltet ist und in dem betreffen- den Capitel behandelt werden soll. In der Verlängerung der queren Geschlechtsspalte sieht man zu beiden Seiten einen grossen , etwas schief gerichteten Schlitz , welcher in den betreffenden Lungensack (/) führt. Endlich gewahrt man, am hinteren Ende etwas ventral gelegen, eine bedeutende Bildung, das Afterfeld, welches von den Spinn- warzen (n,o,ii) und dem A f ter deckel (j:>) eingenommen wird. Die sechs Spinnwarzen stellen verlängerte, mit den abgerundeten Spitzen nach innen gebogene Hügel dar, hinter welchen sich die Afteröffnung befindet, die von einer complicirt gebauten, mit dichten, kurzen Haaren besetzten Warze überragt wird, welche sich wie ein Klappdeckel dar- über schlagen kann. Präparation. — Um die makroskopische Untersuchung vor- zunehmen, öffnet man den Hinterleib der frisch getödteten Spinnen unter Wasser mittelst eines seitlichen Eiuschnittes und löst allmählich mit einer feinen Scheere das Tegument der Rückenfläche ab, indem man Sorge trägt, das einigermaassen in die Lebermasse eingesenkte, in der Mittel- linie gelegene Herz nicht zu verletzen. Man schlägt die Haut zurück und geht gegen den Cephalothorax vor, dessen Rückenschild man am besten mit einem scharfen Rasirmesser so abträgt, dass die Augen erhalten bleiben. Nachdem man so das ganze Tegument des Rückens entfernt hat, sucht man mittelst feiner Nadeln und Pinsel unter der Lupe die Organe zu entwirren; was besonders im Hinterleibe äusserst schwierig ist. In Weingeist aufbewahrte Exemplare eignen sich durch- aus nicht zu solchen Untersuchungen; man muss sie während etwa 24 Stunden in Wasser erweichen , dem man einige Tropfen Salmiak- geist zugefügt hat. Ohne diese vorgängige Behandlung ist es unmög- lich, die durch den Weingeist zusammengeklebten und brüchig gewor- denen Organe zu entfalten. Für das Studium der chitinösen Bildungen können wir nicht genug die Behandlung mittelst einer concentrir- ten Lösung von Aetzkali in der Wärme empfehlen. Immerhin muss man bei Behandlung ganzer Thiere einen oder mehrere seitliche Ein- 200 Arthropoden. schnitte am Hinterleibe machen, um das Eindringen des Aetzkalis und das Austreten der in einen Brei zersetzten organischen Stoffe zu erleich- tern. Man setzt diese Behandlung unter Erneuerung des Lösungsmittels so lange fort, bis sich die Flüssigkeit nicht mehr braun färbt. Dann wäscht man sorgfältig mit destillirtem Wasser aus und bewahrt die Präparate in Glycerin. — Die Schnittmethode mit vorgängiger oder nachträglicher Färbung stöt^st hier auf dieselben Hindernisse wie bei den übrigen Arthropoden; jede Operation bedarf langer Zeit. Färbung mit Boraxcarmin lieferte uns die besten Kesultate. Bei Gelegenheit der Kreislaufsorgane werden wir die Injectionsmethoden besprechen. Allgemeine Lagerung der Organe. — Nach Wegnahme des Teguments sieht man in dem Cephalothorax nur ein Gewirre von Muskelbündeln , die sich zum Theil an innere Sehnenplatten ansetzen und sich nach allen Richtungen hin kreuzen. In den Zwischenräumen der Muskeln sieht man die Enden der Giftdrüsen, Bliudsäcke des Darmes, begleitet von Blutgefässen. Die Muskelbündel, welche sich zu den verschiedenen gegliederten Anhängen, zum Vorderdarme u. s. w. begeben , müssen sorgfältig getrennt und entfernt werden , um das Centralnervensystem zur Anschauung zu bringen, das aber so mit den Nebendärmen des Magens und den Gefässen verfilzt ist, dass man keines dieser Systeme isoliren kann, ohne die anderen Organe zu ver- letzen oder zu zerstören. Gleiche Schwierigkeiten findet man bei der Untersuchung der Abdominalorgane. Die Leber bedeckt die ganze Rückenfläche und ihre äusserst zarten Läppchen dringen in alle Zwischenräume der anderen Organe ein. Nachdem man die stets braune Leber so gut als möglich entfernt hat, sieht man auf dem Grunde der Bauchhöhle die Geschlechtsorgane, den darüber verlaufenden Darm mit dem Rectum , die Spinndrüseu mehr nach hinten und ganz in der Tiefe, unmittelbar an der Haut anliegend, die Lungensäcke. Das Studium der Circulationsapparate erheischt eine besondere Prä- paration. Um zu einem besseren Verständniss der Lagerung und des Inein- andergreifens der Organe zu gelangen, wird man sich mit Vortheil an Sagittal- und Querschnitte wenden, deren Resultate mau combiniren kann. So sieht man auf einem sagittalen, der Medianlinie sehr ge- näherten Schnitte des Cephalothorax (Fig. 93) die fast in dem Mittel- jaunkte gelegene MundöfFnung (d), die vorn von dem Schnabel (/;), hinten von der Unterlipjje (/) begrenzt wird und in einen vertical stehenden Schluudkopf führt, welcher sich plötzlich in rechtem Winkel nach hinten umbiegt und in den Schlund (<:?'), den Saugmagen (r/) und den Vorderdarm ([/) fortsetzt, die fast horizontal nach hinten verlaufen. Einer der grossen Rückeublinddärme des Magens (/) ist angeschnitten und an der Unterseite sieht man die Durchschnitte der in die Beine sich erstreckenden Blinddärme (w) , welche von den zu den Beinen Arachniden. 201 gehenden Nerven (h') und Gefässen (r) begleitet werden, lieber diesen Blinddärmen breitet sich die unter dem Schlünde gelegene Masse des Centralnervensystemes (b) aus, welche sich nach hinten in den von seiner Arterie (s) begleiteten xlbdominalnerven (&-) fortsetzt. Die Arterie entspringt von einem schlingenförmig zurückgebogenen Aste der Aorta (o) und von dem Gipfel desselben Bogenastes entspringt die Kopfaorta (|j) , welche zu allen weiter nach vorn gelegenen Organen und Gliedern Zweige entsendet. Zwischen dem grossen Rückenblindsack Fig. 93. Epeira cUudeina. — Sagittalschtiitt des Cephalothorax , fast genau in der MrttelHnie. Gundlach, Oc. 1, Obj. 00. Camera dura. «, das Hirn (Oberschlundmasse), an der Basis vom Schlünde durchbohrt; b, Uuterschlundmasse, mit den seitlich abgehenden Beinnerven b^ und den Bauchnerven b^ nach hinten ; c, Chelicer der Länge nach durchschnitten, so dass man die inneren Muskeln und das Chitinblatt sieht, au welches sie sich ansetzen ; c^^ die von spiraligen Muskelfasern umsponnene Giftdrüse ; c, die Knickung des Giftcanales beim Eintritt in das Chelicer ; c^, Fortsetzung des Giftcanales ; rf, der Mund; rZ\ der Schlund; d^, Saugmagen; e, an den Schnabel li angelehnte vor- dere Chitinlamelle des Pharynx;/, Unterlippe; jr, Fortsetzung des Darmes vom Saug- magen nach hinten; //, Schnabel; /<■'■, Muskeln; A^, Drüse des Schnabels; /, vorderes Mittelauge ; k. hinteres Mittelauge mit ihren Nerven, die sich bis zum Hirne verfolgen lassen; l, grosser rückenständiger Blinddarm; w, untere, in die Beine gehende Blind- därme ; m, Kopfaorta ; o, Aortenbogen ; p, vordere Kopfaorta , die das Hirn und alle vorliegenden Theile versorgt; q, rückläufiger Ast des Aortenbogens, welcher Zweige an die Unterschlundmasse und r, an die Beine giebt; s, rückläufige Arterie ; t, oberer Schlundrauskel. und dem Schlünde sieht man die Oberschlundmasse des Centralnerven- systemes, das Gehirn (a) , von welchem die beiden getroffenen Nerven entspringen , die sich zu den mittleren Augen (?, li) begeben. Im 202 Arthropoden. Schnabel sieht man, ausser den durchschnittenen Quermuskeln (h^) die Schnabeldrüse (/i^) und in dem weiter vorn gelegenen Chelicer (c) den Ausführungsgang (c^) der Giftdrüse, welche sich in der vorderen Rückengegend des Cephalothorax ausbreitet. Ein durch die Hüften des zweiten Beinpaares gelegter Querschnitt (Fig. 94) zeigt zwischen den verschiedenen Muskelbündeln die Lumina der Giftdrüsen (w), zweier Paare rückenständiger Magenblindsäcke (l, l^), auf der Bauchseite diejenigen eines seitlichen Paares (ni) und eines mittleren unpaaren Blindsackes (»»'), sowie der in die Beine sich erstreckenden Blindsäcke (m^, m^). Im Mittelpunkte des Schnittes, etwas mehr nach der Ventralseite, sieht man die centrale Nervenmasse, welche der durch seine dicken Chitinwände ausgezeichnete Schlund Fig. 94. ^ jp l 0' a- m'd' cL'm. b t t Epeh-a diadema. — Durch die Unterschlundmasse gelegter Querschnitt des Cephalo- thorax. Vergrösserung wie die vorherige Figur , deren Bezeichnungen man so viel als möglich beibehalten hat. a, Hirn ; a^, seine obere Zellenschicht ; b, Unter- schlundmasse , mit ihren Ausdehnungen nach beiden Seiten gegen die Beine hin ; b^, ihre untere Belegschicht von Ganglienzellen : d^, Durchschnitt des die Nerven- masse durchbohrenden Schlundes ; /, Durchschnitt der grossen dorsalen Blindsäcke ; l'^, dorso-laterale Blindsäcke ; m, ventrale seitliche Blindsäcke ; m^, mittlerer ventraler Blindsack ; m^, Blindsäcke in den Beinen ; m^, zurückgebogenes Ende eines Bein- Blindsackes ; t , Muskeln ; i(, , Tegument des Rückens ; v , Tegument der Beine ; IV, Durchschnitte der Giftsäcke. durchsetzt ((U). Man unterscheidet sehr gut die von Ganglienzellen gebildete Rindenschicht der Oberschlundmasse (a^) , sowie diejenige, welche die Unterfläche (h^) der Unterschlundmasse überzieht und sich seitlich auf die Wurzeln der Fussnerven (b) fortsetzt. Arachniden. 203 ■Fio-. 95. Der sehr kurze und enge Bauchstiel, welcher Cephalothorax und Abdomen verbindet, enthält die Fortsetzung der Aorta zu dem im Bauche gelegenen Herzen, die Darmröhre, die beiden Bauchnerven und Muskeln mit einer Sehnenplatte, wovon bei dem Muskelsysteme die Rede sein wird. Wie schon bemerkt, wird die Untersuchung der Ab dorn inal- organe sehr durch die Leber erschwert, deren Läppchen alle anderen Organe umhüllen und selbst in die Lücken zwischen denselben auf der Bauchfläche sich eindrängen. Nach Entfernung des Tegumentes sieht man nur die braunen Leberläppchen, die an den Stellen, welche den äusseren Zeichnungen entsprechen, mit einer weissen , aus stark licht- brechenden, glänzenden Körperchen zusammengesetzten Substanz be- deckt sind. Nachdem man mit- telst des Pinsels und behutsam geleiteter Bespritzungen mit einer Kautschukpipette die obe- ren Leberläppclien entfernt hat, sieht man in der Mittellinie das der Wölbung des Abdomens ent- sprechend gekrümmte Herz mit den seitlich und nach hinten davon abgehenden Gefässen. Man schneidet das Herz an dem Bauchstiele ab und entfernt es durch leichten Zug mit der Pin- cette, wobei meistens die Leber- läppchen zwischen ihm und dem Darme mitgehen. Man reinigt in der angegebenen Weise die Umgebung des ebenfalls bogen- förmig gekrümmten Darmes und sieht dann die Organe in der Lage, wie sie unsere Figur 95 wiedergiebt. In der Mittellinie verläuft der gelbliche Darm e und endet mit einer oft durch spin- delförmige , braune Kothballen sehr ausgedehnten Cloake (/). Zu beiden Seiten zeigen sich die Malpighi'schen Gefässe, deren inneres, längeres Paar (c) fast bis zum Bauchstiele reicht. Diese Theile ruhen auf dem Eier- stocke (/) , der zur Fortpflanzungszeit eine enorme Grösse erreicht. Man muss den Darm mit dem Eierstocke oder den Hoden weg- nehmen, um die Lagerung der Spinndrüsen und der unteren Bauch- Epeiru dlademu. — Rückenansicht der Unter- leibsorgane. Das Herz mit den es einhül- lenden Leberläppchen ist weggenommen, um den Dai-m und die umgebenden Theile bloss zu legen. Zeichnung unter der Lupe mit Camera clara. a, Tegument; b, ä, Leber, die anderen Organe umhüllend; c, inneres Paar der M a 1 p i g h i ' sehen Röhren ; g, äusseres Paar ; d, cylindische Spinndrüsen ; e, Darm ; /, Eierstock ; /, Cloake. 204 Arthropoden. muskeln zu untersuchen. Zuweilen sieht man einige Schlingen der grossen cylindrischen Spinndrüsen (ä) unter dem Eierstocke hervor- ragen. Um die Anschauung der Lagerung der Bauchorgane zu vervollständigen, gehen wir einen medianen Sagittalschnitt des Baxiches (Fig. 96), auf dem man alle erwähnten Theile und ausserdem noch unter einem von den Längsmuskeln gehildeten Dache die verschiedenen Arten von Spinndrüsen sieht, welche zwischen Leberläppchen ein- gebettet sind, die sich auf die Bauchseite erstrecken. Man sieht auch vorn an diesem Durchschnitte den vor der Geschlechtsspalte an- ./:- /'^' Epeira diadema. — Medianer Sagittalschnitt des Hinterleibes. Lupe und Camera clara. u, AfteröfFnuDg ; h, Spinnwarzen; c, birntormige Spinndrüsen; d, Muskelbündel zu den Spinnwarzen; e, Durchschnitte cylindrischer Spinndrüsen;/, untere Leberlappen; f^, obere ; /^, mittlere Lebcrlappen zwischen Herz und Eierstock; g, unterer Längs- muskel des Bauches ; h, Genitalspalte ; i, Samenbeliälter ; h, Spitze des Bauchstieles ; /, Darm ; /^, Cloake ; in, in den Bauchstiel eintretende Aorta ; m^, Vordertheil des Herzens, den der Schnitt nur gestreift und die Kreismuskeln blossgelegt hat; m^j Seitenspalten des Herzens ; iir^, hintere Aorta ; w, Pericardialhöhle ; o, Eierstock. gebrachten Samenbehälter (/). Zu beiden Seiten dieser Spalte befinden sich die abgeplatteten Lungensäcke, die mit grossen Querspalten nach aussen münden. Tegument. — Die Haut der Kreuzspinnen besteht, wie bei allen übrigen Arthropoden, aus drei Schichten : einer äusseren Chitin- schicht oder Cuticula, einer tieferen Chitinschicht und einer Hypo- dermis. Die Cuticula ist gelblich , färbt sich nicht und besteht an einzelnen Orten aus zwei Lagern, deren sehr dünnes und äusserstes Erhöhungen auf der Oberfläche bildet. Auf den Kiefern, den Palpen, Aracliiiiden. 205 den Beinen, der Rückfläche des Cephalothorax und des Abdomens bilden diese Erhöhungen ziemlich regelmässige Rhomben; auf dem Brustschilde parallele, geschwungene Linien. Die Cuticula ist auf der Rückenfläche des Cephalothorax, den Cheliceren und den Beinen sehr verdickt, dagegen äusserst zart an den Gelenken. An der Basis der Haare bildet sie hohle Schüsselchen , in welchen die etwas verdickte Basis eingelenkt ist. Die untere Hälfte eines solchen Schüsselchens ruht auf einem Ringe, durch dessen Oeffnung die feinkörnige Substanz, welche den Centralcanal des Haares oder Stachels erfüllt, mit der Hypo- dermis communicirt. Zuweilen haben wir ein feines Fädchen gesehen, welches sich weiter nach unten fortsetzt und das wir für ein Nerven- fädchen halten, obgleich wir seinen weiteren Verlauf nicht verfolgen konnten. Die innere Chitinschicht färbt sich, freilich nur wenig, durch Boraxcarmin oder Cochenille. Auf Schnitten sieht man in ihrer Masse feine Parallelstreifen, die auf eine Zusammensetzung aus dünnen La- mellen hinweisen. Unter dem Einsätze eines Haares wird die Schicht von einem senkrechten Canale durchbohrt; man sieht auch, wenn auch selten, unabhängige Canälchen im Zickzack. Die chitinogene Hypodermisschicht lässt sich bei Epeira leicht nachweisen, zeigt aber sehr verschiedenen Aufbau. An manchen Stellen sieht man nur Züge von zerstreuten Kernen; an anderen Orten werden die Zellen deutlicher, verlängern sich und stehen wie Palissaden neben einander; in anderen Fällen endlich erreichen sie, wie wir sehen werden, eine bedeutende Grösse und nehmen drüsenartige Formen an. An den Ansatzstellen der Muskeln gehen von der Hypodermis feine Mem- branen ab, die zwischen die Muskelfasern eindringen und sie scheiden- artig umgeben. Die Haare und Stacheln, welche dem Teguuiente aufsitzen, unter- scheiden sich wesentlich nur durch ihre Grösse. Haare finden sich besonders am Bauche, dem Cephalothorax und den Beinen; Stacheln mit streifigem Ansehen an den Beingelenken. Auf den verschiedenen Mundanhängen trifft man gefiederte Haare und auf dem Brustschilde, sowie namentlich auf den Palpen welche mit sehr feinen, rauhen Vor- sprüngen, die ohne Ordnung vertheilt sind. Die Haare, ganz besonders aber die steifen Stacheln, brechen oder reissen leicht von ihren Einlenkungen ab. Man sieht dann, namentlich auf den Beinen , die erwähnten Schüsselchen und Ringe der Cuticula leer stehen. oder zuweilen auch ein feines, kurzes, sich regenerirendes Haar in der Gelenkgrube, aber gewöhnlich in excentrischer Lage. Dahl (siehe Literatur) hat diese Bildungen als Hörorgane an- gesprochen. Wenn man hier Dahl widersprechen muss, so kann man dagegen sich leicht von der Richtigkeit eines anderen Fundes desselben For- 206 Arthropoden. Sehers überzeugen, nämlich von der Existenz feiner Spalten, die sich in der Nähe aller Beiugelenke und auch auf den Cheliceren, nicht aber auf den Palpen finden. Diese etwas S-förmig geschwungenen Spalten, die zuweilen in der Mitte eine punktförmige Erweiterung zeigen, stehen in Gruppen bis zu einem Dutzend etwa vereinigt auf der Rückenfläche der Beine auf kleinen schildförmigen, schwach begrenzten Feldchen und zeigen sehr verschiedene Richtungen, schiefe, quere, meist aber der Axe der Beine parallele Längsrichtung. Sie durchsetzen die Chitinschichten, wie man sich auf Schnitten überzeugen kann und sind von dem Blutgefässe der Beine nur durch die in der Gegend der Gelenke äusserst dünne Hypodermis getrennt. Sind sie vielleicht Hülfsorgane der Athmung, durch welche hindurch ein Austausch der in dem Blutgefässe enthaltenen Gase mit der Luft stattfinden kann? Muskelsystem. — Die Präparation der stets quer gestreiften Muskeln der Kreuzspinne lässt sich unter der Lupe durchführen. Man lässt ein grosses Exemplar einige Zeit in absolutem Weingeist und entfernt dann mit einem feinen Scalpel das Tegument des Rückens, indem man die Schneide hart an der Innenfläche des Tegumentes hin- führt und so die Muskelansätze durchschneidet. Führt man die Ope- ration gut durch , so zeigen sich die durch den Weingeist etwas erhärteten Muskeln in unveränderter Lage. Man gewahrt dann sofort, dass viele unter ihnen sich an eine breite, horizontal unter dem Saug- magen und dem Darme gelegene Sehnenplatte anheften {g, Fig. 93), die bei der Ansicht von oben die Gestalt eines Schildes mit rückwärts gerichteter Spitze hat. Von den seitlichen und vorderen Rändern der Platte strahlen Sehnenbündel aus, welche sich in die Sehnen der Muskel- bündel fortsetzen. Die Platte selbst ist nur durch die Verschmelzung dieser Sehnenbündel gebildet und hat durchaus keine Beziehung zu dem Tegumente, kann also auch nicht dem inneren Skelette des Krebses z. B. verglichen werden. Nur im hintersten Theile des Cephalothorax findet sich eine Umkrempung des Randes der Tegumente, an welche sich die Längsmuskeln festsetzen und welche einen Theil der Aorta überdeckt. Dagegen steht die grosse Platte des Cephalothorax durch einige kurze und steife Fasern mit einer kleinen Sehnenplatte in Verbindung, die auf der Rückenseite des Bauchstieles liegt und hier die Aorta über- dacht. Dl dem Zwischenräume zwischen ihr und dem Tegumente setzen sich Längsmuskeln fest. Die Hauptmuskeln des Cephalothorax und seiner Anhänge sind die folgenden: Die Muskeln der Cheliceren (f, Fig. 93) bilden eine dicke, das Basalglied fast gänzlich erfüllende Masse; man unterscheidet darin sechs mehr oder minder deutlich getrennte Bündel, die am Tegumente entspringen und sich an einer im Inneren des Gliedes angebrachten Sehnenplatte schief ansetzen. — Die Muskeln des Schnabels sind nur Arachniden. 207 klein; die einen laufen horizontal, die anderen in schiefer Richtung; die einen sollen, nach Einiger Meinung, die Drüse zusammenpressen, um ihren Inhalt zu entleeren, während die anderen ihre OefFnung schliessen sollen. — Die Kiefermuskeln, die auf Schnitten sehr gut sich sehen lassen, entfernen oder nähern die Kiefer; die letzteren setzen sich an die grosse Sehnenplatte an. Pharynxmuskeln. — Auf Sagittalschnitten (Fig. 93) tritt eine grosse, dreieckige Muskelraasse stark hervor, die sich an den oberen Theil des Pharynx inserirt und den Pharynx erweitert. Die Bündel heften sich sowohl an der vorderen, als an der hinteren Chitinplatte des Pha- rynx an. Hinter dieser Platte sieht man auf Längsschnitten einen langen Muskelstreifen, den Rückzieher der Unterlippe (h , Fig. 93), der sich vom Vorderende des Schlundes bis zur Spitze der Lippe er- streckt. Wir werden die den besonderen inneren Organen eigenen Mus- keln bei diesen erwähnen. Einige derselben , wie z. B. die des Saug- magens, sind sehr bedeutend. Das Muskelsystem des Bauches beginnt im Bauchstiele , wo wir parallel mit dem Darme zwei bedeutende Längsbündel finden, welche sich vorn an die grosse Sehnenplatte des Cephalothorax heften und nach hinten mit dem vorderen Rückenmuskel des Abdomens ver- schmelzen. Dünnere Bündel vexdaufen auf der Bauchseite und ver- schmelzen dort mit den ventralen Längsmuskeln des Hinterleibes (g, Fig. 96). Ln Hinterleibe finden sich drei Muskelsehnen , die aus der Ver- schmelzung der vorderen Enden der verschiedenen Muskeln hervorgehen. Sie liegen hinter einander in der Mittellinie, die beiden vorderen in der Nähe des Bauchstieles, die hinteren in der Gegend der Spinnwarzen. Sie spielen den Muskeln gegenüber etwa die gleiche Rolle, wie die Sehnenlamelle im Cephalothorax , zeigen aber eine verschiedene Struc- tur. Folgende Hauptmuskeln setzen sich an diese Sehnenbänder an. Ein Muskel an der Vorderwand , der sich über den Bauchstiel hinüberschlägt. Er hat eine schiefe Richtung, ist kurz und dick und hebt wohl den Bauch im Ganzen in die Höhe. — Ein sehr langer, dünner Muskel mit welligem Verlaufe erstreckt sich von seinem vor- deren Ansatzpunkte an der dorsalen Wand des Bauchstieles schief nach hinten und heftet sich etwa am Ende des ersten Drittels des Bauches an das dorsale Tegument desselben an. — Ein anderer Muskel, sehr breit aber dünn, umgiebt das Ende des Bauchstieles; er heftet sich ventral- und dorsal wärts in der Mittellinie an die Tegumente. — Ein kurzer, schiefer Muskel geht vom Bauchstiele zu der vorderen Lippe der Geschlechtsspalte. — Der vom Cephalothoi'ax her den Bauchstiel durchsetzende Längsmuskel inserirt sich an der vorderen Sehne, von welcher noch drei Muskelstreifen ausgehen, die schief 208 Arthropoden. gegen die Bauchfläcbe verlaufen ; der vordere dickere verläuft gegen die Lungen, die beiden anderen zu der Genitalspalte, Mit der mittleren Sehne steht die vordere durch verhältnissmässig kleine und kurze Muskeln in Verbindung, die häufig verschmelzen. Sodann entstehen von ihr dorsale, longitudinale und ventrale Muskeln. Die ersteren sind sehr dick, cylindrisch, haben ein sehniges Aussehen und inseriren sich unmittelbar an das dorsale Tegument. An den In- sertionsstellen erscheint die Chitinhaut verändert; sie bilden haarlose Flecken , die aus sehr kleinen Maschen gebildet scheinen und ein ge- körntes Aussehen haben. Frühere Beobachter hielten diese Flecken für Stigmen. Man sieht zwei solcher Stellen symmetrisch zu beiden Seiten der dorsalen Mittellinie. Die von der mittleren Sehne ausgehenden Längsmuskeln treten bei der Präparation des Bauches sofort hervor; sie verlaufen als dicke Längsbündel längs der ventralen Mittellinie bis zu den Spinnwarzen, in welche sie ausstrahlen. — Die ventralen Muskeln , fünf bis sechs an der Zahl , verlaufen schief von vorn nach hinten und setzen sich direct an die Tegumente an; sie heben die Bauchspitze und üben so einen Druck auf die Spinnwarzen aus , der wohl die Austreibung der Seide befördert. Die hintere Sehne liegt im Bereiche der Längsmuskeln ; zwei dorso- ventrale Muskeln' setzen sich an sie an , welche ähnliche Ansatzstellen an der Chitinhaut zeigen, wie die vorderen Muskeln. Beinmuskeln. — In das Hüftglied eines jeden Beines treten sehnige P]nden von Muskeln ein, die entweder an dem Rückentegumente des Cephalothorax oder an der inneren Sehnenplatte desselben ihren Ursprung nehmen. Die ersteren sind sehr mächtig und treten be- sonders auf Querschnitten hervor. Sie haben die Form von Dreiecken, deren verlängerte Spitzen sich an der Basis des ersten Fussgliedes festsetzen. Jedes Bein hat zwei solcher Muskeln. Ebenso viel, aber weit schmächtigere Muskeln gehen von der Sehnenplatte aus. Diese Muskeln sind jedenfalls Heber und Senker der Beine. Ausserdem be- sitzt jedes Glied der Füsse seine Beuge- und Streckmuskeln in Gestalt langer und feiner Bündel, die von dem distalen Ende des vorher- gehenden Segmentes auslaufen. Die Musculatur der Taster des Weibchens verhält sich ganz wie diejenige der Füsse. Die zu Begattungsorganen umgewandelten männ- lichen Taster zeigen aber bedeutende Abweichungen. In der That findet man in dem terminalen Apparat dieser Taster eine bedeutende Anzahl kleiner Muskeln, welche den Apparat im Gange heben und senken , die Löffel bew^egen oder als breites Band den Samenbehälter umgeben und dessen Entleerung befördern. Wir können dieselben nicht im Einzelnen behandeln. Die histologische Structur der Muskeln lässt sich verhältnissmässig ^ Arachniden. 209 leicht auf Schnitten untersuchen, da sich diese gut färben. Die Bündel bestehen aus einzelnen Fasern, welche durch sehr feine und durchsichtige Scheiden von einander getrennt sind. Die in diesem Sar- colemma regellos zerstreuten Kerne findet man vorzugsweise da, wo sich die Scheiden berühren. Die Querstreifen der Fäserchen selbst treten stets deutlich hervor; die dunklen Zonen sind etwas breiter als die hellen , in deren Innerem man noch eine unter starken Vergrösse- rungen erkennbare Schattenlinie sieht. Auf Querschnitten sieht man im Inneren der durch das Sarcolemma getrennten Fasern einen mit feinkörniger Substanz erfüllten Raum , von welchem aus sehr feine und dicht gedrängte Streifen gegen die Peripherie der Faser hin aus- strahlen. Nervensystem (Fig. 93, 94, 97, 98). — Das Centralnerven- system ist vollständig im hinteren Theile des Cephalothorax und wesent- lich auf der ventralen Seite desselben concentrirt (Fig. 93, a, h). Es besteht eigentlich nur aus einer ziemlich abgeplatteten Masse; da diese aber von dem Schlünde in der Richtung von vorn nach hinten durch- bohrt wird, so kann man daran einen kleinen dorsalen Theil, das Ober- schlundganglion oder Hirn, unterscheiden, welches sich mit zwei Schenkeln um den Schlund herum krümmt und so mit der weit grösseren ünterschlundmasse verbindet. Die Oberschlund masse (a, Fig. 93, 94, 98) hat die Gestalt eines Würfels mit horizontaler Oberfläche und etwas nach innen geneigten Seitenflächen. Oben grenzt sie an die grossen dorsalen Magenblind- säcke (1, Fig. 93, 94), vorn an den oberen Schlundmuskel (f, Fig. 93), unten an den Schlund (d^, Fig. 93, 94) und hinten an den Saugmagen (d'^, Fig. 93). Vorn zeigt sie eine schwache Einkerbung, die zwei birnförmige Vorsprünge trennt, aus welchen oben die Augennerven und weiter unten die Nerven der Cheliceren entspringen. Die den Schlund auf beiden Seiten umfassenden Schenkel ent- sprechen den Connectiven der übrigen Arthropoden; sie sind nur ver- dickte Fortsetzungen des Hirnes nach unten und lassen keine Nerven entspringen. Die Unterschlundmasse (Fig. 97 a. f. S.; h, Fig. 93 und 94) hat die Gestalt eines zwischen den aus ihr hervortretenden Nerven eingeschnit- tenen Kuchens. Sie wird nach oben von dem Schlünde und dem Saug- magen, nach vorn von dem Pharynx begrenzt und ruht mit ihrer Unterfläche grossentheils auf den ventralen Magenblindsäcken, welche sich in die Beine erstrecken. Von ihren Seitenrändern entspringen fünf Nervenpaare; das erste, etwas dünnere Paar (n, Fig. 97) ver- zweigt sich vorzugsweise an die Taster, aber auch an die Kiefer und Lippen; die vier folgenden, an ihrer Wurzel zwiebelartig verdickten Paare (1 bis 4, Fig. 97) verlaufen längs den Blindsäcken zu den Beinen. Nach hinten verlängert sich die Masse in zwei Nerven (b, Fig. 97), Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie, II. J^. 210 Arthropoden. welche durch den Baiichstiel hindurch in das Abdomen treten. Im Bauchstiele legen sich diese beiden Nerven so eng an einander, dass man nur einen Nerven zu sehen glaubt. Das ganze System ist von einem sehr feinen, hier und. da ab- geplattete Kerne zeigenden Nevrilemma überkleidet, das sich über die Nervenwurzeln hinzieht und ausserdem noch Fortsätze in das Innere der Nei'venraasse entsendet, die auf manchen Horizontalschnitten der Masse ein Ansehen gebeo, als sei sie durch Scheidewände, welche von den Zwischenräumen der Nervenwurzeln ausgehen , abgetheilt. Das Nevrilemma begleitet auch die Gefässe, welche von oben nach unten die Unterschlundmasse in der Mittellinie durchsetzen (e, Fig. 97) und in den hinteren Theilen dieser Masse dringt es auch zwischen den Faser- kern derselben und die aus Ganglienzellen bestehende Belegungsschicht ein , so dass auf senkrechten, Fig. 97. i-, durch den Saugmagen gelegten f, a- Querschnitten (Fig. 102) diese Belegschichten sowohl an der Centralmasse, wie an den von ihr abgehenden Nervenwurzeln gänz- lich von den Faserkernen ge- 2 trennt scheinen Qj und p^, q und g^). Wir finden in der Central- — 5 nervenmasse, wie gewöhnlich, zwei verschiedene Elemente, Ganglienzellen und Fasern, ^-^4. welche in die peripherischen Ner- \ l ven ausstrahlen. \l Man kann grosse und kleine i Ganglienzellen unterscheiden. r. ■ T 1 TT ■ , , . , I^ie ersteren (/ Fig. 98) finden Apetra diudema. — Honzontalschiiitt der . , i i-> • i unteren Nervenmas.e des Cephalothorax. ^^^'^ ^^'^ ^^^ ^er BasiS der Unter- Gundlach, ObJ. 1, Oc. 0. Camera dar a. Schlundmasse und der von ihr a, Tasternerven; 1 bis 4, Nerven der vier ausgehenden Nervenwurzeln. Sie Beinpaare; J, Bauchnerven ;c, äussere Beleg- Jjaben nicht überall genau die- schieht von Gancrlienzellen , die sich auch n <-■ •■ ■ i i i p ,. T,T 1 i- ••, . ,. , ,. selbe (jrosse, sind rund oder aut die Nervenwurzeln huiuberzient ; c?, fase- rige Centralmasse, die Nervenwurzeln bil- eiförmig und besitzen einen deut- dend; e, Durchschnitte von Blutgefässen, liehen Centralen Kern. Ihr sehr welche in der Mittellinie die Nervenmasse feinkörniger Inhalt färbt sich senkrecht durchsetzen. j^^^,^ ^^^.^^ Boraxcarmin und verlängert sich in Form eines Fadens in das Innere der Nervenmasse. Wir haben stets nur einen solchen Faden gefunden, nie mehr. — Die kleinen Zellen (e, Fig. 98) sind sehr zahlreich, dicht zusammengedrängt und bilden eine continuir- Arachniden. 211 liehe Belegungsschicht um die ganze Centralmasse. Sie färben sich lebhaft durch Boraxcarmin und sind besonders mächtig an der oberen und den Seitenflächen des Hirnes angehäuft, während sie auf der Vorder- und Hinterfläche, sowie auf den vom Hirn ausstrahlenden Nerven nur wenig entwickelt sind. Auf der Unterfläche der Unter- schlundmasse und den von ihr ausstrahlenden Nervenwurzeln sind sie wieder ungemein stark angehäuft und schliessen hier die grossen Ganglienzellen ein, während sie auf der Dorsalfläche derselben nur schwach entwickelt sind. Mit sehr starken Vergrösserun gen kann man eine feine Hüllmembran unterscheiden , die ein stark gekörntes Proto- plasma einschliesst , das sich lebhaft färbt, aber keine Fortsätze ent- stehen lässt. Der Kern liegt central und wird oft im Yerhältuiss zur Zelle ungemein gross. Die Nervenfasern, welche die Kerne der beiden Massen und der von ihnen ausgehenden Wurzeln bilden (r/, Fig. 98), sind ungemein Fio-. 98. cL y Epeira diademu. — ■ Medianer Sagittalschnitt durth die centrale Xervenmasse. Verick, Oc. 1, Obj. 0, mit ausgezogenem Tubus, Camera dura, a, Oberschlundmasse; 5, Unter- schlundmasse ; c, Abdominalnerv ; d, d, häutige Hülle ; e, Belegschicht von kleinen Ganglienzellen auf den Flächen des Hirnes; e^, id. auf der ünterschlundmasse ; e^, id. auf den Bauchnerven ; f, grosse Ganglienzellen ; 7, Züge von Längsfasern; fi, Schlund; i, Gefäss, den Schlund begleitend. zart und fein. Ihre Bündel, deren Verlauf wir nicht eingehender ver- folgt haben, kreuzen sich in verschiedenen Richtungen. Das peripherische Nervensystem lässt sich wegen der Feinheit der Nerven nur schwer verfolgen. Meist folgen diese in ihrem Verlaufe den Arterien. Das erste Paar, die Sehnerven, entspringt an der Ober. Schlundmasse aus zwei birnförmigen Anschwellungen. Die aus dem Ganglion hervortretende Wurzel ist seitlich abgeplattet, bandartig; 14* 212 Arthropoden. sie theilt sieb fast unmittelbar in vier Nerven, von welcbeu die zu den seitlicben Augen gehenden bedeutend kleiner sind als die zu den Mittel- augen. Diese letzteren nähern sich so sehr der Mittellinie, dass wir sie auf dem Sagittalschnitt Fig. 93 darstellen konnten. Die beiden Nerven schlüpfen zwischen den Bündeln der Hebemuskeln des Pharynx und der Cheliceren hindurch unter der Giftdrüse weg nach vorn und kreuzen sich einigermaassen auf ihrem Verlaufe, indem der für das hintere Mittelauge bestimmte Nerv anfangs tiefer liegt als der andere, welcher das vordere Mittelauge versorgt. Ills schien uns, als trenne sich von dem letzteren ein feiner Zweig für den Rollmuskel des Auges ab, doch konnten wir seinen Lauf nicht genauer bis zum Ende ver- folgen. Beim Eintritte in das Auge breiten sich die Sehnerven etwas aus, ohne indess Sehganglien zu bilden. Unmittelbar unter den Sehnerven geht von denselben Vorder- anschwellungen der Oberschlnndmasse ein zweites Nervenpaar aus, das dem Sehnerven, etwas mehr nach innen gelegen, bis zur Basis der Cheliceren folgt, dann aber in diese einbiegt und in die Muskeln der Gifthaken und an die Giftdrüse selbst feine Zweige abgehen lässt. Dieser Ursprung der Chelicerennerven stimmt mit demjenigen der Fühler- nerven bei den Insecten überein. Wir erwähnten schon die fünf Nervenpaare, die nach vorn und den Seiten von der Unterschlundmasse abgehen und die Anhänge des Cephalothorax , sowie den Magen und die übrigen Eingeweide be- sorgen. Die nach hinten von der Unterschlundmasse abgehenden Bauch- nerven sind zwei ziemlich ansehnliche Stämme, die unmittelbar in den Bauchstiel eintreten und auf ihrem Verlaufe durch denselben so nahe an einander gedrängt sind, dass man nur einen medianen Nerven zu sehen glaubt. Dieselben wenden sich gerade nach hinten , geben zuerst zwei bedeutendere Aeste zu den Lungen , mehrere sehr feine Aeste zu den übrigen Organen und lassen sich endlich mit zwei feinen, vielfach verästelten Zweigen bis in die Nähe der Spiunwarzen ver- folgen. Ein an dem Eintritte in den Bauch gelegenes Ganglion, wie es Treviranus bei den Hausspinnen beobachtet hat, haben wir bei der Kreuzspinne nicht sehen können. Die beiden Nerven nehmen allmählich, nach Maassgabe der Verzweigung, an Mächtigkeit gegen das Ende hin ab und liegen auf den ventralen Längsmuskeln des Hinterleibes. Sinnesorgane.. — Mit Bestimmtheit kennen wir bei Epeira, wie bei allen anderen Spinnen, nur Augen und Tastorgane. Gehör-, Geschmacks- und Geruchsorgane, deren Existenz bald behauptet, bald bestritten wurde, sind noch immer sehr problematisch. Wir haben S. 205 bemerkt, dass wir die Hörorgane, die Da hl beschrieb, nicht als solche anerkennen können. Anderseits kann man nicht wohl leugnen. Araclmiden. 213 dass die verschiedenen Fiederhaare, welche sich in so grosser Zahl auf den die Mundöffnuug umgebenden Gebilden finden, zu Empfin- dungen von Geruchs- und Geschmackseindrücken in Beziehung stehen. Aber nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse ist es unmöglich, diese Empfindungen auf bestimmte Bildungen zu localisiren. Das Tast- gefühl wird ohne Zweifel durch die auf den Tegumenten und nament- lich auf den Beinen und Tastern zerstreuten Haare vermittelt, zu welchen, wie bei den Myriapoden, ein Nervenfäserchen tritt. Die Augen (Fig. 99) stehen, wie schon bemerkt, auf dem vor- deren Theile des Cephalothorax und können mit blossem Auge leicht Fig. 99. ha, c ,««' Ljj - -- _ h > v,^ "-- -e B^? --' -/ ^, V / ^'^^ S , ' ■;, 'j "■ •^ ■ ;, -.i Epeira diadema. — Sagittalschnitt eines vorderen Jlittelaug-es. Verick, Or. 3, Obj. 2. Camera clara. Wir haben es vorgezogen, liier einen auf gewöhnliche Weise gemachten Schnitt darzustellen , ohne vorgängige Zerstörung des Pigmentes, welches die Basen der Retinalen umhüllt und dadurch die Kerne derselben y sowie ihre Fort- setzungen in die Nervenfasern unsichtbar macht, a, gewölbter, äusserer Tlieil der Hornhaut (chitinöses Tegument); a^, Fortsetzung in das Körpertegument ; b, innerer, blätteriger Theil der Hornhaut ; c, Hypodermisschicht (Glaskörper) ; c^, Fortsetzung der Schicht unter das Körpertegument; c'^, Kernzone der Schicht; d, Stäbchenschicht; e, Becher der Retinulen ; ./', Pigment; (/, Sehnerv; h, Rollmuskel des Auges; /, Binde- gewebszellen, welche den Sehnerven und den Hintergrund des Bulbus umgelien. erkannt werden. Der Mittellinie genähert stehen vier grössere Augen im Quadrat und jederseits zwei kleinere näher dem Rande , die durch 214 Arthropoden. eine Chitinleiste mit einander verbunden werden. Die histologische Structur der Augen ist ziemlich mannigfaltig. Das Tegument setzt sich über die Augen fort, indem es sich be- deutend verdickt und eine ansehnliche Masse bildet, die nach aussen sich weit weniger vorwölbt als nach innen gegen den Grund des Bulbus hin. Auf dem ganzen Umkreise des Auges geht diese fast birnförmige Masse ohne deutliche Grenze in das Tegument über (a^). Sie widersteht, wie alle Chitinbildungen, der Einwirkung von Aetz- kali, färbt sich nicht und bildet, in functioneller Hinsicht, zugleich eine Hornhaut und eine Linse. Im hinteren Theile dieser Masse sieht man auf Schnitten (&) concentrische Streifen als Ausdruck einer lamel- lösen Structur, die man auch an anderen Stellen in den Verdickungen der Chitinschieht wiederfindet. DieHypodermisschicht (c) lässt sich leicht erkennen. Sie über- zieht die innere Fläche der Hornhautlinse und setzt sich deutlich im Umkreise des Bulbus in die Hypodermis des umgebenden Tegumentes fort. Man hat diese Grenzschicht zwischen den Netzhautbildungen und der Hornhautlinse auch den Glaskörper genannt. Die Zellen, welche sie zusammensetzen , haben ganz dieselbe Bildung wie an anderen Theilen des Körpers; sie sind durchsichtig, etwas gestreckt und besitzen einen deutlichen Kern, der sich lebhaft färbt. Da nach der Entdeckung von Grenacher die Spinnenaugen in- sofern dimorph sind , als ihre Netzhantelemente sehr verschieden ge- staltet sind, so müssen wir dieselben für die einzelnen Augen besonders behandeln. Das vordere Mittelauge, dessen Durchschnitt wir in Fig. 99 geben, zeigt dieselbe Structur wie die Seitenaugen; das hin- tere Mittelauge ist abweichend gebaut. Man sieht auf unserem Durchschnitte (Fig. 99) unmittelbar unter dem Glaskörper eine äusserst fein gestreifte Schicht, die in der Mitte des Retinabechers mächtiger als an den Rändern ist. Dies ist die Stäbchensch i cht (f^). Nach Grenacher sind die Stäbchen der Länge nach in der Mitte in zwei Hälften getheilt und von Verlänge- rungen der Retinulen scheidenartig umgeben. Demnach würden einem Stäbchen fünf, wenn nicht sechs feine Striche entsprechen. "Wir haben die Behauptung von Grenacher nicht mit völliger Gewissheit be- stätigen können, aber so viel ist sicher, dass der Dicke eines jeden Netzhautelementes eine grössere Anzahl feiner Linien in der Stäbchen- schicht entspricht. Die Retinasch i cht (e) ist aus langen Cylinderzellen gebildet, die von der Mitte des Bechers nach den Rändern hin bedeutend an Länge abnehmen und fast vollständig in dunklen Pigmentscheiden stecken, die sich nach hinten zu noch zwischen die Faserbündel des Sehnerven erstrecken. In diesem hinteren, von Pigment völlig um- sponnenen Theile der Zellen liegt, von einer leichten Anschwellung der Ärachniflen. 215 Zellen umgeben, der grosse, ovale Kern. Je nach den Umständen ist der den Stäbchen zugewendete Theil der Retinulen oft gänzlich von Pigment entblösst. Das vordere, mittlere Auge besitzt allein einen Rollmuskel (/;), der aus einigen deutlich quer gestreiften Faserbündeln besteht, die in dem Zwischenräume zwischen den beiden Mittelaugen sich am Tegumente iuseriren und, sehr fein werdend, den Bulbus umgreifen. Nach der Richtung des Muskels zu schliessen, rauss er das Auge um seine Axe rollen. Das hintere Mittelauge unterscheidet sich von dem vorderen durch das Fehlen des Muskels und die Strnctur der empfindenden Elemente der Retina, die im Allgemeinen dicker und kürzer sind. Die der fein gestreiften Stäbchenschicht der anderen Augen entsprechende Zone besteht aus den kaum etwas verschmälerten freien Enden der Retinulen und enthält die Kerne derselben. Eine zweite der vorigen concentrische Zone enthält die breiten und kurzen Stäbchen. Die Grundzone der Retinulen, welche allein von Pigment umsponnen ist, zeigt ebenfalls kurze und deutlich getrennte Elemente. Man hat die Augen, welche diese Structur besitzen und die, wie es scheint, bei den meisten Spinnen vorkommen, postbaciUäre, dagegen diejenigen Augen, wo die Kerne in der Basis der Retinulen liegen, pr ab a ciliare Augen genannt. In ihrem hinteren Umfange sind die Augen von grossen Binde- gewebszellen umgeben (/, Fig. 99), die bald kurze und dicke, bald lange und sehr dünne B'ortsätze nach allen Richtungen hin aussenden, deren Enden sich oft mit einander verbinden und eine Art Netzwerk dar- stellen. Der Inhalt dieser Zellen ist feinkörnig. Verdauungsapparat. — Im Ganzen besteht dieser Apparat in erster Linie aus einer Anzahl gegliederter Anhänge, den Cheliceren und den Kiefern , deren Gestalt und äussere Organisation wir schon beschrieben haben, deren innere Structur und Beziehungen zur Er- nährung aber noch zu erörtern sind. Der eigentliche Darmcanal be- ginnt mit dem vorn durch den Schnabel, hinten durch die Unterlippe begrenzten Munde und setzt sich durch zwei Hauptabschnitte fort, von welchen der vordere im Cephalothorax, der hintere im Abdomen ge- legen ist. Die Cheliceren (Fig. 91 bis 93 j enthalten die Ausführungs- gänge der Giftdrüsen (c^, Fig. 93). Der von einem Blutgefässe begleitete Ausführungsgang öffnet sich an der Spitze des Hakens mit einem engen, rundlichen Pörus, steigt durch den Haken und das Basal- glied des Organes bis zu dessen Einlenkung empor, bildet hier einen knieförmigen Bogen (c", Fig. 93) und erweitert sich allmählich in den Drüsensack (c'^), der an der Rückenfläche des Cephalothorax nahe der Mittellinie sich nach hinten ausdehnt. Die hintere Spitze des spindel- 216 Arthropoden. förmigen Sackes liegt dem Tegumente unmittelbar an. Er ist aussen von einer feinen Bindegewebsmembrau mit zerstreuten Zellen um- geben, die nach innen dünne Blättchen sendet, welche die Muskel- fasern von einander trennen und sich auf deren innerer Fläche zu einer Stützmembrau für das Drüsenendothelium ausbreiten. Die Muskel- schicht besteht aus Spiralfasern mit zahlreichen Kernen, die ausser der Querstreifung noch feine Läugsstreifen zeigen und sich mit ihren spitzen Enden so an einander legen, dass nur eine einzige Spiralfaser den ganzen Drüsensack zu umspinnen scheint, mit Ausnahme einer kleinen Stelle an der Kuiebiegung in den Ausführungsgang, auf welchem man übrigens ebenfalls einige spiralige Muskelfasern findet. Die inneren Drüsenzellen zeigen grosse Unregelmässigkeiten in Form und Gruppirung. Meist sind sie cylindrisch, sehr lang, mit Granulationen an ihrem Grunde, wo der Kern liegt, und hellem Inhalt gegen ihr freies Ende. Sie stellen sich zu warzenförmigen Gruppen zusammen, welche in das Lumen des Drüsensackes vorragen, der als Behälter für das flüssige Gift iüngirt. Auf Durchschnitten zeigen diese Gruppen die Form von Dreiecken, in deren Mitte oft zwei grosse und lange Zellen stehen, an welche sich kleinere Zellen mit abnehmender Grösse anlehnen; in anderen Fällen sieht man eine Axialzelle von kleineren Zellen umgeben. Das Endothelium des x'^usführüngsgauges zeigt ähn- lichen Bau. Auf der hinteren Fläche des Basalgliedes der Chelicereu sieht man im Tegumente zahlreiche feine Poren, welche die Chitinschicht durch- setzen und unter welchen die Hypodermis aus homogenen Cylinder- zellen besteht, die drüsiger Natur zu sein scheinen. Die Kiefer zeigen ein ähnliches Porenfeld. Kiefer {d, Fig. 91 und 92). — Wir haben gelegentlich dgr äusseren Beschreibung (S. 196) die Gestalt dieser Anhänge, ihren Besatz mit langen , gefiederten Haaren und auf ihrem Vorderrande einen schmalen Kamm feiner, dicht an einander gedrängter Chitinzähnchen beschrieben, die diesem Rande ein ähnliches Aussehen geben, wie die Zahnsäge auf den Kiefern der Blutegel es zeigt. Die Spinnen schnei- den wohl mit diesen Sägen die Haut der durch die Giftklauen ge- tödteten Opfer an, um sie dann auszusaugen. In der Umgebung dieses Zahnrandes ist der Kiefer von Haaren entblösst und das nackte Feld erstreckt sich noch ziemlich weit nach hinten. Es zeigt dieselbe Structur wie das nackte Feld der Cheli- cereu; eine Unzahl von Porencanälen durchsetzt die Chitinschicht, unterhalb welcher die Hypodermis aus langen, palissadenförmig an einander gereihten Cylinderzellen besteht, welche nach innen in ein feines Fädchen , wahrscheinlich ein Nervenfädchen , auslaufen. Eine Cylinderzelle entspricht stets mehreren Porencanälen. Im Widerspruche gegen Dahl, der diese Bildung für ein Geruchsorgan erklärt. Arachniden. 217 sehen wir sie als eine Drüse an, die vielleicht einen klebrigen, nicht flüssigen Stoff absondert. Die Zellen , welche diese Hautdrüse bilden, gleichen nicht im Geringsten Sinueszellen, namentlich fehlen ihnen durchaus die charakteristischen Sinnesstäbchen auf dem freien Ende. Auf Längsschnitten der Kiefer sieht man in ihi'em Inneren Drüseu- säckchen , deren inneres Ende etwas angeschwollen ist und die sich nach aussen öffnen. Man zählt vier oder fünf solcher mit ihren Enden verschlungener Drüsenkörnchen. Das Endothelium der sie bildenden Röhrchen besteht aus Cylinderzellen. Die Drüse ist unter dem Namen der Kieferdrüse bekannt. Der Schnabel {h, Fig. 92, 93) zeigt auf seinem Vordt rrande eine sehr bedeutende Drüse, die Schnabeldrüse (/t-, Fig. 93), die auf einem Längsschnitte die Gestalt eines C zeigt (Fig. 100). Die sehr Fig. 100. c f Epeira diadema. — Sagittalj^cbnitt der Sclmabeldrüse. Verick, Oc. 3, Obj. 2. Camera clara. w, mit Stacheln besetztes Tegument des Sehnabels ; h, Fortsetzung des Tegumentes unter der Drüse; c, innere Höhle der Drüse; d, oberes Blatt des in die Drüse eingebogenen Tegumentes, vorn fein gezähnelt; e, unteres, bei e^ mit Stacheln besetztes Blatt; /", untere Schicht des Endotheliums ; f^, Umschlag des Endotheliums ; f^, obere Schicht desselben; <7, körniges, zusammengezogenes Bindegewebe; /;, Binde- gewebe mit grossen Zellen. regelmässigen, langen und cylindrischen Zellen, welche die Drüsen- wand auskleiden, sind offenbar nur modificirte Hypodermiszelleu ; sie zeigen ein körniges Protoplasma und eiförmige Kerne, die sich leicht färben. Lti Hintergrunde der Drüsenhöhle sind sie am längsten und nehmen gegen die Ränder derselben allmählich an Länge ab. Der vordere, in dem Cephalothorax gelegene x4bschnitt des Darm- tractus lässt sich leicht im Ganzen in folgender Weise isoliren. Mau schneidet den Hinterleib am Stiele ab, entfernt das dorsale Tegument mit einem scharfen, horizontal geführten Rasirmesser und erwärmt 218 Arthropoden. den Cephalothorax während einer Stunde in einer sehr verdünnten wässerigen Lösung von Aetzkali. Nach vorsichtiger Auswaschung, welche die gelösten und erweichten Muskeln entfernt, liegt der ganze vordere Darmabschnitt vollständig isolirt vor den Augen. Der bauchständige Mund (d, Fig. 93) bildet in geschlossenem Zustande eine Querspalte, die vorn vom Schnabel, seitlich von den Kiefern, hinten von der UnterlijDpe begrenzt wird. Er führt in einen ebenfalls quer gespaltenen Pharynx, dessen vordere und hintere Wand von starken Chitinlamellen gebildet werden , die in den Ecken der Spalte durch eine dünne, durchsichtige Chitinhaut verbunden sind. Der geräumige Pharynx steigt seilkrecht empor (Fig. 93) und ver- bindet sich in rechtem Winkel mit dem horizontal verlaufenden, eben- falls chitinösen Schlünde (cP), der auf Kalipräparaten eine enge, auf der Ventralseite der Länge nach offene Rinne darstellt, welche das Hirn durchbohrt (Fig. 95) und sich hinter demselben in den Saug- magen (rf^, Fig. 93) erweitert. Wir beschreiben später die ziemlich verwickelte Structur des ebenfalls chitinösen Saugmagens, der sich in den verhältnissmässig sehr kleinen Magen fortsetzt, von welchem zahlreiche Blindsäcke (?) ausgehen, unter welchen besonders zwei grosse dorsale Blindsäcke (I, Fig. 94) auffallen, die sich unter dem Rückentegument nach vorn krümmen und, stets enger werdend , unter den Giftdrüsen enden. Die ventralen Blindsäcke (m) gehen seitlich vom Magen aus, biegen sich nach unten, treten in die Hüftglieder der Beine, welchen sie an Zahl entsprechen, krümmen sich mit scharfer Wendung zurück und lagern sich mit ihren geschlossenen Enden zwischen die Unterschlundmasse des Nervensystemes und das Tegument des Brustschildes. Der Magen setzt sich nach hinten in einen cylin- drischen Darm fort (g, Fig. 93), der in den Bauchstiel eintritt, den- selben der Länge nach durchsetzt und im Hinterleibe einen, der Wöl- bung desselben entsprechenden, nach oben convexeu Bogen beschreibt (1, Fig. 96). Auf seinem Wege durch den Hinterleib zeigt der Darm einige in die Leber dringende Aeste, die man als erweiterte Gallen- gäuge betrachten kann, und mündet schliesslich in eine weite Cloake (?', Fig. 96), die sich durch den an der Spitze des Hinter- leibes zwischen den Spinnwarzen gelegenen After nach aussen öffnet. Gehen wir nun in eine genauere Untersuchung des Baues der soeben erwähnten Abschnitte des Verdauungscanales ein, wofür wir, hinsichtlich der chitinösen Theile, zu der Behandlung mit Aetzkali, sowie zu Schnitten in den drei Richtungen, besonders aber in sagit- taler Richtung, unsere Zuflucht nehmen. Um gute Schnitte der im Cephalothorax gelegenen Theile zu erhalten, wird man gut thun , vor der Erhärtung das Rückenschild mit einem scharfen. Rasirmesser ab- zulösen. Arachniden. 219 Fiff. 101. Die beiden, den Pharynx einschliessenden Chitiulamellen haben zwar gleiche Grösse, aber sehr verschiedene Structur. Die vordere, dem Schnabel anliegende Lamelle (Fig. 101) zeigt eine mittlere Längs- rinne (/), die sich um so mehr vertieft, je näher sie dem Schlünde (/) kommt, in welchen sie sich direct fortsetzt. Auf ihrem breitesten Theile tragen die Ränder dieser Rinne kleine Chitinstacheln (g). Die Oberfläche der Lamelle ist mit zahlreichen Rauhigkeiten besetzt, welche sich zu rhombischen Figuren ordnen (c). Auf Querschnitten sieht man , dass diese Rauhigkeiten von kleinen Häkchen gebildet werden, die auf einer Chitinlamelle aufsitzen, unter welcher sich eine stark pigmentirte, ziemlich dicke Schicht ausbreitet (d), welche aus langen , drüsigen Zellen mit deut- lichen Kernen besteht, die offenbar nur modificirte Hypodermiszellen sind. Die hintere, der Uuterlipppe an- liegende Lamelle des Pharynx hat einen weit einfacheren Bau; sie ist sehr dünn, durchscheinend; ihre Oberfläche ist leicht gewölbt, ohne Längsrinne, und zeigt zahlreiche, an einander gedi'ängte, etwas dunk- lere Querlinien. Diese Lamelle ruht ebenfalls auf einer Schicht von drü- sigen Hypodermiszellen, welche ge- wöhnlich noch mehr Pigmentkörner enthalten , als die der vorderen La- melle. Der Schlund (d\ Fig. 93) bil- det, wie gesagt, eine enge Chitin- rinne, die ventral der Länge nach geöftnet scheint. Auf Querschnitten (d^, Fig. 94) sieht mau aber, dass die nach unten genäherten Wände der Rinne durch eine sehr fein ge- faltete Haut, die nicht chitinöser Natur ist, zu einem Rohre geschlos- sen werden. Man bemerkt ferner, dass die dorsale Wölbung des Schlundes der Länge nach gespal- ten ist, dass aber die verdickten Chitiulippen des Spaltes sich berüh- ren. Die Wände des Schlundes sind der Länge nach gestreift und von Epelra diademu. — Das vordere Pha- ryngealblatt, von seiner inneren Fläche gesehen. Veri ck, Oc. 3, Obj. 0. Camera c/aru. u, Fiederhaare, die auf dem Ende des Blattes b stehen ; c, rauhe Fläche mit Rhomben ; d, durch unterliegende, pig- mentirte Hypodermiszellen verdunkeltes Feld ; e, chitinöse Ränder der Rinne /; g, kleine, hintere Stacheln; h, glattes Feld ohne Rhombenzeichnung ; /, Schlund. 220 Arthropoden. einer dünnen Zellenlage bedeckt, deren Kerne sehr deutlich sind. In Folge dieser Structnr ist der Schlund gewiss sehr ausdehnbar, besonders in seinem vorderen Theile, wo nur die obere Wölbung chitinös, die seitlichen und unteren Wände aber häutig sind. Hier an diesem vorderen Theile tiuden sich auch zahlreiche grosse Zellen von drüsigem Aussehen. Ihr Protoplasma ist stark körnig, der runde Kern sehr deutlich; sie färben sich stärker als die benachbarten Zellen und stellen sich oft in Gruppen von drei oder vier zusammen. Der dem Schlünde unmittelbar nach seinem Austritte aus dem Hirne folgende Saugmagen (d-, Fig. 93) hat eine diesem ähnliche, aber weit verwickeitere Structnr. Seine sehr festen Chitinwände sind, wie man auf Querschnitten (Fig. 102) sehen kann, aus vier getrennten Stücken, einem oberen und unteren medianen und zwei seitlichen zu- sammengesetzt. Das Oberstück (a, Fig. 102) zeigt eine mittlere Ein- senkung und zwei seitliche Längswölbungen , die sich plötzlich an ihren Räudern hakenförmig nach unten krümmen. Auf diesen Um- krempungen können die einen engen Isthmus begrenzenden Seiten- stücke (&) gleiten. Diese Seitenstücke enden mit scharfem Rande an den aufsteigenden Schenkeln des schmalen Ünterstückes (c), das in der Mitte gekielt erscheint. Alle diese unter einander beweglichen Wand- stücke werden auf ihrer Aussenfläche von einer chitinogenen Schiebt mit hohen Zellen übeizogeu (k) und dienen mächtigen Muskelmassen zum Ansatz, deren Bündel aus sehr deutlich quer gestreiften Fasern bestehen. An das Oberstück heften sich bedeutende, anderseits am Tegumente des Rückens (;W,F\g.93) inserirte Ilebemuskeln (e, Fig. 102), die durch Anziehen der Decke gegen das Tegument die Höhluug des Saugmagens erweitern. In gleicher Weise wirken erweiternd schiefe Muskeln (/, Fig. 102), welche sich einerseits an die Seitenstücke, ander- seits an die innere Sehnenplatte des Cephalothorax ansetzen. Endlich findet man noch tiefere Queiinuskeln (h), die von einer Wölbung des Oberstückes zur anderen gehen, und schwache, schiefe Muskeln (f), welche sich an dem Haken des Oberstückes befestigen. Alle diese Muskeln dienen ohne Zweifel zur Erweiterung des Saugmagens nach verschiedenen Richtungen hin; die mit der Erschlaffung der Muskeln statthabende Vei'engerung wird durch die Elasticität der Chitinwände bedingt, welche ihre normale Stellung einzunehmen suchen. In einem kleineren, zwischen den Seitenmuskeln (/, Fig. 102), den dorsalen Magenblindsäcken (m) und der Umkrempung des Oberstückes gelegenen Räume sieht man kleine, einzellige Drüsen (?) , welche der chitinogenen Schicht angehören und deren Secret dazu bestimmt scheint, die Gleitflächen zwischen den Stücken schlüpfrig zu erhalten. Die Wände des eigentlichen Magens, sowie der von ihm aus- gehenden Blindsäcke (?, Fig. 93, 94; w, Fig. 102) sind weisslich und weich; sie enthalten keine Chitinschicht, zerreissen sehr leicht und Arachniden. 221 zeigen innerliallj einer Hülle von platten , polyedrischen Zellen ein Endotheliura ans sehr grossen, unregelmässigen Zellen mit feinen Wänden, durchsichtigem Protoplasma und' am Grunde gelegenen Kernen. Zwischen den Wurzeln der Blindsäcke einerseits und dem Hirne ander- seits finden sich grosse, runde oder ovale, mit reichlichen Granulationen erfüllte Zellen, die drüsiger Natur scheinen und vielleicht bei der Ver- dauung eine Rolle spielen. Der unmittelbar auf den Magen folgende, geradlinige Darmtheil, der den Bauchstiel durchsetzt, zeigt eine dünne, äussere Muskelschicht Fig. 102. k Eptira dladema. — Theil eines verticaleu , durch den Siiugmagen gelegten Quer- schnittes. Gundlach, Oc. 1, Obj. 4. Camera dura, a, obere, auf den Seiten hakenartig herabgekrümmte Chitinlamelle des Saugmagens ; b, Seitenlamellen ; c, untere Lamelle; d, Höhle des Saugmagens; e, obere Erweitevungsmuskeln , die sich an das dorsale Tegument ansetzen;/, seitliche Erweiterungsmuskeln, die sich an die grosse innere Sehnenplatte o ansetzen; g, an derselben Platte angeheftete Muskeln der Beine; h, obere Quermuskeln des Saugmagens; t, schiefe Seitenmuskeln desselben; k, chitinogeue Zellenschicht, welche die Chitinlamellen des Saugmagens von aussen umgiebt; /, kleine Wmkeldrüsen; vi, obere Magenblinddärme ; m\ untere Blinddärme; o, grosse, horizontale, innere Sehnenplatte ; p, mittlere Ganglien der üuterschlund- masse ; /A, Rindensehicht von grossen Ganglienzellen, die durch eine Lamelle der Um- hüllungshaut von dem Kerne getrennt ist; q, Seitentheile der Masse, in die Bein- nerven übergehend: q'^, getrennte Rindensehicht der Seitenmassen ; r, Kerne führende Bindegewebshülle der Nervenmasse, in der Mitte angeschwollen und in die Trennungs- rinne der Ganglien eingeschoben; r^, untere Lamelle dieser Hülle, bei r- verdickt. 222 Arthropoden. und ein aus bohen , körnigen Zellen gebildetes Endotbelium , deren ovaler Kern an der Basis der Zellen liegt. Im Baucbe bildet der Darm ein gleicbmässiges Robr mit weiss- licben Wänden, das unter dem Herzen liegt, von diesem nur durch eine dünne Schiebt von Leberläppcben getrennt ist und einen der Wöl- bung des Hinterleibes entsprechenden Bogen in der Mittellinie be- schreibt bis zur Nähe der Cloake, unter welche der Darm mit einem nach vorn gerichteten Bogen schlüpft, um auf der Unterfläche der Cloake zu münden. Seine Wände sind hier und da von Kothballen ausgedehnt. Mit der Leber steht das Darmrohr durch wenigstens vier jederseits abgehende, weite Ausstülpimgen in Verbindung, die in die Lebermasse eindringen und sich in derselben verzweigen. Die Cloake oder Kothkammer (?', Fig. 96) ist eine weite, birnförmige Tasche, die etwa den sechsten Theil der Bauchhöhle ein- nimmt, mit ihrem dicken, abgerundeten Ende nach vorn schaut und nach hinten schmäler wird. Der Darm mündet nicht in das vordere, blind geschlossene Ende ein, wie manche Forscher behauptet haben, sondern nahe dem hinteren Ende auf der Bauchseite; er läuft längs dieser Fläche nach hinten, ist aber so eng mit der unteren Cloakenwand verbunden, dass man ihn nicht leicht trennen kann. In der Cloake finden sich fast immer grosse, schwarze, spindelförmige Kothballen. Der die Cloake endende Mastdarm (a, Fig. 96) ist sehr kurz und eng, er mündet mit dem in dem Spinnfelde gelegenen, von einer Klappenwarze bedeckten After. Die histologische Structur der erwähn- ten Theile ist nicht überall dieselbe. Die Darmwand zeigt ein Endo- tbelium von hohen, gleich langen Cylinderzellen, deren Wände be- sonders an ihrem freien Ende deutlich sind; ihr Protoplasma ist mit schwärzlichen Granulationen überfüllt, die besonders an ihrer Basis so überhand nehmen, dass sie den Kern, der nach Schminkewitsch mehrere Nucleolen enthalten soll, meist gänzlich verdecken. Die Cylinderzellen der Cloake sind weit niedriger, als diejenigen des Darmes ; sie ruhen auf einer wahrscheinlich musculösen Faser- schicht. Im Rectum sind die Zellen des Endotheliums ausserordentlich lang, in mehreren Schichten geordnet; sie besitzen eiförmige, sehr deutliche Kerne und ruhen auf einer ansehnlichen Muskelschicht. Mit gewöhnlichen Vergrösserungen sieht man keine chitinöse Intima. Die Leber, auch Verdauungsdrüse oder Bauchdrüse genannt, ist eine grosse braune Masse, welche alle Organe des Hinterleibes um- hüllt, mit Ausnahme der Lungensäcke, welche sie nur theilweise be- deckt. Wenn man den Hinterleib eines frisch getödteten Thieres an- schneidet, so tritt meist Lebermasse hervor, die sich ausbreitet und deiunacb unter einem bedeutenden Drucke zu stehen scheint, der zur Zeit der Reife der Eier recht gi-oss sein muss. Unter geringer Ver- Arachniden. 223 grösserung zeigt sich die Leber aus Läppchen zusammengesetzt. Auf den Läppchen der dorsalen Seite liegt, der kreuzförmigen Zeichnung des Hinterleibes entsprechend, eine kreideweisse Pigmentmasse, die aus einer grossen Menge ausserordentlich feiner Körnchen besteht, welche das Licht lebhaft brechen und im Wasser Brown'sche Bewegungen zeigen. Die Leberläppchen sind hohl; ihre Höhlungen communiciren mit einander und münden schliesslich in der oben angegebenen Weise in den Darm. Ihre Umrisse sind wellig; zwischen ihnen verästeln sich die Endzweige der Malpighi' sehen Röhren; ein maschiges Binde- gewebe trennt die einzelnen Läppchen. Man findet in den Leberläppchen folgende Formelemente: 1) eine feinkörnige Substanz, deren Körnchen denen des erwähnten Pigmentes ähneln; 2) lebhaft braun gefärbte, meist runde Zellen, die einen sehr dunklen Kern enthalten; 3) gelbe, runde Körper von sehr wechselnder Grösse, mit homogenem Inhalte, welche Oeltröpfchen zu sein scheinen. Schminkewitsch schliesst aus der Vergleichung dieser Elemente mit den in der Leber des Krebses vorkommenden, dass die Leber der Spinnen als eine hepato-pankreatisclie Drüse anzusehen sei. Es giebt zwei Paare Malpi ghi's ch er Röhr en (c, 9, Fig. 95), die sich als feine , weisse Fäden darstellen , welche sich an der Einmün- dungsstelle des Darmes in die Cloake öffnen. Sie vei-laufen zu beiden Seiten des Darmes zwischen den Leberläppchen und verästeln sich hier. Diese Verästelungen sind zu fein, als dass wir sie in unserer Zeichnung hätten darstellen können, die nur den Verlauf der Stämme zeigt; man kann sie aber leicht bei der Präparation einer Kreuzspinne unter Wasser zur Anschauung bringen. Hat man das Thier eine Zeit lang geöffnet im Wasser gelassen , so treten überall aus der Leber- masse feine, weisse Fädchen hervor, die nichts Anderes sind, als die blind geschlossenen Endzweige der Malpighi' sehen Röhren, deren Wände mit -einem Pflasterepithelium ausgekleidet sind, dessen Zellen ovale Kerne haben. Das Lumen der Röhren ist mit braunrothen Körnchen in Menge erfüllt, welche das Licht stark brechen. Athemorgane. — Die Kreuzspinne hat, wie wohl alle anderen Spinnen, zwei Arten von Athemorganen, Lungen und Tracheen, die beide im Hinterleibe liegen. Der Cephalothorax nimmt keinen Antheil daran. Die beiden Lungen (?, Fig. 92) liegen symmetrisch vorn auf der ventralen Fläche des Abdomens in der Nähe des Bauchstieles und zu beiden Seiten der Genitalorgane, welche die Mittellinie einnehmen. Es sind zwei etwas abgeplattete Hohlsäcke, welche etwa die Gestalt eines quer durchschnittenen Eies haben , dessen stumpfes Ende nach vorn gerichtet ist, während die Schnittfläche der etwas schief gerich- teten Eingangsspalte zur Höhle, dem Stigma, entsprechen würde. Die 224 Arthropoden. beiden Stigmen sind in der Mittellinie durch das Genitalschild unter- brochen, hinter welchem sie sich durch einen dorsal vom Schilde ge- legeneu Quercanal verbinden, dessen Lippen in einander greifende Fältelungen zeigen. Mit Ausnahme der Ränder der Eintrittsspalte ist die Lungenhöhle auf allen Seiten von einer besonderen Chitinlamelle umzogen, die sich von dem Teguraente her einschlägt und in Folge der Abplattung eine Decke (/, Fig. 103) herstellt, welche die Lungen- höhle von den Eingeweiden abtrennt und einen Boden (g), welcher mit dem Tegumente parallel sich erstreckt, und einen mit Blut erfüllten Sinus von der Höhle abgrenzt. Auf der ganzen Ausdehnung des Lungensackes zeigt das Tegu- ment eigenthümliche Bildungen, die, von der Fläche aus gesehen, gekrümmten Wülsten mit welligen Conturen ähnlich sehen , welche Fig. 103. .--p Epeira dladema. — Stück eines durch das Abdomen geführten Sagittalschnittes, der die Lunge getrotFen hat. Gundlach, Oc. 1, Obj. II. Camera Incida. a, ventrales Tegument des Vordertheiles des Bauches; ö, chitinöse Stützverdickungen, die in den Blutsinus vorspringen ; c , Vereinigungspunkt der die Lungenkammer umgebenden Chitinlamellen mit dem Tegumente in der Nähe des Bauchstieles ; d, hintere Lippe des Stigmas, mit Stacheln besetzt; e, die Hinterwand der Lungenhöhle, durch einen Einschlag des Tegum^nts gebildet und mit baumförmigen Borsten besetzt; /, Fort- setzung des Einschlages , die Decke der Lungenhöhle bildend ; g, Chitinfalte , eine Scheidewand zwischen dem Blutsinus und der Lungenhöhle bildend; h, geronnene Blutmassen im Sinus ; i, Stigma, Eingang der Lungenhöhle ; k, vordere Kammer dieser Höhle ; l, Kammer ; in, quer durchschnittene und durch den Druck des Messers etwas auseinander gelegte Lungenlamellen: ra, oberer Theil der Lungenlamellen, durch ge- ronnenes Blut verdeckt; o, o, Durchschnitte cylindrischer Spinndrüsen; />, zwischen die Organe eindringende Leberläppchen ; q, durchschnittener Quermuskel ; »•, Bündel des Läng-smuskels des Bauches. Arachniden. 225 sich bisweilen gabeln und den Rändern parallele Linien zeigen, wo- durch das Gebilde das Ausehen gewundener Spalten erhält, die von verdickten Chitinlippen umzogen sind. Einige Forscher haben sich auch durch dieses Ansehen täuschen lassen; auf Schnitten (Fig. 103) kann man sich indessen überzeugen, dass diese Bildungen nach innen in den Blutsinus vorspringenden Chitinwülsten entsprechen, die ohne Zweifel dazu dienen, dessen Wände zu spreizen und den Sinus gegen Druck offen zu erhalten. Die von der Oeffnung des Stigmas aus nach innen eingefaltete Chitinlamelle, welche die hintere Wand der Lungenhöhle bildet (e, Fig. 103), zeigt unter geringen Vergrösserungen ein rauhes An- sehen, als wäre sie mit feinen Zähuchen besetzt. Unter starken Ver- grösserungen (Ä, Fig. 104) sehen diese Zähnchen wie Zwergbäumchen aus, welche auf einem einfachen Stamme zahlreiche, nach allen Rich- tungen sich ausdehnende Aeste tragen , die zuweilen mit ihren Enden verschmelzen. Aehnliche Bildungen finden sich , wenn auch weit weniger entwickelt, auf der Vorderlippe des Stigmas. Auf dem ganzen Fi^. 104. A B Epeira diadema. — Einzelheiten des Athemapparates. Yerick, Oc. 3, Obj. 7. Camera lucida. A , baumartige Besetzungen der Hinterwand der Lungenhölile. B, Längs- schnitte der freien Enden zweier Lungeublättchen. a, dorsale , mit verzweigten Haaren besetzte Lamelle ; b, glatte, ventrale Lamelle ; c, Vereinigung beider Lamellen am freien Ende ; fZ, Blutsinus im Inneren des Blättchens ; e, quere Verbindungsbrücke der beiden Lamellen. übrigen Umfange der Lungenhöhle sind die einfassenden Chitin - lamellen einfach , nur an der Decke sieht man einige unbedeutende Hervorragungen (/, Fig. 103), welche zwischen die umgebenden Ein- geweide eingreifen. Etwa zwei Drittel des Raumes der Lungenhöhle werden von etwa fünfzig horizontal über einander gelagerten Lungenblättern ein- genommen, welche mit ihren vorderen und seitlichen Rändern an den Wandungen der Höhle befestigt und nur an ihrem hinteren, quer ab- geschnittenen Rande frei sind und hier in die Lungenhöhle hinein- ragen. Diese ist nur in ihrem hinteren Drittel leer, mit Ausnahme einer Art Vorkammer auf der Unterfläche, wo die Lungenblätter den Boden nicht berühren (A;, Fig. 103). Schnitte, welche diese Vorkammer getroffen haben, zeigen häufig die Lungenblätter durch den Druck des Vogt u. Yung, prakt. versfl. Anritomie. II. 25 226 Arthropoden. Messers etwas aus einander gezerrt, wie dies auf unserem Schnitte ge- schehen ist. Die histologische Structur der Lungenblätter ist nicht ganz ein- fach. Jedes Blättchen besteht aus zwei sehr feinen, parallelen Lamellen chitinöser Natur, in welchen man keine Zellenstructur erkennen kann. Am hinteren freien Ende des Blattes gehen diese beiden Lamellen in einander über. Die dorsale Lamelle trägt auf ihrer fi'eien Oberfläche eine Unzahl kleiner, verästelter Härchen, deren Zweige sich berühren und mit einander verfilzen. Die ventrale Lamelle dagegen ist voll- kommen glatt. Diese nur auf der Decklamelle entwickelten Härchen verhindern ohne Zweifel das Ankleben der über einander geschichteten Lungenblätter und sichern so die Circulation der Luft zwischen den- selben. Die beiden Lamellen werden durch Pfeiler gestützt, die hier und da ohne Regel entwickelt und bei der Anlage an die Lamellen etwas verdickt sind. So wird zwischen den beiden Lamellen ein stets often gehaltener, sehr platter Blutraum hergestellt, der die ganze Aus- dehnung des Lungenblattes einnimmt und in dem man auf allen Prä- paraten und Schnitten Häufchen geronnenen Blutes sieht. Die Musculatur der Lungen ist äusserst einfach. Li der Hinter- lippe des Stigmas sieht man einen kurzen Rückzieher, der dem Tegu- mente unmittelbar aufliegt und sich weiter hinten an dasselbe ansetzt. An die dorsale "Wand der Lungenhöhle setzt sich ein anderer, von der Sehne des abdominalen Längsmuskels ausgehender, kleiner Muskel an. Endlich findet sich noch ein über die Rückenwand gespannter Quer-, muskel, der mit derselben Sehne in Beziehung steht. Die Tracheen der Kreuzspinne (a, &, Fig. 109) bestehen aus vier geraden, sehr feinen und zarten Röhi-en, welche aus einem centralen Sacke entspringen, der unmittelbar vor den vorderen Spinnwarzen und dem Chitindorne liegt, welcher vorn in der Mittellinie das Spinnfeld stützt. Das Stigma, welches in diesen Sack führt, ist ein enger, ziem- lich langer Querspalt, den man nur mit Mühe zwischen den Runzeln des Chitinwalles auffinden kann, welcher das Spinnfeld umgiebt. Man kann an dem Sacke einen Mitteltheil in Gestalt einer zweispitzigen Pyramide unterscheiden , deren Spitzen sich in die beiden mittleren Tracheen fortsetzen (rt, Fig. 109) und zwei Seitenflügel, von welchen die seitlichen Tracheen (&) ausgehen, die an ihrer Basis die Form einer etwas bauchigen Posaune haben und deren Oeffnungen in den Sack von zwei ziemlich starken, an ihren Enden knopfartig verdickten Chitinstützen umgeben sind, die mit einander eingelenkt zu sein scheinen. Der Sack mit seinen Seitenflügeln ist stark von oben nach unten ab- geplattet, während die Tracheen selbst einen runden Durchschnitt zeigen. Die vier unmittelbar dem Tegumente anliegenden Röhren ver- laufen in gerader Richtung, etwas divergirend, nach vorn und lassen Aracliniden. 227 sich bis in die Nälie der Lungen verfolgen , wo sie blind zu enden scheinen. Wir haben auf ihrem ganzen Verlaufe keine Verästelungen oder Nebenzweige entdecken können ; sie sind überall dieselben ein- förmigen Röhren. Die Tracheen bestehen grösstentheils aus chitinösen Elementen. Nach Mac Leod, dessen Arbeit (siehe Literatur) wir nicht genug zu genauerem Studium empfehlen können , besteht die Wand der Tra- cheen aus einer inneren und einer äusseren Chitinschicht, zwischen welchen eine chitinogene Zellenschicht sich befindet. Die innere Chitin- schicht, die nur eine Fortsetzung der äusseren sein soll , zeigt auf der Innenfläche der Röhren wie des Sackes eine Menge feiner, rauher Vor- sprünge, die in den äusseren Tracheen stärker entwickelt sind und an deren Enden fast stachelartig werden. — Au die Chitiustützen der Seitenöffuungeu, von welchen oben die Rede war, heften sich einige feine Muskelbündel, die sich mit ihrem anderen Ende an das Tegu- ment ansetzen. Kreislaufsorgane. — Das Herz ()u, Fig. 9(3) ist ein im Ab- domen gelegenes conisches Rohr, das von dem Darme, über welchem es verläuft, nur durch eine unbedeutende Schicht von Leberläppchen getrennt ist. Es wird durchaus , auch auf seiner oberen Fläche, von der Leber umhüllt und liegt dem Tegumeute nicht unmittelbar an , wie dies bei den meisten Arthropoden der Fall ist. Seine vor- dere Hälfte erscheint bauchig erweitert; nach hinten verschmälert es sich allmählich und endet spitz , indem es in einige feine Gefässe ausläuft. In der Gegend der dorso- ventralen Muskeln biegt es in einem scharfen, nach vorn convexen Bogen nach unten, um in den Bauchstiel einzutreten und ist auf dieser verticalen Krümmung von den beiden genannten Muskeln eingefasst. In dem Bauchstiele selbst verminderet sich der Durchmesser bedeutend zu einem Gefässe , der Kopfbrust - Aorta , deren Verzweigung uns später beschäftigen wird. Auch von den im Hiuterleibe abgehenden Gefässen wird dann die Rede sein. Betrachtet man das Herz in seiner normalen Lage von oben nach Wegnahme der es bedeckenden Lebermassen, so sieht man auf der Höhe der Seitenflächen drei Paare warzenartiger Hervorragungen, von welchen das erste Paar auf dem Gipfel der Bogenkrümmung, die beiden anderen in dem hinteren Drittel des Herzens angebracht sind. Jedes dieser Wärzchen zeigt auf dem Gipfel eine, innen von winzigen, halb- mondförmigen Klappen eingefasste Spaltöffnung, durch welche diis Blut aus dem Pericardialsinus in das Herz übertritt, um dann durch die Pulsationen in die Gefässe getrieben zu werden. In der That liegt das Herz in einem , von einem Herzbeutel (e, Fig. 105 a. f. S.) gebildeten Hohlräume (/) iind das Pericardium selbst ist seinerseits von einem Lacunenraume (d) umgeben, der von den 15* 228 Arthropoden. Fie;. 105. Lebermassen umhüllt wird. Namentlich auf Längsschnitten zeigen sich diese Verhältnisse in der Art, wie wir sie in Fig. 105 dargestellt haben. Zuweilen ist dieser meist weite Lacunenraura durch die Lebermassen sehr eingeengt, so dass diese das Pericardium fast un- mittelbar berühren. Die Membran, welche den Herzbeiitel bildet, ist äusserst fein, zeigt aber hier und da einige längliche Kerne. Auch sieht man an einzelnen Stellen feine, zuweilen in Bündel vereinigte Fäserchen (i), welche von der Muskelhaut des Herzens ausgehen, die Pcricardialhöhle durchsetzen und theils sich an dem Tegumente inseriren, theils zwischen den Leberläppchen verlieren. Einzelne Fasern vom Pericardium selbst gesellen sich oft zu ihnen. Auf in verschiedenen Richtungen gelegten Schnitten kann man sich überzeugen , dass die Wand des Herzens aus vier verschiedenen Schichten besteht, einer äusseren Hüllhaut, einer Längsmuskelschicht, einer Schicht von Kreis- muskelfasern und einer inneren Auskleide- schicht. Die äussere Hüllhaut besteht aus Bindege- websfasern mit zerstreu- ten, länglichen Kernen. Die Längsmuskelschicht ist sehr dünn, aber con- tinuirlich; sie sendet einige Fasern nach innen. Die Kreismus- keln dagegen bilden eine mächtige Schicht, die sich bei grossen Exemplaren sogar mit blossen Augen erkennen lässt. Die Muskelfasern sind quergestreift und zu Bündeln vereinigt, die wie Reifen um das Herz sich in kleinen Abständen schmiegen. An den drei Paaren von Wärzchen, die oben erwähnt wurden, weichen diese Querbündel aus einander und bilden so die knopflochartigen Oeffnungen, durch welche das Blut einströmt. Streifende Längsschnitte A. Epeira diadema. — Stück eines Längsschnittes des Her- zens. Verick, Oc. 0, Obj. 3. Camera liicida. Auf der linken Seite der Figur hat der Schnitt die Quer- muskeln in ihrer ganzen Erstreckung blossgelegt, wäh- rend er auf der rechten Seite sie tiefer getroffen und so das mascheuartige Aussehen einiger Stellen be- wirkt hat. a, Rückentegument ; b, Pigment; c, Leber; d, Lacuneuraum ; e, Herzbeutelwand ; /, Pericardial- sinus, mit geronnenem Blute gefüllt; g, Längsmuskel- schicht des Herzens ; h. Kreismuskeln ; h^, Stellen mit maschigem Ansehen ; l, vom Herzen ausgehende Muskel- fasern, die sich bei k an das Tegument anheften. Arachnideii. 229 des Herzens lassen weite Zwischenräume zwischen einzelnen Quer- bündeln gewahren, die ein maschiges iiusehen haben, deren Xetzgewebe mit den Längsmuskelfasern zusammenhtängt. In den Maschen selbst findet sich geronnenes Blut. Dieses Ansehen, welches Anfänger täuschen könnte, ist offenbar durch Runzelungen der Herzwand bedingt, wo- durch die verschiedenen Schichten der Muskeln nicht in gleicher Höhe getroffen werden. Die innere Auskleidungsschicht ist äusserst fein und kaum zu erkennen. Das Herz wird in seiner Lage durch Flügelrauskeln erhalten, die man leicht auf Querschnitten des Abdomens zur Anschauung bringen kann. Sie sind von dreieckiger Form und inseriren sich einerseits an die oberen Seitenränder des Herzens, anderseits an das Tegu- ment. Die Untersuchung des peripherischen Gefässsystemes wird besonders im Hinterleibe sehr durch den Umstand erschwert,,.|dass hier die Gefässe sehr zarte Wandungen besitzen , sich in den weichen Organen, besonders der Leber, vei'lieren oder bald in Lacunenräume mit unbestimmten Grenzen übergehen. Die Arterien im Cepbalothorax lassen sich dagegen weit leichter auf Schnitten verfolgen. Wenn das arterielle System in Folge der Localisirung der Athemorgane weit ausgebildeter ist, als bei den Insecten, so lässt sich anderseits nicht leugnen, dass das Venensystem sowohl durch die allgemeine Körper- höhle wie durch Lückenräume zwischen den Organen und Geweben ersetzt ist. Bei sehr jungen, noch durchsichtigen Spinnen kann man, wenn auch nicht ganz vollständig, die Richtungen der Blutströme unter dem Mikroskope verfolgen. Das Blut selbst ist farblos; es enthält grössere, helle und runde Zellen in geringer Menge i;nd viele amöboide Körper- chen, deren Protoplasma mit zahlreichen dunklen Granulationen erfüllt ist, die sich lebhaft färben. Die Kopfbrustaorta (n, Fig. 93) ist nur die Fortsetzung des Herziohres nach vorn; sie hat anfangs dieselbe^histologische Structur, aber keine Seitenöffnungeu. Der Oberfläche des Darmrohres eng an- liegend, durchsetzt sie den Bauchstiel, theilweise von der Sehnenplatte bedeckt und giebt auf diesem Verlaufe einige feine Zweige ab, die sich in den hinteren'^Muskeln des Cepbalothorax verästeln. So gelangt sie, stets dem Darme folgend, bis zum Saiigmagen , wo sie sich in zwei einander sehr genäherte Stämme (o, Fig. 93) theilt, die hinter der Ober- schlundmasse einen Bogen nach hinten und unten schlagen und auf der Unterschlundmasse weiter nach hinten laufen. Von der Spitze des Bogens gehen mehrfache Zweige, die Kopfarterien (p), aus, die zwischen den Giftsäcken nach vorn in den Cephalothorax dringen und die sämmtlichen dort gelegenen Theile, Augen, Schnabel, Kiefer und Cheli- ceren, mit ihren Muskeln versorgen. 230 Artliropoclen. Die beiden Aortenbogen laufen, sobald sie auf der Unterschlund- masse angelangt sind, parallel zur Mittellinie nach hinten (q) und folgen, stets dünner werdend, den beiden von der Masse nach hinten ab- gehenden Bauchnerven bis zum Bauchstiele. Auf diesem Verlaufe geben sie von ihrem Aussenrande die Fussarterien (r) ab, die sich eng an die Nerven der Beine anschmiegen und mit diesen in die Beine etwa bis zur Hälfte des dritten Gliedes vordringen. Die Unterschlundmasse erhält keine Zweige von den Aortenbogen, sondern besitzt eine eigene, unpaare, rücklaufende Arterie (s) , welche genau in der Mittellinie auf der Masse nach hinten läuft und senk- rechte Zweige abgiebt, welche die Nervenmasse durchbohren (e, Fig. 97) und in den Scheidewänden derselben sich verzweigen. Diese unpaare Arterie sendet zugleich einen Stamm nach vorn , der unter dem Schlünde verläuft und zu der Unterlippe und den ventralen Darm- blindsäcken Zweige abgiebt. Nach Claparede, dessen an jungen durchsichtigen Lycosen an- gestellte Beobachtungen (s. Literatur) auch für Epeira gelten können, haben alle genannten Arterien eigene Wände, ergiessen aber schliess- lich das Blut in Lückenräume zwischen den Organen, wo es in be- stimmten Bahnen kreist und schliesslich sich in zwei Hauptlacunen, eine ventrale und eine dorsale, sammelt, die in den Bauchstiel ein- gehen und dann sich in einen grossen, an der Basis des Hinterleibes angebrachten Sinus ergiessen. In den Beinen behält die im Centrum verlaufende Arterie ihre eigenen Wandungen etwa bis zur Hälfte des dritten Gliedes und ist soweit überall vom venösen Strome umgeben. Von dem angegebenen Punkte an verschwinden aber die Wandungen und der arterielle Strom verläuft auf der Beugeseite, der venöse auf der Streckseite des Beines , wo auch die bei den Tegumenten (S. 206) erwähnten Spalten angebracht sind. Beide Ströme sind durch eine sehr feine , structurlose Membran getrennt , die an bestimmten Orten kleine Oeffnungen vom Durchmesser eines Blutkörperchens hat, wo- durch diese schlüpfen- (Für Einzelheiten verweisen wir auf Cla- p a ]■ e d e.) Das Kreislaufsystem des Abdomens ist von demjenigen des Cephalothorax durch den Bauchstiel getrennt und unterscheidet sich durch den Umstand, dass alle Arterien, mit Ausnahme der Lungengefässe , direct vom Herzen ausgeben und paarweise sich in den Organen verzweigen. Sie lassen sich nur schwer verfolgen, weil sie äusserst dünnwandig sind, iinmittelbar in die braunen und weichen Leberlappen eintauchen und sich wahrscheinlich nach sehr kurzem Verlaufe in Lückenräume ergiessen. Man zählt drei bis vier Paare solcher seitlich abgehender Gefässe. Das Hinterende des Her- zens löst sich gewissermaassen in einen Pinsel feiner Gefässe auf, die unter spitzen Winkeln von verschiedenen Niveaus abgehen und zu den Arachniden. 231 Spinn Warzen und der Cloake ausstrahlen. Zwischen diesen End- gefässen zeigt die Herzspitze eine Oeffnung, durch welche das Blut sich direct in eine Lacune ergiesst, die dorsal an der Basis der After- warze liegt. Der Lungenkreislauf gestaltet sich in eigenthümlicher "Weise. Unter der Lupe wie auf Schnitten kann man die Existenz zweier ziem- lich ansehnlicher Gefässe nachweisen , die nahe an der Krümmung der Aorta entspringen und der Wölbung der Tegumente folgend sich in einen weiten Sinus ergiessen, der die Lungen überall an den Ansätzen der Lungenblätter umgiebt. Wir haben bei Behandlung der Lungen den oberen und unteren Theil dieses Sinus beschrieben und abgebildet (Fig. 103) und gezeigt, dass der letztere durch eigenthümliche Pfeiler vom Tegumente aus stets oflPen gehalten wird. Nun setzt sich, nach Claparede, der Endsinus, in welchen die hintere Herzspitze sich öffnet, in zwei Längssiuus fort, die unmittelbar auf den Längsmuskeln des Bauches liegen und in welchen das Blut von hinten nach vorn strömt. Am hinteren und inneren Winkel der Lungen trifft dieser Strom auf einen anderen, der in entgegengesetzter Richtung von vorn nach hinten läuft. Beide Ströme vereinigen sich in einem queren Sinus, der den hinteren Lungenrand umgiebt und mit dem den äusseren Lungenrand umgebenden Sinus sich vereinigt. Dieser laterale Sinus biegt im Winkel nach oben um und öffnet sich in den Pericardialsinus in der Nähe des ersten Paares der seitlichen Herzöffuungen. Die Lunge taucht mithin auf dem ganzen Umfange der Anheftungen ihrer Blätter in diese Hohlräume, die ein zusammenhängendes Ganzes bilden und fast alles im Körper circulirende Blut kreist durch diese Hohl- räume und die Lungenblätter, die nur hohle Anhänge derselben dar- stellen. Der Spinnapparat. A. Aeussere Theile. — Um die Be- schaffenheit der äusseren Theile des Spinnapparates zu untersuchen, wird man sich mit Vortheil der Behandlung mit Aetzkali bedienen und jüngere Thiere wählen , bei welchen die Haare und Spinnröhren weniger zahlreich sind und das Pigment weniger dunkel ist, als bei den erwachsenen Individuen. Wir sagten schon (S. 199), dass das Afterfeld (Fig. 106, a. f. S.) die sechs Spinnwarzen und die Afterwarze einschliesst. Man muss aber den Schüler auf den Umstand aufmerksam machen , dass er in den meisten Fällen im Ruhezustande und ohne vorgängige Behandlung, sowohl bei der Profil- wie bei der Flächenansicht nur vier Spinnwarzen, die vorderen und die hinteren, sowie die After- warze sehen wird. Diese fünf Theile krümmen sich in der That so gegen die Mitte des Feldes zusammen , dass sie die tiefer und der Mittellinie näher gelagerten mittleren Spinnwarzen gänzlich ver- decken. 232 Arthropoden. Das Afterfeld ist in seinem ganzen Umfange von einem etwas verdickten Cliitinringe des Tegumentes umgeben (J?, Fig. 106). In diesem Ringe sieht man vorn in der Mittellinie zwei besondere Bil- dungen: einen starken inneren Stachel (A) , der mit seiner kurzen Spitze in die Leibeshöhle vorspringt und in dem Raiime zwischen den Basen der vorderen Spinnwarzen , ein scheinbar in der Mitte durch- löchertes rundliches Schildchen (C). In der Flächenansicht erscheint es wie eine von der Leibeshöhle her eingetiefte Untertasse mit starken Chitinrändern, die in der Mitte einen hellen herzförmigen Fleck zeigt, in dessen beiden Elcken zwei starke Stachelhaare stehen. In der Profilansicht sieht man, dass es eine vorspringende, kurze und etwas spitzige Warze ist, die einige Haare trägt. Da diese Warze genau Fig. 106. Epelra diadema. — Das Afterfeld eines Weibchens, von der Bauchfläche aus gesehen. Gundlach, Oc. 1, Obj. 2. Camera clara. Kalipräparat. A, Stützstachel; B, Rand- wall des Feldes; C, rudimentäres Cribellum ; D, vordere, E, mittlere, F, hintere Spinnwarzen; G', Afterwarze, o, Basis der vorderen Spinnwarze; 6, unterer heller Ring ders.elben ; c, chitinöser Halbring in diesem Ringe; d, oberer heller Ring; e, oberer Chitinring;/, Gipfel mit dem Spinnfelde ; g, Basis der mittleren Spinnwarze ; ä, heller Ring; i, Spiunfeld desselben; k, Basis der hinteren Spinnwarze; l, heller Ring; m, oberer Chitinring; ?i, Spinnfeld desselben; o, äusserer unterer Chitinring der Basis der Afterwarze; p, innerer Ring; q, unterer heller Ring; r, oberer Chitinring; s, oberer heller Ring ; t, Endwärzchen der Afterwarze. denselben Platz einnimmt, wo sich bei anderen Spinnen eine sieb- förmige Platte, das sogenannte Cribellum, befindet, welches durch Tausende von feinen Löchlein einen feinen Seidenfilz, wohl zum Schutze Arachiiiden. 233. der Eier, absondert, so stehen wir nicht an, in dieser Warze eine dem Cribellum homologe Biklung, eine verkümmerte Spinnwarze zu er- blicken, die aber freilich weder Splnnrölirchen noch Spinnporen ge- wahren lässt. Die vorderen (D, Fig. 106) und hinteren (F) Spinnwarzen sind nach demselben Grundplane gebaut. Es sind kurze, an der Spitze ab- gerundete schiefe Kegel, welche von abwechselnden Chitinringen gebildet sind, die einen hart, mit dicken geriefelten Wänden und zahlreichen Haaren, die zwischen diesen liegenden Ringe weich, dünn und haarlos. Der Grundring der vorderen Warze (a) ist, wie die ganze Warze, höher und breiter als derjenige der hinteren Warze (/j) ; dagegen ist der Endring der hinteren Warze (l) nach aussen hin breiter als derjenige der vorderen Warze (e) , da die hintere Warze schiefer abgestutzt ist. Der untere helle Ring der vorderen Warze (b) ist sehr breit und in seinem äusseren Umfange von einer sehr starken , aber schmalen Chitinspange (c) gestützt, die eine Reihe meist hakenförmig gekrümmter Borsten trägt; diese Spange fehlt in dem unteren hellen Ringe der hinteren Spinnwarze (Z). Der obei'e , dunkle Chitinring der beiden Warzen ist von dem Spinnfelde durch einen zweiten hellen Ring ge- trennt, der bei der vorderen Spiunwarze ziemlich breit (d) , bei der hinteren aber nur wenig ausgebildet ist. Bemerkenswerth ist, dass die Afterwarze (G-, Fig. 106) genau nach demselben Plane gebaut ist. Wir finden an ihr die beiden harten, geriefelten, mit Haaren besetzten, dunklen Ringe (o, jJ, r) und die beiden hellen Zwischenringe (q, s); jedoch ist der Basalring in zwei concentrische Ringe (o, ])) gespalten und statt des terminalen Spinn- feldes findet sich ein harter, mit starken Haaren besetzter, chitinöser Endhügel (t). Die mittleren Spiunwarzen (E, Fig. 106) sind anders ge- staltet. Im turgescirenden Zustande bilden sie zwei dünne Kegel mit chitinöser Basis, aber ohne weitere Chitinringe. Man sieht sie aber selten in diesem Zustande; meist liegen sie in dem von den anderen Bildungen frei gelassenen Räume platt auf der Haut mit ihren Spitzen nach hinten, so dass sie bei der Flächenansicht wie zwei Dreiecke sich darstellen , deren innere Seiten sich berühren. In dieser von uns ge- zeichneten Lage ist das Spinnfeld fast ganz auf die untere Bauch- fläche gedreht, während es im Turgor gegen die Mittellinie ge- richtet ist. Die Spinnfelder zeigen sehr verschiedene Anordnungen, welche von Buchholz und Landois genau beschi'ieben worden sind (siehe Literatur). Das Spinnfeld der vorderen Warzen (/, Fig. 106) ist beinahe kreisförmig, in der Mitte etwas gewölbt und so auf die Spitze der Warze gestellt, dass es bei der Flächenansicht fast vollständig zur 234 Arthropoden. Anschauung kommt. Sehr kurze Spinnröhrchen , 60 bis 70 an der Zahl, stehen auf diesem Felde in regelmässiger Anordnung nach Linien, die radienartig vom Mittelpunkte ausgehen. Auf der Innen- seite zeigt das Feld einen kleinen Ausschnitt, der in den oberen dunklen Ring eingekerbt ist und in dieser Kerbe steht ein mächtiger Spinn- kegel mit chitinöser, verdickter Basis, neben welchem wir stets einen gleich gestalteten, aber weit kleineren Ersatzkegel sehen. Auf Prä- paraten, die nicht zu lange in Aetzkali gelegen haben, kann man leicht den Ausführungsgang einer cylindvischen Drüse verfolgen, Fig. 107. Epeira diadema. — Linke mittlere Spinnwarze , von der ventralen Fläche gesehen. Kalipräparat. Gund- lach, Oc. 1, Obj. IV. Camera dura. A, vorderer Rand der angehefteten Basis ; B, äusserer Rand ; C, innerer Rand , der sich an den entsprechenden der gegenüberstehenden Warze anlegt ; D, Gipfel der Warze, a, Fiederhaare auf demselben ; h, Ersatzkegel ; c, hin- terer Spinnkegel '; d, grosser mittlerer Spinnkegel; e, kurze und dicke Spinnröhren , in Papillen über- gehend; /, Mittelfeld mit dünnen, aber kurzen Spinn- röhrchen; f/, Spitzen der langen Spinnröhrchen; h, geschlossene Reihen sehr langer Spinnröhrchen. welche in diesem Spinn- kegel endet. Der Gang läuft längs der band- artigen Sehne eines grossen, in der Basis der Spinnwarze gelege- nen Muskels, der durch seine Zusamraenziehung die Warze nach hinten und innen beugt, so dass sie diejenige der anderen Seite berührt. Die ganze ventrale Fläche der mittleren Spinnwarzen (Fig. 107) bildet nur ein fast dreieckiges Feld, das mit einer grossen An- zahl von Spinnröhrchen, etwa 150 nach Buch- h 0 1 z und L a n d o i s , bedeckt ist, zwischen welchen wir nur zwei iso- lirte Spinnkegel unter- scheiden konnten. Die auf dem Umkreise des Feldes sitzenden Röhr- chen sind sehr lang, dünn und mit ihren lan- gen und spitzen Enden gegen die Mitte des Feldes gerichtet, wo die Röhren kürzer werden und nicht so gedrängt stehen. Die nach hinten gerichtete Spitze der Warze trägt keine Spinnröhrchen, wohl aber einige gefiederte Haare. Arachniden. 235 Etwas rückwärts vom Ende steht, noch von einzelnen Röhrchen um- geben, ein grosser Spinnkegel (d) mit stark chitinöser Basis und nach unten gerichteter Spitze, in welchen der Ausführungsgang einer baum- förmigen Drüse mündet, dessen Verlauf man selbst auf Kalipräparaten leicht verfolgen kann. Am inneren Rande der Warzenspitze sieht man einen kleineren Kegel (c) mit einem winzigen Ersatzkegel an der Basis (b). Wir haben hier nicht, wie Buch holz und Landois, zwei gleich grosse Spinnkegel sehen können , wohl aber finden wir, vor dem grossen Kegel, zwei grössere Spinni'öhren , die kurz und dick sind (e), eine Uebergangsform zwischen Kegeln und Röhren darstellen und in welche cylindrische Drüsen münden. Um das Spinnfeld der hinter en War ze (Fig. 108) ganz über- schauen zu können , muss man sie in Dreiviertelstellung beobachten, Fig. 108. e e-^ e-' A- Epeira diudema. — Rechte hintere Spinnwarze , von der Innenfläche gesehen. Kali- präparat. G und lach, Obj. 1, Oc. V. Camera dara. A, YorJerrand; B, Hinter- rand ; C, Gipfel mit einem Ersatzkegel, a, b, c, drei am Vorderrand stehende Spinn- kegel mit abgestumpfter Spitze; c^ Ausführungsgang, der in einem der Kegel endet; d, Spinnkegel am Rande mit lans^r Spitze; e, grosser Spinnkegel nahe am hinteren Rande ; e^, seine Spitze ; e^, Basalstiel ; e^, Einsetzungsring der Basis ; e*, in den Kegel mündender Ausführungsgang ; /, Spinnpapillen ; g, bei den Erwachsenen mit langen Spinnröhren besetzter Raum ; //, punktirte Linie , welche die Grenze dieses Raumes gegen die Basis der Spinnwarze hin ungefähr umschreibt. wie unsere Zeichnung sie giebt. Man sieht dann freilich nur das Spinnfeld der einen Warze und von der gegenüberstehenden nur die chitinöse, stark behaarte Ausseufläche. Das Spinnfeld selbst ist keil- förmig zugeschnitten und nur auf der Innenfläche entwickelt, die im 236 Arthropoden. Ruhezustande unmittelhar auf der mittleren Spinnwarze aufliegt. Man sieht auf diesem Felde Kegel, kurze und lange Spinnröhren. Letztere aber scheinen sich nur bei der letzten Häutung zu entwickeln. Wir haben wenigstens Kreuzspinnen gesehen , wo sie vollkommen fehlten, so dass man mit grosser Leichtigkeit die Anordnung der beiden anderen Elemente untersuchen konnte. Unsere Zeichnung (Fig. 108) stellt ein solches Feld dar. Wir haben den Raum , den die langen Spinn- röhrchen bei älteren Exemplaren einnehmen, mit einer punktirten Linie umgrenzt. Auf der Mitte des Feldes sieht man 19 kurze Spinnpapillen (/) mit breiter Basis, kurzer Spitze, die kaum so hoch ist als die Basis und dieser mit einem verdickten Ringe aufsitzt. Sie stehen etwas un- regelmässig in drei, der Axe des Spinnfeldes parallelen Reihen. Am vorderen Rande des Feldes stehen vier grosse Spinukegel, von welchen drei (a, b, c) eine kurze, etwas nach innen eingestülpte Spitze haben, während der dritte in der Reihe (d) eine sehr lange, feine Spitze zeigt. Nach Buch holz und Landois münden in diesen Kegel eine baum- förmige, in die anderen cylindrische Drüsen, deren Ausführungsgänge (c^) sich leicht verfolgen lassen. Hinter den Spinnpapillen, nahe am Rande der Warze, findet sich ein enorm grosser Spinnkegel (e) mit umfassender Kegelbasis (e^) und stumpfer Spitze (e^) , in welchen der weite Ausführungsgang (e^) einer cylindrischen Drüse mündet. In dieser Weise stellt sich das Spinufeld bei Exemplaren dar, welche noch nicht die letzte Mauser überstanden haben. Aber bei den alten Kreuzspinnen findet sich noch ein wahrer Wald von langen Spiunröhren, denjenigen der mittleren Spiunwarzen ähnlich, welche nicht nur den auf der Figur umschriebenen Raum (]i) , sondern auch den Platz zwischen den Papillen und dem Rande der Warze {g) so dicht besetzen , dass man den grossen hinteren Spinnkegel e kaum herausfinden kann. Wir machen ganz besonders auf diesen Unter- schied zwischen jüngeren und älteren Individuen aufmerksam, den wir auf zahlreichen Exemplaren , die alle in derselben Weise behandelt waren, constatiren konnten. Buchholz und Landois unterscheiden drei Arten äusserer Spinnwerkzeuge, die langen Spinniöhrcheu, die kurzen, die wir Spinn- papillen genannt haben, und die Spinnkegel oder Spinnzapfen. Man kann diese Eintheilung wohl annehmen , aber immerhin mit der Ein- schränkung, dass Uebergänge zwischen diesen verschiedenen Bildungen vorkommen. Die Spinn röhren, die man, wie gesagt, auf den mittleren und hinteren Warzen antrifft, sind wie alle anderen aus zwei Theilen, einer Basis und einer Spitze zusammengesetzt. Der Basaltheil gleicht einem Glasröhrchen mit dicken Wänden; man sieht in ihm die Fortsetzung Aracliniden. 237 eines Ausführungsganges einer birnförmigen Drüse. Das Röhrchen endet plötzlich ringförmig abgeschnitten und trägt auf dem etwas ein- geschlagenen Ringe die feine Endspitze, deren Höhlung die Fort- setzung des.Drüsenganges ist, der mit einem kaum erkenntlichen Löch- lein auf der Spitze endet. Das Basalröhrchen kann sich aber be- deutend verkürzen und in der Mitte des Spinnfeldes der mittleren Warze findet man solche Röhrchen , die zu einem Ringe geschwunden sind. Wenn dieser Ring sich etwas verbreitert und einen abgestumpften Kegel bildet, so haben wir die Spinnpapillen, wie sie sich auf der vorderen und im Centrum des Spinnfeldes der hinteren Warze finden. Die abgestumpfte Kegelbasis ist am distalen Ende etwas nach innen eingebogen und auf diesem Riugkragen sitzt die oft leicht gekrümmte Spitze, die auf den Röhrchen stets gerade ist. Man sieht auf dem Ende der mittleren Spinnwarze hier und da Bildungen, welche eine Mittelform zwischen Röhren und Papillen darstellen. Die Kegel zeigen eine den Papillen ähnliche, aber weiter ent- wickelte Strtictur. Ein abgestumpfter, sehr dicker Kegel bildet die Basis; der distale Ringkragen ist nach innen eingestülpt und bildet so einen beutelartigen Fang für die massive Basis der Spitze, welche meist distal abgestutzt scheint. Mit Immersionslinsen glauben wir gesehen zu haben, dass die Spitze sich nach innen einstülpt. Wir glauben deshalb , dass die einzelnen Theile des Spinnkegels, etwa wie die Theile eines Fernrohres, in einander geschoben werden können, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, die Spitze in ihren Hohlraum und der ganze Endtheil in den basalen Kegel, Wir zählen auf jeder vorderen Spinnwarze einen Kegel, je zwei auf jeder mittleren, je vier auf jeder hinteren Spinnwarze, also 14 im Ganzen, in welche sich die Ausführungsgänge der baumartigen und cylindrischen Drüsen vertheilen. Die anderen Bildungen, Röhrchen und Papillen, nehmen die Gänge der birnförmigen Drüsen auf. Wir haben an den Ersatzkegeln auf den vorderen und mittleren Spinn- warzen keine sich zu ihnen begebende Ausführungsgänge entdecken können. B. Innere Theile (Fig. 109 a. f. S.). — Die Spinndrüsen bilden einen bedeutenden Theil der Eingeweide des Bauches. Sie füllen fast gänzlich den Raum zwischen dem Tegumente der Unterfläche und den grossen Längsmuskeln, erstrecken sich bis in die Nähe des Bauch- stieles und verknäueln sich in fast unentwirrbarer Weise. Buchholz und Landois haben sie sehr genau untersucht (1. c). Wir unter- scheiden mit ihnen drei Arten von Spinndrüsen. Die birnförmigen Drüsen (Glandulae aciniforuies, H.Meckel) (k, 7, m, Fig. 109) bilden jederseits drei Packete, eines für jede Spinn- warze. Sie sind in der That biruförmig, am distalen Ende abgerundet 238 Arthropoden. Fm. 109. E]jeira diadema. — Gesammtpräparat der Spinndrüsen und der Tracheen. G u n d - lach, Oc. 1, Obj. 00. Combinirte Figur, welche die Organe von der ventralen Seite her zeigt. Man hat nur das Tegument des Aft^rfeldes belassen und die inneren Organe ausgebreitet. Um den Ueberblick zu erleichtern, hat man auf der rechten Seite nur die cylindrischen und birnförmigen Drüsen gezeichnet, die Packete der letz- teren nur angedeutet und die Spinnwarzen dieser Seite ausgeführt. Linkerseits sind nur drei baumförmige Drüsen vollständig und von zweien nur die Ansführungsgänge dargestellt und die Spinnwarzen nur durch Conturen angedeutet. a , mittleres Tracheenpaar ; 6, seitliches Tracheenpaar ; c, Tracheenvorhof mit seinen seitlichen Chitinstützen und der Oeffnung in Form einer Quersjialte ; cZ, Chitiudorn ; e, Warze (rudimentäres Cribellum); /, vordere Spinnwarzen; g, mittlere; ä, hintere; z, After- warze ; Ä-, vorderes Packet von birnförmigen Drüsen ; /, mittleres Packet ; m, hinteres Packet (alle diese Gruppen sind weit zahlreicher, aber um Verwirrung zu verhüten, hat man nur wenige Drüsen gezeichnet) ; n , der vorderen Spinnwarze angehörige Cylindei'drüse ; o, p, q, zu der mittleren und hinteren Spinnwarze gehörige Cylinder- drüsen ; r, baumförmige Drüsen ; r', Ausführungsgänge von zwei nicht dargestellten « baumförmicjen Di'üsen. Arachniden. 239 und gehen, sich zuspitzend, in einen sehr feinen Ausführungsgang über, der sich nach kurzem, meist geradem Verlaufe zu einer Spinnröhre oder Papille hegiebt. Die zu je einer Spinnwarze gehörenden Canäle, die eine feine Hülle haben, bilden zusammen ein Bündel. Der Drüsen- körper zeigt sich, je nach seiner Füllung, mehr oder minder ge- schwollen ; das relativ sehr mächtige Epithelium bildet eine Art Kappe um ihn, die mit scharfer Grenze an dem Ausführungsgange aufhört. Die Seide, welche die Höhle des Drüsenkörpers und den Gang ausfüllt, erscheint unter dem Mikroskope als ein homogener, stark lichtbrechen- der Stoff, Wir müssen hier den Anfänger vor einer Täuschung warnen, welcher er leicht verfallen kann. Das Epithelium löst sich sehr leicht von dem Drüsenkörper ab, von dem dann nur die Aus- füllung mit erhärteter Seide zurückbleibt. Ein solcher Abguss zeigt eine Menge kleiner, warziger Erhöhungen, welche beweisen, dass das Ei^ithelium auf seiner Innenseite entsprechende hohle Eindrücke zeigt. Diese Abgüsse haben oft eine verlängerte, cylindrische Form (einige solcher Abgüsse sind in dem hinteren Packete [m, Fig. 109] dar- gestellt) , wenn die Drüse nicht sehr voll war. Jedes Packet enthält bis zu hundert Drüsenkörper. Die cylindrischen Drüsen (», 0, }), q, Fig. 109) sind jeder- seits vier an der Zahl, je eine für die vordere und mittlere und zwei für die hintere Spinnwarze. Diese sehr langen und in ihrer distalen Hälfte weiten Röhren haben einen sehr gewundenen und unter sich verschlungenen Verlauf. Man kann keinen Schnitt durch den Hinterleib legen, ohne einige Schlingen derselben zu treffen. Sie be- ginnen mit einem abgerundeten blinden Ende, bleiben auf der grössten Strecke ihres Verlaufes cylindrisch und erweitern sich unmittelbar vor dem Uebergange in den Ausführungscan al zu einer meist spindel- förmigen Sammelblase , die je nach dem Grade der Füllung mit Seide mehr oder minder bauchig erscheint und zuweilen (n, Fig. 109) auf sich selbst gewunden erscheint. Wir haben diese Erweiterung stets vorgefunden, zuweilen aber so wenig entwickelt, dass die Röhre fast überall die gleiche Weite besass. Auch bei diesen Drüsen hört das Epithelium mit scharfer Grenze am Beginne des Ausführungsganges auf. Der Gang selbst zeigt eine auffallende Bildung. Er wird rasch sehr eng, zeigt sich nur von einer feinen Haut umgeben und steigt, oft Schlingen bildend, zu der ihm zugetheilten Spinnwarze herab. In der Nähe derselben angelangt, bildet er immer in der- selben Hülle eine scharfe Schlinge, steigt wieder bis zum Drüsen- körper empor, schlägt sich aber dort von Neuem nach unten, um nun direct zur Spinuwarze zu gehen. Man sieht also auf dem grössten Theile der Erstreckung des unter geringen Vergrösserungen schein- bar einfachen x^usführungsganges drei Canäle in der gemeinschaft- lichen Hülle. 240 Arthropoden. Die bäum form igen oder lappigen Drüsen (r, r , Fig. 109) sind ziemlich voluminös und scheinen auf den ersten Blick sehr ab- weichend von den anderen gestaltet. Es finden sich fünf auf jeder Seite, eine für die mittlere, die vier anderen für die hintere Spinn- warze. Es sind gehäufte Drüsen mit hohlen Läppchen und secundären Ausbuchtungen, die sich um einen weiten Innenraum gruppiren, in welchem der Ausführungsgang plötzlich mit etwas trichterförmig erweitertem Eingange beginnt. Dieser ziemlich weite und geschlän- gelte Ausführungsgang ist auf seinem ganzen Verlaufe von einer Fort- setzung des Drüsenepitheliums umgeben, das einzelne Buckel und war- zige Erhöhungen bildet, die eine gelblichbraune Färbung zeigen. Durch diesen Ueberzug lassen sich die Ausführungsgänge der baum- förmigen Drüsen leicht unterscheiden. Wenn auch die Spinndrüsen hinsichtlich ihrer äusseren Gestaltung sehr verschieden sind, so zeigen sie doch viel Uebereinstimmung in Fig. 110. A B Epeira dladema. — Querschnitte der Wand einer cylindrischen Drüse. Leitz, Oc. 1, Obj. 7. Camera lucida. A, Füllungszustand; B, leerer Zustand, a, äussere Hüll- haut ; b, Zellenschicht ; c, Kerne ; d, innere Grenzmembran ; e, Tröpfchen, die Zellen füllend ; /, feinere Granulationen. ihrem inneren Bau. Man unterscheidet in ihren Wänden drei Schich- ten: eine sehr dünne, äussere Hülle (a, Fig. 110), in welcher man hier und da abgeplattete Kerne antrifft und dann eine mittlere Zellen- schicht von sehr wechselndem Ansehen und Dicke. Auf den distalen Enden der cylindrischen Drüsen ist die Schicht besonders mächtig, ebenso auf den birnförmigen, wenn ihre Form noch cylindrisch und ihre Innenhöhle noch nicht durch die Absonderung bauchig aufgetrieben ist. Meist ist diese Schicht mit kleinen , tropfenartigen Körperchen oder Bläschen von etwa gleichem Durchmesser, die sich lebhaft färben, so sehr überfüllt (J, Fig. 110), dass von einer weiteren Structur nichts zu erkennen ist. Doch stehen diese Tröpfchen meist in radienförmiger Arachniden. 241 Fig. 111. Anordnung von dem Centrum nach aussen, wo sie feiner werden. Wenn aber die Tröpfchen fehlen, so sieht man, dass die Mittelschicht (B, Fig. 110) aus sehr langen Zellen besteht, deren Grenzen sich sehr deutlich erkennen lassen; ihr Protoplasma ist dann feinkörnig und an dem inneren, der Drüsenhöhlung zugewendeten Ende liegt ein ovaler Kern, dessen grosse Axe derjenigen der Zelle parallel läuft. Die innere Auskleidung der Zellenhöhle (d, Fig. 110) ist chitinöser Natur und lässt keine weiteren Structurelemente erkennen. Man sieht oft in ihr die erwähnten Grübchen , welche durch den Absonderungsstoff aus- gegossen werden. In den birnförmigen Drüsen hört diese Chitinschicht in geringer Entfernung von dem Beginne des Ausführungsganges her auf. Man kann dies V^erhältniss leicht durch Behandlung mit einer schwachen Lösung von Aetzkali darthun, wodurch die äussere und mittlere Schicht aufgelöst wird und die innere in Gestalt eines Trich- ters übrig bleibt, der sich in den Ausführungs- canal fortsetzt. Solche Präparate ähneln einiger- niaassen einem nicht mit Aetzkali behandelten Ausführungsgange der baumförmigen Drüsen, wenn man von dessen Belag absieht, der aus Epithelialdrüsenzellen besteht, welche kleiner und runder sind, als die der eigentlichen Drüse und sich mit bräunlichen Körnchen gefüllt zeigen. H. Meckel (siehe Literatur) hatte noch knotige Drüsen erwähnt, die jederseits aus einem dicken , verästelten und hier und da knotig aufgetriebenen Stamme bestehen sollten. Buchholz und Landois leugnen die Exi- stenz dieses Drüsenpaares. Wir haben bei etwa fünfzig untersuchten Exemplaren eines gefun- den, wo ein Paar dicker, knotiger Röhren ohne Verästelungen sofort durch ihre Grösse und ihre schmutzig gelbbraune Farbe auffielen. Wir halten dieselben für pathologische Veränderun- gen cylindrischer Drüsen. Männliche Geschlechtsorgane. A. Innere Organe. — Die Hoden bilden zwei längliche, im vorderen Theile des Ab- domens zwischen dem Teguraente und den unteren Längsmuskeln des Bauches gelegene Säcke. Ihr hinteres blindes Ende hat die Form einer Keule und erstreckt sich etwa bis in das Drittel der Länge des Bauches. Die beiden, im Durchschnitte runden Säcke sind vollständig von einander getrennt, verlaufen parallel mit der Mittellinie nach vorn, indem sie sich allmählich verengern und gehen ohne bestimmte Grenze in die Samenleiter über, die bis in die Nähe der beiden Lungen- Vogt 11. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. IQ Epeira diudema. — Skizze der inneren männlichen Or- gane, achtfach vergrössert. a, Hoden; h-, Samenleiter; c, Sammeltasche ; d, deren Oeflfüunc!;. 242 Arthropoden. spalten sich erstrecken. Hier angekommen , biegen die beiden Canäle plötzlich in scharfem Bogen gegen die Mittellinie ein und vereinigen sich in einer flascheuförmigen, gemeinsamen Tasche, deren mit stark chitiuösen Lippen ausgestattete Oeffnung nach hinten gerichtet ist, während die Samengänge in den nach vorn gerichteten Boden der Sammeltasche münden. Ein querer Chitinwulst zieht sich von einer Lungenöffnung zur anderen über die Oeffnung hin. Man unterscheidet in der Wand des Hodens drei Schichten, von welchen zwei, die äussere und innere, stets sehr deutlich sind, während die mittlere, eine structurlose Lamelle, sich an vielen Stellen nicht erkennen lässt. Die äussere ist eine aus platten, schwach granulirten Zellen bestehende PeritonealhüUe; die innere Epithellalschicht zeigt grössere Zellen, die stellenweise mit Granulationen überfüllt sind. Nach Bertkau (siehe Literatur) kann man darin zwei Arten von Zellen unterscheiden: grosse helle Samenzellen mit einem Kerne, die vorzugsweise im blinden Ende des Sackes augehäuft sind und nach Schminkewitsch (siehe Literatur) zu gigantischen Zellen mit mehreren Kernen stellenweise anwachsen, und Körnchenzellen, die sich besonders in der Nähe des Ausganges des Sackes finden xind allein das Epithelium des Samenganges bilden. Nach Bertkau sind die Zoospermen stecknadelförmig mit kurzem Schwanzanhang. Der Muskelapparat der Sammeltasche lässt sich leicht auf Schnitten untersuchen; die Muskeln sind sehr klein und bestehen oft nur aus wenigen Fasern. Auf der Seite der Tasche befindet sich ein kurzer Muskel, der sich vor der Genitalsjjalte an das Tegument" ansetzt. An die beiden Lippen der Spalte setzen sich feine Bündel an ; die der oberen Lippe gehen vom Tegumente aus , die der hinteren Lippe verschmelzen mit den Bündeln des grossen Längsmuskels des Bauches. B. Begattungsorgane. Taster des Männchens (Fig. 112). — Wir brauchen auf die Taster des Weibchens nicht zurückzukommen, da sie bei der Begattung keine Rolle spielen. Wohl aber sind die Taster des Männchens zur Ueberführung des Samens in die weib- lichen Organe sehr bedeutend modificirt und verlangen demnach eine eingehendere Betrachtung. Man kann im Zweifel sein, ob diese Taster aus fünf oder sechs Gliedern bestehen. Bei den jungen Männchen , welche die letzte Mauser noch nicht bestanden haben, sind sie ebenso wie die weiblichen Taster deutlich aus sechs Gliedern gebildet (Fig. 91), deren letztes eine birnförmige Gestalt hat, an seiner Basis stark verdickt ist und an seiner Spitze plötzlich mit einem etwas gekrümmten Wärzchen endet, das keine Kralle trägt. Dieses Endglied ist rundum mit kurzen , ziemlich dicken Haaren besetzt und zeigt keine Spur jener complicirten Bil- dungen, welche, wie Bertkau (siehe Literatur) sehr klar auseinander- Arachniden. 243 gesetzt hat, erst mit der letzten Häutung auftreten. Diese Bildungen überwuchern aber die beiden letzten Glieder des Tasters in solcher Weise, dass man diese als ein Ganzes ansehen kann, das wir den Be- gattungsapparät nennen. Das Basalsegment des Tasters, welches am Thorax zwischen dem Kiefer und dem ersten Beinpaare eingelenkt (I, Fig. 112) ist, hat eine fast kugelförmige Gestalt. Das zweite Glied (II) dagegen ist sehr lang, cylindrisch und trägt einige wenige steife Haare am Aussenrande. Im Innern zeigt es eine chitinöse Längslamelle zum iVnsatz der Mus- Fig. 112. V» Epeira diadema. — Linker Taster des Männchens, von der ventvaleu Fläche gesehen. Kalipräparat. Gundlach, Oc. 1, Obj. 2. Camera clara. I — IV, die vier Stiel- glieder, vom Cephalothorax aus numerirt ; V, Basalsegment des Begattungsapparates (fünftes Glied) ; Y', Einlenkung mit dem folgenden Gliede ; V", Lamelle ; V'", be- haarter Stachel; a, äusserer Löffel, Nagelglied; ö, Zünglein; c, Gelenk; d, innerer Löffel; d' , sein zum Gelenke von a laufender Rand ; e, Haken ; _/", äussere Mündung des mit g bezeichneten Canals ; Ä, Haarwald auf dem Behälter ; i, äussere Hälfte ; h, innere Hälfte des Behälters ; /, angeiförmiger Canal zwischen beiden ; »i, seine OefFnung ; n, obere, von einem körnigen Wulste umgebene Oeffnung. 16* 244 Arthropoden. kein. Das dritte Glied (IIT) ist wieder kurz, gekrümmt mit der con- vexen Seite nach hinten, das vierte (IV) etwas länger, ist in entgegen- gesetzter Richtung gekrümmt. Auf diesem vierten Gliede sitzt mit schmaler Basis der Begat- tun g sapparat (V) auf, der, in seinem Ganzen betrachtet, die Gestalt einer dicken, mit ihrem Stiele auf dem vierten Gliede eingelenkten Birne hat und an dem wir drei Theile unterscheiden, die Basis, den mittleren Behälter und die distalen Löffel. Wir beschreiben zuerst die Organisation, wie sie sich auf Kali- präparaten darstellt. Es bedarf einer langen Behandlung in der Wärme, um die Menge gesättigt braunen Pigmentes, die eine genauere Untersuchung erschwert, wegzuschaffen. Nachdem man solche Prä- parate studirt hat, untersucht man in verschiedenen Richtungen gelegte Schnitte. Die Untersuchung lebender Thiere kann wegen des Pig- mentes keine genauere Aufschlüsse geben; doch kann man bei ihnen die Gegenwart von Spermatozoen, von Muskeln und die Ausstülpung der Theile bei der Begattung nachweisen. Der distale Löffeltheil besteht in der That aus zwei Chitin- bildungen, die -unter einander und mit dem Behälter eingelenkt sind und die Gestalt von zwei Löffeln oder gegenüberstehenden Backen einer Kornzange zeigen. Der äussere Löffel {a, Fig. 112), auch teguhim genannt, ist weitaus der giösste; er hat die Gestalt eines krummen , innen hohlen Nagels und wird von einer dicken Chitin- lamelle gebildet, die auf der Oberfläche schwarze Längsstreifen zeigt, welche unter starken Vergrösserungen als erhabene, mit kleinen Körn- chen besetzte Rippen sich darstellen. An seiner hohlen Lmenfläche erhebt sich ein rundliches Kissen, mit starken aber durchsichtigen Chitin- wänden, welches wir das Zünglein (5) nennen wollen. Der Löffel nebst dem mit seiner Basis verwachsenen Zünglein ist an der äusseren Fläche des Behälters (c) so eingelenkt, dass er sich in die Aushöhlung des inneren Löffels (d) einlegen kann. Dieser letztere ist dünn, häutig, aber weit und setzt sich mit seiner Basis zu beiden Seiten (d') um den äusseren Löffel nach hinten bis zur Einlenkungsstelle desselben fort. Er umschreibt auf diese Weise eine weite Höhlung, die mit dem äusseren Löffel, wie mit einem Deckel, geschlossen werden kann. Der äussere Löffel wird noch durch einen grossen Haken (e) verstärkt, den Embolus der Autoren, dessen feste Wände aus schwarzer Chitinmasse gebildet sind und der so gebogen ist, dass er bei der Niederlegung sich genau in die Ausbuchtung des inneren Löffels ein- legt. Die Basis dieses Hakens hängt mit derjenigen des Züngleins zusammen. Er wird in seiner ganzen Länge von einem Canale (g) durchsetzt, der in seinem erweiterten Theile den Samen enthält, al#o Samenbehälter {Heceptacuhmi semims) ist. Es scheint uns, als ob dieser Canal unterhalb des Löffelgelenkes mit einer Oeffnung (/) nach Arachniden. 245 aussen münde, die von einem etwas aufgewulsteten Chitinringe um- geben ist. Nacti Wagner (siehe Literatur) ist dieser Behälter nach hinten geschlossen und nur durch den feinen Porus an der Spitze des Hakens nach aussen geöffnet. Durch diese Oeffnung soll der Samen durch Capillarität aus der Sammeltasche des Genitalapparates auf- gepumpt werden. Es will uns scheinen, als ob die erwähnte Oeffnung zu diesem Zwecke diene, dass sie aber mechanisch geschlossen werde, sobald bei der Ausstülpung während der Copulation der Nagel sich hebt.' Die Organisation der Behälterregion lässt sich nur schwer entwirren, da sie , namentlich auf ihrer Innenfläche, mit einem Walde steifer, langer Haare bedeckt ist (/*), während die Löffel durchaus haarlos sind. Sie hat die Gestalt eines Kegels, auf dessen Basis die Löffel eingelenkt sind. Die distale Hälfte des Kegels zeigt auf der Innenseite Verdickungen in Gestalt spiralförmiger Chitinfäden (/), welche an die Spiralfäden der Tracheen bei den Insecten erinnern, aber in der That chitinisirte Muskelfasern sind. Zwischen den Bün- deln dieser Fäden sieht man an der Basis des inneren Löffels eine körnige, gelappte Masse, welche eine Oeffnung (n) umgiebt. Am proximalen Ende der äusseren Bündel tritt ein Caual (?) hervor, welcher sich wie eine Angel nach vorn krümmt und mit einer von einem Wulste umgebenen Oeffnung (m) in die von den inneren Faserbündeln um- gebene Höhlung mündet. Nach diesen an Kalipräparaten gemachten Beobachtungen besteht der Behälter aus zwei Theilen: einem grösseren dorsalen, welcher eine weite Oeffnung auf dem Grunde der zwischen den beiden Löffeln aus- geweiteten Höhlung besitzt und durch einen gekrümmten Canal mit dem kleineren, ventralen Sacke coramunicirt. Nach Wagner ist der ganze Behälter eine weite Blutlacune, die durch chitinöse Scheide- wände in mehrere Abtheilungen getrennt ist und bei der Begattung durch den Druck des in ihr enthaltenen Blutes den Haken und die be- nachbarten Theile nach aussen vorstülpen soll. Mit seinem verengten Stiele ruht der Behälter aiif dem Basal- stücke (V), welches zugleich die Rolle einer Deckschuppe spielt. Nach vorn verbreitert sich dieses Stück in eine dünne , durchsichtige und ausgehöhlte Lamelle (V") und sendet nach vorn einen starken, eben- falls gekrümmten Dorn aus (V"), der mit langen, starren Haaren be- setzt ist. Wenn die vorderen Theile des Tasters etwas zurückgezogen sind, legt sich dieser Deckapparat dicht auf ihre äussere Fläche an und vervollständigt so mit den auf der inneren Fläche und dem Gelenke des Behälters entwickelten Haaren den Borstenbesatz des Tasters. Weibliche Geschlechtsorgane. A. Innere Organe. — Der Eierstock hat die Gestalt eines von oben nach unten etwas ab- geplatteten Sackes, der unter dem Darme auf den ventralen Längs- muskeln liegt; seitlich ist er von Spinndrüsen und Leberlappeu um- 246 Arthropoden. geben. Sein blindes Ende verschmälert sich allmählich nach hinten. Auf der Rückenfläche zeigt sich eine seichte Längsrinne, die sich nach vorn hin mehr und mehr vertieft, während die unmittelbar auf den Längsmuskeln ruhende Unterfläche etwas gewölbt erscheint. Durch die Vertiefung der Längsrinne wird der Sack in zwei vor- dere Zipfel getheilt, die sich ganz trennen und in die Eileiter fort- setzen. Das Volumen des Eierstockes wechselt ausserordentlich, je nach der Jahreszeit; zur Zeit der Reife der Eier erfüllt er grossentheils die Leibeshöhle und drückt die übrigen Organe in der Weise zusammen, dass die Leber bedeutend schwindet. Da sein Gewebe durch die här- tenden Reagentien sehr spröde und krümlich wird, ist es nur schwer, gute Schnitte zu erhalten. Die Wände des Ovariums zeigen oft nach innen vorspringende Falten, welche die innere Höhle in einzelne Kammern theilen, die in- dessen niemals vollständig abgeschieden sind. Man sieht aufschnitten innerhalb einer feinen Peritonealhülle eine Schicht cylindrischer Zellen von fast gleicher Höhe, die eine körnige Masse bedecken, welche aus kleinen, runden, braunen Körnchen besteht. Die Zellenschicht bildet die Falten, welche sich nach innen einschlagen; sie ist von einer feinen Grenzmembran bedeckt und häufig durch dieselben braunen Körnchen gefärbt. Die Eichen individualisiren sich nach und nach in der Zellen- schicht an der Wand, mit der sie noch lange Zeit durch einen breiten Stiel zusammenhängen. Man unterscheidet deutlich in ihnen eine äussere Eigenwand und einen centralen Kern mit einem Kernkörperchen im Inneren, das meist mit dunklen Körnchen erfüllt ist; zuweilen erblickt man aiTch einen oder zwei helle runde Kerne ohne Kern- körperchen. Das Protoplasma ist höchst fein granulirt. Ein Dotter- kern, wie er sich bei anderen Spinnen findet, entwickelt sich niemals in den Eiern der Kreuzspinne. Das Ausführungssystem ist ziemlich complicirt. Die Eileiter sind verengerte Fortsetzungen der Wand des Eier- stockes, die unten an der Vorderfläche desselben sich loslösen und nach kurzem Verlaufe in einen queren Uterus (a, Fig. 113) eintreten, in dessen Höhle sie an der Hinterfläche der seitlichen Zipfel einmünden. Von der Unterfläche dieser dickwandigen Sammelhöhle geht ein Canal ab, der Scheidengang (?)), der sich nach unten gegen die Ventralfläche des Abdomens wendet, nachdem er vorher noch eine kleine ventrale Ausbuchtung gebildet hat, die drüsiger Natur scheint und sich dann in zweiCanäle theilt, von welchen der eine, der Scheid enc anal (c), die Richtung nach unten beibehält, hart an dem Strahlenpolster des I^e- gattungsapparates, von dem wir später sprechen werden, vorbeistreicht und sich in einem stai-k chitinisirten Wärzchen nach aussen öffnet. Nach Schimkewitsch soll dieser Gansf seitlich sich in das Strahlen- Arachniden. 247 polster öfiFnen. Wir haben uns von dieser Yerbindnng nicht über- zeugen können. Der zweite, sehr kurze Ast des Scheidenganges öffnet sich in die Scheide (/) selbst, etwa in der Hälfte ihrer Erstreckung. Denn diese spaltförmige Höhle, die nach unten in der medianen, queren Genital- spalte nach aussen mündet, setzt sich nach oben tief in die Gewebe des Abdomens in Form einer Spalte fort, die anfangs sehr eng und von stark gefalteten Chitinwänden eiugefasst ist, dann sich aber erweitert und schliesslich eng endet. Die Wände dieser Scheiden- d. o Fig. 113. a a n. ^55>^ Sagittalschuitt der weibliclieu Oi'gane. Leitz, Oc. 1, Obj. 0. Cameva lucida. a, Uterus ; «', braunrothe Körner in seiner Höhle ; b , Scheidengang ; c, mittlere Drüsenausstülpung, gestreift ; d, Scheidenbucht ; e, Scheidencanal ; e', seine äussere OefFnung; _/", Genitalspalte (Scheide); g. Chitin warze ; 7^, Samenbehäller , gestreift; i, Strahlenpolster; Ä-, /, m, Muskeln; «, n, Leberlappen; o, crlindrische Spinndrüsen, durchschnitten ; p, Tegument der hinteren Abtheilung des Abdomens ; q, der vorderen Abtheilung; r, äussere Schicht des Tegumentes, durch den Druck des Messers etwas abcjelöst. bucht ((?) zeigen sehr eigenthümliche Chitinbildungen, von welchen weiter unten die Rede sein wird. Die Wand des Uterus wird von einer Schicht sehr hoher und gleichförmiger Zellen gebildet, welche dicht zusammengedrängt eine dicke Schleimhaut erzeugen. Die Wände dieser Zellen sind sehr 248' Arthropoden. deutlich, das Protoplasma schwach körnig, der in der Mitte gelegene Kern oval mit seiner Längsaxe derjenigen der Zelle parallel. In den Höhlen des Eileiters wie des Uterus findet sich stets eine krümliche, aus braunrothen runden Körnern von gleicher Grösse gebildeten Masse. Der Uterus ist von einer Muskelhaut umgeben, deren Bündel in fast gleichen Abständen von einander gelagert sind. Die Wände der verschiedenen Canäle des Scheidensysteras haben nicht überall den gleichen Bau. Die Vorderwand des Scheidenganges zeigt sich auf einem Längsschnitte (jB, Fig. 114) stark gefaltet und ein- Fio-. 114. a. b c Eipdra diadema. ■ — Einzelheiten der weiblichen Organe. Leitz, Oc. 3, Obj. 7. Camera lucida. A, Wand des Uterus, Querschnitt. u, äussere Hülle ; 6, innere Grenzmembran ; c, Zellen ; d, Kerne. B, Scheidengang, Längsschnitt, a, chitinogene Schicht; b, innere Falten. C, Scheidenbucht, Querschnitt, a, chitinogene Schicht; &, lamellöse Chitinschicht ; c, innere baumartige Chitinbildungen. gebuchtet; vielleicht halten sich die Zoospermen in diesen Buchten zwischen den Chitinblättern auf, welche aiif einer lamellösen Chitin- schicht aufsitzen. Die chitinogene Schicht darunter zeigt sehr lange Zellen , die zuweilen fächerförmig gestellt sind. Die Hinterwand des Arachniden. 249 Ganges ist ebenfalls chitinös , aber vollkommen glatt und oliue Aus- buchtungen , während die chitinogene Schicht hohe Zellen von gleicher Länge zeigt, die einen leicht erkenntlichen, in der Mitte gelegenen, dorsalen Kern besitzen, dessen grosse Axe horizontal gerichtet ist. Die Scheidenbucht ist auf ihrer ganzen Erstreckung mit einer dicken Chitinhaut ausgekleidet, die verästelte Bäurachen trägt, deren Zweige oft mit denen der benachbarten Bäumchen verschmelzen. Die ganze Bildung gleicht vollkommen derjenigen, welche man auf den Wänden der Lungenhöhle findet. Die chitinogene Schicht zeigt hohe Cylinderzellen. Die Muskeln des Genitalapparates sind wenig zahlreich. Einige Forscher haben zarte Muskelfasern in der Wand des Eierstockes selbst zu sehen geglaubt. Jedenfalls steckt der Uterus gewissermaassen in einem musculösen Sacke. Ein langes Muskelband zieht sich von der Scheiden- bucht zur Bauchwand hin längs der Hinterwand der Genitalspalte. In der Vorderwand dieser Spalte unterscheidet man einen Quermuskel und einen senkrechten Muskel , der sich nach oben an den Scheiden- canal, nahe am Austritte desselben aus dem Uterus und nach uuteu an die Genitalplatte festsetzt. B. Die äusseren Geschlechtsorgane des Weibchens (Fig. 115 a. f. S.) liegen auf der ventralen Fläche des Hinterleibes in ge- ringer Entfernung von dem Stiele und den Hüften des letzten Bein- paares, zwischen dessen Hüften der Samenbehälter sich mit seiner Spitze im höchsten Grade der Erection einlegt. Dieser geht von einem kegelförmigen, in der Mittellinie gelegenen, stark vorspringenden Hügel aus, an dessen Rand die beiden, zu den Lungeusäcken führenden Querspalten reichen. Zur Untersuchung dieser Theile muss man reife Weibchen aus- wählen, welche die letzte Mauser überstanden haben. Bei jüngeren Thieren sind die Organe noch rudimentär. Aetzkali dient zur Auf- hellung der stark pigmentirten Theile. Der Genitalhügel ist von einem starken Chitinwalle (D, Fig. 115) rings umgeben, mit Ausnahme des hinteren Schlusses, wo der Wall sich in zwei Schlingen (g) krümmt, die einen dreieckigen Raum (?j frei lassen, der in den Samenbehälter führt. Die Eintrittsstelle wird von einer abgerundeten, sehr dicken Chitinlippe (h) überdeckt, deren Ecken sich flügeiförmig erweitern und nach innen gegen die Mitte der Strahlenpolster (/) sich fortsetzen. Diese Polster bilden in der That dicke Massen, die von radienartig gestellten Porencanälen durchbohrt sind und auf der Mitte des Polsters, wo man sie von oben sieht, als Punkte sich darstellen, während man im Umkreise die strahlige An- ordnung der Canäle sieht. Indessen ist diese Peripherie nicht voll- ständig, da der entsprechende Schenkel des Lippenwulstes sich in eine Kerbe einsenkt. In der Profilansicht sieht man, dass das beschriebene 250 Arthropoden. Polster nach innen und etwas nach hinten von dem Apparate gelegen ist, welcher die beiden Oeffnungen der Scheidencanäle urngiebt. Die beschriebene Lippe mit den beiden Polstern scheinen einen elastischen, federnden Apparat zu bilden, welcher im Ruhezustande die in den Samenbehälter führende Oeflfuung schliesst. — Dieser Behälter (C, Fig. 115) bildet einen langen, an der Basis etwas weiteren, aus- dehnbaren Schlauch mit dicken Wänden, der sich gegen sein blind Fig. 115. i--«^ Epeira dladema. — Aeussere weibliche Geschlechtstheile von der Bauchfläche. Kali- präparat. Gundlach, Oc. 1, Obj. 2. Camera clara. Auf der linken Seite des Ge- schlechtsschildes hat man die Theile so gezeichnet, wie sie sich bei niedrig gestelltem Fociis zeigen, während ^uf der rechten Seite die Theile bei oberflächlich gestelltem Focus gezeichnet sind. A, ümriss der Körperwand; B, weit geöffnete Athemspalte mit Andeutung der Lunge; C, Samenbehälter; X*, Geschlechtsschild, von einem Chitin- wulste umgeben, a, Oeffiiung des Scheidencanales ; b, chitinöse Deckplatte desselben mit einem Innenflügel d und einem nach innen umgekrempten Rande, der einen zahn- förmigen Vorsprung c trägt; e, halbmondförmiges Porenpolster; /, inneres Strahlen- polster ; g , krumme Handhabe des das Genitalscliild umgebenden Chitinwulstes ; h, starke Chitinlippe, die nach vorn die Eingangsöffnung deckt und mit zwei seit- lichen Handhaben sich mit dem Strahlenpolster verbindet; k, Basis des Samen- behälters ; i, seine etwas gebogene Spitze. Arachniden. 251 geschlossenes Ende, das meist etwas gegen den Baacli gekrümmt ist, allmählich verengert. Die ^Yände zeigen starke Querfalten , die wie vorspringende, um den Schlauch gelegte Reifen aussehen. Auf der dem Bauche zugewendeten Fläche und an der Spitze des Organes stehen einige steife Haare. Das Volumen und die Ausdehnung des Schlauches wechseln ungemein; wir haben ihn bei einzelnen Individuen in Form eines sehr kurzen und dicken Kegels , eines Kerzenlöschers, bei anderen wieder in der gezeichneten Gestalt gesehen. Meist ist die Spitze des Schlauches nach vorn gerichtet und reicht zuweilen fast bis auf die Mitte des Brustschildes; in anderen Fällen ist er nach hinten übergeschlagen. In einem Präparate, welches wir besitzen, ist das Gebilde so zusammengefaltet, dass man zwei au ihrer Basis zusammen- hängende Schläuche sieht, welche der Figur, die Bertkau (siehe Literatur) von dem angeblich doppelten Samenbehälter von Lini/phia macrognatha gegeben hat (Taf. 7, Fig. 16 von Bertkau), so ähnlich sehen, dass man glauben könnte, diese Figur sei unserem Präparate entnommen. Die beiden runden Scheidencanalöffnungen (fl) liegen seitlich vor der Eingangsspalte des Samenbehälters, mit dessen Stützgebilden sie durch ein sehr complicirtes Chitingerüst verbunden sind. Der vor- tretende Ring, der eine jede dieser Oeffnungen umgiebt, erweitert sich zu einer durchsichtigen Platte (5), welche die Oeff'uung grossentheils deckt und krümmt sich nach innen ein, um eine Art Tasche zu bilden, deren Rand ein scharfes, spitzes Zähnchen zeigt (c). Der Ring erweitert sich noch gegen die Mittellinie hin in eine dünne, runde Platte (f?) und stützt sich, nach hinten und aussen, auf eine halbkreisförmige, punktirte Platte (e), deren Umwallung mit ihm in directer Verbindung steht. Ausserdem verbindet sich noch der Ring an seinem hinteren Innenrande mit der Schlinge des Umfassungswalles {g) , die wir oben beschrieben haben, durch einen starken, gekrümmten Chitinstab, den man bei der Seitenansicht sehr gut verfolgen kann. Die verschiedenen Hautwechsel sind von mannigfaltigen Modifica- tionen dieses Apparates begleitet. Bei sehr jungen Weibchen haben wir nur eine Querspalte gesehen, die mit ihren Ecken fast mit den Athemsj^alten zusammenfiel; dann fanden wir bei anderen Exem- plaren chitinöse Bogenspangen am Rande dieser Spalte, von welchen die mittlere einen Raum umschrieb, welcher der Eingangsöffnung des Samenbehälters entsprach, während zwei seitliche Kreisbildungen den Polstern und den Scheidencanalöffnungen entsprachen ; bei noch anderen sahen wir diese Bildungen von einem noch sehr kleinen, zarten, aber doch schon quergefalteten Behälter in Form eines Kegels überragt. In allen diesen Fällen ist der Behälter leer, während er in dem entwickelten Zustande, den unsere Figur darstellt, kurze, stecknadelförmige Sperma- tozoen enthält. 252 Arthropoden. Die Araneiden, zu welchen unsere typische Kreuzspinne geliört, zeigen im Allgemeinen keine sehr bedeutende anatomische Verschiedenheiten. Wenn die Haken der Cheliceren sich bei der Kreuzspinne , wie bei allen Dipneio- monen, von aussen nach innen, oder wie bei Mygale, von oben nach unten einschlagen , so bedingt dies ebenso wenig bedeutende Unterschiede in der Organisation, als die grössere oder geringere Entwicklung der Giftdrüsen. Die Kiefer, Taster und Beine zeigen überall denselben Grundplan des Baues mit durch die verschiedene Lebensart bedingten Abweichungen. So haben alle Orhitelen , die regelmässige Netze spinnen, zwei Ersatzkämme an den Füssen, wie Epeira, wälirend diejenigen, welche filzige Netze machen, statt dessen eine Bürste von steifen Haaren besitzen. Grössere Verschiedenheiten zeigen sich im Spinn apparate selbst. Die Mygaliden haben meist nur zwei grosse und ein Paar kleinere Spinnwarzen. Bei vielen Dipneumonen {Filis- tata, Aynaurohius, Eresus etc.) findet man vorn zwischen dem ersten Spinn- warzenpaare eine von zahlreichen , sehr feinen Poren durchsetzte Doppel- platte, die ohne Zweifel ein äusserst feines Eilzgewebe absondert und be- sonders bei den "Weibclien entwickelt ist. Jeder Porus stellt auf einem dünnen, sehr kurzen Spinnröhrchen, in welches der Ausführungsgaug einer winzigen , im Bau den birnförmigen Drüsen ähnlichen Drüse niündet. Das Cribellum, Avie man diese Bildung genannt hat, besteht demnach aus zwei abgeplatteten, von einem Chitinring umschlossenen Spinnwarzen und da die unpaare , nur mit Haaren besetzte Warze , welche wir bei Epeira nach- gewiesen haben, genau denselben Platz einnimmt, betracliten wir diese Warze als eine dem Cribellum homologe aber verkümmerte Bildung. Bei denjenigen Spinnen, welche ein Cribellum besitzen, findet sich noch eine eigenthüniliche Bildung des vorletzten Gliedes des hintersten Fusses , der auf seiner oberen Fläche eine Art Rinne zeigt, auf deren Rändern starke, krumme, abgeplattete und gefiederte Haare in zwei Reilien stehen. Zuweilen (Dictyna, Dioti?na) wird die Rinne durch eine vorspringende Kante ersetzt , die nur eine Reihe solcher Fiederhaare trägt. Man hat diese Bildung das Calamistrum genannt ; seine Entwicklung steht immer in genauem Verhältniss zu derjenigen des Cribellum. Das Nervensystem zeigt stets dieselbe Anordnung : eine ohne Zweifel aus der Verschmelzung mehrerer primitiver Ganglienpaare hervorgegangene Centralmasse, welche vom Schlünde durchbohrt wird, zu allen am und im Cephalothorax gelegenen Organen Aeste und auch an den Magen einige feine Zweige sendet und eine Verlängerung in den Hinterleib treibt, die sich in zwei parallele Zweige spaltet, welche die Abdominalorgane versorgen und bis zu den Spinnwarzeu sich verfolgen lassen. — Die Augen zeigen grössere Variationen. Ausser den bei Epeira erwähnten Verschiedenheiten zwischen den mittleren und den seitlichen Augen findet sich noch bei den Springern [Salticus , Lycosa) ein metallisch glänzendes Tapetum , ähnlich demjenigen vieler Säugethiere. Der Verdauungsapparat mit seinen Anhängen (Saugmagen, Blinddärme, Leber, Malpighi'sche Gefässe etc.) zeigt nur unbedeutende Variationen. Um so bedeutender treten diese bei den Athemorganen hervor. Bei den Tetrapneumonen {Mygale, Cteniza) finden wir zwei Paare von Lungen statt eines, die hinter einander liegen, übrigens aber in gleicher Weise gebaut sind, wie bei Epeira und jedes seine eigenen, unabhängigen Spaltöfthungeu besitzt. Dagegen besitzen diese Vierlunger keine Tracheen oder Atheni- röhren, wie alle anderen Spinnen sie besitzen. Nach Bertkau (siehe Lite- ratur) zeigen diese Tracheen sehr verschiedene Entwicklungsstufen. Bei den meisten sind sie, wie bei der Kreuzspinne, einfache, mit Körnchen ge- füllte Röhrchen , welche in einem gemeinsamen , sehr engen, queren Stigma Äracliniden. 255 unmittelbar vor den Spinnwarzen ausmünden. Meist finden sich zwei solclier Eöhrchen jederseits, welche sich im Abdomen verzweigen (?) ; zuweilen ver- schmelzen die mittleren mit einander und werden nach vorn hin weiter. Dieses sehr einfache Traclieensystem complicirt sich bei den Thomisiden, wo die Tracheen sich baumartig verästeln und bei den Aftisiden, wo sie seitliche Pinsel bilden, die sich in zahlreiche feine Zweige auflösen. Endlich findet mau hei den Dysderiden und bei Argyronda zwei getrennte Stigmen, die weiter nach vorn hinter den Spaltöffnungen der Lungensäcke angebracht sind und von welchen vordere und hintere Aeste abgehen, die sich in Pinsel von sehr zahlreichen, feinen Zweiglein endigen. Bei diesen Gattungen ersti'ecken sich die vorderen Tracheenäste bis in die Vordergegend des Ce- phalothorax. — Der Kreislauf ist bei den verschiedenen Familien noch nicht in vergleichender Hinsicht untersucht worden — unsere Kenntniss von dem- selben ist fast ganz auf dasjenige beschränkt, was Claparede von Lyrosa gezeigt hat, deren Bau in dieser Hinsicht dem von Epeira im Wesentlichen gleicht (siehe Literatur). Die inneren Geschlechtsorgane zeigen geringe Verschiedenheiten. Die Endschläuche der Hoden gehen , allmählich dünner werdend . in die Samen- gänge über, wie bei unserer Kreuzspinne , oder die Schläuche schnüren sich, wie in den meisten Fällen, plötzlich gegen die Samengänge ab. Die Zoo- spermen haben meist die Form kurzer, dicker Stecknadeln mit gekrümmten Schwänzen; bei Pholcus , ■ Oleterus , Tefragnathiis sind sie kugelförmig. Bei Segestria allein hat man auch kugelförmige Spermatophoren gefunden. — Die Ovarien zeigen im Wesentlichen überall denselben Bau : die Eier tragenden Theile sind bei Segestria und Oleferus zu einem Ringe verschmolzen. — Die äusseren Begattung'sorgane dagegen , die Taster des Männchens und die Samenbehälter zeigen die auffallendsten Verscliiedeiiheiten , über deren Ein- zelheiten wir auf die Schriften von Menge, Bertkau und Her man ver- weisen (siehe Literatur). Die Entwicklung der Eier und der Embryonen ist von Herold, Clapa- rede, Balbiani, Barrois und Balfour untersucht worden (siehe Lite- ratur). Die grosse, vielgestaltige Gruppe der Arihrogastra zeigt zahlreiche Varia- tionen , welche sich im Allgemeinen auf die Gestaltung des deutlich ge- gliederten Hintei'leibes beziehen , der mit breiter Basis dem Cephalotliorax ansitzt. Die inneren Organe , Nervensystem , Herz , Darm etc. verlängern sich in der That um so mehr, je mehr der Hinterleib sich auszieht; bei den Phalangiden. und Solifugen, die in dieser Beziehung mehr den Spinnen gleichen, bleiben die Organe kurz und gedrängt, während sie bei den anderen sich ausdehnen und bei den Scorpionen Gestaltungen annehmen, die an diejenigen der langgeschwänzten Krebse erinnern. Die Pedipalpen besitzen noch Cbeli- ceren mit Klauen, ähnlich denjenigen der Araneiden, und es ist wahrschein- lich, dass dieselben mit Giftdrüsen in Verbindung stehen, da der Biss dieser Thiere in ihrer Heimath sehr gefürchtet ist ; bei den anderen sind die Cheli- ceren in Scheeren umgewandelt, die bei den Solifugen vertical , bei den übrigen aber horizontal gestellt sind. Wir überlassen der Zoologie die Be- schreibung der äusseren Theile und erwähnen hier nur, dass die Arthro- gastern meist keine Spinnwarzen besitzen und dass die Palpen der Männchen niemals bei ihnen zu Begattungswerkzeugen umgewandelt sind. Die innere Organisation der Pedipalpen ist nur dürftig bekannt und ver- diente eine genauere Specialuntersuchung. Der Darm ist gerade gestreckt, ohne Blinddärme ; das Nervensystem dagegen schliesst sich durch seine Con- centration an dasjenige der Araneiden an. Bei der Gattung Thelyphonus setzt sich das Bectum durch das dreigliedrige, röhrenförmige Postabdomen 254 Arthropoden. fort. Man fiudet bei ihnen Mal p i gli i' sehe Röhren, wie bei allen ArthrO' gastern. Sie haben, wie die tetrapnenmonen Spinnen, zwei Paare von Lungen- säcken ; die Stigmen liegen auf dem zweiten und dritten Segmente des Hinterleibes und die Lungen selbst bestehen aus einer sehr grossen Anzahl von abgeplatteten Tracheenröhren. Man weiss nichts Genaues über die Kreislaufs- und Geschlechtsorgane. Die Gattung Phrynus bringt lebendige Junge zur Welt. Die Phalangiden, die in den gemässigten Klimaten weit verbreitet und zahlreich sind , wurden häufig und genau untersucht. Die Cheliceren bilden zweiflngerige Scheeren; die überaus laugen und dünnen Beine lösen sich leicht ab. Die Palpen sind lang , birnförmig und oft mit Klauen bewaffnet. Man bemerkt in den Tegumenten zweierlei Arten von Drüsen. Ein grosses, braunes Drüsenpaar, das seitlich am Cephalothorax liegt, wurde von einigen Autoren für ein supplementäres Augenpaar gehalten. Diese Drüsen sondern einen übelriechenden Stoif ab und wurden deshalb auch als Stinkdrüsen bezeichnet. Die anderen als Hautdrüsen betrachteten Bildungen finden sich auf der Basis des letzten Beinjjaares ; man konnte aber keine Ausführungs- gänge nachweisen. Das Nervensystem ist wie bei den Spinnen concentrirt; es besteht aus einem auf dem Schlünde gelegenen verschmolzenen Ganglien- paare , das mit der Unterschlundmasse durch dicke , kurze Connective ver- bunden ist, so dass der Durchtritt für den Schlund sehr eng ist. Das obere Ganglion entsendet einen dicken Sehnerven, der sich bald theilt, um zu den beiden Augen zu gehen und zwei Seitennerven zu den erwähnten Stink- drüsen. Die Unterschlundmasse ist gross , abgerundet ; von ihrem voi-deren Rande gehen die Nerven für die Mundtheile , von den Seitenrändern die für die Beine und nach hinten drei Nerven, ein unpaarer und zwei seitliche, für den Darm und die übrigen Organe des Bauches ab. Letztere verästeln sich bald und bilden ein netzartiges Geflecht , in welchem kleine Ganglien mit unregelmässigen Umrissen zerstreut liegen. — Die geräumige Mundhöhle ist mit feinen Haaren besetzt; sie führt nach Plateau (siehe Literatur) in einen senkrechten engen Schlund, der eine Muskelhaut, Eigenhaut, eine Epithelial- schicht und eine innere Cuticula zeigt, die sechs verdickte LängsriiDpen besitzt, an welche sich strahlenförmige Erweiterungsmuskeln ansetzen. Der Pharynx ist von einer dicken Kreismuskelschicht umgeben, deren Zusammenziehung ihn verengt. Diese Schicht verdünnt sich auf dem ziemlich langen Oeso- phagus und endet am Eintritte desselben in das Nervensystem. Die anderen Schichten , sowie die Längsrippen setzen sich über den engen Schlund fort, der mit einer geringeren Erweiterung in den Mitteldarm übergeht, welcher einen weiten birnförmigen Sack bildet, von dessen oberen und Seitenflächen zahlreiche Bliudsäcke ausgehen, die mit sechs Paaren von Oeffnungeu in den Sack münden. Die Blindsäcke besitzen keine Muskelschicht, wohl aber ein mehrschichtiges, cylindrisches Endothelium, dessen Zellen sich mit Granula- tionen füllen, schliesslich aber sich ablösen und in die Höhlung des Blindsackes fallen. Das Endothelium des Mitteldarmes ist ähnlich , aber weniger hoch ; seine Zellen platzen und ihr Inhalt bildet Kothballen in dem hinteren Theile des Darmes; das Rectum bildet ebenfalls einen weiten Sack mit dünner Muskel- schicht und in Büscheln gestellten Endothelialzellen. Es hängt mit dem Mitteldarm durch einen engen Darm zusammen, der zuerst schief und dann senkrecht nach der Bauchfläche hin verläuft ; der After mündet in einer chitinösen Einstülpung des Tegumentes. — Die M alpighi' sehen Röhren liegen zwischen den vorderen Blindsäcken des Mitteldarmes auf der Rücken- seite neben dem Herzen und münden nach zahlreichen Windungen in zwei ventral gelegene häutige Säcke, aus denen zwei engere Canäle entspringen, welche sich bis in die Nähe der Stinkdrüsen verfolgen lassen. Ihr Ende Araclmiden. 255 konnte noch nicht gefunden werden ; sowohl L o m a n wie R ö s s 1 e r (siehe Literatur) gelang es nicht, es zu entdecken. — Der Athemapparat entspricht demjenigen der Insecten. Es existirt nur ein einziges Stigmenpaar, das zwischen den Hüften des letzten Beinpaares liegt. Jedes Stigma kann mit einem Deckel geschlosseii werden ; sie führen in zwei Tracheenstämme, die längs der Mittellinie verlaufen, vielfach mit einander anastomosiren und sich zu allen Organen, hesonders aber den Geschlechtstheilen, verzweigen, auf welchen sie engmaschige Netze bilden. — Das ziemlich lange Herz hat drei Kammern mit Seitenspalten; es öffnet sich nach vorn in die Hohlräume zwischen den Organen, in welchen das Blut wie bei den Insecten circulirt. — Die Geschlechtsorgane zeichnen sich durch sehr grosse, äussere, chitinöse. Gebilde aus , die in der Mittellinie zwischen den Hüften des letzten Bein- paares hervortreten ; ein Penis bei den Männchen , eine Legeröhre bei den Weibchen. Die iuneren Organe sind nach demselben Grundplaue wie bei den Spinnen gebaut. Der unpaare , halbmondförmige Hoden liegt quer in der Bauchhöhle und geht mit seinen Enden in zwei sehr feine Samengänge über , die sich in der Mittellinie in einem Knäuel vereinigen , der einem -Nebenhoden gleicht. Aus diesem Knäuel geht ein gewundener, anfangs enger, dann aber sich allmählich durch Anlage von Muskelschichten verdickender Samenleiter hervor , dessen Ende so einen Spritzcanal bildet. Dieser Canal tritt, sehr eng werdend, in den chitinösen Penis über, in welchem vorn auch baumförmige Nebendrüsen münden. Wir verweisen hinsichtlich der Einzel- heiten auf die Arbeit von Bö ssler (siehe Literatur). Die Zoospermen sind kugelig und fast bewegungslos. — Der Eierstock bildet, wie bei vielen Spinnen, einen mit Träubchen besetzten Ring; der Eileiter erweitert sich zuerst zu einer Art Uterus, mündet aber als enger Canal in die Legeröhre, die ähnlich wie der Penis gebaut ist (Rössler). Man hat häufig Eier- träubchen auf den Hoden der Männchen gefunden. Trotz ihrer äusseren , besonders durch die Bildung ihrer Cheliceren und ihrer scheerenförmigen Taster bedingten Aehnlichkeit mit den Scorpionen nähern sich doch die Afterscorpionen durch ihre Anatomie weit mehr den Spinnen und Phalaugiden. Der gegliederte Hinterleib ist kurz und trägt keinen Giftstachel, wohl aber zwei nacli vorn an dem zweiten Hinterleibsringe gelegene Spinuwarzen. Das Nervensystem ist nach dem T3'pus der Spinnen gebaut; einfache Augen in geringer Zahl, in einem, höchstens zwei Paaren vorhanden. Der Verdauungscanal ähnelt dem der Scorpionen; Blinddärme fehlen , dagegen findet sich eine gelappte Leber , die den Darm einhüllt, welcher vor seinem Eintritte in die erweiterte Cloake eine Schlinge bildet. Diese kleinen Raubthiere, die sich hauptsächlich von Milben nähren, athmen durch wenig verzweigte Tracheen, die von zwei, auf den beiden vordersten Bauchringen angebrachten Stigmen ausgehen. Der Kreislauf ist nach v. Da- da y (siehe Literatur) sehr unvollständig. Das nach vorn lang gestreckte Herz ti'ägt hier vier Paare seitlicher Spaltöffnungen und endet im fünften Bauch- ringe mit einer Art Rosette von vier paarigen Erweiterungen, die ebensoviel Paare von Spalten zeigen, welche den vier letzten Hinterleibsringen entsprechen. Im Cephalothorax endet das Herz mit einer kurzen Aorta , welche das Blut in die Hohlräume des Körpers ergiesst. Der Eierstock ist einfach, aber mit zwei Eileitern ausgestattet, welche auf der Mittellinie des zweiten Bauch- ringes zwischen den Spinnwarzen münden. Die Hoden ähneln denen der Araneiden. Die Weibchen tragen die Eier bis zur vollständigen Entwicklung der Jungen unter dem Bauche. Die Eier durchgehen eine vollständige Furchung. Die Scorpionen fallen durch ihre äussere Bildung und die Härte ihrer Tegumente a\\f, die den Krebsen nahe kommt. Der verhältnissmässig kleine 256 Arthropoden. Cephalothovax hat die Form eines nacli vorn verschmälerten Trapezes und trägt auf seiner ßückenfläche zwei fast in der Mitte stehende grosse Augen und eine wechsehide Anzahl kleiner, paarig vereinigter seitlicher Nebenaugen. Unter dem Stirnraude stehen zwei kurze, starke, scheerenförmige Cheliceren, deren Backen gezähnelt sind und die zum Zerkleinern der lebenden Thiere dienen , von • welchen die Scorpione sich nähren. Hinter diesen Cheliceren stehen am Rande fünf Paare gegliederter Anhänge, deren erstes Paar grosse Scheereu bildet, während die vier folgenden Paare mit doppelten Endkrallen versehene Gangbeine sind. Zwischen den Schenkeln des letzten Paares findet sich die von zwei chitinösen Plättchen bedeckte Geschlechtsöffnung, neben .welcher ein Paar kammförmiger Anhänge befestigt ist, deren Function nicht sicher gestellt ist. Diese Kämme finden sich bei beiden Geschlechtern imd sind mit einer verschiedenen Zahl von Zähnen oder vielmehr Blättchen aus- gestattet. Das aiis sieben kurzen, aber breiten Ringen zusammengesetzte Abdomen sitzt mit breiter Basis der Kopfbrust an und trägt auf dem dritten bis sechsten Ringe vier Paare schräg gestellter Spalten, welche in ebensoviel Lungensäcke führen. Der siebente Ring verschmälei't sich bedeutend. An ihn setzt sich ein sechsgliedriges, fast cylindrisches Postabdomen, dessen End- ring blasenartig angeschAvoUen ist und in dieser Blase zwei Giftdrüsen birgt, die auf einem scharfen, gekrümmten Stachel nach aussen münden. Am Ende des fünften Ringes , vor der Giftblase , mündet der After. Die Scorpione tragen beim Laufen das Postabdomen über den Vorderleib herüber ge- krümmt und schleudern beim Angriffe den Stachel nach vorn über den Kopf weg. Trotz ihrer Dicke und Starrheit unterscheiden sich die Tegumente durch ihre Structur nicht von denjenigen der übrigen Arachniden. Wohl aber finden sich zahlreiche innere Fortsätze und Apodemen , die in die Leibes- höhle vorspringen, sehr regelmässige Anordnung zeigen und den mächtigen Muskeln, welche die Leibesringe und die gegliederten Anhänge bewegen, als Stützpunkte dienen. In Uebereinstimmung mit der langgestreckten Körpergestalt zeigt auch das Nervensystem eine weit geringere Concentration als bei den Araneiden. Der im Ceijhalothorax gelegene Theil besteht aus zwei kleinen Hirnganglien über dem Schlünde, welche die Nerven für die Augen und die Cheliceren entsenden und durch zwei kurze Connective mit der Unterschlundmasse ver- bunden sind, die wenigstens aus zwei verschmolzenen Ganglienpaaren besteht und den Thorax und dessen Anhänge innervirt. Von den Hirnganglien gehen noch einige sehr feine Nerven zu dem , auf seinem Durchtritte sehr verengerten Schlünde und bilden auf demselben ein kleines Ganglion. Die Unterschlundmasse entsendet nach hinten zwei einander sehr genäherte Con- nective , welche durch sieben oder acht Ganglien zu einer longitudinalen Bauchkette verbunden werden. Vier dieser Ganglien liegen im Vorderbauche und liefern Zweige für die dort befindlichen Organe und namentlich für die Lungensäcke. Die folgenden Ganglien liegen in den vordersten Ringen des Postabdomens; in den hinteren Ringen desselben verlaufen nur die Fort- setzungen der Connective , deren Eiadzweige sich bis zu den Giftdrüsen im Stachel verfolgen lassen. — Die Augen sind wie bei den Spinnen gebaut; andere Sinnesorgane kennt mau nicht mit Bestimmtheit. — Der sehr enge Schlund steigt von dem ventral gelegenen Munde senkrecht nach oben, durch- bohrt die Nervenmasse und erweitert sich dann zu einem Phai-ynx , der rundum von Speicheldrüsen umgeben ist, welche die freien Räume des Ce- phalothorax erfüllen, nach hinten musculöse Sammelbläschen zeigen und mit mehreren seitlichen Ausführungsgängen in den Pharynx münden. Nach dem Pharynx verengert sich die Darmröhre wieder, verläuft auf der Rücken- Arachniden. 257 fläche des Vorderbauches unmittelbar unter dem Herzen und nimmt auf dieser Strecke zahlreiche Ausführungsgänge der Leber oder Verdauungs- drüse auf, die einen gelappten Bau zeigt und alle leeren Räume des Vorder- bauches zwischen den anderen Organen ausfüllt. Nach hinten münden in diesen Theil zwei geringe M a 1 p i g h i ' sehe Röhren. Der im Postabdomen gelegene Darmtheil ist weiter, den Segmenten entsprechend etwas aufgeblasen und endet in dem vor der Giftblase gelegenen After auf der Bauchseite. — Die vier Paare von Lungen unterscheiden sich von denen der Spinnen durch die geringe Anzahl abgeplatteter Röhrchen, woraus sie gebildet sind. — Das Kreislaufsystem ist sehr entwickelt; nach der BehauiJtuug von Newport ist es sogar vollkommen geschlossen. Wenn dies richtig wäre, so könnte man die Existenz von Seitenspalten, die das aus dem Cölom kommende Blut auf- nehmen , nicht wohl begreifen. Wie sich aber auch die Gefässendigungen verhalten mögen, so findet sich doch ein rückenständiges Herz, welches die ganze Länge des Vorderbauches einnimmt und acht erweitei'te Kammern zeigt, welche durch horizontale Flügelmuskeln in ihrer Lage gehalten werden. Das Herz ist von einem Pericardium umschlossen und zeigt ebensoviel seit- liche, mit Klappen versehene Spaltöffnungen, als Kammern vorhanden sind. Die Klappen sind so gestellt, dass sie den Eintritt des Blutes in das Herz erlauben , aber sich gegen einen Rückfluss desselben bei den Zusammen- ziehungen stemmen. Kleine Gefässe verzweigen sich, direct aus dem Herzen kommend, in die Leber und die benachbarten Organe. Das Herz setzt sich an beiden Enden in eine vordere und eine hintere Aorta fort. Die hintere ver- läuft dorsal längs der Mittellinie nach hinten bis zum Schwanzstachel und versorgt auf diesem Wege die Organe des Postabdomens mit Zweigen. Die vordere Aorta hat einen complicirteren Verlauf. An dem Nervensysteme angelaugt, theilt sich der Stamm in zwei Aeste, die einen Ring um den Schlund bilden, von welchem die bedeutendere!! Zweige für die Organe und Anhänge des Cephalothorax entspringen. Ausser diesen entsendet sie einen rückläufigen Ast, die Supraspinalarterie der Autoren, die sich eng an die ventrale Gauglienkette anlegt, derselben bis zur Spitze des Hinterleibes folgt und auf diesem Wege die Luugenarterien abgiebt. Das Blut läuft durch mediane Venen vom Kopfe und Bauche her zu den Lungensäcken , circulirt in den Blättchen derselben i!nd kehrt durch sieben Paare von Gefässstämmen, die längs den Zwischengelenken der Vorderbauchringe verlaufen, zum Herzen zurück. Ueber die Einzelheiten vergleiche man die Arbeiten von Newport und B 1 a n c h a r d (s. Literatur). — Die männlichen und weiblichen Geschlechts- organe sind nach demselben Grundplane gebaut und aus zwei seitlichen Röhren gebildet, die im Vorderbauche von den Leberlappen umhüllt werden und nach der zwischen den Hüften des letzten Beinpaares gelegenen Geschlechtsöffnung convergireu. Diese seitlichen Röhren lassen Queräste abgehen, die sich beim Männchen mit zwei der Mittellinie genäherten Längsröhren verbinden, wäh- rend sie beim Weibchen in eine einzige Mittelröhre münden. Die Samen- gänge sind an ihrem convergirenden Theile mit röhrenförmigen Nebendrüsen besetzt. Unmittelbar vor der Mündung zeigen sie eine spindelförmige, mit einem eigenthümlichen Chitingerüst ausgestattete Erweiterung , die von Blanchard für einen Penis, von Anderen für eine ausstülpbare Samenblase erklärt wurde. Alle Ovarialröhren , seitliche, quere und mittlere, sind mit vorspringenden Eifollikeln besetzt. Die Eileiter sind an den, den spindel- förmigen Samengangerweiterungen entsprechenden Stellen ebenfalls an- geschwollen und münden in einen km-zen , trichterförmigen Vagiualcanal. Die Scorpione bringen lebendige Junge zur Welt ; der Vorderbauch ist zur Zeit der Trächtigkeit übermässig ausgedehnt. Die Eier durchlaufen alle Stadien der Entwicklung bis zur vollständigen Ausbildung der den Eltern Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. J^J 258 Artliropoden. älinlieben Jungen entweder in den ursprünglichen Follikeln oder in den Ovarialröhren. Die SoUfugen (Solpuyiden oder Galeodiden) unterscheiden sich von allen übrigen Arachniden durch die Segnientirung ihres durch ein Quergelenk deutlich in zwei Tlieile getrennten Cephalothorax. Die Vorderhälfte trägt auf der Stirn zwei grosse, einfache Augen, vorn die an ihrer Basis sehr an- geschwollenen Cheliceren, die mit einer stark bezähnten, senkrecht gestellten Scheere bewaffnet sind und dahinter zwei Paare beinartiger Anhänge, die keine Klauen am Ende tragen. Das erste Paar dieser Anhänge , das man auch Taster genannt hat, trägt an seinem Ende eine kleine, birnförmige Anschwellung, in welcher ein Chitingerüst entwickelt ist. Da diese An- schwellung bei beiden Geschlechtern sich findet, kann sie nicht mit der Aus- bildung der Taster der Spinnenmännchen in Parallele gestellt werden. Die Hinterhälfte , die dem Thorax der ungeflügelten Insecten verglichen werden kann, besteht aus drei, durch Querlinien deutlich gezeichneten Segmeuten, die aber unbeweglich mit einander verbunden sind. Jeder dieser Einge trägt ein Paar sehr langer, mit Klauen bewaffneter Gehfüsse. Die Hüften des letzten Beinpaares sind mit schlagnetzförmigen Blättchen versehen, deren Stiel besonders reich mit Muskeln und Tracheen ausgestattet ist, wäh- rend die Lamellen selbst sehr dünn und zart sind. Diese Hüftlamellen sind wahrscheinlich den Kämmen der Scorpione homolog. Der Hinterleib zeigt keine Spinnwarzen und besteht aus zehn Segmenten. Körper und Beine sind mit langen, steifen Haaren dicht besetzt. Das Nervensystem ähnelt dem der Spinnen. Die in der Vorderhälfte des Cephalothorax gelegene Hauptmasse wird von dem sehr engen Schlünde durchbohrt. Die Ober- schluudmasse ist verhältuissmässig klein und giebt Zweige zu den Augen, den Cheliceren und vielleicht auch Wurzeln zu dem sympathischen Systeme ab. Die kurzen und dicken Connective leiten zu einer mächtigen Unter- schlundmasse , welche die Nerven für die übrigen Anhänge und die Organe des Hinterleibes entsendet und mit einem dünnen Mittelfaden endet, auf dem eine kleine , spindelförmige Anschwellung als Eudiment eines Abdominal- ganglions sich findet. Der Mund liegt auf der Bauchseite zwischen den Basen der Cheliceren ; er hat die Gestalt eines seitlich zusammengedrückten Kegels und wird von einigen kleinen Anhängen umgeben , über deren Be- deutung man nicht einig ist. Der Schlund ist äusserst eng , wie ein Haar- röhrchen; er erweitert sich nach seinem Durchtritte durch die Nervenmasse und nimmt hier von unten her die Ausführungsgänge zweier seltsamer, schlauchförmiger Drüsen auf, deren, eines Paar sich bis zur Haut ersti-eckt und blind auf einer kleinen Warze zwischen der Basis der Cheliceren und der Palpen endet. Dieser erweiterte Darmtheil (Magen) entsendet ausserdem drei Paare langer , seitlicher Blindsäcke. Hierauf wird der Darm röhren- förmig, ist auf dieser Strecke von einer wenig entwickelten Leber umgeben und endet mit einem kurzen Rectum, das vor der Ausmündung in den After sich zu einer Cloake erweitert. Die weissen Maljaighi'schen Röhren bilden zwei Gruppen sehr vei'zweigter, die ganze Bauchhöhle durchziehender Gefässe, Avelche schliesslich sich jederseits in zwei in den Darm mündende Ausfülirungsgänge sammeln. — Die Solifugen athmen durch Tracheen, welche sich im ganzen Körper verzweigen. Ein grosses Stigmenpaar unter dem Thorax, zwei weit kleinere Stigmenpaare unter dem Hinterleibe und ein unpaares Stigma , das einen dorsalen Tracheenstamm entstehen lässt, führen die Luft in das Tracheensj^stem , dessen hohe Ausbildung eine Ver- kümmerung des Ki'eislaufsystemes , ähnlich wie bei den Insecten , nach sich zieht. In der That fiiKlet sich nur ein dorsales , in Kammern mit seitlichen Spalten getheiltes Herz, welches das Blut darch eine kurze, vordere Aorta Arachniden, 259 in die Hohlräume ergiesst. — Die äussere Geschleclitsöffnung ist bei beiden Geschlechtern gleich gebaut und von einem fleischigen Wulste umgeben. Die weiblichen Organe bestehen aus zwei weiten Ovarialsäcken, auf deren äusseren Rändern einzelne Follikel mit breiter Basis aufsitzen, deren jeder ein Ei ent- hält. Die Solifugen gebären, Avie die Skorpione , lebendige Junge , die sich im Follikel entwickeln, dann in den Ovarialsack fallen und durch zwei kurze Canäle ausgestossen werden, die in der äusseren Oeffnung zusammeumünden. Die männlichen Organe bestehen, nach Leon Dufouv, aus vier sehr laugen Hodenröhren, die in der Bauchhöhle zahlreiche Schlingen bilden und sich in ebensoviel Samengänge fortsetzen, deren jeder ein Sameubläschen trägt und schliesslich in einen Spritzcanal enden, der vielleicht nach aussen hervor- gestülpt werden kann. Die Solifugen gelten überall in den heissen Sand- gegenden , die sie bewohnen , für ausserordentlich giftig. Indessen giebt es ganz gewiss keine Giftdrüsen in den Cheliceren ; vielleicht finden sich welche in den angeschwollenen Endkuöpfen der Palpen, die ein complicirtes Chitin- gerüste im Inneren bergen. Weitere Untersuchungen über diesen Punkt sind sehr wünschenswerth. Der Körper der.Müben oder Acariden ist zwar meist kugel- oder eiförmig, kann sich aber doch in einzelnen Fällen so verlängern , dass man einen wirklichen Cephalothorax, an dem die Muudtheile und die vier Bein- paare angebracht sind , und einen Hinterleib ohne Anhänge unterscheiden kann [Demodex). Meist sind indessen alle Köi'perregionen in ein Ganzes verschmolzen'und das letzte Beinpaar Aveit nach hinten gestellt, so dass man kein Abdomen unterscheiden kann. Zuweilen freilich gewahrt man eine Querfurche, die den Kopf vom Thorax oder den Cephalothorax vom Hinter- leibe abgrenzt. — Die erwachsenen Weibchen haben stets vier Beinpaare, die in sehr verschiedener Weise ausgebildet sind, indem sie bei den laufenden oder schwimmenden Gattungen Krallen oder Borsten , bei den Schmarotzern dagegen oft Klebscheiben oder gestielte Saugnäpfe tragen. Die stets chiti- nösen Tegumente zeigen alle Grade von Härte, zwischen sehr weichen und zarten Bedeckungen bei vielen Schmarotzern , bis zur Bildung von harten und spröden Panzern, die aus mehreren Schildern zusammengesetzt und bei einigen so angeordnet sind, dass sich die Thiere zusammenrollen und alle Körperanhänge unter diesen Schildern bergen können [Hoplophora). Zu- weilen sind diese Schilder auf den Seiten flügelartig verbreitert (Oribates). Die Tegumente sind meist mit Haaren bedeckt, von welchen die einen nur Schutzorgane sind, während andere Tastempfindungen vermitteln. Die nach dem allgemeinen Plane der Arthropoden angeordneten Muskeln zeigen deut- liche Querstreifung. — Das Nervensystem besteht aus einer einzigen , zu- weilen ziemlich bedeutenden Ganglienmasse (Atax) , die in der Vorderregion des Körpers auf der Hückenseite liegt. Man hat die davon ausstrahlenden Nerven nicht mit wünschenswerther Genauigkeit verfolgen können , aber doch so viel festgestellt, dass keine Spur von einer Uuterschlundmasse oder einer Bauchkette existirt. — Bei frei lebenden Larven und ausgebildeten Thieren finden sich häufig bis zu drei Paaren am Rande des Kopfes stehender einfacher Augen, die bei den höhereu Arten eine gewölbte Hornhaut, eine Krj'- stalllinse und einen häufig roth gefärbten Pigmentkörper erkennen lassen. Bei den Parasiten und vielen an dm:iklen Orten lebenden Arten fehlen die Augen. Ein Gehörorgan, welches Haller in dem Endgliede des ersten Beinpaares der Zecken {Ricinus) gefunden haben wollte, ist sehr iDroblematisch. — Nach demselben (siehe Literatur) sind die Mundorgane bei allen Milben nach dem- selben Plane gebaut. Ein Epistom, welches nur der eingekrempte Rand des Kopfschildes ist, deckt die beweglichen Theile von oben. Ihm entspricht eine aus zwei Hälften zusammengeschmolzene , Taster tragende Unterlippe, 17* 260 Arthropoden. welche die Theile von unten und den Seiten her einschliesst. Man hat den so gebildeten Eüssel Camerostom genannt. In ihm befinden sich drei Paare beweglicher Anhänge. Das erste Paar, vor welchem man oft noch eine rudimentäre Oberlip^ae ei'kennen kann , ist meist kräftiger als die anderen ; man homologisirt es mit den Cheliceren der übrigen Arachniden. Das zweite Paar trägt die Kiefertaster auf sehr verschiedenartig gestalteten Basal- stücken; das dritte ist meist rudimentär. Man muss indessen zugestehen, dass dieser Grundplan, wenn er überhaupt existirt, die auffallendsten Varia- tionen hinsichtlich der Bildung und Entwicklung der einzelnen Theile zu- lässt. Die Nahrung der Milben ist äusserst mannichfaltig. Einige benagen harte Stoffe, selbst Holz (Oribatiden) und in diesem Falle bilden die Cheli- ceren kurze, kräftige Zangen; andere fangen lebendige Beute, mit klauen- förmigen Cheliceren; wieder andere saugen Blut, nachdem sie mit rückzieh- baren Stiletten gestochen haben. Bei den Saugern bilden in den meisten Fällen die Grundstücke der Kiefertaster, indem sie sich umkrempeln, eine Scheide um die Stilette. Vordere Drüsen , die in die Chelicei'en münden, sind wahrscheinlich Giftdrüsen, während andere, Avelche sich in die Mund- höhle öffnen, als Speicheldrüsen betrachtet werden können. In noch anderen Fällen {Tetranychus) münden solche Vorderdrüsen in den Palpen und sind wahrscheinlich Spinndrüsen. Der häufig mit besonderen Saugvorrichtungen ausgestattete , kurze und enge Schlund erweitert sich bald zu einem ge- räumigen Magen , der häufig durch eine Querfalte in zwei Hälften getheilt ist. Der Magen entsendet in den meisten Fällen seitliche, geräumige und drüsige Blindsäcke (Ixodes); in anderen Fällen zeigt er nur unbedeutende Ausbuchtungen (Proctojjht/Uodes) oder bleibt auch ein einfacher Sack (Atax). Die Ausbildung einer Verdauungsdrüse oder Leber scheint in umgekehrtem Verhältniss zu derjenigen der Blindsäcke zu stehen; sie ist sehr bedeutend bei Atax und fehlt gänzlich bei Ixodes. Der Mitteldarm ist gerade und mündet durch ein Eectum in eine ventral am Kör^^erende gelegene After- spalte, die häufig durch besondere chitinöse Bildungen gedeckt wird. Bei Tromhidium scheint der Mitteldarm nicht in Continuität mit dem Rectum ; er mündet in dasselbe durch zwei sehr feine, seitliche Spaltöffnungen. Häufig findet man einen Fettkörper oder Hautdrüsen mit fettiger Secretion. Ab- sonderungsorgane sind weit verbreitet, bald in Form zweier Malpighi' scher Röhren, die in das Rectum münden (C?«)?iasM?en) oder in Gestalt eines weiten, Y-förmigen, dorsalen Sackes, der in eine cloakenartige Erweiterung des Rec- tums einmündet, und dessen Absonderuugsköi'uer von kreideweisser Farbe die Zeichnung der Milbe bedingen [Atax). Oberflächliche, mit heller Flüssigkeit gefüllte Canäle , die Claparede (siehe Literatur) bei Atax gesehen hat, stehen vielleicht auch mit der Absonderungsfunction in Verbindving. — Bei den meisten Milben hat man weder Herz noch Gefässe gefunden ; das amö- boide Körperchen führende Blut erfüllt die Hohlräume des Körpers. In der letzten Zeit wurde indessen von Win kl er (siehe Literatur) bei einigen Gamasiden und Ixodiden ein rückenständiges, einkammeriges Herz mit zwei seitlichen Spaltöffnungen nachgewiesen, das in eine Aorta ausläuft. — Athem- organe fehlen meist bei den Schmarotzern; wenn vorhanden, werden sie von kurzen, zuweilen blasigen Tracheen hergestellt, die keinen Spiralfaden zeigen und meist in einem einzigen Stigmenpaare ausmünden , das gewöhnlich in der Vorderhälfte des Körpers vor oder hinter den Hüften des letzten Bein- paares, zuweilen aber auch an den Vorderbeinen oder selbst an der Basis der Cheliceren angebracht ist. Ausnahmsweise findet sich hei Tetranychus nur ein einziges, nahe dem Vorderrande des Körpers auf dem Rücken gelegenes, unpaares Stigma. Bei den wasserbewohnenden Hydrachniden, die keine Tracheen besitzen, dienen vielleicht grosse, unmittelbar unter der Haut Aracliniden. 