yi aorta’ echie shit vey ¢ seer ere sstiteleceleleitit BET et esdethtancie HARVARD UNIVERSITY a LIBRARY OF THE DEPARTMENT OF MOLLUSKS IN THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY Gift of: > a | Thier ie eo or { LEHRBUCH VERGLEICHENDEN ANATOMIE WIRBELLOSEN THIERE VON ARNOLD LANG, O. PROFESSOR DER ZOOLOGIE UND VERGLEICHENDEN ANATOMIE AN DER UNIVERSITAT UND AM EIDGENOSSISCHEN POLYTECHNIKUM IN ZURICH. ZWEITE UMGEARBEITETE AUFLAGE. ERSTE LIEFERUNG: MOLLUSCA BEARBEITET VON DR. KARL HESCHELER, ASSISTENT UND PRIVATDOZENT AN DER UNIVERSITAT ZURICH. MIT 410 ABBILDUNGEN. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1900. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Vorwort zur ersten Lieferung. Mit der vorliegenden Lieferung beginnt die durch dussere Um- stiinde stark verzégerte Verdffentlichung der zweiten Auflage meines Lehrbuches. Die Lieferung enthilt die ,Mollusca*. Der Leser, welcher diese zweite Auflage der ,Mollusca* mit der ersten ver- leicht, wird sich von der grossen Sorgfalt und Einsicht leicht tiber- zeugen, mit der sie von meinem Mitarbeiter Herrn Dr. k. HESCHELER bearbeitet worden ist. In der neuen Auflage des Lehrbuches soll das Gesammtgebiet der wirbellosen Thiere anniihernd ebenso eingehend behandelt werden, wie in der alten die Abtheilungen Mollusca“ und ,,Kchinodermata*. Zu diesem Behufe miissen die ersten Kapitel bis zu den Arthropoden volistindig neu redigirt, die die Arthropoden betreffenden Theile aber ganz wesentlich umgearbeitet werden. Die Lieferungen, in denen das Werk erscheint, bilden ebenso viele selbstiindige Abtheilungen, welche abgegrenzte Wissensgebiete umfassen. Wenn vollendet, wird das Lehrbuch aus drei Binden von je 800—1000 Seiten bestehen, auf welche der Stoff in folgender Weise vertheilt sein wird: I. Band. 1. Lieferung Protozoa 2. ¥ Kinleitung zu den Metazoa 2D. ik Zoophyta 4. ss Platodes i. Band* ) Wb. “ Vermes 2. _ Branchiata > Annulata 3. cA Tracheata III. Band. 1. - Mollusca 2. Echinodermata. KEnteropneusta. ” Auf die vorliegende Lieferung Mollusca“ wird in wenigen Wochen die von mir vollstindig neu bearbeitete Lieferung , Protozoa“ foleen. Daran werden sich, im Verlaufe von etwa 4 Jahren, die iibrigen von mir bearbeiteten Lieferungen des ersten Bandes in ununter- brochener Reihenfolge anschliessen. Gleichzeitig wird mit der Heraus- eabe des zweiten Bandes begonnen werden. Herr Dr. HESCHELER hat die Bearbeitung der ersten Lieferung dieses Bandes, welche die Wiirmer enthalten soll, tibernommen. IV Vorwort zur ersten Lieferung. Auch bei der neuen Auflage wird von einer historischen Darstellung durchaus abstrahirt. Die Aufgabe des Lehrbuches ist, den Leser mitten in den modernen Stand der morphologischen Forschung einzufiihren. Um das Auffinden der einschligigen Litteratur zu _ erleichtern, werden erstens die den einzelnen Kapiteln beigegebenen Litteratur- verzeichnisse, besonders was die moderne Litteratur anbetrifft, aus- fiihrlicher gestaltet. Zweitens wird den Erklirungen der zahlreichen Figuren nicht nur der Name des Autors, sondern auch die Jahreszahl des Erscheinens der betreffenden Abhandlung beigefiigt. Drittens werden im Text 6fter die Namen der modernen Autoren genannt, die zuletzt auf dem betrettenden Gebiete wichtigere Arbeiten verdéffentlicht haben, mit Angabe der Jahreszahl der Abhandlung, deren ausfiihr- lichen Titel und Ort des Erscheinens der Leser immer in den den einzelnen Kapiteln beigefiigten Litteraturverzeichnissen findet. Da sich in den Abhandlungen fast immer Litteraturverzeichnisse und historische Ueberblicke finden, so wird es dem Leser leicht werden, sich tiber (ie Litteratur auf dem betreffenden Gebiete zu orientiren. In der vorliegenden Lieferung ist die Litteratur bis zum 1. Januar 1900 be- riicksichtigt. Auch bei der neuen Auflage wird grosses Gewicht auf die sorg- filtige Reproduction zahlreicher, moderner, instructiver Abbildungen geleet. Vielfach werden neue, hauptsiichlich schematische, Original- figuren beigefiigt. Jeder Lieferung wird ein Inhaltsverzeichniss, ein austiihrlicher Index und ein Verzeichniss der Figuren beigegeben, was die benutzung wesentlich erleichtern wird. , Am Schlusse folgt ein Generalregister. Directoren und Assistenten yon zoologischen Laboratorien werden vielleicht die Neuerung begriissen, dass am Schlusse der Bearbeitung einer jeden grésseren Abtheilung auf alle Angaben im Text und alle Figuren verwiesen wird, die sich auf solche Thiertypen beziehen, welche bei praktischen Kursen mit Vorliebe Verwendung finden. So wird beispielsweise am Schlusse der ,Mollusca“* auf alle Angaben und Figuren verwiesen, welche Chiton, Helix, Unio oder Anodonta und Sepia betretten. Bei der Redaction des Textes ist tibrigens auf solche Formen noch besondere Riicksicht genommen. Sofern es uns, meinem Mitarbeiter und mir, vergénnt sein wird, unsere schwierige und zeitraubende Autgabe gliicklich zu Ende zu fiihren, so wird dem grésseren Werke ein kiirzerer Leitfaden fiir Studirende auf dem Fusse folgen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, dem Verleger, Herrn Dr. Gustav FiscHer, wiederum fiir das warme Interesse, das er dem Werke stetsfort entgegenbringt, meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Ziirich, den 1. October 1900. Arnold Lang. id Il. IV. Inhaltsverzeichniss. Mollusea, Weichthiere. Systematische Uebersicht. Schema der sation. Uebersicht der amederen COs cmiieacuiann Orientirung innerhalb der Hauptgruppen der Mollusken . ae EO. Haut, Mantel, Bingeweidesack A. Ibe Amphineura ; Placophora (Chitonidae) Aplacophora (Solenogastres) . Gastropoda (Cephalophora) Prosobranchia Pulmonata : Opisthobranchia . Scaphopoda . Lamellibranchia . . Cephalopoda Tetrabranchia (Nautilus) . Dibranchia Amphineura 1. Placophora 2. Solenogastres . Gastropoda Haut Mantel, Hingeweidesack il Prosobranchia 2. Pulmonata. . . 3. Opisthobranchia .: C. Scaphopoda 8) E. Cephalopoda Lamellibranchia . Die Schale A. B. Allgemeines Specielles : 1. Amphineura urspriinglichen Molluskonorgani- VI VII. VITT. IX. X. XI. ATT, Erstes Kapitel. 2. Gastropoda 3. Lamellibranchia 4, Cephalopoda . .. Uebersicht tiber die Anordnung der Organe der Mantelhéhle und der in ihr liegenden iusseren Miindungen innerer Organe A. Prosobranchia B. Opisthobranchia C. Pulmonata D. Scaphopoda . EK. Lamellibranchia F. Cephalopoda . Die Respirationsorgane A. Die aichten Kiemen oder C jenidione A. Amphineura B. Gastropoda ! C. Lamellibranchia D. Cephalopoda B. Adaptive Kiemen . 1. Die Analkiemen 2. Die rechts- und ieeeneen leareanciecs von Ug emer blittchen . . 3. Die Rackenanhsnse (Cer ata). C. Lungen : so Su, Loaded a) Se ee Die Hypobran chide aise: (Schleim driise der Prosobranchier, Epithelschild der Ptero- poden etc, Analdriise etc.) Der Kopf A. Prosobranchia B. Opisthobranchia ©, Pulmonata Scaphopoda . Cephalopoda : : Die Mundlappen der Lamellibr aniebiten Der Fuss und seine Driisen A. Amphineura . B. Gastropoda a) Prosobranchia b) Opisthobranchia c) Pulmonata J. Scaphopoda D. Lamellibranchia K. Cephalopoda Die Arme der Metn an anc wen (Nautilus) Dibranchia Sat: ae Wasser enc hate Musculatur und Bdge iat. A. Amphineura . B. Gastropoda a) Prosobranchia b) Opisthobranchia c) Pulmonata C. Scaphopoda : IIL XeV I. Mollusea. Inhaltsverzeichniss. D. Lamellibranchia E. Cephalopoda. . a) Tetrabranchia (N sutilus b) Dibranchia Nervensystem. A, Amphineura . B. Gastropoda Entstehung der ereacane fice Pleur oviscert piconmecnne e (Chiastoneurie) C. Seaphopoda . D. Lamellibranchia E. Cephalopoda . : I. Tetrabranchia . Me Dilbranchia, “273 - . Versuch einer Erklar ung der Asymmetric ie d er Gastropeden —— Litteratur zum Abschnitt : Asymmetri ie der Gastropoden . Sinnesorgane A. Organe des Hautsinnes . 1. Tastorgane 2. Geruchsorgane a) Das Osphradium b) Riechtentakel c) Riechgruben der Cephalopoden a is d) Palliale Sinnesorgane der Lamellibranehier- e) Die Geruchsorgane der Chitonen 3. Die Seitenorgane der Diotocardier . 3a. Das subpalliale Bayes ae einzelner Diotocardier 4. Geschmacksorgane 5. Subradulares Sinnesorgan von . Chiton 6. Die Sinnesorgane der Chitonschalen B. Gehérorgane (statische Organe) . C. Sehorgane TRL ee . Augengruben . Augenblasen oder Blaschenaugen : . Das Auge der dibranchiaten Cephalopoden Die Riickenaugen der Oncidiidae und die Augen des Mantelrandes von Pecten und Spondylus Die Augen yon Cardium muticum . 5. Die Schalenaugen der Chitonen . 6. Die zusammengesetzten oder Facheraugen \ von Area und Pectunculus : ; 7. Verkiimmern der Kopfaugen , Anhang zum Abschnitt Sinnesor sane. Leuchtorgane bei pre eee : mo De Der Darmkanal . . . Mundhéhle, Schnauze, Russel gS Sines ae ce) ie . Der Pharynx mit den Kiefern, der Zunge und den Speicheldriisen . . . Der Oesophagus (Speiserdhre) . Der Mitteldarm mit dem Magen und ‘der Verdauungs- driise (Mitteldarmdriise, Leber) . . sais . Der Enddarm (Mastdarm, Rectum), Tintenbeutel . tr yaQ ayer Vil Seite 192 XVIII. XIX. A b4 »:@:4 5 XXII. XXIII. XXIV. Inhaltsverzeichuiss. . Circulationssystem A. Allgemeines . B. Specielles . Amphineura . Gastropoda Scaphopoda Lamellibranchia 5. Cephalopoda . ae eee WEE sun at Die Leibeshihle (primiére und secundire Leibeshoéhle, Pericard, Pericardialdriisen) Die Nephridi ien oo iere, Bosanus’ peep . Amphineura . : te . Gastropoda . Scaphopoda . Lamellibranchia . Cephalopoda . ll ae EOOWP> . Geschlechtsorgane A. Allgemeines . B. Specielles . a) Gonaden . b) Die Leitungswege | c) Begattungsapparate. Hectocotylie der Cephalopoden Parasitische Schnecken Eden OO Anes Festsitzende Schnecken Ontogenie A. Amphineura . B. Gastropoda C. Scaphopoda D. Lamellibranchia E. Cephalopoda Phylogenae:... . Uebersicht der wightiosten ateer ae Verweisungen auf Angaben im Text und aut Figuren, die sich auf solche Molluskenformen be- ziehen, welche bei praktischen Kursen in den zoologischen Laboratorien am hiaufigsten zur Untersuchung gelangen . Anhang. Rhodope Veranii Litteratur Figurenverzeichnies . Index Seite 313 313 316 316 320 328 328 333 B37 B44 345 348 356 356 359 362 362 365 365 373 394 397 404 405 405 410 427 428 ddd 456 457 479 482 485 486 495 I. KAPITEL. Mollusca. Weichthiere. Von Haus aus bilateral-symmetrische Thiere mit ungegliedertem Koérper. Die Bauchwand ist musculés verdickt und bildet den zur Locomotion dienenden Fuss, der die verschiedensten Formen annehmen kann. Eine Duplicatur der Leibeswand bildet eine am Kérper herunter- hiingende Ringfalte, den Mantel, welcher die Mantelhéhle bedeckt. Die Mantelhéhle ist urspriinglich hinten am tiefsten und geriumigsten und beherbergt hier zu Seiten des medianen Afters symmetrisch erupput die beiden Kiemen, die beiden Nierenéffnungen und die Ge- schlechtséffmungen. Der meist zu einem Eingeweidesack auswachsende Riicken ist bis zum Mantelrande von einer schiitzenden Schale bedeckt. Der Mund liegt am Vorderende des Kérpers und fiihrt in den meist mit Kiefern und einer Reibplatte (Radula) bewaffneten Pharynx. Mittel- darm mit einer voluminésen Verdauungsdriise (Leber). Secundiire (eigenwandige) Leibeshéhle reducirt, jedoch immer als Pericard er- halten. Blutgefiisssystem offen, meist grossentheils lacunir. Herz dorsal, urspriinglich mit 2 symmetrischen Vorhéfen, arteriell. Ne- phridien urspriinglich paarig, stehen mit dem Pericard in offener Communication. Das Centralnervensystem besteht aus den paarigen Cerebral-, Pleural-, Pedal- und Visceralganglien. Getrenntgeschlecht- liche oder hermaphroditische Thiere. Gonade meist unpaar mit paarigen oder unpaaren Leitungswegen. In der Entwickelung entsteht aus der Gastrula eine modifizirte Trochophora, die fiir die Mollusken charakte- ristische Veligerlarve. Diese kurze und allgemeine Charakteristik des Molluskenkérpers miisste fiir jede einzelne Klasse modifizirt werden. In jeder Klasse giebt es Formenreihen, die in diesem oder jenem wichtigen Punkte der Organi- sation oder in mehreren Punkten zugleich abweichen. Die Schale kann verloren gehen, ebenso der Mantel. Von den beiden Kiemen kann die eine und schliesslich auch die andere verschwinden. Neue, morphologisch Lang, l.ehrbuch der vergleichenden Anatomie. [1I. 2. Aufl. it 2 Erstes Kapitel. differente Kiemen oder Luftathmungsorgane kénnen auftreten. Der EHin- geweidesack kann verstreichen, der Fuss rudimentiir werden und ganz verschwinden. Die Mundbewaffnung kann fehlen. Der Complex der Mantelorgane kann sich nach vorn verlagern und eine weitgehende Asym- metrie fast simmtlicher Organe hervorrufen etc. Aber nie verwischen sich alle Molluskencharaktere derart, dass nicht die Zugehérigkeit einer Thierart zu den Mollusken in doppelter Weise nachgewiesen werden kénnte, 1) vergleichend-anatomisch und systematisch durch Uebergangs- reihen, die zum wohlausgeprigten Molluskentypus fiihren, 2) onto- genetisch. Die Mollusken werden in folgende 5 Klassen eingetheilt: 1) Amphi- neura, 2) Gastropoda, 3)Scaphopoda, 4) Lamellibranchia, 5) Cephalopoda. yysLematisione Uebersicht: I. Klasse. Amphineura. Bilateral-symmetrische Mollusken. Das Nervensystem weist 2 seit- liche und 2 ventrale durch zahlreiche Commissuren verbundene, in ganzer Ausdehnung mit Ganglienzellen besetzte Nervenstriinge auf, welche vorn in das Cerebralganglion einmiinden. Spezielle Sinnesorgane reducirt. Meeresbewohner. I. Ordnung. Placophora sive Chitonidae. Aut der Riickenseite 8 hintereinander liegende, dachziegelférmig tiber- einander greifende Schalenstiicke. Gesonderte Schnauze. Zahlreiche Kiemen jederseits in einer Liingsreihe in der Furche zwischen Fuss und Mantelzone. Fuss (mit Ausnahme von Chitonellus) stark entwickelt, mit grosser flacher Kriech- oder Haft- sohle. Paarige Geschlechtsgiinge und paarige Nephridien. Getrenntge- schlechtlich. Herz mit 2 Vorhéfen. Radula (3 + 1), (2+ 1), (1+ 1-+ 1), GLE Ones) Werden in mehrere Familien ein- getheilt. Einzelne Genera: Chiton (Fig. 1), Cry ptochiton (Schalen- stiicke vom Mantel bedeckt |Fig. 65)), Chitonellus (= Cryptoplax), II. Ordnung. Aplacophora sive Solenogastres. Korper annihernd cylindrisch, meist wurmférmig. Keine Schalen. Der stark verdickten Cuticula sind Kalknadeln eingebettet. Fuss rudi- mentiir, Mantelhéhle reducirt auf eine Furche zu beiden Seiten des rudi- mentiiren, leistenférmigen Fusses und Fig. 1. Chiton, Habitusbild, nach 2Uf eine Hohle (Kloake) am hinteren PRETRE (in: Voyage de l’Astrolabe). Kérperende, in welche Darm und » Mollusca. Systematische Uebersicht. 3 Nephridien miinden, und in welcher die rudimentiiren Kiemen liegen, wenn solche vorhanden sind. Als Ausfiihrungsginge der Geschlechts- producte fungiren die Nephridien. 1. Familie. Neomeniidae. Fuss eine Liingsleiste, die sich im Grunde einer medio-ventralen Lingsfurche erhebt. Hermaphroditen. Proneomenia (Fig. 2), Neo- menia, Lepidomenia, Dondersia. 2. Familie. Chaetodermatidae. Fuss und Fussfurche giinzlich verkiimmert, Geschlechter getrennt. Chaetoderma. Fig. 2. Proneomenia Sluiteri (P. Langi), Original, °/, Grésse. A von der rechten Seite, B von unten. o Mund, cl Kloake. II. Klasse. Gastropoda (Cephalophora). Sehnecken. Kérper asymmetrisch. Tentakel- und augentragender Kopf vom Kérper meist gesondert. Fuss wohl entwickelt, meist mit flacher Kriech- sohle. Der bruchsackartig hervortretende, grosse Kingeweidesack kann in allen Gruppen secundiér wieder verstreichen. Er ist von einer aus einem einzigen Stiick bestehenden Schale (Gehiiuse) bedeckt, in welche sich das Thier zuriickziehen kann. Doch kommt — meist im Zu- sammenhang mit dem Verstreichen des Eingeweidesackes — in allen Abtheilungen (doch bei den Prosobranchiern nur ganz ausnahmsweise) Rudimentation der Schale vor, die zum yélligen Schwunde derselben fiihren kann. Mantelcomplex auf der rechten (selten linken) Seite oder dieser ent- lang ganz nach vorn verschoben. Eingeweidesack und Schale spiralig aufgewunden. Die Asymmetrie praigt sich tiberall, mit alleiniger Ausnahme der niedersten Prosobranchier, in dem Schwunde der einen Kieme, der einen Niere, des einen Vorhofes des Herzens, sowie in der Lage der Geschlechts- éffnung auf der rechten (selten linken) Seite des Kérpers aus. Radula vorhanden, nur in seltenen Fallen verkiimmert oder fehlend. I. Unterklasse. Streptoneura. Merkmale dieselben wie fiir die I. Ordnung. Prosobranchia. Vorderkiemer. Die Pleurovisceralconnective gekreuzt. Mantelcomplex an die Vorder- seite des Kingeweidesackes verlagert. Bei den meisten Formen nur eine 1 * 4 Erstes Kapitel. Kieme, diese vor dem Herzen, und am Herzen der Vorhof vor der Kammer. Getrenntgeschlechtliche Thiere, die vorwiegend im Meere leben. Fuss meist mit Deckel zum Verschluss der Schale. Eine Schale fehlt nur bei Titiscania (einer Neritaceengattung) und bei Pterotrachea unter den Heteropoden. 