261 gelegeue Blasen, au deueu man aber keine Oeffuungen uacliweisen konnte, zur Athmung. — Die Gesclilechter sind getrennt. Die stets kleineren Männ- eben belialten in vielen Fällen gewisse Larvencliaraktere (Abwesenheit von Tracheen etc.) durch das ganze Leben. Sie zeigen uaeist auf der Bauchfläche cliitinöse Saugnäpfe , die zur Anklammerung bei der Begattung dienen. In manchen Fällen sind aber auch die Weibchen mit solchen Saugnäpfen aus- gestattet. Meist findet sich ein Paar Hoden (drei Paare bei Afax) , deren Drüseutheil in gewundene Samengänge ausläuft , welche zuweilen Erweite- rungen zeigen und in der Nähe der Geschlechtsöfifuung in einen weiteren Sack oder Canal münden, an welchen oft sehr bedeutende Kebendrüsen ent- wickelt sind (Argas). Die Geschlechtsöffuung ist stets auf der Bauchseite weit nach vorn gerückt, fern von dem After und zuweilen zwischen den Hüften der Füsse gelegen. Oft kann ein Penis aus der Oeffnung vorgestülpt werden. Die Zoospermen sind kugelförmig und unbeweglich. — Die beiden Eierstöcke sind zuweilen in eine Masse verschmolzen, aus welcher aber immer zwei Eileiter hervorgehen, die in einen gemeinsamen Sack oder Canal münden, der sich oft zu einem Uterus erweitert , in Avelchem die Eier längere Zeit verweilen. In solchen Fällen finden sich oft an dem Uterus Nebendrüsen oder auch Samenbehälter. Zuweilen (Sarcopfes) ist der Samenbehälter gänz- lich von den anderen Organen getrennt und besitzt eine besondere Oeffnung hinter der Yulva, welche übrigens in ihrer Lagerung ebenso grosse Ver- schiedenheiten zeigt, wie die männliclie Oeffnung. Ausnahmsweise findet sich sogar, nach Claparede, bei Myolia die weibliche Oeffnung auf der Dorsalfläche des Hinterleibsendes. Nach demselben Beobachter fehlen die ausleitenden Canäle vollständig bei beiden Geschlechtern der Gattung Aiax, wo die äusseren Oeffnungen einfach in das Cölom münden sollen, in welchem die von den keimbereitenden Orgauen losgelösten Eier und Zoospermen sich wie in einem Behälter ansammeln. Die Milben legen Eier und zwar ver- einzelt. Während aber die Jungen der Oribatiden, die sich in dem Uterus der Mutter entwickelten, fast unmittelbar nach der Ablage die Eischale ver- lassen , bedürfeu andere Arten weit längerer Zeit zur Entwicklung im Ei. Auch unterscheiden sich die Milben von den übrigen Arachuiden durch den Umstand, dass die meisten von ihnen nach dem Ausschlüpfen noch mehrefe Larvenstadien durchlaufen , in welchen sie den Eltern mehr oder weniger unähnlicli sind. Gewöhnlich hängen diese Formen von den veränderten Lebensbedingungen ab, in welchen die Larven leben. Es kommen manchmal drei oder vier verschiedene Larvenstadien vor, und fast regelmässig findet sich darunter eine Form mit nur sechs Beinen. Wir können auf diese Ent- wicklungen, die von vielen Forschern beobachtet und untersucht wurden, hier nicht näher eingehen. Literatur. — Treviranus, Ueber den hmeren Bau der Arachuiden, Zeitschr. f. Physiol., 1812. — Ders., Vermischte Schriften anatomischen und physiologischen hihalts, Göttingen, 1816. — Ders., Ueber das Nervensystem des Scorpions und der Spinne, Treviranus' und Tiedemann's Zeitschr., Bd. IV, 1831. — A. Duges, Recherches sur l^ordre des Acariens, Ann. sc. nat., 2. Serie, Vol. I, 1834. — J. van der Hoeven, Bijärarjen tot de Kennis van het geslacht Phr't/nus, Tijdshrift v. nutur. Geschied. 1 Bd. 9, 1842. — Newport, On the structure etc. of the nervoiis and cir~ culatory Systems in Mt/riapoda and macrums Arachnida, Philos. Transact., 1843. — • Dujardin, J\lem. svr les Acariens, Ann. sc. natiir., 3. Serie, Vol. III, XII u. 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Der sehr verschiedenartig gestaltete , meist symmetrische Körper wird von einer äusseren, bald weichen und fast zerfliessendeu, bald knorpelartig harten Hülle umgeben, deren Grundsubstauz eine der Cellulose der Pflanzen ähnliche chemische Zusammensetzung zeigt und ursprünglich wohl von Zellen gebildet wird, welche aber meistens so mit einander verschmelzen, dass eine structurlose Masse entsteht, in welcher sich zuweilen noch Kerne , Fädchen und verschiedene andere Zellenreste nachweisen lassen. Dieser sogenannte äussere Mantel zeigt zwei Oeffuungen , eine zum Eintritt, eine zum Austritt des Wassers, die bald einander genähert sind (Ascidieii) , bald gegenüber stehen (Thaliaden). Im Umkreise dieser, häufig von Läppchen um- stellten Oeffnungeu geht der äussere in den inneren Mantel, die eigentliche Körperwand, über, in deren Dicke das Centralnerven- system eingebettet ist, welches bei den erwachsenen Thieren aus einem einzigen Ganglion besteht, von dem die Nerven ausstrahlen und dem bei den frei schwimmenden Formen ein oder mehrere Augen auf- sitzen. In der Körperwand sind ausserdem die Muskeln eingebettet, welche entweder eine zusammenhängende Schicht (Ascidioi) oder ein- zelne Bänder (Thaliaden) bilden. Die grössere Hälfte des Körpers wird von einer weiten Höhle eingenommen, in welcher sich das Athem- 264 Tunicaten. Organ findet, dessen Bildung sehr bedeutende Verschiedenheiten zeigt, auf die wir später näher eingehen werden. Im Hintergrunde dieser Körperhöhle öffnet sich der Mund, welcher in einen stets henkeiförmig umgebogenen Darm führt, der meist durch seine Verknäuelung einen sogenannten Nucleus bildet und mit einem After endet, welcher in einer mehr oder minder von der Körperhöhle getrennten , aber stets mit dieser in Communication bleibenden Cloakenhöhle nach aussen mündet. Auf der ventralen Mittellinie der Körperhöhle verläuft eine drüsige Flimmerrinne, der Endostyl, der sich von der Eintrittsöffnuug gegen den Mund hin erstreckt. Das Kreislaufsystem ist stets in eigenthüm- licher Weise ausgebildet. Ein schlauchförmiges, musculöses Herz fehlt nie; es besitzt aber die nur in diesem Kreise und sonst nirgends in der Thierwelt vorkommende Eigenthümlichkeit, dass die Richtung seiner Zusammenziehungen und somit auch die des Blutstroraes ge- wöhnlich wechselt. Nachdem das Herz eine Zeit lang das Blut von vorn nach hinten getrieben hat, steht es still und treibt dann das Blut in entgegengesetzter Richtung von hinten nach vorn. Das Blut selbst ist vollkommen farblos und enthält kleine Blutkörperchen von wechselnder Form. Wenn man bei einigen Mantelthieren noch von Gefässen reden kann, so giebt es dagegen andere, bei welchen das Blut nur in Lacunen circulirt. Alle Mantelthiere sind Hermaphroditen , besitzen aber nur die inneren, keimbereitenden Organe, Ovarien und Hoden, die meist die Schlinge des Darmes umgeben und mit ihm den Nucleus bilden. Meist reifen die Producte dieser Organe, Eier und Zoospermen, nicht zu gleicher Zeit. Die Beziehungen der Eier wechseln ungemein; während die Ascidien meist Eier in grosser Anzahl erzeugen, bringen die meisten Thaliaden nnv ein einziges zur Reife. Bei den letzteren bleibt auch das Ei bis zur vollständigen Entwicklung des Embryos mit dem mütterlichen Organismus durch ein besonderes Organ (Placenta) in Verbindung, während bei den anderen das noch von seinen Hüllen vimgebene Ei oder eine Larve ausgestossen wird , welche meist mit- telst eines Ruderschwanzes umher schwimmen kann. Ausser der geschlechtlichen Fortpflanzung kommt auch noch Kno- spung in verschiedenen Formen vor. Bei den einen hat die Knospung, mag sie nun auf dem Körper oder auf besonderen Wurzel gebilden (Stolonen) stattfinden, die Erzeugung von Jungen zur Folge, die dem Mutterthiere ähnlich sind und entweder frei bleiben oder durch einen gemeinsamen Mantel eingehüllt werden (Synascidien, Pyrosomen) und so Colonien verschiedener Art bilden. In allen diesen Fällen sind die Knospen aiich geschlechtlich. Bei anderen dagegen sind Knospung und geschlechtliche Fortpflanzung verschiedenen Individuen zugewiesen, indem die knospenden Thiere Geschlechtsthiere und diese wieder kno- spende Thiere erzeugen. Endlich können in einzelnen Fällen diese Thaliaden. 265 Verhältnisse durch das Auftreten mehrerer knospender Generationen und die Ausbildung von heteromorphen Individuen noch mehr ver- wickelt werden. Alle Mantelthiere leben im Meere ; die Ascidien sitzen meist fest, während die Thaliaden frei umher schwimmen. Sie nähren sich von kleinen, im Wasser aufgeschwemmten Organismen. Wir nehmen mit den meisten Autoren zwei Classen an , die wir indessen etwas anders als gewöhnlich umgrenzen, indem wir die Pyro- somen, welche man meist wegen der Bildung ihrer Kiemen zu den Ascidien stellt , den Thaliaden zugesellen , bei welchen sie gewisser- maassen den Synascidien entsprechen. Erste Classe. ^ Thaliaden. Durchsichtige, pelagische Mantel- thiere, die einzeln, in Gesellschaften oder in Colonien leben und die beiden Oeffuungen an den einander entgegengesetzten Körperenden tragen. Körpermuskeln in einzelne Bänder getheilt. Relativ hoch entwickeltes Nervenganglion mit aufgesetzten Augen. Sinnesorgane (Riechorgane V) vor dem Nervensystem gelegen. Athemorgane sehr verschieden gestaltet. Knospang auf einem urspiünglich inneren Stolon. Meist nur ein Ei. 1. Ordnung. — Salpen. Cylinderförmige Kieme, welche die Körperhöhle schief durchsetzt, indem sie vorn an der Rückenwand hinter dem Nervensysteme, hinten an der Bauchwand in der Nähe des Mundes angeheftet ist. Augen bei den beiden Erscheinungsformen der Art, der knospenbildenden und geschlechtlichen Form, verschieden ge- staltet. Die geschlechtliche Form knospt in Doppelreihen auf einem bauchständigen, in der Nähe des Herzens beginnenden Stolo und bleibt während des ganzen Lebens in Ketten vereinigt. Die ungeschlechtige, knospenbildende Form bleibt isolirt. Reifenförmige Muskelbänder um den Körper , die häufig auf der Bauchseite sich nicht schliessen , da- gegen auf der Rückenseite oft in einem Punkte zusammenlaufen. Meist findet sich ein Nucleus; nur selten {S. pinnatd) ist der Darm abgerollt und gestreckt. Der Embryo bleibt bis zur Reife in engster Verbin- dung mit der Mutter. Die in Doppelreihen oder ringförmig geord- neten Ketten bestehen aus vollkommen isolirten, nur an einander haftenden Individuen. Beispiele: Salpa dcmocratka-tiuicronüta, ofri- cana-maxii)ia, innnaia. 2. Ordnung. — Tönnchen (Doliolida). Die häutige und mit Spalten versehene Kieme ist nur in einem Theile der Körperhöhle ent- wickelt. Der Körper ist von vollständigen isolirten Muskelreifen oder auch nur von einer Muskelschleife umgeben. Bei einer Form der Gat- tung Doliolum seitliche Otocysteu. Eingeweide knieförmig gebogen, nicht zu einem Nucleus geballt; Eierstock mit mehreren Eiern. Com- plicirte Wechselgeneration. Beider allein in dieser Beziehung bekannten 206 Tunicaten. Gattung Doliolum finden sich bei den freien geschlechtlichen Individuen Eier, die zu geschwänzten Larven sich ausbilden, deren tonnenförmiger Körper nach und nach verschiedene Arten von heteromorphen Indi- viduen erzeugt, wovon später die Rede sein vrird. Beispiele: Doliohim, Ancliinia. 3. Ordnung. — Feuerwalzen {Pyr osomida). Schwimmende Colonien in Form eines hohlen Tannenzapfens. Die in einem ge- meinschaftlichen Mantel eingeschlossenen Individuen stehen im Kreise, die Eintrittsöffnung nach aussen, die Auswurfsöffnung in die Höh- lung des Zapfens mündend. Der mit Spalten versehene Kiemensack nimmt fast die ganze Körperhöhle ein. Sehr schwach entwickelte Muskelbänder auf der Rückenseite. Eingeweide einen Nucleus bil- dend. Die Geschlechtsthiere besitzen einen ventralen Keimstock und erzeugen ein Ei, aus welchem ein Individuum (Cyathozoid) sich bildet, welches nach Bildung von vier Knospen -Individuen (Ascidio- zoiden) abstirbt. Letztere bilden die neue Colonie, die sich durch Knospen vermehrt, welche auf einem ventralen Keimstock sprossen. Ex. Pyrosoma. Typus: SaJpa democratica-mitcronata, Forsk. — "Wir haben diese kleine, etwa einen Centimeter lang werdende Salpe deshalb gewählt, weil sie nicht nur im Mittelmeere , sondern auch in den nor- dischen Meeren häufig vorkommt, während die anderen grösseren Arten meist nur beschränkte Verbreitungsbezirke zeigen. Man fischt sie mit dem feinen Netze und unterscheidet sie leicht durch die schöne blaue Farbe ihres Nucleus. Sie erhält sich ziemlich lange lebend in grossen Glasgefässen , deren Wasser man häufig erneuert. Da die beiden Formen der Art sehr verschiedene Gestalt zeigen, so müssen wir sie besonders beschreiben. Die ungeschlechtliche, knospenbildende und solitäre Form {SaJpa democratica) (Fig. 116) hat einen fast cylindrischen, länglichen Körper, der indessen von oben nach unten etwas abgeplattet ist, so dass man zwei breitere, Rücken- und Bauchfläche, und zwei schmälere Seitenflächen unterscheiden kann. Das abgestutzte Vorderende wird von der sehr breiten Eingangs Öffnung (Ji) eingenommen, die von zwei Lippen mit mächtigen Schliessmuskeln, einer ventralen und einer dorsalen, eingeschlossen wird. Nach hinten verschmälert sich der Körper und endet mit einer breiten ventralen Kegelspitze, in deren Basis der längliche, strohgelb gefärbte Nucleus (s) eingeschlossen ist. Der ventralen Spitze entspricht auf der dorsalen Seite eine kleinere, warzenförmige. An den Seiten des Hinterendes entspringen zwei Paar dui-chsichtiger, schmiegsamer Anhänge; die vorderen (e) sind kürzer, die hinteren (e') erreichen oft die Hälfte der Körperlänge. Diese Anhänge werden von dem äusseren Mantel (rt) gebildet, der Thaliaden. 267 ziemlicli fest, aber vei'liältnissmässig wenig mächtig ist. Man sieht an der Innenfläche des äusseren Mantels in der Körperwand sechs von einander unabhängige, abgeplattete Muskelbänder (g), welche reifartig pio-. 116. von der Rückenfläche ^ über die Seitenflächen \ \ auf die Bauchfläche sich krümmen, wo sie enden und ein mittleres Feld, das keine Muskelbildun- gen zeigt, gänzlich frei lassen. Zwei Längsfal- ten ((?) , welche dieses Feld begrenzen, treten besonders bei der Zu- sammenziehung deut- lich hervor. Der vor- derste Muskelreif zieht an dem Centralner- vensystem vorbei, das aus einem einzigen, fast kugelförmigen Ganglion (/) besteht und an seinem Vorderrande einen dunkelrothen, huf- eisenförmigen Augen- Salpa democrutlca, nach dem Leben und von der Endo- stylseite aus in sechsfacher Grösse mit der Camera hi- cida gezeichnet. «, äusserer Mantel; h, Zwischenmantel- raum ; c, innerer Mantel ; c?, Längsfalte, das von Muskeln entblösste Feld begrenzend ; e, vordere Seitenanhänge; e', hintere Anhänge , in welche eine Ausstülpung e^ des inne- ren Mantels eindringt ; J\ mittlerer Hinterstachel ; , Fig, 118, Ä), die sich in die Körperhöhle öffnen. Die Wände dieses Sackes sind häutig, zart, sehr durchsichtig, aber ziemlich steif und elastisch. Mau sieht an ihnen Zeichnungen, die durch Faltungen oder unregelmässige Rauhigkeiten hervorgebracht scheinen. Welche Function hat dieses Organ? Eine bestimmte Antwort auf diese Frage lässt sich nicht geben. Man kann das erste mitt- lere Nervenpaar, welches aus dem Centralnervenknoten hervortritt (g, Fig. 118, A) , leicht bis zum Grunde des Bechers verfolgen, sich aber ebenfalls, wenn auch mit etwas mehr Mühe, überzeugen, dass die Nerven unter dem Becher durch nach vorn gegen den Mund hin 276 Tunicaten. verlaufen und nicht in das Organ selbst eintreten. Auch einen Seiten- zweig zu dem Organe sucht man vergebens. Die starren Haare im Inneren des Bechers, die Flimmerorgane auf seiner Mündung sprechen für eine Sinnesfunction. Wir haben während mehrerer Stunden Salpen in Wasser mit aufgeschwemmtem Carmin gehalten ; die Farbstoff- theilchen sammelten sich in der wdmpernden Mündung des Bechers wohl in noch grösserer Menge als am Endostyl; wir haben aber nie- mals, weder in dem Becher, noch in dem Zipfelsacke des Organes, Farbtheilchen gefunden. Man kann vermuthen , dass das Organ ein Geruchsorgan sei, aber bewiesen ist diese Function noch gar nicht. Verdauungssystem. — Man kann an diesem Systeme zwei. Abschnitte unterscheiden, den zuführenden und den verdauenden. Die Eintrittsöffnung lässt in der That bei jeder Oeffnung einen Wasserstrom eintreten, der die ganze Körperhöhle erfüllt und eine Menge aufgeschwemmter Theile, Thierchen xxnd einzellige Pflanzen, mit sich führt, die in der Körperhöhle umherwirbeln imd sich all- mählich gegen ein besonderes Organ hin versammeln, welches mit blossem Auge in der Medianlinie der Bauchfläche leicht erkannt werden kann und allgemein der Endostyl (o, Fig. 116, 117) genannt wird. Dieses, bei der Einzelform mehr in die Länge gezogene Organ erstreckt sich bei beiden Formen über die Eintrittsöflfnung hinaus bis zur Unter- lippe derselben. Es ist eine tiefe, auf der Kante einer in die Körper- höhle vorspringenden Längsleiste ausgehöhlte Rinne. Die Kante selbst ist durch seitliche Bänder (o'-, Fig. 116) mit dem inneren Mantel verbunden. Diese Bänder, in welchen zahlreiche Blutströme verlaufen, vereinigen sich hinter dem Drüsentheile des Endostyls in der Mit^iel- linie und setzen seinen Verlauf bis zur Kieme hin fort. „Man kann in diesem Organe", sagte Einer von uns vor Jahren (Vogt, s. Literatur), „mehrere, gewissermaassen von einander unab- hängige Formationen unterscheiden: die Wimperauskleidung, die Bil- dungen des Gefässsystemes und die innere Rinne, die sich durch ihre weissliche Farbe auszeichnet." Beobachtungen am Lebenden wie an Schnitten zeigen , dass diese Unterscheidung aufrecht erhalten werden muss. „Die Lippen der Rinne sind mit sehr lebhaft wimpernden, langen Flimmerhaaren besetzt. Wenn die beiden Lippen sich aneinander legen, so kleiden die Wimpern den Grund aus und trennen denselben von dem Innenraume der Rinne. Dieser ist von drüsiger Natur, mit grossen hellen Zellen ausgekleidet, welche in der Tiefe einige Längs- wülste bilden, die gegen die Auskehlung der Rinne vorspringen. Diese Zellen sondern einen durchsichtigen, klebrigen Schleim ab. An ihren beiden Enden erweitert sich die Rinne und erscheint hier zugeschnitten wie die Spitze einer Schreibfeder; in diesen Erweiterungen ist die Flimmerbewegung am lebhaftesten." Thaliaden. 277 Die beiden durchsichtigen Seitenbänder, welche den Drüsentheil auf seiner ganzen Länge einfassen , entstehen aus der Vereinigung zweier Flimmerlinien (m, Fig. 116, 117), die an der vorderen Au- heftungsstelle der Kieme ihren Anfang nehmen, allmählich auseinander weichen, die Eintrittsöffnung umkreisen und sich etwas von der aus- gekehlten Spitze des Endostyls wieder in der Mittellinie vereinigen. Die Wimperbeweguug verläuft auf diesen Linien in der Richtung von der Kieme zum Endostyl und setzt sich auf dessen Kinne selbst von vorn nach hinten fort. Die in dem Wasser der Körperhöhle auf- geschwemmten Theilchen werden ziemlich schnell in dieser Richtung fortbewegt, und während ihres Fortgleitens mit dem in Menge von den Drüsen Wülsten der Rinne abgesonderten Schleime umhüllt, wobei sie die Gestalt von gedrehten Fäden oder Tauen annehmen. Die neueren Untersuchungen h^ben demnach einfach bestätigt, was der Eine von uns schon im Jahre 1854 festgestellt hatte, nämlich, dass dieser beständig von vorn nach hinten gehende Wimperstrom die Nahrungsmittel dem Darmmunde zuführe. Indessen findet sich bei unserer tj'pischen Art ein ziemlich be- deutender Zwischenraum zwischen dem hinteren Ende des drüsigen Endostyls und dem Darmmunde und dieser Zwischenraum ist relativ sehr gross bei der Kettenform (o^, Fig. 11(3). Auf diesem setzen sich nur die beiden bewimperten Lippen der Rinne fort, eng verschmolzen und bedeutend abgeplattet. Man kann also mit Recht sagen, dass der Endostyl eine mediane Wimperrinne darstellt, welche auf einem Theile ihrer Erstreckung eine drüsige Beschaffenheit hat. Am hinteren Ende dieses Flimmerstreifens, auf welchem die zur Nahrung bestimmten Schleimknöllchen dahingleiten, liegt auf dem Halse des zugespitzten Nucleus der Darmmund (j), Fig. 116, 119), der die Gestalt einer abgeplatteten und etwas gewundenen Trichter- öffnung hat. Die etwas verdickten Wülste, welche die Lippen dieses Mundes bilden, erstrecken sich bei der Kettenform (Fig. 117) etwas weiter nach vorn auf die Flimmerrinne. Dieser, auf seiner ganzen Fläche flimmernde Mund führt in einen kurzen, trichterförmigen und abgeplatteten Schlund (c, Fig. 123), dessen Innenfläche ebenfalls ein Wimperepithelium trägt. Die Einzelform eignet sich zum Studium des Darmcanales , der allein den Nucleus füllt, besser als die Ketten- form, bei welcher der Darm von den Blindsäcken des Hodens umgeben ist. Der aus festen , von cylindrischen Zellen gebildeten Wänden (c, Fig. 123) bestehende Schlund mündet in einen ziemlich weiten, blind nach hinten geschlossenen Magensack, der einer spitz endenden Flasche gleicht, aiif deren nach vorn gerichteter Basis zwei Hälse auf- gesetzt sind, einerseits der Schlund, anderseits das kurze Rectum. Die ganze Bildung gleicht sehr derjenigen der Bryozoen. Im Inneren seiner dünnen Eigenhülle zeigt der Magen eine dicke Endothelschicht, 278 Tunicateii. die aus langen, palissadenartig neben einander stehenden Cylinder- zellen gebildet ist, welche runde, grosskernige Drüsenzellen (cf, Fig. 123) umgeben. Die Wände des Magens setzen sich in das Rectum fort, wo sie wenig nach innen vorspringende Längswülste bilden, aber eine abweichende Structur zeigen. Sie bestehen aus feinen Cylinderzellen, die aufschnitten einen inneren Ueberzug gewahren lassen (/, Fig. 123), welcher verklebten Wimperzellen ähnlich sieht. Das Rectum öffnet sich nicht in einen Cloakenraum , sondern direct in die Körperhöhle am Anfange der meist etwas röhrenförmig ausgezogenen Austritts- öffnung. Bei lebenden, namentlich bei mit Carmin gefütterten Salpen kann man leicht den Austritt der Excremente in Form kleiner Würst- chen beobachten. Anhangsorgane des Darmes fehlen durchaus. Athemorgane. — Man kann auch hier zwei Abtheilungen an- nehmen: die schon erwähnten Flimmerlinien (;«, Fig. 116, 117) und die Kieme (») , welche schief durch die allgemeine Köi'perhöhle gespannt ist und vorn an der Rückenseite in geringer Entfernung hinter dem Centralgauglion, hinten dagegen an der Bauchseite im Be- ginne des Nucleus angeheftet ist. Die Flimmerlinien zeigen bei beiden Formen dieselbe An- ordnung. Wie schon bemerkt, beginnen sie am Vorderende des Endo- styls, weichen auseinander, um die Ecken der Eintrittsöffnung zu um- kreisen und Tereinigen sich auf der Mittellinie der Rückenseite am Anheftungspunkte der Kieme. Da diese letztere bei der Einzelform (Fig. 116) länger ist, so bildet die Flimmerlinie bei ihr fast einen Kreis, während bei der Kettenform (Fig. -117) ihr Verlauf gestreckter ist. Auf dem grössten Theile ihrer Erstreckung sind die Wimpern auf einem von sehr feinen Fasern zusammengesetzten Bande au- gebracht. Aber an den beiden Enden, sowohl gegen den Endostyl wie gegen die Kieme hin, erhebt sich diese bandförmige Grundlage allmählicli und bildet schliesslich eine nach innen vorspringende Falte, so dass wir z. B. am Anfange der Kieme (Fig. 118, A, IS) zwei starke, etwas umgekrempelte Falten sehen, welche durch ihre Vereinigung eine Art dreieckiger Höhle bilden , in welcher die Wimperbewegung äusserst lebhaft ist. Die Bewegung geht von der Kieme zum Endo- style und ist nur die Fortsetzung des an der Oberfläche der Kieme aufsteigenden Wimperstronies. Hiernach stellt sich die Kieme ge- wissermaassen als ein aus der Verschmelzung der beiden Flimmer- linien hervorgegangenes Organ dar und die Spur dieser Verschmelzung lässt sich noch längs der ganzen Kieme in Gestalt einer Linie er- kennen, in welcher die queren Wimperwülste der Kieme unter- brochen sind. Die Kieme selbst besteht aus zwei wesentlichen Theilen, einem festen Cylinder, der längs seiner dorsalen Mittellinie in der Art aus- Thaliaden. 279 gekehlt ist, dass er auf Querschuitten einem dicken, wie ein Circumflex gebogenen Bande gleicht, und einem AnheftungsLaude, welches sich an den Ansatzstellen der Kieme bedeutend erweitert. Der Cylinder wird von einer Substanz gebildet, die ebenso fest und homogen ist, als diejenige des Mantels; aber auf seiner gegen die Körperhöhle ge- wendeten Aussenfläche gewahrt man besondere Bildungen, rippenartig erhabene, mit Wimpern besetzte Querwülste, die mit leicht aus- gekehlten, etwas breiteren Zwischenräumen abwechseln. Die Wimper- wülste bilden etwas schief gegen die Kiemenaxe mit der Convexität nach hinten gerichtete Bogen ; sie verflachen sich etwas gegen die ven- trale Mittellinie hin, die sie nicht ganz erreichen, so dass hier die oben erwähnte Längslinie frei bleibt, welche auf Querschnitten sich als eine erhabene Kante darstellt. Bei der Profilansicht (Fig. 120 a. f. S.) stehen die Flimmerlinien wulstartig vor. Die sie bildenden Wimperzellen sind cylindrisch und schwach begrenzt; sie tragen an ihrem freien Ende ein Büschel kurzer, ziemlich dicker Wimpern. Die Thäler zwischen den Flimmerwülsten (?) sind mit einem Pflasterepithe- lium ausgekleidet, dessen unregelmässige Kerne sich leicht fäi-ben. Die specielle Stromrichtung auf den Wimperwülsten läuft ihrer Länge nach gegen die Mittellinie; die Gesammtrichtung verläuft längs der Kieme vom Nucleus gegen die vordere Anheftungsstelle, also in einer der Bewegung auf dem Endostjd entgegengesetzten Richtung. Das Haltband besteht aus zwei sehr dünnen, häutigen Blättern, die eng aufeinander liegen, sich bei der Annäherung an den Cylinder etwas verdicken und mit den Seitenrändern desselben zusammen- fliessen. Wir haben diese Bildung mit grösster Deutlichkeit sowohl auf Schnitten als auch bei mit Tusche injicirten Salpen bestätigen können und aus den Injectioneu die Ueberzeugung geschöpft, dass das Haltband das eigentliche Respirationsorgan ist , wo der Austausch der Gase zwischen dem Blute und dem umgebenden Wasser stattfindet, während der Wimpercylinder nur ein zur Herstellung eines beständigen Stromes dienendes Hülfsorgan ist. Um dieses Verhältniss zu veran- schaulichen, müssen wir in einige Einzelheiten über Kiemen, die mit Tusche injicirt wurden, eingehen. W^ir haben in Fig. 120 ein Stück einer so injicirten Kieme der grossen Kettenform S. maxima gegeben, deren Einzelform als S. africana bekannt ist. Die Injection ist leichter bei solchen grossen Arten, aber die Organisation der Kieme ist genau wie bei unserer typischen Art. Man sieht auf diesem Präparate, dass der mit Wiraperwülsten besetzte Cylinder nur einige wenige Nährgefässe (?') besitzt, welche aus einem engen Maschennetze (g) entspringen, das an dem Cylinder sich hinzieht uud in einen dünnen Sammelcanal (Ji) mündet, der längs den Enden der Wimperwülste verläuft. Das Gefässnetz zeigt weitere Maschen in der Nähe des grossen, mittleren Sammelcanales (e), auf 280 Tunicaten. riß-. 120. ab c welchem die zahlreichen Stämme entspringen, die in dem Maschen- netze sich verzweigen und mit einander anastomosiren. Dieser grosse mediane Längscanal verläuft auf der Trennungslinie der beiden Blätter des Haltbandes. In jedem dieser Blätter ist wieder ein Maschennetz entwickelt, ähnlich dem der vorderen Seite. Um die Figur nicht zu verwirren, haben wir nur das eine dieser Blätter gezeichnet, aber durch abwechselndes Erhöhen und Niederlassen des Focus kann man sich leicht überzeugen, dass in der Substanz eines jeden der beiden über einander liegenden Blätter ein Gefässnetz entwickelt ist. Diese ana- stomosirenden Gefässe fliessen endlich in einem fast randständigen Samraelcanale (c) zu- sammen, der längs des Bandes verläuft und dessen Existenz auch beweist, dass hier die beiden Blätter mit ein- ander verschmolzen sind. Die auf Quer- schnitten deutlich sicht- baren freien Ränder unterscheiden sich auch hier durch zwei Längs- linien (a, h). Beobachtet man eine lebende Salpe, so sieht man leicht die Blut- körperchen in dem gros- sen mittleren Sammel- caual sich vorwärts be- wegen; es ist uns aber niemals gelungen, Blut- körperchen in dem Ma- schennetze oder in den kleinen Sammelcanälen sich bewegen zu sehen. Es scheint, als Hessen die Maschennetze ebenso wenig die relativ gros- sen Blutkörperchen, als etwas grobkörnige In- jectionsmassen passiren, Stück einer mit Tusche injicirten Kieme von Salpa maxima [afrlcana). Verick, Oc. 1, Obj. 0. Camera dura. A, häutiger dorsaler Rand ; B, ventraler Rand des Cylinders. a, b, Nahtlinien der beiden das Halt- band bildenden Blätter; c, kleiner dorsaler Sammel- canal ; d, Capillarnetz auf den Blättern; e, grosser mittlerer Sammelcanal ; /, Gefässnetz mit weiten Maschen; g, engniaschiges Gefässnetz; h, kleiner, längs dem Cylinder verlaufender Sammelcanal ; i, Nähr- gefässe des Cylinders; Ä, Flimmerwülste ; /, Zwischen- ■thäler mit Pflasterepithelium. wie z. B. Chromgelb, während Tusche leicht eindringt. Demnach würde nur das Blutplasma in diesen Netzen circuliren und sich oxydiren. Thaliaden. 281 Kreislauf. — Man kann den Kreislauf auf zweierlei Weise unter- suchen: unmittelbar durch Transparenz unter dem Mikroskope bei kleinen Arten , wie unsere typische , oder bei grösseren Arten mittelst Injection. Die erste Methode bietet Schwierigkeiten durch die un- gemeine Durchsichtigkeit und Fai'blosigkeit des Plasmas, wie der ver- hältnissmässig seltenen Blutkörperchen. Diese sind ziemlich gross, von unregelmässiger, aber doch meist rundlicher Form und legen sich hcäufig in Form kleiner AVürstchen zusammen. Man kann dann leicht die Strömung solcher Würstchen verfolgen ; da die Blutkörperchen aber ihrer Grösse wegen nicht in die feineren Verzweigungen und die Capillareu eindringen, so kann mau auf diese Weise sich nur über die grösseren Blutbahnen Rechenschaft geben. Die Injection lebender Individuen der grösseren Arten ist ziemlich leicht. Man stösst die Spitze einer feinen, in ein Kautschukrohr ein- gelassenen Glascanüle in das Herz und treibt durch langsames und bemessenes Einblasen die Masse in das Organ. Das Herz treibt selbst die Masse weiter ; es fährt fort zu schlagen , und wir haben Thiere drei oder vier Tage mit beständig pulsirendem Herzen lebend erhalten, bei denen nicht nur sämmtliche grosse Gefässe, sondern theilweise auch die Capillaren mit Injectionsmasse gefüllt waren. Die Massen zeigen hinsichtlich des Eindringens Verschiedenheiten. Frisch ge- fälltes Chromgelb füllt sehr leicht das ganze System des Endostyls, dringt aber nicht so leicht in die von der Kieme abhängenden Bahnen ein. Man empfindet eine Art Widerstand, als existire an der Herz- mündung der Kiemengefässe ein Klappenapparat, dessen Existenz wir indessen nicht auf andere Weise nachweisen konnten. Dagegen dringt chinesische Tusche leicht in das Kiemensystem ein. Die feinen schwarzen Theilchen kleben an den Wänden der Blutbahnen an und bringen so die feinen Capillaren zur Anschauung. Man kann so- gar, zu flüchtiger Anschauung, Luft einblasen, die indessen bald durch Osmose wieder aus den Gefässen verschwindet. Wir halten unbedingt die von Einem von uns (s. Literatur) vor Jahren aufgestellte Behauptung aufrecht, dass der gesammte Kreis- lauf in Lacnnen vor sich geht, welche in der Substanz des inneren Mantels ausgehöhlt sind, und dass man trotz der grossen Regelmässig- keit der Stämme, Aeste und Capillaren keine besonderen Wände der- selben nachweisen kann. Man kann diese Ansicht leicht an der grossen Lacune erhärten, welche den Nucleus einnimmt und in welche Darm und Hoden eingetaucht sind. Man sieht hier (h, Fig. 123) Bindegewebsstränge, welche unregelmässige Räume umgrenzen, in welchen die Blutkörperchen um diese Brücken und Stränge kreisen. Das Herz (f, Fig. 116, 117, 121; jj, Fig. 122) liegt auf der Rückenfläche in einer Höhle, die in einer Fortsetzung der fast knor- peligen Substanz des Nucleus ausgegraben ist, die als Herzbeutel 18* 282 Tunicaten. fiingirt. Es bildet einen kurzen, ziemlicli breiten Schlauch, der nur an beiden Enden an dem Pericardium angeheftet ist , und scheint wesentlich musculöser Natur. Doch müssen wir bemerken, dass wir niemals wirkliche Muskelfasern zur Anschauung bringen konnten ; man sieht nur, wenn man die Wände des sich zusammenziehenden Herzens scharf im Profil beobachtet. Kerbungen, die durch Fasern bedingt scheinen. Die Zusammenziehungen sind wurmförmig und gehen bald von hinten nach vorn, bald in umgekehrter Richtung, und diese Aenderungen der Richtung, die von einer kleinen Ruhepause unterbrochen werden, scheinen in ganz regelmässigen Intervallen sich zu folgen. Es kann also von Arterien und Venen keine Rede sein; in jeder Blutbahn, die man unter dem Mikroskope fixirt, kann man die Blutkörperchen sehen, wie sie während einiger Zeit in einer gegebenen Richtung strömen, mit einigen Schwankungen innehalten und dann in entgegengesetzter Richtung sich bewegen. Um aber unsere Beschrei- bung zu erleichtern, fixiren wir den Augenblick, wo das aus dem Herzen getriebene Blut in die Kieme eindringt, um dann durch das System des Endostyls wieder in das Herz zurückzukehren; das Blut stj-ömt in diesen beiden Organen thatsächlich stets in entgegengesetzter Richtung. Der Kiemen ström geht aus dem vorderen Ende des Herzens hervor (Fig. 121, 122) und tritt an das hintere Ende der Kieme heran, indem er der Falte folgt, welche die Kieme an dem Nucleus befestigt. Bei lebenden Thieren kann man nur den grossen Mittel- canal der Kieme sehen {x, Fig. 122), in welchem zahlreiche Blut- körperchen dicht gedrängt strömen ; die seitlichen Sammelcanäle und die Capillarnetze, welche wir oben bei Gelegenheit der Kieme be- schrieben und in Fig. 120 abgebildet haben, entziehen sich am Lebenden der Beobachtung. Wir verweisen also bezüglich ihrer auf die dort gegebene Beschreibung (S. 280). Am vorderen Ende der Kieme vereinigen sich die seitlichen Canäle mit dem mittleren Hauptstrom, der allein seinen Weg zu dem Central- ganglion des Nervensystemes fortsetzt (Fig. 121), das ebenso wohl, wie die Flimmergrube, allseitig von einem weiten Blutsinus umgeben ist, in welchem die Blutkörperchen nach allen Richtungen hin herum- wirbeln. Der Stamm sendet, bevor er sich zur Bildung des Sinus erweitert, Aeste in das Haftband der Kieme («', Fig. 122), welche gegen den dort gelegenen Vereinigungspunkt der Muskelbänder verlaufen und in diesen ihren Weg fortsetzen. Von dem die Flimmergrube um- gebenden Sinus aus gabelt sich der Strom in zwei Aeste (w^, Fig. 121), fl die zu den Ecken der Eintrittsöffnung emporsteigen und einen ge- schlossenen Kreis um dieselbe bilden. Aber am Austrittspuukte aus der Kieme entsendet der Mittelcanal noch zwei andere Seitenäste, welche einen weiteren Kreis beschreiben und den Flimmerlinien Thaliaclen. Fig. 121. 283 Salpa mucroHuta. — Nach Beobachtungen am Lebenden combinirtes Schema des Kreislaufes. Man hat zur Anhige der Zeichnung die Pause der Fig. 117 und die- selben Buchstaben zur Bezeichnung der Organe benutzt. Nur die Hauptströmungen sind gezeichnet , dagegen die Seitenäste and Capillarnetze ganz weggelassen v^'orden. a, äusserer Mantel; c, innerer Mantel; g, Muskelreifen; h, Eintrittsöffnung; i, Aus- trittsöffnung ; k, Sinnesorgan ; /, Centralganglion ; m, Flimmerstreifen ; n, Kieme ; n^, ihr Aufhängeband; 7i^, centraler Kiemenstrom zum Nervenknoten; 7i^, Gabelung dieses Stromes zur Qmspannung der Eintrittsöffnung; o, drüsiger Endostyl ; o^, Fort- setzung desselben zum Munde ; p, Darmmund; q, Nucleus; s, Blutlacune im Nucleus ; f, Herz ; n, Ei : ?.•'), und aus drei Doppelreihen von Knospen, die um so grösser sind, je weiter von dem Stiele sie sich befinden. Die distale Reihe (r") löst sich nach vollständiger Aus- bildung ab und tritt als Kette durch einen Schlitz an der Rückenfläche hervor. In der im Meere schwimmenden , losgelösten Kette hängen die einzelnen Individuen nur durch die erwähnten zungenförmigen Fortsätze zusammen. Kettenform. — Das Ei (Fig. 117. ^l) liegt auf der rechten Körperseite, nahe an dem Mundtrichter, eingeschlossen in der inneren Schicht der Körperwand, wo es einen kleinen Yorsprung gegen die Körperhöhle bildet. Es tritt schon sehr früh bei den Knospen in die Erscheinung, bleibt aber nahezu unverändert, bis die Kette sich vom Stolo ablöst. In diesem Zeitpunkte besteht der weibliche Geschlechts- apparat bei unserer Art in einer Art Kapsel oder Follikel, der gegen die Mittellinie hin geschlossen , seitlich in einen anfangs engen , dann erweiterten Hals sich fortsetzt, der eine kreisförmige Oeffnung um- giebt, in welche der oben erwähnte Blutstrom eindringt. Mit Aus- nahme dieses Blutcanales, der eine knieförmige Biegung macht, um aus dem Hals in die Kap)sel einzutreten, ist das ganze flaschenförmige Gebilde ringsum geschlossen durch ziemlich dicke Wände, die aus Cylinderzellen bestehen. Es liegt in einer von zwei wulstigen Lippen knopflochartig umgebenen Vertiefung, deren bildende Zellen höher sind als die Pflasterzellen , welche in der Umgebung die Körperhöhle auskleiden. Im Inneren des in der Kapsel eingeschlossenen Eies unter- scheidet man ein rundes, helles Keimbläschen mit einigen, wenig deut- lichen Keimflecken. Wir gehen in die Beschreibung der einzelnen Phasen, welche das Ei bis zur Entwicklung des reifen Embryos durchläiift, Klüftung, Bil- dung der Keimblätter und der einzelnen Organe, nicht ein; man wird darüber die zahlreichen Schriften von Todaro, Salensky, Barrois etc. zu Rathe ziehen , die im Literaturverzeichnisse angeführt sind. Wir bemerken nur, dass der Embryo zur Reifezeit eine verhältnissmässig enorme Grösse erreicht, die Leibeshöhle der Mutter fast gänzlich aus- 288 Tunicaten. füllt und ausser den dem erwachsenen Zustande zukommenden Organen noch zwei provisorische Organe besitzt, die beide auf der Endostylseite des Embryos liegen und die Verbindung mit der Mutter vermitteln, während die entgegengesetzte Seite mit dem Nervensystem und den beiden Körperöffnungeu vollkommen frei ist. Das eine dieser Organe, die Placenta, ist unmittelbar an der Körperwand der Mutter an- geheftet ; es sieht einem hohlen Kuchen ähnlich, in welchen zwei mäch- tige Blutströme von der mütterlichen Seite her eindringen, die aus der Theilung des ursprünglich in die Eikapsel eintretenden einfachen Stromes herrühren. Sie vertheilen sich in dem ganzen mit Spindel- zellen erfüllten Organe, das ausserdem vom Embryo her einen be- deutenden, aus dem System des Endostyls abgezweigten Blutstrom erhält. Die beiden Strömungen vertheilen sich in weitmaschige Räume, ohne direct mit einander zu communiciren, da sie durch Scheidewände und Brücken getrennt werden, die von den erwähnten Spindelzellen gebildet sind. Hinter der Placenta und wie diese von einer Verdickung des inneren Mantels des Embryos umhüllt, die hier mit der Körperwand der Mutter verschmilzt, liegt der Eläoblast, ein birnförmigcr, grossentheils aus Fettzellen zusammengesetzter Körper. Dieses Organ , welches sich weit später als die Placenta entwickelt, steht in keiner directen Ver- bindung mit dem Körper der Mutter; es ist wahrscheinlich zur Auf- speicherung von Ernährungsmaterial bestimmt. Ursprünglich ist der Embryo fast mit seiner ganzen Bauchfläche und besonders durch die Umgebung der beiden genannten Organe an die Körperwaud der Mutter befestigt, aber während seines Wachsthumes verringert sich diese Anheftungsfläche mehr und mehr und zwar hauptsächlich von dem Eläoblast her, dessen Umgebung sich nach und nach abrundet und sich gänzlich loslöst. Schliesslich haftet der Embryo nur noch durch die Placenta an der Mutter und seine Anheftungsstelle zieht sich so zusammen, dass sie um den mütterlichen Blutstrora einen hohlen Stiel bildet, auf welchem der Embryo balancirt und sich sogar so weit drehen kann, dass seine Eintrittsöffnung gegen die Austritts- öffuung der Mutter gewendet ist, während die umgekehrte Lage die normale ist. Endlich reisst dieser hohle Stiel ab und der Embryo wird als Salpa demoer atica ausgestossen. Aber auch im freien Zu- stande trägt er noch lange die beiden provisorischen Organe hinter dem Endostyle mit sich herum, die nach und nach und zwar, wie es scheint, im Verhältniss zum Anwachsen des Stolo und seiner Knospen resorbirt werden. Der Hoden (r,Fig. 117) ist gänzlich auf den Nucleus beschränkt, dessen Lacune er gemeinschaftlich mit dem Darmcanale ausfüllt. Er besteht aus einem breiteren , den Mund- und Afterdarm umgebenden Theile und öffnet sich durch einen, von sehr dünnhäutigen Wänden | Thaliaden. 289 gebildeten Samenleiter (^r, Fig. 123) mit etwas erweiterter Mündung neben dem Rectum in die Röhre der Austrittsöffnung. Es ist uns geglückt, in dem Fig. 123 abgebildeten Querschnitte den Samenleiter seiner ganzen Länge nach bloss zu legen. Die in einer Enderweite- rung (g^, Fig. 123) und vor der Mündung angehäuften Zoospermen lassen keinen Zweifel über die Deutung dieses Canales, der eine schlitz- artige Gestalt hat, horizontal verläuft und am vorderen Theile der verbreiterten Hodenmasse entspringt (/). Von dieser Masse gehen nun Blindschläuche aus, die etwas spitz enden und gegen das Ende Fig. 123. ..fv Salpa viacronata. — Stück eines Querschnittes durch den Nucleus unmittelbar hinter dem Darmmunde. Gundlach, Oc. 1, Obj. IT. Camera clara. a. Innenwand der Körperhöhle ; h, Substanz des Nucleus ; c, Schlundwand ; c^, Xahrungsstofife in seiner Höhle; f7, Magenwand; d^, Magenhöhle; e, Rectum; e^. Höhle desselben; /, mit Zoospermen gefüllter Hodenschlauch, quer durchschnitten; /^, ein solcher, ange- schnitten; 7, Samenleiter; g^, Zoospermen in seiner Erweiterung; g-, ausgestossene Zoospermen vor der Mündung; Ä, ä, Bindegewebebrücken, welche die Lacunen des Nucleus durchziehen. des Nucleus gerichtet sind. Diese Hodenschläuche, deren Zahl je nach der Entwicklung des Organes wechselt (wir haben auf einzelnen Quer- Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. 19 290 Tunicaten. schnitten bis zu einem Dutzend gezählt), umgeben den Verdauungs- apparat von allen Seiten und ihre Enden ragen noch nach unten über den Darm hinaus in die Lacune vor, deren Blut sie allseitig umspült. Die Blindschläuche wie der gemeinsame Theil zeigen sich beim Leben- den wie auf Schnitten anfangs aus ziemlich dicken, steifen Wänden gebildet, welche von einer continuirlichen Schicht runder Zellen ausgekleidet sind. Etwas später sind die Innenräume mit solchen runden, durchsichtigen Zellen erfüllt, die in einer schleimigen Flüssig- keit schwimmen, während eine Schicht derselben noch an der Wand haftet. Schliesslich sind alle Räume mit ausgebildeten Zoospermen erfüllt, während die Wände, wie auf unserer Figur, äusserst dünn und zart erscheinen. Der Hode tritt erst in Thätigkeit, wenn der Embryo vollständig ausgebildet ist. Nur bei Individuen mit reifem Embryo oder noch besser bei solchen, wo er schon ausgestossen war, sahen wir aus der Mündung des Samenleiters eine wolkige, weisse Substanz austreten, die wie ein dünner Faden sich längs der Röhre der Austrittsöffnung hinzog und nach dem Austreten sich bald auflöste. Unter stärkerer Vergrösserung zeigte sich die Substanz aus einer Unzahl von Zoo- spermen zusammengesetzt, die schwankende Bewegungen zeigten. Man kann an den übrigens sehr kleinen Zoospermen einen vorderen cylin- drischen , einem verdickten Stäbchen ähnlichen Theil und ein langes, sehr feines Schwänzchen unterscheiden , das etwa die dreifache Länge des Stäbchens hat und nur unter sehr starken Vergrösserungen oder Immersionslinsen deutlich erkennbar wird. Unsere an lebenden, frei im Meere schwimmenden Thieren ge- machten Beobachtungen , die uns durch die weisslichen Flecken auf- gefallen waren, welche an der Aussenfläche ihres Mantels klebten, bestätigen somit die von Anderen gemachten Erfahrungen, wonach dies Hoden erst in Function treten, wenn die Bildung des Embryos schon weit vorgeschritten ist. Selbstbefruchtung ist demnach bei den Salpen vollkommen ausgeschlossen ; die Befruchtung muss durch Zoospermen bewerkstelligt werden, welche von anderen Individuen herrühren und mit dem Athemwasser eingeschluckt wurden. Vielleicht ist dies der Fall mit Individuen, die ihi-en Embryo ausgestossen, sich aber auch zugleich von ihrer Kette losgelöst haben und von welchen man fast immer eine gewisse Anzahl frei schwimmend zwischen den jüngeren Ketten findet, deren Glieder nur noch unentwickelte Eier besitzen. Die Salpen zeigen eine grosse Einförmigkeit in ilirer Organisation. Wenn aucli zalilreiche Variationen im Einzelnen vorkommen, so trifft man doch die Organe stets in denselben Beziehungen zu einander. Etwas be- deutendere AbAveichuugen sind in der Anordnung der Muskeln, der Gestalt und dem Baue des Sinnesorganes (Flimmergrube) und der Augen , ganz besonders aber in der Bildung des Darmcanales zu finden, der bei Salpa Thaliaden. ■ 291 pinnata, keinen Nucleus bildet. Hier zeigt sicli nahe beim Munde ein mit zwei abgeplatteten Blindsäckeu versehener Magen , von Avelchem aus der an der Körperwand anliegende Darm gerade in die Höhe steigt , um in der Nähe der Eiugangsöffnuug mit einem schlitzförmigen After zu enden. Bei der Einzelform ist der Darm der Eückenwand angeschmiegt und der After liegt in der Nähe des Anheftungspuuktes der Kieme, v^ährend er bei der Kettenform an dem Endostj'l verläuft und der After ebenfalls auf der Bauchseite liegt. Eine einigermaassen ähnliche Bildung zeigt sich bei Salpa virgida; nur erstreckt sich der ebenfalls mit einem Blindsacke versehene Darm nicht so weit nach vorn. Die beiden genannten Arten unterscheiden sich auch durch die Anordnung ihres Stolo's, dessen erwachsene Knospen sich nicht wie bei den anderen Arten in Gestalt einer doppelreihigen, schiefen Kette ablösen, sondern einen Kranz bilden, dessen Circumfereuz von den Thieren gebildet wird, die im Mittelpunkte des Kranzes mittelst eines einzigen Fortsatzes zusammenhängen. Wir erwähnen noch als wesentliche Verschiedenheiten die Bildung des Hodens bei Salpa virgula , der einen grossen , keulenförmigen Körper mit zahlreichen Blindsäckchen und einem lang ausgezogenen Samengange darstellt und die Entwicklung von mehreren Eiern bei Salpa zonaria, deren jedes unabhängig vom anderen in einem be- sonderen Follikel eingeschlossen ist. Doliolmn, die typische Gattung der zweiten Ordnung, ist durcli die neueren Untersuchungen von Grobben und Uljanin (s. Literatur) ziemlich genau bekannt. Die Geschlechtsform hat einen sehr dünnen , äusseren und einen etwas faserigen, inneren Mantel mit acht schmalen Muskelreifen , von welchen die beiden endständigen zugleich die Schliessmuskeln für die mit Läppchen umgebenen Körperöffmingen bilden. Das centrale Nervenganghon setzt sich nach vorn in einen Zapfen fort, der zu einem Canale wird, welcher sich bis zur Flimmergrube hinzieht, aber nicht nervöser Natur scheint. In der Haut finden sich an verschiedenen Stellen, namentlich aber an der Basis der die Oeffnungen umgebenden Läppchen, Gruppen von Sinneszellen, die einen Kern, eine Vacuole und ein zartes, steifes Sinneshärchen besitzen. Die Flimmerlinien rollen sich , bevor sie die Eiutrittsöffnung umgeben , spiral- förmig in einander und vereinigen sich dann am Anfange des Endostyls, dessen Drüsentheil sehr kurz ist und sich in eine Wimperrinne fortsetzt, welche in schiefer Richtung zum Darmmunde vei'läuft. Dieser ist im Grunde einer trichterförmigen , von der Kieme gebildeten QuerscheideAvand der Körper- höhle gelegen, Avelche so den vorderen Theil (Pharj^ngealhöhle) von dem hinteren Theile , der Cloakenhöhle , abschliesst. Die asymmetrische , knie- förmig eingeknickte , häutige Kieme erstreckt sich mit ihrer einen Seiten- hälfte bis in die Nähe der Eintrittsöffnung, während die andere Hälfte weit zurückbleibt. Im erwachsenen Zustande zählt man etwa 45 knopflochförmige Kiemenspalten, welche in die Cloakenhöhle führen und auf ihren Rändern vorspringende Wimperbüschel tragen. Die vom Endostyl herkommende Flimmerriune setzt sich, nach einer schlingenförmigen Windung , durch den Mund und den Schlund in den Magen und den Darm fort. Der Darm ■'krümmt sich hakenförmig um und zeigt an seinem Ursprünge eine Anhangs- drüse. Das Herz ist ein länglicher, mit einfachen Muskelfasern ausgestatteter Sack, der mit dem Herzbeutel an seinen beiden Endöffuungen verwachsen ist, durch welche das Blut in Lacunenräume getrieben wii-d, die zAvischen dem inneren Mantel einerseits und den die Pharyngeal- und Cloacalhöhlen auskleidenden Membranen andererseits offen geblieben sind. Hode und Eier- stock sind getrennt ; ersterer zeigt die Gestalt einer länglichen Keule , letz- terer ZellenfoUikel um die Eier, die nach G robben gleichzeitig mit dem Hodeuinhalte reifen sollen, während Uljanin im Gegentheil behauptet, 19* 292 Tunicaten. dass uugleichzeitige Reifung der Producte wie bei den Salpen Platz greife. Die Eier entwickeln sicli zu geschwänzten Larven, welche denjenigen der Ascidien ähneln; der Vorderkörper zeigt die Gestalt eines Tönnchens, an dessen Ventralseite ein an seiner Basis blasenförmig aufgetriebener Schwanz sitzt, in dessen dünnerem Hiuterende sich ein fester Zellenstrang (Chorda), aber keine Nervenröhre bemerken lässt. Die Larve ist von einer dünnen Haut (Dotterhaut nach Uljanin) gänzlich umhüllt und liegt am Boden. Nach Aufsaugung des Schwanzes und Durchbrechung der Dotterhaut schwimmt dasTönuchen frei im Wasser. Es wird von Grobben Amme der ersten Generation, von Uljanin einfach Amme genannt. Die Amme ist länglicher als das Geschlechtsthier , hat neun breite Muskelreifen, einen' dickereu, äusseren Mantel, zahlreiche Gruppen von HautsinneszeUeu und zeigt auf der linken Seite ein aus Otocyste und Otolith bestehendes Gehörorgan, das durch einen langen Nerven mit dem wie bei dem Geschlechtsthiere gebildeten Gauglion in Verbindung steht. Der Endo- styl, die Ehmmerlinien , die Elimmergrube und die Mundrinne zeigen keine bem'erkenswerthen Unterschiede. Dagegen ist die Kieme weit unvollstän- diger, das Herz kürzer, der Darm reducirt, die Anhangsdrüse länger. Die Geschlechtsorgane fehlen durchaus, sind aber durch zwei Anhänge er- setzt. Der ventrale, unmittelbar am Herzen gelegene Anhang erzeugt End- knospen , die sich nach und nach ablösen und mit Pseudopodien versehen sind. Es ist also ein ventraler Keimstock, ein echter, aus sieben Zellen- sträugen zusammengesetzter Stolo, an dessen Bildung nach Uljanin Aus- stülpungen des Pharyngeal- und Cloacalsackes, das Mesoderm und Ectoderm Antheil nehmen, so dass die sich von ihm abschnürenden Ur knospen aus allen diesen Elementen zusammengesetzt sind. Die älteren Forscher nannten diesen Keimstock das rosettenf ö r m ige Organ. Die losgelösten Urknospen kriechen mittelst ihrer Pseudopodien auf der Aussenfläche der Amme zu dem dorsalen Anhang, der ausserordentlich lang auswachsen kann xmä nach Uljanin nur aus der Haut und einem inneren, durch eine Längsscheidewand in zwei Canäle getrennten Blutraume besteht, in welchem das Blut lebhaft kreist. Die Urknospen setzen sich mittelst ihrer Pseudopodien auf der Eückenfläche des Anhanges fest, wo die Zellen des die Körperhöhlen auskleidenden Pflasterepitheliums sehr hoch und cylin- drisch werden und einen Nährboden für die Urknospen bilden, die sich zwar festsetzen, aber nicht mit dem Gewebe verwachsen. Die Urknospen vermehren sich durch Theiluug; sie werden nur durch Osmose genährt. Nach Uljanin waren die Forscher, welche diesen Eückenanhang für einen Stolo hielten, im Irrthume. Während der Anhang sich verlängert und mit Urknospen besetzt wird, die sich durch Theiluug vermehren, erleidet die Amme wesentliche Um- bildungen. Das Nervensystem mit seinen Anhangsorganen bleibt unverändert; die Muskelreifen verbreitern sich aber in der Art, dass ihre Ränder zu- sammenstossen und die vegetativen Organe , Kieme , Endostyl , Flimmerlinie und Verdauungsapparat, verkümmern entweder gänzlich oder bis auf un- bedeutende Reste. Schliesslich ist die Amme nur ein beweghches, mit einem Herzen versehenes Sinnenthier, welches einen ventralen Keimstock und einen dorsalen, röhrenförmigen Nährboden für die von ersterem gelieferten Ur- knospen herumschleppt, sich aber nicht selbst ernähren kann. Die ersten auf dem Rückenanhang anlangenden Urknospen setzen sich auf beiden Seiten desselben fest und Avachsen zu besonders gestalteten Indi- viduen aus, die Uljanin Nährthiere, Grobben Lateralknospen nennt. Später setzen sich Urknospen auch auf der Mittellinie fest und bildeu Thaliaden. 293 hier die Pflegetliiere (Uljanin), Medianknospeu oder Ammen der zweiten Generation (Grobben). Die ausgebildeten Nälirthiere oder Seitenknospen besitzen die Gestalt eines abgeplatteten LöiTels mit langer , ■ schmaler Eingangsötfnung und einem verdickten Kiel gegenüber. Sie sitzen auf dem Fortsatze mit einem dicken, kurzen Stiele und haben weder Ausgangsöffuung noch Cloacalhöhle; der After mündet unmittelbar nach aussen hinter dem Eückenkiele. Ganglion, Wimperbogen und Sinneszellen iind vorhanden, dagegen fehlt jede Spur eines Gehörorgaues. Die achtzehn sehr grossen, knopflochförmigen Spalten der den ganzen Hintergrund der Körperhöhle einnehmenden Kieme durch- brechen, nach Grobben, die Körperwand und münden direct nach aussen. Der hakenförmig gekrümmte Darm und das Herz sind ausgiebig entwickelt. Diese festsitzenden Knospeuthiere , welche weder Geschlechtsorgane noch Stoloneu besitzen , werden wohl mit Recht als Ernährungs- und Athmungs- thiere betrachtet, deren Thätigkeit nicht nur für die Existenz der ganzen Knospencolonie , sondern auch der Amme nöthig ist , welche dieselbe auf ihrem Fortsätze herumschleppt. Die auf der Mittellinie des Fortsatzes festgesetzten Urknospen werden nach Vermehi'ung durch Theilung und weitere Ausbildung schliesslich Pf leg e- thiere oder Ammen der zweiten Generation, welche in ihrer Form und Organisation durchaus den Geschlechtsthiereu ähnlich sind mit dem einzigen Unterschiede, dass sie keine Geschlechtswerkzeuge besitzen. Dagegen sind sie, wie die Nährthiere , mittelst eines Stieles befestigt, der nach. Uljanin genau dieselbe Organisation wie der Eückenanhaug der Amme besitzen, also ein Blutcanal sein soll. Wie dort , setzt sich eine wandernde Urknospe an dem Stiele fest, vermehrt sich durch Theilung und so gewinnt der Stiel nach und nach das Ansehen eines knospenerzeugenden Stolos, wofür er von allen Forschern, Grobben einbegriffen, gehalten wurde. Die auf dem An- heftungsstiele der Pflegethiere angesiedelten Urknospen Avachsen nun , nach Uljanin, zu Geschlechtsthieren aus, wodurch der Entwicklungsmodus der Art geschlossen wird. Wir können nicht in Einzelheiten über die Gattung Anchinia eingehen. Man kennt bis jetzt zwei Hauptformen : eine Geschlechtsform, welche an jeder Körperöfifnung einen langen, rothen Anhangsfaden trägt, seitliche, rothe Pigmentflecken zeigt und wenige grosse Eier erzeugt (meist drei von ver- schiedener Grösse). Diese Form wurde von Kowalevsky und Barroi s in Villefranche gefischt (s. Literatur). Sie scheint in gewissen Fällen, durch frühzeitige Verödung der in der Knospe angelegten Geschlechtsorgane, steril zu werden (Korotneff). Die zAveite, mehr kugelrunde Form ist durchaus steril, zeigt viel rothes Pigment im Grunde der Körperhöhle und keinen An- hangsfaden und wurde von G. Vogt in Villefranche und N. Wagner in Neapel gefunden (s. Literatur). Man hat auch hier wandernde Urknospen gefunden, aber die Verbindung zwischen den einzelnen Formen ist noch nicht nachgewiesen , sondern nur aus den sehr lückenhaften Thatsachen er- schlossen. Die Organisation der Anchinien gleicht sehr derjenigen von Do- liolum, unterscheidet sich aber durch die enorme EntAvicklung des sehr weichen , klebrigen Aussenmantels und die Eeduction des Muskelsystemes auf zwei seitliche , S-förmig gekrümmte Bänder und einige Faserzüge um die Oefifnungen des Körpers. Die Bildung von Colonien in der vollen Bedeutung des Wortes unter- scheidet die Pyrosomen von den übrigen Familien der Classe. Diese Colonien haben die Gestalt eines hohlen, an dem breiten Ende geöffneten Tannen- zapfens, in welchem die Einzelthiere in der Weise sitzen , dass ihre runde, mit einem in Läppchen getheilten Diaphragma versehene Eiutrittsöffuung 294 Tunicaten. au der Aussenfläclie mündet, während die gegeuüber^teliende Austrittsöffnung in der Höhle des Zapfens endet. Die ziemUch harte, vollkommen durch- sichtige Substanz, in welche die Einzelthiere eingesenkt sind, besteht aus einer homogenen Grandmasse , in welcher zahlreiche , glänzende Sternzellen und feine, wahrscheinlich musculöse Fäserchen eingeAvebt sind, die sich in verschiedenen Eichtungen kreuzen. Ausserdem sieht man darin gewundene Canäle und Höhlungen, die von einzelnen Individuen ausgehen, und unserer Ansicht nach zur Aufnahme von hineinwachsenden Knospen vorgebildet sind. Die halbwüchsigen Knospen, deren Kiemen noch nicht vollständig entwickelt sind, gleichen sehr den Anchinien ; bei den erwachsenen Thieren, deren Ein- gangstheil halsförmig ausgezogen ist, überwuchert die Kieme die ganze Körperhöhle. Diese erwachsenen Einzelthiere sind seithch etwas zusammen- gedrückt. Das Centralganglion , der Endostyl, das Herz und der Darm be- haupten die gewöhnliche Lagerung. Auf der Hinterfiäche des Ganglions ruht ein rother Pigmentfleck in Gestalt eines dicken Hufeisens, dessen Con- vexität nach hinten gerichtet ist, wahrscheinlich ein Auge; auf der Unter- fläche des Ganglions, unmittelbar der Nervensubstanz angelagert, zeigt sich die nach hinten geöffnete Flimmergrube, von welcher sehr kurze Wimper- streifen zu der benachbarten Kieme gehen. Letztere überkleidet, wie schon bemerkt, die ganze Körperhöhle mit Ausnahme des röhrenförmigen Eingangs- theiles ; sie besteht aus zwei, von sehr zahlreichen, gegitterten Spalten durch- brochenen Hälften, welche an dem Ganglion auseinander weichen und hier, sowie längs des Endostyles an der Körperwaud angeheftet sind. So werden durch die Kiemenhaut zwei seitliche Peribranchialräume gebildet, in welche durch die Kiemenspalten das Athemwasser einströmt, um dann durch die Cloacalöffnung ausgestossen zu werden. Der Darmcanal lässt einen ge- krümmten Schlund, einen Aveiten , drüsigen Magen und einen ebenfalls ge- bogenen Afterdarm unterscheiden. Als besondere Organe müssen zwei vor der Kieme im Niveau des Ganglions gelegene, seitliche Zellenhaufen er- wähnt werden, von welchen das stark phosphorescirende Licht des Thieres ausgeht. Die Einzelthiere pflanzen sich zugleich auf geschlechtlichem Wege und durch^ Knospung fort. Unter dem Darme und unmittelbar vor der Aus- trittsöffnuug hegt der Eierstock, welcher ZAvar mehrfache Eier erzeugt, von welchen aber immer nur eines den anderen vorauseilt und eine im Ver- hältnisse enorme Grösse erreicht. Auf diesem umfangreichen Nahrungs- dotter ^bildet sich zuerst ein mittleres Individuum, ein Cyathozoid (na'ch Huxley>nd Kowalevsky), welches sich niemals vollständig entwickelt, aber sofort vier Knospen, die Ascidiozoiden, erzeugt, welche auf Kosten des Nahrungsdotters weiter wachsen und sich zu voUstäudigen Individuen aus- bilden, während das Cyathozoid nach und nach verkümmert und zuletzt gänzlich verschwindet. Die vier, in eine gemeinsame Hülle eingeschlossenen Ascidiozoiden werden dann ausgestossen und bilden die Grundlage einer neuen, 'jdurch Knospung sich vermehrenden und wachsenden Colonie. Vor dem Eierstocke liegt der umfangreiche, aus grossen, dicken Blindsäcken zu- sammengesetzte Hode, der während der fortdauernden Eibildung in Thätig- keit zu sein scheint. Vor diesem und unmittelbar an dem hinteren Ende des;*HerzensJtritt ein kurzer, ventraler Stolo hervor, der ganz Avie derjenige der Salpen gebildet ist und wie dieser Knospen erzeugt, die sich in die gemeinsame Mantelhülle einbetten und nach und nach von dem Mutterthiere abschnüren. Ueber die weiteren Einzelheiten, Bildung und EntAvicklung der Knospen ziehe man die Arbeiten von KoAvalevsky und Joliet und Seeliger (s. Literatur) zu Rathe. Thaliaden. 295 Literatur. — A. Je Cliamisso, Z>e animalibiis quibusduni e classe Vermium, Berlin, 1819. — H. Milne-Edwards, iSitr la circidatwn du sang cliez les Pyrosomes, Ann. scienc, nat., 2. Serie, Vol. XJI, 1839. — D e r s., Regne animal de Ciivier, Hol- lusques. — Eschricht, Anut. phijsiol. 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Wagner, Sur quelques points de Porganisation de PAnchinie, Arch. Zool. experim., 2. Ser., Vol. III, 1885. — Dolley, On the histology of Salpa, Proc. Acad. Nat. Scienc, Philadelphia, 1887. 296 Tunicaten. Classe der Seescheiden {AscicUacea, Tethyodea). Die Mantelthiere, welche diese Classe bilden, unterscheiden sich im Allgemeinen durch ihren sackförmigen Körper, dessen eines Ende sich an den Meeresboden oder darin untergetauchte Körper anheftet. Der Körper zeigt zwei Oeffnungen: eine vordere Eintrittsöffnung, durch welche das "Wasser in eine weite Kiemenhöhle eindringt, und eine rückenständige Austrittsöffnung, durch welche das Athemwasser, die Excremente und Geschlechtsproducte entleert werden und die man die Cloakenöffnung nennen kann. Zwischen diesen beiden Oeffnungen liegt auf der dorsalen Mittel- linie das meist nur aus einem einzigen Ganglion bestehende Central- nervensystem, von welchem die peripherischen Nerven ausstrahlen. Der Körper wird von einem zweischichtigen Mantel umhüllt. Der meist feste und durchscheinende äussere Mantel kann eine sehr bedeutende Dicke erreichen; der ihm anliegende innere Mantel, die Körperwand, wird von zahlreichen verfilzten Muskelfasern durch- zogen. Die dem Darme stets vorliegende Kieme nimmt den grössten Theil der Körperhöhle ein. Die übrigen Eingeweide, Darm, Herz und Geschlechtstheile liegen hinter oder neben dem Kiemensacke. Der Darm ist fast immer auf sich selbst zurückgebogen, so dass der After- darm nach vorn gerichtet ist. Uebrigens variirt die allgemeine An- ordnung der Organe einigerraaassen, je nachdem die Individuen isolirt bleiben (einfache Ascidien) oder sich zu Colonien vereinigen (Synascidien). Der zu einem Kiemensacke umgewandelte vordere Ab- schnitt des Darmes wird bei allen, mit Ausnahme der Appendicularien, von einer Peribranchialhöhle umgeben. Das im Hintertheile des Körpers an der Urabiegungsstelle des Darmes gelegene Herz ist ein einfacher Schlauch, der das Blut ab- wechselnd bald nach vorn, bald nach hinten treibt. Ein vollständiges Gefässsystem existirt nicht. Das farblose, amöbenartige Körperchen enthaltende Blut circulirt in engen und oft sehr genäherten Lacunen- canälen , die in dem überall vorkommenden Bindegewebe ausgehöhlt sind. Die Seescheiden sind Zwitter, Die Ausführungsgänge der Hoden und der Eierstöcke münden in die Cloake, in welcher meist die Be- fruchtung stattfindet. Sie durchgehen ein Larvenstadium , während welchem das junge Thier mit einem Euderschwanze ausgerüstet ist und frei umher- schwimmt. Die Axe dieses Larvenschwanzes wird von einem Zellen- stabe gebildet, in welchem man ein der Chorda der Wirbelthiere ho- mologes Gebilde gefunden hat, zumal da auf seiner Rückenfläche sich Ascidien. 297 das Centralnervensystem verlängert. Die Larve besitzt allein Sinnes- organe, namentlich Seh- und Hörorgane. Die Classe theilt sich naturgemäss in drei Ordnungen. 1. Ajipendicularien (Ascidiae copelidue). Meist kleine Thiere, deren Larvenschwanz , Nervenstrang und Sinnesorgane das ganze Leben hindurch fortbestehen. Ihr Kiemensack öffnet sich durch nur zwei Spalten direct nach aussen. Ihre Gesammtorganisation nähert sie den Larven der übrigen Seescheiden. Ex. Appendkularia, Fri- Üllaria. 2. Einfache A sc idie n. Begreift alle Seescheiden, welche ent- weder vereinzelt bleiben oder gesellschaftlich leben , indem sie in beschränkter Anzahl auf einem Stolo knospen. Ex. Äscidia, Molgiüa, Clavellina. 3. Zusammengesetzte Seescheiden, Synascidien. Aus einer mehr oder minder grossen Zahl von Individuen gebildete Colo- nien, die in einen gemeinschaftlichen Mantel eingehüllt sind. Elx. Bo- tryllus, Didemniim, Amaroeeium. Typus: Cioua intestinalis , L. Die einfache Ascidie , die wir ausgewählt haben , gehört zur Familie der Phallusiden. Sie ist vor einigen Jahren von Roule (s. Literatur) in einer vortrefflichen Monographie behandelt worden, der wir einige gute Figuren ent- nehmen und auf die wir häufig, besonders hinsichtlich mikroskopischer Einzelheiten verweisen werden, auf welche wir nicht näher eingehen können. Ciona intestinalis ist in allen ruhigen Buchten des Mittelmeeres einheimisch. Ihre überall umherschwimmenden Larven dringen gern in die Aquarien der Stationen ein und vermehren sich oft dort in solcher Menge, dass sie die Entwicklung anderer Organismen ver- hindern und man Mühe hat, sich ihrer zu entledigen. Dies ist z. B. in Neapel der Fall, woher wir vortrefflich conservirte Exemplare erhalten haben. Unsere Präparate sind meist von grossen Individuen aus der Bucht von ViHefranche hergestellt, welche Dr. M. Jaquet an Ort und Stelle mittelst Sublimat fixirt hat. Die Existenz einer hinteren Körperhöhle, welche unsere typische Art den Synascidien näher stellt, die verhältnissmässig nicht schwie- rige Präparation, die weite Verbreitung der Art, welche einen leichten Bezug von Material ermöglicht und die Durchsichtigkeit der jüngeren Individuen sind die Gründe, welche uns in unserer Wahl der typischen Art bestimmt haben. Allgemeine Beschreibung. — Der Körper der Cione (Fig. 124 und 125 a. f. S.) bildet einen von dem durchsichtigen äusseren Mantel umgebenen Cylinder, der mit dem unteren Ende festsitzt und nach 298 Tiinicaten. oben in zwei Röhren oder Siphonen sich endet. Der grössere Sipho liegt etwa in der Axe des Cylinders, der kleinere auf der Rückenseite. Die grössere Röhre, der Mundsipho (a), ist mit acht rundlichen liäppchen eingefasst, zwischen welchen man kleine, lebhaft rothe Fig. 124. Fig. 125. d- .A Fig. 124. — C'ioiia intestinalis. Junges Tliicr, nach einem in Canadabalsara auf- gehellten Präparate unter der Lnpe gezeiihnet. Die Organe schimmern durch. a, Mundsipho ; b, Randlappen desselben ; c, rothe Augenflecken ; d, Aftersipho, eben- falls mit Augenflecken ; e , f, Centralganglion und Untergangliendrüse ; g, durch- sichtiger Cellulosemantel ; h, Körperwand ; i, Tentakelkranz ; Je, Kranzrinne ; /, Kiemen- sack ; m, Bauchraphe (Endostyl) ; n, Riickenraphe ; o, Peritoneallamelle ; p, Längsmuskeln ; p', Quermuskeln ; q, Darmcanal (Magen- und Darmschlinge) ; r, Eierstock ; s, Rectum ; i, After; u, GeschlechtsöfFnungen ; v, Wurzehiusläufer zur Befestigung des Thieres. Fig. 125. — Ciona intcstlnuUs. Schematiseher Durchschnitt (nacliRoule). «, Mund- sipho; &, Tentakelkranz; c, Kiemensack; d, Endostyl; e, Riickenraphe;/, Peritoneal- lamelle, eine verticale Scheidewand zwischen der vorderen Peribranchialhöhle Ic und der hinteren p]inge-weidehöhle l herstellend; g, Darm mit den in seinen Wänden ein- geschlossenen Hodenläppchen ; Ä, Magen ; z, Rectum ; m, Eierstock ; n, Gesehlechts- gänge ; o, Centralganglion; jh Herz; q, Cellulosemantel, r, innerer Mantel. Ascidieii. 299 Pigmentfleckchen siebt. Er dient zum Eiulass des Wassers und der darin aufgeschwemmten Xahrungstheilchen. Wenn man ihn der Länge nach spaltet, so sieht mau an der Ansatzstelle der Kieme eine Kreis- falte, die Kranzrinne (c, Fig. 129), vor welcher ein mit Fäden be- setzter ringförmiger Vorsprang, der Fühl er kränz {b, Fig. 129), au- gebracht ist. Die andere kürzere Röhre, der Cloakensipho (d, Fig. 124; Je, Fig. 125), ist ebenfalls von Läppchen mit rothen Pigmentflecken dazwischen eingefasst; dieselben haben aber eine läng- liche Form uud sind nur in der Sechszahl vorhanden. Der Cloaken- sipho dient zur Ausfuhr des Athemwassers und sämmtlicher Körper- producte. Zwischen beiden Siphonen bemerkt man sofort das centrale Ganglion (/, Fig. 124; o, Fig. 125) und unter demselben eine drü- sige Masse, die U nt e r gan glien dr üs e. Etwas davor liegt das Wim per Organ, das man besonders bei jungen, lebenden Individuen direct unter dem Compressoriun:^ beobachten kann. Die ganze ^'order- region des Körpers wird von einem weiten Kiemen sacke ein- genommen (/, Fig. 124), dessen Wände eine Unzahl von Spalten zeigen, durch welche das Wasser aus dem Sacke in die Peribranchialhöhle (//, Fig. 125) überströmt. In dem hinteren , weit geringeren Körperabschuitte sind der auf sich selbst zurückgekrümmte Darm, das Herz und die Fortpflauzungs- Organe eingelagert, und zwar in der eigentlichen Körperhöhle, die von der Peribranchialhöhle durch einen durchsichtigen Einschlag der Haut, die Peritoneallamelle (o, Fig. 124 und 125), geschieden wird. Auf der Seite dieses Einschlages liegt der Darmmund, der aus dem Kiemensacke in den Darm führt. Wir bemerken ausserdem noch an den Wänden des Kiemensackes zwei Längsrinnen -oder Nähte ; die untere, die weit deutlicher ausgebildet ist, heisst der Endost yl (n, n, Fig. 124; r/, e. Fig. 125). Mit den meisten Autoren orientiren wir die Cione in der Art, dass wir den Mundsipho nach vorn, die Ansatzstelle des Körpers mit dem Darme nach hinten, den Cloacalsipho uach oben richten, so dass die beiden Nähte des Kiemenkorbes in der Mittellinie verlaufen; der Endostyl ist ventral , die andere Naht dorsal. Das Centralganglion liegt dann ebenfalls dorsal in der senkrechten Mittelebene, welche den Körper in zwei symmetrische Hälften, eine rechte und eine linke, trennt. Präparation. — Man fixii-t die Gewebe durch Eintauchen des ganzen Thieres in Sublimat, Chromsäure, Pikrinschwefelsäure ; diese gewöhnlichen Fixationsmittel geben gleich gute Resultate. Die Cione zieht sich zwar meist etwas zusammen, doch nicht so weit, dass dadurch die Zergliederung der erwachsenen Thiere gehindert würde. Man prä- parirt sie unter Wasser, indem man sie, wie in Fig. 124 und 125, auf I 300 Tunicaten. Fig. 126. die rechte Seite legt. Man trägt zuerst den äusseren Mantel, dann die Haut ab, um den Kiemensack, den Darm u. s, w. bloss zu legen. Bei Gelegenheit der einzelnen Organe, zu deren Untersuchung oft Schnitte nöthig sind, werden wir die speciellen Behandlungsweisen derselben erörtern. Die zum Schneiden bestimmten Exemplare wurden in Sublimat oder Pikrinschwefelsäure fixirt, mit Boraxcarmin gefärbt und in Paraffin geschnitten. Mit Pikrocarmin gefärbte und zwischen zwei Glasplatten comprimirte junge Exemplare können in Canada- balsam eingeschlossen werden. Man erhält so schöne Präparate, die durchsichtig genug sind, um die Untersuchung der wesentlichsten Organe unter der Lupe zu gestatten. Tegumente. — Wie schon bemerkt, wird der Körper der Cione allseitig von einer Muskelhavit umhüllt, die man auch den inneren Mantel genannt hat xind die aus zwei Schichten, einer Oberhaut (Epider- mis) und der L e d e r h a u t , gebildet ist, die man nach Fixirung in Osmium- oder Pikrinsäure auf Schnitten untersucht. Ueber dieser Haut breitet sich der äussere Cellulosem an- tel aus, welchen mau wohl als ein Absonderungspro- duct, ähnlich der Chitin- hülle der Arthropoden be- trachten kann; nur ist dieser Mantel weich, etwa von der Consistenz einer Gelatine oder coagulirten Eiweisses. Die tiefere Hautschicht oder Lederhaut (B, Fig. 126) wird wesentlich von einem laxen Bindegewebe gebildet, in welchem, wie überhaupt im Bindegewebe des ganzen Körpers, zahlreiche Lückenräume ausgehöhlt sind. Man findet darin ausserdem eine Menge verschiedener, meist amöbenartiger Körperchen und eine intercelluläre Fasersubstanz. Ausserdem sind in dieser Schicht besonders auffällige , aus glatten Fasern gebildete Muskelbündel entwickelt, die sich in allen Richtungen kreuzen und mit einander anastomosiren. Die äusseren Bündel (d) verlaufen mehr Ciona intestinuHs. — Senkrechter Querschnitt der Tegumente. Gundlach, Oc. 1, Obj. 5. a, durcli- sichtiger CeUulosemantel, hier und da vereinzelte Kerne und Zelltrümmer b einschliessend ; c, zellige, den CeUulosemantel absondernde Epidermis ; d, Längsmuskeln der Haut, durchschnitten; e, Quer- niuskeln ; y, peritoneales Ejtithelium , die Körper- höhle auskleidend ; , c, Fig. 131) laufen auf jeder Seite des ßo/.« mte^;««&. - Hintere Plälfte des Kiemen- ' Sackes von einer Raphe zur sackes und vordeve Hälfte der Eingeweideliöhle. anderen. Sie sind nicht alle Die Körperwand ist linkerseits abgetragen Avor- gleich weit. Nur die Quer- canäle erster Ordnung (Roule) springen gegen die Peribranchialhöhle vor (b, Fig. 131). Sie wechseln mit den engeren Qiiercanälen zweiter Ordnung ab (c, Fig. 131). Ausser diesen Hauptcanälen sieht man noch weit feinere Quercanälchen (c, Fig. 131), welche nur in der Dicke der Kiemenlamelle ausgehöhlt sind, nicht vorspringen, aber auf gefärbten Präparaten sich leicht erkennen lassen und so das Bild des Mascheu- netzes, das einem Damenbrette gleicht, etwas verwirren. An jedem Kreuzungspunkte der Längs- und Quercanäle erhebt sich ein dem Läugscanal zugehöriger, warzen- oder zungenförmiger Vorsprung, der frei in die Kieraenhölde hineinragt (f/, Fig. 131). den, ebenso die Mittelportion der Darmschlinge mit dem Eierstock, um das Herz bloss zu legen, a, Kieme; i, Körperwand; c, Bauchraphe ; rf, ihr hinterer Blindsack, der zungentormig in die Eingeweidehöhle vorspringt; c, hintere Raphe; /, dorsale Raphe; (/, Darmmund; A, Schlund ; »", Magen, quer durchschnitten; /i, Herz- beutel; /, Herz; ?« , in der Pericardialhöhle schwimmender Körper. J Ascidien. 309 Diese Vorsprünge sind hohl und ihre Höhle steht mit dem Längscanale in Verbindung, so dass sie also die ohnehin schon bedeutende Athem- fläche der Kieme noch vergrössern. Wie schon bemerkt, hängt die Aussenfläche des Kiemensackes mit der Innenfläche der Körperwand durch eine IMeuge von Hautkieraen- canälen (r, Fig. 133) zusammen, die von den Qnercanälen der Kieme ausgehen, die Peribranchialhöhle durchsetzen und so eine Gefäss- verbindung zwischen Kieme und Körperwand herstellen. Diese Ver- bindungscanäle sind meist einfach, eng und kurz. Die Kiemenspalten sind kleine, ovale Längsspalten, die sich von einem Quercanal erster Ordnung zum anderen oder auch nur von einem solchen bis zu einem Quercanal zweiter Ordnung erstrecken Fig. 131. A --f Ciuna inttstliiulis. — Structur der Xienieiiwandung. A, Ansicht von innen, B. von aussen. Giindlaeh, Olij. 0. . Camera dura, a, Längseanäle ; b, Quercanäle erster Ordnung; c, Quercanäle zweiter Ordnung; c7, warzenförmige Vorsprünge in die Kiemenhühle ; e, Quercanäle dritter Ordnung;/, Kiemenspalten. (/, Fig. 131, i?); sie sind ausserordentlich zahlreich (30000 bis -40000 bei einer erwachsenen Ciona nach Roule) und derart gegen einander gedrängt, dass die Lheile der Wände des Kiemensackes, durch welche sie getrenut werden, dünneu Längsstäbchen gleichen (g, Fig. 131). Kiemenwand und Canäle sind mit Epithelien von zweierlei Art aus- gekleidet: mit kleinen, cubischen oder Pflasterzellen, die keine Wim- pern tragen, und mit grösseren, cylindrischen Wimperzellen. Letztere sitzen namentlich auf den Seiten der Canäle und an den Ptänderu der Spalten. Sie unterhalten einen beständigen Strom des Wassers von innen nach aussen. Die (iesammtstructur der Kieme verwirklicht so in hohem Grade der Athmung günstige Bedingungen. Das Blut ist auf einer relativ sehr grossen Fläche ausgebreitet, überall vou Wasser 310 Tunicaten. umspült und die Wände der Canäle sind dünn genug, um den aus- giebigsten Austausch der Gase durch sie hindurch zu gestatten. Der ganze beschriebene Theil der Kieme ist wesentlich respira- torisch, was nicht hindert, dass die in dem eigentlichen Darme zu Fig. 132. Cloaa i?ile.stinulis. — Ansicht von der Rücken fläche nach Wegnahme des Cellulosemantels. Die Kör- penvandung ist von Leiden Seiten her über die Kieme umgeschlagen und üljer den in der Körper- hölile eingeschlossenen Eingewei- den weggenommen (nachRoule). a, Kiemensack ; i, Peribranchial- liöhle; c, Schlund; cl, Magen; e, Darmschlinge ; f, Rectum ; rj, Afterkegel; h, Eierstock; i, Sa- menleiter; fc, Eileiter; l, End- papille der Geschlechtsgänge; m, Kiemendarmsinus ; n, Herzbeutel; o, Aftersipho ; p, Basis des Mund- siphos ; q , Körperwandung ; r, Hautkiemencanäle. verdauenden Nahrungstheilchen ihren Weg durch den Kiemensack nehmen. Die- selben werden durch den Schleim um- hüllt, welcher wahrscheinlich von dem Endostyl abgesondert wird und in Ge- stalt hyaliner Fäden auf der ganzen In- nenfläche der Kieme, besonders im vor- deren Theile, anzutreffen ist. Man findet häufig im Kiemensacke grössere, gelb oder braun gefärbte Schleimbündel, diei au dem Rande der Rückenraphe gegen den Darmmund hin fortbewegt wei'den. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass sie zahlreiche Infusorien, Diatomeen und von Schleim umhüllte Zelltrümmer enthalten. Alle diese Nahrungstheile werden durch das Spiel der Wimperhaare aiif zwei Wegen, von dem Endostyl und von der Rückenraphe aus, gegen den Darmmuud hin fortbewegt. Der Ver dauun gscan al (Fig. 132) liegt grösstentheils in der hinteren oder Eingeweidehöhle des Körpers hinter der Peritoneallamelle. Er beginnt mit einer kreisförmigen, contractilen Oeffnimg, dein Darmmunde (g, Fig. 130), der auf der dorsalen Mittellinie der Peritoneallamelle liegt. An den Rändern dieser Oeffnung enden die Wimperrinuen der beiden Raphen, welche in der oben besprochenen AVeise die Schleimballen init Nahrungs- stoffeu dem Munde zuleiten. Die Wand des Kiemensackes setzt sich über die Oeff- nung hinaus direct in^ die Schlundwand fort. Der Schlund selbst (c, Fig. 132) ist eine kurze, enge und durclisichtige Röhre , die sich leicht im Bogen krümmt und ausserdem um ihre Längsaxe ge- wunden ist, wie die spiraligen Streuen beweisen, welche sich an ihr bemerklich; Ascidien. 311 machen (I, Fig. 132). Nach hinten erweitert sich der Schlund plötz- lich in einen eiförmigen, gekrümmten und weiten Sack, den Magen (ä, Fig. 132), von dem er durch eine innere, wenig vorspringende Cardialfiilte geschieden ist. x'^usser an seiner Form erkennt man den Magen auch an seiner gelblichen Färbung; sein hinterer Theil erscheint weiss getüpfelt durch die Hodenkörner, die sich an seine Oberfläche fest anlegen und sogar in die Peritonealhülle des auf den Magen fol- genden Darmes eindringen. Zur Zeit der Reife sind diese Hoden- läppchen so zahlreich und derart angeschwollen, dass sie sogar in die Darmhöhle vorspringen und der Darm selbst weisse Farbe zeigt. Un- mittelbar hinter dem Magen krümmt sich der Darm von links nach rechts auf sich selbst zurück, bildet innerhalb der Körperhöhle die Darmschlinge (e) , durchsetzt hierauf die Peritoneallamelle und ver- läuft in der Peribrauchialhöhle direct in gerader Linie nach vorn. Dieser letzte Darmabschnitt, das Rectum (/), verläuft an der Rückenfläche der Kiemenwand längs dein Blutsinus. Die Ausführuugs- gänge der Zeugungsorgane laufen dem Rectum parallel, verlängern sich aber über den After hinaus (i, k. ?, Fig. 132). Wenn zur Reife- zeit die Geschlechtsgänge prall mit Producten gefüllt sind, drücken sie die Wände des Rectunis so zusammen, dass dieses auf (,)uerschnitten die Form eines Halbmondes zeigt. Die Wände des Rectums sind so dünn und durchsichtig, dass man die braun gefärbten Kothballen in der Röhre sieht. In der Nähe seines Endes ti'ennt sich das Rectum von den Geschlechtsgängen und erhebt sich in Gestalt einer kegel- förmigen Afterwarze (g, Fig. 132), die in die Cioakenhöble vor- springt und auf der Spitze die Afteröffnurg trägt, welche von einigen muscalösen Riugfasern umgeben wird, die einen Schliess- muskel bilden. Querschnitte geben Aufschlüsse über die histologische Structur des Darmes; die Epithelialzellen werden im Einzelnen in Zerzupfangs- präparaten untersucht, die man vorher in Osmiumsäure fixirt hat. Die Grundraembran besteht aus einer Bindeaewebslamelle , welche auf beiden Flächen mit Epithelialzellen ausgekleidet ist; aussen mit Pflasterzellen, denjenigen ähnlich, welche die Peritonealhöhle überhaupt auskleiden, und innen mit Wimperzellen von Cylinder- oder Becher- form in wechselnder Grösse. Die Bindegewebslamelle ist von zahl- reichen Blutcanälen durchzogen, deren Weite nach den Regionen wechselt; iti der Nähe des Schlundes sind sie weit beträchtlicher als weiter hinten, wo sie enger werden und Netze bilden. ]Man wiid in der Monographie von Roule alle nur wünschbaren Nachweise über die histologische Structur der vier Darmabschnitte, Schlund, Magen, Darm- schlinge und Rectum, linden. Wir erwähnen hier nur, dass Muskel- fasern in den vorderen Abschnitten gänzlich fehlen , die mithin nicht contractu sind und in welchen die Fortschaft\ing der NahrungsstoITe 312 Tunicaten. nur durch die Thätigkeit der Wimpern bewerkstelligt wird. Dagegen finden sich Muskelfasern längs des Rectums und am After. Der Ver- dauungssaft wird wahrscheinlich durch das innere Darmepithel ab- gesondert, denn es findet sich keine Nebendrüse, welcher diese Function zugeschrieben werden köcnte. Kreislauf und Lacunensystem. — Das Blut der Ciona ist weisslich; es enthält zahlreiche, sehr kleine, amöbeuartige Körperchen und. ausserdem bräunliche oder gelbe Gebilde, welche in Rückbildung begriffene Blutkörperchen zu sein scheinen. Wie bei den übrigen Mantelthieren, circulirt das Blut grössten- theils in Lacunen, welche ein in dem Bindegewebe des ganzen Körpers verbreitetes System von Hohlräumen bilden, das von dem Cölom durch- aus unabhängig ist. Das von dem Herzen getriebene Blut circulirt in diesen Räumen in abwechselnd entgegengesetzter Richtung. Die La- cunen besitzen keine eigenen Wandungen; an einigen Orten, wie in der Haut und der Kieme, sind sie zwar so regelmässig angeoidnet, dass man glauben könnte, wirkliebe Gefässe vor Augen zu haben; aber an den meisten übrigen Stellen ändern sie sich von einem Augenblick zum anderen während des Lebens und zeigen sich auch verschieden je nach der Art der Injection , so dass man keine genaue Beschreibung von ihnen geben kann. Auf Durchschnitten sieht man sie meist klaff'end offen in Folge der Elasticität des Bindegewebes, worin sie ausgehöhlt sind. Das Herz (l, Fig. 130) bildet einen Schlauch in Form eines Halbmondes, dessen Hörner nach vorn gerichtet sind. Bei erwachsenen Thieren ist es stärker gekrümmt als bei jungen. Es liegt im Hinter- grunde der Eingeweidehöhle zwischen der Darmschlinge und dem Eierstocke rechterseits vom Magen und wird von einem feinen, durch- sichtigen Herzbeutel (Je) umschlossen, der mit einer klaren Flüssig- keit angefüllt ist. Ausser zahlreichen, mikroskopischen Körperchen schwimmt in dieser Flüssigkeit des Herzbeutels ein opaker, weiss- licher Körper von etwa einem Millimeter Durchmesser, der bei den Contractionen des Herzens die Stelle wechselt und nach dem Tode meist an irgend einer Stelle des Herzbeutels angeklebt bleibt (m, Fig. 130). Die beiden nach vorn gerichteten Herzhörner durchsetzen den Herz- beutel und verlängern sich nach vorn auf die Seiten des Kiemen- sackes. Nur an diesen beiden Punkten steht die Herzwand mit dem Herzbeutel in Verbindung; im Uebrigen ist der Herzschlauch voll- kommen frei und schwimmt gewissermaassen in der Herzbeutel- üüssigkeit. Die auf beiden Flächen mit einem Zellenepithelium bekleideten Herzwände sind sehr contractil; sie zeigen nach aussen eine Schicht von quergestreiften Längsmuskelfasern. Dies sind die einzigen ge- streiften Muskeln im Körper der Ciona. Die innere Schicht wird von einem elastischen Gewebe gebildet, welches in der Diastole seine pri- Ascidien. 313 mitive Gestalt annimmt und so als Antagonist der einzig die Systole erzeugenden Längsmuskeln auftritt. Wie bei den übrigen Mantelthieren, wechselt das Herz der Ciona periodisch die Richtung seiner Contractionen, was man bei jungen, durchsichtigen Individuen leicht constatiren kann. Die Dauer dieser Wechselströmungen ist nicht ganz gleich; die Contractionen folgen sich schneller, wenn das Blut in der Richtung von der Kieme durch das Herz zu den Eingeweiden , als wenn es in umgekehrter Richtung von den Eingeweiden durch das Herz zu der Kieme geht (Roule). Indessen ist der Unterschied bei den erwachsenen Thieren geringer als bei den jungen. Daraus folgen grosse Unregelmässigkeiten im Blutlaufe, die durch den Mangel von zu- und abführenden Gefässen noch vermehrt wird. Wie bei den Salpen, lassen sich weder Arterien noch Venen unter- scheiden , und da mit Ausnahme der Hauptcanäle die Richtung des Blutstromes in den Lacunen sich mit jedem Augenblicke ändern kann, so hält es sehr schwer, sich eine Gesammtanschauung des Kreislaufes zu bilden. Die von dem Herzen aus gemachten Injectionen gefärbter Massen liefern nicht zweimal identische Resultate und schliesslich ist es am vortheilhaftesten , den Kreislauf an der Bewegung der im Blute aufgeschwemmten Köi-perchen beim lebenden Thiere zu untersxichen. Auf diese Weise erkennt man wenigstens eine gewisse Anzahl von Hauptströmen in den grossen Canälen, welche vom Herzen zur Kieme, zu den Eingeweiden und von diesen zur Kieme oder umgekehrt sich begeben. So erkennt man leicht einen grossen Bauchcanal (p, Fig. 133 a. f. S.), der unter der Bauchraphe längs der ganzen Kieme sich erstreckt; er sieht wie ein compacter Glasstab aus und ist deshalb auch als ein Stützgebilde der Bauchrinne angesehen und als Endostyl bezeichnet worden. Dieser Canal ist in einem bindegewebigen Wulste ausgehöhlt, der in der ventralen Mittellinie die Kiemenwand mit der Körperwand verbindet. Er steht mit den Lacunen des Mundsiphos, der benachbarten Theile der Körperwaiid und mit den Quercanälen der Kiemen in directer Verbindung und nimmt deren Blut auf. Nach hinten durchsetzt er die Peritoneallamelle, den Herzbeutel und mündet in das Herz, nachdem er noch das in den Lacunen der Peritoneal- lamelle und der Wurzelausläufer, die das Thier befestigen, circulirende Blut aufgenommen hat. Das Blut läuft in ihm meist in centripetaler Richtung zu dem Herzen hin, weshalb man ihn auch Kiemenherz- canal genannt hat; er enthält meist frisch geathmetes Blut, aber in Folge der Umdrehung der Herzcontractionen tritt auch periodisch die entgegengesetzte Richtung auf. Ein zweiter, weit hellerer Canal kann der He r z einge wei de- canal (r, Fig. 133) genannt werden. Er verläuft durch die Peritoneal- 314 Tunicaten. Fio-. 133. -dy lamelle vom Herzen zu den Eingeweiden und steht mit den Lacunen des Magens, des Darmes, der Geschlechtsorgane u. s. w. in directer Verbindung. Er kann als eine Fortsetzung des vorigen Canals über das Flerz hinaus betrachtet werden; der Blutstrom verläuft in ihm in centrifugaler Richtung, weshalb er auch von Lacaze-Duthiers die Eingeweide-Aorta genannt wurde. Bei Umdrehung der Herzcontractionen er- hält er freilich nur venöses Blut von den Eingeweiden, welches er durch das Herz zu der Kieme leitet. Der dritte Hauptcanal ist derEingeweidekiemen- canal oder Dorsalcanal ((/,Fig. 133). Er führt das Blut, welches in den Ein- geweiden circulirt hat, zur Kieme, verläuft also in einer den beiden vorigen ent- gegengesetzten Richtung unmittelbar unter der dor- salen Raphe und steht in seiner ganzen Erstreckung in unmittelbarer Vei-bin- dung mit den Kiemencanä- len. Er nimmt das von den Geschlechtsorganen , dem Darm und den benachbar- ten • Körpertheileu kom- mende Blut durch kleine Seitencanäle auf. Das in den Kiemencanä- len angesammelte Blut ver- 7t- versdiolien , wäliveiul sie in Wirklichkeit li sipho ; <:, Teiitakelkranz ; d, Aftersiplio ; . (], EingevveidelKible ; A, Peritoneallamelle; «, Kieme; ??!, Mao-en ; w, Eierstock; o, Herz Clona intcstluuUs. — Schema des Kreislaufes nach Roule. Der Darm und die Geschlechts- gänge sind nicht gezeichnet, das Herz und der Herzeingeweide- canal nach rechts vom Magen nks liegen. «, Kintrittsüti'nung; 6, Mund- ', Cellulosemantel ; /', Peribranchialhöhle ; /', Centralganglion ; k, Wurzelausläufer; /), Ventralcanal ; 5, Dorsalcanal ; r, Herz- eingeweidecanal (Aorta) ; s, Herzmantelcanal ; t, Magenmantclcanal. Ascidien. 315 bleibt dort mebr oder minder lange, bis es durcb den Baucbcanal zum Herzen zurückkehrt. Die drei soeben beschriebenen Canäle bilden die wesentlichsten Wege des Kreislaufes, an welche sich die in den übrigen Organen aus- gebildeten Laeunen anschliessen. Wir können diese letzteren nicht in ihrem weiteren Verlaufe verfolgen, sondern verweisen hinsichtlich der Einzelheiten auf die Arbeit von Roule. Wir begnügen uns, noch einmal auf die zahlreichen Unregelmässigkeiten des Kreislaufes in diesen Laeunen hinzuweisen, die durch die Wandlungen der Cou- tractiouen des Herzens bedingt werden. Namentlich in der Körper- wand ist die Unbestimmtheit in der Richtung der Blutströmungen ausserordentlich, da sie von einer Unzahl kleiner, zwischen den Muskel- fasern bestehender Laeunen wie ein Sieb durchlöchert ist, welche ihr Blut aus dem Darme, der Kieme u. s. w. durch die erwähnten, das Cölom und die Peribranchialhöhle durchsetzenden Brücken erhalten. Das Blut läuft hier stossweise bald in dieser, bald in jener Pachtung. Absonderungsorgane; Nieren. — Man findet bei den Asci- dien keine differeuzirte Niere. Die mit Auswurfsstoff'eu erfüllten Zellen sind an verschiedenen Stellen des Bindegewebes und in einzelnen La- cujien in Gestalt kleiner, brauner oder gelber Massen abgelagert. Bei Ciona finden sich solche Zellen fast überall ; sie häufen sich aber vor- zugsweise unter dem Epithelium des angeschwollenen Endtheiles des Samenganges und noch mehr in den Wänden der cylindrischen Pa- pillen (l, Fig. 132) am Ende dieses Ganges an, die wir später be- schreiben werden. Diese Papillen fallen bei Oeflfnung der Cloakenhöhle sofort durch ihre lebhaft rothe Farbe auf; wir werden später sehen, dass sie von kleineu Oeffnungen durchbohrt sind, durch welche der Samen austritt, und dass die orangerothen Auswurfszellen sich in meh- reren Schichten unter ihrem Epithelium anhäufen. Man kann diese Zellen durch Zerzupfung isoliren; sie hal)en meist rundliche Gestalt und ilir Protoplasma ist mit gefärbten Körnchen angefüllt. Man hat durch mikrochemische Analyse darin Harnsäure, harnsaure, oxalsaure und phosphorsaure Scilze nachgewiesen; sie scheinen also die Function einer Niere zu besitzen. Aber sie besitzen keinen Ausführungsgang im Ganzen; wahrscheinlich werden die Auswurfsstoffe, die sie ent- halten, mittelst Diffusion durch das Epithelium in die Poren der erwähn- ten Papillen des Samengauges gebracht und so in die Cloake entleert. Sie sind von einem reich entwickelten Lacunennetze umgeben, so dass also das Blut stets neue Zersetzungsproducte ihnen zuführen kann. Aehnliche gefärbte Massen von geringer Bedeutung finden sich stellen- weise in dem Lacunensysteme; wir haben die von Roule in dem Wimperorgane angezeigte Ansammlung nicht wiederfinden können. Dagegen ist die beschriebene Anhäufung im Samengange durchaus constant und verdient deshalb besondere Beachtuns'. 316 Tiinicaten. Fortpflanz iiugsorgan e. — Ciona ist Hermaphrodit; Hoden und Eierstock liegen nahe bei einander. Das an der Darmschlinge angelagerte ei- oder birnförmige, stets deutlich begrenzte Organ ist der Eierstock {li, Fig. 132). Die Hoden dagegen sind diffus und in der Darmwand ausgegraben; mit blossem Auge oder unter der Lupe sieht man nur ihre Ausführungscanälchen und auch diese nur bei Indi- viduen, wo sie mit weisseui Samen gefüllt sind. Man kann die Ge- schlechtsorgaue als im Bindegewebe ausgehöhlte Lacunen, ähnlich den Blutlacunen, betrachten, die aber mit einem Epithelium ausgekleidet sind, welches sich zu Samenzellen oder Eiern differeuzirt. Die Hoden (^4, Fig. 134) muss man auf durchsichtigen Stücken der Darmwand oder auf Schnitten der Darraschlinge untersuchen. Sie Tis-. 184. Ciona hitesüiudh. — ^4, Stück der Darm\v:iiiJung mit den darin eingeschlossenen, durchschimmernden Hodenröhrchen (Gundlach, Oc. 1, Obj. O). a, Hodenläppchen; h, Samencanälchen ; c, Bindegewebe der Darmwandung.. i>', Samenelemente (Gund- lach, Oc. 1, Oljj. 6, Immersion), a, in Theilung begriffene Samenzellen; h, u. c, Sper- matozoen, mit Sublimat fixirt. bilden zahlreiche, meist durch ihren Inhalt prall ausgedehnte Canälchen von wechselnder Form; ihr blindes Ehide ist meist augeschwolleo. Sie liegen in der Dicke der Bindegewebeschicht des Darmes zwischen dem Pylorus und dem Anfange des Rectums; zerstreut findet man zuweilen • noch einige auf dem Rectum selbst, während sie an der Darmschlinge oft in mehreren Schichten dicht gedrängt anzutreffen sind. Von der Fläche gesehen , unterscheiden sie sich durch ihren dunklen, körnigen Inhalt von den zahh-eichen Blutlacunen, die zwischen ihnen ver- Ascidien. 317 Fio-. 135. ^- laufen. Die Bläschen stehen unter einander in Verbindung; die Zeu- gungsstofFe entstehen in den angeschwollenen, blinden Enden, häufen sich an und gelangen dann in das spitze Ende, das sich in ein feines Samencanälchen (Ä, Fig. 134; d, Fig. 136) auszieht. Die Samen- canälchen haben nicht überall denselben Durchmesser; sie erweitern sich stellenweise, verlaufen in den oberflächlichen Schichten der Binde- gewebslamelle des Darmes unmittelbar unter dem inneren und äusseren Epithelium und vereinigen sich mit einander, indem sie an Weite zu- nehmen. In prall gefülltem Zustande springen sie sogar gegen die Darmhöhle vor. Schliesslich vereinigen sich alle diese Samencanälchen zu einem gemeinsamen Sammelcauale , der aus der Darmwand hervortritt, sich dem Gipfel des Eierstockes nähert und von diesem Punkte an gemein- sam mit dem Eileiter, dem er sich sehr eng anschliesst, nach vorn ver- läuft. Dieser Sameugang (/, Fig. 132 ; c, Fig. 13li) folgt nun dem Rectum und dem dorsalen Blutcaual, mit welchen zusammen er einen die Peri- toneallamelle durchsetzenden und in die Peri- branchialhöhle vorragenden Längswulst, den Afterwulst, bildet. Aber die Geschlechts- canäle verlängern sich über den After hin- aus und der Samengang erweitert sich ziem- lich an seinem Ende und trägt hier ein Büschel von einem Dutzend cylindrischer Wärzchen (c, Fig. 135), in deren Wänden die oben besprochenen rothen Xierenzellen abgelagert sind. Jedes Wärzchen trägt an seiner Spitze eine enge Oeffuung (d), diirch welche der Samen entleert wird. Zuweilen ist diese Euderweiterung durch die darin angehäufte Samenmasse so aufgeschwollen, dass sie die Wände des Eileiters zusammen- drückt. Die Samencanälchen sind von einem Epi- thelium ausgekleidet, dessen cubische Zellen unmittelbar dem Bindegewebe ansitzen, in welchem die Canäle ausgegraben sind. Zur Zeit der Geschlechtsreife sind die Hoden- bläschen mit durchsichtigen Zellen angefüllt, die grosse Kerne haben und sehr an Grösse variiren. Sie sind in mehreren concentiiscben Schichten abgelagert und stark in Vermeh- rung begriffen (B, Fig. 134), meist warzig oder im Begriffe, sich zu theilen. Nach manchen verwickelten Ausbildungsstadieu erzeugen diese Zellen Zoospermen mit sehr langem Faden und einem Kopfe, Cionu lutestiiudh. — l)ie Eiul- papille der (Jcsfhlechtsgänge, vergrössert. «, Eileiter; h. Samenleiter ; c , rotlic EnJ- wärzclien desselben ; (/, deren OetYnungen ; e, Mündung des Eileiters in die Cloake, durch welche die Eier austreten. 318 Tunicatcn. der durch die Fixationsmittel eiförmig wird, während er im Leben einem cylindrischen Stäbchen gleichen soll (B, Fig. 134). Der Eierstock (/;, Fig. 132; a, Fig. 136) ist stets, mit Aus- nahme der Jageudzustände, ein gesondertes Organ, eine rundliche Masse aus Bindegewebe von gelblicher Farbe, in welcher Laciiuen aus- gehöhlt sind, die mit Eiern in allen Entwicklungsstadien sich anfüllen. Seine warzige Oberfläche ist von dem Epithelhrm des Peritoneums überzogen, während die Lacunen mit einem Endothelium ausgekleidet sind, das sehr demjenigen der Hodenbläschen ähnelt, aber sich zu Eiern ausbildet. Bei der Zerzupfung eines reifen Eierstockes findet man eine Unzahl Eier in allen Grössen; um aber eine Anschauung des Organes zu gewinnen, muss mau zu Schnitten seine Zuflucht nehmen, Roule empfiehlt, den Eierstock in Osmiumsäure zu fixiren, mit Chromsäure zu härten, in Paraffin zu schneiden und die Schnitte mit Grenacher's Fig. 136. Fig. 137. b Fig. 136. — C'ioiui inlef^tiiia/is. Darmschlinge und Eierstock, a, Eierstock; b, Ei- leiter; c, Samenleiter; d, weisse Samencanälchen, auf der Darmwandung verlaufend; e, Magen ; /, Darmschliuge ; g, Darm. Fig. 137. — dona intestinnlis. a und h, Eier in der Entwicklang; c, reifes Ei; u, dessen Follikel; &, Testazellenschicht; c, Keimbläschen; (/, Nucleolus ; e, Dotter (Gundlach, Oc. 1, Obj. 4). Boraxcarmin zu färben. Wir haben nicht minder gute Resultate durch Fixirung in Sublimat und Färbung des Organs im Ganzen erhalten. Die Durchschnitte zeigen, dass die Lacunen, worin die Eier enthalten sind, durch dünne, bindegewebige und mit Endothelium ausgekleidete Wände von einander geschieden werden. Die Eier der Ascidien zeigen eine eigenthümliche Structur, welche auch bei unserer Ciona sehr deutlich hervortritt. Sie besitzen nämlich eine doppelte Zellenhülle. Die äussere Schicht (a, Fig. 137) ist als F ollikelhülle, die innere (h) als Testazellenschicht bekannt. Die Zellen der Testa sind körnig und kleiner als diejenigen des Follikels; sie entstammen, wie die neueren Untersuchungen nachgewiesen haben, Ascidien. 319 der inneren Dottermasse, woher sie an die Oberfläche wandern. ^Vir können auf die verwickelten Fragen , die sich bei der Untersuchung der Entstehung des Eies der Seescheiden aufwerfen, hier um so weniger eingehen, als die Forscher nicht ganz einig darüber sind, und ver- weisen in dieser Beziehung auf die im Capitel Literatur aufgeführten Arbeiten von Sabatier, Semper, Roule, Fol, Davidoff. Die reifen Eier lösen sich ab , fallen in die Höhle des Eierstockes und werden durch einen relativ weiten Caual, den Eileiter (&, Fig. 136), ausgeführt, der vom vorderen Ende des Eierstockes abgeht und neben dem Sainengange längs des Rectums nach vorn verläuft, Yon dem Samenleiter unterscheidet sich der Eüeiter durch seinen weitereu Durch- messer und durch die Eier, die man durch seine Wände durchschimmern sieht. Seine Wände bestehen, wie die des Samenleiters, aus einer Bindegewebslamelle ohne Muskelfasern; nur nahe seiner Oeffnung zeigen sich einige Muskelbündel zur xiustreibung der Eier. Innen ist der Canal mit einem Pflasterepithelium ausgekleidet, dessen Zellen Wim- pern tragen, welche im Samenleiter nicht vorkommen. Der Eileiter mündet vor der Afterwarze an der Wurzel des Cloakensiphos, unmittelbar neben dem Samenleiter: seine einfache Mündung (e, Fig. 135) liegt etwas hinter den oben erwähnten rothen Papillen. Die Befruchtung kann demnach in der Cloake selbst statt- finden. Die Entwicklung der Eier beginnt sofort; doch müssen wir bemerken, dass wir in der Cloake der Ciona niemals weit vor- geschrittene Larven gefunden haben , wie dies häufig bei anderen Ascidien der Fall ist. Im Ganzen zeigen die Ascidien einen gemeinscliaftlichen Organisations- plan, der bei den einfachen Seesclieid.en nur geringe und untergeordnete Modificationen zeigt, so dass eine typische Art, wie die Ciona, wohl als Bild der ganzen Gruppe gelten kann. Grössere Verschiedenheiten treten bei den Sj'uascidien und noch bedeutendere bei den Appendicularien auf. Der Körfier hat stets mehr oder minder die Form eines Sackes mit zwei Oeft\iungen, einer Eintritts- oder Mundöffnung, durcli welche das Wasser mit den Nährstoffen eindringt, und eine Austritts- oder Cloakenöffnung, durch welche es mit den Auswurtsstoffen abfliesst. Indessen vaiiirt die allgemeine Körperform sehr bedeutend, namentlicli in Folge der Entwicklung des äusseren Cellulosemantels , der sehr dick werden , unregelmässig auswachsen, Warzen treiben und sogar sich auf sich selbst zurückbiegen kann , so dass er den Körper wie mit zwei Schalenklappen umhüllt. Auch wird die äussere Form durch die wechselnde Lage der beiden Siphonen, die Ausbildung des Kiemen- sackes, die Verlängerung der hinteren Körperregion u. s. w. beeinflusst. So ist der Körper bald ein einfacher Sack , fast ebenso breit als lang (PhaUusia), bald cylindrisch oder keulenförmig, vorn breit und nach, hinten fadenföi'mig ausgezogen, so dass man, wie bei Clavellina und noch mehr bei vielen Synascidien [Dideniniini, Amaroecitim), eine Kiemenregion, eine Darm- region und eine mehr oder minder verlängerte Fuss- oder ^^'urzelreg■ion unterscheiden kann. üebrigens setzen sich alle Seescheiden fest, nachdem sie eine Zeit lang 320 Tunicateri. als Larven frei umherschwammen, mit Ausnahme der Appendicularien, die während ihres ganzen Lebens mit Hülfe des permanenten Larvenschwanzes schwimmen. Die Gruppe der Appendicularien zeigt überhaupt mehrere, wäh- rend des ganzen Lebens sich erhaltende Larvencharaktere und wir werden ihnen oft eine Ausnahmestellung anweisen müssen , namentlich wegen des Mangels einer Cloake und einer Peribranchialhöhle. Das Athemwasser strömt aus dem Kiemensacke durch zwei unmittelbar die Körperwandung durch- setzende Spaltöffnungen ; der After mündet ebenfalls direct an der Bauch- fläche. Den grössten Einfluss auf die äussere Gestaltung übt indessen die Bil- dung von Colonien durch Knospung. Die Neigung dazu zeigt sich schon bei der kleinen Gruppe der socialen Ascidien {Clavellina), wo die Einzei- thiere in geringer Zahl auf wurzelförmigen Ausläufern oder Stolonen sitzen. Ihre höchste Ausbildung erreicht die Knospung bei den zusammengesetzten Ascidien oder Sj'nascidien, wo eine grössere oder geringere Anzahl von Lidi- viduen unter einem gemeinsamen Mantel sitzen oder vielmehr in eine ge- meinschaftliche Mantelmasse eingebettet sind , die bald schildförmig {Botryl- lus), kugelförmig yPolydinum) ist oder selbst einem Blumenkorbe oder einer Himbeere ähnlich sieht (Fragariwn). Die Structur der Tegumente ist überall dieselbe. Eine zellige Epidermis erzeugt den äusseren Cellulosemantel, der meist glasartig hell, aber von sehr wechselnder Consistenz und Dicke ist. Er ist oft warzig, mehr oder minder mit Rauhigkeiten bedeckt; bald hart wie Knorpel [Synoecum) , bald weich und fast gallertartig [Molgula, Botryllu^). Dieser Cellulosemantel ist oft in Folge von Piginentablagerungen sehr lebhaft gefärbt; auch parasitische Algen, die sich manchmal in grosser Menge einfinden , tragen zur Färbung bei. Man findet ferner darin, wie bei unserer tj'pischen Art, degenerirte Zellen, die oft mehr oder minder grosse Vacuolen bilden (Phalhisia), sowie amöben- artige Zellen. Letztere sollen nach den neueren Beobachtungen von Cli. Mau- rice namentlich bei den Sj'nascidien eine bedeutende Bolle als Zellenfresser (Phagocj'ten) spielen. Diesem Forscher zufolge zeigen diese Zellen intra- celluläre Verdauungserscheinungen und sollen die Aufgabe haben, die Körper der todten Einzelthiere , Avelche durch ihre Zersetzung die Colonie schädigen würden, durch ihi-e Verdauung wegzuschaffen. Zuweilen findet man auch bei den Synascidien im äusseren Mantel Kalkconcretionen, die bei Didemnum, Leptoclinum sehr häufig werden und bei einzelnen Arten eine so constante Form annehmen, dass man sie als Speciescharaktere benutzen kann (Giard). Die Körperwand oder Haut wird immer von einer Bindegewebslamelle hergestellt, die von zahlreichen Lacunen durchzogen wird und Muskelbündel von Längs- und Querfasern enthält. Das Centralganglion findet sich immer dorsal zwischen den beiden Siplionen imd die vorderen und hinteren Nerven, welche von ihm ausgehen, verlaufen in ähnlicher Weise wie bei Ciona. Sie verästeln sich grossentheils in den Siphonen und ihre Länge hängt von der Grösse des Zwischenraumes zwischen den beiden Bohren ab. Sie sind übrigens allgemein sehr fein und lassen sich nur schwer in den Geweben verfolgen. Kowalevsky hat bei Didemnum styliferum und einigen anderen Synas- cidien ein Eingeweidenervens3'stem nachgewiesen, welches von Ed. van Be- neden und Julin auch bei Molgtda ampulloides, Clavellina Brissoana u. s.w. wiedergefunden wurde. Es besteht aus einer Ganglienkette (Eingeweide- strang) , die von dem Hinterrande des Centralganglions abgeht, längs der Eückenraphe verläuft, dann nach rechts abbiegt und plötzlich in der Ein- geweidemasse endet. Wir haben es bei Ciona nicht zur Anschauung bringen Ascidien. 321 können; es scheint aber ziemlich allgemein verbi'eitet, wenn es auch in vielen Fällen (Perophora, ClaveUina) auf einige wenige Zellen reducirt ist. Wahrscheinlich ist es ein Rest des bei der Larve vorkommenden Nerven- stranges und zwar des mittleren Theiles , der sich während des Lebens erhält, während nur der Schwanztheil des Nervenstranges der Larve abstirbt und spurlos verschwindet. Bei den Appeudicularien , die einen sehr beweglichen Schwirnmschwanz besitzen, finden sich wenigstens zwei Ganglien ; das eine liegt, wie dasjenige der Ascidien, auf der Rückenseite in der Nähe des Mundes, das andere da- gegen auf der linken Seite der Chorda an der Basis des Schwanzes. Dieses letztere Ganglion entsendet nach hinten einen dicken Schwanznerven, der eine veränderliche Zahl kleiner Ganglienknötchen zeigt. Die beiden Haupt- gauglien werden durch einen Nerven verbunden, der mehrere Zweige aus- sendet und wie die Ganglien selbst im Inneren einen feinen Caual zeigt, der sie der Länge nach durchsetzt (Fol). Sinnesorgane fehlen den erwachsenen Ascidien, finden sich aber bei den Larven und den Appeudicularien. Zu den Tastorganen werden wohl grosse, an dem Muudrande der Appeudicularien entwickelte Zellen zu rechnen sein, die eine abgeplattete, steife Wimper tragen, denen sehr ähnlicli, welche man bei den Embryonen der Ctenophoren in den Ruderkämmen antrifft: in diesen Zellen enden feine, von dem Yorderrande des Mundganglions aus- gehende Nervenfädchen (Fol). Bei den Appeudicularien wie bei den Larven der anderen Ascidien findet sich auch ein Gehörorgan , eine runde Otocyste, innerlich mit steifen Haaren ausgekleidet, die einen grossen kugeligen Otolitlien schwebend erhalten. Das Organ liegt auf der linken Seite des Mundganglions. Bis in die Neuzeit betrachtete man als Riechorgan die in der Pliaryngeal- wand vor dem Ganglion gelegene Wimpergrube. Jetzt weiss man, dass sie als die etwas modificirte Endverlängerung des Ausführungsganges der Unter- ganglieudrüse angesehen werden muss. Die Gestalt dieser Wimpergrube Avechselt sehr, sogar bei Individuen derselben Species; sie hat also nicht die Bedeutung für die Classification, welche ihr einige Zoologen beimessen wollten. Als Sehorgan dürfte wohl ein mit einer Art Linse ausgestatteter Pigment- fleck anzusprechen sein, welcher auf dem Mundganglion der Larven auf- sitzt. Hinsichtlich der Pigmentflecken zwischen den Läppchen der Siphonen, welche bei vielen erwachsenen Thieren vorkommen , darf man deshalb im Zweifel sein, weil Nervenfädchen, die sich zu ihnen begeben müssten, kaum nachzuweisen sind. Einige Forscher wollen indess solche Fädchen gesehen haben und aus diesem Grunde betrachtet man sie ziemlich allgemein als Augenflecken. Bei allen Ascidien, einfachen wie zusammengesetzten, findet sich die Unterganglien drüse, über deren Bedeutung, wie über die der Wimper- grube zahlreiche Discussionen gepflogen worden sind. Julin (s. Literatur) betrachtet sie als der Hypophysis der cranioten Wirbelthiere homolog. Ihre Lage, die stets dieselbe ist (ausgenommen bei Molgida ampulloides), unmittel- bar unter dem Centralganglion, ihre Beziehungen zur Mundhöhle, welche den- jenigen gleichen, die man bei den Embryonen der Wirbelthiere zwischen der primitiven Mundhöhle und der Tasche der Hypophysis nacliweisen kann, und ihre Schlauchform sprechen für diese Annahme, welcher freilich der Umstand entgegensteht, dass der Ursprung aus dem Ectoderm für die Drüse der Ascidien nicht so sicher nachgewiesen ist, als für den Blindsack der Hypophysis bei den Wirbelthieren. Hier sind noch weitere Untersuchungen nöthig. Wir können hier auf die theoretischen Betrachtungen nicht eingehen, welche die meisten Autoren veranlassten, Julin' s Anschauungen nach der Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. U. 21 322 ' Tunicaten. einen oder anderen Seite bin zu kritisiren. Wir machen liier nur auf den Umstand aufmerksam , dass die embryologischen Untersuchungen , welche Ed. van Benedeu und Julin an ClavelUna lepadiformis und Ch. Mau- rice an Fragaroides aurantiacum , einer Synascidie , angestellt haben, den gemeinsamen Ursprung der Untergangliondrüse und des Wimperorganes un- widerleglich festgestellt haben. Beide entstehen als eine gemeinsame Anlage aus einer Ausstülpuag der Kiemenwand in ähnlicher Weise , wie die Hypn- phj'sis der VN'irbelthiere aus einer Ausstülpung der primitiven Mundhöhle entsteht. Diese Ausstülpung durchsetzt deu häutigen Primordialschädel, in welchen die Tasche, die sich von der Wand des Phar3'nx abgeschnürt hat, schliesslich eingeschlossen wird. Die Unterganglioudrüse hat meist die Gestalt einer Birne und erreicht etwa die Grösse des Ceutralganglions. Meist besteht sie aus verzweigten Eöhrcheu ; bei einigen Syuascidien {Fragaroides) verkümmert sie zu einem Häufchen körniger Zellen. Ihr Ausführungsgang verläuft stets an ihrer oberen Fläche, parallel mit der Axe des Ceutralganglions, dem er unmittelbar anliegt. Er beginnt mit einer Art Rinne, die in einiger Entfernung vor dem Ganglion sich zu einer Röhre schliesst, welche in das Wimperorgan mündet. Dieses trägt seinen Namen wegen der langen Wimpern, die auf dem seine Höhle auskleidenden Zellenepithelium aufsitzen. Der Kiemen sack zeigt manche bemerkenswerthe Eigenthümlich- keiten. Er beginnt stets an der Basis des Mundsiphos und ist, mit Ausnahme der Appendicularien , von der Körperwaud durch eine mehr oder minder geräumige Peribranchialhöhle getrennt. Nur bei den Appendicularien fehlt, wie gesagt, diese Höhle, und die beiden einzigen Kiemenspalten münden direct nacli aussen. Diese Spalten bestehen aus je zwei, in ihrer Mitte durch einen Wimperkranz eingeschnürten Canälen, welche durch eine Ausstülpung der Pharynxwand und eine Einstülpung des Teguraentes gebildet werden, die einander begegnen und an der Begegnunj);sstelle zasainmenmünden. Bei allen anderen Ascidien bildet die Kieme einen gesonderten Sack, der bald die ganze Länge des Körpers {Phallusia), bald nur einen Theil desselben einnimmt (ClavelUna). Der Kiemensack steht mit der Körperwand durch die erwähnten Hoblbrücken aus Bindegewebe, die Hautkiemencanäle, in Verbindung, in welchen das Blut kreist; ausserdem finden sich noch die beiden Verbindungsuähte der Längsi-aphen , welche dorsal und ventral in einer senkrechten Ebene liegen, die den Sack in zwei Hälften, eine linke und eine rechte, theilen würde. Die Wände des Kiemensackes sind von einer meist nur dünnen Bindegewebslamelle hergestellt, wie bei Ciona, die von Lacnnencanälen durchzogen wird , welche sich sowohl bei den socialen See- scheideu wie bei den Syuascidien unter rechte. i Winkeln treffen. Bei den einfachen Ascidien vermehren sich diese Canäle und bilden complicirte Metze, in welchen man geräumigere und engere Canäle unterscheiden kann (Cyn- thia, Phallusia). Sie nehmen dann ganz das Aussehen von Gefässeu an und erreichen ihre höchste Ausbildung bei den MolgiiUden, wo Lac.aze-Duthiers sie im Einzelnen beschrieben hat (s. Literatur). Die Wand des Kiemeusackes ist übrigens oft gewellt oder sogar tief gefallet, aber stets von einer Menge von Spalten durchbrochen, die zwar meist knopflochartige Form haben , aber nach Gestalt und Grösse vielfach variiren, so dass die Zoologen ihre Anordnung als Charaktere benutzen konnten. Die ventrale Raphe, Bauchrinne oder Endostyl, bildet stets eine an beiden Enden blindsackartig geschlossene, in der Wand des Kiemensackes aus- gegrabene, mediane Riune. Doh rn (s. Literatur) hat ihre verschiedenen Gestal- tungen beschrieben. Bei den Appendicularien sind ihre beiden Lippen, ohne sich Ascidien, 323 zu vereinigen, docli so nahe geschlossen, dass sie eine nur au beiden Enden geöffnete, im Inneren wimpernde Eöhre bildet. Die Wimpern finden sich überall hei den Ascidien ausgebildet, sie befördern die Schleimmassen, welche die Raphe füllen. Dieser Schleim wird gewiss bei vielen Arten von eigenen Driisenzellen abgesondert, die zwischen den Flimmerzellen im Epitlielium der Rinne sich finden. Wie wir schon wissen, umhüllen diese Schleiramassen die Nahrungsstoffe, welche durch die Wimpern dem Darmmunde zugetrieben werden. Die dorsale Raphe oder Epibranchialrinne findet sich ebenfalls coustant vor, aber während sie bei den einen, wie bei Ciona, einen mit zungen förmigen Anhängseln besetzten Längswulst darstellt, bildet sie bei den meisten anderen {Cynthia, Molgula) eine der ventralen ähnliche Rinne. Bei den Synascidien hinwieder ist die Eildung der dorsalen Raphe ähnlich derjenigen bei Ciona, nur mit dem Unterschiede, dass die Anhänge weniger lang sind und kaum in die Kiemenhöhle vorspringen. Die Rolle dieser Rinne ist uns durch Fol bekannt geworden , dessen Resultate meist von den Nachfolgern bestätigt wurden ; die Rinne leitet den von dem Endostj'l ausgehenden Schleimfaden mit den Nahrungsstoften dem Darmmunde zu. Auch die hintere Raphe oder Ret r ©pharyngeal rinne, die auf dem Grunde des Kiemensackes von dem blimlen Ende der ventralen Raphe zu dem Darmmunde läuft, ist überall ausgebildet. Der Darmcanal hegt nicht immer, wie bei Ciona, in der directen Ver- längerung des seinen Vorhof bildenden Kiemensackes. Diese bei den socialen Ascidien und den Synascidien ziemlich allgemein herrschende Bildung ist nicht mehr möglich bei den einfachen Ascidien, deren Kiemensack sich über die ganze Länge des Körpers erstreckt. Hier schiebt sich der Darm bald auf die linke (Ascidia, Phalliisia), bald auf die rechte {Corella) Seite des Kiemeusackes. Welches aber auch seine Lage im Verhältniss zur Kieme sein mag, stets bildet er eine mehr oder minder gewundene Schlinge. Bei den Ascidien mit langgestrecktem Körper [Clavdlina, Amoroecium) kann man bis zu fünf Abschnitten des Darmes unterscheiden: Schlund, Magen, Duodenum, Chylusmagen und Afterdarm (Milne-Edwards). Mit Ausnahme des Chylusmagens haben wir diese Abtheilungeir bei Ciona wieder- gefunden, denn das sogenannte Duodenum der Clavellina entspricht dem Theile, den wir bei Ciona die Darmschlinge genannt haben. Bei den Appendicularien ist der sehr kurze Schlund weit in den Kiemen- sack geöffnet , von dem er sich nicht deutlich sondert ; er mündet in einen mit sehr grossen Zellen ausgekleideten Magen; der Darm und das birn- förmige Rectum zeigen ein inneres Flimmerepithelium und der After öffnet sich direct auf der Mittellinie der Bauchfläche. Bei den übrigen Ascidien beginnt der Oesophagus mit dem in dem Grunde des Kiemensackes in der senkrechten Mittelebene gelegenen Darmmunde. Dieser bald runde, bald ovale Darmmund steht meist weit offen. Der darauf folgende Schlund ist eng und mit Wimpern ausgekleidet; er erweitert sich zu einem bald cj'liudrischen, bald kugeligen Magen, der häufig durch die seine Wände auskleidenden Zellen gelb oder braun gefärbt ist. Selten ist die Magen wand glatt (Phallusia) ; meist zeigt sie Längsfalten. Diese Falten erheben sich bei vielen Sjmascidien so sehr, dass sie förmliche Rinnen bilden (cannelirte Mägen nach Giard). Zuweilen verschmelzen die Lippen dieser Rinnen stellenweise , so dass förmliche Röhren gebildet werden , die nur durch ein Loch in ihrer Mitte mit der Magenhöhle communiciren {Fra- garoides). Es ist dies offenbar eine Anbahnung zur Bildung getrennter, ab- sondernder Magenblindsäcke, die Ausstülpungen der Magenwand bilden und mit farbigen Zellen ausgekleidet sind. Solche Blindsäcke wurden bei Cya- 21* 324 Tunicaten, thiadeeii rnad Molgididen als Lebei- beschrieben. Die Bildimg von differen- zirten, specialisirten Verdanungsdi-iisen wird auf diese Weise eingeleitet. Wie wir gesehen haben, ist dies bei Ciona nicht der Fall ; die absondernden Ele- mente sind hier zwischen den Epithelialzellen des Magens zerstreut. Der bei Ciona ebenfalls fehlende Chylusmagen bestellt nur in einer Erweiterung der Darmschlinge nach ihrer Umbiegung; seine von Milne- Edwards behauptete drüsige Natur wurde neuerdings von Ch. Maurice bestritten. Er findet sich gewöhnlich bei den socialen und zusammengesetzten Ascidien. Das Rectum ist meistentheils geräumig, sein Durchmesser bedeutender als derjenige des Mitteldarmes. . Es läuft nach vorn und mündet durch den After in eine besondere Abtheilung der Peribrauchialhöhle, die Cloakenhöhle, an der Basis des Aftersiphos. Der After bildet gewöhnlich eine runde, dem Darmniuude ähnliche Oeflfnung, liegt aber auf einer in die Cloake mehr oder minder vorspringenden Afterwarze und zeigt im Umkreise der Oeffnung zu- weilen feine, zungenförmige Zotten {Phalliisiden) oder ist auch wie eine Schreibfeder schief abgeschnitten [Molgula). In anderen Fällen hat er die Form eines Trichters {Fragaroides). Wir müssen hier noch besonderer, drüsiger Auhangsgebilde des Darmes erwähnen , die sich in oder an den Darmwänden entwickeln und bei einigen Gattungen sehr bedeutend werden. Es ist ein aus einfachen oder verzweigten Eöhren gebildetes Organ, das bei den Synascidien und den socialen Seescheiden sehr verbreitet ist und unter den Namen Darmdrüse, Lebei'pankreas- drüse , lichtbrechendes Organ beschrieben wurde. Die Röhren münden ent- weder in den Magen oder in den unmittelbar auf den Pylorus folgenden Darmtheil; ihre absondernde Natur kann nicht zweifelhaft sein. Ausserdem müssen wir der Nieren Organe erwähnen, die sich bei vielen Ascidien in enger Beziehung zu dem Darme finden. Es sind mit Concre- tionen vollgepfropfte Zellen , die sich haufenweise in den Darmwänden, den Schlund und Afterdarm ausgenommen, ablagern. Bei den Phallusiden erkennt mau sie leicht an ihrer grüngelben Farbe. Sie besitzen keine besonderen Ausführungsgänge; ihr Inhalt vermehrt sich mit dem zunehmenden. Alter und scheint sich in den Darmwänden anzuhäufen und dort zu bleiben, wes- halb man sie auch Samnielnieren genannt hat. Man darf sie nicht mit demjenigen Organe verwechseln, A\elches Lacaze- Duthiers bei den Molguliden als Bojanus'sches Organ beschrieben hat, das aber noch unvollständig bekannt ist. Dieses sogenannte Bojanus'sche Organ ist vom Darme durchaus unabhängig und besteht aus einem grün- lichen, cylindrischen, an beiden Enden abgerundeten Hohlkörper, der auf der linken Seite über dem Eierstocke in der unmittelbaren Nähe des Herzens liegt. Seine innere Höhle besitzt keine Ausfuhrötifnungen und ist mit Flüssig- keit und krystallinischen Concretionen angefüllt, die Harnsäure enthalten. Der Sack mag demnach wohl als Niere functioniren. Der Kreislauf complicirt sich im Verhältuiss zum Bau der Kieme. Bei Kowalevskaja soll das Herz fehlen; bei den übrigen Appendicularien ist es ein quer gelegener Schlauch an der Schwanzbasis mit zAvei Oeffnungen, durch welche das Blut direct in das Lacuneusj'stem überströmt, in welchem das Cölom mit einbegriffen ist. Nichtsdestoweniger sieht man bei ihnen eine gewisse Stetigkeit in den Blutbahnen , die man bei der Durchsichtigkeit der Thiere beobachten kann ; eine auf der ventralen Mittellinie dem Endostyl entlang, von dem zwei Ströme ausgehen, welche den Anfang des Schlundes umfassen und sich auf der dorsalen Mittellinie vereinigen ; einen Strom, welcher den Darm und die Geschlechtsorgane versorgt, und endlich einen Strom im Schwänze , welcher längs der Chorda unter der Haut verläuft. Ascidien. 325 Die Richtung der Strömung in diesen Canälen Avechselt natürlich mit den Pulsationeu des Herzens , das wie bei den übrigen Mantelthieren zeit- weise die Eichtang ändert. Bei den Sj-nascidien hegt der stark im Bugen gekrümmte Herzsclilauch tief im Hintergrunde des Postabdomens; es wird von einem ebeufahs röhrenförmigen Pericardium eingeschlossen und ver- längert sich mit seinen Höi'nern in der ventralen und dorsalen Hälfte des Hinterleibes , wo zahlreiche, im Bindegewebe ausgehöhlte Lacunen das Blut aufnehmen. Bei den PhaUusideu verhält sich der Kreislauf etwa wie bei Ciona, nur mit dem Unterschiede , dass in Folge der seitlichen Verwerfung der Ein- geweide die relative Länge der einzelnen Hauptcanäle modificirt wird. Bei den MolgulicUn zeigt der Kreislauf die höchste Stufe der Ausbildung. Der cylindrische Herzschlauch liegt auf der linken Seite eingebettet in den Mantel und in unmittelbarer Nähe des sogenannten Bojanus' sehen Örganes. Seine Wände sind wie die des umgebenden Herzbeutels dünn und durchsichtig. Nach der sehr in das Einzelne gehenden Beschreibung, die Lacaze -Duthiers (s. Literatur) gegeben hat, soll das Blut in eiuera geschlossenen Gefässsjteme kreisen. Wir haben gesehen, dass bei Ciona die Lacunen stellenweise das Ansehen von Gefässen annehmen. Bei Molgula findet dies merkwürdiger- weise überall statt. Indessen sind die Beobachter nicht einig über die Frage, ob diese gefässartigen Lacunen auch wirklich den Blutgefässen der Wirbel- thiere gleichzustellen seien? Was wir über die histologische Structur wissen, spricht keinenfalls für diese Annahme. Mit Ausnahme der Appendicularien führt das Blut mehr oder minder zahlreiche Körperchen von sehr variabler Gestalt, die zuweilen sehr lebhaft gefärbt sind {Botryllus). Die Ascidien sind Zwitter, aber die Anordnung der männlichen und weib- lichen Zeugungsorgane bietet sehr mannigfaltige Modificationen. Sehr häufig reifen die Hoden lange vor den Ovarien , so dass dann Selbstbefruch- tung ausgeschlossen ist. Bei den Appendicularien kann man bald paarige Hoden und Ovarien, die aus getrennten, symmetrischen Hälften bestehen, bald nur unpaare Organe unterscheiden; es kommt sogar vor, dass der Eierstock unpaar, der Hode dagegen paarig ist (Fol). Die Organe liegen immer hinter den Eingeweiden und der Einlenkung des Schwanzes in einem übergewölbten Theile des Hintevkörpers. Bei den Sj'nascidien finden sich die Organe ebenfalls in der hinteren Körperregion; sie sind meist getrennt und jede Hälfte besitzt einen Ausl'ühruugsgang , der sich innig an den anderen anschmiegt und mit ihm in die Cloakalhöhle mündet. Ei- und Samenleiter verlaufen längs der dor- salen Mittellinie; sie sind sehr dünn, besonders der letztere. Der Hode be- steht meist aus mehreren mit Samenzellen gefüllten Röhrcheu. Der Eierstock ist kugelig und erscheint anfangs als eine hintere, blasenförmige Erweite- rung des Eileiters; er erhält seine definitive Form erst während der Aus- reifung der Eier ; bei Botryllus ist der Eierstock doppelt. Bei den PhaUusideu verhalten sich die Geschlechtsorgane etwa wie bei Ciona. Die Hoden bestehen aus zahlreichen, in die Darmwand eingeschlossenen Röhreben; sie wandern sogar zuweilen in die benachbarte Körperwand hin- über. Der Eierstock ist ein viellappiger, zwischen den beiden Schenkeln der Darmschlinge gelegener Körper. Die Ausführungsgänge laufen dem Rectum parallel und münden mit ihm in die Cloake. Bei den Molguliden wie den anderen höheren Ascidien sind die Geschlechts- organe symmetrisch doppelt und bilden zwei eiförmige Massen; die rechte Masse liegt hinter der Darmschlinge , die linke etwas weiter hinten unter dem Boj anus'schen Organ. In jeder dieser Massen umgreift der Hode den 326 Tunicaten. Eierstock, den man durcli seine dunklere, gellae oder brännliclie Farbe unter- scheiden kann. Der Hode besteht aus mehreren, den Eierstock umspannen- den Läppchen, deren Acini zur Zeit der ßeife bedeutend anschwellen. Jedes Läppchen besitzt einen kurzen Ausführuugsgang , der auf dem Eierstocke mit einer kurzen , cylindrischen Warze mündet. Es besteht also keinerlei Verbindung zwischen Samengängen und Eileitern; beide sind vollständig un- abhängig. Das in den Hodenlappen eingeschlossene Ovarium entleert seine Eier durch einen verhältnissmässig langen Eileiter, welcher der inneren Fläche des Mantels anklebt und neben dem Cloakalsipho mündet. Seine Mündung ist von einem Wulste umgeben , dessen Gestaltung einen guten Speciescharakter liefert. Bei den jungen Ascidien sind die Zeugungsorgane schwer zu unter- scheiden; in manchen Fällen erscheinen sie nur zur Fortpflanzungszeit. Meist sammeln sich die Eier in der Cloake an , werden dort befruchtet und beginnen ihre Entwicklung bis zur Ausbildung der Larvenform. Da die Embryogenie nicht in den Rahmen unseres Werkes passt , so begnügen wir uns, auf die ungemeine Wichtigkeit der Entwicklung der Ascidien aufmerksam zu machen, welche dieselbe durch die Arbeiten von Kowalevsky gewonnen hat. Mit Ausnahme der Molgulen, deren Larven schwanzlos sind, haben alle Ascidienlarven einen Schwimmschwanz, in dessen Axe sich ein Zelleustab befindet, welchen man der Chorda der Wirbelthiere um so mehr gleichwerthig erklärt hat, als auf seiner Rückenseite das Nerven- rohr verläuft. Dieser Schwanzanhang, der sich auf die ventrale Seite biegen kann und durch seine Bewegungen das Schwimmen erzeugt, verkümmert später (mit Ausnahme der Appendicularien), sobald die Larve sich festsetzt, bei welcher Gelegenheit auch andere Organe (Nervensystem, Sinnesorgane) zurückgebildet werden. Die ungeschlechtige Vermehrung durch Knospung findet sich bei den socialen Ascidien und den Synascidien. Zuweilen beginnt die Knospung schon während des Larvenlebens [Didemnum). Bei den socialen Ascidien treiben die Thiere Stolonen, auf welchen sich die Knospen entwickeln {Cla- vellina, Pero.phora) ; bei den Synascidien bleiben die Knospen in einer ge- meinsamen Mantelhülle eingeschlossen und bilden Colonien von bestimmter Form. Literatur. — G. Cuvier, Memoire sur les Ascidies, Mim. du Museum, Paris, Vol. II, 1815. — Savigny, Memoires sur /es Animaux sans vertebres, Vol. II, 1816, et Tableau systematique des Ascidies, Paris, 1830. — H. Milne-Ed wards, Obser- vutions sur les Ascidies composees des cöies de la 'Manche , Mem. Acad, des sclences de Paris, Vol. XVIII, 1841. — C. Löwig et A. Kolli cker. De la composltlon et de la structure des enveloppes des Tunlclers, Ann. sc. nat., 3. 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Chorda; g, Rückenmark; h, Leb.erblinddarm ; i, Darm; k, Mund; Z, Körpermuskeln; ?», vordere Endflosse; ?;, hintere Endflosse; o, Abdominalporus. stamme ersetzen das Hei'z; das Blut ist farblos, die Geschlechter ge- trennt. Man kennt genügend nur eine einzige Gattung und nur eine Art, die in nördlichen Meeren, dem Mittelmeere und einigen südlichen Küstenstrichen vorkommt. Die uns zunächst gelegenen Küsten, wo der Amphioxus in grosser Anzahl vorkommt, sind die Buchten von Neapel und Messina, woher wir auch unsere Exemplare bezogen haben. Das Fischchen wühlt sich in den Sand ein, so dass nur das Ende her- vorschaut. Aufgeregt macht es lebhafte Sprünge und schwimmt in der Weise der Aale. Wir verdanken den grössten Theil unserer Arbeit Herrn Dr. M. Jaquet.' Typus: Amphioxus lanceolatus, YarreW (Branchiostoma liibri- cuni, Costa). Das Lancettfischchen , wie es auch genannt wird, erreicht vier bis fünf Centimeter Länge. Der Körper ist von den Seiten her abgeplattet, aber breiter am Bauche als am Rücken iiud 336 Wirbelthiere. au beiden Enden niedrigen, höchst Fig. 139. i i \....(l .b .fv 3 Baufhansicht in derselben Vevgrös- serung. a, Mund; &, Abdominalpovus ; c, After ; rf, Bamh- muskel; e, Genitiil- massen, durchschei- nend ; y, Seiten- falten ; g , untere Flossenstrahlen ; /,■, Seitenniuskeln des Körpers. die Linke des B Seite des Tbiei'es zugespitzt. Kopf- und Schwanzende sind von einer dünnen Hautflosse umzogen (»w, w, Fig. 138 a. v. S.). Die Haut ist glatt, schuppenlos, die Farbe ein gelb- liches Weiss. Betrachtet man das Thierchen von der Bauchseite (Fig. 139), so gewahrt man drei Oeffnungen. Die vordere, grösste, welche nicht ganz am Ende des Körpers liegt, ist der Mund (a), von trichterförmiger Gestalt; seine etwas wulstigen Umwallungen sind mit einem Kranze starrer Fäden besetzt , den wir den Tentakel kränz nennen. Etwa am Ende des zweiten Drittels der Körperlänge zeigt sich eine weite, rundliche Oeffnung, durch welche das Athem- wasser von den Kiemen her ausströmt; es ist der Bauchporus (&). Endlich in der Nähe des Hinter- endes des Körpers zeigt sich eine dritte, kleine Oeff- nung, der After (c); er hat das Eigenthümliche, dass er nie in der Mittellinie, sondern stets auf der rechten oder linken Seite des unteren Lappens der Endflosse liegt; in Beziehung auf die Seite zeigt sich keine Regelmässigkeit. Präparation. — Lebende Exemplare lassen sich leicht mehrere Tage in Gefässen mit etwas Sand am Boden aufbewahren, deren Wasser man öfter wech- selt. Ihre Untersuchung ist unerlässlich für das Studium des Kreislaufes, sowie der letzten Nerven- endigungen in den durchsichtigen Flossen an beiden Körperenden. Zur Tödtung und Fixirung benutzt man Sublimat, Osmiumsäure oder Pikrinschwefelsäure. Nach der Fixirung bewahrt man die Exemplare in Weingeist von 70 Procent. Will man Exemplare, die einige Zeit in Weingeist gelegen haben, zur Prä- paration der Organe in situ benutzen , so thut man wohl, sie einige Zeit in Wasser zu tauchen, das mit einigen Tropfen Ammoniak versetzt ist. Die Ge- webe erweichen und lassen sich präparlren, ohne brüchig zu werden. Man präparirt selbstverständlich im Wasser und unter der Lupe. Man fixirt zum Zwecke dieser makroskopischen Untersuchung das Thierchen in einem Schälcheu, das auf den Tisch einer Präparirlupe gestellt wird. Es liegt auf der rechten Seite, das Kopfende gegen eschauers gerichtet, so dass dieser die ganze linke übersieht. Man befestigt es an beiden Enden mit Amphioxus. "337 kreuzweis über einander eingesteckten Nadeln, die es festhalten, ohne es zu verletzen. Ehe man die Haut abpräparirt, beachtet man zwei von dem Munde bis zum Bauchporus auf der Unterseite sich hinziehende Längs Wülste, die nach innen eingekrämpt sind. Diese Seitenwülste (/, Fig. 139) sind hohl und schliessen die Seitencanäle ein. Mit einer feinen Pincette entfernt man die Haut, die sich meist sehr leicht und oft in grossen Fetzen ab2lehen lässt. Man legt so die Seitenmuskeln (m, Fig. 138) bloss, die in 62 Abtheilungen oder Myomeren getheilt sind, welche die Gestalt eines V mit weit gespreizten Schenkeln haben, dessen Spitze nach vorn gegen eine Linie gerichtet ist, welche etwas über der Mitte der Körperbreite verlaufen würde. Auf der ganzen Länge der Rückenlinie finden sich eine grosse Anzahl wie Palissaden neben einander gestellter, mehr oder minder cylindrischer, gelblicher Körperchen; man nennt sie die Flos senstr ahlen (a, Fig. 138). Sie finden sich auch auf der unteren Seite zwischen Bauchporus und After (b). Zwischen Bauchporus und Mund sieht man an der unteren Grenze der Myomeren die Geschlechtsorgane (r, Fig. 138) in Ge- stalt kleiner, deutlich von einander getrennter, rundlicher Ballen, deren man etwa 25 zählen kann. Um die topographische Untersuchung der einzelnen Organe weiter fortzuführen, muss man die Seitenmuskeln mittelst feiner Xadeln ent- fernen, was nicht schwierig ist. Man wird bei dieser Gelegenheit die der Axe des Körpers parallel laufende Richtung der Muskelfasern, so- wie den Umstand erkennen, dass die einzelnen Myomeren durch häu- tige, von der Chordascheide bis zur Haut sich ausdehnende Scheide- wände, die Myocommen, von einander getrennt und vollständig umschlossen sind. Unter den Muskeln erstreckt sich in dem Abstände zwischen dem Tentakelkranze und dem Bauchporus der Kiemenkorb (d, Fig. 138). Seine Wand ist von einer grossen Zahl feiner Stäbchen von knorpeliger Consistenz gebildet, die schief von vorn und oben nach hinten und unten gerichtet sind. Ihre Vorderenden stossen an die Wirbelsaite, ihre hinteren an die ventrale Mittellinie. Der Darm (/, Fig. 138) setzt den Kiemeukorb nach hinten fort; er ist gerade, cylindrisch, liegt der Chorda fast unmittelbar an und nimmt nur sehr allmählich an Weite gegen den After (c, Fig. 138) hin ab, der auf einer beliebigen Seite des Unterlappens der Endüosse mündet. Etwa in der Hohe des Bauchporus entsendet der Darm einen nach vorn gerichteten, im Kiemenkorbe liegenden Blindsack. Dieser Leberblindsack (/«, Fig. 138) liegt meist auf der rechten Seite des Kiemenkorbes, den man wegnehmen muss, um ihn bloss zu legen, was nur schwer gelingt, da er meist fest an dem Kiemenkorbe sich anheftet. Es ist ein weisslicher, abgeplatteter Schlauch, welcher etwas vor dem Bauchporus vom Darme sich abzweigt und sich nach vorn etwa bis in die Nähe der dritten Genitalmasse erstreckt, wo er blind Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. 22 sag Wirbeltliierö. endet. Seine Höhle steht in unmittelbarer Verbindung mit derjenigeü des Darmes. Die Rückensaite oder Chorda (/, Fig. 138) ist ein weicher, cylindrischer Stab, der etwas über der mittleren Höhe des Körpers sich hinzieht. Die beiden zugespitzten Enden der Chorda reichen bis in die Eiidflossen. üeber der Chorda vei-läuft das centrale Nerven- system {g^ Fig. 138), das Rückenmark, in Gestalt eines langen Hohlstabes, der von einer Scheide umgeben ist, welche von der Scheide der Chorda ausstrahlt. Es reicht ebenfalls bis in die Endflossen. An seinem vordersten Ende zeigt sich ein schwarzer Pigmentfleck, viel- leicht das Rudiment eines Auges (fZ, Fig. 153); über ihm sitzt ein becherförmiges Wimpergrübchen, das als Geruchsorgan (a, Fig. 153) angesehen wird. Unter der Chorda sieht man bei lebenden Thieren die Aorta. Gegenseitige Lagerung der Organe. — Die bilaterale Sym- metrie ist bei Amphioxus fast vollständig dvirchgeführt. Denkt man sich denselben durch einen verticalen Längsschnitt in der Mittellinie getheilt, so findet sich jederseits eine Hälfte der Chorda, des Rücken- markes, der Aorta, der Flossenstrahlen, des Darmcanales, des Kiemen- korbes, der Muskeln, der Seitenfalten mit ihrem Canale und der Geschlechtsorgane; einzig das Riechgrübchen, der Blinddarm, die seit- lichen Ursprünge der Nerven und der After entsprechen nicht dieser Symmetrie. Man wird die Organisation des Amphioxus am besten an in den drei normalen Richtungen gefühlten Schnitten studiren, deren Fär- bung mit Boraxcarmin nichts zu wünschen übiig lässt. Man schneidet die erhärteten Exemplare in Paraffin und kann so von einem Exem- plare mehr als 2000 Querschnitte anfertigen, die man mit Collodion, das mit etwas Nelkenöl versetzt ist, reihenweise auf den Objectträger aufklebt. Um die gegenseitigen Beziehungen der Organe vor Augen zu führen, geben wir hier eine Reihe von Querschnitten, die alle einem einzigen erwachsenen Weibchen entnommen, unter derselben Vergrösse- i*ung mit der Camera lucida gezeichnet sind und wo die einzelnen Organe stets mit denselben Buchstaben bezeichnet wurden. Die Ver- gleichung dieser Schnitte giebt den besten Aufschluss über die Ver- schiedenheit der Körperdimensionen in den einzelnen Regionen, sowie über die Beziehungen der Organe zu einander. Der erste Schnitt (Fig. 140) trifft den Hintei-grund der Mundhöhle; der zweite (Fig. 141) den Anfang des Kiemenkorbes; der dritte (F"'ig. 142) etwa die Mitte desselben; der vierte (Fig. 143) ist unmittelbar hinter dem Ende des Kiemenkorbes geführt, wo der Blinddarm sich abzweigt; der fünfte (Fig. 144) trifft den Abdominalporus, der sechste (Fig. 145) den Amphioxus. 339 After und der letzte (Fig. 146) ist etwa durch die Mitte des Scliwauzes gelegt. Jeder dieser Schnitte zeigt besondere Vei'hältnisse ; alle aber lassen zugleich die Modificationen erkennen, welche die allgemeinen Fio-. 140. Organsysteme in den ver- schiedenen Regionen auf- ' q zeigen. Man sieht überall _ --,/'• Fio-. 140. — Senkrec-hter Quer- •■ schnitt eines Weibchens, durch ' den Boden der Mundhöhle ge- f'------iß^^^'^^^^'^'^'^%f^ \^\ _..fi legt. Gundlach, Oc. 2, OJjj.O. k i'/cvT ^iÄ'^ Ky"^^^" "^ i t Camera claru. (iSIB. Alle fol- genden Figuren, bis zu Fig. 146 I Ji> \ v\ r' -- r. \\j y^:^r-'' eino-eschlossen , sind demselben J^->^^/;^j^ ^^,, /A'i]»,-- ■ Individuum ■entnommen , in der- TT, rj-^-'i _i-^-A .<— «s.^ - ^.^.r^^ selben Vergrösserung gezeichnet rfS^iÄ;>5ST^^_ . . - -^Vil - - und die einzelnen Organe mit l&S^i.so. V\f -^ , '. — -'ot '^M denselben Buchstaben bezeichnet. \V\— ai=!e?sl Auf den folgenden Figuren wer- >^N\ -^^ yyrM den die Bezeichnungen dieser schon benutzten Buchstaben nicht wiederholt werden, sondern nur die neu hinzugekommenen erklärt ^. werden.) a, Epidermis ; u^, be- Fio-. 141. ^ ! 1 ' ' " franste Epidermis der Bauch- fläche.; h, Haut; 6^, Unterhaut- gewebe; c, Myomeren; d, Kern 'ii 'MX '^ "^ler Chorda; d^, ihre Scheide; "-^^ ^ e, Scheide des Rückenmarkes; '^ fi obere senkrechte Stützlamelle; e /^, ihr Knopf; jr, Flossenstrahl; d'. -/^^^^^^^^—^^^^^^yyl^^^ '^ /(, Mj'ocommen ; fc, Costallamelle ; d- "}!^§?^'^^~-^^ -:>-^^^^W — '^ 1 ^' Rückenmark; m, Seitenfalte; A-, V,^^^^^^-f— - \ ,-'x^^^-'--~ a, "' Seitencanal ; n} ^ querer Isth- ''i 'iw:--^^^*^^^^^^rr '"^^^^% /j mus desselben; w^, Communica- f^- '-'4t\yy'':ff^^^^^^'''^ ^^\^iMt'~^^^^^Vi"" tionsöflFnung zwischen dem Sei- "-" ''^^ -y'J^. ^^^*^^^^~^*^V '^'f tencanal und dem Isthmus; p, .llkJ^\^ ^^^^^^y^ST^^^" -^' Muskeljiissen des Tentakelkran- ^''— iE^--vv^^ ""^^^^^^^fM-'' '^ zes; z^, Skelettäste des Teutakel- _'^-,',s!*A_rfir>T_ 'fV""^^/s "^ kranzes, durchschnitten ; 7", Mund- il* höhle; r^ , ihr Epithelium ; s, (f^-'.' ----- --^-' ::3-:iS=^ A-,X-. ;;^ innere Wucheraugen des rech- ten Seitenraumes; s-', durch- V a//-.'jf schnittene Fransen des Mund- epithels; /, linker Seitenraum, entsprechend s. Fig. 141. — Querschnitt durch den Anfang des Kiemenkorbes. Buchstaben wie auf der vorigen Figur und ausserdem: o, Bauchmuskel; t. Peritoneum; fi, peritoneale Scheidewand zwischen dem Epibranchialraume fl und dem Peribranchialraume t^ ; !/, Kiemenkorb; u^, dessen spaltenloser Abschnitt; »'^, innere Kiemenhöhle; ifi. Peri- branchialhöhle ; s, Rückenflosse. Q-2* Sib Wirbeltliiere. die Oberhaut (n) , die Haut (b) , die Anordnung der Myomeren (c) , die Skelettbildungen , welche in den Zeichnungen etwas dunkler gehalten wurden, als sie in Wirklichkeit sich darstellen. Auf allen Schnitten sieht man den blätterigen Chordakern (d) mit seiner Scheide (d^), von welcher die zum grossen Theile häutigen Skelett- bildungen ausstrahlen, die. Scheide des Rückenmarkes (e), die sich in der Rückenliuie schliesst, um ein dorsales System verticaler Stütz- gebilde (/) zu tragen, das in den Flosseustrahlen (g) gipfelt und dem in der Schwanzgegend (Fig. 146) ein ähnliches System ventraler Stützgebilde (i) entspricht. Ebenso sieht man überall die von den Scheiden der Chorda, des Rückenmarkes (?) und den verticalen Stütz- systemen ausstrahlenden Scheidewände der Myomeren, die Myocom- men (/<) , unter welchen sich besonders längs der Bauchhöhle innere Verstärkungen (A") bemerklich machen, welche in gewisser Weise die Rippen vorzeichnen. Man kann sich also mit Hülfe dieser Quer- schnitte die Gesammtanordnung des Skelettes sowohl, als auch des Rückenmarkes (?) anschaulich machen , das in allen Schnitten sich zeigt, da es sich über die ganze Körperlänge ausdehnt. Endlich zeigen die Schnitte Fig. 140 bis 144 die allmähliche Ausbildung der Seitenfalten (m) mit ihren Canälen (n) und des Bauchschliess- muskels (o). Der Schnitt Fig. 140 (a. v. S.) zeigt den Grund der weit ge- öffneten Mundhöhle (r) mit ihrem Epithelium (r^) und den von ihm gebildeten Fransen (s), die theil weise durchschnitten sind. Ein dickes Muskelkissen (p), in welchem die Durchschnitte einiger Stäbchen des Tentakelkrauzes ((/) sich zeigen, schliesst dieselbe nach unten ab. Auf beiden Seiten dieses Muskelkissens zeigen sich die Seiteufalten (»*), deren Canäle (ii) durch einen Querschlitz (n'^) zwischen Haut und Kissen mit einander coramuniciren. Der Com- municationsspalt ist nur auf der rechten Seite von dem Schnitte ge- troffen worden. Der zweite Schnitt (Fig. 141 a. v. S.) geht durch den Anfang der Bauchhöhle. Er zeigt das Bauchfell (f), wie es, von seiner Anheftung an der Chorda ausgehend, den Anfang des Kiemenkorbes (u) umzieht, dessen Bogen an der Ventralfläche sich zu zeigen beginnen und in der ventralen Mittellinie durch einige Brücken sieb auf die Innen- fläche der Körperwaud hinüberschlägt, die es in ihrer ganzen Aus- dehnung auskleidet. Die Seitenfalten mit ihren von einander ge- trennten Canälen und der Schliessmuskel des Bauches sind vollständig ausgebildet. Der etwa durch die Mitte der Bauchhöhle geführte Schnitt (Fig. 142) zeigt die Baucheingeweide in voller Entwicklung. Der voll- ständig ausgebildete Kiemenkorb mit seinen beiden Mittelrinneu, der Amphioxus. 341 Epibranchial-(r)- und Hypobrarichial-(?c)-Piinne , ist durcli den Blind- darm (x) und die seitlich gelegenen Eierstöcke (y) stark zusammen- gedrückt. Die Peritonealhüllen der letzteren heften sich an die, die Bauchwand auskleidende Lamelle an. Der Schnitt (Fig. 143 a. f. S.) geht zwischen dem Ende des Kiemeu- korbes und der Abgangsstelle des Blinddarmes (./;) durch, der in stark gefaltetem Zustande den Grund der Bauchhöhle zwischen den beiden Eierstöcken (se. u, Rückenmark; a' , seine Eudigung in einem aufgestülpten Knöpt'ehen ; b, Chorda; c, sensitive Nerven, obere Zweige; d, untere Zweige der- selben ; e, letztes JMyocomma, die Grenze der weggelassenen Seitenmuskelu andeutend. schon wird das Thierchen so durchsichtig, dass man unter geringer Vergrösserung den Verlauf der Nerven bis in ihre letzten Endzweige verfolgen kann. x\uf Querschnitten sieht man, dass abwechselnd links und rechts in der Höhe der Myomeren ein sensibler Nerv von dem oberen Rande des Markes abgeht, der im Allgemeinen dem Myoconima sich anschmiegt und sich sofort nach dem Austritte in zwei ungleiche Aeste theilt, einen oberen, welcher direct nach der Rückenfläche auf- steigt und sich besonders in der Haut und den Flossenstrahlen ver- 360 Wirbelthiere. zweigt, und einen unteren, der an der Bauchseite hinabsteigt, tief in den Unterschichten des Tegumentes eingesenkt ist, und zwei Haupt- zweige abgiebt, einen zu der Haut und einen anderen, welcher in die Aussenwand der Seitencanäle eindringt und leicht auf Querschnitten verfolgt werden kann. Diese Anordnung lässt sich besonders leicht in der hinteren Flosse verfolgen (c, d, Fig. 1.52). Die vorderen sen- siblen Nerven sind nur wenig wechselständig und gehen fast auf dem- selben Querschnitte ab; die seitliche Wechselständigkeit tritt erst im vorderen Drittel des Markes stark hervor. Motorische Nerven. — In jedem, einem Myomer entsprechenden Segmente entspringt abwechselnd von links nach rechts von dem unteren Winkel des Markes nahe an der Basis ein motorischer Nerv. Die Wurzeln wechseln mit den sensitiven Wurzeln in der Art ab, dass man auf jedem Querschnitte, welcher Nervenwurzeln getroffen hat, auf der einen Seite, sei es rechts oder links, eine sensible und auf der entgegengesetzten Seite eine motorische Wurzel erblicken wird. Die motorischen Nerven lassen sich nur sehr schwer in ihrem Gesammt- verlaufe verfolgen ; sie lösen sich leicht an ihrem Ursprünge ab , so dass man an einem isolirten Rückenmarke nur kleine Vorsprünge oder Zöttchen an ihren Austxittsstellen sieht. Man muss also Längs- und Querschnitte zu Hülfe nehmen. Jeder motorische Nerv zeigt eine in die Länge gezogene Wurzel (d, Fig. 151), die aus einer Menge von Fäserchen besteht, welche isolirt durch kleine Löchelchen aus der Chordascheide nach aussen treten. Diese Fäserchen breiten sich nach ihrem Austritte pinselförmig aus und treten mit den Fasern der Körj)ermuskeln in Verbindung. Zwischen den Fäserchen sieht man zahlreiche , ohne Ordnung zerstreute ovale Kerne. Die hinteren Fäserchen des Nervens steigen am inneren Rande der Myomeren gegen die Bauchfläche herab , wo sie sich in den Muskeln ver- zweigen. Vordere Nerven. — Aus der vorderen Spitze der Hirn- erweiterung entspringen mit einer gemeinsamen Wurzel zwei Nerven (b, Fig. 150 und 153 a. f. S.), welche anfangs parallel mit einander in der Vorderflosse verlaufen, und erst nach einiger Zeit Zweige ab- geben, die sich bis zum freien Rande der Flosse verästeln. Diese Nerven bilden das erste Paar; etwas hinter ihnen sieht man die dicken Wurzeln des zweiten Paares (c, Fig. 150 und 153), die schon zum Theil von den Muskeln verdeckt werden. Diese Nerven ver- ästeln sich bald und versorgen die Seiten der Flosse und die Um- gebung der Mundöflfnung. Ihrer Gesammtanordnung nach rcpräsen- tiren diese beiden Nervenpaare einen einzigen sensiblen Nerven, dessen dorsaler Ast von dem ersten , der ventrale von dem zweiten Paare dargestellt würde. Amphioxiis. 361 Roh OD (s. Literatur) hat noch ein drittes Nervenpaar beschrieben und abgebildet, welches unmittelbar hinter dem zweiten entspringen soll. Wir haben dasselbe nicht zur Anschauung bringen können. Fio-. 153. —r Vorderende zur Vevanschaulichung der Nerven, a, Eiechgrübchen ; ^, erstes Nerven- paar; c, zweites Nervenpaar; f/, Augenfleck; e, Ganglienzellen an den Nerven- endigungen; /, Chorda; (/ , Rückenmark; A , Flossenstrahlen ; i, Ausatzlinien der Mvocommen. Sinnesorgane. — Sie sind höchst einfach. I\Ian kann Tastzellen in der Kopfregion, Geschmackszellen auf den Papillen des Muskel- ringes unterscheiden, der die Mundhöhle von dem Kiemenkorbe trennt; man findet ferner einen Augenfleck und ein uupaares Wimperbecher- chen, vielleicht Riechorgan. Ein Gehörorgan fehlt gänzlich. Ta st Zellen. — Wir sagten schon bei Gelegenheit der Tegu* mente, dass gewisse Zellen in der Epidermis der Vorderflosse steife Härchen tragen und mit dem Ende eines Xervenfäserchens in Verbindung stehen. Aehnliche Zellen findet man auch, aber in geringerer Menge, auf der Hinterflosse. Es sind wohl Tastzelleu. Die Nervenendigungen in- der Vorderflosse bieten ausserdem besondere Bildungen, die man durch Behandlung mit sehr verdünnter Kalilauge, welche die Gewebe sehr durchsichtig macht, leicht zur Anschauung bringen kann. Man sieht dann am Rande der Flosse schon bei geringer Vergrösserung, und zwar meist in der Gabelung zweier aus einander weichender Nervenfasern kleine, runde oder ovale, durchsichtige Ganglienzellen (e, Fig. 153), in welchen man meist einen ovalen Kern unterscheiden kann. Häufig sieht mau auch, aber nur unter starken Vergrösserungen, nahe an dem Ende eines Nervenfäserchens eine von kurzen und sehr feinen Linien gebildete Figur in Form eines Winkels oder eines Kreuzes. 362 Wirbeltliiere. Ge seil m ackszellen. — Sie finden sich vorzugsweise auf den Fransen, welche auf dem hinteren Rande des Muskelringes sitzen, der die Mundhöhle von dem Kiemenkorbe trennt ((7, Fig. 154). Auch auf den Cirrhen des Tentakelkranzes finden sich solche Zellen , die auf dem freien Ende ein steifes Härchen tragen und deren Basis sich in einen laugen Faden fortsetzt, welcher schliesslich zu einem der zahl- reichen Endzweige der Nerven geht, die in der dicken Unterhaut- schicht verlaufen, welche den Tentakelkranz umgiebt. Auf den Fransen, des Muskelringes stehen diese Geschmackszellen kranzförmig auf kleinen Erhöhungen der Haut. Sehorgan. — Man spricht gewöhnlich als das Rudiment eines solchen einen unmittelbar auf dem Ende der Markerweiterung sitzen- den Pigmentfleck an (/, Fig. 148; d, Fig. 153), dessen Umrisse sehr unregelmässig sind. Meist ist dieser Fleck einfach in der Mittellinie gelegen ; man hat aber auch zuweilen zwei Flecke gesehen. Das Pig- ment besteht aus kleinen , dicht au einander gedrängten schwarzen Körnchen, de Quatrefages (s. Literatur) hat einen Sehnerven und eine Krj^stalllinse beschrieben und abgebildet. Gegenwärtig hat man diese Ansicht verlassen und betrachtet sogar den Fleck als eine Fort- setzung der oben beschriebenen Pigmentflecke im Inneren des Rücken- markes. Auf Querschnitten sieht man den Fleck unmittelbar auf der Nervensubstanz aufsitzen ; bei einem jungen Individuum fanden wir ihn sogar ganz von Nervensubstanz umgeben und nahe am Grunde der Erweitening eingebettet. Wir müssen hier eines Organes erwähnen, das Hasse (s. Litera- tur) als ein Sehorgan anspricht. Er fand bei einem Amphioxus aus der Südsee auf beiden Seiten des Körperendes Pigmentflecke, die unter der Lupe wie kleine Becherchen aussahen. Wir haben bei unseren Exemplaren nichts der Art finden können. Wohl aber sieht man häufig im Tegumente der Seiten und Enden Ablagerungen eines gelb- lichen Pigmentes, die aber mit Sehorganen nichts gemein haben. Riechorgan. — Dieses vonKöllicker entdeckte Organ besteht in einem kleinen, meist auf der linken Seite über dem Augenflecke liegenden Becherchen (a, Fig. 153), das mit ziemlich langen Wimpern besetzt ist und durch einen Nerven mit der Hirnerweiterung zu- sammenhängt. Auf Querschnitten sieht man , dass das Grübchen eine tiefe Einstülpung des Tegumentes ist, deren Boden fast neben der Hirnerweiteruug liegt und mit dieser durch einige Fädchen verbunden ist. Die Function als Geruchsorgan ist ziemlich zweifelhaft. Einige Forscher betrachten, wahrscheinlich mit mehr Recht, das Grübchen als den letzten Rest des embryonalen Rückenporus, das in den primi- tiven Nervencanal führt. Verdauungs- und Respirationssystem. — Durchaus unter- halb der Chorda gelegen , erstreckt sich dieses System als ein langer Aniphioxiis. 363 Schlauch, der vorn durch eiue Längsspalte, den Mund, geöffnet ist, bis zum asymmetrisch, meist auf der linken, zuweilen auch auf der rechten Seite der Mittellinie am Anfange der Endflosse gelegeneu After. Man kann folgende Abschnitte unterscheiden: die Mundhöhle mit ihrem Tentakelkranze und dem sie abschliessenden , mit Fransen besetzten Muskelring; den fast über die Hälfte der Körperlänge sich erstreckenden Kiemenkorb; den Blinddarm, welcher am Ende des Kiemenkorbes sich abzweigt und auf der linken Seite desselben fast bis zum Muskelringe der Mundhöhle sich ausdehnt, und endlich den Darm, der in gerader Linie sich zum After erstreckt. Da ein be- deutender Theil des ganzen Tractus von dem Athemorgane ein- genommen ist, müssen wir dieses mit dem eigentlichen Darmcauale zu- sammen behandeln. Die Mundhöhle bildet eine weite, auf der Bauchfläche durch eine Längsspalte geöffnete Tasche (a, Fig. 139). Der Mund ist von Fio-. 15-i Vordertheil eines Exemplars, Jessen linke Seitenmuskelu weggenommen sind, etwa 30 fach vei-grössert. u, Tentakelkranz ; b, Ringmuskel; c, fingerförmige Flimmer- wülsto ; d, auf dem Rande der Oeffnung des Ringmuskels sitzende Fäden ; e, Kiemen- korb; /, spaltenloser Aljsidinitt des Kiemenkorbes; w^ ^i^ ^^^^ ^i^ über den hinteren Theil des Schädels erstreckt, sehr mächtig ist, während sie auf der Bauchseite (g^) nur eine dünne Schicht bildet, die an dem erwähnten Falze aufhört. Die Myocommen fliessen innen mit der oberen Wand des Rückencanales (i-) zusammen, die sich in das Schädel- dach fortsetzt, während die untere Wand desselben Canales zugleich die Scheide der Chorda (m) bildet, deren untere Fläche (m'^) im Kopfe mit der Schädelbasis (Je) sich vereinigt. Der Rückencanal schliesst das bandförmige Rückenmark (?) ein, das nach vorn sich allmählich ver- verdickt und schliesslich in der Schädelhöhle selbst zum Gehirn (i^) entfaltet. Vor dem Hirn und mit ihm durch den Riechnerven ver- bunden, findet sich der weite, von einer besonderen, dünnen Knoi-pel- kapsel umgebene Nasensack (/i^), der nach aussen durch den einfachen Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. 2.5 386 Wirbelthiere. Nasengang mündet (h), nach hinten und unten aber den Nasengamnen- gang (/i-) entsendet, welcher die mittlere untere Lücke der Schädelbasis durchsetzt uud auf dem Schlünde blind geschlossen endet. Die dicke, cylindrische und anscheinend homogene Chorda (w) spitzt sich nach und endet in Fig. 163. vorn zu der Schädelbasis an der erwähnten Lücke. Unter der Chorda sieht man in dem mittleren Theile des Präparates einen horizon- talen Canal mit vielen Löchern. Es ist die Aorta (r) und die Löcher führen entweder in die Kiemen- venen , aus welchen sich die Aorta zusammensetzt, Doppelt vergrösserter, sagittaler und medianer Durchschnitt der Vorderregion eines Petromyzon, unter der Lupe gezeichnet, a, Te- gument des Rückens; «', des Bauches ; b , Fransenrand des Saugtrichters; b^, grössere Fran- sen am Hinterende der Muiid- spalte ; c, Lymphräume ; '/, ohere Hälfte des Ringmuskels der Saug- schoihe, durchschnitten; e, Zähne au der Innenwand derselben; /, Trcuuuugsfalte zwischen Saug- scheihe und Körper ; //, Rücken- theil des Seitenuiuskels ; y^, P.auchthcil dcsscllieii; h, Nasen- ötVuung mit dem ('anale , der zum Nasensack /;' führt; h-, Nasengaumengang ; /. Rücken- mark; «■', Gehirn; /"-, Sciieide des Rückencnnaies i''; /,', Hinter- lKuiiits|da11c iUt Schädelbasis; lc\ Vordcridatte derselben; l, Zungenstiel , dessen bewalfnetes X Vorderende; Z^, sein Knorpel- sticl ; fi, /3, Muskeln des Zungen- sticles; m, Kern der Chorda; m', ihr vorderes Knde ; n, gemeinsamer Schlundcanal ; o, Schlund; o', Khijii.c an Äff Einmündung des Schlundes und des Wasserganges; ;>, Wassergang mit seinen Knoptlochöllhungen in die Kiciucnlaschcii ; ;)', I'.indegcwebe am blinden Ende des Wasserganges ; k Cyclostomen. 387 oder in die zahlreichen Aeste und Zweige, die sie an die benachbarten Organe abgiebt. Nach hinten ist die Fortsetzung der Aorta in der Nähe des Herzens durch dichtes Fasergewebe verdeckt, welches die vordere Fläche des Herzbeutels umhüllt. Nach vorn unter dem Schädel verschwindet die Aorta aus der Ebene des Schnittes in Folge ihrer Gabelung. Unter der Aorta verläuft horizontal der gleichmässige , aber sehr enge Schlund (o). Ueber dem Herzen weicht er etwas nach links ab und senkt sich in die Leber ein (g), an deren oberem Rande er dann als Darm (z) wieder erscheint. Nach vorn scheint der Schlund, gerade unter der vorderen Spitze der Chorda, auf unserem Schnitte durch eine Querklappe (o^) geschlossen. Der Schnitt hat nicht ganz die Mitte dieser Klappe getroffen , die in der That eine centrale Oefifuung zeigt. Von hier an setzt sich der Schlund gegen eine zweite Verengerung fort (w), die an dem Vorderraude des Zungenstempels (/) sich befindet, um hier unmittelbar in dem Grunde des Saugmundes sich zu öffnen. Unter dem Schlünde zeigt sich ein bedeutend weiterer Canal mit sieben knopflochartigen Oeffnungen, der gegen das Herz hin blind geschlossen ist. Dies ist der Wassercanal (broMc/^^ts) (p) und die sieben Knopflöcher führen in die entsprechenden Kiemensäcke der linken Seite. Nach vorn zu verengert sich der Wassercanal und mündet an dem erwähnten Isthmus mit einer engen Oeffnung, an welcher sich fingerförmige Fort- sätze befinden, in den Schlund. Endlich sieht man immer in derselben Mittelregion des Schnittes, aber etwas weiter nach hinten, die Kiemen- arterie (s), die nur in der Nähe des Herzens durch den Schnitt ge- öffnet, weiter nach vorn aber nur gestreift ist, so dass man die Aus- trittsstellen der drei hintersten Gefässbogen der rechts gelegenen Kiemen sieht. Zwischen der vierten und fünften Kiementasche gabelt sich die Kiemenarterie in zwei Aeste; der rechte ist abgeschnitten, der linke schlüpft zwischen den Wassercanal und die Muskeln des Zungen- stieles und verlässt so die Mittelebene. Endlich ist zwischen die Schlundverengerung vorn, den Wassercanal in der Mitte und die Kiemen- arterie nach hinten einerseits und die Haut mit der Muskelschicht anderseits der mächtige Apparat des Zungenstieles eingeschoben. Nach hinten wird diese Masse von den Rückziehern des Stieles (I-, ?•') ge- bildet, welche sich vorn an die Scheide des knorpeligen Mittelstückes (P) ansetzen, das seiner ganzen Länge nach gespalten ist. Im Grunde des Saugtrichters endet der Zungenstiel mit einer vorspringenden Be- waffnung von Hornspitzen (/). An den Wänden des Saugtrichters sieht man ebenfalls vorspringende Hornzähne (e) und an dem Boden des Grundes den Durchschnitt einer mit Hornzähnen besetzten Knorpel- leiste , die von den Zoologen fälschlich Unterkiefer genannt wird (i)>). In dem Dache des durchschnittenen Saugmundes sieht man noch die Durchschnitte des sogenannten Oberkiefers, des vorderen Ringniuskels (cZ) und die grossen Lymphräume (c) zwischen den Lippenknorpeln (q) 25* 388 Wirbelthiere. und der Haut. Endlich gewahrt man in dem hintersten Theile des Präparates die Vorkammer (t) und die grosse Kammer (u) des Her- zens , beide eingeschlossen in einen knorpeligen Herzbeutel (w) , der sich nach vorn iu einen medianen, zwischen die Rückziehmuskeln des Zungenstieles und die Bauchmuskelmasse eingeschobenen Knorpel- stab (w^) fortsetzt, der zugleich den Stamm des Knorpelgerüstes des Kiemenkorbes bildet. Nach oben zeigt der Herzbeutel eine Lücke (v), durch welche die grosse Hohlvene des Körpers sich zur Vorkammer begiebt. An der hinteren Fläche des Herzbeutels sieht man an der Bauchseite den Umschlag des Peritoneums (x) , welcher die Vorder- fläche der Leber (y) überzieht, sich aber weiter nach oben so innig an den Herzbeutel anschmiegt, dass man ihn nur mit stärkeren Ver- grösserungen erkennen kann, üeber der Leber sieht man das Vorder- ende des Ovariums (r) und darunter den aus der Umhüllung der Leber hervortretenden Darm (g). Wir werden zur Ergänzung dieser topographischen Darstellungen in gleicher Weise, wie für den Amphioxus, einige Querschnitte geben, ziehen es aber vor, sie an geeigneten Orten einzuschalten. T e g u m e n t. — Die ziemlich feste, aber an ihrer Oberfläche sehr schlüpfrige Haut der Pricke ist aus mehreren Schichten von wech- selnder Mächtigkeit zusammengesetzt. Die obere Schicht, die Epi- dermis, besteht nur aus Zellen verschiedener Art. Unter ihr breitet sich die faserige Lederhaut aus, an deren Grunde sich eine Pig- mentschicht findet, welche fast überall die aus Bindegewebe be- stehende Hypodermis deckt. Ein Hautskelett fehlt durchaus. Be- trachten wir die einzelnen Schichten. Epidermis (Fig. 164, 165). — Das allgemeine Substrat dieser Schicht besteht aus feinkörnigen Zellen mit deutlichen Kernen und stark lichtbrechenden Kernkörperchen (a, e, /, Fig. 164; i?, Fig. 165). Zellen und Kerne färben sich leicht durch Carrainlösungen; die Wände sind deutlich abgegrenzt und schon mit schwachen Vergrösserungen sieht man deutlich enge Intercellularräume , welche die Zellen ein- schliessen. Sie bilden mehrfache Schichten und zeigen einige Form- verschiedenheiten, je nach ihrer Lagernng. In der That sieht man an der Basis der Oberhaut und in un- mittelbarem Contact mit der Lederhaut eine Schicht länglicher, pris- matischer Zellen (/, Fig. 164), die wie Palissaden an einander gereiht und offenbar in lebhafter Vermehrung begriffen sind, da man welche mit eingeschnürtem oder doppeltem Kern and andere selbst quer eingeschnürt sieht. Diese Palissadenzellen gehen in den Mittelschichten in polyedrische Zellen (e) über, an welchen man zuweilen einen feinen Faden sieht, der nach unten sich verbreitert (Stielzellen nach Föttinger, s. Lit.). Gegen die Oberfläche hin platten sich die Zellen nach und nach ab und die äusserste Oberhaut- Cyclostomen. 389 Schicht wird von platten Zellen gebildet, deren Protoplasma weniger körnig, die Kerne verschwommener sind und deren äusserste Fläche eine fein gezähnelte Decke bildet («). Nach Fötterle soll dieses Ansehen auf feinen Porencanälen, nach F. E. Schultze auf Fältelungen (sogenannte Riffzelleu), nach Pogojeff auf senkrechten Streifungen beruhen (s. Lit.). Wie dem auch sei, so steht soviel fest, dass man au mit Müll er 'scher Flüssigkeit dissociirten Zellen diese Platte zu- weilen in grobe Fasern gespalten sieht. Von der Fläche gesehen, erscheinen diese Zellen oft regelmässig sechseckig und ihre ßauhig- keiten wie dunkle Punkte. Die beschriebenen Zellen bilden fast allein die Oberhaut des Saugmundes und der Hornhaut des Auges; an den übrigen Körper- Fio-. 164. ' Petroin. fnivlut. — Senkrechter Uurchschiiitt der Kopfhaut zwischen den Augen. Gundl., ;?, Fig. 163) besteht aus einem in der Axe des Körpers sich hin- ziehenden, an beiden Enden zugespitzten Cylinder, der in der Mitte des Rückens seine grösste Dicke erreicht. Das vordere zugespitzte und etwas nach oben gekrümmte Ende beginnt in dem Hinterrande der in der Mitte des Schädel- grundes befindlichen Lücke. Durch den Hinterrand des Auges gelegte Querschnitte treffen diese Kopfspitze, welche die ganze hintere Schädel- platte der Mittellinie noch Petrom. fluvlatiUs. — Das Kopf- und Kiemenskelett , doppelt ver- grössert. Salpetersäurepräparat. Durch eine punktirte Linie sind die Conturen des Körpers angedeutet. Man hat den Nasensack und den Augapfel in ihrer normalen Lage belassen , ebenso die verschiedenen, unter einander beweglichen Knorpel, ohne dieselben aus ihren Verbin- dungen zu lösen. A , chordales System vind Schädel ; B , Lippen- knorpel; C, Zungenknorpel; Z>, Kie- menkorh. a, ümriss des Körpers ; (fi , Umi-iss des Saugmundes; 6, oberer Faserkern desselben ; c, Nasen- sack ; c^, seine äussere Oeffnung ; e, Ohrkapsel ; /, Chorda; /i, Wirbel- stücke ; /^, vorderes Doppelstück; ly, seitliche Schädelwand ; (/^, Henkel des Schädels; (ß , vordere Spitze desselben; (/•', Zungenliein und Qua- dratbein ; (j^ 1 Ansatz des Kiemen- korbes ; Ä, Auge ; i, sogenannte Eth- moidalplatte ; k,. Halbringknorpel; Ä:^, sein Fortsatz; /, Ringknorpel; vi, Dornfortsatz; m, rautenförmiger Knorpel; o, Plättchenknorpel; jh Zungenstiel; r, Trennungsfalz des Saugmundes; *, Kiemen- löcher; t, Rückenlinie des Kiemenkorbes; u, obere Kiemenlinie; v, untere Kiemen- linie; IV, Bauchlinie; ,x, senkrechte Knorpelstäbe; y, Herzbeutel; j, Gelasslöcher in demselben. Cyclostümeu. 395 zwischen den Ohrkapselu durchsetzt und bei dem Austritt aus der Platte bedeutend verdickt sich über den Kiemenkorb hinzieht. Von hier aus setzt sich die stets als Boden für das auflagernde Rücken- mark dienende Chorda bis in die Schwanzflosse fort, an deren Spitze sie etwas aufgebogen endet. Während des Lebens zeigt der Chordakern ein etwas festes Gallert- gewebe, das durchsichtig farblos, oder leicht bläulich gefärbt erscheint und aus lutracellularmasse gebildet ist, in welcher meist runde Zellen ohne vortretende Kerne abgelagert sind. Das Gewebe wird durch alle härtenden oder färbenden Reageutien sehr bedeutend verändert. Auf Schnitten sieht man es meist in Gestalt von Hohlräumen, die sich im Allgemeinen nach von dem Mittelpunkte ausstrahlenden Linien ordnen und von starren, dünnen Wänden begrenzt sind, so dass das Ganze einem Durchschnitte von Pflanzengewebe, z.B. von einem Markcylinder, ähnlich sieht. Die Zellen sind grösser und länglicher gegen die Mitte, als gegen die Peripherie hin, avo ihre Wände oft mit der Scheide der Chorda zusammeuzufliessen scheinen, in deren unmittelbarer Nähe sich eine Protoplasmaschicht mit zahlreichen kleinen Kernen vorfindet. Diese Schicht scheint zuweilen beinahe unabhängig, denn sie trennt sich oft von der Scheide oder dem Kerne. Sie scheint von einigen Autoren als eine besondere innere Grenzschicht der Chordascheide an- gesehen worden zu sein. Man sieht häufig, besonders in den dickeren Regionen der Chorda, im Centrum der Zellenmasse entweder eine Höh- lung oder im Gegentheil eine Annäherung der Zellen, die ein festes Band herzustellen scheinen. Dieses verschiedenartige Ansehen , das von Manchen für normal angesehen wurde, scheint uns nur künstlich durch verschiedene Einwirkung der Reagentien bedingt; bei der Unter- suchung von lebenden Thieren haben wir keine Spur davon entdecken können, ebenso wenig als von feinen Porencanälen in den Wänden der Zellen, die einige Autoren gesehen haben. Die Chordascheide verdient besondere Beachtung. Abgesehen von dem faserigen Bindegewebe, welches sie einhüllt und mit den be- nachbarten Theilen verbindet, besteht sie aus zwei wohlgetrennten Schichten, einer dicken, inneren Faserschicht und einer dünneren, äusseren, elastischen Schicht. Erstere färbt sich nur wenig; die sie zusammensetzenden Fasern sind verfilzt, sehr gedrängt und wellig in ihrem queren, longitudinalen oder schiefen Verlaufe. In dem Filze sieht man hier und da zerstreut kleine Kerne. Die im Leben gelblich gefärbte, elastische Schicht scheint homogen; sie färbt sich leicht und zeigt unter starken Vergrösserungen feine , durchgehende Poren , die im Grunde von Vertiefungen liegen, um welche herum quere Grübchen eine Art Sculptur bilden. Die beiden genannten Schichten setzen sich über die ganze Länge der Chorda fort, werden aber gegen die Enden derselben hin dünner- 396 Wirbelthiere. NameDtlich am Kopfende innerhalb der Schädelplatte scheinen beide zu einer einzigen dünnen, vorzugsweise von der elastischen Schicht gebildeten Haut zu verschmelzen. Das Bindegewebe, welches sich an die Oberfläche der elastischen Schicht ansetzt, strahlt etwa in ähnlicher Weise wie beim Amphioxus aus. Es bildet vorzugsweise die Röhre für das Rückenmark, die Zwischenmuskelbänder, die Myocommen, welche in Gestalt doppelt ge- falteter, mit der Spitze nach vorn gerichteter Tüten angeordnet sind; es liefert ferner die innere Costalschicht der Bauch wand, sowie die verticalen Längswände in der Mittellinie, welche die seitlichen Muskel- massen scheiden und stützen , und endlich entwickeln sich auch in diesem Gewebe die Knorpelgebilde, welche man als erste Andeutungen der oberen Wirbelbogen, der Neurapophyseu, betrachten kann. Man findet in der That auf beiden Seiten der Chorda, in ihrem oberen und vorderen Theile, kleine, dreieckige Knorpelstückchen (/, Fig. 166) mit sehr unregelmässigen Umrissen, deren nach oben gerichtete Spitzen über die Chorda hinaus in die Wände des Rücken- canales vorragen. Sie entsprechen im Allgemeinen den Myocommen, entwickeln sich erst während des Wachsthumes der vollkommenen Lamprete und sind bei solchen Exemplaren, welche erst die Verwand- lung aus der Larve, dem Quer der {Awi)iococtes), überstanden haben, kaum angelegt. Sie liegen in der. Nähe der Austrittsöffnungen der Nerven aus dem Rückencanal , sind aber bei jungen Thieren gänzlich davon getrennt, während sie bei älteren Exemplaren diese Oeffnungen derart umwachsen , dass sie mit ihrer Basis die motorische und mit ihrer Spitze die sensitive Wurzel der Nerven umgeben. Die beiden ersten Stücke (/^), unmittelbar hinter dem Schädel, verwachsen stets zu einem zweispitzigen Stücke. Sie nehmen nach dem zwölften Stücke über dem Kiemenkorbe an Grösse ab und verschwinden in der Nähe der Rückenflosse. Hinsichtlich der Einzelheiten verweisen wir auf die Abhandlung von Schneider (s. Lit.). Um mit dem Chordalsysteme abzuschliessen , erwähnen wir hier noch die Flossenstrahlen, freilich mit dem Vorbehalte, dass wir diese von Schneider Dornfortsätze {proccssus spinosi) genannten Strahlen nur für Hautbildungen ansehen. Man sieht in der That schon bei den zur Verwandlung sich anschickenden Querdern, sowie bei jungen Neunaugen kleine Knorpelinseln auftreten, welche in dem Bindegewebe der Flossen zwischen den beiden Hautlamellen zerstreut liegen. Diese Inseln wachsen schnell in die Länge und bilden Knorpelstrahlen, die sich gegen den Rand der Flosse hin gabeln und schliesslich mit ihren proximalen, dem Körper zugewendeten Enden zu einem einzigen hori- zontalen Knorpelstabe zusammenwachsen. Die Strahlen entwickeln sich in der ganzen Ei'streckung der Flossen, oben wie unten, und die beiden Knorpelstäbe, von welchen der eine auf dem Rückencanale, der Cjclostomeii. 397 untere auf dem Cauale der IIoLlveue aufrnht, verscliraelzen an dem Körpereude. Das Knorpelgewebe, welches diese Fiossenstrahlen bildet, ist identisch mit demjenigen der übrigen KnorjDelbildungen. Bei wachsen- den Neunaugen sieht man oft zwischen schon ausgebildeten Strahlen noch solche Knorpelinseln, welche später zu Strahlen auswachsen. Wir sehen durchaus keinen Grund, um sie mit Wirbelfortsätzen zu homo- logisiren; wie die Fiossenstrahlen der übrigen Fische, sind sie in dem Fi£. 167. ,-< r T, r S Pctrom. flin-ioi. ■ — Salpetersäurepräparat des Schädels, etwa dreimal vergrössert. Jlau hat den Xasensack und diejenigeu Theile des Centrainer vensvstem es, welche der Säure widerstehen , in ihrer Lage belassen , die Xervenwurzeln aber nicht gezeichnet , um die Figur nicht zu verwirren. A, Schädel im Profil; B, von oben; C, von unten. u, Nasensack; a^, Eintrittsgang desselben; &, Ohrkapseln; i^, Diirchgangsspalte für den Trigeminus ; c , Rückenmark ; d , Eautensinus ; e , jMittelhirn ; f, Vorderhirn ; g, Boden für die Hypophj-sis ; h, Chorda ; i, Wirheistücke ; i^, die vereinigten beiden vorderen Stücke ; h, Occipitalplatte ; fc^, ihre seitlichen Yorsprünge ; Ic^, obere Hinter- hauptsbrücke ; ?, seitliche Schädelbalken ; m, Vorderplatte : », Grube derselben ; o, vor- derer ebener Theil; ^, Seitenhenkel des Schädels; ?^\ sein vorderer Fortsatz ; g, Seiten- wand des Schädels; 5^, Seitenlüeke; q^^, Vorderspitze; ?>, untere Leiste der Wand; s, Quadratbein ; <, hinterer Schädeldorn ; u, Ansatz des Kiemenkorbes ; r. Ethmoidalplatte. 398 Wirbelthiere. Fig. 168. Unterhautgewebe gebildete Haiitknorpel oder Knochen. Sie entsprechen übrigens durchaus nicht den Myocommen, sondern haben, wenigstens auf der dorsalen Seite, ihre eigenen Muskeln. Der Schädel (Fig. 167 a. v. S. und 168). — Wir können zu- vörderst den eigentlichen Knorpelschädel von den ihn ergänzenden, übrigens ziemlich festen, faserhäutigen Theilen unterscheiden. An und für sich betrachtet, bildet der Knorpelschädel eine zu- sammenhängende, aber sehr unvollständige Kapsel. Seine Basis be- ginnt hinten mit zwei der Chorda angelagerten Verlängerungen (Ic^, Fig. 167, C), die sich nach vorn zu einer Querplatte (k) fortsetzen, welche den Raum zwischen den Ohrkapseln (ö) ausfüllt. Diese scheinen innig mit der Platte verwachsen ; sie haben eine tiefer gelbe Farbe, eine eiförmige Gestalt und sind ringsum vollständig geschlossen bis auf eine kleine Spaltenöffnung, welche in den Hirnraum führt und durch welche der Hörnerv und die Gefässe in das innere Ohr ein- dringen. Nach vorn ist die Ohr- kapsel theilweise durch eine Spalte (?>\ A), welche den Nervus trige- minus durchlässt, von der Seiten- wand des Schädels getrennt. Die erwähnte Platte, welche wir die Occipitalplatte nennen kön- nen, erhebt sich nach vorn zu bei- den Seiten und krümmt sich noch zwischen den Ohrkapseln so zu- sammen, dass sie eine schmale Brücke über dem Nachhirn bildet (Jc'^, Fig. 167, jB und Fig. 168). Bei jungen Thieren besteht diese Brücke noch aus zwei seitlichen, durch Haut ver- bundenen Verdickungen; bei älte- ren sieht man noch eine seichte Rinne als Andeutung der Ver- schmelzung. Auf der Unterfläche setzt sich die Occipitalplatte nach vorn durch zwei seitliche Leisten fort, welche eine ziemlich weite, ovale Lücke (n) umschreiben, durch welche der Nasengaumengang nach unten tritt und auf deren Verschluss durch eine Faserhaut die Hypophysis des Gehirns aufruht (g, Fig. 167, C). Diese beiden Verdickungen sind die seit- lichen Schädelbalken (7, Fig. 167, C), wie Bathke sie genannt hat, die sich bei allen Embryonen und auch beim Querder wiederfinden. Die seitlichen Schädelbalken vereinigen sich vorn in einer grossen und breiten Vorderplatte (»»), welche verschiedene Gestaltungen zeigt. Pttrom. ßuviat. — Der vollständig ge- reinigte Schädel von oben gesehen und vierfach vergrössert. Dieselbe Buch- stabenbezeichnung wie in der vorigen Figur, nur q^, q^, Nervenlöcher und r', Naht der Ethmoidalplatte. Cyclostomen. 399 Auf der Unterfläclie (Fig. 167, C) fliessen die Schädelbalken darcli eine Querleiste zusammen und weichen dann wieder aus einander, um in den Ansatz der seitlichen Handhaben des Schädels überzugehen , so dass sich hier eine Mittelgrube (n) und eine flache Ausbreitung (o) zeigt, an welche sich die fälschlich sogenannte Ethmoidalplatte (r) mit einer fibrösen Naht ansetzt. Im Beginn der Platte zeigen sich zwei kleine Löcher (m^, Fig. 168), durch welche Gefässe treten. Auf der Vorderplatte ruhen der Nasensack («) und ein Theil des Vorderhirns (/) und mit ihr vereinigen sich die oberen Seiteuwände (g) des Schädels, welche das Gehirn einfassen und von den unteren Seiten- balken durch eine weite Lücke getrennt sind (q^), durch welche die Nerven des Auges, Sehnerv, oculomotorins, trocldeariä und abdticeiis, sowie die Gefässe des Auges hindurchgehen. Bei älteren Exemplaren wird die fibröse Haut, welche die Lücke schliesst, theilweise knorpelig und wir haben darin zwei Oeffnungen (q- und y-', Fig. 168) gesehen für die Nerven. Nach vorn erheben sich die Seitenplatten zu einer kurzen Spitze (q^) , welche sich zwischen Nasensack und Vorderhirn etwas einschiebt. Die so gebildete Schädelkapsel ist demnach sehr unvollständig. Nach oben zeigt sie eine weite Lücke zwischen dem Nasensack und der erwähnten Hinterbrücke, welche das ganze Gehirn, mit Ausnahme des kleinen Gehirns, bloss lassen würde, wenn sie nicht durch häutige Ausbreitungen gedeckt wäre; auf der LTnterseite existirt eine ent- sprechende Lücke, welche die Basis des Mittelhirns frei lassen würde; ausserdem zeigt sie, abgesehen von dem grossen Hinterhauptsloch, durch welches das verlängerte Mark sich fortsetzt, die erwähnten Seitenspalten und Löcher zum Durchtritte der Nerven und Gefässe. An diese eigentliche Scliädelkapsel , wie wir sie eben beschrieben haben, schliessen sich andere Theile an, die mehr oder minder mit ihr verschmolzen sind. In erster Linie legt sich nach vorn eine grosse Lamelle in Gestalt eines nach oben gewölbten, unten hohlen Löffels oder Spatels mit einem engeren Stiele an die Vordeiplatte des Schädels an , mit der sie durch eine feste Fasermasse vei'bunden ist. Sie zeigt vorn einen tiefen Aus- schnitt und tiägt auf ihrer hinteren Fläche einen Theil des Naseu- sackes. Dies ist die erste Lippenknorpelplatte (i', Fig. 167), welche sehr unzweckmässiger Weise von manchen Autoren Ethmoidalplatte genannt wurde. An ihre hohle Unterfläche legt sich das System der übrigen Lippeuknorpel beweglich an. Jederseits heftet sich mit seinem Vorderende an die Spitze der Vorderplatte, mit seinem Hiuterende unmittelbar vor den Ohrkapseln ein weit geschwungener Knorpelbogen an (ß, Fig. 166; p, Fig. 167), der eine weite Lücke umschreibt, sich nach unten ausweitet und auf seiner oberen Fläche den Augapfel stützt (//, Fig. 166). Dieser Augen- 400 Wirbelthiere, höhlenring zeigt eine nach vorn gerichtete Spitze. Man hat ihn dem Pterygo-palatinbogen der höheren Wirbelthiere homolog erklärt. Ohne seiner Bedeutung vorgreifen zu wollen , nennen wir diesen Bogen den seitlichen Schädelbogen. Unmittelbar neben seinem hinteren Ansatzpunkte zeigt sich ein gerade nach unten gerichteter Knorpelstiel, welcher mit einer in zwei Spitzen auslaufenden, horizontalen Längsapophyse endet (f/^, Fig. 166; s, Fig. 167). Mau hat den senkrechten Stiel mit dem Quadratbein verglichen , während man in dem horizontalen Theile ein Stück eines rudimentär gebliebenen Zungenbeinbogens sehen wollte, ohne indess zwingende Gründe für diese Ansichten beibringen zu können. Endlich gehen ganz nach hinten eine feine Spitze und ein kleiner horizontaler Kuorpelstab aus (t-, Fig. 167), der sich in den vordersten Knorpelbogen des Kiemenkorbes (ii) fortsetzt. Alle diese erwähnten Theile sind mit der Schädelkapsel innig ver- bunden und trennen sich auch nicht nach längerer Einwirkung von 20procentiger Salpetersäure. Die Schädelkapsel ist demnach eines- theils mit den Lippenknorpeln, anderentheils mit dem Kiemenkorbe in directem Zusammenhange, während die Skelettbildungen des Zungen- apparates durchaus selbstständig sind. Man muss indessen zugestehen, dass nicht nur die erwähnten Theile, sondern auch Stücke der eigent- lichen Schädelkapsei auf Durchschnitten von jungen, kurz verwandelten Neunaugen Trennungslinien zeigen , wie denn z. B. die seitlichen Schädelbalken sich deutlich von den sie später ohne Trennungsliuie einschliessenden Seitentheilen abgrenzen. Der erwähnten Verbindungen wegen schliessen wir hier unmittel- bar die übrigen Skelettbildungen an. Das Mundskelett (B, Fig. 166) setzt sich von vorn nach hinten aus folgenden Stücken zusammen, welche der sogenannten Ethmoidal- platte mehr oder minder untergeordnet sind. 1) Der Ringknorpel (7, Fig. 166) ist ein fester Knorpelring von tiefgelber Farbe, welcher tief in das Bindegewebe des Saugnapfes in einiger Entfernung vom Lippenrande eingelassen ist, den Hintergrund der Mundhöhle vollständig umkreist und mit seinem Hinterrande an den Hautfalz anstösst, welcher den Saugnapf von dem übrigen Körper abgi-enzt. Der Ring ist in der Weise abgeplattet, dass sein sagittaler Durchmesser den Querdurchmesser weit übertrifi't. Sein vorderer, schneidender Rand trägt unten sieben kegelförmige Zähne, von welchen die beiden äussersten die stärksten sind. Die fünf mittleren sind kleiner. Bei jungen Neunaugen sind die Zähne weniger spitz. Der Ring schiebt sich nach oben mit seinem hinteren Rande unter das fol- gende Stück ein und ist mit ihm durch Faser raasse verbunden. An seinen hinteren und oberen Rand ist jederseits ein horizontaler Dorn befestigt, der nach aussen weicht und dessen Spitze zugleich nach Cyclostomen. 401 hinten gerichtet ist. Fürbringer nennt dies Stück den Dornfort- s a t z («?). 2) Zwischen dem Ringknorjiel nach vorn und der Ethmoidalplatte nach hinten wird die Wölbung des Saugtrichters durch einen mehi' breiten als langen Knorpelbogen geschlossen , dessen Hinterrand unter die ausgehöhlte Unterfläche der Ethmoidalplatte sich einschiebt und mit ihr durch Bandmasse vereinigt ist. Nach hinten bildet der Knorpel einen vom unteren Winkel ausgehenden kurzen Fortsatz. Fürbringer nennt dies Stück den Halbringknorpel (/."). Das gewölbte Dach des Saugmuudes besteht demnach aus drei unter einander geschobenen Stücken, der Ethmoidalplatte hinten, dem weiter auf die Seiten übergreifenden Halbringknorpel in der Mitte und dem ganz geschlossenen Ringknorpel vorn. Die Seiten werden aber noch durch andere kleinere paarige Stücke vervollständigt, die Rhomb oidalknorpel (n) und die Plättchenknorpel (o) Für- bringer's. Erstere liegen unter der Ethmoidalplatte hinter dem Halbringknorpel, sind länglich, platt, gebogen und verengern durch ihre Ersti-cckung gegen den Zungenstiel hin den Eingang des gemein- schaftlichen Schlundes. Letztere vervollständigen eine Lücke hinter dem Halbringknorpel ; sie sind platt und etwas gewunden. Der auf der Bauchseite der Mundhöhle gelegene, mächtige Zungenstempel wird von zwei medianen und unpaaren Knorpeln und einejii Paar von fest in der Mittellinie verbundenen Knorpeln gestützt. Weitaus der grösste ist der Zungenstielknorpel (jp) ; ein langes, säbelförmiges Gebilde , das sich nach hinten bis in die Gegend der dritten Kiemenspalte erstreckt, und ringsum von einer Scheide umgeben ist, an welche sich die mächtigen Muskeln des Stempels an- setzen. An seinem Vorderende sitzen unmittelbar unter der Horn- bewaffnung des Endes des Stempels zwei kleine, auf unserer Figur kaum sichtbare Vorzungenknorpel. Auf der ventralen Seite des Zungenstieles erstreckt sich ein weit kleinerer Knorpel von ähnlicher Gestalt, dieCopula (^r, Fig. 166) Für - bringer's. Das vordere Ende dieses Knorpels erweitert sich seitlich mit zwei kleinen Flügeln in Gestalt eines Herzens. Dieses Zungenknorpelsystem (C, Fig. 166) stützt im Ganzen nicht nur die zahlreichen Muskeln des Stempels , sondern verengert auch den Eintritt der gegen die Decke des Saugmundes angedrückten SchlundöfFnung so sehr, dass nur eine feine Sonde durchgeführt werden kann. Der Kiemen korb (D, Fig. 166) ist im Ganzen ein zierliches Gitterwerk aus einem Stücke, das sich von den Ohrkapseln bis zum Herzen erstreckt, in dem man aber einzelne Längs- und Querrichtungen unterscheiden kann , die ohne Zweifel in einzelne Stücke bei der Ver- Vogt n. Yiing, prakt. vergl. Anatomie. II. Oß 402 Wirbelthiere. knochernng zerfallen würden, welclie nirgends eingetreten ist. So wie er besteht , liegt der Kiemenkorb niemals an der Oberfläche ; er wird nicht nur vom Tegumeute, sondern auch von einer zusammenhängenden Schicht des Seitenmuskels überzogen, dessen Längsfasern nur an den Kiemenlöchern knopfiochartig aus einander weichen, und man muss diese Schicht abpräpariren , um das platte, dünne und hin und her gebogene Gitterwerk zur Anschauung zu bringen. Nach hinten schliesst sich der Korb ganz zusamjueu, um den beuteiförmigen Herzbeutel zu bilden. Man kann vier horizontale Längsbalken unterscheiden , die durch senki'echte, zwischen den Kiemenlöchern verlaufende Stäbe mit ein- ander verbunden werden und alle im Herzbeutel zusammenfliessen. Die Rücken linie (f, Fig. 166) ist unvollständig. Sie besteht aus horizontalen Bälkchen, welche wie Gabelungen eines senkrechten Stabes nach vorn und hinten sich verlängern und unmittelbar an die Chorda anlegen. Diese Gabelungen sind deutlich getrennt. Der vorderste Ast verschmilzt mit dem Fortsatz des Hinterhauptes (u, Fig. 167), von welchem S. 400 die Rede war. Die senkrechten Stiele dieser Gabeln verschmelzen mit der oberen Kiemenlinie (u, Fig. 166) in den Intervallen zwischen den Kiemenlöchern. Diese Linie endet zwischen dem ersten und zweiten Kiemenloche. Die untere Kiemenlinie (v) läuft in Zickzacken unter den Kiemenlöchern durch und setzt sich bis vor das erste Loch fort, wo sie durch ihre Vereinigung mit den senkrechten Stäben einen voll- ständigen Ring um das Loch bildet. Die Bauchlinie (tv) erstreckt sich genau in der Mittellinie des Bauches bis zur Höhe des ersten Kiemenloches. Sie ist breiter und platter als die vorhergehenden und zeigt bei der Betrachtung von der Bauchfläche aus eine seichte Längsrinne mit unregelmässigen, ovalen Durchlöcherungen, welche auf eine Verschmelzung der Linie aus zwei seitlichen Hälften hinweisen. Die senkrechten Stäbe (x) verlaufen in den Zwischenräumen der Kiemenlöcher ohne Untci'brcchung von der oberen Kiemenlinie bis zur Baiichlinie. Der Herzbeutel (?/), in welchem sich alle Horizontallinien vei"- einigen, umgiebt das Herz von allen Seiten. In seinem hinteren Theile bildet er einen vollständigen Sack, der bcutelförmig nach hinten gegen die Bauchhöhle vorspringt; an dem vorderen Theile sieht man ver- schiedene Löcher (z) zum Durchtritte der mit dem Herzen in Ver- bindung stehenden Bildungen. Muskel System. — ■ Das Muskelsystem des Körpers ist, wie bei dem Amphioxus und sogar noch vollständiger als bei diesem, aus zwei Cyclostomen. 403 grossen seitlicheu Masseu gebildet, die sich vom Kopfe bis zum Schwanzende erstrecken (^, Fig. 162). Diese Massen fangen vorn mit zwei abgerundeten Lappen an , die durch eine weite Lücke getrennt sind, in welcher das Auge liegt, und die oben über den Schädel und unten über den Zungenapparat hinaus sich erstrecken, um in der ven- tralen wie dorsalen Mittellinie zusammenzustossen. Die Massen stossen auch in der seitlichen Mittellinie hinter dem Auge wieder zusammen, lassen aber bei ihrer weiteren Erstreckung nach hinten knopflochförmige Lücken für die äusseren Kiemenöffuiingen (/«, Fig. 1G2; s, Fig. 166). Die Muskelmasse (g^, Fig. 163) ist auf der ganzen Unterseite längs des Kiemenkorbes und der Bauchhöhle weit dünner, als auf der Rücken- seite über dem Niveau der Chorda (g, Fig. 163); aber in der Schwanz- gegend hinter dem After gleicht sich die Verschiedenheit aus und überall, wo sie unmittelbar an die senkrechte Stützlamelle sich an- schliesst, ist die Masse unten so mächtig als oben. Ein besonderer Schliessmuskel des Bauches, wie wir ihn bei Amphioxus fanden , fehlt durchaus ; die Massen stossen überall , oben wie unten , unmittelbar an die mittlere Verticalebene an und sind hier nur durch eine faserige Längsscheidewand getrennt. Wie beim Amphioxus, sind diese Massen in Myomeren durch zahlreiche Myocommen faseriger Natur getheilt , die sich einerseits innen an die Chorda und die von ihr ausgehenden Längsscheidewände, anderseits aussen an die faserige Unterhaut ansetzen. In den erwähn- ten Kopflappen zeigen die Myocommen eine sehr unregelmässige An- ordnung; wir haben nicht zwei Exemplare getroffen, wo sie genau in derselben "Weise aasgebildet gewesen wären. Sie werden in ge- ringer Entfernung auf dem Kiemenkorbe regelmässig und zeigen hier, wenn man den enthäuteten Körper im Profil betrachtet, einen ein- fachen, nach hinten convexen Bogen. Hinter dem Kiemenkorbe zeigt dieser Bogen eine Einknickung, so dass zwei Spitzbogen entstehen, deren Neigung nach hinten zu immer bedeutender wird, so dass auf dem Schwanzende (Fig. 169) sich zwei stark geneigte Spitzbogen zeigen , die in der Mitte durch eine Auftreibung getrennt scheinen. Ausser dieser äusseren Einknickung erscheinen die Myocommen noch dachziegelartig über einander gelagert, indem ihre inneren Ansätze weit mehr nach vorn liegen als die Hautansätze. In Folge dieser Lagerung zeigen sie auf einander folgende Tüten und deshalb sieht man auf Querschnitten zwei oder drei concenti'ische , der Körperlinie parallel laufende Kreislinien , während man auf Horizontalschnitten im Niveau der Chorda regelmässige, gerade Parallellinien sieht, die mit ihrer Spitze nach vorn einen Winkel von 25 bis 30" mit der Chorda bilden. Innerhalb der Myocommen befinden sich sehr dünne, faserige Scheidewände, die in Längsrichtung geordnet sind und sich an je zwei Myocommen anheften. Der Zwischenraum zwischen je zwei Myocommen 26* 404 Wirbclthiere. ist somit iu eiue Menge platter, über einander liegender Kästchen ge- theilt, in welchen die ebenfalls abgeplatteten und in der Längsrichtung des Körpers verlaufenden Muskelfasern eingeschlossen sind. Wir ver- weisen hinsichtlich der histologischen Vei'hältnisse auf die Arbeiten von Langerhans, Grenadier und Schneider (s. Lit.). In Folge der geschilderten Anordnung der Muskelbänder sieht man sie quer oder schief durchschnitten auf Querschnitten, während sagittale oder horizon- tale Schnitte sie in ihrer Längserstreckung zeigen. «*' Ein besonderes Muskelsystem zeigt sich im Bereiche der Rücken- flossen von ihrem Anfange an bis zum Schwanzende; es fehlt durchaus an der Ansetzung der ventralen Flosse, Bei der Ansicht im Profil (Fig. Iß 9) sieht man nach Wegnahme der Haut einen schmalen Streifen (d), der allmählich nach hinten an Mächtigkeit abnimmt und Fig. 169. ( CO r Veirom. fluviat. — Vierfach vei-grössertes Schwanzende eines grossen Exemplars nach Wegnahme der Haut, a, Rückenflosse; h, dorsaler Theil der Schwanzflosse; c, ven- traler Theil derselben Flosse; alle diese Flossen haben gegabelte Strahlen; d, be- sondere Muskeln der dorsalen Flossen, der Rückenflosse und oberen Hälfte der Schwanzflosse; e, dorsaler Theil des Seitenmnskels ; /, mittlerer Theil; ^, ventraler Theil. Myocommen zeigt, die weit enger zusammengedrängt sind, als die- jenigen der seitlichen Körpermuskeln. Die Myocommen sind ausser- dem in entgegengesetzter Richtung geneigt, parallel den Flossen- strahlen, an deren Basis sich die Muskeln ansetzen. Meist ist dieser Theil derart von schwarzem Pigment übersättigt, dass man nichts weiter sehen kann. Auf Querschnitten sieht man so eng an einander gepresste Muskelkästchen , dass die ganze , zwischen die Oberränder der Leibesmuskeln eingekeilte Masse aus quadratischen Maschen zu be- stehen scheint, die in Längsrichtung geordnet sind und jede ein Muskel- bändchen enthält. Wir machen noch besonders auf die wichtige That- Cyclostoraen. 405 Sache aufmerksam, dass diese Muskeln im Bereiche der unteren Ab- theilung der Flossen gänzlich fehlen, obgleich dieselbe nur eine un- mittelbare Fortsetzung des Hautsaumes ist, welcher die Rückenflossen bildet und auch wie diese mit Knorpelstrahlen ausgerüstet ist. Endlich müssen wir hier noch besonderer, in der Aftergegend ent- wickelter Muskeln Firwähnuug thun , welche Schneider und Dohrn (Neunte Studie, s. Lit.) als Homologe oder Rudimeute der bei den Fischen entwickelten Muskeln des Beckens und der Afterflosse anziehen. Beide Autoren sind hinsichtlich ihrer Structur einig, die Schneider folgendermaassen beschreibt: „Hie Afterflossenmuskelu sind ziemlich dünn. Sie werden aus drei bis vier primären Kästchen gebildet, deren Ligamente längs verlaufen. Hie Fasern stehen schief von oben nach unten und hinten. Hurch secundäre Scheidewände werden secundäre Kästchen gebildet, welche von parietalen und centralen Fasern erfüllt sind. Weder die parietalen noch centralen Bündel besitzen ein Sarco- lenima. Hiese Muskeln kommen nur Petroniyzon, nicht Ammocoetes zu." Hiese Muskeln liegen im Inneren der Bauchhöhle und sind von den Enden der Leibesmuskeln durch einen weiten, von Hohru als Lymphraum angesehenen Raum getrennt, an dessen Wände sie sich anhßfteu , während ihr anderes Ende sich au der Fasermasse inserirt, welche den Aftertheil des Mastdarms, sowie die Ausführungsgänge der Harn- und Geschlechtswerkzeuge umhüllt. Sie sind quergestreift und, wie Hohrn richtig angiebt, ist die Zahl ihrer Kästchen bedeutender, als Schneider sagte. Wir sehen in diesen Muskeln, welche wir Uro- genitahnuskeln nennen, nur Erweiterer der verschiedenen Ausfüh- rungsgänge, und wenn Hohrn sie deshalb nicht als Eingeweidemuskeln ansehen will , weil sie quergestreift und also willkürliche Muskeln seien, so müssen wir dagegen bemerken, dass wir fast immer, bei allen Wirbelthieren, willkürliche Muskeln in der Umgegend des Afters finden und dass sogar in einzelnen Fiülen (Cohitis) quergestreifte, willkürliche Muskeln in der Harmwand selbst angetroffen werden. Hier scheinen diese Muskeln ihrer Lage nach mehr den Ausführungsgängen der Harn- und Geschlechtswerkzeuge, als dem Rectum anzugehören, und man darf sich daher nicht wundern, dass sie sich in dem Maasse ent- wickeln, als die Lampreten ilirer Geschlechtsreife entgegen gehen. Wir können in Einzelheiten über das ungemein complicirte Muskel- system, welches die einzelnen Stücke des Saugapparates, des Zungen- stempels und des Schlundes bewegt, nicht eingehen. Ha die wesentliche Function dieser Theile, das Saugen und Schlingen, nur in Folge sehr verschiedenartiger, mechanischer Combinationen möglich ist, so müssen auch die Muskelbildungen sich dieser Mannigfaltigkeit anpassen. Ha die Thiere verhältnissmässig klein sind, so ist die Präparation dieser Theile nicht leicht und man muss die mit dem Scalpell unter der Lupe gemachten Präx^arate mittelst Hxirchschnitten nach den drei Rieh- 406 Wirbelthiere. tiingen controliren. Wir verdanken Fiirbringer (s. Lit.) eine aus- gezeichnete, sehr in das Einzehie gehende und genaue Monographie des Gegenstandes; wir verweisen auf diese Arbeit hinsichtHch des Details und erleichtern das Nachstudium, indem wir die von Für- bringer gebrauchten Namen und Ziffern den einzelneu Muskeln be- lassen. Wir werden auf den meisten unserer Durchschnitte die Für- bringer' sehen Beziehungen anwenden. Wir beschränken uns hier darauf, die Muskeln nach ihren Functionen zusammenzustellen. Verengerungsmuskeln. — Die Wirkung dieser ziemlich zahl- reichen Muskeln besteht in der Verengerung der Durchmesser des Mundapparates. Sie setzen sich theils an der Haut, theils an den Mundknorpeln fest und finden in den meisten Fällen ihren Antagonis- mus in der Elasticität der mehr oder minder festen Theile, an welche sie sich ansetzen. Hinsichtlich der Knoi-pel kann man nicht zweifeln; aber auch die betreffenden Theile der Tegumente, wie z.B. der Umfang des Saugtrichters, sind durch Faserbildungen derart verstärkt, dass man ihnen eine ähnliche Elasticität zuschreiben muss. Wir finden in dieser Gruppe von vorn nach hinten: den Ringmuskel (m, anmi- laris, Nr. 7), der den ganzen Umfang des Saugmuskels längs des Ringknorpels umkreist und aus drei Schichten besteht, einer äusseren, aus Längsfasern, einer mittleren, aus senkrechten Fasern, und einer inneren, aus Kreisfasern gebildet; den Ilalbringmuskel (m. semi- annularis, Nr. 12), der sich an dem gleichnamigen Knorpel ansetzt und den entsprechenden Theil der Mundhöhle verengert; den ni. liyomandi- hularis-semi-annularis, Nr, 13, der den Halbringkuorpel nach hinten zieht; den Zungenmuskel (nt. Jiitgualis proptHtcs, Nr. 23), der die Schleimhaut am Eingänge des Schlundkopfes zusammenzieht, und den m. tcndinoglossus, Nr. 24, der die Seitenflügel des Zungen- kuorpels einander nähert. Als Erweiterer wirkt nach Fürbringer nur der ni. hasilaris, Nr. 14, von äusserst verwickelter Structur. Er erstreckt sich zwischen dem Ringknorpel und dem Ethmoideum, und scheint zugleich in seinem hinteren Theile als Zusammendrücker der Speicheldrüse zu wirken, die er scheidenartig umgiebt. Gruppe der Vor zi eh mu skeln , welche den Zungenstempel nach vorn ziehen. Man kann hierher rechnen: den in. annulo-glosSits, Nr. 8, der sich vorn an den Riugknorpel , hinten an den Zungenstiel ansetzt; den ni. hyo- glossus, Nr. 18, der am Hyoidknorpel des Schädels entspringt; zwei ni. coptilo-glossi, Nr. 20 und 21, einen vor- deren und einen hinteren, welche von der Copula zum Zungenstempel gehen, und zwei m. liyo-hyoidiei, Nr. 13 und IG. Die Gruppe der Rückzieh m u skeln, welche den Zungen- stempel nach hinten ziehen, besteht aus zwei Muskeln: dem m. hyo- mandihalar i-glossus , Nr. 19, der an dem Hyomandibular - Fortsatz Cyclostouien. 407 des Schädels entspringt iiud nach vorn zum Ziingenstempel gelit, und der enorme Längsmuskel der Zunge (>». Jongitiidinalis lin- guae, Nr. 22), der den Zungenknorpel in seiner ganzen Länge auf der ventralen Mittellinie des Kiemenkorbes einhüllt, sich hinten an den knorpeligen Herzbeutel ansetzt und nach vorn mit zwei Sehnen an den Seitenflügeln des Zungenkuorpels endet. Schi uudk opfver en ger er. — Es giebt deren zwei, einen grösseren, den Schlundkopfni uskel (ni. pliaryngens, Nr. 28), welcher die ganze Eistreckuug des Schlundkopfes zwischen dem Halb- ring- und dem Hyomandibular- Knorpel umfasst, und einen kleineren, m. pliaryngeus posterior^ Nr. 29, welcher vom hinteren Rande des vorigen bis zum Schlundsegel reicht. Das Schluudsegel (Vclniii) hat selbst mehrere besondere kleine Muskelchen: zwei Er weiterer, vi. velo-phargngeus , Nr. 25, und in. rclo-hgo-niaudihiüaris cxiernus, Nr. 27, und einen Vereugerer, Antagonisten des vorigen, m. vdo-hijo-mandibularis internus, Nr. 26. N ervensj'ste 111. — Wir finden zuerst bei den Cyclostomcn ein wahres Gehirn als vordere Erweiterung des Rückenmarkes, mit welchem es das Centralnervensystem bildet. Auch sehen wir in dem periphe- rischen Nervensysteme zwei Hauptabschnitte sich kenntlich machen, einestheils das cerebrospiuale System, dessen Wurzeln unmittelbar aus dem centralen Nervensysteme entspringen, und das sympathische System, welches nur mittell:»ar mit dem Centralnervensysteme zusammenhängt. Endlich sehen wir noch mehr oder minder deutlich in den cerebro- spinalen Nerven zwei Gruppen sich abgrenzen: die Rückenmarks- oder Spinalnei'veu , die eine ziemlich einförmige Bildung, namentlich hin- sichtlich ihres Ursprunges im Rückenmarke bilden, und die Ilirnuerven, die meistens nur mit Schwierigkeiten auf den Typus der Spinaluerven zurückgeführt werden können. Centralnervensystem. — Das Rückenmark {e, Fig. 170 a. f. S.) der Lampreten und der Cyclostomeu überhaupt zeigt liinsicht- lich seiner Form einen eigenthümlichen Charakter, den wir kaum bei den übrigen Wirbelthieren wiedei'findeu : es ist in seiner grössten Länge bandartig abgeplattet {A, Fig. 170). Die beiden Flächen des Bandes sind indessen nicht eben ; die obere Rückeuflächc ist leicht gewölbt und die ventrale Unterfläche, mit welcher das Rückenmark auf der Chorda aufliegt , leicht ausgehöhlt. Auf Querschnitten zeigt demnach das Rückenmark die Gestalt eines flachen Halbmondes mit abgerun- deten Enden, der mit der Hohlfläche nach unten horizontal liegt. Diese Form zeigt sich besonders längs des Rückens; nach vorn hin {B, Fig. 170) rundet sich das Organ mehr ab und zeigt am verlängerten Marke einen fast kreisförmigen Querschnitt. Gegen das Körperende hin, von der After- 408 Wirbelthiere. gegend an, runden sich die Ecken ebenfalls ab, die Rücken fläche wölbt sich etwas mehr und die Bauchfläche wird platt. Mau untersucht die Structur des Rückenmarkes vorzugsweise auf Querschnitten, welche mit Osmiumsäure behandelt werden müssen, wenn es sich um histologische Einzelheiten handelt, die wir hier nicht berücksichtigen können. In der Mitte wird das Rückenmark von einem engen Medullar- canale (/) der Länge nach durchbohrt, dessen Durchmesser sogar geringer ist als derjenige der Riesenzellen, von welchen später die Rede sein wird. Man würde den Canal leicht übersehen können, wenn er nicht mit strahlig gestellten Epithelialzellen ausgekleidet wäre, Fig. 170 Pttrvm. ßtivial. — Diese wie alle t'olgcinlen Figuren liis zu Fig. 180 und mit Aus- nahme der Figuren 171 und 172 sind einer Serie von Qucrsclmitteu eines Jugendlieben Exemplars entnommen , d;\s äusserlich sehon alle Charaktere der geschleehtsreifen Lamprete zeigte , dessen innere Organe aber theilweise noch üebergangsbildungen zeigten. Alle Figuren sind mit der Camera lucida gezeichnet. Fig. 170. Quer- schnitte im vorderen Rückenmark. Verick, Oc. 1, Obj. 1. A, Querschnitt in der Höhe der zweiten Kieme ; B, im hinteren Theile der ersten Kieme. Gleiche Bezeich- luingen. o, häutige Hülle des Kückencanales ; b, obere Zellent'üllung des Canales ; c, Höhle desselben ; d, Knorpelstützen (Neurapophysen) ; e, Eückenraark ; f, Central- canal desselben ; g, Scheide der Chorda ; h, Zellenkern derselben ; i, Aorta ; k, offener Oesophagus; k^ (in jB), derselbe noch fest geschlossen; /, Wassergang; m (in A),. Eestc der Thymusdrüse ; n (in B), Ende des Nasengaumenganges ; o, Muskelhülle des Kiemensackes; p, dessen innere Höhle; q, Kiemenfransen; r, Venen; s, Seitennerv; /, Kiemennerven; ?(, motorische Wurzel eines Spinalnerven. deren kleine Kerne sich stark färben. Diese Zellen gehen schichtweise allmählich in die Zellen der grauen Nervensubstanz über, ohne dass man Cyclostomen. 409 eine bestimmte Grenzlinie nachweisen könnte. Der Canal scheint ausserdem noch im Inneren durch eine feine Greuzmembran aus- gekleidet, auf welcher vielleicht Wimperhärchen sitzen. Auf beiden Seiten des Cauales erstreckt sich die graue Substanz, die als innerer Kern etwa die Form des Rückenmarkes zeigt und überall von weisser Substanz umgeben ist, deren Mächtigkeit indessen auf der Rückenfläche etwas bedeutender ist. Ausser einer allgemeinen, beiden Substanzen gemeinsamen, un- bestimmte Netze bildenden Bindesubstauz besteht der graue Kern aus zwei Arten von Ganglienzellen, welche alle Charaktere der bekannten Nervenzellen tragen. Die grösste Masse wird von multipularen, kleinen Zellen mit körnigem Kerne gebildet, deren Furtsätze ohne Zweifel in die dorsalen, sensitiven Nervenwurzelu und vielleicht auch in die ven- tralen, motorischen Wurzeln übergehen. Ausserdem finden sich soge- nannte Riesenzellen; sie sind sehr gross, multipolar, mit sehr kör- nigen oder selbst himbeerähnlichen Kernen ausgestattet, von welchen die einen, die dorsalen oder inneren, beiderseits au der Mittellinie über dem grauen Kerne liegen, während die äusseren Riesenzeilen sich in den beiden Hörnern des grauen Kernes an dessen Enden finden. Die Fortsätze dieser Zellen sind sehr deutlich , aber in verschiedener Weise gewunden, so dass man ihren unmittelbaren Zusammenhang mit den Nervenwurzeln noch nicht hat nachweisen können. Auf jedem Querschnitte sieht man nur je ein oder zwei Paare dieser inneren und äusseren Riesen zellen. Die weisse Substanz wird in der senkrechten Mittelebene durch besondere, vom Centralcanal ausgehende Bildungen in zwei seitliche Hälften geschieden. Auf der dorsalen Seite sieht man nur ein Aus- einanderweichen der netzförmigen Ijindesubstauz , die sich auf Quer- schnitten als eine hellere Linie zu erkennen giebt; auf der ventralen Seite sieht man ein Bündel höchst feiner und dicht gedrängter, senk- recht gestellter Fäserchen. Weniger in die Augen fallende Theilungen werden durch die Faserbündel der Nervenwurzeln angedeutet, die von dem grauen Kerne ausgehen, die weisse Substanz in schiefer Richtung durchsetzen und oben wie unten etwa in der Mitte des Raumes aus- treten, der die senkrechte Mittelebene von den Enden des Bandes trennt. Man hat sehr unnöthiger Weise die zwischen den Wurzeln gelegenen Theile der weissen Substanz als Bauch stränge und Rückenstränge unterschieden. Um consequent zu sein, müsste man je zwei seitliche, durch die senkrechte Mittelebene geschiedene Bauch- stränge und Rückenstränge unterscheiden. Die weissen Theile, welche die Seiten umhüllen, sind die Seitenstränge genannt worden. Wie dem auch sein mag, so steht fest, dass die weisse Substanz ausser den Längsfaseru, welche auf den Schnitten sich in verschiedener Weise darstellen, eine Menge feiner, meist senkrecht gestellter Fäserchen 410 Wirbeltbiere. Pelrom. fluviul. — Conibiniiic Figur, neunfach vcrgrüsscrt. Die dorsale Oberfläche des Gehirns ist gezeichnet. , wie sie sich nach Wegnahme der Hüllen darstellt. Um die Beziehungen zu den Sinnesorganen zu zeigen, hat mau dieselben so dargestellt, wie sie sich auf Horizontalschnitten zeigen , die in verschiedenen Höhen gelegt sind. Aul' der rechten Seite hat man eine etwas schematische Darstellung der Hirnnerven beigefügt, wie dieselbe aus den Arbeiten von Ahlborn und Julin hervorgeht. Cyclostomen. 411 X aufzeigt, die besonders in den Rückensträngen ein sehr enges Netz bilden. Zwischen den gewöhnlichen Lüngsfasern sieht mau einige Riesenfaseru (Müller'sche Fasern), die vorzugsweise in den Baucb- sträugen, aber auch seltener in den Seitensträngeu vorkommen. Die Durchschnitte dieser Fasern erscheinen als eiförmige, von der Biude- substanz umgebene Hohlräume, in welchen man hier und da au der Innenwand körnige Substanzansammluugen sieht, so dass der Durch- schnitt einer Zelle mit wandständigem Kerne ähnlich sieht. Dieses Ansehen wird oliue Zweifel von der durch die Reagentien bewirkten Gerinnung der den Raum erfüllenden Substanz bedingt und was man für einen Kern ansehen könnte, ist dieser geronnene Inhalt selbst. Man sieht iu jedem Eauchstrauge sechs bis acht dieser Riesenfasern in der Nähe der senkrechten Mittelebene und zwei bis drei in jedem Seitenstrange. Die gewöhnlichen Längsfasern bilden auf Querschnitten eine feine Puuktirung. Doch muss bemerkt werden, dass man hier und da dickere Fasern findet, welclie sich den Riesenfasern nähern. Wir werden bei Gelegenheit der Spinaluerven von den Wurzel- fasern derselben im Marke sprechen und machen hier nur darauf auf- merksam, dass mau niemals auf einem und demselben Querschnitte die beiden Wurzeln, dorsale und ventrale, beobachten kann , aus dem ein- fachen Grunde, weil diese Wurzeln nicht in derselben Verticalebene liegen. Das Gehirn ist die vordei'e Ausbreitung des Rückenmarkes. Es zeigt bei den Neunaugen fünf auf einander folgende Abtheilungen, die sich bei der Ansicht von obeu leicht erkennen lassen, während auf der der Schädelbasis aufliegenden Ventraltläche die Grenzen mehr oder minder durch den Hirn stamm verwischt sind, der die einzelnen AbtheiluDgen mit einander verbindet. Wenn bei den Embryonen der «, Tegument ; u^, Epidermis; a'-*, LeJerLaut ; b, ISIasengaus;; 6*, seine Hülle; 6-, ein- gestülpte Oberhaut (Schleimhaut); b^, innere Höhle; c, Nasensack ; c^, häutige Hülle ; c'-^, Kuorpelkapsel ; c^, Blutgefässe; c*, innere Schleinihautfalten ; c^, feste Central- masse; c^, Nasengaumengang ; d, hinterer gerader Augenmuskel; e, Ange; e^, Eth- moidknorpel ; e", Orhitalhülle ; e^, Choroidea ; c*, ihre die Iris liildeude Fortsetzung; e^, Krystallliuse ; e", Glaskörper; e', Retina im Ganzen; t^, äussere Siliidit der- selben; e^, mittlere Schiclit ; e^", innere Schiebt ; /', Ohr ; /l, Knorpelkapsel ;/'', halli- krcisförmige Canäle ; Pr, Vorderhirn; Pr^, Riechlappen; Pr^, Hemisjdiären ; EjJ, Epi- physc ; Th, Zwiscbenbirn; 77*1, Chiasma iler Sehnerven; 71/^, Hubeuiilarganglion ; Ms, Mittclhirn; JAs-i , Mitteltheil; Ms^ , Schlappen; .!/&'% Vierhügel; .Vs*, obere Spalte; M/, Hinterhirn; M\ Seitenstränge; JUt"^, Eautengrube ; jW^, Klcinhirnbrücke; Mfj, Nachbirn ; Md, Rückenmark. Die Hirnnerven und ihre Zweige sind mit den gebräuchlichen Ziffern bezeichnet. //, Opticus; ///, Oculomotorius ; 71', Trochlearis ; V, Trigeminus; Vo, Oi)hthaImicus ; VGop, dessen Ganglion; VG, Ganglion Gasscri ; Vi-, Wurzeln; VI, Abducens ; Vif, Facialis; Vlhj, sein Ganglion; VII e, rückläufiger Ast; T'//Z», Kiemenast desselben; T'///, Acusticus ; VIII Gac, sein Ganglion ; IX, Glosso- pluiryngeus; IX G/jl, sein Ganglion; Ä', Vagus; XGv, sein Hauptganglion; AT, Sciten- nerv; XII, Hypoglossus; Sp^, erster Spinalnerv; n, sensible Wurzel mit Ganglion; b, motorische Wurzel; Sp^, des zweiten Spinalnerven. 412 Wirbelthiere. Wirbelthiere sich eine ursprüngliche Trennung in drei xVbtheilungen, Vorderhirn , Mittelhirn und llinterhiru, nachweisen lässt, die sich aber Fio-. 172. fk' J/j- Jft^ U^m Petrom. ßurlul. — Diis im Schädel eingeschlossene Gehirn im Pioiil, neunfach ver- grössert. Man hat die Hüllen so viel als möglich erhallen. Dieselben Bezeichnungen wie in der vorigen Figur. Ausserdem: //?/, Hypophysis ; ((, Obertheil »des Schädels; a^, Schädelbasis; 6, oberer Hüllensack ; f, zellige Ausfüllung des Rückencanales. später mehr oder minder in Unter diese primitive Theilung bei den ^ Fig. 173. b Querschnitt durch den ersten Kiemeu- sack. Verick, Oc. 1, Obj. 0. Camera clara. Dieselben Bezeichnungen. Ausser- dem : e^, Seitenflügel des erweiterten Medullarcanales ; i^. Carotis. o,btheilungen zerlegen , so lässt sich erwachsenen Cyclostomen in Folge eingetretener Modificationen nicht erkennen. Wir unterscheiden dem- nach , von dem Rückenmai-ke aus- gehend, ein Nachhirn (Myeleucepha- lon) (ill//, Fig. 171 und Fig. 172), ein llinterhiru (Mctencephalon) {Mt)^ ein Mittelhirn (Meseucephalon) {Ms), ein Zwischeuhirn (Thalaineucepha- lon) {Th) und ein Vorderhirn (Pro- seucephalon) {Fr). In allen diesen Abtheilungen kann man den un- mittell)ar auf der oberen Fläche der Schädelbasis gelegenen Ilirnstamm und die Gewölbebildungen unter- scheiden, welche längs der Innen- wände des Schädels emporsteigen, sich mehr oder minder auf der Rückenseite zusammenschliessen und so ein zusammenhängendes System von Höhlungen herstellen, in welche die Ilüllmembrauen mit ihren Gefässnetzen sich hinab- senken. Cyclostomen. 413 Bei seiner Fortsetzung in den Schädel, wo sich das Nachhirn (Fig. 172) ausbildet, ändert das Rückenmark seine Gestalt; es verdickt sich und rundet sich ab, so dass sein Durchschnitt eine eiförmige Ge- stalt mit leicht abgeplatteter Unterfläche annimmt. Der Central- canal (/) weitet sich aus, nimmt die Form einer senkrechten Spalte au und ei'hebt sich zusehends gegen die Oberfläche. Die Zellen seiner Epithelialbekleidung werden länger und tragen deutliche Wimpercilien. Die Ausweitung und Hebung gegen die Oberfläche nehmen mehr und mehr zu (Fig. 173) und so wird der Canal zu einer nach oben geöffneten Spalte, die sich bedeutend ausweitet und eineOeffnung in Gestalt eines Kartenherzens zeigt, auf deren Grunde die Stränge des Rückenmarkes Fie. 174. Querschnitt des ganzen Kopfes, so gelegt, dass er das hintere Ende der Ohrkapseln streift und das Vorderende der ersten Kieme trifft. Dieselbe Vergrösserung. «, &, c, e^, fi h, i, i^, Jc^, l, n, o, p, q, r, haben dieselbe Bedeutung wie in den vorigen Figuren. Ausserdem: e^, Grundstamm des Gehirns; m, Seitenmuskel, dorsaler Theil ; m^, Seitenmuskel, ventraler Theil ; p^, Communication zwischen dem Wassergange und der inneren Kiemeuhöhle ; q^ , äussere Kiemenfranscnlamelle ; q^ , innere Lamelle ; w, Tegument; x, Pigmentschieht ; y, das hintere Ende der Gehörkapsel umgebendes Bindegewebe; s, Lückenräume (Bauchhöhle); 1, Zungenmuskel (2); 2, Sehluudkopf- muskel (28); 3, seitliche Zungenknorpel; 4, Zungenknorpel; IXGgl, Ganglion des Glossopharyngeus; X Gv, Ganglion des Vagus. 414 Wirbeltliiere. wie Längsleisten hervortreten. Die so gebildete Höhle ist die Rauten- grube, fossa rhomhoidaUs (Mt^, Fig. 171), auch nach Analogie mit dem Gehirn der Säugethiere der vierte Ventrikel genannt. Auf Querschnitten dieser Gegend (Fig. 174 a. v. S.) sieht man die Lippen der Höhlung wie die Seitenpfeiler eines offenen Gewölbes in die Höhe steigen. In den Umgebungen der Rautengrube, welche das eigentliche Hinterhirn bilden, entstehen die wesentlichsten hinteren Hirnnerven, Facialis, Acusticus, Glossopharyngeus imd Vagus. Aiif der Ventral- fläche zeigt dieser Theil eine seichte Längsfurche. Pio-. 175. Mittelstüfk eines durch die Mitte der Olirlcapscl und der Rautengrube gelegten Quer- schnittes, ffl, b, c, e^, //, i^, h^, l, 11, z, 1, 2, .", 4 wie in den vorigen Figuren. Ausserdem: b^, oberer Sack der Gehirnhülle; b'^, unterer Theil der Zellenfüllung der Schädelhöhle; e^, Riesenzellen in den Wülsten; e*, in der Rautengrube ; lV/(/, Ganglion des Facialis; VFITGac, Ganglion des Acusticus; y, knorpelige Olirkapsel ; y^, halb- kreisförmiger Canal ; y^, innere Höhle des Labyrinthes ; 5, Flügel derCopula; 6, musc. hijo(jlossus ; 7, rij'oidfortsatz. Vom Grunde der Rautengrube erheben sich zwei seitliche Wülste (e*, Fig. 175), die durch eine enge Spalte getrennt sind und zwei Riesenzellen (C'') zeigen, während seitlich die Wurzeln des Facialis (F7i) Cyclostoraen. 415 und Acusticns (F/JJ) hervortreten, deren Fasern sich bis in die dünnen Lippen der Grube verfolgen lassen (e^). Nach vorn schliesst sich die Grube durch eine schmale Querbrücke (d, Fig. 176), die auf ihrer Dorsalfläche eingekerbt ist und das Rudiment des Kleinhirns (Cere- hcUum) darstellt. Es ist bemerkenswerth , dass das Kleinhirn in allen Wirbelthierclassen, mit Ausnahme der Amphibien, eine bedeutendere Entwicklung erreicht, so dass also auch in dieser Hinsicht, wie in vielen anderen, die Cyclostomen sich eher den Amphibien als den Fischen anschliessen. Die Rautengrube ist iititer der Kleinhirnbrücke (/, Fig. 176) zu einem engen Canale in Form einer Längsspalte zusammengeschrumpft, der sich nach vorn in das Mittelhirn fortsetzt und die Sylvius'sche Fi„-_ 170. Wasserleitung der alten Anatomen bildet. a. ^' i\ \ Dieser Uebergangstheil '"^ \ > ist an seiner Basis etwas ^^'X^I^ — *^^^^ seitlich zusammeuge- \ ~\y^/( /S*^^^^ ^^vNv drückt, er erweitert sich <^^ yy^/V \ ^.ffoTY^ /^^^b. aber sofort zum Mittel- ^-^. 7?; Xf l Y ^^^^ ^'^^"^ (^^^' Fig. 171 und ■-./^— rTTTv^ Vy^^ '^ ^ J ^X^\ Dieser Hirntheil hat ■^ -V\ y ] f " V ij die Gestalt einer Kugel, \\//ii n\%-^^ \ 11 die bei der Ansicht von ~'~~—~-\\J/^ \ le ^^ji oben einen ringiormigen ^--.----^TA'XV" yߧS^ Aufsatz zeigt (ilis-2), wel- X _ ^^^^rrrrrr::::^^-^^ #i|\\ ^-■^^ eher eine fast kreisför- ^ ^^ — 'v==T-~-~^ • r\ A- o -^ — Vf~\\ ^^-L mige Ueiinunff um- •^ r— ^^^__^^^=5^,^^ schliesst, die sich nach ^^' vorn und hinten in o 1 ■•,,,•• 1 1 11 1-1 ■ 1 • 1 . /, Längsrinnen fortsetzt. ßL-liadelstuck fini-'s durcli aas Kleinlurii gelegten Cjuer- _ * sclmittes. «, hUutiger Schädel ;&, zcUiges AusfüUungs- Die Seitenflächen des gewebe ; h^^ oberer Sack; }fl^ Ausfüllungsgewebe der Mittelhirnes sind stark Basis; /r", oberes Kürnergewebe; ?/, Blutgefäss; c, gewölbt; auf der Unter- Scbädelhöhle; ä. Kleinhirnbrücke; e, Schädelknorpel; a- ^ • l. • ^ n .. , TT u n 1 \ 1 Tj- flache zeigt sich eine 7, hintere Hirnspalte ; ) eine einfache Spalte darstellt, welche auf der Rückenseite des Afters in einem verlängerten Wärzchen (r) verläuft. Dieses, von 458 Wirbelthiere. einigen Autoren sehr unzweckraässiger Weise, da es bei beiden Ge- schlechtern entwickelt ist, „Penis" genannte Wärzchen ist von den Lippen der Afterspalte (q^) eingeschlossen, die zwei, auf Durchschnitten hörnerartig sich darstellende Falten (q-) bildet und dann auf der Mittellinie des Bauches als eine zunehmend seichter werdende Furche bis zum Anfange der unteren Flosse verläuft. In dieser Gegend (i>) ist das Filzgewebe des Pfropfens gänzlich geschwunden. Die Lippen der Afterspalte sind mit einer an einzelligen Drüsen sehr reichen Epi- dermis ausgekleidet. Wir machen hier noch einmal auf die Bedeutung der Urogenital- muskeln aufmerksam. Ihre Fasern sind auf allen unseren Schnitten zwischen den beiden Membranen, die ihnen zur Anheftung dienen, wellig zusammengebogen. Wir können sie in keiner Weise als den Muskeln der Bauchflosse, des hinteren Gliedmaassenrudimeutes der Fische homolog ansehen. Sie dienen ohne Zweifel zur Erweiterung und Verengerung der in dem Afterpfropfen verlaufenden Canäle und der grosse Lymphraum, der sie umgiebt, gestattet ihnen ein weites Spiel. Kreislauf. — Die Untersuchung dieses Systemes bietet weit mehr Schwierigkeiten, als bei den meisten anderen Wirbelthieren. Das Blut, welches zahlreiche, runde und abgeplattete Körperchen führt, gerinnt ausserordentlich leicht und verstopft die Gefässe. Wenn man den Schwanz einer Lamprete und damit die doch ziemlich geräumigen Hauptgefässe , Aorta und Hohlvene, durchschneidet, in die man eine ziemlich weite Canüle einführen kann , so treten kaum einige Tropfen Blut aus. Die Injectionsmasse dringt wegen der Verstopfung durch die Blutgerinnsel nicht ein. Dasselbe geschieht, wenn man durch das Herz oder den Bulbus injiciren will. In den meisten Fällen muss man demnach die Gefässe aus in den normalen Richtungen gelegten Schnitten reconstruiren. Das Herz (Fig. 191) ist eng von dem knorpeligen Herzbeutel umschlossen, der nur Oeffnungen für die Gefässe besitzt und die Ge- stalt eines Sackes mit nach hinten gerichteter stumpfer Spitze hat. Die Durchmesser nach den drei Normalrichtungen sind fast gleich und der Herzbeutel wird so vollständig ausgefüllt, dass die Grenzen der drei Haupttheile des Herzens, Vorkammer, Herzkammer und Arterien- bulbus, ohne weitere Präparation nur undeutlich wahrzunehmen sind. Die das Blut aus dem Körper zum Herzen führenden Venen ver- einigen sich in einem gemeinsamen Venensinus (ö,Fig. 192), der sich so zwischen Vorkammer und Kammer einschiebt, dass er nur dann sicht- bar wird, wenn man nach Wegnahme des Herzbeutels die Kammer auf- hebt oder noch besser sie bis zum Ursprünge des Bulbus abträgt. Bei Weingeistexemplaren sieht man den Sinus in Gestalt einer sichel- förmigen Haut, da er stets blutleer und seine sehr dünnen Wände Cyclostomen. 459 an einander gepresst sind. Es erhält durch zwei grosse Cuvier'sche Gänge rechts die Cardinal- und Jugularvene dieser Seite, links ebenfalls zwei Stämme, von welchen aber der vordere von der un- paaren unteren Jugularvene und der hintere durch den Zu- sammenfluss der Jugular- und Cardiualvene gebildet wird. In letztere mündet kurz vor der Vereinigung die Lebervene. Der Sinus mündet durch eine dorsale Ceutralöffnung, die von zwei horizontalen, häutigen Klappen begrenzt wird, in die Vorkammer. Muskelfasern haben wir in diesen Klappen nicht sehen können. Die Vorkammer {g, Fig. 191) legt sich an die Innenwand des Herzbeutels in der Weise an, dass sie mit Ausnahme der Oberfläche rechterseits alle übrigen Flächen der Herzkammer bedeckt. Weder Ficr, 191. >— fe^ Petrom. ßin\ — Das Herz, dreifach vergrössert. A, im Profil von der rechten Seite; /?, von der Bauchseite, a, vom letzten Kiemensack eingenommener Raum ; a^, der letzte Kiemensack, angeschnitten ; J, unpaare Jugularvene ; c, mittlerer Knorpelstreit" des Kiemenkorbes; d, Herzbeutel; e, Arterienbulbus ; 6e, die Jugularvene h und die Kiemenarterie e einhüllende, stielartige Bindegewebsmasse ; he^, Fortsetzung derselben in den Raum zwischen der Vorkammer f und der Herzkammer g ; /^, Flügel der Vorkammer; //, Eintritt der Cardinal- und Hohlvene; i, Darm; h, Leber. bei ihr noch bei der Kammer kann von einer genau begrenzten Inuen- höhle die Rede sein ; beide Kammern sind von einem wirren Netze von Muskelbündeln durchzogen, welche auf Durchschnitten das Bild eines von zahlreichen, verzweigten Canälea durchsetzten Schwammes geben. Die Voi'kammer schlägt sich mit einem beträchtlicher ausgehöhlten Zipfel von der linken Seite her auf den dorsalen Theil der Kammer und durch diesen Zipfel geht das Blut in die Kammer ein. An der Anheftungsstelle findet sich die Atrioventricularklappe. Wir ge- stehen, dass wir an dieser Klappe keine Abtheilung in begrenzte 460 Wirbelthiere. Lappen liabeu wahrnehmen können ; die Oeffnung der häutigen Klappe zeigt vielfache Fransen, an welche sich, namentlich von der Herz- kammer her, zahlreiche feine Sehuenfäden der Miiskelbündel im Inneren anheften. Die Herzkammer {g, Fig. 191) hat die Gestalt einer dreiseitigen Pyramide mit abgerundeten Kanten, deren Basis nach vorn gewendet ist. Nur mit der rechten Seite liegt sie dem Herzbeutel an , alle übrigen Flächen werden, wie gesagt, von der Vorkammer umfasst. Ihre Masse ist noch fleischiger als diejenige der Vorkammer; die Muskefbündel gedrängter, die sie durchziehenden Canäle verwickelter. Doch bemerkt man, dass in der Nähe des tief in die Herzkammer ein- gelassenen Arterienbulbus die Muskelbündel sich in der Weise zu- sammenstellen, dass bedeutendere Längsräume entstehen, welche gegen die Basis des Bulbus convergiren. Man sieht diese Convergenz be- sonders deutlich, wenn man durch einen horizontalen oder sagittalen Schnitt die Kammer bis zur Wurzel des Bulbus abträgt. Der Arterienbulbus (e, Fig. 191; h, Fig. 192) tritt in der Nähe der vorderen ventralen Ecke der Kammer aus deren Basis hervor; seine fleischige Wurzel ist tief in die Kammer eingelassen. Er hat die Ge- stalt einer Tulpenzwiebel, deren hinterer Theil noch von dem Ventrikel umfasst wird. Er unterscheidet sich sofort durch die weissliche Farbe seiner dicken Wände, die aussen aus sehr dicht gefilzten Bindegewebs- fasern, innen aus gelblichen, gewellten, elastischen Fasern gebildet sind. An die fleischige Wurzel des Bulbus setzen sich von allen Seiten die Muskelbündel in oben beregter Weise an. Die Innenseite ist glatt, aber an der Basis und zwar an der Grenze gegen den fleischigen Theil finden sich zwei häutige Taschenventile , welche gegen die Wand an- gedrückt werden , wenn das Blut aus der Kammer ausgetrieben wird, sich aber gegen den Rückfluss stauen. Bei ihrer höchsten Ausdehnung lassen die freien Ränder dieser Klappen nur eine feine, verticale Spalte zwischen sich, wie man auf Querschnitten sehen kann. Das Herz der Lamprete ist demnach nur venös, eine in den vom Körper kommenden Blutstrom eingesetzte Muskelpumpe, welche nur ein einziges Ausgangsrohr, die Kiemenarterie, als Fortsetzung des Bulbus, besitzt. Kiemenkreislauf. — Die Ki em en arteri e (r, Fig. 163; /, Fig. 189; l, Fig. 192), die nur eine Fortsetzung des Bulbus mit ver- dünnten Wandungen ist, läuft in der Mittellinie des Kiemenkorbes nach vorn , zwischen dem dorsal liegendön Wassergange und dem Zungen- stempel. In der Nähe des vierten inneren Wasserloches gabelt sich der einfache Stamm in zwei Aeste , die an den oberen Seitenrändern des Zungeustempels, allmählich von einander weichend, bis zu der Höhe des ersten Wasserloches sich verfolgen lassen. An diesem Punkte an- gelangt, endigen die beiden , durch Abgabe der Kiemenzweige stets Cyclostomen. 4ßl dünner gewordenen Aeste in der Scheidewand, welche den ersten Sack umgiebt, Ihre horizontale Fortsetzung wird durch ein dünnes Faser- bündel angedeutet, welches sich an die Schädelbasis ansetzt, aber keine innere Höhlung besitzt. Der gemeinsame Stamm giebt im iSiiveau eines jeden der drei letzten Kiemensäcke je ein Paar Kiemen zweige ab, welche sich zu den Scheidewänden dieser Säcke begeben. Auf einem genau die Mittelebene einhaltenden Sagittalschnitte (Fig. 163) sieht man die Oeffnungen dieser Zweige. Die Gabeläste liefern nur je einen Zweig an die Säcke ihrer Seite ; die erste dieser Arterien entspringt hart an der Gabelung und begiebt sich zur hinteren Hälfte der Scheidewand des vierten Sackes. Alle diese Zweige, mögen sie nun von dem gemeinsamen Stamme oder den Gabelästen entspringen, verhalten sich genau in derselben Weise. An den Scheidewänden imterhalb der Wasserlöcher angelangt, laufen sie zu den unteren Rändern der Kiemenblätter, geben einen kleinen Zweig in die oben (S. 452) beschriebene Falte zu den letzten Blättern ab und setzen ihren Lauf als einfaches Gefäss längs jedes Blattes fort, umgeben von einem schwammigen Gewebe mit Pigment- körnern. Aus diesem Schwammgewebe entsteht für jede Falte eine kleine Arterie, die längs der Basis der Falte verläuft und sich in die Höhlungen der Secundärfältchen öffnet, welche durch häutige Brücken Räume bilden, die gerade weit genug sind, um ein Blutkörperchen durch zu lassen. Das schwammige Höhlengewebe der Scheidewand ist also zwischen die zuführenden Arterien des Sackes und das Capillar- system der Kiemenfalten eingeschaltet, so dass diese mit ihren An- heftungen gewissermaasseu im Blute schwimmen. Aus dem Capillarsysteme der Kiemenfalten sammeln sich kurze Gefässzweige, welche fast unmittelbar in die Venen der Kiemen falten münden , die , auf den freien Rändern der Falten stets geräumiger werdend, von aussen nach innen laufen. Diese Venen sammeln sich in gemeinsame Stämme, welche in der Scheidewand der Säcke verlaufen und so die Venen von je zwei benachbarten Säcken in sich aufnehmen. Die so hergestellten Kieme nvenen münden fast unmittelbar in die ventrale Wand der unter der Chorda verlaufenden Aorta. Die vorderste Kiemenvene, welche nur von der vorderen Scheide- wand des ersten Kiemensackes Blut aufnimmt, commuuicirt direct mit der Carotis ihrer Seite ; bei den erwachsenen Lampreten bleibt nur diese Communication von mehreren, aus den nächsten Kiemensäcken kommenden Venen über, die nach und nach schwinden. Man findet unter den senkrechten Querschnitten, die zwischen zwei Kiemensäcke fallen, häufig welche, auf denen sowohl die aus der Kiemenarterie entstehenden Zweige als die zur Aorta laufenden Venen getroffen sind. Beide Gefässe umfassen seitlich ein Mittelfeld , in 462 Wirbelthiere. welchem oben der Oesophagus , unten der Wassergang ihre Durch- schnitte zeigen. Das nach oben in die Aorta mündende Gabelgefäss, das zahlreiche Knopflöcher zeigt, welche in die Venen der Kienien- falten führen , liegt unmittelbar dem Rande des Mittelfeldes an ; das aus der Kiemenarterie entstehende Gefäss umfasst das Mittelfeld gabel- förmig von unten her und liegt nach aussen von dem anderen, zwischen ihm und den Kiemenbehältern. Es bildet einen weiten Sinus mit sehr feinen Wänden, während die Wände des Aortengefässes dick und fest sind. Arterieller Kreislauf. — Wie schon gesagt, setzt sich die Aorta aus allen Kiemenvenen zusammen, die so nahe an der Mittellinie in sie einmünden, dass durch diese Mündungen gelegte Schnitte etwa das Bild einer Wäschgabel haben. Von dem hinteren Ende der Occipitalplatte des Schädels bis zum Schwanzende zieht sich die Aorta als eine gerade, unmittelbar unter der Chorda gelegene, von einer dicken Scheide umgebene Röhre fort. Wenn wir topographisch eine vom Herzen bis zum Schädel sich erstreckende Kopfaorta und eine im Körper hinter dem Kiemenkorbe verlaufende Rückenaorta unterscheiden können, so müssen wir doch zugestehen, dass wir in diesem gleichförmigen Rohre nicht mit Sicher- heit den Punkt anzugeben vermögen , von welchem aus der nach vorn gerichtete Strom sich von dem nach hinten gehenden scheidet. Wahr- scheinlich befindet sich dieser Punkt weit nach vorn im vorderen Drittel des Kiemenkorbes , da der Kopftheil weit geringer ist als der übrige Körper, der mehr Blut beansprucht. Wie dem auch sei, so liefert die Aorta auf ihrem ganzen Verlaufe von ihrer vorderen Gabelung bis zum Schwanzende jederseits dünne Zweige, welche in den Myocoramen um die Chorda und das Nerven- rohr herum aufsteigen, dem Rückenmarke und dem Füllgewebe des Rückencanales dünne Aestchen zuschicken und schliesslich in den Muskeln und der Haut sich verzweigen. Der arterielle Körperkreis- lauf ist demnach wesentlich metamerisch. Der Kopfkreislauf ist nicht so einfach. Dem Vorderende der ersten Kieme und dem Drittel der Ohrkapsel entsprechend , theilt sich die der Ventralfläche des Skelettes fest anliegende Aorta (a, Fig. 192) in zwei Aeste, welche zwischen dem spitzen Ende der Chorda und den äusseren Ecken des Nasengaumenganges verlaufen und an dem Chordaende durch einen Quercanal (d) sich so verbinden, dass hier ein vollständiger Ring geschlossen wird. Am Gabelungspunkte treten die vordersten Kiemen venen ein; aus dem Ca rotiden ringe selbst ent- springen jederseits drei Gefässe. Am weitesten nach hinten, nahe der Gabelung , tritt ein starker Ast (c) aus , welcher sich nach unten be- giebt und in dem Zungenstempel und dessen Umgebungen verzweigt. Fiff. 192. Cyclostomen. 463 Wir neunen diesen Ast die ventrale Carotis. Mehr nach vorn ent- springt von dem seitlichen Bogen zuerst die äussere Carotis (/) und weiter nach vorn die innere Ca- rotis (e) jederseits. Die innere Carotis verfolgt ihren Weg zwischen der Chordaspitze und der Basilar- platte des Schädels, dringt an deren Vorderende in die Schädellücke und die Schädelhöhle ein, sendet einen unbedeutenden Zweig in die Ohr- kapsel und theilt sich dann in zwei Aeste, einen für das Auge und einen für das Gehirn und seine Umge- bungen. An der vorderen Ecke der Ohrkapsel nähert sich die äussere Petrom. fluv. — Etwas vergrösserte, sche- matisirte Figur zur Veranschaulichung des Kreislaufes. Das Thier ist von der Bauch- seite her etwas in Dreiviertelstellung ge- sehen, so dass man zu gleicher Zeit die etwas nach rechts gezogenen , unpaaren, oberflächlichen Gefässe , unpaare Jugularis und Kiemenarterie, als die medianen , dor- salen Gefässe, Aorta und Hohlvenen, in der Tiefe sieht. Mehrere Organe, wie z. B. Zungenstempel,Wassergang, Oesophagus etc., sind weggenommen; andere, wie Auge, Ohr, Kiemensäcke, Herz, Leber, Darm, nur mit Umrissen bezeichnet , wie wenn sie durchsichtig wären. Am dritten und vier- ten Kiemensacke hat man die Aorten- wurzeln, am fünften und sechsten die Ver- zweigungen der Kiemenarterie angedeutet. Das Aortensystem ist roth , das Venen- s3-stem quer schraftirt ; das System der Kiemenarterie und der Pfortader nur mit Conturen angegeben. A, Auge ; 0, Ohr ; />, Darm ; F., Leber. 1 bis 7 , die sieben Kiemensäcke; 1^ bis 6^, die ihnen ent- sprechenden Kiemenlöcher in der zurück- geschlagenen Haut, a, Kopfaorta; «1, Rückenaorta; b, Kiemenwurzeln der Aorta; c, ventrale Carotis , durchschnitten ; (Z, Carotidenring ; e, innere Carotis ; /, äussere Carotis ; g, Eingeweidearterie ; h, Vorkammer ; i, Herzkammer ; k, Arterienbulbus ; /, Stamm der Kiemenarterie ; m, rechter Ast der Kiemenarterie ; w}^ linker Ast ; m, Kiemenäste der Arterie ; o, gemeinschaftlicher Venensinus ; p, unpaare Jugular- vene ; p'-, rechter Gabelast derselben ; p^, abgeschnittener linker Gabelast ; q, linke Cardinalvene ; q^, rechte Cardinalvene, deren weiteren Verlauf, sowie alle Veräste- lungen der Vene man der Deutlichkeit wegen bei Seite gelassen hat ; r, linke Hohlvene; r'^, rechte Hohlvene; s, Lebervene; t, Pfortader. 464 VVirbelthiere. Carotis (/) derart der inneren , dass beide Gelasse nur durch eine dünne Scheidewand getrennt scheinen; aber die äussere Carotis dringt nicht in die Schädelhöhle ein, sondern theilt sich am hinteren Augen- winkel in mehrere Aeste, von welchen zwei, einer oben, einer unten, sich um das Auge herumbiegen, um in die oberen und seitlichen Theile des Saugmundes auszustrahlen , während zwei andere sich nach unten wenden, um die auf der ventralen Seite des Saugmuudes gelegenen Theile und den Anfang des Zungenstempels zu versorgen. Der Bauchabschnitt der Aorta (a^) versorgt die Eingeweide. Auf der Rückenseite des Herzens, im Niveau des gemeinsamen Venen- sinus entspringt aus der Aorta ein dicker Stamm, die Eingeweide- arterie (g), welche fast unmittelbar in den von dem Darme ein- genommenen Leberfalz eintritt und sich bald in zwei Aeste theilt, von welchen der eine, die Leberarterie, sich in der Leber verzweigt, während der andere, die Darmarterie, in die Spiralfalte des Darmes eintritt. Auf allen Durchschnitten dieser Gegend (Fig. 187) sieht man das Lumen dieser Arterie, welche dem Darme in seiner ganzen Er- streckung folgt und im hinteren Drittel desselben einige Zweige ab- giebt, die sich zur Nierenleiste begeben und so das hier fehlende Auf- hängeband des Peritoneums ersetzen (3, Fig. 162). Die Arterien der Geschlechts- und Harnorgane entstehen stellen- weise aus der Aorta, entsprechen aber nicht den Myocommen und treten unmittelbar in die Peritonealfalten ein, an welchen diese Organe hängen. Venöser Kreislauf. — Man kann sagen, dass die Venen im Allgemeinen die Arterien auf ihrem Verlaufe begleiten. So findet man überall metamerische Venen in Begleitung der Körjaerarterien und im Kopfe ventrale, äussere und innere Jugularen in Begleitung der gleichnamigen Carotiden und deren Verzweigungen. Aber in der Hinterhauptsgegend stellen sich Unterschiede ein. Wir haben in der That nicht einen dem Carotidenring ähnlichen Jugularring constatiren können; der verbindende Quergang fehlt und alle erwähnten Kopf- veneu sammeln sich jederseits in den Car di n al venen (y;,(/^, Fig. 192), welche zu beiden Seiten unmittelbar an der Aorta liegen und diese bis zum Herzen begleiten. Wie alle übrigen Venen, haben auch diese Hauptstämme sehr feine Wandungen; sie erhalten unzählige Zweiglein aus der Umgebung. Schneidet man eine solche Vene auf, so erscheint ihre Innenwand kleinmaschig gestrickt von den Oeffnungeu dieser Zweige. Jede Cardinalvene begiebt sich in der angegebenen Weise zu der Vorderecke des gemeinsamen Venensinus am Herzen ; aber die Einmündung hat eine solche Richtung, dass sie sich unmittelbar in die beiden Bauchhohlvenen (r, r^) fortzusetzen scheinen, welche sich zu beiden Seiten der Aorta bis zur Aftergegeud erhalten. Hier, Cyclostomen. 465 über dem After, vereinigen sich die seitlichen Stämme in einen ein- zigen Mittelstamm, die Schwanzhohlvene (7j, Fig. 188), welche unmittelbar unter der Aorta verläuft, die metamerischen Zweige aus Muskeln und Haut aufnimmt und von einer stärkeren , dem mittleren Stützsysteme angehörenden Scheide umgeben ist. Ausser diesen, das allgemeine Körpersystem darstellenden Car- dinal- und Hohlvenen finden sich noch drei andere, mehr oder minder unabhängige Venenstämme. Der erste ist die unpaare Jugularis Q;). Sie entsteht in der Hinterhauptsgegend aus zwei symmetrischen Stämmen , von welchen wir nur den linken (p^) abgebildet, den rechten (p^) aber nahe an seinem Abgange abgeschnitten haben. Beide Aeste verlaufen an den Seiten des Zungenstempels und erhalten von diesem Zweige , sowie einen Ernährungsast von jedem Kiemensacke, den sie kreuzen. Im Niveau des fünften Sackes , etwas hinter der Gabelung der Kiemen- arterie, fliessen die beiden Aeste in einen gemeinschaftlichen Stamm (jj) zusammen, der enge an der Innenfläche des medianen Knorpelstabes des Kiemenkorbes anliegt und mit dem Stamme der Kiemenarterie von einem dichten Fasergewebe eingehüllt wird (bc, Fig. 191 JB). So ge- langt die Vene zur vorderen Herzfläche, wo sie sich nach hinten schlägt, um direct, aber in enger Nähe der linken Cardinalvene , in den gemeinschaftlichen Venensinus einzumünden. Die Lebervene (s) entsteht aus kleinen Zweigen des Leber- gewebes und bildet einen Stamm, der sich zwar in die linke Hohlvene ergiesst, aber der Mündung derselben in den gemeinschaftlichen Sinus so nahe steht, dass die Lebervene direct in den Sinus zu münden scheint. Wir haben auf unserer Zeichnung die Pfortader (t) nur durch einige durchaus schematische Striche augedeutet. Thatsächlich ist diese Vene mit der Darmarterie vollständig in der Spiralfalte des Darmes eingeschlossen, der sie auf ihrer ganzen Länge folgt, um feinere Darmvenen aufzunehmen. In dem Falze der Leber, worin der vordere Darmabschnitt steckt, giebt dann die Pfortader bis zu ihrer Auflösung Zweige ab, die sich in der Lebersubstanz verästeln und sich dort ganz wie Arterien verhalten, aus deren Capillarnetz die Leber- vene hervorgeht. Dies ist übrigens das gewöhnliche Verhalten der Pfortader bei allen Wirbelthieren. Ein dem Pfortadersysteme ähnliches Nierenvenensystem, wie man es häufig ausgebildet findet, existirt nicht; die Nieren verhalten sich zum Kreislauf in der Weise aller übrigen Organe. Ohne Zweifel existirt ein Lymphsystem. Man findet in der oberen und vorderen Hälfte des Saugmundes, um den Zungenstempel herum, auf der Rückenseite der Kiemen und der Nierenleisten, sowie um die Urogenitalmuskeln herum weite uod fast in allen Organen Vogt u. Tuug, prakt. vergl. Anatomie. II. oq 466 Wirbelthiere. engere Lückenräume, die mit einer hellen Flüssigkeit gefüllt sind, in welcher Protoplasmakörperchen schwimmen. In diesen undeutlich be- grenzten Lückenräumen sieht man auch häufig Blutkörperchen, welche einen Zusammenhang mit den Blutgefässen beweisen. Wo und wie aber diese Communicationen hergestellt sind , können wir so wenig als unsere Vorgänger sagen — es bedarf noch weiterer Untersuchungen über diese Verhältnisse. Wenn auch die Myxinoiden in vieler Beziehung den Petromyzouten ähn- licli sehen , so zeigen sich doch zahh-eiche Unterschiede , von welchen wir die wesentlichsten hier erwähnen wollen. In dem ähnlich gebildeten Tegumente findet sich jederseits eine Reihe ziemlich grosser, sogenannter Schleimsäcke, die mit Körperchen gefüllt sind, welche einige Aehnlichkeit mit Nesselkörperchen zu haben scheinen. — Die in der skelettbildenden Schicht der Chordascheide bei den Lampreten ent- wickelten Knorpelstückchen fehlen vollständig. — Der Schädel ist grössten- theils häutig , nur die Hinterhaupts- und Gesichtsplatte , die Schädelbalken und Gehörkapseln sind verknorpelt und im Ganzen gleicht er dem Schädel des Querders oder der Kaulquappen in früheren Embryoualstadien. — Die Mundknorpel lassen sich nicht auf diejenigen der Lampreten reducireu. Die Hornzähne haben einen inneren Dentinkern. — Das Geliirn ist sehr breit, das innere Höhlensystem sehr beschränkt und der Sinus des Vorder- hirns fehlt gänzlich. Das Cerebellum ist weit entwickelter als bei den Lampreten ; als dreieckiges , durch eine Längsfurche mitten getrenntes Ge- bilde bedeckt es fast gänzlich die Rautengrube. Die Seitenlappen des Mittelhirns, in welchen die Wurzeln des Trigeminus liegen, springen als kegelförmige Hügel vor. Das Mittelhirn selbst ist , wie die Hypophysis , be- deutend reducirt, das Vorderhirn sehr breit und innen dicht. — Das Riech- organ zeigt zwei Eigenthümlichkeiten : die bis zur Schnauzenspitze verlän- gerte Eingangsröhre ist von zierlichen Knorpelringen gestützt, die sich als Netzwerk über den Nasensack fortsetzen. Der sehr breite Nasengaumengang öffnet sich vor dem vorderen Ende der Chorda in die Gaumenhöhle. — Das Auge ist verkümmert, liegt tief unter den Muskelschichten vei'borgen, besitzt keine Eigenmuskeln, weder L'is noch Krj'stalllinse und besteht nur aus einem von gefässreicher Bindegewebskapsel umgebenen Glaskörper. — Die Ohrkapsel ist ringförmig; das häutige Labyrinth besteht ebenfalls aus einem unteren, weiteren Ringe, dem Vestibulum , über welchem ein einziger halbkreisförmiger Canal liegt, der mit zwei, Nerveuleisten enthaltenden Am- pullen in das Vestibulum mündet. Der Endolymphcanal ist kaum ausgebildet. Der Hörnerv verzweigt sich in den beiden Ampullenleisten und in einer Hör- platte des Vorhofes. — Im Darme fehlt die Spiralfalte. — Die wenig mäch- tige Leber besitzt eine Gallenblase, in deren Ausführungsgang die von den beiden Leberlappen herkommenden Gallengänge seitlich münden. — Der Kiemenapparat gleicht am meisten demjenigen des Querders. Ein Wasser- gang fehlt, die an Zahl schwankenden Kiemensäcke (sechs bei Myxine, sieben beiderseits oder sechs einerseits , sieben anderseits bei Bdellostoma) münden direct in den Oesophagus. Die Anordnung der äusseren Kiemeuöffnungen ist verschieden ; bei Bdellostoma findet sich ein äusseres Loch für jeden Kiemen- sack, wie beim Querder; bei Myxine (Fig. 193) ziehen sich die Ausgänge zu Röhren aus, welche von vorn nach hinten an Länge abnehmen und in einen Sammelcanal münden, der schliesslich in einer gemeinsamen, medianen Oeff- nung hinter dem Herzen nach aussen führt. Zu dieser gemeinsamen Oeffuung Cyclostomen. 4G7 führt bei den Myxinen odei* zu dem letzten Kiemenloche bei den Bdellostomen noch ein besonderer , vom Oesophagus kommender Canal , der Schlundhaut- gang Müller' s, an dem keine Athemorgane entwickelt sind, der aber wohl das Rudiment eines zu Grunde gegangenen Kiemensackes sein könnte. — Die Nieren sind in äusserst primitiver Weise gebildet (Fig. 194). Ein ge- meinsamer Sammelcanal [a) läuft der Länge der Bauchhöhle nach zu beiden Seiten der Chorda und endet nach hinten in einer Afterpapille. In diesen seitlichen Sammelcanal münden von Zeit zu Zeit kurze Quercanäle (&), deren Ende eine bläschenartige Ausweitung (c) zeigt. In jedem Bläschen steckt ein Malphighi'sches Körperchen, ein kugelförmiges Wundernetz, dessen zu- führendes Gefäss (d) aus der Aorta entspi'ingt, während die ausführende Arterie (e) sich auf den Canälen verzweigt. Venen scheinen an diesem Fig. 193. Fig. 194. Fig. 193. — Myxine glutinosa. — Die Haut um den Kiemenkorb ist nach beiden Seiten zurückgeschlagen , um das Herz , die Kiemenarterie , den Kiemenapparat und den Oesophagus zu zeigen, o, Oesophagus; i, innere Kiemeugänge; h r, Kiemensäcke; hr', Spiraculargänge, die sich jederseits zu einem Sammelcanal vereinigen, der durch die mediane OefFnung s nach aussen mündet ; c, Schlundhautcanal ; o, Torkammer ; V, Herzlcammer; ah, Kiemenarterie, jedem Sack einen Ast zusendend: d, nach aussen zurückgeschlagenes Tegument. (Aus Gegenbau r nach J. Müller.) Fig. 194. — Bdellosfoma Iieptairema. — • Theil der Niere. A, in natürlicher Grijsse ; B, vergrösserter Abschnitt von ^. a, Sammelcanal; b, Canal des Glomerulus ; c, Gbj- merulus; d, zufühi-ende Arterie; e, abführende Arterie. (Aus Gegenbaur nach J. Müller.) 30* 468 Wirbelthiere. Apparat nicht vorhanden, der, wie leicht zu ersehen, manche Aehnlichkeiten mit den Segmentalorganen gewisser Würmer bietet. — Die Geschlechtsorgane sind unsymmetrisch und nur auf der rechten Seite entwickelt, wo sich längs der Linie, worin sich das Mesenterium an den Darm heftet, eine Seitenfalte desselben abhebt, welche an dem Darme seiner ganzen Länge nach sich hin- zieht. An dem ventralen, freien Eande dieses Mesorchiums oder Mesoariums entwickeln sich die Geschlechtsproducte. Im jugendlichen Alter sind die Organe vollkommen identisch; man findet darin runde Zellen oder Kapseln, die sich aber bald differenziren. Diese von einem Follikelepithelium aus- gekleideten Kapseln füllen sich bei den Männchen mit Zellen, innerhalb welcher die Zoospermen sich ausbilden. Wir verweisen hinsichtlich der Aus- bildung der Spermazelleu und deren Inhaltes auf die Arbeit von Nansen (s. Literatvir). Während dieser Ausbildung verdickt sich der freie Rand des Organes, wii-ft Falten und erhält eine weisse Farbe. Die Producte sind stets in dem hinteren Theile, gegen den After zu, weit ausgebildeter als in dem vorderen Theile, wo der Rand des Organes stets weniger gefaltet, weniger weiss ist und die Samenzellen noch im primitiven Zustande sich befinden. Individuen mit solcher Ausbildung der Hoden, welche Nansen „wahre Männchen" nennt, sind ausserordentlich selten, können aber zuweilen die gewöhn- liche Länge derMyxinen (32cm) erreichen; meist bleiben sie kleiner. In den meisten Fällen aber entwickeln sich Zoosijermen nur in dem hinteren Drittel des Organes, während in den zwei vorderen Dritteln sich Eier ausbilden. Man findet nun „hermaxihroditische Männchen", wo das hintere Drittel des Organes in seinem vorstehenden , weissen mid gefalteten Rande reife Zoo- spermen enthält, während die zwei vorderen Drittel, deren Rand mehr zurück- steht, gerade und ungefärbt ist, in der Entwicklung begriffene Eier zeigen. In dem Maasse, als diese Eier sich ausbilden und die sie tragende Peri- tonealfalte breiter wird, verödet das hintere Hodendrittel, die Samenzellen verschwinden und schliesslich zeigt sich nur eine schmale Falte des Mesor- chiums als Rest. Solche Individuen nennt Nansen „wahre Weibchen". Wir hätten also hier bei den Myxinen allein eine unter den Wirbelthieren aus- nahmsweise vorkommende Erscheinung , die häufig bei wirbellosen Zwittern sich zeigt, wo der Hoden vor dem Eierstocke in Wirksamkeit tritt und bei der Ausbildung des letzteren verödet. Die Eier entwickeln sich nach Cunningham (s. Literatur) ebenfalls am freien Rande des Mesoariums. Sie sind anfangs rund , von einem Follikel umschlossen und besitzen eine „Dotterhaut" , die an dem einen Pole von einer Micropyle durchsetzt wird. Während ihres Wachsthumes verändert sich ihre Gestalt; sie werden sehr langoval (2 cm), ihre Dotterhaut verdickt sich bedeutend und bildet an beiden Polen eigenthümliche, ankerähnliche Fortsätze, mit welchen die Eier sich festhaken können. Im Inneren dieser, an breiten Falten des Mesoariums aufgehängten reifen Eier findet man einen voluminösen Nahrungsdotter mit einer an dem einen Pole entwickelten Keimscheibe. Die Myxinoiden mit ihren grossen meroblastischen Eiei'n unterscheiden sich also in dieser Hin- sicht sehr von den Petromyzonten, welche kleine, holoblastische Eier bilden. Die Entwicklung des Embryos ist vollkommen unbekannt. Literatur. — H. Rathke, Bemerkungen über den Bau der Pricke , Danzig, 1826. — Ders., Bemerkungen über den inneren Bau des Querders, Halle, 1827. — Joh. Müller, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Abhandl. 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Das Hautskelett kann mit dem inneren Skelette enge Beziehungen eingehen, so dass, nament- lich an dem Kopfe und den Gliedmaassen, gemeinsame Deckknochen gebildet werden. — Mit Ausnahme einzelner Fälle zeigt das Tegu- ment der Fische weder Muskeln noch Drüsen, wie bei den übrigen Wirbelthieren, Die Oberhaut ist aus Zellen , die Lederhaut aus ein- fach gekreuzten Bindegewebsfasern gebildet; Pigmentbildungen sind häufig. — Die Organe des Lateralsinnes sind weit ausgebildeter als bei den Cyclostomen; sie sind meist durch Canäle mit einander in Verbindung gebracht und treten häufig in Beziehung zu dem Haut- skelette. — Das innere Skelett zeigt wichtige Modificationen. Man kann bei den erwachsenen Fischen Entwicklungsreihen der Wirbelkörper von Rudimenten in der Umgebung einer persistirenden Chorda durch biconcave Wirbel bis zu solchen verfolgen, die durch Gelenke, Gelenk- Fische. 471 köpfe und entsprechende Gelenkhöhlen zusammengefügt sind; ähnliche Stufen findet man in der Entwicklung der Apophysen, die anfänglich iso- lirt, später mit denWirbelkörpern verschmolzen sind. Ebenso verhält es sieh mit dem Schädel, dessen Complicationen von einem einfachen knox'- peligeu, theilweise sogar häutigen Primordialschädel bis zu einem voll- ständig kuöchei'nen Schädel , an welchem dem Hautskelett entstam- mende Knochen Theil nehmen, vielerlei Stufen darstellen. Es muss betont werden, dass diese Ausbildung des Skelettes durchaus nicht der Entwicklung der inneren Organe parallel geht, wie Selachier, Ganoiden und Dipnoer beweisen. — Das innere Skelett unterscheidet sich durch zwei Hauptzüge von demjenigen der Cj'clostomen : der erste besteht in der Ausbildung eines vollständigen Kieferapparates, der wenigstens aus zwei Bogen, dem Oberkiefer und dem Unterkiefer, besteht, die sich in allen Fällen von oben nach unten öfihen und schliessen. Den Mundbogen folgen mehrere andere, die sich stets enger dem Visceral- systeme anschliessen, welches selten aus sieben, meist aber aus vier Kiemenbogen besteht. — Der zweite Punkt beruht in der Bildung paariger Gliedmaassen, der sogenannten Brust- und Bauchflosseu. Eines dieser Paare, meist das hintere, kann fehlen; es ist anzunehmen, dass es beim Embryo angelegt wurde, aber nicht zur Entwicklung kam. — Das vordere Gliedmaassenpaar zeigt stets einen Schultergürtel, der es meist an das Hinterhaupt anheftet; das hintere Paar, welches bis zur Kehle vorrücken kann, ist meist nicht mit dem übrigen Skelett in Zusammenhang. Beide Flossenpaare können in eine unbestimmte Zahl von faserigen , knorpeligen oder knochigen Strahlen enden. Kach der Insertion der Strahlen unterscheidet man die Crossopte- rygier, wo die zweizeiligen Strahlen einer Längsaxe ansitzen, von den übrigen Fischen, bei welchen die Strahlen an einigen, von oben nach unten aneinander schliessenden Stücken sich anheften. — Die un- paaren Flossen entstehen aus einem einfachen Hautsaume, der ur- sprünglich den Körper vom Nacken bis zum After umgiebt und meist sich in mehrere Flossen theilt: Rücken-, Schwanz-, Afterflosse. Die Einsetzung der Schwanzflossenstrahlen in einer unteren Reihe oder in zwei Lappen hat heterocerke und homocerke Schwanzflossen unterscheiden lassen; es finden sich aber zahlreiche Uebergänge zwischen den extremen Bildungen. Alle diese unpaaren Flossen mit ihren bald stacheligen (Acanthopterygier), bald weichen und getheilten Strahlen (Malacopt erygier) nebst ihren Stützen, Apophysen undMus- keln gehören einzig und allein dem Haiitsysteme an und haben keine bestimmten Beziehungen zu dem Wirbelsysteme und dessen Meta- raerie. — Der grosse, durch Myocommen abgetheilte Seitenmuskel des Körpers bildet noch den grössten Theil der Muskelmasse; aber die Muskeln des Kauapparates und der Gliedmaassen sind, den Cyclostomen gegenüber, eine neue Erscheinung. — Das Rückenmark ist niemals 472 Wirbelthiere. so stark abgeplattet, wie bei den Cyclostomen ; in einzelnen Fällen ist es stark verkürzt und zeigt , dem Austritte bedeutender Nerven ent- sprechend, knotige Verdickungen. — Die Formen des Gehirnes sind bei den verschiedenen Ordnungen der Fische so verschieden, dass sich kein allgemeiner Typus aufstellen lässt. Mau kann zwar in den meisten Fällen die von den Cyclostomen her bekannten Theile in ihrer hori- zontalen Reihenfolge unterscheiden, aber die relative Entwicklung dieser Theile bietet zu grosse Verschiedenheit, um auf einen gemein- samen Typus zurückgeführt werden zu können. Von dem Gehirn der Cyclostomen unterscheidet sich indessen dasjenige der Fische durch ein fast immer sehr entwickeltes Kleinhirn und durch die Rückbildung der Epiphyse, die niemals einem unpaaren Auge ähnlich wird. — Die fehlende Symmetrie zwischen den Wurzeln der Spinalnerven, die noch bei einigen Ordnungen vorhanden, stellt sich nach und nach her,- und bei den meisten Fischen verhalten sich diese Wurzeln in gewöhn- licher Weise. Aber in Folge der Ausbildung und Lagenveränderung der Gliedmaassen treffen wir hier zum ersten Male jene, Plexus ge- nannte Nervengeflechte, welche je nach der Wichtigkeit der bestim- menden Ursache sehr verschieden ausgebildet sind. — Die Hirn- nerven finden sich in derselben Zahl, wie bei den Cyclostomen, scheinen aber meist unabhängiger von einander zu sein. Die Seh- nerven tauschen sich vollständig von einer Seite zur anderen aus; zu- weilen durchbohrt einer den anderen. Der Seitennerv, der als deut- licher Ast des Vagus auftritt, verläuft meist unmittelbar unter der Haut. Das sympathische Nervensystem ist durch einen Längs- stamm mit einander und durch deutliche Zweige mit den Hirnnerven verbunden. — Das stets doppelte Riechorgan liegt meist auf der Rückenfläche des Vorderkopfes; bei einigen Ordnungen finden sich die äusseren Oeffnungen auf der Bauchfläche ; einzig bei den Dipnoern finden sich ein äusseres Nasenskelett und Mündungen in den Vorder- theil der Mundhöhle. Bei allen aber ist der Nasensack nach hinten geschlossen ; nirgends findet sich eine Spur des Nasengaumenganges der Cyclostomen. ■ — Mit Ausnahme der Dipnoer, deren Auge in mancher Beziehung sich demjenigen der Neunaugen nähert, finden wir in dem Auge der Fische wesentliche Fortschritte hergestellt durch Aus- bildung des Sichelfortsatzes der Choroidea, einer deutlich differenzirten Coi-nea und Sclerotica, sowie eines, Choroidealdrüse genannten, Wunder- netzes. Hier und da sehen wir auch Anlagen von Augenlidern, besonders des dritten Lides , der Nickhaut. — Das Ohr ist weit mehr diffe- renzirt; im oberen Theile des Labyrinthes sehen wir den Utriculus und drei halbkreisförmige Canäle, im unteren die erste Anlage einer La- gena und einen Sack mit meist sehr grossem und festem Otolithe. Wir erwähnen unter den unzähligen Variationen des Ver- dauungsapparates nur diejenigen, welche am meisten im Gegen- Fische. 473 satze zu den Cyclostomen auffallen. Wir finden hier zum ersten Male wahre Zähne von sehr verschiedener Gestalt, welche allen, an der Mundhöhle Theil nehmenden festen Gebilden aufsitzen können und die sogar, wie oben bemerkt, an der Bildung gewisser Hautknochen wesentlichen Antheil nehmen können. — Die Zunge bildet niemals einen Stempel; sie ist meist nicht ausgebildet. — Thymus und Thy- roidea sind in der Regel bei den Erwachsenen rudimentär; die Ab- theiluugen in Vorder-, Mittel- und Hinterdarm bald verwischt, bald deutlich angezeigt. — Eine in der Spiralfalte des Darmes bei den Cyclostomen vorgebildete Spiralklappe findet sich oft hoch entwickelt bei Selachiern , Ganoiden und Dipnoern. In vielen Fällen werden so- genannte pylorische Anhänge als Ausstülpungen des Darmes ge- bildet. — Die Leber hat stets einen Ausführungsgang; eine Milz findet sich immer, in den meisten Fällen auch ein Pankreas. — Der Athemapparat wird stets aus einer variablen Zahl von Kiemen gebildet, die während des ganzen Lebens in Function bleiben und auf meist von einander unabhängigen Kieraenbogen aufgesetzt sind. Bei den Selachiern finden sich durch getrennte Oeffuuugen nach aussen mündende Kiemensäcke; bei allen anderen sind die Kiemenspalten durch einen Kiemendeckelapparat geschützt. Zu diesen Kiemen gesellen sich noch häufig rudimentäre Bildungen, Spritzlöcher, Pseudobranchieu, Opercularkiemen und selbst äussere Hautkiemen (Protopterus). — Ein neu auftretendes Organ ist die Schwimmblase, anfänglich durch einen Canal mit dem Darme in Verbindung (Physostomen), der sich aber häufig beim erwachsenen Thiere schliesst (Physoclisten). Dieses ursprünglich hydrostatische Organ kann mit dem Gehörorgane in Ver- bindung treten und wird bei den Dipnoern eine wahre Lunge. — Die Harnorgane werden von der Urniere gebildet, die meist unab- hängig bleibt, deren ausführende Canäle aber bei einigen Ordnungen mit denjenigen der Genitalorgane in Verbindung treten. Meist öffnen sich diese Canäle isolirt auf der Rückenseite des Darmes hinter dem After nach aussen. — Die Geschlechtsorgane sind ursprünglich stets paarig, können aber verschmelzen ; in einigen Fällen fehlen die Ausführungsgänge und werden durch Peritouealcanäle ersetzt. — Meist pflanzen sich die Fische durch Eier fort, aber in mehreren Ord- nungen finden sich lebendig gebärende Arten. Zuweilen finden sich Begattungswerkzeuge oder besondere Bildungen zur Ablage und Be- brütung der Eier. — Der Kreislauf gleicht im Ganzen demjenigen der Cyclostomen; das Herz ist in den venösen Strom eingeschaltet und die gesammte, vom Körper kommende ßlutmasse wird von demselben durch die Kiemen getrieben. Der Arterienbulbus zeigt verschiedene Bildungen, die zur Classification benu^tzt worden sind. • Bei den einen ist er musculös und zeigt mehrere Klappen im Inneren; bei den anderen ist er faserig und besitzt nur zwei Klappen. Eine dem Pfortaderkreis- 474 Wirbelthiere. lauf in der Leber ähnliche Bildung zeigt sich in den Nieren. Die Dipnoer zeigen eine Ausnahme von dem allgemeinen Schema des Kreis- laufes; in Folge der Ausbildung der Lungenathmung beginnt sich das Herz in eine venöse und arterielle Hälfte zu theilen. Mit den meisten heutigen Zoologen nehmen wir folgende grosse Unterabtheilungen der Classe an: 1. Knochenfische (2Weosfe'). Fische mit knöchernem Skelett, amphlcölen Wirbeln, endständigem Maule und einem vollständigen, mit Kiemenstrahlen und meist auch einer Opercularkieme versehenen Kiemeudeckelapparat, mit verschiedenartig entwickelten Hautschuppen und zwei Taschenventilen am Arterienbulbus. Weder eine Spiralklappe im Darm, noch Spritzlöcher, aber fast immer eine Schwimmblase vor- handen. Mehrere Ordnungen : Lophobranchier mit Büschelkiemen, Hautplatten und zuhiilos (Hii^pocamjms, Syngnathns) ; Plectognathen {Balistes, Orthagoriscus) mit verwachsenen Zwischenkiefern und Kie- fern, Zahnplatten und eigenthümlicher Hautbedeckung; Physostomen mit wegsam bleibendem Canal der Schwimmblase, sämmtlich Mala- copterygier. Hier mehrere Unterordnungen : A p o d e n (ÄnguiJla, Gynmotus) , welchen die Bauchflossen fehlen; Pedaten mit Bauch- flossen {Clupea, Morinyrus, Esox, Salmo, Cyprinus, Silurus); Physo- clisten mit geschlossenem Luftgang und zwar (Ma.lacopt ery gi er) mit weichen Flossenstrahlen: Anacanthinen mit getrennten Schlund- knochen (Fierasfer , Gaclm, Pleuronecfes , Exocoetus); Acanthopte- rygier: Acanthopteren mit verwachsenen Schlundknochen (ial^rMS, Cliromis); eigentliche Aca nthopterygier mit getrennten Schlund- knochen (Perca^ Gasterosteus , Mullus, Spams, Trigia, Trachinus, Sciaena, Scomber, Blennius, Gohlus, BJiigil, Anabas, Loplüus). Diese Gruppe der Teleostier, die zahlreichste von allen, zeigt manche An- näherungen an die Ganoiden. 2. Holo ceph ale n. Knoi'pelskelett mit persistirender Chorda. Der mit einigen Zahnplatten bewaff'uete Oberkieferbogen ist mit dem Schädel verwachsen. Sie nähern sich den Teleostiern durch ihre nackte Haut, ihr endständiges Maul und den Besitz eines Kiemen- deckels und freier Kiemen , den Selachiern durch die Structur des Arterienbulbus, die Spiralklappe im Darm und die Begattungswerk- zeuge des Männchens {Chimaera, Callorltynclms). 3. Selachier. Bauchständiges Maul mit zahlreichen, nur auf den freien Kieferbogen aufsitzenden Zähnen. Hautbedeckung aus Zähnen gebildet. Der Kieferapparat ist frei an dem knorpeligen Schädel auf- gehäugt. Nicht verknöcherte amphicöle Wirbel. Fünf, selten sechs oder sieben offene Kiemenlöcber jederseits am Halse, welche in getrennte Kiementaschen -führen. Spritzlöcber meist vorhanden. Männliche Be- gattungsorgane. Musculöser Arterienbulbus mit mehreren Klappen- reihen, Spiralklappe ina Darm, Zwei Unterabtheilungen: Rochen Fische. 475 mit plattem Körper, enormen Brustflossen, deren Gürtel vorn mit dem Schädel zusammenstösst {Rctja, Trygon, JUi/liobatis, Torj^edo, JPristiä) ; Haie mit spindelförmigem KörjDer und vorn nicht zusammenstossendem Schultergürtel (Squatina, ScyUium, Laiuna, Carcltarias, S2)inax, Cesfra- cion). Die älteste in der Erdgeschichte auftretende Gruppe. 4. Ganoiden. Meist mit Schmelz überzogene Schuppen oder Tafeln und sehr variables Skelett, das alle Stufen von einer persisti- renden Chorda (Störe) durch amphicöle Wirbel bis zu zusammen- gelenkten Wirbelkörpern zeigt {Lcpidosteus). Sie haben gemein mit den Teleostiern die Schuppenbedeckung, die freien Kiemen mit Oper- cularapparat ; mit den Selachiern den vielklappigen , musculösen Arterienbulbus und die Spiralklappe im Darme {Accii)enser, Spatularia, Lepidostens, Aniia). 5. Dipuoer. Knorpelskelett mit persistirender Chorda. Sie haben gemein: mit den Holocephalen die wenigen Zahnplatten, mit den Ganoiden fast alle anderen anatomischen Charaktere, mit Aus- nahme der Schwimmblase, welche in den Schlund mündet und zu einem Athemorgane (Lunge) umgewandelt ist. Monopneumon en (Ceratodus) mit einer Lunge und gut entwickelten paarigen Flossen und Dipneumonen {Frotoi)terus^ Lepidosiren) mit zwei Lungen und auf einen Stab reducirten paarigen Flossen. Typus: Perca fluviatUts L. Der gemeine Flussbarsch kommt häufig in allen Gewässern Mittel-Europas vor. Man findet ihn auf allen Fischmärkten. Wir verdanken Herrn Dr. M. Jaquet sämmtliche Prä- parate und Zeichnungen, sowie einen grossen Theil des Textes unserer Monographie. Der Barsch gehört zu den Knochenfischen mit Stachelstrahleu, geschlossenem Luftgang, getrennten Schlundknochen und gezähnelten Schuppen (Acanthopterygier, Physoclist, Ctenoid). Er ist ein Brust- flosser, denn seine Bauchflossen stehen fast senkrecht unter den Brust- flossen, etwas hinter denselben. Die senkrechten Flossen bestehen aus zwei Rückenflossen, einer vorderen mit Stachelstrahlen, einer hinteren mit weichen Strahlen, aus einer homocerken Schw^anzflosse und einer Afterflosse, welche vor den weichen Strahlen zwei Stacheln trägt. Die Strahlen der Brustflossen sind durchaus , die der Bauchflosse bis auf einen vorderen Stachel weich. Die gezähnelten Ctenoidschuppen er- strecken sich weder auf den Kopf, noch auf den mit Spitzen geränder- ten Vorderdeckel. Der Barsch ist der Typus einer zahlreichen Familie (Pereiden) , deren Gattungen über süsse und salzige Gewässer aller Zonen verbreitet sind. Aus diesem Grunde hatte schon Cuvier ihn als Typus der ganzen Ciasso der Fische behandelt. Allgemeine Lagerung der Organe (Fig. 195 und 196). — Um die hauptsächlichsten Eingeweide in ihrer gegenseitigen La- gerung darzustellen, spaltet man die Haut und die Muskeln des 476 Wirbeltbiere. Fisches läDgs der Mittellinie des Bauches vom After bis zum Munde und verbindet dann beide Enden des Schnittes durch eine bogen- förmige Incision von der Spitze des Schultergürtels bis zum After. Der so gebildete Lappen muss sorgfältig in seinem oberen Theile von Fi^. 195, Perca fliiviatUis. — Ein männliclies, von der linken Seite her geöftnetes Thier, um die Lagerung der Organe zu zeigen. Natürliche Grösse, ca, Mundhöhle; &r, Kiemen- bogen; 6, Arterienbulbus; o, Vorkammer; vc, Herzkammer; s, Venensinus; d, Peri^ tonealscheidewand; /, Leber; nv, Bauchflosse; e, Magen; ?•«, Milz; du, Duodenum; i, Darm; t, Hoden; ves, Harnblase; a, After; ug, ürogenitalporus ; vn, Schwimm- blase; ?■', vorderer Theil der Niere; oc, Auge. Fische. 477 der Schwimmblase abpräparirt werden, die mit der Bauchwand zu- sammenhängt. Dann trennt man den Schultergürtel, den Kiemendeckel und die Kiefer der betreffenden Seite (der linken unserer Figur) aus ihren Verbindungen los, lässt aber die Kiemenbogen unberührt. Man sieht dann sofort, dass die allgemeine Körperhöhle durch eine senkrechte Querscheidewand (d, Fig. 195) getheilt ist, welche von dem verdickten Bauchfelle gebildet wird, das sich über die Hinterfläche des Herzbeutels herüberschlägt und so die Bauchhöhle von einem vorderen Abschnitte trennt, wo die Athemorgane und das Herz sich befinden. Die Kiemen (br) werden von knöchernen Bogen gebildet, welche auf ihrem vorderen Rande Dornen, auf dem hinteren steife Blättchen tragen, die bei dem frischen Fische lebhaft roth gefärbt sind. Sie sind durch durchgehende Spalten von einander getrennt. Das Athemwasser wird durch den Mund eingenommen , dringt durch die Spalten , um- spült die Kiemenblättchen und tritt durch die grosse Kiemenspalte zwischen Deckel und Schultergürtel nach aussen. Von dem Kreis- laufsapparat sieht man den Venensinus (s), der unmittelbar an der Vorderseite der peritonealen Scheidewand anliegt, und wie die davor liegende Vorkammer (o) braun gefärbt ist, darunter die heller ge- färbte, weit dickwandigere Herzkammer (ve) und vor dieser letz- teren ihre Fortsetzung, den kegelföi'mig gestalteten Arterien- bulbus (b). Die Kiemenherzgegend wird ventralwärts von der Fort- setzung der Körpermuskeln abgeschlossen. Die sehr geiäumige Bauchhöhle ist ringsum von dem Bauch- felle ausgekleidet, welches sich auf die darin enthaltenen Organe hinüberschlägt und eine äussere Hülle um sie bildet. Die dorsale Hälfte der Bauchhöhle wird von der Schwimmblase (t'n) , einem weiten, mit Gas gefüllten häutigen Sacke eingenommen, der sich von der Peritonealscheidewand bis zum After erstreckt. Sie ist hermetisch geschlossen und zeigt keine Theilung in zwei Kammern , wie dies bei anderen Fischen häufig ist. Unter ihr liegt vorn der Magen (e), der je nach seiner Füllung nur bis in die Gegend der Bauchflosse oder bis in die Nähe des Afters- sich erstrecken kann ; er deckt theilweise die Milz (r), welche in der Schlinge des Duodenum {clti) eingeschlossen ist. Mittel- und Hin t er d arm (i) erstrecken sich in gerader Linie bis zum After (a). Die mächtige Leber (/) liegt unmittelbar hinter dem Herzen; sie ist mehrlappig und umschliesst den vorderen Ab- schnitt des Magens. Die männlichen und weiblichen Geschlechts- organe (t) zeigen bei beiden Geschlechtern dieselbe Lage. Im Früh- linge sind sie mächtig entwickelt und füllen die Bauchhöhle zum grössten Theile aus; im Sommer sind sie am schmächtigsten und liegen dann unter der hinteren Hälfte der Schwimmblase. Sie öffnen sich auf der Spitze eines kleinen, unmittelbar hinter dem After dorsalwärts gelegenen Wärzchens durch den Urogenitalporus (iig) nach 478 Wirbelthiere. aussen. Hier mündet aucli die Harnblase (ves) ein, welche auf der Riiclcenssite der Geschlechtsorgane liegt und das Secret der Nieren sammelt. Um die Nieren selbst zu sehen, muss man die Schwimmblase entfernen. Dies haben wir in dem (Fig. 196) dargestellten Präparate gethan, bei welchem auch der Darm entfaltet ist und die Kiemenbogen Eig. 196. Dasselbe Präparat weiter fortgesetzt. Sehwimmblase und Kiemenbogen sind linker- seits entfernt. Die Buchstaben haben dieselbe Bedeutung wie in der vorigen Figur. Ausserdem: ap, Pförtneranhänge; vb, Gallenblase; ?■, mittlerer Nierentheil ; rc, Rec- tum; vn', abgeschnittene Schwimmblase. Fische. 479 der linken Seite abgelöst wiii-den. Die Nieren (r) bilden zwei lange Massen von braunrother Farbe, welche zu beiden Seiten der Mittellinie Tinmittelbar an den Wirbelkörj^ern anliegen und nur an ihrer ven- tralen Fläche von dem Bauchfelle überzogen werden. Die Aorta ver- läuft zwischen den beiden Nieren in der Mittellinie; jederseits findet sich eine Hohlvene. Vorn schwellen die Nieren zu einer grösseren, unmittelbar hinter den Kiemenbogen liegenden Masse, der Kopf- niere (r ), an, die etwa die Form eines umgekehrten Sattels hat. Nach hinten zu senken sich die Nieren , der Krümmung der Bauchhöhle fol- gend, gegen den After hinab, wo der Ausführungsgang einer jeden, der Harnleiter, in die Blase (ves) mündet. Tegument. — Das Tegument besteht wesentlich aus zwei Schichten, der Oberhaut und der Lederhaut, unter welcher sich das Ünterhaut-Bindegewebe erstreckt. Nur au dem Kopfe und den Flossen zeigen sich diese Schichten ohne weitere Complicationen ; auf dem ganzen übrigen Köi^per sind in ihnen die Schuppen entwickelt, welche ein wahres, bewegliches Hautskelett dai'stellen. Die Epidermis besteht aus über einander liegenden Schichten von Zellen, von welchen die äussersten völlig abgeplattet sind, wäh- rend die Zellen der tieferen Schichten eine rundliche oder eiförmige Gestalt haben. Das ziemlich lockere Gewebe der Lederhaut wird von Gefässen und Nerven durchsetzt; hier und da, wie namentlich auf der Oberseite des Kopfes erreicht es eine ansehnliche Dicke. Die platten Fasern seiner einzelnen Schichten kreuzen sich unter schiefen Winkeln; sie sind nicht verfilzt, sondern unter sich parallel und gehen nicht von einer Schicht in die andere über. Zwischen der Oberhaut und Lederhaut findet man Pigmentzellen in grosser Zahl, stellenweise in unregelmässigen Haufen. Aehnliche Pigmentzellen finden sich übrigens auch anderwärts, besonders zahlreich in der Nähe des Ge- hirnes, im Grunde der Augenhöhle , in der Umgebung der Nieren und auf der Rückenfläche der Schwimmblase, In der Haut sind die Pigment- zellen namentlich in den schwärzlichen, von dem Rücken nach dem Bauche sich hinziehenden Querbändern angehäuft, die mit helleren Bändern abwechseln. Die einzelnen Pigmenthäufchen zeigen sowohl hinsichtlich der Form ihrer Zellen, wie hinsichtlich ihres Farbentones wesentliche Verschiedenheiten. Meist sieht man sie in Gestalt eines sehr dunklen, centralen Zellkörpers, von welchem verzweigte, mit feinen, schwärzlichen Körnchen angefüllte Aeste nach allen Richtungen hin ausstrahlen. In Folge der Entwicklung der Schuppen in den oberen Schichten der Ledei'haut erheben sich diese Schichten mit der sie bedeckenden Epidermis und bilden am hinteren Rande der Schuppe einen Falz, der sich stets mehr in dem Maasse vertieft, als die Schuppe wächst und schliesslich eine Art Tasche bildet, in welcher die Schuppe steckt. Die 480 Wirbelthiere. Schichten der Epidermis und der Lederhaut, welche die Oberfläche der Schuppe bedecken, verdünnen sich dabei zusehends, werden durch die Zähnelungen des Hiuterfeldes der Schuppe durchsetzt und nutzen sich schliesslich so ab, dass nur Fetzen davon übrig bleiben. Schuppen. — Um diese Gebilde an imd für sich isolirt zu unter- suchen, behandelt man ein Stück Haut im Kalten mittelst einer ver- dünnten Lösung von Aetzkali. Die Epidermis und Lederhaut mit ihren Pigmenten werden durch diese Behandlung zerstört. Treibt man die Behandlung weiter, so wird die Schuppe selbst angegriffen und in eine Menge von dünnen, platt über einander gelagerten, harten Plättchen zerlegt , die Klüftungsplättchen eines Krystalls ähnlich sehen. — Die kleinsten Schuppen finden sich an der Basis der paarigen Flossen und in der Mitte des Bauches, die grössten an den Seiten des Körpers. Alle haben dieselbe Structur; nur die Schuppen der Seitenlinien zeigen eine besondere, zum Durchlass der Canäle des Seitensinnes angepasste Bildung. Die Schuppen liegen wie Dachziegel über einander, in hori- zontalen, besonders aber in schiefen, sich kreuzenden Reihen in der Weise geordnet, dass nur der hintere Rand einer jeden Schuppe frei bleibt. Jede Schuppe stellt eine dünne Scheibe mit etwas breiterem, ab- gerundetem und glattem Vorderrande und einem engeren, mit zahl- reichen Dornen besetzten Hinterrande vor. Sie besteht aus zwei über einander gelagerten Hauptschichten ; einer unteren , aus sclerosirtem Bindegewebe, das sich durch die Anwesenheit von bald vereinzelten, bald zusammengehäuften Körperchen dem Knochengewebe anschliesst, und einer sehr harten und spröden, scheinbar homogenen Oberschicht. Auf der Aussenfläche dieser Oberschicht bemerkt man in erster Linie tiefe, rinnenförmige Furchen, au deren Grunde die Substanz sehr verdünnt ist, ja selbst zuweilen gänzlich zu fehlen scheint. Diese Furchen strahlen, in der Zahl von sieben oder acht, fächerförmig von einem etwas hinter dem Mittelpunkte der Schuppe gelegeneu Centrum gegen die Peripherie des Vorderrandes hin aus, der ebenso viel Ein- schnitte zeigt, als Furchen vorhanden sind. Ausser diesen Furchen zeigen sich auf der ganzen Oberfläche sogenannte Anwachsstreifen, feine, dem Schuppenrande etwa parallel laufende, aber doch einiger- maassen unregelmässige Kämmchen, die mit Zacken besetzt sind, welche man nur unter starken Vergrösserungen sehen kann. Auf dem freien, fast dreieckigen Hinterfelde der Schuppe, das etwa den fünften Theil der Gesammtoberfläche ausmacht, fehlen die Furchen und Anwachs- streifen, sind aber ersetzt durch Dornen, welche unregelmässig nach den dem Rande parallelen Linien geordnet und am Rande der Schuppe selbst am grössten sind, nach dem Centralfeide hin aber an Grösse ab- nehmen und abgestumpft erscheinen, als ob ihre Spitze abgenutzt wäre. Die grossen Randdornen zeigen in der Form einige Aehnlichkeit Fische. 481 mit Haifischzäliiien ; ihre Spitze ruht auf einer in zwei Flügel aus- gezogenen Basis , die einen mittleren , rundlichen Ausschnitt lässt , in welchen die Spitze des vorhergehenden Dornes sich einlegen kann. Die Dornen sind übrigens, mit Ausnahme dieser basalen Ausschweifung, durchaus homogen und zeigen keine innere Höhlung, wie echte Zähne. In einer schwachen Lösung von Salzsäure entwickeln die Schuppen zahl- reiche Gasbläschen , werden durchsichtiger und nehmen eine bläuliche Farbe an ; die erwähnten kleinen Concretionen und die Rauhigkeiten des freien Randes der Anwachsstreifeu verschwinden, während in den Furchen eine Art Streifung sich sehen lässt. Die Entbindung von Kohlensäure beweist die Ablagerung von kohlensaurem Kalk in den sclerosirten Theilen der Schuppe. Seitensinn. — Wir fanden bei der Lamprete (S. 392) vereinzelte, nackt auf der Haut liegende Sinneshügel , die indessen schon nach ge- wissen Linien geordnet waren. Aehnliche zerstreute Sinneshügel finden sich auch beim Barsche, vorzugsweise auf dem Kopfe, aber auch auf dem Körper ; die grosse Menge der Sinnesorgane ist aber in ein Canal- system eingebettet, dessen Mittelpunkt über der Einlenkung des Kiemendeckelapparates und des Schultergürtels sich findet. Auf dem Körper findet sich nur der unter dem Namen der Seitenlinie be- kannte Canal. Derselbe beginnt über dem Kiemendeckel und erstreckt sich bis zu der Basis der Schwanzflosse , indem er einen flachen , der Krümmung des Rückens etwa parallelen Bogen beschreibt. In den schwarzen Querbändern ist die Seitenlinie nur wenig sichtbar, erscheint aber als eine weisse Linie auf den hellen Bändern. Die den Canal deckenden Schuppen der Seitenlinie zeigen eine kleine Röhre an der Unterfläche, welche sich am Hinterrande der Schuppe nach aussen öffnet und einen glashellen Schleim austreten lässt. Nach vorn münden die Röhrchen der Schuppen in einen längsverlaufenden Sammelcanal ein, der in der angegebenen Richtung zu dem über der Einlenkung des Kiemendeckels gelegenen Sammelbecken verläuft , von welchem auch die Canäle der Kopfgegend ihren Ursprung nehmen. Der erste derselben ist ein Quercanal, der zu dem Gipfel des Hinterkopfes auf- steigt und hier mit dem Canal der anderen Seite zusammenfliesst, so dass eine Verbindung zwischen den seitlichen Canalsystemen hergestellt wird. Dann lösen sich drei seitliche Kopfcanäle ab; der oberste geht zur Augenhöhle, dringt in die Kette der Unteraugenknöchelchen ein und folgt derselben bis zum vordersten Knochen , wo er starke Canäl- chen ausstrahlen lässt (Fig. 207), bevor er sich an der Spitze der Schnauze verästelt. Der zweite Canal läuft längs dem Vorderrande des Praeoperculnm nach unten und dann an dem Rande des Ober- kiefers und Zwischenkiefers nach vorn; der dritte endlich läuft an dem Vorderrande des Kiemendeckels nach unten, und tritt auf den Unter- kiefer über, dem er bis zu dem vorderen Mundwinkel folgt. Ueberall Vogt u. Yung, prakt. vergl. Auatouiie. II. gj^ 482 Wirbeltliiere. sitzen auf dem Verlaufe dieser Hauptcanäle secundäre Ausfülirungs- canälchen auf, deren Mündungen mit glashellem Schleime gefüllt sind. — Haupt- und Seitencanäle sind mit einem hohen Cylinder- epitheliura ausgekleidet, das ohne Zweifel den Scheim absondert. Die sehr veidängei'ten , cylindrischen Sinneszellen , die einen ovalen Kern haben, bilden im Inneren der Canäle keine bestimmt begrenzten Sinnesknöpfe; sie finden sich in den Ausfuhi'canälchen , wo sie kürzer und dicker sind, drängen sich aber an der Einmündungssteile in den Sammelcanal derart zusammen, dass sie nur ein sehr geringes inneres Lumen lassen. — In den isolirten Sinneshügeln (Fig. 197) bilden die verlängerten Sinueszelleh die erhabene Mitte des Hügels und werden Fio 197. .d^ Perca fluviatilis. — Senkiechtei Duichschnitt dei Haut eines jungen Thieres in der Gegend der Nasengruben. Verick, Oc. 1, Obj. 7. Camera dura, a, Epidermis- zellen ; b, Sinneshügel; c, Lederhaut mit Pigmentzellen; fZ, Schleimhaut der Nasen- gruben ; e, Wiraperepitheliuni mit Drüsenzellen. rundum von runden , mit grossen centralen Kernen versehenen Stütz- zellen umgeben. Die langen Sinneszellen der Mitte (b) sind etwas an ihrer, den Kern einschliessenden Basis angeschwollen; ihr deutlicher contui'irtes , freies Ende verschmälert sich und trägt oft eine kleine, glashelle Borste, die aiich unter sehr starken Vergrösserungen nur schwer zu sehen ist. Inneres Skelett. — Wie bei allen anderen Wirbelthieren kann man unterscheiden: das centrale oder neurale Skelett, das die Wirbelsäule und deren Fortsetzung, den Schädel, mit den ver- Fische. 48.- sclaiedenen Ausstrahlungen, Rippen, Muskelgräten und Strahlen der unpaaren Flossen umschliesst; das Visceralskelett, welches aus Bogen besteht, die mehr oder minder vollständig den Nahrungscanal umgeben und das Skelett der paarigen Glieder, hier Brust- und Bauchflosse. Hinsichtlich der Entstehung kann man Knorpel- knochen (enchondrische Knochen) unterscheiden, die durch Ver- knöcherung von knorpeligen Anlagen entstehen, und Deckknochen, welche durch directe Verknöcherung, ohne Dazwischenkunft von Knorpel- anlagen , aus faserigen Geweben entstehen , die meistens dem Haut- systeme angehören. Wirbelsäule (Fig. 198 bis 200). — Man zählt bei einem er- wachsenen Barsche 41 Wirbel, die biconcav sind. Der Köi'per jedes einzelnen Wirbels ist vorn und hinten trichterförmig ausgehöhlt und pjo- 198 ^^^ Spitzen dieser Doppel- höhlungen stossen in der Mitte des Wirbelkörpers mit einem kleinen Loche zusammen (o). Die Kegel- höhleu sind mit einer sul- zigen Masse ausgefüllt. Die Wirbelkörper stossen also nur mit den Rändern der Kegelhöhlen zusammen, wo sie durch feste Sehnen- massen verbunden sind. Es finden sich stets obere und untere Fortsätze. Die oberen (Neurapophy- sen) (a, Fig. 198) bilden durch ihre bogenförmige Vereinigung den Medullar- canal, der das Rückenmark einschliesst und setzen sich als Dornfortsätze {Pro- cessus spinosf) nach dem Rücken hin fort. Die un- teren Bogen (tiaemapophysen) (f) beginnen erst vom fünften Wirbel an, sind anfänglich sehr kurz, nehmen aber nach hinten an Länge zu, während ihre distalen Enden noch von einander abstehen. Am Ende der Bauchhöhle, im Niveau der Afterflosse aber krümmen sie sich in derselben Weise wie die oberen Bogen zu einem Canale, dem Haemal- canal (/?, Fig. 200), zusammen, welcher die grossen Köi'pergefässe, Aorta und Hohlvene, einschliesst. Von der Vereinigung an bilden sie die unteren Dornf ort s ätze. — An allen Wirbeln findet man 81* Perca fluriatiüs. ■ — Doppelt vergrösserter Bauch- wirbel. A, im Profil; B, von vorn, n, Neurapo- physe ; i, Wii'belkörper; c, schiefer Fortsatz; e, Rückencanal ; t, Haemapophyse ; o, Communioa- tionsöffnuncf zwischen den beiden Trichterhöhlen. 484 Wirbeltliiere. Perca fluviatUis. Der Atlas von voi'n gesehen. Zweifache Vergrösse- rung. Dieselben Buch- staben. /, Gelenkhöhlen. ausserdem kurze, schiefe Fortsätze, die von der Basis der Bogen aus- gehen und Muskeln zum Ansätze dienen. Einige Wirbel bedürfen besonderer Erwähnung. Der erste, der Atlas (Fig. 199), zeigt an den vorderen oberen Ecken seines Körpers Fig. 199. zwei tiefe Gelenkgruben (/) für die Einlenkung mit dem Hinterhaupte. — Der 21. Wirbel (Fig. 200) trägt lange Haemapophysen , von deren Rand jederseits ein kleiner Knochenfortsatz ausgeht. Indem diese Fortsätze von beiden Seiten her sich zusammenschliessen, entsteht ein ziemlich grosser, ovaler Raum. In derselben Weise verhält sich der folgende Wirbel. — Der Schwanzwirbel end- lich trägt vier lange, dreieckige Platten, die sich zu einem senkrechten Fächer zusamraenordnen ; an diese breite Platte setzen sich die Strahlen der durchaus homocerken Schwanzflosse. Rippen sind auf der ganzen Länge zwischen dem Kopfe und dem After entwickelt. Die vor- dersten sind sehr kurz und setzen sich unmittel- bar an die Unterfläche des betreifenden Wirbel- körpers an; die folgenden werden zunehmend länger und sind an dem hinteren Rande der unteren Bogen angeheftet ; die letzten werden wieder kürzer. Die Rippen sind krumme Knochen- stäbchen, die sich nirgends auf der Yentralseite zu- sammenschliessen und nur ein einfaches Gelenkköpf- chen besitzen ; am oberen Drittel ihrer Länge etwa tragen sie eine sehr dünne * Muskelgräte, welche nach hinten gerichtet und in die Myocommen des Leibes- muskels eingeschaltet ist. Un paare Flossen. — In der allgemeinen Be- schreibung sagten wir schon , dass der Barsch zwei Rückenflossen , eine vordere stachelige, eine hin- „ . ... T^ n, -iHT- T, 1 j u tere weiche, eine Schwanz- Percu flnviutdis. — Der 21. Wirbel doppelt ver- ' . grössert. A, Profil ; B, von vorn. Dieselben Buch- Aosse und eine Afterflosse Stäben. /;, Hnemalcanal. besitzt. Alle diese verti- Pis;. 200. Fische. 485 calen Flossen stehen in Beziehung zur Wirbelsäule, zeigen aber in dieser Hinsicht einige Verschiedenheiten. Die erste Eückenflosse besitzt nur Stachelstrahlen; die zweite zeigt zwei Stacheln im Anfange, die Afterflosse nur einen. Alle diese Stacheln sind sehr hart und spitz. Die Basis eines jeden Stachels ver- Fia. 201. -■ Perca JJtiriutilis. — Vorderer Abschnitt des Skelettes in natürlicher Grösse, i, Zwischen- li:iefer ; m^ , aufsteigender Ast des Oherkiet'ers ; j^, erstes Jugale mit Seitencanälen ; /', Präfrontale; f^, Frontale; /^, Postfrontale; o, Orbita; ca, Meta-pterygoideum ; iiiu, Hj'omandibulare ; pa, Höhle auf dem Parietale für Muskelansätze; om, Schulter- blatt ; om^ bis om^, Apophysen desselben zur Befestigung am Schädel ; oc, Hinterhaupts- kamm ; in, Zwischendornknochen ; in^, erstes Interspinale; co, Coracoideum ; re, Flossenstachel; ae, Dornfortsätze; d, Dentale; cw, Articulare; an, Angulare des Unterkiefers; m, Oberkiefer ; g, Transversum; c, Quadratum ; br, Kiemenhautstrahlen; pop, Praeoperculum ; ?m^, Interoperculum; op, Operculum ; sop, Suboperculum ; cl, Clavicula ; cii, Basale inferius; r, Basale medium; car, Carpus ; si, Griffelfurt- satz; c, Rippen; «?■, Muskelgräten; v, Becken; ü^, Bauchflossenstrahlen. 486 Wirbelthiere. breitert sicli und bildet zwei seitliche, abgerundete Gelenkköpfchen. Die weichen Strahlen , welche grösstentheils die zweite Rückenflosse, die Afterflosse und die ganze Schwanzflosse bilden, bestehen aus einer grossen Anzahl fächerförmig an einander gereihter Plättchen, die von einer stabförniigen , ebenfalls mit zwei Gelenkköpfchen aus- gestatteten Basis ausgehen. Alle Strahlen der beiden Rückenflossen und der Afterflosse, mögen sie nun stachelig oder weich sein, ruhen auf dreieckigen Knochenlamellen, den sogenannten Zwischendorn- knochen (f;i, Fig. 201) (ossa intersinnosa) , deren nach unten ge- richtete Spitze zwischen je zwei Dornfortsätze eingeschoben ist. Diese Lamellen sind sehr dünn , durchsichtig und tragen auf jeder Seiten- fläche eine vorspringende Längskante, so dass sie wie ein Bajonett mit vier Kanten aussehen. Die erweiterte Gelenkfläche eines jeden Zwischen- knöchelchens verlängert sich nach hinten in zwei kleine Fortsätze. Vor dem ersten Rückenstrahl, zwischen ihm und dem Ende des Hinter- hauptskammes, ist ein runder Zwischenknochen (in) eingelassen, der keinen Flossenstrahl trägt. Die weichen Strahlen der Schwanzflosse sind in den beiden Lappen derselben in identischer Weise gebaut. Die vorderen Strahlen sind sehr kurz und ruhen direct auf den oberen und unteren Dornfortsätzen der letzten Vfirbel ; die folgenden verlängern sich schnell, nehmen aber in der Mitte der Flosse etwas ab und bilden so den Ausschnitt der- selben. Sie sind direct auf die fächerartigen Platten des letzten Wir- bels eingelenkt. Das Kopfskelett (Fig. 201 a. v. S.) mit seinem Zubehör nimmt etwa ein Viertel der gesammten Körperlänge ein. Wie schon gesagt, besteht es aus zwei Haupttheilen , dem Hirnschädel und dem Ge- sichtsschädel, die sich ziemlich leicht von einander trennen lassen. Mit der Wirbelsäule hängt das KojDfskelett nur durch das Hinter- hauptsgelenk zusammen. Der eigentliche Hirnschädel (Fig. 202) bildet im Ganzen eine dreiseitige , mit sehr verschieden ausgehöhlten Flächen ausgestattete Pyi'amide , deren Basis von der Hinterhauptsgegend, die abgerundete Spitze von der Schnauze hergestellt wäre, während eine Fläche von der oberen Stirnfläche gebildet würde und die beiden geneigten Seiten- flächen in einer stumpfen unteren Kante zusammenstossen, die das Dach der Mundhöhle in der ventralen Mittellinie bildet. Die einzelnen, den Hirnschädel zusammensetzenden Stücke sind entweder durch Nähte oder durch Zwischenlager von Knorpel oder Bindegewebe mit einander verbunden. Der Primordialknorpel, welcher an der Bildung der Schädelkapsel Antheil nimmt, ist besonders in der Mitte der vorderen Schnauzen- gegend stark entwickelt, wo er eine grosse Masse bildet, in welcher die Nasengruben ausgehöhlt sind. Eine kleine, eiförmige Knorpelmasse Fische. 487 liegt über dein Vomer etwas nach hinten. Auch in den Wänden der Ohrkapsel findet man Reste des knorpeligen Primordialschädels. Die Hinterhauptsgegend zeigt eine gewisse Aehnlichkeit mit der Bil- dung eines Wirbels. Unter dem grossen Hinterhauptsloche findet sich das Grundbein (Os hasiJarCjh), welches die Basis des Schädels beginnt und auf seiner Hinterfläche eine conische Aushöhlung zeigt. In der oberen Mittellinie entspricht ihm das Occipitale superius (o), das nach vorn in eine breite Lamelle sich erweitert und nach hinten einen dünnen, senk- rechten Kamm trägt. Die Seiten des Hinterhauptsloches werden von den seitlichen Hinterhauptsknocheu {Ocdintalia lateralia, oT) geschlossen, welche an ihrem Unterrande die Gelenkköpfe tragen, mit welchen der Atlas articnlirt. Diese grösstentheils enchondrischen Knochen Fig. 202. A P 9 fcL- Ptrca ßiiviaülis. — Der Schädel in natürlicher Grösse. A, Profil ; B, Oberseite ; C, Unterseite ; fo, Postfrontale ; fp^ Frontale ; fa, Praefrontale ; e, Ethmoideum ; p, Pa- rietale; b, Basilare ; o, Occipitale superius; oe, Occipitale externum ; ol, Occipitale laterale; sa, Orbitosphenoideum ; sg, Prooticum ; sp, Parasphenoideum ; n, Nasale; r, Vomer; t, Temporale. 488 Wirbelthiere. schliessen sich nach vorn die ebenfalls meist enchoudrischen Knochen an, welche zum grössten Theile die Gehörkapsel bilden, Ejpiolica oder Occipitalia externa (oe) nach hinten und oben, Frootica oder grosse Keilbeinflügel (sg) , die leicht an dem grossen Loche zum Durchtritte des Nervus trigeminus erkannt werden können. Nach vorn werden die Schädelwandungen in der Gegend der Augenhöhle durch die Orbito- sphenoidalia oder Orbitalflügel des Keilbeines (sä) ergänzt, welche den Hinterrand der Augenhöhle bilden. Vor den Augenhöhlen wird die Schädelhöhle durch den Primordialknorpel geschlossen, in dessen Mitte zwei kleine, verticale Knochenplättchen , die Siebbeine {Etlimoi- dea, e), angebracht sind. Diesen enchondrischen Knochen schliessen sich mehrere Deckknochen an, die wir von hinten nach vorn aufzählen. An der oberen Fläche, zum Theile von den Stirnbeinen bedeckt, die kleinen dreieckigen, seitlich ge- legenen Scheitelbeine (Parietalia,})) ; davor in der Mittellinie die grossen, hinten breiteren, vorn verschmälerten Hauptstirubeine (FrontaUa, fp), welche das Dach der Hirnhöhle und der Augenhöhlen bilden; im hin- teren Winkel der Augenhöhlen nach innen die Postfrontalia (fo), an welchen das Hyomandibulare eingelenkt ist. Die vordere Ecke der Augenhöhlen wird von den Praefrontalia (fa) gebildet und auf dem Knorpel, in welchem die Nasengruben ausgehöhlt sind, liegt ein kleines mittleres Knochenschüppchen, Nasale oder mittleres Eilimoideiim (n). An der Schädelbasis finden sich, in die Schleimhaut der Decke der Mundhöhle eingelassen, zwei Deckplatten, hinten das Parasplienoi- deuni (sp), das die Gestalt eines Lanzeneisens hat, hinten zum Theil das Basilare und mit seinem vorderen Ende den grifFelförmigen Stiel des Vomer (v) deckt, dessen vorderes, bogenai"tig ausgeschweiftes Ende zahlreiche Bürstenzähne trägt. Einige Knochenstücke, die ganz dem Hautsysteme anzugehören und nur in Beziehung zu den Seitencanälen zu stehen scheinen, schliessen sich aussen an den Schädel an. Dahin gehören am äusseren Winkel des Hinterhaupts das mit einem zur Rinne gehöhlten Kamme versehene Temporale (t) und die fünf schuppenförmigeu Knochen unter der Augenliöhle [Jugalia, j) (/, Fig. 201), welche eine zusammen- hängende Kette bilden. Die vorderste dieser Schuppen hat eine be- deutende Grösse und zeigt ausstrahlende Nebencanäle. Man kann auch noch als im Dienste eines Sinnesorganes, aber nicht des Seitensinnes, stehende Hautknöchelchen die kleinen Riechknochen (oo, Fig. 203) betrachten, welche den Rand der Nasenöffnnngen stützen. Der Gesichtsschädel besteht, wie oben gesagt, aus einer Menge von Stücken, die sich zu Bogen zusammenstellen, von welchen die beiden ersten ganz an der Unterfläche des Hirnschädels anliegen, während die anderen sich in der ventralen Mittellinie um den Nah- rungscanal herum vereinigen. Die oberen Enden dieser Bogen sind Fische. 489 theils durch Bänder, theils durch ausgebildete Gelenke dem Hirnschädel angeheftet. Wir unterscheiden folgende Bogen und deren Stücke. 1. Der Oberkieferbogen bildet den Mundrand und besteht aus zwei paarigen Stücken, den Zwischen- und Oberkiefern. Der Zwischenkiefer (Intermaxillare , ?, Fig. 201) trägt auf seinem bogen- förmig gekrümmten Unterrande zahlreiche Bürstenzähne. Er ist vor und unter dem Oberkiefer gelagert, der ihn von oben grösstentheils bedeckt. Jeder Zwischenkiefer besitzt zwei nach oben gerichtete Fort- sätze, von welchen der vordere abgerundet, der hintere am Rande zu- geschärft ist. Der Oberkiefer (Maxillare, m), von den älteren Autoren Os mystacis genannt, bildet eine lange, etwas schief gerichtete und durchaus zahn- lose Knochenlamelle, die dem Zwischenkiefer ihrer ganzen Länge nach aufliegt, aber an der Zusammensetzung des Mundrandes keinen Antheil nimmt. Das verdickte Vorderende des Knochens legt sich mit einem kurzen Fortsatze an den Nasensack an und wird mit diesem diirch eine faserknorpelige Masse verbunden. Starke Sehnenfasern verbinden den Zwischenkiefer mit dem Oberkiefer, an welchen sich auch ein langes Sehnenband des Kaumuskels ansetzt, das bogenförmig nach hinten zu dem Articulare des Unterkiefers verläuft. Ein vorderer Fortsatz des Knochens verstärkt die Verbindung mit dem Zwischenkiefer. 2. Der Gaumen flu gelbogen {Arcus pterugo-palaiinus). Mau weiss aus der Entwicklungsgeschichte, dass dieser Bogen ursprünglich eine Abzweigung des folgenden Bogens ist, mit welchem er zwar noch nach hinten in Verbindung bleibt, von dem er sich aber durch die Verknöcherung getrennt hat. Er liegt nach innen von dem Kiefer- bogen, vervollständigt das Dach der Mundhöhle und besteht von vorn nach hinten aus folgenden Stücken : Das Gaumenbein {Pä'atimim,']), Fig. 203 a. f. S.), ein Knochen von sehr unregelmässiger Gestalt, bildet den vorderen Theil des Mund- loches und trägt dichtgedrängte Bürstenzähne. Nach vorn ist es mit dem Vomer verbunden und verlängert sich in einen nach aussen ge- krümmten Haken. — Das Flügelbein {Pterygoldeum oder Entoptery- goideiim, pf) ist eine dünne Lamelle, die an der Decke der Mundhöhle theilnimmt. Das Querbein (Transversum oder Ectopier ygoideum, tra) wird von einem dünnen, fast im rechten Winkel gebogeneu Knochenstäbchen gebildet. Es verbindet das Gaumenbein mit dem Quadratbein. — Dsis Metcipterygoideum, auch Trommelbein genannt (Ca) {Tympanicum Cuvier), ist eine unter dem Quadratbein gelegene Lamelle, welche den hinteren Rand der Augenhöhle ergänzt. 3. Der Unterkiefer bogen (Arcus mandihuJaris) wird be- kanntlich ursprünglich von einem einzigen Knorpelstabe, dem soge- nannten Me ekel' sehen Knorpel, in seinem distalen Theile gebildet, theilt sich aber bei der Verknöcherung und durch Zutritt von Deck- 490 Wirbelthiere. platten in mehrere Stücke und tritt ausserdem mit den benachbarten Bogen in Verbindung. Er ist au dem Schädel mittelst eines mächtigen Knochenstückes von sehr unregelmässiger Form , dem Quadratbein {Quadrahtm, c), aufgehängt, das sich nach unten in eine Gelenkrolle verlängert, welche in eine Aushöhlung des Gelenkbeines des Unter- kiefers sich einsenkt und so das ünterkiefergelenk bildet. Der Hinter- rand des Quadratbeines zeigt eine Längsrinne, in welche ein Theil des Vorderkiemendeckels eingepasst ist. — Der eigentliche Unter- kiefer (Mand'ihitla) besteht aus drei Knochenstücken. Das vorderste, das Zahnbein (Dentcde, d, Fig. 201), zeigt auf der inneren Seite eine Hohlkehle, in welcher noch ein Rest des Me ekel 'sehen Knorpels mit einer Fortsetzung des Kaumuskels liegt; sein oberer Rand ist mit Bürstenzähnen besetzt, der Hinterrand ist V-förmig ausgeschnitten. Fig. 203. Perca fluvlatUis. — Seitliche Ansicht des Kopfskelettes, nach Wegnahme des Kiefer- und Kiemendeckelapparates. car, vordere Kuorpelmasse ; oo^ Riechbein; t, Durch- trittsloch des Riechnerven;./};, Stirnbein; o, Orbita; pt, Flügelbein; »o, Vomer; l), Gaumenbein; h, Zungenbein; tra, Transversum; c, Quadratbein; ri, Kiemenhaut- strahleu ; st, Griffelbein ; sy, Symplecticum ; c «, Metapterygoideum ; ma, Hyomandibulare. In diesen Ausschnitt passt das Vorderende des Gelenkbeines {Arti- ctdare, ar, Fig. 201), welches hinten die Hohlkehle zur Aufnahme der Gelenkrolle des Quadratbeines trägt. Das kleine Eck b ein (Angu- lare, a) , von dreieckiger Form, vervollständigt den hinteren unteren Winkel des Unterkiefers. 4. Der Zungenbeinbogen (Arctts liyoideus) hängt durch ein mächtiges Knochenstück, das Ilyomandibidare {ma, Fig. 203), an dem Schädel. Sein verbreitertes Oberende passt in eine Rille des Post- frontale. Nach hinten und oben zeigt es einen Fortsatz, der in der Fische. 491 Gelenkhöhle des Kiemendeckels spielt. Nach unten verschmälert es sich und verbindet sich mit dem SynijjJedicum und dem Griffelbeine ; an seinen Hinterrand legt sich der Vorderdeckel an. Das Aufhänge- gerüst wird durch zwei kleine cylindrische, im Winkel aus einander- weichende Knochen verstärkt, das Syinplectkion (sy, Fig. 203), welches das Hyomandibulare mit dem Quadratbeine, und das Griffelbein (Sty- loideum, st), welches es mit dem Zungenbeine verbindet. Dieses, das Hyoideum {h, Fig. 203), bildet einen aus vier Stücken bestehenden Bogen. Die beiden oberen Stücke (c?, c, Fig. 204) sind durch ein breites, queres Knorpelband mit einander verbunden und haben im Ganzen die Form eines krummen, innen ausgehöhlten Spatels, an dessen oberes Ende das Griffelbein {st) eingelenkt ist, während der Griff des Spatels von zwei dreieckigen Knöchelcheu (?;, a) gebildet Fio-. 204. Perca fluviatUis. — Die eine Hälfte der Kiemen- und Zungenbeinbogen ausgebreitet und von der inneren Fläche gesehen. jSTatürliche Grösse, en, Entoglossum ; a,b, Ge- lenkstücke des seitlichen Schenkels des Zungenbogens ; c, d, abgeplattete Stücke des- selben Bogens; ca, knorpeliges Verbindungsstück derselben; e, stabförmiges Ver- bindungsstück zwischen dem ersten Kiemenbogen und dem Schädel ; 1 , unteres ; 2, mittleres; 3, oberes Stück des Bogens; st, GrifFelbein ; r, Kiemenhautstrahlen ; phij untere Schlundknochen; phs, obere Schlundknochen; 4, zahntragende Stücke derselben; c^ bis c*, Copulae. wird, die an dem Rande des in der ventralen Mittellinie gelegenen Zungenbeinkörpers eingelenkt sind. Dieser Körper besteht aus einer Reihe von fünf Knöchelchen [Copulae, c^ bis c'), an welchen, ausser dem Zungenbeinbogen, auch die Kiemenbogen seitlich eingelenkt sind. Das vorderste Knöchelchen, Os linguale oder Entoglossum (en), springt in Form einer senkrecht gestellten Pflugschar in die fleischige Masse 492 Wirbelthiere. der Zunge vor. Das Endknöchelchen hat eine ähnliche Gestalt und zeigt keine seitlichen Gelenkflächen. 5. bis 8. Die vier, respiratorische Blättchen tragenden Kiemen- bogen tragen auf ihrem Vorderrande kleine, dicht mit Spitzen be- setzte Wärzchen, der erste ausserdem noch ziemlich lange und sehr spitze Dornen ; sie nehmen von vorn nach hinten an Grösse ab und hängen durch ein kleines cylindrisches Knochenstück (e) , das zum ersten Bogen geht, an dem Schädel. Jeder Bogen besteht aus drei Stücken, einem unteren Verbindungsstück (1), das an dem Zungen- beinkörper eingelenkt ist , einem langen Mittelstück , das schief von vorn und unten nach hinten und oben sich richtet (2) und einem kür- zeren , horizontal gerichteten Oberstück (3) , welches an der Bildung des Daches des Schlundkopfes Antheil nimmt. Die vorwärts gerich- teten, oberen Enden des zweiten, dritten und vierten Bogens ver- breitern sich zu Knochenplatten, die auf der unteren, gegen den Schlundkopf gewendeten Seite Zähnchen tragen. Man nennt diese vereinigten Platten die oberen Schlundknochen {phi). 9. Ein übrigens unvollständiger Bogen wird von den unteren Schlundknochen (pJis) gebildet. Es sind zwei ziemlich lange Knochenplatten , die keine Kiemenfransen , wohl aber auf ihrer oberen Fläche zahlreiche und dicht gedrängte Bürstenzähne tragen. An die Gesammtheit dieser Visceralbogen , welche vorn der Er- nährung, dann der Athmung zugewiesen sind und mit dem hintersten, unvollständigen Bogen wieder der Ernährung dienen, schliesst sich ein den Fischen allein zukommender, ursprünglich häutiger Apparat, der für die Athmung von höchster Wichtigkeit ist. Der Kieme ndeckelapparat besteht aus einer Anzahl platter Knochen, welche die Kiemen von aussen her schützen und sich wie in einem Charnier auf beiden Seiten des Hinterkopfes so bewegen, dass sie die grosse Kiemenspalte öffnen und schliessen können. Der Appa- rat besteht aus folgenden Theilen : Der Vorderdeckel, Praeoperculum (pop, Fig. 201), trägt den ganzen beweglichen Apparat. Er besteht aus einem platten, fast im rechten Winkel gebogenen Knochenstücke, welches mit dem Quadrat- bein, dem SymplecUcimi' und dem Hyomandibulare eng verbunden ist; der aufsteigende Ast legt sich oben an das Postfrontäle an, der hintere Rand ist fein gezähnelt und mit einer Rille versehen , in welcher der vordere Rand des Kiemendeckels spielt; der horizontale Schenkel reicht an den Gelenkkopf des Quadratbeines ; er trägt an seinem Unterrande spitze und starke Dornen , von denen die vorderen die längsten sind. Der Kiemendeckel, Operculum {op, Fig. 201), ist eine breite, dünne, durchsichtige, etwas nach aussen gewölbte Platte, deren Innen- fläche mit einer silberglänzenden Haut bekleidet ist; der vordere, gerade Rand ist an dem Vordeckel eingelenkt, der obere Rand etwas Fische. 493 gebogen und nach hinten in einen starken, spitzen Dorn ausgezogen. Der hintere Rand ist S-förmig ausgeschweift. Die Aussenfläche ist glatt; an der Innenfläche findet sich eine horizontale Leiste zum An- sätze der Muskeln. Die obere Ecke des Vorderrandes zeigt eine Aus- schweifung, in welche die Gelenkrolle des Ilyomanclihulare sich ein- senkt. Der Zwischen de ekel, Interopercidare (^int, Fig. 201), liegt unter dem Vorderdeckel. Der Hinterrand dieser dünnen Platte ist ge- zähnelt; eine weisse, sehnige Haut verbindet sie mit dem Kiemendeckel und dem Unterdeckel, Suhoperculum (sop, Fig. 201), einer läng- lichen , unter dem Zwischendeckel gelegenen Platte , deren vorderer Rand zugeschärft, der hintere theilweise gezähnelt ist. Die beiden letztgenannten Knochenplatten decken zum Theil die Kiemenhaut- strahlen {rh, Fig. 201), deren man sieben zählt. Diese, einer Säbel- klinge ähnlich gebildeten platten Knochen sind mit einem etwas ver- dickten Kopfe an der Aussenfläche des unteren Zungenbogens eingelenkt. Im Tegumente eingeschlossen, füllen sie den Raum zwischen den beiden Unterkiefern, die Kehle. Skelett der paarigen Gliedmaassen. ■ — Wir erinnern daran, dass der Barsch ein Brustflosser ist, d. h. dass die hintere Gliedmaasse , die Bauchflosse, unter die Brustflosse vorgerückt ist und dass beide Gliedmaassen nur weiche Endstrahlen zeigen. Nur die Brustflosse besitzt einen bogenförmigen Schultergürtel, der an dem Hinterhaupte befestigt ist und den hinteren Rand der Kiemenspalte bildet, auf welchen der Kiemendeckel sich auflegt, wenn er die Kiemen- spalte schliesst. Brustflosse. — Jeder Halbbogen des Schultergürtels besteht aus drei an einander gereihten Knochen, zwischen welche und die Strah- len noch einige Zwischenstücke eingeschaltet sind. Wir geben diesen einzelnen Stücken die gebräuchlichen Namen , ohne damit behaupten zu wollen , dass dieselben wirklich denjenigen Stücken homolog sind, die bei den höheren Wirbelthieren denselben Namen tragen. Der Schultergürtel besteht aus folgenden Stücken: Das Schulterblatt, Scapiclare {ss, Fig. 205a. f. S.), verbindet den Gürtel mit dem Schädel. Es ist ein am Hinterrande gezähnelter, platter Knochen, der nach vorn und oben in drei Fortsätze ausläuft, durch welche er hinten und seitlich an das Hinterhaupt befestigt ist. — Das Raben - bein, Coracoideum (om), welches folgt, hat einen gezähnelten Hinter- rand und ist an die Unterfläche des Hinterhauptes durch eine starke Sehne befestigt. — Das Schlüsselbein, CJaviciüa (cJ) , ist der be- deutendste Knochen des Gürtels. Kurze Sehnenfasern verbinden die unteren Aeste der beiden Seiten, zwischen welchen eine mittlere, untere Aushöhlung hergestellt wird, in welche ein Theil des Herzens ein- gebettet ist. Der Knochen hat übrigens eine sehr unregelmässige 494 Wirbelthiere. Form; an seinem Hinterrande verläuft eine vorspringende Kante, au welche sich die Massen des Seitenmuskels des Körpers theilweise anheften. Die G 1 i e d m a a s s e selbst beginnt mit drei Basalstücken (c, r, cm), die sich an den Hinterrand des unteren Theiles des Schlüssel- beines anlegen. Das oberste dieser Stücke ist von den anderen durch eine weite, mittelst einer Knorpellaraelle geschlossene Lücke getrennt und an seiner hinteren und unteren Ecke setzt sich ein langer, griffei- förmiger Knochenstiel (st) an, der schief nach hinten zwischen den Muskeln bis zur Bauchflosse sich erstreckt. Jedes der beiden anderen, durch eine Knorpellamelle (r, ca) verbundenen Stücke ist von einem ovalen Loche durchsetzt. Man hat die beiden Stücke dem Radius und der Ulna verglichen; jetzt bezeichnet man die drei Stücke meist als Fro-, Bleso- und Metapierygium. An den Radius heften sich vier an Fig. 206. Fio. 205. ^ Fig. 205. — Perca fluvlutUis. — Der Sclmltergürtel in natürlicher Grösse, von aussen gesehen, ss, Seapulare; om, Coracoideum ; cl, Claviculare; c, Basale superius ; r, Ba- sale medium; c «, Basale inferius; ca, Carpus ; ca', mit Fasergewebe gefüllter Raum ; stj GrifFelbein. Fig. 206. — Pcrca ßuvlut'dis. — Skelett der Bauchflosse in natürlicher Grösse, von aussen gesehen, o, verdickter Hiuterrand ; h, vordere Lamelle ; c, Strahlen. beiden Enden stark angeschwollene Knöchelchen {ca), die man als Re- präsentanten der Handwurzelknochen ((7arj9a7/a) angesehen hat und auf welchen die unter sich ganz gleich gebildeten Flossenstrahlen aufsitzen. Hinterglied, Bauch flösse (Fig. 206). — Die Flosse besteht aus zwei dreieckigen, neben einander liegenden und am hinteren Ende in der Mittellinie verschmolzenen Knochen , deren jeder wieder aus zwei , durchaus mit einander verbundenen Hälften besteht. Das an- Fische. 495 gesctwollene , verdickte Hintereude setzt sich an der Bauchseite nach vorn in einen starken Sporn fort, xim hinteren Rande sind die weichen Strahlen eingelenkt. Die Enden des stets sich verschmälernden , ab- geplatteten Vordertheiles sind durch Sehnenfasern an dem Schlüssel- beine angeheftet. Muskelsystem. — Der grosse S ei t e n m usk el (1, Fig. 207) ist in ähnlicher Weise wie bei den Lampreten aus Myomeren und in schiefen Zickzacken geordneten Myocommen gebildet. Wir brauchen also auf diese Anordnung nicht zurückzukommen und haben nur einige, auf die Insertionen bezügliche Abweichungen zu verzeichnen. Nach vorn zu heften sich die Muskelbänder an den Schädel und den Schultergürtel; sie sind durch den von dem ersten Basalstücke der Brustflosse auslaufenden Knochenstiel unterbrochen und weichen zur Umfassung der Bauchflosse auseinander. Einige ventrale Faserbündel setzen sich unten an das Schlüsselbein , andere dringen nach vorn in die Kinngegend vor und setzen sich, an Masse allmählich abnehmend, an die untere Fläche des Zungenbeines an; man hat diese Bündel auch als eigenen Muskel unter dem Namen 31. aternolujoidcus unterschieden. Eine besondere Differenzirung führt zur Bildung zweier Längs- muskelpaare. Der dorsale Längsmuskel (Jd, Fig. 207) ist sehr dünn, zeigt keine Myocommen und erstreckt sich ununterbrochen vom Hinterhaupt bis zum Schwänze. Die beiden Muskeln weichen an der Einsetzung der Rückenflossen etwas vor der Mittellinie auseinander. — Der ventrale L ä n g s m u s k e 1 reicht von der Bauchflosse bis zum Schwänze, ist aber durch den After und die Afterflosse getrennt. Seine vordere Hälfte zeigt den Myocommen des Seitenmuskels ähnliche Sehnenlinien. Muskeln der un paaren Flossen. — An den Strahlen der Rückenflossen und der Afterflosse setzen sich oberflächliche und tiefe Muskelbüudel an. Die ersteren hängen fest mit der Haut zusammen, erstrecken sich über die Seitenmuskelmasse und setzen sich in schiefer Richtung an die Basis der Flossenstrahlen ; die letzteren sind zwischen den Massen des Seitenmuskels versteckt, verlaufen von einem Zwischendornknochen zum anderen und lassen sich in vier Bündel theilen, zwei vordere und zwei hintere; sie heben und senken die Strahlen. Es existirt durchaus keine Verschiedenheit zwischen der Musculatur der Rückenflossen und der Afterflosse, wie sie doch be- stehen müsste, wenn letztere aus dem Zusammenflusse zweier häutiger Seitenfalten gebildet wäre. Die Muskeln der Schwanzflosse lassen zwar eine gewisse Homologie erkennen, zeigen aber nicht unwesentliche Verschieden- heiten, die mit der Bildung des Skelettes in Beziehung stehen. Nach- dem man die sehnige Eudausbreitung des Seitenmuskels entfernt hat, 496 Wirbelthiere. zeigt sich eine dicke Muskelmasse bloss gelegt, welche sich leicht in zwei Hälften, den oberen und unteren tiefen Muskel, zerlegen lässt. Die Bündel setzen sich einerseits an die Seiten der letzten Wirbel, anderseits an die Basis jedes Flossenstrahles. — Unter dieser Masse findet sich eine Maskelschicht, deren Bündel fächerförmig von dem letzten Wirbel zu der Basis eines jeden Strahles sich begeben. Dies ist der mittlere tiefe Schwanz muskel. — Die erwähnten Muskelmassen dienen wesentlich zur Bewegung der Flosse im Ganzen. An die Strahlen selbst setzen sich die Aponeurosen des Seitennmskels und Bündel des oberflächlichen Schwanzmuskels, welche von den Apophysen des letzten Wirbels ausgehen. Ausserdem sind die Strahlen durch kleine, schiefe Bündel mit einander verbunden. Perca fluviatlUs. — Präparat des Kopfes ; die Haut und die Kette der Jugularknoclieu sind entfernt, in, Zwischenldefer; n, Nasensack; j, erstes Jugale ; oe, Auge; am}, am^, um^, die drei Abtheilungen des Kaumuskels; ra, Hebemuskel des Gaumen- bogens; eo, Heber des Kiemendeekels; do, Erweiterer des Kiemendeckels; trm, Tra- pezoideum ; r, Stachelstrahlen der Rückenflosse; r', dieselben verbindende Zwischen- haut; i, Seitenmuskel; d, Dentale; ar, Artieulare des Unterkiefers; m, Oberkiefer; int, Interoperculum ; pop, Praeoperculum ; br, Kieinenhautstrahlen ; op, Operculum; 7ns, oberflächliche Brustflossenmuskel; sop, Suboperculum ; Id, dorsaler Längsmuskel. Fische. 497 Da die verschiedenen am Kopfe entwickelten Bogen vielfach in einander greifen, ziehen wir es vor, die Kopfmuskeln schichtweise, wie man sie bei einer von aussen nach innen vorschreitenden Präpara- tion vorfindet, der Reihe nach vorzunehmen. Seitenfläche des Kopfes. — Nach Wegnahme der Haut und der Unteraugenschuppen sieht man vorzugsweise die Muskeln des Kiefer- und Kiemendeckelapparates , wie sie in Figur 207 dargestellt wurden. Die ganze Wangenhöhle zwischen der Orhita, den Kiefern und dem Vordeckel wird von einer grossen Muskelmasse ausgefüllt, dem Anzieher des Unterkiefers {31. massefer, am). Die aus dicht- gedrängten, schiefen Fasern gebildete Masse lässt sich in drei Theile zerlegen. Der obere (ani'^) entspringt hinten am Vordeckel und läuft in zwei Sehnen aus, von welchen die eine sich an den vorderen Dorsal- fortsatz des Oberkiefers ansetzt , während die andere sich mit der fleischigen Masse verwebt, welche die Innenfläche des Unterkiefers auskleidet. Die beiden unteren Massen verschmelzen oft , bilden aber jedenfalls zwei Sehnen, von denen die eine sich speciell an das Gelenk- bein des Unterkiefers festsetzt. An der oberen Grenze des Masseters treten einige, an dem Seiten- kamme des Schädels entspringende Muskeln hervor. Um sie ganz blosszulegen, muss man den Kaumuskel und den Kiemendeckel ent- fernen. Es folgen sich hier, von vorn nach hinten: der Heber des Gaumenbogen s (ra), ein dicker, dreieckiger Muskel, welcher sich oben an das Postfrontale , unten an das Metapterj^goideum und den Rand des Vordeckels ansetzt und den hinteren Rand der Orbita bildet; der Erweiterer des Kiemendeckels (do) , der vom Postfrontale sich zur oberen und vorderen Ecke des Kiemendeckels begiebt; die vier Heber des Kiemendeckels (eo), zwischen dem Schulterblatt einer- seits und dem Kiemendeckel anderseits , von welchen der hintere be- sonders deutlich ist, und endlich der Anzieher des Kiemen- deckels, zwischen dem Postfrontale und der hinteren Fläche des Deckels, auf dem er sich längs der erwähnten Querleiste ausbreitet. Nach Wegnahme des Kiemendeckels, des Oberkiefers und der oberflächlichen Muskeln kann man ein Präparat herstellen , wie es in Fig. 208 (a. f. S.) dargestellt ist. Abgesehen von den Muskeln der Kiemenbogen , die wir später im Zusammenhange betrachten werden, findet man noch welche, die zu dem Gaumenflügelbogen, dem Zungen- bogen und dem Schultergürtel in Beziehung stehen. Dazu gehören: der Anzieher des Gaumenbogens (a), ein grosser , unter dem Heber dieses Bogens am hinteren und unteren Rande der Orbita ge- legener Muskel, der vom Quadratbein zum Metapterygoideum geht; der Rautenmuskel (M. trapegoides, tr) , der das Schulterblatt an das Hinterhaupt befestigt, und der M. occipito-davicularis (oc) zwischen Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. 09 498 Wirbelthiere. dem Hinterhaupt, dem Schultergürtel und den oberen Schlund - knochen. Auf der Bauchfläche des Kopfes finden sich folgende, dem Unter- kiefer und Zimgenbogen angehörige Muskeln: der M. sterno-hyoideus {o\ der eigentlich nur eine Verlängerung des grossen Körpermuskels mit sehr weit abstehenden Myocommen ist und die Basis des Schulter- gürtels mit dem Zungenbeine und den beiden Unterkieferästen verbindet; der M. inte rmandibularis (mi) , welcher vorn die beiden Unterkiefer- hälften verbindet; der M. genio-hyoicleus (gh), der die Aussenfläche des Zungenbeinbogens bedeckt und sich vorn an die Unterkieferäste, Fio;. 208. M , /5,/t- Perca fluviaülis. — Das vorhergehende Präparat weiter fortgesetzt. Der Kieroendeckel, der Augapfel, Ober- und Unterkiefer sind linkerseits weggenommen. r?i, Zwischenkiefer; p, Gaumenhein; tra, Querbein; oo^ Riechbein; ss, Schulterblatt; a, Anzieher des Gaumenbogens ; a h, Anzieher des Hyo-mandibulare ; g h, Muse, genio-hyoideus ; Ä^, h^, h^, Mm. hyo-hyoidei ; o, M. sterno-hyoideus ; ir, M. trapezoides ; oc, M. occipito-clavicularis; «?,.?, vorderer oberflächlicher BrustflossenmuskeL; mj, M. intermandibularis; ?'ö, Kiemen- hautstrahlen ; h, Os hyoideum ; st, Os styloideum ; ;;/«, M. pharyngo-hyoideus ; jjce, M. pharyngo-clavicularis externus ; ^) c /, M. pharyngo-clavicularis internus; t, M. late- ralis; aS, Kiemenbogen; le, äussere Hebemuskeln der Kienienbogen ; n, Nasenkapsel; oi, unterer schiefer Augenmuskel; os, oberer schiefer Augenmuskel; dl, innerer gerader; de, äusserer gerader; di?i, unterer gerader; ds, oberer gerader Augen- muskel; c, Quadratbein; ma, Hyo-mandibulare. Fische. 499 hinten an die unteren Kiemenhautknoclien inserirt, und endlich der M. hyo-liyoideus {hh), der aus platten Bündeln besteht, welche die Kiemenhautknochen unter sich und mit dem Vordeckel verbinden und von welchen das unterste Bündel sich ausserdem auch an das Zungen- bein ansetzt. Man kann unter den Muskeln der Kiemenbogen zwei Gruppen unterscheiden , diejenigen der athmeuden Bogen und die des unvoll- ständigen Schlundbogens. Zu den ersteren gehören auf der dorsalen Seite: die äusseren Heber, vier an der Zahl, einer für jeden Bogen, die an ihrer Insertion am Hinterhaupte mit einander verschmelzen; rio;. 209 mp Perca ßuviatilis. — Das vorige Präparat noch -^-eiter foi-tgesetzt. Um die tieferen Theile zu zeigen, hat man linkerseits noch die Kiemenbogen weggenommen, li, innere Hebemuskeln der Kiemenbogen; td, quere dorsale Muskeln; mi , M. intermandi- bularis; gh, M. genio-hyoideus ; pli, M. pharyngo-hvoideus : pce, M. pharyugo-clavi- cularis externus; pci, M. pharj-ngo-claricularis internus; o, M. sterno-hvoideus : de, gerader äusserer Augenmuskel; di, gerader innerer; ds, gerader oberer; din, gerader unterer; os, schiefer oberer; oi, schiefer innerer Augenmuskel; mp, oberer tiefer Muskel der Brustflosse; da, vorderer Erweiterer; d, vom unteren Rande der Flosse zum GritFelfortsatze gehender Muskel; in, Zwischenkiefer; oo, Riechbein; p. Dach der ^Mundhöhle ; a, Anziehmuskel des Gaumenbogens ; tr, Trapezmuskel; fi, Schlüsselbein; os, Schulterblatt; ri, Kiemenhautstrahlen ; m, Unterkiefer ; /.Zunge; h /•, durchschnittene Kiemenbogen ; o', M. sterno-hvoideus. 32* 500 Wirbeltliiere. die weit beträchtlicheren inneren Heber (U), die, nur zwei an der Zahl, vom Hinterhaupte zum zweiten und dritten Bogen gehen; die dorsalen Quermuskeln (?(?), drei an der Zahl, die horizontal vom Hinterhaupte zu den drei letzten Bogen sich begeben, und endlich den Rückzieher der Kiemenbogen, eine bedeutende, zu beiden Seiten der Mittellinie gelegene Masse , die sich nach hinten an den Seiten der Wirbelsäule und nach vorn mit vier getrennten Bündeln an den Aufhängestücken der vier Bogen inserirt. Auf der Bauchseite finden sich vier schiefe Kiemenmuskelu, welche die Bogen mit den Copularknochen des Zungenbeinkörpers ver- binden, und ein mächtiger, dreieckiger Quermuskel, welcher den Zwischenraum zwischen den hinteren Kiemenbogen ausfüllt und an die Basis eines jeden Bogens Bündel, sowie einige gekreuzte Fasern an den iinteren Schlundbogen abgiebt. Die unteren Schlundknochen werden durch den langen , schiefen Schlun dz ungenb ein musk el (pli) mit dem Zuugenbogen in Ver- bindung gesetzt. Zwei 31. pJiaryngo-claviculares, ein äusserer (pce) und ein innerer (jjf?) verbinden die Schlundknochen mit dem Schulter- gürte], besonders dem Schlüsselbeine, und der Zwischenraum wird von einem Quermuskel ausgefüllt, der auf den Quermuskel der Kiemen- bogen folgt. Die Augenmuskeln werden wir bei Gelegenheit des Sehorganes besprechen. Extremitätenmuskeln. — An beiden paarigen Flossen können wir zwei Gruppen von Muskeln unterscheiden : die einen liegen auf der äusseren, die anderen auf der inneren Seite. Muskeln der Brustflosse. — Auf der äusseren Fläche liegt der mächtige, oberflächliche Vorder muskel (ms, Fig. 208), der mit ebenso viel Bündeln, als Flossenstrahlen vorhanden sind, sich an die Basis eines jeden ansetzt. Nach vorn zu verdickt sich der Muskel bedeutend und inserirt sich an den hinteren Rand des Schlüsselbeines. Unter ihm finden wir den tiefen Vordermuskel (wj^, Fig. 209), der unmittelbar die Aussenfläche der Armknochen bedeckt. Sein ver- breitertes Hinterende entsendet eine Sehne an die Basis eines jeden Flossenstrahles; das vordere Ende inserirt sich am Schlüsselbeine. Ueber diesen mächtigen, dreieckigen Muskel verläuft schief von unten nach oben der weit dünnere vordere Ausbreiter (da^ Fig. 209), der mit einer hinteren Sehne sich an den oberen Rand der Flosse ansetzt, während sein Vorderende an dem Schlüsselbeine inserirt. Er spreitet die Flossenstrahlen auseinander. Auf der Hinterfläche der Flosse finden sich: der oberflächliche Hintermuskel, eine dünne, senkrechte Muskelplatte, deren oberes Ende sich an den aufsteigenden Ast des Schlüsselbeines ansetzt, während das untere, mit ebenso viel Sehnenbändern als Strahlen vorhanden sind, Fische. 501 au deren Basis inserirt. Der tiefe Hinterm uskel ist der mäch- tigste Muskel auf dieser Fläche. Er erstreckt sich in horizontaler Richtung von dem unteren Rande des Schlüsselbeines zu der Basis der Flossenstrahlen. Der hintere xlusbreiter läuft in schiefer Rich- tung vom Rande des Schlüsselbeines unter dem oberflächlichen Muskel durch und heftet sich an die Basis des obersten Flossenstrahles. Der 31. styJo-daviciäarls (d) endlich verläuft zwischen dem Griffelfortsatz des obersten Basale und dem Schlüsselbeine. Muskeln der Bauch flösse. Aussenfläclie. Untere Mus- keln oder Senker. — Der oberflächliche dieser Muskeln wird durch die Entfernung des Tegumentes sofort blossgelegt; er heftet sich mit seinem verengten Vorderende an dasjenige der Knocheulamelle, wäh- rend das verbreiterte Hiuterende in eine sehnige Lamelle übergeht, die sich an die Basis aller Strahlen mit Ausnahme des äussersten Strahles festsetzt. Dieser besitzt seinen besonderen Muskel, den Aus- b reit er, dessen Vorderende sich an das Hüftbein ansetzt. Sodann finden wir, wie in der Brustflosse, einen tiefen Muskel, der das ganze Gerüst der P'losse bedeckt und Bündel zu jedem Flossenstrahle sendet. Obere Muskeln oder Heber. — Es finden sich ebenfalls drei, ein oberflächlicher, ein tiefer und ein Zusammenfalter. Der etwas schief verlaufende , oberflächliche Muskel setzt sich einerseits an die Basis der Flossenstrahlen , anderseits an die Beckenknochen , die er ganz bedeckt; ebenso wie der tiefe Muskel, der den Knochen un- mittelbar aufgelagert ist. Der Zusammenfalter ist unansehnlich; er heftet sich mit seinem hinteren Ende an die Basis der Flossen- strahlen, mit einer vorderen Sehne an das spitze Vordereude des Flossengerüstes. Nervensystem. — Das centrale System besteht aus dem Rückenmarke und dem Gehirne; das peripherische aus den Cerebro- spinalnerven und dem sympathischen Systeme. Das Rückenmark (j»e, Fig. 210, 212) ist von oben nach unten leicht abgeplattet ; es ruht unmittelbar auf dem Boden des Rücken- canales auf, den es bei Weitem nicht ausfüllt. Der Zwischenraum zwischen ihm und den oberen Bogen wird, wie bei den Cyclostomen, von einem fettigen Bindegewebe ausgefüllt. Das Rückenmark nimmt nach hinten allmählich ab und endet spitz am Anfange der Schwanz- flosse. Auf Querschnitten sieht man, dass seine beiden Seitenhälften nur durch eine centrale Brücke von Fasern zusammenhängen, sonst aber durch einen senkrechten Spalt oben wie unten getrennt werden. Die Fasern der Brücke bilden ein liegendes Kreuz und treten an der Peri- pherie in Bündeln aus, welche die oberen, sensitiven und die unteren motorischen Wurzeln der Rückenmarksorgane herstellen ; erstere treten auf der dorsalen, letztere auf der ventralen Fläche aus. Die Wurzeln 502 Wirbelthiere. vereinigen sich in einem ebenfalls kreuzförmigen , grauen , inneren Kerne, der aus kleinen Zellen besteht. Die in den Zwischenräumen der Kreuzschenkel und der Peripherie befindliche weisse Substanz wird von sehr dünnen Längsfasern zusammengesetzt, die auf Querschnitten eine feine Punktirung hei-vornifen. — Das verlängerte Mark {Myclencepliälon) {nia, Fig. 210) schwillt in dem Maasse an, als es sich der Schädelhöhle nähert; seine beiden oberen Bündel (er, Fig. 210) weichen zum ersten Male auseinander, um eine rautenförmige Durch- brechung zu bilden , auf deren Grunde man den Boden des Rücken- canales sieht; vor dieser Grube (o) schliessen sich die Schenkel wieder Y[o-, 210. zusammen und weichen dann aufs Neue zur Bildung einer deutlich begrenzten, dreieckigen Grube, der eigentlichen Rau- tengrube (/, Fig. 211), auseinander. Diese Grube wird theilweise von dem Klein- hirn bedeckt; sie wird nur durch das Aus- einanderweichen der Netzstränge {Cor- pora restiforinia) (er, Fig. 211) gebildet; auf ihrem Grunde sieht man die unteren Markstränge und an ihrem Vorderrande biegen sich die Netzstränge fast im rech- tan Winkel um , um die Klein hirn- schenkel zu bilden, mächtige Stränge, die sich vor und über der Rautengrube zu einer Art Brücke über den Zugang zum vierten Ventrikel vereinigen xind dann in die Masse des Kleinhirns aus- strahlen , welches gewissermaassen nur eine Anschwellung von ihnen darstellt. Das Kleinhirn, CerebeUum (c), ist eine knopfförmige, dicke Masse, die sich senk- recht hinter den Sehhügeln erhebt und deren Wände (c^ bis c'^, Fig. 212) aus zweierlei Formelementen zusammengesetzt sind. Aussen findet sich eine Schicht ver- ticaler Fasei"n , die sich unmittelbar in die oberflächliche Schicht der Vierhügel fortsetzt und nur in der Mittellinie einen engen Canal zur Verbindung mit der Höhle des Mittelhirnes frei lässt; der innere Kern wird von einer compacten Zellenmasse gebildet, in deren Mitte nur ein geringer, mit Bindegewebe ge- füllter Raum für die darin verlaufenden Perca fluviatilis. — Das von seinen Hüllen befreite Gehirn von oben. /, Yorderhirn ; lo, Sehlappen; c, Kleinhirn; no^ Riechnerv; to, Riechknoten ; t m, Nervus trochlea- ris ; ac. N. acusticus; trj, N. trigeminus; om, N. oculo-motorius ; op , Augenast des Trigeminus ; v, N. vagus ; sn, Xasensack ; nia, ver- längertes Mark : /Tie, Rückenmark. Fische. 503 Blutgefässe frei bleibt, üntei- dem Kleinhirn erstrecken sich die stets vereinigt bleibenden Unterstränge des verlängerten Markes, die in die unteren Hirnlappen eintreten. Vor dem durch das Kleinhirn und das verlängerte Mark reprä- sentirten Hinterhirn und Nachhirn folgen sich deutlich erkennbar und auf derselben Ebene des Schädelgrundes hinter einander gereiht das Mittelhirn, Zwischenhirn, Vorderhirn und die Riechlappen oder Riech- knoteu. Das Mittelhirn ist der am mächtigsten entwickelte Hirntheil. Bei der Ansicht von oben (lo, Fig. 210) zeigt es zwei in der Mittel- linie sich berührende ovale Massen, deren hintere Ausweichung von dem Kleinhirn überdeckt wird , während in die vordere Kerbe die Lappen des Vorderhirnes sich einlegen. Diese beiden, auch Sehhügel genannten Massen sind hohl; ihr gewölb- tes Dach ist ziemlich dünn und durch eine Längsfurche in zwei Hälften getheilt. Bei der makroskopischen Präparation ^ lässt sich das Dach in zwei Schichten j (o, &, Fig. 211) theilen; auf queren Durch- «> schnitten erkennt man in der oberfläch- lichen Schicht folgende, von aussen nach innen sich folgende Lager. Eine dünne Faserschicht mit unregelmässig zerstreu- ten Kernen ; eine dünne Schicht von Längsfasern, deren quer durchschnittene Bündel wie unregelmässige , grosse , helle ■ Flecken sich ausnehmen ; eine dicke , der Aussenschicht ähnliche graue Schicht, die man auch die Grundsubstanz genannt hat, und dann wieder eine dünne Schicht von Längsfasern, die auf wenigen Quer- fasern aufruhen. Die innere Schicht des Daches besteht wesentlich aus einer Zellen- masse , deren untere Fläche mit einem Pflasterepithelium ausgekleidet ist. Unter einer geringen Vergrösserung zeigt diese Unterfläche parallele Linien , die schief von hinten und unten nach vorn und oben verlaufen. Wie schon bemerkt, biegt sich das Dach der Sehhügel in der Mittellinie zu einer Furche ein, welche von einem Längsfaserbündel gestützt wird, das mau den Torus Perca fluviutUis. — Dorsale An- sicht eines Gehirnes, dessen Seh- hügeldach durch einen Horizontal- schnitt abgetragen ist. Doppelte Grösse. a, äussere Schicht des Sehhügeldaches; h, innere Schicht; c, c?, V'ierhügel; co., Sehhügel; c r, Netzstränge ; /, Rautengrube ; <, Riechknoten; /, Riechlappen; et, Quercommissur ; o, Aussprei- tung der oberen Kleinhirnbündel ; c, Kleinhirn. 504 Wirbelthiere. (iö, Fig. 212) genannt liat. Dieses, an seinem Anfange in der Nähe der Vierhügel schmächtige Bündel schwillt nach vorn hin mehr und mehr an, eine Längsfurche bildet sich auf seiner Unterfläche aus und, schliess- lich verbindet es sich mit dem Boden der Höhle der Sehhügel in ihrem vorderen Abschnitte. Der Torus steht immer in unmittelbarer Ver- bindung mit den Querfasern, welche die Grundsubstanz stützen. Der Boden der Höhle der Sehhügel ist nicht eben; er zeigt einige über einander liegende Wülste, von welchen die bedeutendsten un- mittelbar so an dem Kleinhirn anliegen, dass der hintere (a, Fig. 211) theilweise den vorderen deckt. Eine seichte Längsfurche zeigt sich auf der Mittellinie. Man hat diese Wülste die Vierhügel {tu, Fig. 212. er ff y' nop h ur ^ •/" Perca Jliiviatllis. — In der Nähe der Mittellinie geführter Sagittalschnitt des Hirnes und der oberen Theile des Schädels. Gundl. Oc. 0, Obj. 00. Mit der Camera clara aufgenommene, aber dann reducirte Zeichnung, g, fettiges Füllgewebe ; t, Tegu- ment ; p a, Pallium ; p a^, Brücke über die das Vorderhirn p r von den Eiechknoten to trennende Furche; p, Epiphyse ; p a'^, Theil des Palliums, welcher den Stiel der Epiphyse umhüllt; pa^, Theil des Palliums, welcher das Mittelhirn von innen aus- kleidet; pa*, dasselbe, die äussere Auskleidung des Mittelhirnes bildend; to, Torus; y, Ge'fäss ; a^, Fig. 212), aber statt sich eng an die Oberfläche der Streifenhügel anzulegen, erhebt sie sich gewölbeartig über dieselben (p«) in einiger Entfernung und erreicht so den Stiel Fische. 507 der Epiphyse etwa in der Mitte seiner Länge. Sie umhüllt diesen Stiel von allen Seiten, senkt sich mit seiner Wurzel unter die \\'ölbung des Mittelhirnes, deren innere Fläche sie auskleidet, bildet in der Höh- lung derselben einen sehr gefässreichen Wulst (Plexus choroideus) und setzt sich in alle inneren Höhlungen fort, in den Hirntrichter, auf die Vierhügel bis zur Rautengrube. Man hat den vorderen, über die Streifenhügel hinaus gewölbten Theil des Gebildes den Mantel (Pal- lium) genannt. Er entspricht ohne Zweifel dem bei den höheren Wirbelthieren entwickelten Gewölbetheil des Yorderhirnes , der dort sogar die grösste Masse dieser Hirnabtheilung bildet , während bei dem Barsche, wie bei den übrigen Teleostieru, dieser Gewölbetheil nur durch die erwähnte Bildung repräsentirt wird, an deren Innenfläche sich bei den höheren Wirbelthieren Xervensubstauz anlagert. Peripherisches Nervensystem (Fig. 214). — Die dorsale sensitive und die ventrale motorische Wurzel eines jeden Spinal- nerven (jj) liegen in derselben senkrechten Fläche. Die gegen ein- ander laufenden Wurzeln vereinigen sich unmittelbar nach ihrem Durchbruche durch die Wände des Rückenmarkscanales, so dass also jeder Spinalnerv gemischter Natur ist. Ehe die obere Wurzel sich mit der unteren vereinigt , bildet sie ein winziges Ganglion , das nur auf Durchschnitten deutlich erkennbar ist. Mit Ausnahme der vordersten und hintersten Paare haben alle Spinalnerven denselben Verlauf. Von den vorderen sprechen wir bei Anlass des Hypoglossus , mit welchem sie das Armgeflecht (Plexus l>rachialis) bilden. Jeder Spinalnerv theilt sich in zwei Aeste , einen oberen (J>), der in Haut und Muskeln des Rückens, und einen unteren (rtj, der sich auf den Seiten und der Bauchfläche verzweigt. Der obere Ast theilt sich bald in zwei Zweige , einen kürzeren vorderen (d) , der gerade nach oben steigt und etwa am unteren Viertel der Länge des Dornfortsatzes den hinteren Zweig (e) des vorhergehenden Nerven trifft und sich mit ihm vereinigt. Dieser hintere Zweig verläuft schief nach oben und verschmilzt mit dem vorderen Zweige des folgenden Nerven , wie gesagt , in dem Augenblicke, wo er den Dornfortsatz des folgenden Wirbels erreicht. Jeder längs den Dornfortsätzen aufsteigende Nerv erhält demnach Fasern von zwei auf einander folgenden Spinal- nerven. Er folgt den Dornfortsätzen bis zu den Zwischendornmuskeln und verzweigt sich in diesen, sowie in den Flossenmuskeln. — Die Bildung der unteren Aeste der Spinalnerven ist weit einfacher. Sie sind weit stärker und folgen in der Thoraxgegend den Rippen , an welche sie sich anlegen. In der Schwanzgegend nähern sich die Aeste der Mittellinie und legen sich an die Hämophysen an. Von der Theilungsstelle der Wurzeln eines jeden Spinalnerven geht ein feiner Verbiuduugszweig (/) zu dem Nerven der Seiteu- linie. 508 Wirbelthiere. Die zur Schwanzflosse sich begebenden Nerven zeigen eine ab- weichende Anordnung. Jedes der letzten fünf Spinalnervenpaare ent- sendet aus dem dorsalen wie ventralen Aste einen starken Zweig zur Flosse. Alle diese Zweige verschmelzen mit einander und bilden zwei parallel laufende Nervenstämme, die sich in den Muskeln der Flosse verzweigen. Die Hirnnerven (Fig. 214) zeigen denselben Grundplan der Anordnung, wie bei den Cyclostomen, wenn auch mit erheblichen Ab- weichungen. Wir betrachten sie ebenfalls von hinten nach vorn. Fio-. 214. r , Fig. 216), die sich leicht abpinseln lässt; zerzupft zeigt sie sich unter dem Mikroskop aus einer Menge platter und mit einander verfilzter Stäbchen gebildet; 2. einer Schicht von Blutgefässen (/), die nach allen Richtungen hin sich ver- zweigen; 3. einer schwarzen Pigmentschicht (g) , deren Züge mit den äusseren Schichten der Retina in inniger Verbindung stehen. Diese innere Pigmentschicht ist ebenfalls sehr reich an Gefässen, welche in die kleinsten Zwischenräume der körnigen Pigmentmassen eindringen und Fio-. -216. Perca ßiiviatllis. — Querschnitt der Sclerotica und Choroidea. Veriek, Oc. 3, Obj. 2. Camera dam. a, Sclerotica ; 6, Silberschicht ; c, äusseres Blatt der Hüllmembran der Choroidealdrüse ; c^, inneres Blatt derselben ; (7, Choroidealdriise : /, Gefässschicht ; g, Pigmentschicht: hg, Augenmuskel. SO häufig auf der Innenfläche noch eine fast zusammenhängende Schicht darstellen. Ausser der Iris mit ihren Gebilden, von welchen später die Rede sein soll, bildet noch die Choroidea im Inneren der hinteren Augen- kammer eine vorspringende Längsfalte, in welche Nerven, Gefässe und einige musculöse Längsfasern eingeschlossen sind. Das Sichel- band {Ligamenium fniciforme), wie man diese Falte genannt hat, 516 Wirbelthiere. nimmt an der Eintrittsstelle des Sehnerven, wo sich dieser zur Retina entfaltet, seinen Ursprung. Es ist eine feine, weissliche, in eine Strahlen- falte der Retina eingeschlossene Lamelle, welche von dem Augen- grunde bis in die Nähe der Iris sich erstreckt, dort sich erhebt und an die Glocke {Campaniüa Hälleri) sich ansetzt. Diese ist ein kegel- förmiges Gebilde , das mit seiner schmalen Spitze sich an den unteren Rand der Linsenkapsel anheftet und dessen breite Basis mit Pigment überzogen ist. Dieser ganze Apparat, der durch das Zurückziehen der Linse zur Accommodation dient, geht ebenso wie der Kamm im Auge der Vögel, aus der embryonalen Augenspalte hervor, deren Richtung das Sichelband einhält. Die Choroidea nebst der Silberschicht biegen sich, wie gesagt, an dem Grenzkreise zwischen Cornea und Sclerotica nach innen ein, um den senkrechten Blendschirm der Iris zu bilden, welcher die innere Höhlung des Augapfels in zwei Kammern theilt, die sehr kleine vor- dere Augenkammer zwischen Iris und Cornea, die mit einer wässerigen Plüssigkeit, dem Humor aqueus , gefüllt ist, und die geräumigere hintere Augenkammer, welche die Linse, die Glocke, das Sichelband und den Glaskörper enthält. Die Iris ist von der centralen Pupille durchbohrt, die eine länglich-eiförmige Gestalt hat und deren iinterer Rand tiefer ausgeschnitten ist als der - obere. Die Iris besteht aus zwei häutigen Schichten, einer äusseren Silberhaut, deren Metallglanz nicht dieselbe Farbe hat bei allen Exemplaren, und einer inneren Schicht, Fortsetzung der Choroidea, die hinten mit dickem, schwarzem Pigment belegt ist. Die Pupille des Barsches ist, wie gewöhnlich bei Fischen, sehr wenig ausdehnbar. Da die Linse durch das den Fischen eigen- thümliche Sichelband accommodirt werden kann, so sind die Ciliarfort- sätze nur sehr wenig entwickelt und auf einige Kreisfasern reducirt, welche man das Ciliarband genannt hat. Die innerste Augenhülle, welche die hintere Kammer auskleidet, ist die Retina. Sie zeigt bei der Ansicht von innen zahlreiche Falten, welche von einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte, der Eintrittsstelle des Sehnerven, nach der Peripherie hin ausstrahlen. Je nach den Regionen ist sie von ungleicher Dicke; eine feine Fortsetzung schlägt sich mit der Choroidea auf die Iris um, deren hintere Fläche sie über- zieht. Auf Durchschnitten zeigt die Retina zahlreiche, von ver- schiedenen Elementen gebildete Gewebeschichten, die wir von innen nach aussen aufzählen (Fig. 217). Die innere Grenzschicht {Limitans interna^ a) ist eine feine Haut, die in der Nähe der Eintrittsstelle der Sehnerven platte Kerne zeigt; unter diesen liegen grosskernige Zellen, von deren Wänden Radialfasern ausstrahlen, welche in die folgende Schicht (h) ein- dringen. Fische. 517 Die Schicht der S eh ii erven fasern (c) ist in dem Grunde an dem Eintritte des Nerven weit mächtiger, als in der Nähe der Iris; man sieht in den Geflechten regellos zerstreute, ovale Kerne. Die raultipolaren Zellen (d) bilden ein einschichtiges Lager ; von ihnen gehen feine P^ortsätze in die folgende Schicht, welche sich nur schwer weiter verfolgen lassen. Der Hirnplexus {e, e') bildet eine breite, durchsichtige, kernlose Zone, welche aus ?wei Lagern besteht, einer inneren helleren (e) mit weiten Maschen und einer äusseren (e) dunkleren mit engeren Maschen. Unipolare Zellen (/) , Stützzellen (/') und bipolare Zellen (/") bilden, vielfach vermischt, eine sich lebhaft färbende Fig. 217. Schicht; die Stützzellen senden Ausläufer a- in den Hirnplexus. Interstitielle Basalzellen (g), grosse, runde Zellen mit sehr deutlichen Kernen. In der Nähe der Eintrittsstelle des Sehnerven sind sie einschichtig, wei- terhin gegen die Iris werden sie zahl- reicher und bilden mehrere Schichten. Der Basal plexus (li) ist weit dün- ner als der Hirnplexus; die wenig ge- färbten Fasern bilden nur eine dünne Schicht. Die runden äusseren Basalzellen (7.:) sind nur klein: sie mischen sich mit der Kernschicht der Stäbchen und Zapfen. Die Kerne der Stäbchen und Zapfen (/) sind lang gezogen, stark Perca jluviatUis. — Querschnitt körnig, färben sich leicht und werden der Retina. Verick, Oc. 3, Obj. 2. ^^^ den Stäbchen und Zapfen selbst durch Camera clara. u , Limitans in- . , , , . ..,_.. +^,. „. A P„,r„if„. . 