1, Unterordnung. Diotocardia (Aspidobranchia). Herz mit 2 Vorhéfen (excl. Docoglossa und einige Azygobranchia). 2 Nieren. Anstatt der Pedalganglien der iibrigen Gastropoden 2 durch zahlreiche Quercommissuren verbundene gangliise Liangsnervenstrange im Fuss. Kiemen zweizeilig gefiedert, mit der Spitze frei vorragend. Meist Epipodium wohl entwickelt: ein Kranz von zahlreichen oder weniger zahlreichen Tentakeln um die Fussbasis. Kein Riissel, kein Sipho, ge- wohnlich kein Penis. a) Rhipidoglossa. Herz vom Rectum durchbohrt (ausg. Heli- cinidae), Nervensystem dialyneur. Gewohnlich mit Epipodium. «) Zygobranchia, 2 Kiemen, beide Vorhife gut ausgebildet. Schale mit marginalem Schalenschlitz, oder mit apicalem Loch, oder von einer Reihe von Léchern durchbohrt. Meist ohne Deckel. Marine Formen. Fam. Pleurotomariidae (Pleuro- tomaria, Scissurella, Polytremaria), Bellerophontidae (ausschliesslich fossil), Fissurellidae (Fissurella [Fig. 3], Radula oo 1. (4. 1. 4) 1. co, mit secundir symmetrischer Schale, Emarginula, Puncturella = Cemoria, Scutum == Parmophorus), Haliotidae (Haliotis, Rad. co 1. (5. 1: 5.) 1. oo). if ae ¢ ae. fomett Ne ~~ ee: a cc aR. Bei einigen Gruppen von Lamellibranchiern bleibt die Verwachsungs- stelle zwischen Anal- und Atheméffnung resp. Sipho kurz, d.h. die beiden Oeffnungen liegen direct unter einander, dafiir aber verwachst der Mantel- rand vor der Atheméffnung in grosser Ausdehnung, so dass die Fuss- spalte sich schliesslich auf ein kleines vorderes Loch reducirt. Man nennt dann den Mantel geschlossen. Hieher : Eulamellibranchia. Modiolarca, Dreissensia. Petri- Mollusca. Haut, Mantel, Eingeweidesack. 65 cola, simmtliche Pholadidae (Pholas, Pholadidea, Jouannetia {das Fussloch soll bei alten Thieren ganz zuwachsen|, Xylophaga, Martesia), die Teredinidae, unter den Pandoriden Pandora, ferner die Verticordiidae und Lyonsiidae (Anatinacea). Bei Kellya und Verwandten unter den Erycinidae existiren ebenfalls 3 Oeffnungen am Mantel; allein nicht die vorderste dient zum Austritt des Fusses, sondern die mitt- lere; die hinterste fungirt als Anal-, die vorderste als Kinstrémungséffnung (Fig. 77). Aehnliche Verhiltnisse, was die Richtung des Wasserstromes betrifft, finden sich bei gewissen Muscheln, bei denen der Mantel die Schale ganz oder theilweise umwachsen hat (Scioberetia, Chlamydoconcha etc.). Ni- heres siehe weiter unten. Fig. 77. Kellya suborbicularis, von unten gesehen, nach DESHAYES. a Vorn, p hinten, 7 vordere (Einstrémungs-)Oeffnung, 2 Verwachsungsstelle der Mantelriinder, 2 ventrale oder mittlere Oeffnung zum Austritt des Fusses, 4 mittlere Duplicatur des Mantel- randes, 5 hintere oder Ausstrémungséffnung, 6 hinterer Schliessmuskel. pr D. Es giebt eine Reihe von Lamellibranchiern mit geschlossenem Mantel, bei denen ausser den 3 Oeffnungen der vorhergehenden Gruppe noch eine 4. Oeffnung vorkommt, d. h. bei welchen der Mantel 5) Verwachsungsstellen aufweist. Die 4. Manteléffnung ist immer klein, liegt zwischen der Fusséffnung und der Branchialéffhung und entspricht bei einigen Formen vielleicht einer rudimentiiren Oeff- nung fiir den Byssus, bei anderen aber einer, auch in den meisten Fallen obsolet gewordenen Oeffnung fiir einen hinteren, flossenihn- lichen Anhang des Kérpers (Opisthopodium). Ein solches Opistho- podium findet sich nur bei Pholadomya und_Halicardia. Einen Mantel mit 4 Oeffnungen besitzen folgende Eulamelli- branchia. Unter den Myacea Solen, Lutraria, Glycimeris. Ferner viele Anatinacea, so Myochama, Thracia, Chamostrea, die Pholadomyidae und die Clavagellidae (Clavagella und Brechites), Lyonsia norvegica. Die Analoffnung ist hiufig, die Atheméffnung fast immer gefranst, oder in verschiedener Weise von Warzen, Papillen, Tentakeln umstellt, und zwar gleichviel, ob diese Oeffnungen sitzend sind, oder ob sie sich am Ende ktirzerer oder liingerer Siphonen befinden. Ueber die Siphonen sei noch Folgendes mitgetheilt. Sie sind contractil und ausdehnbar. Durch-besondere Muskeln kénnen sie ent- weder_ ganz oder theilweise in die Schale zuriickgezogen werden. Diese Muskeln_setzen sich hinten rechts und links an die Innenfliche der Schalenklappe-an.- Dadurch entsteht die Mantelbucht, von welcher spiiter die Rede sein wird. Die Linge der Siphonen ist sehr verschieden. Durch besonders lange Siphonen zeichnen sich aus die Mactridae, Donacidae, Psammo- Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl. oO 66 Erstes Kapitel. budae, Tellinidae, Scrobiculariidae, manche Veneracea und Cardiidae, die Mesodesmatidae, Lutraria, die Pholadidae, Teredinidae, Anatinidae und Clavagellidae. Die Siphonen kénnen in ihrer ganzen Liinge getrennt (oft divergirend) sein. Beispiel Galatea unter den Cyrenidae, die Donacidae, Psammo- biidae, Tellinidae, Scrobiculariidae (Fig. 78), Mesodesmatidae, Pharus ete. Bei anderen sind sie ihrer ganzen Linge nach verwachsen und sehen aus wie die beiden Liiufe einer Doppelflinte. Sie kénnen sogar 4Ausserlich den Eindruck einer einheitlichen Réhre machen, die aber immer im Innern durch eine longitudinale Scheidewand in einen oberen (analen) und einen unteren (branchialen) Kanal zerfallt. Der gemeinsame Sipho kann hie und da, besonders bei Formen, bei denen er nicht in die Schale zuriickgezogen werden kann, durch eine besondere Epidermisscheide geschiitzt sein. In ihrer ganzen Linge vereinigte Siphonen besitzen z. B. die Mactridae, einige Veneracea, Lutraria, Solenocurtus, Solen, die Pholadidae, viele Anatinidae, die Clavagellidae. Fig. 78. Serobicularia piperata, im Schlamm eingegraben. Der EFinstri- mungssipho nimmt Schlamm als Nahrung ein, der Analsipho steht in die Héhe. Nach MEYER und MOsIvs. Hie und da kénnen die Siphonen eine Strecke weit (an ihrer Basis) vereinigt sein, gegen das Ende sich aber trennen und sogar divergiren, z. B. Petricola unter den Veneraceen, Teredo u. s. w. Die beiden Siphonen sind hiufig ungleich lang. Bei Modiolaria (Mytilidae) ist sogar nur der eine, nimlich der anale ausgebildet, wiihrend die Branchialéffnung noch nicht von der grossen Mantelspalte getrennt ist. Im Gegensatz hiezu ist der Branchialsipho bei Dreissensia und Scrobicularia viel langer als der Analsipho. In den Siphonen kénnen Klappen vorkommen, hiufiger im Anal-, seltener im Branchialsipho. Bedeutung der Ausbildung der Anal- und Branchial- 6ffnung, des Anal- und Branchialsipho. Die meisten Muscheln sind Schlammthiere. Sie stecken mit dem Vorderende nach unten im Schlamm, in welchem sie sich vermittelst des zwischen den Schalenklappen nach vorn und unten vorgestreckten Fusses bewegen. Das zum Baden der Kiemen, zum Zwecke der Athmung, néthige Athemwasser kann nur durch die Mantelspalte des hinteren, frei ins Wasser vorragenden Endes des Thieres in die Mantelhéhle aufgenommen und wieder nach aussen abgegeben werden. An dieser Stelle miissen auch die aus dem ganz naheliegenden After austretenden Facalmassen aus dem Mantelraume nach aussen entleert werden. Da eine bestindige, Mollusca. Haut, Mantel, Eingeweidesack. 67 geregelte Zu- und Abfuhr von Wasser zum Zwecke der Respiration, sowie zum Zwecke der Zufiihrung von im Wasser suspendirten Nahrungs- partikelchen zum Munde néthig ist, so verstehen wir die Ausbildung tocalisirter Stellen fiir das Ein- und Ausstrémen von Wasser. Als Stelle des Ausstrémens ist die Stelle des Mantelschlitzes die giinstigste, welche unmittelbar hinter der Afteréffnung liegt. Die Ausbildung von Siphonen steht damit in Zusammenhang, dass viele Muscheln tiefer im Schlamm, im Sand, in Holz, ja in verschiedenem Gestein versteckt leben. Vermittelst der Siphonen stehen sie dann mit der Oberfliiche ihres Versteckes und damit mit dem Wasser in Verbin- dung, so dass, wenn das Thier ungestért bleibt, ein bestiéndiger Strom durch den Branchialsipho in den Mantelraum ein- und dann wieder durch den’ Analsipho austritt. Wo die beiderseitigen Mantelriinder in grosser Ausdehnung ver- wachsen sind (geschlossener Mantel), sind die Siphonen immer wohl ent- wickelt. Ein solcher Verschluss des Mantels findet sich hauptsichlich bei Muscheln, welche in Holz, Lehm, Gestein u. s. w. bohren und bei denen der Fuss im erwachsenen Zustande schwach entwickelt oder ganz rudimentiir ist. Es zieht die Verkiimmerung des Fusses hier die Ver- engerung der urspriinglich zu seinem Durchtritt dienenden Mantelspalte (Fussschlitz) nach sich. Einen weit offenen Mantel mit nicht oder wenig ausgebildeter Anal- und Branchialéffnung finden wir bei Muscheln, die weder im Schlamm, noch in Holz oder Gestein leben, die vielmehr, allseitig vom Wasser be- spilt, festsitzend oder frei dem Boden der Gewasser aufliegen. Hier kann das Wasser von allen Seiten durch die meist offene Mantelspalte hindurch zwischen Mantelhéhle und Aussenwelt circuliren. Warzen, Papillen, Tentakel, Trager von Sinnesorganen finden wir hier der ganzen Linge des freien Mantelrandes entlang, wiihrend sie bei Schlamm- und Bohrmuscheln vorzugsweise am Rande der Branchial- und Analéffnung angehiiuft sind. Beschaffenheit des Mantelrandes. Der freie Mantelrand der Muscheln weicht sehr hiiufig in eine ver- schiedene Zahl von Falten auseinander, die auf Querschnitten wie finger- formige Fortsiitze desselben erscheinen. Die iiusserste Falte liegt immer der Schale dicht an. Der Mantelrand kann mit einer oder mehreren Reihen von Warzen, Papillen, Tentakeln besetzt sein. In ihm finden sich hiufig ein- oder mehrzellige Driisen, Schleimdriisen, und solche, die als Giftdriisen (Schutzdriisen des Mantelrandes) betrachtet worden sind. Weit verbreitet sind Tastzellen am Mantelrand. Selten kommen hier Augen zur Entwickelung. (Verg]. den Abschnitt Sinnesorgane.) Bei den Pectiniden, Spondyliden und Limiden bildet die innere Mantelfalte einen ziemlich breiten Saum, der vom Mantelrande her bei gedffneter Schale gegen die Medianebene ‘des Kérpers zu vorragt (Fig. 33). Die freien, gegeniiberliegenden Riinder dieser von rechts und links vor- springenden Falte (Klappe, Vorhang) kénnen sich bei gedffneter Schale beriihren, so dass sie den Mantelraum selbst bei gedffneter Schale ab- schhessen, mit Ausnahme yon vorn und hinten, Bei den Nuculiden mit wohl entwickeltem Schlosse erstrecken sich dorsal, wo jederseits, vorn und hinten, der freie Mantelrand beginnt, Fortsiitze des Mantels tiber den Schlossziihnen hin bis unter das Liga- Be 68 Erstes Kapitel. ment. Diese Mantelfortsiatze (Fig. 30, 79 und 151), die als tiber den Schlosszihnen gelegene Stiibe erscheinen, hingen mit dem Riicken- integument durch zarte Verbindungsbriicken zusammen. Was die Be- deutung dieser Gebilde, ihre Be- aziehungen zur Ausbildung der Schale, des Schlosses etc. anbe- trifft, muss auf die dariiber ge- ausserten Ansichten in der neueren Litteratur verwiesen werden. (Siehe besonders STEMPELL.) 6 Fig. 79. Querschnitt durch das Schloss und den Mantelfortsatz eines Nuculiden, schematisch, nach STEMPELL, 1898. 1 Schale, 2 Schlosszahn, 3 Verbindungsbricke zwischen Rickenhaut 4 und Mantelfortsatz 5, 6 Periostracum. f 3 Faille, in denen der Mantel die Schale umwiachst. Gleich wie bei anderen Abtheilungen der Mollusken lisst sich auch bei den Lamellibranchiern an einer Formenreihe illustriren, wie die Schale vom freien Mantelrande aus umwachsen und so eine innere, mehr oder weniger rudimentiire werden kann. Die hier zu besprechenden Bei- spiele sind alle ziemlich nahe verwandt und ordnen sich grésstentheils in eine Familie, die der Galeommidae, ein. Bei der Gattung Galeomma schlagen sich die freien Mantelrainder nur wenig tiber die beiden Schalen-_ ~ Fig. 80. Scioberetia australis, nach BERNARD, 1896. Die Schale ist vollstiindig vom Mantel umwachsen. A Von oben. J Fuss, 2 Visceralmasse, 3 incompleter Einstrémungs- sipho, 4 durch den Mantel durchschimmernde Schale, 6 Embryonalschale. B Von unten. 1 Fuss, 2 Visceralmasse, # durch den Mantel durchschimmernder Rand der Schale, 4 Ausstrémungssipho, Mollusca. Haut, Mantel, Eingeweidesack. 69 klappen weg, wahrend bei Scintilla dieser Process viel weiter gediehen ist und nur noch die oberste Partie der Schale frei bleibt. Endlich reihen sich Formen an wie Chlamydoconcha, Entovalva, Ephip- podonta und Scioberetia, bei denen die Schale vollstandig eine innere, vom Mantel véllig umwachsene ist. In diesen Fallen wird die Schale klein, klaffend, das Schloss rudimentir, die Schalenmuskeln redu- ciren sich, bei Chlamydoconcha fehlen die Adductoren vollstandig. Bei dieser letztgenannten Form, die ‘usserlich eher einer Nacktschnecke als einer Muschel gleicht, trigt die die Schale bedeckende Partie des Mantels zahlreiche Papillen, welche sensitive Functionen zu besitzen scheinen. Bei Scioberetia und Chlamydoconcha sind die Mantelriinder ventral ver- wachsen bis auf eine vordere Spalte, durch die der Fuss herausgestreckt wird, und eine hintere siphonartige Ausstrémungséffnung; am vorderen Ende der Fussétfnung bilden die hier wieder 3 zusammentretenden Man- telriinder einen nicht voll- standig gegen den Fuss- schlitz abgegrenzten Ein- strémungs- oder Buccal- sipho. Der Fuss, der hau- fig einen Byssus triigt, kann bei mehreren dieser Formen durch Verbrei- terung der Sohle secun- dir wieder zu einem Kriechfuss werden. (Fig. 80 A und B, 81.) Fig. 81. Chlamydoconcha Orcutti, von der rechten Seite, nach BERNARD, 1897. Schale yollstiindig vom Mantel bedeckt. Z Fuss, 2 AusstrOmungssipho, 3 vordere dorsale Oeffnung im Mantel, von Papillen umstellt, 4 sensitive Papillen auf der Aussenfliiche des Mantels, 5 incompleter Einstr6mungs- oder Buccalsipho. Bei Entovalva mirabilis, einer im Darme einer Synaptaspe- cies schmarotzenden Mu- schel, deren Organisation tibrigens noch sehr unge- niigend bekannt ist, die aber auch eine innere Schale besitzt, soll die Byssusdriise in einen Fig. 82. Entovalva mira- bilis, von der linken Seite, nach VOELTZKOW, 1890. 1 Schlosstheil der Schale, 2 Darm, 3 Cerebralganglion, 4 Schale, 5 Mantel, 6 Leber, 7 Fuss, 8 Saugnapf, 9 Zwitterdriise, 10 Brutraum. 70 Erstes Kapitel. E. Cephalopoda. Haut. Die Haut der Cephalopoden besteht aus einem dusseren Cylinder- epithel und einer dicken, darunter liegenden, bindegewebigen Cutis. In dieser Cutis unweit unter dem Epithel und tiber einer das Licht reflec- tirenden, hiufig silbergliinzenden Schicht bindegewebiger Platten finden sich grosse Farbzellen oder Chromatophoren, welche durch abwechselnde Contractionen und Expansionen den beriihmten Farben- wechsel hervyorrufen. Diese Chromatophoren sind einzellig und enthalten bald gelben, bald braunen, schwarzen, violetten oder carminrothen Farbstoft, und zwar sowohl in geléstem, als in an kleine Kérnchen gebundenem Zustande. Sie liegen in einer einfachen oder in einer doppelten Schicht. Im letzteren Falle hat das Pigment der Chromatophoren in den beiden Schichten eine verschiedene Farbe. An jede Chromatophore setzen sich radiir in das umgebende Bindegewebe ausstrahlende Faserbiindel an und zwar an ihren der Hautoberflache parallel liegenden Aequator. Contra- hiren sich die von einer besonderen, vielleicht elastischen Kapsel um- gebenen Chromatophoren, so werden sie fast kugelig. Die Farbkérperchen sind dann dicht zusammengedriingt. Dehnen sich die Chromatophoren aus, so geschieht dies in der Richtung des Aequators, so dass der Abstand von Pol zu Pol ein sehr geringer wird, d. h. die Chromatophoren sehr flach werden. Dabei nimmt jede Chromatophore sehr hiufig eine zier- lich veristelte Gestalt an, und es vertheilen sich die Farbkérperchen auf eine grosse Fliche. Im Weiteren gehen die Ansichten tiber die Ent- wickelung, den Bau und Mechanismus der Chromatophoren trotz zahl- reicher Untersuchungen sehr auseinander. (Es ist tibrigens noch nicht ausgemacht, ob sich alle Formen gleich verhalten.) Vor allem besteht die Differenz der Meinungen darin, dass nach den Kinen die erwihnten, radiiir sich ansetzenden Faserbiindel bindegewebiger Natur sind und in Folge dessen bei der Ausdehnung der Chromatophore keine active Rolle spielen, wihrend nach den Anderen (und diese Ansicht scheint gegen- wirtig besser gestiitzt) in diesen Theilen Muskelfasern zu erblicken sind, deren Contraction die Ausdehnung der Farbzelle bewirkt. Die Contraction der Chromatophore wiirde dann durch die elastische Wirkung der Hiille zu erkliren sein. Fiir die zuletzt erwihnte Auffassung sprechen auch besonders die Resultate physiologischer Experimente. Sicher ist auf alle Fille, dass die Chromatophoren, deren Innervirung durch Verzweigungen der Pallialnerven erfolgt, in ihren Bewegungen von den centralen ‘Theilen des Nervensystems aus regulirt werden. Das Farbenspiel, welches von grossem biologischen und physiologischen Interesse ist und zum Theil unter dem Einflusse des Willens der Thiere steht, kommt durch ab- wechselndes Contrahiren und Ausdehnen verschieden gefiirbter Chromato- phoren zu Stande. Ueber Leuchtorgane bei Cephalopoden siehe Niheres unter Sinnesorgane. Auf andere besondere Bildungen des Integumentes, die bei manchen Cephalopoden, speciell Oegopsiden in jiingster Zeit beschrieben wurden, kann hier nicht eingetreten werden; es sei in dieser Hinsicht auf die Speciallitteratur verwiesen (besonders Arbeiten von Jousin). Erwahnt Mollusca. Haut, Mantel, Eingeweidesack. 