17 eine dünne, aber deutliche dunkle Linie terna; o, Kadialtasern ; c, lasern _ ' des Opticus ; d, multipolare Zellen ; geschieden. e,e', Hirnplexus; /, unipolare Zel- d{q Stäbchen und Zapfen (m) len; f, Stützzellen; f", bipolare ■ j • tii i t -l rf ■ -l r, ■, . , . . ,, il , sind ziemlich lang und durch Zwischen- zellen; g, interstitielle Basal- t^ ^ Zellen; h, Basalplexus; k, äussere f^ume getrennt;^ ihr äusseres Ende ragt Basalzellen; /, Kerne der Stäbchen in eine dicke Pigmentschicht (n) hinein, und Zapfen; m, Stäbchen und die ihre Enden gänzlich umgiebt und in Zapfen ; n, Pigmentschicht. ^^g Pigment der Choroidea übergeht. Die lichtbrechenden Elemente des Auges, welche die Bäume zwischen den beschriebenen Hüllen einnehmen , bestehen aus dem Humor aqueus, der nur in sehr geringer Quantität die abgeplattete vordere Augenkammer ausfüllt, sodann aus der Linse. Diese ist sehr 518 Wirbeltliißre. gross, fast kiigelruud und erfüllt den grössten Theil der hinteren Augenkammer. Sie zeigt eine aus Zellen gebildete Kapselliülle und einen Innenkörper, welcher an der Peripherie weicher, gelatinös, gegen die Mitte hin härter ist. Der Glaskörper, der in geringer Menge den Rest der hinteren Augenkammer füllt, hat eine Syrupconsistenz, ist sehr durchsichtig und klebt der Linse fest an. Neben Organe des Auges. — Zwischen der Silberschicht und der Gefässschicht der Choroidea liegt ein den Fischen eigenthümliches Gebilde, die sogenannte Choroidealdrüse (d, Fig. 216). Es ist eine rothbraune, voluminöse Masse, welche in einem Bogen, dessen Centrum der Sehnerv bei seinem Durchbruche durch die Choroidea darstellen würde, herumgekrümmt ist. Bei einiger Sorgfalt lässt sich das Gebilde leicht von der Choroidea ablösen. Es ist überall von einer feinen Faserhülle umgeben (e, e, Fig. 216). Am inneren Rande des Bogens sieht man ein grosses Blutgefäss, welches sich in mehrere Canäle verzweigt, die in die Masse eindringen und sich in eine Unzahl paralleler, senkrecht auf die Axe des Organes gerichteter Gefässchen auflösen. Diese münden schliesslich in eine Reihe sinusartiger Räume am Rande der grossen Krümmung. Das Organ ist keine Drüse, sondern ein Wundernetz. Augenmuskeln (Fig. 209). — Es finden sich deren sechs, zwei schiefe und vier gerade. Der äussere gerade Muskel (de) ist der längste von allen. Er entspringt mit einer dünnen Fascie an der ventralen Seite des Schädeldaches in der Nähe des Grundbeines, breitet sich bei seinem Eintritte in die Augenhöhle etwas aus, be- schreibt einen fast rechten Winkel und setzt sich an den hinteren Rand des Augapfels. Der innere gerade Muskel (di) entspringt an der Eintrittsstelle des Sehnerven , schlägt sich unter dem Aug- apfel durch nach vorn und setzt sich an der Peripherie desselben au der inneren Seite an. Der obere gerade Muskel (ds) entsteht ebenfalls am Sehnerveneintritte, geht etwas schief von hinten nach vorn und oben und setzt sich an den oberen Rand des Augapfels an, wo er sich etwas mit dem oberen schiefen Muskel kreuzt. Der untere gerade Muskel (din) läuft in entgegengesetzter, etwas schiefer Richtung von dem Sehnerven zu dem unteren Rande des Augapfels, wo seine zu einer breiten Fascie sich spreitenden Fasern mit denjenigen des unteren schiefen Muskels sich kreuzen. Der obere schiefe Muskel (os) entspringt mit breiter Basis am Ethmoidknorpel und setzt sich, nach hinten laufend, an den oberen Rand des Augapfels. Der untere schiefe Muskel (oi) entspringt nahe dem vorigen, ebenfalls am Ethmoidknoi'pel, wendet sich aber schief von innen nach aussen und setzt sich an den Unterrand des Augapfels an. Gehörorgan (Fig. 218). — Aeusseres und mittleres Ohr fehlen ; es giebt nur ein inneres Ohr, das in eine weite Nebengrotte der Fische. 519 Schädelhöhle eingeschlossen ist, welche in der ganzen Ausdehnung ihrer Innenseite mit dieser communicirt. Um das häutige Laby- rinth ohne Verletzung aufzudecken und zu isoliren, spaltet man den hinteren Theil eines mit Salpetersäure entkalkten Kopfes durch einen senkrechten , genau in der Mittellinie geführten Längsschnitt. Man erhält so zwei Hälften, deren jede ein Ohr einschliesst. Man pinselt nun soi'gfältig das Gehirn weg, legt auf diese Weise schon einen Theil der halbkreisförmigen Canäle bloss und es ist nun leicht, das Fett- gewebe zu entfernen, welches die Zwischenräume erfüllt, und so das ganze Labyrinth zu isoliren, so dass man zur genaueren Untersuchung der einzelnen Theile schreiten kann. Selbstverständlich muss diese Untersuchung unter Wasser vorgenommen werden. Man sieht nun Folgendes (Fig. 218). Der Utriculus (ti) ist ein längsgerichteter, centraler Sack, in welchen die verschiedeneu Canäle einmünden. Von der Mittelgegend Fiff. 218. cp-. Perca ßuviatäis. — Das Hörlabyrinth, _iviei-fach vergrössert. A, Ansicht von aussen, B, von innen, v, Utriculus; s, Sinus superior; «, Apex; r, Anschwellung des Utri- culus; ua, vordere Ampulle; ae, äussere Ampulle; ca, vorderer halbkreisförmiger Canal ; ce, äusserer Canal ; c/;, hinterer Canal ; ap, hintere Ampulle; sa, Sacculus ; /, Lagena ; rn, Eamus neglectus ; t, Hörplatte des Utriculus; ts^ Hörplatte des Saccu- lus; e, Otolith; '/•«, Nervenast zur vorderen Ampulle; ^j , Papille der Lagena; en, Ductus endolymphaticus. seiner dorsalen Fläche erhebt sich auf der inneren Seite der obere Sinus oder gemeinsame Canal (s), ein cylindrisches Rohr, welches senkrecht gegen die Schädeldecke ansteigt und an seinem oberen Ende in zwei Canäle , den vorderen und hinteren halbkreisförmigen Canal übergeht. An dem Gipfel des Sinus und an der Vereinigungs- stelle der drei Canäle stülpt sich ein kleiner kegelförmiger, an der Spitze geschlossener Zipfel aus, der Apex (a), dessen oberes Ende das Schädeldach berührt. Am vorderen unteren Rande des Utriculus 520 Wirbeltliiere. findet sich eine kleine Erweiterung (r), welche ein sehr kleines, weiss- liches Gehörsteinchen enthält; darüher liegen zwei rundliche Auf- treibungen, die vordere Ampulle (aa), von welcher der vordere halbkreisförmige Canal(ca) entspringt, und die äussere Am- pulle (ae), von welcher der gleichnamige Canal (ce) seinen Ursprung nimmt. Der vordere, längere Canal verläuft anfangs horizontal, wendet sich aber dann nach oben, um schliesslich in den oberen Sinus zu münden ; der äussere halbkreisförmige Canal krümmt sich in einer horizontalen Ebene , dringt in die äussere Knorpelwand der Ohrhöhle ein und mündet schliesslich in das hintere Ende des Utriculus in der Nähe der hinteren Ampulle (ap). Von dieser läuft der hintere Canal(cjJ)) aus, der ebenfalls in der gi-össten Strecke seines Bogens von Knorpel umschlossen ist, aus welchem er hervortritt, um an dem Apex in den oberen Sinus zu münden. Unter dem Utriculus und mit ihm in directer Verbindung findet sich ein weiter, seitlich abgeplatteter Beutel von eiförmigem Umrisse, der Saccul US (sa), der einen sehr grossen, ebenfalls abgeplatteten Oto- lithen mit stark gezähneltem hinterem Rande enthält. Am vorderen Rande des Sacculus befindet sich eine kleine, mit dessen Höhlung in Verbindung stehende häutige Tasche, die ebenfalls einen kleinen Oto- lithen enthält, die Lagena (?). Von ihrem oberen Rande steigt auf der Innenseite ein an die Wand des oberen Sinus angeklebter, senk- rechter Canal auf, der nahe bei der Macula negJeda in den Sacculus mündet und dessen oberes blindes Ende etwa die Hälfte der Länge des Sinus erreicht; es ist der Ductus endolympliatictis (en). Mehrere Zweige des Hörnerven, die man bei aufmerksamer Prä- paration grosser Thiere leicht makroskopisch darstellen kann , ver- theilen sich in dem Labyrinthe und begeben sich, im Inneren der Ampullen, zu den darin vorspringenden Hörleisten, oder in den übrigen Theilen zu besonderen fleckenartigen Hörplatten. Der vordere Am- pullarnerv (rö) und der äussere Ampullarnerv (re) begeben sich zu den Gehörleisten der gleichnamigen Ampullen. Die kleine Seitentasche (r) mit ihrem Otolithen erhält einen besonderen Nerven- zweig, der sich in der darin befindlichen Utricul arplatte (t) ver- zweigt. Der Sacculus ist sehr reich an Nerven; ein bedeutender Stamm verzweigt sich pinselartig in der grossen Saccul arplatte (ts). Die Lagena besitzt eine warzenförmige Platte, die Lagenarpapille (p) mit einem besonderen Zweige und ausserdem begiebt sich noch ein feiner Zweig, der von Retzius entdeckte Mamus neglectus (rn), zu einer kleinen, an der Mündung des Ductus lymphaticus gelegenen Platte, der Macula negJecta. Feine Durchschnitte veranschaulichen die Art, wie die Nerven in den Hörtheilen enden. Jede Hörleiste (Fig. 219) besteht aus zwei Arten von Zellen. Die einen (a) sind verlängert, in der Mitte Fisclie. 521 ihrer Länge, wo der Kern sitzt, etwas bauchig und an ihrem freien, in das Innere der Ampulle ragenden Ende mit mehr oder minder steifen Härchen besetzt. Unter der einfachen Schicht dieser eigent- lichen Hörzellen finden sich regellos zusamraengehänft weit kleinere Stützzellen (h), unter welchen die Nervenfäserchen (c) sich zeigen. Fis. 219. Querschnitt einer Hörleiste. Verick, Oc. 3, OLj. 2. Camera clara. a, lange Sinneszellen; b, Stützzellen; c, XervenencLigung. V er dauun g s sy st em. — Es beginnt mit der weiten Mund- höhle, die äusserlich von den Kiefern, oben vom Yomer, dem Para- sphenoideum und den Gaumenbeinen, unten von dem Zungenbein be- grenzt wird. Die Zunge springt kaum auf dem Boden der Mundhöhle vor, sie ist nur ein von Bindegewebe gebildeter Wulst ohne Muskeln. Die sehr kleinen und hart an einander gedrängten Bürstenzähne bedecken die inneren Flächen des Zwischenkiefes, des Zahnstückes vom Unterkiefer, des Gaumenbeines und des Vomer. - — Die Racheu- höhle oder Pharynx wird grösstentheils von den Kiemenbogen, hinten von den oberen und unteren Schlundknochen gebildet , die ebenfalls Bürstenzähne tragen. Der darauf folgende Schlund ist ein weiter Trichter mit inneren Längsfalten; er geht schief nach nnten und hinten in den Magen (e, Fig. 196) über, der ein langer und weiter Blindsack ist mit sehr ausdehnbaren Wänden. Etwa in der Mitte seiner Länge geht von seiner dorsalen Fläche der Darm {/) ab, welcher zuerst eine Schlinge nach links, dann eine zweite nach rechts gewendete Schlinge beschreibt und hierauf, etwas erweitert, in gerader Richtung längs der ventralen Mittellinie sich zum After erstreckt. In seiner ganzen Länge wird der Darm von dem Peritoneum um- fasst, das da, wo es die hintere Fläche des Kiemenapparates bekleidet, eine bedeutende Dicke erreicht, während die Mesenterialfalten meist auf schmale Aufhängebänder reducirt sind, in welchen zwischen vielem Fett die Gefässe und die feinen Nerven vom Sympathicus verlaufen. Drei cylindrische Blindsäcke, die Pyl o rus an h ä u g e (öj;, Fig. 196). öffnen sich in dem Darm kurze Zeit nach seinem Austritte aus dem Magen. Man hat den Darmabschnitt zwischen Magen und Darmschlinge auch das Duodenum genannt. Betrachten wir einige dieser Theile im Einzelnen. Die Zähne sind kleine, conische Gebilde mit einer inneren Höhle, die mit einer erweiterten Basis auf dem betreffenden Knochen auf- 522 Wirbelthiere. Fio-. 220. sitzen. Man liat sie B ürst en zäline genannt, könnte sie aber besser in ibrer Gesamnitbeit mit einem Striegel vergleicben. Jedes dieser spitzen Zäbnchen trägt auf der freien Krone ein dünnes Käppchen von durcbsicbtigem, homogenem Scbmelz; der Zabnkörper ist von Zahnbein mit Canälchen gebildet und in der inneren Höhle verlaufen, von Zahn- pulpa umhüllt, die Nerven und Gefässe. Die Längsfalten des Schlundes setzen sich im Inneren des Magens bis zu dem Pylorus, der Oeffnung in den Darm, fort; der unterhalb des Pylorus befindliche Blindsack zeigt dagegen unregelmässige, aber weiter in das Innere vorspringende Falten. Die äussere glatte Hüll- haut des Magens wird von einer dünneu Peritoneallamelle gebildet, deren sehr abgeplattete und durch Intercellularräume getrennte Zellen nur eine Schicht bilden. Darauf folgt eine dünne Schicht von Längsmuskelfasern mit deut- lichen ovalen Kernen, in welcher zahlreiche Blutgefässe verlaufen. Nach innen findet sich dann eine dicke Schicht von queren Muskelfasern, die auf Querschnit- ten wie Bändchen erscheinen, an welchen Kerne ansitzen. Die innere Schleimhaut ruht auf einer Lage von Bindegewebe, welches sich im Inneren der Fal- ten erhebt und deren Kern bil- det. Die Verdauungszellen der Schleimhautfalten zeigen eine eigenthümliche Anordnung. Man Ti sieht weite Maschenräume, die von deutlichen , aber sehr dün- nen Wänden aus Bindegewebe begrenzt sind. An den Berüh- rungspunkten der Maschenwände sieht man meist einige platte Kerne. Das Centrum eines jeden Maschenraumes wird von einem -ii^*^'' fS'''^^^£^& ^^^i—(L Perca fliwiaülis. — Querschnitt einer Darm- ^otte. a, äussere Peritonealhülle ; 6, Längs- rauskelschicht; c, Durchschnitte von Gefässen; d, Kreismuskelschicht; e, Bindegewehe; (/, lange Cylinderzellen der Oberfläche. runden Haufen langer Zellen eingenommen , in dessen Peripherie man Kerne sieht. Die Schleimhaut der Pylorusa n hänge zeigt zahli'eiche, in allen Richtungen sich kreuzende Fältchen, welche ein dichtes Netz bilden. Die histologische Structur ist übrigens derjenigen der Magenftilten gleich. Auf Querschnitten (Fig. 220) zeigen die Wände des Darmes, wie die des Magens, eine äussere, sehr dünne Peritonealhülle mit zer- Fische. 523 streuten, platten Kernen (et), eine dünne Längsmuskelschicht (h) , in welcher zahlreiche Blutgefässe sich verzweigen (c) , dann eine dickere Schicht von glatten , queren Muskelfasern (d) , mit dicken , ovalen Kei'nen , deren Längsaxe derjenigen der Fasern parallel gerichtet ist, und endlich die Bindegewebsschicht (e) mit kleinen, runden Zellen- kernen. Die Schleimhaut zeigt Zotten von verschiedener Gestalt, die oft so lang sind, dass ihre Spitzen im Darmlumen sich in der Mitte berühren. Auf Querschnitten erscheinen sie fadenförmig oder drei- eckig, besetzt mit sehr langen Cylinderzellen (g) , die senkrecht zur Längsaxe der Zotte stehen. Zuweilen weichen diese Zellen aus ein- ander und lassen Räume zwischen sich, welche dem Durchschnitte einer einzelligen Drüse ähnlich sehen. Der freie , innere Rand der Zelle ist scheibenförmig verdickt und zuweilen sieht diese Scheibe so aus, als sei sie von verklebten Wimpern gebildet. Der meist in die Länge gezogene Kern findet sich am inneren Ende der Zelle. Der Afterdarm (re, Fig. 196) ist von dem Darme durch eine etwa zwei Millimeter hohe und nach hinten gerichtete, innere Kreis- falte der Schleimhaut geschieden. Verdauungsdrüsen. — Die Leber (/, Fig. 195, 196) ist eine voluminöse Drüse von brauner Farbe, welche der den Kiemenkorb ab- schliessenden Peritonealverdickung mit ihrem vorderen Ende unmittel- bar anliegt. Sie erstreckt sich bis zum Ende des Magenblindsackes und erfüllt so den ventralen Theil dieses Abschnittes der Bauchhöhle. Von unten her gesehen zeigt die Leber einen fast halbkreisförmig aus- geschnittenen Vorderrand, dessen rechter Schenkel weit länger als der linke ist. Der Hinterrand ist dagegen schief und unregelmässig aus- geschnitten. In dem tiefsten Ausschnitte liegt einer der Pylorusauhänge. Von einer Trennung in einzelne Lappen, wie bei den höheren "Wirbel- thieren, kann man nicht sprechen. Die Gallenblase (vh, Fig. 196) liegt der Hinterfläche der Leber etwa in der Mitte in einer flachen Grube eingesenkt an. Sie macht sich meist durch ihre braune Farbe leicht kenntlich und hat die Form einer Birne, deren Stiel durch den Gallengang dargestellt wird; dieser mündet fast unmittelbar hinter dem Pylorus, den Oefi'nungen der Anhänge gegenüber. In den Darm. Von den Lebergängen, welche die Galle nach aussen führen, mündet nur ein einziger in die Blase nahe an ihrem Grunde; die übrigen münden in den Gallengang. Ein Pankreas fehlt bei dem Barsche. Die Milz (ra, Fig. 195, 196) liegt als kuchenförmiges , in die Länge gezogenes Gebilde von rothbrauner Farbe in der hinteren Darm- schlinge neben dem Magen. Sie ist sehr gefässreich. Die Schwimmblase (vn. Fig. 195) zeigt sich sofort nach Weg- nahme der Seitenmuskeln unter der Wirbelsäule als ein langer, glän- zender, weiter und aufgeblasener Sack, der sich vom Hinterhaupte 524 Wirbelthiere. c... durch die ganze Bauchhöhle bis zum After erstreckt. Sie ist hermetisch geschlossen, durchaus ohne Verbindung mit dem Darme, vorn und hinten etwas geringeren Durchmessers. Auf der Ventralseite ihrer Vorderhälfte sieht man plattenförmige Verdickungen, meist von lebhaft rother Farbe. Die zahlreichen Blutgefässe, welche in diese Gebilde eintreten , verästeln sich in eine Menge von so dicht an einander ge- drängten Canälchen, dass kaum Zwischenräume bemerklich sind und die Platte aussieht, als sei sie künstlich mit rother Farbe iujicirt. Es sind Wundernetze. Nieren (Fig. 221). — Unmittel- bar unter der Wirbelsäule zeigen sich die Nieren in der Bauchhöhle als zwei lange, bandartige, von dem Bauchfelle nur auf ihrer ventralen Seite überzogene Streifen, welche so in die Zwischenräume zwischen den Rippenköpfen eingekeilt sind, dass sie den Rippen gegenüber aus- geschnitten erscheinen. Nach hin- ten spitzen sich die beiden Streifen allmählich zu ; nach vorn verschmel- zen sie mit einander in der Mittel- linie und bilden am Hinterkopfe eine mächtige Masse, die Kopf- niere (re, Fig. 221), die von den Cardinalveneu (c) durchsetzt wird und vorn halbmondförmig ausge- schnitten ist. In diesem Ausschnitt liegen die Aorta und die beiden Rückziehmuskeln der Kiemenbogen {rt). Die Harnleiter (w) laufen längs der Mittellinie am Innenrande einer jeden Niere von vorn nach hinten ; sie beginnen in der Kopf- niere mit zahlreichen Aesten und erhalten längs ihres ganzen Ver- laufes Zweige, Am hinteren Nieren- ende vereinigen sie sich, um einen Perca fluvlutilis. — Die Nieren von der Ventralseite gesehen. Natürliche Grösse. ?•, Nieren; re, verdickte Kopfniere; ri, dorsale Eiickziehmuskeln der Kiemen- bogen; c, Cardinalvenen; a, Aorta; et, kurzen, gemeinsamen Canal (u^) zu Rippen; t) es, Harnblase; w, Harnleiter ; ^^i^^^ ^ i^, welchen der enge Hals m', Urethra ; ?r äussere Oeffnung der , ^^ , , , ^ . .. ^ , u . i--. j n der Harnblase {ves) einmundet. Harnwege ; o, Ausivihriingsgang der Ge- _ . . schlechtsorgane ; o\ Geschlechtsöffnung. Diese hat weissliche, ziemlich feste Fische. 525 Wände und liegt zwischen den Nieren und den Grenitalorganen. Der gemeinsame Ausführungsgang, die H arnr Öhre (tt^), ist nur sehr kurz; er mündet durch eine enge Oeffnung unmittelbar hinter der Genital- öffnung (o ) nach aussen. Geschlechtsorgane (f, Fig. 195, 196). — Da äussere Be- gattungs- und Hülfsorgane bei dem Barsche durchaus fehlen , so lässt sich das Geschlecht nicht von aussen erkennen. Die Geschlechter sind getrennt, aber die Genitalorgane, Hoden und Eierstock, haben genau dieselbe Lagerung und auch annähernd dasselbe Volumen. — Der ein- fache Eierstock bildet einen vorn angeschwollenen, nach hinten allmählich abnehmenden Sack, der durch eine kleine Oeffnung hinter dem After nach aussen mündet. Er liegt zwischen dem Rectum unten und der Harnblase und Schwimmblase oben im mittleren und hinteren Abschnitte der Bauchhöhle. Ein besonderer Eileiter kann nicht unterschieden werden; die nach hinten zur Röhre ausgezogenen Wände des Eierstockes ersetzen ihn. Auf den ziemlich dicken Wänden sitzen an der Innenfläche sehr zahlreiche, mehr oder minder dreieckige La- mellen auf, deren lacunöses Bindegewebe von zahlreichen Blutgefässen durchzogen wird und in deren Substanz sich die Eier entwickeln. Zur Zeit der Reife lösen sich die Eier von den Lamellen ab , fallen in die innere Höhlung des Eierstockes und werden nach aussen entleert. Je nach der Jahreszeit wechselt das Volumen des Eierstockes in sehr weiten Grenzen. Im Anfange des^Frühjahres ist er am grössten ; er erreicht dann den Magen und kann bei einem 30 Centimeter langen Barsche 70 000 Eier enthalten. Die Hoden sind zwei lange, kreideweisse . symmetrische Massen, die durch zahlreiche Bindegewebebrücken mit einander verbunden sind und nach hinten allmählich sich zuspitzen, um durch eine kleine, hinter dem After gelegene Oeffnung nach aussen zu münden. Die dünnen Wände entsenden nach innen lange, blätterartige Falten, auf welchen sich die Zoospermen entwickeln. Auf Schnitten sieht man diese als kleine Körner, deren kurzen Schwanzfaden man nicht mehr constatiren kann, obgleich er im Leben vorhanden ist. Athem Organe. — Der Respirationsapparat besteht aus den Kiemenblättchen, welche auf der convexen Seite der Kiemenbogen auf- sitzen. Früher bemerkten wir schon, dass es vier solcher wirklich ,athmenden Kiemenbogen giebt, die von vorn nach hinten zu an Grösse abnehmen. Bei Gelegenheit des Skelettes (S. 492) haben wir die Lage, Bildung und Gliederung dieser Kiemenbogen, sowie ihre Beziehungen zu den Schlundknochen einerseits und zu dem unteren von der Reihe der Copulae gebildeten Zungenbeinkörper anderseits näher beschrieben. Der erste Bogen trägt auf seinem vorderen concaven Rande zahl- reiche Dornen, welche mit zwei kleinen Fortsätzen auf dem Knochen des Bogens ansitzen. Diese Dornen sind selbst wieder mit zahlreichen 526 Wirbelthiere. kleinen Gräten besetzt, welche ohne Zweifel das Eindringen von Fremd- körpern in den Kiemenapparat verhindern. _ Die folgenden Bogen tragen nur stumpfe, mit kleinen Spitzen bewehrte Hügel. Auf dem rinnenartig ausgehöhlten, couvexen hinteren Rande des Bogens stehen der ganzen Länge nach in zwei Parallelreihen die Kiemenblättchen, die nach oben und unten an Grösse abnehmen und in der Mitte am längsten sind. An ihrer Basis sind diese Blättchen durch feine Längs- muskelfasern mit einander verbunden. Jedes Blättchen besitzt eine dünne Skelettaxe, die aus Knorpel gebildet ist. Auf den Flächen finden sich feine, dicht gedrängte Querfältchen, welche in dem Maasse dünner werden, als sie sich der Spitze des Blättchens nähern. In diesen Fält- chen verzweigen sich die respiratorischen Capillargefässe. Die Zwischen- substanz besteht aus zartem Bindegewebe und das Epitheliura zeigt zweierlei Zellen von runder Form , die einen gross und durchsichtig, die anderen klein und körnig. Die Pseudobranchie ist ein kleines, an das Hyomandibulare angeheftetes Organ, das dieselbe Structur zeigt, wie die Kiemen selbst. Es besteht aus einer geringen Anzahl von Kiemenblättchen mit knor- peliger Axe und erhält sein Blut von einem Zweige der Kopfarterien. Kreislauf (Fig. 222). — Das Herz (Fig. 196) liegt vorn am Kopfe etwas vor den Brustflossen in einem dreieckigen Räume, der ventral von den Massen des M. sternohyoideus, seitlich von dem inneren und äusseren M.jihayyngo-clavicularis, dorsal von dem queren Schlund- kopfmuskel und nach hinten von dem verdickten Bauchfelle begrenzt ist. Dieser ziemlich enge Raum ist innen von dem sehr dünnen Herz- beutel ausgekleidet. Das Herz selbst besteht aus drei Abschnitten, einem vorderen und zwei hinteren; im Ganzen hat es die Form einer dreiseitigen, liegenden Pyramide, dei'en Spitze sich nach vorn in den Arterienbulbus (b, Fig. 196) fortsetzt. Dieser oonische Fortsatz hat eine weissliche Farbe, dicke Faserwände und wird an seiner Basis von Kammer und Vorkammer bedeckt. Seine Innenfläche zeigt Längs- falten und in der Nähe der Communicatiousöffnung zur Kammer zwei Taschenventile, welche die Rückstauung des Blutes verhindern. Die Kammer (ve) hat eine röthliche Farbe; sie liegt in der ventralen Mittellinie und hat eine unregelmässige, nach hinten zugespitzte Form. Ihre aus starken gekreuzten Muskelbündeln gebildeten Wände sind sehr dick. Die Vorkammer (o) liegt über der Herzkammer, hat eine dunkel- braunrothe Farbe und zeigt nur schwache, weiche Muskelwände. Sie ist voluminöser als die beiden anderen Abschnitte und läuft nach hinten in zwei kurze Zipfel aus , welche in die Venensinus sich fort- setzen. Der Blutstrom wird in seiner Richtung von der Vorkammer durch die Kammer in den Bulbus durch Klappen erhalten, welche sich beim Rückflusse stauen. Die an der Oeffnung zwischen dem Venen- siniis und der Vorkammer angebrachte Klappe, Fa/iM?a SMm-«i(r/at?am, Fische. 527 ist unvollständig; sie besteht aus einer Kreisfalte, die eine Blendung mit weiter Oeffnung darstellt und die etwas eingeengte Communi- cationsöffnung umgiebt; die Atr i o ven t ricular-Klapp e zwischen Vorkammer und Kammer dagegen ist sehr vollständig und besteht aus zwei gegen einander liegenden Segellappen, welche durch starke Sehnenfasern und Muskelbündel an der Wand der Kammer befestigt sind. Die ebenfalls vollständig schliessenden Taschenventile des Bul- bus vervollständigen diesen Klappenapparat. Arterieller Kreislauf (Fig. 222 a. f. S.). — Der Arterien- bulbns setzt sich nach vorn in die grosse, gemeinsame Kiemen- arterie fort (ahr), ein in seinem welligen Verlaufe unter der Kette der Copulae gelegenes Gefä&s, das nach rechts und links ebenso viel Zweige abgiebt , als Kiemenbogen vorhanden sind. Wie das ganze Herz, enthält diese Arterie mit ihren Zweigen nur venöses Blut. Die Zweige verlaufen in der Rinne der hinteren Krümmung der Kiemen- bogen nach oben und nehmen um so mehr an Mächtigkeit ab, als sie sich der dorsalen Anheftung nähern. Sie liegen oberflächlicher in der Rinne als die Kiemenvenen und endigen an dem letzten Paare dor- saler Kiemenblättchen. Die Blättchen bilden zwei parallele Reihen auf jedem Bogen; jedes erhält einen Zweig, der am Rande des Blätt- chens verläuft und kleine Aestchen in die Querfalten sendet, in deren Capillarnetz der Austausch der Gase stattfindet. Aus dem Capillar- netze sammeln sich die Haargefässe in eine, am entgegengesetzten Rande des Kiemenblättchens verlaufende Vene , welche ihrerseits sich in die Kiemenvene senkt, die ebenfalls in der hinteren Rinne des Bogens , aber tiefer als die Arterie verläuft und von unten nach oben durch die Sammlung aller Blättchenvenen stets an Mächtigkeit zu- nimmt. Diese Kiemenvenen münden sofort in die, an der dorsalen Seite des Kiemenkorbes unmittelbar an der Wirbelsäule verlaufende Aorta, die demnach aus vier Kiemenvenen jederseits zusammengesetzt wird und nur arterielles Blut führt. Hinsichtlich der Einmündung haben wir zuweilen beobachtet, dass zwei Kiemenvenen einer Seite sich vereinigen und zusammen in die Aorta münden. Die in dem Kopfe sich verzweigenden Arterien entstammen der Vene des ersten Kiemenbogens; die Kopfarterien (ßc) entspringen nahe an dem Vereinigungspunkte der beiderseitigen Venen, welche die vordersten Wurzeln der Aorta bilden. Jeder Stamiu verläuft an der Seite des Hinterhauptsbeines und theilt sich bald in zwei Aeste: eine oberflächliche Gesichtsarterie (A. facialis, af), welche in den Kau- muskel eindringt, die oberflächlichen Gebilde mit Zweigen versorgt und sich bis in den Unterkiefer verfolgen lässt, und einen tieferen Stamm, welcher sich bald gabelt. Der eine Gabelast, die Auge nart er i e {ar), dringt in die Augenhöhle, läuft längs der inneren senkrechten Scheide- wand nach vorn, tritt mit dem Riechnerven in die vordere Knorpel- 528 Wirbeltliiere. Fig. 222. Fische. 529 masse des Schädels und verzweigt sich endlich in dei^ Umgegend der Nase und des Oberkiefers. Der andere Gabelast, die Hirnarterie, dringt durch eine unter den Unterlappen des Gehirnes angebrachte OefFnung in die Schädelhöhle und verzweigt sich in den Hüllen und der Substanz des Gehirnes, sowie den damit zusammenhängenden inneren Theilen. Die Aorta («) läuft längs der ventralen Mittellinie der Wirbel- säule bis zur Schwanzflosse und nimmt in dem Maasse, als sie sich dieser nähert, au Mächtigkeit ab. In der Bauchgegend liegt sie frei, so dass man sie unmittelbar nach Wegnahme der Schwimmblase erblickt; längs des Schwanzes dagegen ist sie in den Hämalcanal der unteren Dornfortsätze eingeschlossen. Während ihres Verlaufes giebt sie Zweige an die Muskelmassen und die Eingeweide. Die bedeutendste unter diesen Muskelarterien ist die Schulterarterie (as), deren abgeschnittener Stamm nur in unserer Figur gezeichnet werden konnte. Sie liefert der ganzen Brustflosse das Blut; entspringt aus der Aorta kurz hinter der Baucharterie, folgt auf der inneren Seite den Knochen des Schultergürtels, giebt Zweige zu den Muskeln der Innenfläche der Flosse und tritt dann durch ein Loch zwischen den Knochen der Hand- wurzel auf die äussere Fläche, in deren Muskeln sie sich verzweigt. Die Baucharterie (ah) versorgt die Eingeweide der Bauch- höhle mit Blut. Sie entspringt aus der Aorta in kurzer Entfernung von der Einmündungssteile der letzten Kiemenvene als ein einziger dicker Stamm, der folgende Aeste abgiebt. Die Magenarterie (as) läuft an dem Magen entlang, dem sie sehr reichliche Zweige abgiebt, und verthellt sich dann an die benachbarten Darmschlingen , die Pylorusanhänge und die Milz. An ihrer Uebergangsstelle zum Magen giebt sie zuerst auf der rechten Seite einen kleinen Zweig zur rechten Magenseite und zur Leber ab, die Leberarterie, und liefert dann einen mächtigen Ast, die Genital arter ie (ag). Diese folgt der Fig. 222. — Halbschematische Figur des Kreislaufes. Das Thier ist so dargestellt, als wenn es geöffnet wäre , so dass die hauptsächlichsten Eingeweide und Kiemen sichtbar sind. Kopfende und Schwanz sind abgeschnitten. Linksseitige Bezeichnungen : br, erster Kiemenbogen ; abr', seine Arterie; abr, gemeinsame Kiemenarterie; b, Arterienbulbus ; r, Herzkammer; o, Vorkammer; so, Venensinus; vf, Lebervene; vs, Schultervene, abgeschnitten ; y, Leber; r;;, Pfortader; as, Magenarterie ; ad,Dno- denalartei'ie ; e, Magen ; ai, gemeinsame Darmarterie ; 7)?/, P3'lorusanhänge; a^, Genital- arterie; r, Milz; ai^, untere Darmarterie; du, Duodenum; vi^, untere Darmvene: ai^, obere Darmarterie; vg, Genitalvene; vi^, obere Darmvene; g, Gesclilechtsorgan ; ig, Dünndarm; ve, Harnblase; an, After; ii, Urogenitalöftnung. Rechtsseitige Be- zeichnungen: a>-, Augenarterie; fc, Kopfvene; or, Umkreis der Orbita; af, Gesichts- arterie; vf, Gesichtsvene; ac. Carotis; «; 6 r, Kiemenvene; a', Kopfaorta ; je, gemein- same Jugularvene ; dC^, absteigender Ductus Cuvieri ; ab, Baucharterie; as, Magen- arterie; d C, horizontaler Theil des Ductus Cuvieri; a, Aorta; va, Bauchvene; ag, Genitalarterie; avn„ Arterie der Schwimmblase; c^, rechte Hohlvene; vg, Genital- vene; ?■;), Schwimmblase; c, linke Hohlvene; (in, Bau•), den Pylorusanhängen und dem unteren Magenabschnitte sammeln. Alle diese Venen sammeln sich zu einer einzigen, der Pfortader (vj)) , welche in die Leber von der hinteren Fläche derselben aus eindringt. Dieselbe verzweigt sich in der Leber bekanntlich wie eine Arterie, und aus dem so gebildeten Capillarnetze sammeln sich allmählich die Gefässe in grössere Aeste und schliesslich in einen einzigen Stamm, die licbervene (vf), die an der vorderen Fläche der Leber austritt, die verdickte Scheidewand des Bauchfelles durchbohrt und sich in den Venensinus ergiesst. Lymphsystem. — Es entspricht dem auch von anderen Fischen bekannten und besteht aus einem Systeme dünnwandiger, geschlossener Canäle, die eine helle Flüssigkeit enthalten. Die Cauäle sammeln sich in zwei, unter der Haut längs der Seitenlinie verlaufende Stämme, welche von einem gemeinschaftlichen, an der Wurzel der Schwanzflosse gelegenen Behälter ihren Ursprung nehmen und nach vorn sich in das Venensystem öffnen. Die Tegumente der Fische zeigen überall denselben Grund plan des Baues. Sie bestehen aus einer meist ziemlicli dicken Epidermis, welche aus zahlreichen Schichten epithelialer Zellen besteht, die sich beständig von der Basalschicht aus erneuern. Zu diesen, oft als Becherzellen an der Ober- fläche ausgebildeten Zellen gesellen sich häufig helle, runde Zellen (sogenannte Schleimzellen), die an die Kolbenzellen der Cyclostomeu erinnern. Sie fehlen bei den Plagiostomen. Nirgends findet man den Körnchenzelleu der Cyclo- stomeu analoge Gebilde. Hautdrüsen fehlen durchaus , wenn man solchen nicht die an der Basis von Hautstacheln entwickelten Giftdrüsen zu- rechnen wiU , welche sich bei einigen Teleostiern [TracMnus] und Rochen (Trygon) finden. Bei den meisten Fischen dringen Pignientzellen (Körnchen, Chromatophoren) in die Epidermis ein. — Die Cutis besteht aus mehr oder minder zahlreichen Schichten meist abgeplatteter Bindegewebsfasern , die niemals verfilzt sind ; die meist schief verlaufenden Fasern einer Schicht kreuzen sich nüt denjenigen der über- und unterliegenden Schicht und haben eine constante, parallele Richtung. Die Schichten werden oft von senkrecht stehenden Fasern , sowie von Lücken unterbrochen , in welchen Gefässe und Nerven verlaufen. Pigmente finden sich in grosser Menge ; zu den Chroma- tophoren gesellen sich kleine Plättchen, welche die metallisch glänzenden Reflexe bedingen. Die Hai'tgebilde (Schuppen, Tafeln, Stacheln etc.) verdienen besondere Aufmerksamkeit. Man kann als Princip annehmen , dass alle diese Hart- gebilde in der Cutis entstehen, also ein wirkliches Hautskelett darstellen. Dieser Grundtheil des Skelettes kann in faserigem Zustande beharren oder 34* 532 Wirbelthiere. in den meisten Fällen dui'ch Zellen weiter erhärten, die sich stufenweise den Knochenkörperchen der höheren Wirbelthiere mit ihren charakteristischen Ausläufern nähern. Die ursprünglich getrennten Einzelstücke schmelzen öfter zusammen, um wahre Hautpanzer zu bilden (Sclerodermeji, Lophobranchier, Panzerivelse). Die oberflächlichen Bildungen wechseln ungemein. Bei den Plagiostomen entwickeln sich wahre Zähne , die eine Krone von Schmelz tragen, welcher von den tieferen Schichten der Epidermis abgesondert wird, sonst aber aus Dentin bestehen , das oft verzweigte Canälchen zeigt. Im Inneren findet sich eine Höhle oder verzweigte Lückenräurae mit Zahnpulpe; die in dieselbe aufsteigenden Grefässe und Nerven treten meist durch eine centrale Oeffnung der Basalschicht ein. Diese Zahnbildungen, welche schliess- lich die Haut durchbrechen, aber urs]3rünglich von der epidermoidalen Schmelzkappe ausgehen, bilden die sogenannte Chagrinhaut, die Stacheln, die Zähne der Kiefer und gehen auch in die Hornstrahlen der Flossen über. Die Basalplatten können mit einander verschmelzen, sowie auch die auf den Platten aufsitzenden Zähne sich vervielfältigen können. Aehnliche Zähne, Avenn auch meist bedeutend reducirt, finden sich auch auf den Schuppen einiger Teleostier {CalUchthys). Sie sind auf den rhomboidalen Schuppen junger Ganoiden (Lej;idosie?t.s) entwickelt, wo sie ebenfalls eine winzige Schmelz- kappe tragen, welche sich später verliert, während die Basen der zahlreichen Zähnchen zusammenfliessen und die dicke knöcherne Basalplatte der Schuppe mit einer ziemlich homogenen Schicht bedecken, die man zum Unterschiede von echtem Schmelze Ganoin genannt hat. — Sehr verschieden von den Hautbedeckungen der Plagiostomen und rautenschuppigen Ganoiden sind die Schuppen der Dipnoer und Teleostier ; die sclerosirte Basis ist lamellös und lässt bei Teleostiern meist noch Fasern , bei den Dipnoern zellige Structur erkennen. Die sehr verschiedenartig verzierte äussere Schicht bildet sich bald als ein Ganzes, ohne irgend welche Unterbrechung, oder wird nur auf bestimmten Stellen abgelagert, indem sie die Strahlenfurchen oder netzartige Zeichnungen frei lässt. — Bei den Dipnoern zeigt diese äussere Netzschicht noch ausserdem zahlreiche, rund umwallte Oeffnungen. Diese Aussenschicht besteht aus einem homogenen, modificirten Knochengewebe, das viel kohlen- sauren Kalk enthält. Die Dornen der Ctenoidschuppen sind nur Zähne- lungen dieser Schicht, die oft in ihrem primitiven Zustande verbleiben {Beryx} oder mehr oder minder fi'ei werden, wie beim Barsche. Uebergangs- formen zwischen den Schuppen der Ctenoiden und Placoiden finden sich bei Plectognathen und einigen anderen Acanthopterygiern {Oentriscus, Monacanthus) . Sie legen die Wahrscheinlichkeit nahe, dass das Mittelfeld der Schuppe dem bei den Plagiostomen auf der Grundplatte sitzenden Zahne entspricht. Für weitere Einzelheiten verweisen wir auf die Abhandlung von Klaatsch (s. Literatur). — Nach dem oben Gesagten müssen alle diese Hartgebilde, wenigstens an ihrer Basis, von den oberen Schichten der Lederhaut umhüllt und von der Epidermis bedeckt sein ; was aber die Zahnbildungen betrifft, welche die Oberhaut durchbohren , von welcher ein Theil ihrer Substanz, der Schmelz , abgesondert wird , so bleibt nur ihre Basis in der Lederhaut stecken. Bei den anderen Schuppenbildungen aber bilden die Tegumente in ihrer Gesammtheit eine sie einhüllende Tasche , welche freilich auf dem frei liegenden Theile der Schuppe oft abgenutzt und zerstört wird. Die Orgaue des Seitensinnes zeigen mannigfaltige Modificationen. Die ursprünglich einfachen, oberflächlichen Hügel, die aus Nervenzellen ge- bildet und von basalen Stützzellen umgeben sind , ziehen sich allmählich in die Haut zurück. Sie werden zuerst durch offene Binnen , dann durch ge- schlossene Canäle mit Ausgangsröhrchen verbunden, die schliesslich in der Art metamerisch werden, dass jedem Myomer ein Nervenhügel entspricht. Fische. 533 Freie Hügel finden sich noch , ähxilicli wie beim Barsche , am Kopfe von Gohioiden , SticJilingen und Hechien ; bei den ersteren erhebt sich zuweilen die durchsichtige, gelatinöse Haube, welche den Nervenknopf (die Ceutral- kuppel) deckt, zu einem die Haut überragenden hohlen oder soliden Zapfen. Bei den Holocephalen sind die Nervenknöpfe durch offene Binnen verbunden, welche mit indifferentem Epithelium ausgekleidet sind ; ähnliche Rinnen finden sich auf dem Körper von Echlnorhinns und Tetrodon. Bei allen übrigen sind die Binnen zu Canäleu geschlossen , Avelche sich an einem Punkte , meist in der Ecke der Kiemenspalte am Seitenstachel des Hinter- hauptes, vereinigen. Von diesem Centralpunkte gehen in der Begel mehrere Canäle aus : vorn gegen den Kopf hin ein supraorbitaler , ein infraorbitaler und ein Unterkiefercanal, ferner ein querer Hinterhauptscanal, der die Sj'steme beider Seiten verbindet, und schliesslich nach hinten ein horizontaler Canal, die Seitenlinie, die sich meist bis zum Schwänze verfolgen lässt. Die Modi- ficationen dieses Grundplanes sind ausserordentlich zahlreich. Die Canäle sind mit einer durchsichtigen Gallerte erfüllt ; sie zeigen bald einfache Er- weiterungen (Säckchen der Ganoiden), bald complicirtere Ampullen (Selachier) an den Stellen , wo die Nervenhügel sitzen. Zuweilen stehen die äusseren Oeffnungen unmittelbar auf den Hauptröhren , meist aber finden sie sich auf Seitencanälchen, welche die Schuppen (Seitenlinie) oder einzelne Hautknöchel- clien am Kopfe durchbohren. Die Theilung der Arbeit zwischen der Function als Sinnesorgane und als absondernde Eöhreij ist bei dem Zitte r rochen am weitesten gediehen, wo man drei Arten von Organen findet; ein Canalsystem mit Ampullen (sogenannte Lorenzini'sche Organe), die keine Nervenzellen enthalten, sondern nur Gelatine absondern ; auf der Bückenfläche des Kopfes ein anderes Canalsystem, das Nervenknöpfe enthält und zugleich Gelatine ab- sondert, und an der Ventralseite, um das Maul herum, einzelne Säckchen (so- genannte Sa vi 'sehe Bläschen), welche Nervenknöpfe enthalten und durch einen fibrösen Grundstrang mit einander verbunden werden, welcher ein obliterirter Canal zu sein scheint. Man sehe für die Einzelheiten das Buch vonFritsch, „Die Torpedineen". Leipzig 1890. Die Modificationen des Skelettes, als Ganzes betrachtet , sind iu der Classe der Fische besonders zahlreich und zeigen verschiedene Entwicklungs- stufen , die wesentlich auf der allmählichen Unterdrückung der Chorda , auf der Bildung einzelner, unabhängiger Knorpel- und Knochenstücke und auf der Einziehung ursprünglicher Hautknochen in das Bereich des inneren Skelettes beruhen. Wenn wir bei Amphioxus und den Cyclostomen ein ein- ziges, den ganzen Körper durchziehendes, häutiges Stützsystem gefiiuden haben, so sehen wir hei den Fischen einzelne, bald knorpelige, bald knöcherne Stücke sich in dieses System einschieben und dasselbe allmählich über- wuchern. Zwar hat dieser Process schon bei den Cyclostomen durch die Verknorpelung des Schädels , des Visceralsystemes und der AVirbelfortsätze begonnen , aber er nimmt bei den Fischen stets mehr überhand. Hier kann man auch bemerken , dass durch die Verkuöcherung die Zahl der Stücke, welche einen bestimmten Apparat zusammensetzen, vermehrt wird, während die knorpelige Grundlage, auf deren Kosten sich die mehr oder minder ver- einzelten oder in einander gelenkten Stücke bilden , noch ein zusammen- hängendes Ganzes darstellt. Uehrigens schliessen solche Vorgänge das Ver- schmelzen einzelner , ursprünglich getrennter Knochenstücke oder eine Ee- duction derselben nicht aus. Die Chorda besteht während des ganzen Lebens in einem ähnlichen Zu- stande, wie bei den Cyclostomen, bei den Holocephalen, den Knorpelganoiden (Stiirioniden) und den Dipnoern fort; aber bei allen diesen Fischen gesellen sich zu ihr obere [Neurapophysen) und untere Bogen (Haemapophyseii), welche 534 Wirbelthiere. isolirt iu der skelettbildenden Schicht entstehen und deren noch hei vielen Selachiern und Teleostiern (Hecht) erkennbare Wurzeln oft noch nur durch Sehnenbänder in den Löchern der Wirbelkörper, in welchen sie stecken, be- festigt sind. Die Wirbelkörper selbst bilden ursprünglich Ringe um die Chorda, die sich nach und nach in der Mitte nach innen hin verdicken, hier die Chorda einengen und schliesslich so absorbiren (vertebrale Einschnürung), dass ihre Reste nur noch in den Zwischenräumen der Einschnürungsstellen erhalten bleiben. So entstehen die biconcaven Wirbelkörper, die eine vor- dere und hintere, kegelförmige Aushöhlung zeigen, deren Spitzen in der Mitte des Wirbels zusammentreffen, Avährend die Ränder der Höhlen durch Band- massen mit einander verbunden sind. Nur eine Gattung {Leindosteus) macht hier eine Ausnahme ; bei dieser ist die Einschnürung der Chorda , die sicli nocli in den Schwanzwirbeln erhält , intervertebral , und als Folge der Ver- dickung zeigt jeder Wirbel einen vorderen Gelenkkopf, der in einer Ver- tiefung der Hinterfläche des vorhergehenden Wirbels beweglich spielt (opis- thocüle Wirbel). Die Neurapophysen und Haemapophj'sen bleiben häufig ihrer ganzen Länge nach in zwei Hälften getrennt, schliessen sich aber doch zu Bogen in der Mittellinie um das Rückenmark und die Aorta und ver- längei-n sich häufig in auffallender Weise in den oberen und unteren Dorn- fortsätzen. Die queren iind schiefen Apophysen variiren ungemein ; sie sind Ausstrahlungen der Bogenstücke. Die durch Verknöcherung der Myocommen der Bauch gegeud entstehenden Rippen fehlen den Chimaeren, vielen Rochen, den Lophobranchiern und SpatuJarien; sie folgen den Myocommen in der Costalschicht von oben nach unten, schliessen sicli abel* niemals in der ven- tralen Mittellinie zusammen , weder unter sich noch mit den Gürteln der Glieder. Häufig sieht man intervertebrale Zwischenstücke (Selachier) oder Dornen in den seitlichen Mjocommeu (Gräten der Teleostier), deren homo- loge Bildungen den anderen Wirbelthieren abgehen. Die Scheidung des Kopfskelettes in Hirnschädel und Gesichtsscliädel ist im Allgemeinen bei den Eischen weit mehr durchgeführt, als bei den höheren Wirbelthieren; die den letzteren bildenden Knochen sind meistens beweglich oder wenigstens selbständig , und man sieht nur selten Verschmelzungen, welche den Gesichtsschädel theilweise absorbiren. Der knorpelige Primordialschädel bleibt in Gestalt einer, aus einem einzigen Stücke bestehenden Kapsel bei den Selach'iern, den Holocephalen, den Knorpelganoiclen und den Dipnoern während des ganzen Lebens fort- bestehen. Mau erkennt an ihm stets die den drei Sinnesorganen ent- sprechenden Regionen. Er ist nie vollständig und zeigt ausser den Durch- trittsöffnungen für Nerven und Gefässe auf der oberen Fläche eine mehr oder minder weite Fontanelle. Bei Chimären, Stören und Dipnoern ist er mit der Chorda, bei einigen Rochen mit dem ersten Wirbel verwachsen. Bei Selachiern und Holocephalen wii'd er durch keinerlei Bildungen des Haut- skelettes vervollständigt; bei den anderen zeigen sich complementäre Haut- schilder, die aber noch nicht die constanten Beziehungen zeigen, welche sich bei anderen Wirbelthieren finden. Der knorpelige Urschädel bildet durch innere oder euchoudrale Ver- knöclierung die meisten Tlieile des Hinterhauptes, der Ohrkapsel, einen Theil der Keilbeine und des Siebbeines ; er wird von allen Seiten , besonders aber von oben und unten, durcli Deckknochen vervollständigt, welche den Te- gumenten entstammen. Zu diesen Deckplatten gehören auf der oberen Fläche die Nasen-, Stirn-, Augenhöhlen-, Scheitel- und Schläfenbeine; auf der unteren Fläche , im Dache der Mundhöhle , der Vomer und das Parasphenoid. Bei den meisten Fischen kann man durch fortgesetzte Maceration diese Deck- knochen von der inneren knorpeligen Urkapsel ablösen, die selten vollständig Fische. 535 verknöchert und von der mehr oder minder bedeutende Reste bei sehr vielen Knochenfischen (Salmoniden) das ganze Leben hindurch erhalten bleiben. Wir können unmöglich hier in die Einzelheiten dieser in weiten Grenzen schwankenden Verhältnisse eintreten. Abgesehen von den L i p p e n k n o r p e 1 n , die sich noch bei Selachiern, Holocejyhalen , Knorpelganoiden und Dipnoern finden und sich weder einem allgemeinen Gruudplane unterordnen, noch anderen Bildungen parallelisiren lassen , besteht der Gesichtsschädel bei den erwachsenen Fischen aus einer bestimmten Zahl von Bogen , von welchen höchstens die zwei vor- dersten der Basis des Hirnschädels anliegen , während die anderen den Ein- gang des Nahrungscanales umfassen. Die Kuorpelanlagen dieser Bogen be- stehen aus einem Stücke ; die Tlieilung in mehrere Stücke erfolgt erst durch die Verknöcherung. Bei den Selachiern findet man nur einen , den Oberkieferbogen , der an der Schädelbasis anliegt und mit dem Unterkieferbogen eingelenkt ist. Diese beiden , das Maul begrenzenden Stücke sind an dem Schädel mittelst eines einzigen Knorpelstieles [Hyomandihulare) aufgehängt, das einestheils an dem Kiefergelenke , anderentlieils an der hinteren Ecke der Occipitalgegend des Schädels eingelenkt ist. Bei den Holocephalen ist der Oberkieferbogen nebst dem Aufhängestück mit dem Schädel verschmolzen und der Unterkiefer un- mittelbar an dem Schädel eingelenkt. — Auf Kosten des Oberkieferbogens und des Aufhängestückes bilden sich bei den anderen Fischen und nament- lich bei den Teleosfiern und Knochen ganoiden eine Menge von einzelnen Stücken, der Zwisclieukiefer mit dem Oberkiefer (Os mys-tacis) , der meist über den ersteren gelagert ist und an der Begrenzung des Mundes keinen Tlieil nimmt, der Gaumenflügelbogen (Arcus pterygo-ijalaiinus), welcher gegen die Mittellinie des Schädels rückt. — Durch enchondrale Verknöcherung des Aufhäugestückes bilden sich das Quadratbein und ein Stück (Articulare) des Unterkiefers; der Unterkieferbogen, der Gaumenfiügelbogen, sowie die sie an den Schädel befestigenden Stücke (Jugale und Quadrcdo-jugale) , ferner die übrigen Stücke des Unterkiefers (Dentale, Angidare, Sudangulare) sind Deckplatten. — Vor dem Hyomandihulare findet sich bei einigen Selachiern ein kleines, die mit einer rudimentären Kieme besetzte Spritz ö ffnun g stützendes Knorpel- stück. — Hinter dem Unterkieferbogen und in intimem Zusammenhange mit seinem Aufhängestucke findet sich noch eine Eeihe von Bogen , die alle ursprünglich Kiemenfransen trugen, welche aber auf dem ersten und letzten fast ausnahmslose verschwunden sind. Diese Bogen umgeben den Nahrungs- canal und vereinigen sich in der ventralen Mittellinie in einer Längsreihe von Knochen (Copulae) , deren erster oft als Zungenbein vorspringt. Der erste dieser Bogen ist der Zungenbogen (Arcus hyoideus) mit einem be- sonderen Auf hängestück , dem Symplecticum ; der letzte , der Schluudbogeu (Arcus pharyngeus) , bleibt meist rudimentär und auf seine untere Hälfte be- schränkt. Ausser den Kiemenfrausen können sich noch auf diesen Bogen besondere Hautbildungen entwickeln , die bei den Selachiern durch finger- förmige Knorpel und bei den übrigen durch den Kiemendeckelapijarat gestützt werden. Der noch häutige Kiemendeckel wird bei den Chimären durch einen Knorpelbogen gestützt, von welchem fingerförmige Fortsätze ausstrahlen; bei allen übrigen entwickeln sich an dem bogenförmigen Vordeckel in der Hautfalte die verschiedenen Knochenstücke mit den Kiemenhautstrahlen. Aehnliche Hautknochen entwickeln sich auch bei den meisten um die Augen- höhle herum zum Schutze der Seitencanäle. Die un paaren Flossen werden meist von Strahlen gestützt, die sich in den meisten Fällen nach Maassgabe der durch die Dornfortsätze be- stimmten Stellung der Zwischendornknochen metamerisch einordnen, oft aber 536 Wirbelthiere. auch den Metameren nicht entsprechen. Mit den Strahlen entwickeln «ich besondere Muskeln für dieselben. Die paarigen Flossen, die den Extremitäten der übrigen Wirbel- thiere entsprechen , variiren sehr, je nach Entwicklung, Stellung und Zahl, da namentlich das Hinterglied, die Bauchflosse, ganz fehlen kann. Sie können Strahlen in unbestimmter Zahl tragen, die aber hinsichtlich ihrer Structnr nicht von denjenigen der unpaaren Flossen abweichen. Diese Strahlen können biserial von einer mittleren Axe ausgehen , wie bei den primitiv gebildeten Flossen von Ceratodns, oder eine axenlose Folge darstellen. Das Vorderglied, die Brustflosse, wird bei den Selachiern von einem, aus einem Stücke be- stehenden, bogenförmigen Schultergürtel getragen , an dessen hinterem, ven- tralen Rande drei Knorpelplatten sich anfügen, welche man Pro-, Meso- und Metapterj'gium genannt hat. An diese schliessen sich knorpelige Zwischen- stücke , welche die faserigen Strahlen tragen und von welchen dasjenige, welches die Fortsetzung des Metapterj'gium bildet, das bedeutendste ist. Auch hier kann man durch Vergleichung der bei Dipnoern , Ganoiden und Teleostiern vorkommenden Bildungen constatiren, dass die ursprünglich ein- faclien Knorpelanlagen durch die Verknöcherung zersplittert werden, so dass bei den Teleostiern durch Theilnahme von Deckknochen der Schultergürtel meist aus drei Stücken besteht. Andei-seits werden die Zwischenstücke häufig reducirt oder verschmolzen. — Das Hiutergiied, die Bauchflosse, liegt bei Selachiern, Holoceplialen, Ganoiden \\n(X Dipnoern stets an seiner ursprünglichen Stelle am Ende der Bauchhöhle, fehlt aber ganz bei den apoden Teleostiern oder wandert nach vorn, zur Mitte der Bauchhöhle {Abdominales), unter die Brui-tflosse (Thoracici) oder selbst vor dieselbe zur Kehle (Jiigulares). Der Beckengürtel fehlt; die knöchernen Basaltheile entspi-echen den Zwischen- stücken der Brustflosse. Bei den Männchen der SeJachier und Holocejphalen combinirt sie sich mit Knorpeln, die zur Begattung dienen. Das M u s k e 1 s y s t e m ist nach dem bei dem Barsche dargestellten Typus entwickelt. Die mannigfachen Variationen, die es bietet, beziehen sich vor- zugsweise auf die Musculatur des Mundes, des Kiemenapparates und der paarigen Flossen ; wir können auf die Einzelheiten nicht eingehen. Nach den neueren Untersuchungen sind die elektrischen Organe eigenthümliche Modificationen der Musculatur. Die Zitterrochen, Zitter- aale und Zitterwelse sind die bekanntesten elektrischen Fische, dei'en Schläge auch von den Fischern gefürchtet werden ; viele andere Rochen, und einige Arten der Ga.ttningen Mormyrus nnü. Oymnarchus unter den Teleostiern besitzen rudimentäre Organe an der Schwanzwurzel. Die Organe der Zitter- rochen sind auf Kosten der Kaumuskeln entwickelt, diejenigen der anderen auf Kosten des grossen Seitenmuskels des Körpers. Hinsichtlich der Bil- dung und Entwicklung dieser Organe verweisen wir auf die Arbeiten von Fritsch (s. Literatur). Nervensystem. — Das Rückenmark ist im Allgemeinen nach dem Typus gebaut, der vom Barsche geschildert wurde. Es ist bei Chimären und Dipnoern noch stark abgeplattet und erfüllt niemals ganz den Rückencanal, in welchem sich stets noch Fettgewebe und ein die "Wirbel verbindender sehniger Längsstrang befindet. Man findet häufig Verkürzungen oder den Nervenplexus der Glieder entsj^rechende knotige Anschwellungen. — Die Spinalnerven verhalten sich wie beim Barsche; unerhebliche Verschieden- heiten finden sich in den Beziehungen ihrer Austrittsöffnungen zu den Kör- pern und Bogen der Wirbel. Die Anordnungen der Plexus hängen mit der Entwicklung und der Lagerung der paarigen Flossen zusammen ; wir weisen auf diese Beziehungen hin, ohne in Einzelheiten einzutreten. Fische, 537 Bis auf einen gewissen Grad rejn-äsentirt das Gehirn des Barsches die Bildung des Gehirnes hei den Teleostiern. Es gieht aber hei Weitem niclit einmal eine Andeutung über die unendliche Mannigfaltigkeit, welche die Entwicklung der einzelnen Hirntheile in dieser Gruppe darbietet. Man muss sogar zugestehen, dass die Verschiedenlieiten im Hirnhau der Teleostier nicht immer der angenommenen Classification entsprechen. Doch beschränken sich diese auf die Präponderanz einzelner Theile, welche die anderen decken oder verkümmern lassen, so dass man sie erst bei genauerer Untersuchung wieder- findet. Das Kleinhirn ist fast immer sehr bedeiitend entwickelt; die den Streifenkörperu entsprechenden Kerne des Vorderhirnes dagegen, welclie statt einer Kervenwölbung nur das epitheliale Pallium besitzen, nur wenig aus- gebildet und die Epjiphyse meist rudimentär. Das Mittelhirn , die Unter- lappen, die Hypophyse und der Gefässsack sind meist gross und wohlgebildet, das Zwischeuhirn gewöhnlich sehr reducirt. — Amia und Lepidosteus unter den Ganoiden ähneln den Knochenfischen, während hei den übrigen das Klein- hirn auf eine Querbrücke reducirt, das Mittelhirn röhrenartig erhaben und die Epiphj'se so bedeutend entwickelt ist , dass sie in einer grubenartigen Vertiefung im Schädeldache Platz nimmt und hei Polypteriis das ganze Mittel- hirn und die daran anstossenden Theile wie ein grosser medianer Sack be- deckt. Doch findet man in dem Organe keine , einem Auge entsprechende Formelemente. — Die Dipnoer bilden durch ihr sehr rudimentäres Kleinhirn, durch die grössere Ausbildung des durch Nervengewebe zum Gewölbe des Vorderhirnes entwickelten Palliums und durch eine Eiuknickung der Basis zwischen Mittelhirn und Zwischenhirn den Uebergang zu den Amphibien ; man kann indessen ziemlich bedeutende Verschiedenheiten constatiren; so sind bei Ceratodus die Hemisphären verschmolzen und nicht durch eine Längsfurche getrennt, wie bei Protopterus. — Die Selachier besitzen ein weit voluminöseres Geliirn , als die übrigen Fische : ein sehr bedeutendes Vorder- hirn, dessen Theilung in zwei Hälften kaum angedeutet ist, ein hohes Zwischen- hirn mit einer zu einer langen Eöhre ausgezogenen Epiphj'se, deren Ende in das Schädeldach eindringt, und ein enormes Kleinhirn, welches das Mittel- und Nachhirn meist überdeckt. — Bei den Holocephalen sind die au dem Nasensacke selbst liegenden, bedeutenden Eiechknoten zu bemerken, die mit dem Vorderhirn durch lange, röhrenai-tige Fortsätze zusammenhängen. Die Epiphyse und Hypophyse zeigen keine besonderen Älodificationen bei den anderen Ordnungen. Die Hirnnerven und der Sympathicits lassen überall denselben Grund- plan Avie bei dem Barsche erkennen. Die Beziehungen zwischen dem Hypo- giossus und den ersten Spinaluerven, zwischen dem Acusticus, Facialis und Trigeminus , zeigen indessen mannigfaltige Modiflcationen. Bei den seltenen blinden Arten ist der Sehnerv rudimentär. Die Seitennerven zeigen einige, meist unerhebliche Verschiedenheiten. Je nach der Entwicklung der Brust- flossen kann das Armgeflecht eine grossere oder geringere Anzahl von Spinal- nerven heranziehen. Wenn die Structur des inneren Geruch sorg an es fast stets dieselbe ist, so zeigen sich dagegen bedeutende Verschiedenheiten in der Structur der Wege, welche ihm das Wasser zuführen. Bei den Selachiern findet sich die Nasenöfl'nung auf der ventralen Seite in Form eines Schlitzes, der oberfläch- lich mit dem Mundwinkel zusammenhängt; bei allen anderen sind die Oeft'- uungen auf der dorsalen Kopfseite angebracht, erheben sich aber zuweilen in Form von Bohren oder stehen weit von einander ab. — Bei äenDipnoeru Avird der Nasensack von einem zierlichen , maschigen Knorpelkorbe um- schlossen und zeigt ZAvei Oeff"nungen, eine auf dem Lippenrande, eine zAveite etwas mehr nach hinten gelegene, die mit der Mundhöhle communicirt. — 538 Wirbelthiere. Bei Polypterus ist der Nasensack äusserst complicirt gebaut; bei eiuigeu Gymuodonten dagegen (Tetrodon) sehr reducirt und durch eigeuthümlich ge- staltete Cylinder oder Lappen ersetzt, die an ihrem Ende Nerveuhügel tragen. — Die Augen der Dipnoer unterscheiden sich von denjenigen aller anderen Fische, bei welchen sie nach dem Typus des Barsches gebaut sind, durch den Mangel des Sichelbandes , der Glocke und der Ciliarfortsätze. — Das Gehörorgan zeigt überall dieselben Haupttheile, mit Ausnahme äev Holo- cephalen, wo dieLagena noch mit dem Sacculus verschmolzen ist. Bei ihnen sowohl wie bei den Selachierii öffnet sich der bei allen übrigen blind geschlossene Ductus endolym'pliaticus auf dem Schädeldache nach aussen und stellt so eine Communication mit dem umgebenden Medium her. Bei einigen Teleostiern {Cyjirinoiden, Süuroiden, Characinen, Gymnotns) findet sich in einer Art von Canal, der ausserdem mit Fett erfüllt ist und mit der Schädelhöhle communi- cirt, eine zusammenhängende Kette von Knöchelchen, welche die Schwimmblase mit der Hörhöhle in Verbindung setzt und deren letztes Knöchelchen an der Schwimmblase durch fasei-iges Gewebe angeheftet ist. Verdauungsorgane. — Der bald endstäudige, bald ventrale Mund ist fast immer mit Zähnen bewaffnet, und wenn dieselben im erwachsenen Zu- stande fehlen, scheinen sie in der Jugend als Anlagen vorhanden gewesen zu sein. Bei den Teleostiern und Knochenganoiden können Zähne nicht nui' auf allen an dem Eingange des Verdauungscanales Tlieil nehmenden Knochen, sondern auch auf den Kiemenbogen und Schlundknochen entwickelt sein ; bei Selachiern , Holocephalen und Dipnoern finden sie sich nur auf den Kieferbogen oder den dem Oberkieferbogen entsprechenden Gegenden der Schädelbasis. Keine Classe der Wirbelthiere zeigt einen solchen Formen- reichthum der Zähne, wie die der Fische ; wir müssen ihre Beschreibung der Zoologie überlassen. Auch auf die Structur können wir nicht näher ein- gehen ; wir erwähnen nur, dass man hier und da Hornzähne ohne Zahnbein und Schmelz findet. — Obgleich die Zunge bei Selachiern und Holocephalen etwas freier wird , erhebt sie sich doch nie zu einem selbständigen , beweg- lichen Organ. — Der Magen ist meist deutlich abgegrenzt, mit Ausnahme der Holocephalen und Dipnoer; oft ist er sackförmig {Selachier) , meist aber hakenförmig gebogen. — Die Einmündung des Gallencanals bezeichnet die Grenze gegen den Mitteldarni, dessen Anfang durch die charakteristischen an Zahl ausserordentlich wechselnden , bei den meisten Teleostiern und Ga- noiden vorkommenden Pylorusanhänge kenntlich gemacht wird. — Eine mehr als bei den C3'clostomen entwickelte Spiralfalte findet sich bei allen Selachiern, Ganoiden und Dipnoern wenigstens in dem hinteren Abschnitte des Mitteldarmes ; bei Ceratodus ist sie ausserordentlich entwickelt. Der stets gerade Afterdarm ist nur selten durch eine Einschnürung von dem Mittel- darme getrennt. — Die Leber mit der Gallenblase zeigt keine wesent- lichen Modificationen ; das Pankreas fehlt den Dipnoern und einigen Te- leostiern, wie z. B. dem Barsche; wenn voi-Landen, liegt es in der ersten Darmschliuge neben der stets vorhandenen Milz. Die Geschlechts- und Harnorgane sind bei den meisten Teleostiern nach dem Typus des Barsches gebaut , doch sind bei den meisten die Eier- stöcke doppelt wie die Hoden. In einigen Fällen (Serranus) findet man nor- malen Hermaphroditismus ; bei den Salmoniden und Aalen fehlen die Ei- leiter ; die Eier fallen aus den geschlossenen Ovarien in die Bauchhöhle und werden durch einen hinter dem After gelegenen Porus entleert. Dagegen finden sich bei den lebendig gebärenden Knochenfischen (Zoarces, einige Cyprinodonten) Erweiterungen der Eileiter, worin die freien Eier und Em- bryonen längere Zeit behalten Averden. — Bei den übrigen Gruppen zeigen sich wesentliche Modificationen in Folge von Verschmelzungen der bei den Fische. 539 Teleostiern durchaus getrennten Ausfülivungsgäuge der Harn- und Geschlechts- organe, vorzugsweise bei den Männchen. Bei den Selachiern findet sich die conipKcirteste Bildung. Die Nieren theilen sich bei ihnen in zwei Abthei- lungen, eine vordere und eine hintere, und zeigen bei den meisten Haien während des ganzen Lebens in der Bauchhöhle geöffnete fötale Trichter (Nephrostomen). Bei den Weibchen münden die durchaus selbständigen Harn- leiter getrennt in die Cloake etwas vor den Eileitern. Diese sind von dem stets einfachen Ovarium völlig unabhängig; sie beginnen mit einer medianeu, unmittelbar hinter dem Herzen gelegenen, gemeinschaftlichen Trichteröffnung, beschreiben jederseits einen Bogen längs den "Wänden der Bauchhöhle und vereinigen sich unmittelbar au der Cloake, wo sie in einer gemeinschaftlichen Oeffnung münden. Jeder Eileiter zeigt in seinem oberen Abschnitte eine, bei manchen Eier legenden Arten sehr grosse Schalendrüse, in welcher die das Ei enthaltende Hornschale abgesondert wird, welche meist abgeplattet, viereckig und in den Ecken mit Hornfäden versehen ist. Bei den lebendig gebärenden Arten ist die Schalendrüse sehr reducirt, dagegen meist der hin- tere Abschnitt des Eileiters zu einem Uterus erweitert , in welchem das Ei oder der von einer sehr dünnen Hornschale eingeschlossene Embryo in einer reichlichen, schleimigen Flüssigkeit schwimmen. Nur in einzelnen Fällen {Musfelus laevis, Carcharias) entwickelt sich eine uterine Placeuta mit in die Schleimhaut des Uterus eindringenden Zotten. — Die stets paarigen Hoden der Selachier sind traubenförmig ; die Zoospermen entwickeln sich in zahl- reichen, grossen, runden Kapseln, von welchen feine Canälchen ausgehen, die den Samen in einen gemeinsamen Samengang (^Yolff' scher Canal) überführen. In diesen Samengang müuden auch die Harncanäle, die der vorderen Nieren- abtheilung entspringen , so dass dieser Canal zugleich als Samenleiter und Harnleiter fungirt. Die der hinteren Nierenabtheilung entstammenden Harn- gänge sammeln sich in einem besonderen Harnleiter, der nichts mit den Geschlechtsorganen zu thnn hat , aber sich mit dem anderen Ausführuugs- gange an der gemeinsamen Oeflhung in die Cloake vereinigt. — Zwischen diesen extremen Bildungen der Teleostier einerseits und der Selachier ander- seits finden sich bei den anderen Ordnungen zahlreiche Uebergangsbildungen, auf die wir nicht näher eingehen können. — Bei den Selacltiern. Holocephalen und einigen wenigen Teleostiern finden sich besondere Begattuugsorgane , die zur Ueberführung des Samens in die weiblichen Geschlechtsorgane dienen und bei den erstgenannten Gruppen durch besondere Knorpelstücke gestützt werden. Zuweilen finden sich auch temporäre Entwicklungen von Bohren zur Ablagerung der Eier [Bhodeus). Der Kiemenapparat, der stets vorhanden, zeigt wesentliche Modifica- tionen. Einige Haie (Xotidanus) haben sieben oder sechs Kiemensäcke mit ebensoviel äusseren Oefifnungen ; die meisten Selachier besitzen nur fünf. In den anderen Gruppen ist ein Kiemendeckel entwickelt, welcher die äusseren Oeffnungen auf eine einzige Spalte reducirt, auf deren Grunde die Fransen tragenden Kiemenbogen erscheinen. Meist finden sich vier solcher Bogen, aber bei einigen Dipnoern und Teleostiern (Ceratoäus, Amphipnous) kann die Zahl der athmenden Bogen bis auf zwei zurücksinken, während die anderen keine Fransen tragen. Bei den Selachiern erheben sich von der Convexität der Kiemenbogen häutige, aussen an der Haut befestigte Scheidewände, auf welchen zu beiden Seiten die Kiemenlamelleu angeheftet sind. Jeder Kiemen- sack entspricht demnach einer Kiemenspalte ; da die erste Spalte nach Muten durch die von dem ersten Kiemenbogen ausgehende Scheidewand begrenzt wird, so trägt der nach vorn abschliessende Zungenbogen häufig auf seiner Hinterfläche ebenfalls athmende Fransen. Alle Kiemensäcke öfi'nen sich mittelst weiter Spalten in den Pharynx. — Der Kiemendeckelapparat zeigt 540 Wirbelthiere. Modiflcationen , die für das Leben des Fisches äusserst wiclitig sind. Ge- wöhnlich bildet er in seiner Gesammtheit eine geräumige Höhle , die meist durch die von dem Gipfel des Schultergürtels bis unter die Kehle reichende Kiemenspalte weit geöffnet werden kann. In manchen Fällen aber wird er durch die Tegumeute in mehr oder minder grosser Ausdehnung angeheftet und die Kiemenspalte schliesslich auf eine kleine Oeffuung reducirt, die das Thier nach Belieben öffnen und schliessen kann {Lophobranchier, Anguilliden). Diese Oeffnung kann sogar median an der Bauchseite liegen {Symhranchus). So wird ein weiter Kiemensack dargestellt, in welchem das Thier Wasser aufbewahren kann. Oft wird auch die Kiemenhöhle noch durch Nebenhöhlen vergrössert, die bald nach hinten längs der Wirbelsäule, bald nach vorn in den Schlundkopf sich erstrecken und deren Wände häufig sogar ein respira- torisches Gefässnetz enthalten (Labyrinthßsche , Amphipnous , Saccobran- clms, einige Chipeiden). Alle diese Einrichtungen ermöglichen einen längeren Aufenthalt des Fisches ausser dem Wasser. — Die Fransen haben meist die Form eines dünnen, in die Länge gezogenen, spitzen Blättchens; sie können aber auch zu einer einzigen gefalteten Haut verbunden (Xiphias) , in cylin- drische Fäden zerfasert [Spatularia, Polyptenis) , in Gestalt kleiner, runder Dachziegel über einander gelagert (Protopterus) oder in Gestalt gefalteter Düten ausgebildet sein [Lopliobranchier). — Accessorische oder rudimentäre KiemenbilduDgen , die zuweilen noch respiratorische Function besitzen , aber in den meisten Fällen sie verloren haben, finden sich in dem Spritzioc he der Selachier und einiger Ganoiden {Sturioniden, Polyptertts), an dem Kiemen- deckel (SftmonM^en, Lepid^05, Frontoparietale ; e, Etlimoideum ;/■«, Frontonasale; pt, pt', vorderer und hinterer Ast des Pterygoideum ; t^, fi, fi , vorderer, mittlerer und hinterer Ast des Tympanicum ; /, Jugale ; m, Maxil- lare; cw, Nasengrube; s', Primordialschädel mit den Lücken / und /'; sp, knorpeliges Suspensorium des Unterkiefers ; sj)', Verlängerung desselben, die sich hinter das Tympanicum schlägt ; sj}", vordere Ver- längerung desselben, die sich über das Pterygoideum hinüberschlägt und bei s ii mit dem Nasenknorpel verschmilzt ; n, Knorpelkapsel der Nase mit ihren Verlängerungen // — n'" ; ctn, flügeltörmiger Nasen- knorpel. (Nach Ecker.) 554 Wirbelthiere. Die obere Wölbung des Schädels wird grossentheils von zwei langen Deckplatten, den Stirn scheite Ibeinen (d, Fig. 225;//», P'ig. 227, 228), gebildet, die unmittelbar auf dem in Fig. 227 und 228 durch blaue Färbung kenntlich gemachten , knorpeligen Primordial- schädel aufruhen. Sie sind in der Mittellinie durch eine Sagittal- naht verbunden, an den Augenrändern leicht ausgeschweift und treten nach hinten mit den Hinterhaupts- und Felsenbeinen, nach vorn mit dem unpaaren Siebbeine (e, Fig. 225, 227) in Verbindung. Cuvier nannte diesen letzteren^nochen das Gürtelbein (Os en ceintiire); er schliesst in derThat nach vorn die Schädelhöhle durch eine hintere Aus- höhlung ab, während er nach vorn zwei kleinere Aushöhlungen zeigt, die den Hintergrund der Nasenhöhlen bilden. Oben theilweise durch den Vorderrand der Stirnscheitelbeine be- deckt, breitet sich das Siebbein seitlich gegen die Augenhöhlen atis und verbindet sich nach unten mit dem Keilbeine, so dass nur sein hinterer Theil einen Ring bildet. Nach vorn verbindet es sich mit den Nasenknorpeln (Fig. 227, w), welche die Nasenhöhle umschliessen. Das Nasenstirnbein (m, Fig. 225; fn, Fig. 227) ist platt und von dreieckiger Gestalt. Es begrenzt nach vorn die Augenhöhle, deren äusserer Rand vom Gaumenbeine gebildet wird. Es bildet ein solides Dach für den Nasenknorpel und erstreckt sich jederseits in den durch das vordere Ende des Flügelbeines, den Oberkiefer, das Siebbein und den Zwischenkiefer umschriebenen Raum. Vor dem Siebbeine, in der Verlängerung der mittleren Schädel- axe , liegt die gänzlich im Knorpel ausgehöhlte Nasenkapsel (w, Fig. 227, 228), die durch eine knorpelige Längsscheidewand in zwei symmetrische Hälften getrennt wird. Jede so gebildete Nasen- grube ist vorn weiter als hinten und endet in der erwähnten Aus- höhlung der Vorderfläche des Siebbeines. Der sehr unregelmässig ge- staltete Nasenknorpel (r/, Fig. 226) erfüllt den Raum zwischen den Zwischenkiefern und den Vorderenden der Oberkiefer und zeigt einen nach hinten gerichteten, von den Flügelbeinen unterstützten krummen Fortsatz. Unsere Figuren 227 und 228 stellen (n n n") die Bildung dieser mächtigen Knorpelmasse besser dar, als Beschrei- bungen es vermögen. Dieselben Figuren zeigen auch den Antheil, welchen die knorpelig gebliebenen Reste des Primordialschädels an der Bildung der Schädel- kapsel überhaupt nehmen. Unter den Deckplatten der Stirqscheitel- beine zieht sich eine breite Lamelle (s ) von dem Siebbeine bis zum Hinterhauptsloche hin , wo sie das nicht verknöcherte obere Hinter- hauptsbein ersetzt. Eine weite, nur mit Bindegewebe erfüllte Lücke (/) durchbohrt diese Lamelle. Eine ähnliche Lamelle (s , Fig. 228) bildet den Boden der Schädelhöhle über dem Keilbeine. Sie zeigt zwei Löcher (r, r' ) zum Durchtritte des Opticus und des Abducens. Seitlich ver- Amphibien. 555 einigen sich diese beiden Lamellen durch die erwähnten faserig- knorpeligen Wände, so dass der Primordialschädel so zu sagen die ganze Innenfläche des knöchernen Hirn&chädels auskleidet. Das Keilbein (h, Fig. 226; s, Fig. 228) bildet den Boden des Schädels und das Dach der Mundhöhle. Von der ventralen Seite aus betrachtet, zeigt es die Gestalt eines Dolches mit breiter Klinge, sehr kurzem Handgriff und grossen seitlichen Wehrstangen. Es ist eine Deckplatte, welche nach hinten sich mit dem Grundknorpel des Schädels verbindet, vorn bis zum Siebbeine reicht, während die Seitenflügel die Hinterhaupts- und Felsenbeine von unten decken. Mit den Stirn- scheitelbeinen ist es durch eine faserknorpelige Lamelle verbunden, welche die seitliche Schädelwand bildet. Die Schädelbasis wird durch den doppelten Vomer vervollständigt {)i, Fig. 226; v, Fig. 228), welcher den Raum zwischen den Gaumen- Fig. 228. beinen und den Zwischen- kiefern unter dem Nasen- knorpel ausfüllt. Der A^or- derrand dieser Knochen, die auf ihrer Unterfläche eine Querreihe kleiner , spitzer Zähnchen tragen , ist un- regelmässig ausgeschnitten. Gesichts Schädel. — Der Oberkieferbogen wird von zwei Knochen- paaren gebildet. Die Zwischenkiefer (?, Fig. 225; i, Fig. 228) liegen vorn in der Mittellinie und bilden die etwas vorge- zogene Schnauzenspitze. Zweifach vergrösserte, knorpelige ^'^^ tragen eine einfache Schädelbasis. Die Knorpel blau, o, Occipitale; Reihe kurzer Hakenzähn- p, Petrosum; s, Sphenoideum ; /^^, Frontoparietale; chen und bilden nach hin- ;,^Pterygoideum;i,Jugale; ,„ Maxillare; .-, Inter- ^^^^ ^-^^^^ aufsteigenden maxiUare ; pt, Falatmum ; v, \omer;-r, Austritts- „ „ , . loch des Sehnerven; >■', Id. des N. abducens; c, ^^ O^'^satz , auf welchen die Felsenbeinknorpel; pt', Gelenkfläche fiir das Ptery- bewegliche Platte, welche goideum; sp, Suspensorium des Unterkiefers luit das Nasenloch schliesst, seinen Verlängerungen sp' und sp"; n, knorpelige eingelenkt ist. Der Ober- Nasenkapsel mit ihren Verlängerungen n — n" . t • p / tt r^-.- r.mN ,,-,„.? " kiefer («?, Fig. 22/, 228) (Nach Ecker.) , \ ' o ' / ist dünn und lang, vorn breiter als hinten; er bildet den äusseren Rand des Kopfes und giebt diesem durch seine Krümmung das eigenthümliche Aussehen. Vorn verbindet er sich mit dem Nasenstirnbein und dem Zwischenkiefer; Rana esculenta. 556 Wirbelthiere. nach hinten legt er sich an das Aufhängegerüst des Unterkiefers an. Auf der Unterseite zeigt er eine Rinne, deren innerer Rand mit einer Reihe von Zähnchen besetzt ist (K, Fig. 226). Der Gaumenflügelbogen besteht ebenfalls aus zwei auf der Unterfläche des Kopfes liegenden Knochenpaaren. Die Gaumen- beine (m, Fig. 226; pl, Fig. 228) liegen unter dem Vordertheile des Siebbeines. Sie bilden zwei quere Brücken zwischen den Unterkiefern lind den Vorderblättern des Keilbeines. Etwa dem Oberkiefer parallel laufen die Flügelbeine ( 4- 1 seiner Lange erstreckt. Er wird aussen 0, Angulare; c, Articulare; «, Dentale. _ ° von einer ausgehöhlten , knöchernen Deckplatte umhüllt, deren Rinne er ausfüllt und die nach vorn sich über den Knorpel hinaus erstreckt, um mit drei Ergänzungsknocben in Verbindung zu treten. Der eine, das Angulare (5), wie es Duges genannt hat, gleitet hinter die Spitze des Articulare (c), welchem das hier freilich durchaus zahnlose Dentale (d) folgt. Der Gelenkkopf des Meckel'schen Knorpels spielt in der Höhle des Quadratbeines (/, Fig. 226). Das durchaus knorpelige Zungenbein (Fig. 230) besteht aus einem platten, scliiklförmigen Körper (a) , der an der Basis der Zunge Amphibien. 557 liegt und nach vorn zwei Hörner, die Griffelstäbe (f?) , aussendet, die sich nach hinten und oben krümmen und schliesslich jederseits an das Felsenbein anlegen. Von seinem Hinterrande gehen zwei Knochenstäbchen aus, die Schildstäbe oder Thy r oid hör n er (e), welche den Kehlkopf umfassen. Die Winkel des schildförmigen Körpers sind in kurze Fortsätze ausgezogen, von welchen die vorderen (b) breit und abgerundet, die hinteren (c) spitz und griffeiförmig sind. Vorderglied. — Der Schultergürtel besteht bei der Larve ur- sprünglich aus einem Stücke und ist durchaus von Knorpel gebildet, der auch zum grossen Theile bei der späteren Verknöcheruug erhalten bleibt, da nur vereinzelte Knochenstücke sich auf und in dem ursprünglichen Knorpel ausbilden. Wir können die unpaaren Knochen als Brustbein, die paaren als Schultergürtelhälften auffassen , müssen aber betonen , dass Fia-. 231. Fig. 230. — Raiia esculenta. — Dreifach vergrössertev Hyoidknorpel. o, Körper; i, vordere Bogen; c, hintere Bogen; d, Griffelfortsätze; e, Thyroidhörner. Fig. 231. — Rana escnleutu. — Brustbein mit dem Schultergürtel, etwa dreifach vergrössert. Die knöchernen Theile sind schraffirt. o, b, Episternum ; c, c/, Hypo- sternum; e, centraler Knorpel; /, Coracoideum ; g, Clavicula ; h, Primordialknorjiel ; i, Schulterblatt ; k, oberes Schulterblatt ; /, dessen verknöcherter Theil ; m, (links) Foramen ovale ; m, (rechts) Gelenkhöhle. es nicht ganz leicht ist, innerhalb der knorpeligen Vei'bindungen zu unterscheiden, was dem einen oder anderen angehört. Das in der Mittellinie der Brust gelegene Sternum besteht wesentlich aus zwei Stücken, dem vorderen Episternum (fl, &, Fig. 231) und dem hinteren Hypo sternum (c. d). Jeder dieser Theile wird von einem centralen, griffeiförmigen Knochenstücke (a, c) und einer diesem aufgesetzten dünnen, halbmondförmigen Knorpelplatte (6, d) gebildet, die sich an den Rändern so verdünnt, dass sie durchsichtig erscheint. Zwischen dem , den proximalen Enden der Schlüsselbeine aufgesetzten Episternum und dem in gleicher Weise zu den Raben- 558 Wirbelthiere. beiucn sich verhaltenden Hyposternum ist in der Mittellinie eine Knorpellaraelle als Rest des Urknorpels eingeschaltet, welche das eigent- liche Sternum (e) darstellt. Der S chultergürt el wird von vier, durch Knorpel verbundenen und vervollständigten Hauptstücken gebildet; dem über den Rücken hinübergeschlagenen Ober -Schulterblatt, dem eigentlichen seitlichen Schulterblatt und zwei queren, die Verbindung mit dem Sternum herstellenden Stücken , dem Schlüsselbeine vorn und dem Rabenbeine hinten. Das Ober-Schulterblatt (Z;, l, Fig. 231) hat die Gestalt eines Spatels. Der freie verbreiterte Randtheil (A-), der sich an die Wirbel- säule anlegt (n, Fig. 225), erscheint bei Trockenpräparaten sehr durch die Schrumpfung des Knorpels in seiner Form verändert; nur der Handgriff des Spatels, der dem Schulterblatte ansitzt (7), verknöchert, besonders am Vorderrande. Man sieht auf seinen beiden Flächen feine, zu dem freien Rande ausstrahlende Streifen. Das Schulterblatt (/, Fig. 231) ist ein viereckiges, langes, in der Mitte etwas ausgekehltes Knochenstück, an das vorige durch Knorpel eingelenkt; es zeigt an seinem unteren, ventralen Rande eine Rinne, deren Ränder die Anlage zweier Fortsätze bilden, mit denen es sich an das Rabenbein anschliesst. Zwischen diesem und dem Schulter- blatte, doch grösstentheils im Bereiche des letzteren, ist die Geleuk- höhle (m) angebracht, in welcher der Kopf des Humerus spielt. Das Rabenbein (/, Fig. 231) gleicht in der Form einer liegen- den Sanduhr, deren Sternalende breiter ist, als das gegen das Schulter- blatt gerichtete Ende. Zwischen beiden Knochen wird die Verbindung durch den Gelenkknorpel {Cartilago paragJenoidalis , Duges) her- gestellt. Das weit dünnere, aber dem vorigen parallel gelagerte Schlüssel- bein {g, Fig. 231) ist von ihm durch eine ovale Lücke (;») getrennt. Das Sternalende ist spitz, das Aussenende verbreitert. Beide Enden treten zu den Knorpelraassen , die wir schon erwähnten, so dass der Gürtel auf der Sternalseite vollkommen geschlossen ist. Arm. — Wir treten hier zum ersten Male dem pentadactylen Typus der Extremitäten gegenüber, der sich sofort durch eine unab- änderliche Reihenfolge der einzelnen Theile einführt, einen Oberarm- knochen (Humerus), zwei Vorderarmknochen (Radius und Ulna), die aus mehreren Carpalknochen bestehende Handwurzel, fünf Mittel- handknochen und ebenso viel, aus mehreren Phalangen zusammen- gesetzte Finger. Der Humerus (Fig. 232) ist ein mächtiger, an beiden ab- gerundeten Enden verdickter Cylinderknochen. Der proximale, mit Knorpel überzogene Gelenkkopf (c) spielt in der zwischen dem Schulter- Amphibien. 559 Fig. 232. Fio-. 233. blatte und dem Rabenknorpel ausgeschweiften Gelenkhöhle; das distale Ende trägt einen vorspringenden , halbkugelförmigen Gelenkkopf (c'), der in eine Höhle des Vorderarmknochens eingepasst ist. Auf der Innenfläche springt eine bedeutende, bis zur Hälfte der Länge hinab- reichende Leiste vor, die Crista deltoidea; bei den Männchen findet sich ausserdem am Innenrande der distalen Hälfte eine zweite, vor- spi'ingende Leiste, die Crista mediaJis (cm), die bei den Weibchen nicht ausgebildet ist. Der Vorderarm (q, Fig. 225; rt, ?>, c, Fig. 233) besteht aus einem einzigen, von vorn nach hinten abgeplatteten Knochen, dessen ur- sprüngliche Verschmelzung aus zwei Knochen, Radius und Ulna, durch eine besonders in der distalen Hälfte ausge- prägter Längsfurche an- gedeutet ist. Das proxi- male Ende trägt die Gelenkhöhle für den unteren Kopf des Hume- rus; das bedeutend ange- schwollene distale Ende ist mit Knorpel belegt, der auf der Radialseite (b) dreieckig, auf der Ulnarseite (c) mehr ab- gerundet vorspringt. Die Handwurzel (Fig. 233) besteht aus zwei Reihen kleiner, während des ganzen Lebens grösstentheils knorpelig bleibender Carpalknochen. Die proximale Reihe besteht aus drei Knochen, von welchen der erste (Os pyramidcde, d) mit dem Cubitalende des Vorder- armbeines, der zweite (Lunare, e) mit dem Radialende desselben Knochens eingelenkt ist , während der dritte (Navicidare, f) nicht an dem Vorderarmgelenke theilnimmt. Die zweite Reihe besteht eben- falls aus drei Knochen, dem sehr grossen Hakeubeine (Ca_pifafo- hamatum , g), welches einei-seits mit dem Pyramidale und Lunaro, anderseits mit den drei äusseren Mittelhandknochen eingelenkt und offenbar aus der Verschmelzung mehrerer Stücke hervorgegangen ist. Fig. 232. — Ranu escidenta. — Zweifach vergrösserter Humerus des Männchens. u , vorderer Geleukkopf ; Z», hinterer Gelenkkopf ; cc/, Crista deltoidea; cm, Crista medialis; t, Trochlea. (Nach Ecker.) Fig. 233. — Raiia esculenta. — Schwach vergrösserter Vorderfuss. a, Vorderai-mknochen ; b, radiale Hälfte desselben; c, cubitale Hälfte ; (Z, Pyramidale ; e, Lunare ; /, Naviculare ; g, Capitato-hamatum ; h, Trapezoideum ; /, Trapeziuni ; fc, Metacarpale des Daumens ; /, üln'ige Mittelhandknochen ; m , Phalangen der vier letzten Fincjer 2—5. 560 Wirbelthiere. und zwei kleinen Knöchelchen, von welchen das äussere {Trapezoi- detim, h) die Verbindung des Naviculare mit dem Mittelhandknochen des zweiten Fingers herstellt, während das innere (Trapezitim, i) den Mittelhandknochen des Daumens mit dem Naviculare verbindet. Alle diese Carpalknochen sind in sehr verschiedener Weise gedeutet und benannt worden; wir bebalten die Bezeichnungen von Ecker bei. Die Mittelhand (?) zeigt vier lange, stabförmige Knochen für die äusseren Finger und ein sehr kleines Knöchelchen für den Daumen, das besonders bei den Weibchen sehr reducirt ist und oft ganz zu fehlen scheint. In der That spielt bei den Fröschen der zweite Finger die Rolle des Daumens und er ist es auch , der bei den Männchen die charakteristischen Bildungen zeigt, die schon erwähnt wurden. In Folge der Rolle, die er bei der Begattung spielt, ist auch sein Knochen- gerüst stärker entwickelt, so dass man schon an der mächtigen Aus- bildung seines Mittelhandknochens das Geschlecht des Thieres erkennen kann, dem das Skelett entnommen wurde. Phalangen sind nur an den äusseren vier Fingern entwickelt; der Mittelhandknochen des Daumens trägt keine Fingerglieder und bleibt gänzlich von der Haut iimhüllt. Der zweite und dritte Finger zeigen nar zwei, der vierte Finger, der unter allen der längste ist, und der fünfte Finger dagegen drei Glieder. Die Verschmelzung des Radius und der Ulna zu einem einzigen Knochen macht jede Pronation und Supination unmöglich. Die natür- liche Stellung der Hand ist in halber Pronation. Das Hinterglied des Frosches ist bedeutend länger und mäch- tiger als das Vorderglied und in jeder Beziehung vollkommener ge- bildet. Es ist das wesentlichste Bewegungsorgan des Thieres; vor- trefflich zum Springen auf dem Boden organisirt, wird es durch die zwischen den Zehen ausgebreitete Schwimmhaut ein mächtiges Ruder- organ im Wasser. Der Becken gürtel (t,u,v,Fig.22ö), der die Beine mit der Wirbel- säule fest verbindet, hat im Ganzen die Form eines langgestreckten V, dessen Spitze durch die Scham- und Sitzbeine gebildet wird, während die beiden Darmbeine die Seiten darstellen. Zwischen ihnen in der dorsalen Mittellinie erstreckt sich der Stachel des Steissbeiues. Die drei Beckenknochen nehmen an ihrer hinteren Vereinigung gemeinsamen Antheil an der Bildung der weiten und tiefen Gelenkhöhle (Äeetahulum) für den Kopf des Oberschenkelbeines. Die beiden Darmbeine (t, Fig. 225) übertreffen an Grösse die anderen. Sie vereinigen sich mit ihren hinteren, verbreiterten Enden in der Mittellinie und legen sich mit ihrem hinteren Rande an die Scham- und Sitzbeine. Ihre stabförmigen , dünnen Vorderenden sind durch eine knorpelige Symphyse mit den Querfortsätzen des nennten Wirbels verbunden. Ueber den grössten Theil ihrer Länge zieht sich Amphibien. 561 Fiff. 234. eine säbelförmige, scharfe, verticale Leiste, an welche sich die Mus- keln festsetzen. Der abgerundete, untere Rand ist leicht geschweift. Die kurzen, unregelmässsig in ihren Conturen zugerundeten Sitz- beine {v, Fig. 225) legen sich mit ihren inneren Flächen an einander und zeigen an der Verbindungslinie eine vorstehende, verticale Leiste mit convexem Hinterrande. Nach vorn vereinen sie sich mit den Darmbeinen, nach hinten mit den Schambeinen {u, Fig. 225), die knorpelig bleiben und sich wie ein dreieckiger Keil in den mittleren Raum zwischen den anderen Knochen einschieben. Das Schenkelbein (;k, Fig. 225) ist ein langer, cylindrischer, leicht S-förmig gekrümmter Knochen. Sein runder, mit Knorpel überzogener, proxi- maler Gelenkkopf spielt in dem Ace- tabulum des Beckengürtels; sein dista- les Ende ist auf der Fläche gegen den Vorderbeinknochen leicht abge- plattet. Dieser gemeinsame Knochen {y, Fig. 225) ist wie der entsprechende des Vorderarmes aus der Verschmel- zung des Schien- und Waden- beines hervorgegangen, wie man sich durch die Gegenwart einer Längsfurche und auf Querschnitten, durch die Exi- stenz zweier, mit den Berührungs- rändern verschmolzenen Markröhren überzeugen kann. Nur sind dieselben so innig zusammengefügt, dass sie zum Ansätze der Muskeln nur eine seitlich zusammengedrückte Axe bie- ten, auf deren Mitte man ein kleines, in eine enge Spalte führendes Ernäh- rungsloch sieht. Die vordere Epiphyse, welche eine doppelte Längsfurche zeigt, bildet mit dem entsprechenden Geleukkopfe des Oberschenkels das knochen ; e, Cuboideum ; /, Naviculare ; Kniegelenk, das durch eine starke rj, h, Cunoidea (Duges); i, i, Meta- Kapsel mit Sehnenbändern umhüllt tarsalia ; k, Fingerglieder. wird. Die Fusswurzel (z, 11, Fig. 225) zeigt, wie die Handwurzel, zwei Reihen von Knochen , aber sehr ungleich ausgebildet. Die erste Reihe besteht aus zwei langen, mit ihren nur theilweise verknöcherten Enden verschmolzenen Knochen, dem Fersenbeine (Z), Fig. 234) und dem Sprungbeine (c, Fig. 234). Die zweite Reihe besteht aus Vogt u. Yiiiig, prakt. vargl. Anatomie. II. grj Rana esculenta. — Schwach vergrgsser- ter Hinterfuss. «, Vorderbeinknochen ; h , Astragalus ; c, Calcaneum ; d, d', verschmolzene Köpfe der Fusswurzel- 562 Wirbelthiere. vier Knöchelchen, dem scheibenförmigen Cuboideum (e), auf dem die Mittelfussknochen der zweiten und dritten Zehe eingelenkt sind ; dem Naviculare (/), vor dem Mittelfussknochen der ersten Zehe, und zwei zur Seite gelegenen Knöchelchen (g, h) , die einen kleinen , hornigen Sporn tragen, der auch am lebenden Thiere zu sehen ist und als Rudi- ment eines sechsten Fingers angesprochen wurde. Die fünf Mittelfussknochen sind lang, stabförmig, wie an der Hand. Die erste und zweite Zehe haben zwei Phalangen, die dritte und fünfte drei und die vierte, die längste von allen, vier Zehen - glieder. Muskel System. — Vergleicht man die Musculatur des Frosches mit derjenigen des Barsches und der Fische im Allgemeinen , so fällt die bedeutende Entwicklung und Differenzirung der Muskeln der Gliedmaassen gegenüber der Musculatur des Stammes besonders auf. Man untersucht dieses System am besten an frisch enthäuteten und in schwachem Weingeist aufbewahrten Thieren, wo die einzelnen, etwas erhärteten Bündel sich leichter von einander trennen lassen. Auch kann man die enthäuteten Thiere vor der Präparation zwei oder drei Tage in einer 20procentigen Lösung von Salpetersäure liegen lassen. Nur muss man in diesem Falle znv Schonung der Instrumente das Thier vorher sorgfältig auswaschen und jede Spur von Salpetersäure entfernen. Die Hautmuskeln, welche bei höheren Wirbelthieren oft eine sehr bedeutende Rolle spielen und bei Fischen fast ganz fehlen, sind hier nur sehr schwach entwickelt. Der Brustbein ha utmuskel, der seiner Dünne und Durchsichtigkeit wegen mit Vorliebe zu histo- logischen Untersuchungen verwendet wird, wird von zwei viereckigen Lamellen gebildet, die sich hinten jederseits in der Höhe der Knorpel- leiste des Hyposternum an die Aponeurose der äusseren, schiefen Mus- keln und vorn an die Haut der Brust festsetzen. Zwei kleine Rücke n- hautmuskeln, die beim Abhäuten sogleich in die Augen fallen, finden sich in der Steissgegend an der Einlenkung der Schenkel. Körper muskeln. — Nachdem das abgehäutete Thier mit der Rückenseite befestigt worden ist, sieht man aiif der Bauchseite folgende oberflächliche Muskeln: Der gerade Bauchmuskel (r, /, Fig. 235) inserirt sich mit einer starken Sehne an der unteren Fläche des Pubis. Der nach vorn verlaufende, stark verbreiterte Muskel theilt sich bald in zwei, ein schiefes Seitenbündel (r) , welches sich mit der Bauchportion des Brustmuskels verbindet, und ein gerades Mittelbündel (/) , das sich zum Theile an die Innenfläche des Hyposternum ansetzt, während die grössere Masse über das Rabenbein wegzieht und zu dem Brustzungen- Amphibien. 563 beinmuskel sich erstreckt. Auf diesem Büudel sieht man fünf quere Sehnenstreifen (Inscriptiones tendineae). Rechts und links von dem geraden Bauchmuskel schlägt sich über die Seiten hinüber der äussere, schiefe Bauchmuskel (oe, Fig. 235, 240), der als breite Platte sich in der Mittellinie an eine die geraden Bauchmuskeln verbindende Aponeurose und den Knorpel des Hypo- sternutn ansetzt, während er auf der Rückenseite sich mit der Apo- neurose der langen Rückenmuskeln verbindet. Fig. 235. liana esculenta. — Muskeln der ventralen Körperfläche. />', vorderer Brusttheil des M. pectoralis; p" , hinterer Brusttheil desselben; p'", Bauchtheil desselben; (Z, M. del- toideus ; cA, M. coraco-humeralis ; sr, M. sterno-radialis ; oz, M. abdominalis obliquus internus; oe, M. abd. obliq. externus; oe', Scapulartheil desselben; r, M. abdomi- nalis rectus ; r', Mitteltheil desselben; oh, M. omo-hyoideus ; sh, M. sterno-hyoideus ; sm, M. submaxillaris ; sm', Bündel desselben vom H_voideum entspringend. (Nach E c k e r.) 36* 564 Wirbelthiere. Fio-. 236. Nach vorn löst sich von ihm der kleine Schulterblattmuskel (oe'j Fig. 240), der sich an den Hinterrand des Schulterblattes ansetzt und mit seinem vorderen Rande den Hinterrand des breiten Rücken- muskels bedeckt. Unter ihm breitet sich der innere, schiefe Bauch muskel (oi, Fig. 235) fächerförmig zwischen den Querfortsätzen des 4. bis zum 9. Wirbel und den Beckenknochen aus; nach vorn verlängern sich seine Bündel bis zum Brustbeine und dem Schlundkopfe. Nach sorgfältiger Präparation dieser mächtigen Muskel massen wird das Thier umgedreht, um die Muskeln der Rückenfläche zur An- schaiiung zu bringen. Wir werden dieselben nur kurz beschreiben, da die Figuren den Text er- läutern. lieber den ganzen Rücken vom Steissstachel bis zu den Stirnscheitelbeinen des Schä- dels erstreckt sich zu beiden Seiten der durch die Dorn- fortsätze der Wirbel bezeich- neten Mittellinie eine Muskel- ausbreitung {fd,fd', Fig. 236), die sowohl nach vorn als hin- ten sich in mehrere secun- däre Muskeln theilt und die meisten übrigen Rückenmus- keln bedeckt. Sie stellt ge- wissermaassen eine centrale Vereinigung der Rückenmus- keln in der Rückengegend her. Nach hinten und unten ent- Raiia esculenta. — Rücken- und Scliultermuskeln. j j. j- m lj. j • i\t ,, „ . , ,. ,^ -^ ^ ■ j-i , sendet diese Platte drei Mus- jd, tascia dorsalis , rechterseits bei j abge- schnitten; dm, M. depressor maudibulae, rechts ^^^In: a) den langen Rücken - von seinem Ursprünge an der Faseie abgelöst muskel (Igcl, Fig. 237), der und nach vorn zurückgeschlagen; ?<^, M. latissi- längs der Wirbelsäule VOm mus dorsi; l, M. iufraspinatus ; c. M. cucuUaris ; gteissbeine sich ZU den Felsen- la, M. attractor scapulae ; sc, M. sterno-cleido- . . i o i i i i i i_ , ., i\i- i. X 1 /xT 1 bemen des Schädels erstreckt, raastoideus ; r , M. retractor scapulae. (Nach "^ v. w,j ^ , Ecker.) einen welligen Verlauf und vier quere Sehnenbändchen zeigt; b) den Steisssacral muskel (cl) , der schief an den Seiten des Kreuzbeines verläuft, und c) den Steissbecken muskel (ci), der dem vorigen parallel läuft. Nach vorn entsendet die Muskelplatte den Herabzieher des Unterkiefers (dm, Fig. 236), unter welchem sich der Kappen- muskel (c), der breite R ückenmusk el (?f?) und der Rückzieher x\mphibien. 565 Fi"-. 237. des Schulterblattes (r) befinden, die sich an den Bewegungen des Schulteigürtels und des Oberarmes betheiligen. Als tiefste Schicht finden sich unter dem langen Riickenmuskel kurze Muskelbänder (/, Fig. 237) zwischen den Querfortsätzen der Wirbel. Das erste dieser Bündel (ics) inserirt sich vorn an dem Felsenbeine und hinten an dem Querfortsatze des zweiten Wirbels. Muskeln des Koj)fes. — Wir erwähnen auf der Ventralseite in erster Linie den Unterkiefermus- kel (öW», Fig. 235), der mit zwei, von einem medianen Sehnenbüudel ausgehenden Hälften mit seinen queren Fasern den ganzen Raum zwischen den beiden Unter- kieferhälften ausfüllt und den Boden der Mundhöhle bildet. Von seinem liinter- rande lösen sich zwei zu den vorderen Hörnern des Zungenbeines gehende Muskelbündel (sin). Bei lebenden Tbieren kann man leicht beobachten, dass dieser Muskel zur Einfüh- rung der Luft in die Lun- gen durch seine Bewegun- gen mitwirkt. In dem Winkel, in welchem die beiden Unterkieferhälften zusammenstossen , bedeckt er einen kleinen, die Zahn- beine verbindenden Quer- muskel, den Unterkinn- muskel (smt, Fig. 236). An den Seitenflächen des Kopfes tritt uns der den Raum zwischen dem Joch- beine und dem Unterkiefer ausfüllende Kaumuskel liuna esculenta. — Rücken- und Beckenmuskeln. t, M. temporalis ; Igd, M. longissimus dorsi ; i, ilM. intervertebrales ; ici,ics, M. attractor capitis inferior et superior; i', MM. intercrurales ; il, M. ileo-lumbalis ; cl, j\I. coccygeo-sacralis ; ci, M. coccygeo-iliacus; oi. M. obliquus internus; gl, M. glutaeiis. (Nach Ecker.) entgegen; dahinter in dem Räume zwischen dem Felsenbeine und dem Auge der Flügelmuskel und der Schläfenmuskel (f, Fig. 237). Alle drei Muskeln heben den Unterkiefer und schliessen so das Maul. 566 Wirbeltliiere. Der das Maul öffnende Herabziehe r des Unterkiefers {dm, Fig. 236), dessen Beziehungen zu der Muskelplatte des Rückens wir schon erwähnten, hat die Form eines Fächers, der mit seinem Stiele an den hinteren Winkel des Unterkiefers sich ansetzt. Auf der dorsalen Fläche des Schädels finden wir nur zwei sehr kleine Muskelpaare; im Eaume zwischen beiden Oberkiefern und Zwischenkiefern den die Nasenöffnungen erweiternden Zwischen- kieferrauskel und seinen Antagonisten, den seitlichen Nasen- muskel. Wir behandeln die Augenmuskeln gelegentlich des Sehorganes (S. 585). Muskeln der Zunge und des Zungenbeines. — Wir erwähn- ten schon, dass das freie, leicht ausgeschweifte Ende der Zunge des Fig. 238. Frosches nach hinten zurück- geschlagen ist, während der vor- dere Rand durch mehrere Muskel- bündel an dem Zungenbeinknor- pel befestigt ist. Nach Wegnahme des queren Unterkiefermuskels sieht man in der That drei Mus- keln mit Läugsfasern. Die bei- den seitlichen Kinnzungen- m US kein {gJi, Fig. 238) setzen sich vorn zum Theile an den Unterkinnmuskel (smt), zum Theile an den oberen Rand des Unterkiefers; nach hinten theilt sich jeder in zwei Bündel; das centrale Bündel (gh") heftet sich Rana escvlenta. — Ventrale Ansicht der an das hintere Hom des Zungen- Muskeln des Zungenapparates. Der Unter- beines, das seitliche Bündel {gh ) kiefermuskel (M. submaxillaris) (sm) ist an ^^ geringer Entfernung an den seiner Anheftunssstelle abgeschnitten, snii, •,- , -c l i. j r/ ,° .r • , ., hinteren l^ortsatz des Zungen- M. sub-mentahs ; g, M. genio-hyoideus ; , • , .. gh', Seitenbündel desselben; gh" , Mittel- bemkörpers.^ biindel desselben; hg, M. hypoglossus ; sh, Der mediane, unpaare Zun- M. sterno-hyoideus; s/i', dessen seitliche An- genmuskel {hg) besteht aus heftung; sh", dessen mittlere Anheftung; ^^g- verschmolzenen Bündeln, oh, M. omo-hyoideus : ph, MM. petro- ■, ^ , , i i • x '., . ^, „.. , „ , . ,/ welche getrennt an den hinteren hyoidei ; H, Korper des Zungenbeines; li , ° . dessen vordere Hörner. (Nach Ecker.) Zungenbeinhörnern ihren Ur- sprung nehmen, dann aber ver- schmolzen nach vorn zwischen den Kinnzungenmuskeln über die ventrale Fläche des Zungenbeinkörpers nach vorn bis zum Vereinigungspunkte der beiden Unterkiefer verlaufen. Von diesem Punkte aus dringt der Muskel in die freie Hälfte der Zunge und strahlt bis zu deren Rande aus. Amphibien. 567 Fis;. 239. In dem Räume zwischen den hinteren Bündeln der Kinnzungen- muskeln verläuft das vordere Ende des mächtigen Brustzungen- muskels (sh, Fig. 238), der den ganzen Hals zwischen dem Brust- beine und dem Zungenbeinkörper einnimmt, an dessen Unterfläche er sich ansetzt. Er ist nur eine Fortsetzung des geraden Bauchmuskels und streicht in seinem Verlaufe über die obere Fläche der Raben- und Schlüsselbeine unmittelbar unter dem Herzbeutel. Wir erwähnen noch einige kleine, schiefe Muskeln, den Schulter- zungenbeinmuskel (oh, Fig. 238) zwischen dem Vorderrande des Schulterblattes und der Unterfläche des Zungenbeinkörpers und die den Schlundkopf verengernden Felsenbeinzungenmuskeln (pJi), welche sich in der Mittellinie am Schlundkopfe und dem Zungenbeiukörper, seitlich an die Felsen- beine des Schädels an- setzen. Muskeln desSchul- ter gürteis und des Vordergliedes. — In der Höhe des Schulter- gürtels , welcher das Glied an die Wirbel- säule befestigt, finden sich zahlreiche , meist SS sehr kurze Muskeln, von welchen wir nur die hauptsächlichsten er- wähnen. Auf der Dor- salseite zeigen sich drei Muskelpaare, welche das Schulterblatt nach vorn ziehen und den Hinter- kopf heben. Diese sind: der Heber des Schul- terblattes (la^ Fig. 239), der Sterno- cleido-mastoideus (sc) und der Vor zieh er des Schulterblattes (ps). Sie setzen sich sämmtlich an die Hinterflächen des Felsenbeines und der Hinterhauptsbeine, sowie hinten an den vorderen Rand und die Aussen- fläche des Schulterblattes an. Hinter dieser Muskelgruppe zeigen sich drei andere Muskelpaare, die Quermuskeln des Schulterblattes (ts, Fig. 239), welche, schief von hinten nach vorn verlaufend, sich einerseits an die Quer- Rcma esculeuta. — Schultermuskeln, von unten ge- sehen. Der Sthultergürtel ist iu der Mitte durch- schnitten und seine Hälften nach aussen geschhigen. sc, M. sterno-cleido-mastoideus ; la, M. levator sca- pulae; ts, M. transverso -scapularis magnus ; tu'. Id. minimus; is", Id. tertius ; ps, M. protraetor sca- pulae ; is, M. interscapularis; ss, M. subscapularis ; d, M. deltoideus ; it, MM. intervertebrales. (Nach Ecke r.) 568 Wirbelthiere. fortsätze des dritten und vierten Wirbels, anderseits an den Hinter- rand und die Unterfläche des Schulterblattes ansetzen und dieses nach hinten, unten und innen ziehen. Der knöcherne Theil des Schulterblattes ist mit dem knorpeligen durch einen auf der Unt.erfläche angebrachten Zwischenschulter- mu skel (is) verbunden. Endlich sehen wir auf der Rückenfläche noch den Unterschulterblattmuskel (ss), der sich von der oberen Fläche des knöchernen Schulterblattes und des Rabenbeiues zur Gräte des Humerus erstreckt; er zieht den Arm nach hinten an den Leib an. Auf der Bauchseite findet sich vorn ein grosser, dreieckiger Muskel, der Beuger des Vor der armes oder Biceps (sr, Fig. 235), der in der Mittellinie des Halses am Episternum breit entsteht und mit seinen convergirenden Fasern sich an der Radialseite des Gelenk- kopfes des Vorderbeines ansetzt; vor ihm der Deltoideu s ((^, Fig. 235, 239) zwischen dem Schlüsselbeine und dessen Verbindungsknorpel mit dem Schulterblatte einerseits und der Gräte des Humerus anderseits, Fie-. 240. oe' üs Rana esculenta. — Stammmuskeln, von der rechten Seite gesehen, oe, M. abdominalis obliquus externus ; oe', Schvüterblattbündel desselben; Id, M. latissimus dorsi ; i, M. infraspinatus ; dm, M. depressor mandibulae; ss, M. subscapularis ; d, M. deltoideus ; <, M. triceps brachii ; cd, M. cutaneus femoris. (Nach Ecker.) der den Arm nach vorn zieht, und endlich der grosse Brustmuskel Qj, Fig. 235), der mit drei Portionen {p — ]} ), den Sterno-radial-Muskel zum Theile deckend , vom Hyposternum zu der Kante und der mit dieser parallelen Furche des Oberarmbeines sich erstreckt. Der drei- köpfige Muskel (c, Fig. 240) gehört dem Humerus an, dessen dor- sale Fläche er von der Schulter bis zum Ellbogen bedeckt. Die auf der vorderen und unteren Fläche des Vorderarmbeines liegenden Beuger des Vorderarmes erstrecken sich , die einen vom Ellbogen bis zu den Knöchelchen der Handwurzel und der Mittelhand, die anderen vom Humerus zur Radial- und Cubitalseite des Vorderarm- beines; der zu ihnen gehörende gemeinsame Fingerbeuger (8, Fig. 223) breitet sich auf der Vorderfläche der Hand aus und ent- Amphibien. 569 sendet zu jedem Finger eine Sehne, sanie Fingerstrecker, verhält sich iu der Hand. Wir erwähnen noch unter Fig. 241. Rana eaciilenta. — ^Muskeln des linken Hinterfusses , von oben gesehen. c«, M. coccygeo-iliacus ; (7/, W. glutaeus ; 7;, M. pyri- l'ormis ; ra, M. rectus anterior; ve, M. vastus externus ; tr, M. triceps; vi", M. rectus internus minor; sm, M. semi-mem- branosus ; b, M. biceps ; g, M. gastro-cne- mius ; f(t, M. tibialis anterior; pe, M. pero- neus. (Nach Ecker.) Sein Antagonist, der gemein- gleicher Art auf der Dorsalfläche den Streckmuskeln den Vorder- armstrecker und den M. carpo-ulnaris, die beide auf der oberen und hinteren Fläche des Vorderarmbeines verlaufen. Die Handmuskeln sind äusserst zahlreich. Jeder Finger hat seinen besonderen Beuger und Strecker. Wir verweisen hinsichtlich ihi'er näheren Beschreibung auf Ecker. Die Muskeln des Hinter- g 1 i e d e s sind weit länger und kräftiger, als diejenigen der vor- deren Extremität. Wir rathen den Anfängern, sich durch die Präparation dieser Muskeln für diejenige der anderen Muskeln einzuüben. Wir erwähnen nur die hauptsächlichsten und ver- weisen hinsichtlich der Einzel- heiten auf Ecker's Monographie. Auf der Riickenseite erscheinen fünf Muskeln: der Sitzmuskel, Glutaeus (gl, Fig. 241), der sich von dem oberen und seitlichen Rande des Darmbeines zum Höcker des Gelenkkopfes des Schenkelbeines erstreckt; der bim form ige Muskel (j;) vom Schambeine zu demselben Höcker; der dreiköpfige Streckmuskel (tr) des Schen- kels, der den ganzen Vorderrand des Gliedes deckt, sich an den hinteren Gelenkkojif des Schenkel- beines festsetzt und nach vorn in drei Bündel sich theilt, den vorderen, geraden Schen- ke 1 ra u s k e 1 (ra) in der Mitte zwischen dem äusseren, brei- ten Schenkelmuskel (ve) und dem inneren (14, Fig. 223), 570 Wirbelthiere. Die beiden ersteren (ra und ve) heften sich an das Darmbein, der letztere ist nur von der ventralen Seite des Schenkels aus sichtbar und setzt sich an die Gelenkkapsel der Hüfte an. Neben dem äusseren, breiten Muskel liegt, theilweise von ihm bedeckt, ein langer, schmaler Muskel, der zweiköpfige Muskel (b, Fig. 241 a. v. S.) ; er setzt sich nach vorn über der Gelenkhöhle an das Darmbein und nach hinten mit •zwei getrennten, in Sehnen auslaufenden Bündeln an den hinteren Rollhügel und den Körper des Schenkelbeines. Auf der Innenseite des Schenkels breitet sich ein grosser Streckmuskel aus, der halb- häutige Muskel (sm), der an der Symphyse der Darmbeine ent- springt und sich an dem Kniegelenke ansetzt. Diese grossen Scheukel- muskel verdecken kleinere, tiefe Muskeln, die wir hier nicht weiter beschreiben. An der Unterfläche des Schenkels finden wir die inneren, ge- raden Muskeln (19 und 20, Fig. 223). Der grössere derselben (19) ist breit und platt; er entsteht an der Schambeinsymphyse und setzt sich mit einer Sehne an eine kleine Apophyse des Schienbeines. In seinem hinteren Drittel zeigt er ein schiefes Sehnenbändchen. Der kleinere Muskel (20) verläuft ganz am inneren Rande des Schenkels und setzt sich vorn an die Aponeurose des geraden Bauchmuskels an, während sein sehniges Ende mit dem vorigen Muskel vei'- schmilzt. Der Schneidermuskel (16, Fig. 223) verläuft in der Mitte der ventralen Schenkelfläche zwischen dem unteren Winkel der Darm- beinsymphyse und dem Kniegelenke. Neben und zum Theil von ihm verdeckt, verlaufen drei Anzieher des Schenkels, der lange An- zieher (15, Fig. 223), der kurze (17) und der grosse Anzieher (18), die sich einerseits an die Symphysen der Darm- und Schambeine, anderseits an den Schenkelknochen ansetzen. Am Unterschenkel fällt vor allen anderen der mächtige Beuge- muskel, der Gastrocnemius (23, Fig. 223; g, Fig. 241) auf; er heftet sich vorn durch eine starke Doppelsehne an das Schenkel- und Unter- schenkelbein, während seine hintere Sehne mit denjenigen der anderen Muskeln zur Bildung der Achillessehne verschmilzt, die sich am Fuss- gelenke bedeutend verdickt und in die Aponeurose der Fusssohle aus- strahlt. Theilweise von diesem Muskel bedeckt, verläuft der die hintere Fläche des Unterschenkels einhüllende hintere Schien bei umuskel (21), der sich an den Gelenkkopf des Fersenbeines festsetzt; der vor- dere Schienbein muskel (22, Fig. 223; ta, Fig. 241). und der S che nk elstr e cker (23) sind die Antagonisten des Gastrocnemius. Endlich sieht man am distalen Ende des Unterschenkelbeines die Sehnen des Streckers und des Beugers der Fusswurzel (25), die das Fersen- iind Sj^rungbein bedecken. An diesen Knochen setzen sich Amphibien. 571 ebenfalls zahlreiche kleine Bewegungsraiiskeln der Zehen fest, hinsicht- lich deren genauerer Beschreibung wir auf Ecker verweisen. Nervensystem. — Seine Präparation verlangt viel Geduld und Sorgsamkeit, besonders wenn es sich um Verfolgung der feineren peri- pherischen Nerven handelt. Wir rathen, diese Präparate an Thieren vorzunehmen , welche einige Tage in schwachem Weingeist gelegen haben; an frischen Thieren ist die Nervensubstanz sehr weich und zerreisslich. Nachdem man an dem Rücken des enthäuteten Thieres die Muskeln weggenommen hat, welche die Wirbelsäule decken, sprengt man die Wirbelbogen mit einer feinen Scheere, deren eingeführtes Blatt man nicht zu tief einstechen und so horizontal als möglich halten muss , um das in dem Wirbelcanal liegende Rückenmark nicht zu verletzen. Man setzt die Operation in derselben Weise an dem Schädel fort, um das Gehirn bloss zu legen. Man untersucht die Rückenfläche des so bloss gelegten Central- nervensystemes und löst dieses, von vorn nach hinten fortschreitend, von dem Boden der Höhlen ab , indem man zuerst die Riechnerven vor dem Gehirne durchschneidet und es dann allmählich abhebt, wo- bei man Sorge tragen muss, die Hirn- und Rückennerven hart an den Wänden des Canales zu durchschneiden. So kann man das ganze Centralnerven System aus dem Canale loslösen, umdrehen und die Unter- fläche untersuchen. Man widmet den austretenden Nerven und ihren Wurzeln beson- dere Aufmerksamkeit. Mehrere der aus dem Gehirne und dem ver- längerten Marke austretenden Nerven sind so fein, dass man die Lupe zu Hülfe nehmen muss, um sie deutlich zu unterscheiden. Das Rücken- mark ist von einer weisslichen, weichen Substanz umgeben, in welcher man unter dem Mikroskope zahlreiche kleine Kalkkrystalle sieht, die bei Verdünnung mit Wasser Brown'sche Bewegungen zeigen. Das Gehirn ist von einer pigmentirten, gefässreichen Hülle, der Pia mater, umgeben, die man mit feinen Pincetten wegnimmt. Auf der Rauten- grube des verlängerten Markes ist diese zu einer gefalteten, gefäss- reichen Haut, dem Choroidplexus, verdickt ; die untere Fläche dieser Haut zeigt eine Reihe von Querfalten, die von einer medianen Längs- falte ausgehen, welche in den Sinus vorspringt. Jederseits liegen an den Austrittsstellen der Nerven an der Wirbelsäule weissliche Häufchen von Kalkkrystallen. Das Rückenmark (31, Fig. 245 und 246) ist verliältnissmässig sehr kurz und durch keine deutliche Grenze von dem es nach vorn fortsetzenden, verlängerten Marke geschieden. Der Querschnitt erscheint fast rund und zeigt, wie bei allen Wirbelthieren, innen den kreuz- förmigen, aus Zellen gebildeten Kern von grauer Substanz mit seinen vier Hörnern , welche in die weisse Rindensubstanz eindringen , die wesentlich aus Fasern besteht. Den Austrittsstellen der Nerven für 572 Wirbelthiere. die beiden Extreniitiiten entsprechend ist das Rückenmark etwas ver- dickt. Es verdünnt sich plötzlich zwischen dem sechsten und sie- benten Wirbel und setzt sich mit einem feinen Endfaden in den Canal des Steissbeines fort. Auf der venti'alen wie auf der dorsalen Fläche sieht man eine seichte Längsfurche-, die obere vpeicht vorn auseinander, um die Rautengrube zu bilden, auf deren Boden der feine Centralcanal sich öffnet, welcher das Rückenmark der ganzen Länge nach durchzieht. Das Gehirn (Fig. 242 bis 244) lässt auf seiner Rückenfläche unmittelbar vier wohl markirte Abtheilungen unterscheiden , die auf der ventralen Fläche (Fig. 243) weit weniger deutlich hervortreten. Diese Abtheilungen sind, von hinten nach vorn: das verlängerte Fig. 242. Fig. 243. Fig. 242. — Eana esculenta. — Das Gehirn von oben gesehen, dreifach vei'grössert. a, Kiech- lappen (Khinencephalon) ; &, Vorderhirn (Pro- sencephalon) ; c, Zwischenhirn (Thalamencepha- lon) ; d, Mittelhirn (Sehhügel, Mesencephalon) ; e , Kleinhirn (Cerebellum , Epencephalon) ; /, Kautengrube ; g, verlängertes Mark (Nachhirn, Postencephalon); li, Riechnerven; i, Zirbeldrüse (Epiphysis ; glandula pinealis). Fig. 243. — Rana esculenta. — Das Gehirn von unten gesehen, a, Pdechlappen ; 6, Vorder- hirn (Hemisphären) ; c, Zwischenhirn ; rf, Mittel- liirn ; h, h\ Wurzeln der Riechnerven ; i, Hirn- spalte ; k, Lamina terniinalis; /, Chiasma der Sehnerven ; m, Tuber cinereum ; ■«, Hypophysis (glandula pituitaria) ; o , Nervus ti;ochlearis ; p, N. ti-igeminus ; q, N. facialis ; v, N. acusti- cus; s, N. abducens ; f. NN. glossopharyngeus und vagus zusammen; (^, N. hypoglossus. Mark (Myelencephalon,^) mit dem Kleinhirn (Epencepha- lon, e) und rier Rau.ten- grube (/), das Mittelhirn (Mesencephalon, (Z), das Zwi- schenhirn (Thalamencepha- lon, c) und das Vorderhirn (Prosencephalon, b) , welches sich in die Riechknoten (t/) mit dem Riechnerven fortsetzt. Das verlängerte Mark {g , Fig. 242) ist die ange- schwollene Fortsetzung des Rückenmarkes nach vorn. Es ist fast so breit als das Vor- derhirn: die seitlichen Netz- stränge ( Co)yora restifor- mia) weichen in der Weise auseinander, dass sie eine Rautengrube in Form eines Dreiecks bilden, dessen Spitze nach hinten schaut. Der Boden der Rautengrube zeigt eine mittlere Längsfurche als Fort- setzung des Centralcanales des Rückenmarkes, der Raiim wird von der erwähnten Ge- fässhaut der Pia mater aus- gefüllt. Das kleine Gehirn (e, Fig. 242, 244) ist sehr reducirt und besteht nur aus einer Amphibien, 573 schmalen, unmittelbar hinter dem Mittelhirne aufgerichteten Qiier- brücke, die von den Netzsträugen aufsteigt und den Vorderrand der Rautengrube bildet, in welche sie mit ihrem etwas geschweiften Hinter- rande vorspringt. Auf der ventralen Fläche ist es nicht sichtbar ; die Stelle, wo es mit der Basis des verlängerten Markes verschmilzt, wird grossentheils von der Hypophyse bedeckt (n, Fig. 243). Das Mittelhirn (d) erscheint bei der Ansicht von oben in Ge- stalt zweier eiförmiger Massen , deren grosse Axen schief nach vorn und aussen gerichtet sind und vorn einen dreieckigen , von dem Zwischenhirne ausgefüllten Winkel frei lassen. Das Gehirn erreicht hier seine grösste Breite ; die beiden eiförmigen Hälften stossen aber nur in geringer Ausdehnung an das Vorderhirn, weil in der Mitte das Dach des dritten Ventrikels, über welchem noch obenein die Epiphyse liegt, sich einschiebt. Auf der Ventralfläche lässt sich aber keine be- stimmte Grenze zwischen Mittelhirn und Zwischenhirn feststellen; beide fliessen hier in einem Zuge zusammen. Aus diesem Grunde werden auch die beiden Massen oft die Sehhügel genannt; in derThat nehmen die beiden Sehnerven zwar im Mittelhirne ihren Ur- sprung, bilden aber ihr Chiasma auf der Unter- fläche des Zwischenhir- nes. In dem Räume zwi- schen den auseinander weichenden Schenkeln der Sehnerven tritt ein grauer Hügel , Tiiber cinereum , hervor (m, Fig. 243 und 244). Auf Querschnitten sieht man, dass jede Hälfte des Mittelhirnes im Inneren hohl ist und dass die bedeutenden Höhlen einerseits mit den Ventrikeln der vorderen Ab- theilungen, anderseits mit dem vierten Ventrikel in Verbindung stehen, der sich in die Rautengrube des verlängerten Markes öffnet. Das schon oben seinem äusseren Ansehen nach geschilderte Zwischenhirn (c) wird von einer kleinen, rundlichen Masse über- lagert, der Epiphyse oder Zirbeldrüse (i, Fig. 244). Vor der- selben erstreckt sich ein Gefässplexus , der keilförmig in die das Vorderhirn trennende Spalte vordringt. Eine unpaare Höhlung, der dritte Ventrikel, zeigt sich im Inneren des Zwischenhirnes. Der- selbe mündet nach vorn durch das sogenannte Monro'sche Loch in den queren Ast der Vorderhirnventrikel, nach hinten in den Mitteltheil Rana esculenta. — Profilansiclit des Geliinies von der linken Seite, a, b, c, d, e, wie in Fig. 242 ; f, Rücken- mark ; h, h! , Wurzeln des Riechnerven ; i, Zirbeldrüse ; k, Sehnerv ; /, Tractus opticus ; m, Tuber cinereum ; 71, Hypophysis ; o, Nervus trochlearis ; p, NN. trigemi- nus , facialis und acustieus zusammen ; ) erscheinen hinten, wo sie an dem Zwischenhirne ansitzen, etwas breiter und abgerundet, während sie nach vorn mit einer nur seichten Ab- grenzung sich in die Riechlappen (a) fortsetzen. Hier sind sie auch in der Mittellinie mit einander verbunden , während sie nach hinten durch eine tiefe Längsspalte, die grosse Hirnspalte (Fig. 242), getrennt werden, welche von einer Einfaltung der Pia mater ausgekleidet wird. Auf dem Boden dieser Spalte breitet sich eine nach vorn ausgeschweifte Lamelle von grauer Substanz, die Lamina terminalis {k, Fig. 243), aus. Will man von unten her die Hiruspalte sehen, so muss man diese Lamelle aufheben. In den Hirnhälften finden sich die beiden Seitenventrikel, die sich bis in die Riechlappen erstrecken und hinten durch eine Quer- höhle mit einander in Verbindung stehen. Peripherisches Nervensystem. — Das Rückenmark ent- sendet zehn Paar Spinalnerven, die, wie gewöhnlich, mit einer oberen dorsalen , sensitiven und einer unteren ventralen , motorischen Wurzel entspringen. Erstere Wurzel besteht aus mehreren Fibrillen, die sich in kurzer Entfernung von dem Marke zu einem Bündel ver- schmelzen, das unmittelbar nach dem Austritte aus dem Wirbelcanal zu einem kleinen, spindelförmigen Ganglion anschwillt, in dessen untere Fläche die entsprechende motorische Wurzel eindi^ingt. Alle aus dem Ganglion austretenden Nervenäste sind somit gemischter Natur. Gewöhnlich entspringen aus dem distalen Rande des Ganglions zwei Nervenäste, ein oberer oder hinterer, welcher sich bald in einen Muskelzweig für die Rückenmuskeln und einen Hautzweig für die Rückenhaut theilt, und ein unterer oder vorderer, der weit stärker ist und complicirteren Verlauf zeigt. Unmittelbar nach seinem Beginne sendet der untere Ast einen dünnen Verbindungszweig zu dem ent- sprechenden Ganglion des sympathischen Grenzstranges, so dass also zwischen allen Spinalnerven und dem sympathischen Systeme eine Ver- bindung hergestellt ist. Die übrigen Zweige variiren je nach der Umgebung; sie verlaufen im Allgemeinen zu den ihnen benachbarten Muskeln , Hautregiouen und den übrigen Organen. Wir können auf die Einzelheiten hier nicht eingehen und verweisen bezüglich der- selben auf die Beschreibung von Ecker und Wiedersheim. Wir geben nur einige Andeutungen. Der erste Spinalnerv (iüf^ Fig. 245, 246) ist bei dem Frosche nichts Anderes als der N. hypoglossus, den wir bei den Hirnnerven ab- x\mphibien. 575 handeln werden, obgleicli er durch ein zwischen dem ersten und zweiten Wirbel angebrachtes Loch aus dem Canale austritt. Der zweite Spinalnerv, der Arm nerv {M-), tritt zwischen Er vereinigt sich mit dem dritten, um mit diesem dem zweiten und dritten Wirbel aus. Fig. 245. Rana esculenta. — ßiickeuansicht von Gehirn und Rückenmark. W^ bis TF^", abgetragene Wirbel; j;^ bis /liio^ Spinalnerven; VG, Gass er 'scher Knoten des Trigeminus ; XG, Ganglion des Vagus. (Nach Ecker und Wiedersheim.) das Armgeflecht zu bilden, das zu sämmt- lichen Mtiskeln der vor- deren Extremität zahl- reiche Zweige aussen- det, die nach ihren zugehörigen Muskeln benannt worden sind. Die drei folgenden Nervenpaare (ü/^ bis M'^) begeben sich zu den be- nachbarten Muskeln der ^^ Bauchwände; einer ihrer Ma Aeste durchsetzt die Ms Muskelschichteu und verästelt sich in der Haut des Bauches, wäh- rend der andere sich zwischen den Muskel- fasern vertheilt. Die drei folgenden Paare {M\ M\ M^) lau- fen nach hinten , legen sich aneinander, um die sogenannte Cauda equina zu bilden, und vereinigen sich in der Nähe des Schenkelkopfes mit dem zehnten aus dem Steissbeine austre- tenden Paare zur Bil- dung des grossen Bein - gefl echtes {Plexus sacro - coccygeus). Von diesem Plexus gehen nicht nur die grossen, so häufig zu Versuchen in Anspruch genomme- nen Beinnerveu, sondern 576 Wirbelthiere. auch viele Zweige zu den in dem hinteren Abschnitte der Bauchhöhle eingeschlossenen Organen (Harnblase, Rectum, Eileiter etc.) ab. Am Ursprünge des unteren Astes eines jeden Spinalnerven liegt ein kreideweisses, mit Kalkkrystallen gefülltes Säckchen. Hirnnerven. — Mit Ausnahme des Hypoglossus, der, wie schon bemerkt, seinem Ursprünge nach ein Spinalnerv ist und zwischen dem ersten und zweiten Wirbel austritt, entspringen diese Nerven seitlich vom Hirnstamme und dem verlängerten Marke. Der Hypoglossus (M^ , Fig. 245, 246) entspringt mit zwei Wurzeln, einer starken unteren und einer oberen, so dünnen, dass sie dem blossen Auge kaum sichtbar ist. Nach seinem Austritte aus dem Zwischenwirbelloche vereinigt er sich innig mit dem Sympathicus, kreuzt dann den Vagus von oben und verzweigt sich hierauf in den Muskeln des Zungenbeines und der Zunge selbst. Mittelst eines oder zweier Aestchen nimmt er auch, wie bei den Fischen, an der Bildung des Arm- geflechtes Antheil. Weiter nach vorn finden wir mehrere Nerven, welche aus dem grossen Ganglion des Vagus austreten. Der Vagus (XG, Fig. 245; X, 246) entspringt an dem ver- längerten Marke mit mehreren Wurzeln, die sich alle zu einem be- deutenden Ganglion vereinigen, aus welchem von hinten nach vorn der Vagus, Glossopharyngeus und Facialis entspringen. Der gemeinsame Stamm dieser drei Nerven ist durch feine Fädchen einerseits mit dem Sympathicus, anderseits mit dem Ganglion Gasseri des Trigeminus in Verbindung gesetzt. Der Vagusstamm tritt durch ein, vor dem Gelenkkopfe des Hinter- hauptes gelegenes Loch aus der Schädelhöhle und krümmt sich nach unten und hinten auf der Seite des Halses ; er liegt zwischen dem Hypoglossus und der aufsteigenden Aorta und theilt sich bald in mehrere Aeste. Nahe beim Ganglion entsendet er von seinem oberen Rande zwei feine Zweige , von denen der eine zu dem zweibäuchigen und dem Schläfenmuskel geht und dann sich in der Haut über der Schulter verästelt, während der andere, der von den meisten Autoren als Bei nerv (Nervus accessorius Willisü) aufgefasst wird, den Trapez- muskel versorgt. Nach Abgabe einiger Fädchen an den Felsenzungen- muskel und an die Schleimhaut des Pharynx löst er sich durch Zwei- theilung nach und nach in vier bedeutendere Zweige auf, die von hinten nach vorn sind: a) der Kehlkopfnerv, der nach hinten zu den Hinterhörnern des Zungenbeines sich begiebt und die dortigen Muskeln, sowie die Schleimhaut des Kehlkopfes versorgt; b) der Magennerv, der sich an dem Kreuzungspunkte des Stammes mit dem Hypoglossus abzweigt und gerade nach hinten zu dem Magen sich be- giebt; c) der Lungen nerv, der anfangs dem vorigen fast parallel läuft, dann sich aber zur Lunge hinüberschlägt, und endlich d) der Amphibien. 577 Herznerv, der sich in den Herz wänden verzweigt. So versorgt der Vagus beim erwachsenen Thiere eine ziemliche Anzahl von Organen, Fio-. 246. während er bei der Kaul- quappe eine sehr ver- schiedene, dem bei den Fischen vorhandenen Verhalten (S. 518) ähn- liche Anordnung zeigt. Der Stamm des G 1 o s - sopharyngeus (X^, Fig. 246) tritt gemein- schaftlich mit dem Va- gusstamme aus dem Ge- hirne aus, trennt sich aber bald von demselben und theilt sich in zwei Aeste , einen vorderen Rana esculenta. — Gesammt- ansicht des centralen Nerven- systemes , von unten ge- sehen. Tic, Hemisphäre ; Lop, Seilhügel; M, Rückenmark. Die Linie des Buchstabens M bezeichnet etwa die Grenze zwischen Rückenmark und verlängertem Marke. /, Ner- vus olfactorius ; II, N. opti- cus ; IJI, N. oculomotorius ; TV, N. trochlearis ; V, N. tri- geminus ; VI, N. ahducens ; VII, N. facialis; VIII, N. acusticus ; A', N. vagus; X^, Verbindungszweig zwischen Trigeminus und Vagus ; X^, N. glossopharyngeus ; A'^, Ein- geweideast des Vagus ; A'*, Hautast desselben ; Vs, zum Gasser' sehen Knoten ge- hendes Vorderende des N. sympathicas ; Va, Augenast des Trigeminus ; Vh , Gau- menast ; Vr, Oberkieferast ; Vd, Unterkieferast ; Ve, Ast zum Trommelfell ; M^ bis iü^", Spinalnerven; .V\ N. hypoglossus ; Jy^, Armnerv; S, Grenzstrang des Sym- pathicus ; S^ bis »S^°, Ganglien desselben; SM, Verbindungszweige dieser Ganglien mit den Spinalnerven. (Nach Ecker und Wiedersheim.) Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. qj 578 Wirbelthiere. zui' Verbindung mit dem Facialis und einen ventralwärts absteigenden Ast, welcbex' sieb am Zungenbeine, auf dem Boden der Mundböble iind in der Scbleimbaut des Pharynx verzweigt. Die Hauptzweige des Nerven findet man leicht, da sie unmittelbar an der hinteren Wand der Gehörkapsel anliegen. Der Acusticus (VIII, Fig. 246) und der Facialis (VII) ent- springen zwar gemeinschaftlich an den Seiten des verlängerten Markes, trennen sich aber bald. Der erstere dringt unmittelbar in die Hör- kapsel ein; wir werden seine Verzweigung bei Gelegenheit des Gehör- organes behandeln. Der Facialis verläuft noch innerhalb der Schädel- höhle nach vorn und tritt dann in den Gasser' sehen Knoten ein, an welchem ausserdem der Trigeminus (F) und der Abdueens (VI) Antheil nehmen. Letzterer, der dünnste Hirnnerv, entspringt selb- ständig an der Unterfläche des verlängerten Markes und läuft schief nach vorn zu dem erwähnten Ganglion. Da drei Nerven an dessen Bildung sich betheiligen, so hält es schwer, festzustellen, welchem Nerven die Zweige angehören, die aus dem Gass er' sehen Knoten austreten. Ohne auf die feinen mikroskopischen Untersuchungen, welche man über diesen Punkt angestellt hat, näher eingehen zu wollen, bemerken wir nur, dass man zu dem Resultate gekommen ist, dass der Augenast des Trigeminus Nervenfasern vom Abdueens ent- hält, während der Gaumen-, der Zungenkiefer- und der Zungenbeinast vom Facialis geliefert werden. Genau an dem Punkte, wo der Augenast aus dem Gasser'schen Knoten austritt, iim sich nach vorn zu wenden, gehen zwei feine Fädchen ab , die zweifellos dem Abdueens angehören. Das eine ver- zweigt sich in dem Rückzieher des Augapfels, das andere in dem geraden, äusseren Augenmuskel. Der Gaumen-, Hy omandibul ar- und Zungenbeinnerv gehören sicherlieh dem Facialis an, sind aber ihrer Feinheit wegen schwer zu verfolgen. Um sie zu präpariren, muss man von der ven- tralen Seite aus vorgehen und sorgfältig das Grundbein, Keilbein und Flügelbein wegnehmen. Die Namen bezeichnen hinlänglich ihre Ver- breitungsbezirke. Der Trigeminus (V) tritt in geringer Entfernung vor dem Facialis und Acusticus aus dem verlängerten Marke mit nur einer Wurzel, nicht mit zweien, wie bei dem Barsche, aus. Noch innerhalb der Schädelhöhle bildet er das bedeutende, unter dem Namen des Gasser'- schen Knotens bekannte Ganglion (VGr, Fig. 245), aus welchem zwei starke Nerven austreten, welche im hinteren ^Winkel der Augen- höhle den Schädel verlassen. Der vordere, der Augennerv des Trigeminus (Va, Fig. 246), läuft horizontal an der Aussenwand des Schädels über den Sehnerven weg nach vorn zwischen den Augenmuskeln durch, giebt hier einige Amphibien. 579 feine Zweige an den Augapfel und lässt sich nach vorn bis zu der Nase und der Schnauzenspitze verfolgen , die er mit Zweigen ver- sorgt. Der hintere oder Kiefer nerv läuft auf den Boden der Augen- höhle und theilt sich bald in zwei Aeste , den Oberkiefernerven (Vc), der, längs des Oberkiefers verlaufend, allen benachbarten Theilen bis zu den Lippen Zweige abgiebt, und den Unterkiefer nerven (Vd), welcher sich um den Schläfenmuskel herumschlingt, den Kau- muskel durchsetzt und die Unterkiefergegend in ihrer ganzen Länge mit Zweigen versieht. Hierauf folgen zwei sehr feine Augenmuskelnerven. Der hintere, der Trochl e aris (/Fj, tritt vor dem Trigeminus aus dem Schädel aus und begiebt sich unmittelbar zu dem oberen schiefen Augenmuskel, in dem er sich verzweigt; der vordere, der Oculomoto rius (7ZZ), entspringt an der Hirnbasis auf der Grenze zwischen dem Mittelhirne und der Hypophyse, tritt durch ein besonderes Loch vor dem Gasser' sehen Knoten aus dem Schädel und versorgt die übrigen geraden Atigen- muskeln. Der Sehnerv (II), nebst dem folgenden der grösste Hirnnerv, tritt auf der Unterfläche des Mittelhirnes seitlich aus der Hirnmasse und läuft schief nach vorn, um mit demjenigen der anderen Seite durch Kreuzung der Fasern ein breites Chiasma zu bilden. Von diesem aus gehen die beiden Nerven direct jederseits zu dem Augapfel , in welchem sie sich als Retina ausbreiten. Der Riechnerv (/) bildet die unmittelbare Verlängerung des vor dem Vorderhirn gelegenen Riechlappens und verästelt sich auf der Schleimhaut, welche den Hintergrund der Nasenhöhlen auskleidet. Sympathisches Nervensystem. — Nach Eröffnung der Bauchhöhle desauf den Rücken gelegten Thieres sucht man den Grenz- strang dieses Systemes neben der Aorta auf, mit welcher parallel er in unmittelbarer Nähe der Wirbelsäule verläuft, oder man sucht seinen Endfaden an dem Gasser'schen Knoten bei Untersuchung der Hirn- nerven auf und verfolgt dann den Grenzstrang weiter nach hinten. Die Präparation, besonders der Verzweigungen und zahlreichen anasto- mosirenden Geflechte an den Eingeweiden und denGefässen ist äusserst schwierig; man wird mehrtägiges Eintauchen in eine SOprocentige Lösung von Salpetersäure zu Hülfe nehmen, um die im frischen Zu- stande sehr weichen und zerreisslichen Neryenfädchen einigermaassen zu festigen. Wie oben gesagt, besteht das sympathische System wesentlich aus zwei, der Wirbelsäule parallel laufenden Grenzsträngen, deren jeder, den Spinalnerven entsprechend, in zehn Ganglien anschwillt (S, Fig. 246). Der Strang beginnt im Kopfe mit einem feinen, aus dem hinteren I 580 Wirbelthiere. Rande des Gasser'schen Knotens entspringenden Fädchen, das auf seinem Verlaufe nach hinten Verbindungsfäden mit dem Glossopharyn- geus und Vagus austauscht. Der Grenzstrang tritt hinter dem Vagas- gangliou aus dem Schädel aus und läuft ventralwärts von den Spinal- wurzeln an den Wirbelkörpern nach hinten. An dem Hypoglossus, welcher der erste Spinalnerv ist, schwillt er zu einem ersten Ganglion (S^) an, das durch mehrere Fädchen mit dem Hypoglossus in Verbin- dung steht. Die beiden folgenden Ganglien, welche in der Höhe der das Arm- geflecht bildenden Nerven liegen, senden feine Fäden zu den Aorten- bogen, die bis zu den Herzwandungen vordringen und dort mit den Herzganglien in Verbindung treten, welche an den Ursprungsstellen der grossen Blutgefässstämme liegen. Von dem dritten Spinalnerven an setzt sich die Ganglienkette an der Seite der Aorta nach hinten fort; jedes dreieckige oder spindel- förmige Ganglion steht durch einen vorderen und mehrere hintere Fäd- chen mit den correspondirenden Spinalnerven in Verbindung und ent- sendet zahlreiche Zweige an die Aorta und deren Aeste , welche mit diesen in die betreffenden Organe eindringen imd dort oft sehr com- plicirte Geflechte bilden, die meist nur durch besondere Reagentien (Os- miumsäure, Goldchlorid etc.) zur Anschauung gebracht werden können. Derartige Plexus finden sich am Magen, an der Leber, den Nieren, der Harnblase etc. Die letzten Endfäden des Grenzstranges begleiten con- vergirend die Schenkelarterien. Sinnesorgane. — Nur während des Larvenzustandes als Kaul- quappen finden sich bei dem Frosche Seitenorgane ähnlich denjenigen der Fische. Mit der Vertauschung des Lebens im Wasser gegen das- jenige in freier Luft bei der letzten Metamorphose treten diese Organe in die Haut zurück und verändern sich durch Abplattung ihrer Sinnes- zellen bis zu gänzlichem Schwunde. Jedenfalls findet man bei dem erwachsenen Frosche keine solche Sinneshügel, wie sie bei den Fischen vorkommen. Dies hindert nicht, dass zahlreiche Nervenfädchen sich in der Haut verzweigen und namentlich um die Drüsen herum in dem Binde- gewebe der Haut Geflechte bilden. Einige dieser Fädchen erheben sich senkrecht gegen die Haut und verzweigen sich am Grunde der Warzen in Haufen von platten Zellen, deren Zahl sehr wechselt. Histo- logische Untersuchungen mit Hülfe von Osraiumsäure oder Goldchlorid und Anfertigungen von feinen Schnitten sind nöthig, um sich über die zumal je nach den Körperstellen sehr variable Structur dieser Tast- wärzchen Rechenschaft zu geben. In der Schleimhaut der Mundhöhle sind überall Geschmacks- organe zerstreut, welche in ihrem Bau den Tastwärzchen ähneln, Amphibien. 581 die man auf der Haut am Kopfe der Fische, in der Mundhöhle und auf der Zunge derselben findet. Sie finden sich besonders auf den Wärzchen der Zunge und auf dem Gaumen , von den Gaumenzähnen an bis zum Eingange des Schlundes, aber niemals ausserhalb der -Mundhöhle wie bei den Fischen. Die schwammförmigen Wärzchen der Fi-oschzungen siiid auf ihrer ganzen Oberfläche mit verschiedenartig geformten Zellen bekleidet, deren Structur und Beziehungen zu den Xervenendigungen die Ilisto- logen vielfach beschäftigt haben. Diese Zellen unterscheiden sich nur durch ihre Dimensionen von den Zellen , welche die Geschmacksinseln bilden, die in dem Wimperepithelium des Daches der Mundhöhle zer- streut sind. Man bezeichnet die einen wie die anderen, nach Merkel, als Endscheiben. Eine ausführliche Beschreibung derselben findet sich in der Arbeit von Fajersztajn (s. Lit.). Wir machen hier nur auf die in letzter Zeit vielfach behauptete Ansicht aufmerksam , wo- nach diese Endscheiben eher Tastorgane als Geschmackswärzchen sind, da bei einem Thiere, das sich wesentlich von Insecteu mit geschmack- loser Chitinhülle nährt, letztere Function nur in geringem Grade nütz- lich wäre. Geruchsorgan. — Die durch eine knorpelige Scheidewand ge- trennten Xasensäcke liegen auf der dorsalen Fläche der Schnauzen- spitze. Sie münden nach aussen mit ovalen OefPnungen, deren äusserer Rand von einem Hautwulste umzogen wird, der sich seitlich zu einem kurzen Tentakel auszieht, welcher zum Schliessen der Oeffnung beim Aufenthalte des Frosches im Wasser dient. Die innere Nasenöffnung mündet in der Nähe der Gaumenzähne ((/, Fig. 223) in die Mundhöhle. Ein Zug schwarzen Pigmentes erstreckt sich von der äusseren Nasen- öffnung zu dem vorderen Augenwinkel und bezeichnet so die Lage des von Born entdeckten, äusserst feinen Thränencanals, auf dessen Beschreibung wir nicht näher eingehen. Die Nasenhöhle wird oben von der dorsalen Platte des Gürtel- beines und von dem Nasenbeine, nach vorn von dem Zwischeukiefer, nach unten von dem Yomer und dem Gaumenbeine, nach hinten von dem Siebbeine begrenzt, welches der Riechnerv durchsetzt. Mittelst einer feinen Scheere hebt man das Dach derselben ab, und sieht dann, dass die Höhle im Ganzen die Form eines Dreiecks hat, dessen vor- derer Winkel von der Nasenöffnung eingenommen wird. Die Höhle verlängert sich nach vorn in eine Ausbuchtung des Zwischenkiefers; diese Nebenhöhle zeigt gefaltete Wände und einen buckeligen Boden. Die Oberfläche der Xasenschleimhaut wird durch vorspringende Leisten ihrer Knorpelunterlage bedeutend vergrössert ; diese Leisten sind als die ersten Anlagen der Nasenmuscheln zu betrachten, welche bei vielen höheren Wirbelthieren so bedeutend entwickelt sind. Zu ge- nauerer Untersuchung dieser Muschelrudimente miiss man feine Quer- 582 Wirbelthiere. Yis. 247. schnitte zu Hülfe nehmen , die man an einer mit Chi'omsäure fixirten und entkalkten Schnauzenspitze eines alten, oder an erhärteten Stücken eines jungen Thieres anfertigt, wo die Theile noch knorpelig sind. Die Furchen der Nasenmuscheln, wie überhaupt die Wände des Nasensackes sind mit einem Epithelium ausgekleidet, das man nach Fixirung in Osmiiimsäure oder Müller'scher Flüssigkeit zerzupfen und untersuchen kann. Seine sehr complicirte Structur ist von meh- reren Forschern untersucht worden (s. Lit.). Es enthält drei Haupt- formen von Zellen: 1) Cylindrische Wimper- zellen mit dicken, eiförmigen und körnigen Kernen (A, Fig. 247). 2) Lange Cylinderzellen ohne Wimpern , die sich mit einem langen Faden, der abgestutzte Wur- zelfäserchen trägt, in das unter- liegende Bindegewebe einsenken (B). 3) Eigentliche Riechzellen (0). Dieselben sind lang, dünn, cylindrisch, mit einem grossen, kör- nigen Kern, welcher eine eiförmige Anschwellung bildet. Von diesem Kern geht ein langer, knotiger P'aden aus , der sich in das Bindegewebe einsenkt und ohne Zweifel eine Fort- setzung der Endfasern des Riech- nerven bildet. Der lange, dünne Zellenkörper trägt auf seinem in die Nasenhöhle ragenden Ende äusserst zarte Riechborsten, meist pinselförmig zusammengestellt. Zuweilen findet man auch nur eine vereinzelte Riechborste. Ausser den erwähnten Zellen finden sich auch noch in dem Binde- gewebe unter der Schleimhaut einzellige Drüsen, welche wohl den schlüpfrigen Schleim absondern, der sich in der Nasenhöhle findet. Eine ähnliche Absonderung scheinen die sogenannten Bowman'schen birnförmigen Drüsen zu liefern , die überall in der Schleimhaut zer- streut sind. Sehorgan. — Die jederseits am Kopfe gelegenen Augen können von dem Frosche willkürlich vorgetrieben, besonders aber mittelst des in der Nähe des Sehnerven angehefteten Rückziehmuskels des Auges tief in die Augenhöhle zurückgezogen werden , was meistens bei Empfindung von Schmerz geschieht. Ra7ia escidenta. — Zellen der Rieeh- schleimhaut. A , cylindrische Wimper- zellen ; jB, cylindrische Epithelialzellen ohne Wimpern; C, eigentliche Riech- zellen. Amphibien. 583 Der Augapfel wird von zwei Lidern geschützt. Das obere Augen- lid, von unveränderter Haut überzogen, ist nur klein, starr und un- beweglich; das untere ist so gross, dass es über den ganzen Augapfel herübergezogen werden kann, mittelst eigener, in feine Stralilenbündel zersplitterter Mviskeln; es ist so durchscheinend, dass es zur Demon- stration der Capillaren und der Nervenverzweigungen unter dem Mi- kroskope dienen kann. Der Augapfel ira Ganzen hat die Gestalt einer auf der Vorderfläche abgeplatteten Kugel, deren Form durch die hinten schräge, nach vorn in die durchsichtige Hornhaut übergehende weisse Haut bestimmt wird. Diese, die Sclerotica, wird von einem dichten Fasergewebe ge- bildet, in welchem sich eine dünne, durchsichtige, besonders in der Umgebung des Sehnerven stärker entwickelte, becherförmige Knorj)el- lamelle zur Stütze ausbildet. Die schwarze Choroidea scheint durch das trübe Gewebe der Sclerotica mit bläulicher Farbe durch , sobald man die den Augapfel umhüllenden Muskeln und Fettpolster ent- fernt hat. Die vollkommen durchsichtige Cornea bedeckt den ganzen sicht- baren Theil des Augapfels. Sie hat eine ziemlich complicirte Structur ; ihre Hauptschicht wird durch ein eigenthümliches Bindegewebe aus feinen Fäserchen gebildet, die in eine helle Grundsiibstanz eingebettet sind, welche durch Reagentien feinkörnig niedergeschlagen wird. In dieser Substanz breiten sich Netze von Blutgefässen und Lymphräumen aus, welche Recklinghausen in seiner Arbeit über die Lymphgefässe (Berlin 1862) beschrieben hat. Auch findet man darin Nervenendigungen, die dem Augenaste des Trigeminus entstammen. Auf der Innenfläche wird die Hornhaut von einer durchsichtigen , elastischen Membran, der Descemet'schen Haut ausgekleidet, die man durch Maceration in 20procentiger Kochsalzlösung leicht ablösen kann. Endlich wird ihre innere wie ihre äussere Fläche von einem Zellenepithelium be- deckt. Die äussere Zellenhaut, die Conjunctiva, besteht aus meh- reren Schichten verschiedenartig gestalteter Zellen; sie schlägt sich auf die Innenfläche der Augenlider hinüber; die innere Auskleidung wird nur von einer einzigen Schicht polygonaler Zellen gebildet. Die Choroidea oder Gefässhaut, reich au Pigment und Blut- gefässen , liegt der Innenfläche der Sclerotica unmittelbar an und ist mit dieser sowohl an der Eintrittsstelle des Sehnerven , sowie im Um- kreise des Ansatzes der Cornea fest verbunden. Ausser an diesen Stellen lässt sie sich leicht mittelst eines Pinsels von der Sclerotica loslösen. Schwarze, sternförmige Pigmeutzellen, deren Ausläufer mit einander anastomosiren, finden sich in grosser Zahl in der aus zelligem und faserigem Bindegewebe zusammengesetzten Grundsubstanz. Die äussere Schicht, die sogenannte Lamina fusca, ist schwammig auf- gelockert und von bräunlicher Farbe ; in der inneren , dem Pigment- 584 Wirbelthiere. epithelium der Retina anliegeüden festeren Schicht verzweigen sich vorzugsweise die Gefässcapillaren und bilden Knäuel von eigenthüm- licher Gestalt. Nach vorn schlägt sich die Choroidea nach innen um und bildet so den von der Pupille durchbohrten Blendschirm der Iris. Spindel- förmige Maskelzellen vermischen sich mit den übrigen , von der Cho- roidea herstammenden Geweben. Die an der Ansatzstelle entsprin- genden radiären MiTskelfasern, welche den Ciliarfortsätzen entsprechen, erweitern die Pupille, die dem Pupillarrande genäherten, circulären Fasern verengern das Sehloch, das von elliptischer Gestalt ist. Auf ihrer Vorderfläche ist die Iris mit der Fortsetzung des polygonalen Pflasterepitheliums ausgekleidet, welches die Hinterfläche der Cornea bedeckt. Auf der Hinterseite, die sehr schwarz ist, sind die Pigment- zellen in Massen angehäuft; sie enthalten, besonders im Umkreise der Pupille, auch helles, goldfarbig schimmerndes Pigment. Die Iris theilt das Innere des Augapfels in zwei, durch das Seli- loch mit einander communicirende Räume; die vordere, sehr kleine Augenkammer enthält etwas Flüssigkeit, den Humor aqueus; die hintere Augenkammer wird von der Krystalllinse und demGlas- körper eingenommen. Letzterer besteht aus einer gelatinösen, stark lichtbrechenden Flüssigkeit, die von der äusserst feineu, durchsichtigen Glashaut umschlossen wird. Wenn inan mit einer feinen Scheere die Hornhaut an ihrem An- satzkreise abgelöst und die wässerige Flüssigkeit hat ablaufen lassen, drängt sich die grosse, fast kugelförmige Krystalllinse durch die Pupille vor. Sie ist auf der vorderen Fläche etwas abgeplattet und in einer festen, elastischen Haut, der Linsenkapsel, eingeschlossen, deren Innenfläche von einem schönen Pflasterepithelium überzogen ist. Die Linse besteht aus eigenthümlichen , bandartig verlängerten und abgeplatteten Zellen, welche durch eine amorphe Substanz mit einander verkittet sind. Die Retina, welche den Grund des Augapfels auskleidet und der Innenfläche der Choroidea unmittelbar anliegt, ist im Leben voll- kommen durchsichtig, wird aber bald nach dem Tode trübe, von milchigem Ansehen. Ihre Structur ist äusserst complicirt. Innen wird sie von einer, der Glashaut anliegenden, inneren Gx'enzmembran, aussen von einem Pigraentepithelium überzogen. Zwischen diesen beiden Grenzschichten hat man acht verschiedene Schichten unterschieden, von welchen die einen, aus bindegewebigen Elementen gebildet, Stütz- organe sind, während die anderen, aus Nervenelementen zusammen- gesetzt, der specifischen Function des Sehorganes angehören. Unter den letzteren ist die Schicht der Stäbchen und Kegel besonders wichtig, welche unmittelbar der äusseren Pigmentschicht anlagern und mit ihren Enden in dieselbe hineinragen. Im Uebrigen entspricht die Amphibien. 585 Anordnung der einzelnen Schichten derjenigen vom Barsche (S. 526). Wir gehen nicht näher auf ihre Beschreibung ein , da wir der von 11 off mann (Bronn's Thierreich, Art. Amphibien) gegebenen nichts zuzufügen haben. Im Centrum der hinteren Augenkamraer, etwas nach aussen von der Eintrittsstelle des Sehnerven, findet sich eine Verdünnerung der einzelnen Schichten der Retina, die ein sehr seichtes Grübchen darstellt; es entspricht dem im Auge des Menschen vorhan- denen gelben Flecke, wo die Schärfe der Auffassung der Licht- strahlen den höchsten Grad erreicht. Augenmuskeln. — Acht Muskeln betheiligen sich an den Bewegungen des Auges, zuerst die vier geraden, von welchen drei, der untere (Fig. 248,/), der äussere (g) und der innere (e), jeder mit einer dünnen Sehne an dem Keilbeine oder der dasselbe mit den Stirnscheitelbeinen verbindenden Faserknorpellamelle entspringen und mit fächerartig ausgebreiteten Muskelbündelchen sich an der durch ihren Namen angedeuteten Stelle der Sclerotica in der Nähe der Cornea, an dem unteren Kreisabschnitte, anheften, wäh- rend der hintere gerade Augenmuskel, der mit breiterem Ansätze am Stiruscheitel- beine entspringt, sich an den oberen Kreis- abschnitt in der der vorigen entsprechenden äquatorialen Ebene ansetzt. Die beiden schiefen Augenmuskeln (/, /t') entspringen beide, einer über dem anderen , am Gaumenbeine , laufen über die Härder' sehe Drüse weg und ver- breiten sich, der eine auf der oberen, der andere auf der vorderen Fläche der Sclerotica. Sie rollen das Auge nach oben und auf die Seite. Zu diesen überall vorkommenden Älus- keln gesellen sich noch: der Rückziehmuskel des Auges (h), der innerhalb der geraden Mus- keln unmittelbar den Sehnerven umgiebt und mit einer breiten Sehne an dem Keilbeine ent- springt. Man kann an ihm drei Hauptbündel unterscheiden , von welchen zwei sich vor der Aequatorialebene des Augapfels an der oberen Fläche der Sclerotica, das dritte hinter dieser Ebene an der unteren Fläche festsetzen. Er zieht den Augapfel nach innen. Endlich der Hebemuskel des Auges, eine im Grunde der Augenhöhle aus- gebreitete Muskellamelle, auf welcher der übrigens nicht an sie angeheftete Augapfel ruht. Er setzt sich einerseits an den oberen Rand des Stirnscheitelbeines, anderseits an den oberen Rand des Oberkiefers au, den er und mit ihm den Augapfel in die Augenhöhle emporhebt. ^- 1 Rana tscultntu. — Die Mus- keln des Auges, a, Sphe- noideum ; 6, Palatinum ; c, Pterygoideum ; d , Orbita ; e, innerer gerader Muskel; /, unterer gerader Muskel ; g, äusserer gerader Muskel ; Ä, Rückzielimuskel des Aug- apfels ; /, oberer schiefer Muskel ; fc, unterer schiefer iMuskel. 586 Wirbelthiere. Augendrüsen. — Der Frosch besitzt keine Thränendrüsen ; ist aber zum Ersatz mit einer sehr blutreichen Drüse ausgestattet, die sich vom inneren Augenwinkel bis auf den Boden der Augenhöhle erstreckt. Diese Harder'sche Drüse ist von festem Bindegewebe umhüllt; ihre cylindrischen Drüsenzellen sondern einen öligen Stoff ab, der dem von den Meibom 'sehen Drüsen der höheren Wirbelthiere gelieferten ähnlich ist und namentlich die innere Fläche des unteren Augenlides schlüpfrig erhält. Hörorgan. — In Folge einer Umbildung der vorderen Kieraen- spalten und der sie trennenden Visceralbogen, auf deren Einzelheiten wir hier nicht eingehen können, die aber durch die Umsetzung derKiemen- athmung in Lungenathmung bedingt ist, besitzen die Amphibien ein mittleres Ohr, das aus der Trommelhöhle und deren Dependenzen besteht und den Fischen gänzlich abgeht. Dagegen fehlt dem Frosche, wie allen anderen Amphibien, ein äusseres Ohr; eine leichte Einsen- kung an der hinteren Kopfecke kann als erstes Anzeichen eines solchen angesehen werden ; auf dem Grunde dieses Grübchens, unmittelbar unter der Haut, der es fest anhängt, ist das Trommelfell ausgespannt in einem knorpeligen Rahmen , der an dem Schläfenbeine und selbst an dem Schläfenmuskel befestigt ist. Dieser, sowie die benachbarten Muskeln können das Trommelfell mehr oder minder spannen. Präparirt man die Haut über dem Trommelfelle sorgfältig ab , so sieht man, dass das letztere eine sehr dünne, von strahlenförmig an- geordneten Sehnenfasern gebildete Lamelle darstellt, deren innere, der Höhle zugewendete Fläche von demselben pigmentirten Epithelium von Cylinderzellen ausgekeidet wird, welches die ganze Trommelhöhle, die Eustachi'sche Röhre und die Mundhöhle überzieht. Etwa auf der Mitte des durchschimmernden Trommelfelles sieht man einen weissen Fleck, die Ansatzstelle des äusseren Endes der Columella. Das andere, innere Ende der Columella legt sich an das ovale Fenster des Laby- rinthes an; man muss also das Trommelfell von seinem Rahmen los- lösen , um das Knöchelchen in seiner ganzen Ausdehnung zu sehen und zugleich in die relativ weite, aber seichte Trommelhöhle ein- zudringen , deren von Knorpelwänden umschlossene Innenfläche mit dem schon erwähnten pigmentirten Epithelium ausgekleidet ist. Sie hat die Gestalt eines weiten, flachen Trichters, dessen Mündung nach aussen schaut, während sich sein Grund in die Eustachi'sche Röhre fortsetzt, die an dem Flügelbeiue anliegt und mit weiter Mündung (h, Fig. 223) im Hintergrunde der Rachenhöhle sich öffnet, so dass man leicht von hieraus eine Sonde in die Trommelhöhle einführen kann. Die Columella (Fig. 249), die wohl der Kette der Gehör- knöchelchen der höheren Wirbelthiere entspricht, hat die Gestalt eines Hanteis, welcher die Trommelhöhle quer durchsetzt, und mit zwei an- Amphibien. 587 geschwoUeuen Knorpeleuden , dem distalen grösseren nnd unregel- mässigeren an das Trommelfell, mit dem proximalen, mehr abgerun- deten Ende an die Membran des ovalen Fensters sich anlegt. Nach Constatirung dieser Verhältnisse löst man die Columella los und wendet sich zur Präparation des Labyrinthes, die wegen der Klein- heit der Theile sehr schwierig ist. Man arbeite an frischen Thieren, die man vorher mit Osmiumsäure eingespritzt hat, welche nicht nur die histologischen Elemente fixirt, sondern auch das häutige Labyrinth im Ganzen mehr festigt, so dass man die Knochen- und Knorpeltheile, welche dieses umhüllen, ohne Verletzung desselben wegnehmen kann. Zur Untersuchung im Ganzen kann man auch durch Chromsäure oder Salpetersäure entkalkte Köpfe benutzen : nur werden bei solcher Be- handlung die Otolithen und die Kalkkrystalle , welche im Inneren des Labyrinthes abgelagert sind, selbstverständlich aufgelöst. Das häutige Labyrinth (Fig. 250, 251) ist auf der Seite des Schädels in einer unvollständigen Kapsel ein- geschlossen , welche vorn von dem Felsenbein (Prooticum) und auf den übrigen Seiten von dem Hinterhauptsbeine und dem diese beiden Knochen verbindenden Knorpel gebildet wird. Dieses knöcherne La- byrinth hat eine sehr un- regelmässige Foi-m; nach oben Ru/ia escitlenta. — Die Columella, achtfach ver- grössei-t. 7, Ansicht von oben ; IT, Ansicht von hinten, a' , a" , äusseres knorpeliges Ende; b, verknöcherter Mitteltheil; m, an einen Sporn des Mitteltheiles angeheftetes Muskelbündel ; c, inneres knorpeliges Ende, das sich an das dringen in Seitenhöhlen zwei ovale Fenster des Labyrinthes ansetzt. (Nach i n • i ir- • n -i n, -i.\ p ^ . N ^ halbcirkeliormige banale [li, k) Ketzius.j . -, . und der Utriculus («) ein, nach unten in entsprechende Gruben der Sacculus (?) und die Lagenula («), das Rudiment der Schnecke ; nach aussen hin entspricht ein wenig vor- springender Bogengang dem äusseren halbcirkelförmigen Canale (?). Ausserdem ist die Kapsel nicht geschlossen, da mehrere OeflFnungen vor- handen sind; an der unteren Fläche das ovale Fenster, an der hin- teren das runde Fenster und der Aquäduct der Schnecke (Hasse) und auf der inneren, der Schädelhöhle zugewandten Fläche der Aquäduct des Vestibulums. Unter diesem dringt der vordere oder Vestibularast des Hörnerven (1, Fig. 250) in das Labyrinth ein, während der hin- tere oder Schueckenast dieses Nerven (2) etwas über und hinter dem vorigen eintritt. Das häutige Labyrinth füllt nicht vollständigfdie Höhlungen des knöchernen aus; zwischen beiden erstreckt sich |ein perilympha- 588 Wirbelthiere. tischer Hohlraum, der um den Sacculus und den Ursprung der halb- cirkelförmigen Canäle ziemlich weit, um die Convexität der Canäle herum aber so verengt ist, dass jeder dieser Canäle excentrisch in seinem Räume liegt, wovon man sich leicht auf Querschnitten über- zeugen kann. Die Perilymphe, welche das häutige Labyrinth umspült, erfüllt diesen Raum. Die Wände des häutigen Labyrinthes sind sehr dünn, aus amorpher Substanz gebildet, in welchem man hier und da sehr feine Fäserchen und gesternte Pigmentzellen findet. An einigen Stellen, besonders da, wo die Nerven auf Leisten und Einschlägen verschiedener Form sich ausbreiten, verdicken sich diese Wände. Nachdem man das häutige Labyrinth aus seiner Kapsel heraus- geschält hat, kann man es in einem Uhrglase in indifferenter Flüssig- Fio-. 250. Rana esciilenta. — Das Hörlab3'rinth von der inneren Seite gesehen , in zehnfacher Vergrösserung. a, Utriculus ; b, Stelle seiner OefFnung ; c, oberer Sinus des Utri- culus ; d, hinterer Sinus; e, vordere ArnpuUe ; /, äussere Ampulle; jr, hintere Am- pulle; h, vorderer halbcirkelförmiger Canal ; ?', äusserer; h, hinterer Canal; /, Saccu- lus ; VI, endolymphatischer Canal ; n, Lagenula ; o, Basaltheil der Schnecke ; p, Canalis ntriculo-saccularis ; q, Hörfleck der utricularen Ausweitung; r, Hörfleck des Sacculus; s, Hörfleck der Macula neglecta; t, Hörwarze der Lagenula; m, basilare Hörwarze; V, Nei'v der vorderen Ampulle ; lü, Nerv der hinteren ; x, Nerv des Sacculus ; y, Nerv der Lagenula; 2, Basilarnerv. 1, 2, durchschnittene Stämme des Höruerven. (Nach G. Retzius, verkleinert.) keit ausbreiten und mit einer starken Lupe untersuchen und Folgendes constatiren. Der centrale Theil, das Vestibulum, auch Vorhof genannt, trennt sich in eine obere Kammer, den Utriculus (a, Fig. 250, 251), und eine untere, den Sacculus (?). Amphibien. 589 Der Utinculus ist ein horizontal gelagerter, cylindrischer Sack, der sich nach oben gegen die verticalen, halbcirkelfönnigen Canäle hin in einen oberen Sinus (c) und nach hinten gegen die hintere Ampulle in einen hinteren Sinus (cl) verlängert. Seine innere Höhle ist durch eine sichelförmige Einfaltung (h) in eine vordere und hintere Kammer getheilt. Durch die in der Mitte der Einfaltung angebrachte Utricularöffnung communiciren die beiden Kammern mit ein- ander. In die vordere Kammer mündet die Ampulle (/) des äusseren halbcirkelförraigen Canales; ausserdem communicirt diese Kammer durch eine enge Oeffnung, den Canalis utriculo-saccularis (p), mit der Höhle des Sacculus. In die hintere Kammer mündet der obere, die beiden senkrechten, halbcirkelförraigen Canäle verbindende Canal. Nach Fig. 251. Rana escuknta. — Das Hörlabyrinth von aussen gesehen. Dieselbe Yergrösseruncr wie die der vorigen Figur. Die Buchstaben haben dieselbe Bedeutung. (Nach G. R e t z i u s.) vorn communicirt der Utriculus mit der eiförmigen vorderen Am- pulle (e) am Ursprünge des gleichnamigen halbcirkelförraigen Canales und nach hinten mit der hinteren Ampulle {g). Diese beiden, sowie die schon erwähnte äussere Ampulle (/) zeigen auf ihren Boden innere Einfaltungen der Wände, auf deren freien Rändern Hörleisten angebracht sind, von welchen später die Rede sein soll. Die gekrümraten Divertikel des Utriculus, die halbcirkel- förraigen Canäle, finden sich, wie bei den Fischen und den höheren Wirbelthieren , in der Dreizahl. Die beiden senkrechten Canäle, der vordere (/*) und der hintere {Ti) vereinigen sich in der Höhe zur Bil- dung des oberen Sinus und zeigen jeder an seinem Ursprünge eine Ampulle. Der äussere, horizontal verlaufende Canal (i) , der nach 590 Wirbeltbiere. aussen vorspringt, besitzt an seinem vorderen Ende eine Ampnlle, mündet aber nach hinten ohne entsprechende Erweiterung nicht weit von der hinteren Ampulle in den Utriculus ein. Die untere Abtheilung des Labyrinthes besteht aus dem S a c c u - 1 u s (0, einem fast in verticaler Richtung etwas verlängerten Säckchen, dessen obere Wand sich in einen langen, engen Gang, den Ductus endolymphaticus (m), auszieht, der vertical an der inneren Fläche des Utriculus gegen die Schädeldecke in die Höhe steigt und dort mit einem kleinen gelappten Säckchen neben dem Gehirne endet. Dieses mit Kalkkrystallen, welche den im Sacculus befindlichen gleichen, an- gefüllte Säckchen steht seinerseits in Verbindung mit den zu den Seiten der Wirbelsäule an der Austrittsstelle der Spinalnerven liegenden Kalk- säckchen. Man sehe über das Nähere die sehr in das Einzelne gehende Arbeit von A. Coggi (s. Lit.). Hinter dem Sacculus befinden sich noch vier andere Ausstülpungen, die in gleicher Weise wie der Sacculus selbst mit Hörscheiben ver- sehen sind, auf welchen sich Zweige des Hörnerven verästeln. Die zwei grösseren dieser Auswüchse , die auch auf unseren Figuren dar- gestellt sind, heissen die Lagena (n) , die man mit vollem Rechte als Aequivalent der Schnecke ansieht, und der Basaltheil der Schnecke (Pars hasilaris Cochleae, o). Die beiden anderen, weit unansehnlicheren, wurden als Tegumentutn vasculosum und Pars neglecta bezeichnet. Der Hörnerv (VIII, Fig. 246) tritt aus dem Schädel durch ein Loch aus, welches in dem Vex'bindungsknorpel zwischen Felsenbein und Hinterhauptsbein angebracht ist. Bei seinem Eintritt in das Laby- rinth theilt er sich in zwei Aeste, einen vorderen und einen hinteren. Der erstere sendet einen starken Zweig (x) zum Sacculus und dem Utriculo-saccularcanale, andere zur vorderen ('v) und äusseren (v') Am- pulle. Der hintere Ast verzweigt sich in der Pars hasilaris cocMeac (z), in der Lagenula (t) und der hinteren Ampulle (w). Alle diese Aeste, die man durch Behandlung des Labyrinthes mittelst Osiniumsäure zur Anschauung bringen kann, verzweigen sich mit feinen Endfäden in den unter dem Namen von Hörleisten und Hörflecken bekannten Gebilden auf der Innenfläche der verschiedenen Theile des Ijabyrinthes, die wir oben bezeichneten. Die Beziehimgen dieser Endfäden zu dem die Innenfläche auskleidenden Epithelium des Labyrinthes gehören in das Gebiet der Histologie. Die Zellen dieses meist einschichtigen Epitheliums modificiren sich in mannigfaltiger Weise auf den wirklich sensitiven Gebilden, den Hörleisten und Hör- flecken. Wir verweisen hinsichtlich dieser Bildungen auf die Arbeiten von Deiters, Hasse und Retzius (s. Lit.). Verdauungssystem. — Die Schleimhaut, welche die so un- mässig weite Mundhöhle des Frosches auskleidet, wird von einem Epithelium überzogen , unter dessen mannigfaltig gestalteten Zellen Amphibien. 591 cylindrische Wimperzellen vorherrschen. Sie wird von den Kiefern begrenzt, die von einem dicken Falten wulste der Schleimhaut bedeckt sind. Bei der Schliessung des Maules klappt der Unterkiefer in einen ihm entsprechenden Falz an dem Oberkieferrande ein. Wir erwähnten schon einige eigenthümliche Bildungen an dem Dache der Mundhöhle (S. 580). Oberkiefer und Zwischenkiefer tragen eine Reihe kleiner, etwas hakenförmig gekrümmter Zähnchen, deren scharfe Hakenspitze nach hinten gerichtet ist. Sie sind alle von gleicher Gestalt, mehr als hundert an der Zahl, treten kaum über den sie umhüllenden Schleimhautwulst hervor und dienen mehr zum Zurück- halten der Beute als zu ihrer Zerstückelung. Sie bestehen aus Dentin, Cement und einer Schmelzkappe. Ihre Structur und Entwicklung wurde von 0. Hertwig untersucht (s. Lit.). Die auf zwei kleinen Erhöhungen des Vomer sitzenden Gaumenzähne zeigen dasselbe Ver- halten. Vor ihnen , in dem Räume zwischen Vomer und Zwischen- kiefern, und in unmittelbarer Nähe der Nasensäcke liegt in der Schleimhaut die kleine Zwischenkieferdrüse, deren Ausführungs- gänge sich an der bezeichneten Stelle in einem kleinen Grübchen öffnen. Rechts und links von den Gaumenzähnen sieht man die hinteren Nasenöffnungen oder Choanen (g, Fig. 223) und noch weiter hinten am Eingange der Rachenhöhle die weiten Oeffnungen der Eustachi'- schen Röhren, die in die Trommelhöhle führen (h). In der Mittellinie des Gaumendaches verläuft zwischen den vorquellenden Augäpfeln eine in dem Keilbeine ausgegrabene Rinne (h). Die Augenhöhlen sind in der That von der Mundhöhle nur durch membranöse Gebilde getrennt, durch die Mundscheimhaut, eine Lamelle von Bindegewebe und den oben (S. 585) geschilderten Hebemuskel des Auges, auf welchem der Augapfel unmittelbar aufruht. Der Boden der Mundhöhle wird gänzlich von der Zunge aus- gefüllt, die von einer Menge sich kreuzender Muskelfasern durchzogen wird (k, ?, Fig. 223). Sie ist vorn an der Symphyse der beiden Unter- kiefer angeheftet und wechselt sehr in der Form, je nach ihrem Con~ tractionszustande ; das nach hinten übergeschlagene Ende ist meist verbreitert und der freie Hinterrand halbmondförmig ausgeschnitten. Die Oberfläche der Zunge ist mit unregelmässig zerstreuten Papillen dicht besetzt; zwischen diesen münden die Ausführungsgänge zahl- reicher, sackförmiger Drüsen. Wir haben oben (S. 566) die Muskeln beschrieben, welche die Zunge an das Zungenbeingerüste anheften und dieselbe aus dem Maule herausschleudern oder zurückziehen. Bei dem Männchen sieht man jederseits zwischen der Zunge und dem Unterkiefer die spaltförmigen Oeffnungen der Schallsäcke, welche dem Weibchen durchaus fehlen. Diese von einer Muskelhaut umgebenen Ausstülpungen der Mundschleimhaut dienen als Resonatoren zur Verstärkung des Schalles beim Quaken. 592 Wirbelthiere. Die hintere Rachenhöhle führt ohne scharfe Grenze in den in der Mittellinie gelegenen kurzen, trichterförmigen Schlund, unter welchem der Kehlkopf liegt. Meist finden sich an der Uebergangs- stelle Längsfalten der Schleimhaut. Auch zwischen Schlund und Magen (a, Fig. 252) lässt sich keine scharfe Grenzlinie ziehen. Doch Y^„ 252 biegt sich mit dem Beginne dieses letzteren, der einen langen, leicht gekrümmten Sack mit sehr ausdehn- baren, dicken und festen Wänden darstellt, das Darmrohr allmählich auf die Seite hinüber. In der Pylorusgegend ist die Krümmung deutlicher aus- gesprochen , ihr convexer Rand ist gegen die linke Seite gewendet. Die Schleimhaut des Schlundes undMagens zeigt im leeren Zustande dieser Organe gut ausgeprägte Längsfalten , welche sich bei der Füllung mehr oder minder verwischen. Um auf Schnitten die histolo- gische Structur untersuchen zu können, leitet man durch den abgeschnittenen Magen so lange einen Wasserstrahl, bis er voll- ständig gereinigt ist, und härtet dann in Weingeist von zunehmender Stärke. Nach der Härtiang sind die Rana esculenta. — Der Darm mit seinen Anhangsgebilden, a, Schlund ; &, Magen ; c, Pylorus ; rf, Duodenum; e, Dünndarm, zum Theil entwickelt;/, Rectum, theil- weise aufgeschnitten, um seine Längsfalten ^f zu zeigen; /t, Cloake ; i, linker; i', rechter; i", ventraler; i'", dorsaler Leberlappen; Ic, Gallenblase; l, Gallenblasengang; m, 9w', aus den mittleren Leberlappen kommende Gallengänge ; w, gemeinsamer Gallengang {Ductus clioledochiis) , die Mitte des Pankreas o einnehmend und in das Duodenum mündend ; p, Peritonealfalte ; q, Milz. Amphibien. 593 Theile so fest, dass man zur Anfertigung von Schnitten nicht nöthig hat, sie in Paraffin einzubetten, namentlich wenn man nur eine nicht tiefer eingehende histologische Untersuchung vornehmen will. Von aussen nach innen constatirt man in den Magenwänden folgende fünf verschiedene Schichten: eine vom Bauchfelle gelieferte seröse Haut- sehicht; eine Schicht von Längsmuskelfasern; eine Schicht von mus- culösen Kreisfasern: eine lockere, von reichlichen Lymphraumnetzen durchzogene Bindegewebeschicht und endlich eine drüsige Schleim- hautschicht, die von einem Epithelium aus Cylinder- oder Becher- zellen überzogen ist, welche hier und da Wimpern tragen. In der Schleimhaut des Magens liegen zweierlei röhrenförmige Drüsen: mit einfachem Epithelium ausgekleidete Schleimdrüsen und Verdauungsdrüseu, die ausser einem ähnlichen Epithelium noch im Grunde ihrer Röhren grosse, helle Zellen (Gastralzellen Heiden - hain's) besitzen, welche Peptone absondern. Der Magen verengert sich bedeutend an seinem hinteren, durch eine Krümmung in den Darm übergehenden Abschnitte. Hier hören auch die dicht zusammengedrängten Längsfalten plötzlich auf und be- ginnt an diesem Pylorus (c) der Dünndarm, dessen vorderer Ab- schnitt (Duodenum, d) sich der Läugsaxe des Darmes parallel nach vorn krümmt. In diese Krümmung ist das Pankreas (o) eingelagert. An der Leber krümmt sich der stets enge Darm von Neuem nach unten, bildet mehrere Schlingen und mündet dann in das verhältnissmässig weite Rectum (/) , dessen Wände weit dünner als die Darmwandungen sind und das meist durch die Anhäufung von Excrementen eine grünliche Farbe hat. Dieser Aftertheil wimmelt von Infusorien , namentlich Paramecien und Opalinen. Xach hinten verengert sich das Rectum wieder und mündet in die Cloake etwa auf gleicher Höhe mit der Harnblase. Die Schichten, aus welchen die Magenwandungen zusammengesetzt sind, finden sich, wenn auch verschieden entwickelt, in der ganzen Länge des Darmcanales wieder. Namentlich werden die Muskelschichten weit dünner und in dem Afterdarme wiegen die Längsmuskeln vor gegenüber den fast verschwindenden Kreismuskelu. In dem ersten Darmabschnitte, dem Duodenum, bildet die Schleim- haiit sehr feine und unregelmässige Xetzfalten, weiterhin erhöhen sich diese Falten und etwa in zwei oder drei Centimetern Entfernung vom Pylorus bilden sie sich zu ausgesprochenen Querfalten aus, welche wie Klappen in das Lumen des Darmes vorspringen und durch secundäre Falten mit einander verbunden sind, so dass ein complicirtes Netzwerk hergestellt wird. Diese Bildungen setzen sich etwa über die Hafte der Länge des Darmes fort, gehen dann aber wieder in Längsfalten über, die bis in das Rectum sich fortsetzen. Um sie genauer mit der Lupe zu untersuchen , spaltet man den Darm der Länge nach und breitet Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. gg 594 Wirbelthiere. ihn auf einer geeigneten Unterlage aus. Ausserdem finden sich noch im Dünndarme Einstülpungen der Schleimhaut, die als Lieberkühn'sche Drüsen functioniren mögen. Es versteht sich von selbst, dass man, um den Darm ausbreiten zu können, das reich mit Gefässen ausgestattete Bauchfell durch- schneiden muss, mittelst dessen die Schlingen des Darmes an die Körper- wandungen aufgehängt sind. Anhangsdrüsen des Darmes. — Die bedeutendste ist die Leber (r, Fig. 233; i, Fig. 252), ein grosses, viellappiges Organ von brauner Farbe, welches hinter dem Herzen auf der ventralen Seite des Darmcanales liegt und den Magen , die Lungen und die oberen Darmschlingen verdeckt. Sie fällt nach Eröffnung der Bauchhöhle so- fort in die Augen, und wenn man sie mit einem Pinsel nach vorn über den Kopf zurückschlägt, kann man ihre einzelnen Theile leicht zur Anschauimg bringen. Sie ist in vier Lappen , zwei mittlere und zwei seitliche, getheilt, welche die mittleren Lappen ganz oder theilweise decken. Die grösseren Seitenlappen (?', ?') haben eine convexe, ventrale Fläche; ihre abgerundeten Vorderränder bilden einen winkelartigen Ausschnitt, in welchen die Spitze des Herzens eingebettet ist. Der linke Seitenlappen zeigt an seinem inneren Rande einen Einschnitt, welcher ihn theilweise in zwei Läppchen theilt. Mit ihren hinteren Abschnitten bedecken die Seitenlappen grossentheils den ventralen Mittellappen {i ), welcher seinerseits dem Pylorustheil des Magens und der das Pankreas einschliessenden Darmschlinge aufliegt. Man muss also, wenn man den Frosch, wie gewöhnlich, von der Bauchseite her geöffnet hat, diesen Lappen aufheben, um die genannten Theile zur Anschauung zu bringen. Man sieht dann zugleich die Gallen- blase (Je) und den weit kleineren und kürzeren dorsalen Leberlappen (^ ), der auf der dorsalen Seite des Darmes liegt und an diesen durch eine verdickte Peritonealfalte, das Ligamentum hepatico-duodenale (r), angeheftet ist. Die vier Lappen sind durch einen schmalen Streifen von Lebermasse zu einem Ganzen verbunden. Die grüne Galle wird dvirch ein Doppelsystem sehr feiner Gallencanäle {in, m ) ausgeführt, die dergestalt in die Substanz der Leber und des Pankreas eingelassen sind, dass man sie nur schwer zur Anschauung bringen kann. Wenn man indessen den mittleren ventralen Leberlappen so um- dreht, dass man seine dorsale Fläche überschauen kann, so sieht man die beiden Gruppen der erwähnten Canälchen, von welchen die eine (ni) am vorderen Ende des Pankreas, die andere (m ) etwas dahinter liegt. Sie münden in einen gemeinsamen Ausführungsgang, den Gallen - gang (n), der in der Substanz des Pankreas selbst, ganz bis zu seiner Einmündung in das Duodenum eingehüllt, verläuft. An seinem vor- deren P!^nde communicirt der Galiengang durch einen feinen, zuweilen Amphibien, 595 doppelten Blasengang- (/) mit der runden, dunkelgrün gefärbten Gallenblase (Je), die durch Brücken von Bindegewebe der Leber angeheftet ist. Aehnliche Brücken heften das Pankreas an den Magen und das Duodenum so dicht an, dass die Trennung aller dieser Orgaue nicht ganz leicht ist. Das Pankreas (o, Fig. 252) ist eine lange, schmale Drüse von heller, grauer oder gelblicher Färbung, Es ist namentlich in seinem hinteren Abschnitte durch tiefe Einschnitte in Läppchen getheilt, liegt, wie erwähnt, in der Schlinge zwischen Magen und Duodenum und wechselt sehr in seinem Volumen, je nach den Individuen. Da es fast ganz von den Leberlappen umhüllt wird, so muss man diese ent- fernen, um es zu isoliren. Man sieht dann, dass es sich der Länge nach über den ganzen Eaum zwischen Pylorus und Gallenblase erstreckt und in seiner Lage durch das Bauchfell und die erwähnten Binde- gewebsbündel festgehalten wird. Seine sehr feinen Ausführungsgänge scheinen in den hinteren Abschnitt des Gallenganges und nicht direct in das Duodenum zu münden. Die mit dem Darme nicht in directer Verbindung stehende i\Iilz ('-/, Fig. 252) ist durch eine Mesenterialfalte an dem Ende des Dünn- darmes befestigt. Sie hat eine kugelige Gestalt, tief braunrothe Farbe und ist, wie bei allen Wirbelthieren , sehr reich an Blut, in welchem man Körperchen aller Art in Menge findet. Athemorgane. — Da der Frosch weder Rippen noch ein wirk- liches Zwei'chfell hat, so ist der Mechanismus seiner Atbmung ein eigenthümlicher. Er schluckt gewissermaassen die Luft in seine Lungen. Bei geschlossenem Munde zieht der Frosch die Muskeln des Bodens der Mundhöhle, besonders den Unterkiefermuskel, herab, und erweitert auf diese Weise bedeutend den Mundraum , so dass die Luft von aussen durch die ofi'enen Xasenlöcher eindringt. Dann schliesst er die Nasenlöcher und presst mittelst der Muskeln des Zungenbein- apparates die Luft in den Kehlkopf und in die Lungen. Der ganze Mechanismus lässt sich demjenigen einer Saug- und Druckpumpe ver- gleichen. Die in den Lungen angehäufte Luft wird durch die Elasti- cität der Lungenwände und den Druck der Bauchmuskeln wieder aus- getrieben. Ausser diesen Hülfsapparaten bestehen die Athemwerkzeuge wesentlich aus dem Kehlkopfe und den Lungen. Der Kehlkopf (Fig. 223) ist eine kurze Röhre, die unmittelbar in die Lungensäcke führt; eine eigentliche Luftröhre existirt nicht, weshalb auchHenle den Kehlkopf die Laryngo-trachealkammer nannte. In die Mundhöhle öffnet sich der Kehlkopf durch eine Längsspalte, die Stimmritze (t, Fig. 223), die hinter dem ausgeschnittenen Ende der zurückgeschlagenen Zunge liegt, Sie wird durch zwei seitliche Lippen begrenzt, die von Falten der Mundschleimhaut gebildet sind, welche durch gebogene, dreieckige Knorpellaraellen gestützt werden, 33* 596 Wirbelthiere. Ficr. 253. deren Wölbung der Mundhöhle zugewandt ist (a, Fig. 253). Diese Arytenoidknorpel sind durch dichtes Bindegewebe unter einander, sowie mit den hinteren Hörnern des Zungenbeines verbunden , welche den Kehlkopf umfassen. Ausserdem sind sie durch Bänder mit einem unpaaren , eiförmigen Knorpelringe , dem Ringknorpel ( Cartüago cricoidea, h) verbunden. Dieser Ring verlängert sich nach hinten mit einer abgerundeten Spitze (c) , welche die ventrale Wand des Kehl- kopfes stützt. Ausserdem zeigt der Riugknorpel etwa in der Mitte seiner Circumferenz zwei seitliche, henkelartige Fortsätze (d,e), welche auf der Rückseite durch ein queres Knorpelband (/) vereinigt werden, so dass der Knorpel im Ganzen einen, den Eingang in die Lungen- säcke umfassenden Ring darstellt. An dem beschriebenen Knorpelskelette heften sich mehrere Muskel- paare an, von welchen ein Paar die Stimmritze erweitert, während zwei andere Paare sie verengern. Wir gehen nicht auf ihre nähere Beschreibung ein. Zieht mau die Ränder der Stimmritze aus einander, so sieht man zwei seitliche kleine Stimmhöhlen, deren vorgezogene Ränder sich in der Mittellinie berühren und die wie der ganze Kehlkopf von lebhaft flimmernden Fortsetzungen der Schleimhaut überzogen sind. Diese Falten sind die Stimmbänder , deren Schwingungen das Quaken der Frösche hervorbringen. Die Lungen (Fig. 223, q, q') hängen un- mittelbar an dem Boden der Höhle des Kehl- kopfes. Sie bestehen aus zwei symmetrischen, gleich grossen Säcken mit äusserst dünnen und durchsichtigen Wänden, die eine eiför- mige Gestalt mit nach hinten gerichtetem, spitzem Ende zeigen, Sie sind frei in der Bauchhöhle aufgehängt, die sie etwa zur Hälfte ausfüllen, wenn sie prall mit Luft ge- füllt sind, Sie sind äusserlich von einer Falte der serösen Haut, einer Art Pleura, eingehüllt, welche die allgemeine Körperhöhle überzieht. Die Aussenfläche der Lungen ist vollkommen glatt; auf der Innen- fläche springen aber zahlreiche Falten vor, welche durch ihre Ver- bindungen mit einander ein dichtes Netz mit engen Maschen herstellen. Diese in die Höhle des Lungensackes vorspringenden Netzfalten sind in dem vorderen Abschnitte jedes Lungensackes weit höher und die Maschen dichter als in dem hinteren Abschnitte. Auf den Wänden der in dieser Weise hergestellten Alveolen verbreiten sich die Netze Rana esculenta. — Der knor- pelige Kehlkopf, a, Cartilagines arytenoideae; b, Cartilago cri- coidea; c, dessen hintere Ver- längerung ; d, seine vorderen Bogen, die sich iiiit der Quer- lamelle /, g vereinigen; h, Stimmritze. (Nach W i e d e r s - heim.) Amphibien. 597 der Capillargefässe, welche der Lungeuarterie entstammen, die an dem Kehlkopfende der Lunge eintritt und sich zuerst in drei Längsstämme theilt, welche sich weiter verästeln. Dass durch diese Bildung von vor- sj)ringenden Falten die athmende Fläche der Lunge bedeutend ver- grössert wird, springt in die Augen. Das Lungengewebe besteht wesentlich aus elastisch -faseriger Bindesubstanz mit eingestreuten Muskelfasern und Pigmentzellen. Das Capillarnetz zeigt sehr enge Maschen. Das ganze Gewebe ist so elastisch, dass ein kleiner Einstich genügt, um die sämmtliche Luft auszutreilien und den Sack zusammenfallen zu machen. Wir erwähnen als Anhangsgebilde zwei kleine eiförmige, dunkel- roth gefärbte Knötchen, welche nahe an den Enden der hinteren Zungenbeinhörner liegen und einen bedeutenden Reichthum von Blut- gefässen zeigen. Es sind die Schilddrüsen. In ihrer Nähe, aber dem Unterkiefer mehr genähert, liegt ein länglicher, drüsenförmiger Körper, der Rest der Thymus. Harnorgane. — Wie bei allen Amphibien, bestehen auch die Urnieren oder Wolf f 'sehen Körper während des ganzen Lebens foi't, werden aber theilweise durch die definitiven Nieren (r, Fig. 223) ersetzt. Um diese letzteren zur Anschauung zu bringen , muss man das Rectum und die Geschlechtsdrüsen entfernen. Man sieht dann zwei dunkelrothe , symmetrisch zu beiden Seiten der Wirbelsäule ge- legene Organe, welche sich von der Mitte des vorletzten Wirbels bis zur Hälfte der Länge des Urostyles erstrecken. Sie liegen ausserhalb des Bauchfelles, das nur ihre ventrale Fläche überzieht; die dorsale liegt unmittelbar dem Plexus der Lendennerven an. Sie haben die Gestalt eines abgeplatteten Halbmondes ; der äussere Rand ist convex, der innere fast geradlinig ; doch zeigt dieser drei seichte Einschnitte als Einleitung zur Bildung von Lappen. Zwischen ihnen verlaufen zwei grosse Gefässstämme; dorsal die absteigende Aorta (m, Fig. 254), ventral die untere Hohlvene (/), deren zahlreiche Aeste in das Gewebe der Nieren eindringen. Die seicht ausgehöhlte, ventrale Fläche jeder Niere zeigt den Einschnitten entsprechende Querfurchen ; die dorsale Fläche ist glatt, gewölbt und lässt die Verzweigungen der Nierenpfortader erkennen. Längs dem äusseren Rande läuft der Harnleiter (cl). Zur Untersuchung der inneren Structur der Nieren muss man zu Längs- und Querschnitten seine Zuflucht nehmen , die an in Chrom- säure fixirten und in Weingeist gehäi'teten Organen gemacht werden. Das Gewebe besteht wesentlich aus zahlreichen, vielfach gewundenen Harncanälchen, deren Wände innen mit einem Wimperepithelium aus- gekleidet sind. Das blinde Ende dieser Canälchen ist angeschwollen und bildet eine Art Bläschen, die Bowman'sche Kapsel, in welcher ein arterielles Gefässknäuel (Malpighi'scher Körper) eingeschlossen ist, 598 Wirbelthiere. durch dessen "Wände der Urin ausschwitzt. In der Nähe der Kapsel verengert sich das Harncanälchen zu einem Halse, dessen Epithelium sehr lange Wimpern trägt. Dann erweitert es sich wieder und behält bis zu seiner Einmündung in den Harnleiter dieselbe Weite bei. In dem vorderen Abschnitte der Nieren vermengen sich, bei den Mäunchen? die aus dem Hoden tretenden Samencanälchen mit den Harncanälchen; sie münden, wie diese, in den Harnleiter, der demnach zugleich als Fig. 254. Rana esculenta. — Männlicher Urogenitalappavat von der ventralen Seite aus gesehen. Um die Niere sehen zu können, sind rechterseits der Hoden und der Fettkörper weg- genommen worden, a, a, Nieren; b, Nephrostomen, als weisse Fleckchen sichtbar; c, c, Nebennieren ; d, d, Harnsamenleiter ; e, ihr Cloakenende ; f, abgeschnittenes und zurückgeschlagenes Rectum ; g , Harnblase ; h , linker Hode ; i , Fettkörper ; Je, seine fingerförmigen Fortsätze; ', untere Holilvene ; m, absteigende Aorta; n, zuführende Nierenpfortader. Samenleiter dient. Diese Doppelfunction des Urnierencanales findet sich, ausser bei den Amphibien, nur noch bei den Selachiern und den Amphibien. 599 Chimären-, man hat den gemeinsamen Gang auch den Leydig'schen C a n a 1 genannt. Die Malpighi' sehen Körper häufen sich vorzugsweise an der ventralen Fläche der Niere an; die Harncanälchen convergiren beson- ders auf der dorsalen Fläche gegen den am Vorderrande der Niere verlaufenden Harnleiter, der anfangs von dem Nierengewebe gänz- lich umschlossen ist, aber allmählich dem äusseren Rande sich nähert, an dessen hinterem Drittel er deutlich hervortritt, um schliesslich an dem Ende, wo er von dem Stamme der ihm parallel laufenden Nierenpfort- ader begleitet wird, ganz frei zu werden. Bei den Männchen verläuft er isolirt in der Bauchhöhle bis zur Cloake , an deren hinterer Wand er sich mit einer schlitzförmigen Spalte öffnet (?, Fig. 258). Bei den Weibchen dagegen legen sich die Harnleiter an das hintere Ende der -ri- orc Eileiter an und begleiten diese r lg. 2o5. _ ° bis zur Cloake, münden aber mit getrennten Oeffuungen in dieselbe. Der freie Theil des Harn- leiters verengert sich in dem Maasse, als er sich der Cloake nähert; wir müssen indess be- merken, dass er bei den meisten männlichen Anuren , nament- lich auch bei Rana temporaria, eine als Samenblase fun- girende Erweiterung besitzt, die unserer typischen Art durchaiis fehlt. In den Wänden der Harn- leiter finden sich glatteMuskel- fasern ; obgleich sie in ihrem Endabschnitte deutliche Längsfalten zeigen, hat man doch keine Drüsen in dem gleichförmigen Cylinderepithelium gefunden, das ihre Innenfläche auskleidet. Untersucht man die Ventralfläche von mit Chromsäure fixirten Nieren, so sieht man eine Menge kleiner, runder oder eiförmiger, weisser Fleckchen mit einer winzigen OefPnung in der Mitte (ö, Fig. 254). Bei auffallendem Lichte kann man unter dem Mikroskope sehen , dass diese Fleckchen trichterförmige OeflFuungen, sogenannte Nephrostomen (c, Fig. 255) sind, welche eine Communication zwischen dem Cölome und einem Systeme schlingenförmig gewundener Canälchen herstellen, die in die Nierenmasse eindringen und bald sich theilen, bald mit ihren Nachbaren zusammenfliessen, so dass mehrere Nephrostomen in einen Canal sich öffnen oder auch ein Canal mehrere solcher Oefifnungen be- Kana esculentu. — Die ventrale Fläche eines Niereuläppcliens unter dem Mikroskope bei auf- fallendem Lichte betrachtet. Gundl. Oe. 1, Obj. 0. a, Blutgefäss ; b, Pigmentzelleu ; c, c, trichterförmige Oeftnungen der Nephrostomen. 600 Wirbeltbiere. sitzen kann. Bei den Larven münden die Nephrostoniencanäle, wie man jetzt weiss, nach innen in die Hälse der Harncanälchen ein, werden aber nach und nach während des Wachsens von diesen abgelenkt und gehen schliesslich Verbindungen mit den Zweigen der Nierenpfortader ein. Diese Umwandlung ist wichtig, denn sie führt dazu, die Bauch- höhle der Anuren als einen Lymphraum aufzufassen, weil, wie Wieders- heim richtig bemerkt, durch diese Verschiebung das vorher dem Körper verloren geheiide peritoneale Transsudat nach Art der übrigen lijmphe dem Blutgefässsystem wieder zugeführt wird. Spengel (s. Lit.) giebt ausführlichere, sehr genaue Beobachtungen über die Nephrostomen. Die Nebennieren (c, Fig. 254), deren Function noch unbekannt ist, sind wahrscheinlich in einem langen Zuge gewundener Canälchen von gelblicher Farbe und lappigem Ansehen zu suchen, der auf der Bauchfläche jeder Niere hervortritt. Die Harnblase (g, Fig. 254) ist eine ungemein entwickelte Aus- stülpung der Vorderwand der Cloake und wohl der Allantois, der bei den Embryonen der höheren Wirbeltbiere vorhandenen Ausstülpung des Urdarmes analog. Sie erstreckt sich wie ein weiter, von dünnen, gefässreichen Wänden gebildeter Sack mit zwei seitlichen Vorderzipfeln auf der Bauchseite der Eingeweide im hinteren Abschnitte der Bauch- höhle. Die Wände sind durchsichtig genug, um mannigfaltige, histo- logische Untersuchungen daran anzustellen, wie Landowsky (s. Lit.) gezeigt hat. In der Harnblase findet sich häufig ein bekannter Schma- rotzer (Polystonmm integerrimuni). Geschlechtsorgane. — Schon oben (S. 545) haben wir die ■äusseren Kennzeichen geschildert, durch welche man die Männchen und Weibchen unterscheiden kann. Die inneren Organe zeigen einen wesentlichen Unterschied in den Ausführungsgängen; bei den Weibchen ist der Eileiter stets vollkommen unabhängig von dem Harnleiter, während bei dem Männchen der Harnleiter zugleich als Samenleiter dient und deshalb auch oft Harnsamenleiter (Canalis uro-spermaticus) genannt wird. Die Hoden (Jt, Fig. 254) liegen symmetrisch zu beiden Seiten der Wirbelsäule auf der Ventralfläche der Nieren, an welchen sie durch eine besondere, gefässreiche Falte des Bauchfelles, das Mesor c hium, befestigt sind, in welcher auch die austretenden Samengänge verlaufen. Man erkennt die Hoden sofort an ihrer Eiform und ihrer gelblichen Farbe, die jedoch nach den Jahreszeiten mehr oder minder gesättigt erscheint. Ihr Volumen wechselt ebenso; im Frühjahre sind sie weit grösser und draller, als später; ihre sonst glatte Oberfläche scheint dann auch warzig wie eine Himbeere. Sie sind innig verbunden mit einer orangegelben Fettmasse (/), die auf ihrer Bauchfläche liegt und Amphibien. 601 Fitr. 256. mit zahlreichen fingerförmigen Fortsätzen (Je) zwischen die benach- barten Eingeweide eindringt. Dieser, auch bei den Vv^eibchen an der entsprechenden Stelle der Eierstöcke vorhandene Fettkörper ist eine Ablagerung von Nährsubstanz, auf deren Kosten sich die Drüse mit ihrem Inhalte während des Vv'interschlafes der Frösche im Schlamme, wo sie keine Nahrung zu sich nehmen, weiter ausbildet. Im ersten Frühjahre, wo die Begattung stattfindet, sind die Fettkörper stark ge- schwunden, nehmen aber während des Sommers wieder zu und zeigen zuweilen eine braune oder graue Farbe. Bevor man den Hoden loslöst, um ihn auf irgend eine Weise, durch Zerzupfung oder Zerlegung in Schnitte, näher auf seine Structur zu untersuchen, zieht man ihn leicht auf die Seite, um die Mesorchial- falte genauer zu betrachten. Die zahlreichen Zweige der Hodenarterie, welche der absteigenden Aorta entstammt, machen sich sofort durch ihre rothe Farbe kenntlich. Zwischen ihnen verlaufen aber in der Falte zahlreiche blasse Canälchen , die durch ihre Anastomosen ein weit- c maschiges Netz bilden (d, Fig. 256). Einige dieser Canälchen zeigen blinde Enden (e) ; die meisten aber verlaufen direct von der Unterfläche des Hodens zum inneren Nierenrande und dringen in die Nieren- substanz ein. Dies sind die Vasa efferentia, welche n / / G „■+* in 1 1, -ii 1 XT. den in den Hodenröhrchen Rana escidentu. — bagittalev Durchschnitt der Niere, um den Verlauf der Samencanälchen im Inneren entwickelten oameu nach derselben zu zeigen, a, Hoden; h, Niere; c, Harn- aussen leiten. Die mehr leiter; d, von den ausführenden Samencanälchen oder minder gewundenen gebildetes Ketz; e, blinde Enden von Samen- • , n -x o ... , /■ T- 1 r 1 n , , . ^ meist prall mit Samen- canälchen; _/, langslautender Sammelcanal im Inneren ^ der Niere ; rj, Ampullen der Quercanälchen h, welche elementen gefüllten Hoden- in den Harnleiter münden. röhrchen bilden grössten- theils die Hodensubstanz ; wir verweisen hinsichtlich der Entwicklung der Zoospermen in ihrem Inneren auf die Arbeiten von de la Valette-St. Georges undBloom- field (s. Lit.). Die reifen Spermatoblasten, die in den Hodenröhrchen enthalten sind, gehen in die Canäle über, welche im Parenchym der Nieren verlaufen. Dieser Verlauf ist sehr schwer zu verfolgen und erheischte 602 Wirbelthiere. Fij?. 257. wohl weitere Untersuchungen , die wir nicht angestellt haben. Wir halten uns also an die von Wiedersheim gegebene Darstellung. Die Canälchen in der Zahl von vier bis elf treten nach kurzem Verlaufe in dem Parenchym, das sie in spitzem Winkel durchsetzen, in einen, dem inneren Nierenrande parallel laufenden Sammelcanal (/), von welchem Quercanälchen (h) abgehen, die an ihrem Ursprünge eine kleine, ampullenartige Erweiterung (p^) besitzen, welche vielleicht einem geschwundenen oder metamorphosirten Mal pi ghi' sehen Körperchen entspricht. Nachdem diese Quercanälchen die Nierensubstanz in ihrer ganzen Breite durchsetzt haben, münden sie in den an dem äusseren Rande der- Niere verlaufenden Harn- leiter, ohne in irgend eine Verbindung mit den eigentlichen Malpi ghi 'sehen Körperchen zu treten. Der Same wird so durch den Harnleiter in die Cloake eingeführt und von dort bei der Be- gattung, wo das Männchen auf dem Weibchen festgeklammert sitzt, über die austretenden Eier ausgespritzt. Be- sondere Begattungsorgane sind nicht vorhanden. Im Frühjahre, zur Zeit der Reife, kann man sich mittelst eines einfachen Einstiches in den Hoden zahlreiche Zoospermen in verschiedenen Ent- wicklungszuständen verschaffen. Ihre Form ist bei den beiden einheimischen Froscharten ziemlich verschieden (Fig. 257). Die Eierstöcke liegen bei den Weibchen an der den Hoden entspre- chenden Stelle, an der ventralen Fläche der Nieren und sind, wie die Hoden, durch ein Mesoarium angeheftet. Es sind weite Säcke, die etwa durch ein Dutzend dünner Querscheidewände, auf deren Flächen sich die Eier ent- wickeln, in entsprechende, mit einander communicirende Kammern getheilt werden. Die aus dem Epithelium der Scheidewände sich ent- wickelnden Eier lassen sich in verschiedenen Entwicklungszuständen sehen, wenn man ein Fragment der Scheidewände unter dem Mi- kroskope betrachtet (ic, x, Fig. 223; a, Fig. 258). Die sehr kleinen und durchsichtigen Ureier zeigen deiitlich das Keimbläschen und die Keimflecke darin ; die mit blossem Auge sichtbaren , reifenden Zoospermen, a, b, von Rana escidenta nach S c h w e i g g e r - S e i d e 1 ; c, d, e, von Rana temporaria in verschiede- nen Entwicklungsstadien, nach de la Valette-St. Georges. Amphibien. 603 Eier erscheinen wegen des angehäuften Nahrungsdotters undurchsichtig, auf der einen Halbkugel weiss, auf der anderen des dort in den ober- flächlichen Schichten des Dotters angehäuften Pigmentes wegen schwarz. Die Menge dieser grossen, auf der Oberfläche des Eierstockes vorsprin- genden Eier wechselt je nach den Jahreszeiten; im Frühjahre, wo sie dicht gedrängt die Eierstöcke füllen , dehnen sich diese so sehr aus, dass sie die Bauchhöhle in ihrem hinteren und mittleren Abschnitte anfüllen , die Leber nach vorn drängen und die Seiten des Bauches weit ausdehnen. Zur Zeit der Ablage, im März und April, drängen die Eier aus dem Follikel, in dem sie eingeschlossen waren, durch dessen kurzen Stiel nach aussen und fallen in die Bauchhöhle, in welcher sie durch die stellenweise vorhandenen Flimmerzellen und die Muskelcontrac- tionen gegen die Oeffniingen der Eileiter und in diese selbst eingeführt werden. Für die Präparation der um diese Zeit mächtig entwickelten und angeschwollenen Organe ist dieser Moment nicht günstig. Man wartet besser, bis die Laichzeit vorüber ist; Eierstöcke und Eileiter befinden sich dann wieder in normalem Zustande. Die nicht gelegten Eier werden in der Bauchhöhle resorbirt, zerfallen und lassen meist an dem Orte, wo sie stecken geblieben waren, einen schwarzen Fleck zurück. Unsere Abbildung (Fig. 258 a. f. S.) zeigt den Zustand der Organe im September. Das linke Ovarium (rt) ist umgeschlagen, um die Niere, das Mesoarium und den Fettkörper (5) mit seinen fingerförmigen Aus- läufern (c) zu zeigen. Zu dieser Zeit zeigt der Eierstock Einschnü- rungen , welche den inneren Querscheidewänden entsprechen , die wir oben beschrieben. Die Eileiter (/) sind lange, runde, vielfach gewundene Röhren, welche über den Eierstöcken liegen und sich durch die ganze Bauch- höhle erstrecken. Sie sind weisslich, durchscheinend, und zeigen dünne Wände, die sich aber zur Laichzeit in Folge der Entwicklung der darin enthaltenen Drüsen bedeutend verdicken, wodurch auch die Röhre selbst grössere Dimensionen erhält. In derThat bestehen die Wände aus einer äusseren dünnen Peritonealhülle, einem inneren Wiraperepithelium und zwischen beiden aus einer Schicht dichtgedrängter, flaschenförmiger Drüsenzellen, welche einen eiweissartigen Stoff absondern, der die Eigenschaft hat, bei der Berührung mit Wasser bedeutend anzu- schwellen. Die in dem Eileiter fortrückenden Eier werden mit einer Schicht dieses Stoffes muhüllt, kleben an einander und bilden dann, sobald sie im Wasser abgelegt werden, jene bekannten Klumpen, worin die Eier, welche die dunkle Seite stets nach oben drehen, als schwarze Kügelchen in der Mitte einer weiten, durchsichtigen Zone erscheinen, die von der erwähnten, ausserordentlich angeschwollenen Schicht ge- bildet wird. Man sehe über die Histologie des Eileiters die Arbeit von Neumann (s. Lit.), 604 Wirbelthiere. Fiff. 258. Die vordere, schlitzförmige Oeffnung des Eileiters (d, Fig. 258) liegt an der Rückenwand der Bauchhöhle am Anfange der Lungen und wird durch eine Falte des Bauchfelles in ihrer Lage erhalten. Sie führt in einen kleinen, stark bewimperten Trichter (e), der die Eier in den Eileiter selbst überleitet. In diesem gleiten sie, von den Wim- pern fortbewegt, bis zur hinteren Mündung (7i), die an der dorsalen Wand der Cloake etwas vor der Mündung der Hai-nleiter auf einem kleinen Wärz- chen angebracht ist. Um diese Mündung zu sehen, -<^ muss man die Cloake spalten und eine Borste durch den Eileiter ein- führen, der, mit Aus- nahme einer unbedeu- tenden Verengerung hin- ter dem Trichter, überall die gleiche Weite be- wahrt, aber unmittelbar vor der Cloake eine be- deutende Erweiterung (g), eine Art Uterus mit dünnen Wänden bildet, die sich zur Laichzeit Eana escukuta. — Weiblicher Geschlechtsapparat von prall mit Eiern anfüllt, der ventralen Seite. Man hat nnr die Organe der j^^^,^^ ^^^ bedeutenden linken Seite dargestellt, den Fettkörper und den Eier- -pv i i i ^ stock aber nach rechts herübergeschlagen, um die Niere -^^'^^^ ' welchen das zur Anschauung zu bringen, die von diesen Theilen Männchen zur Begat- ganz verdeckt wird, a, Eierstock; &, Fettkörper; c, finger- tungszeit durch seine föi-mige Anhänge desselben; d, obere Mündung des Ei- Umarmuno- ausübt be- leiters in der Höhe der Lungen; e, enger Anfangstheil ; n- j ■ j * j •-• f w A A v■^ ■, -i ^ p , ^ V. -J fordert es den Austritt /, Windungen des Eileiters ; g, erweiterter Endabschnitt desselben (Uterus); h, OefFnungen der Eileiter in die ^^^ hiier. Cloake ; i, linke Niere ; h, Harnleiter ; /, Oeffnungen Ueber die Entstehung der Harnleiter in die Cloake; in, die aufgeschlitzte und Entwickluno" der Cloake; n, Peritonealfalte , die den Eileiter an die ^Aer vergleiche man Niere heftet ; o, Peritonealfalte zur Befestigung des vor- -^ t i / • i, deren Abschnittes des Eileiters an die Lunge und die ^^^ Lambeke (siehe Bauchwand. Literatur). Amphibien. 605 Gefässsystem. — Der Kreislauf des Frosches steht etwa in der Mitte zwischen dem einfachen Kreislaufe der Fische und dem doppelten der Vögel und Säugethiere. Das Blut, welches in den Lungen seine Kohlensäure gegen Sauerstoff umgetauscht bat, kehrt zwar durch die Lungenvenen wieder in das Herz zurück, bevor es von diesem aus in dem Körper vertheilt wird , da es aber durch die linke Vorkammer in die einzige und ungetheilte Herzkammer getrieben wird , mischt es sich dort mit dem durch die recbte Vorkammer eingetriebenen Körper- blute vira so leichter, als beide Vorkammern sich zu gleicher Zeit zu- sammenziehen. Indessen ist doch durch die schwammige Structur der inneren Kammerwände und durch die Ausbildung unvollständiger Scheidewände an dem Aortenbulbus und den aus demselben entsprin- genden Arterienstämmen einige Vorsorge getroffen, dass die Mischung nicht vollständig durchgeführt wird. Das venöse Körperblut der rechten Vorkammer wird grossentheils in diejenigen Arterienstämme getrieben, welche dieses Blut einestheils in die Lungen, anderentheils in die Haut, die beiden Hauptorgane der Athemfunction, vertheilen ; das arterielle Blut der linken Vorkammer wird ebenfalls grossentheils direct in die Carotiden getrieben , die es im Kopfe vertheilen. So wird nur ein Theil der gesammten Blutmenge in der Mitte der Herzkamiiier innig gemischt und dieses aus arteriellem und venösem Blute gebildete Gemenge speist fast ausschliesslich die Aortenstämme und die aus ihnen entspringenden Gefässe. Ln Ganzen genommen, zeigt das Kreislaufsystem während des ganzen Lebens eine Anordnung, welche derjenigen der Dipnoer ähn- lich ist. Bei dem üebergange der Larve, der Kaulquappe, von dem Leben im Wasser zu demjenigen in freier Luft verkümmert ein Theil der die Kiemen speisenden Gefässbogen , während die übrigen nur den Platz wechseln. Daraus erklärt sich die relativ bedeutende Zahl der Arterienstämme bei den erwachsenen Fröschen ; das dritte Paar der Kiemenbogen liefert die Carotiden , das vierte Paar die eigent- lichen Aortenbogen und das sechste die athmenden Lungenhaut- arterien. Das Herz (2, 3, Fig. 223) liegt in der Mittellinie auf der Bauch- seite, unmittelbar über dem Brustbeine, das man bei der gewöhnlichen Präparation von der ventralen Seite her wegnehmen muss, um es zur Anschauung zu bringen. Der Herzbeutel, in welchem es ein- geschlossen ist, hat sehr dünne, pigmentirte Wände und hängt der Innenfläche des Brustbeines fest an. Das Herz hat die Form eines unregelmässigen, nach hinten zugespitzten Eies , an welchem überdies auf der ventralen Seite (Fig. 259 a. f. S.) der Aortenbulbus mit den aus ihm entspringenden grossen Arterienstämmen, auf der dorsalen Fläche (Fig. 260 a. f. S.) der Veuensinus mit den einmündenden Venen hervor- treten. Bekanntlich schlägt das Herz des Frosches noch lange fort, nach- 606 Wirbeltliiere. dem man es herausgenommen und somit gänzlich aus allen seinen Ver- bindungen gelöst hat; es finden sich in seinen Wänden winzige Gan- glien, welche mit den letzten Vei'zweigungen des dem Vagus ent- stammenden Herzuerven in Verbindung stehen und diese Selbständigkeit der Herzbewegungen bedingen. Das Herz besteht aus zwei Vorkammern und einer Kammer. Erstere (a) liegen nach vorn; ihre musculösen Wände sind sehr dünn, sie bilden von aussen nur eine kugelförmige Blase ohne eine Spur einer Trennungslinie. Innen aber ist der Raum durch eine dünne, häutige und durchsichtige, senkrechte Scheidewand in eine kleine linke und eine doppelt so grosse rechte Vorkammer getheilt. Der freie, gegen die Kammer gerichtete Rand dieses Vorhanges ist leicht aus- geschnitten. Jede Vorkammer comraunicirt mit der Kammer durch eine Oeffnung (Foramen citri o-venfricuTare), die durch häutige, mittelst Sehnenfäden an die Kamraerwandungen angeheftete Klappen {YalvuJae Eis;. 259. Tio;. 260. o/f e ^. ^ Fig. 259. — Rana escidenta. — Das Herz von der ventralen Seite aus, dreifach vergrössert. «, Vorkammern; &, Kammer; c, Arterienbulbus ; c?, Aortenstämme; e, Stämme der Carotiden ; y, Stämme der Aorten ; g, Stämme der Lungenhautarterien; Ä, obere Hohlvcnen. Fig. 260. — Rana escidenta. — Das Herz von der dorsalen Seite, o, Vorkammern ; b, Kammer; c, Arterienbulbus; d, Venensinus; e, uiUere Hohlvene ;/, /, Lebervenen; ■ g, g, obere Hohlvenen; h, Lungenvene; i, Arterienstämme. sigmoideae) so regulirt wird, dass bei der Systole der Vorkammern die Klappen sich öffnen und das Blut in die Kammer einströmen lassen, während sie bei der Diastole der Vorkammern und der Systole der Kammer sich spannen und die Rückstauung des Blutes verhindern. Die Kammer (?) , von conischer Gestalt , liegt hinter den Vor- kammern ; ihre Spitze wird von den seitlichen Leberlappen umfasst. Die Wände der Kammer sind bedeutend dicker als die der Vor- kammern; zahlreiche, mit einander verflochtene Muskelbündel (Tra- bekeln) geben der Innenfläche ein schwammiges Ansehen. Die Höhle Amphibien. 607 der Kammer hat im Ganzen eine quere Erstreckung; sie communicirt durch eine runde, mit halbmondförmigen Klappen versehene Oe£Fnung mit dem Arterienbulbus (c), der rechterseits an der ventralen Fläche der Kammer hervortritt, sich schief von hinten und rechts nach vorn und links wendet und hart an der ventralen Fläche der Vor- kammern anliegend, sich an der vorderen Grenze derselben in mehrere Arterienstämme theilt. Eine unvollkommene Scheidewand wird in seinem Inneren durch eine vorspringende Längsfalte seiner Wände gebildet. Man untersucht das Herz in situ unter der Lupe bei der Rücken- lage des Thieres nach Wegnahme des Brustbeines und des ent- sprechenden Theiles des Herzbeutels, wobei man sich in Acht nehmen muss, um keinen der grossen Gefässstämme zu verletzen. Der pul- sirende Arterienbulbiis fällt auf der ventralen Herzfläche sofort in die Augen ; er theilt sich an der Vordergrenze der Vorkammern zuerst in zwei grosse Stämme (a), deren jeder sich wieder in drei Aeste theilt. Der vorderste dieser Aeste ist der Stamm der Carotis (e, Fig. 259; J, Fig. 261), die den Kopf versorgt; der hinterste ist der Stamm der Lun genhautarteri e (g), welcher zu den Athemorganen, der Lunge und der Haut sich begiebt; der mittlere, der grösste, ist der Stamm der Aorta (/, Fig. 259; II, Fig. 261). Wir kommen in der Folge auf die Verzweigungen dieser Stämme zurück. Nun schlägt man das Herz gegen den Kopf zurück und unter- sucht seine dorsale Fläche. Auf ihrer Mittellinie erstreckt sich der weite, ebenfalls pnlsirende Venen sin us (d, Fig. 261); er mündet in die rechte Vorkammer und wird durch den Zusammenfluss von zwei vorderen Hohlvenen ((/) und einer gemeinsamen hintere n Hohl- vene (e) gebildet, in welche sich auch die Leb ervenen (/) ergiessen. Vor dem Vereinigungspunkte der vorderen Hohlvene sieht man den kurzen, gemeinsamen Stamm der Lungenvenen (/i) , welcher un- mittelbar vor dem Zusammentritt der vorderen Hohlvenen die linke Vorkammer erreicht, in welche er mit einer halbmondförmigen Oeff- nung einmündet. Zur Untersuchung des peripherischen Gefässsystemes muss das- selbe injicirt werden , was ohne Schwierigkeit vom Herzen aus ge- schehen kann. Man erwärmt den Frosch in Wasser von 35 bis 40^ C., legt das Herz nach vorsichtiger Entfernung des Brustbeines bloss, schneidet mit einer Scheere die Spitze der Kammer ab und führt zur Einspritzung des arteriellen Systemes eine feine Canüle bis in den Arterienbulbus ein, die man mit einer Ligatur befestigt. Um das Venensystem zu injiciren, führt man die Canüle durch die rechte Vor- kammer bis in den Venensinus. Da hier die Wände dünn und leicht zerreisslich sind, muss man den Druck vorsichtig handhaben. Arterielles System (Fig. 261 a. f. S.). — Wir sahen, dass der Arterienbulbus jederseits drei Stämme aussendet. Der vorderste, der 608 Wirbel thiere. Carotidenstamm (I) durclisetzt eine eiförmige, kleine Masse spon- glösen Gewebes, welche man die Carotidendrüse genannt hat, und theilt sich unmittelbar darauf in zwei Aeste , von welchen der innere, die Zungenarterie, sich in der Zunge und den benachbarten Mus- keln verzweigt, während der grössere, äussere Ast, die äussere Carotis (c), sich in vier Zweige theilt: die aufsteigende Schlund- arterie (p), welche längs der Schädelbasis zur Eustach i' sehen Röhre läuft und an den Schlundkopf Zweige abgiebt, die mit den Zweigen der Hautarterie anastomosiren ; die Augenarterie (o), welche Fig-. 261. Ranu escidenta. — Injection des arteriellen Systemes. Der Körper ist von der Bauch- seite aus geöffnet, die beiden Hälften des Unterkiefers, Herz, Magen und Leber zur Seite geschlagen worden. H, Herz; Lii, Lungen; L, Leber; M, Magen; M' , Milz; /, Stamm der Carotiden (die linke ist abgeschnitten); 77, Aortenstämme; 7/7, Lungen- hautstamm ; Ad, rechte Aorta; As, linke Aorta; A, Bauchaorta; c, gemeinsame Ca- rotis; p, aufsteigende Schlundkopfarterie; p' , Gaumenarterie; o, Augenarterie; /, Zungenarterie; em, Hautarterie; s, Arterie subclavia; c, A. coeliaca; vi, A. meseii- terica. (Nach Ecker und Wieder she im.) die Muskeln des Auges versorgt; die Gaumenarterie {p), welche zahlreiche Zweige an die Schleimhaut des Gaumens und die Harder'sche Drüse abgiebt, und endlich die inner e Carotis, welche im Schädel und Amphibien. 609 im Hirne bis zum Nachhirne ihren Verbreitungsbezirk hat. Der Caro- tideustamm liefert somit den grössten Theil des im Kopfe circulireuden Bhites. Das hinterste der drei dem Bulbus entstammenden Gefässe ist der Lungen haut stamm (HI), der sich in zwei Arterien theilt: die Lungenarterie (Lu) , die sich nach hinten krümmt, in die Lunge an ihrer Spitze eindringt und nach Theilung in je drei Aeste das ganze Lungengewebe mit einem reichen Capillaruetze versorgt, und die Hautarterie (cm), die auf der Rückeuseite an der Haut sich bis zum hinteren Körperende erstreckt und auf ihrem Verlaufe zahlreiche, die ganze Hautfläche umspinnende Zweige abgiebt. Unter diesen Zweigen unterscheidet man noch besonders eine Schi und kiefe rar t er ie, die an der Haut der Kehle und des Unterkiefers, und eine Brusthautarterie, die sich an der durch ihren Namen bezeichneten Stelle verästelt. Der mächtigste Stamm ist der mittlere, der A o rtenstam m (II). Er hat noch ganz die Anordnung eines Kiemengefässbogens ; krümmt sich aufsteigend zwischen den Felsenzungenbeinmuskeln um den Schlund herum und vereinigt sich mit dem Stamme der anderen Seite unmittel- bar unter der Wirbelsäule in der Mittellinie. Da aber diese Ver- einigung erst etwa in der Mitte der Bauchhöhle stattfindet, so kann man bis zu diesem Punkte eine rechte (Ad) und eine linke Aorta (Äs) unterscheiden, welche durch ihre Vereinigung die unpaare, ge- meinsame oder Bauchaorta (Ä) bilden. Beide Bogen sind aber nicht ganz gleich, denn während die rechte Aorta ganz in der gemein- samen aufgeht, zweigt sich von der linken, hart vor dem Vereinigungs- punkte, ein bedeutendes Seitengefäss ab, die gemeinsame Eingeweide- arterie (cm), auch Ai-teria coeliaco-mesenterica genannt. Uebrigens geben beide Aorten vor der Vereinigimg jederseits zahlreiche Aeste : die K ehlkopf arterie zum Kehlkopf und den Nachbargebilden; die Schlundarterie zur Rückenwand des Oesophagus; die Hinter- hauptswirbelarterie, die, zur Seite der Wii'belsäule aufsteigend, sich in zwei Aeste theilt, einen vorderen, die Hi nter hau pts arter ie (o) und die Wirbelarterie (i'), welche an die Muskeln des Plinter- haupts und der Wirbel zahlreiche Zweige abgeben , und endlich die Sch.iiltevavterie(Ä.subclavia), die nahe bei der vorigen entspringt, dem zweiten Spinalnerven entlang läuft und sich in den Muskeln des Schultergürtels und der vorderen Extremität verzweigt. Hinsichtlich der zahlreichen Aeste, welche diese letztere abgiebt und die je nach den Muskeln , in welchen sie sich verzweigen , benannt werden , ver- weisen wir auf die Monographie von Ecker und Wiedersheim. Die Eingeweidearterie (A. coeliaco-mesenterica), die man als eine Fortsetzung der linken Aorta betrachten kann, theilt sich in zwei Hauptäste: die Magenarterie (c) (^. Cöe/?acft), welche sich am Magen, der Leber und der Gallenblase verzweigt und die Gekrösarterie (m) Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. gg 610 Wirbelthiere. (A. mesenterica) , welche das Mesenterium, die Milz und die verschie- denen Darmabschnitte mit Blut versorgt. Die Bauchaorta {Ad) verläuft längs der Mittellinie des Körpers nach hinten. In der Höhe der Nieren entspringen auf ihrer Vorderfläche . vier oder fünf unpaare Urogenitalarterien (m, Fig. 254), Vielehe sich sofort gabelförmig für die jederseits gelegenen Organe theilen und vielfache Zweige in die Nieren, die Geschlechtsdrüsen und deren Aus- führungsgänge liefern. Ausserdem giebt die Aorta eine Lendenart e'rie ab, welche theils durch die Zwischenwirbellöcher Zweige iu denWirbel- canal sendet, theils iu den benachbarten Muskeln sich verästelt. Fast unmittelbar nach Abgalie der Urogenitalarterien theilt sich die Bauchaorta in zwei Gabeläste, die gemeinsamen Becken- arterien (Fig. 254), die über den Lendenuerven verlaufen und nach Abgabe je eines Zweiges für die Harnblase den Stamm der Schenkel- arterien bilden, welche sich in den Muskeln des Beckens imd des Schenkels in seinem oberen Abschnitte verästeln. Nach Abgabe dieser Aeste verlassen die Schenkelarterien das Becken und verlaufen in den Hinterbeinen als Hüftarterien (A. iscliiaticae) längs der gleich- namigen Nerven , zuerst auf der Streckseite des Gliedes zwischen dem grossen Aussenmuskel und dem halbhäutigen Muskel und theilen sich am Knie in zwei Ilauptäste, eine Schien beinarte rie und eine Wadenarterie, welche zuletzt sich in Arterien für jede Zehe auf- lösen. Veuensytem. — Die grossen Venenstämme, welche in die beiden Vorkammern einmünden, wurden schon bei Gelegenheit des Herzens erwähnt. Die beiden IjUu gen v ene n, welche arterielles Blut aus den Lungen bringen, laufen von den Spitzen der Lungen aus auf der dorsalen Seite des grossen Venensinus gegen die Mittellinien und vereinigen sich in einem kurzen Lungenvenenstamm, der durch eine halbmondförmige Oeffnung in die linke Vorkammer ein- mündet (/i, Fig. 260; vp, Fig. 262). Das aus dem Körper zurück- strömende venöse Blut sammelt sich durch die beiden oberen Hohl- venen und die unpaare , hintere Hohlvene in dem gemeinschaftlichen Venensiuus (f?, Fig. 260; sc^ Fig. 262), der in den rechten Vorhof mündet. Jede vordere Hohlvene {g, Fig. 260) nimmt das aus dem Kopfe, der Haut und der vorderen Extremität zurückströmende Blut durch drei Hauptvenen auf: die Hautvene {cm, Fig. 262), die namen- lose Vene {va) und die äussere Jugularvene {je). Die äussere Jugularvene {je) verläuft auf der Seite des Zungenbeinapparates und wird durch den Zusammenfluss der Zungen- vene, welche ihre Zweige aus der Zunge und den Zungenbeinmuskeln erhält, und der Unterkiefer vene gebildet. Amphibien. 611 Die namenlose Vene (va) erhält ihr Blut durch die innere Jugularvene (ji) aus dem Schädel und die in die Jugularis ein- mündende Wirheivene aus der Wirheisäule. Das aus den Bauch- Fio-. 262. muskeln und dem Schul- tergürtel zurückströ- mende Blut sammelt sich in der Schulte rvene, die unmittelbar neheu der inneren Jugularis einmündet. Die Hautvene (c m) ist der grösste der in die obere Hohlvene ein- mündenden Stämme; sie wird aus zwei Haupt- ästen gebildet. Der hin- tere Ast, die eigentliche Hautvene , hat den wei- testen Verbreitungshe- zirk ; sie verläuft an- fangs unter der Haut rückwärts bis etwa zur Körpermitte, biegt dann nach vorn um und lässt sich bis zur Schnauzen- spitze verfolgen. Sie er- hält eine Menge von Zweigen aus der Haut und den Muskeln des Runa esculenta. — Schema des Venensystems. A d, rechte Vorkammer; As, linke Vor- kammer; sc, Venensinus; vp, Lungenvene ; Cs, obere Hohl- vene ; je, äussere Jugularis ; /, Zungenvene ; m, Oberkiefer- vene ; Va, Vena innominata ; ji, innere Jugularis; s, V. subscapularis ; em, Hautvene; a, V. subsclavia ; Ci, untere Hohlvene ; L, Leber ; /, Leber- vene ; VC, Herzvene ; D, Darm ; P, Darmpfortader ; u h, Bauch- vene; N, Nieren; ?'e, Nierenpfortader ; ml, primäre zuführende Nierenvene ; rall, secun- däre idem ; d, V. dorso-lumbalis ; o, Eileiterveue ; i, V. ischiatica ; /, V. femoralis ; ic, gemeinsame V. iliaca. (Nach Ecker und Wiedersheim.) 612 Wirbelthiere. Gesichtes, des Auges und der Brust. Sie führt, da in der Haut ein wirklicher Atheraprocess stattfindet, gemischtes Blut. Der vorder-e Ast, die Schlüsselbeinvene, bringt das Blut aus der vorderen Extremität durch zwei Hauptäste, eine Radialvene und eineUlnar- vene, welche an den entsprechenden Seiten des Armes verlaufen. Der grosse Stamm der hinteren Hohlvene (ci) sammelt das aus den Eingeweiden und den Beinen kommende Blut. Er verläuft in der Mittellinie der Wirbelsäule parallel mit der Bauchaorta und nimmt auf diesem Verlaufe die ausführenden Nierenvenen (re), die Venen der Geschlechtsorgane und der Fettkörper auf. Bevor die Hohlvene den grossen Venensinus erreicht, nimmt sie noch die Leber- vene (?) auf, welche sämmtliches Blut zurückleitet, das der Leber durch die Leberarterie, die Pfortader und die Bauchvene zugeführt wurde. Alle diese Gefässe bilden in dem Lebergewebe ein secundäres Capillarnetz , aus welchem sich nach und nach die Lebervenen zu- sammensetzen. Die Pfortader (P) sammelt das Blut vom Magen, dem Darme, der Milz und dem Gekröse, hat also einen sehr grossen Verbreitungs- bezirk ; sie entsteht aus zwei Hauptästen , der Magenvene und der Darmvene; ihr kurzer Stamm verästelt sich sofort in der Leber- substanz. Die Bauchvene (ah) setzt sich auf der Innenfläche der Bauch- wand aus zwei Seitengefässen der Schenkelvene (/) zusammen. Nach kurzem Verlaufe von hinten nach vorn bilden diese beiden Gefässe jedes eine Schlinge, deren Convexität nach hinten schaut, und fliessen dann zu einem Stamme zusammen, der in gerader Richtung gegen die Leber läuft und sich in den Seitenlappen derselben verzweigt. Auf dem Wege dorthin ergiessen sich noch in die beiden Aeste kleine Venen von der Gallenblase und in den Stamm selbst mehrere Aestchen von den Bauchmuskeln. Endlich nimmt der Stamm, unmittelbar vor seinem Eintritte in die Lebermasse, eine kleine Herzvene (pc) auf, welche aus dem den Arterienbulbus umspinnenden Capillarnetze ent- steht. Das ganze System der Bauchvene ist gewissermaassen nur eine Abspaltung der Pfortader. Die Nieren besitzen ein Pfortadersystem, welches demjenigen der Leber ähnlich ist. Wir erwähnten schon die ausführenden Nieren- venen, welche in der Zahl von zwei oder drei Paaren in die hintere Hohlvene einmünden. Die einführenden Venen, zwei an der Zahl, dringen am äusseren und hinteren Rande der Niere in dieselbe ein und verzweigen sich vorzugsweise auf ihrer dorsalen Fläche. Die primäre Zufuhrvene der Niere (ral) bringt den grössten Theil des aus der hinteren Extremität abfliessenden Blutes (ein Theil davon wird direct in die Bauchvene ergossen) und entsteht aus zwei Aesten, einem grösseren, der S chenkel v ene (/), und einem kleineren. Amphibien. 613 der Hüftvene (/). Die erstere sammelt das aus der dorsalen Fläche des Unterschenkels und des Fusses zurückkehrende Blut als hintere Schien beinvene, tritt dann über dem Knie auf die Vorderseite des Schenkels über und verläuft zwischen dem grossen äusseren und dem geraden vorderen Schenkelmuskel nach vorn. Die zweite begleitet den grossen Schenkelnerven zwischen dem haibhäutigen und dem zweiköpfigen Muskel, verläuft zum Theil in dem inneren Canal der Tibia als vordere Schienbeinvene und sammelt, wie die vorige, das aus Unterschenkel und Fuss kommende Blut, aber von der entgegengesetzten Fläche. In der Nähe des Hüftgelenkes sind beide Venen durch einen kleinen Verbindungszweig in Commuuication gesetzt (ic). Wir erinnern hier daran, dass die Schenkelvene vor ihrer Vereinigung mit der Beckenvene mit einer Schlinge der Bauch- vene anastomosirt. Die secundäre Zufuhrvene der Niere (rall) bildet sich aus drei Hauptästen, den beiden Eileitervenen (o) und der Rücken- lendenvene (a) , welche das aus der Haut und den Lendenmuskeln kommende Blut sammelt. Durch alle diese Gefässe wird das Blut aus dem ganzen Körper, freilich nicht ohne zum Theil zwei secundäre Pfortadersysteme durch- laufen zu haben, in dem grossen Venensinus gesammelt und durch diesen der rechten Vorkammer zugeführt. Lymphsystem. — Es besteht aus dreierlei verschiedenen Ge- bilden: den Lymphherzen, den unter der Haut gelegenen Lymphsäcken und den Lymphgefässen , welche scheidenartig die Blutgefässe des Mesenteriums umhüllen. Es giebt zwei Paar Lymphherzen. Die vorderen liegen jederseits an der Wirbelsäule in einem kleinen, dreieckigen Räume, der durch das Auseinanderweichen der Muskelfasern gebildet wird, welche die Querfortsätze des dritten und vierten Wirbels mit einander verbinden. Man sucht diese kleinen, eiförmigen Säckchen mit dünnen, contractilen Wänden, in welchen sich Muskelfasern nachweisen lassen, am besten von der Bauchseite aus auf. Xach Wegnahme des Darmes und der Lungen sieht man sie deutlich an dem Hinterrande des Quer- fortsatzes des dritten Wirbels neben der Schultervene , in welche sie münden. Die hinteren Lymphherzen haben wie die vorderen etwa die Grösse eines dicken Stecknadelkopfes. Sie liegen jederseits am hinteren Ende des Urostyls, nahe dem Hüftgelenke, in einem drei- eckigen, von den Steissbeinbeckenmuskeln, dem Gesässmuskel und dem grossen äusseren Muskel begrenzten Räume so oberflächlich unter der Haut, dass man sie bei manchen Fröschen pulsireu sieht, und hängen mit dem erwähnten queren Verbindungsaste zwischen Schenkel- und 614 Wirbelthiere, Fig. 263. Rana esculeutu. — Die L3'mphsäcke unter der Haut der Rückentläclie. Die braunen Flecke bezeichnen die Stellen , wo Muskeln sich an die Haut anheften ; die gleich- farbigen Linien die Lagerung der Scheidewände. 1, cranio-dorsaler Sack; 3, Seiten- säcke; 7, brachio- dorsaler Sack; 9, femoraler Sack; 10, subfemoraler Sack; Amphibien. 615 Hüftvene zusammen (ic , Fig. 262). Man präparirt sie selbstver- ständlich vom Rücken aus. Die Lymphherzen nehmen durch winzige Löchelchen die ihnen von der Bauchhöhle und den Lymphräumen unter der Haut zu- strömende Lymphe auf und treiben sie durch die erwähnten Communi- cationen in den venösen Blutstrom. Spritzt mau vorsichtig eine ge- färbte Masse in sie ein, so geht diese in die Bauchhöhle und die Venen, sowie in die Säcke unter der Haut über, die den Arbeiten von Job. Müller und Recklinghausen zufolge unzweifelhaft Lymphe enthalten. Wenn man einen Frosch enthäutet, so mag man über die weiten Räume erstaunen , welche sich zwischen der Haut und den Körper- muskeln erstrecken und die durch dünne Seheidewände aus Binde- gewebe in mehrere, mit farbloser Lymphe gefüllte Kammern getheilt werden. In diesen Scheidewänden erstrecken sich noch, namentlich an ihren Ansätzen an die Haut, kleinere Lymphräume, die durch gut gelungene Lijectionen nachgewiesen werden können. Wir erwähnen nur die grösseren Haupträume. Der grosse Schädelrückensack (11, Fig. 263) erstreckt sich von der Schnauzenspitze bis zum Steissende. Er ist seitlich, begrenzt von den Rückenscheidewändeu (d, d), die ihn von den Seitensäcken (3, 3), und hinten von den Leistenwänden (?', i) , die ihn von den Schenkel- säcken trennen. Die Seite n Säcke des Stammes (3, 3) erstrecken sich auf den Seiten des Körpers zwischen den voi'deren und hinteren Extremitäten. Der dreieckige Bauchs.ack ist durch die Bauchscheidewände von den Seitensäcken getrennt und erstreckt sich von dem Brustbeine zur Symphyse des Beckens. Vor iiim liegt auf dem Brustbeine und der Kehle der Brustsack und vor diesem der Unterkiefersack von einer an der Kehle angebrachten , queren Scheidewand bis zur Ecke des Unterkiefers. Die an dessen Aesten angeheftete Haut schliesst ihn seitlich ab. Die Leistensäcke (15) sind zwischen den Rückensack und die Seitensäcke eingeschoben und nach hinten durch die Scheidewände der Schenkelsäcke abgeschlossen. Die Säcke unter der Haut der Extremitäten werden durch die Fortsetzungen der Scheidewände des Stammes getrennt und sind je nach den Regionen, wo sie sich finden, benannt worden. Fig. 263 zeigt die auf der Dorsalfläche des Armes und des Beines angebrachten Säcke. 11, iiitert'emoraler Sack; 12, cruraler Sack; 13, dorsaler Sack; 14-, Sack der Fuss- sohle ; 15, Leistensäcke; d, dorsale Scheidewände; «, abdominale Scheidewände; 's, hintere; s'", mittlere Armscheidewand; /, inguinale Scheidewand; /, obere femo- rale Scheidewand;/'", femorale Zwischenscheidewand; ?', Stimmsack. (Nach Ecker und W i e d e r s h e i m.) 616 Wirbelthiere. Die Amphibien zeigen im Ganzen einen ziemlich übereinstimmenden Bau ; ihre wesentlichsten morphologischen Unterschiede werden, wie gewöhn- lich, durch die Verhältnisse bedingt, in welclien sie leben. Viele unter ihnen leben beständig im Wasser und behalten die daza nöthigen Organe (Schwanz- flosse, Kiemen etc.) durch ihr ganzes Leben hindurch, wogegen die anderen, welche im erwachsenen Zustande auf dem Lande in freier Luft leben , diese Organe nur im Larvenzustande beibehalten, während sie später verkümmern oder anderweite Functionen erhalten. Die Lebensgeschichte des Axolotl , der , je nach Maassgabe der äusseren Existenzbedingungen , sich zum Ambl^-stoma vimwandelt oder durch Genera- tionen hindurch im Larvenzustande als Siredon verbleibt, oder diejenige einiger anderer Salamandriuen, welche, je nachdem sie Wasser in Fülle haben oder desselben entbehren, als Larven mit Kiemen oder als ausgebildete Thiere mit Lungen sicli fortpflanzen, zeigen klar, dass die geschlechtliche Eeife weit unabhängiger von der Leibesform ist, als mau früher annahm. Mit Unrecht sah man die Anwesenlieif von Kiemen als einen wesentlichen Charakter des Larvenzustandes an. Wir verweisen in dieser Beziehung auf die bekannten Untersuchungen von Frl. v. Chauvin. Das Fortbestehen eines Schwanz- anlianges unterscheidet die Urodelen von den Anureu. Erstere sind zwar meist klein , erreichen aber doch in einer Art {Oryptobranchiis) 1 m Länge. Frösche und Kröten sind zum Theil sehr ansehnliche Thiere. Die Entwicklung der Extremitäten verändert wesentlich die äussere Körperform. Bei den Gymnophionen , die eine schlangenähuliche Gestalt haben, fehlen äussei-e Glieder durchaus ; bei gewissen Urodelen {Siren) fehlen die Hinterglieder, bei anderen 'sind sie nur kurz und haben nur wenige Finger, dienen aucli nur zum Kriechen, während bei den Anuren die Hinter- beine meist übermässig entwickelt sind und zum Springen dienen. Meist ist die Haut nackt und mit Drüsen ausgestattet. Bei den Gymno- phionen ünden sich aber in eigenen Taschen steckende Schuppen , die sogar bei einigen eine ziemliche Grösse erreichen können {Epicrium) und durchaus nach dem Typus der cycloiden Fischschuppen , nicht nach demjenigen der Eeptilienschuppen gebaut sind. Bei einigen Anuren finden sich Knochen- schilder auf der Haut des Eückens (Cerafophrys), die sogar mit den darunter befindlichen Wirbeln Verbindungen eingehen können (Brachycephalus). Ohne Zweifel sind diese Bildungen die letzten Anklänge an die wuchtigen Haut- X^anzer, welche viele fossile Amphibien trugen {Archego säur us). Zuweilen findet man auch Ablagerungen von Kalksalzen in den Bindegewebezellen der Haut {Bufo). Die einfache glatte Oberhaut der Larven verdickt sich meist mit dem Alter und wird oft hart und warzig; bei den Gymnophionen bildet sie Halb- ringe von Falten, die sich theilweise wie Ziegel gegenseitig decken [Epicrium)' Bei den On,ychodactylen verdickt sie sich an den Enden der Zehen und bildet wahre Nägel [Cryptodranchus, Dactylethra). Zur Begattungszeit verdickt sich die Haut des Daumens bedeutend bei den meisten Fröschen und Kröten und erleichtert so das Umklammern des Weibchens. Zuweilen vei'dickt sich auch die Leder haut und dringt in die von der Oberhaut gebildeten Kämme ein. Sie besteht immer aus gekreuzten und etwas verfilzten Bindegewebsfasern , zwischen deren Bündeln sich zahl- reiche glatte Muskelfasern und Netze von Lymphräumen , Gefässen und Nerven nachweisen lassen. Die Muskelfasern bedingen eine gewisse Con- tractilität der Haut und befördern den Austritt der zahlreichen , von den Hautdrüsen gelieferten Absonderungsstoffe. Man kann zwei Arten von Drüsen unterscheiden: einzellige, in Form von Flaschen, und vielzellige, traubige Drüsen. Der von letzteren gelieferte Amphibien. (117 Schleim enthält oft riecheude, scharfe oder selbst giftige Stoffe. Aus den letzteren hat mau toxische Alkaloide ausgeschieden (Salamandriu etc.). Die Vertheilung der Hautdrüsen variirt sehr bei den verschiedeneu Gat- tungen und ist auch zoologisch verwerthet worden. Bald sind sie unregel- mässig über die ganze Oberfläche der Haut zerstreut , bald an einzelnen Stellen angehäuft. Zu solchen Anhäufungen gehören die hinter dem Kiefer gelegenen Parotiden der Salamander, die Tussdrüsen vieler Kröten [Bufo, Bombinator). Wenn sie auch ursprünglich Schutz- und Vertheidigungsorgane sind, so können sie auch andere Functionen übernehmen. Die zelligen Rücken - hauträume der Aveiblichen Pipa, in Avelche die Eier eingestrichen werden und bis zum Ablaufe der Larvenperiode verweilen, dürften nur modificirte Haut- drüsen sein. ZA\dschen Lederhaut imd Oberhaut finden sich meistens Pigmentzellen, welche oft tief in die Lederliaut eindringen. Bei manchen Gattungen sind sie contractu und werden wahre Chromatophoren [Hyla] ^ deren Bewegungen von dem Nervensj'steme abhängig scheinen und Farbenveräuderungen be- dingen , die zu den umgebenden Medien fMimicry) oder zu den Geschlechts- functionen in Beziehung stehen, wie z. B. das Hochzeitskleid der Tritonen. Bei einigen hat man in der That zu den Chromatophoren tretende feine Nervenendigungen beobachtet. Das Skelett variirt ungemein. Bei allen Amphibien kann mau wäh- rend des ganzen Lebens Beste des Primordialschädels und der Chorda nach- weisen. Indessen finden sich bei ihnen allen "SVirbel, Avelche durch Zwischen- scheiben mit einander verbimden sind, eine Eildung, die bei Fischen nicht vorkommt. Die Wirbelkörper entstehen nicht, Avie bei Ganoiden und Se- lachiern, in der Scheide der Chorda selbst, sondern in dem diese Scheide umgebenden Bindegewebe. Zuweilen sind die Wirbel biconcav oder amphicöl [Gymnopliionen , Pe- rennihranchier); in anderen Fällen opisthocöl (Pipa, Scäamandrinen) oder procöl, wie bei dem Frosche und den meisten Anuren. Einige dieser letzteren (Bombinator , Alytes) haben indess opisthocöle Wirbel. Die bei den Anureu weit stärker als bei den Urodelen au-;geprägte Ausbildung der Zwischen - Wirbelscheiben hat zur Folge, dass die Chorda mehr zurückgedrängt Avird, und die Beste derselben knorpelige Beschaffenheit annehmen, um sich zu Gelenkköpfen mit entsprechenden Gelenkhöhlen auszubilden. Die Zahl der Wirbel variirt je nach der Streckung des Körpers. Bei den Anuren finden sich höchstens zehn Wirbel , bei den Salamandern oft vierzig und mehr, hundert bei den Sirenen, hundertundfunfzig bei den Tritonen und bis ZAveihuudert bei den Gymnophionen. Mit Ausnahme der letztereu, Avelche keine Extremitäten besitzen, kann man einzelne Abschnitte, Hals-, Brust-, Lenden-, Kreuzbein- und SchAA'anzAvirbel, uuterscheiden. Meist zeigen die einzelnen Wirbel dieser verschiedenen Eegioneu auch eigenthümliche Bildung. Die Dornfortsätze bleiben meist rudimentär ; doch sind sie bei einigen Urodelen mit geschmeidiger Wirbelsäule unter einander eingelenkt. Die Querfortsätze sind bei den Anuren am stärksten entAvickelt; bei deuL^rodelen und Gymnophionen treten sie mit rudimentären Ri2:)pen in Beziehung. Im ScliAvanze der Urodelen finden sich Hämapophysen, welche die Centralgefässe umfassen. Bei deu Anuren ist der in der Larvenperiode A^orhaudene ScliAvanz einer rückschreitenden Metamorphose unterworfen, Avelche sich nicht nur auf diesen Anhang beschränkt, der gänzlich zu Grunde geht, sondern auch noch auf eine Reihe von Wirbeln des Stammes sich fortsetzt , AA^elche zu einer klingenförmigen Leiste , dem Steissbeine oder Urostyl ,- mit einander ver- schmelzen, Avie bei dem Frosche. 39* 618 Wirbel thiere. Der erste Wirbel zeiclinet sicli durch seine Eiugfortn und das Fehlen der Querfortsätze aus. Mit Ausnahme der Gymnophionen trägt er am unteren Eande seiner Vorderfläche einen Zahnfortsatz, der in den Basaltheii des Hinterhauptsbeines eindringt; ausserdem zeigt er die beiden seitlichen Gelenk- höhlen, welche den Gelenkköpfen des Hinterhauptes entsprechen , die für die Amphibien, den Eeptilien gegenüber, charakteristisch sind. Die embryologischen Forschungen haben uns gezeigt, dass dieser erste Wirbel dem Epistropheus, also dem zweiten Wirbel der übrigen Wirbelthiere entspricht und dass der ei'ste ursprüngliche Wirbel, der Atlas, im Laufe der Entwicklung mit dem Hinterhauptsbeine verschmilzt. Der Primordialschädel, der bei den Perennibrauchiern zum grössten Theile während des ganzen Lebens fortbestehen bleibt, verschwindet mehr oder minder bei den anderen Amphibien durch unmittelbare Yerknöcherung seines Knorpels oder durch Schwund in Folge der Ausbildung von Deck- platten, die im umgebenden Bindegewebe entstehen. Die stets gut entwickelten seitlichen Hinterhauptsbeine, die Knochen der Gehörkapsel, das Ringbein und das Quadratbein sind enchondrische Knochen, wähi-end die den Schädel von oben und unten schliessenden Knochen , die Stirn- und Scheitelbeine , das Keilbein, die Nasenbeine und der Vomer, ursprüngliche Deckplatten sind. Je nach Ordnungen und Familien entwickeln sich diese Knochen in eigenthüm- licher Weise. So bleiben die Stirnscheitelbeine bei den Urodelen getrennt, während sie bei den Anuren verschmelzen. Das Keilbein der Urodelen hat nicht die Kreuzform wie beim Frosche; das Eingbein fehlt bei ihnen. Der Vomer ist bei Pipa iTugetheilt etc. Wir gehen auf diese secundären Bil- dungen nicht weiter ein. Der 0 b e r k i e f e r b o g e n ist bei den Perennibrauchiern auf die Zwischen- kiefer reducirt, aber stets fest an den Schädel geheftet, was nur bei wenigen Fischen (Holocephalen, Dipnoer) der Fall ist. Auch das Quadratgaumenbein ist mit dem Schädel unbeweglich verwachsen. Der dem Quadratbeine ent- sprechende Theil des Aufhängegerüstes des Unterkiefers ist bei den meisten Anuren verknöchert und durch ein Jochbein mit dem Hinterrande des Ober- kieferbogens verbunden ; bei den Urodelen fehlt das Jugale und ist durch ein fibröses Band ersetzt. Auf dem Ober- und Zwischenkiefer kommen Zähne fast allgemein vor ; weniger allgemein auf dem Unterkiefer und dem Vomer, seltener auf den Gaumenbeinen und ausnahmsweise auf den Flügelbeinen [Menoiranchus, Siredon) oder dem Keilbeine {Batraclwsepft). Die zahlreichen Variationen der V isceralbogen hängen grossentheils mit der Athemfunction zusammen. Bei den Perennibrauchiern mit lebens- länglichen Kiemen finden sich meist fünf Visceralbogen : der Hyoidbogen und vier Kiemenbogen, deren jeder aus zwei Paaren von Knorpelstäben ge- bildet ist. Doch finden sich bei Proteus nur noch drei Kiemenbogen und bei den Salamandrinen zeigen sich nur die Ueberreste von zwei Kiemen- bogen, die bei den Erdsalamandern ganz rudimentär werden. Nur bei den Larven der Anuren, den Kaulquappen, finden sich Kiemenbogen ; sie werden während der Metamorphose rückgebildet bis auf einen fransenlosen Bogen, der an dem hinteren Theile des Zungenbeinkörpers angeheftet ist und dem Kehlkopf als Stütze dient. Bei den zungenlosen Kröten [Pipa, Dactylethra) verkümmert der Zungenbeinapparat in auffallender Weise. Den gliedlosen Gymnophionen fehlen auch der Schulter- und B ecken - gürtel. Letzterer fehlt auch bei Siren , das nur Vorderfüsse besitzt. Bei den niederen Urodelen ist der Schultergürtel in der Mittellinie der ventralen Fläche nicht geschlossen, da der Körper des Brustbeines fehlt. Bei den Anuren dagegen ist dieser Mitteltheil des geschlossenen Schultergürtels noch wesentlich durch die Ausbildung des Episternum verstärkt. Ueberhaupt Amphibien. 619 hängt die Vervollkommnung des Schultergürtels von derjenigen des Aussen- gliedes ab ; so ist z. B. bei den Urodeleu das Schulterblatt sehr klein , wäh- rend das Suprascapulare fehlt. Die drei Knochen des Becken giirt eis zeigen meist dieselben Beziehungen und Lagerung wie bei dem Frosche. Bei den Urodeleu sind die Darmbeine weit kürzer und nur an einem einzigen Sacralwirbel angeheftet, während sie hinten mit den Sitz- und Schambeinen zusammenstossen. Mit Ausnahme von Proteus und Spelerpes setzt sich bei den Urodelen ein langer , an dem Vorderende gegabelter Knorpelstab an die Symphj-se der Schambeine an. Dieser Epipubisknorpel erinnert an eine ähnliche, bei den Dipnoern vorkommende Bildung. Mau hat vermuthet, dass diese Knorpel den bei den Beutelthieren entwickelten Beutelknochen homolog sind (Wieder sheim). Die Aussenglieder variiren hinsichtlich der Zahl und Länge der Zehen. Die bei den Auuren zu einem Knochen verschmolzenen beiden Knochen des Vorderarmes und Vorderbeines sind bei den Urodelen getrennt. Die Knochen der Hand- und Fusswurzel, sowie die Zahl der Zehen können bedeutende Reductionen erfahren, wie z. B. bei Proteus, wo die Vorderfüsse drei, die Hinterfüsse nur zwei Zehen haben. Selten sind Ueberschreitungen der nor- malen Vierzahl. Menopoma hat fünf Zehen an den Hintergliederu, die bei den guten Schwimmern {Rana, Pipa) Schwimmhäute zeigen. Ausnahmsweise finden sich auch Nägel an den Zehen (Dactylethra) oder besondere , von der Haut gebildete Haftapparate [Hyla). Vom Muskelsysteme können wir hier nur sagen, dass die ursprüng- lichen metaraerischen Abtheilungen , welche bei allen Larven existiren , bei den meisten Urodelen nur stellenweise sich erhalten und bei den Anureu sich gänzlich verwischen. Iva Uebrigen zeigen sich zahllose Variationen in Folge der Ausbildung der Glieder uud der Verkümmerung der Kiemenbogeu. Wir können auf dieselben nicht Aveiter eingehen und verweisen in Bezug zur Herstellung einer vergleichenden Myologie der Ami^hibieu auf die Arbeit von Hoff mann in Bronn' s Thierreich. Das Centralnerveusystem des Frosches kann als typisch für die Ge- sammtheit der Amphibien gelten. Die Länge des Rückenmarkes und die Zahl der Spinalnerven hängt selbstverständlich von der Länge des Körpers ab , sowie die Ausbildung der einzelnen Anschwellungen und der Nerveu- geflechte für die Extremitäten von der Entwicklung der Aussenglieder ab- hängt. Bei den gliedlosen Gymnophionen fehlen diese Bildungen vollständig. Die bei den Perennibranchiern und Derotremen weit geöffnete Eauten- grube wird bei den Tritonen grösstentheils vou dem Mittelhirne überdeckt. Das Kleinhirn ist stets auf eine unbedeutende Querbrücke reducirt. Das Mittelhirn ist bei Pipa weniger entwickelt als beim Frosche und bei den Gymnophionen stets kleiner als das Vorderhirn, welches bei diesen die grösste Ausbildung erreicht , so dass es fast alle übi'igen Hiruabschuitte überdeckt. Bei den Urodelen sind die beiden Hemisphären des Vorderhirnes weiter aus einander gerückt als bei den Anureu, doch zeigen sie selbst bei so nahe verwandten Gattungen wie Salamandra und Triton beträchtliche Grössen- unterschiede. Im Allgemeinen kann man sagen , dass die in einer Horizontalebene hinter einander gereihten Hirntheile der Amphibien ziemlich denjenigen der Fische gleichen; namentlich tritt die Analogie stark hervor zwischen der Bildung der Urodelen einerseits, wo die einzelnen Abschnitte mehr aus einander gerückt sind, als bei den Anuren, und den Ganoiden und Dipnoern anderseits. Die Bezieliungen der Zirbeldrüse oder Epiphyse zur Ausbildung eines unpaaren Auges bedürfen weiterer Untersuchungen. Vor der Hand können 620 Wirbelthiere. wir nur sagen , dass diese obere Ausstülpung des Zwischeuhirnes bei den Larven im Vergieicli zu den anderen Hirutlieileu weit bedeutender ist, als bei den entAvickelten Tliieren und dass ihr Zustand je nach den verschiedenen Phasen des Larvenlebens sehr ändert. In gewissen Perioden bildet sie einen nach vorn gebogenen , mit einem Zelleuhaufen endenden vollen Stiel. Die Beziehungen dieses Stieles zu dem Stirnorgane, das wir beim Frosche erwähnten , sind noch nicht ganz aufgehellt. Nach einer gefälligen Mit- theilung von Beranek scheint sogar bei Bana, Triton und Salamandra das Stirnorgan ei'st nach der Epiphyse sich zu bilden und keine Ausstülpung derselben zu sein. Bei sehr jungen Kaulquappen läge das Stiruorgan schon ausserhalb der Hirnhüllen unmittelbar an der Haut an. Es erhält nie die Eorm einer Sehblase ; man kann weder eine Eetina , noch eine Linse darin nachweisen. Anderseits hat Götte schon bei der Unke (Bombinator) einen Zusammenhang zwischen dem Stirnorgane und dem Zwischenhirne nach- gewiesen ; aber noch Niemand hat geeignete Beweise für seine Natur als Auge beibringen können. Die Annahme eines solchen bei den fossilen Am- phibien stützt sich hauptsächlich auf die Existenz eines geräumigen Scheitel- loches bei einigen , besonders den Labyrinthodonten und auf die Ausbildung eines wirklichen, in diesem Scheitelloche gelegenen unpaaren Auges bei manchen lebenden Eidechsen, besonders Hatteria. Die Hirnnerven zeigen nur geringe Variationen. Die Riechnerven sind stets kurz und verzweigen sich erst beim Eintritte in die Nasenschleini- haut, mit Ausnahme von Menopoma, wo eine Siebbeinplatte existirt. Die Seh- nerven bilden immer ein Chiasma. Bei den Anuren finden sich stets intime Beziehungen zwischen Trigemiuus und Facialis, während bei den Urodelen diese Nerven weit unabhängiger von einander sind und der Facialis nur einen Verbiuduugszweig zum Trigeminus abgiebt und durch ein besonderes Loch am Schädel austritt. Bei allen im Wasser lebenden Larven oder erwach- senen Thieren existirt ein bedeutender Zweig des Vagus, welcher seitlich am Körper nach hinten läuft und dem Seitennerven der Fische homolog ist. Nach der Metamorphose wird dieser Ast zu einem kleineu Hautnerven des Halses zurückgebildet. Bei den Pereunibranchiern tritt der Glossopharyngeus durch ein besonderes Loch am Schädel aus; bei den Anuren ist er innig mit dem Vagus verbunden und bildet nach Vollendung der Metamorphose zwei Aeste , einen für die Zunge , einen für den Schlundkopf. Vorher verläuft er, wie bei den Pereunibranchiern , zum ersten Kiemenbogen , während die anderen vom Vagus versorgt werden. Der Hypoglossus tritt bei allen Am- phibien hinter dem Schädel aus und bildet den ersten Spinaluerven. Das symjjathische Nervensystem ist stets vorhanden, aber bei den niederen Tjqjen weit weniger ausgebildet als bei den Anuren. Die Bildung der Sinnesorgane wird von der Lebensweise beeinfiusst. Ueberall findet man in der Haut zahlreiche , mannigfach vertheilte Gruppen von Sinneszellen epidermoidalen Ursprungs , die stets frei an der Oberfläche liegen und nie, wie bei den Fischen, in Ptöhren eingeschlossen sind. Sie sind besonders bei den WasserbeAvohnern ausgebildet und hier auch nach bestimmten Linien am Kopfe und den Seiten des Kör^Ders vertheilt, besonders an der Basis des Rückensaumes imd tiefer unten an den Seiten. Bei Proteus oder wenig pigmentirten Larven von Axolotl, die Bugnion (s. Lit.) zu seinen Untersuchungen benutzte , treten sie hesonders deutlich hervor. Während der Metamorphose der Anuren senken sie sich in die Haut ein, verkümmern und verschwinden schliesslich. Auf dem Kopfe erhalten diese Organe Zweige vom Facialis und Trigeminus ; am Körper von den Seitennerven des Vagus. Vielleicht empfinden sie die Wellenbewegungen des Wassers und können als primordiale Hörnerven aufgefasst werden (Wiedersheim). Diese An- Amphibien, 621 schaiiuno- erhält eine weseutliclie Stütze durch die Auffindung eigenthüm- licher Orgaue bei den Emhryoueu von Epicrium glidinoniim durch P. und F. Sara sin. Dort finden sich nämlich am Kopfe kleine, flaschenförmige Organe, die mit langen Wim^Derzellen ausgekleidet sind und im Inneren einen keulenförmigen Körper zeigen , der einem Otolithen ähnelt, weshalb man sie auch Hau toll ren genannt hat. Man vergleiche die Arbeit von Malbranc (s. Lit.) über die Structur und Anordnung der Seitenorgane bei den Amphibien. Bei den meisten finden sich auf dem Innenrande der Kiefer, dem Gaumen, dem Vomer und auf den GiiDfeln der schwammföi-migen Zungenpapillen End- scheibeu (Geschmacksknöpfe , Tastwärzchen) , die denen der Fische ähnehi, aber sich von diesen dadurch unterscheiden, dass sie niemals ausserhalb der Mundhöhle vorkommen. Dagegen findet man stets in der Haut der erwach- senen Anuren kleine Tasthügel , die von Merkel beschrieben worden sind (s. Lit). Kolbenförmige (Yater'scbe oder Pacini'sche) Körper chen sind bei den Amphibien noch nicht nachgewiesen worden. Bei den Perennibranchiern und Derotremen siud die stets paarigen Nasenhöhlen röhrenförmig und glatt ; bei allen übrigen ist die auskleidende Scheimhaut gefaltet. Bei den Salamandrinen beginnt die skelettbildende Masse um die Nasenhöhlen sich auszuhöhlen , um die Eiechfläche zu ver- grössern , und bei einigen (Plethodon) kann man schon Anlagen von Nasen- muscheln nachweisen , welche bei den Anuren und ganz besonders bei den Gj'mnophionen sich weiter ausbilden. Zugleich verlängert sich bei den unteren Gruppen die Nasenhöhle in den Oberkiefer und bildet dort einen Nebensinus, der bald zusammenhängt, wie bei den Salamandrinen, oder gänz- lich getrennt ist, wie bei den Gj'mnophionen, wo man jederseits zwei Nasen- höhlen um so eher unterscheiden könnte, als diese Nebenhöhle im Kiefer ihren besonderen Nerven erhält. Nicht minder könnte dieser Maxillarsinus als die Anlage des Jacobson' sehen Organes aufgefasst werden, das bei Eeptilien und Säugethiereu verbreitet ist. Die allgemein zwischen den Ober- kiefern und Gaumenbeinen gelegenen inneren Nasenöffuungen liegen bei den Perennibrauchiern nahe au der Lippe ; die äusseren Oeflnungen stets au der Schnauzenspitze. Bei den Gymnophionen hat Wiedersheim ein nur diesen ausschliess- lich zukommendes Evacuatiousor gan nachgewiesen, das ein Yertheidi- gungsorgan sein dürfte. Es besteht aus einem Sacke mit starken Muskel- wandungen, der in der Augenhöhle hegt und seitlich an der Schnauze durch einen Ausführungsgang sich öfinet. In dem Sacke liegt eine Drüse , deren Secret durch den Gang ausgespritzt werden kann. Augen fehlen nirgends, aber bei den wie Eegenwürmer in der Erde lebenden Gymnophionen und bei dem in dunklen Grotten hausenden Proteus sind sie ver- kümmert und mehr oder weniger tief unter der Haut versteckt. Bei Proteus fehlen Linse und Glaskörper. Bei den meisten übrigen Amphibien sind sie von beträchtlicher Grösse und nach dem geschilderten Typus der Proschaugen gebaut. Die Hornhaut ist meist abgeplattet; die Sclerotica durch Platten oder Einge von knorpeliger Beschaffenheit gestützt. Die Papille ist rund bei Rana, queroval bei Bufo, senkrecht bei Pelobates , dreieckig bei Bomhinatoy. Die Iris ist stets sehr lebhaft gefärbt; der Ciliarkörper glatt bei den Uro- delen , faltig bei den Anuren. Die Linse ist meist kugelrund. Die Eetina zeichnet sich durch die verhältnissmässige Grösse der Stäbchen aus. (Bei Spelerpes schätzt "Wiedersheim ihre Zahl auf etwa 30000 auf den Quadrat- millimeter, während beim Menschen 250 000 bis 1000 000 auf demselben Eaume Platz finden.) Bei den Urodelen fehlt der Eückziehmuskel des Augapfels ; bei den Perenni- branchiern und bei Pipa fehlen die Augenlider , während bei den Salaman- 622 Wirbelthiere. drinen beide Augeulider sehr gut entwickelt sind und bei den Anm-en das untere Augenlid durch die Nickhaut ersetzt wird. Thränendrüsen kommen nicht vor, dagegen ist die an Blutgefässen reiche, birnenförmige Härder' sehe Drüse wohl immer vorhanden. Bei Bufo ist sie am ausgiebigsten entwickelt. Ihr Seci'et erhält die innere Fläche der Nick- haut schlüpfrig. Das Ohr ist nur bei den Anuren demjenigen des Frosches ähnlich aus- gebildet. Bei den Urodelen und Gymnophionen fehlt das ganze mittlere Ohr, Trommelfell, Paukenhöhle, Columella und Eustachi' sehe Eöhre. Bei den Gymnophionen ist sogar der Gehörnerv verkümmert und erreicht das Labyrinth nicht; sie sind demnach wahrscheinlich taub. Bei den anderen variiren die Hörleisten und halbzirkelförmigen Canäle insofern, als bei den Urodelen erstere weniger zahlreich, die Canäle enger und weniger vorgewölbt sind als bei den Anuren ; wesentliche Verschiedenheiten lassen sich in der Bildung des Labyrinthes nicht nachweisen. Auch derDarmcanal zeigt nur unwesentliche Variationen. Bei einigen Perennibranchiern {Proteus, Siren) ist das Maul, das bei den Anuren so weit gespalten ist , stark verengt. Den Aglossen {Pi])a , Dactylethra) fehlt die Zunge, die bei den Urodelen nicht nur vorn, Avie bei den Anuren, sondern mit ihrer ganzen Unterfläche angewachsen ist. Die Beweglichkeit der Zunge und ihre Benutzung als Greiforgan zeigt Verschiedenheiten. Bei Spelerpes kann sie avis dem Maule vorgeschleudert werden, bei den Molchen ist sie wenig beweglich. Zähne fehlen nur bei Pipa durchaus. Wir haben bei Gelegenheit des Skelettes schon die Knochen namhaft gemacht, auf welchen sie eingepflanzt sein können. Sie sind bei den Urodelen zahlreicher als bei den Anuren, stets sehr klein und kaum über die sie einhüllende Schleimhaut hervorstehend; bei den meisten Salamandrinen haben sie zwei Spitzen; bei Perennibranchiern und Gymnophionen, wie bei den Anuren, nur eine. Hert- wig (s. Lit.) hat ihre Structur und Entwicklung kennen gelehrt. Bei den Larven (Kaulquappen) findet sich vor der eigentlichen Mundhöhle ein Vor- hof, der selbst zu einer Art von trichterförmigem Rüssel auswachsen kann und schnabelförmige Hornscheiden der Lippen, sowie innere Hornzähne trägt, deren charakteristische Formen auch zoologisch benutzt werden und die von F. E. Schnitze, H eron-Roger., van Bambeke und Bedriaga genauer untei'sucht worden sind (s. Lit.). Nirgends finden sich Speicheldrüsen, wohl aber, mit Ausnahme der Pe- rennibranchier, Derotremen und Gymnophionen, zeigen alle übrigen die oben erwähnte und von Wiedersheim (s. Lit.) genauer untersuchte Zwischen- kieferdrüse, deren Ausführungscanälchen sich in dem Gaumen öffnen. Bei den Anuren ist noch eine in der Nähe des Schlundkopfes liegende und in diesen mündende Pliaryn gealdrüse entwickelt. Der Magen lässt sich immer durch seine Weite von dem Dünndarm unterscheiden, ist aber nur selten (Siren) scharf von dem meist kurzen, nur bei den Urodelen etwas längeren Oesophagus geschieden. Der Darm ist ganz gerade bei Proteus, wenig gewunden bei den Salamandrinen, vielfach ge- schlungen bei den Anuren; seine innere Oberfläche zeigt verschiedenai'tig angeordnete Falten , welche die verdauende Fläche der Schleimhaut ver- grössern. Der Enddarm ist stets erweitert und mündet ganz allgemein in eine Cloake. Die Leber ist stets voluminös und besteht wenigstens aus zwei, durch eine Substanzbrücke verbundenen Lappen , entweder von gleicher Grösse {Cryptohranchus) oder einem rechten grösseren und einem linken kleineren Lappen (Menohranehus). Bei den Anuren hat sie mehr Lappen und noch zahlreichere bei den Gymnophionen. Oft finden sich mehrere Gallengänge Amphibien. 623 (Anureo) ; der Blasengang mündet in den Gallengaug und meist auch der Aus- führungsgang des Pankreas (Wir sung' scher Canal). Das Pankreas wie die Milz liegen meist an derselben Stelle wie heim Frosche. Alle Amphibien athmeu anfangs durch äussere Kiemen, deren Fran- sen meist die Gestalt von Bäumchen zeigen und oft eine ansehnliche Länge erreichen können. Zugleich mit diesen Hautkiemen oder zu ihrem Ersätze functioniren innere Kiemen, welche direct auf den Kiemenbogen auf- sitzen, in einem häutigen Kiemensacke eingeschlossen sind und zuweilen sehr seltsame Formen annehmen, wie z. B. bei Notodelphys. wo sie die Form von Glocken haben , die mit einem hohlen Stiele den Kiemenbogen angeheftet sind. Bei einigen Arten, deren Entwicklung ganz in dem Eie sich abspinnt [Hylodes martiniensis, Rana opistkodon), bilden sich keine Kiemenfransen aus; die Larven athmen durch die Haut des Schwanzes oder des faltigen Bauches. Die ausdauernden Kiemen der Perennibranchier sitzen auf den vorderen Kiemenbogen, auf zwei {Proteus), drei {Sireii, Siredon) oder selbst vier Bogen (Menobranchtis). Indessen variiren sie sehr, sogar bei demselben Individuum, je nach den äusseren Verhältnissen. Sie wachsen oder verkümmern z. B. beim Axolotl, je nach der Wassermenge, in welcher er lebt. Beim L^ebergange der Larven vom Wasserleben zu dem Leben in freier Luft verkümmern die Kiemen und werden in ihrer Function durch Lungen ersetzt. Das Loch des Kiemensackes schliesst sich. Die Lungensäcke sind stets paarig , aber häufig von ungleicher Länge bei den gestreckten Körperformen. Bald ist der linke Lungeusack der kür- zere [Gymnophionen), bald der rechte {Proteus). Die Faltung der Innenfläche zeigt verschiedene Entwicklungsgrade. Bei Menobranchus ist sie ganz glatt ; bei anderen Urodelen faltet sie sich mehr und mehr. Die kurzen, eiförmigen und meist gleich grossen Lungensäcke der Anuren zeigen die grösste Com- plication der Faltungen der Innenfläche. Die stets eingeschluckte, nicht eingesogene Luft tritt in die Lungensäcke durch den mit einer Stimmritze geöffneten Kehlkopf, der stets durch kleine Knorpel gestützt ist. Bei den Urodelen ist der Kehlkopf sehr kurz und ein- fach ; bei den Anuren complicirt sich seine Bildung durch die Vermehrung der Knorpel , welche durch eigene Muskelchen in Bewegung gesetzt werden und durch die Entwicklung von Stimmbändern an einer Tontrommel , deren Schall bei den Männchen oft noch durch eigene, in den Mund sich öffnende Eesonanzsäcke verstärkt wird. Zwei solcher Schallsäcke finden sich bei Rana, einer bei Hyla. Meist hängen die Lungensäcke unmittelbar dem Kehl- kopfe au; aber bei einigen langgestreckten Formen {Siren, AmpMuma., Gymno- phionen) bildet sich eine etAvas längere Luftröhre aus, deren Wände durch kleine Knorpelringe gestützt werden. Die Urogeuitalorgane sind bei allen Amphibien ursprünglich innig verbunden und bleiben auch während des ganzen Lebens in mehr oder minder engem Zusammenhange. Doch zeigen sie die Tendenz, sich bei fort- schreitender Entwicklung mehr von einander zu trennen. Ihre äussere Form, kurz oder langgestreckt, hängt von der allgemeinen Körperform ab. Bei den Gymnophionen erstrecken sie sich zu beiden Seiten der Wirbel- säule in Form langer Bänder fast durch die ganze Länge der Köi'perhöhle. Sie sind ursprünglich segmentirt und Beste dieser Metamerie bleiben das ganze Leben hindurch fortbestehen. Aehnliches findet sich auch bei den Urodelen, wo die langgestreckten Nieren zwei Abschnitte zeigen, einen dünneren vorderen und einen breiteren hinteren. Den vorderen Abschnitt, der noch Spuren von Segmentation zeigt, nennt Spengel (s. Lit.) die Geschleclitsniere, weil er bei den Männchen mit den Hoden in Verbindung bleibt , indem die Samencanälchen ihn dm-chsetzen , ihren luhalt, den Samen, in die Harn- 624' Wirbelthiere. canälchen und durch diese in den gemeinscliaf tlichen L e y d i g ' sehen Canal überführen, der sonach Harn- und Samenleiter zugleich ist. Der hintere Ab- schnitt, die Beclienniere Spengel's, ist dagegen ausschUesslich Harn- organ. Bei den Weibchen sind die Leyd ig' sehen Canäle die Harnleiter geworden und haben keine Beziehungen mehr zu den Geschlechtsorganen. Bei den Anureu zeigen die massigen, im hinteren Theile der Bauch- höhle concentrirten Nieren keine Spur von Segmentation , sondern nur sehr wenig ausgeprägte Lappeneinschnitte. Ueberall hat man auf der ventralen Fläche der Nieren Nephrostomen nachgewiesen, die aber nur bei den Urodelen den urspi'ünglichen Zusammen- hang mit den Harncauälchen während des ganzen Lebens zu behalten scheinen. Die Lej' di g' scheu Canäle oder Harnleiter münden stets in die Cloake, niemals in die allgemein vorkommende Harnblase. Die Geschlechtsdrüsen sind stets symmetrisch. Bei den Gj'mno- phionen haben sie eine Bandform wie die Nieren ; die Hoden der Männchen gleichen Perlschnüren. Jedes Bläschen der Schnur ist ein Hodenbläschen, das mit seinen Nachbaren durch einen längslaufenden Sammelcaual zu- sammenhängt, der seinerseits Queräste in die Niere sendet, die mit den Harncanälchen und durch diese mit dem Leydig'schen Gange zusammen- hängen. Diese Verhältnisse wiederholen sich bei den Urodelen, deren meist spindel- förmige Hoden mit dem vorderen Abschnitte der Nieren zusammenhängen, wie bei den Anuren. Nur sind bei diesen letzteren die Hoden kugel- oder eiförmig und entsenden nur wenige Samencanälchen, welche zwar die Nieren durchsetzen , um in den L e y d i g ' sehen Canal zu münden , aber mit den Harncanälchen keinerlei Verbindung eingehen. Bei einigen Kröten findet man am Vorderende des Hodens ein roth- gelbes Klümpchen, das sogenannte Bidder'sehe Organ, welches ein rudi- mentärer Eierstock oder besser gesagt eine rudimentäre hermaphroditische Drüse ist, in welcher sowohl unvollständige Eier als auch Zoospermen sieh bilden. Das Organ, ■welches immerhin als Hinweis auf den ursiDrünglich hermaphroditisehen Zustand der Geschlechtsdrüsen Bedeutung haben dürfte, verdiente weitere Untersuchungen. Die an die Wirbelsäule durch Peritonealfalteu angehefteten Eierstöcke sind stets sackförmig; langgestreckt mit einfacher innerer Höhle bei den LTrodelen, wo sie zuweilen eine Oeffnung zeigen, durch welche die Eier hin- durchtreten , um in die Bauchhöhle zu fallen (Salamanclra) , oder kurz und gedrungen bei den Anuren, wo sie innen durch Qiierwände in mehrere Kam- mern getheilt sind. Die Eileiter stehen niemals in unmittelbarem Zusammenhange mit dem Eierstocke. Sie beginnen stets mit einer mehr oder minder gefransten Trichteröffnung im vorderen Abschnitte der Bauchhöhle nahe am Herzen und münden nach mannigfaltigen Windungen entweder mit einer {Bufo, Älytes) oder zwei {Rana) getrennten schlitzförmigen Oeffnungen in der dor- salen Wand der Cloake. Bei den lebendig gebärenden Gattungen {Sala- manclra etc.) ist ihr Endabschnitt bedeutend zu einem Brutraume (Uterus) erweitert. Die Eier gleiten in den Eileitern hinab und umgeben sich dort mit einer Schicht eiweissartiger Quellsubstanz. Bei den Anureu findet sich nur äussere Befruchtung; bei den Urodelen wahrscheinlich nur innere Befruchtung, so- weit wir bei diesen die Vorgänge kennen. In der That entwickeln sich bei den männlichen Urodelen zu beiden Seiten der spaltförmigen Cloakenmündung vorspringende Hautwülste, welche als Begattungsorgane dienen, und während dieses Vorganges die Cloakenmündung des Weibchens so umfassen , dass der Amphibien. 625 Abfluss des Samens in die inneren Organe gesicliert ist. Anderseits " ent- wickeln sich bei den Weibchen in den Cloakenwandiingen drüsige Höhlen, welche als Samenbehälter dienen. Bei einigen Männchen findet man sogar eine erectile Papille in der Cloakenwand und bei den Gymnophionen kann durch besondere Muskeln die ganze Cloake bei der Begattung nach aussen vorgestülpt werden. Die Eier werden bald einzeln {Molche) , bald in Haufen [Frösche] oder in Schnüren (Kröten) abgelegt und dem Wasser oder der feuchten Erde [Gyrnvo-phionen) überlassen. Das Männchen der Geburtshelferkröte {Alytes) umwickelt sich die Hinterbeine mit der Eischnur und vergräbt sich damit in feuchte Erde. Bruträume werden bei den lebendig gebärenden Laub- fröschen und Salamandern am Ende der Eileiter oder bei Notodelphys und Pipa auf dem Eücken hergestellt. Bei Notodelphys sind es zwei durch Schlitze nach aussen geöffnete Hautsäcke, bei Pipa wabenartige ofi"ene Zellen, in welchen die Larven ihre Metamorphosen durchmachen. Die Metamoi-phosen können sich aber auch im Eie selbst bis zur Abwerfung der Kiemen und des Schwanzes abspielen. Das G efä SS System zeigt eine grosse Einförmigkeit. Die wesentlichsten Veränderungen werden durch den Uebergang von der Kiemenathmung zur Lungenathmung bedingt. Das Herz besitzt stets zwei Vorkammern, die indessen bei den Pereuni- branchiern weniger vollständig durch eine Scheidewand getrennt sind , als bei den Anuren , und eine einzige Herzkammer, die bei den gestreckten Formen {Oymnophionen) die Gestalt eines langen, spitzen Kegels hat. Dem Arterienbulbus fehlt bei den Gymnophionen, Proteus etc. die Spiralfalte, welche bei den Anuren eine unvollständige Scheidewand herstellt , die eine totale Mischung des arteriellen und venösen Blutes verhindert. Der aus dem Bulbus sich fortsetzende Arterieustamm theilt sich in ebenso viel Aortenbogen , als Kiemenbogen ausgebildet sind. Bei den Larven der Salamander finden sich jederseits stets vier Aortenbogen , von welchen die drei vordersten durch das Capillaruetz der Kiemenfransen sich zu ebenso viel Kiemenvenen sammeln ; das vierte Bogenpaar ergiesst sich in die Arterien der noch nicht functionirendeu lAingen. Diese an die Dipnoer eiinnernde Anordnung findet sich auch bei den Larven der Anuren. Beim Ueber- gauge zur Lungenathmung modificiren sich die Kiemen ai'terien ; das erste Bogenpaar liefert die Carotiden , das mittlere die Bogen der Bauchaorta, das hintere die Hautlungenarterien. Bei den Urodelen erhält sich die unter dem Namen des Botal' sehen Ganges bekannte Anastomose zwischen dem vierten zu Lungenarterien ausgebildeten Bogen und dem dritten und zweiten Bogen während des ganzen Lebens. Ein Theil der Basis des ersten Arterienbogeus erweitert sich zu einem schwammigen Körper, der sogenannten Carotiden- drüse. Bei den Perennibranchiern erhält sich die den Larven zukommende An- ordnung der Arterienstämme, wenn auch, wie beim Axolotl, die Lunge theil- weise functionsfähig ist. Ln Venensysterae finden sich stets die beiden Pfortadersj'steme der Leber und der Niereu. Bei den Larven erinnert die Anordnung des Venensystemes sehr an die der Selachier ; die vom Kopfe kommenden Jugularvenen bleiben stets von den Hohlveneia des Körpers getrennt. Bei den Urodelen persistiren diese letzteren wenigstens in ihren centralen Abschnitten und bilden die rechte und linke Vena azygos, die sich entweder in den Venensinus, oder in den die Jugularvenen vor ihrem Eintritte in das Herz vereinigenden Cuvier'- schen Canal oder endlich (Salaniaudra) in die Subclavia ergiessen. Der in die rechte Vorkannner mündende Venensinus findet sich überall vor. Vogt u. Yung, prakt. vergl. Auatoinie. II. 40 626 Wirbelthiere. Literatur. — Rusconi, Developpement de la Grenouille commune. 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Leipzig, 1875. — 0. Hertwig, lieber das Zahnsystem der Amphibien. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XI, Suppl., 1875. — Ders., A'ouvelles recherches sur Vemhryologie des Batraciens. Arch. de Biologie, Vol. I, 1880. — Neumann, Die Beziehung des Flimmerepithels der Bauchhöhle zum Eileiterepithel beim Frosche etc. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XI, 1875. — de Watteville, Descrlption of the cerebral and spinal nerves of Rana esculenta. Journ. of anat. and physiol., Vol. IX, 1875. — E. Neumann, LTnter- suchungen über die Entwicklung der Spermazoiden. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XI, 1875. — Malbranc, Von der Seitenlinie und ihren Sinnesorganen bei Amphibien. Zeitschr. f. w. Zool., Bd. XXVI, 1875. — van Bambeke, Recherches sur Pevihryo- loyie des Batraciens. Bull, de l'Acad. de Belgique, 1875, et Nouvelles recherches. ArcMves de Biologie, Vol. I, 1880. — Wiedersheim, Salamandrina perspicillata und Geotriton fuscus. Genua, 1875. — Ders., Bemerkungen zur Anat. des Euproctes Rusconii. 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"Während des Fötallebens existirt ein temporäres Athemorgan, die Allantois, eine Ausstülpung des Hinterdarmes. Ausser diesem Organe bildet sich noch der Embryo eine besondere Hülle, das Am- n i 0 s , welches den niederen Wirbelthieren, den Ichthyopsiden, abgeht. Die Sauropsiden unterscheiden sich von den übrigen Amnioten durch einen einzigen Gelenkkopf am Hinterhaupte , der unter dem grossen, dem Durchtritt des verlängerten Markes dienenden Hinter- hauptsloche liegt und durch die Bildung grosser meroblastischer Eier, die einen sehr voluminösen Nahrungsdotter besitzen, in welchem alle zur Bildung des Embryos nöthige Substanz aufgespeichert ist. Der Embryo tritt niemals in directe und unmittelbare Beziehung zu der Mutter. Wenn also die Sauropsiden sich von den Amphibien durch den gänz- lichen Mangel jeder, selbst nur embryonalen Kiemenathmung und von den Säugethieren durch den einfachen Gelenkkoj^f des Hinterhauptes und den Mangel von Milchdrüsen unterscheiden, so kann man innerhalb der Gruppe die heutigen Reptilien von den Vögeln trennen durch die Bildung ihrer Vorderglieder, die niemals zum Fluge sich eignen, durch die Structur ihrer beschuppten , federlosen Hautbedeckung und durch die Organisa- tion ihres Herzens, von welcher die Körpertemperatur abhängt. Die Haut zeigt in der That stets eine harte, verhornte Oberhaut, die bei allen Reptilien Erhöhungen bildet, die man Kämme, Schuppen, Schil- der u. s. w. genannt hat und zu welcher sich häufig, ursprünglich in der Lederhaut gelegene Knochenbildungen gesellen, welche zuweilen, wie bei den Schildkröten, einen vollständigen Panzer bilden. Aber auch in diesen Fällen besteht die epidermoidale Schuppenbildung auf einzelnen Körpertheilen, wie z. B. auf dem Halse und den Füssen fort. Die Scheidewand zwischen den beiden Herzkammern ist niemals voll- ständig, so dass arterielles und venöses Blut unter allen Umständen innerhalb des Herzens sich mit einander mischen, wodurch ein geringes Maass von Körperwärme entwickelt wird. Im Gegensatze zu den Vögeln und Säugethieren nennt man die Reptilien wie die Amphibien kaltblütige Thiere; in Wahrheit aber besitzen sie eine eigene Reptilien. . 629 Körperwärme, die indessen so gering ist, dass sie bei der Berührung nicht wahrgenommen wird und nur einen geringen Bruchtheil der Wärme bildet, welche im Uebrigen dem umgebenden Medium entspricht. Man muss zugestehen , dass abgesehen von der besonderen An- passung zum Fluge bei den Vögeln , beide Classen viele gemeinsame Züge der Organisation zeigen. Die Paläontologie macht in der Tbat wahrscheinlich, dass die Vögel nur ein aus den Reptilien hervor- gegangener, weiter entwickelter Typus sind. Die speciellen Charaktere, welche die Reptilien von den Amphibien unterscheiden, mit welchen man sie früher zusammenwarf, lassen sich zwar leicht im Ganzen nachweisen, doch darf man nicht vergessen, dass viele derselben auf der weiteren Entwicklung von Zuständen be- rixhen , welche bei den Amphibien schon in der Anlage vorhanden waren. Die Unterscheidung der einzelnen Körper regionen, Kopf, Hals, Stamm und Schwanz, ist zwar bei den meisten Ordnungen schärfer ausgesprochen, doch verwischt sie sich auch wieder bei anderen, wie z. B. den Schlangen, und schliesslich ist die Körperform eines Sala- manders nicht wesentlich von der einer Eidechse verschieden. Die Haut ist anders gebildet. Die Epidermis verhornt stets in ihren äusseren Schichten ; mit Ausnahme der Schenkeldrüsen der Ei- dechsen und der Moschusdrüsen der Krokodile lassen sich bei den Reptilien keine den so mannigfachen Hautdrüsen der Amphibien ana- loge Bildungen nachweisen. Die Lederhaut bildet stets Erhöhungen, die sich zu Schuppen, Kämmen, Stacheln u. s. w. entwickeln, an deren Bildung die Oberhaut wesentlichen Antheil nimmt. Diese von den Schuppen der Fische durchaus verschiedenen Gebilde sind eher den Federn der Vögel in ihrer ersten Anlage homolog. Man findet hier auch zum ersten Male sensitive Keulenkörperchen (P a ein i' sehe Körperchen) in der Haut. Das Hautskelett, von dem nur bei wenigen Amphibien sich Reste zeigen , ist oft ausgiebig entwickelt und kann mit dem inneren Skelette in Verbindung treten. Das innere Skelett zeigt weitere Ausbildung. Mit Ausnahme einiger Gruppen (Hatferia, Geckoticlen) sind die Wirbelkörper voll- ständig verknöchert und durch Gelenkköpfe und Pfannen mit einander beweglich verbunden ; sie sind meist procöl. Im Gegensatze zu den Amphibien sind die Rippen sehr ausgebildet; bei den mit Gliedern versehenen Reptilien verbindet sich stets eine gewisse Zahl dieser Rippen mit dem Sternum ; bei anderen werden sie active Bewegungs- organe. Häufig finden sich Bauchrippen mit einem Bauchsternum. Ausser dem schon erwähnten einfachen , unterständigeu Gelenkkopfe des Hinterhauptes zeigt der Schädel noch manche Besonderheiten. Meist (Hatteria und manche Eidechsen ausgenommen) ist der knorpelige Primordialschädel gänzlich vei'schwunden , die Deckplatten mit den 630 - Wirbelthiere. enchondrischen Knochen verschmolzen. Bei vielen sind die Oberkiefer- und Gaumenbogen noch beweglich ; die letzteren aber stossen in der Mittellinie zusammen und bilden so das Gaumendach, das die über ihnen nach hinten ziehenden Nasengänge von der Mundhöhle scheidet; die Choanen rücken von dem Oberkieferrande weg weiter nach hinten, so dass bei vielen die Schädelbasis keinen directen Antheil an der Mundhöhle nimmt. Die Visceralbogen verkümmern mehr und mehr. Der Tarsus vereinfacht sich und schliesst sich stufenweise an die Bil- dung der Vögel an. Das Muskelsystem zeigt eine bedeutendere Entwicklung der Hautmuskeln und eine allmähliche Rückbildung des Seitenmuskels, der durch die Ausbildung der Muskeln der Extremitäten zurückgedrängt wird. Das centrale Nervensystem nähert sich dem der Vögel. Die dorsale Rinde der Hemisphären wird bedeutend dicker als bei den Amphibien und zeigt die den höheren Wirbelthieren zukommenden drei Schichten : die Beugungen der Basis, besonders die Nackenbeuge, treten hervor; das Kleinhirn wird bedeutender, das Zwischenhirn wird fast ganz von den Hemisphären bedeckt; die Epiphyse vervollkommnet sich und entwickelt bei einigen Gattungen (Hatteria) ein wirkliches Auge, das in einem Loche der Schädeldecke, im Scheitelloche, liegt. — Unter den Modificationen des peripherischen Nervensystemes ist besonders die Selbständigkeit des Nervus accessorius WilUsii, das gänz- liche Verschwinden des seitlichen Astes des Vagus mit den betreffenden Seitenorganen , sowie die schärfere Trennung des Glossopharyngeus, Hypoglossus, Acusticus und Facialis zu erwähnen. — Die Entwicklung eines längeren doppelten Luftcanales zwischen Schädelbasis und Mund- höhle und die Ausbildung des J acobson' sehen Organes charakteri- siren das Riechorgan mehrerer Ordnungen. — Das Auge zeigt fast immer einen knöchernen Scleroticalring, einen Kamm im Inneren, eine Härder 'sehe und eine Thränendrüse, während die Lider sehr verschieden entwickelt sind. — Das Ohr zeichnet sich durch die Aus- bildung der Lagena aus. Die Ver da uungs Organe zeigen den Amphibien gegenüber eine ausserordentliche Ausbildung, Differenzirung und Localisation der Munddrüsen , die bei einigen Gruppen zu Giftdrüsen werden , was be- sondere Anpassungen der übrigen Mundorgane nach sich zieht; an der Grenze des Hinterdarmes bildet sich ein Blinddarm aus. Die Uro- genitalorgane zeigen sehr verschiedene Bildungen , auf die wir hier nicht eingehen können ; mit Ausnahme von Hatteria finden sich bei allen Begattungsorgane. Einen wesentlichen Fortschritt zeigt der Circulationsapparat durch die successive Ausbildung einer Scheidewand, welche den Ven- trikel theilt und bei den Krokodilen fast vollständig wird. So wird Keptilien. 631 bei den Reptilien nach und nach der Kreislauf in zwei entgegen- gesetzte Gruppen geschieden, den Körperkreislauf und den Lungen- kreislauf; der erstere erhält aus der linken Herzhälfte arterielles Blut, welches Sauerstoff gegen Kohlensäure eingetauscht hat, während der aus der rechten Herzhälfte gespeiste Lungenkreislauf venöses Blut in die Lungen eintreibt und arterielles in das Herz zurückführt. Wir nehmen folgende Classification in zwei Gruppen und fünf Ordnungen an. Erste Gruppe : Plagiotremen. Die Haut mit Warzen, Höckern, Schuppen oder Schildern bedeckt. Die Afterspalte quer gestellt. Erste Untergruppe: Ordnung der Mliynchocephalen. Amphicöle Wirbel, aus mehreren durch Xähte verbundenen Stücken zu- sammengesetzt ; Abdominalrippen, die an einem ventralen Sternum und ausserdem an der Haut befestigt sind ; der knorpelige Primordialschädel grösstentheils während des ganzen Lebens erhalten bleibend ; bezahnter Vomer; das Quadratbein unbeweglich am Schädel angeheftet; das Gehirn amphibienähnlich; das Epiphysealauge vollständiger entwickelt als irgendwo sonst. Der Kamm im Auge, die Trommelhöhle und Be- gattungsorgane fehlen vollständig. Eine einzige Gattung, Hatteria, in Neu -Seeland. Sehr alter, aus der Trias stammender ancestraler Typus. Zweite Untergruppe: Ordnung der Pholidojphoren. Das Quadratbein ist beweglich , die Glieder häufig verkümmert oder ganz fehlend. Zwei Begattungswerkzeuge (ausstülpbare Penis bei den Männchen) sind in den Ecken der queren Afterspalte ausserhalb der Cloake angebracht. Zwei nicht ganz scharf begrenzte Ordnungen. Erste Ordnung: Saicrier oder Eidechsen. Die Unter- kieferhälften sind in der Symphyse des Kinnes verbunden , das Maul nicht ausdehnbar. In den meisten Fällen wohl ausgebildete Glieder mit fünf bekrallten Zehen, die aber zuweilen wie Zangen sich gestalten {Cliamaeleon) oder verkümmern {Scincoiden, Anmdaten); einer der Ex- tremitätengürtel erhält sich , wenn auch das Aussenglied schwindet. Die Zähne sitzen entweder auf dem Rande der Kiefer fest {Acrodonien) oder in einer Rinne, mit an den Aussenrand der Kiefer angelehnter Basis {Pleurodonten). Die verschiedene Gestaltung der Zunge ist zur Bildung von Unterordnungen benutzt worden : Le])togl.ossen mit langer und glatter , oft weit ausstreckbarer Zunge , deren Vorderende aus- geschnitten und in zwei Spitzen ausgezogen ist; PacJiyglossen mit dicker, zuweilen stempeiförmiger Zunge. Unter den Leptoglossen hat man unterschieden: Spaltzüngler {Fissilinguia) mit langer, rund- licher, zweispitziger Zunge, die zuweilen wie bei den Schlangen in eine Scheide zurückgezogen werden kann (Lacerta, Ameiva, Monitor) und 632 Wirbelthiere. Knr zzün gier (Brevilingttia) mit schwach ausgeschnittener, kurzer und glatter Zunge (Angnis, Schleus, Seps). Die Pachyglossen werden ge- schieden in: Wurmzüngler (Fenm7m^Mia), mit wurm- oder stempei- förmiger, erectiler Zunge und Kletterfüssen (Chainaeleon) , Dick- zün gier (Crassüingwia), mit kurzer, dicker, fleischiger Ijange (Iguana, Draco, Stellio) und neben diesen unterscheidet man noch als beson- dere Gruppen die Nachtechsen (Ascalaboten) , mit Haftfüssen, an deren Zehen Haftkissen und rückziehbare Krallen sich finden (G-ecTco, Phyllodactylus) und endlich die abirrende Gruppe der schlangen- förmigen Ringelechsen (Ännulaten), mit geringelter Haut und ver- wachsenen Gesichtsknochen (Amphishaena, Chirotes). Zweite Ordnung: Ophidier oder Schlangen. Die Unter- kieferhälften sind getrennt, nur durch Bänder oder Muskeln zusammen- gehalten und das Maul ausserdem sehr ausdehnbar durch die Beweg- lichkeit des xlufhängeapparates , der Oberkiefer- und Gaumenbogen. Die hakenförmigen Zähne können voll sein (Unschuldige) oder ge- rinnt und selbst der Länge nach durchbohrt (Giftschlangen). Gliedergürtel und Glieder fehlen mit Ausnahme von bei einigen vor- kommenden Rudimenten der hinteren Extremität (Peropoden). Augen- lider, Paukenhöhle und Harnblase fehlen. Man unterscheidet: Opo- terodonien, mit nicht ausdehnbarem Maule, Zähnen nur auf einem Kiefei'bogen , Oberkiefer oder Unterkiefer, und hinteren Gliedmaassen- stummeln (TypMops). Die Giftschlangen tragen einige wenige Giftzähne auf dem beweglichen Oberkiefer. Man unterscheidet zwei Gruppen: Rinnenzähner {ProterogJyphen) , mit gerinnten Gift- zähnen, die vor einigen Vollzähnen stehen {Naja, Elaps) und die Canalzähner (Solenoglyphen) , welche nur einige grosse, röhren- förmige Giftzähne mit Ersatzzähnen im Oberkiefer tragen {Vipera, Crotalus, Botlirops). Die übrigen giftlosen Schlangen bilden nur eine grosse Gruppe, die Natter ähnlichen (Cohibriforniia) , mit vollen Hakenzähnen (Python, Tortrix, Coluher , Dendroplüs), doch hat man noch eine Gruppe der Verdächtige n {Suspeda) unterschieden, wo im Grunde des Rachens sich hintere Rinnenzähne finden (Psammophis, Bipsas, Scytale). Zweite Gruppe: Ortbotremen. Die Afteröffnung in derLängs- axe des Körpers; nur ein medianer, erectiler Penis, der an der vorderen Cloakenwand festsitzt und in die Cloake zurückgeschlagen werden kann. Das Quadratbeiu ist unbeweglich mit dem Schädel verbunden, so dass der Unterkiefer an diesen angelenkt scheint. Das Hautskelett in Gestalt breiter Knochenplatten ist sehr entwickelt, bald frei oder •theilweise mit dem inneren Skelett verschmolzen. Zwei wohl begrenzte Ordnungen, die schärfer begrenzt sind gegen einander, als Schlangen und Eidechsen. Reptilien. 633 Erste Ordnung: Chelonier oder Schildkröten. Der kurze und breite Körper ist mit einem Rückenschilde und einem Bauch- schilde bedeckt, die zu einer förmlichen Kapsel verschmelzen, in welche, wenn sie vollständig ausgebildet ist , der Kopf mit dem oft langen Halse, die Glieder und der Schwanz zurückgezogen werden können. Die Kiefer sind stets zahnlos und mit schneidenden Hornplatten über- zogen , so dass sie eine Art Schnabel bilden. Die Rippen und ein grosser Theil der Rückenwirbel sind mit den knöchernen Hautplatten verwachsen; der Panzer mit dicker, verhornter Epidermis bedeckt (Schildpatt). Das stets mit Augenlidern versehene Auge hat keinen Kamm. Die Ohrschnecke ist wenig entwickelt. Die Zunge fleischig, wenig beweglich ; der Magen gekrümmt und meist quer gestellt. Die Scheidewand im Herzen sehr unvollständig. Geschlechts- und Harn- canäle münden in die Harnblase. Nach der Ausbildung der Extremi- täten hat man unterschieden : Cheloniden , Meerschildkröten , mit zu Rudern umgewandelten Füssen, die ebenso wie Kopf und Schwanz nicht in den Panzer zurückgezogen werden können (Chelonia, Sphar- gis) ; Trionychiden , mit Nägeln an drei Zehen der Schwimmfüsse und unvollständigem Panzer (Trionyx); Chelyden, Schwimmfüsse mit fünf bekrallten Zehen, die nicht zurückgezogen werden können (Chelys); Eniyden, Sumpfschildkröten, mit dicken, zurückziehbaren Füssen, deren Zehen durch eine Schwimmhaut verbunden sind (Em ys, Cistudo)\ Ciier- siden, Landschildkröten, mit säulenartig verbundenen Zehen, die Krallen tragen. Alle Theile unter den Panzer zurückziehbar ( Testudo). Zweite Ordnung: Kr oJcodil e. Körperform der Eidechsen mit langem, gekieltem Schwänze. Grosse, freie Hautknochenplatten am Körper und dem Schwänze. Lange Kinnladen , bewaffnet mit Kegel- zähneu, die in eigenen Alveolen eingepflanzt sind. Procöle Wirbel. Bauchrippen und Bauchsternum. Nasengänge sehr lang, erst hinten in dem Schlundkopfe geöffnet. Unbewegliche Zunge. Gaumensegel. Drei Augenlider. Scheidewand der Herzkammern bis auf ein kleines Loch {Foramen Panizzae) vollständig. Vorderfüsse mit fünf freien Zehen , die vier Zehen der Hinterfüsse mehr oder minder durch eine Schwimmhaut verbunden [Garkilis (Ehani2)hostoma) , Crocodilns, Alli- gator]. Typus: Lacerta viridis'L. Die grüne Eidechse findet sich im südlichen Deutschland, Frankreich, der Schweiz und den Mittel- meerländern. Unter allen Arten der Gattung hat sie den längsten Schwanz. Zu anatomischen Zwecken sind mit ihr gleichwerthig die kleinere Z aun eidechse (L. stirphcm), die in Deutschland und Frank- reich häufiger ist und die weit grössere Augenechse (L. ocel- lata) der Mittelmeerländer, die aber bis in die Schweiz (Wallis) vor- dringt. Für die Untersuchung des Nervensystemes und der Sinnes- 634 Wirbelthiere. Organe, welche Dr. M. Jaquet übernahm, haben wir diese Art der Grösse wegen vorgezogen. Die anatomischen Unterschiede sind sehr gering. Mehr Verschiedenheit zeigen die kleineren , im nördlichen Mitteleuropa häufigeren Eidechsen, besonders Podarcis muralis und Zoo- toca vivipara, die indessen in Ermangelung der anderen Arten benutzt werden können. Allgemeine Lagerung der Organe und Präparation (Fig. 264). — Um sich eine vorläufige Uebersicht der Lagerung der Oi'gane , besonders in der Bauchhöhle , zu verschaffen , spaltet man die Haut- und Muskeldecke mittelst eines Längsschnittes, der aber nur nahe an der ventralen Mittellinie, nicht in dieser selbst geführt werden darf, um nicht Gefässe und Anheftungen des Bauchfelles in der Mittellinie zu zerschneiden. Man schneidet mittelst der Scheere das Sternum an den Ansätzen der Rippen durch, vermeidet sorgfältig jede Verletzung des innen tiefschwarzen Bauchfelles und setzt den Schnitt nach hinten bis zu dem Becken fort, das man ebenfalls bis auf die Sehnenhaut spaltet, welche den hintersten Theil der Bauchhöhle auskleidet. Nach der Trennung des Schultergürtels, den man zurückbiegt, um die Luft- röhre, die Jugularvene und die übrigen Gefässstämme am Halse bloss- zulegen , führt man den Schnitt in einer der Rückenlinie etwa par- allelen Richtung nach hinten bis zum Schenkelgelenke. Man desarticulirt den Schenkel, kneipt das Becken nahe an seiner Anheftung an die Wirbelsäule durch und legt so das Bauchfell in seiner ganzen Länge bloss , um es nachher zu öffnen und die Eingeweide zur Anschauung zu bringen. So kann man ein Präparat ähnlich dem hier abgebildeten herstellen. Ist man vorsichtig zu Werke gegangen, so sieht man vorn an der Kehle, einer grauen, schief gestreiften Haut (a) anliegend, welche den Boden der Mundhöhle bildet, die Bogen des Zimgenbeines (&) mit den Gefässen und Nerven, welche sie begleiten, die Luftröhre (c), die Jugular- vene {d) und vier Arterienstämme (e,/), welche unter dem Vorderrande des Herzens hervortreten. Dieses hat die Gestalt einer Birne ; die beiden tief braunroth gefärbten Vorkammern {g, h) nehmen den breiteren Vorderraum ein, während die einfache Herzkammer (?") nach hinten eine Spitze zeigt, an die eine Falte des Bauchfelles (Je) sich ansetzt, die in der ventralen Mittellinie sich an die Bauchwand anheftet und Blutgefässe enthält. Der Herzbeutel umschliesst enge das Herz (er ist weggenommen) und vereinigt sich an dieser Stelle mit dem Bauch- felle. Hinter dem Herzen liegen an der dorsalen Wölbung der Bauch- höhle die sackförmigen , vorn und hinten zugespitzten Lungen (l, m), die leicht an der Dünne ihrer zelligen Wände erkenntlich sind. Ein Zipfel des Bauchfelles (n) heftet sie an den Magen. In den Raum zwischen der Herzspitze und den Lungen ragt die vordere Spitze der Leber (o), eines viellappigen, sehr voluminösen Organes, das mit seiner Reptilien, 635 gewölbten Unterfläche den Bauchwandungen anliegt, während es mit seiner ausgekehlten , dorsalen Fläche den Magen (p), das Pankreas (q) und einen grossen Theil der Windungen des Darmes (r) umfasst, von ■p- 264 welchem nur einige Schlingen über den Hin- terrand der Leber her- vortreten und die Milz (r) bedecken, die dem Ende des Magens an- liegt. Auf der ventralen Mittellinie wird die Lacerta viridis, — Das Thier, ein Mäiinclien, liegt auf dem Rücken. Die Bauchwände sind in der Mittellinie der Länge nach gespalten und nebst den Gliedern wegge- nommen, um die Eingeweide zur Ansicht zu bringen , die man nur wenig entfaltet hat, so dass man sie leicht in die natürliche Lage zurück- bringen kann. Man hat die hauptsächlichsten Gefässe eingezeichnet, die man ohne Einspritzung sehen kann. Natürliche Grösse, a, Basal- haut des Rachens; b, Zungen- beinbogen ; c, Luftröhre ; d, rechte Jugularvene ; e, Ar- terieubogen der rechten Seite; /, Bogen der linken Seite ; g, rechter Vorhof; h, linker Vorhof; i, Herzkammer; i^, Darm; Ä;, Bauchfellvene; k^, linke Jugularvene ; k^, abge- schnittene Arm venen ; /, rechte Lunge in natürlicher Lage- rung ; rn, linke Lunge , auf die Seite gezogen; n, Peri- tonealfalte zum Oesophagus; 0, Leber; j), Oesophagus; pi, Magen ; q, Pankreas ; r, Milz; s, Hode; ^, Nebenhode; t^, Samenleiter; m, Fettmasse; V, Cloake ; w, Harnblase ; x, Niere; y, After; z, Penis; iückziehmuskel desselben; 1, Unterkiefer ; 2, abgeschnittene Armmuskeln ; 3, Reste Beckens ; 4, Schwanzmuskeln ; 5, Aorta ; 6, Haltbänder der Eingeweide , vom Peritoneum crebildet. des 636 Wirbelthiere. Leber durch zwei Bänder des Bauclifelles an die Bauchwand angeheftet und zeigt hier eine Einkerbung, in welcher die Gallenblase versteckt liegt. Im hinteren Theile der Bauchhöhle, zwischen Leber und Nieren liegen, unter den Darmwindungen versteckt, die Hoden (s) mit den Nebenhoden (t) und einem Fettkörper (u), dessen Volumen je nach der Ernährung des Thieres sehr wechselt. Dieser Fettkörper liegt zwischen der inneren Fläche des Beckens und dem schwarzen Bauchfelle, das ihn nur auf der inneren Fläche überzieht und mit einer tiefen Falte sich zwischen die Cloake (v) und die Harnblase (w) einsenkt, deren Canal man noch sehen kann. Bei der Seitenansicht ist die Cloake noch grösstentheils von dem vorderen Ende der viellappigen Niere (x) bedeckt, die in dem Räume zwischen der Cloake und der Wirbelsäule und nur auf ihrer Unterfläche von dem schwarzen Bauchfelle über- zogen wird, welches so, indem es zwischen Cloake und Harnblase, oben zwischen Cloake und Niere sich umschlägt, eine weite, trichterförmig nach hinten geschlossene Tasche bildet. Um die Fortsetzung der Niere nach hinten , über die Bauchhöhle hinaus längs der Schwanzwurzel zu sehen, muss man die dicken Sehnen- ausbreitungen, welche die Innenfläche des Beckens auskleiden, mit den sich daran heftenden Muskeln spalten und entfernen. Man legt da- durch auch die Cloake bis zu ihrer Endigung in der queren After- spalte (g) und die beiden Begattungsschläuche (0) bloss, welche in den Ecken der Spalte münden, bei den Weibchen nur rudimentär sind, bei den Männchen aber sich an der Schwanzwurzel nach hinten verlängern und mit Rückziehmuskeln (^i) ausgestattet sind. Tegument. — Wir überlassen der beschreibenden Zoologie die Dar- stellung der äusseren Bildungen und erinnern nur daran, dass auf dem Kopfe, dem Rücken und den Gliedmaassen die Schuppen nur wie Hügel erscheinen, deren Ränder kaum übergreifen , während auf dem Bauche glatte, quergestellte Schuppeutafeln sich finden und auf dem Schwänze wirteiförmig gestellte Schuppen ausgebildet sind, die Längskiele zeigen. An dem Halse findet sich eine Art Kragen , der von einer Falte der Haut gebildet ist, die auf beiden Seiten mit breiteren Schuppen bedeckt ist und einen freien hinteren Rand hat. Die Oberhaut ist verhornt, durchscheinend und zeigt je nach den Körperstellen sehr verschiedene Dicke. Von aussen nach innen kann man an ihr mehrere Schichten unterscheiden : eine äusserste, sehr dünne Schicht, die aussieht, als sei sie aus kurzen, mit einander ver- klebten Härchen gebildet, welche man die Cuticula oder epi- trichiale Schicht genannt hat (ci,h, Fig. 265); sodann eine Horn- schicht (a^, a^, 1)^) von bedeutender Dicke, die sich in über einander liegende Blätter spalten lässt und am Rande der Schuppen sich gegen die Lederhaut hin einsenkt. Diese Schicht besteht aus abgeplatteten, mit einander verschmolzenen Zellen , welche sich nur unvollständig Reptilien. 637 durch Maceration in kaustischem Kali trennen lassen, und endlich die Malpighi'sche Gr un dschicht (c), welche aus deutlich begrenzten Zellen besteht, die in den oberen Lagen (c^) verhornen, sich abplatten und dickere Wände haben, während in den inneren Lagen (c-) die Zellen rund sind und ihre Kerne deutlich hervortreten. Bei der Häu- tung, die zu bestimmten Zeiten eintritt (Fig. 265), bildet sich eine neue Hornschicht mit einer neuen Cuticula, während die entsprechenden alten Schichten in grossen Fetzen oder auch als Ganzes sich ablösen. Die Leder haut (d) besteht aus drei, nicht sehr deutlich ge- trennten Schichten. Die äussere Schicht {(V) strotzt fast überall von Fio-. 265. -t=< Lacerta viridis. — Stück eines Querschnittes in der Nähe der Nasenlöcher. Das Thier war im Wechseln der Haut begrifien. Zeiss, Oc. 2, Obj. E. Camera dura. n, ältere Epitrichialschicht ; a^, a^, ältere Hornschichten, die sich von zwei einander berührenden Schuppen ablösen; S, neue Epitrichialschicht; 6^, neue Hornschicht; c'^, oberflächliche Epidermisschichten mit verlängerten Zellen; c^, tiefe Schichten mit runden Zellen ; d}, Lederhautschicht mit olivengrünem Pigment ; d^, Lederhautschicht mit schwarzem Pigment ; e, faseriges Corium ; /", durchschnittenes Blutgefäss ; 9, durch- scheinendes Knochengewebe ; (ß, Knochenkörperchen. olivengrünem Pigment in Ballen, die aus sehr kleinen Körnchen be- stehen ; in der mittleren Schicht (cV-) liegt schwarzes Pigment in Zellen von allen Formen, worunter auch viele mit sternförmigen Ausläufern; 638 Wirbelthiere. die innerste Schicht endlich, das eigentliche Corium (e) zeigt platte, gewellte, wenig verfilzte Fasern, welche auch an den oberen Schichten sich betheiligen, dort aber durch die Pigmente verdeckt sind. Im inneren Corium sieht man vorzugsweise Gefässe, Nerven und verzweigte Lymphräume. Die gegenseitige Lagerung dieser Schichten ist überall dieselbe, aber ihre Mächtigkeit variirt sehr je nach den einzelnen Körperstellen und ganz besonders sind die Pigmentschichten solchen Schwankungen unterworfen. So fehlt z. B. über dem Parietalauge, von dem wir hier einen Durchschnitt geben (Fig. 266), die schwarze Pigmentschicht Fig. 266. Lacerta viridis. — Stück eines durch die Epiphj-se gelegten Querschnittes des Kopfes. Zeiss, Oc. 2, Obj. E. Camera dura, a, Hornschicht der Oberhaut; b, Malpighi- sches Netz; c, Pigmentschicht; d, Lederhaut; e, Stirnbein; /, Blutgefässe; g, innere Lederhautschicht, zugleich Periost ; h, Pigmentschicht an der Decke der Schädelhöhle ?'; k, Knopf der Epiphyse ; /, Pallium , welches die Schädelhöhle in eine obere («') und eine untere Abtheilung (i^) theilt ; m, Stiel der Epiphyse; n, Pigmentschicht, welche sich in das Pigment der Schädelhöhle fortsetzt ; o, Hornhaut ; p, olivengrüne Pigment- schicht; q, äussere Augenkammer; r, äussere Pigmentbrücke; s, innere Augenkammer; t, innere Pigmentbrücke; ii, Umriss der Hemisphären. vollständig, während das olivengrüne Pigment nur sehr schwach ent- wickelt ist. In Folge der Contractilität der schwarzen Pigmentzellen und der umgebenden Fasern der Lederhaut besitzt unsere Eidechse die Fähig- Reptilien. 639 keit, ihre Farbe zu ändern; sie wird im Dunkeln blasser. Indessen ist dieser Farbenwechsel wenig auffällig. Von Hautdrüsen finden sich nur die sogenannten Schenkel- drüsen, welche auf der Innenseite der Schenkel längs einer bis zum Knie reichenden schiefen Linie aufgereiht sind (g, Fig. 272). Es finden sich auf jedem Schenkel 15 bis 17 solcher Drüsen. Man sieht sie in Gestalt kleiner, gelber Ringe, die einander berühren und eine mittlere Oeff- nung einschliessen, aus welcher man öfter ein Bündelchen gelber Stäb- chen hervorragen sieht, die nichts Anderes sind, als das coagulirte und etwas erhärtete Secret der Drüsen selbst. Zieht man die Haut ab, so sieht man auf ihrer inneren Fläche die Drüsen in Gestalt lappiger und gekerbter Kuchen , die sich wie Dachziegel decken. Schnitte zeigen , dass sich die stark verdünnte Epidermis nach innen einstülpt, um die Wände der Drüsenhöhle auszukleiden, und dass die Lappen von maschigem Bindegewebe mit zahlreichen Kernen gebildet sind, in welchem zahlreiche Netze von Blutgefässen sich zeigen. Das nur halb- weiche Seci'et besteht aus undeutlich begrenzten, mit einander verklebten Zellen. Jedem Läppchen entspricht eines der erwähnten Stäbchen, die in dem Ausführungsgange verkleben und so eine Art Pfropf bilden, der besonders zur Begattungszeit bei den Männchen stark hervortritt. Bei den Weibchen sind diese Pfropfen weit weniger ausgebildet und treten kaum hervor. Die scharfen Hakenkrallen an den Fingerenden sind von den stark verdickten und erhärteten Hornschichten des Tegumentes ge- bildet. Auf Schnitten sieht man concentrische, wie Düten in einander gesteckte Hornschichten und im Centrum einen Kern von Epidermis- zellen. An den Stellen , wo die Haut unmittelbar die Knochen berührt, wie dies am Schädel der Fall ist, kann von einer Hypodermis keine Rede sein; die Fasern der Lederhaut gehen unmittelbar in das Periost über. Anderwärts, wie auf dem Rücken, setzen sich die Fasern in die Aponeurosen der Muskeln fort. Meist aber finden wir ein sehr lockeres Bindegewebe mit weiten Lückenräumen, die mit dem Lymph- systeme in Verbindung stehen und zuweilen Anhäufungen grauer Körperchen enthalten , die man für Lymphdrüsen hat ansprechen wollen. Skelett (Fig. 262 bis 271). — Man kann an der Wirbelsäule Hals-, Rücken-, Lenden-, Kreuz- und Schwanzwirbel unterscheiden und in Beziehung zu den Rippenansätzen kann man die Rückenwirbel noch in sternale und abdominale theilen. Alle Wirbel, mit Ausnahme des ersten, des Atlas und der letzten Schwanzwirbel , sind procöl ; der Wirbelkörper zeigt an der vorderen Fläche eine runde Gelenkhöhle, in welcher ein entsprechend abgerun- deter Gelenkkopf der Hiuterfläche des vorangehenden Wirbels spielt. 640 Wirbelthiere, rig;. 267. Der Atlas zeigt eine besondere später zu erwähnende Bildung; die letzten Scbwanzwirbel sind amphicöl, wie die Wirbel der Fische. Mit Ausnahme der genannten besitzen alle anderen "Wirbel obere Bogen, welche den Rückencanal bilden und in verschieden gestalteten Dorn- fortsätzen zusammenstossen. Die unteren Bogen schliessen sich nur in der Schwanzgegend um die Aorta und bilden dort untere Dorn- fortsätze ; in den übrigen Körpergegenden sind sie rudimentär oder fehlen ganz. Nur in der Kreuz- und Schwanzgegend finden sich starke Querfortsätze; sonst sind sie un- bedeutend oder fehlen ebenfalls. Schiefe Gelenkfortsätze sind über- all sehr ausgebildet und zwar in der Weise, dass der Fortsatz des vorhergehenden Wirbels den des hinteren deckt, so dass die Ge- lenkflächen schief oder selbst gabelförmig gestaltet sind. Die Löcher zum Durchtritte der Spinal- nerven sind stets zwischen zwei Wirbeln so angebracht, dass der hintere Gelenkfortsatz sie deckt. Es giebt sieben Halswirbel. Der erste, der Atlas, bildet einen aus drei Stücken , einem basalen und zwei seitlichen, zusammenge- setzten Ring, der sich über dem Rückenmarke nicht schliesst, son- dern eine kleine Lücke zeigt. Die Höhle zur Aufnahme des Ge- lenkkopfes des Hinterhauptes hat die Gestalt eines Halbmondes, an dem sich die drei Stücke be- theiligen. — Der zweite Halswirbel, Lacerta viridis. — Profilansicht der Vor- derhälfte des knöchernen Skelettes von der linken Seite. Buchstaben 'rechter- seits : ?«, Oberkiefer ; i , Zwischenkiefer ; fit, , Nasengrube ; n , Nasenbein ; m^, oberer Ast des Oberkiefers; m-, unterer Ast; o, Augenhöhle; j, Jochbein; or*, vierter Orbitalknochen (Postfrontale); et, Colonetta; fp, Parietalgrube ; o c, Quadrat- bein; CO, Columella; c^ — c'^, zweiter bis siebenter Halswirbel; cc^, dritte Halsrippe; cl, Schlüsselbein; sc, Schulterblatt; cfl, cfi, Rückenwirbel; cc', fünfte Halsrippe; cs^ — cs^, Sternalrippen ; c/^, erste falsche Rippe. Linkerseits: nm, Unterkiefer; h^, Körper, ä^ — ä*, Bogen des Zungenbeines; I — T', die fünf Finger; ca, Carpus; r, Radius; liu, Humerus; c?«, Ulna ; st, Steinium. Reptilien. G41 der Epistropheus oder Axis (c"^, Fig. 267), verlängert seinen Körper nach vorn in den Ring des Atlas hinein mit einem dreieckigen, wenig vorspringenden Dorn; an der Hinterfläche zeigt er den allen übrigen Wirbeln zukommenden Gelenkkopf; der obere Bogen bildet zwei breite Wände , die in einem hohen und breiten Dornfortsatze zusammen- fliessen, welcher die Gestalt eines Beiles hat. Auf der ventralen Fläche zeigt der Epistropheus zwei dreieckige , etwas gekrümmte Fortsätze, Rudimente der Hämapophysen , und eine mittlere Längsleiste. — Die fünf folgenden Halswirbel (c^ bis c'') haben hohe und breite dorsale Dornfortsätze, warzenförmige Querfortsätze, stark vortretende ventrale Längsleisten und tragen Rippen, Die drei ersten Halsrippen (cc^ bis cc^, Fig. 267, 268 a. f. S.) zeigen die Form von innen concaveu Spateln mit schmalem Handgriffe und freiem, verbreitertem, durch Knorpellamellen vergrössertem Ende. Sie nehmen von vorn nach hinten an Grösse zu; die letzte besteht aus zwei Stücken und ist an der Innenfläche des sie bedeckenden Schulterblattes befestigt. Die beiden letzten Halsrippen (cc'^, cc'^) zeigen die gewöhnliche Form gekrümmter Stäbe und sind durch Sehnenbündel an das Sternum angeheftet. Alle Rückenwirbel (d, Fig. 267) zeigen dieselbe Form: sie haben hohe und breite Neurapophysen, die kaum Zwischenräume lassen, kleine, warzenförmige Querfortsätze, rudimentäre Hämapophysen und stark vorspringende Gelenkköpfe. Die schiefen Fortsätze legen sich so eng an die oberen Dornfortsätze an, dass der Rückencanal zur Röhre geschlossen wird. Nach dem Verhalten der Rippen kann man drei Gruppen von Rückenwirbeln unterscheiden; fünf Sternalwirbel (es), deren wahre Rippen sich ventral an dem Brustbeine festsetzen; acht Dorsalwirbel (c/), deren falsche Rippen sich um die Bauchhöhle herum- krümmen, aber frei enden, und acht Lendenwirbel (l, Fig. 268), deren nach hinten stets kleiner werdende Rippen nicht an den Seiten herab- steigen , sondern die Bauchhöhle nur von oben decken ; die letzten Rippen (c?, Fig. 268) bestehen nur aus einem Knochenstabe mit einem Knorpelende; während die falschen und wahren Rippen aus drei Stücken zusammengesetzt sind, einem oberen, an dem Wirbel ein- gelenkten, das schief nach hinten gerichtet ist, einem schief nach vorn gerichteten abdominalen Stücke und einem kleinen Mittelstücke. Die wahren Rippen werden am Sternalende breiter und knorpelig; ihre drei vorderen Paare heften sich unmittelbar an das Brustbein , die beiden letzten (sf^^sP, Fig. 268)^an einen gemeinsamen, der Mittellinie nahe gerückten Stiel. Auf diese 21 rippentragenden Rückenwirbel, deren letzte, sehr verkürzte Rippen zwischen Becken und Wirbelsäule eingeschlossen sind, folgen zwei Kreuzbeinwirbel (vs, Fig. 270) von besonderer Gestalt. Sie haben mächtige, sowohl breite als lange Querfortsätze, die sich an ihren distalen Enden zu einer länglichen Brücke vereinigen, Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. ^i 642 Wirbelthiere. die mit einer dicken Knorpelscbiclit überzogen ist und eine verticale Fläcbe bersteilt, an welcher das Darmbein (Ileum) des Beckens gleiten Lacerta viridis. — Ventrale Ansicht des vorderen Theiles des Skelettes in natürlicher Grösse. Auf der linken Seite der Figur hat man den Unterkiefer und die vordere Extremität zui'ückgeschlagen, die Zungenbejjihörner und die Rippen entfernt, während man auf der anderen Seite die Knochen in ihrer normalen Lagerung belassen hat. Buchstaben rechterseits : /, Zwischenkiefer; vo^ Vonier; m, Oberkiefer; mn, Unter- kiefer; pt, Flügelbein; li}, Zungenbeinköi'per ; oc, Quadratbein; ifi bis /«*, Zungen- beinbogen; cc^, zweite Halsrippe; c/, Schlüsselbein; sc, Schulterblatt; c, Episternum ; SCO, ventraler Theil des Schulterblattes; hu, Humerus ; /bis T', die fünf Pinger ; ca}-, die Handwurzel ca bedeckende Sehnenplatte; )■, Eadius ; cu, Ulna ; ol, Olecra- non ; sc, Sternalrippen. Buchstaben linkerseits: imi, Unterkiefer; cc^ bis cc^, Hals- rippen; oc, Quadratbein; ol, Olecranon ; cl, Schlüsselbein; scv, ventraler Theil, sei, seitlicher Theil des Schulterblattes; cu, Ulna; I bis V, die fünf noch mit Haut be- deckten Finger; hv, Humerus; st, Sternum ; st^, sfi, geOieinsamer Sternaltheil dei- zwei letzten echten Rippen ; cf, erste falsche Rippe. Reptilien. G43 kann. Dieses eigenthümliche Gelenk ist mit einer dicken Sehnenkapsel umhüllt. Die Schwanzwirbel {vc, Fig. 270), deren Zahl sehr beträcht- lich ist, aber sehr variirt, zeigen einige Verschiedenheiten. Die beiden ersten ähneln den Sacralwirbeln durch ihre beträchtlichen Querfort- sätze und den Mangel von Hämapophysen, die erst mit dem dritten Schwanzwii'bel beginnen. Diese Fortsätze sind beweglich mit zwei, zu unteren Dornen sich vereinigenden Schenkeln, welche die Aorta umfassen, an der ünterfläche der "Wirbel angeheftet. Die so gebildeten unteren Dornfortsätze (t-'Cö, Fig. 270) sind dünn, abgeplattet, mit ihren Spitzen nach hinten über einander gelagert und weit länger als die dorsalen Dornfortsätze. Sie nehmen , wie diese und die Querfortsätze, von vorn nach hinten an Grösse ab. Am Schwanzende verschwinden zuerst die Querfortsätze und die senkrechten Fortsätze werden so klein, dass fast nur ein cylindrisches Körperchen übrig bleibt. Wir haben die Rippen schon besprochen, die an allen, vor dem Kreuzbeine befindlichen Wirbeln, mit Ausnahme des ersten und zweiten Halswirbels, angetroffen werden. Es bleibt uns nur noch das Brust- bein {sf, Fig. 268) zu besprechen, das die Gestalt eines breiten, auf der oberen oder Eingeweideseite ausgehöhlten, auf der Aussenseite ge- wölbten, rhomboidalen Wappenschildes hat. An seinen vorderen Seiten- rändern zeigt es jederseits eine offene Rinne , in welcher das sternale Ende des Schultergürtels gleitend eingelenkt ist; die beiden hinteren Ränder zeigen je vier warzenartige Vorspünge , an welchen die Ver- einigungsknorpel der Rippen befestigt sind. Im hinteren Drittel der Mittellinie zeigt sich eine mit einer Sehuenhaut verschlossene Lücke. Der Schul tergürtel besteht aus dem Episternum, dem Schlüssel- bein, dem Schulterblatt und dem Oberschulterblatt. Das Episternum (e, Fig. 268) hat die Form eines Kreuzes. Sein nach vorn und hinten verlängerter Mittelbalken ist fest an die Unterfläche des Brustbeines angeheftet; die etwas gekrümmten Seiten- zweige legen sich mit ihren distalen Enden an die Schlüsselbeine, mit welchen das Episternum ursprünglich verschmolzen ist. Die stark S-förmig gekrümmten Schlüsselbeine (c?, Fig. 267, 268) legen sich mit ihren hakenartig gebogenen, proximalen Enden an den vorderen Stachel des Episternums an : die distalen Enden sind durch Sehnenbänder an die Kreuzarme des Episternums und den vor- deren Rand des Schulterblattes befestigt. Das Schulterblatt (sc, Fig. 267, 268) ist der bedeutendste Theil des ganzen Gürtels. Es besteht aus drei Theilen , einem ven- tralen, einem seitlichen und einem dorsalen, welche sich zur Bildung der runden, auf der Aussenfläche gelegenen Gelenkhöhle vereinigen, in welche der Kopf des Humerus eingelassen ist. Der ventrale Ast 41* 644 Wirbel thiere. (scv, Fig. 268), welcher dem Rabenbeine (Coracoideiim) homolog scheint, hat die Form einer Hellebarde , deren abgerundete , mit einer nur theilweise verknöcherten Knorpellaraelle {Eincoracoideum) ver- sehene Schneide in der eben erwähnten Seitenrinne des Brustbeines gleitet. Der Seitenast des Schulterblattes {sei) ist ein starker, hori- zontal liegender Knochenstab, dessen vorderes Ende an dem Schlüssel- beine befestigt ist. Der Rückenast, das eigentliche Schulterblatt (sfZ), hat die Gestalt eines Spatels; sein abgerundeter oberer Rand wird durch eine breite Knorpellamelle, das Oberschulterblatt {sccV), vervollständigt, die strahlige Knochenbildungen zeigt, sich von oben her auf die Rippen legt und mit ihrem Rande die Dornfortsätze der Rückenwirbel berührt. Durch die Vereinigung aller dieser Stücke wird ein sehr beweg- liches, aber ziigleich auch sehr festes Gerüst hergestellt, welches einerseits dem Schultergerüst der Vögel sich nähert, anderseits aber auch durch seine Zusammensetzung an den Schultergürtel der Am- phibien erinnert. Vordere Extremität. — Der in der Mitte fast rundliche Hu- raerus {hu, Fig. 267, 268) verbreitert sich an beiden Enden, doch stehen diese Verbreiterungen nicht in derselben Ebene, sondern fast in rechtem Winkel zu einander. Die proximale P^rweiterung zeigt in der Fortsetzung ihrer äusseren Leiste einen grossen, platten Höcker, auf der inneren Seite den Gelenkkopf, der etwas länglich ist, und einen zweiten, kleineren Muskelhöcker. Das distale Ende trägt zwei, auf der inneren Fläche wohl getrennte Gelenkrollen , gegen deren Tren- nungslinie hin eine Längsrinne mit einem Gefässloche verläuft, das aber nicht durchgeht. Der Vorderarm besteht aus der Ulna {Cubitus, cu), die auf der inneren Seite eine halbmondförmige Gelenkfläche für den Humerus und auf der äusseren eine Verlängerung zeigt, an die sich ein kleines Ellbogenbein {Olecranon, ol, Fig. 267) anschliesst, das in die Sehne des grossen Streckmuskels eingeschlossen ist. Der weit schmäch- tigere Radius (r) hat ein proximales, abgerundetes Ende, das eine ringförmige Gelenkfläche für die Pronation trägt. In der Mitte sind die beiden Knochen durch einen schmalen Raum getrennt, berühren sich aber an beiden Enden. Die Handwurzel {Carpus, Fig. 269) besteht aus mehreren Knochen, deren Deutung endlose Discussionen veranlasst hat, auf die wir hier nicht eingehen können. Die ganze Volarfläche der Hand- wurzel ist von der Sehnenausbreitung des gemeinsamen Fingerbeugers bedeckt (ca^, Fig. 268), in welcher Knochenkörperchen zerstreut liegen und die man entfernen muss, um die Knochen selbst deutlich zu sehen. Diese lagern sich in zwei Querreihen. Reptilien. C45 Die proximale Reihe zeigt zuerst ein dem Radius angelenktes, scheibenförmiges Knöchelchen (c«-), auf dessen distaler Fläche zwei andere Knöchelchen liegen (ca'"', f«'^), von welchen das letztere mit einem grösseren, mit der ülna eingelenkten Knochenstück (ca^) zusammen- stösst. An dem äusseren Rande dieses Ulnarknochens liegt ein kleines, freies, in die Sehne des Streckers des fünften Fingers eingeschlossenes Knöchelchen, welches man das Sesam bein (c«'') genannt hat. Die Fio-. 269. Lacerta viridis. — Das Skelett der Haucl in vierfacher Yergrösserung. A, die ganze Hand in dorsaler Ansicht; B, die Handwurzel in ventraler Ansicht, /bis T', die fünf Finger; me^ bis me^, die fünf Metacarpalknochen; ccfl bis ca^'^, die neun Hand- wurzelknochen; CM, Ulna ; r, Eadius. anderen Stücke werden als Radiale und Cubitale bezeichnet, das innere Knöchelchen als Centrale, das äussere als Zwischenbein. — Die distale Reihe besteht aus vier Knochen, die sich zwischen die Mittelhandknochen und die proximale Reihe einschieben. Das erste {ca^) articulirt mit dem zweiten Metacarpale und dem Centrale; das 646 Wirbelthiere. zweite (ca^) schiebt sich zwischen das zweite und dritte Metacarpale ein; das dritte, das grösste (ca'-'), zwischen das dritte und vierte Meta- carpale und articulirt ausserdem mit dem Cubitale, dessen distale Gelenkfläche es mit dem vierten Carpale (ca^'^') theilt, welches das Meta- carpale des fünften Fingers trägt. Man muss darauf aufmerksam machen, dass der Gelenkkopf des ersten Metacarpale, das sich in den Daumen fortsetzt, in proximaler Richtung sich so weit vorschiebt, dass er die Stelle eines fünften Carpale einnimmt. Die Finger bestehen aus fünf Met acarpalkn och en (me), die gänzlich von der Haut umhüllt sind, und den fünf freien, aus Pha- langen zusammengesetzten Fingern. Alle diese Knochen zeigen übereinstimmende Bildung, angeschwollene Gelenkenden und cylin- drische Mittelstücke. Nur die letzten Phalangen, welche die Krallen tragen , sind seitlich zusammengedrückt und etwas gekrümmt. Der erste Finger (Daumen, J) zeigt zwei freie Glieder, der zweite (II) und fünfte (F) je drei, der dritte (III) vier und der vierte (IV), welcher länger und grösser als die anderen Finger ist, fünf Pha- langen. Hintere Extremität. — Der Beckengürtel (p, Fig. 270) besteht bei den erwachsenen Thieren nur aus einem einzigen Knochen jederseits, in welchen sich auf der ventralen Mittellinie noch zwei kleine Schaltknöchelchen einschieben. Dieser einzige Beckenknochen lässt aber drei Aeste unterscheiden, die sich auf der Aussenseite zur Bildung der grossen, runden Gelenk- höhle (gl,Fig.270, A) vereinigen, die von einem vorspringenden Rande ringartig umgeben ist. Der vordere Ast, das Schambein (Os pu' bis, p^) erstreckt sich von der Gelenkhöhle aus in schiefer Richtung nach vorn und unten und vereinigt sich in der Mittellinie mit dem entsprechenden Knochen der anderen Seite in einer festen , faser- knorpeligen Symphyse, in deren vorderen Winkel sich ein kleines Schaltknöchelchen, das Epipubis (p^), einschiebt. Dieser etwas ge- wundene Ast zeigt in der Nähe des Hüftgelenkes ein Löchelchen zum Durchtritt des ischiatischen Nerven, von welchem zwei feine, aber tiefe Rinnen, eine auf jeder Seite, ausgehen, die eine etwas abgeplattete Leiste fast gänzlich abschnüren. Der hintere Ast, das Sitzbein (Os iscJdon, jj'^), ist weit breiter; er beginnt am Gelenke mit einem runden Halse , der hinten einen vorspringenden Höcker trägt , verbreitert sich aber dann und krümmt sich nach unten, um mit dem entsprechenden Knochen der anderen Seite in einer langen Symphyse zusammenzu- stossen. Von dem vorderen Vereinigungspunkte dieser Symphyse geht ein starker medianer Sehnenstrang zu der Schambeinfuge und an den hinteren Vereinigungspunkt heftet sich ein knorpeliger, zum Theil verknöcherter Fortsatz an, dasPostpubis (jJ^). Der durch eine Sehnen- Reptilien. 647 haut geschlossene leere Raum zwischen den Symphysen und den beiden Knochenästen heisst das herzförmige Loch (Foramen cordiforme, co). Der dritte Ast endlich, das Darmbein (Os Uium, p'^), hat die Gestalt einer fast geraden Dolchklinge ; er erstreckt sich etwas schief nach hinten und oben und zeigt an der Innenfläche seiner hinteren Hälfte eine überknorpelte Gelenkfläche, mit welcher der Knochen an den ver- breiterten Enden der Querfortsätze der beiden Sacralwirbel gleitet. Der Femur (/) ist der längste Knochen des Körpers. Er trägt vorn einen stark vortretenden Gelenkkopf und zwei Rollhügel (jT^öc/ur/i- ieroi), deren äusserer nur klein ist , während der grössere innere sich in eine Längsleiste fortsetzt. Er zeigt eine ziemlich bedeutende Tor- Lacerta viridis. — A, Skelett des Beckens und des Fusses in ventraler Ansicht, natürliche Grösse. B, die Fusswurzel , in dorsaler Ansicht, viermal vergrössert. /, Lendenwirbel; cf, letzte Bauchrippen; co, herztormige Lücke; jj^, Pubis; p'^, Epi- pubis ; jj^, Ischion; p*; Postpubis; p^, Ileum ; gl, Gelenkhöhle tiir den Femur _/; es, Kreuzbeinwirbel; ^ja, Kniescheibe; t, Tibia; pe, Fibula; t^ bis <*, die vier Tarsal- knochen; mt^ bis mf\ die fünf Metatarsalknochen ; /bis T', die fünf Finger; vc^, dritter Schwanzwirbel; vcu, Hämapophysen der Schwanzwirbel. sion und endet mit zwei Gelenkrollen. Auf dem Gelenke ruht eine winzige Kniescheibe (iUi). Die beiden Beinknochen sind getrennt. Das Schienbein (T/tm, t) ist weit stärker als das Wadenbein (Ferofieum, 2)e) , am proximalen Ende von vorn nach hinten abgeplattet, am distalen Ende abgerundet ; das dünne Wadenbein ist leicht gekrümmt. 648 Wirbelthiere. Die distalen Enden der beiden Knochen stossen zusammen , um in der Fusswurzel (Tarsus, t) mit einem einzigen, die ganze Breite einnehmenden Knochen {t^) zusammenzustossen , der in der Mitte so stark eingeschnürt ist, dass sich seine Verschmelzung aus wenigstens zwei , ursprünglich getrennten Stücken unschwer erkennen lässt. Da eine Homologisirung mit den Fusswurzelknochen der Säugethiere nicht widerspruchslos ist, so nennen wir diesen Knochen das erste Tarsale {f^). An seiner Vorderfläche trägt es zwei Gelenkflächen für die beiden Beinknochen , an seiner Hinterfläche sind auf der Tibialseite unmittel- bar die Mittelfussknochen der ersten und zweiten Zehe eingelenkt. An der Peronealhälfte schalten sich vor den Mittelfussknochen drei kleine Tarsalknöchelchen ein ; das erste, mithin der zweite Tarsalknochen {P), zwischen die Gelenkköpfe des zweiten und dritten . Metatarsale ; das dritte (^^) schiebt sich zwischen das dritte und vierte Metatarsale und zeigt auf der Plantarfläche zwei vorspringende Höcker; das vierte endlich (t^) nimmt auf seiner dorsalen Fläche den Trochanter des vierten Metatarsale auf und zeigt auf der Plantarfläche einen wulstigen Vorsj)rung, an welchen sich das fünfte Metatarsale anschliesst. Mittelf US s und Fuss sind aus fünf Knochenreihen ganz in gleicher "Weise wie Mittelhand und Hand gebildet. Sie nehmen vom ersten zum vierten, längsten, an Grösse zu; das fünfte Metatarsale ist sehr dünn und kurz, das erste dicker und mit einem Trochanter versehen. Die erste Zehe hat nur zwei Phalangen mit Einschluss der Endkralle, die zweite und fünfte haben drei, die dritte vier, die vierte fünf Phalangen. Beim Laufen stützt sich der Fuss vorzugsweise auf den tibialen Vorsprung des ersten Tarsale und auf das vierte Tarsale, Die fünfte Zehe ist wenig thätig. Der Schädel (Fig. 267, 268, 271). — Wir unterscheiden wie gewöhnlich den Hirnschädel, der aus unbeweglichen Stücken zusammen- gefügt ist und durch einige reine Hautknochen vervollständigt wird, und den von den Oberkiefer-, Gaumenflügel- und Unterkieferbogen ge- bildeten Gesichtsschädel. Die beiden ersteren Bogen sind indessen mit dem Hirnschädel durch so enge Nähte verbunden , dass sie fast unbeweglich sind. Hirn Schädel. — In diesem Theile lässt sich eine gewisse Ten- denz zur Verschmelzung einzelner, sonst getrennter Knochen wahr- nehmen, welche auf die bei den Vögeln herrschende Bildung hinweist. Ausserdem aber bleiben noch ziemlich bedeutende Reste des knor- peligen Primordialschädels erhalten um die Nasenhöhlen herum, in der Scheidewand der Augenhöhlen, sowie in einer Längsscheidewand an der Schädelbasis, die sich vom Hinterhauptsbeine bis zu den Zwischen- kiefern hinzieht. Die Scheidewände sind nicht vollständig knorpelig, ihre Lücken aber durch Sehnenhäute ausgefüllt. Reptilien. 649 Der knöcherne Schädel hat die Gestalt einer langgezogenen Pyra- mide, deren Basis von dem Hinterhaupte gebildet wird. Mit Ausnahme eines kleinen Loches, des Parietal! o che s (tp, Fig. 271, Ä) , ist die Scheitelfläche vollständig fest gefügt. Sie ist fast eben mit starker Abdachung gegen die Schnauzenspitze hin und zeigt eine wurmartige Sculptur, von Eindrücken der hornigen Hautplatten herrührend, welche .--P" Luceria viridis. — Der knöclierne Schädel in dreifacher Vergrösserung. Linkerseits sind der Kiefer- und Gaumenfliigelbogen weggehroclien. A, dorsale Ansicht; B, ven- trale Ansicht; C, Ansicht von hinten, b, Gruadbein ; co, Columella ; et, Colonetta ; de, Hautknochenplatten ; fn, Nasengrube ; //), Parietalgrube ; fr, Stirnbein ; /;, Zungen- bein ; i, Zwischenkiefer ; y, Jochbein; Ipt, Flügelgrube; Isp, Keilbeingrube; m, Ober- kiefer; mn, Unterkiefer; n, Nasenbein; o, Augenhöhle; oc, Quadratbein; or, Ober- augenknochen; p a, Scheitelbein; pl, Gaumenbein ; ^ i, Flügelbein; q, Schuppenbein; S2^f, Naht zwischen Scheitelbein und Stirnbein; sqp, Naht zwischen Scheitelbein und Schuppenbein; to, grosses Hinterhauptsloch; tj), mittleres Scheitelloch ; tr, Querbein; vo, Vomer; x, Schuppeneindrücke, die Nähten ähnlich sehen. 650 Wirbelthiere. fest auf den Knochen aufliegen. Die Furchen dieser Eindrücke schneiden so tief ein, dass man sie nur schwer von den Nähten, welche die Knochen verbinden , unterscheiden kann. Die Seiteuflächen (Fig. 267) senken sich fast in rechtem Winkel zu den Mundrändern hinab, zeigen aber drei grosse Lücken ; vorn die Nasengruben (fn) , mitten die Augen- höhlen (o) und hinten die grossen Parietalgruben {fp)., hinter welchen noch die Paukengruben sich zeigen, welche durch das Trommelfell und die an demselben angeheftete Columella (co, Fig. 267) geschlossen sind. — Die Unterfläche {JB, Fig. 271) zeigt noch bedeutendere seit- liche Lücken; vorn die Nasengaumenspalten {np) mit einer vorderen {np^) und einer hinteren {np-) Erweiterung, die durch eine enge Spalte verbunden sind; die Flügellücke (jji^), welche durch eine schmale Knochenbrücke von der unteren Fortsetzung der Parietalgruben ge- trennt sind; die Keilbeinspalte ijsp) zu beiden Seiten des medianen Keilbeinstachels und die Grundbeinlücke (?b), welche nur die hinterste Fortsetzung der grossen Parietalgrube ist und auch bei der Ansicht des Schädels von hinten (C, Fig. 271) über dem grossen Hinter- hauptsloche {to) sich sehen lässt. Die verschiedenen Knochen lagern sich in folgender Weise. Auf der Scheitelfläche {A, Fig. 271) wird das Dach hinten nur von dem Scheitelbeine {Parietale, pa) gebildet, das die Form eines läng- lichen Viereckes hat, dessen hintere Winkel in zwei spitze Zipfel ausgezogen sind ipci^), welche schief nach hinten gehend sich mit dem Quadratbeine zur Bildung der oberen Hinterhauptsdecke vereinigen. Auf der oberen Fläche dieses Knochens zeigen sich besonders auf- fallend die von den Hornschildern hei'rührenden Eindrücke (a;), welche das Parietalloch {fp) umgeben, in welches das Stirnauge der Epi- physe des Hirnes eingelassen ist. Auf der Innenfläche macht sich eine von vorspringenden Leisten begrenzte Hohlrinne bemerklich, in welche der dorsale Stachel des Grundbeines eingelagert ist. Nach vorn ist der Knochen durch die auf der Innenseite stark gezackte Stirn- scheitelnaht {spf) mit dem Stirnbeine {fr) verbunden, einer in der Mitte eingeschnürten Platte zwischen den Augenhöhlen , die auf der Innenseite zwei mächtige Apophysen trägt, an welche die Knochen des Gaumengewölbes sich anlehnen. — Zwei Nasenb eine {n) vervoll- ständigen vorn das Schädeldach. In ihren hinteren Ausschnitt dringt das Stirnbein vor, während in ihren vorderen Ausschnitt der obere Fortsatz des Zwischenkiefers (?') sich einkeilt, der schmäler wer- dend {i^) zwischen den Nasenhöhlen sich zur Schnauze herabsenkt und dort sich wieder verbreitert zu einem gekrümmten Zahnfortsatze (i^), welcher etwa ein Dutzend kleiner Zähne trägt. — Das Schädel- dach wird durch Deckplatten vervollständigt, die mehr oder minder dem Hautsysteme angehören: hinten die Schuppenbeine {Scjua- mosa. q), die durch gerade Nähte {sq^j) den Rändern des Scheitelbeines Reptilien. 651 anliegen und an ihi'em Aussenrande an die Ober Schläfenbeine {Supratemimralia, stp) stossen, welche an der Hinterecke des Schädels durch einige Hautschuppen {de) vervollständigt werden. In der Mitte wird das Dach der Augenhöhle von vier, etwas gewölbten, kleineu Deckplatten gebildet {Supraorl)'daJia, or^ bis or*), deren erste man auch das Präfrontale, die letzte das Post frontale genannt hat. Die Unterfläche des Schädels (B, Fig. 271) zeigt verwickeitere Verhältnisse. Die hintere Hälfte wird von einem einzigen Knochen, dem Grundbeine (b) gebildet, welches das untere, die seitlichen und das obere Hinterhauptsbein, das Keilbein mit seinen Flügeln, das Präsphenoideum, Parasphenoideum und das Felsenbein in sich schliesst. Wenn gleich diese einzelnen Theile in früherer Zeit als getrennte Knochenkerne angelegt werden, so verschmelzen sie doch vollständig im erwachsenen Alter und ihre früheren Trennungen sind lediglich hier und da durch oberflächliche Furchen angedeutet. Unter dem grossen Hinterhauptsloche trägt das Grundbein den einfachen Gelenk- kopf (&c), der aber sichtlich aus drei Stücken verschmolzen ist, einem mittleren (hc, Fig. 271, c) und zwei seitlichen (&c^). Die Basis des Knochens, welche das Dach der Schlundkopfhöhle bildet, strahlt nach vorn in zwei Paare breiter, seitlicher Fortsätze, von welchen das hin- tere Paar (Im) vielleicht den kleinen Flügeln des Keilbeines entspricht und Muskeln zum Ansätze dient, während das vordere Paar (bs), das wohl den grossen Flügeln entspricht, sich mittelst eines schiefen Randes an das nach hinten verlängerte Ende des Gaumenflügelbogens anlegt. Nach vorn verlängert sich der Körper des Gruudbeines in einen spitzen Stachel (be), der sich zwischen die der Mittellinie nahe ge- legeneu Flügelbeine einkeilt und sich bis in die korpelige Scheidewand der Augenhöhlen fortsetzt. Dieser Stachel enthält wohl die Elemente des Präsphenoideum und Parasphenoideum. — Um das Hinterhaupts- loch herum krümmen sich mächtige Pfeiler {Occipüalia Jateralia) , die über dem Nachhirne zu einem breiten Dache zusammenfliessen. Von diesem Dache gehen aus: ein dorsaler Stachel (bd), der das Scheitel- bein stützt, und zwei schiefe Seitenfortsätze {bl) , welche mit ihren distalen Enden sich an das Quadratbein (oc^ Fig. 267) und die Fort- sätze des Scheitelbeines anlegen und so das Unterkiefergelenk stützen helfen. An der Basis dieser Fortsätze finden sich die Durchtritts- löcher für die hiuteren Hirnnerven und an der dem Gehirne zugewen- deten Fläche Auftreibungen, in welchen das Gehörlabyrinth ein- geschlossen ist und die demnach den Felsenbeinen (br) entsprechen. Vor diesem so complicirten Grundbeine findet sich jederseits ein etwas gekrümmter, senkrechter Knochenstab, der die Hirnhülle um- spannt. Das untere Ende dieser Stäbchen ruht auf dem Vereinigungs- punkte der Flügelbeine und der grossen Keilbeinflügel, das obere legt sich an die Innenfläche des Scheitelbeines an. Wir nennen diese 652 Wirbelthiere. Knochen die Säulchen {Colonettae, et, Fig. 267). Sie finden sich bei einer grossen Gruppe der Eidechsen, die man deshalb Kionocranier genannt hat. Bisher gab man dem bei anderen Wirbelthieren nicht vorkommenden Knochen auch den Namen Columella^ da aber dieser Name von früher her zur Bezeichnung des in das Trommelfell ein- gelassenen Gehörknöchelchens benutzt wird , so haben wir , um Ver- wechselungen zu vermeiden, ein anderes Wort gewählt. Auf der ganzen Länge der Augenhöhlen wird der Schädelboden nur durch die Vereinigung der Gaumenflügelbogen hergestellt; erst im Vorderwinkel der Schnauze findet sich, hinter dem Zwischenkiefer, ein kleines, paariges Knöchelchen, der Vom er {vo). An den auf diese Weise zusammengesetzten und seitlich und am Grunde der Hirnhöhle durch Sehnenhäute vervollständigten Schädel, in welchem hier und da unregelmässige Verknöcherungeu sich finden, schliessen sich die Bogen des Gesichtsschädels. Der Kieferbogen besteht aus drei Knochen, dem unpaaren, medianeu Zwischenkiefer (?'), der auf einem horizontalen, halb- mondförmig gekrümmten Bande etwa zehn Zähne trägt und nach oben einen Ast (i^) aussendet, welcher durch eine Naht mit den Nasenbeinen verbunden ist, und aus dem paarigen, leicht S-förmig gekrümmten Oberkiefer {m) , dessen Aussenrand mit einer Reihe von etwa 20, dicht zusammengedrängten , kegelförmigen Zähnen besetzt ist Nach innen trägt der Oberkiefer eine schmale, horizontale Leiste 0»"'), welche den Aussenrand der Nasengaumenspalte (wj?) bildet, an dem unvoll- ständigen Gaumendache Antheil nimmt und sich über den bezahnteu Rand hinaus nach hinten verlängert, um mit dem Querbeine (Os trans- rersum, tr) in Verbindung zu treten, welches die Flügelgrube {pt) von der Scheitelgrube (/j?) trennt. Ein aufsteigendes Blatt des Oberkiefers bildet die Aussenfläche der Wange und zeigt zwei Zonen, eine obere (m^) , welche unmittelbar mit Schuppentafeln bedeckt ist, deren Ein- drücke sich ähnlich wie Nähte darauf erkennen lassen, iind eine untere (h?^), die von der Schleimhaut des Mundes überzogen wird und zahl- reiche, in eine Reihe gestellte Gefässlöchelchen zeigt. Das aufsteigende Blatt verlängert sich nach hinten in einen Orbitalfortsatz (w?^), welcher sich mit dem Jochbeine (j) verbindet, das eine schmale Brücke zu dem Oberschläfenbeine {st])) bildet. In den von dem Orbital- fortsatze gebildeten Winkel schiebt sich noch eine winzige , krumme Knochenlamelle, das Thränenbein (?«). Der Gaumenflügelbogen besteht aus zwei Knochenpaaren. Das vorn liegende Gaumenbein {pl) liegt in der Mittellinie in der dünnen, faserknorpeligen Längsscheidewand des Schädels und bildet mit seiner freien Kante den inneren Rand der Nasengaumenspalte, der nach hinten durch dieFlü gelb eine (|ji) vervollständigt wird, welche ebenfalls in der Mittellinie zusammenstossen. Sodann sendet der Reptilien. 653 Knochen nach hinten einen mächtigen P^'ortsatz zur Verbindung mit dem Querbeine. An der Basis dieses Fortsatzes und in der Nähe der Mittellinie findet sich eine Längsreihe winziger, acrodonter Zähnchen (pt^), etwa acht bis zehn an der Zahl. Dann verlängert sich das Flügelbeiu nach hinten in einen langen, schief gekrümmten Fortsatz (pt-), welcher etwa in der Mitte seiner Länge sich an den grossen Keilbeinflügel lehnt und mit seinem Ende den vordereu Winkel des Quadratbeines erreicht. Der Unterkieferbogen besteht jederseits aus zwei Hälften, dem oberen Aufhängegerüste, welches nur von einem einzigen Knochen, dem Quadratbeine, hergestellt wird, und unterhalb des Gelenkes aus dem, von sechs Knochen und dem Reste des Me ekel' sehen Knorpels gebildeten eigentlichen Unterkiefer. Das bewegliche Quadratbein (oc) bildet den hinteren Seiten- winkel des Schädels. Es hat die Gestalt eines halben Tamburinrahmens von beträchtlicher Dicke, der oben vollständig und in der unteren Mitte abgeschnitten ist. Mit seinem erhabenen, äusseren Rande nimmt der Knochen das Trommelfell auf, in welches das äussere Ende der ColumeUa {co, Fig. 267) eingepflanzt ist. An der unteren Vorder- ecke des abgeschnittenen Ringes trägt der Knochen die Gelenkhöhle (oc^) für den Kopf des Unterkiefers. Xach oben lehnt sich das Quadrat- bein mittelst einiger Knochenschüppchen (de) an das Schuppenbein und den hinteren Fortsatz des Gaumenbeines (pci^) nach unten au den Fortsatz des Scheitelbeines. Der Unterkiefer (nin) hat im Ganzen die Gestalt eines breiten, nach aussen gekrümmten , nach innen durch eine unter dem zahn- tragenden Rande augebrachte Rinne ausgekehlten Säbels. In der Rinne liegt der stabförmige Me ekel' sehe Knorpel. Die beiden Kiefer- hälften sind durch eine sehr feste Symphyse verbunden. Wir gehen auf eine detaillirte Beschreibung der einzelnen, jede Kieferhälfte zu- sammensetzenden Knochenstücke nicht ein und bemerken nur, dass vorn das Dentale etwa zwanzig in einer Reihe stehende, pleurodonte Zähne trägt. Auf diesen Hauptknochen folgen noch hinten , oben das Coronoideum, an welches der Kaumuskel sich ansetzt, und das Arti- culare mit dem Gelenkkopfe zum Quadrat, unten das x\ngulare, das den Winkel des Kiefers bildet mit zwei Schaltknochen, dem Operculare innen und dem Complementare aussen. Das Zungenbein gerüst {h, Fig. 267, 268) besteht aus einem Mittelkörper und drei Bogen , welche alle in die Muskeln und die Gaumenhaut eingelassen sind. Der Mittelkörper hat die Gestalt eines langen Pfeileisens, dessen Spitze bis in den vorderen Winkel der Sym- physe des Unterkiefers hineinragt (h^) , während der kurze hintere Widerhaken sich iinmittelbar in den zweiten Bogen (/«■'■) fortsetzt. Von seiner inneren Fläche geht einestheils der hintere , sehr dünne Bogen 654 Wirbelthiere. und anderseits ein vorderer Verbindungsast zu dem ersten Bogen ab, der an seinem distalen Ende schildförmig erweitert ist (/i^) und mit- Fig. 272. telst einer sehnigen Fortsetzung seines proximalen Endes bis in die Xähe des Trommelfelles sich erstreckt. Der ganze Apparat Lacerta rirldis. — Die Haut ist abge- zogen mit Ausnahme eines Theiles auf der unteren Seite, den man zurück- geschlagen hat, um die oberflächlichen Jluskelschichten und namentlich die Ausbreitungen und Ansätze des Haut- muskels (et) zu zeigen. Am Kopfe hat man die Knochenkanten weggenommen, welche die Ansätze der Muskeln ver- decken. Buchstaben rechterseits : w, Xasenöffnung; n'^, Xasensack; o, oberes Augenlid; er, Schädelknochen; ), unter den vorigen mit gleichen Ansatzpunkten; 31. vastus mit mehreren Bündeln von den verschiedenen Beckenknochen zur Tibia. Abzieher und Strecker: 31. glutaeus maximus (fg), vom Ileum zur Fibula; 31. glu- taeiis minor (fp), vom Ileum zum Femur; 31. il eo- tibi alis (il), dessen Name die Insertionen bezeichnet; der 3£- femor o-caudalis ., Mm. iscliio-coccygeus und der 31. quadratus lumborum , der von den W^irbelfortsätzen zum Ileum geht, entsprechen den vorigen auf den Innenflächen. Dev 31. iliacus externus (il) zwischen Becken und Femur ist vorzugsweise Abzieher. Reptilien. 659 Muskeln des Beines, derP^usswurzel nnd desFusses. — Beuger: der M. plantaris (pl) , vom äusseren Schenkelböcker zur Fusswurzel und zu allen Fingern; der 3I.flexor digitorum perforans, von Tibia und Fibula zu den letzten Pbalaugeu der Finger; seine dünnen Endsebnen durcbbobren die Sebnen des vorber- gehenden Muskels; der M. flexor digitorum minor, vom Tarsus zu den Phalangen; der M. flexor digiti quinti, vom grossen Tarsalknocben zu der ersten Pbalange des fünften Fingers. Strecker: der 31. ext ensor longics (eT) , vom äusseren Scbenkelböcker zu den Mittelknocben des dritten und vierten Fingers; der M. extensor hrevis (er), von der Tibia und dem grossen Tarsalknocben mit fünf Bündeln zu allen Fingern ; die 3fm. g astrocnemius und tihialis posterior zwischen Tibia und den Metatarsalknocben. Zwischen Tibia und Fibula wirken zwei Rollmuskeln, ein proximaler, M. po- pliteus, und ein distaler, M.peroneo-tihialis inferior. Der Daumen bat einen besonderen Abzieher {ap) und zwischen den Metatarsalknocben und den ersten Phalangen finden sich , wie an der Hand, die Mm. interossei (io) und luuihrical es. Nervensystem. — Da der Schädel die horizontale Richtung der Wirbelsäule fortsetzt, so zeigt auch das Ce n tra In er ven System in seiner ganzen Erstrecknng dieselbe Lagerung. Doch sieht man an dem Gehirne die erste Andeutung der Nackeubeuge, die bei den höheren Wirbelthieren stärker hervortritt, indem das verlängerte Mark bei seinem Unterschlupfe unter das Kleinhirn einen nach unten convexen Bogen bildet, der beim Beginne des Mittelhirnes ziemlich schroff in die Höhe steigt (B, Fig. 274). Das Rückenmark erstreckt sich bis nahe zum Ende des Schwanzes. In der Höhe der vorderen und hinteren Extremitäten schwillt es etwas an; hinter dem After nimmt es zusehends ab und wird gegen das Ende fadendünn. Die Hüllen , welche das Mark in seinem Canale umgeben, sind eine directe Fortsetzung der Hüllen des Gehirnes, von welchen später die Rede sein wird. Auf Querschnitten erscheint das Mark in der Schwanzgegend fast kreisrund; die beiden Medianfurcben , welche anderwärts das Mark fast in zwei Hälften theilen, von welchen aber die dorsale weit weniger ausgebildet ist als die ventrale, sind in dieser Region gänzlich verwischt. Weiter vorwärts in der Rückengegend und selbst noch am Halse erhöht sich der dorsale Mitteltheil etwas; die Seiten kehlen sich oben und unten, entsprechend dem Austritte der Nervenwurzeln, ein wenig aus und in die klaffende, ventrale Spalte dringt eine Falte der Hülle ein , welche ein Längsgefäss führt (/;, Fig. 27.3). Zugleich verwischt sich die dor- sale Spalte stellenweise gänzlich. Bei der Annäherung an das ver- längei'te Mark zeigen die Querschnitte wieder einen runden Umriss. Das Mark wird seiner ganzen Länge nach von einem sehr feinen 42* 660 Wirbeltbiere. Mediillarcanal (n, Fig. 273) durclizogen , der leiclit überseben werden könnte, wenn er nicht mit ziemlich grossen Cylinderzellen aus- gekleidet wäre, die eine radiäre Stellung zeigen. Unter sehr starken Ver- grösserungen sieht man auf ihrem freien Ende feine Granulationen, die von einer coagulirten Flüssigkeit, vielleicht auch von winzigen Wimpern herrühren mögen. Um den Centralcanal ist die graue Substanz (gp) angesammelt, deren Conturen zwar etwas verschwommen sind, aber unter schwachen Vergrösserungen gegen die weisse Substanz deutlicher her- vortreten. Auf Querschnitten hat sie die Gestalt eines liegenden Kreuzes, Fig. 273. Lacerta viridis, jung. — Querschnitt des Rücljenmarlies in der Halsgegend. Gundl. Oc. 1, Obj. 2. Camera clara. Die Nebentlieile und die linke Seite des Markes wurden nur in Conturen dargestellt, a, Wirbelkörper ; h, unvollkommen verknöchertes Centrum desselben; c, Querfortsätze des Wirbels; d., Neurapophyse ; e, mit Knorpel gefüllte Lücken ; /, schwarzes Pigment auf der Aussenfläclie der äusseren Hülle _(/ {Dura mater); h, untere Furche des Markes, in welche eine Falte der Dura mater sich einschlägt, die auf ihrem Gipfel ein Gefäss trägt; i, weisses dorsales Feld; h, Seitenfeld; /, ventrales Feld; m, Rückenfurche des Markes; in^, Rindensubstanz und innerste Hülle; «, Centralcanal; o, obere helle Fortsetzung des ventralen Feldes; p, grauer Kern; p^, seine ausstrahlenden, faserigen Fortsetzungen; q, obere Nerven- wurzel, austretend; q^, abgeschnittene, im Austrittsloche steckende obere Wurzel; r, Riesenzellen; .s, Durchschnitte von Blutgefässen. Reptilien. 661 dessen untere Schenkel stärker entwickelt sind. Die graue Substanz besteht aus Zellen und Fasern. Von ersteren finden sich zwei Modi- ficationen: grosse Zellen (>"), die hauptsächlich seitlich in der Nähe des Centralcanales liegen, und kleinere, überall in der Masse zerstreute Zellen. Die grossen Zellen, die man auch Riesenzellen nennen könnte, sind rund oder länglich, mit zwei oder drei Ausläufern versehen, und zeigen in einem scharf begrenzten Kerne einen Nucleolus, der sich mit Boraxcarmin stark färbt. Die Fasern der grauen Substanz verlaufen bündelweise vom Centrum gegen die Peripherie hin. Die weisse Sub- stanz (/, l; 1) lässt vier Felder oder Stränge unterscheiden , die nur unvollständig durch die Schenkel der grauen Substanz getrennt werden ; zwei Seitenstränge, einen dorsalen und einen ventralen Strang, der durch die erwähnte Falte der Hüllen , welche bis in die Nähe des Centralcanales vordringt, in zwei Hälften geschieden wird. Die Form- elemente dieses ventralen Stranges sind wenig zahlreich und gewisser- maassen in einer Flüssigkeit aufgeschwemmt, welche durch die Rea- gentien gerinnt. Aus diesem Grunde erscheint dieser Strang heller als die übrige weisse Substanz. Das Gehirn (Fig. 274, 275) füllt die Schädelhöhle nicht voll- ständig aus. Wir unterscheiden an ihm dieselben Haupttheile, wie beim Frosche (S. 572). Das verlängerte Mark (ma, Fig. 274, 275) entsteht aus dem nach vorn sich fortsetzenden Rückenmarke , das , wie wir sahen , auf Querschnitten kreisförmigen Umriss zeigt mit dem Loche des Central- canales in der Mitte. Der den Canal bedeckende dorsale Strang schwindet allmählich bei Annäherung zum verlängerten Marke, 'die beiden Ränder des Canales klaffen mehr und mehr und so bildet sich nach und nach eine dreieckige Grube, die Rauten grübe (fr, Fig. 274), aus, deren Spitze nach hinten gerichtet ist, während die Basis des Dreiecks von dem Kleinhirne überdeckt wird. Die Grube wird von den Hirnhüllen ausgefüllt , setzt sich aber nach vorn in einen weiten Canal, den vierten Ventrikel, fort, der also eine Verlängerung des Rückenmarkcanales darstellt. Die seitlichen Lippen der Rautengrube erheben sich allmählich, um die Net z stränge {Corpora resfiformia), zu bilden, welche die Basis des Kleinhirnes herstellen. Das Kleinhirn (c) ist eine dünne, leicht S-förmig gebogene Lamelle, welche mit ihrer Basis vorn mit dem Hinterrande des Mittel- hirnes zusammenhängt, während der freie Hinterrand die Rautengrube theilweise bedeckt. Der Boden des Kleinhirnes (p) bildet eine Art Brücke über den vierten Ventrikel. Das Mittelhirn (ch) stellt bei der Ansicht von oben zwei ei- förmige Massen dar, welche durch eine tiefe Längsfurche getrennt sind und die man auch die Zwillingskörper (Corpora higemina) genannt 662 Wirbelthiere. hat. Sie werden von zwei starken Fasermassen, den Hirnschenkeln {pc, Fig. 274:, B) getragen, welche so den Boden des Mittelhirnes her- stellen und zwischen welchen und den Zwillingskörpern die Fort- setzung des Centralcanales, die Sylvi'sche Wasserleitung, sich er- streckt. Vor dem Mittelhirne liegt das Zwischenhirn (th,Fig. 275), das bei erwachsenen Thieren nur durch Sagittalschnitte zur Anschauung gebracht werden kann, weil es von den hinteren Theilen der Hemi- Fio-, 274. 72y e- A C Lacertu oceUata. — Das isolirte Gehirn in doppelter Vergrösserung. A, dorsale An- sicht; B, Profil; C, ventrale Ansicht, h, Hemisphären; c&, Mittelhirn {Corpora biye- mina); c, Kleinhirn; e, Epiphyse;^Ä, Zwischenhirn; h, Hypophyse; ma, verlängertes Mark ;_/)■, Kautengruhe ; me, Rückenmark; pr, Hirnschenkel ; ol, Riechnerv; op, Seh- nerv; oc, Oculomotorius ; fr, Trochlearis ; t, Trigeminus ; /, Facialis; ab, Abducens ; ac, Acusticus ; gl, Glossopharyngeus ; v, Vagus; /(.?/, Hypoglossus. Sphären vollständig überwölbt und verdeckt wird. Das Zwischen- hirn ist eine hohle Blase , dessen innere Höhle , der dritte Ventrikel, nach hinten mit der Syl vi' sehen Wasserleitung zusammenhängt. Die Eeptilien. 663 dorsale Decke des Zwisclaenhirnes entsendet gegen das Schädeldach eine conische Ausstülpung, die Epiphyse (e) ; aus dem Boden der Höhle senkt sich eine Ausstülpung von ähnlicher Form gegen die Mundhöhle hinab, der Hirntrichter, Infundibuhtm (in, Fig. 275), welche in einer etwas verlängerten dichten Masse, der Hypophyse (hy), endet. Die Epiphyse von Lacerta besteht aus zwei scharf getrennten Theilen , dem röhrenförmigen Stiele und dem Aussenorgane. Zur ge- naueren Untersuchung verfertigt man feine, sorgfältig gefärbte Schnitte an jungen Exemplaren; bei älteren Thieren muss man zuvor die Knochen entkalken, aber die zu diesem Behufe anzuwendenden Säuren verändern sehr die feineren Structurelemente. Bei erwachsenen In- dividuen stellt sich die Epiphyse (e, Fig. 274, A) als ein bogenförmig gekrümmter, sehr verlängerter Hohlkegel dar, der aus zwei an ein- ander liegenden, aber vollständig getrennten Canälen besteht. Der engere, vordere Canal, der von dem Pallium herrührt, zeigt gewellte, aus runden oder cylindrischen Zellen gebildete Wände, in welchen zahlreiche Blutgefässe verlaufen. Der Canal setzt sich nach unten in die Choroidalplexiis der Seitenventrikel der Hemisphären fort. Der hintere Canal, dessen Wände aus mehreren Schichten kleiner, runder Nervenzellen gebildet sind, zeigt an seinem, dem Schädeldache an- gelagerten Ende eine längliche Aushöhlung. Das Aussenorgan (Fig. 266), welches bei Hatteria ein wahres Scheitelauge wird, ist bei Lacerta vollständig von dem röhrigen Stiele getrennt und steht demnach durchaus in keiner Verbindung mit dem Hirne. Das Organ liegt ausserhalb der Hirnhüllen in einer Ein- senkung des Schädeldaches; es bildet eine von oben nach unten ab- geplattete Kapsel (g, Fig. 266), deren dorsale Deckwand durch die Ver- längerung der sie bildenden Cylindei'zellen , die an ihrer Basis einen eiförmigen Kern tragen, sehr verdickt erscheint; man hat diesen Theil die Krystalllinse genannt. Der Boden der Kapsel (f) zeigt zwei oder drei auf einander lagernde Schichten von Zellen mit grossen, eiförmigen Kernen und auf der der Kapselhöhle zugewendeten Fläche eine dichte Schicht schwarzen Pigmentes, die zuweilen durch eine secundäre Lücke (s) von den Zellenschichten getrennt erscheint. Das Vorderhirn (//, Fig. 274) besteht aus zwei, durch eine tiefe Längsfurche von einander getrennten eiförmigen, hohlen Hemi- sphären, die sich nach vorn in die Riechnerven verlängern. Die in ihrem Inneren angebrachten Seiten ventrikel (e/, Fig. 275) communi- ciren nach hinten durch das Mo uro 'sehe Loch mit dem im Zwischen- hirne gelegenen dritten Ventrikel; nach vorn setzen sie sich weit in die Riechnerven fort. Die Gewölbedecke der Hemisphären, das Pallium {h, Fig. 275), zeigt den Fischen gegenüber einen wesentlichen Fort- schritt. Es besteht nicht mehr aus einer einfachen Schicht von Epi- thelialzellen, sondern aus drei Lagen, einer äusseren und inneren von 664 Wirbelthiere, faseriger Structur , zwischen welchen eine Schicht von Nervenzellen sich findet, so class das Gewölbe weit dicker und fester erscheint. Die innere Schicht ist mit einem Endothelium von runden Wimperzellen ausgekleidet. Der Boden einer jeden Hemisphäre verdickt sich be- deutend und schwillt zu einem mächtigen Ganglion an , welches den Hohlraum des Ventrikels fast gänzlich ausfüllt. Diese Ganglien sind die Streifenkörper, Corpora striata (es, Fig. 27 6). Vor den Streifen- körpern sind die Hemisphären durch die vordere Quercommissur mit einander verbunden. Auf der ventralen ünterfläche der Hemi- sphären findet sich das Chiasma der Sehnerven (oj), Fig. 274, C); die "Wurzeln dieses Gebildes lassen sich in dem Boden bis zum Zwischenhirn verfolgen. Endlich verlängert sich die Basis ohne scharfe Grenze in die hohlen Riechnerven (o?, Fig. 274 ; no,Fig.275), Lacerta viridis, jung. — Sagittalsclinitt des Kopfes, der die senkrechte Scheidewand der Augen- und Nasenhöhlen gerade streift, unter der Liipe mit der Camera clara gezeichnet, mii, Nackenmuskeln; ap, Dornfortsätze; cv, Wirheikörper; oe, Oeso- phagus; ta, Luftröhre; p, Boden des vierten Ventrikels; 7iy, Hypophyse; la, Kehl- kopf; 2^1, Decke der Mundhöhle b ; onus, Kaumuskel; l, Zunge; m, Unterkiefer; y, Jacob son'sclves Organ; no'^, sein Nerv; no, Riechnerv; c/, Scheidewand der Augenhöhlen; vi, Seitenventrikel der Hemisphäre; es, Corpus siriatum; h, Dach der Hemisphäre; ih, Zwischenhirn ; e, Epiphy'se ; im, Infundibulum ; o, Schädelhöhle; c, Kleinhirn; /■/•, Rautengrube; ma, verlängertes Mark. die zwar etwas angeschwollen sind, aber keinen deutlichen Riechkuoten bilden. Wir können in Einzelheiten über den histologischen Bau des Ge- hirnes, seine Faserzüge und grauen Knoten hier nicht eintreten, müssen aber Einiges über 'die Hüllen und die Gefässnetze, welche in Eeptilien. 