71 sei nur, dass vor einigen Jahren Reste eines Tintenfisches (Lepidoteuthis Grimaldii) im Magen eines Pottwals gefunden wurden, die darauf schliessen liessen, dass der Kérper dieses Thieres mit Schuppen bedeckt sei. Neueste Funde machen es aber wahrscheinlich, dass es sich in dem Falle nur um subcutane Papillen handelte, die nach Maceration der Ober- haut zu Tage traten und dem Kérper dieses eigenthiimliche ,,beschuppte“ Aussehen verliehen. Mantel, EHingeweidesack. Das Wichtigste iiber den Eingeweidesack und Mantel ist schon oben, p. 43—46, gesagt worden. Bei Nautilus heftet sich der K6rper an der Innenseite der Schale der Wohnkammer rechts und links durch einen kraftigen Muskel an, der auf der Schale einen schwachen Eindruck zuriicklassen kann. Zwischen diesen beiden seitlichen Muskelansitzen ist das Integument des Ein- geweidesackes in einer schmalen, ringférmigen Zone ebenfalls mit der Innenfliiche der Wohnkammerschale verwachsen (Verwachsungsband), so dass das im gekammerten Gehiuse befindliche Gas nicht nach aussen entweichen kann (Fig. 42). Ausser dem genannten ringformigen Ver- wachsungsband oder Annulus soll nach neuerer Angabe noch eine weitere Verwachsungszone vorkommen, welche iiber der ersteren gelegen ist und auch von den Schalenmuskelanstitzen ausgeht, aber nicht rings herum verliuft, sondern sich auf die hintere Seite des Hingeweidesackes beschriinkt. Wihrend Integument und Mantel unter dem Verwachsungs- rand (d. h. gegen die freie Oeffnung der Wohnkammer zu) derb, fleischig, musculés sind, ist das Integument des iiber dem Verwachsungsband liegenden Theiles des Kingeweidesackes (welcher sich an die letzte Scheide- wand anlegt) zart und weich. Der Sipho bildet die Fortsetzung des dorsalen Endes des Eingeweidesackes, durchbohrt die Scheidewinde der Kammern, ist aber da, wo er den Hohlraum einer Kammer durchliuft, allseitig umgeben von einer Fortsetzung des Kammerseptums, so dass er in seiner ganzen Liinge in eine Rohre eingeschlossen erscheint; diese Roéhre wird als Schalensipho bezeichnet; sie ist jeweilen in dem unmittel- bar an das Septum nach hinten anschliessenden Theile bedeutend fester gebaut (Diite) als im folgenden, der vorhergehenden Scheidewand niaher liegenden Abschnitt (Hille). Der (fleischige) Sipho besitzt in seinem Innern einen ihn in der ganzen Linge durchziehenden Hohlraum, einen Kanal, der mit der Abtheilung des Céloms, in welcher die Gonade ge- legen ist, communicirt. Dieser Kanal ist selbst wieder von einem Epithel ausgekleidet, das die Fortsetzung des Célomepithels bildet; es wird um- geben von lockerem Bindegewebe, dessen Liicken mit veniésem Blute ge- fiillt sind; ausserdem verliuft in diesem Bindegewebe ein besonderes, arterielles Blut enthaltendes Gefiss, die Siphonalarterie (siehe Abschnitt: Blutgefisssystem). Beim Nautilusweibchen liegt die Nidamentaldriise (siehe Geschlechtsorgane) in der freien Mantelfalte, freilich nahe der Stelle, wo sie sich vom Kingeweidesack abhebt. Es treten also hier Theile, welche sonst im Hingeweidesack hegen, aus diesem in die Mantel- falte ein. Vergl. auch die Anmerkung p. 125. Der freie Mantelrand schliigt sich bei Nautilus auf der vor deren Seite des Thieres lappenformig iiber den nichstliegenden Theil der Schale weg (Fig. 42). Dieser so be- deckte Schalentheil, der, weil die Schale (in Bezug auf das Thier) nach vorn eingerollt ist, einer alteren Schalenpartie angehért, ist sofort an einer 12 Erstes Kapitel. schwarzen Fiarbung kenntlich. Der schwarze Firniss, welcher sich an dieser Stelle findet, wird von einem bestimmten Driisenbezirk des Mantel- lappens abgesondert und soll wohl die durch verschiedene iussere Ein- wirkungen rauh gewordene Schalenobertliiche ausglitten, damit das in der Schale weiter vorriickende Thier hier leichter neue Schalensubstanz absondern kann. Wir wollen an dieser Stelle die Betrachtung von Mantel, Hinge- weidesack und deren Beziehungen zur Schale bei Spirula anfiigen, jener Form unter den lebenden Dibranchiaten, bei welcher sich eine vielkammerige und eingerollte Schale einzig noch deutlich erhalten hat. Diese Schale ist jedoch von der Nautilusschale wesentlich verschieden: erstens kann die letzte Kammer (Wohnkammer bei Nautilus) lange nicht mehr das ganze Thier, sondern nur noch einen kleinen Theil des Ein- geweidesackes beherbergen; zweitens ist die Schale grisstentheils eine innere, d. h. bis auf 2, vorn und hinten gelegene, dem dorsalen Ende geniherte Partien im Kérper des Thieres vollstiindig eingeschlossen; drittens ist sie endogastrisch, d. h. nach hinten zu, eingerollt. Das Ver- stindniss fiir die Beziehungen von Thier und Schale bei Spirula wird uns durch die Betrachtung der nebenstehenden Schemata erleichtert (Fig. 83). A Fig. 83. Schemata hypothetischer Embryonalstadien von Spirula, nach HUXLEY und PELSENEER, 18951). Nihere Erklirung siehe im Text. A Thier in der Em- bryonalschale, B mit zweikammeriger Schale, C mit fiinfkammeriger Schale. 1 Schale, 2 Mantel, 3 Kopf, 4 Trichter, 5 Mantelhéhle, 6 Endscheibe. Sie stellen hypothetische Entwickelungsstadien von Spirula dar. (Die wirkliche Embryonalentwickelung ist zur Zeit noch nicht bekannt.) Fig. 83 A: Das Thier steckt zuniichst mit dem ganzen Eingeweidesack sammt Mantel und Mantelhéhle in der Schale, die auf diesem friihen Entwickelungsstadium nur durch eine Kammer, die Embryonalkammer, reprasentirt wird. So ist das Verhiltniss zwischen Thier und Schale aihnlich wie bei Nautilus zwischen Thier und Wohnkammer. Fig. 83 B und C: Bei der weiteren Entwickelung, waihrend der durch Absonderung von Scheidewiinden und unter stetem Vorriicken des Thieres in der sich einrollenden Schale neue Kammern gebildet werden, deren letzte stets die Wohnkammer ist, tritt nun der grésste Theil des Eingeweidesackes und die Region der Mantelhéhle aus der Schale heraus, zugleich um- waichst der Mantel mit einer Duplicatur die Schale von aussen, doch 1) Bei Fig. 44 zu corrigiren (statt PELSENEER, 1894). Mollusca. Haut, Mantel, Eingeweidesack. 73 nicht allseitig, sondern nur auf der rechten und linken Seite, wahrend er vorn und hinten die Schale zum Theil frei laisst. Diese rechts und links iiber die Schale vorwachsenden Partien des Mantels vereinigen sich dorsal zu der sogenannten Endscheibe. Die letztere wird also vorn und hinten von den dorsalen Rindern jener Oeffnungen begrenzt, durch welche die letzte Schalenwindung von aussen sichtbar ist. An dieser Endscheibe sitzt jederseits eine kleine Flosse, deren An- heftungsweise von der bei Dibranchiern gewodhnlichen Art der Be- festigung insofern abweicht, als die Insertionslinie bei Spirula_in der Richtung von vorn nach hinten verlauft, wiihrend die Flossen der anderen Dibranchier in dorso-ventraler Richtung angeheftet sind. Zwischen den Flossenfindet sich auf der Endscheibe eine Oeffnung, Rig) P die in eine Hoéhlung fihrt (ab- mY, 4) \ orale Grube, fossette aborale), ¥ NS % in der eine conische Papille / Fa. Com sitzt. Die Bedeutung dieses Organes ist ganz unbekannt (Fig. 84). Die letzte Schalenkammer von Spirula, viel zu klein, um den ganzen Kingeweidesack autzu- nehmen, wird von einer Partie des Integumentes ausgekleidet, welche die Schale absondert, Von den Eingeweiden liegt bloss ein Theil der Leber in der Kam- merhéhlung. Wie bei Nautilus setzt sich der Eingeweidesack in den hiiutigen Sipho fort, der durch alle Schalenkammern, ein- geschlossen in dem von ihm ab- gesonderten Schalensipho, hin- durchzieht. Sein Hohlraum ist mit Blut erfiillt und scheint mit der Leibeshéhle nicht zu com- municiren. Die Schalenmuskeln (Retractoren des Kopfes und Trichters) heften sich an die letzte Schalenkammer auf deren ausserer Seite an. Fig. 84. Spirula, Weibchen, von hinten, nach PELSENEER, Mollusques. 1 Augen- gegend, 2 Riechgrube, 3 Flosse, 4 Oeffnung in der Endscheibe, die in die aborale Grube fiihrt, 5 Schale, 6 Trichter, 7 Tentakelarm. Flossen finden sich bei den besseren Schwimmern unter den Dibranchia. Den Octopoden, die sich durch plumpe, gedrungene Gestalt des Eingeweidesackes auszeichnen, fehlen sie mit Ausnahme der merk- wiirdigen Gattung Cirroteuthis und verwandter Formen. Bei den Deca- poden sind sie ganz allgemein verbreitet und von sehr wechselnder Form, Anordnung und Ausdehnung. Bei Sepia (Fig. 134) und Sepioteuthis inseriren die Flossen am seit- lichen Kérperrand und zwar in der ganzen Hohe (Liinge) des Eingeweide- 74 Erstes Kapitel. sackes. Sie bezeichnen also hier die Grenze zwischen Vorder- und Hinterseite (physiologische Riicken- und Bauchseite) des Eingeweidesackes. Bei Rossia, Sepiola und Sepioloidea sind sie anniihernd halbkreisférmig und inseriren als deutlich abgesetzte Anhiinge auf der Vorderseite des Eingeweidesackes, ungefiihr in seiner halben Héhe. Aehnlich verhiilt sich Cirroteuthis, wo die rundlichen Flossenlappen mit stielférmig ver- schmiilerter Basis dem Rumpfe aufsitzen (Fig. 49). Am dorsalen Ende des Eingeweidesackes, auf dessen Vorderseite, inseriren die dreieckigen oder halbkreisférmigen Flossen bei Cranchia, Histioteuthis, Onychoteuthis, Loligo (Fig. 45), Loligopsis, Ommastrephes etc. Da diese Anheftungs- weise am dorsalen Ende des Eingeweidesackes .besonders bei den Oegop- siden und auch bei Spirula, also bei Formen, die als phylogenetisch ailtere zu betrachten sind, vorkommt, ist die Annahme berechtigt, dass die Flossen sich zuerst an dieser dorsalen Partie des Eingeweidesackes entwickelten und sich von hier weg nach den Seiten des Kérpers und zugleich nach unten (kopfwiirts) ausdehnten (Sepia, Sepioteuthis). Ge- stiitzt wird diese Ansicht durch die Entwickelungs- geschichte, die zeigt, dass bei Formen mit weit aus- gedehnten Flossen die letzteren sich zuniichst am aboralen Ende des Kérpers anlegen (siehe verschie- dene Figuren im Abschnitt Ontogenie). Bei der Gattung Ctenopteryx bestehen die zwei Flossen je aus einer Reihe von musculdsen Fiden, die an der Basis durch eine diinne Membran- verbunden sind und am seitlichen Kérperrand in- seriren (Fig. 85). Fig. 85. Ctenopteryx fimbriatus, von vorn, nach APPELLOF, 1890, vereinfacht. 7 Kopfarme, 2 Auge, 3 Flossen. Bei manchen Dibranchiern kommt es zu einer Verwachsung des freien Randes der Mantelfalte mit dem darunter liegenden Integumente des Kopffusses. Diese Verbindung geschieht durch ein iiber den Nacken hinwegziehendes musculises Band, das Nackenband, Den meisten Decapoden fehlt eine solche Kopfnackenverbindung, so dass hier der Mantelrand rings um den Kérper herum frei ist. Ausnahmen bilden die Gattungen Cranchia, Loligopsis und Verwandte unter den Oegopsiden, sowie eine Reihe von Vertretern der Familie der Sepiolidae (Sepiola, Sepiadarium, Sepioloidea ete.) unter den Myopsiden, bei denen eine im Allgemeinen schmale Kopfnackenverbindung besteht. Eine solche kommt allen Octopoden zu, wo sie, von Argonauta ausgehend, bei Philonexis und Octopus immer breiter wird, bis sie schliesslich bei Cirroteuthis sich auch auf die Hinterseite (physiologische Bauchseite) erstreckt, so dass der Mantelrand hier nur an einer beschriinkten Stelle frei bleibt und eine in die Mantelhéhle fiihrende Oeffnung umsiumt, durch welche der Trichter hervortritt (Fig. 49). Bei dieser Gelegenheit sei auf eine Cephalopodenform aufmerksam gemacht, die mit Cirroteuthis nahe verwandt ist und deren Organisation das lebhafteste Interesse beansprucht, nimlich Opisthoteuthis (Fig. 86 A u. B). Nur wenige Exemplare dieser in der Tiefsee lebenden Octopoden sind bis dahin bekannt geworden. Sie interessiren vor allem deshalb, Mollusea. Haut, Mantel, Eingeweidesack. 15 weil man an ihnen den fiir die Cephalopoden sonst so charakteristischen, bald plumpen, bald hoch ausgezogenen, aber stets deutlich abgesetzten Hingeweidesack vermisst (wenigstens bei O. depressa). Der Kérper ist ziemlich plattgedriickt, scheibenférmig: auf der Unterseite bemerkt man den Kranz der durch eine stark entwickelte Membran verbundenen 8 Arme, in der Mitte der Unterseite die Mundéffnung, dorsal liegen die Augen und unweit da- hinter die 2 kleinen Flos- sen. Gegen das Hinter- ende zu, auf der dorsalen Seite, findet sich, ahnlch wie: bei Cirroteuthis, die enge Oeffnung, die in eine kleine Mantelhdhle fiihrt, welche alle typi- schen Mantelorgane ent- halt und aus der der Trichter herausragt. Wiirde man, um ein drasti- sches Bild zu gebrauchen, einen gewéhnlichen Octo- poden, etwa Octopus, mit plumpem, beutelférmigem Eingeweidesack in dorso- ventraler Richtung zu- sammendriicken, so dass der Eingeweidesack sammt Mantelhéhle und Trichter gewissermaassen in den Kopffuss hineingequetscht erschiene, wiihrend die Unterseite des Kopffusses, die Innenfliiche der Arme, sich zu einer flachen Scheibe ausbreitete, so erhielte man etwa eine Opisthoteuthis - ihnliche Form, bei der die Oeff- nung der Mantelhéhle und des Trichters (bei mor- phologischer Orientirung) nicht mehr nach unten, sondern nach hinten ge- richtet sind. Entsprechend der fiusseren Form ist die Lagerung der inneren Or- gane verandert, so steigt z. B. der Darm nicht mehr in den Eingeweidesack empor, biegt oben um und miindet schliesslich wieder ventralwiirts in die Mantelhéhle, vielmehr P Fig. 86. Opisthoteuthis depressa, nach IJIMA und IKEDA, 1895. a Vorn, phinten. A Von oben. 7 Spitzen der Arme, 2? Auge, 3 Flosse, 4 Trichter. B Von unten, 1 Spitzen der Arme, 2 Membran, welche die Arme ver- bindet, Mundéffnung, 4 Saugniipfe auf der Unterseite der Arme. a 76 Erstes Kapitel. verliuft er mehr oder weniger gerade vom Pharynx weg nach hinten (Fig. 87). So stellt sich Opisthoteuthis als ein Cephalopode vor, der in manchen Organisationsverhiltnissen secundiir wieder urspriingliche Weichthiercharaktere zur Schau triigt, dabei aber selbstverstandlich als gerade besonders hoch ditferenzirte Form zu betrachten ist. Sehr verbreitet sind Einrichtungen, welche dazu bestimmt sind, die Mantelfalte an der unter ihr lhegenden Kérperwand zu _ befestigen. Diese Befestigung ist entweder eine voriibergehende oder eine dauernde. Im ersteren Falle handelt es sich um die sogenannten Mantel- schliesseinrichtungen, den ,appareil de résistance‘, im letzteren Falle um hiutige oder musculédse Verléthungen zwischen Mantel und Leibeswand. 14 15 16 Li” AS TOS ZA) Fig. 87. Opisthoteuthis depressa, schematisirter medianer Liingsschnitt, nach lJIMA und IkepA, 1895. a@ Vorn, p hinten, 7 rechter Augenbulbus, 2 Ganglion opticum, 3 Cere- bralganglion, 4 Pedalganglion, 5 rechte Flosse, 6 Magen, 7 Riickenknorpel, 8 Prostata, 9 Hoden, 10 Anus, 11 Mantelhéhle, 12 Oeffnung der Mantelhéhle, 13 iiussere Oeffnung des Trichters, 74 Armbasis, 15 Mund, 16 Pharynx, 17 Leber, rechte Hiilfte, 18 Darm, 19 Spermatophorensack, 20 Oeffnung des Penis. 