665 die inneren Höhlungen (Plexus choroidei) eindringen , zufügen. Man untersucht diese Bildungen am besten auf Längs- und Querschnitten, die sehr jungen Eidechsen entnommen sind. Wir sehen, dass der Centralcanal sich bei der Annäherung gegen die verlängerte Dorsalfläche erhebt, um schliesslich auf dieser sich zur Rautengrube {fr) zu erweitern und zu öffnen. Da die Basis des ver- längerten Markes sich etwas senkt, um die Nackenbeuge zu bilden, so erhält die Rautengrube eine ziemliche Tiefe , während zugleich ihre von den Netzsträngen gebildeten Lippen sich einbiegen, um schliesslich unter den Kleinhirnschenkeln sich zu einer Brücke über die Höhlung zu schliessen, die sich nun in Form eines plattgedrückten und seitlich verbreiterten Canales fortsetzt, der den Namen des Sylvi'schen Äquä- ductes trägt. Beim Uebergange in das Mittelhirn, wo der Nervus troclilearis wurzelt, erreicht die Zusammendrückung des Canales den höchsten Grad ; er bildet nur noch eine horizontale Spalte. Unter der hinteren Wölbung des Mittelhirnes rundet er sich ab und schickt in die beiden Seitentheile des Mittelhirnes Divertikel, so dass Querschnitte in dieser Gegend den Canal in Gestalt eines V mit seitlich erweiterten Schenkeln sehen lassen. Beim Uebergange in das Zwischenhirn ver- schwinden die seitlichen Divertikel und es bleibt nur ein feiner Central- canal, das Monro'sche Loch. Aber hier treten zwei neue Bildungen auf: die Austiefung auf dem Boden des Hirntrichters (?'w,Fig. 275), der zu der compacten Zellenmasse der Hypophyse führt, und der Ab- gang von dem Dache des äusserst feinen Canales, welcher sich in der Ausstülpung der Epiphyse der Länge nach hinzieht. Zu diesen Bil- dungen gesellt sich noch, weiter nach vorn, die Bildung einer verti- calen Längsspalte, der Hirnspalte, welche von unten her eiudi'ingt und den Centralcanal erreicht. Von oben her senkt sich, dieser Spalte entgegenkommend, die Spalte, welche die beiden Hemisphären trennt; aber in dem Augenblicke, wo diese dorsale Spalte die ventrale Hirn- spalte erreicht, schliesst sich diese durch die Ausbildung der vorderen Commissur. Auf Querschnitten dieser Gegend sieht man dann die Seitenventrikel, welche vor dem Centralcanale abgehen, aber fast gänz- lich von den bis zu ihrer Decke sich erhebenden Streifenkörpern aus- gefüllt werden. Die Seitenventrikel setzen sich dann , wie schon ge- sagt, in die hohlen Riechnerven fort. Fassen wir diese Resultate zusammen, so sehen wir, dass die Hirn- höhlen aus einem Mittelcanale bestehen , dessen verschiedene Stücke der Sylvi'sche Aquäduct, das Monro'sche Loch und der dritte Ventrikel sind; dass dieser Mittelcanal nach oben und unten senk- rechte Divertikel in den Hirntrichter und die Epiphyse entsendet, dass er sich durch die grossen Hirnspalten vorn und die Rautengrube hinten in die Schädelhöhle öffnet und ausserdem in das Mittelhirn und die Hemisphären seitliche Ausbuchtungen schickt. 666 Wirbeltliiere. Die Hüllen des Gehirnes bestehen aus den drei unter dem Namen Dura maier, Araclmoldea und Pia mater bekannten Häuten. Erstere ist zugleich Periost ; sie hängt den Knochen , welche die Schädelhöhle umschliessen, fest an. Die inneren Häute dringen durch die erwähnten Spalten in die inneren Hirnhöhlen ein ; im vierten Ventrikel zeigt sich der Plexus choroideus wie ein vielfach gefaltetes Tuchband; die anderen Plexus haben einfachere Form. Ueber die ganze Erstreckung dieser riff. 276. Lucerta viridis. — Schema /.weier Spinal- nerven in vierfacher Yergrösserung. o, ventrale Wurzel : b, dorsale Wurzel ; c, ihr Ganglion; d, oherflächlicher dorsaler Ast von /; e', kleiner dorsaler Ast ; /, gemein- samer ventraler Stamm ; g, tiefer Seiten- ast; /?., oberflächlicher ventraler Zweig; i, tiefer ventraler Zweig ; Tc, vorderer Zweig von h ; l, ventrale Fortsetzung des Nerven li- m, Zweig zum Bauchfell. Hirnhüllen ist reichliches braunes Pigment in Körnern zerstreut. Peripherisches Nerven- system. — Bis zum Becken zählt man 29 Paare von Spinalnerven, die längs des Stammes in regel- mässigen Abständen auf einander folgen und dieselbe Anordnung, die- selben Zweige und Beziehungen zu einander zeigen. Etwas abweichend verhalten sich die zu den Extremi- täten gehenden Nerven , die bedeu- tender als die anderen sind und durch Anastomosen die Arm- und Beingeflechte bilden. Wir behan- deln sie besonders. Jeder Spinalnerv bildet sich aus zwei Wurzeln ; einer dorsalen , sen- sitiven und einer ventralen , moto- rischen (Fig. 276). Die dorsale Wurzel (b) schwillt bald zu einem kleinen , spindelförmigen Ganglion (c) an, das der ventralen Wurzel (a) fehlt. Der aus der Vereinigung beider Wurzeln hervorgehende Nerv theilt sich sofort in zwei Aeste, einen kleineren dorsalen (e') , der sich unmittelbar in die längs der Wirbelsäule angebrachten Muskeln verzweigt und ausserdem einige Zweiglein an die Haut des Rückens abgiebt. Der ventrale Ast (/) ver- läuft schief nach unten und hinten in paralleler Richtung mit den Rip- pen in den Muskellagen eines Zwi- schenrippenraumes. Nach kurzem Verlaufe entsendet dieser Ast von Reptilien, 667 Fig. 277. X\T1 XVlIi XIX seinem vorderen Eande einen kurzen Zweig (d) in die oberflächlichen Rückenmuskeln, sodann von seinem hinteren Rande einen anderen Zweig (g) in die tieferen Muskelschichten der Seite. Der Hauptast (/) setzt seinen Weg nach Abgabe dieser Zweige in der angegebenen Rich- tung fort, theilt sich aber, etwa in der Höhe der Körpermitte, in zwei Zweige von gleicher Stärke, einen oberflächlichen und einen tiefen Zweig. Ersterer (h) läuft noch eine Strecke parallel mit der ent- sj)rechenden Rippe , schickt aber dann ein äusserst feines Bündel (ni) in schiefer Richtung nach hinten, das unter dem folgenden Spinal- nervenpaare hinzieht und auf der Oberfläche des Bauchfelles mit den Endästen der benachbarten Nerven zarte Geflechte bil- det. Im weiteren Verlaufe theilt sich der Zweig h aufs Neue in einen ziemlich kurzen vorderen Ast (A'), welcher die oberflächlichen Muskeln der Seite versorgt und in einen dickeren Zweig (?), der in die ober- flächlichen Muskeln der Bauchfläche sich verzweigt. Der Stamm i verfolgt seinen Lauf nach hinten und unten, geht unter den Nerven k und l durch und verästelt sich in den tiefen Seiten- rauskeln bis zur Mittellinie. Schenkelgeflecht (Fig. 277). — Zur Bildung dieses, in der oberen Schen- kelgegend liegenden Plexus tragen diejenigen Nerven- paare bei, welche die Nrn. XV bis XIX tragen. Nach kurzem Verlaiife vereinigen sich Nr. XIX, XVIII und ein Ast von XVII zu einem kurzen Stamme , aber vor der Vereinigung schickt Nr. XIX einige Aeste (1) nach hinten zu den Muskeln der Schwanzwurzel und der Hinterfläche des Schenkels. Von dem durch die Vereinigung der drei genannten Nervenpaare gebildeten gemeinsamen Stamme gehen nach hinten drei bedeutende Nerven ab : der hinterste, Nervus öbtnrafnrhis (2), Lucerta ocellatu. — Schema des Sclienkelgeflechtes iu natürlicher Grösse. XV bis XIX, Spinalnerven; 1, Schwanznerven; 2, N. obturatorius ; 3, N. crura- lis ; 4, N. ischiaticus ; 5, sein Zweig zu den Beuge- muskeln; 6, Zweig zu den Rollmuskeln; 7, Ver- bindungszweig zwischen Nr. XVII und XVI ; 8, ober- flächliche Zweioe , 9, tiefe Zweite. 668 Wirbeltliiere. rig. 278. der zugleich der kürzeste ist, verzweigt sich in den hinteren und inneren Schenkelmuskeln; der zweite, N. eruralis (3), schmächtiger als der folgende, versorgt die Streckmuskeln auf der vorderen Fläche des Beines und des Fusses; der dritte und mächtigste, N. iscMaticus (4), verläuft längs dem Femur in der Tiefe zwischen den Beugemuskeln des Schenkels, denen er Zweige ab- giebt, theilt sich am Kniegelenk in zwei gleich grosse Aeste (5), von welchen der eine auf der Beuge- seite des Gliedes bis zu den Beuge- muskeln der Finger sich verbreitet, während der andere (6) in scharfem Bogen nach vorn zieht und die Rollmuskeln zwischen Tibia und Fibula versorgt. Das XVII. Nerven- paar theilt sich unmittelbar nach seinem Austritte; sein Hauptstamm vereinigt sich mit dem von Nr. XIX und XVIII gebildeten gemeinsamen Stamme, während ein vorderer Ast (7) zu dem XVI. und mittelst dieses zu Nr. XV sich begiebt. Von diesem Theile des Geflechtes gehen Zweige ab, welche (8) zu den vorderen und oberflächlichen Muskeln des Schen- kels sich begeben , während die übrigen (9) die tiefen Muskeln des Oberschenkels verbergen. Armgeflecht (Fig. 278). — Die an diesem Plexus theilnehmen- den Spinalnerven haben die Nrn. VII, VI, V und IV. Sie bilden durch Convergenz ein Netz, dessen Verbin- dungsfäden in ihren gegenseitigen Beziehungen bei den einzelnen In- dividuen sich nicht ganz gleich ver- halten. Der hinterste Nerv, Nr. VII, verläuft an der Seite nach unten und erhält in der Höhe des Schulter- gelenkes einen Verbindiingszweig (b^) vom VI. Nerven. Die Vereini- gung dieser beiden Nerven bringt eine Erweiterung hervor, von wel- cher nach unten zwei Aeste aus- Lacerta oce/luta. — Schema des Arm- geriechtes in natürlicher Grösse. IV bis VII, Spinalnerven ; a, gemeinsamer Nerv zwischen VI und VII ; a t, äusserer Zweig; a^, vorderer Zweig ; b^, Verhindungszweig zwischen VI und VII ; i^, zwischen VI und V ; b^ bis b^, Armnerven ; c^, Ver- bindungszweig zwischen V und VI ; c, ge- meinsamer Stamm von V und IV ; c^, hinterer Ast ; c* , Verhindungszweig zwischen beiden ; c^, vorderer Ast des ge- meinsamen Stammes ; e, vorderer Zweig von IV ; s, Sympathicus ; s^, sein Ver- bindungszweia; mit VII. Reptilien. 6G9 strahlen. Der eine (a^) verläuft auf der Aussenseite des Gliedes und versorgt auf seinem Wege die benachbarten Streckmuskeln des Armes, der Handwui-zel und der Finger. DerXerv fl- verläuft anfangs parallel dem vorigen, schlägt sich dann auf die Vorderseite des Gliedes, ver- sorgt die dortigen Muskeln und endet in den Muskeln, welche an der Innenfläche der Handwurzel und der Finger angebracht sind. — Der Nerv Nr. VI verläuft bis zum Arme und gabelt sich dann in einen hinteren Verbindungszweig (5^) zum Nerven Nr. VII und einen vor- deren Ast (b-), der nach kurzem Laufe einen kurzen Verbindungszweig (c^) zu der aus der Vereinigung der Nerven Nr. V und IV hervor- gehenden Anschwellung (b^) abgiebt. Aus dieser Anschwellung strahlen zwei Nerven (&* und 7^-') aus, welche sich in den Muskeln um den Hn- merus verzweigen. Der Nerv h'^ hat noch einen feinen Verbindungs- zweig (b-^) zu dem Nerven a. Die Nerven Nr. V und IV vereinigen sich sehr bald in einer etwas verdickten Stelle, von welcher wieder zwei Nerven ausgehen : ein Verbindungsast (c^) zu dem Nerven b und ein dickerer vorderer Ast (c^), welcher sich bald gabelt. Die beiden Gabeläste (c^ und c'') sind durch eine kleine Quercommissur (c^) mit einander verbunden. Der hintere Ast verschmilzt mit dem Nerven b-, der vordere verzweigt sich in den Muskeln an der oberen Hälfte des Armes. — Der Nerv Ni*. IV entsendet bald nach seinem Austritte aus dem Rückencanal einen Zweig, der in schiefer Richtung nach vorn ver- läuft und sich in den Muskeln des Halses verzweigt. Die Hirn nerven (Fig. 278, 279) zeigen, den Amphibien gegen- über, wesentliche Fortschritte auf, indem einerseits der Hypoglossus sich gänzlich von den Spinalnerven losgelöst hat und anderseits der Accessorius ebenfalls, wenigstens in seinen Wurzeln, sich deutlich kennzeichnet. Der Hypoglossus (XII, Fig. 279) entspringt auf der ventralen Fläche des verlängerten Markes nahe an der Mittellinie, ziemlich weit nach hinten. Wir konnten auf unserer schematischen Figur nur seine abgeschnittenen Wurzeln anbringen, ohne seinen Verlauf darzustellen. Der Nerv verlässt die Schädelhöhle durch ein kleines, nahe beim Gelenk- höcker angebrachtes Löchelchen des seitlichen Hinterhauptsbeines. An- fangs verläuft er längs dem Halse, schlägt sich aber dann plötzlich nach vorn und zersplittert sich in mehrere Aeste, welche die Zweige des Vagus kreuzen und sich im Pharynx, in der hinteren Rachenhöhle und in den Zungenmuskeln verzweigen. Da nun diese Zweige der Mund- schleimhaut hart anliegen , so hätten sie auf unserer , der Innenfläche entnommenen Zeichnung alle übrigen Nervenäste gekreuzt u.nd so eine Verwirrung erzeugt, die wir vermeiden wollten. Die Vagusgruppe schliesst die Elemente des N. accessorius Willisii, des Vagus und des Glossopharyngeus in sich ein. Diese drei Nervenpaare sind so eng mit einander verfilzt, dass man nicht mit 670 Wirbelthiere. Sicherheit von einem aus dem Gewirre hervortrenden Nerven sagen kann, welchem Stamme er eigentlich angehört. Die dem Accessorius (XI,' Fig. 279) entsprechenden Wurzeln treten auf der Seitenfläche des Markes in einer horizontalen Längslinie in der Art aus, dass die hinterste dieser Wurzeln, die zugleich die längste und mächtigste ist, fast in der Höhe des ersten Spinalnerven ihren Ursprung nimmt. Sobald die Wurzel diirch die übrigen feinen Würzelchen zusammengestellt ist, verbindet sie sich mit den Wurzeln des Vagus, nicht ohne vorher einen ziemlich langen Verbindungsast zum Sympathicus zu entsenden. Die dem eigentlichen Vagus (X) zuzutheilenden Wurzeln sind äusserst zart und lösen sich sehr leicht von der Seitenfläche des ver- längerten Markes ab, wo sie ihren Ursprung nehmen. Sie vereinigen Fig. 279. ■hy hy TV XU a^ ^ Lacerta ocellaia. — Schema der Kopfnerveii in doppelter Grösse. Der Kopf und der Hals sind durch einen von der Bauchfläche aus geführten medianen Sagittalschnitt bis zur Schädelbasis und der Wirbelsäule gespalten und die Schädelknochen und Wirbel- körper entfernt worden , um das Rückenmark und das Gehirn in einfachen Conturen von der unteren Fläche zu zeigen. Die Nerven sind als von der inneren Seite ge- sehen zu betrachten. I, Riechnerven ; II, Sehnerven ; III, Oculomotorius ; IV, Troch- learis; V, Trigeminus; VI, Abducens ; VII, Facialis; VIII, Acusticus, abgeschnitten; IX, Glossophaiyngeus ; X, Vagus; XI, Accessorius; XII, abgeschnittene Wurzeln des Hypoglossus ; 1 bis 7, Spinalnerven; m, Rückenmark; s, Sympathicus; j)!, Plexus brachialis ; a, Ophthalmicus des Trigeminus; 6, Maxillaris ; c, Mandibularis; It, Hirn- hemisphären ; hy, Hypophysis. sich zu einem Stamme, der an der Seite des Halses herabläuft, sich aber bald in zwei Aeste theilt. Von dem vorderen dieser Aeste geht bald ein Zweig nach hinten ab, der sich in den Muskeln verzweigt, welche das Hinterhaupt mit der venti^alen Fläche der Halswirbelsäule Reptilien. 671 vex'biaden. Etwas weiter unten geht ein kurzer Yerbindungszweig zu dem Sympathicus und Glossopharyngeus. Sodann läuft der Nerv nach hinten und gelangt in die Nähe der von dem Armgeflecht gebildeten Verzweigungen. Von diesem Punkte aus sendet er, als Eingeweide- nerv, ausserordentlich feine Zweige zum Herzen und zum Magen, ausserdem aber auch einen zurücklaufenden Nerven, der, auf der Yentral- seite des Halses neben der Liiftröhre nach vorn verlaufend, bis zur Symphyse des Kinnes sich verfolgen lässt. Dies ist der N. laryngeus inferior. — Der andere Gabelast des Vagus verbindet sich mit dem Accessorius zu einer länglichen Anschwellung, von deren unterem Ende zwei Aeste ausgehen , ein dicker vorderer , leicht zu verfolgender Äst, der längs dem vorderen Hörne des Zungenbeines zur Ventralseite des Halses hinabsteigt und in der Kinngegend sich an die M. cercdo-hyokleus externus und internus, sowie an die Zunge selbst verästelt. Der hin- tere Ast läuft dem hinteren Zungeubeinhorne entlang und verästelt sich in dem M. thoraco-hyoideus. Der Glossopharyngeus (IX) entspringt seitlich am verlänger- ten Marke kurz hinter dem Hörnerven als feiner Faden, der längs des Halses , parallel mit dem Vagus, zur ventralen Fläche hinabsteigt und sich in den Muskeln verzweigt, welche die Zungenbeinhörner mit ein- ander verbinden. Etwa im oberen Drittel seiner Erstreckung schwillt er zu einem kleinen, birnförmigen Ganglion an, von welchem nach vorn ein kurzer Verbindungszweig zur Facialis, nach hinten ein eben- falls kurzer, aber weit dickerer Verbindungszweig zum Sympathicus abgehen. Der Acusticus (VHI) entspringt ebenfalls an der Seitenfläche des verlängerten Markes unmittelbar vor dem vorigen. Er ist nur sehr kurz und theilt sich noch in seinem Austrittsloche im Felsenbein in zwei Aeste, den N. cochlearis und -V. vestibularis, mit deren Ver- zweigungen wir uns bei "Gelegenheit des Hörorganes beschäftigen werden. Die Wurzel des Facialis (VH) lässt sich von derjenigen des Acusticus nicht trennen. Der selbständig gewordene Nerv läuft unter dem vorderen Zweige des Hörnerven durch und erhält sodann den erwähnten Verbindungszweig vom Glossopharyngeus. Am Tegument der Seite des Halses angelangt, theilt er sich in zwei Aeste, deren einer sich nach vorn schlägt, in den Kaumuskel eindringt und weiter sich in den Unterkiefer fortsetzt, wo er in eine Menge pinselförmig aus- strahlender Fädchen sich auflöst, die den M. myJo-hyijuJeus versorgen, während der hintere Ast die oberflächlichen Muskeln der Halsseite versorgt. Der Abducens (VI, Fig. 279; ah, Fig. 280) entspringt auf der ventralen Fläche des verlängerten Markes, gerade unter dem Klein- hirne. Er verläuft in der Schädelhöhle horizontal neben dem Gehirne, 672 Wirbelthiere. dann an dem Gasser' sehen Knoten vorbei und verzweigt sich mit mehreren Fädchen in dem geraden, äusseren Augenmuskel. Der Tr ige minus (V, Fig. 279; t, Fig. 280) verlässt das ver- längerte Mark etwas unter und vor dem Acusticus mit schiefer Rich- tung nach vorn. Er giebt sofort einen starken Ast ab, den N. opMlial- micus (a), der sich horizontal nach vorn richtet. Der Stamm schwillt sodann zu einem bedeutenden Ganglion an, dem Ganglion Gasseri (r/G), au welchem der Ophthalmicus keinen Antheil nimmt, aus welchem aber zwei andere Aeste hervortreten , der N. maxillaris (h) und der N. mandibiüaris (c). Der N. ophthalmicus {t^, Fig. 280) läuft in horizontaler Rich- tung gegen den Augapfel hin, wo er sich in zwei Aeste theilt, einen oberen Stirnast {f^), welcher an der Decke der Augenhöhle hin- streicht und die dortigen Organe versieht, und einen unteren Nasen - ast {t'^) , der an dem Grunde der Orbita nach vorn verläuft in fast Fio-. 280. Lacerta viridis. — Schema der Augennerven, in vierfacher Vergrösserung. oe, Um- riss des Augapfels; t, Wurzel des Trigeminus ; g G, Ganglion Gasseri ; t^, Augenast des Trigeminus; if^, Oberkieferast; fi, Unterkieferast desselben; t^, Stirnzweig; t^, Nasenzweig des Augenastes; d, Zweig des Nasenastes zum Augapfel; ), von dunkler Farbe. Er ist cylindrisch mit einer abgerundeten Spitze, welche aber die Linse nicht erreicht, also auch nicht zur Accommodation des Auges beitragen kann. Mit seiner Basis hängt der Kamm der Eintrittsstelle des Sehnerven an , wo dieser sich zur Bildung der Retina ausbreitet. Auf Längs- schnitten des Kammes kann man sehen, dass er überall von Pigment bedeckt ist, das sich vorzugsweise an seiner Spitze anhäuft, aber auch in das Innere des Organes eindringt, wo es längs der Bindegewebs- züge , die sein Lmeres durchziehen , abgelagert ist. Ausser diesem Bindegewebe finden sich zahlreiche Blutgefässe und feine Nervenfasern. Die Structur der Retina (r) lässt sich am besten an feinen, mit den gehörigen Reagentien behandelten Schnitten untersuchen, die man an den Augen junger Individuen hergestellt bat. Man findet von der inneren , dem Glaskörper zugewendeten Fläche gegen die äussere Choroidealfläche hin folgende Schichten. Zuerst eine äusserst feine, innere Grenzmembrau , welche sich oft von der Retina trennt , indem sie mit dem geronnenen Glaskörper sich verklebt. Dann kommt die Schicht der Sehnervenfasern, welche, von der Eintrittsstelle des Nerven gegen die Iris hin fortschreitend an Dicke abnimmt. Ihre Maschen werden von Fortsätzen der Zellen der folgenden Schicht durchsetzt, die von einem dicken Lager multipolarer Ganglienzellen gebildet wird. Darauf folgt eine Schicht , die ohne Zweifel nervöser Natur ist und auf Längsschnitten sehr fein getüpfelt erscheint, was wohl der Aus- druck durchschnittener feiner Fäserchen sein mag. Es ist in der That ein senkrechter Faserplexus , der von Fäserchen durchsetzt ist, welche mit der Oberfläche der Schicht parallel laufen. Dann folgt eine Schicht von kleinen runden Zellen, die in der äusseren Zone dichter gedrängt sind als in der inneren. Nach aussen von dieser dicken Schicht findet sich der Basalplexus, in dessen sehr dünnem Lager man keine zelligen Elemente erkennen kann ; ferner eine aus runden Zellen mit dicken Ausläufern gebildete Schicht, und sodann die äussere Grenzmembran, die sich auf den Schnitten als eine zwar deutlich begrenzte, aber sehr feine, schwärzliche Linie darstellt. Nach aussen von dieser Grenzmembran zeigt sich die Stäbchen- oder Zapfen- schicht, die mit ihrer Basis in die innere Schicht der Choroidea ein- dringt. Eigentliche lange Stäbchen sind nicht vorhanden; aber in dem centralen Grübchen der Retina finden sich verlängerte Zapfen, welche wohl eine Uebergangsform darstellen mögen. Sonst sind die Zapfen meist sehr kurz und häufig doppelt; sie enthalten ausser dem farblosen Kern noch farbige Kügelchen, die meistens von gelber, sel- tener von blauer Farbe oder selbst ganz farblos sind. Dieselben scheinen fettiger Natur zu sein. 680 Wirbeltliiere. Nebenorgane. — Mau zählt sieben Augenmuskeln; vier gerade, zwei schiefe und einen Eückziehmuskel. Alle inserii'en sich an dem hinteren Abschnitte des Augapfels , hinter dem knöchernen und knorpeligen Einge der Sclerotica: aber während der Rückzieh- muskel {iiir. Fig. 283) sich in unmittelbarer Xähe des Sehnerven in der Weise anheftet, dass er die Eintrittsstelle desselben auf der inneren Seite umgiebt und der innere gerade Muskel (ri) sich etwa iu gleicher Entfernung von dem Aequator und der Eintrittsstelle des Sehnerven an der inneren und hinteren Fläche des Bulbus ansetzt, heften sich die anderen an der äquatorialen Linie selbst au und greifen sogar über einander. Der äussere gei'ade (/"eX der innere gerade (r?) und der untere gerade Muskel entspi^ingen au der Scheidewand der Augenhöhlen, der obere gerade {rs) an dem knorpeligen Ethmoideum, welches die Orbita von der Nasenhöhle trennt. Hier entspringen auch die beiden schiefen Augenmuskeln, welche den Bulbus von oben und unten umfassen. Der sehr lange und dünne Eückziehmuskel (ni r) ent- springt gemeinschaftlich mit dem Muskel der [Nickhaut (J/. hiirsarius, ))ib), von dem später die Eede sein wird, im hinteren, unteren Winkel der Orbita. Hinsichtlich der Einzelheiten über diese Muskeln , wie über alle Nebenorgane des Auges verweisen wir auf die classische Ab- handlung von Max Weber (s. Lit.). Es giebt drei Augenlider: das untere, obere und innere, das gemeiniglich die Nickhaut genannt wird. Die Innenfläche sämmtlicher Lider wird von der Bindehaut (Conjunciica. c. Fig. 282) ausgekleidet, einer dünnen Zellhaut, die aus modificirten Zellen der Malpighi' sehen Schicht der Epidermis ge- bildet ist. Diese Zellen sind rund, bilden stellenweise nur eine Schicht, meist aber mehrere Lager und zeigen kein Pigment. Im Grunde der Augenhöhle schlägt sich die Conjunctiva auf den Augapfel hinüber und überzieht die Hornhaut. Sie bildet auf diese Weise einen oberen kleineren (c-) und einen unteren grösseren (c-^) Sack. Zwischen der Conjunctiva und den sie umgebenden Bildungen, Muskeln , Nerven , Gefässen und Knochen erstrecken sich hier und da stark erweiterte Lückenräume, die von Bindegewebebrücken durchsetzt werden und die man bei den durch Erstickung getödteten Thieren stets prall mit coagulirtem Blute gefüllt findet. Diese venösen Au gen - sinus (sv, Fig. 282) erstrecken sich bis in das untere Augenlid, in die Umgebungen der Nase und des Gehirnes und ersetzen ohne Zweifel die Fettpolster, welche bei den übrigen Wirbelthieren die Augenhöhle um den Augapfel ausfüllen. Das obere Augenlid ib. Fig. 282) ist nur eine einfache, durch die darin eingelassenen knöchernen Augenbrauenschuppen gestützte Hautfalte . die von der Conjunctiva innen ausgekleidet wird und nur Pieptilien. GSl Bindegewebebrücken mit einip'en glatten Muskelfasers. aber keine -will- kürliche Muskeln enthält. Das weit bedeutendere untere Augenlid (/, Fig. 282) hat eine ziemlich complicirte Structur. Es kann die freie Hornhautfläche des Augapfels vollständig bedecken. Die äussere, von einer verdünnten, gekörnten Fortsetzung des Tegumentes überzogen, zeigt an einer, bei geschlossenem Auge der Pupille entsprechenden Stelle einen runden, glatten und durchscheinenden Fleck, dem eine nach aussen gewölbte, nach innen etwas ausgehöhlte Knorpelscheibe entspricht, die in die Dicke des Augenlides eingelassen ist und an die Hornhaut sich an- legt. Die Eidechse hat sonach selbst bei geschlossenen Augen eine deutliche Empfindung von Licht und Dunkel. Diese Knoi'pelscheibe, welche man höchst unzweckmässiger Weise den Tarsus (/) genannt bat, ist auf der Hornhautfläche nur von einer einschichtigen Conjuuctiva überzogen. An dem oberen Rande des Lides findet sich auf der Innen- fläche eine seichte, mit cylindrischen Sinneszellen ausgekleidete Rinne. Aehnliche Sinneszellen finden sich am Grunde des Lides , wo die er- wähnten venösen Sinus eindringen, die von den weiteren Lymphräumen unter dem Tegumente durch den Herabzieher des Augenlides (31. cUpressor jjcdpehrae) getrennt werden. Dieser Muskel (h, Fig. 282) stellt ein breites, aus parallelen gestreiften Muskelfasern gebildetes Band dar, welches auf der ganzen Breite der Scheidewand der Augen- höhlen entspringt , hautartig die Unterfläche des Augapfels nmgiebt und sich an der ganzen Breite des L'nterrandes des erwähnten Knorpel- tarsus ansetzt. Das dritte Augenlid, die Nickhaut (n, Fig. 283). breitet sich wie ein vom Winde geblähtes Segel im Nasenwinkel der Augenhöhle über den Augapfel aus. Vorn und oben heftet sie sich an die Knochen der Augenhöhle ; der Winkel ihres hinteren Ausschnittes setzt sich in eine lange , dünne Sehne fort (n t) , die über den Augapfel nach hinten läuft. Die Nickhaut wird auf beiden Flächen von der Conjunctiva ausgekleidet; ihr hinterer, ausgeschnittener Rand ist etwas verdickt und in dieser Verdickung liegt ein gekrümmtes Stäbchen von Hyalin- knorpel , welches die Verdickung bedingt und der Raa eines Segels sich vergleichen lässt. In dem Räume zwischen den beiden Lamellen der Conjunctiva finden sich nur glatte, keine gestreiften Muskelfasern. Die Bewegungen der Nickhaut werden von der Sehne (nt) regulirt, welche nach hinten und unten etwa um drei Viertel der Oberfläche des Bulbus sich herumschlägt, unter dem geraden inneren (ri) und geraden äusseren (re) Augenmuskel durchgeht, eine Schlinge des Nick- hautmuskels Jm h , M. hursariiis) durchsetzt und unter dem oberen geraden (rs) und oberen schiefen Augenmuskel wegschlüpft, um sich an der Zwischenwand der Augenhöhlen festzusetzen. Der Nickhaut- muskel {tnbj entspringt gemeinschaftlich mit dem Rückzieher des 682 Wirbelthiere. Augapfels (mr) in der unteren, hinteren Ecke der Augenhöhle, läuft' pai"allel mit diesem mehr dorsalwärts zum Bulbus und bildet dort, nahe an der Eintrittsstelle des Sehnerven, die erwähnte Schlinge, welche von der hier sehr verdickten Sehne durchsetzt wird. Hierauf setzt sich der Muskel mit ausstrahlenden Bündeln, die zum Theil mit denen des Rückziehmuskels sich vermischen, an die Sclerotica an. Der Rück- ziehmuskel wird also in Folge dieser Anordnung auch dazu beitragen, die Nickhaut über den Augapfel herüberzuziehen, sobald dieser in den Grund der Augenhöhle gedrückt wird. Augendrüsen. — Es giebt deren zwei. Die Härder 's che Drüse (x, Fig. 281; h, Fig. 283) ist sehr bedeutend. Sie liegt auf der unteren und inneren Fläche des Bulbus an der Zwischenscheide- wand; ihr sehr kurzer Ausführungscanal, in welchem sich die Canälchen der einzelnen Läppchen vereinigen, öffnet sich auf der Innenfläche der Lacertu viridis. — Der liuke Augapfel ist durch Wegnahme der seitlichen und hin- teren Orbitalwaudungen blossgelegt worden. Man sieht den Augapfel etwa in drei- viertel Ansicht von unten und etwas von hinten. Vorn hat man die bezahnten Obei'kiefer und das Gaumendach angedeutet, c, obere Orbitalwand; r//, Augapfel, auf welchem die den Scleroticalring bildenden Knorpelstücke durch Conturen ein- gezeichnet sind; /*, Härder 'sehe Drüse; mh, Nickhautmuskel {Musculus bursarius), der eine Schlinge um die Nickhautsehne n t bildet und nach oben gegen den Aug- apfel ausstrahlt; ?n r, Päickziehmuskel des Bulbus ; ?j, Nickhaut; o, Orbita ; oi, schiefer oberer Augenmuskel; p, Pupille; p/, Gaumenbein; /-e, gerader äusserer Augenmuskel; ei, gerader innerer Augenmuskel; rs, gerader oberer Augenmuskel; 111, Nervus ocu- lomotorius ; IV, N. trochlearis; V, Augenast des Trigeminus; VI, N. abducens (nach Max Weber). Nickhaut in der Nähe des erwähnten Knorpelstäbchens in einem ver- hältnissmässig weiten Grübchen. Die Thränendrüse ist sehr klein, von grauer Farbe; ihre deutlich umgrenzten Läppchen liegen im hin- teren und oberen Winkel der Augenhöhle. Sie sendet wenigstens ein Reptilien. 683 halbes Dutzend Ausführungsgänge in die Conjunctiva. Die beiden Thräuennasengänge (/, Fig. 281, B) beginnen im inneren Nasen- winkel mit zwei über einander liegenden , schlitzförmigen Oeffuungen. Der unterste dieser Schlitze liegt noch in dem unteren Augenlide. Die beiden convergii'enden Gänge verlaufen nach vorn und unten und ver- einigen sich in einem gemeinsamen Gange, der vom Thränenbein und dem vorderen Stirnbeine umhüllt, schliesslich etwa in der Mitte der Nasengaumenrinne in die Mundhöhle ausmündet, Gehörorgan. — Wie bei den Amphibien besteht das Organ aus zwei Haupttheilen , dem mittleren und inneren Ohre ; ein äusseres Ohr fehlt durchaus, wird aber einigermaassen dadurch ersetzt, dass das Trommelfell frei zu Tage liegt. Mittleres Ohr. — Betrachtet man den Kopf einer lebenden Eidechse im Profil, so sieht man an dem Hinterhaupte etwas über einer die Mundspalte nach hinten verlängernden Linie eine tiefe, ovale Einsenkung , deren grosse Axe senkrecht gerichtet ist und die von einem etwas erhöhten, beschuppten "Walle umgeben wird. Der Grund der Grube wird von einer feinen , schwarzen , senkrecht gespannten Haut, dem Trommelfelle (ty, Fig. 286) ausgekleidet, auf deren Mitte man einen etwas nach aussen vorspringenden, weisslichen, hori- zontalen Zug bemerkt: die Insertionsstelle der Columella, die sich an der Innenseite festsetzt. Dieses Knöchelchen hat die Form eines Kreuzes mit sehr kurzen seitlichen Armen; von dem langen Stiele des Kreuzes, der etwa zur Hälfte in das Trommelfell eingelassen ist, strahlen Eadialfasern aus, welche von sehr feinen Circularfasern ge- kreuzt werden. Die weisslichen Radialfasern lassen sich bis zu der ringförmig verdickten Circumferenz des Trommelfelles verfolgen , die mit dem Periost der umgebenden Knochen verschmilzt. Der Stiel der Columella fixirt sich an der Schädelbasis mittelst eines dünnen Sehnen- fadens; an der Fixationsstelle befindet sich ein kleines Muskelbündel. Die Aussenfläche des gefässreichen Trommelfelles wird von einer am Grunde stark pigmentirten Epidermis überzogen, deren oberflächliche Zellen verhornen. Das Epithelium der Innenfläche, das sich über die ganze Ausdehnung der Trommelhöhle fortsetzt, besteht aus wim- pernden Pflasterzellen, die gegen die Circumferenz hin hoch und cylin- drisch werden. Zur Untersuchung der Trommelhöhle kann man verschiedene Methoden anwenden. Entweder löst man das Trommelfell in seinem ganzen Umfange mit der daran befestigten Columella ab und durch- schneidet die Fixationssehne, so dass man das freie Ende des Knöchel- chens sieht, welche sich an das ovale Fenster, die Trommelöffnung des Labyrinthes, anlegt, oder man trennt mittelst eines Horizontalschnittes (Fig. 286) den Schädel und den Unterkiefer mit den daran hängenden 684 Wirbelthiere. Theilen, oder endlicli, man macht einen Sagittalschnitt des Schädels bis zum Gaumen herab (Fig. 285). Bei Vergleichung der auf diese Weise gewonnenen Ansichten von aussen, von innen und von unten wird man gewahren, dass die Trommelhöhle nur eine Bucht der Mundhöhle dar- stellt, welche sich um die Vorragung des Kaumuskels herumbiegt, und dass mau folglich nicht von einer Eustachischen Röhre, noch von anderen Canälen sprechen kann, welche eine getrennte Trommelhöhle mit der Mundhöhle in Vei'bindung setzen würden. Das innere Ohr ist in dem Felsenbeine ausgegraben, das eine kleine , sehr harte Anschwellung bildet. Zum genaueren Studium, be- sonders des häutigen Labyrinthes, muss man vorher durch Salpeter- säure entkalkte Schädel benutzen. Immerhin ist die Untersuchung des Organes wegen seiner Kleinheit sehr schwierig. Die Wände des knöchernen Labyrinthes werden durch die darin eingeschlossenen Theile des häutigen Labyrinthes in ihrer Form bestimmt. Doch liegen sie nicht unmittelbar einander an ; überall findet sich ein an einzelnen Stellen erweiterter Hohlraum , der mit Perilymphe erfüllt ist. In den Knochenwänden finden sich mehrere nach aussen führende, durch Häutchen geschlossene Lücken ; das ovale Fenster auf der Aussenfläche, welches zur Trommelhöhle führt und den Stiel der Columella aufnimmt; das ]*u n d e Fenster, in der Nähe der Schnecke am Grunde, und ferner die beiden Löcher für den Ein- tritt der beiden Hauptäste des Gehörnerven. Die knöchernen Wände sind von einem festen Periost ausgekleidet, das in der Nähe der Schnecke sich bedeutend ausbuchtet und hier einen Canal bildet, den peri- lympha tischen Canal {pe^ Fig. 284, J.), der durch eine Oeflfnung (^e^) mit der Schnecke in Verbindung steht, sich dann um das runde Fenster herurakrümmt und mit den Hirnhüllen (j>e^) communicirt, so dass die um das Gehirn ausgebildeten Lymphräume mit der Perilymphe in Verbindung stehen. Das häutige Labyrinth (Fig. 284) zeigt die gewöhnliche Zu- sammensetzung aus zwei Haupttheilen, von welchen der obere aus dem Utriculus, dem Sacculus und den Bogencanälen mit ihren Ampullen, der untere aus der Lagenula und der Schnecke bestehen. Der Utriculus (w) wird von einem weiten, knieförmig gebogenen Canale gebildet, der auf der dem Gehirne zugewandten inneren Seite des Organes verläuft und dessen Winkel nach oben gerichtet ist. Der vordere Ast (%i^) communicirt mit der äusseren (e), der hintere {u^} mit der hinteren Ampulle {p). Ausserdem steht der Utriculus noch mit den Bogencanälen und durch eine kleine, obere Oeffnung mit dem Sacculus (s) in Verbindung, der eine weite, kugelförmige Blase bildet, welche durch eine kreidige, aus winzigen Krystallen zusammengesetzte Otolithenmasse fast gänzlich erfüllt ist. Die Krystalle sind durch eine schleimige Substanz mit einander verklebt. Die Aussenwand des Sacculus Reptilien. 685 ist sehr dünn nnd zerreisst leicht; die Inneuwaud ist fester. Auf dem Grunde findet sich eine Rinne, die durch eine sagittale Spalte mit der Schnecke comrauniciren soll, nach Retzius aber durch ein feines Häutchen geschlossen ist. Oben entspringt in der Nähe der Com- miiuicationsöffnung zum ütriculus der endolymphatische Canal (eil), der zuerst eine Schlinge bildet, dann aber senkrecht zum Schädel emporsteigt und mit einem durchaus geschlossenen Bläschen in der Dura mater des Schädeldaches endet. Die Bogencanäle zeigen die gewöhnliche Anordnung. Der vordere (crt) und der hintere {cp) steigen schief nach oben und ver- einigen sich am Gipfel zu einem weiten, gemeinsamen Canale oder Sinus {cc)^ der senkrecht nach unten geht und durch eine weite Oeff- nung in den Ütriculus, nahe am oberen Knie desselben, einmündet. Etwas weiter nach unten findet sich an demselben gemeinsamen Sinus die Oeffnung des äusseren Bogencanales (fe), der sich um den Hinter- rand des Sacculus herumschwiugt, in horizontaler Richtung die Ausseu- Fig. 284. A B Lacerta viridis. — Das häutige Labyrinth der rechten Seite, zwanzigtaoh vergrössert. A, Innenseite, wo der perilymphatische Sack erhalten worden ist; B, Aussenseite. ff, vordere Ampulle; a^, ihre Hörleiste; ifl, der dazu gehende Kerv ; C(/, vorderer Bogengang; cc, gemeinschaftlicher Canal oder Sinus; ce, äusserer Bogengang; ep, hinterer Bogengang ; e'-, äussere Ampulle ; e^, ihre Hörleiste ; e^, der dazu gehende Nerv; e«, endolymphatischer Canal; /, Lagena ; Z^, ihr vorderer Xerv; /-, der hintere Nerv; «, Nervus neglectus mit seinem Hörfleck; o, Hörnerv; p, hintere Ampulle; ;;^, ihre Hörleiste; p-, der dazu gehende Nerv ; pe, perilj'mphatischer Sack; pe^, seine äussere Oeftnung; per', Oeffnung seines Canales; s, Sacculus; s-^ , sein Hörfleck; u, Centraltheil des Ütriculus; u^, sein vorderer Schenkel; ?/-, sein hinterer Schenkel; M^, sein Nerv (nach Retzius, verkleinert). fläche des Labyrinthes umkreist und in unmittelbarer Nähe der vor- deren Ampulle (a) mit seiner äusseren Ampulle (e) endet. Diese beiden Ampullen communiciren mit einander, während die hintere Ampulle isülirt bleibt. In jeder Ampulle findet sich eine Hörleiste (a\ e^. JJ^), 686 Wirbelthiere. die aus eigentlichen Hörzellen und aus Stützzellen aufgebaut ist und einen besonderen Zweig des Hörnerven erhält. Ausser diesen Hör- leisten der Ampullen finden sich noch in dieser oberen Hälfte des Hörorganes mehrere andere Hörpolster oder Hörflecken; eines im Saccu- lus (s^), ein anderes in der blasigen Auftreibung, welche an der Ein- mündung des Utriculus in die äussere Ampulle angebracht ist (der Nerv dieses Polsters ist in Ä mit u-' bezeichnet), und endlich die Ma- cula neglecfa (») von Retzius, die am oberen Drittel des hinteren Schenkels des Utriculus angebracht ist. Die untere Hälfte des Labyrinthes (I) hat die Gestalt einer platten, abgerundeten und unten geschlossenen Düte, die zwar von aussen fast gleichförmig scheint, aber durch innere Bildungen, Rinnen und Vor- sprünge in zwei Theile zerfällt, deren jeder einen besonderen Zweig des Hörnerven erhält; der vordere Theil heisst die Lagena {U) , den ■ hinteren, dessen Bedeutung erst durch seine bei den Krokodilen her- gestellte Bildung klarwird, hat man denBasalth eil der Schnecke (r^) genannt. Die innere Fläche seiner Wand wird durch eine Art Knorpelrahmen gestützt, während die Aussenfläche sehr zart und dünn ist. Die Lagena enthält eine Hörpapille, in welcher sich der Nerv verzweigt, und eine aiis kleinen Krystallen bestehende Otolithenmasse ; die Schnecke zeigt eine Furche als erstes Rudiment der Treppe, auf welcher sich der Nerv vertheilt. Der Hör nerv theilt sich schon in seinem Austrittscanale im Knochen in zwei Hauptäste, den einen für den Vorhof, den anderen für die Lagena, Jeder dieser Aeste zeigt an seinem Austritte eine von Ganglienzellen verursachte Anschwellung. Der Vorhofast schickt Zweige zum Recessus des Utriculus (a'^) , zur vorderen Ampulle («-) und zur äusseren Ampulle (e^); der weitaus mächtigere Schneckenast versorgt durch besondere Zweige die Macula neglecta (n) , den Saccu- lus (s^), die hintere Ampiille (p^), die Lagena (/^) und die Schnecke (?2). Alle diese Aeste versorgen die Leisten, Polster und Flecken, welche mit Hörzellen ausgestattet sind. Wir verweisen hinsichtlich weiterer Details auf den zweiten Band des classischen Werkes von Retzius, dem wir unsere Figuren entlehnt haben. Verdauungsorgane (Fig. 264, 285 bis 287)j — Die weit ge- spaltene Mundhöhle ist nach hinten durch die bedeutend vorspringen- den , rimden Massen des Schläfenmuskels (?', Fig. 285 ; t, Fig. 286) deutlich und in der Art begrenzt, dass hier eine bedeutende Enge be- dingt wird, in welche noch der Kehlkopf mit der Stimmritze (<;, Fig. 283; la, Fig. 286) hineinragt, der mit seinem vorderen Ende eine bei Schliessung des Maules frei bleibende, tiefe Furche am Gaumen erreicht, welche von der Wurzel der Zunge nicht erfüllt wird (e, Fig. 285; r, Fig. 286). Durch diese Einrichtung ist die Athmung auch bei ge- schlossenem Maule und an den Gaumen vorn angedrückter Zunge er- Reptilien. 687 _ -- j] möglicht. Erst hinter der Mundenge und am Anfange des trichter- förmigen, mit Längsfalten ausgestatteten Schlundkopfes (/, Fig. 285) findet sich die Ausbuchtung gegen das Trommelfell hin (/, Fig. 286). Auf dem Dache der Mundhöhle (Fig. 286) sieht man, umgeben von stark vortretenden Schleimhautfalten, längs des Randes den Zahn- Fio-. 285. bogen und vorn in der Mitte einen vorragen- den, mittleren Knopf (f>), der von einer Ver- dickung der zwischen den Nasenhöhlen sich hinziehenden senkrech- ten Scheidewand her- rührt. Zu beiden Seiten Lacerta viridis. — Sagittal- schnitt des Kopfes und Halses in doppelter Grösse. Der Schnitt ist etwas ausserhalb der Mittelebene geführt, um die verticalen Scheidewände zu zeigen. Buchstaben linker- seits : a, Zunge : h. M. genio- hyoideus ; c, Mundhöhle, Unterzungenraum ; d . verti- cale Gaumenleiste , welche die Choanenspalten e trennt; /, Ligament des Gaumen- daches, zum Kaumuskel i ge- hend; g , Kehlkopf; h, M. genio-hyoideus ; i, M. masse- ter, einen runden Vorsprung bildend; l-, Luftröhre; /. Schlundkopftrichter ; vi , M. pectoralis ; n , Arterienhulbus ; 0. Vorkammer des Herzens ; /; , Aponeurose der Brust- muskeln; q. Herzbeutel; r. Herzkammer; 5. Muskeln des Schultergürtels; t, durch die Lungen durchschimmernde Lebervene ; u . vordere Ex- tremität. — Unten: r, v^, vordere Leberlappeu ; f, Lunge; /^. Schlund; x, Aorta; ?/, Haltestrang der Wirbelsäule; z, Wirbelsäule; «, Rückenmark; ß, Rückenmuskeln, die Dorufortsätze einhüllend ; 7, langer Eückenmuskel ; cT, Haut. Rechterseits: I.Nasen- loch; 2, Munddach; 3, Jacob s on'sches Organ; 4, Muschel; 5, Nasensack. JMan sieht diese Theile durch die durchsichtige Scheidewand durchschimmern. 6, Riech- nerv; 7, durchschnittener Sehnerv; 8, geöffnete Hemisphäre; 9, Hypophysis ; 10. ge- öffnetes Mittelhirn; 11, Hinterhauptsbein; 12, kleines Gehirn; 13. grosser Vorder- muskel der Wii-belsäule ; t^ Schlund; t^, Eintritt der Luftröhre in die Lunge. _ ^^ jcy 688 Wirbelthiere. dieses Knopfes ziehen sich die zu den Choanen (ch) führenden Nasen- gaumenspalten hin. Der Knopf selbst, gegen den sich die Zunge beim Schliessen des Maules stemmt (c?, Fig. 285), setzt sich nach hinten in eine mittlere Leiste fort und verhindert so die Zunge, die erwähnte Furche auszufüllen, die nach vorn geschlossen, nach hinten aber wieder aus- gebuchtet ist (e, Fig. 28.5; r, Fig. 286) und sieb bis zur Wirbelsäule und in den Theil des Schlundkopfes erstreckt, in welchen der Kehlkopf Fig. 28ß. mündet. So wird eine wahre Luftkammer gebildet, die, wie schon erwähnt, das Athmen bei geschlossenem Maule er- möglicht. Der Boden der Mundhöhle wird gänzlich von der Zunge (I, Fig. 286) ausgefüllt, die ringsum freie Ränder zeigt, aber nach hinten durch den Zungenmuskel (a, Fig. 285) an die Schleimhaut befestigt ist, welche eine verticale Falte, Lucerta ocellafa. — Mittelst eines Hovizoutalschnittes ist die Munrl- spalte nach hinten über das Trommel- fell hinaus nach dem Halse hin fortge- setzt und die Verbindungen des Unter- kiefers vollständig gelöst worden. Der Unterkiefer mit allen Theilen zwischen seinen beidenAesten, Zunge, Kehlkopf, Luftröhre etc., ist gewalt- sam nach hinten zurückgeschlagen worden , so dass man in der oberen Hälfte der Figur das Dach, in der unteren den Boden der Mundhöhle vor sich sieht. Rechts (auf der linken Seite der Figur) hat man die Mundschleimhaut belassen, während links (auf der rechten Seite) dieselbe abpräparirt, der Kaumuskel weg- genommen und das Trommelfell etwas zur Seite gezogen wurde, um es in seiner ganzen Ausdehnung von der Innenfläche her zu zeigen, a, äussere Wand des Oberkiefers; b, Gaumenknopf; c, Carotis; d, obere Zahnlade; c. innerer Zahnfalz; /, Trommelbucht der Mundhöhle; g, secundärer Zahn- falz; //, Zungenbeinbogen ; i, durchschnittenes Gaumenbein ; Ä:, Muskelmasse der Wirbel- säule ; / u, Kehlkopf; /, Zunge; md, Unterkiefer; md^, ausgeleerter Gelenktheil des- selben; n, ventrale Apophyse des ersten Halswirbels; p, Haut; r, mittlere Gaumen- furche; /, durchschnittener Kaumuskel; t^, ausgeleerte Schläfengrube; tr, Luftröhre; ty, zurückgebogenes Trommelfell mit der Columella und ihrer Sehne; ty^, Trommel- bucht der Mundhöhle. md' Reptilien. 689 das Frenulum , bildet . das sich etwa über ein Drittel der Zungen- wurzel erstreckt. Die Räume zwischen dem Frenulum und dem Unterkiefer werden von der Schleimhaut ausgekleidet , die auch die Unterfläche der Zunge bedeckt und an den scharfen Rändern der- selben in deren obere Bedeckiiug übergeht. In dem mittleren Aus- schnitte der erweiterten, hinteren Zungeuflügel liegt der Kehlkopf {g, Fig. 285; Ja, Fig. 286) mit der linearen Stimmritze. Er setzt sich in die Luftröhre {Je, Fig. 285; tr, Fig. 286) fort, die nur von der Schleimhaut des Pharynx bedeckt ist, welche seitlich durch die Zungen- beinbogen {h, Fig. 286) gestützt wird. Untersuchen wir diese Bildungen im Einzelnen. In der Schleimhaut, besonders aber auf dem mittleren Knopfe und den Seitenfalten, finden sich von Leydig entdeckte Kelch bildun gen, die aus einem Trichter bestehen, der einen verlängerten Xerveukuopf krönt, mit welchem ein Xervenfädchen in Verbindung steht. Ausser diesen Kelchorganen finden sich in dem Epithelium der Schleimhaut einzellige Schleimdrüsen. Die Lacerten gehören zu den Ple ur o do nt e n. Die Zähne sämmtlicher Kieferknochen, der Zwischen-, Ober- und Unterkiefer (Fig. 286, 287) sind mittelst cylindrischer. sehr niedriger Sockel auf einer horizontalen Lamelle des Knochens befestigt. Xach aussen von dieser Lamelle erhebt sich der Rand des Knochens zu einer fast schneidenden, verticalen Lamelle, an welche sich die Zähne etwa mit zwei Dritteln ihrer Länge anlehnen. Jede Zahnwurzel umfasst den entsprechenden Sockel in der Weise, dass auf der inneren Seite eine meist rundliche oder eiförmige Lücke bleibt, durch welche Gefässe und Nerven sich zu der, die innere Zahnhöhle ausfüllenden Pulpe begeben. Auf der Aussenfläche ist die Zahnwurzel durch ein schwammiges Knochen- gewebe, das Cäment, an die verticale Knochenlamelle und den Sockel an- gelöthet. Die Zähne sind schwach hakig gekrümmt, haben eine grössere schneidende Spitze und eine kleine, nur mit stärkereu Ver- grösserungen sichtbare Xebeuspitze. Die grössten Zähne finden sich etwa in der Mitte der Kieferbogen; sie nehmen nach vorn und hinten an Grösse ab. Die Zahnsubstanz zeigt dichtgedrängte, parallele Zahn- röhrchen , welche von der inneren Zahnhöhle ausgehen ; eine Kappe von fein gestreiftem Schmelz deckt die Spitze der Krone. Man findet häufig zerbrochene oder verstümmelte Zähne, neben welchen sich Ersatzzähne bilden. In der beschriebenen Weise zeigen sich die Zähne an dem Skelette. Aber an der lebenden Eidechse sieht man nur die Spitzen. Die Schleimhaut erhebt sich in der That um die verticale Knochenlamelle, biegt sich von dieser aus in die Zwischenräume der Zahnkronen hin- ein und bildet innen auf der horizontalen Lamelle einen erhabenen Längswulst, der die Zähne so dicht umkleidet und in ihrer Form ab- Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II, ji 690 Wirbelthiere. giesst, dass der Wulst, wenn er losgelöst wird, wie die Zahnstange des Kammrades einer Maschine aussieht. Die in der Nähe der Mittellinie dem Flügelbeine aufsitzenden Zähnchen, in der Zahl von acht bis zehn jederseits, ruhen fast un- mittelbar auf dem Knochen mittelst sehr kurzer Sockel auf und lehnen sich an keine vorspringende Lamelle an. Sie sind also acrodont. Ihr Nährlöchelchen findet sich auf der Innenseite zwischen Sockel und Knochen : sie haben die Gestalt eines kurzen Kegels. Am lebenden Thiere sind sie so tief in die Schleimhaut eingegraben , dass man sie gar nicht sehen, kaum fühlen kann. Im Uebrigen haben sie dieselbe Structur, wie die Zähne der Kiefer. Das Epithelium der Zunge (l, Fig. 286) besteht aus Zellen, die an der Oberfläche abgeplattet und verhornt, in den tieferen Schichten rundlich sind. An den Rändern und Spitzen der Zunge ist es sehr dick. An den hinteren Seitenflügeln bildet es schiefe Riffe, die schon mit blossem Auge sichtbar sind. Unter dem Epithel findet sich schwarzes, aber sehr ungleichartig vertheiltes Pigment. Wir haben Eidechsen mit fleckigen, mit ganz weissen oder schwarzen Zungen angetroffen. Auf der Unterfläche der Zunge ist das Pigment weit constanter. Das Epi- thel bildet auf der ganzen Oberfläche, mit Ausnahme der Zungen- spitzen, dachziegelartig über einander liegende, spitze Papillen, deren oft doppelt oder selbst mehrfach gespaltene Spitzen nach hinten ge- richtet sind. Verlängerungen des Bindegewebes mit Gefässen, Nerven und selbst einigen Muskelfäserchen treten in diese Papillen ein. Be- sondere Tastorgane sind noch nicht gefunden worden. Speicheldrüsen finden sich nur am Boden der Mundhöhle. Zwischen dem Tegumente der Lippen und der aufsteigenden Lamelle des Unterkiefers liegen an der Aussenseite desselben dem ganzen Zahn- bogen entlang die Lippendrüsen (/, Fig. 287), die aus ziemlich grossen, wohl begrenzten Acini bestehen, deren gewundene Aus- führungscauälchen quer gegen die Oberfläche gerichtet sind, zuweilen aber auch zu gemeinsamen Canälen zusammenfliessen , die auf dem Grunde der Schleimhautfalte münden. Jedem Zahne scheint ein Canälchen zu entsprechen. Die weit bedeutendere Unter zungen drüse (k, Fig. 287) er- streckt sich am Boden desFrenulum etwa bis zum Drittel seiner Länge, zu beiden Seiten der Mittellinie. Die Drüsenkörnchen sind sehr klein, nur undeutlich begrenzt; ihre Ausführungsgänge sammeln sich in Canälchen, die schief nach hinten verlaufen, und in der Nähe des Fre- nvilum, wo sie weit deutlicher sind, sich so in der Mittellinie kreuzen, dass hier die beiderseitigen Drüsen zusammenzufliessen scheinen. Die Oeffnungen dieser Canäle liegen in dem Falze zwischen dem Fre- nulum und der Schleimhautfalte, welche den Unterkiefer bekleidet, und erstrecken sich bis zur Symphyse. Reptilien. 691 Wir müssen hier einer besonderen , mit dem Gefässsysteme zu- sammenhängenden Bildung erwähnen, welche zur Bewegung der Zunge beizutragen scheint. Man findet in der That in dem Winkel der Sym- physe einen weiten Venen sin us («, Fig. 287), der stets prall mit Blut- körperchen erfüllt ist, sich bis zum Frenulum erstreckt und hier sich in zwei dicke Gefässe fortsetzt (n^) , welche zur Zunge aufsteigen und in dieser sich seitlich nach vorn und hinten erstrecken , um blind zu enden. Auf unseren nach allen Richtungen gelegten Durchschnitten konnten wir keine in diese Räume mündenden Blutgefässe auffinden. Es sind vielleicht Lymphräume , die aber weite Communicationen Fig. 287. Junge Lacerta viridis. — Querschnitt der Schnauze (Gundl. Oc. 1, Obj. OO). Camera dura, a, knorpelige Nasenscheidewand ; b, Tegument des Schädels ; b^, Tegument des Unterkiefers; c, oberflächliche Schädelknochen; d, Vorhof der Nase; d^, einige Follikel seiner Drüse; e, Nasenhöhle; e^, ihr Geruchsepithelium ; e^, gewöhnliches Epithelium; /, mit Geruchsepithelium ausgekleideter Rand der Muschel; f^, Substanz der Muschel; /^, Nasendrüse im Inneren der Muschel; f^, Ansatz der Muschel; g, geschlossene Choane; g^, Choane, deren Oeffnung in die Mundhöhle vom Schnitte getroffen ist ; ä, Durchschnitt des Oberkiefers , in welchem man die Durchschnitte der Arterie, der Vene und des Nerven sieht; h^, gefalteter Zahnfollikel ; h^, durch- brechender Zahn ; i, Lippendrüse ; h, Unterzungendrüse ; /, Durchschnitt des Unter- kiefers mit Nerv imd Gefässen; m, durchschnittener Meckel' scher Knorpel; «■, Venensinus unter der Zunge ; n^, seine Fortsetzung in die Zunge durch zwei seit- liche Sinusse. mit dem Blutgefässsystem haben müssen und wahrscheinlich einen Schwellapparat der Zunge bilden. 44* 692 Wirbelthiere. Hinter der Schlundenge beginnt der Pharynx (?, Fig. 285) als kurzer, weiter Trichter, der den Vorsprung des zweibäuchigen Muskels (?', Fig. 285) umgiebt und die zu den Trommelhöhlen führenden Aus- buchtungen nach oben (/, Fig. 286) sendet. Dieser Trichter, in dessen ventraler Mittellinie die Luftröhre (k, Fig. 285) leicht gekrümmt ver- läuft, zeigt stark vorspringende Längsfalten der Schleimhaut. Er wird nach hinten durch den Vorsprung des grossen, geraden Wirbelmuskels (13, Fig. 285) verengt und geht so in einen langen, geraden, innen ebenfalls längsgefalteten Schlauch über der sich mehr und mehr an die Unterfläche der Wirbelsäule anlegt und so den nöthigen Raum für das Herz (n, o, g, Fig. 285) lässt, von dessen Rückenfläche er nur durch die sich einschiebende Luftröhre getrennt ist. Man kann diesen Theil den Schlund (I, Fig. 285) nennen. Sobald der Schlauch an die Vorderspitze der Lunge, wo sich die Luftröhre gabelt, gelangt ist, erweitert er sich allmählich und setzt sich, ohne deutliche Grenze, in den Magen fort. Dieser (j5^, Fig. 264) hat eine gestreckte, spindelförmige Gestalt und dehnt sich, in leerem Zustande, über die drei vorderen Drittel der Leibeshöhle aus, wo er den Raum zwischen den beiden Lungen ausfüllt. Bei Eröffnung der Leibeshöhle von unten her wird er fast ganz von der Leber verdeckt, deren ausgekehlte Rückenfläche sich ihm ziemlich genau anschmiegt. Gefässe führende Falten des Mesenteriums be- festigen ihn dorsal an die Wirbelsäule und ähnliche Gewebebrücken, in welchen zuführende Pfoi'taderzweige verlaufen, heften ihn an die Leber. Am hinteren Rande der' Leber verengt sich der Magen be- deutend, bildet eine absteigende Schlinge und endet im Duodenum, dessen Anfang durch das Pankreas (q, Fig. 264) bezeichnet wird, welches die Gallen- und Bauchspeichelgänge bis zu ihrer Mündung in den Darm umhüllt. Vor dieser Einmündung und zwar gerade an dem Orte, wo der Darm sich lebhaft nach vorn und oben in die Aus- kehlung der Leber hineinbiegt, findet sich im Lmeren eine kleine Ki'eisfalte, die Pylor usklappe; sie scheint uns nicht vollständig das Lumen des Darmes schliessen zu können. Die inneren, übrigens wenig zahlreichen Längsfalten des Schlundes setzen sich bis gegen die Magenerweiterung fort, verwischen sich aber hier allmählich, um in der Pylorusgegend wieder aufzutreten. Hier sind sie aber weit zahl- reicher, zickzackförmig gefältelt und gleichen ganz den Schleim- hautfalten, welche im Dünndarme seiner ganzen Länge nach aus- gebildet sind. Der Dünndarm bildet zuerst die erwähnte Schlinge, in welche das Pankreas eingebettet ist, und dann mehrere unter dem Hinter- rande der Leber liegende Windungen, die an breiten Mesenterialfalten befestigt sind. Er entwickelt sich durch diese Windungen mehr gegen die rechte Seite hin und mündet endlich durch eine seitliche Oeff'nung, Reptilien. 693 die von einer dicken, stark vorspringenden Klappe umgeben ist, in den erweiterten Dickdarm. Der Dickdarm (u, Fig. 2G4), von wurstförmiger Gestalt, nimmt den Raum zwischen dem Magen und dem Becken ein. In Folge der seitlichen Einmündung des Dünndarmes zeigt er eine vordere, blinde Erweiterung, Andeutung eines Blinddarmes; da seine Wände sehr dünn sind, so sieht man meist die dunkel gefärbten Excremente durch- schimmern, die er enthält. Seine im Ganzen längsgerichteten Schleim- hautfalten verwischen sich fast und werden durch kaum erhabene Querfalteu mit einander verbunden. In der Nähe des Beckens verengert sich der Dickdarm wieder und geht ohne deutliche Grenze in die Cloake über, welche der ventralen Fläche der Niere anliegt. Auf ihrer ventralen Seite liegen die mit einem langen Stiele in sie einmündende Harnblase {u, Fig. 264) und die in ihrem Volumen sehr wechselnden E'ettkörper. Auf der dorsalen Seite münden in die Cloake die Samen- oder Eileiter, letztere durch weite Seitenspalten und die stets getrennten , aber der Mittel- linie mehr genäherten Oeffnungen der Harnleiter. Wir behandeln die Cloake bei Gelegenheit der ürogeuitalorgane. Die Querspalte der Afteröffnung (>/, Fig. 264) ist ringsum von strahlig gestellten, gekniffenen Schleinihautfalten umgeben, die am Rande in das Tegument übergehen , wo sich die Hornbekleidung entwickelt. Die Wände des Darmcanales zeigen überall dieselbe Bildung; eine seröse , von dem Bauchfelle gebildete Hülle mit einem Pflaster- epithelium, eine Muskelschicht, die aus zwei Lagen, Querfasern und Längsfasern, besteht und eine innere, zellige und drüsige, gefaltete oder zottige Schleimhaiitschicht , w^elche auf einer lockeren Binde- gewebeschicht ruht. Die relative Entwicklung dieser Schichten wechselt aber sehr. Die Längsmuskelschicht ist nur sehr schwach in dem Magen, weit stärker im Dickdarm ausgebildet. Die Ringmuskelschicht findet sich besonders stark im Schlünde und im Dünndärme; sie bildet die Pylorusklappe und namentlich die mächtige Klappe an der Iilinmündnng in den Dickdarm. Im Schlünde und im Magen findet man Wimper- zellen ; die Di'üsen fehlen im Epithelium des Schlundes und des Dünn- darmes. Im Magen dagegen finden sich zweierlei einzellige Drüsen: Schleimdrüsen mit körnigem Protoplasma und kleinen Kernen und Verdauungsdrüsen mit hellem Protoplasma und verlängertem Halse. Die übrigen Epithelialzellen gleichen denen der Amphibien. Anhangsdrüsen. — Die Leber (o, Fig. 264) ist sehr volu- minös. Sie erfüllt fast die ganze Vorderhälfte der Leibeshöhle und hat im Ganzen die Gestalt eines dicken Halbkegels, dessen vordere Spitze sich zwischen die Lungen einschiebt und den Herzbeutel be- rührt. Die ventrale Fläche ist der Bauchwand entsprechend gewölbt, 694 Wirbeltliiere. die dorsale, welche den Magen umschliesst , zeigt eine tiefe Rinne, in welche die zum Magen führenden Mesenterialfalten sich einsenken. Die Ränder sind in Lappen und Läppchen eingeschnitten, deren Ent- wicklung von dem Zustande der Ernährung abhängig zu sein scheint. Kleine Läppchen umfassen stets die grosse Vene (k, Fig. 264), welche am Vorderende der Drüse austritt, sich rechterseits um das Herz herumbiegt und in den Venensinus auf der dorsalen Fläche des Her- zens einmündet. In der Mitte des Hinterrandes findet sich stets eine starke Einkerbung, in welcher ventralwärts die Gallenblase, dorsal- wärts das Pankreas eingeschlossen sind. Aus dieser Kerbe entspringt ein bedeutendes Mesenterialband, welches sich an der ventralen Mittel- linie der Bauchwand anheftet und in welchem Gefässe verlaufen. Bei beiden Geschlechtern sieht man rechterseits einen der Bauchwand an- liegenden , besonderen Lappen , von welchem bei den Weibchen ein Aufhängeband zu dem entsprechenden Ovarium läuft. — Die birnen- förmige Gallenblase ist relativ klein; sie liegt in der erwähnten medianen Kerbe. Die von der Leber austretenden Gallengänge münden in den Hals der Blase ; der Blasengang läuft horizontal nach hinten. Neben ihm verlaufen noch in der Masse des Pankreas unabhängige, parallele Gallengänge. Das Pankreas ($', Fig. 264) erstreckt sich vom Halse der Gallen- blase durch die ganze Länge der erwähnten Darmschlinge. Es ist eine fein gelappte, gestreckte Drüse, deren Läppchen die Gallengänge so dicht umspinnen , dass sich letztere unmöglich vollständig isoliren lassen. Gallengänge und Bauchspeichelgänge münden zusammen auf einem kleinen Wärzchen, welches unmittelbar hinter der Pyloriisklappe in einem Grübchen versteckt sitzt. Bei den beiden von uns speciell untersuchten Arten (Lacerta viridis und ocellata) liegt die Milz (r, Fig. 264) auf der dorsalen Fläche des Magens nahe bei der Pylorusschlinge. Sie hat in Folge der Ueber- füllung mit Blut eine braunrothe Farbe, verlängerte Gestalt und ist an den Magen durch eine specielle Mesenterialfalte angeheftet, welche sich zii dem Dickdarme und den Geschlechtsorganen hinzieht. Man sieht sie nur, 'wenn man den Magen zur Seite zieht. Sie hat keine Beziehung zum Pankreas, mit Ausnahme der gefässführenden Mesen- terialfalten. Bei den einheimischen Eidechsen soll sie, nach Leydig, in ringförmiger Gestalt den Kopf des Pankreas wie ein Wulst um- geben. Wir haben nur eine, freilich mit vielem Fett versehene, gefäss- führende Mesenterialfalte gesehen; aber wir haben uns weder durch Durchschnitte, noch durch mikroskopische Untersuchung überzeugen können , dass in dieser Falte noch Läppchen des Pankreas sich vor- finden, die leicht kenntlich sind. Harnorgane. — Die Nieren (iC, Fig. 264) liegen im hintersten Theile der Leibeshöhle und schmiegen sich so gut an die ventrale Reptilien. 695 FJäche des Kreuzbeines an, dass die Unebenheiten der Wirbel auf ihrer dorsalen Fläche im Abdrucke hervortreten. Sie bestehen aus zwei, vorn etwas gelappten , symmetrischen Hälften , während der hintere, zugespitzte Theil , welcher noch etwas über die Afterspalte vmd die Leibeshöhle hinaus sich in die Wurzel des Schwanzes erstreckt, gerade Ränder zeigt. Die dorsale Fläche ist gewölbt; die Mitte zeigt die grösste Dicke. Die ventrale Fläche, unter welcher die Cloake liegt, ist eben oder sogar ein wenig ausgekehlt. Die vordere Hälfte der Niere wird auf der ventralen Fläche vom Mesenterium überzogen, das in der Mitte der Länge etwa sich umschlägt, um die dorsale Fläche der Cloake zu überziehen, wo es eine verdickte Fasermasse bildet. Unter dieser fliessen die beiden Hälften der Niere in der Mittellinie zusammen und hier verlaufen auch die Enden der Harnleiter und der Geschlechts- canäle, die sich in die Cloake öffnen, — Die sehr kurzen Harnleiter setzen sich wesentlich aus zwei verzweigten Bäumen zusammen, von welchen der eine dem vorderen , der andere dem hinteren Theile an- gehört. Die beiden Bäume vereinigen sich jederseits in der erwähnten Falte des Mesenteriums und bilden so die kurzen Harnleiter, welche sich unmittelbar in die Cloake öffnen. Bei den Männchen vereinigen sich die Harnleiter jederseits mit den Samenleitern , um sich gemein- schaftlich auf einem Urogenitalwärzchen in der Nähe der Mittellinie an der dorsalen Wand der Cloake zu öffnen ; bei den Weibchen haben die Harnleiter getrennte, spaltförmige Mündungen, welche hinter den Oeffnungen der Eileiter liegen. Der Harn bildet körnige, kreideweisse Massen , die fast ausschliesslich aus krystallinischeu Körnchen von Harnsäure bestehen , welche durch Schleim zusammengeklebt sind und oft, wie grosse Pfropfen, die Cloake ausfüllen. Die Harnblase («t^, Fig. 264) ist ein weiter Sack in Form eines Dreieckes, dessen Basis nach vorn gerichtet ist, während die Spitze sich in einen engen und langen Canal auszieht, der den Harnleitern gegenüber in der ventralen Wand der Cloake mündet. Sie ist nur auf ihrer dorsalen Fläche vom schwarzen Peritoneum überzogen , hat nur sehr dünne, mit glatten Muskelfasern ausgestattete Wände und trägt ihren Namen mit Unrecht, denn man findet in ihr nur farblose Flüssigkeit, aber niemals die eigenthümlichen , käsigen Harnmassen. Sie ist nichtsdestoweniger ein Rest der embryonalen Allantois. Geschlechtsorgane. — Man muss die eigentlichen Geschlechts- organe und die übrigens durchaus davon getrennten Begattungsorgane unterscheiden. Männliche Organe (Fig. 264). — Die selbst zur Begattungszeit im Frühjahre verhältnissmässig kleinen Hoden (s) haben eine eiförmige Gestalt und liegen etwa in der Mitte der Bauchhöhle zu beiden Seiten der Mittellinie hart an der Rippenwand an. Sie sind kreideweiss und 696 Wirbelthiere. Fia-. 288. Weibliche Lacerta viridis, iiatürliclie Grösse. Das auf den Kücken gelegte Thier ist vom Bauche aus geöflhet ; Magen, Leber, Darm und übrige Eingeweide der rechten Seite sind ausgebreitet worden , während man die Organe linkerseits in ihrer Lage gelassen hat. Dickdarm und Cloake sind geöffnet, um ihre inneren Bildungen zu zeigen. «, Luftröhre; 6, Thymus; c, Herzbeutel; d, Herz; e, rechte Lunge ;/', Leber- vene; (/, Peritonealband des Herzens; h, Leberlappen; i, Magen; k, Gallenblase; /, Pankreas ; m, Peritonealband der Milz n ; o, Darm ; p., geöffneter Blinddarm ; 5', Ein- trittsöffnung des Dünndarmes in den Dickdarm ; r, Harnblase ; s, Spitzbogen der Ein- Reptilien. 697 werden allseitig von einer Falte des Mesenteriums (Mesurchium) um- geben, welche sie einerseits an die Lungen, anderseits an die Cloake befestigt. Der rechte Hode liegt etwas weiter nach vorn als der linke. Die Samenröhrchen , welche die Substanz der von einer besonderen Hüllhaut umgebenen Hoden bilden, sind nur wenig gewunden und ver- einigen sich am inneren Rande zu etwa einem Dutzend sehr kurzer Quercanälchen, welche in den Nebenhoden (f) eintreten. Dieser hat eine keulenförmige Gestalt, liegt an der Innenseite des Hodens, zwischen ihm und der Aorta; auf ihm sitzt, wie eine Kappe, die Nebenniere, von welcher bei den weiblichen Organen die Rede sein soll. Die im Nebenhoden stark gewundenen, erweiterten Samengänge bieten ausser- dem noch seitliche Ausbuchtungen ; ihre Wände enthalten glatte Muskel- fasern. Nach hinten wird der Nebenhode dünner und setzt sich schliesslich in den Samenleiter (t^) fort, der in der Mesenterialfalte eingeschlossen , scheinbar in gerader Linie bis zu dem Orte verläuft, wo die Harnleiter in die Cloake münden. Nimmt man aber nach Spal- tung der Peritonealfalte die Lupe zu Hülfe, so sieht man leicht, dass der Samenleiter sehr kurze, korkzieherartige Windungen macht, um schliesslich in der Endpapille ein winziges Samenbläschen zu bilden, das man nur zur Fortpflanzungszeit unterscheiden kann , wenn es prall mit Samen gefüllt ist. Die Zoospermen haben einen langen, cylindrischen , etwas gekrümmten Leib und einen langen , sehr dünnen Schwanz. Weibliche Organe (Fig. 288). — Die Eierstöcke (2) liegen genau an derselben Stelle, wo beim Männchen die Hoden liegen; das rechte Ovarium liegt ebenfalls etwas weiter nach vorn als das linke. Aber selbst nach langem Fasten im Winter erscheinen die Eierstöcke weit grösser und ihre Oberfläche ist gebuckelt in Folge der Entwicklung der fast kugelförmigen Eier. Die Beziehungen zum Mesenterium sind ebenfalls die gleichen wie bei den Hoden; doch tritt die Mesenterial- falte iy) , welche von der Lungenspitze sich zu dem vollständig ge- schlossenen Eierstocke und weiter in der Richtung des Samenganges zu der Cloake begiebt, weit stärker hervor. Dieses Band ist offenbar ein obliterirter Canal, enthält aber nur noch Bindegewebe, Gefässe und einige glatte Muskelfasern. Meist sieht man auf der ventralen Fläche des Ovariums einige wenig deutliche Bläschen, die in einer Läugslinie geordnet sind und als verkümmerter Nebeneierstock (Epoophoron) trittsöftnungen der Eileiter in die Cloake; f, OefFiiungeu der Harnleiter; u. weisses Peritoneum in der Umgebung der Lungen ; f, linke Lunge ; «■, schwarzes Peritoneum iler hinteren Bauehhöhle ; a-, durchsichtige, den Eileitertrichter enthaltende Peritoneal- falte ; y, durchsichtige Peritonealfalte von dev Lunge zu dem Ovarium ; z, äusserer, s', innerer Rand der den Eileiter enthaltenden Falte; 1, Nebenniere; 2, Ovarium; .'), Epoophoron ; 4, Mesoarium ; 5, uneröffneter Theil der Cloake ; 6, Afterspalte ; 7, Eileiter. 698 Wirbelthiere. bezeichnet worden sind (3, Fig. 288). Wir haben diesen Theil nicht immer deutlich entwickelt getroffen; er hat eine braune Farbe und eine genauere Untersuchung zeigt, dass er aus abgestorbenen Eiern besteht, deren Inhalt körnig und deren Schale verhornt scheint. Wenn der Nebeneierstock zuweilen fehlt, so sieht man dagegen unter allen Umständen die sogenannten goldgelben Körper (1, Fig. 288), die als langgestreckte, dünne Massen an dem inneren Rande des Eierstockes liegen und über denselben nach vorn vorragen. Diese, wie schon erwähnt, auch beim Männchen vorkommenden Organe sind sehr gefässreich, bei jungen Individuen sieht man darin noch Reste der Wolff sehen Körper. Man hat sie auch Par Ovarien ge- nannt, aber nach den Untersuchungen von Braun (s. Liter.) ist es weit wahi'scheinlicher, dass sie die hinsichtlich ihrer Function noch so dunklen Neb ennieren darstellen. Bei den erwachsenen Eidechsen bestehen sie aus einer bindegewebigen, mit zahlreichen gelben Tröpf- chen von Fett durchsetzten Grundsubstanz, worin sich verschiedene Zellen finden : solche , die zahlreiche gelbe Körner enthalten ; durch- sichtige, in Linien geordnete Zellen mit grünlichem Protoplasma, hellen Kernen und deutlichen Kernkörperchen , endlich Zellen mit braunem, körnigem Inhalt. Ein bedeutender Zweig des Sympathicus begiebt sich zu dem Organe und bildet dort zahlreiche kleine Ganglien. Der Eileiter (7, Fig. 288) steht in keiner unmittelbaren Ver- bindung mit dem Eierstocke. Er besteht bei unseren typischen Arten aus zwei Theilen : einem sehr dünnwandigen , durchsichtigen Trichter, der wie der ganze Eileiter überhaupt an einer durchsichtigen Peritoneal- lamelle aufgehängt ist, die von der Lunge ausgeht und an der Bauch- wand der ganzen Länge nach befestigt ist. Die Oeffnung des Trichters wird von einem langen, schiefen, stark bewimperten Schlitze dar- gestellt, an dessen Grunde eine enge Oeffnung in den eigentlichen Ei- leiter führt, der dickere, weissliche Wände zeigt und darmähnlich quer gefaltet ist. Anfangs ziemlich eng, erweitert sich der Eileiter all- mählich gegen die Cloake hin. Man hat diesen erweitex'ten Theil den Uterus genannt und er verdientauch diesen Namen bei den lebendig gebärenden Arten; bei unseren typischen Arten aber macht sich die Erweiterung so allmählich , dass von einer Begrenzung nicht die Rede sein kann. In der Nähe der Cloake verengern sich die Eileiter aufs Neue und öffnen sich auf der Rückenseite in dieselbe durch zwei, vor den Harnleitern gelegene, knopflochartige Mündungen. Die Eier zeigen im Eierstocke eine ziemlich dicke Hülle mit feinen Porencanälen (Zona radiata) , ein helles Keimbläschen mit zahl- reichen Keimflecken und einen anfänglich hellen Dotter, der bei zu- nehmendem Wachsthum körnig wird, sich aber zur Zeit der Reife wieder aufhellt. Die Eier lösen sich dann vom Ovarium ab, fallen in Reptilien. 699 die Leibesliöhle und gelangen in den Trichter. Bei dem Durchgänge durch den Eileiter erhalten sie eine ziemlich dicke und feste, aber doch biegsame Schalenhülle, die aus mehreren Lagen elastischer Fasern besteht, zwischen welchen sich unregelmässige Ablagerungen minera- lischer Stoffe, besonders von kohlensaurem Kalke, finden. Zur Zeit der Eiablagerung findet man auch in den verdickten Wänden des Eileiters beuteiförmige Drüsen mit engem Halse, deren Oeffnungen von rosetten- artigen Falten der Schleimhaut umgeben sind. Diese Bilduugen ver- wischen sich fast vollständig während der Ruhepausen des Eileiters. Nach innen und aussen werden die Querfalten des Eileiters von zwei Mesenterialfalten (:S und g^) eingefasst, die sich in der ganzen Länge vom Trichter bis zur Cloake erstrecken. Die Cloake (s, Fig. 288) bildet bei beiden Geschlechtern einen geraden, in der Beckenhöhle liegenden Hohlcylinder , der von aussen ziemlich einfach erscheint, aber im Inneren Bildungen zeigt, die man am besten zuerst bei den Weibchen untersucht, wo sie deutlicher ent- wickelt sind. Das Ende des Dickdarmes besitzt sehr dünne Wände mit ver- wischten Innenfalten. An der Vordergrenze des Beckens entwickeln sich die Muskelfasern bedeutend ; die Wände werden dicker und im Inneren zeigt sich eine vorspringende Querfalte der Schleimhaut, mit deutlichen Zotten am Rande, ein wirklicher Sphincter, mit vorsprin- gendem Rande, so dass das Darmende vor ihm sackartig aufgetrieben erscheint. Dieser Schliesswulst ist ziemlich breit: hinter seinem Rande zeigt sich auf der ventralen Seite eine ziemlich weite Oeffnung (r), die in den Hals der Harnblase führt. An der dorsalen Seite sieht man eine Art von breitem Gewölbe, das durch einen Mittelpfeiler in zwei Spitzbogen (s) getheilt ist: hier finden sich die Oeffnungen der Ei- leiter. Etwas hinter diesen Bogen erscheinen die wenig vortretenden Oeffnungen der Harnleiter (t). In der Nähe der Eileiteröffnungen liegt beiderseits auf der Aussenseite der Cloake eine hufeisenförmige, weisse Drüse , die wenig vorspringt , aber leicht an den durch- scheinenden Wänden gesehen werden kann. Meist enthält dieser Theil der Cloake einen weissen, körnigen Pfropf von Urin. In den Ecken der gefalteten und warzigen Querspalte des Afters sieht man zwei kleine Löchelchen, welche in die beiden kleinen Clitoris führen, die keine Muskeln besitzen. Die Lippen der Afterspalte enthalten kleine, zwischen den Muskelbündeln , welche die Spalte öffnen niad schliessen, zerstreute DrüsenfoUikel. So verhalten sich die Bildungen beim Weibchen. Bei dem Männchen aber ist das Gewölbe mit den Spitzbogen weit weniger ausgebildet und auf dem Grunde erhebt sich jederseits eine kleine, wenig vortretende Papille mit der gemeinsamen Oeffnung der Samen- 700 Wii'beltliiere. und Harnleiter auf der Spitze. Was aber besonders die Cloake des Männcbens auszeichnet, das sind zwei, in den Ecken der Afterspalte angebrachte, runde und ziemlich grosse Oeffuungeu ((/, Fig. 2(34), welche in zwei spindelförmige Schläuche (z^) führen, die unter den oberflächlichen Schwanzmuskeln liegen und die ausstülpbaren männ- lichen Ruthen sind. Im Inneren sind diese Schläuche, und zwar ganz besonders in ihrer mittleren Verdickung, mit einem hornigen Epithelium ausgekleidet, das knopfförmige Erhabenheiten zeigt, auf welchen sich sogar dornenartige Spitzen entwickeln. Wenn diese Be- gattungsorgane nach aussen vorgestülpt sind, so zeigen sie eine dop- pelte, eichelartige, verdickte Endiguug; die Spalte, welche die beiden Eicheln trennt, setzt sich auf der äusseren Fläche ihres duneren Stieles in eine Spiralrinne fort, die der Urogenitalpapille gegenüber mündet und offenbar dazu bestimmt ist, bei der Begattung den Samen in die weiblichen Organe hinüber zu leiten. Das mit Spitzen besetzte Epithelium der Eicheln wird auf den übrigen Flächen der Ruthen durch ein Pflasterepithelium ersetzt. — Im Umfange dieser inneren Schicht, die durch die Ausstülpung der Ruthen zur äusseren wird, finden sich bindegewebige Massen mit weiten Lücken und groben Gefässnetzen, die wohl einen erectilen Apparat herstellen, der bei der Ausstülpung eine Rolle spielen mag. Dieses Bindegewebe, das beson- ders stark an den Eicheln entwickelt ist, wird von einer starken, aus Längsfasern zusammengesetzten Muskelscheide umgeben, die sich nach hinten in einen Rückziehmuskel des Penis (&) fortsetzt, der sich an die ventralen Dorufortsätze der vorderen Schwanzwirbel ansetzt. Man findet keine Ringmuskeln; die Ausstülpung der Ruthen wird wohl durch die Compression mittelst der Schwanzmuskeln geschehen , die auf die mit Blut und Lymphe gefüllten Hohlräume der Bindegewebemasse einwirken. Wir müssen hier noch der beiden Fettkörper (u, Fig. 264) er- wähnen, die innerhalb des Beckens auf der ventralen Seite der Leibes- höhle liegen und gänzlich von dem schwarzen Bauchfelle umkleidet werden. Sie wechseln ausserordentlich in Gestalt und Grösse, zeigen aber stets gelbe Farbe und abgerundete Ränder. Bei Individuen , die im Anfange April während des Winterschlafes gefangen wurden, waren sie enorm, stiessen nach vorn an die Leber an und zeigten eine be- deutende Entwicklung ihrer von den äusseren Beckenarterien und Venen stammenden Gefässe. Dagegen waren sie bei Individuen , die während fünf Wintermonaten gefastet hatten , aber nicht zum Winter- schlafe gekommen waren, auf ein Minimum reducirt. Wir fügen noch einige Worte über das Peritoneum in seiner Gesammtheit bei. Es kleidet alle Wände der Leibeshöhle ohne Aus- nahe aus, zeigt aber verschiedenes Verhalten in seinem vorderen und hinteren Abschnitte. An der Spitze der Herzkammer verschmilzt es Reptilien. 701 mit dem Herzbeutel (,(/, Fig. 288) und befestigt so dessen Spitze an der Leibeswand, die es zu beiden Seiten bis zur dorsalen Mittellinie überzieht, wo es eine herabsteigende L<ängsfalte bildet, in welcher die Aorta eingeschlossen ist. Auf der Brustwand bleibt es durchscheinend und entsendet hier Lamellen zur Bekleidung der Lungen, des Magens und der Leber. Aber bei seiner weiteren Ausdehnung nach hinten wird es durch die Entwicklung einer Pigmentschicht auf seiner Aussen- seite tief schwarz. Die Grenze des schwarzen Bauchfelles ist sehr scharf, sie folgt etwa der Richtung der Rippen, wie wir es auf der rechten Seite der Figuren 264 und 288 (u) angegeben haben. Oeffnet man das auf dem Rücken liegende Thier von der Bauchseite, so zeigt die schwarze Färbung einen tiefen, mit der Spitze nach hinten ge- richteten Ausschnitt. Nun erstreckt sich das schwarze Bauchfell über die ganze Ausdehnung der Wände des hinteren Abschnittes der Leibeshöhle, aber die von ihm ausgehenden Falten, an welchen der Darm und die Geschlechtsorgane aufgehängt sind , bleiben vollständig durchsichtig. An der Niere angelangt, verlässt das Bauchfell die Körperwand und tritt auf die ventrale Fläche der Niere über, deren ganze vordere Hälfte es bis zum Austritte der Harnleiter überzieht. Hier schlägt es sich auf die Cloake hinüber und senkt sich an dieser hinab, so dass es zwei seitliche, nach hinten geschlossene Trichter bildet. Es setzt sich dann über die ventrale Fläche der Cloake bis zu einer Qaerliuie fort, welche der Einmündung der Harnblase ent- spricht, und schlägt sich über die Fettkörper hinüber zur ventralen Leibeswand, von deren Mittellinie Falten ziir Fixation des Darmes und der Leber abgehen. Die Nieren liegen somit auch hier ausserhalb des Bauchfelles. Die geschlossenen Trichter zu beiden Seiten der Cloake scheinen uns die obliterirten Reste früher offener Peritoneal- canäle zu sein. Athem Organe. — Sie bestehen aus dem Kehlkopfe, der hinten in zwei Bronchen getheilten Luftröhre und den Lungen. Bei Ge- legenheit des Gerachsorganes haben wir schon die zu demselben ge- hörigen Canäle behandelt, welche die Luft in die Mundhöhle führen. Der Kehlkopf (g, Fig. 285; Ja, Fig. 286) liegt auf dem Boden der Mundhöhle , in dem Ausschnitte zwischen den hinteren Zungen- fiügeln, unmittelbar vor dem Schlundkopfe auf dem Körper des Zungen- beines. Er ist nebst der von ihm ausgehenden Luftröhre in seiner Lage durch die Mundschleimhaut befestigt, welche sich an den Rän- dern der linearen, vorn kaum etwas erweiterten Stimmritze nach innen einschlägt. Er hat eine ovale Form und unterscheidet sich durch seine weisse Farbe von der umgebenden schwärzlichen Mundschleim- haut. Er besteht aus einem breiten Knorpelringe, der ventralwärts etwas ausgezogen und aus der Verschmelzung mehrerer Tracheairinge 702 Wirbelthiere. mit den Cartil. thyroidea und cricoidea hervorgegangen ist. Aitf der Vorderfläche dieses Kehlkopfknorpels liegen zwei kleine, hakenförmig gekrümmte Cart. arytenoideae , die durch zwei kleine äussere Muskeln aus einander gezogen werden können , welche zu beiden Seiten der Kehlkopfschwellung wie halbmondförmige Wülstchen hervortreten (Fig. 286). Ein an der ventralen Innenseite des Hauptknorpels sich ansetzender Ringmuskel dient als Verengerer. Die ziemlich dicke Schleimhaut, welche die Innenflächen der einfachen Kehlkopfhöhle überzieht, trägt ein Wimperepithelium. Die Luftröhre {h, Fig. 285; tr, Fig. 286) liegt in der Mittel- linie der Rachen- und Schlundhöhle und besteht aus zahlreichen, theil- weise unvollständigen Knorpelringen. Sie krümmt sich etwas nach unten in der Schlundenge, hebt sich aber dann wieder und kommt endlich zwischen das ventralwärts gelegene Herz und den dorsalen Schlund zu liegen. In der Gegend der hinteren Herzspitze (Fig. 285) gabelt sie sich in zwei kurze Aeste (Ji^) , welche unmittelbar in die beider- seitigen Lungen auf deren Innenfläche eintreten. Die Lungen (7, m, Fig. 264) bilden zwei Säcke von länglicher Eiform, die beiderseits auf der dorsalen Seite der Leibeshöhle sich etwa bis zur Hälfte der Länge des Magens nach hinten ausdehnen. Sie werden durch breite Mesenterialfalten in ihrer ganzen Länge dorsalwärts an den Magen , ventralwärts und seitlich an die Leber angeheftet und gänzlich von dem Bauchfelle umhüllt. Die zum Magen gehenden Falten erstrecken sich nach hinten als breite Bänder zu den Geschlechtsorganen. Die Lungensäcke haben dicke und elastische Wände , die aus glatten Muskelfasern , elastischen und Bindegewebefasern zusammen- gesetzt sind. Erst in dem hinteren Abschnitte werden die Wände dünner und lassen dann deutlich die Alveolen ihrer Innenfläche durch- schimmern. Sie sind stets mit Liift gefüllt, fallen aber. Dank der Elasticität" ihrer Wände, nicht zusammen, wenn man sie öffnet oder durchschneidet. Nach Eröffnung eines Lungensackes kann man leicht constatiren, dass der Bronchus auf der Innenseite, unmittelbar hinter dem Aus- tritte der Lungenvene sich öffnet, die sich wie die Bronchen gabelt und auf der ventralen Seite des Sackes verlaufend sich verzweigt. Die im Gegentheil von ihrem Ursprünge aus dem Bulbus des Herzens an isolirten Lungenarterien verlaufen auf der dorsalen Seite der Säcke. Man sieht dann zugleich, dass das vordere Ende eines jeden Sackes über die Eintrittsstelle des Bronchus hinaus sich blindsackartig fortsetzt und dass dieser blinde Abschnitt von einem starken Muskelwulste umgeben ist, der wohl die Rolle eines Schliessmuskels spielen mag. Reptilien. 703 Auf der inneren Fläche springen die Gefässe mit ihren auastomo- sireuden Verzweigungen stark vor und bilden so ein System von am Grunde mehr und mehr getheilten Areolen , die Bienenwaben nicht unähnlich sind und sich über die ganze Innenfläche erstrecken. Auf der Rückenseite längs der Erstreckuug des Mesenterialbandes zum Magen bilden sich diese Areolen zu tieferen, jederseits in einer Längs- reihe gelagerten Höhlungen aus, deren man in jeder Reihe zehn bis zwölf zählt und die von den Gefässen, Arterien wie Venen, quer durch- setzt werden. Man kann in dieser Bildung die erste Anlage der bron- chialen Höhlen oder Röhren erblicken, die sich in den Lungen der Krokodile entwickeln. Die Athmung besteht nicht, wie bei den Amphibien, aus einer Art Verschluckung der Luft. Beobachtet man eine lebende Eidechse, so sieht man die Wände des Halses in ihrem hinteren Abschnitte sich abwechselnd zusammenziehen und ausdehnen , ohne dass die Mund- höhle an diesen Bewegungen Antheil nähme. Die Töne , welche die Eidechse hervorbringen kann und die wir oft bei unseren im Terra- rium gehaltenen hören konnten, sind kurz, rauh und nur wenig laut schallend. Kreislauf. — Man kann das Herz ohne vorgängige Ein- spritzung untersuchen. Tödtet man die Thiere durch Chloroform, so bleiben die grossen Gefässe, besonders die Venen, prall mit gestocktem Blute gefüllt, so dass man sie leicht präpariren kann. Das Herz (Fig. 289 a. f. S.) liegt in der ventralen Mittellinie unmittel- bar auf der Brustbeinplatte, an welche sich der das Herz allseitig um- gebende Herzbeutel anlegt. Die linke Hälfte ist etwas mehr entwickelt als die rechte. Um das Herz im frischen Zustande zu untersuchen, tödtet man das Thier, indem man es mit einem Schälchen mit Chloro- form unter eine Glasglocke setzt. In Zeit von einer halben Stunde etwa stirbt das Thier während der Diastole des Herzens, so dass dieses mit den grossen Gefässen prall mit Blut gefüllt ist, welches man durch Eintauchen in schwachen Weingeist coaguliren kann. Man kann so die Injection umgehen, die aber unerlässlich bleibt, wenn man die Ver- zweigungen der Gefässe im Körper untersuchen will. Erhärtet man das in der obigen Weise behandelte Herz in stufenweise stärkerem Weingeist, so kann man Schnitte davon fertigen, ohne nöthig zu haben, es in Paraffin einzubetten. Bei der Ansicht von der ventralen Seite her (A, Fig. 289) und nach Wegnahme des Herzbeutels zeigt sich das Herz aus drei Haupt- theilen zusammengesetzt: den beiden Vorkammern (od, o g), die nach vorn liegen, in ihrem Ganzen breiter wie lang sind, abgerundete Ränder haben und nach vorn durch eine seichte Einkerbung getrennt sind, in welche der x^rter ienbulbus (ha) eingelagert ist, von dem später 704 Wirbelthiere. Fie-. 289. Lacerta ocelluta. — Das Herz mit seinen Anlagerungen , nach Entfernung des Herz- beutels , doppelt vergrössert. A, von der ventralen Seite. Die Theile sind in ihrer normalen Lagerung belassen , nur hat man den Schlund und die Lungen ein wenig zur Seite gezogen, um die Vereinigung der beiden Aorten sichtbar zu machen. B, von der dorsalen Seite. In diesem Präparate hat man den Schlund weggenommen, die Lungen zur Seite geschoben und den rechten Bronchus abgeschnitten. Die Luft- röhre ist nach hinten zurückgeschlagen , die Aorten dagegen nach Loslösung ihrer Zweige nach vorn gezogen, um die Lungengefässe und Veneustämme zur Anschauung zu bringen. Anliegende Theile: F, Leber; Oe, Schlund; Pd, rechte Lunge ; Pg, linke Lunge; 7", Luftröhre ; i?r. rechter Bronchus, abgeschnitten; ^j--'^, sein Eintrittsloch in den Lungeusack. Herztheile : ba, Wurzel des Arterienbulbus ; bm, venöse Aussackiing ; od, rechte Vorkammer: og, linke Vorkammer; vc, Spitze der Kammer mit ihrem Aufhängebande; vd, rechte Hälfte; vg, linke Hälfte der Herzkammer. Gefässstämme : ac, gemeinschaftliche Bauchaorta; ad, rechte Aorta; ag, linke Aorta; cd, rechte Carotis; cg, linke Carotis; ijd, rechte Lungenarterie ; pg, linke Lungenarterie; tc, ge- meinschaftlicher Arterienstamm; cod, Verbindungsgefäss zwischen dem Aortenbogen und der Carotis der rechten Seite ; cog, dasselbe der linken Seite; scd, rechte Schulter- arterie ; scg, linke Schulterarterie; av, Wirbelarterie; sr, gemeinschaftlicher Venen- sinus; ?-c. Lebervene ; 7'scf?, rechte Schultervene; rscg, linke Schultervene ; ;rf, rechte Jugularvene ; Jg, linke Jugularvene ; ri, unpaare Kopfvene; v d, rechte Wirbel vene ; r (/j linke Wirbelvene ; vp d, Längsast der rechten Lungenvene. Reptilien. 705 die Rede sein soll. Durch seine Erstreckung nach hinten deckt der Baibus die Trennungsfurche zwischen den beiden Vorkammern. Diese sind etwa gleich gross, erscheinen aber oft ungleich, je nach dem Zu- stande ihrer Füllung mit Blut. Die hinteren Ränder der Vorkammern werden von der Kammer durch eine tiefe, fast gerade Querfurche ge- trennt, welche aber in der Mitte durch die Wurzel des aus der Kammer austretenden Bulbus unterbrochen wird. — Die H e r z k a m m e r (?;fZ, vg) hat die Gestalt einer unregelmässigen, dreiseitigen Pyramide; die obere dorsale Fläche ist durch die Längsfurche der Luftröhre seicht aus- gekehlt, die beiden Seitenflächen sind ungleich. Die Basis der Pyra- mide wird durch die vordere, den Vorkammern zugewandte Fläche her- gestellt, die etwas abgestumpfte Spitze der Pyramide ist nach hinten gerichtet; die linke Seite ist etwas grösser und leicht gewölbt, während die rechte Seite, besonders nach der Spitze hin, etwas ausgeschweift ist. Die ventrale Mittelkante der Pyramide ist stark abgerundet. Von der hinteren Spitze der Kammer gehen einige Faserbündel aus, welche die- selbe an den Herzbeutel befestigen. Dieser umgiebt allseitig das Herz, bildet aber nach hinten zu einen weiteren Sack, während er nach vorn eng den Vorkammern anliegt und sich an den "Wurzeln der grossen Gefässe in unmittelbarer Nähe des Herzens festsetzt. Ganz besonders fällt bei der ventralen Ansicht der Arterien- bulbiis (ba, Fig. 289,^) auf, der mit seiner etwas verdickten Wurzel in eine Einkerbung der Kammer eingepflanzt ist und nach vorn zwischen den Vorkammern sich erstreckt. Man sieht an mit Blut ge- füllten Herzen sogleich, dass er aus zwei grossen Arterienstämmen zusammengesetzt ist, die durch eine halbe Windung um die Längsaxe gedreht sind. Diese beiden Stämme sind bis zur Basis des Bulbus deutlich von einander getrennt; eine weissliche, schiefe Linie lässt schon von aussen diese Trennung erkennen. Der von rechts her kom- mende Stamm liegt am meisten veutralwärts ; er verläuft in schiefer Richtung bogenförmig über die linke Vorkammer, nimmt ein Com- municationsgefäss vom Carotidenbogen (cog) auf, erhebt sich bis zur Wirbelsäule und verläuft an dieser nach hinten , um sich mit dem entsprechenden Bogen der anderen Seite zu verbinden und mit ihm die gemeinschaftliche Bauchaorta (ac) zu bilden. Dieser isolirte Stamm ist die linke Aorta («f/). ' ^ Die rechte Aorta (tc), die mehr Verzweigungen bietet, tritt zur linken Seite der vorhergehenden aus der Herzkammer aus , schlüpft über sie weg, indem sie sich nach rechts wendet und entsendet zuerst einen Ast, der im Bogen die rechte Vorkammer umkreist und hier einen Verbindungsast vom entsprechenden Carotidenbogen (eod) er- hält. Hierauf setzt sie in schiefer Richtung ihren Lauf gegen die Wirbelsäule fort und vereinigt sich mit der linken Aorta in einiger Entfernung von der Herzspitze zur Bildung der gemeinsamen Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. j^y 706 Wirbelthiere. Aorta (ac). Dieser Stamm ist die rechte Aorta (ad). Diese beiden Stcämme geben durchaus das Bild eines Kiemengefässbogens, der au seiner Basis getrennt ist und keine Kiemenfransen speist. Unmittelbar nach dem Austritte der rechten Aorta theilt sich der gemeinsame Stamm in zwei Aeste, die schief nach vorn zu beiden Seiten der Luftröhre verlaufen und deren Verzweigungen wir später beschreiben werden. Diese beiden Stämme sind die gemeinschaft- lichen Carotideu (cd, cg), welche das Blut zum Kopfe und den Vordergliedmaassen führen. Aus dieser Anordnung folgt, dass alles für den Körper bestimmte Blut durch den Arterienbulbus hindurchgehen muss. Um die Stämme der Lungengef ässe und der Venen zu sehen, muss man das Herz von seiner doi'salen Fläche aus untersuchen (B, Fig. 289). Hier bedarf es aber einer eingehenden Präparation, da diese Fläche von dem Schlünde und unmittelbar von der Luftröhre bedeckt wird. Um ein unserer Figur B ähnliches Präparat herzustellen, muss man den Schlund entfernen, nachdem man die herumschweifenden Nerven und die Gefässe durchschnitten, die Aorten aber bis zu ihrem Vereinigungs- punkte unbeschädigt gelassen hat, so dass man sie, wie wir gethan, ablösen und nach vorn zurückschlagen kann. Man entfernt dann den Schlund vollständig und schlägt die Luftröhre bis zu ihrer Gabelung Bach hinten zurück. Man sieht dann, an der Basis des Bulbus, eine rundliche Aussackung (hm), die von dem grossen Venensinus aus- geht. Von den Seiten des Bulbus gehen die erwähnten Aortenstämme ab. Hinter ihnen, aber noch im Zusammenhange mit der Wurzel des Bulbu.s, treten die beiden Lungenarterien (pd^pg) hervor, die sich unmittelbar nach hinten krümmen , um über die dorsale Fläche des Herzens und der grossen Venenstämrae weg jederseits den betreffenden Ijungensack zu erreichen. Etwas hinter ihnen und hart an der Mittel- linie tritt die gemeinsame Lunge nvene (vp) hervor, welche das oxygenirte Blut aus den Lungen zum Herzen zurückführt; sie verläuft ähnlicb wie die Arterien , theilt sich aber erst an der Gabelung der Luftröhre, in unmittelbarer Nähe der Lungen, in die den beiden Lungensäcken entsprechenden Aeste. Aber die Ursprünge dieser Lungengefässe werden von den grossen Venenstämmen überdeckt. Schon bei der ventralen Ansicht des Her- zens sieht man die grosse Lebervene (vc), die man auch die Hohl- vene genannt hat, welche aus den vorderen Leberlappen austritt, sich an den rechten Rand der Herzkammer anlegt, und mit einer S-förmigen Krümmung auf die dorsale Fläche der Vorkammern gleitet (B, ve). Hier nimmt sie die von der rechten Kopfseite und der rechten Vorder- glied maasse kommenden Venen auf und bildet einen weiten, horizontal verlaufenden Sinus (B,sr), der von der linken Seite her einen Stamm aufnimmt, welcher durch die Vereinigung der linken Jugular- und Reptilien. 707 Scapularvenen gebildet wird. Etwa in der Mitte bildet der Sinus die erwähnte Aussackung nach vorn (Im), welche von der dorsalen Seite her die Bulbuswurzel und die Austrittsstellen der Lungengefässe deckt. Diese Aussackung, die vielleicht das verkümmerte Homologen der un- paaren rechten Kopfvene (vi) ist, steht in offener Verbindung mit dem grossen Venensinus, der durch eine Querspalte in die Vorkammer mündet. Die innere Structur des Herzens muss auf Schnitten untersucht werden. Durch die Herzkammer und die Vorkammern gelegte senkrechte Querschnitte zeigen, dass die Kammer, besonders in der ganzen Er- streckung ihres hinteren Abschnittes , aus Muskelbündeln besteht , die im Ganzen eine dorso- ventrale Richtung haben und nur enge Spalten zwischen sich lassen. Man kann keine besondere, die beiden Kammer- hälften trennende Scheidewand nachweisen, doch scheinen die Spalten- räume zu beiden Seiten der mittleren Trabekeln etwas weiter als die anderen. Gegen die Vorkammern hin sieht man diese Spalten eine halbmondförmige Gestalt annehmen und so einen abgerundeten , mitt- leren Theil umfassen, der sich als Anfang des Bulbus erweist. Schliess- lich öffnen sich die Spalten in eine weite, mittlere Höhle, welche zu den Atrioventricular-Oeffnungen führt. Ausserdem bemerkt man noch in der Nähe des Randes der rechten Ventrikelhälfte eine etwas weitere Spalte, welche längs dieses Randes sich zur rechten Aorta und den Lungen- arterien hinzieht, die an der Rückenseite der Wurzel des Bulbus ent- springen. In die bezeichnete Ventrikelhöhle münden die Vorhöfe und die Gelasse. Die Trennung zwischen der Kammer und den Vorkammern wird durch eine vielfach ausgeschnittene Sehnenhaut bewerkstelligt, welche durch Sehnenfäden befestigt ist und um die öeflfnungen un- vollständige Klappen mit freien, ausgezackten Rändern bildet, Ventral- wärts, fast in der Mittellinie, finden sich die Mündungen der Gefässe, welche die Wurzel des Bulbus zusammensetzen, diejenigen der Lungen- arterien etwas mehr nach oben und rechts, die der Aortenbogen mehr nach unten und links. Alle diese Gefässe zeigen am Ursprünge halb- mondförmige Taschenventile. Die Höhlungen der beiden Vorkammern sind unabhängig, doch liegen die Mündungen der Gefässe sehr nahe an der mittleren Scheidewand ; die des gemeinschaftlichen Venensinus in die rechte Vorkammer ist eine Querspalte, die der Lungenvene in die linke Vorkammer dagegen ist rundlich. Diese Venen- mündungen haben glatte, abgerundete Muskelränder, welche wohl die Oeffnungen verengen , aber doch wohl nicht gänzlich schliessen können. Ln Ganzen ist demnach der Klappenapparat des Herzens ziemlich mangelhaft. Die am Ursprünge der xirterien liegenden Klappen 45* 708 Wirbelthiere. schliessen wohl noch vollständig, weichen aber einem geringen Drucke; die Atrioventriciilarklappen schliessen nicht ganz volLständig, so dass stets einiger Rückfluss statthat, und die Venenöffnungen widersetzen sich kaum einer Rückstauung des Blutes. So kommt es dann, dass bei den meisten Injectionen, mögen sie nun von der Kammer, der Aorta oder der Lebervene aus bewerkstelligt werden, sich alle Clefässe, Arterien wie Venen, gleichmässig füllen. Nur zufällig, wenn einer oder der andere Stamm von einem Blutpfropfen ausgefüllt ist, erhält man isolirte Injectionen eines Systemes. Auch die Durchgänge durch die Capillaren scheinen sehr wegsam; man erhält meistens, bei der Einspritzung durch die Herzkammer, ganz gelungene, indirecte In- jectionen der Pfortadersysteme der Leber und der Nieren. Arterieller Körperkreislauf. — W^ie schon gesagt, tritt die linke Aorta (ag, Fig. 289) zuerst als unabhängiger Stamm auf der rechten Seite der Wurzel des Arterienbulbns hervor. Sie richtet sich schief nach links und vorn, geht über die ventrale Seite des ge- meinschaftlichen Aortenstammes, steigt zur Wirbelsäule empor und bildet, auf der doi-salen Seite des Schlundes angelangt, einen nach hinten gerichteten Bogen, um sich in der Mittellinie, im Niveau der vorderen Leberspitzen, mit der rechten Aorta zur Bildung der gemein- samen Baucbaorta zu vereinigen. Auf diesem ganzen Wege vom Herzen bis zum Vereinigungspunkte entsendet sie keinen Seitenzweig, nimmt aber auf der Höhe ihres Bogens einen Verbindungsast mit der linken Carotis (cog, Fig. 289, A) auf. Der gemeinsame Aortenstamm (ac, Fig. 289, Ä) tritt an- fangs auf der linken Seite des Arterienbulbus hervor, biegt aber dann in seiner Erstreckung nach vorn auf die dorsale Seite der linken Aorta, um sich in der Höhe des Vorderrandes der Vorkammern in drei Haupt- stämme zu theilen, in die rechte Aorta (ad) und rechte Carotis (cd) einerseits, die linke Carotis anderseits. Die rechte Aorta (ad) beschreibt einen der linken ähnlichen Bogen, auf dessen Höhe sie ebenfalls einen Verbindungsast (cod) mit der rechten Carotis aufnimmt. Aber auf ihrem Wege zu der Ver- einigung mit der linken Aorta sendet sie mehrere Seitenäste ab, deren hauptsächlichste von vorn nach hinten sind: die rechte Subclavia {scd, Fig. 289, B) und ein gemeinsamer Stamm, der sich sofort in zwei Aeste, die Wirbelarte rie (va) und die linke Subclavia (scg) theilt. Ausser diesen Haiiptästen giebt sie noch vor der Ver- einigung einige feine Zweige zum Oesophagus, die wir auf unserer Fig. 289, B nicht gezeichnet haben. Unmittelbar nach der Herstellung der gemeinsamen Aorta (ac) löst sich eine stärkere Arterie, die Magen- arterie, ab, die ihrer Lagerung nach noch der rechten Aorta angehört. Wir behandeln später diese Aeste. Abgesehen von der grösseren, ursprünglichen Unabhängigkeit der Reptilien. 709 linken Carotis {cg), beschreiben beide Carotiden (Fig. 289, Ä) den Aorten ähnliche, identische Bogen, welche nach hinten die kurzen Ver- bindnngsäste {cod und cog) abgeben, die schon erwähnt wurden. Dann aber gehen nach vorn, zu beiden Seiten der Luftröhre, die ge- meinsamen Carotiden {cd und cg) ab, welche in gerader Linie gegen das, äusserlich durch das Trommelfell bezeichnete Gelenk des Unterkiefers sich richten. Sieht man in Gedanken von den beschriebenen Trennungen dieser Stämme im Bulbus ab, so hat man zwei aus dem Bulbus hervortretende Gefässbogen , von welchen der vordere von den beiden Carotiden , der hintere von den beiden Aorten gebildet wird ; aber diese beiden Bogen fliessen durch die erwähnten Verbindungsäste auf den Seiten zu- sammen. Der Carotidenbogen liefert die Arterien des Kopfes und Vorderhalses; der zweite, aber nur durch seine rechte Hälfte, die Ge- fässe der Vorderglieder und der umgebenden Theile, während die durch die Vereinigung hergestellte gemeinsame Aorta das Blut in die Eingeweide und die hinteren Körpertheile führt. Carotiden. — Jeder dem Bulbus entstammende Bogen entsendet noch vor dem Verbindungsaste einen feinen , oberflächlichen Zweig {tJi^ Fig. 290) zur Thymusdrüse, die hufeisenförmig die Luftröhre uragiebt. Die gemeinsame Carotis (25), die sich schief nach vorn und oben gegen die Ecke des Trommelfelles richtet, ist nur sehr kurz ; sie entsendet vor ihrer Gabelung einen Zweig, Art. hyoideo-lingualis, die längs des hinteren Zungenbeinhornes bis zum Zungenbeinkörper läuft, über die Vereinigung schlüpft, hier einen rückläufigen Ast längs des vorderen Hornes entsendet und dann ihren Weg bis zum Frenu- lum fortsetzt. Sie giebt auf diesem Wege Zweige an die Luftröhre, den Kehlkopf, die umgebenden Muskeln, die Mundschleimhaut und ver- ästelt sich schliesslich in der Zunge. Fast unmittelbar nach Abgabe dieses Astes gabelt sich der ge- meinsame Stamm in die äussere und innere Carotis. Die äussere Carotis entsendet, an der hinteren Ecke des Trommelfellringes angelangt, einen bedeutenden Ast zum Unter- kiefer, Art. mandi'bularls (4), welche auf ihrem Verlaufe bis zur Schnauze die Muskeln, die Zähne und die Schleimhaut der Umgebung versorgt. Sie biegt hinten um das Trommelfell und theilt sich an dessen oberer Ecke in zwei Aeste, Art. supra-orhitulis (3) und infra-orl)italis(l), welche sich in den Augenmuskeln, der Nase und dem Vorderkopfe verzweigen. Die innere Carotis (5) entsendet zuerst einige rückläufige Zweige zu den Nackenmuskeln (p) und dringt sodann in den Schädel ein, wo sie Zweige an das Hörorgan, das Gehirn und besonders eine centrale Augenarterie abgiebt, die dem Sehnerven folgt und mit ihm in den Augapfel eindringt, wo sie in der Choroidea und Iris sehr com- 710 VVirhelthiere. plicirte Netze bildet. Nach Schöbl (s. Lit.) zeigen die in das Gehirn eindringenden Arterien noch ein embryonales Verhalten ; sie bilden keine intermediären Capillarnetze zwischen Arterien und Venen, sondern biegen einfach an ihi'en Enden um und setzen sich in die Venen fort. An der Hirnbasis, vor der Nackenbeuge und unter den Kleinhirnschenkeln entsenden beide Carotiden je einen rückläufigen Zweig, der sich mit dem der anderen Seite in der Mittellinie zu dem sogenannten Circulus Willisii vereinigt, von welchem eine starke Arteiie, Art. myelica (14), ausgeht , die in der Mittellinie längs der ganzen Erstreckung des Rückenmarkes bis zur Schwanzspitze verläuft und in jedem Inter- vertebralraume einen Verbindungszweig zu der seitlichen Spinal- arterie (13) sendet, welche aus einem tiefen Aste der Schulterarterie entspringt. Nach Entsendung dieser Zweige weichen die Carotiden unter der Basis des Mittelhirnes wieder aus einander und setzen sich, am Chiasma, in die Sehnerven und die Augen fort. Ueberall geben sie Zweige an das Gehirn und enden schliesslich mit einer Arterie, die dem Riechnerven in seiner ganzen Länge folgt und sich in der Nase und Schnauzenspitze verzweigt. Rechter Aortenbogen (ad, Fig. 289). — Wie schon bemerkt, liefert der linke Bogen keine Aeste. Der rechte ist dagegen so zu sagen ausschliesslich für das Vorderglied bestimmt ; er entsendet die beiden Schulter arterien, von welchen die rechte (sccl) etwas vor der anderen entspringt. Diese Arterie durchsetzt die Muskeln, welchen sie kleine Zweige liefert, und verläuft zum Armgelenke, über welchem sie sich in zwei Aeste gabelt, die auf den beiden Armflächen sich ver- ästeln.. Wir gehen in diese Verzweigung nicht weiter ein, bemerken aber, dass die Arterie an der Gabelung einen Zweig entsendet (p^, Fig. 29Ü), welcher in den Seitenmuskeln verläuft, sich der ventralen Mittellinie nähert und mit der oberflächlichen Leistenarterie anasto- mosirt. Ein anderer Ast geht vor der Gabelung ab; er durchsetzt die Wirbelsäule und bildet die seitliche Spinalarterie. Die linke Schulterarterie geht etwas hinter der anderen ab, kreuzt die Mittellinie, um zum linken Armgelenk zu gelangen, giebt auf diesem Wege einen Zweig zur Verstärkung der Art. myelica, verhält sich aber dann wie die rechte. Wir bemerken noch, dass beide Schulterarterien von ihrem Ursprünge an hart au der Wii'belsäule anliegen, so dass man die mächtigen unteren Nackenmuskeln wegpräpariren muss, um sie zur Anschauung zu bringen. Die gemeinsame absteigende Aorta (12) liegt von dem Punkte der Vereinigung der beiden Aortenbogen an bis zum Vorderende der Nieren hart an der Wirbelsäule in der ventralen Mittellinie an, entfernt sich aber hier etwas, um sich in zwei Stämme zu gabeln und in die Niere einzudringen, wo die Arterien Wundernetze bilden, an der hinteren Spitze der Nieren aber sich wieder zu einem Stamme zu- Reptilien. 711 sammenzuthun , der als Caudal-Aorta (20) in dem durch die unteren Dornfortsätze gebildeten Häraalcanal sich bis zur Schwanz- spitze erstreckt. Auf diesem ganzen Verlaufe giebt die Arterie in jedem Intervertebralraume Zweige ab, die in die Austrittsöffnungen der Nerven eindi'ingen. Am Eintrittspunkte gehen Zweige für die Mus- keln und die Haut ab, die wesentlich den oberen und unteren Dorn- fortsätzen und den Rippen folgen. Aber diese Zweige communicireu auch im Inneren des Wirbelcauales mit der Art. myelica und da diese wieder mit der seitlichen Spinalarterie in Verbindung steht, tragen sie zu dem Kreislaufe innerhalb des Rückenmarkes bei. Oeffnet man vorsichtig den Rückencanal, um das Mark bloss zu legen, so sieht man inderThat, dassdieArt. myelica (14) und spina- lis lateralis (13) einen welligen Verlauf haben, sich an jedem Wirbel berühren und so eine Reihe von rhombischen Figuren (Fig. 290) bilden, von deren Ecken feine Zweige in das Rückenmark und dessen Hüllen ausgehen. Aber ausser diesen Zweigen entsendet noch jede dieser Rhombenketten in der Höhe der Magenkrümmung und des Beckens feine oberflächliche Zweige, die in das schwarze Peritoneum übertreten und mit den Aufhängefalten des Mesenteriums, die ersteren in den Ausschnitt der Leber, wo sich das Pankreas findet, die letzteren zu dem Hinterrande der Fettkörper sich begeben. Ausser den erwähnten Zweigen für das Leibesgerüst mit Muskeln und Haut und das centrale Nervensystem liefert aber die gemeinsame Aorta noch bedeutende Aeste für die Eingeweide und die hinteren Gliedmaassen, Auf der ganzen Länge ihres Verlaufes entsendet sie durch die von der Wirbelsäule ausgehenden Mesenterialfalten Gefässe an die an diesen Falten aufgehängten Organe. Vorn, an die dorsale Fläche des Magens, gehen meist kleinere Gefässe, unter welchen oft eine stärkere als M agen arter ie bezeichnet werden kann. In der Nähe der Mageu- krümmung geht ein starker Ast ab, die Milzarterie (A. sple- nica, 16, Fig. 290), die sich besonders in der Milz und im Pankreas, aber auch in den umliegenden Darmtheilen verzweigt. Etwas weiter nach hinten geht ein noch grösserer Ast ab, die Bauch fellarterie {A. mesenterica, 17), die sich in den Mesenterialfalten des Darmes bis zum Rectum verzweigt. Endlich entsendet die Aorta unmittelbar vor dem Eintritte in die Niere eine starke Genitalarterie (18), welche an den Geschlechtscanälen, Ei- und Samenleitern , zu den Nebennieren und Nebenhoden vorgeht und zahlreiche Gefässe an Eierstock und Hoden abgiebt. Am Vorderende der Niere (>•, Fig. 290) gabelt sich die Aorta, wie schon bemerkt. Jeder Ast tritt in die entsprechende Nierenhälfte ein, lässt sich aber nicht weiter als unabhängiger Stamm verfolgen, weil er sich in ein Wundernetz von dicken , mit einander communi- 712 Wirbelthiere. Fia-. 290. Laceria oceUalu. — Das Thier liegt auf der linken Seite und ist von rechts her geöffnet. Man hat die Organe nach rechts ausgebreitet, so weit dies möglich war, ohne ihre Verbindungen zu lösen. Die Körpertheile und Eingeweide sind nur in Um- rissen angegeben und durch Buchstaben bezeichnet, die Arterien sind roth, die Venen blau, die Lungengefässe' schwarz; alle numerirt. Etwas reducirte Grösse. Buch- staben links : n, Nasenloch ; o, Auge ; t, Trommelfell ; p, Hautstück des Nackens, Reptilien. - 713 cirenden, gewundenen Gefässeu auflöst, von welchen feine Aeste in die Nierensubstanz eindringen. In der Mitte des Organes, wo beide Nierenhälften zusammenfliessen , tritt durch eine tiefe seitliche Kerbe eine bedeutende Arterie aus , deren Vertheilung wir sofort besprechen werden. Das Wundernetz erfüllt den ganzen vereinigten Nieren- abschnitt; aus dem hinteren spitzen Ende der Niere tritt dann die oben beschriebene Caudalaorta (20) aus. Die erwähnte Arterie, welche jederseits aus der Kerbe austritt, kann die Art. femoro-abdominalis (19) genannt werden. Sie schlägt sich über die vordere Ecke des rinnenartigen Gelenkes zwischen dem Becken und der Wirbelsäule hinüber, läuft zum Schenkelgelenke und tlieilt sich hier auf dem Gelenkkopfe des Femur in zwei, längs diesem Knochen verlaufende Aeste, die schwächere, Art. cruralis (32), auf der Streckseite, die stärkere, Art. ischiatica (33), auf der Beuge- seite des Gliedes. Mit einem tieferen Aste zusammen vertheilen sich diese Arterien in dem Fusse. Ausserdem aber liefert jede dieser Arterien einen Zweig, die Art. ischiatica einen oberflächlichen Ast zum Lymphherzen (cJ), zur Schenkelhaut und den Schenkeldrüsen; die Art. cruralis eine weit bedeutendere Baucharterie (31), welche unmittel- bar unter der Haut an der äusseren Fläche des Beckens bis zur Sym- physe verläuft, über den Fettkörper wegzieht, dem sie, je nach seiner Entwicklung, stärkere oder schwächere Aeste abgiebt. Diese Arterie vereinigt sich mit derjenigen der anderen Seite in der Mittellinie und bildet dann zwei Aeste, einen grösseren, die äussere Mesenterialarterie, und einen kleineren, oberflächlichen, die Bauchwandarterie. Die Art. mesenterica externa (30, 31) folgt der medianen Mesenterialfalte , welche den Darm an die Bauchwand befestigt, bis zurückgeschlagen; b, Arm; p', Hautstück der Seite; oe, Schlund; pa, Pankreas mit der Darmpfortader; ■>:, Wirbelsäule; (/', männliche Geschlechtsorgane der linken Seite, durch das Bauchfell durchschimmernd. Man hat hier nur die Venen eingetragen, um die Vene zu zeigen, welche von da zum rechten Hoden geht, sp, rechter Samen- leiter; d, Muskeln und Tegumeute des Rückens; r, Niere; m, Rückenmark. Rechter- seits : mu, Unterkiefer; hy, Zungenbein; Ki/^, seine Bogen; tr, Luftröhre; th, Thy- mus; od, rechte Vorkammer; r, Herzkammer; f^, vordere Lappen der Leber; jxa, Leibes wand mit den oberflächlichen Gefässen ; p, rechte Lunge; /, Leber; 7-a, Milz; i, Dünndarm; f., rechter Hode ; cg, Fettkörper; co, Dickdarm; re, Harnblase; ba, Becken; c, Hinterfuss ; cl, Lymphherz; q, Schwanz. Ziffern zur linken Seite. Ge- fässe bezeichnend: 1, Art. inira-orbitalis ; 2, venöser Sinus der Augenhöhle; 3, Art. supra- orbitalis ; 4. Art. mandibularis ; 5, Carotis interna; 6, rechte Jugularvene ; 7, Verbindungsast des Carotisbogens ; 8, Vena vertebralis ; 9, V. subclavia; 10. Art. subclavia dextra ; 11, Vereinigung der beiden Aortenbogen; 12, gemeinsame Bauch- aorta; 13, Art. spinalis lateralis; 14, Art. myelica ; 15, Magenpfortader; 16, Art. splenica ; 17, Art. mesenterica; 18, Ai-t. genitalis; 19, Art. femoro-abdominalis ; 20, Aorta caudalis. Ziffern rechterseits : 21, Art. subungualis; 22, Art. mandibularis; 23, Vena lingualis ; 24, V. cephalica irapar ; 25, gemeinsamer Carotidenbogen ; 26, linker Aortenbogen; 27, Leberhohlvene; 28, 29, Art. abdominalis parietalis ; 30, 31, Art. mesenterica externa; 32, Art. cruralis; 33, Art. ischiatica; 34, Vena cava caudalis. 714 ' Wirbelthiere. zum Rande der Leber, taucht in die Auskehlung dieser Drüse ein und durchsetzt in schiefer Richtung nach vorn die Lebersubstanz, an welche .sie feine Zweige abgiebt. An dem vorderen Rande der Leber an- gelangt, entsendet sie nach aussen in der die Leber mit der ventralen Seite des Magens und Schlundes verbindenden Mesenterialfalte drei Zweige, die eine Längsarterie zusammensetzen, welche am Schlünde und Magen bis zur Krümmung des letzteren verläuft. Die Art. abdominalis parietalis (29) läuft an der inneren Fläche der Bauchwand bis zur Symphyse des Beckens und theilt sich hier in zwei Aeste, einen kleineren rückläufigen, der auf der Symphyse bis zur Afterspalte verläuft, und einen grösseren , der in der ventralen Mittellinie bis zum Aufhängebande der Herzspitze aufsteigt und sich in der Bauchwand und in der das Herz an die Leber befestigenden Mesenterialfalte verzweigt. Venöser Körperkreislauf. — Wir erwähnten schon (S. 706), dass alles vom Körper und den Eingeweiden, mit Ausnahme der Lungen, rückströmende Blut sich in einem grossen, quer auf der Dorsal- fläche des Herzens gelagerten Venen sinus (sv, Fig. 289, £) sam- melt, der die Grenze zwischen Vorkammern und Kammer überdeckt und sich mit einer Spalte in die rechte Vorkammer öffnet. Die beiden Queräste, welche diesen Sinus zusammensetzen, erhalten sich innerhalb des Herzbeutels , verhalten sich aber ausserhalb desselben in ver- schiedener Weise. Wir müssen sie also getrennt behandeln , machen aber zugleich darauf aufmerksam, dass die peripherischen Venen im Ganzen die Arterien begleiten , so dass wir sie in unserer Figur 290 nur dann eingezeichnet haben, wenn sie von den Arterien abweichen. Der rechte Querstamm, der bedeutendste, setzt sich aus drei Hauptästen zusammen: der unpaaren Kopfvene, der Jugularis und der Lebervene, die nahe an ihrer Einmündung die Schultervene und Wirbel- vene aufnimmt. Die unpaare Ko]3fvene (vi, Fig. 289; 24, Fig. 290) erscheint unmittelbar am Herzbeutel und legt sich an die rechte Seite der Luft- röhre an, wo man sie bis zur Abgangsstelle der Zungenbeinbogen ver- folgen kann. Indem sie hier auf die dorsale Fläche des Zungenbeines übergeht, gewinnt sie zugleich die Mittellinie und bildet nun unter der Zunge und in dem Körper derselben jene Sinusse, die wir S. 691 beschrieben haben. Diese münden nach hinten in die bedeutende Zungenvene (23), welche von beiden Seiten Zuflüsse aus den be- nachbarten Theilen erhält. Die rechte Jugularvene (6, Fig. 290) folgt der rechten Ca- rotis und erhält den Artei'ien entsprechende Zuflüsse. Nur ist zu be- merken, dass die der Unteraugenarterie entsprechende Vene sich unter den vorderen Hirntheilen und in der Orbita bedeutend erweitert, um Reptilien. 715 jene Sinusse zu bilden, welche wir S. 680 beschrieben und unter 2 auf unserer Figur 290 angedeutet haben. Die Lebervene (vc, Fig. 289; 27, Fig. 290) ist der bedeutendste Gefässstamm des ganzen Körpers. Sie tritt am vorderen Ende der Leber zwischen kleinen, anliegenden Läppchen derselben aus, legt sich an den Herzbeutel an mit einer zierlichen Krümmung und dreht plötz- lich ein , um sich mit der Jugularis und der unpaaren Vene zu ver- binden. Vor dieser Vereinigung aber nimmt sie die rechte Schulter- vene und Wirbelvene auf, die wie die gleichnamigen Arterien verlaufen. Der linke Querstamm ist weit unansehnlicher als der rechte und setzt sich nur aus der linken Jugularis (jg) und Schulter- vene (vscg, Fig. 289) zusammen, die unmittelbar am Herzbeutel zusammenfliessen und sich sonst wie die gleichnamigen Venen der rechten Seite verhalten. Ein der unpaaren Kopfvene entsprechender Stamm fehlt gänzlich. Die Venen des Rückenmarkes verlaufen wie die Arterien und hin- sichtlich der Peritonealvenen ist das Gleiche der Fall. Abgesehen von den peripherischen Communicationen, die vorhanden sein können , ist demnach der venöse Kreislauf im Kopfe und den vor- deren Extremitäten durchaus unabhängig; das durch ihn gebrachte Blut strömt durch die erwähnten fünf Stämme in die beiden Queräste des gemeinschaftlichen Veneusinus. Der venöse Kreislauf der hinteren Körperhälfte ist verwickelter ; er concentrirt sich gewissermaassen in der Leber und der Niere. Eine caudale Hohl ven e (34, Fig. 290)begleitet, eingeschlossen in dem Hämalcanale der Dornfortsätze des Schwanzes, die Aorta und dringt mit dieser mit mehrfachen Sprüngen in die hintere Spitze der Niere ein, in welcher sie sich verzweigt. Sie ist also eine zu- führende Nierenvene. Die Art. femofo-ahdomincdis (S. 7L3) ist auf allen ihren Ver- zweigungen von der gleichnamigen Vene begleitet, die durch dieselbe Seitenkerbe in die Niere eindringt, um sich in ihre Substanz zu ver- zweigen. Diese Vene ist also ebenfalls eine zuführende Vene der Niere und führt dieser Drüse alles aus den Hinterbeinen und den Bauch- wandungen rückströmende Blut zu. Als besonderen Zweig erwähnen wir eines vom Lymphherzen kommenden Aestchens (cl, Fig. 290). Alles dieses durch die Arterien und zuführenden Venen in die Niere gebrachte Blut verlässt nach der Circulation die Niere durch die vorderen Zipfel. Es giebt also zwei ausführende Nierenvenen, die wir die Genitalvenen nennen, weil sie unmittelbar von der Niere sich auf die ausführenden Geschlechtscanäle hinüberschlagen und gemeinschaftlich mit den Arterien denselben der ganzen Länge nach 716 Wirbel thiere, folgen. Auf diesem Wege erhalten sie bedeutende Zuflüsse von den Geschlechtsdrüsen, Hoden und Eierstöcken. An dem Vorderende des Geschlechtsapparates, den Nebenhoden und Nebennieren angelangt, vereinigen sich die beiden Venen zu einer gemeinsamen Genital- pfortader, welche die Richtung der rechten Genitalvene beibehält und die linke Genitalvene wie einen längeren Ast aufnimmt. Der ver- einigte Stamm dringt in die hinteren Leberlappen an dessen Rande ein und verzweigt sich in der Substanz der Leber als Pfortader. Die eigentliche Pfortader, welche wir die Darmpfortader (pa, Fig. 290) nennen wollen, nimmt alles von dem Darm, dem hin- teren Theile des Magens, dem Pankreas und der Milz kommende Blut durch Venen auf, welche in den Mesenterialfalten neben den Zweigen der Mesenterial- und Milzartei'ien verlaufen. Diese Venen sammeln sich allmählich in der Nähe des Pankreas zu einem Stamme, der mit den Gallengäugen in die Leber dringt, um sich in deren Substanz zu verzweigen. Aber ausser diesen beiden Hauptpfortadern giebt es noch einige feinere unabhängige Gefässe, welche sich unmittelbar in der Leber verzweigen, ohne vorher sich an die Stämme anzuschliessen. Dahin gehören die Zweige, die von der Vena myelica stammen und den S. 711 erwähnten Peritonealarterien folgen, ferner Schlundzweige, die den Venen entstammen , welche in den beiden Mesenterialfalten des vor- deren Abschnittes des Magens verlaufen und endlich Zweige, welche aus dem vorderen Theile der Vena femoro-parietalis hervorgehen. Das Pfortadersystem der Leber zerfällt also in zwei Hauptvenen, die genitale und intestinale Pfortader, und eine Anzahl von kleineren, unabhängigen Zweigen. Alles in diesen Gefässen strömende Blut wird nach seiner Circulation in der Lebersubstanz von der grossen Leber- vene (27) aufgenommen, die es in der S. 715 beschriebenen Weise dem gemeinschaftlichen Venensinus zuführt. Lungenkreislauf. — Die beiden L u n g e n a r t e r i e n {pd, pg, Fig. 289) entspringen gesondert aus der dorsalen Fläche der Wurzel des Arterienbulbus, wo ihr Ursprung durch die kleine vordere Aus- sackung des Venensinus überdeckt wird. Hebt man dieselbe auf, so siebt man, dass die Ursprünge der Arterien so sehr dem rechten Aortenbogen genähert sind, dass sie demselben zu entspringen scheinen. Jede Arterie schlägt sich in einem Bogen über den Venensinus und die Lebervene und theilt sich, auf der Lunge angekommen, in zwei Aeste, einen stärkeren, der auf der Rückenfläche der Lunge nach hinten läuft, und einen schwächeren, der sich in den blinden Theil vor dem Ein- tritte des Bronchus vertheilt. Die verzweigten Arterien bilden auf den Wänden der Areolen sehr dichte Capillarnetze. Aus diesen sammeln sich die zuführenden Zweige der Lunge nvene (^'J;, Fig. 289, B), die schliesslich zwei, den Arterien entsprechende Aeste bilden. Der daraus Reptilien, - 717 hervorgehende Stamm verhält sich aber in verschiedener Weise. Nach ihrer Vereinigung bilden die beiden Aeste der rechten Lunge {vpä) einen kurzen, nach vorn und links verlaufenden Stamm, Dieser nimmt beim Vorüberziehen die beiden Gefässe der linken Lunge gesondert auf und die auf diese Weise gebildete gemeinsame Lungenvene schlägt sich nun nach vorn, hart an der linken Lungenarterie angelagert. In der Nähe der Bulbuswarzel mündet sie in den linken Vorhof auf der dem Bulbus zugewandten Fläche in unmittelbarer Nähe der die beiden Vorkammern trennenden Scheidewand. Lymph System. — Man kann im Allgemeinen sagen, dass sich dieses System grösstentheils aus wandungslosen Lückenräumen zu- sammensetzt, welche sich überall zwischen den Organen und deren con- stituirenden Elementen vorfinden, dass diese Räume mit grösseren Lücken zwischen dem Tegumente und den anliegenden Muskeln in Ver- bindung stehen und dass schliesslich in einzelnen Theilen sich be- sondere Wände zur Auskleidung der Lückenräume ausbilden. Dies geschieht besonders in den Scheiden, welche die grossen Gefässstämme und die Arterien bis zu ihren feineren Verzweigungen umhüllen. Diese Lymphscheiden erschweren sogar in nicht unbeträchtlicher Weise die Prä- paration der Arterien, deren feinere Zweige erst aus den Scheiden her- vortreten. Alle diese Lymphscheiden erstrecken sich bis zum Herz- beutel, der von einem weiten Sinus umgeben ist, in welchem man meist bedeutende Massen coagulirter Flüssigkeit vorfindet. Der Sinus er- streckt sich bis zur Thymus, die in Gestalt eines schmalen Hufeisens die ventrale Seite der Luftröhre umfasst. Es scheint sogar, dass dieser Sinus offene Verbindungen mit der Höhle des Herzbeutels hat; wir fanden wenigstens bei manchen durch Chloroform getödteten Thiereu die Höhle des Herzbeutels mit bedeutenden Massen coagulirter Sub- stanz erfüllt, welche den Abklatsch der einzelnen Herztheile zeigten. Wir haben diesen Punkt nicht weiter verfolgt. Die Eidechse besitzt ein Paar Lymphherzen (c?, Fig. 290). Es sind kleine runde Bläschen, die auf der Innenseite der Haut zwischen der Rückenleiste und dem Querfortsatze des letzten Beckenwirbels liegen. Wir haben ihre Pulsationen bei lebenden Thieren nicht deut- lich wahrnehmen können. Sie stehen jederseits mit einem Aestchen des Hautzweiges der grossen Vena femoro-ciMominalis in Verbindung. Wenn auch die Tegumente der Saurier im Allgemeinen dieselbe Structur zeigen, wie unsere tj'pischen Gattungen, so fludeti sich doch zahl- reiche Verscliiedenheiteu. "Wir erwähnen besonders die warzige Haut der Chamaeleonideu mit ihren zahlreichen Pigmentzellen {Chromato2}horen) von verschiedenen Farben, welche Aupassungsfarben hervorbringen, sich aber auch bei vielen anderen Sauriern, wenn auch weniger entwickelt, wieder- finden; ferner die in Eingel getheilte Haut der Amphisbänen und die mehr oder minder verknöcherten Schuppen der Scincoiden. Wir über- lassen diese und andere Bildungen der beschreibenden Zoologie. — Die Wirbel 718 Wirbel thiere. der Geckotiden sind bicoucav und enthalten im Inneren noch Reste der Chorda, die intervertebral verbreitert sind. Bei den meisten Sauriern findet man einen Theil der Körper der Schwanzwirbel, mit Ausnahme der vordersten, durch eine Querspalte in zwei Hälften getheilt. Der abgebrochene Schwanz regenerirt sich um ein axiales Kuorpelrohr. — Der Schulte rgürtel, das Brustbein und das ganze Vorderglied verkümmern stufenweise bei den fuss- losen Sauriern und verschwinden sogar gänzlich. Das Schulterblatt und das Rabenbein erhalten sich inmitten der ebenfalls verkümmerten Muskeln noch länger als alle anderen Theile. "Wir verAveisen hinsichtlich der Einzelheiten auf Für bringer (s. Lit.). Aehnlich verhält sich das Hinterglied. — Reste des ursprünglichen, knorpeligen Primordialschädels erhalten sich in grösserem oder geringerem Maasse bei den meisten; der knöcherne Schädel zeigt nur, wenn auch bedeutende, Detailunterschiede; doch felilt den C ha- rn aeleonen und den Amphisbänen die Colonnetta, weshalb mau auch die übrigen Saurier Kionocranier genannt hat. — Centrales und peri- pherisches Nervensystem sind nach demselben Plane gebaut, wie bei unserer typischen Art; ebenso auch das Geruchsorgan, dessen Einzel- heiten uns Born (s. Lit.) genau kennen gelehrt hat. -~ Die Augenlider zeigen bedeutende Verschiedenheiten. Die Chamaeleonen besitzen nur ein einziges, ringförmiges, mit runder Sehöffnung, die sich wie eine Strippe er- weitert und verengt; bei den Amphisbänen und den meisten Scincoiden zieht sich scheinbar die äussere Haut, wie bei den Schlangen, über das Auge weg, das bei einigen Scincoiden {Dihanus, Typhline) nur sehr klein ist. Die Zunge zeigt vielfache Verschiedenheiten, die man in der Zoologie verwerthet hat. Sie ist besonders Tastorgan und zweispitzig bei den Lacer- t i d e u , M o n i t o r i d e n , A m e i v i d e n (Fissüingues) ; sie ist kurz, dick, nicht vorziehbar, mit ausgeschweiftem Ende, weichen und abgeplatteten Papillen besetzt bei unserer zu den Scincoiden gehörigen Blindschleiche und den Ptychopleuriern [Brevilingues) ; bei d en H u m i v a g e n , I g u a n i d e n und Gecko tiden (Crassilingues) wird sie sehr kurz und dick, vorn abgerundet und läuft nach hinten in zwei lange Anhänge, wie die Flügel eines Pfeiles aus; endlich bei den Ch Am ixeleon an (Vermilingues) wird sie ein langer, in einer Scheide spielender Muskelcylinder, der vorn napft'örmig ausgehöhlt und durch die Absonderung sackförmiger Schleimdrüsen klebrig gemacht ist. Ein verwickelter Muskelapparat, der noch durch besondere Bildungen der Blut- und L3'mphgef ässe unterstützt wird , kann diese wurmförmige Zunge mit Blitzesschnelle und grosser Kraft bis zu einer Entfernung vorschnellen, welche selbst die Länge des Körpers übertrifft. Diese Zange ist nur Greiforgan; das Thier schnellt sie auf Lrsecten, die an dem Endnapfe hängen bleiben. — Die Speicheldrüsen sind im Allgemeinen wie bei unserer typischen Art ge- bildet; doch findet sich am Unterkiefer von Heloderma horridam, zwischen Haut und. Knochen, eine grosse lappige Drüse, aus zusammengedrängten Drüsenkörnern gebildet, welche in die gefurchten Zähne des Unterkiefers Ausführungsgänge sendet. Obgleich das Thier auch im Oberkiefer Furchen- zähne besitzt, so hat es doch dort keine besonders entwickelten Drüsen; um zu beisseu , wirft es sich auf den Rücken und gilt in seinem Vaterlande Mexico für giftig. — Vorbehaltlich mancher Einzelvariationen, welche be- sonders die Gaumenzähne betreffen , die liäufig fehlen , scheiden sich die Kieferzähne je nach ihrer Befestigung in zwei Gruppen. Bei den einen, den Pleurodonten, zeigen sie dasselbe Verhältniss zum Kiefer, wie bei unserer typischen Art; bei den anderen dagegen, den Acrodonten, sitzen die Zähne mit sehr kurzen Sockeln auf den Innenräudern der Kieferknochen, und die Aussenwand des Sockels erhebt sich unmittelbar von dem schneidenden Rande des Kiefers, so dass dieser wie ausgekerbt erscheint. Die tiefer absteigende Reptilien. 719 luuenwand des Sockels zeigt das Loch für den Durclitritt der Gefässe und Nerven in die Pulpe des Zahnes. — Das Darnirohr lässt vom Schlünde bis zum After nur unbedeiiteude Variationen wahrnehmen. Der Blinddarm am Ende fehlt zuweilen {Angiiis). — Auch die Urogenital- und Kreis- laufsorgane variiren nur in sehr engen Grenzen. Es versteht sich von selbst, dass bei den fusslosen Sauriern die Gefässe der Extremitäten ver- kümmert sind. — Die hinteren L y mi)hher zeij scheinen allen Sauriern zuzukonamen. — Kehlkopf und Luftröhre bieten keine besonderen Ab- weichungen, wohl aber die Lungen, in deren Aiisbildung zwei getrennte Eichtungen sich aussprechen. Einerseits entwickeln sich in ihrem Inneren unvollständige Längsscheidewände, wodurch Brouchialbäume und Verästelungen angebahnt werden und anderseits theilt sich der Lungensack in zwei Ke- gionen , eine athmende vordere mit netzförmigen Athemhöhlen und Ver- tiefungen, und eine hintere Eegion mit glatten "Wänden, in welcher keine bedeutenden Capillarnetze ausgebildet sind und die nur als Luftbehälter dient. Bei den Chamaeleoneu entwickelt sich dieser letztere Theil bedeutend und treibt eine Menge oft sehr seltsam gestalteter Blindschläuche aus, welche so die Bildung der Luftcanäle anbahnen, die bei den Vögeln entwickelt sind. Bei den seh langenf ör raigen Sauriern erhält die rechte Lunge all- mählich das Uebergewicht über die linke , die nach und nach verkümmert und bei den Amphisbänen gänzlich verschwindet. Die Ophidier unterscheiden sich von den Sauriern weder durch das Fehlen der Gliedmaassen, noch durch die Streckung des Körpers, welche be- sondere Folgen in der Entwicklung der Eingeweide nach sich zieht. Wie wir gesehen haben, giebt es Eidechsen, wie unsere Blindschleiche, welche in diesen Beziehungen den Schlangen nicht nachstehen. Gewisse anatomische Eigenthümlichkeiten entscheiden aUein über die Stellung der Gattungen und Familien in den beiden Ordnungen und auch diese Charaktere sind nicht absolut und bieten mancherlei üebergänge, die zu berücksichtigen sind. Die Tegumente unterscheiden sich nicht von denen der tj-pischen Saurier. Bei vielen Giftschlangen finden sich grosse Lymphräume unter der Haut des Kopfes und Halses. An den Lippen der Nattern entwickeln sich Tastkörperchen mit körnigen Innenkissen, die von elastischen Fasern in Spiralen umsponnen werden und mit den Pacini' sehen Körpern einige Aehnlichkeit haben und ausserdem noch, sowie am Kopfe, kleine Becher- Organe, die aus concentrisch zusammengestellten Epidermoidalzellen ge- bildet sind. An der Wirbelsäule kann man eigentlich nur zwei Regionen unter- scheiden, den Eumpf und den Schwanz; alle anderen sind verwischt. Die Wirbel selbst sind häufig ausserordentlich zahlreich, mehrere Hundert; sie sind procöl mit stark vorragendem, kugeligem, hinterem Gelenkkopf. Die Dornfoi'tsätze sind häufig mächtig entwickelt, die Querfortsätze dagegen kuiz oder verkümmert; alle sind mit den Wirbelkörpern verwachsen. Atlas und Axis unterscheiden sich nicht von den zwei ersten Wirbeln der Saurier. Alle vor dem Schwänze gelegenen Wirbel tragen lange, gebogene^ sehr bewegliche und an ihrem ventralen Ende freie, dort mit einem Knorpelkäppchen ttm- gebene Rippen. Die Schlange geht auf ihren Rippen. Schultergürtel und Brustbein fehlen immer; nur bei den Pj'thoniden und Tj'phlopiden existiren hintere, aus zwei oder drei in den Muskeln verlorenen Knochen- stückchen bestehende Beckenrudimente, welche mit einem stumpfen Nagel zur Seite des Afters endigen. Der Hirnschädel ist äusserst fest, wie Elfenbein, die Knochen im er- wachsenen Alter sind so mit einander verschmolzen, dass man nur mit Mühe die den Knochen des Saurierschädels entsprechenden Stücke unterscheidet. 720 Wirbelthiere. An diesen breiten Hirnschädel legt sich der nach zwei verschiedenen Rieh- tungen hin entwickelte Gesichtsschädel au. Die Stenostomen [Typhlo- piden) haben ein enges, nicht erweiterungsfähiges Maul wie die Saui'ier ; ihr Quadratbein ist unmittelbar am Schädel oder an einem fest au den Schädel angeschweissten Schuppenbeiu aufgehäugt; der Oberkieferbogen ist unbe- weglich; nur die Gaumen-, Flügel- und Quadratbeine sind beweglich; die beiden Aeste des Unterkiefers sind dui-ch eine faserknorpelige Symphyse ver- bunden. Bei den übrigen, den Makrostomen dagegen sind alle Knochen des Gesichtsschädels mobil, die einen durch wahre Gelenke, die anderen durch laxe Eändermasseu. Der Unterkiefer bogen ist besonders merkwürdig; das sehr grosse Schuppenbein ist einerseits am Schädel , anderseits am Quadratbein eingelenkt, welches seinerseits das Gelenk des Unterkiefers trägt. Die beiden Unterkieferhälften sind aber an ihren Enden vollkommen frei und hier nur durch laxe elastische Bänder oder durch lauge, kreuzweise über einander laufende Muskeln verbunden, wie wir dies bei Python constatiren konnten. Diese Einrichtung gestattet eine solche Erweiterung des Rachens, dass die Schlangen Beutethiere verschlucken können, deren Durchmesser den ihres Kopfes und Halses weit übersteigt. — Bei den Giftschlangen zeigt der Oberkiefer bogen wesentliche Umgestaltungen. Der Zwischeukiefer ver- kümmert oder verschwindet ganz; der bei den nicht giftigen Schlangen nach hinten verlängerte Oberkiefer verkürzt sich schliesslich zu einer kurzen Quer- rolle, welche die Giftzähne trägt. Das Präfrontale, auf welchem dieser ver- küi'zte Oberkiefer rollt, wird gegen das Stirnbein beweglich. Das sehr lange Plügelbein lenkt sich nach hinten mit dem Quadratbeine, nach vorn mit dem Querbeine und dem Gaumenbeine ein und trägt auf seinem vorderen Theile krumme Hakenzähne. Alle diese Knochen werden nach hinten gezogen, wenn die Schlange den Mund schliesst, und der nach innen gerollte Oberkiefer birgt dann seine grossen Giftzähne in einer Falte der Schleimhaut des Gaumens. Oeffuet die Schlange den Rachen , so wird der Oberkiefer so weit nach vorn gerollt, dass die Gifthaken über die Schnauzenspitze hervorragen. — Das Zungenbein hat nur ein Paar Hörner ; ein Inneubein der Zunge fehlt oft. Im Mu skelsj's tem e fallen besonders die zahlreichen, scharf getrennten Muskeln auf, welche in mehreren Schichten sich an die Rippen festsetzen und diese beweglichen Knochen nach allen Richtungen hin bewegen können. Auch die Hautmuskeln sind beträchtlich entwickelt. Abgesehen von der grossen Länge und dem Mangel jeglicher Anschwel- lung gleicht das Rückenmark demjenigen der Saurier. Ebenso das Hirn; doch fällt letzteres durch die bedeutende Breite des Yorderhirnes auf. Die Epiphyse ist nicht so entwickelt, wie bei den Sauriern. — Die Spinal- nerven gleichen alle einander, da den Extremitäten entsprechende Plexus fehlen. Die Hirnnerven zeigen einige Eigeuthümlichkeiten, auf die wir hier nicht eintreten können, sondern auf die Abhandlungen von Vogt und Fischer (s. Lit.) verweisen müssen. Der Accessorius Willisii fehlt. Der Kopftheil des Sympathicus ist sehr bedeutend, dagegen die mit den Spinal- nerven in Verbindung stehenden Stränge und Ganglien sehr reducirt. Die Sinnesorgane zeigen einige Besonderheiten. Der Nase fehlt der bei den Sauriern ausgebildete Vorhof; die einzelnen Höhlen, sowie das Jacob- son'sehe Organ liegen in derselben Flucht. — Das Auge besitzt keine differenzirte Lider ; aber die Entwicklungsgeschichte zeigt , dass die äussere Membran, welche das Auge bedeckt und die nur eine Fortsetzung der Körper- haut scheint, in Wirklichkeit das untere Augenlid, die Nickhaut ist, welche sieh über den ganzen Augapfel ausgebreitet und mit einem oberen Hautfalze, dem Rudimente eines oberen Lides, verschmolzen hat. Nach innen von dieser Haut findet sich ein Lymphraum und dann erst die Conjunetiva. Die sehr Reptilien. 721 grosse Thränendrüse entsendet ihre Absonderung durch den Thränencanal und das Jacobson' sehe Organ in die Mundhöhle und functionirt so als accessorische Speicheldrüse. Die übrigen Augentheile entsprechen denjenigen der Saurier. — Das Hörorgan unterscheidet sich von dem aller übrigen Reptilien durch den Mangel eines mittleren Ohres; Trommelfell, Trommel- höhle und Eustachische Eöhre fehlen vollständig. Doch giebt es eine Colu- mella in Gestalt eines theilweise verknöcherten Stäbchens. Das häutige Labyrinth bietet keine bemerkenswerthen Verschiedenheiten. In Folge der allgemeinen Streckung des Körpers zeigen die Verdauung s - Organe mannigfaltige Modificationen. Wir erwähnten schon die Erweiterungs- fähigkeit des Rachens , dessen Schleimhaut zahlreiche Falten , Drüsen und Nervenkörper zeigt. Besonders hervorzuheben sind aber einerseits die Bil- dung der Zunge, anderseits die oft übermässige Entwicklung der mit der Mundhöhle in Beziehung stehenden Drüsen. Die Zunge ist nur Tastorgan ; sie spielt in einer, durch eine Einstülpung der Mundschleimhaut gebildeten Scheide und trägt namentlich in ihren beiden Endspitzen, die aus dem Munde hervorgestossen werden können , zahlreiche Tastkörperchen ; ihr sehr langer Stiel wird durch einen runden Längsmuskel {M. hyoglossus) gebildet, zu dem sich noch senkrechte und Kreisbündel gesellen. Die Munddrüsen sind zahlreich und je nach ihrer Function verschieden entwickelt. Eine in Iluf- eisenform gekrümmte obere LippAidrüse umzieht den oberen Mundrand. Sie liegt ausserhalb der Zähne in der Dicke der Lippe und theilt sich oft in zwei Portionen, eine vordere und eine hintere, die sich auch durch die Structur ihrer Follikel und ihrer Ausführungsgänge differenziren. Bei den Giftschlangen verkümmert dieser vordere Drüsentheil nach und nach und verschwindet sogar gänzlich bei einigen {Trigonocephalus, Pelamis). Eine ähnliche, untere Lippendi'üse umschreibt den Rand der Unterkiefer. Auch ist noch bei den nicht giftigen Schlangen eine dritte Drüse, die hinter der Nasenhöhle ge- legene Nasendrüse, stärker ausgebildet als bei den giftigen. Zwei Paare von Unterzungendrüsen, von welchen das vordere Paar sich in den Vereinigungs- winkel der beiden Zungenspitzen, das hintere mit zahlreichen Canülen an der Basis der Zunge öffnet, liefern den Geifer, welcher das Spiel der Zunge mög- lich macht. Endlich die Giftdrüse scheint nur eine Weiterbildung der hinteren Portion der oberen Lippendrüse. Diese Portion wird grösser bei den Poster oglyphen, wo Furchen- oder Canalzähne, die grösser als die anderen sind, hinten in dem Oberkiefer hinter einigen derben Hakenzähnen stehen; sie wird ganz unabhängig bei den eigentlichen Giftschlangen, wo der rollenförmige Obei-kiefer nur einen in Function befindlichen Giftzahn und einige Ersatzzähne trägt. Bei diesen Giftschlangen wird die am liinteren Ende der Eachenspalte gelegene Drüse sehr gross und von einer sackförmigen Sehnenhaut umgeben. Sie liegt nun in der Masse des Beissmuskels, durch den sie zusammengedrückt werden kann , und mündet durch einen weiten Ausführungsgang auf der Aussenfiäche der Wurzel des gefurchten oder von einem Canale durchsetzten Giftzahnes. Wenn dann der Zahn sich zum Bisse aufstellt, so legt er sich so auf die Oeffnung, dass seine Furche oder Röhre die Fortsetzung des Ausführungsganges bildet. Die Drüse zeigt im Inneren weite Lücken, welche als Sammelbecken des Giftes dienen. Bei einzelnen Schlangen erreicht die Drüse eine enorme Grösse; in Gestalt einer Röhre erstreckt sie sich (bei Causus) bis unter die Haut der Rückengegend, bei Gallophis in die Bauchhöhle, wo sie sogar das Herz und die übrigen Organe aus ihrer Lage gegen den After hindrängt. — Die stets hakenförmigen Zähne, die eine scharfe Spitze haben, können in sehr grosser Zahl (mehrere hundert) vorhanden und auf allen an der Mundhöhle theilnehmenden Knochen einge- pflanzt sein, aber vorzugsweise auf den beiden Kieferbogen und dem Gaumen- Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. ^g 722 Wirbelthiere. flügelbogen. Man unterscheidet: derbe, von Zahnbein gebildete Zähne, die nur eine sehr kleine innere Pulpahöhle und an der Spitze ein Käppchen von Email haben; bei den nicht giftigen Schlangen {Colubei-, Python, Boa) kommen nur solche derbe Zähne vor; ferner Furchenzähne, die man sich in der Art vorstellen kann, als sei ein derber, aber abgeplatteter Zahn mit seinen Bän- dern so aufgebogen worden , dass er auf seiner äusseren , convexen Fläche eine mehr oder minder offene Furche oder Rinne zeigt (Naja, Bungarus) oder endlich Canalzähne , wo die Ränder der Rinne so mit einander verwachsen sind, dass die Rinne zu einem auf der convexen Seite des Zahnes verlaufen- den Längscanal umgewandelt wird (Vipera, Orotaliis, Trigonocephalus). Diese Furchen- und Canalzähne charakterisiren die giftigen und verdächtigen Schlangen — sie stehen immer im Oberkiefer. Für alle Zähne finden sich stets in kleinen Taschen der Mundschleimhaut Ersätzzähne. — Der Schlund ist meist kurz, dünnwandig, sehr ausdehnbar und geht ohne merkliche Grenze in den langen Magen über, der sehr drüsige Wände zeigt, die im oberen Abschnitte Längsfalten haben. Die Muskelschicht ist nur unbedeutend. Der meist engere und von dem Darme durch eine Klappe getrennte Pylorustheil zeigt keine Längsfalten, der meist sehr weite Mitteldarm dagegen unregel- mässige Falten oder selbst gefranzte Zotten ; der meist kurze, innen faltenlose E n d d a r m trägt oft einen Blinddarm , der bei Pytlion nur klein , bei Vipera und Crotalus aber bedeutend entwickelt ist.* Im Ganzen zeigt der Darm nur geringe Windungen; seine Länge übertrifft niemals diejenige des Körpers. — Das fehlende Bauchfell wird durch unbedeutende Bindegewebsbrücken und laxes Bindegewebe ersetzt. Die Leber verlängert sich ungemein; bei einigen Gattungen {Python, Trigonocephalus) lösen sich die Gallengänge in ein Netz- werk auf. Das Pankreas zerfällt häufig in zahlreiche Läppchen , deren jedes seinen besonderen Ausführungsgang hat. — Die Nieren bestehen aus einer Menge von Lappen, welche durch den an ihrem inneren Rande ver- laufenden Harnleiter verbunden werden. Letzterer mündet auf einem Wärz- chen in die Cloake und mit ihm verbindet sich dort zuweilen der Samen- leiter {Tropidonotu,')). Das Harnwärzchen ist bei den Weibchen stets von der Oeflfnung des Eileiters getrennt. — Abgesehen von ihrer Ausdehnung in der Länge, sind die Hoden denen der Saurier ähnlich und die Eierstöcke haben die Form der Hoden. Aber alle Urogenitalorgane zeigen insofern eine gewisse Asymmetrie, als sie sich gegen einander verschieben und die Organe der rechten Seite mehr gegen den Ko]Df vorrücken, als die der linken. Die Eileiter, die Cloake und die Begattungswerkzeuge verhalten sich wie bei den Sauriern; die Ruthen sind häufig an ihrem ausstülpbaren Ende zweitheilig und mit scharfen Dornen besetzt, welche einen kalkigen Kern haben. Die Eier haben eine faserige , von Kalkablagerungen durchsetzte Schale. — Das Herz zeigt eine den Sauriern ähnliche, innere Structur, ist aber sehr in die Länge gezogen; aus dem Arterienbulbus entspringen zwei Paare von Aortenbogen; das hinterste, bei seinem Austritt aus der Kammer stark angeschwollene Paar bildet die Lungenarterien und lässt bei den Gat- tungen, wo die linke Lunge verkümmert, ebenfalls den linken Bogen zu Grunde gehen. — Der peripherische Kreislauf, die L y m p h g e f ä s s e verhalten sich wie bei den Sauriern; letztere sind meist sehr geräumig, um- geben die Blutgefässe wie Scheiden und zeigen pulsireude Orgaue, Lymph- herzen, an der Schwanzwnrzel. — Milz, Nebennieren, Thymus und Thyroidea wie bei den Sauriern. — Hinsichtlich der zahlreichen Modi- ficationen im Baue des Kehlkopfes verweisen wir auf das classische Werk von Henle (s. Lit.); die Luftröhre is^ stets sehr lang, mit zahlreichen ganzen Knorpelringen ausgerüstet; die wie bei den Sauriern gebauten Lungen sind asymmetrisch; die linke Lunge wird bedeutend kleiner bei Eryx, Tortrix', Reptilien. 723 rudimentär bei Crotalus, Trigonocephalus , Vipera, und verschwindet endlicli ganz bei Elaps, HydropMs. \- Die von der einzigen Gattung Hatteria {Splienodon) gebildete Ordnung der Rhyncliocephalen stellt ein Bindeglied zwischen Eidechsen und Krokodilen her. Die Tegumente sind gebaut wie bei den Sauriern; die "Wirbel biconcav wie bei den Geckotiden; die Hals- und Brustrippen haben schiefe, den Hakenfortsätzen {Processus uncinati) der Vogelrippen ähnliche Fortsätze, die aber nur durch Naht mit der Rippe verbunden und unvollkommen ver- knöchert sind; es finden sich Bauchrippen und Bauchsternum, die aber nur Hautbildungen zu sein scheinen und deren Zahl grösser ist, als diejenige der Wirbel, zu welchen sie gehören sollten. Schulter- und Beckengürtel stimmen eher mit den gleichnamigen Theilen der Embryonen der Sauiier, als mit denen der erwachsenen Thiere überein. Hinsichtlich des Schädels erwähnen wir folgende Einzelheiten ; die Colonnetta ist vorhanden , aber in der Mitte dünn, an beiden Enden breit; der Äufhängeapparat des Unterkiefers verhält sich wie bei den Krokodilen. Es giebt zwar ein Jugale - quadratum , es ist aber mit dem Postfrontale, dem Squamosum, Jugale, Quadratum und Ptery- goideum verschmolzen, so dass der Unterkiefer durch das ebenfalls mit ver- schmolzene Quadratum unmittelbar an den Schädel eingelenkt ist und die erwähnten Knochen um und hinter der Orbita complicirte Bogen bilden. Die beiden Unterkieferhälften sind durch eine sehnige Symphyse verbunden. — Hatteria besitzt das vollständigste Parietalauge , welches wir kennen. Man findet an ihm alle wesentlichen Theile: Hornhaut, Choroidea, KrystalUinse, Retina. Hinsichtlich der Einzelheiten verweisen wir auf die Arbeit von Baldwin Spencer (s. Lit.). Hinsichtlich des Darmes und seiner Anfangs- gebilde unterscheidet sich Hatteria nicht von den übrigen Sauriern, auch nicht hinsichtlich der inneren Urogenitalorgane ; wohl aber sollen der Gattung, nach Günther, Begattungsorgane fehlen, was eine höchst bemerkenswerthe Ausnahme gegenüber allen anderen Reptilien herstellen würde. Die Hydrosaurier oder Krokodile vereinigen mit der allgemeinen Körpergestalt der Eidechsen eine Menge von Charakteren , von welchen die einen ihnen eigenthümlich zukommen , die anderen mit den Schildkröten ge- meinschaftlich sind. — Ausser den gewöhnlichen Eidechsenschuppen zeigen die Tegumente noch Knochenplatten, die auf dem Schädel mit den Deck- platten verschmelzen und ihnen eine eigenthümliche Sculptur geben. Diese in verschiedener Weise gekielten und sculptirten Hautknochen bilden auf dem Rücken und an den Seiten des Körpers Längsreihen, während auf dem Bauche sich das gewöhnliche Schuppenkleid der Eidechsen zeigt. Ausser kleinen, sackförmigen Afterdrüsen findet sich noch am Unterkiefer jederseits ein längslaufender, grosser Drüsensack, der nahe hinter dem Kiefergelenke mündet und aus der knopflochförmigen Mündung eine fettige Flüssigkeit von ekel- haftem Gerüche austreten lässt. Man hat diese einzigen Hautdrüsen die Moschusdrüsen genannt. Die Wirbel sind meist procöl. Sämmtliche Halswirbel tragen Rippen, die nach hinten zu so allmählich in die Formen der Brustrippen übergehen, dass bei einer und derselben Art einige Beobachter sieben, andere neun Hals- wirbel zählen. Die oberen und unteren Bogen, sowie die dorsalen Darmfort- sätze der Wirbel sind ausgiebig entwickelt und so innig verbunden , dass die Wirbelsäule wenig biegsam ist. Die Lendenwirbel tragen ebenfalls Rippen, deren distale Enden sich in der Mittellinie vereinigen. Man findet stets zwei Sacralwirbel und eine grosse, aber wechselnde Zahl von mit grossen oberen und unteren Darmfortsätzen versehenen Schwanzwirbeln. Das Sternum trägt ein spiessförmiges Episternum und ein bis zum Becken verlängertes Hj'posternum. — Der Schultergürtel besteht nur aus Schulterblatt und 46* 724 Wirbelthiere. Eaben'bein; die vordere Extremität zeigt keine charakteristische Bildung. — Im B e c k e n g tt r t e 1 sind Schambein und Sitzbein mit einander verschmolzen. Schienbein und Wadenbein bleiben getrennt luid lenken mit dem Fersenbein und Sprungbein ein, auf w^elche zwei andere Fusswurzelknochen folgen, von w^elchen der auf tibialer Seite gelegene mit dem entsprechenden Mittelfuss- knochen zusammenlenkt. — Alle den Gesichtsschädel zusammensetzenden Knochen sind wie bei den Schildkröten unter einander und mit den Knochen des Hirn Schädels zu einem einzigen, durchaus unbeweglichen Ganzen verschmolzen; namentlich ist das Quadratbein durch Nähte mit dem Felsen- bein und Schuppenbein verbunden. Die Kiefer sind stark, bei den Gavialen übermässig in die Länge gezogen; die an dem skelettirten Schädel einfach erscheinenden Nasenlöcher liegen unmittelbar an der Schnauzenspitze und sind nur durch eine knorpelig - häutige Scheidewand getrennt. Die Choanen dagegen sind ungemein weit hinten an dem Grundbein geöffnet, so dass sehr lange Nasengaumengänge hergestellt sind. Da durch die Verlängerung seiner Stützknochen das Unterkiefergelenk weit hinter das Hinterhaupt zurück- geworfen ist, so erscheint der aus mehreren Stücken zusammengesetzte und durch eine feste Nahtsymphyse mit der anderseitigen Hälfte verbundene Unterkiefer um so länger. — Das Centralnervensystem zeigt ein bedeutend entwickeltes Kleinhirn, an dem man schon einen Mitteltheil und zwei Seitentheile unterscheiden kann. Die Epiphyse ist gross, zeigt aber keine einem Auge zukommende Bildung. — Der Accessorius Willisii ist deut- lich differenzirt ; ein Ast des Hypoglossus verschmilzt auf der Mittellinie im Inneren der Fleischmasse der Zunge mit dem entsprechenden Nerven der anderen Seite. — Die Nasenöffnungen haben die Gestalt von Halb- monden, die auf einem Hügel von Bindegewebe stehen; sie können durch theilweise verknöcherte Klappen beim Aufenthalte unter dem Wasser voll- kommen geschlossen werden. Umgerollte knorpelige Nasenmuscheln, welche in den langen Nasengängen zwischen Gaumendach und Schädelbasis entwickelt sind , vermehren die Oberfläche der inneren Schleimhaut. — Die Augen sind klein, haben drei Augenlider, besonders eine grosse, durchsichtige Nick- haut und eine grosse Thränendrüse mit weitem Thränencanal. — Während das Labyrinth nur wenig von dem der Schildkröten verschieden ist, zeigt das mittlere Ohr bedeutendere Eigen thümlichkeiten. Ueber dem Trommelfelle sind zwei, Augenlidern ähnliche Hautfalten ausgebildet, welche von theilweise verknöcherten Scheiben gestützt und mittelst besonderer Muskelbündel so fest zusammengeschlossen werden können, dass sie, wie Lider, nur eine horizontale, der Kopfaxe parallele, feiue Spalte übrig lassen. In das runde, in einem Knochenringe ausgespannte Trommelfell ist die Columella eingelassen, welche mit einem trichterförmig ausgehöhlten Ende sich an das runde Fenster ansetzt. In der Mundhöhle fällt vor Allem die unbewegliche Zunge auf, welche wie ein mächtiges Fleischkissen den ganzen Bodenraum zwischen den Unterkieferästen ausfüllt. Sie hat eine dicke , quer gefaltete Schleimhaut. Zähne stehen nur im Zwischen- und Oberkiefer, sowie im Unterkiefer in einfacher Reihe in einer tiefen Randrinne auf Sockeln von Knochensubstanz, die von Alveolen umgeben sind. Die Zähne sind conisch, an der Basis längs- gefältelt und mit einer ziemlich geräumigen Pulpenhöhle versehen. Nament- lich gegen die Schnauze hin finden sich grössere Fangzähne, welche ihre Nachbarn überragen und je nach den Gattungen, in Ausschnitte oder selbst am Oberkiefer in Löcher des Knochens beim Schliessen des Maules eingreifen. Man wendet diese Bildungen in der Zoologie zur Unterscheidung der Kro- kodile und Alligatoren an. Die Gelenkrolle des Unterkiefers steht quer zur Axe des Kopfes und ei-laubt durchaus keine Seitenbewegung des Kiefers. Um den Rachen aufzusperren, hebt das Krokodil auch den Schädel durch die Reptilien. 725 mächtigen Nackenmuskeln empor. Ein Gaumensegel, das aber nur von einer Falte der Schleimhaut gebildet ist und keine Muskeln enthält, trennt die Mundhöhle vom Schlundkopfe, in welchen die weit zurückliegenden Choanen und die Stimmritze sich öffnen. Der weite Schlund führt in einen kugeligen Magen, dessen starke Muskelwände, die eine sehnige Central- scheibe zeigen, sehr an den Muskelmagen der körnerfressenden Yögel erinnern. Der Magen ist scharf von dem Pförtuertheile getrennt, der eine Seitentasche bildet, welche durch eine kreisförmige Klappe gegen den Darm abgegrenzt wird. Der Magen enthält oft Steine. Der Darm mit seinen Nebenorganen bietet keine Besonderheiten. — Die Nieren sind zweilappig; die ziemlich weiten Harnleiter münden in einen dünnwandigen Theil der Cloake, der durch Schleimhautfalten eiuestheils gegen den Mastdarm und andemtheils gegen die Geuitalöffuungen abgegrenzt wird. Die Männchen sind selten; längs der Hoden erstrecken sich die wenig entwickelten Nebenhoden; die Samenleiter verlaufen fast gerade und münden in die Cloake auf getrennten Wärzchen gegenüber dem Penis und vor zwei bedeutenden Analdrüsen , die eine fette Substanz mit starkem Moschusgeruche absondern. Der aus zwei sehnigen Längskörpern bestehende Penis zeigt ausserdem einen schwammigen SchAvellkörper ; er ist an der ventralen Wand der Cloake aogeheftet und von Schleimhaut überzogen, hat einen gekrümmten Stiel mit einer Einne auf der convexen Seite und eine kegelförmige Eichel. In der Ruhe ist er nach hinten zurückgeschlagen. Bei dem Weibchen, dessen Eierstöcke und Eileiter nichts Besonderes aufzeigen, entspricht dem Penis eine kleine Clitoris. — Der Kehlkopf zeigt keine Eigenthümlichkeiten ; die Luftröhre bildet häufig eine Schlinge und ist nahe an ihrer Theilung in die Bronchen durch eine senkrechte , in Pfeiler getheilte Scheidewand in zwei Canäle geschieden ; die Bronchen setzen sich noch ziemlich weit in die Lungen fort und werden dort sogar noch von Knorpelstreifen gestützt. — Mit Ausnahme eines winzigen Verbindungsloches {Foramen Panizzae) ist die Scheidewand der beiden Herz- kammern vollständig und der Arterienbulbus vollständig in den linken Ventrikel übergegangen. Hinsichtlich der grossen Arterien- und Venen- stämme, sowie hinsichtlich des Kreislaufes im Allgemeinen und Besonderen verweisen wir auf die Arbeiten von Rathke, Brücke, Fritsch(s. Lit.). — Die Lymphherzen verhalten sich wie die der Schildkröten. Wenn sich auch diese , die Chelonier, von allen übrigen Reptilien durch besondere Eigenthümlichkeiten wesentlich unterscheiden, so nähern sie sich doch durch manche Charaktere den Krokodilen. Im Grunde ist die Structur ihrer Haut ganz dieselbe; an den Stellen, wo die schuppige Epi- dermis nicht modificirt ist, wie an den Füssen, dem Halse und dem Schwänze, verhält sie sich gleich derjenigen der Krokodile. Aber auf dem Panzer aller und auf den Euderfüssen der Seeschildkröten erreicht die Hornschicht der Epidermis eine bedeutende Mächtigkeit ; ihre bildenden Zellen verschmelzen vollständig und bilden grosse Platten oder Schuppen mit mannigfaltig aus- gewirkter Aussenfläche, unter welchen die eigentliche Lederhaut so schwindet, dass die Hornplatten unmittelbar auf den darunter liegenden Knochen auf- ruhen, auf welchen sich die Zeichnungen ihrer Unterfläche abformen. Diese Hornschilder sind als Schildpatt bekannt und verwerthet. Tastkörperchen hat man nur in der ßückeuhaut der Trionj'chiden gefunden. Eigen- thümliche Drüsen , welche noch in der Bauchhöhle , aber ausserhalb des Bauchfelles liegen und mit engen Canälen, meist an den seitlichen Leisten ausmünden, wo Bücken- und Bauchpanzer an einander stossen können viel- leicht als Hautdrüsen betrachtet werden. — In der Lederhaut bilden sich Knochenplatten, welche zum Rückenpanzer und Bauchpanzer zusammen- stossen und zugleich mit den abgeplatteten Dornfortsätzen der verschmolzenen 726 Wirbelthiere. Bückenwirbel und auf den Seiten mit den platten Rippen in Verbindung treten und mit diesen Theilen des inneren Skelettes innig verschmelzen. Der Bauchpanzer wird ursprünglich aus einem Mittelstücke und mehrei'en seit- lichen Plattenpaaren gebildet und kann nicht mit dem Sternum homologisirt werden. Wir treten nicht in die Einzelheiten über die fortschreitende Ent- Avicklung und Vei'schmelzung der Haut- und Skelettknochen zur Bildung der Panzer ein, welche bei den Landschildkröten den höchsten Grad er- reicht, während sie bei den Trionychiden nur sehr wenig ausgebildet ist und bei der L eder seh ildkr öte {Sphargis) ganz fehlt, indem bei dieser allein keine Hautknochen sich bilden. — An der Wirbelsäule kann man stets acht Halswirbel unterscheiden, die alle, mit Ausnahme des ersten, Hals- rippen tragen , nur wenig entwickelte Neurapophysen , dagegen oft starke Gelenkfortsätze und selbst untere Haemapophysen (Chelonia) zeigen. Die Gelenke dieser Wirbel unter sich sind sehr variabel; man findet biconcave, procöle und opisthocöle. Der Bückenlendenwirbel finden sich meist zehn vor; der vordere ist noch procöl, die anderen durch Zwichenscheiben mit einander verbunden. Alle tragen platte, stark verbreiterte, lange Bippen, die mehr oder minder mit den Panzerplatten verschmolzen sind. Ursprünglich existiren nur zwei Sacralwirbel, zu welchen indessen noch häufig bei den Landschild- kröten der erste Schwanzwirbel zur Bildung des Kreuzbeines hinzutritt. Die an Zahl sehr wechselnden Schwanzwirbel sind procöl, ihre Dornfortsätze nur klein oder ganz verkümmert, dagegen tragen sie oft noch mit den Wirbel- körpern verwachsene Bippen. — Der Schultergürtel wird dorsalwärts aus einem Schulterblatte und einem Oberschulterblatte , ventralwärts aus einem hinteren Knochenaste, dem Rabenbeine, und einem vorderen Stücke zusammengesetzt, über welches die Ansichten auseinander gehen, indem es die Einen als Schlüsselbein, die Anderen als einen Fortsatz des Babenbeines betrachten. — Der Humerus ist massiv, mit starken Muskelleisten, abgeplattet, häufig S-förmig gebogen und so um seine Axe gedreht, dass die Seitenkanten vorn und hinten stehen. Badius und Ulna sind getrennt; die Knochen der Handwurzel in zwei Reihen geordnet; die fünf Finger mit ihren Mittelhand- gliedern sind zwar stets vorhanden, aber häufig durch Sehnenmassen so ver- bunden, dass sie ein Ruder (Seeschildkröten) oder eine Säule (Landschild- kröten) bilden. Der Beckengürtel und das Hinterglied entfernen sich, ausser hinsichtlich der Bildung des Endgliedes, nicht sehr von dem bei anderen Reptilien vorhandenen. Trotz seiner ausserordentlich verschiedenen Form stimmt doch der Schädel der Schildkröten in dem Umstände mit dem der Krokodile überein, dass, wie bei diesem, alle den Gesichtsschädel bildenden Knochen innig init dem Hirnschädel verbunden sind, so dass das Skelett des Kopfes nur aus zwei Stücken besteht, dem Schädel und dem Unterkiefer. Der kurze und breite Schädel bildet eine Schachtel, deren seitliche Lücken mehr oder minder von Knochendecken überwölbt sind; die Nasenhöhlen, Augenhöhlen, Schläfen- gruben sind überall scharf umschrieben, die Choaneu weit nach hinten zurück- gestellt; der in der Symphyse ohne deutliche Grenze verschmolzene, ursprüng- lich aus mehreren Stückpaaren zusammengesetzte Unterkiefer (Chelys und Chelodina ausgenommen) ist zwar an den Schädel durch einzelne Stücke (Quadratbein etc.) aufgehängt, die aber mit den Seiten des Schädels zur Un- kenntlichkeit verwachsen sind. Diese durchgehende Fixirung der einzelnen Schädelknochen giebt dem Ganzen einige Aehnlichkeit mit dem Vogelschädel. : — Das Zungenbein besteht aus einem Centralstücke und zwei oder drei Paaren von Hörnern. Das B ü c k e n m a r k zeigt einen tiefen unteren Spalt und den Gliedern entsprechende Anschwellungen. Das verlängerte Mark bildet eine ausge- Reptilien. 727 sprochene Nackenbeuge. Das selir reducirte Kleiulairn gleicht demjenigen der Amphibien; doch ist sein hinterer, die Eaiitengrube deckender Eand etwas convex und nach hinten ausgezogen. Das Mittelhirn ist von dem Nachhirn wie von dem Zwischenhirn durch tiefe Furchen abgetrennt; es zeigt, von oben gesehen, zwei innen hohle Sehhügel; das kurze und schmäch- tige Zwischenhirn zeigt nichtsdestoweniger zwei Seiteulappen; der kaum ausgebildete Hirntrichter führt zu einer voluminösen Hj-pojDiiysis. Die ellip- tischen Hemisphären des Vorderhirnes, dessen geräumige Seitenventrikel durch ein weites il o n r o ' sches Loch commuuiciren, sind die überAviegendsten Hirn- theile. — Die Hirnnerven entsprechen denen der übrigen Reptilien ; der Accessorius Willisii ist vorhanden. Bei Chelonia zeigt der Grenzstrang des Sympathicus vorn am Halse zwei getrennte Stämme, die durch drei ring- förmige Ganglien mit eiuander verbunden werden. — Die Nase bietet manche Verschiedenheiten. Mehrere Drüsen münden in die Nasenhöhle ; die oberen sind die bedeutendsten und fiiessen manchmal in der Mittellinie zusammen; die senkrechte Nasenscheidewand verschwindet zuweilen im vorderen verlängerten Abschnitte der Nasenröhre {Trionyx). Bei den Seeschildkröten communi- cirt die Riechabtheiluug mit dem Luftgange nur diirch siebförmige Oeff- nungen, so dass das Meerwasser nicht eindringen kann. Bei der Matamata verlängert sich die äussere Nase zu einem Rüssel, der in seinem Inneren eine senkrechte Längsscheidewand zeigt. Die Riechzellen sind sehr lang, cylindrisch und tragen ein Büschel steifer Haare. L'eberall finden sich in der Nasen- schleimhaut einzellige Drüsen. In der Nähe der Choanen wird eine noch räthselhafte Bildung , der sogenannte Gaumenliöcker, augetroifen , der . aus verdichtetem Zellgewebe besteht. — Neben oberem und unterem Augen- lid e ist noch eine sehr bedeutende Nickhaut mit ihren Specialmuskeln und eine grosse Härder 'sehe Drüse ausgebildet. Auch die Thränendrüse ist voluminös und der Thräuencanal weit. Ein mehr oder minder verknöcherter Ring stützt die Sclerotica namentlich gegen den Hornhautrand hin. Die Krj^stalllinse ist kugelig. In den Zapfen der Stäbchenschicht der Retina sind meist sehr lebhaft gefärbte, rothe, gelbe, grüne und blaiie oder auch wasser- helle Tröpfchen eingeschlossen. ^— Im Gehörorgane ist eine Anhangshöhle der Paukenhöhle zu erwähnen {Recesstis cai-i tympani) , die sehr geräumig ist und in zwei Theile ausläuft, einer für das ovale, der andere für das runde Fenster. Die Columella legt sich an das letztere. Die Schnecke (Lagena) ist im Verhältniss zu den anderen Theilen des Labj'rinthes nur wenig ausge- bildet; der Utriculus hat die Form einer horizontalen Wurst; der Sacculus ist sehr gross, rund und abgeplattet. Der wenig geräumige Mund ist mit schneidenden Uorukiefern bewaffnet, die einen mächtigen Schnabel bilden. Die Kiefer sind vollständig zahnlos ; selbst bei den Embryonen hat man keine Anlagen von Zähnen entdecken können. Die Trionychiden haben fleischige Lippen, aber ohne Muskeln. Bei den Cheloniden und Emyden ist die Zunge fast unbeweglich und mit einem verdickten Epithelium belegt ; bei den Testudiniden dagegen ist sie vorstreckbar und mit langen, oft zweispaltigen Papillen ausgestattet, zwischen welchen sich zahlreiche, sackförmige Drüsen finden. Sublinguale Speicheldrüsen, die bei den Landschildkröten bedeutend entwickelt sind, fehlen den Seeschildkröten. Der längsfaltige Schlund ist mit einem Wimper- epithelium ausgestattet. Er geht nach und nach in den Magen über, mit Ausnahme der Seeschildkröten, bei welchen er mit hakenförnügen Horn- papillen ausgekleidet ist, deren Spitzen nach hinten gerichtet sind. Bei der Lederschildkröte {Sphargis) bildet der sehr lange Schlund vor seiner Ein- mündung in den Magen eine Doppelschlinge. Cardiatheil und Pförtuertheil des Magens sind stets deutlich abgegrenzt. In der Schleimhaut sind Pepsin- 728 AVirbelthiere. drüsen und Schleimdrüsen entwickelt. Zuweilen findet sich eine Klappe an der Grenze des Pförtners gegen den Darm hin. Ein Blinddarm fehlt immer; Drüsen sind selten im Enddarm. Das Bauchfell enthält glatte Muskelfasern. Die Leber ist stets sehr gross, zweilappig; das Pankreas weit voluminöser hei den Fleischfressern, als bei den Pflanzenfressern. — Die Milz liegt am Anfange des Enddarines ; die Thyreoidea wird zwischen den grossen Ge- fässstämmen beim Austritte aus dem Herzbeutel als ein runder Körnerhaufen vorgefunden; die Thymus fehlt oder ist verkümmert. — Die stets getrennten, grossen Nieren sind viellappig ; die Harnleiter gehen von ihrem hinteren Ende ab. Sie haben sehr dicke Wände und münden, bald vereinzelt, bald mit den Samenleitern zusammen, auf einem an der Dorsalwand der Cloake gelegenen Wärzchen. Die Eileiter münden stets für sich. Die grosse und musculöse Harnblase mündet auf der ventralen Wand der Cloake. — Die Nebennieren bilden zwei längliche, eiförmige Massen, von schöner Gold- farbe und liegen auf der inneren Seite der Nieren zwischen den ausführen- den Gefässen und den Genitalcanälen. — Die Hoden liegen hinter den Nieren nach aussen. Der Nebenhoden empfängt zahlreiche Samencanälchen aus den inneren Maschen des Hodens, in welchem keine Samenröhrchen ausgebildet sind, und setzt sich in einen sehr gewundenen Samenleiter fort, der aber ein weites Lumen besitzt und durch Bindegewebe fest an die Nieren geheftet ist. Die voluminösen Eierstöcke liegen an derselben Stelle wie die Hoden. Die Trichter der Eileiter sind mit Wimpern ausgekleidet; ihre Wände zeigen zahlreiche Drüsen. Bei den Männchen findet man verkümmerte Reste der Müll er 'sehen Gänge; bei den Weibchen der Wolf f sehen Gänge und der ürnieren. — After sacke, deren Function nicht bekannt ist, die aber sehr voluminös werden können, finden sich meist, fehlen aber den Seeschildkröten. — Bei allen Männchen findet sich, wie bei den Krokodilen, nur ein Be- gattungsglied, ein in der Cloake geborgener, ausstülpbarer, undurchbohrter Penis, der mit eigenen Muskeln versehen ist und aus einem Schwamm- körper besteht, dessen Höhlungen mit zwei seitlichen Venencanälen communi- ciren. Ausserdem enthält der Penis noch auf seiner oberen Fläche zwei Peritonealcanäle, die in der Nähe der Eichel blind enden. Die Eichel selbst ist häufig in zwei oder gar vier Endstücke gespalten. Eine analoge, aber sehr kleine Clitoris findet sich bei den Weibchen. Die Athemorgane bestehen aus einem Kehlkopf, hinsichtlich dessen Bau wir auf das classische Werk von Henle (s. Lit.) verweisen, einer meist sehr langen , von breiten Eingen aus Knorpel oder selbst Sehuensubstanz {Ginyxis) gestützten Luftröhre, die zuweilen (Sphargis) durch eine senkrechte, innere Längsscheidewand in zwei Röhren getheilt ist und sich in zwei Bron- chen von sehr variabler Länge spaltet, die sich in den Lungen in zahlreiche, durch Längsscheidewände getrennte, neben einander liegende Blindröhren theilen. Auf den reichlich mit glatten Muskelfasern ausgestatteten Wänden dieser Röhren sind nun die Maschen und Netzfalten der Schleimhaut aus- gebildet. — Das sehr breite Herz besteht aus zwei, durch eine vollständige Scheidewand getrennten Vorkammern und einer einzigen, sehr derb musculösen Kammer, die meist an ihrer Spitze durch ein, ein Blutgefäss enthaltendes Sehnenband an dem Herzbeutel befestigt ist. Der Artei'ienbulbus ist in zwei Hälften gespalten, eine für den linken Aortenbogen, die andere, weit be- deutendere , für die übrigen Gefässstämme. Man kann mehrere aus diesem Bulbus entspringende Arterienbogen unterscheiden; die beiden hinteren Bogen bilden die Lungenarterien ; der mittlere Bogen ist nur auf der rechten Seite entwickelt und vereinigt sich hinter dem Herzen mit dem isolirt entspringen- den linken Aortenbogen , um am Vereinigungspunkte rechts die absteigende Aorta, links die Eingeweidearterien zu bilden ; der vorderste Bogen theilt sich Reptilien. 729 fast unmittelbar in Siibclavien und Carotiden. Zwischen den Wurzeln der Aortenstämme findet sich ein zuweilen unvollständig verknöchertes Knorpel- stück. — Die grossen Arterien sind in Lymphscheiden eingeschlossen. An dem Becken findet sich ein Paar von Lymph herzen, die mit der Hüftvene in Verbindung stehen. Literatur. — Bojanus, Anatome testucUnis eiiropueae. Doi-pat, 1819. — Panizza, Sopru il sistema Unfutico dei RettilL Pavia, 1833. — Joh. Müller, Ueber die Existenz vou vier geti'ennten , regelmässig pulsirenden Herzen. 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Die wesentlichsten anatomischen Unterschiede beider Classeu beruhen in der Reduction des Tarsus und Metatarsus Vögel. 