1) Mantelschliesseinrichtungen. Wir unterscheiden paa- rige und unpaare. Die ersteren treffen wir an der Hinterseite des Kéirpers in der Mantelhéhle nahe an ihrem unteren Ende, rechts und links an der Trichterbasis und an den gegeniiber liegenden Stellen der inneren Oberfliche der Mantelfalte. Die unpaare Mantelschliesseinrichtung hingegen finden wir an der Vorderseite am Nacken. Da alle diese Einrichtungen dazu dienen, die Mantelhéhle von der Aussenwelt abzuschliessen, so be- darf die Thatsache keiner besonderen Erliiuterung, dass ihre Ausbildung im umgekehrten Verhiltniss zur Ausdehnung der Kopfnackenverbindung steht. Wo letztere fehlt, wie z. B. bei Sepia, da sind die Mantelschliess- einrichtungen hoch entwickelt; wo sie sehr breit ist, wie z. B. bei Octopus, bildet sich der Mantelschliessapparat zuriick oder kann giinzlich fehlen. Im Allgemeinen handelt es sich um knorpelige Vorsjriinge (und haufig dazukommende Vertiefungen) an der der Mantelhéhle zugekehrten inneren Seite der Mantelfalte, welche genau zu entsprechenden knorpeligen Vertiefungen (und ihnen hiufig anliegenden Vorspriingen) der gegeniiber- liegenden Leibeswand passen (vergl. Fig. 134). Die besondere Gestalt der Mantelschliessknorpel und Nackenknorpel ist von systematischer Be- deutung. Mollusca. Schale. rire Die bei den Decapoden fast allgemein vorhandenen knorpeligen Schliesseinrichtungen (sie fehlen z. B. bei Cranchia) erhalten sich noch bei den Octopoden in fleischigem und iiberdies mehr oder weniger modificirtem Zustande oder fehlen giinzlich (z. B. Cirroteuthis). Zuerst verschwindet selbstverstindlich mit dem Auftreten der Kopfnacken- verbindung der Nackenschliessapparat. Dieser fehlt z. B. schon unter den Decapoden bei der Gattung Sepiola, welche eine feste Kopfnacken- verbindung besitazt. 2) Fixe Verbindungen zwischen Mantelfalte und darunter liegender Leibeswand durch die Mantelhéhle hindurch finden sich nur bei solchen Cephalopoden, bei denen der Mantelschliessapparat stark riickgebildet ist oder giinzlich fehlt. So ist bei Octopus und Eledone der Mantel durch einen medianen Muskel iiber dem Trichter an die Leibeswand befestigt. Dieser Muskel besteht aus 2 einander eng an- liegenden Lamellen, die den After zwischen sich fassen. Bei Cranchia ist der freie, dorsale Trichterrand (an der sogenannten Trichterbasis) rechts und links durch ein hiiutiges Band mit der Mantelfalte ver- wachsen. Aehnliches findet sich bei Loligopsis und Sepiadarium. Wasserporen. In der Umgebung des Mundes, an der Basis der Arme, auf der Vorderseite des Kopfes oder in der Gegend des Trichters kommen bei vielen Cephalopoden Oeffnungen vor, welche in kleinere oder gréssere Taschen der Haut hineinfiihren. Diese sind bei guten Schwimmern am besten entwickelt, doch ist tiber die Function dieser Organe nichts bekannt. Die Oeffnungen an der Basis der Arme finden sich bloss bei Decapoden und zwar in der Nihe der Tentakelarme; die Hohlungen, in die sie sich 6ffnen, dienen bei einigen Formen (Sepia, Rossia z. B.) dazu, die Tentakelarme in sich aufzunehmen. Poren an der Vorderseite des Kopfes besitzen nur die Philonexidae unter den Octo- poden, solche in der Gegend des Trichters und um den Mund herum kommen sowohl bei Decapoden wie bei Octopoden vor. IV. Die Sehale. A. Allgemeines. Formverhadltnisse der Schale. Beziehungen derselben Zum: * Wee hicom pier Wir kénnen die verschiedenen Schalenformen der Mollusken von einer napf- oder tellerformigen Schale ableiten, welche den Kd6rper vom Riicken her bedeckt. Eine solche Schale bietet hinreichenden Schutz bei Thieren, welche wie Fissurella, Patella etc. mit ihrem scheibenférmigen, wie ein Saugnapf wirkenden Fusse einer harten Unterlage fest und fast unbeweglich aufsitzen. Der Weichkérper ist dann einerseits durch die Schale, andererseits durch die Unterlage ge- schiitzt. Bei beweglichen Mollusken zeigt sich aber. die Tendenz, den ganzen Koérper ausschliesslich durch die eigene Schale zu schiitzen. Diese Tendenz kommt in verschiedener Weise zur Geltung. Bei den Chitoniden gliedert sich die Schale in aufeinander folgende, gegen einander verschiebbare Stiicke. Diese gegliederte Schale vermag den Gesammtkérper zu schiitzen, indem sie dem Chiton gestattet, sich nach Art eines Giirtelthieres oder einer Assel einzurollen. ~~! (8) Erstes Kapitel. Bei den Muscheln wird der Schutz des gesammten Weichkérpers erreicht durch Ausbildung einer zw eiklappigen Schale, aus welcher der Fuss vorgestreckt w erden kann, und welche, wenn die beiden Klappen sich schliessen, den ganzen Weichkérper mitsammt dem zuriickge- zogenen Fuss allseitig vollkommen umschliesst. Bei den Gastropoden, Scaphopoden und Cephalopoden herrsecht ein anderes Princip bei dem miéglichst allseitigen und vollstindigen Schutz des Kérpers durch die Schale. Die Schale ist nimlich hoch thurmférmig ausgezogen und in Folge dessen so geriiumig, dass nicht nur der Eingeweidesack in ihr Platz findet, sondern auch der Kopf und Fuss in sie zuriickgezogen werden kénnen. Auch die einzige noch iibrig bleibende unbesetzte ‘Oeffnung, die schwache Stelle des Panzer- thurmes, kann sehr hiufig durch einen harten Deckel vollstauidig ver- schlossen werden. Eine hoch thurmférmig ausgezogene Schale ist einem freibeweg- lichen Thiere eine unbequeme Biirde. Sie ist wegen der grossen Ober- fliche ein Hinderniss der Locomotion. Eine Verkleinerune der Ober- fliche wird bewirkt dadurch, dass sich bei den in Betracht kommenden Gastropoden und Cephalopoden die Schale aufrollt, sei es in einer Ebene, sei es in einer Kegelspirale. Im letzteren Falle ist die Schale fast immer rechts gewunden. Um zu bestimmen, ob eine Schale rechts oder links gewunden ist, stellt der Beobachter dieselbe (Fig. 88) so vor sich hin, dass ihre Spitze nach oben, ihre Miindung nach unten gerichtet und dem Beob- achter zugekehrt ist. Liegt dann die Miindung rechts, so ist die Schale rechts gewunden, liegt sie links, so ist die Schale links gewunden. Fig. 88. A Rechtsgewundene, B linksgewundene Schale von Helix pomatia. Eine ebenso auffallende, wie in den meisten Fiillen unerklarte Er- scheinung ist das Rudimentiirwerden und_ schliessliche vollstandige Schwinden der Schale, welches in fast allen Molluskenklassen, ja sogar innerhalb kleinerer Molluskengruppen constatirt werden kann. (Die Solenogastres innerhalb der Amphineuren, einzelne Heteropoden und Titiscania unter den Prosobranchiern, manche Pulmonaten, sehr viele Opisthobranchia und die meisten heute lebenden Cephalopoden.) Der Nachweis ist in fast allen Fiillen sicher erbracht, dass die Formen mit rudimentirer oder fehlender Schale von Formen mit wohl Mollusca. Schale. 79 entwickelter Schale abgeleitet werden miissen. Alle Nacktschnecken ‘besitzen wenigstens auf jungen Entwickelungsstadien eine Schale. Die Rudimentation der Schale in den verschiedenen Reihen voll- zieht sich hiufig unter folgenden Erscheinungen, auf die weiter unten niher eingegangen wird. 1) Die Schale wird zunichst eine innere, dann nimmt sie 2) an Groésse ab, so dass sie nicht mehr den ganzen Weichkérper bergen kann; 3) der Eingeweidesack verstreicht; 4) die Schale findet sich nur noch als isolirte Kalkkérperchen im Riicken- integument; 5) auch diese fehlen, und die Schale kommt nur noch embryonal vor. Den Grund oder mit anderen Worten den Nutzen des Rudimentiir- werdens der dem Kérper so eminent zum Schutze gereichenden Schale, welche in so hohem Grade bestimmend auf die Gesammtorganisation der Weichthiere zurtickwirkt, vermag man nur in wenigen Fallen deut- lich zu erkennen. Wie in jeder grésseren Abtheilung des Thierreiches, so vermag sich auch in den verschiedenen Molluskengruppen die Or- ganisation den verschiedensten Verhiltnissen anzupassen. Ich will einige Fille, in denen der Nutzen der Schalenrudimentation einigermaassen einleuchtet, citiren: ig 1) Bei freischwimmenden pelagischen Thieren. Die Schale_ be- schwert den 4k6rper zu sehr und bietet zu grossen Reibungswider- stand. 2) Bei Testacella und Verwandten, Regenwurmjigern, welche die Wiirmer bis in ihre engen Ginge und Réhren verfolgen. 3) Bei Schnecken, die im dichten Korallen-, Bryozoen-, Hydroid- oder Algengestriipp weiden. (Viele Nudibranchier.) 4) Beim Uebergang zur vollkommen parasitischen Lebensweise (Endoparasiten). Die Schale wird als Schutzorgan iibertliissig. —Pei Verlust der Schale treten meist compensatorische Schutzein- richtungen auf: grosses Regenerationsvermégen besonders der leicht abfallenden Korperanhinge, Selbstamputation, Schutz durch Nessel- zellen, Schutzfarben (7), Schreckfarben (??). Die riuberischen Cephalopoden sind geschiitzt durch die mit einer sehr hoch entwickelten Organisation im Einklang stehenden Geschick- lichkeit im Schwimmen, das gut ausgebildete Sehvermégen, die grosse Muskelkraft, die starken Kiefer, das entleerte Secret des Tintenbeutels, den zum Theil mimetischen Farbenwechsel u. s. w. Bei verschwundener Schale erhalten sich immer gewisse Organi- sationsverhiltnisse, die nur als Reminiscenzen eines beschalten Zu- standés verstiindlich sind. (Beispiel: seitliche Lage der Geschlechts- éffrung, der Nierenétinung und zum Theil auch des Afters bei den Nudibranchiern.) Chemische Zusammensetzung der Schale. Die Molluskenschale besteht zum gréssten Theil aus kohlensaurem Kalk mit Spuren von phosphorsaurem Kalk und einer dem Chitin ver- wandten organischen Grundlage, dem Conchiolin oder Conchin, wie dieselbe nach neuerem Vorschlag ebenso zutreffend und kiirzer be- nannt wird. Ausserdem kinnen verschiedene Farbstoffe in der Schale vorkommen. 80 Erstes Kapitel. Structur der Schale. Die Schale der Lamellibranchier besteht aus 3 geschichteten Lagen, einer diusseren, einer mittleren und einer inneren, der Ausseren Obertliiche des Mantels anliegenden. Die ganze Schale ist als eine Cuti- cularbildung aufzufassen. Die aiussere Schicht (Schalenoberhaut, Epidermis, Cuticula, Periostracum) ist der physikalischen Beschaffenheit nach hornartig und entbehrt der Kalksalze. An den ilteren Theilen der Schale geht sie ge- wohnlich verloren. Die mittlere Schicht (Saulenschicht, Prismenschicht, Porzellan- schicht) besteht aus meist auf der Schalenoberflache senkrecht stehenden, dicht gedringt stehenden, schlanken Kalkprismen (Kalkzellen, Kalk- sackchen). ; Die innere Schicht (Perlmutterschicht) hat ein fein-blittriges Gefiige. Die sehr diinnen, durchscheinenden Kalkblitter, welche sie zu- sammensetzen, sind zart wellenférmig gefiltelt. Dadurch werden an der inneren, dem Mantel aufliegenden Oberfliiche dieser Schicht dicht ge- dringte, wellenférmig verlaufende Linien erzeugt, welche durch Inter- ferenz den Perlmutterglanz bedingen. Die Perlen der Perlmuscheln be- stehen aus der Substanz dieser Schicht, Im einzelnen bietet die Beschaffenheit der 3 Schichten hier und bei den iibrigen Mollusken grosse Verschiedenheiten. Die aiussere und die mittlere Schicht werden am freien Mantelrande, die innere vom Epithel der ganzen dusseren Oberfliiche des Mantels ge- bildet. Was die Structur der Schalen der Gastropoden und Cephalo- poden anbetrifft, so besteht die Hauptmasse derselben aus der mittleren oder Porzellanschicht, die aber eine von der der Lamelli- branchier sehr abweichende Structur besitzt. Seltener ist diese Schicht aussen von einem Schalenhautchen iiberzogen. Auch die innere Perl- mutterschicht fehlt sehr hiaufig. Wachsthum der Schale. Es ist lehrreich, das Wachsthum der Molluskenschale mit dem Wachsthum des Arthropodenexoskeletes zu vergleichen. Bei den Arthropoden entwickelt sich das mit der Molluskenschale vergleichbare chitinige Exoskelet an der gesammten Oberfliche des Kérpers und seiner Anhiinge. Dieses Skelet, einmal gebildet und erhirtet, sargt den Kérper allseitig ein, weist ihm eine bestimmte Ausdehnung an, ist nicht wachsthumsfihig. Daher bei den Arthropoden die das Wachs- thum des Kérpers allein erméglichenden Hiutungen. Die Schale der Mollusken hingegen ist eine offene. Sie hat bei den Gastropoden und Cephalopoden die Gestalt eines um eine Axe herum gewundenen Kegelmantels. Die Oeffnung liegt an der Basis des Kegels. Indem hier zum Miindungsrande der Schale immer neue Schalentheile hinzu- gefiigt werden, wiichst die Schale, ohne im Wesentlichen ihre Form zu veriindern, mit dem fortwachsenden Thier. Die Zuwachsstreifent an der Oberfliiche der Schale verrathen uns noch bei der erwachsenen Schnecke die Wachsthumsphasen ihrer Schale. Bei dem Wachsthum des Thieres bleiben entweder die iiltesten obersten Windungen immer noch vom obersten Ende des Eingeweidesackes erfiillt, wie das bei den meisten Schnecken der Fall ist, oder sie werden yom Thier auf- Mollusca. Schale. 81 gegeben, das sich also beim Wachsthum der Schale immer weiter von der Spitze derselben zuriickzieht. Dabei bleiben die verlassenen, iltesten und obersten Windungen entweder leer, oder sie werden ganz oder theilweise mit Schalensubstanz ausgefiillt. In diesem letzteren Falle kénnen die obersten Windungen successive verloren gehen, ab- geworfen werden. Nautilus und Verwandte bilden beim Wachsthum periodisch in immer grésser werdenden Abstinden quere Scheidewande, so dass die verlassene Schale gekammert und mit Gas erfiillt ist, wahrend das Thier in der zuletzt gebildeten, gréssten, nach aussen offenen Wohnkammer sitzt. In ganz ihnlicher Weise erfolgt das mit dem Wachsthum des Kérpers gleichen Schritt haltende Wachsthum der Schale der Muscheln dadurch, dass dem freien Rande der Schalenklappen vom Mantelrande her immer neue Schalensubstanz (Oberhiutchen und Prismenschicht) zugefiiet wird, wihrend die ganze iussere Mantelfliche der Innentlache der so gebildeten Schale neue Lagen der Perlmutterschicht von innen hinzufiiet. Auch an der Oberfliiche der Muschelschale kénnen wir an den concentrischen Zuwachsstreifen die aufeinander folgenden Phasen ihres Wachsthums verfolgen. B. Specielles. 1. Amphineura. Vergleiche den vorhergehenden Abschnitt p. 46—51. 2. Gastropoda. Zu dem oben iiber die Gastropodenschale Gesagten wollen wir hier nur noch Weniges hinzufiigen. Die Schale ist spiralig um eine Axe auf- gerollt, das ist die Regel. Selten ist die Spirale so stark niedergedriickt, dass, wie z. B. bei Planorbis, die Windungen fast in eine Ebene zu liegen kommen und eine fast symmetrische Schale zu Stande kommt. An einer solchen spiralig aufgerollten Schale ist eine ganze Reihe einzelner Theile und Merkmale hervorzuheben, die bei der Vergleichung der verschiedenen Schalenformen von Wichtigkeit sind, von denen aber nur diejenigen ge- nannt werden sollen, die hier bei den Betrachtungen iiber die Schale im Allgemeinen als bekannt vorausgesetzt werden miissen. Die Spitze der Schale, der Apex, ist der ialteste Theil derselben und entspricht in manchen Fallen der Embryonalschale. Haufig zeigt der Apex in Sculptur und Zeichnung ein viel einfacheres Verhalten als die spateren Schalen- abschnitte. Sodann folgen die spiraligen Windungen, die meist eng an- einander liegen und die in ihrer Gesammtheit, die jiingste oder letzte Windung abgerechnet, als Spira bezeichnet werden. Die Linie, welche dusserlich 2 aufeinander foleende Windungen scheidet, heisst Naht oder Suturlinie. Die letzte Windung endet mit der Miindung oder dem Mund der Schale, der begrenzt wird vom Peristom, Die Axe, um welche—die Windungen herumziehen, ist gegeben durch die Spindel oder Columella. Stossen die Windungen auf der der Axe zugekehrten Seite nicht ganz an diese, so findet sich an Stelle einer soliden Spindel ein Hohlraum, der Nabel, der von verschiedener Weite sein kann (Fig. 89, 90 und 91). Es giebt aber auch nicht gewundene, symmetrische Gastropoden- schalen, und diese erheischen unsere besondere Aufmerksamkeit. Hs sind dies vor allem die napfférmigen oder ziemlich flach-kegelfsrmigen Schalen der Patelliden und Fissurellen. Da wir 1) die Gastro- Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl, 6 R29 Erstes Kapitel. Fig. 89. Schale von Triton nodiferus, nach PARKER und HASWELL, Textbook of zoology. 1 Apex, 2 Naht, 3 Peristom. Fig. 90. Schale von Triton nodiferus, nach PARKER und HASWELL, /|Text- book of zoology. Medianer Liingsschnitt, um die Columella zu demonstriren. 1 Apex, 2 Columella, poden von bilateral-symmetrischen Stammformen mit symmetrischer Schale ableiten miissen, da 2) die Fissurelliden unter allen Gastropoden in ihrer Organisation zweifellos der Stammform am nichsten stehen, und sie 3) in dieser Organisation eine auffallende Symmetrie zur Schau tragen, so lige der Gedanke nahe, ihre symmetrische Schale fiir eine ur- spritinglich-symmetrische zu halten. Gewisse Verhiiltnisse des Nerven- systems, besonders die Kreuzung der Pleurovisceralconnective, im Verein mit anderen Umstinden, die spiiter ein- gehend erértert werden sollen, machen es sicher, dass die napfférmige Fis- surellaschale eine secundar-sym- metrische ist, das heisst, dass die Fissurella von Formen abstammt, welche eine spiralig gewundene Schale besassen. Fic. 91. Gastropodenschale Das Gleiche gilt fiir die Patellen. mit Nabel, /. Damit stimmt die wichtige Thatsache Mollusca. Schale. 83 iiberein, dass die junge Schale von Fissurella asymmetrisch und gewun- den ist und nur ganz allmibhilich in die symmetrische Form tibergeht (Fig. 92 G, H), dass ferner die scheinbar symmetrische Schale gewisser naher Verwandter von Fissurella und Patella bei genauerem Zusehen etwas asymmetrisch ist, indem besonders die Spitze excentrisch oder etwas schief gerichtet ist und dass schliesslich andere nahe Verwandte von Fissurella, wie Haliotis, Scissurella, Pleurotomaria, spiralig gewundene Schalen besitzen (Fig. 92 A, B, ©, D). Die Fissurelliden, viele Pleurotomariidae und die Halio- tidae, also gerade die urspriinglichsten Gastropoden, zeigen eigenthtim- liche Durchbrechungen der Schale, die ver- einzelt auch in anderen Abtheilungen vor- kommen und welche unsere Beachtung ver- dienen. Diese Durchbrechungen legen iiber dem fiir diese Abtheilungen charakteristi- schen Mantelschlitz, der schon friiher be- sprochen wurde, und sie stellen iiberall eine Communication zwischen Mantelhéhle und Aussenwelt dar, speciell auch fiir den Fall, dass die Miindung der Schale, d. h. der Schalenrand der Unterlage dicht aufliegt. Bei Scissurella, Pleurotomaria, Emar- ginula handelt es sich um einen medianen EKinschnitt am vorderen Schalenrand, der dem Defecte, dh. dem Einschnitt im Mantel ent- spricht. So verhalt sich Fissurella in der Jugend, bei weiterer Entwickelung aber wichst die Schale ganzrandig fort, so dass bei der erwachsenen Fissurella die Oeffnung oben ganz in der Nahe der Spitze der Schale liegt. Unter ihr hegt der oben in der Mantel- héhle befindliche After. Wiirde der Schalen- einschnitt vom vorderen und hinteren Rande ausgehen und sehr tief sein, so wiirde eine zweitheilige Schale entstehen, die sich mit der zweiklappigen Schale der Lamellibran- chier vergleichen liesse. Es ist in der That wahrscheinlich, dass dem Schaleneinschnitt eine gréssere phylogenetische Bedeutung zu- kommt. Bei Haliotis handelt es sich um eine Reihe solcher die Schale durchbrechen- der Lécher, indem sich der Vorgang der Bildung des Fissurellaloches beim Wachs- thum der Haliotis vielfach wiederholt, wobei Fig. 92. Schalen von A Pleurotomaria, B Polytremaria, C und EF Emarginula, D Haliotis, F Fissurella, G und H Entwickelungsstadien der Fissurellaschale, I Schale der unge- drehten Gastropodenstammform mit margina- lem Schalenschlitz, K idem mit apicalem Schalenloch, Z Muschelschale, M Dentalium- schale, yom apicalen Schalenloch aus gesehen. Die Locher und Schlitze der Schale schwarz gezeichnet. o Mund, a After, ct Ctenidium. (o's) 4 Erstes Kapitel. aber die alteren Oeftnungen immer wieder durch Schalensubstanz_ ver- schlossen werden, und die jiingeren nur so lange offen bleiben, als sie iiber der Athemhéhle liegen. Bei zahlreichen Prosobranchiern (den friiheren Siphoniaten) findet sich am Spindelrand der Schale eine Furche, welche eine Rinne des Mantelrandes aufnimmt. Diese Rinne erméglicht eine Communication der Mantelhéhle mit der Aussenwelt auch dann, wenn die Schale durch den Deckel verschlossen ist. Hiiutig zieht sich die Rinne in einen kiirzeren oder liingeren Fortsatz, den Schnabel, aus, welcher einen entsprechen- den rinnenférmig ausgehéhlten Fortsatz des Mantels, den Sipho, in sich aufnimmt. Dieser letztere kann dadurch, dass sich die Rander der Rinne aneinander legen, zu einem Rohre werden. Wie schon erwiihnt, sind die Schalen der meisten Gastropoden rechtsgewunden. Doch giebt es einzelne Familien, Gattungen oder Arten, bei denen die Schale linksgewunden ist. Bei rechtsgewundenen Arten giebt es hier und da linksgewundene Individuen und umgekehrt. In- teressant ist, dass gewisse linksgewundene Arten im Weichkérper die Asymmetrie der rechtsgew undenen, andere die entgegengesetzte, der Schale entsprechende, aufweisen.. Dariiber spiter, siehe Abschnitt : Asym- metrie der Gastropoden. In den letzten Jah- ren angestellte, mehrfach wiederholte, ausgedehnte Zuchtversuche zeigen, dass bei Helix pomatia, bei der linksgewundene Individuen nur als grosse Seltenheit auftreten, aus der Paarung zweier links- gewundener ~~ Individuen constant rechtsgewundene (normale) ~~ Nachkommen hervorgehen. Fig. 93. Beispiel einer alloiostrophen Schale, nach COOKE, Molluses. Zwei Ansichten yon verschiedenen Seiten zur Demonstration des Unterschiedes in der Windung des Apex und der jiingeren Theile der Schale. Was das Wachsthum der Schalen anbetrifft, bei welchem u. a. die Fihigkeit der Thiere, friiher gebildete Schalensubstanz wieder aufzulésen, von Interesse ist, so muss auf die Handbiicher der Conchyliologie ver- wiesen werden, ebenso fiir alles, was die specielle Gestalt der Schale, ihre Altersunterschiede, den Deckel etc. anbetrifft. Nur einen speciellen Fall wollen wir noch herausgreifen. Hiufig zeigen die ersten Windungen am Apex der Schale wesentliche Unterschiede gegeniiber den folgenden jiingeren der Spira, Unterschiede, die sich nicht nur in der Sculptur, sondern auch darin fiussern kénnen, dass die jiingeren Windungen einer anderen Kegelspirale angehéren als die ilteren, oder dass sie tiberhaupt nicht mehr spiralig gewunden sind. So kann z B. der Apex sehr eng, die iibrige Spira sehr weit gewunden erscheinen. Derartige Schalen heissen alloiostrophe (Fig. 93). Weiterhin kommt es auch vor, dass die Windungsrichtung am Apex gegeniiber der spiaiteren eine umgekehrte ist, dass z. B, der Apex links, Mollusea. Schale. 85 die tibrige Spira aber rechts gewunden erscheint (z. B. einige Turri- telliden und Pyramidelliden unter den Prosobranchiern, Actaeon, Torna- tina etc. unter den Opisthobranchiern, Melampus unter den Pulmonaten). Man nennt diese Erscheinung Heterostrophie der Schale. Solche Falle sind insofern von Interesse, als sie zuniichst auf die Vermuthung fiihren, dass die jiingeren Entwickelungsstadien dieser Formen eine anders gewundene Schale besitzen als die spiateren Stadien, eine Ver- muthung, die fiir die weiterhin zu besprechende Frage nach der Ursache der Asymmetrie der Gastropoden von grosser Bedeutung wire. Nun wurde aber fiir diese Fille eine einfache und plausibel erscheinende Erklarung gegeben. Auch bei der heterostrophen Schale ist die Embryonal- schale gleichsinnig wie die spiitere, im oben angezogenen Beispiel also rechts gewunden. Bei diesen heterostrophen Formen findet sich gegen die Spitze der Schale zu eine Reihe enger Windungen. Legen sich diese Windungen (a, b, ¢, d in Fig. 94 A) wihrend der Entwickelung sehr rasch an, so werden sie auf die noch wenig verkalkte Embryonalschale in der Richtung des Pfeiles einen gewissen Druck ausiiben; so kann es geschehen, dass Fig. 94. Schemata zur Erklarung der Heterostrophie der Gastropoden- schale, nach PLATE, 1895. Erkliirung siehe im Text. A Ansicht von oben, B yon der Seite, G© yon oben. Die Embryonalwindungen sind durch die Punktirung heryorgehoben. die Embryonalwindungen zunichst aufgerichtet werden (Fig. 94 B) und ‘schliesstich auf die andere Seite tiberkippen (Fig. 94 C). Aus der rechts- gewundenen Embryonalschale ist eine anscheinend linksgewundene ge- worden. Fiir die Richtigkeit dieser Erkléirung spricht in der That der Umstand, dass bei mehreren der heterostrophen Arten Individuen mit aufgerichteten Embryonalwindungen entsprechend dem Zwischenstadium B gefunden wurden. Durch neuere Untersuchungen sind, was die Sculptur und Zeichnung der Schalen anbetrifft, bei verschiedenen Gruppen der Prosobranchier interessante Kntwickelungsreihen nachgewiesen worden, deren einzelne Etappen in verwandtschaftlich sehr wenig nahe stehenden Abtheilungen itiberraschende Aehnlichkeit zeigen kénnen. Doch muss fiir das Nihere auf die Specialarbeiten verwiesen werden (vy. Linpen) und ebenso, was jene Formenketten von wichtigster und weitgehendster Bedeutung anbe- trifft, von denen in jiingster Zeit prachtvolle Beispiele bei Landschnecken von Celebes aufgefunden wurden, an denen wir, um mit den Autoren zu reden, ,eine Art zur anderen werden, ein Stiick Stammesgeschichte vor unseren Augen sich abspielen sehen“ (P. und F. Sarasrn). Fortschreitende Rudimentation der Schalen kommt in jeder der 86 Erstes Kapitel. 3 Hauptabtheilungen der Gastropoden vor. Wihrend sie aber unter den Prosobranchiern nur bei den pelagisch lebenden, freischwimmenden Heteropoden und bei Titiscania beobachtet wird, ist sie bei den Pul- monaten schon viel hiufiger und gar bei den Opisthobranchiern so ver- breitet, dass die meisten Vertreter dieser Abtheilung mit Bezug auf die Schale auf irgend einer Stufe der Rudimentation stehen. Zahlreiche Opisthobranchier haben sogar im erwachsenen Zustande jede Spur einer Schale eingebiisst (Pteropoda gymnosomata, Nudibranchia, die meisten Ascoglossa), aber auch diese besitzen wenigstens in der friihesten Jugend eine gewundene Schale, zu deren Verschluss. sogar noch ein, wie bei den Prosobranchiern, vom Fusse Fig. 95. Fig. 96. gebildeter Deckel dienen kann. Als Beispiel diene Aply- sia, bei welcher Form in der Jugend ebenfalls eine wohl- entwickelte, spiralig gewun- dene Schale auftritt, die einen grossen Theil des Eingeweide- sackes bedeckt (Fig. 95), wiih- rend beim erwachsenen Thiere die Schale sehr rudimentir erscheint (Fig. 96). Fig. 95. Jugendstadium einer Aplysia punctata, nach MAZZARELLI, 1893. Die Schale ist noch eine vollkommen iiussere und im Verhiiltniss zum Kérper des Thieres yon ziemlicher Grésse. Sie ist deutlich gewunden. JZ Vorderer Tentakel, 2 Schale. Fig. 96. Schale einer erwachsenen Aplysia punctata, nach MAZZARBLLI, 1893. Die Schale ist bis auf eine kleine Partie yom Mantel tiberwachsen und erscheint rudi- mentir. Man vergleiche auch Fig. 14. Die Rudimentation der Schale erfolgt in den verschiedenen Reihen haufig in folgenden Hauptetappen und unter folgenden Begleiterschei- nungen: a) Die wohl entwickelte Schale ist nicht mehr geriitumig genug, um den ganzen Kérper zu bergen. b) Die kleiner und diinner werdende Schale wird dorsalwirts von Verbreiterungen des Mantels theilweise oder ganz umwachsen. c) Bei kleiner (zugleich napf-, schild-, ohrférmig) werdender Schale beginnt der urspriinglich bruchsackartig hervortretende Hingeweidesack zu yerstreichen, sich nicht mehr deutlich vom iibrigen Koérper abzuheben. Die in ihm enthaltenen Eingeweide vertheilen sich gewissermaassen in und auf der Riickenseite des Fusses. d) Die iussere Asymmetrie des Koérpers macht immer mehr einer ausseren Symmetrie Platz, wihrend die innere Asymmetrie nie ganz ver- schwindet. e) Die Schale reducirt sich auf eine Ansammlung isolirter Kalk- kérner im Integument des verstrichenen Kingeweidesackes. f) Keine Spur eines besonderen Hingeweidesackes mehr; Kalkkorper im Riickenintegument der langgestreckten Nacktschnecke. g) Auch keine isolirten Kalkkérperchen mehr im Riickenintegu- ment. Ueber die Rudimentation der Schale bei Opisthobranchiern und Pul- monaten vergleiche auch den Abschnitt iiber den Mantel. Mollusca. Schale. 87 Hiibsch ist auch die Heteropodenreihe: Atlanta. Schale zwar sehr diinn und leicht, aber gross und spiralig gewunden (mit Einschnitt an der Miindung), das Thier kann sich voll- stiindig in dieselbe zuriickziehen und dieselbe vermittelst eines am deut- lich gesonderten Metapodium entwickelten Deckels verschliessen. Carinaria. Schale diinn, zart, leicht, napfférmig, bedeckt den noch grossen, gestielten Hingeweidesack, ist aber nicht im Stande, den langen und dicken, cylindrischen Kérper und den Fuss zu beherbergen. Kein Deckel. Pterotrachea. KEingeweidesack klein, keine Schale, kein Deckel '). 3. Lamellibranchia. Die beiden seitlichen Schalenklappen der Lamellibranchier sind dorsal- wirts, am sogenannten Schlossrand, durch das Schlossband (Liga- mentum) und durch das Schloss verbunden. Das Schlossband wirkt als Antagonist der Schalenmuskeln, von denen spiiter die Rede sein wird, und die, wenn sie sich contrahiren, die Schale schliessen. Das Schloss- band besteht gewohnlich aus 2 Schichten, einer Ausseren, nicht ela- stischen und einer inneren, elastischen. Nach einer anderen Ansicht ist jedoch auch die fussere Schicht elastisch und wirkt im umgekehrten Sinne wie die innere, namlich durch Zug; sie contrahirt sich daher beim Oefinen der Schale, wahrend die innere, druckelastische Schicht beim Oeffnen sich ausdehnt. Die innere Schicht (Resilium) ist kalkhaltig und wird auch als Knorpel bezeichnet, unpassenderweise, da sie histo- logisch mit Knorpelgewebe nichts zu thun hat. Die iussere Schicht (Ligament s. str.) geht in die Oberhaut (Periostracum) der Schale_tiber. Diese Continuitit beider Schalen durch das Schlossband auf der Riicken- seite des Kirpers lisst auch die Muschelschale streng genommen als aus einem einzigen dorsalen Stiick bestehend erscheinen, welches rechts und finks ventralwarts zu den Schalenklappen ausgewachsen ist. Dass die Lamettibranchierschale aus einer urspriinglich einheitlichen hervorgegangen ist, dafiir lefert die Entwickelungsgeschichte triftige Beweisgriinde (siehe unter Abschnitt: Ontogenie). In einzelnen Fallen, so gerade bei der primitiven Gruppe der Proto- branchier, sind am Tigeaanont 3 Schichten zu unterscheiden, die nach ihrer Laperune als vordere, mittlere und hintere bezeichnet ‘werden, wobei jedoch die vordere Schicht von der mittleren und namentlich die mittlere von der hinteren mehr oder weniger iiberlagert wird; von diesen ent- spricht die mittlere Schicht dem sogenannten Knorpel, wihrend die vordere und hintere in das Periostracum der Schale iibergehen. Man hat diese Art der Ausbildung des Ligamentes (3 anfangs einfach hinter einander gelegene Schichten) als urspriingliche betrachtet und davon das gewoéhn- liche, oben geschilderte Verhalten abgeleitet. (Niaheres siehe in der ein- schligigen Litteratur: besonders StEMPBLL.) > 1) In jiingster Zeit wurde mehrfach einer eigenthiimlichen Erscheinung, die aber noch niiherer Erklirung bedarf, Erwiihnung gethan. Gewisse Limniiden (Limnaea peregra) verlassen anscheinend freiw illig ihre Schale und kriechen schalenlos eine Zeit lang umher, gehen dann allerdings zu Grunde. Das Gleiche wird yon Helix pisana und Helix lactea berichtet (Journal of Conchology, Oct. 1898, April und July 1899, oder Feuille des jeunes naturalistes, No. 345 und 347, 1899). ore 1@ 2) Erstes Kapitel. Das Ligament ist entweder ein 4usseres, wenn es dorsalwirts zwischen Vorspriingen des Schlossrandes der Muschel frei zu Tage tritt, oder ein inneres, wenn es sich zwischen den aneinander liegenden Schlossriindern selbst ausspannt, die dann jederseits eben zur Aufnahme des Schlossbandes grubenférmig vertieft sind. Diese Vertiefungen kann man dadurch leicht von den Vertiefungen des Schlosses unterscheiden, dass sie rechts und links an gegeniiberliegenden Stellen am Schlossrand vorkommen, wiihrend den Gruben, Lichern, Furchen des Schlosses selbst, die sich an dem einen Schlossrand finden, Ziaihne, Leisten etc. am gegeniiberliegenden Schlossrand entsprechen. Befindet sich der elastische Knorpel in der Ruhelage, wie dies bei der todten Muschel oder bei erschlafften Schalenschliessmuskeln des lebenden Thieres der Fall ist, so klafft die Muschel an ihrem ventralen freien Rande. Contrahiren sich die Schalenschliesser, so wird — wie es scheint in allen Fallen — der Knorpel comprimirt, wahrend stets beim Erschlaffen der Schalenschliesser die Schale durch Druckelasticitit des Bandknorpels wieder geédffnet wird, wobei also, nach einer Ansicht wenigstens, auch die Zugelasticitit der fausseren Schicht mitwirkt (Fig. 97). Fig. 97. Schemata zur Demonstration des Oeceff- nungs- und Schliessungs- mechanismus der Muschel- schale. 