731 der Hinterglieder, in der Umwandlung des Vordei'gliedes und in der Structur des Herzens. Anderseits nähern sich die Vögel durch die Ausbildung ihres Kreislaufes und durch ihr warmes Blut von con- stanter Temperatur den Säugethieren. Endlich können wir als be- sondere Eigenthümlichkeiten der Classe die Bedeckung mit Federn und die specifische Umbildung der Vorderglieder zu Flugwerkzeugen hinstellen. Obgleich die Flugbewegung in der Luft auch den zu den Säugethieren gehörigen Fledermäusen eigen ist, so ist doch der Flügel dieser letzteren in durchaus anderer Weise gebildet, als derjenige der Vögel. Wir folgen der Classification von Claus, welche die ganze Classe in acht Ordnungen theilt. Bei den sieben ersten Ordnungen trägt das Brustbein einen mittleren , senkrechten Kamm , an welchen sich die mächtigen Muskeln der Flügel ansetzen. Man hat sie aus diesem Grunde zu einer grösseren Gruppe, den Carinaten, vereinigt. Die letzte Ordnung bildet die Gruppe der Bauten, bei welchen der Brustbein- kamm fehlt und die Flügelmuskeln verkümmert sind, so dass diese Vögel nur noch laufen, aber nicht fliegen können. Erste Ordnung: Wasservögel {Pcdmipedes). — Sie leben auf dem Wasser und sind dieser Lebensweise durch die Entwicklung einer dichten Flaumendecke und eines reichlichen Fettpolsters unter der Haut angepasst, wodurch die Entziehung ihrer Körperwärme ver- hindert wird. Sehr geschickt im Schwimmen und Tauchen, zeigen sie sich täppisch und unbeholfen zu Lande , weil ihre stets sehr kurzen Beine so sehr nach hinten gerichtet sind, dass manche selbst im Sitzen eine aufrechte Stellung einnehmen. Die Flügel zeigen alle möglichen Uebergänge von den zu Rudern reducirten, mit Schuppenfedern be- deckten Stummelflügeln der Tölpel bis zti denjenigen der Fregatten- und Sturmvögel, welche zu den besten Fliegern gehören. Die Bildung des Schnabels ist sehr mannigfaltig. Aptenodytes, Alca, Colymhus, Anas, Pelecanus, Larus, Frocellaria. Zweite Ordnung: StelzYÖgel{Gr all at or es). — Sie unterscheiden sich durch meist sehr lange Beine, welchen ein langer Hals und Schnabel entsprechen. Je nach der Lebensweise sind die Füsse sehr verschieden gestaltet und zuweilen, wie bei den Palmipeden, die Zehen durch eine Schwimmhaut vereinigt. Der Schnabel ist meist spitz, oft lang, zu- weilen löffelartig verbreitert. Charadrhis , Scolopax, Ardea, Eallus, Fulica, Otis. Dritte Ordnung: 'H.uh.xiev^ögQl {Gull in ac ei). — Meist grosse, schwerfällig fliegende Vögel, die leicht laufen. Die Zehen sind mit krummen Nägeln bewaffnet, womit sie die Erde zum Aufsuchen ihrer Nahrung aufkratzen; die Flügel meist kurz und abgerundet; der 732 Wirbelthiere. Schnabel kurz und kräftig. Crax, Megapodius, Gcdlus , Crypturus, Tetrao, Syrrhaptes. VierteOrdnung: ^d^uhen {C olumlidae). — Vögel von massiger Grösse mit schlankem Körper und kurzen Füssen, an welchen drei Zehen nach vorn und eine nach hinten gerichtet sind. Gute Flieger mit stark entwickelten Flügeln. Der Schnabel ist kurz, an den Nasen- löchern angeschwollen , mit weicher Basis und harter Hornspitze. Co- lumba, Didunculus. Fünfte Ordnung: Klettervögel (Scansores). — Sie haben Greif- und Kletterfüsse , mit zwei nach vorn und zwei nach hinten ge- richteten Zehen, die eine Art Zange bilden. Meist schlechte Flieger. Der Schnabel stark, gerade oder hakenförmig gekrümmt; die Zunge oft fleischig. Bhamphastus , G-alhula, Trogon, Bucco , Cucidus, Picus, FsiUacus. Sechste Ordnung: Sperlingsvögel (Passeres). — Meist kleine Singvögel, mit sehr verschieden gestalteten Schnäbeln, die ziem- lich gut fliegen und der Bildung ihrer Füsse gemäss sich gern in Büschen und Bäumen aufhalten. Gruppen nach der Schnabelbildung: Leichtschnäbler (Levirostres) mit grossem, leichtem Schnabel (Bu- ceros, Älcedo, Merops, Coracias); Spaltschnäbler (Fissirostres) mit plattem , weit gespaltenem , schwachem Schnabel (Hirundo , Cgpselus, Gaprinmlgus) -^ Dünnschnäbler (Tenidrostres) mit langem, dünnem Schnabel {Upupa., Trochüus, Certhia)] Zahnschnähler (Bentirostres) mit mehr oder minder ausgebuchtetem , etwas hakigem Oberschnabel (Corvus, Paradisea, Lantus, Muscicapa, Sylvia, Turdus); Kegel- schnäbler (Conirostres) mit starkem, kurzem Kegelschnabel (Älauda, Fringüla, Loxia, Tanagra). Siebente Ordnung: Raubvögel (Bapaces). — Meist grosse Vögel mit starkem, zum Zerfleischen der Beute passendem Haken- schnabel. Gute Flieger, deren Zehen mit starken, schneidenden Haken- scheiden (Fängen) bewaffnet sind. Man unterscheidet: Nachtraub- vögel, Eulen (Strix, Otus, Buho) und Tagraubvögel, Falken und Geier (Vultur, Gypaetus, Äqtiila, Milvus, Astur, Falco, Circus, Gypogeranus). Achte Ordnung: Laufvögel {Kotita e). — Sie zeichnen sich durch den Mangel eines Brustbeinkammes aus; die langen, mit zwei oder drei nach vorn gerichteten Zehen versehenen Beine der meist grossen Vögel eignen sich zu raschem Laufe. Rudimentäre Flügel, die nicht zum Fluge gebraucht werden können. Stridhio, Bliea, Casua- rius, Apteryx. Typus. Die Haustaube (Columba domestica). Wir haben die Haustaube statt des Huhnes ausgewählt, weil ihre geringere Grösse Vögel. 733 Figuren in natürlicher Grösse erlaubt. Wir verdanken die Mono- grapliie der Taube unserem geschätzten Mitarbeiter, Herrn Dr. M. Jaquet. Allgemeine Lagerung der Organe. — Um die Taube zu präpariren , entfernt man zuvörderst sämmtliche Federn des Körpers und befestigt den Vogel auf der Korkscheibe eines Beckens mittelst Nadeln, welche den Schnabel, die Flügel und die Beine fest anheften. Man präparirt das auf dem Bücken liegende Thier unter Wasser. Die Haut wird längs der Mittellinie vom Brustbeine bis zum After ge- spalten und zurückgeschlagen. Man setzt den Schnitt seitlich über das Brustbein bis zur Einlenkung der Raben- und Schlüsselbeine fort, trennt diese , sowie die starken Brustmuskeln und hebt nun das von den Rippen getrennte Brustbein wie einen Deckel ab. Dann wird die Haut des Halses durch einen bis zum Schnabel reichenden Längs- schnitt gespalten und zurückgeschlagen, wobei man Sorge trägt, den Kropf nicht zu verletzen, dessen zarte Wand mit der Haut zusammen- hängt. Nachdem man die Haut seitlich zurückgeschlagen und mit Nadeln befestigt hat, zeigen sich die Organe in der Lagerung, wie sie Fig. 291 (a. f. S.) darstellt. Ganz oberflächlich verläuft am Halse die lange Luftröhre (b) mit ihren weisslichen Knorpelringen; ihr vorderes Ende wird von dem Musc. mylo-liyoideiis (a) bedeckt, der sich zwischen den Aesten des Unterkiefers ausbreitet. Dorsalwärts von der Luft- röhre verläuft der zusammengefallene S chl und (c) mit dünnen, längs- gestreiften Wänden , der sich in der Mitte des Halses zu einem dünn- wandigen Sacke, dem Kröpfe (d) erweitert, welcher je nach der Füllung sich bis zum Rande des Brustbeines erstrecken kann. Die Körper- höhle ist von dem Peritoneum ausgekleidet, das eine Falte schlägt, um eine Scheidewand über das musculöse Zwerchfell zu ziehen, welche die Höhle in zwei Kammern trennt, die Brusthöhle, in welcher das Herz und die Lungen, und die Bauchhöhle, in welcher die übrigen Ein- geweide liegen. Das Herz (/) liegt in der ventralen Mittellinie, es hat die Gestalt eines Kegels, von dessen nach vorn gewendeter Basis die Aortenbogen (er) mit den Carotiden (ca) ausgehen; seine hin- tere Spitze wird von der Leber bedeckt. Die seitlichen Räume der Brusthöhle werden dorsalwärts von den an der Wirbelsäule anliegenden Lungen (p) eingenommen. Die grosse, rothbraune Leber (g) liegt unmittelbar hinter dem Zwerchfelle ; sie ist gelappt ; die zwei grössten dieser Leberlappen erstrecken sich ventralwärts ; der rechte Lappen bedeckt den Anfangstheil des Darmes; in einem tiefen Ausschnitte des linken Lappens birgt sich der obere Theil des Muskelmagens. Dringt man tiefer in die Bauchhöhle ein, indem man die Eingeweide zur Seite schiebt , so sieht man , dass der Schlund sich in den Drüsenmagen (pr) erweitert, dem unmittelbar der Muskelmagen (/«) anhängt. Dieser mehr auf der linken Seite gelegene Theil gleicht durch zwei 734 Wirbelthiere. Flg. 291. — Columla domestica. — Die Taube ist von der Bauchseite her geöffliet, die Haut des Halses und die Brustmuskeln ausgebreitet, die Haut des Bauches das' Brustbein und ein Theil der Rippen weggenommen. Natürliche Grösse, a, M. mylo- Vögel. 735 Fio-. 292. glänzende, von sehnigen Ausbreitungen gebildete Flächen einer dicken, biconvexen Linse. Von der innei^en Fläche dieser wuchtigen Muskel- masse geht der Darm ,t (i) aus, der sofort eine Schlinge bildet, in wel- che das längliche, röth- lich gefärbte Pankreas (7c) eingebettet ist. So- dann beschreibt der Dünndarm vielfache, an Mesenterial falten gehef- tete Windungen (/), bis er das Rectum (m) er- reicht, an dessen Grenze links und rechts zwei kleine Ausbuchtungen, die Blinddärme (7) sich bemerkbar machen. So- dann mündet der After- darm in die Cloake iq) , welche quer durch den gespaltenen After (o) sich nach aussen öffnet. Die Urogenitalorgane (Fig. 292) liegen ganz auf der dorsalen Decke der Bauchhöhle ; die Nieren (r) sind lang- gestreckt, viellappig und münden durch feine Harnleiter (ii) in die Cloake; die Genital- drüsen liegen an dem vorderen Rande der . ;. pav : pa. cl C'olwnha domesticu. — Lagerung der Urogenitalorgane, von der ventralen Seite gesehen. Nat. Gr. Die übrigen Organe sind weggenommen, g, Eiersto'ck; ov, Eileiter; c/, Cloake; ?•, Nieren; «, Harnleiter; t, Luftröhre; 6r, Bronchen ; p, Lunge ; p a, musculöse Bauchwand ; z, Darm ; Xiere sind aber rechter- c, Rippen, durchschnitten; pav, Trichter des Eileiters. ^^-^^ J^^- ^^^ Weibchen nebst dem Eileiter verkümmert. Der linke Eierstock {g) zeigt stets zahlreiche Eier in allen Stadien der Entwicklung, er hat eine röth- hyoideus ; 6, Luftröhre ; c, Schlund; (?, Kropf ; e, abgeschnittene Brustmuskeln ;/, Herz; jr, Leber ; A, Muskelmagen ; z, Duodenum ; Z;, Pankreas ; i', Darm; /, Blinddarm ; m, Rec- tum ; 0, After; p, Lunge; p?-, Drüsenmagen; q^ Cloake; ;', linker Fuss ; s, linker Flügel, beide nur in Contur; s^, M. sterno-trachealis ; ca, linke Carotis; er, linker Aortenbogen; pw, Schambein; ov, Eileiter; si, Sj'mpathicus. 736 Wirbelthiere. liehe Farbe. Der Eileiter {ov) bildet eine weite, leicht gewundene Röhre, die mittelst einer Mesenterialfalte an die Körperwand befestigt ist; er öfiFnet sich vorn in die Bauchhöhle mit einem weiten Trichter {pav), hinten in die Cloake. Die Hoden bilden zwei kreideweisse, eiförmige Körper, die sich unmittelbar in die, in die Cloake mündenden Samenleiter fortsetzen. Begattungsorgane sind nicht vorhanden. Tegument. — Es besteht aus den gewöhnlichen Schichten, Ober- haut und Lederhaut, und zeichnet sich durch den fast gänzlichen Mangel an Drüsen aus. In der Epidermis finden wir dieselben Elemente wie bei den Reptilien , mehrfach über einander gelagerte Zellenschichten, deren innerste das Malpighi'sche Netz bilden, während die Zellen der äusseren Schichten mehr und mehr sich abplatten, je näher sie der Oberfläche kommen und schliesslich in die Hornschicht übergehen. Die Federn und Schuppen, der Schnabel und die Nägel, sowie die Steissdrüse gehören den Bildungen der Epi- dermis an. Die Lederhaut wechselt sehr an Dicke, je nach den Fig. 293. Körpergegenden; sie besteht aus verflochtenen Netzen von Binde- gewebe, deren Maschen in der Nähe der Oberhaut sehr dicht und eng, in der Nähe der Muskeln weiter sind ; sie wird von zahlreichen Ge- fässen und Nerven nach allen Rich- tungen hin durchsetzt. Mit Aus- nahme des Schnabels, der Fuss- wurzel und der Zehen bedecken die Federn den ganzen Körper; man kann eigentliche Federn und Dunen unterscheiden ; letztere bedecken unmittelbar die Haut, dienen nicht zum Fluge und haben nur kurze, biegsame Schäfte. Die Schwung- federn sind an dem unteren Rande der Flügel, die Steuerfedern an dqm kurzen Schwänze befestigt; beide Gruppen werden an ihrer Basis von den Dec kf ede rn über- deckt. Wir müssen der beschreibenden Zoologie die weiteren Einzel- heiten überlassen. Jede wohl ausgebildete Feder besteht aus einer harten, elastischen Axe , die an ihrer Basis rundlich ist , im weiteren Verlaufe einen viereckigen Durchschnitt bietet. Die durchscheinende Basis der Axe ist hohl und enthält eine gefässreiche Papille, die soge- nannte Seele, die von einem Hautfollikel ausgeht, von welcher aus das Blutgefäss in das Innere eindringt; sie zeigt ausserdem eine obere Oeffnung in der Nähe des Beginnes der Fahne. Die Fahne selbst be- steht aus an einander gereihten Hornblättchen oder Strahlen, die Columba domestica. — Steiss, vom Rücken gesehen. Nat. Gr. Die Haut über der Drüse ist weggenommen, a, Steissdrüse ; ö, Steuerfedern ; c, Follikel , in welche diese eingelassen sind. Vögel. 737 meist in Fäserchen sich theilen , welche oft Häkchen tragen , mit welchen die Fahnenblättchen in einander greifen. — Hornscheiden überziehen die beiden Kiefer des Schnabels und die Basis des Tarso- metatarsalknochens. Auf der Vorderfläche dieser Fussscheide zeigt sich eine schuppenförmige Täfelung; diese Schuppen erstrecken sich auf der Dorsalfläche der Zehen bis zur Nagelwurzel. — Die Steiss- drüse (Fig. 293) liegt auf der dorsalen Fläche der Schwanzwurzel, grösstentheils in die Haut eingelassen ; sie hat die Form eines Karten- herzens mit etwas verlängerter, nach hinten gerichteter Spitze, welche über die Haut vorspringt. Der Drüsenkörper ruht auf der Basis der Steuerfedern und besteht aus zwei, in der Mittellinie ge- trennten Hälften, deren jede einen Ausführungsgang besitzt, welcher sich in dem erwähnten Endwärzchen nach aussen öflFnet. Das Secret dient zum Einfetten der Federn , was mittelst des Schnabels ge- schieht. Skelett [Fig. 294 (a. f. S.) bis 303]. — Man kann bei der Taube die verschiedenen Regionen der Wirbelsäule nicht so leicht unter- scheiden, wie bei den Säugethieren. Die grosse Zahl und Beweglichkeit der Halswirbel {ve, Fig. 294), die geringe Beweglichkeit der Rücken- wirbel {vcl), die Verschmelzung der Kreuzbeinwirbel und die Ab- trennung der wenig zahlreichen Schwanzwirbel (c) fallen auf den ersten Blick auf. Die Pneumaticität vieler Knochen, die von Höh- len durchzogen werden, welche mit den Lungen in immittelbarer Ver- bindung stehen, bildet eine specifische Eigenthümlichkeit des Vogel- skelettes. Wir werden dieselbe bei Gelegenheit der Athemorgane /•behandeln. Wirbelsäule. — Es giebt zwölf Halswirbel {vc, Fig. 294); die vorderen, mit Ausnahme des Atlas, sind länger als breit, die hinteren dagegen breiter als lang. Der Atlas bildet einen Ring, dessen verdickte Ventralseite eine vordere Auskehlung zeigt, in welcher der Gelenkhöcker des Hinterhauptes sich dreht; die seit- lichen Ränder der Gelenkhöhle springen nach hinten vor und zeigen hier eine Rinne auf der inneren Fläche , in welche sich der Gelenk- kopf des Zahnfortsatzes des Epistropheus einlegt. Der Körper dieses zweiten Halswirbels verlängert sich nach vorn mit gewölbter Ventralfläche in den erwähnten, sehr deutlich begrenzten Zahn- fortsatz. Die dorsalen Dornfortsätze des zweiten, wie der beiden folgenden Wirbel sind sehr bedeutend entwickelt; sie dienen den Hebe- muskeln des Hinterhauptes zum Ansatz. Diese schief nach hinten ge- richteten Fortsätze besitzen auf ihrer Unterfläche ein Gelenk zur Ver- bindung mit dem nächstfolgenden Wirbel. Die Dornfortsätze der folgenden Halswirbel nehmen mit dem Maasse ihrer Annäherung an die Rückengegend an Höhe ab. Die vorderen Gelenkfortsätze (po, Fig. 295) Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. 47 7:38 Wirbelthiere. sind mit den Wirbelkörpern durch vorn sehr breite , nacb ' hinten griffeiförmig zugespitzte Zwischenstücke verbunden , welche man die Halsrippen (c) genannt hat. Vorn am ersten Wirbel sehr kurz, Fio-. 294. nehmen diese Halsrippen nach hinten an Grösse zu und bilden durch ihre gespaltenen Ansätze einen Längscanal, der sich längs den Wirbel- körpern hinzieht und in welchem eine Arterie, eine Vene und der Grenzstrang des sym- pathischen Nerven ver- laufen. Er heisst der Wii-belcanal (v). Die hinteren , sehr langen Gelenkfortsätze (pp) der Halswirbel weichen nach hinten in Gestalt eines V aus einander und sind durch Sehnenhäute mit einander verbunden. Die zwei letzten Hals- wirbel sind nur sehr kurz ; ihre Körper tra- gen auf der Unterfläche einen ventralen Dorn- fortsatz. Die acht Rücken- wirbel (Fig. 294 bis 296) zeigen gewöhnlich den Wirbelcanal nicht mehr ; nur zuweilen findet man an dem ersten ein sehr reducirtes Lö- chelchen. Die beiden ersten Rückenwirbel (1,2, Fig. 296) sind frei; die drei folgenden zu einem Ganzen ver- schmolzen , der sechste ist wieder frei und die beiden letzten unter sich Coluinba domestica. — Skelett im Profil und in halber Grösse, c, Schädel; vc, Halswirbel; vd, Rückenwirbel; il, Darmbein ; c, Schwanzwirbel ; js, Sitzbein; p, Scham-^ hein ; /, Femur ; ')• Hinter den Hemisphären springen noch die grösstentheils von ihnen über- 762 Wirbelthiere. deckten Sehhügel (g) des Mittelhirnes vor und in dem Winkel ihres hinteren Ausschnittes, am Ende des Längsspaltes liegt die Epi- physe oder Zirbeldrüse (c) in Gestalt eines kleinen, weissen Knötchens. Weiter nach hinten tritt das Kleinhirn (d) hervor, das aus einem mächtigen , durch einige Querspalten gezeichneten Mittel- stücke und zwei kleinen, seitlichen Anhängen, den Flocken (flocculi, d') besteht. Das Kleinhirn bedeckt vollständig die Rautengrube und die sie umgebenden Tbeile des Nachhirnes oder verlängerten Markes. Bei der Ansicht von unten (F'ig. 307, JB) fallen besonders die Hemi- sphären und die Sehhügel durch ihre Grösse auf. Die Riechknoten an der Spitze der Hemisphären ziehen sich auf der Unterfläche etwas weiter nach hinten und fliessen in der Mittellinie zusammen ; erste An- deutung einer Bildung, die bei den Säugethieren sich weiter entwickelt. Auch auf der Unterfläche der Hemisphären zeigen sich seitliche Ein- Fig. 308. Columba domestica. — Sagittaler Medianschnitt durch das Gehirn , zwischen den Hemisphären gelegt, a, Rautengrube; b, Hemisphären; c, Epiphyse; d, Kleinhirn; e, Rückenmark; /, verlängertes Mark; h, Hypophyse; i, Chiasma der Sehnerven; m, Ende des Riechnervens ; n, Lappen des Kleinhirnes; o, Riechnerv; o', Riechknoten; j), hintere Commissur; q, vordere Commissur; r, Corpus callosum; HI, dritter Ven- trikel ; IV, vierter Ventrikel. drücke (Je). Die Sehhügel haben eine fast kugelige Form; sie sind scharf von den Hemisphären vorn und dem verlängerten Marke hinten getrennt , sind aber durch den Seht r actus (n) , von welchem das Chiasma der Sehnerven (i) ausgeht, in der Mittellinie vereinigt. Un- mittelbar hinter dem Chiasma tritt in der Mittellinie der kleine, graue, eiförmige Hirnanhang, die H ypophy se (/*), hervor. Das verlängerte Mark (/) besteht aus zwei, durch eine Längsfurche getrennten, nach unten vorgewölbten Massen, die durch eine deutliche, quere Ein- senkung (o) von dem schmäleren Rückenmarke (e) abgegrenzt sind. Vögel. 763 Die Flocken des Kleinhirnes ragen etwas über die Seitenränder des verlängerten Markes vor. Ein medialer, zwischen den beiden Hemi- sphären gelegter Längsschnitt (Fig. 308) zeigt uns die charakteristi- schen Faltungen (n) des Kleinhirnes, welche den sogenannten Lebens- baum {Ärhor vitae) bilden. Zwischen Kleinhirn und verlängertem Marke führt die Rautengrube (a) in den vierten Ventrikel (IV). Die übrigens sehr dünne Decke des dritten Ventrikels verdickt sich am Vorderrande des Kleinhirnes zu der weissen, hinteren Commissur (p), die von Querfasern gebildet wird, welche die beiden Sehhügel mit einander verbinden. Weiter nacb vorn bildet dieselbe Decke die eben- falls weissliche vordere Commissur (g); zwischen beiden Com- missuren erkennt man auf dem Durchschnitt die erste Anlage des Schwielenkörpers, Corpus callosum (r) , welche ebenso wie die vordere Commissur die beiden Hemisphären mit einander verbindet. Gehen wir auf einige Einzelheiten ein. Die dorsale Wand des verlängerten Markes (/) verdünnt sich mehr und mehr bei dem Durchgange unter dem Kleinhirn , während der Centralcanal sich zur Rautengrube erweitert, in welche mit den Hüllhäuten das Gefässnetz eindringt, das den Choroidealplexus bildet und sich in dem weiten vierten Ventrikel ausbreitet, dessen äusserst dünne, hautartige Decke meist bei der Zergliederung zerreisst. Der Boden des vierten Ventrikels zeigt die Fortsetzung des Centralcanales in Form einer Längsspalte, welche seitlich von den vorderen Pyramiden be- grenzt wird. Das Kleinhirn (d), das dem Wurme des Säugethier- gehirnes entspricht, wird durch vorspringende Querfalten der Hüll- hänte , die von aussen her tief in die Masse eindringen , in etwa 15 Lamellen von nahezu gleicher Dicke zerlegt. Jede dieser Lamellen zeigt im Inneren eine weisse , von Fasern gebildete , etwas wellig ge- bogene Axe, welche ringsum von grauer Zellensubstanz umfasst wird, deren Schicht gegen die Peripherie hin an Mächtigkeit zunimmt, so dass der Durchschnitt der Lamelle einen langen Keil bildet, dessen Spitze mit der weissen Substanz des Inneren zusammenhängt. Die Hüllhaut (pia mater) dringt in die Spalten zwischen den Lamellen ein, deren Randschicht aus Xeuroglie mit kleinen Zellen besteht , die sehr feine Ausläufer zeigen. Die Hauptschicht der grauen Substanz besteht aus grösseren, meist bipolaren Zellen mit starken Ausläufern, welche in die Rindenschicht eindringen. Durch Querschnitte (Fig. 309 a. f. S.) kann man die Kenntniss der Verbindungen der einzelnen Hirntheile und der in ihnen an- gebrachten Höhlen vervollständigen. Das nach vorn zur Bildung der Hirnschenkel (i) sich fortsetzende verlängerte Mark wird von dem daraufliegenden Kleinhirne durch den vierten Ventrikel (d) getrennt, der sich bald überdacht und nun einen sehr platten, breiten Canal darstellt, den Aquaediicttis Sylvii {m). Das Dach dieses Canales 764 Wirbelthiere. ist stets sehr dünn, haiitartig, während sein Boden sehr dick wird und fast seiner ganzen Länge nach durch eine mehr und mehr sich ver- tiefende Rinne in zwei Hälften zerlegt wird, die aus Längsfasern und Zellen besteben. Die eiförmigen Sebhügel (k) , welche sich von diesen seitlichen Hirnschenkeln aus zur Bildung des Mittelhirnes empor- wölben, zeigen demnach in ihrem Inneren jederseits eine Höhlung, welche mit den Seitentheilen der Syl vi' sehen Wasserleitung zu- sammenhängt. Die Durchschnitte der Sehhügel lassen regelmässig auf einander gelagerte, den äusseren Conturen parallel gebogene Schichten Columha domestica. — Dreifach vergrösserte Querdurchschnitte durch das Hirn. A, durch den hinteren Theil des Kleinhirnes ; B, durch den vorderen Theil desselben ; C, durch den hinteren Theil der Hemisphären ; D, durch das Chiasma der Sehnerven. a, Kleinhirn; b, seine Falten; c, Flocken; d, vierter Ventrikel ; e, verlängertes Mark; f, dorsale Wand der Hemisphären ; g, Seitenventrikel ; h, verdickter Boden der Hemi- sphären, Streifenkörper ; i, Hirnschenkel ; ]c, Sehhügel ; l, Ventrikel der Sehhügel ; m, S y 1 V i ' sehe Wasserleitung ; 71, Zwischenhirn ; p, vordere Commissur ; q, dritter Ventrikel ; r, Chiasma der Sehnerven. gewahren , in welche zarte Verlängerungen der Hüllhaut mit ihren Blutgefässen eindringen. Das vordere und untere Ende der Sehhügel Vögel. 765 verschmilzt mit der Basis des Chiasma. Das Zwisckenhirn (Thala- mencephalon) (w, Fig. 309), welches aus der hinteren, ungetheilten Hälfte der ersten Hirnblase des Embryos sich entwickelt, später aber gänzlich von den anderen Hirntheilen verdeckt wird, erstreckt sich vom Vorderende der Sylvi' sehen Wasserleitung bis zum Chiasma und umhüllt mit seinen, von den Hemisphären bedeckten Wandungen die Fortsetzung der Wasserleitung, die sich zu einem senkrecht ge- stellten Canale mit eiförmigem Durchschnitte, dem dritten Ventrikel (q), gestaltet, dessen Dach theilweise von dem Tractus opticus gebildet wird. Die Höhlung der sehr dünnwandigen Epiphyse enthält einen Choroidealplexus und in den Wandungen ihres etwas erweiterten distalen Endes verzweigen sich zahlreiche Blutgefässe. Die Hypo- physe besteht aus zwei deutlich unterschiedenen Theilen, dem Hirn- trichter, Infundihuhim, dessen Höhlung eine Fortsetzung nach unten des dritten Ventrikels (III, Fig. 308) bildet und einem an der Spitze des Trichters hängenden , eiförmigen und compacten Theile (Ji, Fig. 308), der aus feinkörniger Substanz besteht. — Die beiden Hemisphären zeigen in ihrer hinteren Hälfte ein sehr dünnes Dach (/, Fig. 309, C) und einen sehr dicken Boden, zwischen welchen die Seitenventrikel (^) sich erstrecken, die durch das Mo uro 'sehe Loch mit dem dritten Ventrikel zusammenhängen. Mit dem Boden zusammen bilden die Seitenwände der Hemisphären die mächtigen Massen der Streifenkörper, Corpora striata (h). Die Quer- schnitte zeigen uns , dass diese Bodenanschwellungen vorn sehr ver- dickt sind, nach hinten aber sich verdünnen , selbständig werden und sich so von dem Boden abheben , dass sie mit den Seitenwänden {h, B und C) nicht mehr zusammenhängen. Auf ihrem Grunde stellen sich die Fasern so zusammen, dass sie die Schenkel der Hemisphären bilden , die sich mehr und mehr nach vorn durch ihre Verschmelzung mit den Streifenkörpern verdicken und nun die Seitenventrikel (g) als halbmondförmige Höhlen zeigen, während die tiefe, mittlere Längs- spalte nach hinten durch die vordere Quercommissur {p) begrenzt und von dem dritten Ventrikel (q) abgedämmt wird. So werden denn die inneren Höhlungen des Gehirnes schliesslich von einem centralen Canale durchsetzt, welcher von dem dritten Ven- trikel, der Sylvi' sehen Wasserleitung, und dem vierten Ventrikel ge- bildet wird und sich nach oben für den Eintritt der Choroidalnetze in der Rautengrube öffnet. Der dritte Ventrikel communicirt mit zwei geschlossenen, senkrechten Verlängerungen: der Höhlung der Epiphyse nach oben und des Trichters der Hypophyse nach unten, und breitet sich durch das M o n r o ' sehe Loch seitlich in den Ventrikeln der Seh- hügel und der Hemisphären aus. Die Hü 11 häute zeigen die schon bei den Reptilien beschriebene Anordnung in drei Schichten. Die sehr feste dura mater überzieht 766 Wirbelthiere. die inneren Flächen des Rückencanales und der Schädelknochen, liegt überall fest an den harten Theilen und spielt zugleich die Rolle eines Periosts: die äusserst feine arachnoidea legt sich unmittelbar an sie an. Die an der Nervensubstanz unmittelbar anliegende pia mater schickt in diese zahlreiche Fortsätze und Falten, welche zum Theil das Gerüst der Nervensubstanz bilden und zugleich die Gefässe in das Innere führen. Sie dringt allein von den drei Schichten in die Spalten des Kleinhirnes und in die Höhle des vierten Ventrikels und bildet die verschiedenen Plexus im Inneren der Hirnhöhlen. Peripherisches Nervensystem. — Da wir die einfachen Rückenmarksnerven schon betrachtet haben bei Gelegenheit des Rücken- markes, so behandeln wir hier nur noch die Plexus, die Hirnnerven und den Sympathicus. Der Plexus puden dus ist aus sieben, schief nach hinten ver- laufenden Nerven zusammengesetzt und liegt hinter dem Becken auf dem Steisse. Die dem Becken am meisten genäherten beiden ersten Nervenstämme verschmelzen bald zu einem Stamme, der auf die ven- trale Seite des 31. öbturatorius sich schlägt und in diesem verzweigt. Von der Vorderseite dieses Nervens gehen ausserdem zwei Zweige für die Ausführungsgänge der Nieren und der Geschlechtsorgane ab. Der Nerv erhält zwei kurze Verbindungsäste vom dritten Nerven, der von der ventralen Seite her sich in den Mm. pubi-coccygeus und transver- sus ani verzweigt. Der vierte Nerv verbindet sich an seinem Ur- sprünge mit dem fünften und verzweigt sich ebenfalls in dievaM. pubi- coccygeus. Der fünfte geht zu den auf der dorsalen Fläche des Steisses angebrachten Muskeln und zur Haut; während der sechste und sie- bente , an ihrem Ursprünge durch einen Knoten verbunden , sich auf der ventralen Seite verzweigen. Lendenplexus und Beinnerven (Fig. 310). — Um diese Geflechte und die daraus hervorgehenden Nerven zur Anschauung zu bringen, entfernt man die Haut des Beckens, des Beines und den ganzen M. ileo-trochantericus und trennt dann das Darmbein an seiner Vereinigung mit dem Kreuzbeine ab. Man sieht dann unmittelbar zwei Gruppen: die vordere, der Schenkelplexus {Plexus cruralis), wird von den Stämmen XXI und XXII gebildet; die hintere, weit be- deutendere Gruppe des Hüftplexus (Plexus ischiaticus)., wird von vier Nervenstämmen, XXIII bis XXVI, zusammengesetzt. Die beiden Stämme des Schenkelplexus sind theilweise von der Niere umhüllt und verlaufen, einander sich nähernd, fast senkrecht nach unten. Von dem äusseren Rande eines jeden Stammes entsteht ein Zweig (a, b, Fig. 310), der sich noch im Inneren der Niere mit demjenigen des anderen Stammes vereinigt und so einen Nerven (& ) für die seitlichen Muskeln der hinteren Bauchgegend bildet. Die beiden Vögel. 767 Fiff. 310. Stämme verschmelzen in einer länglichen, einem Ganglion ähnlichen Masse, von deren hinterem Ende mehrere Zweige aussti'ahlen. Der be- deutendste dieser Zweige (fj läuft unter dem 31. ileo-tibkdis längs dem Schenkel bis zum Knie, wo er sich in der Haut verzweigt. Vor dieser Ver- zweigung giebt der Nerv noch einen Ast (d) an den Schnei- dermuskel ab. Ferner ent- sendet die Schenkelanschwel- lung noch einen dicken, hin- teren Ast (e) zum 31. üeo- tihiälis. Zwei tiefe Aeste (/, g) laufen unter diesem Muskel durch, vereinigen sich und bilden einen Stamm {g' ), der sich an der Haut der Innenfläche des Schenkels und Beines verzweigt. Der Hüftplexus wird von vier , fast gleich mächti- gen Stämmen gebildet, die nach hinten convergiren und schliesslich in einem grossen Nerven, dem Hüft nerven, Columha domestica. — Lendeupiexus und Nerven des linken Beines in natürlicher Grösse. XXI bis XXYI, Stämme aus dem Rückenmark; a, Zweig des Stammes XXI ; b, Zweig des Stammes XXII ; b', Seitennen-, aus der Vereinigung von a und b entstanden ; c, Hautnerv des Schen- kels; d, Nerv'des Schneidermuskels; e, das M. ileo-tibialis ; /, g, Wur- zeln des Hautnervens g' der inneren Fläche des Schenkels ; h , Nervus ischiaticus; i, Nerv des M. ileo- fiexor ; k, Nerv des M. obliquus ex- ternus und transversus ani; /, Nerv des M. ischio-flexor; m, Nerv des M. biceps femoralis; wi\ m^, dessen Zweige: n, Nervus ischiatico- femoralis anterior; o, Nerv des M. tibialis ; Jh oberflächlicher Wadennerv; q, tiefer Wadennerv; r, Nerv der zweiten und dritten Zehe; s, Nerv der ersten Zehe; t, Nervus ischiatico -femoralis medius ; u, Nerv des M. gastroc- nemius; v, Nerv der Wadenmuskeln; x, N. ischiatico-femoralis posterior; y, Nerv der Hinterzehe. 768 Wirbelthiere. N. iscliiaiicus (Ji), zusammenfliessen. Der Hüftnerv entsendet nach hinten drei Hauptzweige: der erste (i) derselben läuft längs dem proxi- malen Ende des M. pubo-ischio-femoralis,, giebt diesem einige Zweige und endet in dem M. ileo-flexor; der mittlere Ast (k) läuft unter dem M. hkeps femoralis durch zu dem 31. ohliquics externus und transversus ani. Der unterste (0, von allen der längste, versorgt den M. hiceps femoralis und zuletzt den M. ileo-flexor. Etwas hinter diesen Nerven entsteht ein unabhängiger Nerv (m), der sich bald in zwei Hauptzweige theilt, von welchen der obere {m') in den proximalen Theil des hiceps femoralis von der inneren Fläche her eindringt, während der untere (m-) das distale Ende desselben Muskels versorgt. Schliesslich theilt sich hinter dem Femur der Stamm des Hüftnervens in drei Nervi ischiatico -femorales, zwei starke, etwa gleich grosse Nerven, zwischen welchen ein mittlerer, dünner Faden, der oft an dem einen oder anderen Nachbar fest anliegt. Der N. iscliiatico-fem.oralis anterior (n) schlägt sich aus der Kniegrube über die Aussenseite des Gelenkkopfes der Fibula auf den Vorderrand des Beines mit einer Krümmung, von deren Spitze ein Nerv (o) für den M. tibialis abgeht. Sodann theilt sich der Nerv in zwei Wadenäste, die längs der Fibula verlaufen; der oberflächliche Wadennerv (jj) läuft anfangs mit dem tiefen zusammen unter dem M. tibialis, erscheint aber dann auf dem Tarso-Metatarsal- knochen unmittelbar unter der Haut und versorgt die Sehnen der Streckmuskeln der dritten und vierten Zehe. Der tiefe Wadennerv (g) liegt hart an dem Knochen an , kommt aber an dem Gelenke zwischen Tibia und Tarso-Metatarsale an die Oberfläche und theilt sich in zwei Aeste , von welchen der bedeutendere (r) auf der Vorderfläche des Tarso-Metatarsale verläuft und zum Innenrande der dritten und Aussen- rande der zweiten Zehe ausstrahlt; der kleinere Ast (s) läuft längs dem Innenrande des Tarso-Metatarsale zu den Sehnen der Beuge- flächen der zweiten und ersten Zehe. Der N. ischiatico-femoralis' meclius (t) läuft am äusseren Rande des -Zl£ gastrocnemius herab, schlägt sich unter die distale Sehne dieses Muskels, folgt dann dem Tarso- Metatarsale und verzweigt sich in den Sehnen der Aussenseiten der vierten und ersten Zehe. Der N. ischiatico-femoralis poste- rior (x) verdickt sich in der Kniebeuge etwas und theilt sich in vier ungleiche Zweige, von welchen die beiden feinsten (u) sich in dem mächtigen M. gastrocnemius verzweigen. Ein stärkerer Zweig (v) ver- läuft nach hinten zu den Wadenmuskeln und der stärkste (y) folgt dem äusseren Rande der Tibia bis zur Achillessehne, giebt auf diesem Wege einige Aestchen an die tiefen Wadenmuskeln und den 31. gastroc- nemius und endigt an dem Innenrande der ersten Zehe. Armplexus und Flügeln erven (Fig. 311). — Das Arm- geflecht wird von fünf Rückenmarksnerven gebildet, welche die Num- mern XI bis XV tragen. Die drei mittleren Stämme sind mächtiger Vögel. 769 als der vordere und hintere, aber die Beziehungen dieser Stämme zu den aus dem Plexus hervorgehenden Nerven lassen sich deshalb nicht mit vollkommener Sicherheit feststellen , weil sie nicht nur bei ver- schiedenen Individuen, sondern sogar auch auf den beiden Seiten der- selben Taube variiren. Alle diese Stämme werden durch feine, hori- zontale Aeste mit einander verbunden. !Nach seinem Austritte aus •) geht zum Nasenloche imd umfasst dasselbe mit zwei Zweigen zangenartig. Der zweite Hauptast des Trigemiuus , der Oberkiefernerv, läuft horizontal nach vorn auf dem Boden der Augenhöhle, durchsetzt die Wand der vorderen Ecke nach Abgabe einiger Fäden in die Um- gebung und dringt in den Oberkieferbogen ein, den er, sowie die hin- tere Portion des Gaumens, mit Zweigen versorgt. Der untere Schenkel des Gasser 'sehen Knotens setzt sich in den mächtigen Unter- kieferast (s) fort. Der dicke Nerv entsendet einige Fäden zum Schläfenmuskel (b'} und tritt dann an den Unterkiefer, den er in seiner ganzen Länge bis zur Schnabelspitze mit Zweigen versorgt. Ein vierter Ast (c ) entspringt aus dem Gasser'scben Knoten etwa in der Höhe des Oberkieferastes; er gewinnt den hinteren Rand der Augenhöhle , läuft an deren oberem Rande weiter und giebt links und rechts zahlreiche Zweige au den Augapfel, die Lider, die Haut und die Hautmuskeln der Gegend hinter dem Auge. Der Troclilearis oder Patheticus (lY) (fr, Fig. SU, Ä) ist ein dünner und sehr langer Nerv , der dorsal auf der Grenze zwischen Kleinhirn und Sehhügeln entspringt, unter den letzteren sich herum- schmiegt und in der Schädelhöhle bis zu dem Punkte verläuft, wo er neben dem Sehnerven in die Augenhöhle eindringt. Dort angelangt, wendet er sich gerade nach oben und geht unter dem äusseren ge- raden Augenmuskel durch zu dem oberen schiefen Augenmuskel, auf dessen Fläche er sich zu einer länglichen Platte verbreitert, von welcher aus zahlreiche feine Fädchen in den Muskel ausstrahlen. Der Ociilo-motoy ins (HI) (oc, Fig. 317, A) entspringt an der Hirnbasis etwas hinter der Hypophyse, läuft horizontal nach vorn, durchsetzt die Schädelwand mit dem Sehnerven, schickt in der Augen- höhle zuerst einen kurzen Verbindungsast (4) zum Augenaste des Tri- gemiuus , sodann Aeste an den unteren geraden Augenmuskel (c) und die Muskeln der Nickhaiit (f?), und weiter einen bedeutenden, auf den dem Boden der Augenhöhle verlaufenden Ast (e) zum inneren geraden Augenmuskel. Er verzweigt sich schliesslich in dem unteren schiefen Augenmuskel (/) , nachdem er vorher noch einen Zweig (p) an den oberen geraden Muskel gegeben hat. Der Stamm des Nerven steht in directer Verbindung mit dem Ciliar knoten (/7). einem kleinen, an dem Sehnerven anliegenden Ganglion, das zwei lauge Aeste {h) ent- sendet, welche sich mehrfach theilen , den Augapfel umschlingen und in sein Inneres eindringen, um sich hauptsächlich in der Iris zu ver- zweigen. Der Opticus (II) entspringt aus dem Sehhügel: er bildet mit dem der anderen Seite ein Chiasma und dringt dann in den Augapfel ein, wo er sich zur Retina ausbreitet. 776 Wirbelthiere, Der Olfactorius (I) bildet die Fox'tsetzung der Riechknoten ; er krümmt sich der Wölbung der Augenhöhle entlang und schwillt bei seinem Zutritte zum Grunde des Geruchsorganes etwas an. Das sympathische Nervensystem (Fig. 313) breitet sich zu beiden Seiten der Wirbelsäule aus; man präparirt es am leichtesten von der Rückengegend aus, indem man nach Wegnahme der Haut die Rippen hart an der Wirbelsäule durchschneidet und dann den ganzen Brustkorb , sowie die Lunge mit Vorsicht entfernt. Man sieht dann den Stamm sehr deutlich und kann ihn leicht gegen den Kopf, wie gegen den Schwanz hin verfolgen. Hinter dem Lendenplexus zeigt sich jederseits ein einfacher Stamm , der bis zum Steisse verläuft und einerseits mit den Rückenmarksnerven, anderseits mit dem Plexus pudendus in Verbindung steht. Auf seinem Verlaufe nach vorn, wo der Sympathicus an der inneren Fläche des Schenkel- und Hüftgeflechtes Fiff. 313. -y d Columha domestlca. — Das sympathische Nervensj-stem in der Rückengegend. Drei- fache Vei-grösserung. «, Ganglien, der Rückenmarksnerven; h, Wirbelsäule; c, ab- geschnittene Rippe; , hintere ^Muschel ; rf, mittlere Muschel; e, Blindsack der Nasenhöhle; /, Basaltheil der weggenommenen linken Wand; fj, Dach der Nasenhöhle; /?., verbreitertes Ende des Riechnerven. Der Pfeil zeigt die Richtung der Choane an. die durch eine mittlere Längsscheidewand gänzlich getrennt werden. aber durch zwei Oeff'nungen mit der Aussenwelt in Verbindung stehen, in directer Weise durch die äussere Nasenöffnung, in indirecter durch die hinteren Öffnungen, die Choanen, welche in die Mundhöhle ein- münden. Jede Nasenhöhle besteht aus zwei deutlichen Hälften , dem Vorhofe (rt) und der eigentlichen Nasenhöhle (b). Der Vorhof. in 778 Wirbelthiere. welchen die seitliche Niiseuöffnung führt, wird von aussen bedeckt -durch die bewegliche, etwas aufgewölbte Klappe des Nasenflügels , der durch Knorpelgewebe in seinem Inneren gestützt und aussen von einem Pflasterepithelium überzogen wird. In dem Vorhofe findet sich die vordere oder untere Muschel als länglicher, fleischiger Wulst, der mit seinem oberen Rande au die Scheidewand angewachsen , an dem unteren Rande dagegen frei ist. Die mittlere Muschel (d) liegt an ■dem Anfange der eigentlichen Nasenhöhle; sie bildet nur einen etwas erhabenen Wulst der Innenwand der Höhle. In der Fortsetzung nach hinten zeigt sich die sehr dünne, kaum vorspringende hintere Muschel {c2))- Alle drei Muscheln sind mit deutlichem Riechepithel überzogen. Nach hinten und oben verlängert sich die Nasenhöhle in einen blind g'eschlossenen Gang oder Sack (e), welcher in die Schnabelwurzel hinan- steigt und von der kelchförmig ausgetieften, distalen Endigung des Riechnerven (/?) umfasst wird. Der untere Nasengang, welcher als Luftgang dient, öff'net sich in schief absteigender Richtung in der schlitzförmigen Choane am Gaumendache. Das Riechepithelium wird von langen Cylinderzellen mit excentrischen Kernen gebildet. In ihm zerstreute Drüsen sondern einen hellen, zähen Schleim ab. Die eigen- thümlichen Nasendrüsen, welche bei den meisten Vögeln vorkommen, fehlen der Taube. Sehorgan (Fig. 315 bis 317). — Wir unterscheiden den Aug- apfel und die accessorischen Organe, Muskeln, Augenlider und Drüsen. Der Augapfel hat die Gestalt einer Linse mit fast platter Vorderfläche, die aber von der in der Mitte vorspringenden Hornhaut überwölbt wird. In die gleichmässig gewölbte Ilinterfläche dringt von unten her, wie ein Stiel, der Sehnerv ein. Die Sclerotica (a, Fig. 315, A) bildet eine sehr feste, von seh- nigem Bindegewebe hergestellte Hülle, in welcher sich ein zusammen- hängendes Knorpelskelett entwickelt, das ihre Festigkeit noch erhöht. Nach vorn ist der Rand der becherförmigen Sclerotica, an welchen sich die Hornhaut ansetzt, noch obenein von einem Knochenringe (B, Fig. 315) gestützt, der aus zehn oder elf dünnen, langen, wie Dachziegel über einander greifenden Knochenblättchen besteht, welche durch festes Binde- gewebe mit einander verbunden sind. Die Choroidea (ö, Fig. 315, Ä) liegt an der Innenfläche der Scelerotica an und wird, wie diese, von dem Sehnerven durchbohrt. Vor der Krystalllinse schlägt sich die Choroidea nach innen ein und theilt auf diese Weise den Innenraum des Augapfels in zwei ungleiche Hälften, die vordere (i) von einer wässerigen Flüssigkeit erfüllte, kleinere Augenkammer und die weit grössere , hintere Augenkammer (ni) , welche den Glaskörper enthält. Der durch den Einschlag gebildete, senkrechte Vorhang der Iris (w), welcher in seiner Mitte von der kreisförmigen Pupille durchbohrt wird, liegt der Vorderfläche der Linse unmittelbar an. Die Choroidea be- Vö-el. 779 stellt aus drei Schicliten ; einer äusseren Faserschicht , einer mittleren Oefässschicht , die ein überaus mächtig entwickeltes Capillarsystem zeigt, und einer inneren Pigmentschicht, die in unmittelbarer Ver- bindung mit der Retina steht. Die Erweiterung und Verengerung der Papille wird von besonderen Muskehi besorgt, einem kreisförmigen Schliesser und einem aus strahlenförmig gestellten Fasern gebildeten Erweiterer. Zwischen Iris und Choroidea schieben sich noch zwei charakteristische Bildungen dieses Augentheiles ein, der Crampton'- sche Ciliarmuskel (Ic, Fig. 31(J, A a. f. S.) und die Ciliarfort- sätze (d). Der Cr am p ton' sehe Muskel bildet einen Ring, dessen äusserer Rand der Choroidea anliegt, während der innere Rand mit breiter Perührungszone sich an die Ciliarfortsätze anheftet. DieCiliar- Fiof. 315. Columba domestica. — A, Verticalschnitt des Aucjapfels. vierfach vergrössert. «, Scle- rotica; b, Choroidea; c, Retina; d, Sehnerv: e, Kamm; /, Ciliarfortsätze; g, Ciliar- muskel; k, unteres Augenlid; {, vordere Augenkammer; k, Hornhaut; /, Linse; in, hintere Augenkammer ; ?<, Iris. B, der knöcherne Scleroticaring, von vorn gesehen, in dreifacher Vergrösserung. a, Sclerotica ; i, Knochcnplättchen des Ringes ; c. Hornhaut. fortsätze (d) bilden einen auf der inneren Fläche stark pigmeutirten Ring (c^), der einerseits an den Crampton'schen Muskel sich anheftet, anderseits mit vielen , strahlenförmig geordneten Falten . in welchen starke Gefässnetze ausgebildet sind, an die Iris und die Linse sich an- legt. — In der hinteren Augenkammer finden wir das schon von den Reptilien her bekannte Gebilde des Kammes (e, Fig. 315, A) in Form einer viereckigen Hautlamelle wieder, die im Grunde des Auges längs einer schiefen, vom Sehnerven ausgehenden Linie angeheftet ist und mit ihrem freien Rande gegen die Linse sieh erstreckt, welche sie 780 Wirbelthiere. aber nicht erreicht, da sie etwa in der Mitte der Augenkammer endet. Die besonders an ihrem distalen Ende stark pigmentirte Lamelle ist in siebzehn regelmässige, verticale Falten gelegt, die äusserst reich entwickelte Gefässnetze enthalten, welche besonders dann auffallen, wenn man die glatt gestrichene Lamelle unter dem Mikroskope unter- sucht. Jede Falte enthält ein Längsgefäss, das sich nach links und rechts in ein äusserst engmaschiges Capillarnetz verzweigt. In den Maschen liegen die Pigmentkörner; die Capillaren werden nur durch spärliches Bindegewebe zusammengehalten. Fig. 316. Columha domesüca. — .-J, oberer Tlieil eines Verticalschnittes des Augapfels. Verick, Oc. 3, Obj. 0. a, Sclerotica; ö, Retina; c, Choroidea ; c', hinterer Pigmentbelag der Ciliarfortsätze d; e, coneentrische Schichten der Linse;/, Hornhaut; ) be- sitzt, führt einerseits in den hinteren Sinus des Utriculus , anderseits in den hinteren Halbkreiscanal (cp) , der den vorderen in rechtem Winkel kreuzt. Der Sacculus (s) ist eine den Boden des Recessus utriculi berührende Blase, welche ein besonderes Nervenpolster (ms) besitzt. Vom Sacculus geht ein feiner, trichterförmiger Gang, der endolymphatische Canal (de) aus, der senkrecht nach oben steigt und sich mit einer kleinen , sackförmigen Erweiterung an das Schädeldach anlegt. Anderseits geht von dem Sacculus nach hinten und aussen der Canalis sacculo-cochlearis aus. Nach unten verlängert sich der Sacculus in einen weiten, gekrümmten, blind endenden Schlauch, die Lagena (l) , die der Schnecke der Säugethiere homolog ist. Der häutige Schlauch enthält in seinem Inneren die Rampen des Trommelfelles und des Vestibulums, die am unteren Ende des Schlauches zusammeufliesseu. Ein besonderer Nerv (g) begiebt sich zu einer Höi*- warze (/) im blinden Ende der Lagena, die wie alle Hörflecken und Hörleisten besondere Hörzellen trägt. Im Inneren der Lagena finden sich zahlreiche Otolithen (o). Ver dauungs organ e. — Da die beiden scharfen und lippenlosen Schnabelhälften erst hinter dem Auge im Winkel zusammentreffen, erscheint die Mundhöhle sehr lang und weit gespalten. Dach (Ä, Fig. 319 a. f. S.) und Boden (£, Fig. 319) der Mundhöhle werden beide von einem aus mehreren Schichten abgeplatteter Zellen ge- bildeten Epithelium ausgekleidet. Der knöcherne Gaumen wird hinten von den Keil- und Flügelbeinen , seitlich von den Oberkiefern, vorn von dem etwas nach unten gebogenen Zwischenkiefer gebildet; zu beiden Seiten der Mittellinie liegen vor den Flügelbeinen die von einander getrennten Blätter der Gaumenbeine. Die zwischen diesen Blättern geöffnete Spalte, die hintere Nasenöffnung oderChoane [h, Fig. 319, Ä), ist vorn eng, nach hinten etwas verbreitert und die Hautränder dieser Spalte sind mit kleinen , kurzen Fransen besetzt. Unter der Haut finden sich hier zahlreiche Schleimdrüsen (/), welche sich in die Mundhöhle öffnen. Das Epithelium bildet jederseits zwischen der Choane und den Kieferrändern einen Längswulst (g) , der an der Schnabelspitze beginnt und sich bis zum Anfange des Schlundes fortsetzt. Zwischen diesem Wulste und dem Schnabelrande finden sich noch einige kleine isolirte Schleimdrüsen, die sich ebenfalls in die Mundhöhle öffnen. Hinter der Choane liegen die ebenfalls spalt- Vogt u. Yuiig, ijrakt. vergl. Anatomie. II. _^(j 786 Wirbelthiere, förmigen Mündungen der Eustachi'schen Röhren (c), hinter welchen die Schleimhaut des Gaumens zwei segelartige Vorsprüuge (e) bildet, deren hinterer, freier Rand mit feinen, nach hinten gerichteten Zähnelungen vorspringt. Diese Vorsprünge bezeichnen die Grenze zwischen der Mundhöhle und dem Schlünde; sie enthalten eine grosse Anzahl von Drüsen , deren Ausführungsgänge sich auf kleinen , in die Mundhöhle vorspringenden Wärzchen öffnen. Der Boden der Mund- höhle (B, Fig. 319) wird von den beiden Hälften des Unterkiefers be- grenzt und ist grösstentheils von Muskeln und Drüsen mit Einschluss der Körperhaut gebildet. Hinter der Zungenwurzel sieht man die Stimmritze (o) in Gestalt einer Amphore, mit querer, vorderer Er- Fio-. 319. A C'oluinba domesüca. — Die Mundhöhle in doppelter Vergrösserung. A, Gaumeiidach. «, Schnabelspitze; ö, Choane ; c, Eustachi' sehe Röhre; d, Schlund; e, Drüsenwulst ; y, blossgelegte Drüsen zu beiden Seiten der Choane ; g, Mittelwulst. jB, Boden der Mundhöhle; rechterseits ist die Schleimhaut weggenommen. «, Unterkiefer ; &, Zungen- drüsen ; c. deren OefFnuugen ; d, Muskel von der Glottis zum Boden gehend ; e, äussere, intermandibulare Drüse; J\ (/, Mm. genio-hyoidei ; h, M. mylo-hyoideus ; i, äusserer Verengerer der Stimmritze; in, hintere Zähnelungen des Drüsenwulstes /; ?i, OefFnungen der Drüsen des Wulstes ; o, Stimmritze ; p, OefTnungen der Drüsen des Wulstes q; r, Epithelium des Mundbodens; s, innerer Verengerer der Stimm- ritze; t, Oeftnungen der inneren Intemiandibulardrüsen ü/ ; v, Muskel dieser Drüse; , ir, linke Hälfte der durch einen Länsfssclinitt setheilten Zun^e. weitei'ung, die nach hinten in eine Längsspalte ausläuft und sehr dicke, gezähnelte Lippen zeigt. Zu ihren Seiten sieht man zwei fleischige Vögel. 7S7 Wülste, die von dem Yerengerer der Stimmritze (s) gebildet werden. Die Hinterränder dieser Wülste heben sich ab, indem sie aus einander weichen and einen V-förmigen Raum zwischen sich lassen, in welchen die zahlreichen, nach hinten gerichteten Zähnelungen vorragen, mit welchen der liinterrand der Wülste besetzt ist. Vor diesen Zähne- Inngen liegen in der Dicke der Schleimhaut zahlreiche Drüsen (1), deren unter der Lupe sichtbare Mündungen (m) auf der Spitze kleiner Wärzchen sich in die Mundhöhle öffnen. Diese unteren Wülste liegen den ebenso gebildeten, oberen Wülsten so gegenüber, dass beide sich beim Schliessen des Schnabels berühren ; sie erleichtern durch ihre Ab- sonderung das Hinunterschlucken der Nahrung und verhindern zu- gleich durch ihre Zähnelungen den Rücktritt in die Mundhöhle. Vor der Stimmritze, in dem zwischen ihr und den hinteren Anhängen der Zunge liegenden, vorgewölbten Räume finden sich zahlreiche Drüsen (5). deren regellos zerstreute Mündungen f^:») mit blossem Auge sicht- bar sind. Die Zunge (iv, Fig. olD, B) hat- die Gestalt eines schmalen Lanzeneisens; die Spitze wird von einer hornigen Lamelle gebildet, nach hinten verlängert sie sich in zwei seitliche Flügel , die bis zur Stimmritze reichen , die Hinterzungendrüse (q) umfassen und an ihren freien Rändern mit rückwärts gerichteten Zähnelungen besetzt sind. Die vorderen zwei Drittel der Zunge sind frei, das hintere Drittel ist durch ein musculöses Band an dem Boden der IMundhöhle befestigt. Ein (^)uerschnitt der Zunge zeigt einen dreieckigen ümriss; die obere, dorsale Fläche ist etwas eingedrückt, die beiden Seitenflächen leicht vorgewölbt. Unter der Schleimhaut der Seitenflächen finden sich die Zungendrüsen (h) in Gestalt zweier länglicher, nach vorn sich verschmälernder, nach hinten breiter werdender Körper, deren Aus- führungsgänge sich mit etwa einem Dutzend von ^Mündungen (c) in rgelmässigen Zwischenräumen vorn an den Seiten, hinten auf der Rück- seite der Zunge bis zum Abgange der Flügel öff'nen. Ein verhorntes Epithelium überzieht das ausserdem aus dem Zungenknochen, den Mus- keln, Nerven und Gefässen gebildete Organ. Munddrüsen. — Ausser den angeführten Drüsen des Gaumens, der Zunge und der Umgebung der Stimmritze finden sich noch inner- halb der Unterkieferäste auf beiden Seiten der Mittellinie zwei ge- sonderte, dem Unterkiefer parallel laufende Drüsenkörper, die Zwischen- kieferdrüsen. Die innere, bedeutendere Drüse (11, Fig. 319, B) wird von etwa einem Dutzend dickwandiger Drüsenschläuche gebildet, welche vorn und hinten kürzer, in der Mitte am längsten sind, .Jeder Schlauch mündet isolirt in der Nähe der Mittellinie mit einer, mit blossem Auge sichtbaren Oeffnung (t). An das blinde Ende jedes Schlauches setzen sich einige Muskelbündelchen an. die zusammen- fliessen und so einen Schliesser der Stimmritze (r) bilden, der sich an 50* 788 Wirbelthiere. den Rändern der Stimmritze anheftet. Von der Innenwand jedes Schlauches gehen vorspringende Längsfalten aus, deren Flächen mit Drüsenzellen ausgekleidet sind: ein Querschnitt eines Schlauches bietet demnach das Bild eines Rades, von welchem strahlenförmige Speichen nach innen strahlen und so Gefache bilden, die sich in eine centrale Höhle öffnen, welche durch die Wirkung der angehefteten Muskelfasern des Stimmritzenschliessers entleert werden kann. Die äussere Zwischenkieferdrüse (e), die weit kleiner als die vorige ist, hat gefranste Ränder und gleicht einer lang ausgezogenen, etwas ge- krümmten Traube. Jedes Korn der Traube mündet durch eine be- sondere Oeffnung in die Mundhöhle. Unmittelbar an dem Unterkiefer- gelenk liegt noch eine kleine , in die Länge gezogene, traubige Drüse, die Eckdrüse; sie mündet mit einem einzigen Ausführungsgange in die Rachenhöhle. Der Schlund (c, Fig. 291) hat die Gestalt eines sehr weiten Trichters , der sich rasch verengt , innere Längsfalten zeigt und längs des Halses, unmittelbar an der Luftröhre anliegend, herabsteigt; er erweitert sich plötzlich in einen weiten Sack, den Kropf (cZ, Fig. 291), der bei der Taube eine wichtige Rolle spielt, indem er nach dem Ausschlüpfen der Jungen aus dem Ei eine weissliche, käsige Masse ab- sondert, womit die Eltern ihre Jungen in der ersten Zeit speisen. Der Kropf liegt an dem unteren Halsende in dem Winkel zwischen den Aesten des Gabelbeines als eine dorsal abgeplattete, nach beiden Seiten ausgebreitete, ventrale Erweiterung des Schlundes, deren Volumen sehr, je nach dem Zustande der Füllung, variirt; die Wände sind in der Nähe der Oeffnungen bedeutend verdickt, sonst aber sehr dünn und durchscheinend und in Abständen mit Längs- und Querbündeln von Muskeln ausgestattet. Die hintere Oeffnung liegt auf der dorsalen Seite und zeigt fünf grössere und drei kleinei^e, vorspringende Längs- falten, welche sich in den Oesophagus fortsetzen. In diesen, mit dickem , verhorntem Epithelium überzogenen Wülsten finden sich Drüsen, welche mit zahlreichen Oeffnungen an den Seiten der Wülste ausmünden. Hinter dem Kröpfe nimmt der Schlund seine vorigen Dimensionen au und geht dann in den Drüsenmagen über. Querschnitte zeigen als Bildungselemente des Schlundes aussen die seröse Hülle aus netz- förmigem Bindegewebe. mit zahlreichen, länglichen Kernen, sodann eine Schicht von Kreismuskelfasern , auf die eine Schicht von Längsfasern folgt, die in einzelne, im Bindegewebe eingehüllte Bündel zerfällt, zwischen welchen zahlreiche Nerven und Gefässe verlaufen. Die sehr dicke, innere Schleimhaut besteht aus zahlreichen Schichten von Zellen, die am Grunde runde Kerne zeigen , welche sich leicht mit Carmin färben, während die Kerne der oberflächlichen , verhornten Zellen ab- geplattet sind und sich nicht färben. Vöffel. 7S< Der Drüsenmagen Qrr, Fig. 291) ist ein sehr dickwandiger Hohlcylinder , dessen hinteres Ende an den dorsalen Rand des Muskel- magens herangeht. Die Schicht von Längsmuskelfasern, welche auf die seröse Hülle folgt, ist nur sehr dünn, während die Quermuskeln einen zusammenhängenden Hohlcylinder bilden, in dessen Gewebe ab- geplattete Kerne liegen. Die dickste Schicht wird innen von grossen, dicht an einander gepressten Drüsen gebildet, welche die Gestalt eines langgestreckten Kegels haben und mit ihrem blinden, weiteren Ende auf der inneren Längsmuskelschicht aufsitzen. Diese durch Binde- gewebe zusammengehaltenen zahlreichen Drüsenkegel reihen sich nach schiefen, parallelen Linien an einander. Ihre Mündungen finden sich auf kleinen, in die Höhle des Drüsenmagens vorspringenden Wärzchen und sind weit genug, um mit blossem Auge erkannt werden zu können. Jeder Drüsenschlauch hat eine eigene Hüllmembran , und in seine innere Höhlung springen strahlig gestellte Fältchen vor, auf deren Fio-. 520. Columbu domeslica. — Der iluskelinagpii in natürlicher Grösse. A. der grossen Axe nach und den Seiten parallel in zwei Hälften getheilt. B, Querschnitt durch die Mitte der Seitenflächen, a, Centrum der Seitenfläche ohne Muskeln; b, Muskellao'e in ihrer grössten Dicke ; c, innere Höhlung ; c/, Einmündung des Drüsenmagens. Flächen die Drüsenzellen liegen und die kleine Kämmerchen bilden, die ihre Absonderung in den Centralcanal des Drüsenschlauches entleeren. Der Muskelmagen {h, Fig. 291) hat, wie oben gesagt, die Ge- stalt einer biconvexen Linse. Er liegt in dem hinteren Abschnitte der Bauchhöhle in der Art, dass seine äussere Fläche sich an die Wand der Bauchhöhle anlegt, während die innere Fläche den Darmwindungen zugewendet ist. Beide Flächen schillern glänzend in Folge der Aus- bildung von Sehnenblättern, welche in der Mitte sehr verdickt sind, aber gegen die Ränder hin zusehends dünner werden. Die dicken Wände sind von Kreismuskeln gebildet, welche in der Nähe des Mittel- punktes jeder Fläche entspringen. Die Mitte des Magens selbst ist aber dünn (a, Fig. 320, A) , da sie nur von der erwähnten Sehnen- 790 Wirbelthiere. ausbreituug gebildet und von der inneren Hornschicbt überzogen wird. Der anfangs dünne Muskel schwillt gegen die Ränder hin zusehends an und bildet hier eine ausserordentlich dicke Lage (b). Ein durch das distale Ende des Drüsenmagens gelegter Längsschnitt (^, Fig. 320) durchsetzt die Muskellage in ihrer grössten Dicke. Hier sowohl, wie auf Querschnitten (B, Fig. 320) sieht man, dass die Muskelmasse aus concentrisch gelagerten Schichten besteht (b) , welche durch Binde- gewebe zusammengehalten werden. Bei stärkerer Vergrösserung (Fig. 321, J3) kann man deutlich diese Schichten (a), das eingeschaltete Bindegewebe (b) und dann eine innere Schicht von Längsmuskelfasern Fiff. 321. «s- -^ A B Columha domestlca. — Innenwand des Muskelmagens. A, Quersclmitt der Drüsen. Verick, Oc. 3, Obj. 7. a, Drüsenzellen; b, ihre Kerne; c, Umhüllungshaut der Drüsen ; d, Centralcanal ; e, die Drüsen vereinigendes Bindegewebe. B, Längsschnitt der Di'üsen bei geringer Vergrösserung. u, Kreismuskeln ; b, Bindegewebe ; d, Längs- muskeln; e, Drüsenwände ; y', Cuticula ; g, Canäle der Drüsen. (d) unterscheiden, auf welche eine Schiclit langer Drüsenschläuche (e) folgt, welche eine sehr dicke, innere Hornhaut (/) absondern. Die Hornschicbt ist runzelig , rauh , färbt sich kaum mit Cai-min und dringt, sich verdünnernd, sowohl in das Ende des Drüsenmagens als in den xinfang des Darmes ein. Auf gefärbten Schnitten tritt die Drüsen- schicht besonders deutlich hervor; sie besteht aus zahllosen, mit ihren blinden , etwas erweiterten Enden (g) auf die Längsmuskeln ein- Vögel. 791 gepflanzten Schläncheu. Jeder Drüseuschlauch (Fig. -321, Ä) ist von einer eigenen Hüllmembran (c) umkleidet; seine Wände werden von strahlig gestellten Cylinderzellen (a) gebildet, deren runde Kerne am Grunde liegen ; die weiten Mündungen der Drüsenschläuche springen mit ihren Wandungen etwas vor, so dass Längsschnitte (B) die Figur eines Kammes zeigen. Das Duodenum (/, Fig, 291; g und i, Fig. 323) entspringt auf der Innenfläche des Muskelmagens, nahe bei dem Eintritte des Drüsen- magens; es bildet eine das Pankreas umschliessende Schlinge und setzt sich unmittelbar in den Dünndarm (?'^, Fig. 291) fort, welcher zahl- reiche, an Mesenterialfalten aufgehängte Windungen beschreibt, die fast den ganzen Hinterraum der Bauchhöhle einnehmen. In den Dünn- darm münden am Ende zwei seitliche, etwa einen Centimeter lange Blind- därme (l). Das etwa fünf Centimeter lange Rectum (m) mündet in die weite Cloake (d, Fig. 291), die sich durch den After (o, Fig. 291), eine von einem Sphincter umgebene Querspalte mit gefalteten Rän- dern, nach aussen und unten öffnet. Die Vorderwand der Cloake bildet zwei über einander liegende Falten , welche die Vordergegend der Cloake in drei Kammern theilen , die ventrale Afterkammer, die mittlere Urogenitalkammer und die obere Kammer, das Protodaeum. Die Afterkammer ist die geräumigste ; sie bildet die Fortsetzung des Afterdarmes ; die weit kleinere Mittelkammer nimmt die Producte der Harn- und Geschlechtsorgane auf. Auf der Hiuterwand dieser Kammer springen nahe an der Mittellinie die Mündungen der Hai'nleiter als kleine Wärzchen vor; nach aussen von ihnen liegen beim Männchen die spaltförmigen Oeffnungen der Samenleiter. Die obere, sehr ge- räumige Kammer führt durch eine dreieckige, vordere Oeffnung in die Fabricius'sche Tasche, ein birnförmiger weiter Beutel, der etwa zwei Centimeter lang, einen Centimeter breit ist und mit einem nach hinten gerichteten Canale in di» Cloake mündet. Die Tasche ist durch ein Sehnenband an die Wirbelsäule angeheftet. Die Wand des Darmes (Fig. 322 a. f. S.) wird, wie gewöhn- lich, nach aussen von einer an Blutgefässen und Nerven reichen, serösen Hülle (d) aus Bindegewebe gebildet. Darauf folgt eine dicke Kreismuskelschicht (e), zwischen deren Fasern glatte Kerne liegen, dann die dünne Schicht von Längsmuskeln (c) und ganz nach innen die Schleimhaut (rt), die sehr zahlreiche, fingerförmige Zotten bildet, welche oft bis in die Mitte der Darmhöhle reichen und in den Maschen des sie bildenden Bindegewebes Netze von Blutgefässen (b) und Lymph- gefässen enthalten. Die Zotten sind im Duodenum und dem Dünn- darm sehr lang und schmal, in den Blinddärmen dagegen sehr breit, so dass sie grosse Massen bilden, welche fast vollständig die Höhle der Blinddärme ausfüllen. Zwischen den Zotten zeigen sich in der Schleim- haut die Lieber kühn 'sehe n Drüsen (g) , lange, feine Schläuche, 792 Wirbelthiere. rig-. 322. welche mit ihrem geschlossenen Grunde auf der Längsmuskelschicht aufsitzen. Das Endothelium dieser Drüsenschläuche (r/) wird von grossen Cylinderzellen mit länglichen Kernen gebildet, deren Mündungen in den Centralcanal des Schlauches mit einer auch bei schwachen Ver- grösserungen sichtbaren Grenzschicht (70 ausgekleidet sind. Die Lieberkühn" sehen Drüsen finden sich in grosser Menge im Duo- denum und Dünndarm; in den Blinddärmen sind sie selten. Die Anhangsgebilde des Darmes (Fig. 32.3) bestehen aus der Milz, dem Pankreas und der Leber. Die Milz (b , Fig. 323) ist verhältniss- mässig sehr klein, ab- geplattet und von läng- licher Gestalt. Durch Mesenteriallamellen ist sie einerseits an den Hiuterrand des dorsalen Leberlappens, anderseits an das hintere Ende des Drüsenmagens (c) an- geheftet und zeigt die gewöhnliche , an Blut- gefässen so reiche Aus- stattung, in deren Ein- zelheiten wir nicht ein- gehen. Das Pankreas (f,h, Je, Fig. 323) bildet eine lange, feste Drüse von grauröthlicher Farbe, die in der Schlinge des Duodenums eingeschlossen ist. Sie besteht aus drei Ha.uptlappen, von welchen zwei auf der einen, der dritte auf der entgegengesetzten Fläche des Gekrösblattes aufliegt, welches die beiden Schenkel der Darmschlinge mit einander verbindet. Auf der ventralen Seite sieht man in der Höhe des Anfanges des Duodenums einen Lappen (It), dessen hinteres Ende das Gekrösblatt durchsetzt und sich in die dor- sale Hälfte der Drüse fortsetzt. Nach hinten zeigen sich zwei eng verbundene Lappen (/und 7;), deren kleinerer sich bis in den Winkel der Darmschlinge verlängert. Auf der dorsalen Fläche des Gekrös- blattes liegt nur ein grosser, länglicher Lappen (h). Der Bauch- Colmnba domestica. — Querschnitt der DaimwanJ. a. Durchschnitt einer Papille , die ein Getäss b ent- hält: c, Längsmuskeln mit Gefässen /'; c/, serüse Haut : e, Kreismuskeln : g, Drüsenzellen : fi, Cuticula der I)rüsen ; i. Lieberkühn'sche Drüsenschläuche. Vcio^el. '93 Speichel wird durch drei besondere Gänge in den Darm ergossen; zwei Yon diesen Gängen (?) kommen aus den ventralen Lappen, der dritte {)i) aus dem dorsalen Lappen. Die Leber (o, a\ Fig. 323) bildet vor dem Drüsenmagen eine dicke Masse von brauner Farbe und setzt sich aus zwei grossen Lappen zusammen, die an den Bauchwänden anliegen und, die Spitze des Fio-. 323. Columba domesticu. — Dorsale Ansicht des Duodenums und seiner Anliangsorgane iu natürlicher Grösse, a, linker Leberlappen; a-"-. rechter Leberlappen: c. Ende des Drüsenmagens; c^, Durchschnitt desselben: cZ, Arterie des Muskelmagens: f, h. ven- trale Lappen des Pankreas ; g, absteigender Ast der Duodenalschlinge : /, aufsteigender Ast derselben ; l\ dorsaler Lappen des Pankreas ; /, untere Ausführungsgänge des Pankreas: ;?!. oberer Ausführungsgang; o, p, Gallengänge. 794 Wirbel thiere. Herzens umfassend, in der ventralen Mittellinie an einander stossen. Der linke, grössere Lappen (ft) reicht mit seiner hinteren Spitze bis an die Nieren und bedeckt zum Theil den kleineren, rechten Lappen (a'). Die Hinterränder der nach vorn stark verdickten Lappen schärfen sich zu ; die Masse verschmilzt nach vorn und umgiebt einen grossen Theil des Drüsenmagens. Jeder Lappen zerfällt in einige secundäre Läppchen. Die äusseren Flächen der Leber sind glatt und gewölbt, auf der inneren Fläche zeigen sich tiefe Eindi'ücke, in welchen Theile der Darm- schlingen liegen. Der grösste dieser Eindrücke, der am linken Lappen ausgegraben ist, nimmt die vordere Hälfte des Muskelmagens auf. Eine Gallenblase fehlt; die Galle wird dem Duodenum unmittelbar durch zwei, an Länge und Dicke sehr ungleiche Gallengänge zugeführt; der weitere, aber kürzere dieser Gänge (p) beschreibt eine leichte Curve nach hinten und mündet in das proximale Ende des Duodenums; der andere, feinere aber längere (o), folgt dem inneren Rande des auf- steigenden Schenkels der Darmschlinge und mündet in ^diese in der Nähe der hinteren Ausführungsgänge des Pankreas. Harnorgane, — Die Niereu (Fig. 331) liegen symmetrisch zu beiden Seiten der Wirbelsäule unmittelbar an. Jede Hälfte be- ginnt hinter der Leber und besteht aus drei, von vorn nach hinten au Volumen zunehmenden Massen. Das Bauchfell ti-ennt sie von der Eingeweidehöhle ab, indem es sie nur auf ihrer venti'alen P^läche über- zieht, welche eine Menge von kleinen Windungen zeigt, die an die Hirnwindungen erinnern. Auf der unmittelbar den Wirbeln an- liegenden dorsalen Fläche drücken sich die Unebenheiten der Wirbel ab; an dem vorderen Lappen (r) diejenigen des Darmbeines und der Querfortsätze des Lendenwirbels; der mittlere Lappen (r^) wird von den Nervenstämmen durchsetzt, welche das Hüftgeflecht bilden, er zeigt, wie der hintere Lappen (r-), eine tiefe Längsrinne, in welche der Harnleiter verläuft. Dieser, auf seiner dorsalen Fläche in Form einer Halbkugel vorgewölbte Lappen passt in die Griibe des Darmbeines hinter dem Foramen obturatorium. Wie überall, bestehen die Nieren aus einem bindegewebigen Stroraa, in welchem Blut- und Lymph- gefässe, Nerven und Harncanäle verlaufen. Letztere sind sehr fein; die Bowm an 'sehen Kapseln, aus welchen sie hervox'gehen , liegen grösstentheils in der Rindensubstanz. Die sehr geschlängelten Harn- canälchen fliessen zusammen und mündeu in ein auf der ventralen Fläche der Niere nahe an ihrem Innenrande angebrachtes, in die Länge gezogenes Becken, aus welchem der Harnleiter entspringt. Die beiden Harnleiter krümmen sich nach ihrem Austritte aus der Niere um die Fahr icius' sehe Tasche herum und münden, jeder für sich, auf einem kleinen Wärzchen in die Ui"ogenitalkammer der Cloake. Der Harn ist, wie derjenige der Reptilien, breiig und von weisser Farbe. Vögel. 795 Die Nebennieren (ec, Fig. 331) liegen als gelbliche, etwa erbsengi'osse Körper jederseits vor dem Vordereude des ersten Nieren- lappens, zwischen diesem und den Geschlechtsdrüsen. Sie enthalten zahlreiche, gewundene Blindschläuche; die Zellen ihrer Wandungen sind undeutlich, etwas in die Länge gezogen und besitzen grosse, runde, excentrische Kerne. In dem zelligen Protoplasma sind zahl- reiche, stark lichtbrechende Körnchen zerstreut. Geschlechtsorgane. — Die wurstförmigen, gelblichweisseu Hoden (t, Fig. 331) liegen auf der Innenseite des Vorderendes des ersten Nierenlappens, von einem besonderen Mesenterialblatte umgeben. Die äussere, sehnige Hülle sendet vorspringende Blätter nach innen und theilt so das Organ in Kammern, in welchen die Samencanälchen vielfach gewunden und verästelt verlaufen. Die Canälchen sammeln sich in einem unscheinbaren Nebenhoden, der sich in den am Innen- raude der Stirnlappen neben dem Harnleiter verlaufenden Samenleiter fortsetzt. Dieser mündet, ohne eine Erweiterung in seiner Länge zu zeigen, auf die beschriebene Weise in die Cloake. Der Eierstock (g, Fig. 292) liegt an dem lunenrande des ersten linken Nierenlappens hart an der absteigenden Aorta, von welcher er eine starke Arterie erhält. Seine Gestalt und Grösse wechseln un- gemein, je nach Alter und Jahreszeiten. Bei jungen Thieren bildet er einen in dorso- ventraler Richtung abgeplatteten, vorn breiteren, hinten schmäleren Körper von gelblicher Farbe, auf dessen Oberfläche man Querfältchen gewahrt. Auf Schnitten kann man ein Epithelium mit Cylinderzellen unterscheiden , welches die Kapsel des Eierstockes bildet. In dem losen , aus Bindegewebe gebildeten Stroma liegen Eichen in verschiedeneu Entwicklungsstadieu. Der Eierstock eines erwachsenen Thieres liegt näher an der Mittellinie der Wirbelsäule und hat die Gestalt einer Traube, an welcher Eier von verschiedener Grösse stark vorspringen. Nicht selten findet man einen vei'kümmerten, rechten Eierstock in Gestalt einer kleinen, runzeligen Masse, die dem ersten Nierenlappen rechterseits anliegt. Der Eileiter (o r, Fig. 292) bildet einen abgeplatteten Schlauch, der durch eine Mesenterialfalte an die Körperwand geheftet ist und nach vorn mit einem weiten Trichter beginnt, dessen Gestalt und Grösse je nach den Jahreszeiten sehr wechselt. Die Oeffnung des Trichters (par) ist bald dem Eierstocke zugewendet, bald von dem- selben abgewendet. Der Schlauch verläuft mit vielen Windungen, die sich bald hier,; bald dort verwischen, längs den Nierenlappen nach hinten. Auf seiner ganzen Länge zeigt der Schlauch im Inneren Längsfalten. Seine Wände zeigen aussen eine dünne, seröse Hülle, dann eine Längsmuskelschicht, deren Mächtigkeit an verschiedenen Abschnitten wechselt. Dann folgt eine Bindegewebsschicht mit zahl- reichen Blutgefässen und ganz nach innen eine von Cylinderzellen 796 Wirbeltbiere. gebildete Drüsenschicht, welche das Eiweiss, die Schalenhaut und die Schale absondern. Der Eileiter mündet durch eine, ausserhalb des linken Harnleiters gelegene Spalte in die Cloake. Sowie man Rudi- mente des rechten Eierstockes antrifft, findet man auch zuweilen, als Rest des rechten Eileiters, das Ende desselben in Form einer blätterigen Verdickung von weisslicher Farbe und der Länge eines Centimeters, die ausserhalb der Cloake liegt und durch ein Mesenterialblatt an die Körperwand angeheftet ist. Die Athemorgane bestehen aus zwei Kehlköpfen, einem oberen und einem unteren, aus der Luftröhre, den Lungen iind den Luft- säcken, welche den Vögeln eigenthümlich sind. Als Nebenorgane können noch die Diaphragmen angesehen werden. Der obere Kehlkopf (Fig. 324) ist eine zur Aufnahme der Athemluft bestimmte Erweiterving des oberen Endes der Luftröhre, welche sich durch eine Längsspalte, die Glottis, in die hintere Racben- höhle öffnet. Die Wände der relativ weiten Kehlkopfhöhle werden Fig. 324. Columhu domestlcu. — Oberer Kehlkopf, dreifach vergrüssert. A, im Profil. B, dor- sale Fläche, oj", Cartilago arytaenoidea; an, vordere Erhebixng desselben; er, Car- tilago cricoidea ; s, Verbindungsstück zwischen den genannten Knorpeln; t^ Cartilago thyroidea mit den daran angebrachten Lücken o. durch Knorpelringe gestützt, die nur modificirte Luftröhrenringe sind, aber eine schiefe Lagerung angenommen haben und im Verein mit einem unpaaren, ventralen Stücke eine feste Kapsel bilden, deren Zwischenräume durch Bindegewebe ausgefüllt sind. Der vordere Ring, der Gie sskann enk norpe 1 (Cartilago arytaenoidea, ar, Fig. 321) ist unvollständig, da er unten klafft. Der auf der dorsalen Fläche verbreiterte Knorpel wird durch eine tiefe Querfurche in zwei Theile getheilt. Der vordere Theil (an) bildet, von der Seite gesehen (A), einen starken Vorsprung und ist von dem hinteren Theile auf der Rückenfläche (B) scharf gesondert. Die unteren Schenkel des Ringes ruhen auf einem ventralen, unpaaren Stücke, dem Schildknorpel (Cartilago thyroidca, t), einer vorn schmalen, nach hinten in der Art Vögel. 797 verbreiterten Platte , dass die Flügel an den Seiten des Kehlkopfes in die Höhe steigen. Der Knorpel zeigt kleine Durchlöcherungen (o). Der Ringknorpel {CartUago cricoidea, er) besteht aus zwei seit- lichen , oben wie unten getrennten Hälften , die bogenartig gekrümmt sind. Das untere Ende ruht auf dem Schildknorpel, das obere stösst auf einen kleinen, unpaaren, stabförmigen Knorpel (s), der nach hinten etwas verdickt ist und nach vorn sich unter den Giesskannenknorpel einschiebt. Die Luftröhre hat ia ihrer ganzen Länge dasselbe Kaliber. Ihre Wände werden durch zahlreiche Knorpelriuge gestützt, die auf der ventralen Seite etwas schmäler sind als auf der dorsalen. Das innere Endo- thelium des Rohres (Fig. 325, B) besteht aus cylindrischen Wimper- zellen (g), die auf einer Drüsenschicht (/) auflagern; die Ausführungs- gäuge dieser Drüsen ergiessen zähen Schleim in die Luftröhre. Nach Fig. ;;25. ^-^^^ . h i d so B t'uhuiihu domtstlva. — A, doppelt vergröbserter Syriux, von der ventralen Fläche aus. a, h, die beiden letzten Luttröhrenringe ; b <•,< Bronchen ; c, erster Ring derselben : rJ, Schallmenibrau ; e. M. broncho- trachealis. B, Querschnitt der Luftröhrenwand. Leitz, Oc. 3, Obj. 3. a, Umhüllungshaut ; &, Läugsmuskeln ; c. Perichondrium : d, Knorpel; e. Blutgefässe;/', Drüsen: , quer durchschnittene Blutgefässe der Lederhaut; v' ^ Längsschnitte von Blutgefässen; gr Fetto-ewebe; rn, Muskeln. man die weitere Ausbildung beim Embryo, so sieht man die Basis des Haarbalges mit einer länglichen, bindegewebigen Warze in Verbindung treten, die zahlreiche Blutgefässe enthält. Diese Warze wächst in die Axe des Haarbalges hinein, so dass dessen modificirte Epidermoidal- zellen sie wie eine Scheide umgeben. Die Zellen metamorphosiren sich, Säugethiere. 837 werden länger, kleben an einander und bilden endlicb fest vereinigte Bündel von Hornfasern, die gegen die Oberfläche der Haut verwachsen und so den Haarschaft bilden, dessen unteres, verdicktes, mit der Warze zusammengewachsenes Ende die Haarzwiebel genannt wird. Die Zellen der Haarzwiebel proliferiren, fügen neues Material zu dem Haarschafte, der so lange weiter wächst, als die Verbindung mit der Warze bestehen bleibt. Denn später, wenn er ausgewachsen ist, trennt er sich von der Warze, die dann einschrumpft. Das Haar mit voller Zwiebel hört dann auf zu wachsen und unterscheidet sich dadurch von dem Haare mit hohler Zwiebel, in dessen Innerem die Gefässpapille fortbesteht. Bei dem erwachsenen Thiere zeigen die Haare eine mehr oder minder pigmentirte, aus verhornten und unkenntlich gewordenen Horn- zellen gebildete Rindenschicht (e), deren Zellen sich nur unter der Einwirkung sehr starker Reagentien von einander trennen, und eine Axen- oder Marksubstanz (tu), deren Zellen weniger modificirt sind. Die bei dem Kaninchen sehr mächtige Marksubstanz enthält Luftbläschen, welche bei durchfallendem Lichte wie schwarze Streifen aussehen ; sie vermindert sich nach und nach gegen die Spitze des Haares hin, welche nur von der Rindenschicht gebildet wird. Dies ist namentlich bei den feinen Unterhaaren der Fall, deren Rindenschicht ausserdem kleine, mit ihren Spitzen gegen den Gipfel des Haares hin gerichtete Rauhigkeiten zeigt. Die Haarwurzel, d. h. derjenige Theil des Haares, der in der Lederhaut steckt, ist mit feinen Hornblättchen bekleidet, welche eben- falls von modificirten Epidermiszellen abstammen und die Oberhaut- schicht des Haares bilden. Diese ist wieder von mehreren Scheiden umhüllt: die innere Scheidenschicht (g i) von sehr verwickelter Structur, an welcher die Histologen mehrere Lagen unterschieden haben (He nie 'sehe Schicht, Huxley'sche Schicht), und die äussere Scheidenschicht (ge), deren Zellen sehr wenig von denjenigen der Malpighi'schen Schicht, die alle diese Bildungen vermittelt hat, sich unterscheiden. Die Haarzwiebel ist eiförmig, von einer Bindegewebs- hülle umgeben und enthält ein sehr blutreiches, spongiöses Ge- webe (er), in dessen Gängen und Höhlen das Blut kreist. Die Gefässe und Nerven durchsetzen die Bindegewebshülle. Die Follikel der grossen Tasthaare sind sehr voluminös; sie enthalten zuweilen zwei Haare, ein älteres, warzenloses und absterbendes ohne Wärzchen und ein junges, dessen hohle Zwiebel eine Papille einschliesst; der dicke Schwamm- körper wird von einem Nerven durchsetzt (n), der sich in ein dichtes Netz um die Wurzel herum auflöst (Low, Merkel, Bonnet — siehe Literatur). An die Aussenfläche des Follikels setzen sich Muskelbündel an, die Aufrichter des Haares (M. arrectores loilorum). Wir haben sie nur an den grossen Haaren vorgefunden. 838 Wirbelthiere. Die Follikel der feinen, wolligen Unterhaare der äusseren Fläche des Ohres, des Rückens und Bauches stehen in kleinen, dicht an einander gedrängten Gruppen zu fünf bis sechs so eng zusammen, dass es manch- mal aussieht, als ob mehrere Haare aus einem einzigen Follikel hervor- gewachsen seien. Die Krallennägel an den Enden der Zehen sind lang, gebogen, oben gewölbt, auf der unteren Fläche ausgekehlt und, wie die Haare, aus verhornten Oberhautzellen gebildet, die sich in einem Falze der Haut entwickeln, welche das letzte Zehenglied überdeckt. Der ventrale oder untere Theil dieses eingestülpten Falzes, auf welchem die Kralle aufliegt, bildet das Nagelbett, der hintere eingefalzte Rand, in welchem die Nagelwurzel steckt, den Nagelfalz. Der mittlere Theil der Nagelwurzel zeigt weniger veränderte Zellen als die Rinden- schicht, in welcher die Zellen, wie bei den Haaren, gänzlich verhornt und zusammengeschweisst sind. Es finden sich nur wenige Hautdrüsen beim Kaninchen-, Schweissdrüsen fehlen fast ganz; nur in der Haut des Gesichtes finden sich Spuren davon. Die Talgdrüsen (Fig. 334, gs) sind häufiger, besonders in der Haut der Lippen, der Augenlider etc. an- zutreffen. Sie entstehen, wie die Haarbälge, in der M alpighi'schen Schicht und senken sich in die Lederhaut ein. Ihre Gestalt ist der- jenigen der Haarbälge ähnlich, mit welchen sie in Verbindung bleiben durch ihre Ausfuhrgänge. Sie bleiben einfach und verästeln sich nicht, wie bei anderen Säugethieren. An die Hautdrüsen schliessen sich die After drüsen, sowie die Cowp er 'sehen und Vorhautdrüsen an, die wir bei Gelegenheit der Geschlechtsorgane betrachten werden. Auch die Milchdrüsen gehören den acinösen Hautdrüsen an. Nach Stein (siehe Literatur) sind sie ihrer Entstehung und Ausbildung nach zum Zwecke der Er- nährung der Jungen umgewandelte Talgdrüsen. Sie entstehen bei beiden Geschlechtern als Verdickungen der Malpighi'schen Schicht, die sich in der Lederhaut verzweigen ; sie entwickeln sich aber voll- ständig nur bei den Weibchen während der Trächtigkeit. Dann er- scheinen sie als zusammengesetzte Drüsen von röhrigem Bau; die Aus- fuhrgäuge convergiren gegen die vorspi-ingende Zitze, auf deren Gipfel sie münden. Die Zitzen vergrössern sich bedeutend während des Säugens, wo die Epithelialzellen der Drüsenröhren das Fett vind die übrigen Bestandtheile der Milch absondern. Man sieht dann auch die Zitzen in einer Doppelreihe längs des Bauches, sechs bis zehn auf jeder Seite, stark vorragen; die vorderen Zitzen sind die kleinsten. Man braucht zu dieser Zeit nur die Haut um die Zitzen abzuziehen, um die von Milch strotzenden Ausfuhrgänge zu sehen. Skelett. Um das Skelett zu präpariren, balgt man das Thier ab, entfernt die grossen Muskelmassen, die Eingeweide, Augen etc., des- Säugethiere. 839 articulirt den Kopf und entleert das Gehirn mittelst eines durch das Hinterhauptsloch eingeführten gebogenen Drahtes und macerirt dann das Ganze so lauge, bis man mit Kratzen und Bürsten die Ansätze der Muskeln und Sehnen an den Knochen ablösen kann. Man kann die langwierige Maceration im Wasser durch Behandlung mit einer einprocentigen Lösung von Potasche abkürzen. Doch möchten wir nicht zu sehr auf der Anwendung der Alkalien bestehen; die Knochen lösen sich zu vollständig und, um Irrungen und Verwechslungen zu vermeiden, muss man sie etikettiren, in dem Maasse, als sie abfallen. Wir verweisen hinsichtlich der Aufstellung auf die technischen Lehr- bücher. Da unser Zweck hauptsächlich analytisch ist, so nehmen wir an, dass der Leser, der unseren Angaben folgen will, ein vollständig aufgestelltes Kaninchenskelett, wie man es sich leicht verschaffen kann, vor sich hat und dass er nöthigenfalls desarticulirte Knochen, wie er sie selbst präpariren kann, zu Rathe zieht. Die Axe des Skelettes, die Wirbelsäule (Fig. 335 a. f, S.), welcher sich mehr oder minder unmittelbar alle anderen Knochen an- schliessen, besteht aus 46 Wirbeln, welche durch lange Bänder und intervertebrale Faserknorpelscheiben, die bei alten Thieren verknöchern, mit einander verbunden sind. Die Wirbelkörper sind opisthocoel; sie tragen Neurapophysen, welche sich zu Doi*nfortsätzen vereinigen, Querfortsätze und Gelenkfortsätze, die alle nach und nach an den Schwanzwirbeln verkümmern. Jederseits am Körper findet sich ein Querfortsatz und zwei schiefe oder Gelenkfortsätze, ein vorderer und ein hinterer. An dem Ansatzpunkte der Neurapophyse an den Wirbel- körper findet sich ein kleiner Ausschnitt, vorn und hinten, welcher ähnlichen Ausschnitten der beiden benachbarten Wirbel entspricht, so dass auf diese Weise durch die Anlagerung Zwischenwirbellöcher hergestellt werden, durch welche Nerven und Gefässe hindurchtreten. Man kann folgende Regionen unterscheiden: die aus sieben Wir- beln bestehende Halsregiou (vc), die Brustregion (vd) mit zwölf Wir- beln, die Lendenregion (vi) mit sieben Wirbeln, die Kreuzbeinregion (vs) mit vier und die Schwanzregion mit sechzehn arg verkümmerten Wirbeln. Die sehr beweglichen Halswirbel (vc) ordnen sich in einer etwas nach unten gebogenen Längsreihe. Der Schädel ist unmittelbar an den ersten Halswirbel durch die beiden Gelenkköj)fe des Hinter- hauptes eingelenkt; dieses Gelenk bewerkstelligt die senkrechten Kopf- bewegungen. Der erste Halswirbel, der Atlas (Fig. 336, S. 841), zeigt die Form eines vorn wie hinten concaven Ringes. Der Körper (o) des Wirbels ist abgeplattet und auf der oberen, dem Rückenmarke zu- gewendeten Fläche etwas ausgekehlt, so dass der Zahnfortsatz des zweiten Wirbels sich in diese Rinne einlegen kann. Am Hinterende des Wirbelkörpers findet sich ein hinterer Höcker {t})). Die von 840 Wirbelthiere, Fig. 335 Säugetliiere. 841 den Neurapophysen gebildeten seitlichen Bogen des Ringes setzen sich links und rechts in zwei breite Querfortsätze oder Flügel fort (cd), an -welche bedeutende Muskeln sich ansetzen und deren Wurzel von einem Querloche (tt) durchbohrt wird, das den Anfang eines Canales bildet, der durch homologe Löcher an den folgenden Halswirbeln vervollstän- digt wird. An der Vorderfiäche des Ringes liegen die beiden Gelenk- Fig. 336. Fig. 337. tu. to tp Fig. 336. — Lep ciui. — Der Atlas, von oben und hinten gesehen. Doppelte Grösse. c, Körper des Wirbels; tp, hinterer Knorren; sa, Gelenkfläche zum Epistropheus; tt, Querloch; at, Querfortsatz; to, schiefes Loch; ta, vorderer Knorren. Fig. 337. — Lep. ciin. — ■ Das Epistropheus, von vorn und links gesehen. Doppelte Grösse, aß, Zahnfortsatz; ae, nach vorn verlängerter Dornfortsatz; sa, vorderer Gelenkfortsatz; tt, Querloch. gruben , in welchen die Gelenkköpfe des Hinterhauptes sich bewegen ; hinter ihrem vorderen Rande findet sich das schiefe Loch {tö), durch welches der erste Halsnerv nach aussen tritt. Die Hinterfläche trägt an dem unteren Theile der Querfortsätze zwei leicht ausgehöhlte Flächen {sa) zur Einlenkung mit dem zweiten Halswirbel. Dieser, Axis oder Epistropheus Fig. 337), ist kaum länger als der Atlas, aber weit höher, sein Körper trägt eine vordere, kegel- förmige , überknorpelte und nach vorn gerichtete Verlängerung , den Zahnfortsatz (Processus odontoideus, ao), um welchen sich der Atlas bei den Rotationsbewegungen des Kopfes dreht. Die Entwicklungs- geschichte zeigt uns, dass dieser Fortsatz ursprünglich der Körper des Fig. 335. — Lep. cun. — Profilansicht des Skelettes. Ein Drittel natürlicher Grösse. VC, Halswirbel; atl, Atlas; ax, Epistropheus; vd, Rückenwirbel; vi, Lendenwirbel; vs, Kreuzbeinwirbel; vq, Schwanz wirbel; co, Co', echte Rippen; fc, falsche Rippen; st, Brustbein; man, Manubrium des Brustbeines; xip, Schwertfortsatz desselben; OS, oberes Hinterhauptsbein; par, Scheitelbein; as, Augenbrauenbogen; on, Nasen- bein; im, Zwischenkiefer; mi, Unterkiefer; apt, Flügelfortsatz; acm, Gelenkfortsatz; azt, Jochfortsatz des Schläfenbeines; /, Thränenbein; om, Schulterblatt; to, Kopf desselben; eo, Schulterbeinkamm; acr, Acromion; ac, Hakenfortsatz; ämto, Humerus; tr, Trochlea; cub, ülna; rad, Radius; c, Carpus; mo, Mittelhand; ph, Phalangen; eil, Körper des Darmbeines; ail, Flügel desselben; puh, Schambeinfuge; tis, Sitz- beinknorren; bis, bis', oberer und unterer Ast des Sitzbeines; acht, Acetabulum; to, Foramen obturatorium ; /, Femur; tr, äusserer Trochanter; r, Kniescheibe; tib, Tibia; per, Peroneum; t, Tarsus; cad, Fersenbein; mt, Mittelfuss; ph, Phalangen der Zehen. 842 Wirbelthiere. Atlas ist, der sich aber von diesem trennt, um dem zweiten Wirbel angescbweisst zu werden. Links und rechts finden sich die ebenfalls überknorpelten Flächen (sa), auf welchen der Atlas hier eingelenkt ist, während auf der Hinterfläche die Gelenkgruben für den dritten Halswirbel angebracht sind. Die Querfortsätze, welche weniger gross sind als diejenigen des Atlas, tragen an ihren Wurzeln das Querloch (tt). Der stark ausgebildete Dornfortsatz hat die Gestalt eines vei-ticalen, in die Länge gezogenen Kammes (»e), der mit seinem Yorderende weit über die Neurapophysen hinausragt und bedeutenden Kopfmuskeln zum Ansätze dient. Die anderen Halswirbel zeigen keine vorstechenden Besonderheiten; ihre Gelenkfortsätze sind stärker entwickelt, als bei den beiden ersten; die Dornfortsätze werden nur bei den drei letzten bedeutend; die Quer- fortsätze sind nach der Bauchseite hin gebogen. Der Körper des sie- benten Halswirbels , der mit dem ersten Rückenwirbel sich einlenkt, hat horizontale Lagerung , während die anderen in Folge der Hals- krümmung eine etwas schiefe Richtung zeigen. Die Rückenwirbel (Fig. 335, rd) nehmen von vorn nach hinten an Dicke und Höhe zu, aber auch an Breite ab. Sie unterscheiden sich namentlich von den Halswirbeln durch mächtigere Körper und weit grössere, schief nach hinten geneigte Dornfortsätze. Letztere werden auf dem dritten und vierten Rückenwirbel am höchsten; weiter nach hinten zu verkürzen sie sich und platten sich seitlich ab. Die Quer- fortsätze sind nur wenig entwickelt; sie zeigen an ihrem freien Rande eine Gelenkfläche, die sich bis auf den Wirbelkörper hinzieht und zur Einlenkung des Kopfes der Rippen dient. Seitlich entspringt ein kleiner Nebenfortsatz, der auf dem ersten Rückenwirbel kaum bemerklich, auf den folgenden aber sehr deutlich ist; an den ersten sieben Rückenwirbeln richtet sich dieser Fortsatz gegen den Hals, an den anderen gegen die Lenden. Jeder Rückenwirbel trägt vorn und hinten je zwei schiefe Gelenkfortsätze; die vorderen Gelenkfortsätze, deren Gelenkflächen vertical gestellt sind, tragen einen Höcker, den Zitzenfortsatz, der um so bedeutender wird, je weiter nach hinten der Wirbel sich findet. Diese Zitzenforfcsätze (Fig. 338, am) erreichen in der That an den Lendenwirbeln (Fig. 335, vi) ihre grösste Ausbildung, wie denn überhaupt die Lendenwirbel die mächtigsten der ganzen Wirbelsäule sind , deren Fortsätze sich am meisten entwickeln. Die Querfox'tsätze (Fig. 338, at) sind sehr lang, nach vorn und unten gerichtet; die Gelenkfortsätze (sa) treten scharf hervor. Sämmtliche Einrichtungen für den Ansatz von Rippen fehlen diesen Wirbeln gänzlich. Ihre Dorn- fortsätze (ae) sind hoch, blattartig nach vorn in die Länge gezogen. Das Kreuzbein (Fig. 339), welches seitlich mit den Darmbeinen durch hufeisenförmige Gelenkflächen verbunden ist, besteht aus vier in Säugethiere. 843 der Art verschmolzenen Wirbeln, dass das Ganze die Gestalt einer lan- gen, abgestutzten Pyramide bat, deren Basis nach vorn gewendet ist. Seine innere, ausgekehlte Fläche zeigt eine mittlere, durch die Xaht- linie der verschmolzenen Wirbelkörper unterbrochene Rinne; an diesen Nahtlinien finden sich seitlich die Sacrallöcher (ts), welche in kurze Canäle führen, die dorsalwärts in den Rückenmarkscanal münden und, als Homologe der Zwischenwirbellöcher, den Rückenmarksnerven Durch- lass gewähren. Die Yorderfläche des Kreuzbeines verbindet sich mit dem letzten Lendenwirbel unter einem stumpfen Winkel und bildet so einen in das Becken ragenden Yorsprung, das Promontorium. Die Fig-. 338. Fig. 339. Fig. 338. — Lep. ciin. — Der zweite Lendenwirbel, von vorn und links gesehen. Doppelte Grösse, c, Körper des "Wirbels; sa, vorderer Gelenkfortsatz; sap, hinterer Gelenkfortsatz; ai, Querfortsatz; am, Zitzent'ortsatz; ae, Dorntbrtsatz. Fig. 339. — Lep. citri. — Das Kreuzbein von seiner unteren Fläche. Man sieht die vier Wirbel, die es zusammensetzen. Natürliche Grösse, ai, Gelenkfläche gegen den letzten Lendenwirbel; o i, Zwischenknöchelchen; /a k It bo ^ ssli apno Lep. Clin. — • Ansicht der Schädelbasis. Natürliche Grösse, os, oberes Hinterhaupts- bein; CO, Leiste desselben; to, Hinterhauptsloch; ac, Gelenkköpfe des Hinterhauptes ec, Zwischenfurche; ho, Grundbein; th, Durchtrittsloch des N. hypoglossus; ajo, Jugularfortsatz des Hinterhauptsbeines; hl, Blasentheil des Schläfenbeines; amt, Zitzen- fortsatz desselben; ta, äusseres Gehörloch; ssh, Grundbein-Keilbeinnaht; sp, hinterer Keilbeinkörper; sa, vorderer Keilbeiukörper; ts. Keilbeinloch;/?«, Unterkiefergrube; azt, Jochfortsatz des Schläfenbeines; ap , Flügelfortsatz; o, Augenhöhle; aoa, vor- derer Oberaugenfortsatz; av, Flügel des Vomer; ch, Choaneu; j)h, horizontaler Ast des Gaumenbeines; i**') verticaler Ast desselben; t}) , Gaumenlöcher; apm, Gauraen- fortsatz des Oberkiefers; spm, Kiefergaumennaht; m, Wangenbein; cZjn, Backenzähne ; ms, Oberkiefer; cn, Nasenscheidewand; im, Zwischenkiefer; i, Schneidezähne; is, Ersatzzähne. 848 Wirbelthiere. Atlas, die glatt, von unten nach oben verlängert und an ihrer Basis durch eine breite Bucht (Fig. 342, ec) getrennt sind, in welcher das Grundbein sichtbar ist. Am oberen Ende dieser Gelenkköpfe sieht man kleine Löcher, durch welche der Nervus hypoglosstis nach aussen tritt (Fig. 342, Jiy). Mit ihren oberen Rändern stossen diese Knochen an die vorn breitere, hinten schmälere, convexe Hinterhauptsschuppe (Fig. 341, os), welche das Hinterhauptsloch nach oben schliesst. Hier zeigt die Schuppe einen Ausschnitt, der den Gipfel des dreieckigen Loches bildet und bei dem Hasen nicht ausgebildet ist. Auf der äusseren Fläche des Knochens ist eine Querleiste ausgebildet, welche den unteren Nackentheil von dem oberen Scheiteltheile abtrennt; ausser- dem finden sich zwei seitliche Leisten, welche sich auf die Schuppe des Schläfenbeines fortsetzen. Auf der Innenfläche machen sich drei Gruben bemerklich; in die mittlere tiefste, die Kleinhirngrube, legt sich der Wurm des kleinen Gehirnes. Das Keilbein liegt vor dem Grundbeine auf der Mittellinie der Schädelbasis (Fig. 342, sp); sein Körper besteht aus zwei, durch Knorpel vereinigten Stücken; das hintere trägt die grossen, das vordere die kleinen Keilbeinflügel. Von unten betrachtet, hat das hintere Keilbein (Fig. 342, sp) die Gestalt eines gleichschenkligen Dreieckes, dessen Basis nach hinten gewendet und von einem Loche (ts) zum Durchtritte einer grossen Vene durchbohrt ist. Auf seiner, dem Gehirne zugewendeten oberen Fläche trägt es eine tiefe Höhle, den Türkensattel, in welche sich der Hirnanhang {Hypopliysis) einlegt, und die nach hinten durch einen schwammigen Vorsprung, den Sattelrücken, begrenzt wird. Auf den Seiten erheben sich die grossen Flügel (alisphenoidaUa) in Gestalt dünner, auf der Hirnseite concaver Blätter, die sich hinten und seitlich an das Schläfenbein anlegen, dessen Schuppe sie theilweise bedeckt. Mit ihrer vorderen, stark convexen Fläche nehmen die grossen Flügel Antheil an der Bildung der Augenhöhle; ihr Hinterrand verlängert sich zu einem sehr dünnen, schuppigen Pterygoidfortsatze (oj)), der sich nach vorn mit der senkrechten Lamelle des Gaumenbeines verbindet. Das vordere Keilbein (so) ist etwas höher als breit; es zeigt an seinem vorderen Theile eine Menge kleiner Gruben, die Keilbein- sinus, und sendet seitlich zwei kurze Fortsätze aus, welche die Nasen- höhle nach hinten abschliessen. Es trägt die kleinen Flügel, welche nach hinten mit dem Vorderende der grossen Flügel durch eine Naht verbunden sind und schief in die Höhe steigen, um sich mit dem Augentheile des Stirnbeines zu verbinden. Sie zeigen vorn einen starken Ausschnitt, der an der ßildiing des Durchtrittsloches für den Seh- nerven (Fig. 343, to) in die Augenhöhle Antheil nimmt. Säugethiere. 849 Auf der dorsalen Schädelfläche (Fig. 341) stösst das obere Hinter- hauptsbein mit den beiden Scheitelbeinen (pa) in der queren Lambdanaht (s?) zusammen. Im Vereinigungswinkel findet sich ein kleines, unpaares Knochenstück von Rautengestalt, das Zwi sehen - Scheitelbein O'p), das bei den meisten Säugethieren, selbst beim Hasen, mit dem Hinterhaupte verwächst. Die eigentlichen Scheitel- beine decken als rechteckige, dünne, etwas convexe Platten wie ein Dach die Schädelhöhle; sie vereinigen sich in der Mittellinie durch die Pfeilnaht {siitura sagütalis, ss), über welcher sich ein wenig vor- stehender Kamm erhebt, der sich bis zum Zwischenscheitelbeine fort- setzt. Auf der Innenfläche, wo man die Eindrücke der Hirnhautgefässe sieht, entspricht diesem Kamme eine Rille. Ein kleiner Schuppenfort- satz geht von dem hinteren Rande der Scheitelbeine aus imd schiebt sich unter die Schuppe des Schläfenbeines. Die vor den Scheitelbeinen gelegenen Stirnbeine (Fig. 341, fr) werden in der Mittellinie durch die Stirnnaht (smf) vereinigt, die bei älteren Thieren verwächst. Ihr Hinterrand, der durch die quere Kranz- naht (sc) an die Scheitelbeine stösst, ist breiter als der vordere, der durch die Nasenstirnnaht (snf) sich mit den Nasenbeinen verbindet. Hier findet sich ein medianer Vorsprung, der Nasendorn (er/,), welcher sich zwischen die Nasenbeine einschiebt und durch tiefe Ausschnitte von den seitlichen spitzen Kieferfortsätzen (anif) getrennt ist. Die Stirnbeine krümmen sich nach der Seite und unten, um den grössten Theil der Umgebung der Augenhöhle zu bilden. Nach hinten ver- einigt sich der Augentheil mit der Schuppe des Schläfenbeines, nach unten mit dem Oberrande der kleinen Keilbeinflügel xmd mit dem Siebbeinfortsatze des Keilbeines. Nach vorn verlängert sich dieser Theil durch den schon erwähnten Kieferfortsatz, der sich der Länge nach an den Stirnfortsatz des Zwischenkiefers (cifi) anlegt. Auf dem Augenbrauenbogen (Fig. 343, as), wo der Stirntheil und Augen- theil des Stirnbeines zusammentreffen, finden sich zwei starke Ob er- äugen dornen, ein vorderer (Fig. 341, aoa) und ein hinterer (aop), welche eine Ai-t gewölbten Vordaches mit schneidendem Rande vor der Augenhöhle bilden. Der grössere hintere Dorn verschmilzt zu- weilen mit der äusseren und hinteren Ecke des Stirnbeines, wie das der Fall bei einem uns vorliegenden Schädel ist; beide Dornen sind aber von der Stirnbeinplatte stets durch tiefe Einschnitte getrennt, welche bei der Verwachsung in S upra-Or bitall ö eher (tso) umge- wandelt werden. Am Vorderrande der Knochen finden sich wenig ent- wickelte, mit der Nasenhöhle in Verbindung stehende Sinus. Wie bei den Scheitelbeinen, sieht man auf der Hirnfläche der Knochen die Eindrücke der Hirnhautgefässe, Die Schläfenbeine (Fig. 341, te) sind zwischen das Hinter- hauptsbein, das Keilbein und das Scheitelbein eingeschoben. Sie Vogt n. Yuiig, prakt. vcrgl. Anatomie. II. 7\^ 850 Wirbelthiere. zeigen zwei scharf geschiedene Theile: oben und vorn, die an das Keil- bein und Scheitelbein stossende, mit letzterem durch die Schuppen- naht (se) verbundene Schläfenbeinschuppe (te) und einen hinteren und unteren Felsenpaukentheil, der selbst wieder aus dem com- pacten Felsentheile und dem hohlen Paukentheile zusammengesetzt, aber bei den erwachsenen Thieren untrennbar verschmolzen ist. Die Schläfenbeinschuppe (Fig. 341, te) ist leicht nach aussen gewölbt und macht sich besonders durch zwei bedeutende Fortsätze bemerklich. Der vordere, der Jochbeinfortsatz {ast), richtet sich schief nach unten und vorn und bildet mit dem entsprechenden Fort- satze des Oberkiefers den Jochbogen; an seinem Anfange sieht der weiterhin abgeplattete Fortsatz wie gewunden aus. Der andere, der Schuppenfortsatz (Fig. 343, asq), hat die Gestalt einer Säbelklinge-, er richtet sich nach hinten und unten und vereinigt sich mit dem Felsentheile des Knochens unter und hinter dem äusseren Gehörloche {ta). Unmittelbar unter diesem Fortsatze befindet sich die Gelenkgrube, in welcher der Unterkiefer spielt. Der Paukenfelsentheil lässt sich seiner unregelmässigen Form wegen nur schwer beschreiben. Er ist dick, massig, nach unten ab- gerundet und zeigt oben und aussen das Loch des äusseren Gehör- ganges (ta). Wir unterscheiden den äusseren und unteren, durch seine glatte und blasige Beschaffenheit ausgezeichneten Theil, den Pauken- theil, und einen oberen und inneren Abschnitt, den Felsentheil. Beide sind äusserlich durch eine seichte Rille, die Felsenpau kenspalte (Fig. 344, S|3i(), von einander getrennt. An seiner äusseren Fläche, wo das Felsenbein mit dem Pauken- theile verschmolzen ist, entsendet es den Zitzenfortsatz (Fig. 342, amt), einen langen, an dem hinteren Rande des äusseren Gehörganges, parallel mit dem Jochfortsatze des Hinterhauptes verlaiifenden Vor- sprung; mit seiner inneren, rauhen Fläche nimmt er an der Bildung der Schädelwand Antheil. Man sieht hier eine kleine Oeffnung, das innere Gehörloch, welche in das Labyrinth des Ohres führt und das wir bei diesem Sinnesorgane besprechen werden. Hinter diesem Loche zeigt sich die tiefe Zitzengrube, in welche sich die Kleinhirn- flocken einlegen. Der blasenförmige Paukentheil grenzt innen an das Grundbein, vorn und oben an die Schläfenbeinschuppe und das Felsenbein. Seine Höhlung öffnet sich nach aussen durch das äussere Gehörloch (Fig. 342 u. 343, ta), dessen unregelmässig eiförmiger Rand scharf schneidend ist. Gesichtsschädel. Er liegt vor dem Hirnschädel, ist ebenso lang, aber schmäler als dieser und enthält zwei über einander liegende Höhlen, oben die Nasenhöhle, unten die Mundhöhle. Die erstere wird von den Thränenbeinen, dem Siebbeine, dem Vomer, den Nasenmuscheln und Säugethiere. 851 den Nasenbeinen, die letztere von den Gaumenbeinen, den Ober- und Zwiscbenkiefern und der Unterkinnlade umschlossen. Mit Ausnahme des Unterkiefers sind die meisten dieser Knochen durch feste Nähte verbunden, so dass sie sich nur schwer trennen lassen. Das Siebbein gehört noch theilweise zum Hirnschädel; es schiebt sich in den Ausschnitt der Stirnbeine ein und schliesst die Hirnhöhle nach vorn. Aber mit seinem grösseren Theile dringt es in die Nasen- höhle vor und aus diesem Grunde behandeln wir es hier. Sein hin- terer, dem Siebfortsatze des Keilbeines anliegender Theil , die Sieb- beinplatte, hat eine dreieckige Gestalt und wird von vielen Löchern durchsetzt, durch welche die Fasern des Riechnerven in die Schleim- haut der Nase dringen. Um diesen Theil sehen zu können, muss mau die Nasen- und Stirnbeine entfernen. Nach vorn verlängert sich die Siebplatte in einen senk- rechten Kamm, der die beiden Seitentheile, die Labyrinthe des Siebbeines , von einander scheidet. Diese Labyrinthe bestehen aus zahl- reichen, in einander gewundenen Knochenblätt- chen, welche jederseits eine blätterige Masse bilden, deren von der Riechschleimhaut aus- gekleidete Zellen und Höhlungen mit der Nasen- höhle in Verbindung stehen. Vor dem Siebbeine liegt das Pflugschar- bein (Vomer, siehe Fig. 342, av), das aus einer medianen, senkrechten Lamelle und zwei flügei- förmigen, sehr zarten Seitentheilen besteht, die sich an die Siebbeinlabyrinthe anlegen. Der obere Rand der senkrechten Lamelle zeigt eine Längsrille, in welche sich die knorpelige Nasen- scheidewand (en) einlegt. Der untere Rand des Vomer legt sich an die Gaumenfortsätze des Zwischenkiefers und der Gaumenbeine. Das Thränenbein (Fig. 344, oV) ist ein kleines Knochenstück- chen von unregelmässiger Gestalt, welches sich zwischen den vorderen Winkel der Augenhöhle und den hinteren Winkel der Nasenhöhle ein- schiebt und so beide schliesst. Die Nasenbeine (Fig. 341, on) bilden das Dach der Nasenhöhle; sie treffen unter einem stumpfen Winkel in der stets sichtbaren mittleren Nasennaht (srnn) zusammen. Die obere Fläche dieser in die Länge gezogenen Knochen ist glatt und etwas gewölbt; die innere Nasenfläche trägt eine zweite Knochen- schuppe, welche eine weit nach hinten geöffnete Höhle, das Marsttpium nasale (Fig. 343, mn) abgrenzt, in welche sich das vordere Ende des Siebbeinlabyrinthes einschiebt. Mit ihren Seitenrändern legen sich die Nasenbeine an den Stirnfortsatz des Zwischenkiefers. Ihre vorderen, 54* Lep. Clin. — Das linke Nasenbein von der unte- ren Fläche gesehen. 6p, hinterer Rand; 6i, innerer Rand; ha, vorderer Rand; c, Kammleiste; r/i», Mar- supium nasale. 852 Wirbelthiere. ausgekehlten Ränder sind frei und bilden die oberen Ränder der herz- förmig ausgeschnittenen und in der Mitte getheilten Nasenöffnung, die seitlich von den Zwischenkiefern begrenzt wird. Die obere Kinnlade wird vorn von den Zwischenkiefern, in welchen die Schneidezähne eingekeilt sind, weiter nach hinten von den damit verschmolzenen Oberkiefern gebildet. Die grossen Nagezähne (Fig. 341 u. 344, i), hinter welchen noch zwei kleine, für die Familie der Hasen charakteristische Reservezähne (is) stehen, sind in den Körper des Zwischenkiefers (jm) eingelassen, von welchem zwei Fortsätze ausgehen, ein Stirnfortsatz (afi), an dessen seitlichem Unterrande sich eine Rille befindet, in welche sich der Kieferfortsatz des Stirn- beines einlegt, und ein kürzerer Ganmenfortsatz, den eine Naht mit dem Oberkiefer verbindet. Der Zwischenkiefer ist ursprünglich paarig; die beiden Hälften sind durch eine Naht, die Schneidenaht, mit einander verbunden. Die Oberkiefer (Fig. 341 u. 344, mr) sind die Hauptknochen des Gesichtes. Sie liegen hinter dem Zwischenkiefer; ihre seitliche Aussenfiäche erscheint porös durch eine Menge kleiner Löcher und Grübchen; ausserdem trägt sie die Mündung des Nasenthränenganges. Der massive Körper des Knochens treibt in der Augenhöhle eine Er- höhung mit drei Wölbungen (ams) auf, welche den Wurzeln der drei hinteren Backenzähne entsprechen, deren Kronen an dem Zahnrande des Knochens vorragen. Von der Aussenfiäche geht ein starker Fortsatz, der Jochfortsatz, aus, der mit einem ursprünglich isolirten Knochen, dem Joch- oder Wangenbeine (Fig. 344, m), verschmilzt, das ander- seits sich an den entsprechenden Fortsatz des Schläfenbeines anlegt und so den Jochbogen vervollständigt, der den seitlichen äusseren Rand der Augenhöhle bildet. Die Jochschläfennaht besteht während des ganzen Lebens; die Jochkiefernaht ist nur bei jungen Thieren sichtbar. An der Wurzel des Jochfortsatzes des Kiefers bemerkt man eine runde Grube, auf deren Grunde kleine Löchlein sich zeigen, weichein die Alveolen der Backenzähne führen. Auf seiner Innenfläche zeigt der Knochen ein horizontales Blatt, den Gaumenfortsatz (Fig. 342, apm), der mitseinem Gegenüber durch eine Naht vereinigt ist, nach hinten sich an die hori- zontale Platte des Gaumenbeines (pJi) anlegt und so die Scheidewand zwischen Nasenhöhle und Mundhöhle vervollständigt. Endlich müssen wir noch den Keilbeinaugen fortsatz (Fig. 344, aso) erwähnen, welcher nahe an der Wurzel des Jochfortsatzes vertical wie eine Säule emporsteigt und sich einerseits mit dem Hinterfortsatze des Stirnbeines, anderseits mit dem Siebbeinfortsatze des vorderen Keilbeines verbindet. Der Oberkiefer hat demnach Beziehungen zu vielen Knochen, Stirn- bein, Jochbein, Thränenbein, Nasenbein, Zwischenkiefer und ausserdem noch zu den Gaumenbeinen, die bei dem Kaninchen nur sehr schwach entwickelt sind. Säusethiere. 853 Die Gaumenbeine (Fig. 342, pli, ]_rv) bestehen aus einem hori- zontalen und einem verticalen Theile. Ersterer vereinigt sich mit dem Gaumenfortsatze des Oberkiefers durch die Gaumenkiefernaht {spm) und bildet so die Wölbung des knöchernen Gaumens; mit seinem Gegenüber trifft er in der mediären Gaumennaht zusammen, die nur bei jungen Thieren sichtbar ist. Der Hinterrand zeigt an dem Ver- Fig. 344. Lep. Clin, — Profilansicht des Schädels von der linken Seite. Natürliche Grösse. OS, oberes Hinterhauptsbein; ac, Gelenkkopf; aj , Jochfortsatz des seitlichen Hinter-, hauptsbeines; ta, äusseres Gehörloch; ht, Blasentheil des Schläfenbeines; azt, Joch- fortsatz desselben; as, Augenbraueubogen ; oZ, Thränenbein; ams, in die Augenhöhle vorspringender Zahnwulst des Oberkiefers; to-, Eintrittsloch des Sehnerven; ?«, Joch- oder Wangenbein; tal, Alveolarloch ; aso, Augenhöhlenfortsatz des Keilbeines; amf, Kieferfortsatz des Stirnbeines; afi, Stirnfortsatz des Zwischenkiefers; ms, poröser Theil des Oberkiefers; im, Zwischenkiefer; i, Schneidezähne; is, Ersatzzähnchen; b, Zahnlücke (diastema); mi, Unterkiefer; tm, Kinnloch; pf, Lücke im verticalen Aste des Unterkiefers; acm, Gelenkfortsatz desselben; cor, Kronenfortsatz; hd, ab- steigender Rand des Unterkiefers; ap<, Flügelfortsatz; cms, halbmondförmiger Aus- schnitt. einigungspiinkte einen kleinen Kamm, den hinteren Nasendorn, an welchem das Zäpfchen des Gaumens befestigt ist. Auf dieser horizon- talen Platte sieht man zwei Löcher, die Mündungen {tp) der Flügel- gaumencanäle, welche den Knochen durchsetzen und sich in die Augen- höhle öffnen. Der dünne, abgeplattete, vertical gestellte Theil des Knochens stützt die Wand der hinteren Nasenhöhlen. Sein unterer Eand ist frei ; durch den Hinterrand verbindet sich dieser Theil mit 854 Wirbelthiere. dem Flügelfortsatze des Keilbeines, durch deu Vorderrand mit dem Oberkiefer und durch den vorderen Abschnitt seines oberen Randes mit dem vorderen Keilbeine und dessen Siebbeinfortsatze. Der Unterkiefer (Fig. 344, nii) besteht aus zwei grossen Hälften, die sich in der unvollkommen verwachsenen Symphyse des Kinnes unter einem spitzen Winkel vereinigen. Wir unterscheiden den vorderen, meist abgerundeten Theil, an dessen freiem Ende die Alveolen der grossen Schneidezähne sich finden und der auf der Aussenfläche das Kinn loch (tm), die Ausmündung des Alveolarcanales, zeigt. Dieser horizontale Ast des Unterkiefers plattet sich nach hinten seitlich ab und geht so allmählich in den verticalen Ast über. In dem Winkel, wo beide Aeste zusammenstossen, stehen auf dem oberen Rande des horizontalen Theiles die fünf unteren Backenzähne und hinter diesen sieht man auf der Innenfläche ein ovales Loch, das Kieferloch, durch welches ein Gefäss tritt. Der hintere verticale Ast ist eine häufig durchlöcherte (p/), durchscheinende Knochenlamelle, deren oberer Rand von dem Gelenk fortsatze (acm) gekrönt wird, welcher sich in die am Schläfenbeine angebrachte Gelenkhöhle einlegt. Dieser Rand trägt eine tiefe Rille, deren äusserer schneidender Rand einen kleinen, blatt- artigen Kranz fortsatz (cor) trägt, der sich über die Rille herüber schlägt. In der Nähe des Kieferloches mündet, auf der inneren Fläche der verticalen Lamelle» die hintere Oeffnung des Alveolarcanales. Der untere, absteigende Rand des senkrechten Astes (hd) ist couvex; er endet mit einem spitzen Pterygoid fortsatze {apt)^ an welchen sich der M. pterygoideiis mternus ansetzt. Beide Flächen des verticalen Astes sind leicht ausgehöhlt; man sieht namentlich auf der Aussen- fläche vorspringende, durch die Anheftung der verschiedenen Muskeln bedingte Linien. Das Kiefergelenk wird von einer Faserknorpelschicht umschlossen, welche seitliche Bewegungen gestattet. Mit Einschluss der kleinen Ersatzzähnchen zählt das Kaninchen p A O O 28 Zähne, die folgende Formel geben: -^ — ; C — ; P — ; Jf — • Die L yj Ji o Nagezähne wachsen beständig; nur ihre Aussenfläche ist mit Schmelz überzogen, um sie scharf schneidend zu erhalten. Die oberen zeigen vorn eine mittlere Längsrinne, welche den unteren fehlt. Hinter ihnen, nicht neben ihnen , stehen noch im Zwischenkiefer die kleinen , schon erwähnten Reservezähnchen , welche nur den Hasen zukommen. Von den Backenzähnen sind die Schneidezähne durch eine grosse Lücke (diasteina, h) getrennt. Jeder Backenzahn hat nur eine, in die Alveole eingepflanzte Wurzel; oben zählt man sechs, von welcher der vordere und hinterste Zahn die kleinsten sind; unten ist der hinterste Zahn der kleinste, der vorderste der grösste von den fünfen. Ihre Kronen sind quer gefaltet; die Schmelzlamellen, welche die einzelnen Dentinschichten von einander Säugethiere. 855 trennen, bilden auf der Kronenfläche schneidende Klingenränder. Die oberen Backenzähne sind von vorn nach hinten zusammengedrückt; die unteren zeigen einen quadratförmigeu Durchschnitt. Die Kronen- flächen der unteren Backenzähne im Ganzen sind nicht horizontal, sondern nach aussen geneigt; die entgegengesetzte Neigung zeigt sich an den Kronen der oberen Backenzähne — eine Anordnung, welche das Zusammentreffen der schneidenden Schmelzlamellen bei den seit- lich mahlenden Bewegungen des Kiefers ermöglicht. Das Zungenbein, der dritte Visceralbogen, ist sehr verkümmert. Es besteht aus einem Mitteltheile, dem Körper, an welchen vier lange Stücke eingelenkt sind, die vorderen, die kleinen Zungenbein- hörn er, sind etwa um die Hälfte kürzer, als die hinteren grossen H ö r n e r. Die vier Extremitäten sind zwar gut entwickelt, doch etwas weniger als bei dem Hasen, und namentlich ist der Unterschied zwi- schen den weit mächtigeren Hintergliedern und den Vordergiiedern, von welchen wesentlich die Fähigkeit des Springens abhängt, bei dem Hasen bedeutender als bei dem Kaninchen, obgleich er auch bei diesem sehr in die Augen fällt. Vorderglied. Der Schulte rgürtel (Fig. 3.35, om) ist weder auf der dorsalen , noch auf der ventralen Seite geschlossen. Von den drei Stücken , welche ihn zusammensetzen, ist nur das Schulterblatt entwickelt; das Schlüsselbein ist auf ein mehr oder minder verknöcher- tes Knorpelstückchen reducirt, das in dem Ligamente liegt, welches das Sternum mit dem Kopfe des Humerus verbindet , so dass keine Knochenverbinduug zwischen Schulter und Brustbein hergestellt ist, und das Rabenbein ist zu einem kleinen Fortsatze des Schulterblattes verkümmert. Das spateiförmige , innen etwas concave und aussen convexe Schulterblatt (Fig. 335, ow) liegt, etwas schief von hinten nach vorn gerichtet, auf der Aussenfläche des Brustkorbes. Oben breit, unten griflF- artig verschmälert, um den Kopf des Schulterblattes (to) zu bilden, erscheint es als gleichschenkeliges, verlängertes Dreieck mit abgerundeten Ecken, dessen Basis nach oben schaut. Der Kopf ist mit dem blatt- artigen Theile durch einen dünnen Hals verbunden; er trägt auf seiner Unterfläche die Gelenkhöhle, in welche der Kopf des Humerus eingeschlossen ist (Schultergelenk). Am vorderen Winkel des Kopfes ragt über dem Gelenke eine kleine Erhöhung hervor, auf deren Innen- seite der Raben fortsatz als ein kleiner, gegen die Axe des Körpers gebogener Haken sich zeigt. Bei dem Embryo ist dieser Fortsatz durch- aus unabhängig; bei jungen Thieren sieht man häufig noch Synchon- drose zwischen ihm und dem Schulterblatte , die beim Erwachsenen stets verknöchert ist. Ueber die Mitte der Aussenfläche des Schulter- blattes zieht sich ein Längskamm, der diese Fläche gewissermaassen 856 Wirbelthiere. in zwei Gruben theilt; er ist dreieckig, mit nach unten und hinten gerichteter Spitze und setzt sich als dornartige Verlängerung, als Acromion (acr) über den Hals fort, mit welchem diese Spitze durch einen kleineu, in rechtem Winkel nach hinten abgehenden Hakenfort- satz (ae) verbunden ist. Der Oberarm wird, wie immer, nur von einem einzigen langen Knochen, dem Humerus (Fig. 335, hum), gebildet, der mitten cylin- drisch, an beiden Enden abgeplattet und etwa um 90*^ um seine Axe ge- dreht ist. Durch das Schultergelenk ist er mit dem Schulterblatte, durch das Ellbogengelenk mit den Vorderarmknochen verbunden. Beide Ge- lenke sind von starken Faserkapseln umhüllt. Der leicht nach vorn convexe Körper des Knochens, seine Diaphyse, ist deutlich spiralig gewunden; er trägt auf seinem vorderen Rande den wenig vorstehenden Kamm des Humerus. Die Epiphysen sind dick überknorpelt. Der obere Gelenk- kopf, der in der Höhle des Schulterblattes spielt, ist dick und hat die Gestalt einer Halbkugel; er zeigt am äusseren Rande zwei ungleich grosse Höcker, die durch eine seichte Furche getrennt sind. Die untere Epiphyse trägt wegen ihrer rollenförmigen Gelenkfläche den Namen der Trochlea (tr). Auf ihren beiden Flächen zeigen sich tiefe Gruben, die nur durch eine dünne, zuweilen von einem Loche durchbohrte Knochenlamelle von einander geschieden sind. Jederseits von der Gelenkrolle zeigen sich Höcker, von welchen der äussei'e zur Insertion der Streckmuskeln , der innere zum Ansätze der Beugemuskeln des Vorderarmes dient. Der Vorderarm besteht aus zwei Knochen, die mit ihren Epi- physen innig verbunden, an ihren Diaphysen aber durch einen schmalen Zwischenraum von einander getrennt sind. Der kürzere Radius (Fig. 335, racl) ist leicht von vorn nach hinten abgeplattet; er liegt vor der Ulna oder Cubitus (c2iJ)) auf der inneren Seite. Sein pro- ximales Ende bildet mit der Gelenkfläche der Ulna eine halbkreis- förmige Grube, fossa sigmoides, in welche die Trochlea eingelenkt ist. Das distale Ende trägt auf der Unterfläche eine doppelte , wenig tiefe Gelenkgrube , in welche sich die beiden ersten Carpalknochen ein- lenken. Die Ulna überragt den Radius durch eine dicke Verlängerung ihres oberen Endes, das Olecranon (o?), welches hinter dem Ellbogen- gelenk aufsteigt und an seinem Vorderrande einen spitzen Höcker, den Schnabel des Olecranon, bildet, der sich in die hintere Trochleargrube einlegt. Die Diaphyse der Ulna ist in der V^'"eise von vorn nach hinten zusammengedrückt, dass sie auf der Vorderfläche einen inneren, schnei- denden Rand zeigt, den Ulnarkamm. Das distale Ende ist in eine kleine Aushöhlung des Ulnarknochens der Handwurzel, des os pyramidale, eingelenkt; es ist, wie dasjenige des Radius, stark verknorpelt. Der Vorderfuss ist derjenige eines Halbsohlengängers (semi- plantigrad); die Mittelhandknochen bleiben beim Gehen theilweise über Säuffetliiere. 587 Fig. 34c den Boden erhoben. Er besteht aus der Handwurzel, der Mittelhand und den Fingern. Die Handwurzel (Carpus) besteht aus neun, in zwei Querreihen geordneten unregelmässigen Knöchelchen, vier in der ersten, fünf in der zweiten Reihe. In der ersten (Fig. 345) finden sich, von innen nach aussen, das Carpo -radiale oder Scapboideum (sc), das Semi- Innare (sl) , das Carpo-ulnare oder Pyramidale (py) und das kleine Erbsenbein (Pisiforme) , das man in unserer Figur nicht sieht, weil es auf der Sohlenfläche unter dem Hinterrande des Pyramidale liegt. In der zweiten Reihe liegen das Trapezium (t r) , das Trapezoideum (t z) , das Centrale (c e) , welches in zwei kleine Knöchelchen zerfällt, und das Hakenbein (er), das grösste von allen, welches mit dem Pyra- midale und dem Semilunare eingelenkt ist. Nur bei alten Kaninchen sind diese Stücke gänzlich verknöchert; häufig sind die beiden Ceutralknöchelchen verschmolzen, so dass dann nur acht Handwurzelknocheu vorhanden sind. Uebrigens geben sie durch ihre Gelenke dem Vorderfusse eiue grosse Beweglichkeit. Das distale Ende des Radius ist mit dem Scapboi- deum und dem Semilunare, dasjenige der Ulna mit dem Pyramidale und dem Pisiforme ein- gelenkt. Die fünf Mittelhandknochen (me) sind cylindrisch mit angeschwollenen Enden ; der dem Daumen entsprechende radiale Mittelhand- knochen ist sehr kurz; der zweite und dritte sind die längsten. Von den Fingern hat der Daumen nur zwei Phalangen, die übrigen drei; sie sind cy- lindrisch mit angeschwollenen Enden ; die Basal- glieder am längsten; die spitzen und gekrümmten Endglieder sind von den Nägeln bedeckt. Der ventralwärts geschlossene Becken- gürtel (Fig. 336, pah) verbindet die hintere Extremität mit der "Wirbelsäule und bildet so die Beckenhöhle, die sich von vorn nach hinten verlängert und deren grosse Axe schief nach vorn ansteigt. Auf den Seiten wird das Becken von den Darm- und Sitzbeinen, dorsalwärts vom Kreuzbeine, ventralwärts von den Schambeinen und dem ventralen Aste des Sitzbeines begrenzt. Die dem Bauche zugewendete Mündung der Beckenhöhle ist in Folge der bedeutenderen Ausweitung der Flügel am Darm- und Schambeine bei dem Weibchen geräumiger als bei dem Männchen. Auf jeder Aussenfläche des Beckens ist die halbkugelförmige pA - Lep. euu. — Skelett des linken Vorderfusses , von oben gesehen. Natürliche Grösse, rad, Radius; rc, sein überknorpeltes Ende; cw6, Ulna; cc, ihr über- knorpeltes Ende ; sc, Sca- phoideum; s/, Semilunare; py, Pyramidale; tr, Tra- pezium; tz, Trapezoideum; ce, Centralia; er, Hama- tum; po, Daumen: mc, Mittelhandknochen; ph, Phalano-en der Fintier. 858 Wirbelthiere. Grube des Schenkelgelenkes, das AcetaLulum (acht) angebracht, in welche der Gelenkkopf des Femur eingelassen ist; links und rechts von der Schambeinfuge, welche den Boden des Beckens bildet, findet sich ein grosses ovales Loch, Foramen ohturatoriuni (to). Bei jungen Thieren sind die drei symmetrischen Knochen, welche jederseits den Beckengürtel zusammensetzen, noch durch knorplige Zwischenstreifen geti'ennt; bei alten Thieren verwachsen diese Grenzen vollständig und erhalten sich nur in der Umgegend des Acetabulum. Wir haben das Skelett eines einen Monat alten Kaninchens vor uns und können unschwer die dorsalen Darmbeine, die ventralen Schambeine und die hinteren Sitzbeine aus ihren Verbindungen lösen. Das Darmbein {ilion, Fig. 335, il) zeigt einen unteren oder ven- tralen Theil in Gestalt eines dreieckigen Prisma, den Körper (c^Z), welcher den Knochen nach hinten mit dem Sitzbeine, nach unten mit dem Schambeine verbindet; sein hinterer und äusserer Rand begrenzt vorn das Acetabulum. Dieser prismatische Theil verlängert sich nach oben und vorn in eine mit der sagittalen Ebene des Körpers parallele Platte, den Darmbeinflügel {all), dessen vorderer Rand scharf, der hintere rauh und der obere abgerundet ist. Dieser Rand wird durch einen kleinen inneren Vorsprung in zwei Abschnitte getheilt, deren hinterer dicker ist als der vordere. Die Aussenfläche des Flügels ist convex ; die innere concave Fläche trägt hinten eine Gelenkfläche zur Verbindung mit dem Kreuzbeine. Der Körper des Sitzbeines (ischion, is) trifft mit dem Darm- und Schambeine in der Gelenkgrube zusammen; seine innere Fläche vereinigt sich mit der äusseren unter einem scharfen Winkel und bildet so den dorsalen Rand, der sich in den Sitzbeindorn (eis) fortsetzt; nach hinten verlängert er sich in einen dorsalen Ast; der sich gegen sein Ende hin stark verdickt und den Sitzbeinknorren (tis) bildet, von welchem ein innerer ventraler Ast abgeht, der mit seinem Gegen- über in der Sitzbeinsymphyse zusammentrifft, welche die Schambein- fuge verlängert. Diese Aeste begrenzen nach hinten das Foramen obturatorium (tö). Das Schambein (pulis, puh) besteht aus zwei abgeplatteten Stücken, die unter einem stumpfen Winkel zusammentreffen. Das obere Stück bildet den unteren und mittleren Theil des Acetabulum, und trifft hier durch sein eines Ende mit dem Darm- und Sitzbeine zu- sammen ; das andere Ende verbindet sich mit seinem Gegenüber in der Schambeinfuge. Das untere Längsstück verschmilzt nach hinten mit dem ventralen Aste des Sitzbeines. Die Ausschürfung zwischen beiden Aesten begrenzt vorn das Foramen obturatorium. Die beiden Scham- beine treffen in der Symphyse unter einem stumpfen Winkel zusammen und bilden so eine sehr geringe äussere Schamfugenleiste. Untersucht man die Umgebung des Acetabulum bei jungen Thieren, so sieht man Säugethiere. 859 unten am Vereinigungspunkte der drei Knochen ein kleines Gelenk- knöchelchen, das aber bald mit den anderen Knochen verschmilzt. Der Oberschenkel besitzt nur einen Knochen, den Femur (siehe Fig. 335, /), dessen cylindrische Diaphyse leicht nach vorn und aussen gekrümmt ist. Die proximale Epiphyse steckt mit ihrem runden oder ellipsoiden Gelenkkopfe im Acetabulum, dessen Tiefe noch durch einen Knorpelring vermehrt wird, der den Gelenkkopf kapseiförmig umgiebt. Der Schenkelhals, der den Kopf mit dem Femur verbindet, hat eine schiefe Richtung; er zeigt eine obere Grube für den Ansatz des runden Bandes. In der Verlängerung der Axe des Halses findet sich auf der Aussenseite des Schenkelbeines ein rauher Vorsprung, der grosse Trochanter (t r), der von dem Gelenkkopfe durch eine Ein- senkung getrennt ist, unter welcher man auf der Aussenseite die tiefe Trochantergrube findet. Zwei dem Trochanter analoge, aber weit weniger vorstehende Höcker finden sich, der kleine Trochanter auf der Innenfläche, der äussere auf der Aussenfläche; beide setzen sich auf der Diaphyse durch unbedeutende Leisten fort. Die distale Epiphyse des Femur zeigt eine Gelenkrolle für das Kniegelenk mit der Tibia. Auf der Aussenfläche zeigt die Rolle eine Furchenrinne, die Knie- scheibenfurche, in welcher die von Knorpel umgebene Kniescheibe (r) gleitet. Die Rolle ist von zwei Gelenkköpfen, einem inneren und einem äusseren, gebildet, welche warzige Seiteuflächen, die Epicondylen, zeigen, an welchen sich Muskeln inseriren und durch eine tiefe Zwischen- furche von einander getrennt sind. Die Kniescheibe (r) ist ein ovales Knochenscheibchen, aussen convex, innen concav, das, wie gesagt, auf der Aussenfläche des Kniegelenkes auf- und abgleitet. Von den beiden Knochen des Vorderbeines ist nur die Tibia (tih) als ein cylin drischer Knochen, der etwas länger, aber auch etwas schmächtiger ist als der Femur, gut entwickelt; das Wadenbein {peroneum , per) ist zu einem kleinen Knochendorn verkümmert, der sich an die Tibia anlegt und etwa bis zur Mitte seiner Länge mit ihr verschmolzen ist. Das Vorderende dieses Dornes zeigt eine Art über- knorpelten Gelenkkopfes, der sich an den äusseren Condylus der Tibia anlegt. Die proximale Epiphyse der Tibia zeigt drei Facetten und endet mit einem überknorpelten Kopfe, der zwei, durch eine Zwischen- furche getrennte, etwas concave Gelenkhöcker trägt. Dieser Theil stellt wesentlich das sehr complexe Kniegelenk her, an dem nach vorn die Kniescheibe und hinten drei kleine, aus der Verknöcherung der Muskelsehnen hervorgegangene Sesambeine theilnehmen, welche in die Gelenkhöhle vorspringen; die Gelenkhöcker haben rauhe Ränder; der äussere deckt den Ansatz des Wadenbeines. Die Seitenflächen der Tibia treffen in einem scharf vortretenden Winkel, dem Schienbein- kamme {c r i) , auf der Vorderfläche zusammen, der aber nur oben stark hervortritt, während das untere Ende der Diaphyse cylindrisch 860 Wirbeltliiere, wird. Die distale Epiphyse endet mit zwei Gelenkrollen, an deren Seiten man zwei hakenförmige Vorsprünge , den äusseren und inneren Knöchel, bemerkt. Der Fuss besteht, wie gewöhnlich, aus Fusswurzel (Tarsus, t), Mittelfuss (Metatarsus, tnt) und den Zehen (ph). Die Fusswurzel besteht aus zwei Querreihen von Knochen ; die proximale Reihe wird von den zwei mächtigsten Knochen gebildet, dem Fersenbeine und Sprungbeine; die Distale von vier kleineren Stücken. Das Sprung- bein (astragaJus, Fig. 346, ast) liegt nach innen auf der Tibial- Fig. 346. Seite ; sein oberes Ende trägt eine Rolle zur Einlenkung mit der Tibia und seine innere Sohlenfläche eine tiefe, schiefe Furche zur Ein- lenkung mit dem Fersenbeine. Nach vorn schwillt der Knochen etwas an und bildet einen Gelenkkopf, dessen convexe Endfläche mit dem Scaphoideum articulirt. Das Fersenbein (cal- caneum, cal) liegt auf der Peronealseite und verlängert sich weit nach hinten über die Tibia hinaus mit einem Fortsatze (tc), an welchen sich die Achillessehne ansetzt. Der Fortsatz liegt in der Mittelaxe des Fusses, hat aber eine etwas schiefe Richtung gegen die Tibia; auf der Innenseite trägt er einen spiralig gewun- denen Knorren, durch welchen er an das Sprung- bein eingelenkt ist. Das vordere, angeschwollene Ende des Fersenbeines ist mit den Würfelbeinen der zweiten Reihe eingelenkt, und hat in Folge davon eine sehr unregelmässige Gestalt. Die Knochen der distalen Reihe sind das schon er- wähnte Scaphoideum (sc) vor dem Astragalus ; die beiden Keilknochen (Cuneiformia, cu), vor dem Scaphoideum und das Würfelbein (Cuboi- deum, cfc), das aus zwei hinter einander liegen- den Stücken zusammengewachsen ist. Das Scaphoideum berührt nur mit seinem inneren Winkel den ersten Mittelfussknochen ; es ist der grösste Knochen der distalen Reihe und ist zwischen den Astragalus und die Keilknochen eingeschoben, die mit dem ersten und zweiten Mittelfussknochen eingelenkt sind, während an das Cuboideum sich der dritte und vierte Mittelfussknochen einlenken. Die vier horizontalen Mittelfussknochen sind länger und stärker als die Mittelhandknochen, cylindrisch, mit angeschwollenen Enden und bilden, eng an einander gedrängt, einen etwas gewölbten Fussrücken. Der Daumen fehlt am Hinterfusse; jede der vier vorhandenen Zehen hat drei Phalangen, die wie an dem Vorderfusse beschaffen sind. Lep. Clin. — Skelett des linken Hinterfusses , von oben gesehen. Natürliche Grösse, asi, Astragalus; ■t c , Knorren des Fersen- beines ; ac, Gelenkfläche desselben ; sc, Scaphoi- deum.; cu, Cuneiformia; c 6, Cuboideum; ?»?, Mittel- fussknochen. Säugethiere. 861 Muskelsystem. Die Muskeln des frisch getödteten Thieres sindblass, weich und wenig deutlich; die Fascien, welche sie nament- lich in der Rückengegend einhüllen, die von einem bald festen und elastischen , bald mehr schwammigen Gewebe gebildeten Aponeurosen, die sie verbinden, gehen ohne genaue Grenzen in einander über. Man erleichtert sich die Präparation der Muskeln sehr, wenn man das aus- geweidete und abgebalgte Thier während einiger Tage in eine 20pro- centige Lösung von Salpetersäure legt, welche das Muskelgewebe festigt und gelb färbt, während das Bindegewebe weicher und nachgiebiger wird, so dass die Muskeln und die Richtung ihrer Fasern weit deut- licher werden. Selbstverständlich müssen die Gewebe durch gründ- liches Aussüssen in viel Wasser von der überschüssigen Salpetersäure befreit werden. "Wie bei den Sauropsiden , kann man zwei Gruppen von Muskeln unterscheiden, die Hautmuskeln und die an Knochen oder Knorpel sich ansetzenden Skelettmuskeln. Erstere sind wegen der grösseren Beweglichkeit der Tegumente weit weniger differenzirt als letztei'e. Man findet fast überall mehrere, einander deckende und häufig auch kreuzende Muskelschichten. Mit Ausnahme des Zwerchfelles sind alle übrigen Muskeln symmetrisch zu beiden Seiten des Körpers entwickelt, so dass es genügt, nur diejenigen einer Seite zu beschreiben, und werden wir die bei dem Skelette vorgenommene Ordnung befolgen, indem wir erst die Hautmuskeln , dann die an der Wirbelsäule imd den Rippen, hierauf die des Kopfes ins Auge fassen, um mit den Muskeln der Ex- tremitäten zu enden. Indessen können wir nicht in alle Einzelheiten eingehen und müssen uns auf die wichtigeren Muskeln beschränken, welche der Anfänger leicht präpariren kann. Die Hautmuskeln sieht man beim Abbalgen des Thieres; der grosse Hautmuskel erstreckt sich jederseits unter der Haut der Brust und des Bauches mit ausstrahlenden Fasern, von dem Vorder- gliede an bis zur Schwanzwurzel und zur mittleren weissen Bauchlinie. Der Streckmuskel des Schwanzes ist nur ein x^usläufer dieses grossen Muskels; er lässt sich etwa an dem ersten Drittel des Schwanzes erkennen. Der Gesichtshautmuskel entspi'ingt in der Höhe der Nasen- knorpel auf den Seiten des Zwischenkiefers und heftet sich an die Haut der Nase und Stirn ; mit den Niederziehern der Nasenflügel und der Nasenscheidewand unterhält er die für das Kaninchen so charakte- ristischen beständigen Schniipperbewegungen der Nase. Von der Haut der Brust bis zu den Wangen erstreckt sich über den Unterkiefer hinweg ein dünnes Muskelblatt, Platysma myoides. Die Muskeln der Augen und Ohren behandeln wir bei Gelegen- heit dieser Organe. 862 Wirbelthiere. • Säugethiere. 863 Stammmuskeln. An dem abgebalgt en und auf der rechten Seite liegenden Thiere sieht man sofort die grossen Sebnenhäute, welche die« Rückenmuskeln umhüllen und diesen sogar theilweise zum Ansätze dienen. Man muss diese Fascien und Aponevrosen spalten, um die Muskeln und ihre Ansätze zur Anschauung zu bringen.. Ohne weitere Präparation unterscheidet man : Deu M. trapecius s. cucullaris (Fig. 347, tr), welcher einen grossen Theil der vorderen Rückeugegend, vom Halse bis zu den Lenden, bedeckt. Er zerfällt in zwei deutlich getrennte Theile, den Halstheil (trc), der von dem Hinterhauptshöcker und dem Nackenbande entspringt und mi^ convergirenden Bündeln sich an das Acromiou und deu Haken- fortsatz des Schulterblattes an-setzt, imd den Rückeutheil (trd), welcher sich seitlich an der Wirbelsäule erstreckt, hinten von der Fascia dorso- lumbaris (fdl) entspringt und sich au die Dornfortsätze der Rücken- wirbel ansetzt. Er bedeckt grossentheils die Muskeln, welche sich von der Wirbelsäule zum Arme begeben. Er bedeckt aucli zum Theil den M. latissimus dorsi (gd), einen breiten, platten Muskel, der schief an der Brustseite entwickelt ist. Seine Anfangssehnen heften sich an die Fascia dorso - lumbaris , die Dornfortsätze der drei letzten Rückenwirbel und die entsprechenden falschen Rippen. Die Bündel convergiren nach vorn und unten, sie laufen über den unteren Winkel des Schulterblattes , bedecken zum Theil den M. rotundus und verlängern sich bis zum Dorne des Humerus. Seine Sehne verschmilzt am dortigen Ansätze mit dei-jenigen des M. rotundus. Auf den Seiten zeigen sich der M. obliquus abdominis (go), der M. longissimus dorsi (Id) und die Ansätze des M. serratus (gde), auf die wir zurückkommen werden. Hebt man den M. cucullaris auf, so sieht man darunter die beiden Rautenmuskeln. Der vordere, M. rhomboi- dalis cervicalis, entspringt unter dem Nackenbande und geht an den Sig. 347. — Lep. ciin. — Muskelpräparat der linken Seite. Ein Drittel der natür- lichen Grösse, trc, Halsportion des M. trapezius ; trd, Rückenportion desselben; gr, M. teres magnus ; gd, M. dorsi magnus; fdl, die Rückenlendenfascia, gespalten, um die darunterliegenden Muskeln zu zeigen; le, M. spinalis longus ; Id, M. dorsi longus; sl, M. sacrolumbaris; go, M. obliquus major; ap, Bauchaponevrose, den M. abdominis rectus bedeckend; gde, M. serratus major; gp, M. pectoralis major; se, M. supraspinosus; sa, M. orbito-auricularis; _;'«, M. jugo-auricularis; t, M. temporalis ; Is, M. levator labii superioris; hi, M. levator nasi; <öc, M. buccinatorius; pz, M. zygo- maticus minor; dli, M. depressor labii inferioris; mas, M. masseter; sm, M. sterno- mastoideus; dm, M. cleido-mastoideus; del, M. deltoideus, Schlüsselbeinportion; del', Schulterportion desselben; ab, M. acromio-basilaris ; ae, M. anconeus externus ; al, M- anconeusjongus; bri, M. fle.xor brachii brevis ; bi, M. biceps brachii; er, M. ex- 'tensor carpi radialis; ecd, M. extensor digitorum communis; ced, M. extensor digi- torum externus; lap, M. abductor pollicis longus ; ce, M. cubitalis externus ; s, M. flexor carpi^j gf, M. glutaeus major; bi, M. biceps femoris ; dm, M. semi-membranosus ; dt,M. semi -tendinosus ; ge, M. gastrocnemius externus; sol, M. solearis; if, M. 'flexor longus; ^j^, Sehne des M. peroneus minor; Ip, M. peroneus longus; tfl, M. extensor fasciae latae ; c o, M. sartorius. 864 Wirbelthiere. oberen Rand des Schulterblattes; der hintere, stärkere, M. rhomboi- dalis dorsalis, entspringt parallel mit dem Rückentheile des M. cucullaris, der ihn deckt, an den sieben ersten Rückenwirbeln und inserirt sich an dem oberen Rande des Schulterblattes. Die Heber des Schulterblattes (M. levator scapulae major und minor) werden von den Rautenmuskeln überdeckt. Sie liegen an den Seiten des Halses, entstehen an der Naht zwischen Keilbein und Grund- bein des Schädels und inseriren sich am unteren Winkel des Schulter- blattes, der eine an dem Knochen selbst, der andere zwischen dem Acromion und dem Hakenfortsatze, neben dem Halstheile des Musculus cucullaris. Nach Wegnahme des M. latissimus' dorsi sieht man die beiden Sägemuskeln. Der grössere, M. serratus anticus (gde), entspringt auf allen Rippen , von der dritten bis zur neunten , mit ebenso viel getrennten, platten Sehnen, die seinem Ansätze ein gezacktes Ansehen geben. Die Bündel bilden einen platten Muskel und convergiren dann gegen die Innenfläche des Schulterblattes, wo sie sich ansetzen. Der M. serratus posticus ist kleiner, dünn, aber breit; er entspringt an dem Nackenbande und der Fascia dorso-lumbaris; seine Bündel kreuzen sich mit denjenigen des vorigen und setzen sich an die Aussenfläche der Rippen, von der vierten bis zur zwölften. Nach Wegnahme der den Rücken vom Nacken bis zur Lenden- gegend einhüllenden Fascien kann man die Muskeln präpariren , die mit der Wirbelsäule in engster Beziehimg stehen. Die Bündel des M. splenius entstehen am Nackenbande, laufen nach vorn und inseriren sich mit einer breiten Sehne an der Schuppe des Hinterhauptsbeines und dem Zitzenfortsatze des Schläfenbeines. Der M. sacro-spinalis ist ein langer Muskel, der die Vertiefung zwischen den Dornfortsätzen der Wirbel und den Gelenkköpfen der Rippen ausfüllt. Die der Wirbelsäule parallel laufenden Bündel ent- stehen an dem Kamme des Darmbeines, laufen über das Kreuzbein und die Lendengegend weg und trennen sich, an den Rippen angelangt, in zwei Muskeln. Der untere, M. ileo-costalis (si), der mehr bauch- wärts liegt, verlängert sich bis zum letzten Halswirbel. Er setzt sich mit zwölf getrennten Sehnen, von welchen die der sieben vordersten Rippen die längsten und dünnsten sind, an die Aussenseite aller Rippen an. Die vor dem Darmbeine entstehenden Bündel sind mit denen des M. sacro-spinalis verschmolzen ; sie werden durch Bänder verstärkt, die von den vorderen Rippen kommen. Der obere, grössere Muskel, der sich abtrennt und selbständig wird, der M. longissimus dorsi (Id), zeigt nach der Trennung Inser- tionen an die Querfortsätze der Lendenwirbel, und weiter nach vorn an alle Rippen und Wirbelfortsätze bis zu dem Hinterhaupte. Gegen den Kopf zu wird er nach und nach schmächtiger. Man hat drei Ab- Säugethiere. 865 schnitte, den Rücken-, Hals- und Kopftheil unterschieden , und die bei- den letzteren unnöthiger Weise als M. complexus minor und M. trans- versalis colli besonders abgehandelt. Als Mm. Sinnales (Je) bezeichnen wir ein System kleiner, unter den vorigen gelegenen Muskeln, welche mit kurzen Sehnen von den Dorn- und Zitzenfortsätzen der vorderen Lendenwirbel und hinteren Rückenwirbel entspringen , ein oder zwei Wirbel überspringen und sich dann an die entsprechenden Fortsätze der vorderen Rückenwirbel und der Halswirbel festsetzen. In der Nackengegend vereinigen sich die Bündel zu einem Muskel, üf. complexus major, der sich an das Hinterhaupt inserirt. Da diese Wirbelmuskeln noch Verstärkungen durch Sehnen vom M. longissimus dorsi erhalten, so sind sie oft ebenso wenig difFerenzirt , als darunter liegende kleine Bündel, welche die tiefste Schicht der Musculatur der Wirbelsäule bilden. Ueberall, vom Kreuzbein bis zum Halse, finden wir schiefe Bündel, welche sich zwi- schen den Wirbelfortsätzen erstrecken; am mächtigsten sind sie in der Lendengegend. Sie vermitteln die sehr beschränkten Bewegungen der einzelnen Wirbel unter einander; ihr Ganzes ist auch als 31. muUifidtis beschrieben worden; je nach den einzelnen Gegenden mischen sie sich noch mit Bündeln, welche zwischen den Querfortsätzen oder den Dorn- fortsätzen der Wirbel (Mm. interspinales und Mm. intertransversarii) sich entwickelt haben. An das Kreuzbein heften sich noch die speciellen Schwanz- muskeln, unter welchen man, ausser dem schon erwähnten äusseren Hautmuskel, zwei seitliche Extensoren , zwei Abductoren und einen Beugemuskel unterscheiden kann. Die Stammbauchmuskeln (Fig. 348 a. f. S.) bilden die seit- lichen und ventralen Körperwände. Die Brustmuskeln (gj), pp), welche einen indirecten Antheil an der Bildung der Bauchwäude nehmen, werden wir bei Gelegenheit der vorderen Extremität behandeln. Nach ihrer Wegnahme sieht man erst die eigentlichen Stammmuskeln. Die Mm. intercostal.es (i c) spannen sich , wie ihr Name besagt , in den Zwischenräumen der Rippen aus ; ihre Fasern verlaufen schief, von vorn und oben nach hinten und unten von dem Hinterrande einer Rippe zum Vorderrande der folgenden in der äusseren Schicht, wäh- rend die Fasern der inneren Schicht sich in entgegengesetzter Rich- tung mit den äusseren kreuzen. Die Mm. Jevatores costarum liegen dorsalwärts von ihnen; sie entstehen an den Querfortsätzen der Rücken- wirbel und setzen sich an die entsprechende Rippe. Das Zwerchfell (Fig. 332, t) bildet eine im Ganzen quer und senkrecht gestellte , elliptische Muskelscheibe , welche die Brusthöhle von der Bauchhöhle scheidet und zum grössten Theile sehnig ist. Die dorso- ventrale Axe dieser Scheibe ist grösser als die Queraxe ; sie ist leicht convex gegen die Brusthöhle hin. Der Wirbeltheil, der sich Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. xx 866 Wirbelthiere. Fig. 348. Säugethiere. 867 mit drei Bündeln an die Lendenwirbel ansetzt, lässt in der Mitte einen Raum, der von der Bauchaorta durchsetzt wird. Der Rippentheil entsteht mit sieben fingerförmigen Bündeln an den Rippenknorpeln und zwei weiteren Bündeln an dem Schwertfortsatze des Brustbeines, und wird vom Schlünde und der Hohlvene durchbrochen. Die Fasern des fleischigen Theiles convergiren gegen eine mittlere, dünne und durchscheinende Sehnenausbreitung, Centrum pbrenicum. Die eigentlichen Bauchmuskeln zeigen mehrere Schichten. Von aussen nach innen folgen sich: der M. öbliqims abdominis extermis (Fig. 347 u. 348, go), der grösste von allen. Er entspringt vorn mit zehn Bündeln an den zehn letzten Rippen und dem Schwertfortsatze, oben an dem oberflächlichen Blatte der Fascia dorso - lumbaris. Die Ursprünge an den Rippen werden von den Fasern des grossen Rücken- muskels (gel) gekreuzt; die Fasern laufen schief nach hinten und unten und setzen sich mit einer Aponeurose (oj;) an die lange und schmale weisse Mittellinie des Bauches an, welche den geraden grossen Bauch- muskel (gdah) deckt. Die hintersten Fasern erstrecken sich bis zum Kamme des Darmbeines. Ueber diesem Muskel (bei der Lage des Präparates auf der Rücken- fläche unter ihm) verläuft der M. ohliqims abdominis internus, ein dünner, rautenförmiger Muskel, dessen schief nach oben und vorn ge- richtete Fasern sich theils an das Leistenband, theils an die Fascia dorso -lumbaris und an die fünf letzten Rippen ansetzen. Der Muskel bedeckt den M. transversus abdominis , dessen quere Fasern zwischen dem mittleren Theile des Leistenbandes und der Fascia dorso-lumbaris bis zum siebenten Rippenpaare sich ausdehnen. Nach Wegnahme der Brustmuskeln sieht man an dem auf dem Rücken liegenden Thiere den Ursprung des M. recfus ahdominis (siehe Fig. 348, gdah), der mit einer breiten Sehne an der ventralen Fläche des Brustbeines des Schwertfortsatzes und der zweiten bis siebenten Rippe sich ansetzt. Der Muskel, der in der Mitte anschwillt, nach beiden Enden sich verschmälert, verläuft gerade nach hinten und zeigt sechs weisse Querbinden (Inscriptiones tendineae). Mit seinem Gegen- über in der weissen Bauchlinie verbunden , setzt er sich mit einer Fig. 348. — Lep. cun. — Muskelpräparat der Bauchseite (nach einer Zeichnung von G. Cuvier und Laurillard), dli, M. depressor labii inferioris; hc, M. buccinator; mh, M. mylo-hyoideus ; mas, M. masseter; dig, M. digastricus; pti, M. pterygoideus internus; sth, M. stylo-hyoideus ; sh, M. sterno-hyoideus; th, M. thyroideus ; st, M. sterno - thyroideus ; sc, M. scalenus ; stm, M. sterno - mastoideus ; dm, M. cleido- mastoideus; clb, M. cleido-basilaris ; tr, M. trapezius ; pp, 31. pectoralis minor; gp, M. pectoralis major; del M. deltoideus ; se, M. supra-spinosus ; gda, M. rectus anterior grandis ; gd, M. dorsi magnus; gde, M. serratus magnus; go, M. oWiquus major; p o, M. obliquus minor; ap, Aponevrose, welche den M. rectus abdominis magnus, gdab, überdeckt; bri, M. brachii internus; bi, M. biceps brachii; ai, M. anconeus internus; al, M. anconeus longus (Schulterbündel des M. triceps). 868 Wirbelthiere. gemeinsamen Sehne an die Schambeinfuge an. Der M. quadratus lum- bofum, der den Zwischenraum zwischen den letzten Rippen und dem Kamme des Darmbeines ausfüllt, schliesst die Reihe der Bauchmuskeln. Kopfmuskeln. Fünf kurze, von den Nackenmuskeln bedeckte, zwischen dem Hinterhaupte und den Halswirbeln ausgespannte Muskel- paare, worunter drei gerade und zwei schiefe, heften den Kopf an die Wirbelsäule. Der M. capitis redus major geht vom Dornfortsatze des Epistropheus zur Hinterhauptsschuppe; der zum Theil vom vorigen bedeckte M. rechts capitis minor von dem hinteren Höcker des Atlas zum Vorsprunge des Hinterhauptsbeines; der M. rectus capitis lateralis vom Querfortsatze des Atlas zum hinteren Rande des Jochfortsatzes des Hinter- hauptsbeines; er legt sich in die Rille zwischen diesem und dem Gelenk- kopfe des Hinterhauptsbeines; der M. ohliguus capitis major, der grösste von allen, geht von dem Dornfortsatze des zweiten Wirbels zum Quer- fortsatze des ersten ; der 31. ohliquus capitis minor erstreckt sich zwi- schen dem Querfortsatze des Atlas und dem Seitenrande des äusseren Hinterhauptsknorrens. Die anderen Kopfmuskeln lassen sich in drei Gruppen theilen : Gesichtsmuskeln, Kaumuskeln und Halsmuskeln. Die Gesichts muskeln sind kleine, von den Hautmuskeln in der Art abgezweigte Bündel, dass sie an Knochen entstehen, aber sich an der Haut ansetzen. Wir unterscheiden: den kleinen und grossen M. zygomaticus, von dem Jochfortsatze des Schläfenbeines zur Haut der Wange bis zur Oberlippe (Fig. 347, pz); den M. levator labii supe- rioris, von der Grube an der Wurzel des Jochbeinfoi'tsatzes des Ober- kiefers zur Oberlippe (7 s); den M. levator nasi vom unteren Rande der Augenhöhle zur Seitenfläche der Nase (In); den M. levator anguli oris vom Oberkiefer zum Mundwinkel; den M. huccinator (bc), von dem hinteren Theile des Oberkiefers zu beiden Lippen; den 31. depressor labii inferioris (dli), vom unteren Rande des Unterkiefers zur Lippe. Er wird von dem Unterkinnmuskel bedeckt. Alle Kaumuskeln heften sich einerseits an den Schädel, ander- seits an den Unterkiefer an; der mächtigste ist der 31. masseter (Fig. 347, mas), der aus zwei Schichten besteht, einer oberflächlichen, die an der Seitenfläche des Jochfortsatzes entsteht und einer tieferen, die auf der Innenfläche desselben Fortsatzes angebracht ist. Beide ver- einigen sich, um sich an der Seitenfläche des Unterkiefers anzusetzen. Der 3£. temporalis (t) heftet sich an den Kronenfortsatz des Unterkiefers; er entsteht an der Aussenfläche des Schläfenbeines in der Schläfengrube. Die 31m. pterygoidei vermitteln die seitlichen Bewegungen ; der kleinere innere geht von der Flügelgrube aus (Fig. 348, pti), der stärkere äussere erstreckt sich zwischen dem seitlichen Blatte des Flügelfort- satzes zum Kieferloche. Säugethiere. 869 Halsmuskeln. Auf den Seiten des Halses finden sich zuerst drei 3Iin. scaleni (Fig. 348, sc), sie laufen parallel schief nach hinten und unten von den Querfortsätzen der Halswirbel zu der Äussenfläche der ersten Rippen. Der 31. lonr/us colli hat die Gestalt eines in die Länge gezogenen Dreieckes; seine Bündel entstehen an den Körpern der letzten Halswirbel und der letzten Brustwirbel und setzen sich an die vorderen Halswirbel , besonders an den unteren Theil des Ringes des Atlas. Der M. rectus capitis anticus major entsteht mit mehreren Bün- deln an den Querfortsätzen der sechs ersten Halswirbel; der gemein- same Muskelbauch setzt sich an die Naht zwischen dem Grundbeine und Keilbeine. Der von ihm bedeckte M. rectus capitis anticus minor setzt sich etwas weiter hinten am Grundbeine an; er entsteht am Querfortsatze des Atlas. Der M. cJeido-mastoideus (clm) verläuft als langer, dünner und glatter Muskel schief an der Aussenseite des Halses zu der das Schlüsselbein ersetzenden Sehne. Der 31. hasi-humeralis läuft in derselben Richtung vom Grundbeine zur Schlüsselbeinsehne ; seine Fortsetzung auf dem Arme bildet der 31. deltoideus (del), von dem später die Rede sein wird. Die Halsmuskeln der ventralen Seite stehen fast alle mit dem Zungenbeinapparate in Verbindung und umgeben die Luftröhre. Zu ihnen gehören der 31. sterno -mastoideus (Fig. 348, stm), der an der Mittellinie vom Handgriffe des Brustbeines ausgeht und schief nach vorn laufend sich neben dem M. cleido-mostoideus an den Zitzenfort- satz des Schläfenbeines setzt. Der 31. sterno -hyoideus (sh) entsteht an demselben Orte wie der vorige; er legt sich aber an die Luftröhre an und inserirt sich an dem Zungenbeine und den grossen Hörnern des- selben. Der 31. sterno -tliyroideus (st) hat denselben Ursprung und Verlauf, setzt sich aber an der Seitenfläche des Schildknorpels des Kehlkopfes an. Der ziemlich dicke 31. tliyroideus (th) erstreckt sich hinter dem vorigen zwischen Schildknorpel und grossem Zungenbein- horne. Die beiden 3f»i. stylo-hyoidei (stli) gehen vom Jochfortsatze des Hinterhauptsbeines, der grössere zum grossen, der kleinere zum kleinen Hörne des Zungenbeines, an deren Enden. Der 31. mylo-hyoideus (mh) liegt auf der Unterkieferdrüse und reicht vom Körper des Zungen- beines zum Wirbel der beiden Aeste des Unterkiefers , begleitet vom 31. genio-hyoideus, der etwa denselben Verlauf hat. Muskeln des Vordergliedes. Wir haben die Schulter - muskeln schon am Halse und dem Thorax angetroffen, wo ihre Ursprünge sich befinden. So breiten sich die Brustmuskeln zwi- schen dem Brusteine, wo sie entstehen, und dem Humerus aus, wo sie sich ansetzen. Der 31. pectoralis major (Fig. 348, gj)) entsteht, wie der 31. pectoralis minor {pp), den er zum Theil bedeckt, an der Mittel- linie des Brustbeines und heftet sich an den Dornfortsatz des Humerus an, während der andere sich zum Theil an die Schlüsselbeinsehne und 870 Wirbelthiere. zum Theil an den oberen Rand des Schulterblattes ansetzt. Der M. deltoideus (Fig. 347, 348, del) bildet, in dem von dem Schulterblatte und dem Humerus hergestellten Winkel, die Fortsetzung des M. basio- humeralis, den wir schon am Halse erwähnten. Er besteht aus einem Fig. 349. Lep. cun. — Muskeln der Innenseite des Vorderfusses (nach Cuvier und Lauril- lard). om, Schulterblatt; ss, M. sub-scapularis ; se, M. supro - spinosus ; gr, M. teres major; cb, M. coraco-brachialis ; bi, M. biceps brachii ; ai, M. anconeus in- ternus (Armportion des M. triceps); al, M. anconeus longus (Schulterportion des M. triceps); ap, M. anconeus posterior; le, M. extensor brachii longus; h, humerus; er, M. extensor carpi radialis; i-jj, M. pronator magnus; fr, M. flexor carpi radialis; f]), M. flexor profundus digitorum ; fs, M. flexor superficialis; lap, Sehne des M. abductor pollicis longus; ci, M. cubitalis internus. Bündel vom Schulterblatte, einem anderen vom Acromion, die nach ihrer Vereinigung eine lange Sehne bilden, welche sich an den Vorder- rand des Humerus ansetzt und diesen beugt. Unter dem M. deltoideus liegt auf der Aussenfläche des Schulter- blattes der M. epispinosus, grossentheils von dem M. irapezius bedeckt, Säugetbiere. 871 der von dem Kamine des Schulterblattes ausgebt, dessen obere Grube erfüllt und sich an den grossen Knorren des Kopfes des Humerus an- setzt (Fig. 349, se). Der M. siibsphiosus entspricht dem vorigen in der unteren Grube und setzt sich ebenfalls an den Kopf des Humerus. Beide Muskeln sind Strecker der Schulter; sie ziehen den Arm nach vorn. Ihre Antagonisten , also Beuger , sind die Mm. ieres major und minor. Erster er entsteht mit einer breiten Sehne am unteren Rande der unteren Schiilterblattgrube , und setzt sich unter dem M. sub- spinosus an den Humerus ; der letztere, welcher sehr dick und fleischig ist, liegt in dem Winkel zwischen dem Schulterblatte und dem Humerus, an dessen Kopf er sich ansetzt (Fig. 349, gs), und wird theilweise von dem M. trapezius und M. latissimus dorsi bedeckt. Der M. subscapuJuris (Fig. 349, ss), der die Schulter streckt, geht von der inneren Fläche des Schulterblattes aus und setzt sich mit seinen fächerartig geordneten , durch Sehnenblätter getrennten Bün- deln an den kleinen Knorren des Kopfes des Humerus an. Die Armmuskeln, Beuger und Strecker, bewegen den Vorder- arm in dem Ellbogengelenke ; ihre Anfänge sind von den Schulter- muskeln bedeckt. Strecker. Der M. extensor antUjracliü (Fig. 349, le) erstreckt sich als glatter und breiter Muskel von der die Mm. teretes umhüllen- den Fascie zum hinteren Rande des Olecranon. Die Mm. anconaei, welche an ihrem Ursprünge getrennt sich in einer Endsehne zusammen- finden, und so den M. trkeps bilden. Man unterscheidet den M. an- conaeus longus , der stärkste von den dreien , welcher am Hinterrande des Schulterblattes neben dem M. teres major entsteht und unter dem- selben direct zum Acromion geht; etwa in der Hälfte der Länge des Humerus verbindet er sich mit dem 31. anconaeus curtus. der auf der Aussenfläche des Armes liegt, und setzt sich mit ihm an das Olecranon an. Der M. anconaeus internus (ai), theilweise von dem M. anconaeus longus bedeckt, läuft parallel mit dem Knochen an der Innenseite des Armes zu demselben Insertionspunkte, bleibt aber auf seiner ganzen Länge isolirt. Beuger. Der M. hice2)S hracMi oder M. gleno-uJnaris (bi) ent- springt mit einer Sehne innen an der Kapsel des Schultergelenkes und setzt sich mit zwei getrennten Sehnen an den Radius und die Ulna. Der 31. traclin internus (Fig. 347, hri) entsteht mit zwei Bündeln an . der inneren und äusseren Leiste des Humerus, läuft dem Knochen ent- lang und endigt mit einer Doppelsehne, deren Aeste sich an die Knorren des Radius und der Ulna neben den vorigen ansetzen. Die spindelförmigen Muskeln des Vorderarmes , welche die Hand und die Finger bewegen, enden mit langen Sehnen, die sich an die Knochen der Handwurzel ansetzen. Die Strecker liegen auf der äusseren 872 Wirbeltliiere. und der dorsalen P'läche des Vorderarmes ; sie entstehen meist an dem äusseren Gelenkkopfe der distalen Epiphyse des Humerus. Dazu ge- hören: der M. extensor carpi radialis (Fig. 349, er), der auf der Dorsal- fläche des Radius liegt; der fleischige Muskelbauch theilt sich in ein oberflächliches langes und ein kurzes tiefes Bündel, dessen Sehnen sich an den zweiten und dritten Mittelfussknochen ansetzen ; der M. extensor digitorum cotmmmis (ecd), der, theilweise von dem vorigen bedeckt, auf der Uinarseite des Vorderai'mes , etwa in derselben Länge desselben entsteht; er setzt sich mit vier Endsehnen an die Mittelhandknochen und Phalangen der vier äusseren Finger; der 31. extensor digitorum externus (ced) geht nur an die drei äusseren Finger. Die Muskeln des Daumens liegen tiefer; der 31. äbductor ][)oJliciS (Jap) entsteht auf einer kleinen Leiste der Ulna einerseits, auf der Aussenfläche des Radius anderseits; er verläuft in der Rille zwischen den beiden Knochen und setzt sich mit einer langen Sehne an die Basis des ersten Mittelhand- knochens; der M. extensor pollicis endet mit zwei Sehnen, von welchen die bedeutendere sich an den Daumen, die andere an den zweiten Finger ansetzt. Die Beuger des Vorderarmes entstehen grossentheils an dem inneren Gelenkkopfe der distalen Epiphyse des Humerus und verlaufen auf der inneren und hinteren Fläche des Gliedes. Hierher gehören der 31. Pro- nator teres (Fig. 349, rp), der sich etwa in der Mitte des Radius auf dessen ventraler Fläche anheftet, dem Roller des Radius beim Men- schen entspricht, aber wenig bedeutend ist, da der Radius des Kanin- chens sich nicht an der Ulna bewegt; der 31. flexor carpi radialis (Fig. 349, /r), der M. flexor digitorum superficialis und profundus (fs, fp) sind die Antagonisten der gleichnamigen Streckmuskeln , die wir erwähnten , und setzen sich an die Unterflächen der entsprechenden Mittelhandknochen; der 31. palmaris ist ein Beuger der Fusssohle, dessen Sehne mit der Fascie der Sohle verschmilzt. Die eigenen Muskeln der Hand sind kleine Bündel, die sich an die vier äusseren Finger an- setzen; sie liegen alle auf der Sohlenfläche der Hand. Muskeln der hinteren Extremität. Die Musculatur des Hinter- fusses ist weit mächtiger, aber auch complicirter, als die des Vorder- fusses. Namentlich finden sich um das Becken herum manche kleine Muskeln, die es an die Wirbelsäule heften und deren Beschreibung uns zu weit führen würde. Wir erwähnen die wichtigsten , machen aber denjenigen, welcher die Gegend präparirt, auf die anderen, nicht er- wähnten, aufmerksam. Uebrigens gruppiren sich die Hintermuskeln entsprechend der nachgewiesenen Homologie der beiden Extremitäten- paare, in gleicher Weise wie die Muskeln des Vorderfusses. Die Hüftmuskeln entsprechen den Schultermuskeln. Sie gehen von den Lenden- und Kreuzwirbeln oder dem Becken selbst aus, au Säugetliiere, 873 dem übrigens einige sich festsetzen, während die anderen, die länger und mehr differenzirt sind, sich an den Femur heften. Auf der Innenseite finden wir den 31. i^soas. Er hat zwei Köpfe; der vordere (Fig. 350, gps) entspricht dem grossen Psoas, der hintere {i T) dem M. iJiacus (/ /) , beide vereinigen sich aber zu einem gemein- schaftlichen Bauche und einer Sehne, die sich an den kleinen Trochanter festsetzt. Man kann deshalb den Muskel auch den 71/. iliaco-])Soas nennen. Der Psoaskopf entspringt an den Körpern und Querfortsätzen der Lendenwirbel, der Darmbeinkopf an dem Kreuzbeine und an dem Gelenke zwischen diesem und dem Darmbeine. Der M. psoas minor (p>ps) entsteht an den vier letzten Lendenwirbeln, läuft gerade nach hinten und inserirt sich mit einer langen Sehne an den Darmbein- knorren und das Leistenband. Der M. oljtnrator internus geht von der Umgebung des Foramen olturaiorium aus und heftet sich in einer Grube am Innenrande des grossen Trochanter an; er zieht den Schenkel nach innen. Die äusseren Hüftmuskeln bilden mehrere über einander liegende Schichten. Aeusserlich findet man, am Vorderrande des Schenkels, den M. extensor fasciae Jatae (Fig. 347, tfl), der vorn am Rande des Darm- beinflügels entspringt, schief nach hinten und unten verläuft, theil- weise mit den Gesässmuskeln verschmilzt und in die Fascia lata, welche die Schenkelmuskeln umhüllt, ausstrahlt. Zur tieferen Schicht gehören: der M. pyriforniis oder pyramidalis, der auf der ventralen Fläche des Kreuzbeines entspringt und mit einer runden Sehne sich an den freien Kopf des grossen Trochanter festsetzt ; der M. quadrattis femoris , von rautenförmiger Gestalt, vom oberen Aste des Sitzbeines zur Trochanter- grube; die kleinen Mm. gemelJi, superior und inferior, welche wie die vorigen den Schenkel nach vorn ziehen, an dem Sitzbeindorne ent- stehen und sich an die proximale Epiphyse des Femur ansetzen. Die Schenkelstrecker liegen an der vorderen , die Schenkelbeuger an der hinteren Fläche des Oberschenkels. Auf der Innenfläche liegen die Anzieher oder Adductoren. Hauptstreckmuskel ist der M. cruralis (puadriceps , ein gewaltiger Muskel, welcher die Yorderfläche und theilweise die Seitenflächen des Schenkels überdeckt. Er setzt sich aus vier Köpfen zusammen , die man mit besonderen Namen belegt hat, die aber eine mächtige Sehne bilden, in welcher die Kniescheibe eingelagert ist und die als Knie- scheibenligament sich an die Leiste der Tibia ansetzt. Folgende sind die einzelnen Köpfe: der M. rectus femoris (Fig. 350, de), der mit einer Sehne an dem oberen Rande des Darmbeines entspringt; der M. cru- ralis, der am grossen Trochanter inserirt; der ihn bedeckende M. vastus externus, der auf der Aussenfläche des Schenkelhalses entspringt, und der M. vastus internus {vi), der ebenfalls am Schenkelhalse entspringt, aber auf der Innenfläche. 874 Wirbeltliiere. Die wesentlichsten Beugemuskeln sind: der Miisc. cruralis hiceps (Fig. 347, &?'), ein langer und starker Muskel, der die hintere und äussere Fläche des Gesässes bildet und sich vom Becken bis etwa zur Hälfte der Tibia erstreckt; seine drei Köpfe entstehen, der eine an den unteren Fortsätzen des Kreuzbeines und der vorderen Schwanzwirbel, die beiden anderen an dem Sitzbeinknorren; der gemeinsame Muskel- bauch läuft gegen das Kniegelenk, beschreibt hier eine Curve, und setzt sich mit einer breiten Aponeurose , die sich mit der Fascia lata des Schenkels und der Fascia des Unterschenkels verbindet, an die Leiste der Tibia. An der hinteren und inneren Fläche verlaufen: der M. semi-mem- hranosus (Fig. 347 u. 350, dm), ein runder Muskel, der zwischen dem Sitzbeinknorren, wo er entsteht, und dem Kniegelenk, unter welchem er sich an die Tibia ansetzt, eine Curve beschreibt, und der 31. semi-ten- dinosus (dt), ein langer, fleischiger, zwischen dem M. biceps und dem vorigen gelegener Muskel, dessen proximales, an dem Sitzbeinknoi-ren entstehendes Ende auf der Aussenfläche des Schenkels liegt, während das distale, an dem inneren Gelenkhöcker der Tibia inserirte Ende auf der Innenseite des Schenkels liegt. Die Anzieher liegen auf derselben Innenseite. Zu ihnen gehören: der M. sartorius (Fig. 347, co), der schief vom äusseren Winkel des Sitzbeines zum inneren Gelenkhöcker der Tibia verläuft; der M. graciUs (Fig. 350, di), der von der Schambeinfuge entspringt und mit einer breiten Sehne sich an den inneren Gelenkhöcker der Tibia ansetzt und unter ihnen, in der tieferen Schicht, der M. pectinatus (Fig. 350, pect), sowie die drei eigentlichen Anzieher, M. addudor longus, medius (ma) und curtus (ca). Diese drei Muskeln entstehen an der ventralen Hälfte des Beckens, namentlich an der Schambeinfuge und gehen, der erste zum inneren Gelenkhöcker des Femur, die beiden anderen zum Tro- chanter. Die Muskeln des Vorderbeines sind spindelförmig, nur an ihrem proximalen Ursprünge fleischig und enden in lange und dünne Sehnen, welche die Gelenke des Knies und der Fusswurzel in Bewegung setzen; sie erstrecken sich bis zu den Zehen und verlaufen namentlich auf der vorderen , äusseren und hinteren Fläche des Beines , nicht auf der Innenfläche, wo die Tibia unmittelbar nach dem Abbalgen der Haut bloss liegt. Strecker. Der Jf. tibialis anticus (Fig. 350, ta) liegt ganz ober- flächlich an der Vorderseite ; er entsteht an dem äusseren Gelenkhöcker und der Leiste der Tibia; seine lange, neben derjenigen des folgenden Muskels verlaufende Sehne setzt sich an den ersten Mittelfussknochen. Der M. extensor longus (Je) entsteht, von dem vorigen bedeckt, mit einer runden Sehne, die über das Kniegelenk läuft, an dem äusseren Gelenkhöcker des Femur. Der dünne Muskelbauch bildet sich erst Säugethiere, 875 unterhalb des Knies aus; seine Endsehne spaltet sich auf dem Mittel- fusse in Zweige, die zu den Zehen gehen. Auf der äusseren oder seitlichen Fläche liegen die Wadenmuskeln : der M. xyeroneus longtis (Fig. 347, Z^j) unter dem M. extensor longus, Fig. 350. ffpS — pps--- pe£- _^ ^:^, Le'p. cun. — Muskeln der Innenfläche des Hiutert'usses (nach Cuvier u. Laurillard). gps, M. psoas major; il, M. iliacus; pps, M. psoas minor; de, M. rectus femoris ; vi, M. vastus internus; pec, M. pectinatus ; ca, M. adductor brevis ; ma, M. ad- ductor medius ; di, M. rectus internus; dm, M. semi-membranosus ; dt, M. semi- tendinosus; h', Ligament der Kniescheibe ;. «s). und die Unteraugenhöhlendrüse gespannt ist. Der Augapfel ist fast kugelrund, nach vorn vorgewölbt durch die Hornhaut, die relativ grösser ist als beim Menschen und deren Durchmesser demjenigen der Augenlid- spalte gleich kommt, so dass man im Leben bei geöffnetem Auge nur eiuen sehr kleinen Theil (Fig. 358, sc) oder gar nichts von der weissen Augenhaut sieht. Es unterscheidet sich vom Vogelauge durch die mehr sphärische Form, den Mangel eines Knochenringes in der Sclerotica, den Mangel des Kammes und die Reduction der Nickhaut, die viel von ihrer Beweglich- keit eingebüsst hat. Man präparirt das frische Auge unter Wasser, indem man es mit feinen Scheeren dem Aequator oder dem Meridian nach in zwei Hälften spaltet. Zur Erhärtung der Augen für feinere Schnitte, welche zum Studium der Einzelheiten unentbehrlich sind, dient Eintauchen wäh- rend mehrerer Wochen in Müller'sche Flüssigkeit oder in eine Lösung von doppeltchromsaurem Kali. Die Herausnahme des Aug- apfels aus der Höhle bietet keine Schwierigkeiten; man bedient sich dazu auf das Blatt gekrümmter Scheeren, womit man die Muskeln und den Sehnerven durchschneidet. Die äussere der drei Augenhäute, die Sclerotica (Fig. 859, sc), ist weiss, undurchsichtig imd aus einem dichten Filze fester Binde- gewebsfasern gewebt. Sie steht in Continuität mit der Sehnenscheide 896 Wirbelthiere. PIL — hci, — des Sehnerven , welche selbst wieder nur eine Fortsetzung der dura mater des Gehirnes ist, enthält keinen Knorpel und erreicht ihre grösste Dicke einerseits am Eintrittsloche des Sehnerven, anderseits im Um- kreise der Hornhaut {co). Hier nehmen ihre Fasern eine andere Rich- tung an, werden durchsichtig und bilden die Hornhaut. Auf der Grenze zwischen beiden Häuten liegt ein kreisförmiger Venensinus , der Schlemm'sche Canal {es). Auf der Aussenfläche der Hornhaut dehnt sich eine der Haut ent- stammende Schicht von Bindegewebe mit einem Epithelium aus und bildet so die Conjunctiva der Hornhaut. Auf der Innenfläche ist sie mit einer structurlosen, durchsichtigen Haut, der Descement' s chen Haut, ausgekleidet. Die Hornhaut enthält ver- kümmerte Blutgefässe, Lymphräume und Ner- ven, welche sehr geeig- nete Objecte für histo- logische Forschungen abgeben. Die zweite Haut, die Choroidea (ch), kleidet die Innenfläche der Sclerotica aus und ist von dieser durch einen Lymphraum getrennt, der von einem Netz- werke laxer Bindege- websfasern durchzogen wird. Sie besteht aus mehreren, eher braunen als schwarzen Pigraent- schichten, in welchen zahlreiche Gefässe verlaufen, die in der inneren Lage ein dichtes Capillarnetz, memhrana chorio-capülaris, bilden. Man unterscheidet an der Choroidea zwei durch eine schmale Zone, die sogen. Ora serrata, getrennte Theile; die hintere Hälfte ist glatt, die vordere dagegen strahlenförmig gefaltet, und diese Falten erheben sich gegen das vordere Ende der Choroidea hin, springen mehr vor und bilden so die Ciliarfortsätze (pc), welche ausser vielem Pigment, das freilich bei den weissen Kaninchen fehlt, noch glatte Muskelzellen enthalten, die sich besonders an der Aussenfläche zur Bildung des Ciliar muskels zusammenlegen, welcher bei der Accommodation des Auges eine grosse Rolle spielt. Loewe (siehe Literatur) hat eine ins Lep. Clin. — Sagittalschnitt des Auges, dreifach ver- gvössert. Schematische Figur, co, Hornhaut; Äa, vordere Kammer; pw, Pupille; ir, Iris; c?', Linse; p c, Ciliarfortsätze; et-, hintere Kammer mit dem Glas- körper; sc, Sclerotica; ch, Choroidea; re, Retina; es, Schlemm'scher Canal; ps, oberes Augenlid; pi, un- teres Augenlid; cc, Conjunctivalsack. Säugethiere. 897 Einzelne gehende Beschreibung der Structur und der Function des Accommodationsapparates im Auge des Kaninchens gegeben, auf die wir um so mehr verweisen, als sich in dieser Arbeit auch viele An- gaben über die Histologie der Augenhäute finden. Die Choroidea schlägt sich vor der Linse nach innen ein, um die braune, bei den Albinos rothe Iris zu bilden, welche in der Mitte von der fast kreisförmigen Pupille (pm) durchbohrt wird, deren verticaler Durchmesser indessen ein wenig grösser ist, als der horizontale. Die der Vorderfläche der Linse anliegende innere Fläche der Iris ist mit einer bedeutenden Pigmentschicht, der Uvea, belegt, an welcher sich die zahlreichen Radialfalten der Iris besonders bemerklich machen. Ausser zahlreichen Gefässnetzen, denen der Choroidea ähnlich, enthält auch die Iris Bündel glatter Muskelfasern, die kreisförmige Anordnung um die Pupille zeigen und einen Sphincter bilden, dessen Erweite- rung und Verengerung mit der Intensität des in das Auge fallenden Lichtes in Wechselwirkung steht. Die dritte, innerste Hülle ist die Retina (re), welche die innere Fläche der Choroidea von der Eintrittsstelle des Sehnerven bis zur Ora serrata auskleidet. "Während des Lebens durchscheinend, trübt sie sich sofort nach dem Tode und hat dann das Ansehen eines faltigen Vorhanges mit purpurfarbigen Flecken , der sich sehr leicht von der Choroidea loslöst. Man fixirt sie mit Osmiumsäure, und untersucht sie auf Schnitten oder nach Zerfaserung. Wir verweisen hinsichtlich der Technik auf die Handbücher der Histologie. An der Eintrittsstelle des Sehnerven zeigt sich ein weissliches Wärzchen , von dessen Spitze die Gefässe ausstrahlen und dessen Lage nicht ganz dem hinteren Pole des Auges entspricht, da es etwas nach aussen und unten davon liegt. Ein gelber Fleck fehlt durchaus. Die Retina besteht aus Nervenelementen und bindegewebigen Stütz- gebilden (Fig. 360, ts), die in dem vorderen Theile der Retina einzig vorhanden sind; der hintere Abschnitt ist demnach allein empfindlich für das Licht und dort herrschen auch die nervösen Elemente vor und bilden mehrere Schichten, welche auf in dieser Gegend gefertigten Schnitten einander in folgender Weise auflagern. Zuerst eine innere Grenzmembran (li), an welcher Bündel von Bindegewebsfasern (tc) sich ansetzen; dann die Schicht der Sehnervenfasern (/o), welche in der Nähe des Wärzchens ziemlich dick ist, aber nach vorn allmäh- lich abnimmt; hierauf eine Schicht multipolarer Ganglienzellen (cw?); dann eine innere Körnerschicht (gi), das Hirngeflecht von Ran vi er; eine Schicht uni- und bipolarer Zellen (cti); eine äussere Körnerschicht (ge), Ranvier's Basalschicht; eine Schicht von Seh- zellen (cv), die von der äussersten Stäbchen- und Zapfenschicht (ch) durch eine feine äussere Grenzmembran (Je) getrennt ist. Die Stäbchenschicht steckt nach aussen in einer Pigmentschicht, dem Tapetum Vogt \\. Tung, vergl. prakt. Anatomie. II. gy 898 Wirbelthiere. tS' nigrum. Für die Einzelheiten verweisen wir auf das Handbuch der normalen Histologie von Orth und die citirte Arbeit von Loewe (siehe Literatur). I>er Innenraum des Augapfels zerfällt in zwei Abtheilungen, die vordere Augenkammer (Fig. 359, /m) zwischen der Hornhaut vorn, der Linse und der Iris hinten, mit wässeriger Flüssigkeit, liumor aqueus, erfüllt, und die hintere Kammer (c v) zwischen der Linse, den Ciliar- fortsätzen und der Retina, welche den gelatinösen , durchsichtigen Glaskörper enthält, der von einer äusserst feinen Hüllhaut umschlossen ist; die Linse (er) istbiconvex; die Radien ihrer beiden "Wölbungen sind beinahe gleich, doch ist ihre Vorder- fläche etwas stärker convex, als die Hinterfläche. Sie besteht wesentlich aus bandartigen Fasern, welche con- centrische Schichten zusammen- setzen , die gegen den Kern der Linse hin dichter werden, als an der Peripherie. Sie wird von einer structurlosen Haut , der Linsen- kapsel, eingeschlossen, die mit der Ciliarzone {soniila Zinnii) zu- sammenhängt, welche von der Innen- fläche der Ciliarfortsätze ausgeht und auf dem Aequator der Linse mit der Kapsel verschmilzt. Nebenorgane. — Es giebt sieben Augenmuskeln, die sich leicht präpariren lassen, da sie nicht so sehr in Fett eingebettet sind, wie bei vielen anderen Säugethieren. Man zählt vier gerade Augenmuskeln, zwei schiefe und einen Rückzieh- muskel des Augapfels. Erstere ent- springen im Grunde der Augenhöhle, rings um den Eintritt des Sehnerven, und strahlen gegen die äussere Halbkugel des Auges aus. Es sind dünne, glatte Muskeln, welche sich mit breiten Sehnenblättern an die Sclerotica ansetzen; der obere und untere gerade Muskel sind etwas länger und setzen sich näher an der Cornea an, als der innere und Lep. Clin. — Verticalschnitt der Eetin.i. Vergrösserung 300 Durchm. (Nach Orth.) li, Membrana limitans interna; fo, Schicht der Sehnervenfasern; cm, Schicht der multipolaren Ganglienzellen ; gi, innere Körnerschicht; cu, Schicht von uni- und bipolaren Ganglienzellen; g e, äussere Körnerschicht, cv, Sehzellen- schicht; le, M. limitans externa; cb, Stäbchen und Zapfenschicht; ts, Stütz- ffewebe. Säugethiere. 899 äussere. Der obere schiefe Augenmuskel entspringt am vorderen Rande des Sehnerveneintrittes, läuft schief nach aussen und hinten über den vorderen geraden Muskel weg und setzt sich an die Sclerotica etwas hinter der Sehne des geraden oberen Muskels. Der untere schiefe Muskel entspringt an der vorderen Unterecke des Thränen- beines, läuft nach aussen und hinten und setzt sich an die hintere und untere Fläche des Augapfels. Der Rückzieher ist ein kleiner, runder Muskel, der unter den geraden Muskeln im Umkreise des Seh- nerven entspringt, und wie die geraden Miiskeln in vier Bündel aus- strahlt, welche sich unter den Sehnenblättern der geraden Muskeln an die Sclerotica anheften. Er zieht den Augapfel als Ganzes in den Grund der Augenhöhle zurück. Das obere und untere Augenlid (Fig. 358 und 359) werden von Hautfalten gebildet, welche den Augapfel decken und durch ihre Bewegungen die Thränenflüssigkeit ausbreiten. Ihre Aussenfläche ist stark behaart. Indem sich die Innenschicht im Grunde umschlägt, um die Aussenfläche des Augapfels zu überziehen , bildet sie die C o n - junctiva mit dem geschlossenen Bindehautsack (Fig. 359, c). Die Lidspalte wird von einem zwischen äusserer Haut und Conjunctiva liegenden, kreisförmigen Schliessmuskel umgeben. Der Heber des oberen und der Senker des unteren Augenlides sind seine An- tagonisten. Die Lider zeigen keine Tarsalknorpel. Die freien Ränder der Lidspalte sind pigmentirt und mit Wimpern besetzt. Sie ent- halten nur eine Reihe Meibom 'scher Drüsen, welche einen schmalz- artigen, klebrigen Stoif absondern. Die Drüsen des oberen Augenlides sind länger, als die des unteren, welches dafür auf seiner Innenfläche einen von Lyraphsäckchen gebildeten kleinen Längswulst zeigt (siehe Fig. 361 , //). In beiden Ecken des Lidspaltes verbindet ein dünnes Band die beiden Lider. Ausser den beiden verticalen Lidern besitzt das Auge des Kanin- chens ein drittes Lid (Fig. 358, iiin) , welches der Nickhaut der Reptilien und Vögel und der halbmondförmigen Falte im Menschen- auge homolog ist. Es besteht aus einem scheibenförmigen Hautfalze, welcher eine Knorpellamelle einschliesst (Fig. 361, ca), die aber nur zwei Di'ittel seiner Länge einnimmt. Der freie häutige Saum des Lides ist pigmentirt und trägt kleine AVärzchen. In der Nähe findet sich, den Nasenwinkel des Auges ausfüllend, die Thränenwarze (caruncula lacrymälis), als wenig vorspringender Drüsenwulst. Der Augapfel wird von drei Drüsen umgeben, die sich nach Weg- nahme des Apfels in der Orbita präpariren lassen. a) Die Thränendrüse (Fig 361, gl) ist länglich, viellappig mit unregelmässigen Conturen; sie liegt in der Schläfenecke unter dem gewölbten Dache der Augenhöhle. Ihre feinen Ausführungsgänge, etwa drei bis fünf an der Zahl, durchsetzen die Conjunctiva des oberen 57* 900 Wirbelthiere. Augenlides. Die Thränenfeuchtigkeit ergiesst sich über die Hornhaut und sammelt sich in dem, in der Nasenecke des Auges in der Nähe des Wärzchens einige Millimeter unter dem freien Rande des unteren Lides angebrachten Thränenpunkte. Der von einem kleinen Kreis- wulste umgebene Thränenpunkt ist die obere Mündung des Thränen- canales, welcher horizontal nach vorn läuft und bald in den Nasen- thräneugang übergeht. Dieser hat eine Länge von etwa 3 bis 4 cm; er läuft schief nach vorn und unten und mündet vor der vorderen Muschel in die Nasenhöhle, in welche also die Thränenflüssigkeit sich er- giesst. b) Die Harder'sch e Drüse (Fig. 361, gH) ist gross, gelappt, und da sie an dem Thränenbeine im vorderen Augenwinkel liegt, bildet sie gewissermaassen ein Kissen für die vordere Hälfte des Augapfels. Sie hat eine Länge von etwa 2 cm; ihre Oberfläche zeigt zahlreiche Spält- chen , welche die Läppchen um- schreiben, deren Ausführungsgänge in einen Sammelcanal münden, der Lep.cun. — Der Grund der linken Augen- das viel Fett enthaltende Secret auf höhle nach Wegnahme des Auges und die Innenfläche der Nickhaut er- Umstülpung der Augenlider, um die Drüsen zu zeigen (natürl. Grösse), iis^ Innenfläche des oberen Augenlides; gM, M e i b o m ' s c h e Drüsen ; 'pi, unteres Augenlid; fl, seine Lymphfollikel ; mn, drittes Augenlid; ca, seine Knorpel- lamelle; gH^ Harder'sche Drüse; gl, Thränendrüse ; gio , Unteraugendrüse ; ^r, Fett. giesst. Wir verweisen auf die Ar- beit von Wen dt (siehe Literatur). c) Die Unteraugenhöhlen- drüse (Fig. 361, gio) liegt in dem unteren Vorderwinkel des Auges vor und unter der Harder'schen Drüse, von welcher sie durch die Orbital- haut getrennt ist. Da sie zu den Speicheldrüsen gehört, werden wir sie beim Verdauungsapparate näher betrachten. Hörorgan. — Es besteht aus einem inneren, mittleren und- äusseren Ohre. Da nur das erstere Schallempfindungen aufnehmen kann, die beiden anderen Theile aber nur Leiter der Schallwellen sind, so kann man sie auch als Nebeuorgane betrachten. Das äussere Ohr begreift den äusseren Gehörgang, der aus einer knöchernen, vom Schläfenbeine gebildeten Portion (Fig. 362, ta) und einer knorpeligen besteht, welche sich in den Knorpel der Ohr- muschel fortsetzt. Diese findet sich nur bei den Sängethieren und ist phylogenetisch der jüngste Theil, der zum Auffangen der Schall- wellen dient. Die Ohrmuschel ist eine sehr grosse Duplicatur der Haut, Säuffethiere. 901 die durch einen , wie gesagt , vom Hörgange ausgehenden Knorpel gestützt wird, welcher gegen die Peripherie hin zusehends dünner wird. Der untere, die eigentliche Muschel, ist trichterförmig hohl; der äussere Theil, der Lappen (scaj^ha) , fast eben. Auf mehr als der Hälfte seiner Länge ist der Yorderraud nach innen eingekrempt ; weniger ist dies am Hinterrande der Fall. Diese Einkrempungen bilden den vorderen und hinteren Helix; ersterer begrenzt nach unten die auf der Vorderseite gelegene Muschelgrube (fossn conchae). Beide Einkrempungen kommen nicht an dem oberen Rande der Muschel zusammen, die von zahlreichen Muskeln bewegt wird, von welchen die kleineren auf dem Knorpel selbst sich ansetzen, während die grösseren von dem Kopfe ausgehen. ^Yir erwähnen unter den letzteren die Fio-. 362. Lep. cim. — Felsenzitzentheil des Schläfenbeines, dreifacli vergrössert. A, von aussen. op, Os petro-mastoideum; tu, äusserer Gehörgang; öf, Blasentheil des Schlätenheines: ain^ Zitzenfortsatz; is, Foramen stylo-mastoideum. B, von unten, et, Xebentrommel- höhle; fm^ Muskelgrube; pr, Promontorium; fo, ovales Fenster; //•, rundes Fenster; am. Zitzentortsatz. Musculi scididares, welche von der Stirnhaut zum Basaltheile der Muschel (scutulum) gehen und die Ohrmuschel heben; die Mm. parotideo- auriculares von der Haut des Halses zum hinteren Helix, welche die Muschel herabziehen; die Mm. maxillo-awicidares und temporo-auriculares von der Aussenfläche des Kiefergelenkes und des Schläfenbeines zur äusseren und inneren Fläche des vorderen Helix, welche die Oeffnung der Ohrmuschel nach vorn drehen , während die Mm. cervico-auricidares und occij)ito-auricul.ares die entgegengesetzte Bewegung vermitteln. Die kleineren Muskeln unterstützen und variiren diese Bewegungen. Das mittlere Ohr besteht wesentlich aus der grossen, in dem Blasentheile des Schläfenbeines ausgehöhlten Trommelhöhle (ht, Fig. 362, A). Um sie bloss zu legen, muss man den knöchernen Gehör- gang und das denselben schliessende Trommelfell entfernen. Mittelst 902 Wirbelthiere. einer feinen Säge gemachte Durclischnitte dui^cli das Schläfenbein lassen die Beziehungen zu den benachbarten Theilen deutlicher erkennen. Die Trommelhöhle ist unregelmässig rundlich, hinten enger als vorn. An ihrer oberen Wand sieht man eine kleine, eiförmige Einsenkung, die Nebentrommelhöhle (Fig. 362 B, et), die zum Theil in dem Felsenbeine ausgehöhlt ist. Ihre innere Wand zeigt zwei kleine Oeflf- nungen: das ovale Fenster (fo), welches zum Vorhofe des Laby- rinthes, das runde Fenster (fr), welches zur Schnecke führt; beide sind mit Sehnenhäuten überspannt; vor ihnen findet sich eine kleine Aufwulstung, Aa,% Promontorium {pr). Die äussere Fläche ist durch das sehr dünne Trommelfell geschlossen, welches in einem hufeisen- förmigen, nach oben offenen Knochenringe ausgespannt ist. Zwischen dem Trommelfelle und dem ovalen Fenster wird eine zur Leitung der Schallwellen geeignete Verbindung hergestellt durch eine Kette von in einander gelenkten Knöchelchen , welche aus der Differenzirung einiger embryonaler Kiemenbogen hervorgegangen ist. Das erste dieser Knöchelchen, der Hammer (maJIeus), hat einen dicken Kopf und einen durch einen engeren Hals davon ausgehenden säbelförmigen Stiel. Die Hinterfläche des Kopfes zeigt eine Gelenk- fläcbe zur Verbindung mit dem Amboss (incus), von dessen Körper zwei Foi'tsätze abgehen , ein kurzer nach hinten und ein langer nach unten, an dessen Spitze das Linsenknöchelchen liegt, welches beim Embryo noch isolirt ist, später aber mit dem langen Fortsatze des Ambosses verschmilzt. An das Linsenknöchelchen lenkt sich der Steig- bügel (stajjes) , der seinen Namen mit Recht trägt, mit seiner Spitze ein, während sein Bügelstück in die Haut des ovalen Fensters ein- gesenkt ist. Die Gehörknöchelchen können nur sehr beschränkte Bewegungen ausführen, die von zwei kleinen Muskeln bewerkstelligt werden; der Hammermuskel setzt sich an den oberen Theil des Hammerstieles, der Steigbügelmuskel an die Hinterfläche des Kopfes des Knöchel- chens an. Die Trommelhöhle ist von einer dünnen Schleimhaut ausgekleidet, deren tiefere Schicht mit dem Periost zusammenfliesst. Sie mündet durch einen engen Canal, die Eustachi'scbe Trompete, in den Schlundkopf. Der Canal verläuft zuerst in dem Trommeltheile des Schläfenbeines und sodann längs des langen Halsmuskels, um den hin- teren Abschnitt des Schlundkopfes zu erreichen. Das innere Ohr oder häutige Labyrinth (Fig. 363 und 364) ist eine geschlossene Blase von sehr unregelmässiger Form, deren binde- gewebige Wandung mit Pflasterepithel ausgekleidet ist. Es liegt in dem Felsentheile des Schläfenbeines in seiner Form entsprechenden, von sehr festem Knochengewebe umgebenen Höhlungen, das knöcherne Labyrinth genannt, die es aber nicht vollständig ausfüllt. Die Zwischen- Säugethiere, 903 räume sind mit der flüssigen Perilymphe ausgefüllt, im Gegensatze zu der Endolymphe, die sich innerhalb des häutigen Labyrinthes befindet. Die schwierige Präparation kann nur unter der Lupe und mit Hülfe von Osmiumsäure vorgenommen werden, welche die häutigen Wände fixirt und festigt. Das häutige Labyrinth zerfällt in zweiHaupttheile: denütriculus und den Sacculus, beides kleine Säckchen, die in dem Centraltheile des Tier, 363. csp Lep. CUV. — Das linke häutige Labyrinth von der seitlichen oder äusseren Fläche gesehen (etwa zehnfach vergvössert , nach G. Eetzius). ss, oberer Sinus des Utri- culus; sp, hinterer Sinus; ru, Recessus utriculi; aa, vordere Ampulle; ap, hintere Ampulle; ae, äussere Ampulle; csa, vorderer Halbkreiscanal; csp, hinterer; cse, äusserer Canal; s, Sacculus; cios, Canalis utriculo-saccularis; li, Schnecke; l, Lagena; m&, Membrana basilaris; raa, Xerv der vorderen Ampulle; rap, Xerv der hinteren; rae, Nerv der äusseren Ampulle; nru, Nerv des Recessus utriculi; tas, Hörfleck des Sacculus. knöchernen Labyrinthes, dem Vestibulum, eingeschlossen sind. Die Aussenfläche des Vestibulum ist der Trommelhöhle zugewendet und zeigt das ovale Fenster, die obere Fläche ist mit dem spiralförmigen Anhange der Schnecke (Fig. 36.3, //) in Beziehung, und die hintere setzt sich in die halbzirkelförmigen Canäle fort. Der Utriculus hat die Gestalt einer unregelmässigen Röhre mit mehreren Ausbuchtungen, dem oberen Sinus (ss), an der Ver- einigungsstelle der beiden senkrechten Halbkreiscanäle; dem hinteren 904 Wirbelthiere. Sinus (sp) an der hinteren Ampulle und dem nach oben und vorn gewendeten Mecessus utriculi {ru). An beiden Enden des ütriculus entstehen die drei Halbkreis- c anale, die an ihrem Ursprünge je eine Erweiterung zeigen, die drei AmjDullen {aa, ajo, ae). Der obere oder vordere {csa) und der untere oder hintere Halbkreiscanal {csp) liegen in fast Fig. 364. Lep. Clin. — Das linke häutige Labyrinth von der inneren oder medialen Seite gesehen (etwa zehnfach vergrössert, nach G. Retzius.) u, Ütriculus; ss, oberer Sinus desselben; sp , hinterer Sinus; ru, Recessus utriculi; aa, vordere Ampulle; ae, äussere Ampulle; ap , hintere Ampulle; csa^i oberer oder vorderer Halbkreis- canal; csp, unterer oder hinterer Canal; cse, äusserer Halbkreiscanal; s, Saceulus; ce, Ductus endolymphaticus; er, Canalis reuniens; ml), Basalmembi-an der Schnecke; tau, Hörfleck des Ütriculus; tas, Hörfleck des Saceulus; iia, Hörnerv mit dem Schnecken- ast r&; ra, vorderer Ast des Hörnerven; raa, Nerv der vorderen Ampulle; rap, Nerv der hinteren Ampulle; rae, Nerv der äusseren Ampulle; nf, Nervus facialis. verticalen Ebenen und treffen unter einem rechten Winkel zusammen; der obere Canal ist etwas länger, als der untere. Der dritte, der äussere Halbkreiscanal (cse), verläuft horizontal und krümmt sich nach aussen ; er ist kürzer, als die vorigen. Die beiden senkrecbten Canäle vereinigen sich an ihren Gipfeln, um einen gemeinschaftlichen Canal zu bilden, der in den oberen Sinus des ütriculus {ss) mündet. Der äussere Halbkreiscanal bleibt unab- hängig; er hat nur eine Ampulle, die äussere (ae), und mündet mit SäugetMere. 905 seinem anderen Ende ohne Erweiterung in den Utriculus etwas über der Ampulle {ap) des hinteren Canales. Der Sacculns (s) liegt in Gestalt eines unregelraässig eiförmigen Säckchens an der inneren Fläche des Utriculus. Von ihm geht ein feiner conischer Canal aus, Canalis endolymphaticus (ce), der nach unten uod vorn sich in die Schnecke (?/) fortsetzt und mit ihr durch einen kurzen Canal, Canalis reuniens Hensenii (er), verbunden ist. Die Schnecke (li) liegt ausser und vor dem Yestibulum in einer eigenen Knochenhöhle. Es ist eine lange, spiralförmig aufgewu^ndene Röhre, die zwei und eine halbe Windung macht und mit einem kleinen Blindsacke, der Lagena (l), endet. Die Axe des Organes, um welche sich die Röhre windet, wird die Columella genannt; in ihr verläuft der Nerv der Schnecke. Der H ö r n e r V (na) dringt durch das innere Hörloch in das Labyrinth ein und theilt sich sofort in zwei Aeste. Der vordere dieser Aeste zerfällt fast unmittelbar in drei Nerven, für den Recessus tdriciili (nru), die vordere Ampulle (raa) und die äussere Ampulle (rae). Idw hintere Ast theilt sich ebenfalls in drei Nerven, einen für den Sacculns, einen für die hintere Ampulle (rap) und einen sehr bedeutenden für die Schnecke. Somit werden alle Theile des Labyrinthes von diesen Aesten versorgt, deren zahlreiche und feine Verzweigungen bis zum inneren Epithelium vordringen. Dieses modificirt sich wesentlich an den En- digungsstellen; es wird dicker und springt in das innere Lumen des Labyrinthes vor, in den Ampullen in Gestalt von Hörleisten, im Utriculus und Sacculns in Form rundlicher Polster, welche man Hör- flecke genannt hat. Die letzten Fäserchen des Hörnerven enden in den modificirten Epithelialzellen, den Hörzellen, die an ihrem freien Ende eine steife Borste tragen. Diese Hörhärchen ragen in die Endolymphe hinein. Um die Hörflecke sammeln sich Häufchen kleiner Krystalle aus kohlensaurem Kalk, die Otolithen. Die Endigungen des Schneckennerven zeigen weit verwickeitere Bildungen, die man das Corti'sche Organ genannt hat. (Hinsichtlich dieser, sowie über- haupt für alles auf Histologie Bezügliche, verweisen wir auf das Werk von R e t z i u s.) Verdauungssystem. — Es besteht aus dem Darmcauale und seinen Anhangsdrüsen. Die Mundhöhle bildet einen langen, vorn engeren, hinten weiteren gewölbten Gang, dessen Eingangsthor durch die Hautfalten, welche die Kiefer bedecken, begrenzt wird. Diese Falten, in welche die Gesichtsmuskeln eindringen, bilden vorn die für die Säugethiere charakteristischen, bei anderen Wirbelthieren nicht vorhandenen Lippen und zur Seite die Wangen. Durch die Bildung dieser musculösen Hautfalten wird vor der eigentlichen, von den Kiefern begreuzten Mundhöhle eine secundäre Höhle, der Vorhof des Mundes, her- 906 Wirbelthiere. gestellt, welcher zwischen den Lippen und Wangen einerseits und den Kiefern anderseits sich ausdehnt. Bei dem Kaninchen stellt die Zahn- lücke hinter den Schneidezähnen, in welcher die Eckzähne fehlen, eine weite Verbindung zwischen Vorhof und Mundhöhle her. Die Oberlippe, welche die grossen, früher beschriebenen Tasthaare trägt (S. 837), ist in der Mitte gespalten, so dass man durch diese Hasenscharte die oberen Schneidezähne sieht (Fig. 332, a). Die Zähne wurden früher (S. 854) behandelt. In dem Milchgebisse neu- geborener Kaninchen finden sich nur sechzehn Zähne. Erst in der dritten Woche nach der Geburt brechen die zwölf Backenzähne durch, so dass das Gebiss auf die Zahl von 28 Zähnen vervollständigt wird. Das Gewölbe der Mundhöhle, der Gaumen, wird von den Gaumen- beinen und den Gaumenfortsätzen des Oberkiefers (Fig. 342, ph, apm) gestützt und von einer sehr dicken Schleimhaut überzogen, welche tiefe Querfalten (Fig. 373, j)) aufzeigt. Unmittelbar hinter den kleinen accessorischen Schneidezähnen sieht man eine rundliche Schleim- hautplatte, an deren Rändern jederseits der Nasengau mengang (S tenon' scher Canal) in Gestalt einer engen Spalte mündet und so die vordere Nasenhöhle mit der Mundhöhle in Verbindung setzt (siehe Fig. 373, cnj)). Der Hintergrund der Mundhöhle wird von dem Schlundkopfe durch einen Muskelvorhang, das quere Gaumensegel geschieden, das zahlreiche körnige Drüsen enthält. Sein freier Rand ist in der Mitte nicht, wie bei dem Menschen und vielen anderen Säugethieren, zu einem Zäpfchen ausgezogen, bildet aber seitlich zwei musculöse Gewölbefalten, die Gaumenpfeiler, welche bei ihrer Contraction das Gaumensegel herabziehen und verengern. Der vordere Pfeiler (Ärcics palato-glossus) heftet sich an den Seiten der Zungen wurzel, der hintere {Arcus p(.ilato-pharyngcus) an dem Schlundkopfe an. Gehoben und er- weitert wird das Gaumensegel durch einen Hebemuskel (ili. levator veli palatini) , der an der Unterfläche des Felsentheiles des Schläfenbeines entspringt und durch einen Spannmuskel (Jf. tensor veli palatini), welcher an der Aussenfläche des Flügelfortsatzes des Keilbeines sich festsetzt. Ausser ihrer Wirkung auf das Gaumensegel, dienen auch beide Muskeln, der ersteige zur Verengerung, der zweite zur Erweite- rung der Eustachi' sehen Röhre des mittleren Ohres. Zwischen den beiden Pfeilern des Gaumensegels liegen die übri- gens sehr kleinen Mandeln {ToritiVae). Jede Mandel bildet eine seichte Eiusenkung, deren Wände mit zahlreichen Lymphsäckchen gespickt sind , während auf dem Grunde zahlreiche lappige Schleiradrüschen münden. Um sie zu untersuchen, muss man feine Schnitte anfertigen. Die Zunge ist durch eine Schleimhautfalte, das Fremihim, an dem Boden der Mundhöhle festgeheftet. Sie wird von einer fleischigen Masse gebildet, welche von der mit Papillen besetzten Schleimhaut Säugethiere. 907 überzogen wird. Wir haben diese Papillen bei Gelegenheit des Ge- schmackssinnes erwähnt (Seite 893); der hintere Theil der Zunge ist durch eine Knorpellamelle (Fig. 373, 7 c) aufgewölbt. Die Zungenmuskeln lassen sich in vier Gruppen zerlegen. Der eigentliche Zungenmuskel (M. lingu(dis) steht in keiner A^erbin- dung mit dem Skelette; er besteht aus verfilzten Längs-, Quer- und Ver- ticalbündeln , welche sich an die Schleimhaut und das intermusculäre Bindegewebe anheften. Der M. liyogJossus besteht aus drei Bündeln, welche an dem Körper und den Hörnern des Zungenbeines entstehen und seitlich in die Zunge ausstrahlen, wo sie bis in die vordere freie Hafte verfolgt werden können; sie ziehen die Zunge in die Mundhöhle zurück. Der M. genioglossus heftet sich in dem Kinnwinkel an der Vereinigungs- stelle der beiden Unterkiefer an — er strahlt fächerförmig nach hinten gegen die Rückenfläche der Zunge aus. Die beiderseitigen Muskeln sind durch eine senkrechte Lamelle von Bindegewebe, das Z ungenseptum , getrennt, das sich durch die ganze Länge der Zunge erstreckt. Der M. stylogj ossus entspringt am Griffelfortsatze des Schläfenbeines, dringt in die Zungenwurzel ein, von wo aus seine Bündel auf der dor- salen Fläche nach vorn bis in die Spitze der Zunge sich verfolgen lassen. Drüsen der Mundhöhle. — Sie sind sehr zahlreich und haben verschiedene Functionen. Die kleinsten (Lippen-, Wangen- und Zungen- drüsen) liegen in der Dicke der Schleimhaut selbst und sondern Schleim ab. Die grossen, mehr differenzirten Speicheldrüsen liegen ausser- halb der Schleimhaut, oft in ziemlicher Entfernung von ihr, und ent- senden den von ihnen abgesonderten Speichel durch Canäle, welche die Schleimhaut durchbohren. Zwischen diesen beiden extremen Gruppen finden sich auch Drüsen mittlerer Grösse, welche die beiden Functionen, Absonderung von Schleim und von Speichel, mit einander zu ver- einigen scheinen. Zu diesen letzteren gehören: obere und untere Munddrüsen {Glandulae buccales), kleine Drüsenhäufchen mit kurzen Ausführungsgängen, die hinter der Schleimhaut der Wangen, zwischen dieser und dem M. buccinator und in der Nähe der Backenzähne an dem Rande des Unterkiefers liegen; ferner oberflächliche Man- dibulardrüsen am äusseren Rande des Unterkiefers in der Nähe der Schneidezähne, und endlich Intra-orbitaldrüsen im unteren Innenwinkel der beiden Augenhöhlen (Fig. 361, gio), die wir schon erwähnten. Diese kleinen, länglichen Drüsen haben einen eigenen, feinen Ausführungsgang, der in der Höhe des dritten oberen Backen- zahnes in die Mundhöhle sich öffnet. Es giebt drei Paare von Speicheldrüsen (Fig. 332, ^). Die ziem- lich grosse Ohrspeicheldrüse (Parotis, gjj) ist eine unregelmässig gelappte Drüse, welche an der Basis der Ohrmuschel etwas hinter dem Winkel der Kiefer liegt; ihr verhältnissmässig weiter Ausführungsgang, 908 Wirbeltliiere. der Stenon'sche Gang, geht von dem oberen Lappen der Drüse aus , schlägt sich um die Aussenfläche des Kaumuskels herum und durchbohrt die Schleimhaut der Wange, um dem letzten oberen Backen- zahne gegenüber zu münden. Die Unterkieferdrüse (Fig. 332, g) ist fast eiförmig; sie liegt unter der Parotis, nach innen vom Kaumuskel und über dem M. mylohyoideus, und verschmilzt mit der Drüse der gegenüberstehenden Seite; ihr Ausführungscanal, der Wharton'sche Gang, entspringt an ihrem Yorderrande und mündet, nach einem Ver- laufe von einigen Centimetern Länge, seitlich am Frenulum der Zunge. Die in die Länge gezogene Unter zungendrüse ruht auf dem Boden der Mundhöhle; ihre zahlreichen Ausführungsgänge vereinigen sich meist in einen gemeinschaftlichen Canal, den Bartholin'schen Gang, der unter der Zunge mündet. (Ueber die physiologischen Functionen der Speicheldrüsen Näheres bei Krause; siehe Literatur). Der Schlundkopf (Fig. 333, 373 ph) vermittelt den Uebergang der Mundhöhle zur Speiseröhre. Seine untere Fläche geht in den Kehlkopf über, von welchem er durch die Epiglottis (Fig. 373, Cjj) geschieden ist; das Gaumensegel scheidet ihn von der Nasenhöhle; seine Rückenwand (fornix) liegt der Schädelbasis an. Er hat die Gestalt eines mit dem dünneren Ende in den Schlund übergehenden Trichters und ist von Muskelbündeln umgeben, die ihn verengern (31. constrictor pliaryngis) oder erweitern (ilf. stylo-pliaryngcus) können. Der Schlund (Fig. 338, ocs) besteht aus einer langen, zwischen der Wirbelsäule und der Luftröhre vom Schlundkopfe bis zum Magen verlaufenden Röhre, welche das Zwerchfell durchbohrt und beim Ein- tritte in den Magen sich trichterförmig erweitert. Seine ziemlich dünnen Wände enthalten Schichten von Längs- und Quermuskelfasern; die schwach längs gefaltete Schleimhaut zeigt viele traubige Drüsen, welche Schleim absondern , der das Hinabgleiten der Nahrungsmittel erleichtert. Der Magen (Fig. 333, e) ist ein weiter und langer, sehr aus- dehnbarer Quersack, der fast stets von Nahrung erfüllt ist, da das Kaninchen so zu sagen beständig frisst. Seine grosse Axe ist quer gerichtet, der Pylorustheil ragt weiter nach vorn, als der Cardialtheil. Er besitzt eine kleinere vordere und eine grössere hintere Krümmung (Fig. 365, pc und gc); eine leichte Einschnürung der letzteren (s /) bildet die Trennungslinie des links gelegenen Cardialtheiles und des rechts liegenden Pylorustheiles, Links von der Cardia bildet eine nach vorn gerichtete Aufwulstuug der grossen Curvatur den sogenannten grossen y^nlsi {Fundus, gt); eine weniger bemerkliche Auftreibung am Pylorustheile wird der kleine Wulst (Antrum, pt) genannt. Uebri- gens variirt die Gestalt des Magens je nach dem Grade seiner Füllung bedeutend; namentlich giebt der Cardialtheil, welcher weit schwächere Muskelwände besitzt, dem Drucke der darin aufgehäuften Nahrungsstoffe Säuofethiere. 909 viel mehr nach als der Pylorustheil. Die Muskelhaut besteht wesentlich aus Längsfasern, die nur längs der Curvaturen zusammenhalten, aber auf den Wänden sich zerstreuen und vereinzelt verlaufen und aus Querfasern, welche an der Cardia und dem Pförtner dicke Ringschichten bilden. An der Uebergangsstelle des Pförtners in den Dünndarm bildet diese Riflgmuskelschicht nach innen einen kreisförmigen Yor- sprung, die Pförtnerklappe. Die Schleimhaut des Magens ist sehr dick, unregelmässig gefaltet und auf ihrer ganzen Ausdehnung mit röhrigen Drüsen gespickt, deren Zellen aber im Cardialtheile eine dUy Fig. 365 P^- Lep. cun. — Der Magen in natürlicher Grösse, Ton der Ventralfläche aus gesehen. oes, Schlund; ca, Cardia; gc, grosse Curvatur; pc, kleine Curvatur; gt, grosser Wulst; pt, kleiner Wulst; rc, Cardialtheil ; rp, Pylorustheil; si, Furche zwischen beiden Theilen; py, Pylorus; du, Duodenum. andere Structur zeigen, als im Pylorustheile (Einzelheiten bei Ebstein, siehe Literatur). Faltenblätter deS Bauchfelles heften den Magen an die Wirbelsäule und das Zwerchfell (Mesogastrium) , an die Leber, die Milz und den Dünndarm {Ligamenta gastro -hepaticum , gastro-lienale, gastro-intestinale). Häufig sind diese Bänder, sowie überhaupt das Ge- kröse, mit Blasen eines Bandwurmes, des Cysticercus pisiformis, besetzt. Vom Pylorus an wird das Darmrohr enger und bildet den Dünn- darm, der etwa zehn- bis elfmal länger ist als der Körper, und somit eine Menge zusammengelegter Darmschlingen bildet, welche durch Faltenblätter des Bauchfelles, durch das Gekröse verbunden werden, in welchem die Blut- und Lymphgefässe verlaufen. Alle diese Gekrös- falten sind an der dorsalen Wand der Bauchhöhle aufgehängt und überziehen den Darm selbst, dessen äusserste, sogenannte seröse Wand- schicht sie bilden. Nach innen von dieser Schicht findet sich die Muskel- 910 Wirbelthiere. haut, aussen von Längsfasern, innen von Querfasern zusammengesetzt, dann eine Schicht von ßindegewebe und endlich die Schleimhaut, welche eine Unzahl von bald vereinzelten, bald zu Gruppen vereinigten (Peyer'schen Drüsen) Lymphfollikeln und ausserdem noch verschiedene traubenförmige Drüsen enthält, welche den Darmsaft absondern. Man untersucht dieselben auf feinen Schnitten, welche durch vorher mit Osmiurasäure, Pikrinsäure, Alkohol fixirte Darmstückchen gelegt wer- den und sehr schöne Präparate liefern. Nach Untersuchung des Darmes in seiner Lagerung entrollt man ihn auf einem Brettchen, indem man ihn von dem Gekröse abtrennt. Seine vordere Abtheilung, das Duodenum (Fig. 367, du)^ bildet eine enge, U- förmige Schlinge, deren Convexität nach hinten gerichtet ist; die vei-hältnissmässig dicken Wände dieses Theiles werden von dem Gallengange und dem Bauchspeichelgange durchsetzt, deren Mün- dungen weit von einander abstehen. Mit Ausnahme dieser Mündungen und unwesentlicher Verschiedenheiten in der histologischen Structur der Schleimhaut lassen sich keine besonderen Abschnitte in der ganzen Länge des Dünndarmes nachweisen , so dass die in der menschlichen Anatomie gebräuchlichen Unterscheidungen eines Duodenum, Jejunum uud Ileum hier keine Anwendung finden. Der mittlere Abschnitt des Dünndarmes ist häufig durch Gas- ansammlungen ausgedehnt, welche die Dünne und Durchsichtigkeit der Wände anschaulich machen. Gegen sein Ende hin werden die Wände bedeutend dicker und bilden hier eine rundliche Auftreibung, den Sac- culus r ottin dus (Fig. 336, sr), hart an dem Uebergange in den Dickdarm , an dessen Mündung eine klappenartige Falte vorspringt, die Valvula ileo-coecalis. Der Dickdarm zeichnet sich durch die enorme Entwicklung des Blinddarmes (Fig. 332, z und 366, coe) aus, der auf der rechten Seite seines Anfanges liegt und bis zu der grossen Curvatur des Magens nach vorn sich erstreckt. Er enthält stets dicke Kothmassen, und da seine dünnen Wände leicht zerreissen, muss man bei seiner Präparation sehr vorsichtig zu Werke gehen. Die Schleimhaut des Anfangstheiles des Blinddarmes ist glatt; auf der Aussenseite sieht man spiralige Rinnen {si) in gleichen Abständen, die gegen die Mitte der Länge hin an Tiefe zunehmen, dann aber allmählich sich verflachen, so dass sie iin letzten Viertel verschwinden, während zugleich der Blinddarm enger und seine Wände dicker werden. Schliesslich endet der Blinddarm mit einem fleischigen, einem Handschuhfinger ähnlichen Anhange, dem Wurmfortsatze. Der Dickdarm (Fig. 332, y) zeigt eine besondere Bildung seiner Muskelschicht, die sich von dem Ursprünge des Blinddarmes an zu drei Längsbändern (Taeniae coli, Fig. 366, tc) gruppirt, zwischen welchen die Querfasern in der Weise vorspringen, dass dadurch Quer- Säugethiere. 911 falten (Fig. 366, rs) gebildet werden, die eine Reihe kleiner, buckeliger Säcke von einander scheiden. Diese Bildung verschwindet allmählich gegen das Ende des Dickdarmes hin, so dass dieser ohne scharfe Grenze in den Afterdarm übergeht, dessen Schleimhaut, wie diejenige des Dünndarmes, Längsfalten zeigt und der stets runde Kothballen ent- hält, welche ihm das Ansehen eines Rosenkranzes geben. Der Endtheil des Afterdarmes (Fig. 370, r) läuft auf der dor- salen Seite der Harnblase und der Geschlechtscanäle, mit welchen er durch Bindegewebe verbunden ist, zum After, in dessen Umkreise die Fig. 366. Lep. cun. — Das Ende des Dünndarmes und der Anfang des Dickdarmes in natür- licher Grösse, ig, Ende des Dünndarmes; sr, Sacculus rotundus; ic, Stelle der Ileo-coecal-Klappe; coe, Anfang des Blinddarmes; si, seine Spiralfurclien ; co, Dick- darm; tc, Taeniae coli; rs, sigmoidale Falten. quere Muskelschicht eine bedeutende Mächtigkeit gewinnt, und so den inneren Schliessmuskel des Afters bildet, der mit Beihülfe des äusseren, von der Haut abhängigen Sphincters, den Schluss der After- öflfnung bewerkstelligt. (Wir behandeln die Afterdrüsen bei Gelegen- heit der Geschlechtsorgane.) Anhangsdrüsen des Darmes. Leberund Bauchspeicheldrüse sind ursprünglich Ausstülpungen der Darmwand, die sich canalartig verzweigen und durch Proliferation ihres Epitheliums das Drüsen- gewebe bilden. Je mehr sich dieses diflferenzirt, desto mehr entfernen sie sich von dem Darme, mit welchem sie schliesslich nur durch ihre Ausführungsgänge in Verbindung stehen. Die Leber (Fig. 332, r) ist eine grosse Drüse von dunkelbraun- rother Farbe , welche mit ihrer hinteren eingebogenen Fläche den 912 Wirbelthiere. Fig. 367. Idv Säugetliiere. 913 Magen umscliliesst , während ihre convexe Vorderfläche sich an das Zwerchfell eng anlegt. Der dorsale Rand ist abgerundet, der ventrale zugeschärft. Sie hängt mit dem Zwerchfelle durch eine sagittale Falte des Bauchfelles, das Ligamentum Suspensorium Jiepatis^ zusammen. Tiefe Einschnitte trennen die Leber in Lappen und Läppchen ; letztere sind nur auf der gegen den Darm gerichteten Hinterfläche sichtbar; sie zeigen von einem Individuum zum anderen grosse Verschiedenheiten in ihrer Ausbildung. Man unterscheidet zwei grosse Hauptlappen, einen rechten und einen linken, die durch einen tiefen Ausschnitt ge- trennt sind. Jeder dieser Lappen zerfällt wieder in zwei secundäre Lappen , einen ventralen und einen dorsalen. Der rechte ventrale Nebenlappen trägt in einer Querfurche die Gallenblase (Fig. 367, t' 6) ; an dem Rande des rechten dorsalen Nebenlappens legt sich in eine ähnliche Einsenkung die rechte Niere ein. Ein grosses Blutgefäss, die untere Hohlvene (vci), verläuft in dem Einschnitte zwischen dem rechten und linken Leberlappen und nimmt hier die aus der Drüse herkommen- den Lebervenen auf. Die durch die Einlagerung der Gallenblase be- dingte Einsenkung erzeugt auf der Rückenfläche einige Abschnitte, welche man als Dependenzen des rechten Lappens betrachten kann. Sie heissen der viereckige und der Spiegel'sche Lappen. Der vier- eckige Lappen (Fig. 367, 7e) hat eine unregelmässige Gestalt; erliegt ventralwärts unter der Gallenblase und ist mit dem linken ventx'alen Läppchen durch eine Substanzbrücke verbunden. Der ebenfalls sehr un- regelmässig gestaltete Spiegel'sche Lappen (?s) liegt dorsalwärts und ist mit dem rechten dorsalen Läppchen verbunden; zwischen diesen beiden Lappen geht die Hohlvene durch. Dorsalwärts zeigt der Spiegel'sche Lappen einen zungenförmigen Vorsprung, das Tuberculum papilläre {tp). Die Lebersubstanz setzt sich aus einer Menge polyedrischer Drüsen- läppchen zusammen, die durch interstitielles Bindegewebe, worin die Capillaren verlaufen , zu einem Ganzen verbunden sind. Diese Läpp- chen werden von den Leberzellen gebildet, deren Absonderung, die Galle, durch Gallencanälchen in Sammelgänge {ch) übergeführt wird, die aus der Leber austreten und zum Theile (zwei oder drei) in den Blasen gang {Ductus hepatico - cysticus) oder in den gemeinsamen Lebergang (Ductus hepaticus, ch) einmünden. Fig. 367. — Lep. cun. — Die Anhangsdrüsen des Darmes eines jungen Thieres in natürlicher Grösse. Die Leber ist nach vorn zurückgeschlagen, so dass man ihre hintere Fläche und ihre Lappen sehen kann. Igv, linker Ventrallappen; Igd, linker Dorsallappen; Idv, rechter Ventrallappen; Idd, rechter Dorsallappen; Ic, viereckiger Lappen; Is, Spiegel' scher Lappen; tp , Tuberculum papilläre; vb, Gallenblase in ihrer Grube fa liegend; cc, Blasengang; ch, gemeinsamer Lebergang; cc/t, Canalis choledochus; och, seine Mündung in das Duodenum; pa, Pankreas; Im, Mesenterial- falte; c j9 , Bauchspeichelgang; ocj), seine Oeffnung in die aufsteigende Schlinge des Duodenums; es, Magen; py, Pylorus; Ihd, Ligamentum hepatico -duodenale; du, Duodenum (seine Umbiegungsschlinge -ist abgeschnitten); vci, untere Hohlvene. Vogt u. Yimg, prakt. vergl. Anatomie. H. 5g 914 Wirbelthiere. Die Gallenblase hat die Gestalt eiuer in die Länge gezogenen Birne; ihr Hals verlängert sich in einen dünnen Canal, den Blasen- gang (es), der sich nait dem Lebergauge vereinigt, um den gemein- samen Gallengang (Ductus choledochus, cch) zu bilden, welcher in einer Peritonealfalte, dem Ligamentum hejjatico-duodenale, zum Duodenum verläuft, um dort in der Nähe der Pförtnerklappe einzumünden. Das Volumen der Gallenblase und der Durchmesser der Canäle variiren sehr, je nach den Individuen. Bei jungen Thieren ist die Gallenblase oft so klein, dass sie ganz in der Einsenkung verborgen und der Blasengang kaum sichtbar ist. Die Bauchspeicheldrüse (Fig. 367, JJ«) ist eine platte, sehr verlängerte Traubendrüse mit zerstreuten Drüsenläppchen. Sie breitet sich in der Gekröslamelle aus (Im), welche die beiden Schenkel der Schlinge des Duodenums zusammenhält; man erkennt sie leicht an ihrer losen traubigen Form. Die einzelnen weissen oder leicht rosig gefärbten Läppchen lassen sich deutlich erkennen, wenn man die sie enthaltende Gekröslamelle unter Wasser ausbreitet. Jedes Läppchen hat einen feinen Ausführungsgang, der sich mit den benachbarten Gängen verbindet, um Sammelcanäle herzustellen, welche sich schliess- lich zu einem einzigen Canale, dem Bauchspeichelgange oder Wir- sung'schen Gange (cp), vereinigen, der in einer Entfernung von etwa 30 bis 40 cm von dem Gallengange in den Schenkel der Duodenal- schlinge mündet. Diese Anordnung ist für das Kaninchen eigenthümlich. Hinsichtlich der histologischen Eigenthümlichkeiten der Läppchen und der absondernden Drüsenzellen des Pankreas verweisen wir auf die Abhandlung von Lange rh ans (siehe Literatur). / Athemorgane. — Wir kommen nicht auf das früher (S. 894) über die Nasenhöhlen Gesagte zurück, welche den Vorhof und Zufuhr- canal der eigentlichen Athemorgane bilden, die aus dem Kehlkopfe, der Luftröhre und den Lungen bestehen. Diese sind, wie die Nebendrüsen, ursprünglich Dependenzen der vorderen Abtheilung des Urdarmes. Ihre erste Anlage wird von einer Verdickung der ventralen Wand des Schlundes gebildet (siehe die Lehrbücher der Entwicklungsgeschichte von Oscar Hertwig und Kölliker). Der Kehlkopf (Fig. 368) bildet einen etwa 1 cm langen Trichter, der im Hintergrunde des Schlundkopfes auf der ventralen Fläche liegt. Er wird wesentlich von Knorpelplatten gebildet, die durch Bänder und besondere Muskeln verbunden sind, und führt unmittelbar in die Luftröhre. Der Schildknorpel (CartUago tJii/roidea, Fig. 368, et) ist ein dorsal wärts geöffneter Ring, der aus zwei seitlichen liam eilen gebildet ist, welche unter einem spitzen Winkel in der ventralen Mittellinie zusammentreffen und eine vorspringende Kante, den Adamsapfel Säugethiere. 915 (Protuberantia laryngea), herstellen. Beide Lamellen verlängern sich in zwei obere, nach vorn gerichtete (es) und zwei unterere, kürzere und nach hinten gerichtete {ci) Hörner, die an dem oberen Rande des Ringknorpels (CarWago crkoidea) eingelenkt sind. Letzterer bildet einen geschlossenen, ventralwärts schmalen, dorsalwärts stark ver- breiterten Ring. Am Vorderrande der dorsalen Platte zeigen sich zwei kleine Gelenkflächen, in welchen die unregelmässig dreieckigen Giess- kannenknorpel (Cartilagmes anßenoideae, cä) eingelenkt sind, welche aussen eine vorragende Muskelleiste zeigen. An ihrer Spitze liegen die kleinen, hakenförmig gekrümmten Santorini'schen Knorpel- chen. Endlich finden sich noch zwischen den Giesskannenknorpeln und der Epiglottis zwei winzige, mit dem Stimmdeckel durch Binde- Fig. 368. A B .,e.p \l M/' 3 itl r^ er.. l'M -^J--^^ r d, — -Ä^ WJ ,.&> 1 cua 1 M-trm. r 1 m-^ Lep. Clin. — Der Kehlkopf, A die ventrale, B die dorsale Fläche. e_/j, Epiglottis; gl, Stimmritze; et, Schildknorpel; es, seine oberen Hörner; ci, seine unteren Hörner; er, Ringknorpel; ca, Giesskannenknorpel; Ic, Ligamentum crico-thyroideum ; tr, Luft- röhre; ac, ihre Knorpelringe; trm, Quermembran; li, Zwischenbänder der Ringe. gewebe verbundene Knorpelchen, die keilförmigen oder Wrisberg'- schen Knorpel. Der Kehldeckel oder die Epiglottis (Fig. 368, ep) besteht aus einer verhältnissmässig grossen, aufrecht vor dem Schildknorpel auf- gestellten Knorpellamelle, deren Innenfläche ausgekehlt ist, während ihr Hinterrand zwei kleine, nach hinten und unten vorspringende Hakenfortsätze (HumuJi ejnglottici) trägt. Die Bänder, welche die einzelnen Kehlkopfknorpel mit einander verbinden, werden nach diesen benannt; die stärksten sind die Liga- menta crico-thyroiclea (Ic) und die Ligamenta thyro-hyoidea, welche den Schildknorpel an das Zungenbein befestigen. In gleicher Weise werden die zahlreichen, auf der inneren, wie auf der äusseren Fläche des Kehl- kopfes entwickelten Muskelbündel benannt, von welchen die einen den Kehlkopf erweitern, die anderen aber ihn verengern. 58* 916 Wirbelthiere. Die Luftröhre (Fig. 332, Ä;; Fig. 333 und Fig. 368, tr) ist ein langes, nach hinten sich ein wenig verjüngendes, cylindrisches Rohr, das parallel mit dem langen Halsmuskel zwischen dem Schlünde und den ventralwärts angebrachten M. sterno-hyoideus und M. sterno- tJiyroiäeus dem Halse entlang läuft. Loses Bindegewebe heftet die aus etwa fünfzig , auf der Rückenfläche unterbrochenen Knorpelringen (Fig. 368, ac) zusammengesetzte Luftröhre an die ventrale Wand des Schlundes. Die freien Enden der Knorpelringe sind durch glatte Quer- muskelbündel zusammengeheftet und die ganze ünterbrechungszone von einer Bindehaut (Membrana transversa, trm) bedeckt. Diese Bil- dung ermöglicht eine gewisse Ausdehnungsfähigkeit der Luftröhre, sowie einiges Ausweichen beim Durchgange grosser Bissen durch den Schlund. Um die Präparation einzuleiten, blasen wir die Luftröhre und Lungen mittelst einer eingeführten dicken Glasröhre auf. Die Knorpelringe sind durch Bindehäute, Ligamenta interannularia (li), mit einander verbunden. Die Innenwand ist von Schleimhaut aus- gekleidet. In der Brusthöhle angelangt, theilt sich die Luftröhre in zwei Bronchen, für jede Lunge einen, welche sich in dem Lungen- gewebe weiter verästeln. Bei der Präparation stösst man auf die Schilddrüse {Glandula tliyroiäea — Fig. 332, ^'; Fig. 373, gl), die wir deshalb hier erwähnen, weil sie, wie die Luftröhre selbst, sich aus dem Urdarme hervorbildet. Sie besteht aus zwei platten, länglichen Seitenlappen, die in der Mitte durch eine Brücke (Isthmus) mit einander verbunden werden; ihre braunrothe Farbe lässt sie leicht von der helleren Luftröhre unter- scheiden. Sie hat keine Ausführungsgänge, ebenso wenig wie die Milchnerdrüse {Grl. thynius) , die bei jungen Thieren bedeutend isj;, mit zunehmendem Alter aber mehr und mehr schwindet bis zu gänzlicher Verkümmerung. Sie hat zwei unregelmässige seitliche Lappen, von welchen der linke stets voluminöser ist als der rechte, und liegt nahe an der Theilungsstelle der Luftröhre in der Umgebung der grossen, aus dem Herzen austretenden Gefässe, an welche sie durch loses Binde- gewebe geheftet ist. Die verhältnissmässig kleinen Lungen (Fig. 332, l; Fig. 373, p) bilden zwei weiche und ausdehnbare, in der Brusthöhle gelegene Säcke aus schwammigem Gewebe. Die rechte, grössere Lunge ist in drei hinter einander gelegene Lappen getheilt; der hintere Lappen ausser- dem noch durch eine Einfaltung in einen äusseren und inneren Lappen geschieden. Die linke, kleinere Lunge besteht aus nur zwei hinter einander gelagerten Lappen. Alle diese Lappen sind durch tiefe Ein- schnitte getrennt und zeigen abgerundete Dorsalränder, während ihre ventralen Ränder zugeschärft sind. Ihre Aussenfläche wird von der glatten, serösen Pleura gebildet, welche eine senkrechte Scheidewand herstellt, die von der Wirbelsäule zum Brustbeine geht und das Medi- Säugethiere. 917 astinum bildet. Die Gipfel der Lungen finden sich an der Eintritts- stelle der Bronchen; ihre breitere Basis stösst an das Zwerchfell an, mit dem sie, wie mit der Wirbelsäule, durch Falten der Pleura, Liga- menta pulmonum, verbunden sind. Die sonst durchaus getrennten Lungen sind an ihren Gipfeln durch die Gabelung der Bronchen mit einander verbunden. Jeder Bronchus vertheilt sich sofort nach seinem Eintritte in mehrere asymmetrische Aeste. Der rechte Bronchus giebfc einen vorderen Zweig ab, der vor der rechten Lungenarterie verläuft und sich in dem vorderen Lappen der rechten Lunge verzweigt; der hintere Ast theilt sich nach kurzem Verlaufe in mehrere Aeste, welche hinter der Lungenarterie verlaufen und sich in dem mittleren und hinteren Lungenlappen vertheilen. Da die Vertheilung das Bild eines Baumes giebt, so sagt man, dass der Bronchialbaum der rechten Lunge einen eparteriellen und einige hypar- terielle Aeste habe. Der eparterielle Ast fehlt in der linken Lunge ; der Bronchus theilt sich hier sofort in zwei hyparterielle Aeste für den vorderen und hinteren Lappen, die sonach dem mittleren und hinteren Lappen der rechten Lunge entsprechen. Die Bronchen verzweigen sich meist dichotomisch und unter spitzen Winkeln bis zu Endzweigen (BroncMoli), welche in die zahlreichen Läppchen der Lungenmasse ein- dringen; sie bilden an ihrem Ende Ausbuchtungen, die Alveolen, setzen sich aber als Alveolargänge weiter fort und enden schliesslich mit kleinen Bläschen, den Lungenbläschen. Die grossen Bronchen und ihre Hauptäste besitzen noch Knorpelringe und glatte Muskelfasern, wie die Luftröhre; erstere schwinden aber nach und nach bei der Ver- ästelung, und in den Bronchiolen findet sich keine Spur mehr davon. Die Wände dieser Endzweige bestehen nur noch aus einer dünnen Bindegewebeschicht, welche innen mit einem Flimmerepithelium aus- gekleidet ist und sehr dünne, glatte Muskelfasern enthält. Ein äusserst engmaschiges Netz von Capillaren umspinnt die Alveolen und die Endbläschen. Da die Wände dieser Haargefässe und das Epithelium der Endbildungen äusserst dünn sind, so wird der osmotische Aus- tausch der Gase zwischen dem Blute und der in den Bronchialzweigen befindlichen Luft sehr befördert, um so mehr, als die respiratorische Gesammtoberfläche in Folge der Unzahl von Endzweigen, Alveolen und Endbläschen eine ausserordentliche Ausdehnung besitzt. Harnorgane. — Die Nieren (Fig. 369, 370) liegen , auf der Rückenseite der Bauchhöhle jederseits hart an dem Lendenwirbel ausser- halb des Bauchfelles, das nur ihre ventrale Fläche überzieht. Um sie blosszulegen , muss man den Darm entfernen. Es sind zwei bohnen- förmige Körper, die an ihrem inneren Bande einen Ausschnitt, den Hylus, zeigen, von welchem der Harnleiter ausgeht (Fig. 370, ur) und in welchem die Blutgefässe der Niere ein- und austreten, Arterien (ar) und Venen (vr). Bei dem Kaninchen zeigen die Nieren eine glatte, 918 Wirbelthiere. Fiff. 369. eZ,.. gleichförmige Oberfläche ohne Lappeneinschnitte; sie sind von einer faserigen Nierenkapsel umhüllt, die sich in dem Hylus nach innen ein- schlägt und eine Ausbuchtung des Parenchyms, das Nierenbecken, aus- kleidet (Fig. 369 , 6 r). Bei alten Thieren besonders enthält das die Nieren umhüllende Bindegewebe oft sehr viel Fett. Die rechte Niere liegt etwas weiter nach vorn als die linke, so dass die Nierengefässe rechterseits in schräger Richtung von hinten nach vorn, linkerseits von vorn nach hinten verlaufen. Das Parenchym der Niere ist ziemlich fest; es besteht wesentlich aus Harncanälchen, die durch knappes interstitielles Bindegewebe zusammengehalten sind. Die Anordnung der Harncanälchen ist in der Rindenschicht (Fig. 369, cc) des Organes sehr verschieden von der- jenigen in der Marksub- stanz (cjw), so dass man diese beiden Schichten sehr gut auf einem Flächenschnitte, welcher die Niere in zwei Hälften theilt, unterscheiden kann. In der Rindenschicht haben die Canäl- chen einen gewundenen, in der Marksubstanz einen mehr gerade gestreckten Verlauf. Die Harncanälchen sind in der Marksubstanz derart zu- sammengestellt, dass sie wenig geschiedene Bündel in Gestalt von Kegeln oder Pyramiden bilden (Malpighi'sche Pyra- miden), deren Gipfel gegen den Hylus hin convergiren und in einer von mehreren kleinen OefF- nungen durchbohrten Papille (p) enden, welche in dem durch die Ausweitung des Harnleiters (^tr) gebildeten Nierenbecken (&) vor- springt. Die Grenze der Pyramiden werden durch leere Lücken (eü) deutlich gemacht, die in der Peripherie der Marksubstanz sich zeigen. Hinsichtlich der histologischen Structur der Niere verweisen wir auf die betreffenden Handbücher; man muss zu dieser Untersuchung besondere Methoden und auch die Injection der Blutgefässe zu Hülfe nehmen. Die Harncanälchen beginnen, wie beim Menschen, mit einem in der Rindensubstanz gelegenen Bläschen, der Bowman'schen Kapsel, die einen Gefässknäuel, den Malpighi'schen Glomerulus, einschliesst. Von hier aus verlaufen die vielfach geschlängelten Canälchen gegen icjj. Clin. — Längsschnitt der Niere, doppelt vergrössert. c c , Rindenschicht ; cm, Kern- masse, von den strahlenförmig geordneten Harn- canälen gebildet; eJ, Lückenräume zwischen den Pyramiden; ip, Papille mit Oeffnungen der Harncanäle; &, Nierenbecken; ttr, Harnleiter; sr, Hylus der Niere. Säugetlnere. 919 die Marksubstanz hin, in welcher sie sich bedeutend verengern. Nach- dem sie mehr oder minder tief in die Pyramiden eingedrungen sind, biegen sie in scharfer Windung gegen die Rindensubstanz hin um, so die Henle'schen Schiingen bildend, und vereinigen sich dann mit benach- barten Canälchen zu Sammelcanälchen, welche mit anderen zusammen- fliessen und so die mächtigen Papillarcanäle bilden, die auf dem Gipfel des Pyramidenwärzchens münden und dort den Urin in das Nierenbecken ergiessen. Sämmtliche Canäle sind von einer structur- losen Haut gebildet und mit einem, in den einzelnen Abschnitten verschieden gestalteten Epithelium ausgekleidet. Ausser diesen Harn- canälen enthält die Niere zahlreiche Blutgefässe. Die der Aorta ent- stammende Nierenarterie tlieilt sich in viele Zweige, welche an der Grenze zwischen Rindenschicht und Marksubstanz sich in complicirte Capillarnetze auflösen. Viele dieser Zweige gehen zur Peripherie und bilden hier die erwähnten Gefässknäuel, die nur Wundernetze sind, indem die kleine Arterie wieder als solche aus der Bowman'schen Kapsel austritt und dann Capillarnetze um den Anfang der Harncanäl- chen bildet, aus welchen erst die Venen hervorgehen, welche sich nach und nach in der grossen Nierenvene sammeln. Der Harnleiter (Fig. 367, 370, ur) beginnt mit dem Nieren- becken, das nur eine trichterförmige Erweiterung seines Anfanges ist, und setzt sich in Gestalt eines engen, weisslichen Canales längs des Psoasmuskels nach hinten fort. Bei dem Männchen kreuzt er auf der dorsalen Fläche des Grundes der Harnblase den Samenleiter und mündet mit einer kleinen spaltförmigen Oeffnung. Die Wandungen des Harnleiters zeigen eine , innen mit Schleimhaut ausgekleidete Muskelschicht. Die Harnblase (Fig. 379, t), welche den Urin ansammelt, hat die Gestalt einer Birne , die sich nach hinten in den Blasenhals ver- längert, der über die Symphyse des Beckens sich fortzieht und bei dem Weibchen mit einer kurzen Harnröhre endet, welche in den Vor- hof der Scheide mündet. Bei dem Männchen mündet der Blasenhals in den ürogenitalcanal , von welchem später die Rede sein soll. Wie der Plarnleiter, besitzt die Blase eine innere Schleimhaut und eine Muskelhaut. Sie ist bedeutender Erweiterung fähig. Der Harn ist gelblich und stets trübe. Die Nebennieren (Fig. 370, es) liegen in Gestalt zweier rund- licher Körper von gelber Farbe in der Nähe der Nieren, von welchen sie übrigens gänzlich unabhängig sind. Die rechte Nebenniere liegt dem oberen Innenrande der Niere und der unteren Hohlvene hart an ; die linke liegt weiter nach hinten in dem Winkel zwischen der Hohl- vene und der Nierenvene , berührt aber die linke Niere nicht. Die Structur dieser Körper ähnelt dei-jenigen der Lymphdrüsen; ihre Func- tion ist noch nicht befriedigend bekannt. 920 Wirbelthiere. Fig. 370. Säugethiere. 921 Die Gesell lechtsorgane muss man bei älteren Thieren unter- suchen, wo sie vollständig entwickelt sind; bei jüngeren Thieren weichen sie sehr ab, sowohl hinsichtlich der Beziehungen zwischen ihren ein- zelnen Theilen, als auch hinsichtlich ihrer Dimensionen. Männliche Organe. — Die Hoden (Fig. 370, t) bilden erst lange nach der Geburt zwei vorspringende Wülste zu beiden Seiten des Afters; sie liegen dann ausserhalb der Bauchhöhle, aus der sie durch den Leistenring (ai) ausgetreten sind, durch welchen der Samenleiter, der Samengang (Canal^s deferens) , Nerven und Gefässe ebenfalls durchgehen. Sie zeigen eine dreifache Umhüllung: eine ihnen unmittelbar anliegende, feste und weisse Sehnenhaut, die Tunica albu- ginea; sodann die Scheidenhaut (T. vaginalis), eine vom Bauchfelle ausgekleidete Ausstülpung der Bauchwand, und endlich den Hoden- sack, eine Ausweitung der äusseren Haut, welche durch eine ziemlich dünne Faserhaut, die Tunica dartos, gestützt wird, die dem Unterhaut- zellgewebe angehört. Die Muskelschicht der Bauchwand setzt sich in Bündel fort, welche die Scheidenhaut umspannen und so den Hebe- muskel des Hodens (M. cremaster) herstellen. Die Hoden sind zwei bohnenförmige , etwa 3 cm lange Körper, deren Innenwand leicht eingebuchtet ist. Ihr Parenchym wird durch zahlreiche dünne Scheidewände von Bindegewebe in kegelförmige Kammern getheilt, deren Spitzen nach dem Einschnitte, dem Hylus, convergiren , der durch einen dicken Knäuel , das Corpus Highmori, erfüllt wird. In den durch die Scheidewände hergestellten Kammern finden sich Knäuel von sehr engen Samencanälchen , die aus einer structurlosen Haut gebildet und innen mit einem Epithelium aus- gekleidet sind , in welchem die Spermatozoon sich bilden , die einen abgeplatteten Kopf und einen langen Schwanz haben und grösser sind, als beim Menschen. (Ueber die Spermatogenese beim Kaninchen ver- gleiche man die Abhandlung von Brissaud, siehe Literatur.) Der Hoden im Ganzen ist eine Drüse von netzförmigen Röhrchen. Die Samencanälchen sammeln sich, nachdem sie das Corims Highmori durchsetzt haben, indem sie nach und nach zusammenmünden, zu Hodencanälchen in dem Nebenhoden. Der Nebenhoden (Fig. 370, ep) ist ein langes, am Inuenrande des Hodens entwickeltes Gebilde, das nach vorn und hinten übergreift. Fig. 370. — Lef. cun. — Geschlechtsorgane eines erwachsenen Männchens, r, Nieren; CS, Nebennieren; ur, Harnleiter; v, Harnblase; ou, OefFnungen der Harnleiter in die Blase; cur, Canalis uro-genitalis; mu, Uringang; t, Hoden; tv, Ligamentum vaginale; tv, Scheidenhaut des Hodens; sc, Hodensack; ep, Kopf des Nebenhodens; q, Schwanz desselben; csp, Samenstrang; gi. Leistenring, durch welchen der Samenstrang in die Bauchhöhle eintritt; cd, Caualis deferens; acd, Ampulle desselben; cc, Schwell- körper; ^y, Penis; gl, Eichel; vs, Samenblase; pr, Prostata; gO, Cowper'sche Drüsen; gp, Vorhautsdrüsen; r, Mastdarm; a, After; vci, untere Hohlvene; vr, Nierenvenen; aa, Aorta; ar, Nierenarterien. 922 Wirbel tliiere. Man unterscheidet an ihm einen dickeren , helmförmigen Kopf (ep) und einen dünneren Schwanz (q). Die Hodencanälchen begeben sich zum Kopfe und münden in den vielfach gewundenen Sammelcanal des Nebenhodens ein, der an dem Schwänze aus dem Knäuel. sich aus- löst und nun als Vas deferens bezeichnet wird (cd). Dieser, durch die Dicke und Festigkeit seiner Wände ausgezeichnete Canal läuft unter Schlängelungen durch den verengerten Theil der Scheidenhaut nach vorn, durchsetzt gemeinschaftlich mit dem Samenstrange (cp) den Leistenring, und dringt so in die Bauchhöhle ein, wo er den Harnleiter kreuzt und auf der Dorsaltläche der Harnblase sich um- biegt, um in dem Urogenitalcanal (cur) auf einem kleinen Wärz- chen mit einer verhältnissmässig weiten Oeffnung zu münden. In dem der Harnblase anliegenden Abschnitte bildet der Canal eine Erweite- rung, welche die Ampulle des Vas deferens (acd) genannt wird. Der Urogenitalcanal beginnt am Blasenhalse und setzt sich nach hinten, zwischen den Schwammkörpern des Penis fort. Man kann einen hinteren, prostatischen und einen vorderen Ruthenabschnitt unter- scheiden; er endet auf der Spitze der Eichel der Ruthe durch die Harn- röhre (mti), welche zur Austreibung des Harnes und des Samens dient. Auf der dorsalen Wand des prostatischen Abschnittes ist ein langes, abgeplattetes Bläschen mit dünnen, aber contractilen Wänden ent- wickelt, die Samenblase (Fig. 370, vs), an deren vorderem, dem Rectum anliegenden Ende zwei seitliche Ausstülpungen sich finden, welche den Hörnern des Uterus entsprechen. Die Samenblase endet nach hinten mit einem kurzen, unter die Prostata sich schiebenden Halse. Die in die Länge gezogene gelbliche Prostata (Fig. 370, jps) liegt quer über dem Beginne des Urogenitalcanales auf der dorsalen Fläche der Samenblase, und zeigt einen mittleren und zwei Seitenlappen. Sie besteht aus zahlreichen, von glatten Muskeln umsponnenen Drüsen- läppchen. Ihre histologische Structur wurde von Leydig untersucht (siehe Literatur). Die Läppchen münden auf der Schleimhaut des Urogenitalcanales mit zahlreichen, punktförmigen Oeffnungen, welche vor den Mündungen der Vasa deferentia liegen. Die Schleimhaut zeigt hier einen in der Mitte etwas angeschwolleneu, wenig erhabenen Längs- wulst, welcher dem veru montanum der menschlichen Anatomie entspricht. Der Penis (Fig. 370, p) erreicht im Zustande der Erection etwa 4 cm Länge. Seine dem Becken angeheftete Wurzel wird von den fast cylindrischen Schwellkörpern (cc) gebildet, die an der Basis zwiebel- artig anschwellen, an dem die Eichel berührenden Ende etwas zuge- spitzt sind. Sie neigen sich von dem Becken aus gegen einander und berühren sich auf der Rückenfläche des freien Theiles des Penis voll- ständig. Sie sind von einer dicken Faserhaut umhüllt, welche Fort- sätze nach innen sendet und so das schwammige Gewebe bildet, das Säugetbiere. 923 von erweiterten Bluträumen durchzogen wird. Sie wurzeln auf dem Bogen der Schambeinfuge und werden von den Hebemuskelu des Penis, Mm. isdiio-cavcmosi, umgeben. Ein Hautfalz, die Vorhaut, umgiebt die Eichel wie ein Futteral; ihre Oeffnung ist elliptisch; im Zustande der Ruhe hüllt dieses Futteral den Penis ganz ein. Ausser der Prostata finden sich noch folgende Drüsen am Penis: Die Cowper'schen Drüsen (Fig. 370, gC), kleine, in die Länge gezogene, lappige Drüsen, welche jederseits hinter der Prostata, auf den Wurzeln der Schwellkörper liegen und ihr Secret in den Uro- genitalcanal ergiessen. Die Vorhautdrüsen (Fig. 370, gp), von eiförmiger Gestalt und brauner Farbe, liegen unter der Umhüllungshaut des Penis und lassen sich mit dieser abziehen. Ihr auf die Haut sich ergiessen des Secret hat einen starken Geruch. Nahe bei den vorigen, aber auf beiden Seiten der Afteröffnung und des Mastdarmes, liegen die mit den Geschlechtsorganen nicht in Beziehung stehenden Afterdrüsen; ihr fettartiges Secret erleichtert den Austritt der Excremente. Sie stammen aber nicht von dem Darme, sondern sind, wie die Vorhautdrüsen, nur weiter entwickelte Haut- drüsen (siehe S. 838). Weibliche Organe. — Die Ovarien (Fig. 371, ov) sind zwei leicht abgeplattete, eiförmige Körper, deren Oberfläche durch die in , Form runder, heller Blasen vorspringenden Graafschen Follikel mit ihren reifen Eiern gebuckelt erscheint. Sie liegen hart an dem grossen Psoasmuskel in der dorsalen Wölbung der Bauchhöhle einander gegen- über an dem vierten Lendenwirbel. Sie zeigen einen freien convexen und einen leicht eingebuchteten geraden Rand, an welchen sich das breite Haltband (Ligamentum latum, Im) heftet, ein breiter Peritoneal- falz, welcher dem Eierstocke, den Eileitern und dem Uterus gegenüber dieselbe Rolle spielt, wie das Gekröse gegenüber dem Darme, indem es die einzelnen Theile unter sich und an die Bauchwand befestigt. Zahlreiche glatte Muskelbündel und Blutgefässe, letztere besonders zahlreich zwischen den Hörnern des Uterus und der Scheide, verlaufen in dieser sonst zarten, serösen Falte des Bauchfelles. Zur Ranzzeit und während der Fruchtentwickelung sind diese Gefässe, wie überhaupt alle Gefässe des Uterus, strotzend mit Blut gefüllt. In Pikrinschwefel- säure gehärtete Eierstöcke liefern schöne Schnitte zu mikroskopischer Untersuchung (Bisch off und van Beneden; siehe Literatur). Die an der Oberfläche des Ovariums austretenden reifen Eier fallen in den Trichter des Eileiters (Fig. 371, jj), der sie in den Uterus überführt und etwa 10 cm Länge hat. Der mit Fransen be- setzte Trichter ist an das breite Band angeheftet und umfasst den Eierstock bis zu seinem vorderen Rande. Der Abschnitt des Eileiters, in welchen der Trichter übergeht, ist verhältnissmässig weit, etwas 924 Wirbeltliiere, Fig. 371. Säugethiere. ' 925 gewunden und zeigt Erweiterungen oder Ampullen (am), dann wird der Canal in dem Maasse, als er sich dem Uterus nähert, enger (?s) und gestreckter in seinem Verlaufe. Die Grenze zwischen diesen beiden Abtheilungen ist verschwommen. Die Muskelwände des Eileiters sind innen mit einem Flimmerepithelium ausgekleidet, durch dessen Schwin- gungen die Eier nach dem Uterus hin befördert werden. Im Uterus mündet jeder Eileiter durch eine kleine, rundliche Oeffnung (ou). Der Uterus (iit) ist zweihörnig oder, besser gesagt, zweitheilig {Uterus hipartitus)^ da jedes der in seinem ganzen Verlaufe unabhängigen Hörner mit einer gesonderten Oeffnung in die Scheide mündet. Nur berühren sich die beiden Canäle in der Nähe der Scheide auf der Länge von einigen Millimetern. Die Hörner sind 8 bis 9 cm lange Röhren, weit geräumiger als der Eileiter und mit dicken Muskelwänden ver- sehen, die sich während der Schwangerschaft bedeutend ausdehnen und dann den Darm nach oben und hinten verdrängen. Die Eier werden im Uterus befruchtet; die Placenten setzen sich an den Wänden fest. Die Oeffnungen {os tincae) münden in die Scheide auf zwei mit Fransen besetzten Papillen, welche dicht neben einander im Grunde der Scheide vorragen (ovo). Die Scheide selbst ist eine lange und weite Röhre, die zwischen der Blase und dem Mastdarme, mit welchem sie durch Bindegewebe verbunden ist, nach hinten verläuft und zwei Abschnitte unterscheiden lässt, einen vorderen, den eigentlichen Scheidentheil (v), welcher sich bis zur Einmündung der Harnröhre erstreckt und Längsfalten der Schleimhaut im Inneren zeigt, und einen hinteren mit glatter Schleim- haut, der Scheidenvorhof (vv), der sich bis zur Scham erstreckt und dem Urogenitalcanal entspricht. Die Harnröhrenmündung (imi) be- zeichnet also die Grenze der beiden Abschnitte und dort finden sich auch wenig vorspringende Falten der Schleimhaut, welche man als Scheidenklappen bezeichnet und die dem Hymen (liy) entsprechen. Die Vulva (vii) bildet eine weite Spalte unter dem After, die von Pinseln steifer Haare umgeben ist; die Schamlippen haben eine rosen- rothe Farbe und schliessen zahlreiche Talgdrüsen ein. An ihrer ven- tralen Commissur tritt auf einer ventralen Falte die Clitoris (c7) in Gestalt einer ziemlich festen, etwa 2cm langen Zunge hervor, die sich mit zwei, den Schwellkörpern des Penis analogen Wurzeln an den Fig. 371. — Lep. cun. — Geschlechtsorgane eines erwachsenen Weibchens. Man hat auf der Ventralseite der Scheide und des Uterus Lücken geschnitten, um die OeiTnun- gen zu zeigen, ov , Eierstöcke; ^, Trichter des Eileiters; am, Ampulle desselben; is, Isthmus desselben; Im, Ligamentum latum (Mesometrium); o«, Oeffnung in den Uterus; ut. Hörner des Utei-us; itc, Winkel ihres Zusammentreffens; ova, Oeffnungen der Uterushörner in die Scheide; v. Scheide; vv, ihr Vorhof; liy , Scheidenklappe (Hymen); v^l, Vulva; cl, Clitoris; ur, Harnleiter; ■», Harnblase; cv, Blasenhals; m,u, Harngang; cu, Urogenitalcanal; v ci, untere Hohlvene; aa, Bauchaorta; r, Mastdarm. 926 Wirbelthiere. Beckenrand festsetzt. Die Eichel au ihrem Ende misst im Zustande der Erection nur einige Millimeter und zeigt eine stumpfe Endspitze. Die Cowper'schen, die Vorhaut- und Afterdrüsen finden sich wie beim Männchen vor. Von den Milchdrüsen, welche sich während der Schwangerschaft bedeutend entwickeln, haben wir schon (S. 838) gesprochen. Kreislauf. — Das aus zwei Vorkammern und zwei Kammern bestehende Herz liegt in der ventralen Mittellinie des Körpers auf dem Brustbeine in der Höhe der ersten Rippen (Fig. 332, «, o; Fig. 373, av). Es hat die Form eines Kegels, dessen Basis von den Vorkammern her- gestellt wird, während die nach hinten gerichtete und etwas auf die linke Seite geneigte Spitze von den Kammern gebildet wird. Auf der ventralen Seite zeigt sich zwischen den Vorkammern die Kranz- furche (Fig. 373, sc), über welche der Stamm der Lungenarterie verläuft; ausserdem sieht man dort eine seichte, oft kaum bemerkbare Längs für che, welche der Scheidewand der beiden Herzkammern entspricht. Diese Furche verläuft etwas schräg nach rechts, so dass die Spitze des Herzens selbst nur von der linken Kammer gebildet wird. Die Muskelsubstanz des Herzens (Myocardium) wird aussen von einem Umschlage des serösen Herzbeutels (Pericardium) überzogen, während die inneren Höhlen mit einer Bindegewebeschicht (Endo- cardium) ausgekleidet sind. Die Muskelwand der Vorhöfe ist weit dünner als diejenige der Kammern; überhaiipt entspricht die Dicke der Wandung der Kraft, welche die Theile entwickeln müssen, um das Blut weiter zu treiben. Aus diesem Grunde ist auch die Muskelwand der linken Herzkammer weit mächtiger als diejenige der rechten Kammer, wovon man sich leicht auf einem durch die Kammern geführten Quer- schnitt (Fig. 372) überzeugen kann. Die Scheidewand der Kammern (Fig. 372, iv) ist schief von vorn und rechts nach hinten und links gerichtet; sie ist vollständig und zeigt keine Unterbrechung, ebenso wenig als die Scheidewand zwischen den Vorhöfen. Dagegen finden sich zwischen Vorkammern und Kammern weite, mit sehnigen Klappen versehene Oeffnungen. An diese Klappen , welche den Durchtritt des Blutes von den Vorhöfen in die Kammern bei der Systole der ersteren gestatten , aber die Rück- stauung bei der Zusammenziehung der Kammern und der Diastole der Vorhöfe verhindern, setzen sich von den Kammern her Sehnenfäden (et) an, welche von starken Muskelfortsätzen der Kammerwände, den Warzenmuskeln (wp), ausgehen, deren Zusammenziehung die Klappen in die Kammer hineinziehen und so den Weg öffnen. Die rechte Vorkammer (Fig. 372, od) umgiebt den Ursprung der Aorta und zeigt auf ihrer ventralen Seite eine, in unserer Fig. 372 weggeschnittene Ausbuchtung, das rechte Herzohr, in dessen Nähe Säugetliiere. 927 die Hohlvenen (vcs) mit gesonderten Oeffnungen einmünden, welche mit Klappen versehen sind. Die linke Vorkammer (og), in welche die Lungenvenen (vp) einmünden, zeigt ebenfalls eine Ausweitung, das linke Herzohr, welches sich um den Stamm der Lungenarterie herumschlägt. Die rechte Herzkammer (Fig. 372, vcl) liegt der linken Kammer in der Weise an, dass sie dieselbe theilweise umgiebt; auf rie;. 372. od-^ ct^- Tjd — et TTVp^' Lep. Clin. — Das Herz in doppelter Grösse. Seine ventralen Wandungen sind weg- genommen, um die Hohlräume im Inneren zu zeigen, iv, Scheidewand zwischen den beiden Herzkammern; vd, rechte Kammer; vg, linke Kammer; et, Sehnenstränge; mp, Warzenmuskeln; vav, Yalvula bicuspis oder mitralis; vav', Valvula tricuspis; od, rechte Vorkammer; og, linke Vorkammer; ves, obere Hohlvene; i'j:), Lungen- venen; ap, Lungenarterien; ao, Aorta. einem Querschnitte zeigt ihre Höhlung die Gestalt eines Halbmondes, die aber weniger ausgesprochen ist, als bei den Vögeln; wegen der Dünne ihrer Wände scheint ihre Höhlung bei der Leiche weit grösser als diejenige der linken Kammer. Gegen ihr dorsales Ende hin bildet die Kammer eine Art Trichter, den Arterienconus, der sich in die Lungenarterie fortsetzt, an deren Ursprung drei halbmondförmige Klappen angebracht sind. Die Segelklappe an der Oeffnung zwischen 928 Wirbelthiere. rechter Kaminer und Vorkammer besteht aus drei Segellappen {Välvula tHcuspis, vav'). Die linke Herzkammer {vg), deren Höhlung in Folge der Dicke ihrer Wände weit geringer erscheint, lässt an ihrem Vorder- rande den Stamm der Aorta entstehen, an dessen Ursprung ebenfalls drei halbmondförmige Klappen angebracht sind. Die Segelklappe der linken, nahe an der Aortenöffnung liegenden Atrio-ventricular-Oeflfnung (Valvula mitralis, vav) hat dagegen nur zwei Segellappen. Das Herz liegt in dem Herzbeutel, der eine innere seröse und eine äussere fibröse Schicht zeigt. Er liegt dem Brustbeine und dem Zwerchfelle an und setzt sich auf der dorsalen Seite an die grossen Gefässstämme an , mit deren Wänden seine Faserschicht verschmilzt. Er enthält eine geringe Menge einer serösen, wasserhellen Flüssigkeit. Blutgefässe. — Sie begreifen die Arterien, in welchen das Blut in centrifugaler Richtung von dem Herzen aus zu den Organen strömt; die Venen, worin es in entgegengesetzter Richtung nach dem Herzen zurückgeführt wird, und das Zwischenreich der Capillaren, das von den letzten Zweigen der Arterien und den ersten der Venen gebildet wird. Wir verweisen hinsichtlich der Verschiedenheiten in der Structur dieser drei Arten von Gefässen auf die Lehrbücher der menschlichen Anatomie; ihre Structur ist überall dieselbe bei allen Säugethieren, nur ihr Verlauf variirt. Die grossen Gefässstämme können ohne weitere Injection an dem getödteten Thiei'e präparirt werden; um feinere Zweige verfolgen zu können , muss man sie einspritzen , wozu wir eine mit Chromgelb, Carmin oder Berliner Blau gefärbte, warme Gelatinelösung benutzen. Bei langsamem , stetigem Drucke mittelst einer Spritze dringt die Masse an durch Chloroform getödteten und noch warmen Thieren leicht in die feineren Zweige ein. Man spritzt durch die Aorta ein für den Körperkreislauf, durch die Lungenarterien für den kleinen Kreislauf; für die Injicirung des Veuensystems sucht man die Venen so weit als möglich vom Herzen auf. Feinere Injectionen einzelner Organe gewinnt man, wenn man dieselben von ihren besonderen Ge- fässen aus einspritzt. Grosser oder Körperkreislauf. Arterien. — Der gemein- same Stamm aller diesem Abschnitte zugehörenden Arterien , die alle Organe, mit Ausnahme der Lungen, speisen, ist die Aorta (Fig. 373, ao), welche aus der linken Kammer entspringt und an ihrer Wurzel seichte Eindrücke {Sinus Valsalvae) zeigt, die den drei halbmondförmigen Klappen entsprechen, welche wir bei Beschreibung des Herzens er- wähnten. Noch vor ihrem Austritte aus dem Herzbeutel giebt die Aorta zwei Kranzarterien des Herzens ab, welche sich in den Vor- kammern und Kaiumern verzweigen. Die linke Kranzarterie ist weit stärker als die rechte; bisweilen haben beide einen kurzen, gemein- schaftlichen Stamm. Säugethiere, 929 Die Aorta läuft zuerst neben der Lungenarterie nach vorn, wendet sich dann aber nach links und beschreibt den Aortenbogen {ca), dessen Fortsetzung sich au die Wirbelsäule anlegt und die absteigende Aorta {Aorta descendens) bildet, an welcher man den bis zum Zwerch- fell sich erstreckenden Brustabschnitt (adt) und den hinter dem Zwerchfelle gelegenen Bauchabschnitt unterscheiden kann. Der Aortenbogen liegt hinter dem Handgriffe des Brustbeines; auf seiner Convexität, die nach vorn gerichtet ist, entspringen die Arterien des Kopfes und der Vorderglieder, der Kopfarm stamm (Truncus ano- nymiis) und die linke Schlüsselbeinarterie (Suhclavia sinistra). Der anonyme Stamm (Fig. 373, ta) liegt etwa in der Mittellinie; er ist sehr kurz und theilt sich sofort in drei Hauptäste, die rechte Sub- clavia (ascd) und die rechte und linke gemeinsame Carotis (card und carg). Uebrigens variirt der gemeinsame Stamm sehr je nach den Individuen; er ist zuweilen so kurz, dass die Carotiden direct aus dem Bogen zu entspringen scheinen; in anderen Fällen entspringt die rechte Subclavia gesondert aus dem Aortenbogen neben der linken (Krause). Die beiden gemeinsamen Carotiden verzweigen sich jederseits in derselben Weise: der Stamm läuft neben der Luftröhre unter den Mm. sterno-hyoideus und sterno -thyroideus bis zum Winkel des Unter- kiefers und zu dem Hinterrande der Parotis, wo er sich in zwei Haupt- äste , die innere und äussere Carotis , theilt. Vor der Theilung giebt er aber einen nach innen und oben umbiegenden Ast zur Schilddrüse, die Arteria tliyroidea (Fig. 373, at), welche ausserdem noch Zweige an die Luftröhre und den Schlundkopf abgiebt. Die äussere Carotis (Fig. 373, ce) die aus der Gabelung der gemeinsamen Carotis hervorgeht, ist stärker als die innere. Sie ver- sorgt hauptsächlich das Gesicht; giebt zuerst nahe an ihrem Ursprünge eine kleine Ari. taryngea superior (Fig. 354, als) und hierauf von ihrem inneren Rande die Zungenarterie [Art. liiigualis, Fig. 354, a?), die in die Zungenwurzel eindringt und die ganze Zunge bis zu ihrer Spitze mit Zweigen versieht; sodann die Art. maxillaris interna (am), welche, dem unteren Rande des Unterkiefers entlang laufend, die benachbarten Theile, besonders die Kaumuskeln und die Speicheldrüsen versorgt und ausserdem Aeste an die Haut der Wange, der Nase und der Lippen giebt. Von ihrem dorsalen Rande entsendet sie die A)i. occipitalis (Fig. 354, av), die bis zu dem Querfortsatze des Atlas emporsteigt und die Haut des Halses mit Zweigen versieht, dann aber sich in eine Art. temporaJis superficialis und eine ^r^ maxillaris interna gabelt. Erstere biegt um die Blase des Schläfenbeines herum und giebt die vordere und hintere Ohrrauschelarterie (Art. aitri- cidaris anterior und posterior) ab, deren Verlauf und Pulsationen man deutlich sehen kann, wenn man die Ohrmuschel des lebenden Thieres Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. qQ 930 Wirbelthiere. gegen das Licht hält. Sodann steigt der Stamm gegen die obere Fläche des Kopfes hinan, entsendet zuerst einen bedeutenden Ast, die quere Gesichtsarterie, die unter dem Jochbogen verläuft und die Gesichtshaut und. das untere Augenlid versorgt. Die Art. maxillaris Säugethiere. 931 interna läuft auf der Innenseite des M. pterygoideus, giebt Zweige an die Backzähne und gabelt sich in eine Art. infraorhitalis, welche die Intermaxillargegend, die Augendrüsen und die Nickhaut versieht, und in eine Art. pterygo-imJutina , die sich an dem Gaumen und der Nasen- höhle verzweigt. Vor der Gabelung sendet der Stamm noch Zweige an das Trommelfell, die Zähne, die dura niater des Gehirnes und eine Art. opJithahnica inferior, welche an die Thränendrüse , die Augen- muskeln etc. Zweige giebt und mit der aus der inneren Carotis ent- springenden Art. ophthalmica superior communicirt. Die innere Carotis (Fig. 373, ci), welche aus der Gabelung des gemeinsamen Stammes am Unterkieferwinkel hervorgeht, gehört wesent- lich dem Gehirne an. Sie wird durch den M. styloglossus von der äusseren Carotis geschieden , läuft nach vorn und dringt durch den Carotidencanal des Schläfenbeines in die Schädelhöhle ein, Sie ent- sendet sofort die Art. comniunicans posterior, welche nach hinten zum Hirntrichter umbiegt und mit der Art. cerehraJis posterior anastomosirt, die aus dem später zu erwähnenden Truncus cervico-vertehralis stammt. Ferner giebt sie ab: die Art. ophtliahnica superior, welche durch das Foramen opticum in die Augenhöhle dringt, in dem Sehnerven verläuft und die Ciliar -arterien sowie die centrale Arterie der Netzhaut bildet. Hierauf theilt sich die innere Carotis in zwei Aeste, eine Art. cerehralis anterior, welche den Sehnerven kreuzt und die Siebbeingegend sowie die Stirnlappen der Hemisphären versorgt, und eine Art. cerehraJis media, welche in der Mittelgegend der Hemisphären sich verzweigt. Die rechte Subclavia (Fig. 373, ascd), die aus dem Truncus anonymus entspringt, wendet sich direct zu dem entsprechenden Vorder- gliede und verästelt sich in demselben in gleicher "Weise, wie die direct aus dem Aortenbogen entspringende linke Subclavia (ascg) in dem Arme ihrer Seite, so dass die gleiche Beschreibung für beide gilt. Der erste Ast, die Art. cervico-vertehralis, entspringt an dem dorsalen Rande und theilt sich bald in zwei Zweige, von welchen der eine, Ad. verte- Fig. 373. — Lep. tun. — Das Herz und die Haupt-Gefässstämme in halber Grösse. Die rechte Hälfte des Unterkiefers mit der Zunge ist auf die Seite geschlagen , um den Schlundkopf und den Kehldeckel zu zeigen. Die linke Unterkieferhälfte, nii, ist in ihrer Lage belassen, a, linkes Herzohr; v, linke Herzkammer; sc, Kranzfurche; sl, Längsfurche; ac, Kranzarterien; vc, Kranzvenen; ap, Lungenarterie; ao, Ursprung der Aorta; ca, ihr Bogen; ta, Truncus anonymus; ascg, linke Subclavia; ascd, rechte Subclavia; card, rechte gemeinsame Carotis; carg, linke gemeinsame Carotis; af, Arterie der Schilddrüse; cV, innere Carotis; ce. äussere Carotis; adt, absteigende Brust-Aorta; vcd, rechte obere Hohlvene; vcg, linke obere Hohlvene; vsc, Yenae subclaviae; vje, äussere Jugularvene; vf, hintere Gesichtsvene; vf', vordere Gesichts- vene; vme, äussere Maxillar-Yene; vmi, innere Maxillar-Yene ; vji, innere Jugular- vene; vci, untere Hohlvene; C7ip, OefFnung des Nasengaumenganges; sp , quere Gaumenfalten; din, Backzähne; ini, linke Unterkieferhälfte; mi' , zurückgeschlagene rechte Unterkieferhälfte; Ic, Knorpellamelle der Zunge; pf, blattartige Geschmacks- wärzchen; phi Schlundkopf; ep, Epiglottis; p, Lungen. 59* - 932 Wirbelthiere. hniUs, in das Nervenloch des sechsten Halswirbels eindringt, nach vorn verlaufend an das Rückenmark gebende Art. spwaJes abgiebt, an dem Atlas die dura water durchsetzt, auf der Unterfläche des verlängerten Markes umbiegt und dort sich mit der gleichnamigen Arterie der anderen Seite zur Bildung der unpaaren Art. hasüaris vereinigt, welche sich in allen hinteren Abschnitten des Gehirnes, namentlich auf der Varolsbrücke und dem Kleinhirn verzweigt. Der andere Ast, Art. cervicalis superficialis, dringt nicht ein, sondern verzweigt sich in den Halsmuskeln. In der Nähe der Art. cerrico -vertehralis entspringen aus der Sub- clavia noch einige Zweige für den Hals und die benachbarten Thorax- gegenden, die wir hier nur" erwähnen, da ihre Namen hinlänglich ihre Verzweigungsbezirke, ja sogar den Weg andeuten, welchen sie zu den- selben einschlagen: Art. maxiUaris, intercostaUs superficialis, cervicalis superficialis, transversa colli etc. Die Zweige dieser einzelnen Aeste anastomosiren vielfach mit einander. Nach Abgabe dieser Aeste geht die Subclavia weiter zum Arme und tritt in die Achselhöhle ein , wo sie den Namen Art. axillaris annimmt. Dort giebt sie Aeste {Art. thoracica., suh-scapularia, circum- flexa etc.) an die Brustmuskeln, die Muskeln des Schulterblattes und des Oberarmes. Als Art. Immeralis oder hracMalis läuft sie dem Arme entlang, die Muskeln speisend und collaterale Aeste abgebend bis zum Ellbogen, wo sie sich in zwei Aeste gabelt, die Art. radialis am Radius, die Art. ulnaris oder cubitdlis an der Ulna. Erstere versorgt die an der Innenseite des Vorderarmes gelegenen Muskeln; einer ihrer Haupt- äste ist die Art. recurrens radialis, welche sich auf die Aussenseite des Ellbogengelenkes herumschlägt. Am Handgelenke geht sie auf die dor- sale Fläche der Hand über, schickt in die Tiele Zweige zum Daumen und Zeigefinger und liefert einen Theil der Palmar- Arterien {Art. princeps und volaris). Die Art. cubitalis speist zuerst die äusseren Muskeln des Vorderarmes, {Ati. ciibitcüis recurrens, interossea, anti- hrachicdis), giebt dann in der Handfläche Zweige an die äusseren Finger und biegt endlich gegen die Radial-Arterie ein, um mit dieser im Arcus volaris zusammenzufliessen , von welchem auch die Zweige ausgehen, welche die Dorsalfläche der Finger speisen. Die Aorta descendens (Fig. 373, adt) bildet den grossen Stamm, welcher die Aeste für den Thorax, den Bauch und die hinteren Ex- tremitäten liefert. Ihr Brusttheil erstreckt sich vom Aortenbogen bis zum Schlitze {hiatus aorticus) des Zwerchfelles, hinter welchem sie als Aorta ahdominalis bezeichnet wird. Sie liegt anfänglich auf der dor- salen Fläche des Herzbeutels, kreuzt den Schlund linkerseits, läuft auf der dorsalen Fläche desselben weiter nach hinten , parallel mit dem Lymphstamme, von welchem später die Rede sein wird, und zwar auf der linken Seite desselben. Säugethiere. 933 Die Aorta ahdomin alis (Fig. 370, «a) läuft zwischen den Psoas- muskeln in der von diesen gebildeten Rinne auf der haemalen Fläche der Lendenwirbel bis zu dem Kreuzbein und wird auf diesem Wege rechterseits von der unteren Hoblvene (vci) begleitet. Sie liefert Arterien (Art. ^parietales, viscerales^ terminales) an die Bauchwände, dann an die Eingeweide und die Hinterglieder in folgender Ordnung: Die Eingeweidearterie {Art. coeJiaca) entspringt unmittelbar hinter dem Zwerchfellschlitze von der ventralen Seite. Dieser unpaare Stamm theilt sich in drei Aeste für die Leber, den Magen und die Milz. Die Art. liepatica, läuft rechterseits von der Cardia zur Leber, an deren Lappen, sowie an die Gallenblase {Art. cystica) sie Zweige giebt. Bevor sie aber die Leber erreicht, giebt sie rechterseits die Art. coro- naria stomachi dextra an die Cardia und die kleine Curvatur des Magens und eine Art. gastro-duodenaUs, die an den Anfang des Duodenums Zweige sendet und sich -in zwei Aeste theilt: Ati. gastro-epiijJoica für die grosse Magen-Curvatur und Art. pancreatico-duodenalis siiperior für das Pancreas und den benachbarten Abschnitt des Duodenums. Die der rechten weit überlegene Art. coronaria stomachi sinistra, die aus der jiri. liepatica entspringt, verzweigt sich an der kleinen Curvatur, an der Cardia und dem unteren Abschnitte des Schlundes, sie anastomosirt mit der gleichnamigen rechten Arterie. Nach Abgabe der Art. gastro-eptiptoica sinistra an die grosse Magenr Curvatur verästelt sich die Art. splenica in der Milz und dem Gekröse der Umgebung. In geringer Entfernung hinter der Art. coeliaca entspringt die Art. mesenterica anterior. Sie giebt zahlreiche Aeste an den Dünndarm und den Dickdarm, deren Verzweigungen in dem Gekröse dieser Darmabschnitte man leicht verfolgen kann. Kurz nach ihrem Ur- sprünge entsendet sie eiue Art. p)ancreatico-diiodencdis inferior, welche mit der gleichnamigen oberen, aus der Art. gastro-duodenalis entspringenden Arterie anastomosirt und denselben Verbreitungsbezirk versorgt. Die Nierenarterien (Fig. 370, ar) gehen in fast rechtem Winkel seitlich von der Aorta ab, die rechte etwa in ein Centimeter Entfernung von der linken. Jede Nierenarterie läuft direct zum Hilus, um sich in der Nierensubstanz zu verzweigen; bevor sie aber denselben erreicht, giebt sie einen Ast an die Bauchwand, welcher einen Zweig zu den Nebennieren entsendet. Die sechs Paare von Lendenarterien verhalten sich ebenso wie die Intercostal- Arterien der Aorta tJioracica; sie verlaufen als kleine Gefässe zwischen den Lendenwirbeln und verästeln sich in den benach- barten Muskeln. Die Art. sper maticae entstehen wie die Nierenarterien, hinter einander, laufen nach hinten, kreuzen den Harnleiter, treten durch den Leistenring und verzweigen sich in den Hoden und Neben- 934 Wirbelthiere, hoden. Beim Weibchen durchlaufen sie das Mesometrium und speisen die Eierstöcke und die Eileiter. Nicht weit hinter dieser Arterie entspringt die unpaare Art. me- senterica posterior, die sich in der Höhe des sechsten Lenden- wirbels in zwei Aeste theilt: Art. coli sinistra (die gleichnamige rechte entspringt aus der Art. mesenterica anterior), welche sich an den Dick- darm verzweigt, und die Art. haenwrrhoidcdis interna, welche den End- abschnitt des Dickdarmes und den Anfang des Mastdarmes versorgt. Die Art. sacralis media, die man als die vei-küramerte Schwanz- fortsetzung der Aorta betrachten kann, entspringt nahe an der Gabelung derselben , giebt Aeste zum letzten Lendenwirbel und setzt sich als unpaares Gefäss auf der Ventralfläche der Schwanzwirbel fort. Der durch die Abgabe der oben erwähnten grossen Gefässe sehr verringerte Stamm der Aorta gabelt sich am Kreuzbeine in zwei Haupt- stämme, Art. iliacae communes, zwei sehr kurze Stämme, deren jeder, nach Abgabe einer Art. ileo-lumharis zu den Beckenmuskeln, einer Art. vesicalis superior zur Blase und dem Samengange und, beim Weibchen, einer Art. interna zum Uterus und zur Harnblase, sich wieder in zwei Stämme gabelt, Art. iliaca interna oder hypogastrica und Art. iliaca externa. Die Art. iliaca interna verästelt sich an dem Becken und den darin eingeschlossenen Organen. Ihre Hauptäste sind: Art. haemor- rhoidalis media zum Rectum , der Prostata beim Männchen und der Scheide beim Weibchen; Art. ohturatoria zu den Muskeln in der Um- gebung des Foranien oUuratorium: Art. ischiatica zu den Steissrauskeln; Art. sacralis lateralis an der Seite des Schwanzes und Art. pudenda interna, zu den Begattungsorganen, Penis, Clitoris etc. Die Art. iliaca externa oder Art. femoralis läuft nach Aussen und Hinten von der Innenfläche des Psoas, tritt aus dem Becken an den Oberschenkel (Art. cruralis), giebt aber vorher eine Art. epigastrica inferior an die Bauchmuskeln, und aus dieser eine Art. spermatica externa, die beim Männchen an der Scheidenhaut des Hodens und dem Hodensacke, beim Weibchen an den Schamlippen sich verzweigt. Die Fortsetzung der Art. iliaca externa, die J.r^. cruralis, bildet den Hauptstamm für die hintere Extremität; sie läuft anfangs in der Furche zwischen den Adductoren und dem M. vastus internus, durch- setzt den grossen Adductor und erreicht die Kniekehle , wo sie den Namen Art. poplitea erhält. Auf dem Wege dorthin giebt sie an die benachbarten Schenkelmuskeln Zweige ab: Art. femoralis profunda, Art. circumflexa femoris und Art. saphena. Letztere setzt sich bis in den Fuss fort, wo sie auf die Rückenfläche einen Ast sendet, der sich dort verästelt. Nach Abgabe einiger Zweige zum Kniegelenke (Art. articiüares) theilt sich die Art. poplitea in einen Ast längs des Schienbeines , Art. Säugethiere. 935 tibiäfis anterior und einen weit kleineren für das Wadenbein. Art.' peronea , beide verästeln sich an allen Theilen des Fusses , Tarsus, Metatarsus und Zehen. Venen. Im xlllgemeinen verlaufen die Venen neben den Arterien und tragen dieselben Namen, so dass wir ihre Anordnung nicht weiter zu beschreiben brauchen. Alle Venen vereinigen sich zwar in den oberen und unteren Hohlvenen, die in die rechte Vorkammer einmünden, aber bei dem Kaninchen findet sich, den meisten Säugethieren und dem Menschen gegenüber, die Eigeuthümlichkeit, dass die beiden Kopf- Arm -Venen sich nicht zu einer gemeinsamen oberen Hohlvene ver- einigen, sondern gesondert in die rechte Vorkammer einmünden, so dass das Blut aus der vorderen Körperhälfte durch zwei Hohlvenen, eine rechte und eine linke, in das Herz zurückkehrt, während es aus dem Stamme und der hinteren Körperhälfte sich in die einzige untere Hohlvene sammelt. Es giebt also drei grosse Sammelstämme des venösen Blutes. Die rechte obere Hohlvene (Fig. 37.3, vcd) bildet sich aus dem Zusammenflusse der äusseren und inneren rechten Jugularvene {vji, vje) und der rechten Schlüsselbein vene, so wie sich die linke obere Hohlvene aus denselben Zuflüssen der linken Seite bildet; aber die rechte Vene erhält noch besondere, ihr allein zukommende Zuflüsse, worunter namentlich die Vena azygos , welche noch innerhalb der Brusthöhle, in der Nähe des Herzens, einmündet und sich aus Zweigen zusammensetzt, welche von den Lenden, den hinteren Rippen und Rückenwirbeln herstammen. — Anderseits erhält die linke obere Ho hl vene, die etwas hinter der vorigen in die Vorkammer einmündet, als Zuflüsse in der unmittelbaren Nähe des Herzens die Kranzvene (Fig. .373. vc) desselben und einige Venen aus dem Thorax, wie die obere Zwerchfellvene und einige kleine Wirbelvenen von der linken Seite. Indessen bleiben, wie schon gesagt, die Jugular- und Achsel-Venen die wesentlichsten Zuflüsse der oberen Hohlvenen. Die äussere Jugularvene (Fig. 354 und Fig. 373, vje) fällt ihrer Dicke und ihres oberflächlichen Verlaufes wegen sofort auf, wenn man die Haut vom Halse abzieht. Sie bildet sich etwas hinter dem Kehlkopfe durch den Zusamraenfluss der vorderen und hinteren Ge- sichtsvenen (Fig. 354 und Fig. 373, vf, vf') und läuft zwischen der Luftröhre und dem M. sierno -mastoideus am Halse herab. Vor der Spitze des Brustbeines sind die äusseren Jugularvenen der beiden Seiten durch eine quere Jugularvene mit einander verbunden. (Fig. 354, vjt.) Die vordere Gesichtsvene (Fig. 373, ff'), der grösste Zustrom der äusseren Jugularis , setzt sich zusammen aus der äusseren (v ni e) und inneren (vmi) Maxillarvene. Erstere sammelt das Blut aus dem Gesichte (Lippen, Wangen etc.), letztere aus den inneren Theilen unter der Zunge, dem Kinne u. s. w. 936 Wirbelthiere. Die hintere Gesichtsvene {vf) geht hinter dem Unterkiefer- winkel durch und sammelt namentlich aus den leicht sichtbaren Venen der Ohrmuschel das Blut auf, sowie von den Schläfen und einer un- paaren Wirbelvene. Die innere Jugularis (Fig. 354 und Fig. 373, vji) wird durch zahlreiche Zuflüsse von den venösen Bluträumen des Gehirnes gespeist; sie ist weit enger und weniger auffällig als die äussere, da sie an dem Halse hinter der Carotis verläuft. Sie fliesst erst bei der Achselvene mit der äusseren Jugularis zusammen. Die Achselvene geht aus der Vereinigung sämmtlicher ober- flächlicher und tiefer Venen der vorderen Extremität hervor; sie läuft neben der Armarterie und setzt sich in der Vena subclavia (Fig. 354 und Fig. 373, vsc) fort, welche ausser dem Blute des Armes und der Schulter auch noch andere oberflächliche Zuflüsse erhält, wie z. B. die V. mammaria externa. Der grösste Venenstamm des Körpers wird von der unteren Hohlvene (Fig. 373, vci) hergestellt, die auf dem Kreuzbeine aus der Vereinigung der beiden F. iliacae entsteht. Sie läuft auf der dor- salen Seite der Bauchhöhle an der rechten Seite der Bauchaorta, durchsetzt das Zwerchfell durch eine besondere Spalte (foramen venae cavae), läuft in der Brust rechterseits neben dem Schlünde und ergiesst sich in die Rückenwand der rechten Vorkammer. Sie nimmt die Zu- flüsse aus der hinteren Körperhälfte und den Eingeweiden auf. Wir erwähnen nur die wesentlichsten Stämme in ihrer Reihenfolge von hinten nach vorn. Die F. iliaca communis^ die nur sehr kurz ist und aus der F. iliaca externa und interna sich zusammensetzt, vereinigt sich zur Bildung der Hohlvene mit dem Stamme der anderen Seite vor dem Promontorium (s. S. 843), in dem durch das Zusammentreffen des Kreuzbeines mit dem letzten Lendenwirbel gebildeten stumpfen Winkel. Die F. iliaca interna nimmt auf: die vom. Rectum und den be- nachbarten Theilen kommende F. haemorrhoidalis, die F. ischiatica vom Becken und die F. pudenda von den Geschlechtsorganen. In die F. iliaca externa münden: die F. ilio-lunibalis von den Lenden , die F. vesicalis von der Harnblase und den benachbarten Theilen, Mastdarm, Geschlechtscanälen. Aber ihr Hauptzufluss wird von der F. cruralis gebildet, deren, Zuflüsse das Blut aus der hinteren Extremität zurückführen und die auf ihrem Laufe die oben beschrie- benen Arterien begleiten, deren Namen sie auch führen. Nachdem durch diese Zuflüsse die Hohlvene gebildet ist, empfängt dieselbe unmittelbar auf ihrem Laufe nach vorn die Venen, welche aus den Eingeweiden und den Bauchwänden kommen und den gleich- namigen Arterien entsprechen: F. spefmaticae, renales, suprarenales, Säugethiere. 937 phrenicae posteriores von der hinteren Fläche des Zwerchfelles und fünf V. hepaticae aus den verschiedenen Leberlappen. Letztere führen der Hohlvene das Blut zu, welches vorher in dem Pfortadersysteme circulirt hat. Die Pfortader sammelt in der That das Blut nur aus dem Darme und dem Gekröse durch die F. mesenterica superior und inferior^ die F. coronaria stowachi, V. pyloricci; ihr Stamm verläuft in dem Uga- mentum Jiepatico- duodenale (Fig. 367, thd), geht hinter dem Gallen- gange durch und theilt sich dann in zwei Hauptäste, einen für die rechten, einen für die linken Leberlappen. Diese verästeln sich in der Lebersubstanz, wie Arterien, zu einem dichten Capillarnetze, das die ganze Leber durchzieht und aus welchem sich nach und nach die erwähnten Lebervenen zusammensetzen, welche sich in die Hohlvene ergiessen. Kleiner oder Lungenkreislauf. Die ihn bildenden Gefässe leiten das Blut aus der rechten Herzkammer in die Ljingen und führen es in die linke Vorkammer zurück. Die Lungenarterie (Fig. 372, Fig. 373, ap) entspringt am oberen Rande der rechten Herzkammer, krümmt sieb sofort zwischen dem Bogen der Aorta und der linken Vorkammer ebenfalls in einem Bogen nach links und hinten und theilt sich an dem Theilungswiukel der Luftröhre in einen rechten und linken Hauptast für je eine Lunge, Die Aeste und Zweige dieser Lungenarterien folgen den Verästelungen der Bronchen bis zu den Lungenbläschen, in deren Wänden sie ein äusserst reiches Capillarnetz bilden. Aus diesem Netze sammeln sich die Gefässe zu grösseren Stämmen, welche schliesslich in den Lungen- venen zusammenkommen. Deren giebt es zwei für jede Lunge, die getrennt für sich auf der rechten und linken Seite der Hohlvene zum Herzen laufen und sehr nahe bei einander in die linke Vorkammer münden. Zuweilen verschmelzen sie mit einander auf ihrem Verlaufe innerhalb des Herzbeutels. Lymphgefässsystem. Die Gefässe dieses Systemes, welche das in allen Lücken der Gewebe sämmtlicher Organe und den Capillar- gefässen ausschwitzende Plasma des Blutes aufnehmen, also überall entstehen, vereinigen sich in Aeste, welche im Allgemeinen den Venen folgen und schliesslich in den grossen Sammelcanal, Cancüis tlioracicus, münden. Auf ihrem Wege finden sie aber mehr oder minder ansehn- liche Zellenhaufen, die sogenannten Lymphdrüsen, in welchen die Lymphköi'perchen gebildet werden. Die peripherischen Lymphgefässe lassen sich nur schwer darstellen. Ueberall in ihrem Verlaufe finden sich Klappen, welche einer Injection von den Stämmen aus gegen die Peripherie hindernd in den Weg treten; ihre ausnehmende Dünne gestattet keine Präparation an dem fi'ischen Thiere, so dass wir uns auf die Erwähnung der Hauptsammei- 938 Wirbelthiere. gänge beschränken , die man durch ihre helle Farbe und die Zartheit ihrer Wände von anderen Gefässen unterscheiden kann. Die Jugular- stämme, die neben den gleichnamigen Venen verlaufen, bringen die Lymphe vom Kopfe und Halse, der grosse Brustgang sammelt die Lymphe von den hinteren Körpertheilen , den Elingeweiden und dem Chylus vom Darmsysteme. Der unpaare Brustgang bildet sich in der Lendengegend der Bauchhöhle aus den seitlichen und hinteren Zuflüssen und beginnt mit einer Erweiterung, Oisterna chyJi; er verläuft zur rechten Seite der Aorta und über derselben nach vorn , durchsetzt mit ihr das Zwerch- fell und ' mündet in die linke Schlüsselbeinvene , F. subclavia sinistra, wo sein Inhalt, Lymphe und Chylus, sich mit dem Blute mischt. Sein Durchmesser wechselt sehr bei den einzelnen Individuen , ist aber geringer, als derjenige der Aorta. Die Chylusgefässe des Gekröses, die sich in ihn ergiessen , lassen sich durch ihre milchweisse Farbe un- mittelbar nach Beendigung der Verdauung im Darme leicht erkennen. Die Lymphdrüsen sind meist kleine Knötchen von rosenrother Farbe, oft sehr inconstant. Die wesentlichsten sind: die Halsknoten, die oberflächlichen liegen unter der Haut an der äusseren Jugularvene, in der Gegend des ersten Lufti'öhrenringes , die tieferen unter dem M. sterno-mastoideus auf der Aussenseite des N. vagus und der Caro- tiden; die Kieferdrüsen au dem Winkel des Unterkiefers, nahe an dem Ansätze des Kaumuskels; die Achseldrüsen in der Achselhöhle unter der Vene; die Bronchialdrüsen an dem Thejlungswinkel der Luftröhre; die meist grossen oberen Mesenterialdrüsen {Pan- creas Äselli) an der Wurzel des Gekröses; die unteren Mesenterial- drüsen an den unteren Gekrösarterien im Niveau des absteigenden Dickdarmes; die oberen und unteren Leistendrüsen, erstere in der Leistenfalte, letztere am Anfange des Schenkels u. s. w. Wir erinnern zum Schlüsse, dass die Milz (Fig. 332, x), die man meist bei Gelegenheit des Verdauungscan als zu behandeln pflegt, mit diesem ursprünglich keine Beziehungen hat, wohl aber sehr innige mit dem Blutgefäss - und Lymphsysteme. Die Milz ist ein Organ von dunkelrother oder brauner Farbe , in Gestalt eines platten , länglichen Kuchens, das an dem hinteren Rande der grossen Curvatur des Magens liegt und in dieser Lage durch eine Mesenterial falte, das Ligamentum gastro-splenicum^ erhalten wird. Sie enthält eine Menge von Lymph- follikeln {Corpuscula Malpighii) und spielt eine bedeutende Rolle in der Bildung und Zerstörung der Blutkörperchen. Die Schilddrüse , die Thj^mus und die Nebennieren , welche wir schon abgehandelt haben, gehören ebenfalls in die Categorie der Gefässdrüsen. Säugetliiere. 939 Wir sagten schon im Anfange dieses Capitels, dass die Säugethiere zwar eine bestimmte Anzahl von Charakteren besitzen, welche sie unter allen Um- ständen als Säugethiere kennzeichnen , dass sie aber zugleich sich an zahl- reiche und verschiedene Existenzbedingungen angepasst haben, wodurch ihre vergleichende Anatomie äusserst verwickelt wird. Das Tegument zeigt stets dieselbe fundamentale Organisation aus zwei Schichten : die Oberhaut mit der äusseren Hornschicht und der inneren Zellenschicht des Malpighi'schen Netzes; sodann die aus Bindegewebe ge- filzte Leder haut, die von Nerven, Blut- und Lymphgefässen durchzogen wird, meist glatte, seltener gestreifte Muskelbündel und häufig in den unteren Schichten bedeutende Ansammlungen von Fett aufweist. Die mehr oder minder dicke Epidermis lässt die vielfachsten Bildungen entstehen: die Nägel (welche nur den Cetaceen und den langen Flügelfingern der Fledermäuse abgehen), aus welchen die, zuweilen zurückziehbaren (Katzen) Krallen und die Hufe hervorgehen , die Hornscheiden der Wiederkäuer , die Hörner der Nashörner, die Gesässschwielen vieler Affen, die Hornschuppen, welche bald nur klein sind, wie an den Schwänzen mancher Nager (Mus, Castor) , bald sehr gross werden , sich ziegelartig übereinander lagern und den Rücken und die Seiten bedecken (Schuppenthiere). Die Malpighi'sche Schicht enthält häufig Pigmente, welche zur Färbung der Haut beitragen. Die Lederhaut treibt gegen die Epidermis hin warzenförmige Erhöhungen, Papillen, welche bald nur Capillarnetze enthalten (Gefässpapillen), häufig aber Nerven und Tastkörperchen zeigen (Tastpapillen). Diese Papillen fehlen oder sind nur wenig in den mit Haaren bedeckten Hautstellen entwickelt; bei den nackten Säugethieren (Walthiere) dagegen Averden sie enorm gross. Der Lederhaut gehören die Knochenstücke an, welche den Panzer der Gürtel- thiere bilden und theilweise auch die Geweihe vieler Wiederkäuer (Hirsche). Die Hautdrüsen gehören zwar alle ursprünglich der Epidermis an, dringen aber meist mehr oder minder tief in die Lederhaut und über diese hinaus ein. Ausser den röhrenförmigen Schweissdrüsen, die nur selten (Mäuse, Maulwurf, Wassersäugethiere) fehlen, und den lappigen Talgdrüsen können wir den Hautdrüsen zuzählen: die Afterdrüsen, welche besonders bei Fleischfressern, Nagern, Edentateu ausgebildet sind; die Präputialdrüsen der Biber und Ratten, welchen auch der ungeheure Drüseusack des Moschus- thieres angehört ; die Hinter hauptsdrüsen der Kameele, die Wangen- dr üsen der Cerviden, die Schläfendrüsen der Elephanten, die Schenkel- drüsen der männlichen Monotremen , die Kreuzbeindrüse der Pecaris, die Meibom'scben Drüsen der Augenlider, die Schmalzdrüsen des äusseren Gehörganges und die von Weber (s. Lit.) bei dem Känguruh und der Zwerg-Antilope beschriebenen Drüsen, die ein gefärbtes Secret liefern. Die Milchdrüsen gehören ebenfalls den Hautdrüsen an. Bei den Monotremen, wo sie eine äusserst einfache Structur zeigen, bilden sie sich nach Gegenbaur (s. Lit.) aus Schweissdrüsen hervor, während sie bei den übrigen Säugethieren weiter entwickelte Talgdrüsen sind. Zitzen fehlen bei den Monotremen vollständig. Die von den Drüsen abgesonderte Flüssigkeit ist noch keine wahre Milch ; sie ergiesst sich über die den Drüsenöffnungen benachbarten Haare, bald auf der Oberfläche der Haut selbst (Schnabelthier), bald im Grunde einer Tasche (Echidna) und Avird von dem Jungen aufgeleckt, aber nicht gesaugt. — Bei allen übrigen Säugethieren finden sich Zitzen, die bald in Gestalt von Warzen das ganze Feld besetzen, auf welchem die Drüsen- gänge ausmünden (Beutelthiere , Primaten), oder auch von einer Hautfalte, welche das Drüsenfeld umgiebt, eingeschlossen werden, so dass sich die Oeflf- nungen auf dem Grunde einer Art von Trichter öffnen (Carnivora, Einhufer). 940 Wirbeltbiere. Die Zahl der Zitzen entspricht meist der Zahl der Jungen , welche geworfen werden. Ihre Lagerung vai'iirt sehr; auf dem ganzen Bauche der Kaub- thiere, der Schweine etc. findet man zwei Längsreihen von Zitzen nahe der Mittellinie; bei den Hufthieren und d en Walthieren liegen sie in den Weichen; an der Brust bei den Sirenen, Fledermäusen und Primaten. Bei den Halbaffen und den Fledermäusen finden sich ausser den gut entwickelten Brustzitzen, welche allein functioniren , häufig noch rudimentäre Zitzen am Bauche oder den Weichen. Die Haare sind durchaus charakteristisch für die ganze Classe. Zu- weilen ist die Behaarung beim Embryo dichter als beim Erwachsenen und in Form eines feinen Wollhaares (lanugo) ausgebildet; meist sind die Haare beim Erwachsenen über den ganzen Körper in regelmässiger Anordnung aus- gebreitet und nur selten auf einige Stellen beschränkt (Lippen der Walthiere, Rücken der Rüsselthiere). Der Durchmesser der Haare, ihre Dicke, wechselt mannigfaltig und sie tragen danach verschiedene Bezeichnungen: Flaum, Haare, Stichelhaare, Borsten, Stacheln, die sich alle auf demselben Individuum vorfinden können. Die Stacheln des Stachelschweines und des Stacheligels mögen die dicksten sein. Auch ihre Gestalt wechselt in weiten Grenzen ; meist sind sie glatt mit rundem oder etwas ovalem Durchschnitt, oder plattgedrückt und gekräuselt (Wollhaare); zuweilen knotig (Marder) oder geriefelt (Fleder- mäuse) u. s. w. Tasthaare, wie wir sie beim Kaninchen beschrieben haben, kommen sehr häufig, besonders an den Lippen vor und bilden einen Schnurr- bart. Ein periodischer Haarwechsel (Mauserung) kommt bei den Säugethieren kälterer Länder vor und ist, namentlich in den Polargegenden, mit einem Wechsel der Färbung verknüpft. Die Phylogenie der Haare ist neuerdings mehrfach behandelt worden. Maurer leitet sie von den Hautsinnesorganen der Wasserthiere ah. Ihre Beziehungen zu den Schuppen, Zähnen etc. sind jetzt allgemein anerkannt. Bevor wir die Haut verlassen, müssen wir noch die mächtigen Fett- ablagerungen erwähnen , welche sich in dem Unterhautzellgewebe entwickeln und theils localisirt sein können (Buckel der Kameele und Buckelochsen), theils auch, wie bei Wasserthieren, eine continuirliche Speckschicht bilden, welche den ganzen Körper einhüllt. Das Skelett ist niemals pneumatisch — an Stelle der Luftcanäle der Vögel treten, mit einem eigen thümlichen Fette, dem Knochenmarke, er- füllte Räume. Die Wirbelsäule der Säugethiere zeichnet sich durch die scharfe Trennung der verschiedenen Regionen, Hals-, Brust-, Lenden-, Kreuzbein- und Schwanzgegend aus. Nur bei den Walthieren, die keine- Hinterglieder be- sitzen , bildet sich kein Kreuzbein aus. Die Wirbelkörper tragen keine Ge- lenkflächen; sie sind durch faserknorplige Zwischenscheiben mit einander verbunden; die Gelenke werden auf den Wirbelbogen und besonderen Fort- sätzen derselben entwickelt. Im Gegensatze zu den Vögeln ist die Zahl der Halswirbel normirt, während diejenige der S cli wanzwirbel in sehr weiten Grenzen variirt. Mit Ausnahme des Manati, der nur sechs Hals- wirbel besitzt, und einiger Faulthiere, die acht oder selbst neun zeigen, haben alle anderen Säugethiere sieben Halswirbel, mag nun der Hals so lang wie der der Giraffe, oder so kurz wie der des Walfisches sein. Die Halswirbel, welche sich durch die sehr geringe Ausbildung ihrer Dornfortsätze und Rippen-Rudimeute im Allgemeinen auszeichnen, sind meist sehr beweglich gegen einander, jedoch bei den Walen und einigen Zahnarmen (Chlamydophorus) im Gegentheil mit einander verwachsen. Wie bei dem Kaninchen, dreht sich der erste, der Atlas, um den Dornfortsatz des zweiten, des Epistropheus , bei den seitlichen Bewegungen des Kopfes , während die Sängethiere. 941 verticalen Bewegungen, Nicken und Aufrichten, zwischen dem Atlas und den seitlichen Gelenkhöckern des Hinterhauptes stattfinden. Die Dorufortsätze der Rückenwirbel stehen im Verhältuiss zum Gewichte des Kopfes und der Länge des Halses. Bei den Pferden, Kameelen, Giraften, Hirschen u. s. w. sind sie deshalb ungemein mächtig. Alle Rücken- wirbel tragen Rippen, die mit ihrem ventralen Ende sich entweder mit dem Brustbeine verbinden (wahre Rippen), oder auch frei bleiben (falsche Rippen). Meist finden sich zwölf oder dreizehn Rückenwirbel; einige Fledermäuse und Gürtelthiere haben weniger, während bei anderen die Zahl auf 18 (Equus), 19 bis 20 (Nashorn, Elephant) oder gar auf 23 bis 24 (Bi'adypusj steigen kann. Die Lendenwirbel, welche entweder gar keine oder nur rudimentäre Rippen entwickeln , die schon in der Embryonalzeit sich an die ventrale Fläche der Querfortsätze anlegen und mit diesen verschmelzen (Rosenbergj, zeigen meist die Zahlen sechs bis sieben; bei Ornitliorhynchus und Myrmeco- phagus finden sich mir zwei , bei Stenops dagegen sogar neun und mehr. Die schwankenden Zahlen beruhen besonders auf dem Antheile, welchen die hinteren Lendenwirbel an der Bildung des Kreuzbeines nehmen, während an den vorderen sich dagegen Rippen entwickeln, die sie als Rückenwirbel be- trachten lassen. Die Fauhhiere und Gürtelthiere besitzen die grösste Zahl von Kreuz- beinwirbeln, acht oder neun. Die Zusammensetzung des Kreuzbeines variirt indessen sehi*. Ursprünglich besteht es nur aus zwei Wirbeln, ver- längert sich aber durch die Heranziehung einer mehr oder minder grossen Zahl von Schwauzwirbeln, die in den weitesten Grenzen variiren. Die geringste Zahl von Schwanzwirbeln findet sich bei den anthropoiden Affen, wie beim Menschen; die grösste (30 und mehrj bei einigen amerikanischen Affen. Stets zeichnen sich die Schwanzwirbel durch die geringe Ausbildiing ihrer Fortsätze aus, die schliesslicii ganz verschwinden, so dass am Ende des Schwanzes nur noch cylindrische Wirbelkörper vorhanden sind. Das Skelett des Koi^fes zeichnet sich vor dem der Yögel und der meisten Reptilien durch drei voi ragende Charaktere aus; die Nackenbeuge zwischen der Wirbelsäule und dem Kopfe ist weit ausgebildeter; der Schädel ist voluminöser durch die bedeutendere Entwickelung der Schädelwölbung und drittens ist der Hirnschädel weit inniger mit dem Gesichtsschädel ver- bunden. Namentlich dieses letztere Verhältniss ist sehr bemerkenswerth : der Mandibularbogen dient nicht mehr als Suspensorium des Unterkiefers, sondern wird in seiner oberen Hälfte zur Bildung des Hammers und des Amboss in dem mittleren Ohre verwendet, während die obere Hälfte des zweiten Vis- ceralbogens , des Hyoidbogen . sich spaltet, um einerseits das dritte Gehör- knöchelchen, den Steigbügel, und anderseits den Griffelfortsatz des mit dem Schläfenbeine verschmolzenen Zitzenbeines zu bilden. Ferner sind die Schädelknochen meist weit fester mit einander ver- bunden , als bei den übrigen Wirbelthieren. Die Nähte , in welchen sie zusammenstossen , bleiben zwar meist zeitlebens sichtbar, können aber doch, wie bei den Monotremen, und alten Individuen vieler Arten, so mit einander verschmelzen, dass die ganze Schädelkapsel nur aus einem einzigen Stücke zu bestehen scheint. Die vier Stücke des Hinterhauptsbeines verschmelzen immer. Jedes der seitlichen Hinterhauptsbeine trägt einen Gelenkhöcker für den Atlas und häufig (Artiodactyleu, Solipeden) noch einen absteigenden Fortsatz, apophysis paramastoidea. Die bei dem Embryo getrennten Knochenkerne des Prae - , Epi - und Opisthoticum verschmelzen stets zu einem Knochen, dem Felsenbeine, auf welches sich eine Deckplatte, das Schuppeubeiu, auflegt und meist mit dem 942 Wirbelthiere. Felsenbeine zu einem Knochen, dem Schläfenbeine, verschmilzt, dessen Schuppe die Deckplatte bildet und einen Portsatz nach vorn entsendet, welcher sich mit dem Os jugale zur Bildung des Jochbogens vereinigt. Schon bei den Cetaceen und Wiederkäuern nimmt die Schuppe des Schläfenbeines einigen Antheil an der Bildung der inneren Schädelwand^ der bei den höheren Typen grösser wird und bei den Primaten sein Maximum erreicht. Mit dem Schläfenbein tritt ausserdem noch der Trommelfellring in Verbindung, der bei den höheren Säugethieren sich röhrenförmig auszieht und den äusseren Glehörgang darstellt. Das Keilbein zeigt im Ganzen wenig Modificationen; es besteht meist, wie beim Kaninchen , aus seinen zwei Abschnitten mit ihren seitlichen Flügeln (alisphenoidalia). Aehnlich verhalten sich die Deckknochen des Hirn- schädels, die Scheitel- und Stirnbeine, deren Dimensionen der Grösse des Gehirnes angepasst sind. Bei Wiederkäuern, Pferden und anderen verschmelzen die Scheitelbeine zu einem Stücke. Das bei dem Kaninchen getrennte Zwischenscheitelbein verschmilzt meist mit dem Hinterhauptsbein, zu- weilen auch (Wiederkäuer) mit den Scheitelbeinen. Die ursprünglich stets paarigen Stirnbeine verschmelzen sehr häufig (Fledermäuse, Elephanten, Primaten etc.) und bilden bei den Säugethieren, welche Hörner oder Geweihe tragen, Knochenzapfen, x\m welche sich die Scheiden der Hörner ausbilden oder auf welchen die Geweihe aufsitzen. Zuweilen (Elephanten) werden die zu den Nasenhöhlen gehörenden Stirnhöhlen ganz enorm. In Folge der mannigfachen Ausbildung der Kiefer- und Nasengebilde zeigt der vordere Abschnitt des Schädels zahlreiche Variationen. Die Hirn- höhle ist vorn durch die Siebplatte des Ethmoideum geschlossen, deren zahlreiche Löcher die Fasei-bündel der Riechnerven durchtreten lassen. Nur beim Schnabelthiere finden sich , wie bei den niederen Wirbelthieren , zwei einfache Löcher zum Durchtritte der beiden Riechnerven. Meist ist das Siebbein gänzlich von Unten her durch die Gaumen- und Kieferknochen so bedeckt, dass es erst nach Entfernung dieser Knochen sichtbar wird. Nur bei einigen Edentaten und den Primaten existirt das Papierblatt des Sieb- beines , welches an der Bildung der Innenwand der Orbita Antheil nimmt. Die aus der Vereinigung der seitlichen Theile mit dem Körper des Siebbeines hervorgegangene senkrechte Platte, unter welcher der ursprünglich doppelte Vom er liegt, stützt meistens die Zwischenwand der Nasenhöhlen. Man homologisirt meist die Seitentheile des Siebbeines, welche mehr oder minder entwickelte Sinus und Muscheln zeigen , mit den vorderen Stirnbeinen der Fische. Die Thränenbeine, welche jederseits dem Siebbeine vorliegen, sind bei den Pinnipeden und einigen Cetaceen (Delphinus), mit den benachbarten Knochen verschmolzen. Die Nasenbeine, die über dem Siebbeine liegen , sind ursprünglich stets paarig, verschmelzen aber bei einigen Aifen. Ihre Entwicklung richtet sich nach der Länge der Schnauze ; bei den Cetaceen und Primaten sind sie nur klein. Bei den höheren Typen bleiben die kleinen Flügelbeine getrennt. Sie werden aber bei einigen Zahnarmen (Dasypus) und Cetaceen sehr lang, nehmen dann einen bedeutenden Antheil an der Bildung des Gaumengewölbes und vereinigen sich sogar, um wie bei manchen Reptilien, die stark nach hinten gerückten hinteren Nasenöffnungen (Choanen) zu umfassen. Aber meist wird das G a u m e n g e w ö 1 b e von den Gaumenbeinen und ihren Fortsätzen gebildet , die sich seitlich mit den Oberkiefern und vorn mit den Zwischenkiefern verbinden und so die Nasenhöhle von der Mundhöhle scheiden. Die Zwischenkiefer werden bei Edentaten und Säugethiere. 943 Fledermäusen rudimentär; sie verschmelzen bei den Primaten mit den Oberkiefern. Das Jochbein fehlt nur selten (Sorex), meist verbindet es sich mit dem Jochfortsatze des Schläfenbeines zur Bildung des Jochbogens , der bei Myrmecophaga , Bradypus und anderen unvollständig wird, indem das mit dem Oberkiefer verbundene Jochbein den Fortsatz des Schläfenbeines nicht erreicht. Bei den Pferden, Wiederkäuern und anderen verbindet sich das Jochbein ausserdem noch mit dem Stirnbeine und scheidet so die Orbita von der Schläfengi'ube ab. Der Unterkiefer setzt sich stets aus zwei Deckplatten zusammen, welche sich um den unteren Abschnitt des ersten Visceralbogens, den Meckel'schen Knorpel, herum lagern. Die Kiefer bleiben bei den niederen Typen getrennt, sie verschmelzen in der Symphyse bei den Fledermäusen und den Primaten. Wir haben oben die Umbildung des proximalen Abschnittes dieses ersten Visceralbogens zu Hörknöchelchen erwähnt. Der zweite Tisceralbogen , der Hj'oidbogen , verbindet sich (mit Ausnahme des kleinen Stückchens, welches sich zum Steigbügel ausbildet) am Schädel mit dem Boden der Gehörkapsel und bildet dort den Griffelfortsatz des Felsenbeines; sein distaler Theil ver- bindet sich mit dem Körper des Zungenbeines und bildet die kleinen Zungen- beinhörner. Der mittlere Abschnitt verknöchert nur selten, er bildet das lAgamentum stylo-hyoideum. Der Körper des Zungenbeines ist breit und platt; er wird durch ein Band (ligamenhim thyro-hyoideum) an den Vorderrand des Kehlkopfes befestigt. Bei den mit Kehlsäcken ausgestatteten Affen zeigt dieser Theil besondere Bildungen. Er stellt die C'opula eines Bogens dar, dessen Seitentheile von den grossen Zungenbeinhörnern gebildet werden, und zeigt zahlreiche Modificationen , hinsichtlich welcher, wie hin- sichtlich der unzähligen Variationen der einzelnen Knochen wir auf die speciellen Lehrbücher der vergleichenden Osteologie und besonders auf Giebel's Werk: Die Säugethiere, in Bronn's Thierreich verweisen. Zum Schlüsse machen wir noch auf die eigenthümliche Tendenz auf- merksam, welche der Gesichtsschädel zeigt, der nach und nach unter den Hirnschädel unterschlüpft, statt vor demselben zu lagern. Bei den Primaten zeigt sich dieses Verhalten auffallend, und bei dem Menschen liegt fast der ganze Gesichtsschädel unter und nicht vor dem Hirnschädel. Ein vollständiger, aus den drei getrennten Knochen: Schulterblatt, Schlüsselbein und Eabenbein gebildeter Schulte rgürtel findet sich nur hei den Monotremen. Bei allen anderen Säugethieren verschmilzt das, übrigens aus einem selbständigen Knochenkerne entstehende Eabenbein mit dem Schulter- blatte, von dem es dann nur einen, über dem Schultergelenke entwickelten Fortsatz, processus coraeoideus, bildet. Nur ausnahmsweise (Sorex) finden sich Spuren des sternalen Endes des Eabenbeines in Gestalt von Knorpelfortsätzen des Brustbeinstieles. Das Schlüsselbein bildet sich bei den Säugethieren, deren Vorderglieder nur dem Gange (Ungulaten, Carnivoren) oder dem Schwimmen (Cetaceen) gewidmet sind, nicht aus und wird meistens durch eine Sehne ersetzt. Bei den fliegenden (Fledermäuse^, kletternden oder grabenden Säugethieren dagegen (Edentaten, Nager, Insectivoren . Halbaften) entwickelt sich das Schlüsselbein in sehr bedeutendem Grade. Das Schulter- blatt ist stets vorhanden und stützt meist allein das Glied; es verbreitert sich oft bedeutend, entwickelt einen, bei den Monotremen angelegten, Kamm zum Ansatz der Muskeln , der mit einem mehr oder minder vorspringenden Fortsatze über dem Schultergelenke, dem Acromion, endet. Der Beckengürtel ist nur bei den Cetaceen, welche keine hintere Extremität besitzen , rudimentär und durch zwei kleine . in den Muskeln verlorene und nicht mit der Wirbelsäule verbundene Knochenstückchen ver- 944 * Wirbelthiere. treten. Bei allen übrigen Säugethieren ist der ursprünglich aus drei paarigen, getrennten Knochen gebildete Beckengürtel vorhanden. Bei der Geburt sind diese Knochen meist noch durch Zonen von Knorpel getrennt , deren Spuren sich meist in der Nähe des Hüftgelenkes, wo sie zusammenstossen, erhalten, während sonst die Knochen miteinander verschmelzen. Das Darmbein (Ilium) heftet sich stets an das aus einer variabelen Menge von verschmol- zenen Wirbeln gebildete Kreuzbein an; nur bei den Faulthieren und Gürtel- thieren verbindet sich auch das Sitzbein {Ischion) mit dem durch diese Verbindung stark verlängerten Kreuzbeine. Bei den Beutelthieren und den meisten Hufthieren vereinigen sich die Sitzbeine in der ventralen Mittellinie durch eine Symphyse {S. ischiatica) , während bei den übrigen der Schluss nur durch eine Symphyse der Darmbeine (S. pubis) hergestellt wird. Bei einigen Insectivoreu und Fledermäusen wii-d die Symphyse durch ein nach- giebiges Band ersetzt. Im Allgemeinen erhält der Beckengürtel durch das Verschmelzen der Knochen unter einander und mit der Wirbelsäule eine weit grössere Stabilität und Tragfähigkeit, als der Schultergürtel. Bei den Mono- tremen und Beutelthieren stehen auf dem Vorderrande der Schambeine in der Nähe der Symphyse zwei nach vorn gerichtete Knochen, die eigeu- thümlichen Beutelknochen, die durchaus für diese beiden Gruppen charakteristisch sind und sonst nirgends vorkommen. Sie sind vielleicht homolog mit den bei den Amphibien voi'kommenden Vorknorpeln des Beckens {Cartilagines epipubiales). Man vergleiche Wieder sheim's Anatomie der Wirbelthieie. Die vordere Extremität fehlt nie, ist aber, je nach ihrer speciellen .Bestimmung sehr verschieden gestaltet. Bei den Schwimmern (Cetaceen) ist sie sehr kurz und wenig beweglich, da alle sie bildenden Knochen fest mit- einander verbunden sind ohne Gelenke. Die Sirenen besitzen schon ein Ellbogengelenk , und bei den Pinnipeden , wo die Hand noch ein plattes Ruder darstellt, wird der Arm beweglich genug, um. eine Fortbewegung auf dem Boden möglich zu machen. Bei den Säugethieren, wo das Vorderglied nur zum Stützen und Gehen benutzt wird, verbinden sich Radius und Ulna in unbeweglicher Weise (Artio- dactylen), oder verschmelzen sogar miteinander (Einhufer). Wenn aber zu diesen primitiven Functionen weitere , specialisirte hinzukommen , wie das Ergreifen oder Fliegen, so wächst die gegenseitige Beweglichkeit der Knochen, was wir von den Beutelthieren bis zu den Primaten bestätigen können. Nicht nur wird dann der Radius vollkommen unabhängig von der Ulna, er dreht sich auch um dieselbe, so dass sein distales Ende einen Kreis beschreibt und die an ihn eingelenkte Hand jene Bewegungen ausführen lässt, die wir als Pronation und Supination bezeichnen und die mit einer Torsion des distalen Endes des Humerus (Martins), sowie mit einer Abweichung der Axe seines Kopfes (Sabatier) zusammenfallen, die besonders bei den Primaten und dem Menschen sehr ausgesprochen ist. Bei den Wühlern wird das Oberarmbein kurz , dick und mit starken Muskell eisten ausgestattet; zuweilen (Talpa) wird es sogar kürzer als die Vorderarmknochen. Bei den Springern ist die vordere Extremität stets weit kürzer als die hintere. Bei den Läufern (Einhufer) und den Fliegern (Fleder- mäuse) verlängert sich der Arm; doch bieten sich hier manche Differenzen. Die Zahl der Knochen des Carpus variirt mit derjenigen der Pinger; sie liegen gewöhnlich in zwei Reihen geordnet. Bei allen Pentadactylen kann während der Embryonalzeit ein Centrale constatirt werden , das aber häufig (Primaten) schon vor der Geburt mit dem Carpo-radiale verschmilzt, um das Scaphoideum zu bilden (Leboucq, s. Lit.). Die Maximalzahl der Finger ist fünf, sie können aber successiv bis auf zwei (der dritte und vierte, Säugethiere. 945 Wiederkäuer), oder selbst auf einen (Einhufer), reducirt werden durch Atrophie der ursprünglich angelegten seitlichen Finger, von welchen man öfter noch Rudimente findet. Bei den Artiodactylen fehlt stets der Daumen; der zweite und fünfte Finger erreichen oft den Boden nicht (Suiden); das Gewicht des Körpers wird also vom dritten und vierten Finger getragen. Bei den Perisso- dactylen wiegt stets der dritte, der Mittelfinger vor, und trägt schliesslich allein. Die Paläontologie lehrt uns die Uebergangsformen zwischen penta- dactylen und monodactylen Typen kennen. Die Emhrj'ologie zeigt uns bei den letzteren die Anlagen von fünf Fingern, die sich aber nicht entwickeln; sie liefert den definitiven Beweis, dass die Eeduction der Finger ein Resultat der Erwerbung ist. Vielleicht waren Hand und Fuss ursprünglich nicht fünf-, sondern siebenfingerig (Wiedersheim). Die hintere Extremität fehlt nur den Cetaceen und Sirenen. Bei Balaenoptera hat man im Fleische ein Rudiment des Femur, bei Balaena ein solches der Tibia vorgefunden. Sonst findet sich das Hinterglied allgemein, aber ebenfalls in sehr verschiedener "Weise ausgebildet. Bei den Pinnipeden dient es als Ruder , ist der Körperaxe parallel nach hinten gerichtet und seine Finger sind durch eine strafte Memhran mit einander verbunden. Bei den Springern (Känguruh , Springmaus) ist es im Verhältniss zum Vorder- beine sehr lang. Meist ist der Femur kürzer aber stärker , als die Unter- schenkelknochen; bei den Perissodactjden besitzt er einen dritten Trochanter. Die Tibia ist stets weit stärker als das Wadenbein; häufig (Nager, Insecten- fresser) sind beide Knochen mit einander verlöthet oder auch (Wiederkäuer, Einhufer) wird das Wadenbein rudimentär. Dagegen sind bei manchen Beutelthieren die beiden Knochen so unabhängig von einander , dass die Tibia um das Wadenbein gerollt werden kann. Die als Sesambein in der äusseren Strecksehne des Beines entwickelte , dem Kniegelenke aufliegende Kniescheibe ist sehr constant; sie fehlt nur den Fledermäusen und ver- schmilzt bei einigen Beutelthieren mit dem Wadenbeine. Der Fuss ist mit dem Unterschenkel durch das Calcaneum und den Astragalus eingelenkt, die zuweilen sehr verlängert sind (Tarsius). Die distale Reihe der Tarsalknochen bietet, je nach der Reduction der Zehen, manche Schwankungen. Die Reductionen der Zehen entsprechen denjenigen der Finger, doch nur hinsichtlich der Art und Weise, nicht hinsichtlich der Zahl, die verschieden sein kann; so haben Tapj'rus, Hyrax vier Finger vorn, und drei Zehen hinten , während bei manchen Affen (Colobus) der Daumen an der Hand fehlt, am Fusse dagegen gut entwickelt ist. Uebrigens ist bei vielen Primaten , besonders Krallenaffen und Plattnasen , der Daumen des Hinterfusses mehr entgegensetzbar als derjenige der Hand. Bei dem Menschen kann bekanntlich nur der Daumen der Hand den übrigen Fingern entgegen- gesetzt werden, während derjenige des Fusses nur abgezogen werden kann. Wir verweisen hinsichtlich der zahllosen , in speciellen Arbeiten dar- gelegten Modificationen des Muskelsystems auf das Resume, das Giebel in B r o n n ' s Thierreich gegeben hat, und erwähnen hier nur die wichtigsten Eigen thümlichkeiten. Im Allgemeinen sind die Muskeln bei den Säugethieren mehr specialisirt und hesser definirt, als bei den übrigen Wirbelthieren , wie dies bei dem Hautmuskel der Fall ist, welcher bei den Arten, die sich zusammenrollen können (Echidna, Dasypus, Erinaceus) , ausserordentlich ent- wickelt ist; sein vordei'er Abschnitt persistirt bei den Primaten auf den Seiten des Halses {Platysma myoides) und greift selbst auf das Gesicht über (Troglodytes, Satj'rus). Ebenso sind die mimischen Gesichtsmuskeln, von welchen man bei den niederen Wirbelthieren nur Spuren findet , bei den Primaten und dem Menschen hoch entwickelt: um die Ohren, den Mund, die Nase, die Vogt u. Yung, prakt. vergl. Anatomie. II. 60 946 Wirbelthiere. Augen, auf den Schläfen und der Stirn; sie stammen alle vom Hautmuskel des Halses ab. Die beim Kaninchen beschriebenen Stammmuskeln finden sich mit be- sonderen Anpassungen fast überall wieder. Der gerade Bauchmuskel zeigt eine variable Anzahl von Myokommen; die langen Halsmuskeln (M. sterno- hyoideus , sterno - thyreoideiis etc.), welche ihn bei den niederen Wirbelthieren fortsetzen, sind hier unabhängig geworden. Bei den Monotremen und den Beutelthieren findet sich ein grosser Pyramidenmuskel auf der äusseren Fläche des geraden Bauchmuskels; er entspringt am Innenrande der Beutelknochen und ist um so mächtiger, je grösser der Brutbeutel für die Jungen ist. Bei den Placentalen finden sich nur Rudimente dieses Muskels. Die Muskeln der Glieder sind um so zahlreicher und differenzirter , je ausgebildeter die Functionen sind, während mit der Vereinfachung dieser letzteren , wie bei den Walthieren , sich auch die Muskeln vereinfachen. Bei den Säugethieren , welclie den Radius rollen können , finden sich Pronatoren und Supinatoren , die bei den übrigen nicht vorkommen. Erstere entstehen von den Beugern, letztere von den Streckern der Hand. Bei allen Säugethieren zeigt das Gehirn eine bedeutende Entwicklung der vom Prosencephalon ausgehenden Hemisphären , welche stets das ganze Mittelhirn und wenigstens noch einen Theil des Kleinhirnes überdecken. Die Knielappen liegen stets an der IJnterfläche der Hemisphären. Durch diese Charaktere unterscheidet sich das Gehirn der Säugethiere wesentlich von dem aller anderen Wirbel thiere. Doch muss bemerkt werden, dass von den Mono- tremen bis zum Menschen sich eine aufsteigende Vervollkommnung nach- weisen lässt, deren Stufen bei den verschiedenen Ordnungen ausgebildet sind. Das Hirn der Monotremen ist demjenigen der Vögel näher verwandt, als demjenigen der Primaten. Die allmähliche Vervollkommnung zeigt sich besonders deutlich in dem Systeme der Commissureu , welche das Corpus callosum bilden und in der Zunahme der grauen Substanz der Hirnrinde, welche die unter dem Namen der Hirnwindungen bekannten Palten in Folge ihrer Ausdehnung wii'ft. Das Corpus callosum ist bei den Monotremen und den Beutelthieren noch rudimentär, wie in dem Vogelhirn; es bildet sich stufenweise bei den Zahn- armen , Nagern und Insectivoren aus , um schliesslich bei den Raubthieren und besonders den Primaten den Höhepunkt seiner Entwicklung zu erreichen. Die Monotremen, Beutelthiere und Zahnarmen haben noch ein glattes Gehirn; wenig zahlreiche und symmetrische Windungen treten bei den Nagern, Insecti- voren und Fledermäusen auf; bei den Halbaffen sind sie noch selten , ver- mehren sich aber bedeutend bei den Raubthieren, Walthieren, Flossenfüssern, Primaten und Rüsselthieren. Ihre Anordnung unterliegt gewissen Gesetzen und ihr Studium bildet einen bedeutenden Vorwurf der vergleichenden Ana- tomie des Gehirnes (s. Wieder sheim, Lehrbuch). Wenn aber auch bei den einzelnen Gruppen sich bestimmte charakteristische Anordnungen zeigen, so dai-f doch nicht vergessen werden, dass die Ausbildung der Furchen und Windungen auch wesentlich von der Grösse der Thiere abhängt , so dass man sagen kann: je grösser das Thier, desto windungsreicher sein Hirn. Das Mittelhirn ist regelmässig durch eine, nur bei den Monotremen wenig ausgebildete Kreuzfurche in die Vierhügel getheilt. Die Zirbel- drüse, welche bei den erwachsenen Thieren nur aus Epithelialgebilden besteht, ist regelmässig durch stielartige Verlängerungen an das Zwischen- hirn geheftet, dem sie angehört. Dieses zerfällt in zwei Massen, die Sehhügel, welche den dritten Ventrikel umgeben und sich nach hinten und unten verlängern, um den Hirntrichter zu bilden, an welchen sich die Hypophyse anlegt. Säugethiere. 947 Das Kleinhirn zeigt immer drei Lappen, den mittleren "Wurm und die beiden seitlichen Kleinhirnhemisphären, die hei den höheren Typen an Grösse zunehmen. Der Wurm ist noch verhältnissmässig bedeutend und die Hemisphären klein bei den Mouoti-emen, Beutelthieren, Zahnarmen und Fleder- mäusen; die Hemisphären werden bei den Fleischfressern grösser und erreichen den Höhepunkt ihrer Entwicklung bei den Primaten. Die auf der unteren Fläche entwickelte Quercommissur , welche sie vereinigt, die Varolshrücke, bildet sich im Verhältniss zu den Hemisphären aus ; sie ist sehr schmal bei den Monotremen , am mächtigsten bei den Primaten. Die Windungen des Kleinhirns , welche den sogenannten Lebensbaum bilden , zeigen bei den Wiederkäuern, wo sie, wie bei manchen anderen Hufthiereu, asymmetrisch sind, eigenthümliche Anordnungen. Die senkrechten und horizontalen Falten der festen Hirnhaut, welche als H i r n s i c h e 1 die beiden grossen Hemisphären und als H i r n z e 1 1 die Hemisphären des Grosshirnes von dem Kleinhirne trennen , sind den Säuge- thieren eigenthümlich. Das Hirnzelt verknöchert zuweilen (Delpbinus). Das verlängerte Mark variirt wenig; seine Seitenstränge, die Oliven und die Netzkörper, sind bei den höheren Typen am besten entwickelt. Das Rückenmark, welches nur selten bis zum Ende des Eücken- canales reicht und bei Insectenfressern und Fledermäusen ganz besonders kurz ist, bildet fast immer am Ende eine C'auda eqxdna, welche die Nerven der hinteren Extremitäten begreift, die noch eine Strecke weit im Eücken- canal verlaufen. Die Anschwellungen des Eückenmarkes entsprechen der Entwicklung der Extremitäten; bei den Cetaceen fehlt demnach die Lenden- anschwellung. Ebenso verhalten sich die von den Extremitätennerven ge- bildeten Plexus hinsichtlich der Zahl der an ihnen Antheil nehmenden Nervenstämme. Die zwölf Paare der Hirnnerven sind meist vorhanden. Nur bei den Monotremen vereinigen sich die Bündel des Riechnerven zu einem gemeinsamen Stamme; bei allen anderen treten die Bündel gesondert durch die Löcher des Siebbeines in die Nasenhöhle. Der Facialis ist ausschliesslich motorisch, er versorgt die mimischen Muskeln des Gesichtes. Der Hypo- glossus wird besonders bei denjenigen Säugethieren sehr mächtig, deren Zungenmusculatur für andere Functionen (Greiforgan) ausgebildet ist. Trige- minus und Vagus zeigen keine bedeutenden Variationen. Ebenso zeigt das sympathische Nervensystem hinsichtlich seiner Ganglien und Geflechte, sowie seiner Verbindungen mit dem Trigeminus und Vagus dieselbe fundamentale' Anordnung überall. Die Organe der fünf Sinne sind überall ausgebildet. Der Tastsinn zeigt oft grosse Feinheit und localisirt sich vorzugsweise an den haarlosen Hautstellen (Schnauze , Handteller) oder an den mit Tasthaaren besetzten Gegenden (Obei-lippe). Die Flügelhaut der Fledermäuse, der Eüssel des Maulwurfes, des Ele- phanten, des Tapirs zeichnen sich durch ein ausserordentlich feines Tast- gefühl aus. Bei den Fledermäusen haben die Tastkörperchen die Gestalt einer Keule (Vater'sche oder Pacini'sche Körperchen), ähnlich denjenigen, welche sich im Gekröse und dem Pankreas einiger ßaubthiere (Katzen) finden. Die Endknospen, welche als Geschmacksorgane fungiren und in den am Eingange des Verdauungsorganes entwickelten Papillen sich finden , die auf der Zunge und anderen Theilen der Eachenschleinahaut stehen , variiren nur hinsichtlich ihrer Zahl, kaum in Beziehung auf ihren Bau. Die Endapparate der Geruchsnerven finden sich stets im Hinter- grunde des oberen Abschnittes der Nasenhöhlen , auf den oberen und mitt- leren Nasenmuscheln und dem oberen Theile der Scheidewand. In Folge der 60* 948 Wirbelthiere. verwickelten Bildung des Nasenlabyrintlies, sowie des Zusammenhanges mit den Nebenhöhlen im Stirnbein, Keilbein und dem Oberkiefer, wo sich eben- falls Endapparate finden können, bietet die Eiechgegend bei den Säugethieren eine weit grössere Oberfläche , als bei allen übrigen Wirbelthieren. Am wenigsten sind in dieser Hinsicht die Monotremen und Cetaceen bedacht. Bei den Cetaceen ist der Eiechapparat durchaus verkümmert und geschwunden ; die zuführenden Nasenhöhlen sind Spritzrohre geworden, welche sogar bei einigen (Delphinus) nur eine einzige äussere Oeffhung zeigen. Bei den Flossenfüssern und einigen anderen Wasserthiereu können die Nasen Öffnungen beim Tauchen durch Klappen geschlossen werden (Zuckerkandl, s. Lit.). Die Knorpelstücke, welche die Nasenhöhlen umgeben und an welche die äusseren Nasenmuskeln sich ansetzen, verlängern sich bei den Eüsselthieren zu einem zugleich als Tast- und Greiforgan dienenden Eüssel; kürzere Verlängerungen der Art , die besonders zum Wühlen dienen , finden sich bei Tapirus, Sus etc. und werden bei unterirdischen "Wühlern (Maulwürfen) oft durch besondere Knorpel gestützt. Das Jacobson'sche Organ ist bei den niederen Typen besser ent- wickelt, als bei den höheren. Es besteht aus zwei, in der Basis der Nasen- scheidewand liegenden , von Knorpel umgebenen Bohren , welche durch die Schneidecanäle des Zwischenkiefers vorn in die Mundhöhle münden. Die Gestalt der Augen variirt je nach dem Wohnorte. Bei den Wasserthiereu ist die horizontale Axe verkürzt, die Hornhaut weniger gewölbt, als bei den Landthieren; doch ist bei den Wiederkäuern der Breitendurch- messer etwas grösser, während bei den Fledermäusen das Gegentheil der Fall ist. Meist hat der Augapfel eine der Kugel genäherte Gestalt. Seine Grössenverhältnisse variiren sehr; bei den unterirdischen Wühlern (Talpa) werden die Augen sehr klein und können selbst ganz unter der Haut ver- borgen sein (Spalax , Chrysochloris). Meist liegen sie , wie beim Kaninchen, mehr seitlich am Kopfe, rücken aber, besonders bei den Primaten, mehr und mehr auf die Vorderfläche. Unter den bemerkenswerthen Eigenthümlichkeiten des Baues der Augen erwähnen wir bei den Cetaceen die ausserordentliche Dicke der Scle- rotica, die übrigens niemals einen Knochenring zeigt, wie bei den Vögeln. Die Augen der Eaubthiere, Wiederkäuer, Einhufer etc. leuchten im Dunkeln in Folge der Ausbildung einer, Interferenzerscheinungen bedingenden Stelle in der Choroidea , welche das Tapetum genannt wird. Die Farbe der Iris variirt. Meist ist die Pupille rund; horizontal - oval ist sie im Allgemeinen bei Thieren der Ebene (Hufthiere , einige Beutelthiere) , senkrecht -oval bei Kletterthiereu (Katzen). Die Kr3stalllinse ist kugelrund bei den Wasser- thiereu ; bei den anderen ist ihre Vorderfläche stärker gewölbt als die Hinter- fläche. Die Eetina zeigt stets dieselben Formelemente wie beim Kaninchen, ohne bedeutende Variationen. Die beiden senkrechten, mit Wimpern ausgestatteten Augenlider fehlen nie. Die Nickhaut ist bei den Cetaceen nicht ausgebildet und bei den Primaten auf die halbmondförmige Falte im inneren Augenwinkel reducirt. Bei den Aplacentariern ist sie noch verhältnissmässig gross, hat aber keine besonderen Muskeln , die man übrigens unter den Piacentariern noch beim Elephanten nachgewiesen hat. Die T h r ä n e n d r ü s e n fehlen ganz bei den Cetaceen und Elephanten und sind sehr verkümmert bei anderen Wassei'bewohnern (Phoca, Lutra, Hippopotamus). Bei den Elephanten scheinen sie durch die verhältnissmässig sehr grosse Harder'sche Drüse ersetzt, welche übrigens in gleichem Maasse abnimmt, Avie die Nickhaut, und bei den Primaten vollständig ver- kümmert. Säugethiere. 949 Die äussere Ohrmuschel fehlt den Monotremen , Cetaceen , Sireuen und Seehunden , bei welchen der äussere Gehörgang sehr kurz ist und das Trommelfell nahe an der Oberfläche liegt. Uebrigens ist die Ohrmuschel sehr verschieden ausgebildet. Sehr klein bei den Otarieu und den Wühl- thieren, wird sie bei Einhufern, Elephanten und vielen anderen, wie Eaub- thieren, Nagern und Wiederkäuern sehr gross und bietet besondere Eigen- thümlichkeiten bei manchen Nachtthieren (Fledermäuse, Halbaffen). Der oft sehr entwickelte Muskelapparat der Ohrmuschel verkümmert bei den Primaten, kann aber selbst noch bei dem Menschen in einzelnen Fällen fanctionsfähig bleiben. Das mittlere Ohr besitzt stets die Kette der Gehörknöchelchen, die bei den Monotremen noch sehr an die Columella der Eeptilien erinnert. Doch tritt der Steigbügel niemals direct, sondern nur durch Vermittlung des Hammers und Amboss mit dem Trommelfelle in Verbindung; bei den Wiederkäuern und Einhufern lüthet er sich an den Eand des ovalen Fensters an. Die Paukenhöhle ist sehr geräumig bei den Cetaceen; sie mündet stets durch die Eustachi' sehe Eöhre in den Pharj'nx , zuweilen auch in die Nasenhöhle (Cetaceen). Bei den Einhufern ift diese Eöhre sehr weit. Der wesentliche Charakter des inneren Ohres beruht auf der UmAvandlung der Lagena in eine spiralförmig aufgewundene Eöhre , die Schnecke, die bei den Monotremen noch sehr unscheinbar ist. Sie bildet von anderthalb (Cetaceen , Igel) bis zu fünf Windungen (Coelogenys). Die Zweige des Astes des Hörnerven, welcher diese Verlängeftmg des Sacculiis durchläuft, enden in eigenthümlichen Bildungen, in sogenannten Corti'schen Organen. Die Gestalt des Sacculus variirt in ziemlich weiten Grenzen; weniger diejenige der halbkreisförmigen Canäle , welche bei den Cetaceen sehr klein , bei den Nagern dagegen sehr gross sind. Ueber die Einzelheiten vergleiche man das Werk von Eetzius, und über die Kreislaufsverhältnisse in der Schnecke des Kaninchens Schwalbe (s. Lit.). Das Verdauungssystem bietet mannigfache Modificationen. ' Bei den Wurmzünglern ist die Mundhöhle sehr eng , bei manchen Cetaceen (Balaena, Physeter) ungeheuer weit und geräumig. Mit Ausnahme der Mono- tremen und Cetaceen, wo die Kieferränder zugleich die Mundränder bilden, finden sich bei allen übrigen Säugethieren bewegliche , mit 3Iuskeln ausge- stattete Hautfalten, die Lippen, die eine Art Vorhof umschliessen und zuweilen selbst (Wiederkäuer) zum Ergreifen der Nahrungsmittel dienen können. Seitliche Erweiterungen und Einstülpungen der Lippen lassen die bei vielen Nagern und Primaten entwickelten Backentaschen entstehen, die zu- weilen (Hamster) eine solche Grösse erlangen , dass sie sich unter der Haut der Brust und des Bauches weit nach hinten erstrecken. Die in der Mundschleimhaut entstehenden Zahne sind stets auf dem freien Kieferrande in Alveolen eingepflanzt, was wir bis jetzt nur bei den Krokodilen gesehen haben. Mit Ausnahme von Delphinus, wo alle Zähne gleiche Gestalt haben, zeigen sich verschiedene, speciellen Functionen ange- passte Formen (heterodonte Bezahnung). Sie fehlen nur bei den Ameisen- fressern (Echidna, Manis, Myrmecophaga). Beim Schnabelthiere , wo die erwachsenen Thiere nur Hornplatten epithelialer Natur besitzen, und bei den Walfischen , wo Fischbeinplatten vorkommen , hat man bei den Embryonen Anlagen echter Zähne entdeckt, die sich nicht ausbilden. Als Monophyo- donten bezeichnet man die Säugethiere, bei welchen die erste Bezalmung definitiv für das ganze Leben hergestellt wird (Cetaceen, Edentaten), währejid man die übrigen, wo ein Milchgebiss existirt , das in einer gewissen Periode der Jugend durch ein anderes, definitives Gebiss ersetzt wird, Diphyo- donten genannt hat. Mit geringen Ausnahmen (Schneide- oder Stosszähne 950 Wirbelthiere, der Elephanten , Schneidezähne der Nager) sind es die vorderen Zähne, welche ersetzt werden. Die eigentlichen Mahlzähne , welche hinten in den Kiefern stehen , gehören erst dem zweiten , definitiven Gebisse an. Bei den Beutelthieren wird meist nur ein Zahn in jeder Kieferhälfte ersetzt und bei den Fledermäusen vollzieht sich die Abstossung des Milchgebisses und der Ersatz durch das definitive Gebiss noch vor der Geburt. Sobald die Zähne ihre vollständige Entwicklung erreicht liaben , ver- engert sich ihre anfänglich weite Innenhöhle und verAvandelt sich an der Wurzel in einen eugen Canal, durch welchen Gefässe und Nerven zur Zahn- pulpa treten. Die Zähne wachsen dann nicht mehr. Die Schneidezähne, zuweilen auch die Backzähne der Nager, machen eine Ausnahme von dieser Regel; sie wachsen beständig fort und ersetzen so die Abnutzung ihrer freien Krone. Während der Schmelz , der nur selten fehlt (Stosszähne der Elephanten), die Zahnkronen gewöhnlich von allen Seiten umgiebt, entwickelt er sich an den Schneidezähnen der Nager nur auf der äusseren Fläche. Die meist meisselartigen Schneidezähne fehlen in beiden Kiefern der Zahnarmen [Dasypus scxcinctiis ausgenommen) und im Oberkiefer der Wiederkäuer. Bei dem Narwal (Monodon) verkümmert der Schneidezahn der einen Seite, während der andere sich zu einem langen und spitzen, spiralig gewundenen Stosszahn ausbildet; bei dem Dugong (Halicore) werden die starken oberen Schneidezähne zu Hauern, die abwärts gerichtet sind, während die homologen Stosszähne der Elephanten sich nach oben krümmen. Die Eckzähne fehlen den Nagern , Elephanten , den meisten Wieder- käuern und Edentaten ; sie bleiben rudimentär bei den weiblichen Einhufern, wie sie denn überhaupt bei dem männlichen Geschlechte meist stärker aus- gebildet sind. Bei den Raubthieren und grossen Affen werden sie gefährliche, hakenförmig gekrümmte und schneidende Waffen. Die Backzähne zeigen die meisten Variationen, sowohl in Hinsicht der Form ihrer Kronen als auch der Zahl ihrer Wurzeln. Faltungen der Zahn'sabstanz bilden verwickelte Formen , welche bei den Elephanten die höchste Ausbildung erreichen; sie zeigen Furchen, Höcker etc. Hinsichtlich der Zahl der Zähne dieser verschiedenen Kategorien ver- weisen wir auf die zoologischen Handbücher; die Zahl und Anordnung, welche man durch eine Zahnformel ausdrückt, spielen eine wesentliche Rolle in der Classification. In den entsprechenden Kieferhälften sind Zahl, Form und Anordnung durchaus symmetrisch; dagegen kann die Bezahnuug des Unterkiefers von derjenigen des Oberkiefers sehr verschieden sein. Im Allgemeinen kann man sagen , dass die fortschreitende Entwicklung eines Typus durch die zunehmende Reduction der Zahl der Zähne documentirt wii'd. (Man vergleiche die Arbeiten von Owen, Blainville, F. Cuvier, Tomes, He n sei, Pulton u. A.) Die von dem Zungenbeine gestützte und mit eigenen Muskeln ver- sehene Zunge variirt sehr je nach den ihr zukommenden Functionen und ihrer Theilnahme an dem Ergreifen der Nahrung. Meist abgeplattet und beAveglich, wird sie bei den Cetaceen unbeweglich an den Boden der Mund- höhle angeheftet, während sie bei manchen Wiederkäuern (Giraffe) ein äusserst bewegliches Greiforgau und endlicli bei den Wurmzünglern (Echidna, Myrmecophaga) rund, lang, wurmförmig und selbst erectil wird. Die Spitze ist meist abgerundet; die Basis auf der dorsalen Fläche bei Nagern und Wiederkäuern Avulstig verdickt und erhaben. Bei Halbaffen und Fleder- mäusen zeigt sich auf der Unterfläche eine einfache oder gespaltene Unter- zunge. Die ohere Fläche ist mit Papillen besetzt, die meist bi-eit und glatt , zuweilen aber auch kegelförmig und spitz werden , so verhornen , dass die Zunge einer Raspel gleicht , deren Sägezähnchen ebenfalls verhornten Säugethiere. 951 Querfalten des Gaumens entsprechen (Katzen , Wiederkäuer). Ein einfacher oder doppelter Vorsprung bildet bei einigen Insectivoren eine sogenannte Nebenzunge. Die Gaumenwölbung communicirt vorn mit den Nasenhöhlen durch den Gaumen-Nasengang (Stenon' scher Gang), der bei Suiden und "Wiederkäuern voll ausgebildet ist, bei den höheren Typen und dem Menschen dagegen rudimentär wird und fast spurlos verschwindet (Leboucq, s. Lit.). Die Speicheldrüsen fehlen den Cetaceen, sind rudimentär bei den Flossenfüssern , dagegen sehr entwickelt bei den Gras - und Blattfressern (Wiederkäuer, Edentaten). Bei Ecliidna stehen die weit hinten am Halse liegenden, sehr grossen Parotiden mit der Mundhöhle durch einen sehr langen und weiten Gang in Verbindung; die Unterkieferdrüsen sind hier ebenfalls sehr voluminös. Der Schlund köpf ist meist geräumig, der Schlund, je nach der Länge des Halses , mehr oder minder gestreckt und innen längsgefaltet , der Magen, je nach der Ernährungsweise ausserordentlich vielgestaltig. Seine Bildung ist einfach bei den Fleischfressei-n , complicirter bei den Pflanzen- fressern. Seine Gestalt ist im Allgemeinen die eines Dudelsackes mit quer gerichteter grosser Axe (längsgerichtet bei Phoca), an dem man zwei Ab- schnitte unterscheiden kann, die oft sehr erweiterte Cardialhälfte und die engere Pylorushälfte. Diese schon bei den Eaubthieren deutliche Schei- dung spricht sich noch mehr bei den Nagern, Zahnarmen und Aplacentariern aus , wo dev Magen häufig durch eine tiefe Einbuchtung der grossen Cur- vatur in zwei getrennte Kammern geschieden wird. Die Vergrösserung der Cardialkammer und ihre Theilung in zwei oder mehrere Abschnitte führt dann zur Bildung eines zusammengesetzten Magens, wie man ihn im höchsten Grade der Ausbildung bei den Wiederkäuern findet. Die Bildung wird durch die Cetaceen eingeleitet, wo viele drei Mägen besitzen; der vor- derste ist einfach eine Erweiterung des unteren Endes der Speiseröhre , der zweite entspricht der Cardialkammer der Nager, der dritte der Pjlorushälfte. Letztere aber bildet häufig Blindsäcke und Erweiterungen , so dass manche Forscher bis zu sieben Mägen gezählt haben. Bei den Wiederkäuern zählt man meist vier Mägen, die, von der Cardia angefangen, heissen: Pansen (ßumen) , Netzmagen (Eeticulum) , Blättermagen (Omasus) , Labmagen (Ab- omasus). Der Blättermagen fehlt den Tylopoden und den Moschiden. Hin- sichtlich der Specialitäten in der Bildung des Magens der Wiederkäuer vei'- weisen Avir auf die Arbeit von Cordier (s. Lit.). Jedenfalls sind sie nicht die einzigen Säugethiere, Avelche eine solche Vervielfältigung zeigen: eine Schlundrinne, welche den dritten Magen in directe Verbindung mit der Cardia bringt und zu dem Wiederkäuen in engster Beziehung steht, findet sich schon beim Känguruh und einigen Edentaten. Der Dünndarm ist bei den Fleischfressern weit kürzer als bei den Pflanzenfressern; seine drei Abschnitte, welche man in der menschlichen Anatomie anzunehmen pflegt, unterscheiden sich besonders durch die Bildung der Schleimhaut und deren Drüsen. DerEnddarm ist meist sehr geräumig, daher der Name Dickdarm; sein Anfangsabschnitt zeigt zahlreiche Win- dungen , sein Endabschnitt (Rectum) verläuft meist in gerader Linie. Der am Anfange des Dickdarmes meist vorhandene Blinddarm fehlt den Mustelideu, Ursiden, den carnivoren Beutelthieren, vielen Edentaten (Bradypus), Insectivoren , Fledermäusen , Walthieren etc. Bei den meisten Carnivoren ist der Blinddarm vorhanden, aber nur kurz; er verlängert sich bei den Frucht- fressern und wird sehr gross bei den Grasfressern (Wiederkäuer, Einhufer). Sein blindes Ende verengert sich oft (Nager , Halbaffen) und verkümmert endlich bei den Primaten und dem Menschen zu dem sogenannten Wurm- fortsatze. Bei allen, mit Ausnahme der Cloakenthiere, mündet das Eectunj 952 Wirbelthiere. durch eine von dem Urogenitalapparate getrennte Oeffnung, den After, nacli aussen. Die Leber ist stets ursprünglich zweilappig , aber bei vielen Säuge- thieren (Camivoren , Nager , Primaten) zerfallen diese Lappen in secundäre, so dass vielfache Formverschiedenheiten erzeugt werden. Sie ist bei den Fleischfressern grösser, als bei den Pflanzenfressern. Die Ausführungsgänge variiren ungemein. Eine Gallenblase fehlt bei manchen Nagern (Dipus, Castor), bei den Einhufern , einigen Cetaceen (Balaena) und Wiederkäuern (Camelus, Cervus) etc. Wenn sie vorhanden, finden sich Blasengänge und Gallengänge, welche mancherlei verschiedene Combinationen eingehen. Das Pankreas liegt stets als köi-nige Drüse in der Schlinge des Dünn- darmes; es ist besonders ausgebreitet bei den Nagern; sein Ausführungsgang, der W i r s u n g ' sehe Gang , der sich auch gabeln kann , mündet bald un- mittelbar neben dem Gallengange, oder, wie bei dem Kaninchen, in grösserer Entfernung von demselben. Der Athemapparat variirt im Ganzen nur unbedeutend. Die ein- zelnen Kehlkopfknorpel mit ihren Muskeln sind schärfer differenzirt , als bei den übrigen Wirbelthieren. Besonders ist der Schildknorpel stets gut auf der ventralen Seite entwickelt. Der Kehldeckel verkümmert bei den Sirenen, verlängert sich aber bei den Walthieren, gemeinschaftlich mit den Giesskannenknorpeln , zu einer Röhre, welche sich in die Choanen einlegt und so einen ringsum vollständig geschlossenen Luftweg herstellt. Zuweilen stellen sich seitliche Erweiterungen, Kehlkopfsäcke, her, welche theils als Luftsäcke (Balaena), theils als Eesonanztrommeln für den Schall dienen (einige Affen: M3'cetes, Anthropoiden). Nur bei Bradypus bildet die Luft- röhre eine Schlinge, sonst läuft sie überall gerade am Halse herab, durch Knorpelringe gestützt, die gegen den Schlund hin unvollständig sind (bei Balaena auch auf der ventralen Seite) und zuweilen (Cetaceen, Sirenen) eine spiralige Anordnung zeigen. Von ihrer Theilstelle aus sendet die Luftröhre in jede Lunge einen Bronchialstamm, von welchem aus die seitlichen Bron- chen abgehen , die theilweise über (eparterielle Bronchen) , theilweise unter (hyparterielle Bronchen) der betreffenden Lungenarterie abgehen. Meist zeigen diese Bronchen nur am Anfange Knorpelringe; nur bei den Cetaceen gehen die Ringe bis zu ihren Enden, während sie im Gegentheile bei den Beutelthieren und einigen Piacentariern ganz fehlen. Der eparterielle Bron- chialbaum fehlt häufig auf der linken Seite, ebenso wie der ihm entsprechende Lungenlappen, so dass dann die rechte Lunge einen Lappen mehr hat, als die linke. Die Bronchen verästeln sich in immer feinere Zweige (Bronchiolen) und enden mit bläschenförmigen Erweiterungen (Lungenbläschen), Avelche bei den Cetaceen sehr geräumig werden. Man findet stets auf der ventralen Seite des Kehlkopfes und der Luft- röhre die Schilddrüse [Gl.thyroidea), welche bei den Monotremen und Eden- taten aus zwei gänzlich getrennten, seitlichen Lappen besteht, die aber bei den übrigen durch eine Mittelbrücke vereinigt werden. Etwas weiter nach hinten, an der Gabelung der Luftröhre und um die grossen Gefässe liegt die besonders bei Jungen stark entwickelte Thymusdrüse, die nur bei Flossen- füssern und einigen Cetaceen während des ganzen Lebens persistirt, bei den übrigen aber nach der Säugungsperiode nach und nach gänzlich schwindet. Die Nieren liegen ganz allgemein in der Lendeugegend zu beiden Seiten der Wirbelsäule ausserhalb des Bauchfelles, das nur ihi'e ventrale Fläche überzieht. Während der Embryonalperiode sind sie in Lappen ge- theilt, die bei den Cetaceen, Flossenfüssern und einigen Baubthieren (Ursus, Lutra) während des ganzen Lebens persistiren, bei anderen (Bos, Elephas) nur durch buckelartige Erhöhungen noch angedeutet bleiben, bei den meisten Säugethiere. 953 aber zu einer einzigen Masse verschmelzen, wie beim Kaninchen. In diesem Falle deuten nur noch die in dem Nierenbecken convergirenden Pyramiden die ursprüngliche Lappenbildung an. Die Harnleiter münden immer auf der dorsalen Seite der Harnblase, die nach Gestalt und Grösse sehr variirt. Die Hoden liegen ursprünglich stets vor den Nieren , behalten aber diese embryonale Lage nur bei den Monotremen ; bei den Cetaceen , den Eüsselthieren und einigen Edentaten gleiten sie hinter die Nieren, bleiben aber noch in der Bauchhöhle , aus welcher sie bei den meisten Eaubthieren, Halbaffen, Primaten durch den vom Bauchfell ausgekleideten Leistencanal nach aussen wandern, um in einem Hautsacke, dem Hodensacke, getragen zu werden. Bei vielen Beutelthieren , Nagern , Fledermäusen und anderen bleibt der Leistencanal wegsam, so dass die Hoden nur zur Brunstzeit hervor- treten und nachher in die Bauchhöhle zurücktreten. Bei den Primaten und anderen schliesst sich der Leistencanal derart, dass die Lagerung im Hodensacke definitiv bleibt. Ausnahmsweise liegt dieser bei Beutelthieren vor dem Penis. Die aus einer Umwandlung der "Wolf f sehen Gänge hervorgehenden Samenleiter bleiben bei den Aplacentariern und den Cetaceen einfach, treiben aber meist gegen ihr Ende hin drüsige Samenblasen hervor, welche bei vielen Nagern und Insectenfressern ungemein gross werden, bei den Ein- hufern aber einfach bleiben. Die Samenleiter münden in den Urogenital- sinus, in die Harnröhre, umgeben von den Prostatadrüsen, die bald einen vollständigen Ring um sie bilden (Fledermäuse), bald nur auf der dorsalen Seite entwickelt sind (Primaten), oder auch grosse, getrennte und durch die Ausführungsgänge mit einander verbundene Lappen aufzeigen (Erinaceus). Der Urogenitalsinus mündet bei den Monotremen in die Cloake , bei allen übrigen gesondert nach aussen. Im ersten Falle liegt der, übrigens sehr kurze, beim Schnabelthier in zwei, beim Schnabeligel in vier Warzen ge- theilte Penis in einer auf der Grenze zwischen LTrogenitalsinus und Cloake angebrachten Tasche , bei allen anderen Säugethieren ist die Oelfnung von der Afteröffnung getrennt. Freilich sind beide Oeffnungen bei den Beutel- thieren einander noch ausserordentlich genähert und von einem gemeinsamen Sphincter umgeben, aber bei allen Piacentariern ist die Trennung vollständig. Der Urogenitalcanal verlängert sich dann in den Penis und öffnet sich an dessen Ende, der Eichel, mit einer, nur ausnahmsweise (einige Beutelthiere) mit zwei Mündungen, wo dann auch die Eichel gespalten erscheint. Form, Grösse und Anheftung des Penis und der Eichel variiren ungemein. Bei Fledermäusen , Baubthieren , Primaten bildet sich in der Scheidewand der Schwellkörper ein Penisknochen aus. Die Neben drüsen, Avelche an dem Urogenitalsinus sich finden (Cow- p er 'sehe und Vorhautdrüsen etc.), kommen fast allgemein vor: sie fehlen nur bei den Cetaceen; bei den Beutelthieren finden sich mehrere Paare. Die Eierstöcke sind meist paarig und symmetrisch zu beiden Seiten der Lendenwirbelsäule gelegen; nur bei den Monotremen verkümmert, ähnlich wie bei den Vögeln, das rechte Ovarium , während das linke, das einer Traube ähnlich sieht , allein Eier entwickelt. Die Monotremen haben auch keine Vagina; die Eileiter sind in ihrem ganzen Verlaufe unabhängig und .münden gesondert in den mit der Cloake zusammenhängenden Urogenital- sinus. Eine einigermaasseu ähnliche Bildung findet sich noch bei einigen Beutelthieren (Didelphys), wo zwei getrennte Eileiter, Uteri und Scheiden- canäle (Vagina) existiren. Bei den übrigen Beutelthieren versishmelzen die Müller'schen Canäle, aus welchen die Eileiter hervorgehen, auf eine gCAvisse Strecke , um sich dann wieder zu trennen , so dass die beiden Uteri in eine gemeinsame Tasche münden, aus welcher zwei Scheidencanäle hervorgehen, 954 Wirbelthiere. welche getrennt in den Urogenitalcanal sich öffnen. An dem Vereinigungs- punkte der Müller' sehen Gänge bildet sich oft noch ein vaginaler, nach hinten gerichteter, mittlerer Blindsack (Phalangista, Phascolomys) , der sogar bei Macropus Bennettii sich bis zum Urogenitalsinus erstreckt und in diesen mündet, so dass dann drei Scheidencanäle vorhanden sind. Bei allen anderen Säugethiereu bedingt die von hinten her fortschrei- tende Verschmelzung der Müller 'sehen Gänge die Bildung einer einfachen Vagina. Erstreckt sich die Verschmelzung weiter nach vorn, so bewirkt sie schliesslich die Bildung eines einfachen Uterus, aber der Anfangsabschnitt der Müller 'sehen Gänge bleibt unter allen Umständen unabhängig, so dass stets zwei Eileiter mit ihren Trichtern vorhanden sind, die sich von dem Uterus und der Scheide durch engeres Lumen und dünnere Wände untev- scheiden. Die Verschmelzung zeigt verschiedene Stadien. Bei vielen Nagern findet sich, wie beim Kaninchen, ein doppelter Uterus; beide Hälften münden mit gesonderten Oeffnuugen in die Scheide ein; bei anderen Nagern (Cavia, Mus) vereinigen sich die beiden Hälften am Ende zu einer gemeinsamen Mündung. Dies führt zu dem zweihornigen Uterus (Uterus bicornis) der Insectivoi-en , Carnivoren, Cetaceen, Hufthiere etc., bei welchen sich ein un- paarer Uterus in zwei Hörner theilt, in deren Spitzen die Eileiter einmünden. Bei den Fledermäusen und Halbaffen werden schon die Hörner sehr kurz im Vei'hältniss zu dem gemeinsamen Uterus, und endlich finden wir bei den Primaten und dem Menschen nur den gemeinsamen Theil, in dessen Ecken die Eileiter gesondert münden. Die musculösen Wände und die Schleimhaut des Uterus bleiben bei den Monotremen und Beutelthieren sehr einfach, bei den Piacentariern dagegen entstehen Complicationen durch die Verbindungen, welche die modificirte Eihaut (Choriou) und später die Harnhaut (Allantois) des Embryo mit der Schleimhaut des Uterus eingehen. Die Placenta, welche aus diesen Ver- bindungen hervorgeht, zeigt bei den einzelnen Ordnungen sehr bedeutende Vei'schiedenheiten in ihrer Bildung ; wir verweisen in dieser Hinsicht auf das im Eingange des Capitels Gesagte, sowie auf das Lehrbuch der Embryologie von 0. Hertwig und die Abhandlungen von Turner (s. Lit.). Die unpaare Vagina mündet in den Urogenitalsinus (Scheidenvorhof) und diese Mündung ist bei den Primaten von einer ringförmigen Falte der Schleimhaut, dem Hymen, umgeben, von der sich Spuren auch bei einigen Carnivoren und Wiederkäuern vorfinden. Die Vulva ist von Schamlippen (meist nur den kleinen Schamlippen der menschlichen Anatomie) eingefasst und zeigt eine aus Schwellkörpern und einer Eichel zusammengesetzte Clitoris, die dem Penis der Männchen homolog ist. Zuweilen (Nager, Halbaffen) wird die Clitoris von der Harnröhre durchsetzt; sie ist stets weit kleiner als der Penis , erreicht aber doch bei einigen Affen (Ateles) eine ziemliche Grösse. In den Scheidenvorhof münden Nebendrüsen (D u verney ' sehe und Bar- tholin'sehe Drüsen), die den Cetaceen und auch einigen Carnivoren abgehen. Das Gefässsystem zeigt im Allgemeinen eine grosse Uniformität bei den Säugethiereu. Das vom Herzbeutel umgebene |Herz liegt stets in der Brustgegend in der Mittellinie; seine hintere Spitze richtet sich bei den höheren Typen nach links hin. Es ist meist kegelförmig; bei den Rüssel- thieren und einigen Cetaceen (Delphinus) wird es aber rautenförmig, von vorn nach hinten abgeplattet , und eine tiefe Einne trennt , auch bei den Sirenen, an seinem hinteren Rande die Spitzen der beiden Herzkammern. In den Scheidewänden zwischen Kammern und Vorkammern finden sicii zuweilen Knorpelbildungen (Wiederkäuer); sonst sind dieselben, sowie die Atrio - Ventricularklappen (Valvula mitralis und tricuspidalis) durchaus in derselben Weise angeordnet, wie beim Kaninchen. Säugethiere. 955 Der Bogen der Aorta ist als DauerbilduDg des linken embrj-onalen Kiemenbogens stets nach links gerichtet tind setzt sich in die Bauchaorta fort, die je nach der Entwicklung der Eingeweide, der Hinterglieder, des Schwanzes etc. mancherlei Anpassungsvariationen zeigt, auf die Avir hier nicht eingehen können. Mehr Verschiedenheiten zeigen sich in der Art und Weise, wie die Armkopfarterien von dem Aortenbogen entspringen. Bald entstehen sie aus einem gemeinschaftlichen Armkopfstamm , von welchem symmetrisch zuerst die beiden Art. suhclaviae für das Vorderglied , dann die beiden Carotiden für den Kopf abgehen (die meisten Hufthiere); bald finden sich zwei Armkopfstämme, deren jeder die Subclavia und Carotis seiner Seite liefert (Fledermäuse); bald zeigt sich rechterseits nur ein Armkopfstamm, welcher die Subclavia dieser Seite und die beiden Carotiden liefert, während unabhängig von ihm die linke Carotis direct aus dem Aortenbogen ihren Ursprung nimmt (die meisten Nager, wie das Kaninciien, Carnivoren, einige Halbaffen); endlich findet sich rechterseits ein Armkopfstamm für die rechte Subclavia und Carotis, während die linke Subclavia und linke Carotis direct aus dem Aortenbogen entspringen (Monotremen, einige Beutelthiere , Eden- taten etc.). Die oberen Hohlvenen zeigen mancherlei Variationen; sie bleiben nur bei den Monotremen und Beutelthieren , den meisten Nagern und In- sectenfresseru paarig und symmetrisch. Bei den anderen Säugethieren ergiesst eine Quercommissur einen grösseren oder geringeren Theil des in der oberen linken Höhlvene strömenden Blutes in die rechte Vene, die dadurch ein be- deutendes Uebergewicht bekommt, so sehr, dass die linke Hohlveue zu schwinden beginnt (Wiederkäuer, Einhufer) und gänzlich verödet bei den Cetaceen, Carnivoren, Primaten, wo nur noch eine obere Hohlvene, die rechte, übrig bleibt , die durch die Vereinigung der beiden Jugularveuen gebildet wird. Dieser Schwund der linken oberen Hohlvene zieht auch Veränderungen im Laufe der Vena azygos nach sich; die linke V. azygos ergiesst sich durch eine Anastomose in die rechte, ihr centraler Theil schwindet vollständig; man hat sie deshalb auch als F. hemi- azygos bezeichnet. Bei den Cetaceen und Sirenen wird die fehlende V. azygos durch intravertebrale Venen ersetzt, die in dem Eückencanal verlaufen und ihr Blut in die stets unpaare, untere Hohlvene ergiesseu; welche alles Blut aus den Eingeweiden und den hinteren Körpertheilen sammelt. In einigen Fällen constatirt man die Bildung von Wundernetzen, welche die Bestimmung haben , den Blutlauf in einzelnen Gefässbereichen zu verlangsamen; so in den Gliedern von kletternden und grabenden Arten (Mono- tremen, Bradypus, Myi'mecophaga) , oder im Verlaufe der inneren Carotis (Wiederkäuer, Suideu) , oder auch an den intercostalen Arterien (Delphinus). Das Lymphsystem ist überall etwa nach demselben Plane wie beim Kaninchen entwickelt; seine Gefässe enthalten, wie bei den Vögeln, zahl- reiche Klappen , dagegen fehlen pulsirende Lymphherzen durchaus , während zahlreiche Lymphdrüsen an den einzelnen Gefässen fast in allen Theileu des Körpers ausgebildet sind. Diese Drüsen oder Ganglien, in welchen sich die Lymphkörperchen bilden, beginnen schon im Anfange der Verdauungswege mit den Mandeln; sie sind sehr zahlreich im Dünndarme und dort unter dem Namen der Peyer'schen Drüsen bekannt; ferner finden sie sich in grosser Anzahl im Gekröse (Mesenterialdrüsen) und vereinigen sich hier zu- weilen zu einer Masse, welche man Pancreas Aselli genannt hat. Die Milz, welche viel mit den Lymphdrüsen gemein hat, fehlt niemals. Vielleicht muss man auch zu diesen Organen die sogenannte Fettdrüse vieler Insectenfresser (Igel), Nager (Murmelthier) und der Fledermäuse zählen, welche Winterschlaf halten. Sie findet sich als eine gelappte Masse in der 956 Wirbelthiere. Brusthöhle , von wo aus sie sich iu den Hals , die Achselhöhlen und selbst bis auf den Bücken erstreckt; sie enthält viel Fett und schwindet während des Winterschlafes bedeutend zusammen. Litteratur. — G eo f f ro y-Sai n t-Hi la i r e, Philosophie anatomiqiie. Paris, 1818. — F. 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Seite Arthropoden im Allgemeinen 1 Classe der Crustaceen 8 Astacus ßuviatilis 13 Pantopoden oder Pycnogoniden 67 Xiphosuren oder Poecilopoden 69 Tardigraden 73 Linguatuliden oder Pentastomen 74 Classe der Onyelioplioren (Peripatus) 77 Classe der Myriapoden 87 LitJiobius forßcatus 89 Classe der Hexapoden oder Inseeten 135 Melolontha vulgaris • 136 Classe der Araehniden 193 Epeira diadetna 195 Tunieaten im Allgemeinen 263 Classe der Thaliaden . 265 Salpa democratica-mucronafa 266 Classe der Aseidien 296 Ciona infestinalis • . . . . 297 Wirbelthiere im Allgemeinen 328 Classe der Aeranier oder Leptoeardier 335 Amphioxus lanceolatus 335 Classe der Cyelostomen 379 Petromyzon fluviatilis 381 Classe der Fische 470 Perca fiuviatilis 475 Classe der Amphibien 543 Rana esculenta 544 Classe der Reptilien 628 Lacerta viridis 633 Classe der Vögel 730 Columha domestica 732 Classe der Säugethiere 826 Lepus cuniculus 830 ALPHABETISCHES VERZEICHNISS der in diesem Bande gegebenen Monographien und ihrer Verfasser. Name Classe Verfasser A^nphioxus lanceoJatus (Yarrell) .... Acranier . . . M. Jaquet Astacus fluviatilis (Rondelet) Crustaceum . E. Yung . Ciona intestinalis (Linne) Tunicate . . . E. Yung . Columha domestica (Linue) Vogel . . . . M. Jaquet Epeira diadema (Linne) Arachnide . . C. Vogt . Lacerta viridis (Linne) Eeptil . . . . C. Vogt . Lejpus cuniculns (Linne) Säugetbier . . E. Yung . Lithohius forficatus (Linne) Myriapode . . C. Vogt . Melolontha vulgaris (Fabricius) Inseet . . . . E. Yung . Perca fluviatilis (Linne) Fiscb . . . . M. Jaquet Peripatus capensis (Grube) Ouyc.bopbore . C. Vogt . Petromyzon fluviatilis (Linne) Cyclostome . . C. Vogt . Rana esculenta (Linn^) Amphibium . E. Yung . Salpa democratica-miicronata (Forskai) . Tunicate . . . C. Vogt . Seite . 335 . 13 . 297 . 732 . 195 . 633 . 830 . 89 . 136 . 475 , 77 , 381 . 544 . 266 m^i Qf Ost J^% ^.