1, 2, 3 Die 3 Schichten der Schale. Z Prismenschicht, 2 Cuticula oder Periostracum, 32 Perlmutterschicht. A Schale ge- schlossen durch Contraction des Schliessmuskels 6, wobei der elastische innere Theil des Schlossbandes (5) comprimirt wird. B Schale bei Erschlaffen des Schliessmuskels durch Druck- elasticitiit des inneren Theiles des Schlossbandes geéffnet. 4 Nicht-elastischer fiusserer Theil des Schlossbandes, welecher sich in das Periostracum fortsetzt. Die Beschaffenheit yon Band und Schloss liefert systematisch wich- tige Charaktere. Was das Ligament anbetrifft, sei hier noch erwihnt, dass man es als amphidet bezeichnet, wenn es zwischen oder unter den Wirbeln der Schale liegt und mehr oder weniger symmetrisch vorn und _ hinten von den Schlosszihnen, wo soleche vorhanden sind, umgeben wird, als opisthodet dagegen, wenn es sich hinter den Wirbeln und hinter den Hauptzihnen des Schlosses findet. Unter den Wirbeln (Umbones) versteht man den altesten Theil der zweiklappigen Schale, die Spitze jeder Schalenklappe. Diese Wirbel ragen meist mehr oder weniger stark iiber den Schlossrand vor und kénnen nach verschiedenen Richtungen ge- kriimmt sein. Beim Schloss hat man hauptsichlich nach dem Vorkommen, der Form und der Anordnung der vorspringenden Ziihne verschiedene Typen unterschieden. Wir miissen es uns aber versagen, auf den genetischen Zusammenhang und die genauere gegenseitige Abgrenzung dieser ver- Mollusca. Schale. 89 schiedenen Modificationen einzutreten, obschon in dieser Hinsicht gerade in letzter Zeit eingehende Studien gemacht worden sind (insbesondere yon Brrnarp). Wir verweisen mit Bezug auf dieses Kapitel, wie itiber- haupt fiir die besondere Gestalt der Schale auf die hinten citirte Litte- ratur. An der Stelle heben wir nur als besonders wichtige Schlosstypen hervor, einmal das zahnlose Schloss, das sich innerhalb der ver- schiedensten Gruppen, namentlich aber auch bei vielen sehr alten, fossilen Formen findet, dann das taxodonte Schloss (z. B. bei Nuculiden, Arcaceen), bei dem eine gréssere Anzahl mehr oder weniger gleich 'ge- formter Zihne neben einander stehen, ferner das heterodonte Schloss mit~ einer beschriinkten Anzahl von Ziihnen, von denen die mittleren, unter den Wirbeln befindlichen als Cardinalzihne von den davor und da- hinter stehenden, den La- teralzihnen, unter- schieden werden (grosse Fig. 98. Taxodontes Schloss. 7 Schlosszahn, Mehrzahl der Lamelli- 2 Ligament (hier inneres). branchier). Vergl. Fig. 98 und 99. Die Schale der La- mellibranchier ist ur- spriinglich symmetrisch, d. h. beide Schalenklappen sind einander — abge- sehen von der fast im- mer asymmetrischen Be- schaffenheit des Schloss- Fig. 99. Heterodontes Schloss. 1 Wirbel, randes — spiegelbildlich 2 Ligament, 3 Cardinalzahn, 4 Lateralzahn. gleich. Dieser Zustand er- halt sich bei den meisten Lamellibranchiaten. Die beiden Schalen- klappen kénnen aber ungleich, d. h. die Schale (und mit ihr der Weich- kérper, doch dieser letztere in viel geringerem Maasse und in neben- sichlichen Dingen) kann asymmetrisch werden. Diese Asymmetrie ist wohl — soweit sich dies zur Zeit beurtheilen liisst — urspriinglich bedingt durch festsitzende Lebensweise. Bei der Auster ist die linke Schalenklappe mit der Unterlage fest verkittet. Diese Klappe ist dicker und gewélbter, bauchiger, sie dient gewissermaassen als Becken zur Aufnahme des Weichkérpers, wahrend die rechte Schalenklappe nur mehr als Deckel functionirt und diinner, abgeplattet erscheint. Die linke Schalenklappe wird hier zur unteren, die rechte zur oberen. Dass diese Bezeichnungen oben und unten mor pho- logisch ebensowenig Giiltigkeit haben, wie etwa bei den Pleuronecten unter den Fischen, braucht wohl nicht noch besonders hervorgehoben zu werden. Bald ist die linke, bald die rechte Schalenklappe die fest- sitzende, und dies oft innerhalb einer und derselben Gattung (Chama) oder sogar Art (Aetheria). Festsitzende, ungleichklappige Muscheln sind z. B, ausser den schon genannten: Spondylus, Gryphaea p. p., Exogyra p. p. und ganz besonders auch die fossilen Hippuriten (Rudisten), bei denen die rechte Schalenklappe die Gestalt eines hohen, mit der Spitze aufge- wachsenen Kegels annimmt, wihrend die linke Klappe wie ein Deckel 90 Erstes Kapitel. aussieht. Aber die kegelférmige, rechte Klappe ist innen nicht ent- sprechend ausgehdhlt, sondern fast ganz mit Schalensubstanz ausgefiillt, so dass der vom Thiere bewohnte Raum zwischen unterer und oberer Klappe trotz der Gestalt der Schale ein sehr niedriger ist. Aehnliche Verhiiltnisse finden sich bei gewissen fossilen Chamaceen. Bei Requienia ist die linke Schale spiralig ausgewachsen und mit der Spitze festgewachsen, wihrend ihr die spiralig gewundene, flache, rechte Schale deckelartig aufliegt und so die ganze Schale einem durch einen Deckel verschlossenen Gastropodengehiiuse ausserordentlich ahnlich wird. Es giebt aber auch freie, nicht festsitzende Muscheln, die ungleich- klappig sind, z. B. manche Pectiniden. Zahlreiche Eigenthiimlichkeiten der Organisation (rudimentiirer Fuss, Beschaffenheit des Mantelrandes, Fehlen der Siphonen) weisen aber darauf hin, dass diese Formen von sedentiren abstammen. Fiir andere iniiquivalve Formen lisst sich freilich keine Beziehung zu einer friiheren sedentiiren Lebensweise dar- thun. Als Beispiel einer iniquivalven Muschel, bei der die der Unterlage aufliegende Schalenklappe flach, die obere aber etwas gewdélbt ist, citire ich die interessante Form Anomia. Die untere Schalenklappe ist hier die rechte; sie schmiegt sich in ihrer Gestalt ganz genau der Gestalt der Unterlage an, so dass sie z. B. die Sculptur der Pecten- und Auster- schalen, auf denen Anomia haufig festsitzt, genau wiederholt. In der rechten, aufliegenden Schalenklappe findet sich ein Loch, in welches das sogenannte Schliessknéchelchen (verkalkter Byssus) hineinpasst, ver- mittelst dessen die Muschel mit der Unterlage verkittet ist. Die Ent- wickelungsgeschichte klirt die Bedeutung dieses Loches auf, welches_an- fiinglich ein einfacher Ausschnitt am Schalenrande ist, wie er auch bei anderen Muscheln vorkommt und zum Durchtritt des Byssus dient. Bei weiterem Wachsthum der Schale wird dieser Ausschnitt von der Schale gewissermaassen umwachsen und entfernt sich so scheinbar vom Rande, mit dem er aber in Wirklichkeit immer noch zusammenhiingt (Fig. 100). Bei ver- € wandten Formen (Carolia) wird schliess- lich dieses Loch ganz durch homogene Kalkmasse verschlossen. Go Fig. 100. 3 Entwickelungsstadien der rechten Schalenklappe von Anomia, nach Morsg, 1871. A Sehr junge Schale. B Aeltere Schale mit Byssusausschnitt. © Noch iiltere Schale, Byssus- ausschnitt yon der Schale umwachsen und zu einem Loch in der rechten Schalenklappe geworden.' Schaleneindriicke. Verschiedene Organe der Muscheln, welche sich an die innere Oberfliiche der Schale anheften oder ihr dicht an- liegen, rufen auf derselben mehr oder weniger deutliche Eindriicke her- vor, welche man an den leeren Muschelschalen erkennen kann. Die Kenntniss dieser Eindriicke ist aus naheliegenden Griinden besonders fiir den Paliontologen von grosser Bedeutung. Sie erlauben einen sicheren Riickschluss auf gewisse Organisationsverhiltnisse des Weichkérpers, der sich nicht erhalten konnte. 1) Die deutlichsten Eindriicke sind die, welche die Schalenschliess- muskeln hervorbringen. Wo zwei kriiftige Schalenschliesser vorhanden sind, ein vorderer und ein hinterer (bei den sogenannten Dimyariern), Mollusca. Schale. 91 finden sich auf der Innenseite einer jeden Schalenklappe in entsprechender Lage auch zwei Schaleneindriicke (Fig. 101). Wo der vordere Schalen- schlhessmuskel rudimentir, dafiir aber der hintere ausserordentlich kraftig wird und nach vorn gegen die Mitte der Schale hinriickt (Monomyarier), findet sich nur ein grosser Muskeleindruck (Fig. 102). Immer liegt der After in unmittelbarer Nihe des (bei den Monomyariern einzig vorhan- denen) hinteren Schalenschliessers,. Fig. 101. Dimyarier, Innenseite der linken Schalenklappe, A yon Cytherea chione (Sinupalliata), B von Lucina pennsylvanica (Integripalliata). 7 Eindruck 2 des vyorderen, 2 des hinteren--Schliessmuskels, 2 Sinus der Mantellinie 5 Schlossband. ? ta ? ? 2) [Dem Schalenrand parallel, in geringerer oder grisserer Ent- fernung von demselben, sieht man an der Innenseite der Schalenklappen die sogenannte Mantellinie hinziehen, welche durch die den Mantel- rand an den Schalenklappen befestigenden Muskelfasern hervorgerufen wird. Der Verlauf dieser Mantellinie erfiihrt bei den mit Siphonen ausge- statteten Muscheln eine charakteristische Modification, indem die Linie im hinteren Theile der Muschel plitzlich nach vorn und oben umbiegt, um dann wieder nach hinten und oben zum unteren Rande des hinteren Schalenmuskels hinzuziehen. Es bildet also die Mantellinie hier eine nach hinten offene Bucht, den Mantelsinus, die man systematisch ver- werthet hat (Sinupalliata, Integripalliata) (Fig. 101). Diese Bucht kommt in folgender Weise zu Stande. Die Siphonen kénnen durch besondere Muskeln verkiirzt und zuriickgezogen werden, welche sich jederseits mit einer der Gestalt des Mantelsinus entsprechenden Basis an die Innenfliche der Schalenklappen ansetzen. Der Mantelsinus entspricht eben dem Ein- drucke dieser Siphoretractoren und ist um so groésser und deutlicher, je kriftiger diese Retractoren und je besser ausgebildet ‘die Siphonen selbst sind. Fig. 102. Monomyarier, Innenseite einer Schalen- klappe von Perna Ephippium. J Schlossrand, 2 Schliessmuskeleindruck. 3) Zu den sub 1 und 2 erwihnten Schaleneindriicken, welche die deutlichsten und constantesten sind, kénnen noch andere hinzukommen, 92 Erstes Kapitel. welche von den Retractoren und Protractoren des Fusses, von den Muskeln oder Biindern, die den Eingeweidesack an die Schale befestigen u. s. w., herriihren, auf deren Beschreibung wir aber verzichten miissen. Bei den meisten Lamellibranchiern passen die Rander der beiden Schalenklappen bei geschlossener Schale genau aufeinander, so dass der Weichkérper des Thieres dann vollstindig von der Aussenwelt abge- schlossen ist (geschlossene Schalen). Es giebt aber auch Schalen, die im geschlossenen Zustande hinten oder, was der hiufigere Fall ist, hinten und vorn mehr oder weniger weit klaffen (z. B. Myidae, Glycy- meridae, Solenidae). Der Grund dieser Erscheinung liegt in vielen Fallen in der starken Entwickelung der Siphonen (und des Fusses), die nur mit Miihe oder zum Theil (Myidae, Solenocurtus) in die Schale zuriickgezogen werden kénnen. Solche offene Schalen besitzen auch die meisten Bohrmuscheln, deren Schalenverhiiltnisse, zumal bei Ausbildung accesso- rischer Schalenstiicke oder von Kalkrihren, sehr interessant sind. Unsere besondere Aufmerksamkeit verdient die Reihe Pholas — Jouannetia. Die wichtigsten Etappen in der Reihe sind Pholas, Pholadidea und Jouan- netia. Die Schale von Pholas ist in der Lingsrichtung gestreckt, sie klafft vorn und unten zum Durchtritt des kurzen, stempelférmigen Fusses und hinten zum Durchtritt der stark entwickelten Siphonen. Auf der Riickenseite der Schale entwickeln sich bis drei accessorische Schalen- stiicke (Prosoplax, Mesoplax, Metaplax). Die Schale von Pholadidea sieht der von Pholas ziemlich thn- lich. Sie klafft beim jungen Thier vorn zum Austritt des Fusses ganz wie bei Pholas. Hinten setzt sich jede Schalenklappe in einen hornigen Fortsatz fort, auf den ein accessorisches, trogformig ausgehéhltes Schalenstiick (Siphonoplax) folgt. Das Siphonoplax der einen Schalen- klappe bildet mit dem der anderen Klappe eine hiiufig durch Verschmelzung ganz einheitlich werdende Réhre zur Aufnahme der Siphonen. 2 Prosoplax- stiicke sind vorhanden; Meso- und Metaplax rudimentiir. Im erwachsenen Zustand sistirt die Bohrthitigkeit, und die vordere klaffende Oeffnung wird durch Ausscheidung eines accessorischen Stiickes, des sogenannten Callum, vollstiindig geschlossen. Der ausser Function gesetzte Fuss atrophirt. Die Muschel kann sich in dem Material, in das sie sich gebohrt hat, nicht mehr bewegen. Die Schale der erwachsenen Jouannetia ist in der Lingsrichtung stark verkiirzt, kugelig, das Thier kann sich in dem kugelrunden Loch, das es sich in einem Korallenblock ausgehéhlt hat, nicht bewegen. Eine fiir das Thier fatale Lageveranderung im Loche wiirde auch ver- hindert durch den hinteren Zungenfortsatz der Schale, der aber nur der rechten Schalenklappe zukommt. Die Schale ist vorne vollstindig ge- schlossen; der Fuss fehlt (vergl. auch die Fig. 37, 38 und 104). Zum Verstiindniss dieser Verhiltnisse bei Jouannetia verhilft uns die Entwickelungsgeschichte. Die Schale des jungen Thieres stellt eine Kugel- calotte dar, deren Héhe kaum die Halfte des Radius der ganzen Kugel be- trigt. Sie bedeckt den hinteren und oberen Theil des Weichkérpers, ihre freien Riinder umgrenzen somit eine ausserordentlich grosse Oeftnung, welche der vorderen, zum Durchtritt des Fusses dienenden klaffenden Oeffnung von Pholas entspricht. In der That besitzt Jouannetia auf diesem ,,Pholasstadium“ einen Fuss, Mit Hiilfe des vorderen Schalen- randes das Gestein unter Drehungen des Kérpers ,raspelnd“, hohlt sie sich ein Loch, das vermége der Kugelcalottengestalt der Schale kugelig Mollusca. Schale. 93 wird. Ist dieses fertig, so scheidet das Thier am freien Rande der Schale neue accessorische Schalensubstanz, das ,Callum“, ab, und ,,indem der Mantelrand den Wandungen des Wohnloches folgt, wird auch hier (wie bei Teredo) die Form der accessorischen Schale durch die des Loches bedingt, sie ergiinzt deshalb nothwendiger Weise die urspriingliche Ca- lotte zur Kugelform“. Ich gehe nun unter Vernachlissigung einiger verwandter Formen (Mar- tesia, Teredina, Xylophaga, Gastrochaena, Fistulana), die ihnliche Verhilt- nisse darbieten, zum Schiffsbohrwurm Teredo (Fig. 39) tiber. Das Thier besitzt einen langgestreckt rdhrenformigen Mantel, der sich nach hinten in 2 lange Siphonen verlangert. Der Rumpf legt im Vorderende des Mantels. (Auf die eigenthiimlichen Verlagerungen, welche die inneren Organe erlitten haben, soll an anderer Stelle [Circulationssystem] einge- treten werden.) Teredo bohrt cylindrische Ginge im Holz. Die beiden Schalenklappen sind im Verhiltniss zum Koérper sehr klein und umfassen als dreilappige Stiicke reifenférmig das Vorderende des Mantels. Die so gestaltete rudimentiire Schale klafft vorn (zum Durchtritt des stempel- formigen Fusses) und hinten sehr stark. Der Mantel sondert ausserdem an seiner ganzen Oberfliiche eine das Bohrloch von innen austapezirende, kalkige Réhre aus, welche mit den Schalenklappen nicht verschmilzt. Zwei kleine accessorische Schalenstiicke, die sogenannten Paletten, liegen an der Stelle, wo sich die Siphonen trennen. Wenn das Thier mit seinem Vorderende in das umgebende Wasser vorragt, so schliesst sich die Kalkréhre vorn calottenférmig. Aehnliche Verhiltnisse finden sich bei Aspergillum (Brechites, Fig. 40 und 103) und Clavagella. Wir kénnen hier an der keulen- formigen Schale, welche mit dem vorderen, dickeren Ende in Felsen, Muschelschalen, Korallen oder im Sande steckt, die achte und die falsche unterscheiden, Die falsche bildet weitaus den gréssten Theil der Schalenréhre, sie entspricht der von Teredo abgesonderten Kalkréhre und ist auch zu vergleichen dem Callum der Pholaden. Die achte aber ist sehr klein und zeigt sich ganz vorn an der Schale. Die beiden Schalenklappen dieser aAchten, aber rudimentiiren Schale sitzen bei Aspergillum fast sattelformig iiber dem vorderen Ende der Réhre (Fig. 40), in deren Substanz sie fest. eingeschmolzen sind. Isolirt wiirden sie nicht nur vorn und hinten, sondern auch unten ausserordentlich weit klaffen. Die Schalenréhre ist am hinteren Ende offen, entsprechend den Oeffnungen der Siphonen, am vorderen aber durch eine der Lage nach dem Callum der Pholadiden entsprechende, runde Scheibe verschlossen, welche ahnlich wie der Schwamm einer Giesskanne von Léchern durch- bohrt ist. Diese Lécher kénnen sich am Rande oder auch auf der ganzen Fliche der Scheibe zu sich bisweilen dichotomisch theilenden Kalk- rohrchen ausziehen. In der Mitte der Scheibe erhiilt sich bisweilen eine enge, spaltformige Oeffnung, welche der darunter liegenden Fussiéffnung des Mantels entspricht, hiufig aber vollstindig verschlossen ist. Seltener erhalt sich vorn in der ventralen Mittellinie noch eine Oeffnung, welche der frither besprochenen 4. Manteliffnung entspricht. Aspergillum steckt mit dem vorderen Ende im Schlamm oder Sand, aber die ganze Organisation des Thieres und besonders die Beschaffenheit des Gehiuses deuten auf eine friihere bohrende Lebensweise hin. Clavagella, eine nahe Verwandte, bohrt in Gestein und Kalkschalen verschiedener Thiere. Das Gehause unterscheidet sich von dem des 94 Erstes Kapitel. Aspergillum wesentlich dadurch, dass die Klappen der iachten Schale etwas grésser sind und dass nur die linke Klappe mit der Kalkréhre (falsche Schale) verschmolzen ist, wiihrend die rechte frei im Inneren der Rohre liegt. Bei den Pholadiden spielt das zwar noch vorhandene Schlossband nicht mehr die Rolle eines Schalendffners. “i 2) > a ee a ¢ “ NN WY . o— a \ \ \ ) Fae »~ \ } Ee amen , + ~ : yo” - % Ry. \ \s “Se fix Aiba shied : . Geen > Hh /|> oe PPL a Aa E> — ‘ 4 ‘ed by sake } y) i .: ? + Hie. PT art yi P caa Stell ony fj fay | Ron ive ‘ee f 4 i | pipe : : ey fy / 2 1} pee ee nai OC rete Ty - fs x ics. % Ss 4 . ° poenes ee a as: J = SERS NH TAM GTO & In Folge einer eigenthtim- lichen Anordnung des vor- deren Schalenschliessers wird hier das Oeffnen der Schale, soweit es méglich ist, durch Muskelthitigkeit ausgetibt. Der vordere und obere Rand der Schalenklappen ist nam- lich nach aussen umge- schlagen, und der vordere Schalenmuskel setzt sich an diese iusseren Umschlags- rinder an. Die Ansatz- stellen sind also jetzt iius- sere, nicht innere, und die gesammte Schale ist einem zweiarmigen, die Lingsrich- tung des Kdérpers einneh- menden Hebel zu _ verglei- chen, dessen Angelpunkt an der Stelle des Schlosses der iibrigen Muscheln liegt. Con- trahirt sich der vordere Schalenmuskel, so werden die beiden kiirzeren, den vor dem Schloss legenden Schalenpartien entsprechen- Fig. 103. Anatomie von Aspergillum dichotomum, Schale und Mantel der rechten Seite entfernt, nach LACAZE-Dv- THIERS, 1883. a Miindung des Anal- sipho, 6 die Siphonen uwmschlies- sende Kalkréhre, ¢ Analsipho, d Branchialsipho, e linkes Ctenidium, f Enddarm mit After, g Visceral- ganglion, h rechtes Ctenidium, 7 Herz, k Q Gonade, 1 Cerebral- ganglion, m yordere Mantel- und n vordere Schalenéffnung (der Fuss- éffnung des Mantels anderer Mu- scheln homolog), 0, p zu Roéhren verlingerte Lécher im _ yorderen Verschlussstiick der Schale, « Hohl- raum zwischen Mantel und Schale, y Pedalganglion an der Basis des rudimentiiren Fusses, 7 Rumpf (ent- haltend die Eingeweidemasse), s Mantelnery, ¢ 4. Manteléffnung, w Kiemennery., v Analkammer, w Branchialkammer der Mantelhoéhle, y tiussere Oeffnung des Athemsipho. Mollusca. Schale. 95 den Hebelarme einander geniihert, die langeren, hinteren und unteren Schalenpartien, als die lingeren Hebelarme, von einander entfernt, d. h. die Schale klafft dann hinten und unten. Contrahirt sich der hintere Schalenschliesser, so wer- den die langen Hebelarme einander genihert, die Schale wird geschlossen. Fille, in denen bei Muscheln die Schalen- klappen vom Mantel um- wachsen werden, sind schon oben p. 68, im Ab- schnitt: Haut, Mantel, Eingeweidesack — bespro- chen worden. : 2 Fig. 104. Pholas dactylus, rechte Schale von innen, nach EGGER, 1887. 1—2 Dreh- axe der Schalenbewegung, 3—4 Liingsaxe der Schale, 5—8 Verbindungslinie der Schalen- muskeln, 6 vorderer Schalenmuskel, 7 hinterer Schalenmuskel, 9 Drehpunkt der Schalen, 10 nach aussen umgeschlagener, yorderer und oberer Schalenrand, an den sich der Schalen- muskel 6 anheftet, 6—9 kiirzerer yorderer, 9—7 liingerer hinterer Hebelarm. An dieser Stelle wollen wir noch auf die eigenthiimlichen Lage- beziehungen zwischen Weichkérper und Schale bei den Tridacniden hinweisen. Das Merkwiirdige dieser Lagerungsverhiltnisse besteht, um ad Li; 16 15 14 13 12 11 (2) Fig. 105. Tridacna rudis, von der linken Seite, nach GROBBEN, 1898. Linke Schale und linker Mantellappen abgehoben, Eingeweidesack theilweise aufpriiparirt. Weitere Er- kliirung siehe im Text. a@ Vorn, p hinten, d oben, v unten. Z Vorderer Retractor des Fusses, 2 Darm, 3 Leber, 4 vordere Aorta, 5 Ligament der Schale, 6 hintere Ausbuchtung des Ausstr6mungsabschnittes der Mantelhéhle, 7 Schale, 8 Genitaldriise, 9 Vorhof des Herzens, 10 Pericard, 11 Herzkammer, 12 Bulbus arteriosus, 13 Ausstrémungséffnung, 14 Niere, 15 hinterer Retractor des Fusses, 16 Afteréffnung, 17 hinterer Schliessmuskel der Schale, 18 Verwachsungsmembran zwischen den Kiemen, 19 Einstrémungséffnung. 20 Kiemen, 21 Fuss, 22 Fussschlitz des Mantels, 23 Byssus. 96 Erstes Kapitel. es kurz zu sagen, darin, dass hier das Thier im Vergleiche mit anderen Muscheln verkehrt zwischen den Schalenklappen liegt, in dem Sinne verkehrt, dass der Fuss nach oben, die Einstrémungséffnung nach vorn, die Ausstrémungséffnung nach unten gerichtet und der Mund hinter den Schalenwirbeln gelegen ist (Fig. 105). Man hat sich eine derartige eigen- thiimliche Lagerung so entstanden zu denken, dass zuniichst eine Ver- kiirzung des Vorderkérpers stattfand, und dieser selbst bis hinter den Umbo der Schale zu liegen kam, zugleich drehte sich dann der hintere Kérperabschnitt nach unten und vorn um volle 180° Bei dieser Ge- legenheit hat sich der vordere Adductor vollstiindig riickgebildet: es iibernimmt wbrigens der unter dem iibrig bleibenden hinteren Adductor der Schale gelegene Re- d tractor pedis posterior die Functionen eines zweiten Adductors. Die niachsten “Verwandten der Tridacniden sind die Cardiiden, bei denen das Thier normal in der Schale gelagert ist. Als Uebergangsform wird die fos- sile Gattung Byssocardium betrachtet ; in der That sind nun gewisse Byssocardium- aihnliche Tridacnaformen ge- funden worden, bei denen die oben erwihnte Verlage- rung des Weichkérpers , innerhalb der Schale noch a Vg eee nicht so weit gegangen ist : (Fig. 106). Fig. 106. Byssocardiumahnliche Tridacnide (wahrscheinlich eine eigenthiim- lich ausgebildete Tridacna rudis), von der linken Seite, nach GROBBEN, 1898. Darstellung entsprechend derjenigen in Fig. 105. Man sieht vor allem, dass hier die merkwiirdige Umlagerung! des Weichkérpers in der Schale nicht so weit gegangen ist wie bei einer normalen Tridacna rudis. Man beachte besonders die Stellung der Kiemen. Veregleiche auch Text. a Vorn, p hinten, d dorsal, » ventral. 4. Cephalopoda. Die Cephalopoden sind wohl alle von uralten Formen abzuleiten, welche eine gekammerte Schale besassen, in deren letzter, grisster Kammer das Thier sass, wihrend die iibrigen Kammern leer, d. h. mit Gas erfiillt und nur von einem Fortsatz des Thieres, dem sogenannten Sipho, durechzogen waren. Unter allen heute noch lebenden Cephalopoden besitzt einzig und allein noch der lebende Vertreter der Tetrabranchiaten, der vergleichend-anatomisch héchst wichtige Nautilus, eine solche Schale. Zahlreiche fossile Verwandten des Nautilus, die man zu der Ordnung der Nautiloidea vereinigt hat, besassen eine ihnliche Schale, und das Gleiche gilt fiir die ungeheuer formenreiche Ordnung der Ammonoidea, die man, mit Recht oder Unrecht, als nahe Verwandte der Nautiloidea, d. h. als Tetrabranchiaten betrachtet. Bei fast allen diesen Thieren ist die Schale — im Gegensatz zu der Gastropoden- schale — wenn sie iiberhaupt gewunden ist, nach vorn (exogastrisch) eingerollt. Mollusea. Schale. 97 Eine Gruppe von Nautiloiden, zu der nur sehr alte Formen gehéren / (Cambrium—Untersilur), die Endoceratidae, zeichnete sich dadurch aus, dass bei gerader (d. h. nicht eingerollter) Schale die Luftkammern nicht hinter der Wohnkammer, sondern neben ihr lagen. Ein eigentlicher Sipho war nicht vorhanden, sondern es erstreckte sich das obere Ende des Eingeweidesackes, durch die Gaskammern eingeengt, bis hinauf in die Spitze der Schale. Bei den Nautiloiden liegen, wie bei Nautilus, die Luftkammern immer tiber der Wohnkammer und werden von einem hiutigen, diinnen Sipho durchsetzt, der nur bei alteren Formen noch dick war und den oberen eingeengten und verlingerten Theil des Eingeweidesackes darstellte (Fig. 42). Siehe auch Weiteres auf p. 71 und 72. Es giebt unter den Nautiloiden Formen mit endogastrischer Hin- rollung der Schale. Diese Einrollungsrichtung kommt aber nie bei Formen mit vollstiindiger Spiraleinrollung vor. Die Sutur- oder Lobenlinie, welche der Insertionsstelle der Scheide- wiinde an der Innenwand der Schale entspricht, ist bei den Nautiloiden im Vergleich zu den Ammonoidea einfach. Folgende Tabelle giebt einen Ueberblick iiber die Hauptformen der Schalen der Nautiloidea}?): »a) Orthoceras-Gruppe. Schale gerade oder unbedeutend ge- kriimmt. Silur — Trias. b) Cyrtoceras-Gruppe. Schale hornartig gekriimmt, aber nicht regelmassig spiral eingerollt. Cambrium — Perm. c) Gyroceras-Gruppe. Schale regelmiissig spiral eingerollt; Windungen sich nicht beriihrend. Silur — Perm. d) Nautilus-Gruppe. Schale regelmissig spiral eingerollt; Win- dungen sich beriihrend oder umfassend, Silur — Gegenwart. e) Lituites-Gruppe. Schale anfangs regelmiissig spiral eingerollt, spiter sich gerade streckend. Silur.“ Der Sipho verléuft bald durch die Mitte, bald durch die Vorder-, bald durch die Hinterseite der Scheidewinde. Die Schalen der fossilen Ammonoidea zeichnen sich durch die hohe Complication der Lobenlinie aus, die zickzackférmig gewunden ver- lauft. Diese Windungen kénnen so complicirt werden, dass sie die Um- risse stark dendritisch verzweigter Blatter oder von Moosen etc. nach- ahmen, Dieses Verhalten wird hervorgerufen durch den entsprechend wellenférmigen Verlauf und die Faltelung des peripheren Theiles der Scheidewande, der sich an die Innenseite der Schale anheftet. Der Sipho ist bei den Ammonoidea immer sehr diinn und durchbohrt die Scheide- winde fast immer an ihrer Hinterseite. Ueber die Form der Ammonoidenschale sei folgende tibersichtliche Zusammenfassung citirt 4): »Die Schale bildet in der Regel eine geschlossene, symmetrische Spirale mit sich beriihrenden oder umfassenden Windungen. Die iltesten Formen sind zum Theil gerade, oder in der Jugend noch nicht voll- stindig eingerollt. In verschiedenen Zweigen des Ammonoidea-Stammes macht sich zu verschiedenen Zeiten (Trias, Jura, Kreide) die Tendenz zum Aufgeben der geschlossen symmetrischen Spirale und zur Bildung sogenannter Nebenformen geltend. Dieser Process geht in der Mehr- 1) STEINMANN-DODERLEIN, Elemente der Paliontologie, 1890. Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl. 7 9 (o 0) Erstes Kapitel. zahl der Fille auf die Weise vor sich, dass zuerst die Wohnkammer sich vom vorhergehenden Umgange abhebt und nach und nach auch die inneren Windungen sich von einander lésen, wobei die Umgiinge aber in einer Ebene bleiben — Crioceras-Stadium. Hiufig wiichst die Schale eine Strecke weit in gerader Richtung, biegt dann aber hackenférmig um — Ancyloceras-, Hamites-, Scaphites-Stadium, wenn sich die Ablésung auf die Wohnkammern beschriinkt. Schliesslich entstehen ganz getreckte Gehiinse — Baculites-Stadium. Weit seltener ist der Fall, in welchem die Windungen aus der Symmetrieebene heraustreten und sich nach Art einer Schneckenschale aufrollen, wobei die Windungen entweder mit einander in Beriihrung bleiben oder sich von einander ab- léisen — Turrilites-Stadium.“ Fiir die Beurtheilung der Verwandtschaftsverhiltnisse der Nautiliden und Ammonitiden ist von Wichtigkeit, dass gezeigt werden konnte, dass das Ammonitenthier gleich wie der recente Nautilus durch ein Paar Schalenmuskeln und durch ein Verwachsungsband (Annulus) in der Schale befestigt war. Die Schale aller bekannten Dibranchiaten, sowohl der aus- gestorbenen wie der lebenden, befindet sich in einem mehr oder weniger radimentiren Zustande, insofern sie nirgends mehr das Thier auch nur in geringem Maasse beherbergen kann. Es handelt sich ausserdem immer um eine innere Schale, welche, auf der Vorderseite des Kingeweidesackes gelegen, von einer Falte des Integumentes iiberwachsen und bedeckt wird. Nur bei Spirula (Fig. 44, 83 und 84) ist diese Umwachsung keine voll- standige, indem die letzte Schalenwindung an 2 Stellen, vorn und hinten, gegen die Spitze des Eingeweidesackes zu noch eine Strecke weit frei zu Tage tritt. Niheres siehe auf p. 72—73. Wir wollen zuniichst die fossile Belemnitenschale (Fig. 107 C) betrachten. Diese Schale ist kegelférmig, gerade, gekammert, mit nahe- stehenden Scheidewinden, welche an ihrer Hinterseite (Bauchseite) zum Durchtritt des fadenférmigen Sipho durchbrochen sind, der von kurzen Kalkdiiten umschlossen ist. Die Spitze dieser eigentlichen Schale (Phragmocon) steckt in einer kegelférmigen Kalkscheide (Ro'strum), welche sich gewéhnlich allein erhalten hat. Die vordere Wand der letzten Kammer verlingert sich nach unten zu einem dinnen, breiten Fortsatz, dem sogenannten Proostracum. Bei Spirulirostra (Fig. 107 D) beginnt die Schale (Phragmocon) sich nach hinten (endogastrisch) einzukriimmen. Das Rostrum ist drei- eckig, nach oben spitz. Bei Spirula (E) geht die Kriimmung in eine spiralige, endogastrische Einrollung iiber. Der Sipho ist dick, in seiner ganzen Ausdehnung von Septaldiiten umgeben. Das Rostrum fehlt, ebenso ein Proostracum. Neuerdings wird allerdings mehr die Ansicht vertreten, dass Spirula sich von solchen Vorfahren der Dibranchiaten abgezweigt habe, die noch kein Rostrum besassen; darnach wire die umgekehrte Reihe: Spirula — Spirulirostra — Belemnites die richtige. Wieder von Belemnites ausgehend, kénnen wir die Modification der Schale nach einer anderen Richtung verfolgen. Der Phragmocon wird immer kleiner und kiirzer im Verhiltniss zu dem immer linger werdenden Proostracum (Beispiel Ostracoteuthis F), Auch die Scheide wird diinner und unansehnlicher. Schliesslich reducirt sich die Schale auf einen sehr kleinen hohlen Kegel am Ende einer langen, schmalen, hornigen Lamelle, Mollusca. Schale. 99 die dem Proostracum entspricht und bei den lebenden Decapoden als Gladius oder Calamus _ bezeichnet wird (Ommastrephes G, Onycho- teuthis). Bei Ommastrephes zeigt der kleine Hohlkegel noch eine regel- miassige Querstreifung, wohl der letzte Ausdruck der Kammerung des A B € D E Ly G Fig. 107. A—H Schematische Medianschnitte durch die Schalen von acht lebenden oder fossilen Dibranchiaten, yon der rechten Seite. Oben in der Figur ist unten im Eingeweidesack, unten in der Figur entspricht der dorsalen Spitze des Eingeweidesackes, links und rechts in der Figur ist Hinter- und Vorderseite der Schale (verg]l. die Orientirung des Cephalopodenkérpers p. 43). A Sepia. B Belosepia (fossil). C Belemnites (fossil), D Spirulirostra (fossil), FE Spirula. F Ostracoteuthis (fossil). G Ommastrephes. H Loligopsis. ph Gekammerte Schale = Phragmocon, pr Proostracum, 7 Rostrum = Scheide, s Siphonalkanal, Siphonalraum, welcher den Sipho beherbergt, 1, 2, 3 letzte (jiingste), vorletzte und drittletzte Scheidewand, a yordere Wand des Sipho, p hinterer, 2 yorderer Rand der ersten Septal- oder Siphonaldiite = yorderer oder hinterer Mindungsrand des Siphonalkanales?} Phragmoconus (Fig. 108). Bei Dosidicus ist dieser Endkegel schon fast solid, bei Loligopsis (H) stellt er nur noch eine Verdickung am oberen Ende des Gladius dar, und bei anderen Decapoden ist er am Gladius tiberhaupt nicht mehr nachweisbar. Véllig verschwindet die Schale unter den Decapoden bei Idiosepius und einer Reihe von Formen aus der Familie der Sepioliden (Sepioloidea, Sepiadarium) ; hingegen bedarf die Angabe, dass allen Octopoden eine Schale mangle, einer Berichtigung, wie weiter unten dargelegt werden soll. Wieder von Belemnites ausgehend, entwickelt sich die Schale nach einer dritten Richtung, nach der Richtung der Sepienschale oder -schulpe hin. Die Zwischenform ist Belosepia (B) aus dem EKociin (wenn ich 7 100 Erstes Kapitel. die Schale richtig interpretire). Die Schale ist etwas gekriimmt, die Scheidewiinde dicht gedriingt und schief von oben und hinten nach unten und vorn gerichtet. Sie sind hinten von einem ausserordentlich dicken Sipho durchsetzt, der in seiner ganzen Ansdehnung von einer vorn sehr dickwandigen Diite umgeben ist. So erscheint der allseitig geschlossene Hohlraum des Sipho als ein weiter, in die gekammerte Schale an ihrer Hinterseite eingesenkter Trichter. Die Schale (Phragmocon) steckt in einem dicken, stark entwickelten Rostrum, und ihre vordere und seitliche Wand setzt sich nach unten in einen breiten und nach hinten concaven Schulp (Proostracum ?) fort. Fig. 108. Fig. 109. Fig. 109. Schale einer Sepia (aculeata), von der Hinterseite (physiol. Bauchseite). Bezeichnungen wie in Fig. 107. Man sieht die letzte Scheidewand 1 in ihrer ganzen Ausdehnung und man _ sieht in die fast pantoffel- formig erweiterte Siphonalhéhle hinein. ¢ Lateralwand der Siphonalhéhle, a—® Richtung des Schnittes, welcher in Fig. 107 A schematisch abgebildet worden ist. Man vergleiche die beiden Figuren. Im Wesentlichen nach D’ORBIGNY. Fig. 108. Schulp von Ommastrephes, hinterer (oberer) Theil, nach KORSCHELT und Hemer, Lehrbuch der yergl. Entwickelungsgeschichte. 2 Platte des Schulps, 2 hornige Leisten, 3 kegelférmiger Anhang am Hinterende (oberen Ende). Mollusca, Schale. 101 Diese Verhiiltnisse erscheinen bei der lebenden Sepia auf die Spitze getrieben (Fig. 107 A, Fig. 109). Der Siphonalraum breitet sich muldenférmig iiber dem Hingeweidesack aus. Der vor ihm liegende Theil der Scheidewiinde der gekammerten Schale zieht noch viel steiler von hinten und oben nach vorn und unten, so dass bei Betrachtung der Sepienschulpe von hinten die letzte Scheidewand in ihrer ganzen Aus- dehnung frei zu Tage tritt (Fig. 109, 7). Die Scheidewande sind diinne, verkalkte Conchinlamellen, die dicht iibereinander legen und nur durch sehr niedrige, gasfithrende Spaltriitume (Luftkammern) getrennt sind, welche von senkrechten Pfeilerchen durchsetzt werden. So wird diese Schulpe oder Schale sehr leicht, speci- fisch leichter als Wasser. Hinter dem Siphonal- raum, an der hinteren, ausserordentlich verkiirzten Schalenseite, liegen die kurzen Scheidewinde fest aneinander, ohne sie trennende Gasriiume. Das dorsale Ende der Schale steckt in einem kleinen, spitzen Rostrum. Neuere Untersuchungen haben die eben vorge- tragene Ableitung der Sepiaschale wesentlich be- festigt und dargethan, dass der Bau dieser rudi- mentiiren Schalenform im Princip von demjenigen der gekammerten Schale bei Nautilus oder Spirula nicht abweicht. Der vor dem Siphonalraum gelegene, aus Lamellen und Luftkammern sich aufbauende Abschnitt der Sepiaschale wird Wulst genannt; der nach hinten und oben an den Wulst sich an- setzende Theil (J in Fig. 109) wird als Gabel bezeichnet. Die Scheidewiinde des Wulstes (La- mellen) setzen sich in die Lamellen oder Septen der Gabel fort; Gabel und Wulst zusammen um- grenzen den Siphonalraum und reprisentiren also den gekammerten Theil einer Nautilus- oder Spirula- schale. Die ganze Vorderseite der Sepiaschale wird von dem Ritickenschild eingenommen, das sich aus 3 Schichten aufbaut; die innerste, Innen- platte, hingt mit den Lamellen des gekammerten Theiles, des Wulstes, zusammen; die mittlere, Mittelplatte, besteht grisstentheils aus Conchin und nimmt einen wesentlichen Antheil am Aufbau der unverkalkten Randzone des ganzen Riicken- schildes; die aiusserste, Riickenplatte, ist stark verkalkt und setzt sich in das kleine Rostrum fort; rings um das Rostrum und noch in weiterer Aus- dehnung im dorsalen Abschnitte des Riickenschildes findet sich eine unverkalkte, aus Conchinlamellen zusammengesetzte Zone (Dornhiille), die jedoch ge- netisch zur Riickenplatte gehért. Die Auffassung Fig. 110. Langsschliff durch die Schale von Sepia officinalis, nach APpPELLOF, 1894, halbschematisch. Schnittrichtung ganz entsprechend derjenigen im Schema Fig. 107 A. 1 Riickenschild, 2 Dornhiille, 3 Rostrum, 4 Gabel, 5 Siphonalraum, 6 freigespannte Membranen, 7 Septum des Wulstes, 8 Wulst, 9 Pfeiler, 10 letztgebildetes Septum. 102 Erstes Kapitel. erscheint berechtigt, in der Riickenplatte eine untere und vordere Aus- breitung des Rostrums, in den beiden anderen Schichten die Wand der gekammerten Schale zu erblicken (Fig. 110 und 111). Bis vor Kurzem nahm man allgemein an, dass bei den Octopoden die Schale véllig verschwunden sei, vielleicht mit einziger Ausnahme der Familie der Cirroteuthidae, bei der noch eine rudimentire, innere Schale gefunden worden war, die jedoch von Einzelnen nicht als solche, sondern als Theil des knorpeligen Endoskelets gedeutet wurde, Ebenso kannte man schon lange bei Octopus und Eledone unter dem Integument der Vorderseite des Eingeweidesackes in Zweizahl vor- kommende Stiibchen, die als ,,Knorpelstreifen“ bezeichnet und mit den Riickenknorpelstiiben von Sepia (siehe Musculatur und Endoskelet) ver- glichen wurden. Neueste Untersuchungen haben jedoch dargethan, dass Fig. 111. Querschliff durch die Schale von Sepia officinalis, nach APPEL- LOF, 1894, halbschematisch. Bezeichnung wie in Fig. 110, ausserdem 17 Riickenplatte, 12 Mittelplatte, 72 Innenplatte des Riickenschildes. diese Bildungen nicht knorpeliger Natur sind, sondern aus Chitin (Conchin) bestehen, und dass sie ferner gleich wie die inneren Schalen der Deca- poden vom Epithel eines (hier paarigen) Schalensackes abgesondert werden, d. h. diese Stabchen, wie die entsprechende einheitliche Bildung bei Cirroteuthis und Verwandten, sind Reste einer achten inneren Cephalo- podenschale. Den iibrigen Octopoden fehlt eine Schale vollstindig mit Ausnahme des Weibchens von Argonauta, welches eine spiralig nach yvorn (exogastrisch) eingerollte, leichte und diinne, aussere Schale besitzt, welche nirgends mit dem Thier fest zusammenhingt und welche, wohl mehr als zum Schutze des Kérpers, zur Aufnahme der Kier dient (Fig. 46, 47). Diese Schale wird festgehalten und umfasst von dem lappenartig verbreiterten vorderen Armpaar. Sie entbehrt der Perl- mutterschicht, ist porzellanartig und wird, wie es scheint, wesentlich vom Integument des EHingeweidesackes und des Mantels erzeugt. Das dorsale Armpaar soll nur die sogenannte schwarze Schicht auf deren Aussenflache ablagern. Die herrschende Ansicht tiber die Argonautaschale ist die, dass sie der Schale der tibrigen Cephalopoden nicht homolog, sondern eine be- sondere Bildung des Argonautaweibchens sei. Dem entgegen wird neuer- dings die Ansicht mit Geschick vertreten, dass die Argonautaschale eine Ammonitenschale sei, welche die Scheidewiinde und mit ihnen die Siphonal- éffnungen, ferner die Perlmuttersubstanz verloren habe. — Sollte sich diese Auffassung als richtig erweisen, so miissten die Hauptabtheilungen der Cephalopoden anders als bisher gruppirt werden. Die EHintheilung in Tetra- und Dibranchiaten miisste fallen, da wir nicht wissen, ob Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes. 103 die fossilen Ammonoidea Vierkiemer waren und wann sie aus Vierkiemern zu Zweikiemern geworden sind. Man miisste dann die Cephalopoden ein- theilen in: 1) Nautiloidea mit der lebenden Gattung Nautilus, 2) Ammonoidea mit den noch lebenden Octopoden und 3) Belem- noidea mit den noch lebenden Decapoden. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass der oben erwihnte Nachweis des Vorkommens innerer Schalen bei Octopoden dieser letztgenannten Auffassung nicht giinstig ist. Wenn nun auch Argonauta gerade keine innere Schale mehr besitzt, tritt doch wenigstens wihrend der Entwickelung voriibergehend eine sogen. Schalendriise auf, d. h. eine Ektodermeinstiilpung, die bei den Formen mit innerer Schale die letztere absondert; andererseits wird an der Zusammengehirigkeit von Argonauta und der anderen Octopoden niemand zweifeln, (Siehe auch Bemerkung tiber Schalenmuskeln p. 98.) Zweiklappige, als Aptychen bezeichnete Schalenstiicke, die theils in der Wohnkammer von Ammonoiden, theils fiir sich isolirt aufgefunden werden und deren Zugehérigkeit zum Koérper bestimmter Ammonoiden- arten nachgewiesen ist, hat man bald als Schutzapparate der Nidamental- driise, bald als Analoga oder Homologa der Trichterknorpel der Decapoden, bald als Deckel zum Verschlusse des Gehiiuses gedeutet. Diese letzte Ansicht scheint jetzt allgemeine Anerkennung gewonnen zu haben. Kin soleher Aptychus kommt, wie vor kurzem gezeigt wurde, schon ganz jungen Thieren zu. Derselbe Fund, der diese Thatsache beweist, macht auch héchst wahrscheinlich, dass die Ammoniten, oder wenigstens einzelne Formen, die junge Brut in dem Schalenraum mit sich herumfihrten, tthnlich wie dies heutzutage noch Argonauta thut. VY. Uebersicht iiber die Anordnung der Organe der Mantelhéhle und der in ihr liegenden iiusseren Miindungen innerer Organe. Wir halten es fiir zweckmiissig, dieses Kapitel in die vergleichende Anatomie der Mollusken einzuschieben. Es dient in erster Linie dazu, das Verstiindniss der Asymmetrie der Gastropodenorganisation zu er- leichtern und eine Vereinfachung der Darstellung in spiiteren Kapiteln zu erzielen. Der Nutzen einer solchen Uebersicht leuchtet ein, wenn man erwiagt, dass zahlreiche wichtige Organe in der Mantelhéhle auf einen relativ engen Raum zusammengedringt sind, und dass mit Ausnahme der Mund- éffnung des Darmkanals alle Oeffnungen der wichtigen inneren Organe in der Mantelhdhle liegen. Man spricht deshalb wohl auch von einem circumanalen Organcomplex, dieser Ausdruck ist besonders fiir die Gastropoden passend. Passender, weil fiir fast siimmtliche Mollusken giiltig, erscheint mir der Ausdruck pallialer Organcomplex, worunter nicht nur die Mantelorgane selbst, sondern auch die in der Mantelhéhle liegenden Ausmiindungen innerer Organe verstanden sein sollen. Die wichtigsten Theile des pallialen Complexes sind: das Ctenidium (Kieme), das Osphradium (Sprneuw’sches Organ, Geruchsorgan, Nebenkieme), die Hypobranchialdriise, der After und oft auch das Rectum, die Nephridialiffnungen und oft auch die Niere, die Geschlechtsiffnungen, ferner hiiufig das Pericard mit dem eingeschlossenen Herzen. 104 Erstes Kapitel. Wir miissen von den Verhiltnissen der urspriinglichsten aller lebenden Molluskenformen, der Chitoniden, ausgehen, welche schon p. 36 ge- schildert worden sind. Der After liegt am hinteren Kirperende median in der Mantelrinne, jederseits davor die Nephridialiffnung und wieder jederseits vor dieser die Genitaliffnung. A. Prosobranchia. a) Diotocardia. Bei Fissurella ist der palliale Organ- complex noch vollstindig symmetrisch; aber wir finden ihn, ebenso wie die Mantelfalte und die Mantelhéhle, anstatt hinten, wie dies bei Chiton der Fall war, vorn am Eingeweidesack. Wir haben uns vorzustellen, dass der gesammte Complex sich von hinten dem rechten Kérperrand entlang nach vorn verschoben hat, so dass die ur- spriinglich linke Kieme jetzt vorn rechts, die urspriinglich rechte jetzt vorn links zu liegen kommt. Dasselbe gilt auch von den iibrigen Organen des Complexes. Torsion des Pallialcomplexes. Um eine Verwechselung mit den iibrigen Gastropoden und den iibrigen Mollusken tiberhaupt zu vermeiden, werde ich in diesem Kapitel die hypothetische urspriingliche Lage eines Organes durch ein in Klammer ; % Q gesetztes ur — urspriinglich rechts — oder & Z ul — urspriinglich links — bezeichnen. NZ ~ Oben in der Mantelhéhle von Fissu- ? ( NG rella, unter dem Loch in Mantel und Schale yr: as\2 in der Mittellinie des Kérpers, liegt der After, dicht rechts davon die rechte (ul), 3 links davon die linke (ur) Nephridialdtf- nung und ebenso symmetrisch rechts und links die rechte (ul) und linke (ur) Kieme. Gesonderte Osphradien fehlen. Genitaléff- nungen fehlen, da die Geschlechtsdriise in das rechte Nephridium einmiindet. (Fig. 112.) Fig. 112. FPissurella, yon der Riickenseite gesehen, nach Entfernung der Schale, nach RAY-LANKESTER Encyel. brit. Die Mantelfalte ist der Linge nach aufgeschnitten und nach beiden Seiten zuriickgeschlagen. 7 Tentakel, 2 zuriickgeschlagener Theil des Mantels, & Mindung des rechten (wl) Nephridiums, 4 Fuss, 5 Miindung des linken (wr) Nephri- diums, 6 Anus, 7 Contour des dorsalen Mantelloches, 8 linkes (ur) Ctenidium, 9 Schnauze. Bei der Gattung Fissurella scheint eine besondere Hypobranchial- driise nicht differenzirt zu sein, wohl aber kommt eine solche in starker Entwickelung bei Cemoria (im weiblichen Geschlecht) und bei Emargi- nula vor. Es handelt sich um eine paarig auftretende Driise, deren beide Hilften oben, am Dache der Mantelhéhle gegeniiber den Kiemen rechts und links vom Enddarm symmetrisch gelagert sind. Haliotis. Im der nach links verschobenen Mantelhéhle verliuft, an der Mantelfalte befestigt, der Enddarm ziemlich weit nach vorn, so dass der After eine betriichtliche Strecke weit vom hinteren Grunde der Hohle entfernt ist. Rechts vom Enddarm das rechte (ul), links davon das gréssere linke (ur) Ctenidium, beide am Mantel befestigt, weit nach vorn ziehend. Unweit der Basis der Kiemen, im oberen und Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes. 105 hinteren Grund der Mantelhéhle rechts und links die rechte und linke Nephridialéffnung. Zwischen dem Enddarm und der linken Kieme, ebenfalls auf dem Mantel, die langgestreckte, stark ausgebildete Hy po- branchialdriise (Schleimdriise), die so weit nach vorn reicht wie die Kieme. Nur ein kleiner Theil der Driise liegt rechts zwischen Rectum und rechter Kieme, soweit das Rectum reicht. Es existiren 2 Osphradien, welche als 2 Streifen dem freien, der Mantelhéhle zuge- kehrten Rande der Kiemenaxe entlang laufen. Turbiniden und Trochiden. Nur die linke Haliotiskieme (ur) erhalt sich, sie liegt weit links an der Decke der Mantelhihle (Mantel). Das Rectum geht an dieser Decke weit nach vorn. Zwei Nephridial- éffnungen im Grunde der Mantelhéhle auf Papillen zu beiden Seiten des Rectums. Die Hypobranchialdriise zeigt sich auf verschiedenen Stadien der Entwickelung, am besten ist sie bei den Turbiniden ausge- bildet. Ihre grésste Entfaltung nimmt sie zwischen Rectum und Kieme, also rechts von der Kieme und links vom Rectum. Doch kommt bei Turbiniden auch noch ein Theil rechts vom Rectum yor. Osphradium diffus auf der Kiemenaxe. Neritina. Nur eine Kieme (linke Haliotiskieme [ur]), welche ziemlich weit nach rechts heriibergeriickt ist HEnddarm asymmetrisch ganz rechts in der Athemhéhle, sich in der Mantelhéhle weit nach vorn erstreckend, so dass der After nahe dem rechten Rande der Mantel- spalte liegt. Nur eine Nephridialéffnung links von der Basis der Fig. 113. Fig. 114. Fig. 118. Vorderer Theil von Patella yon oben, nach Entfernung der Mantel- falte, nach RAY-LANKESTER, Encycl. brit. a Tentakel, } Fuss, ¢ Fussmuskeln (Schalenmuskel), d Osphradien, e Mantelfalte, f Miindung des rechten Nephridiums, g Afterpapille und After, h Papille und Oeffnung des linken Nephridiums, 7 linkes Nephridium, & rechtes Nephri- dium, J Pericard, n Verdauungsdriise (Leber), m Schnittrand des abgeschnittenen Mantels, p Schnauze. Fig. 114. Dasselbe Praparat von der linken Seite. Bezeichnungen wie in der vorhergehenden Figur. o Mund, jf subanaler Theil des rechten Nephridiums. Kieme ganz oben im Grunde der Mantelhtéhle. Die Innenfliche des Mantels zwischen Rectum rechts und Kieme links ist driisig und stellt die wenig differenzirte Hypobranchialdriise dar. Die Ge- schlechtséffnung dicht neben dem Anus. Hin wenig entwickeltes Osphradium findet sich am Grunde der Kiemenaxe. Docoglossa. Bei den Patelliden (Fig. 113, 114) ragt vom Mantelgrunde ein kurzes Stiick Enddarm kegelformig in die wenig 106 Erstes Kapitel. ansehnliche Mantelhihle vor. Dieser Analkegel liegt nicht in der Mittellinie, sondern ist merklich nach rechts verschoben. Rechts und links von ihm liegen auf kurzen, kegelférmigen Papillen die Oeffnungen der beiden Nephridien. Eine gesonderte Geschlechtséffnung fehlt. Bei den Acmaeiden (Fig. 115) finden wir links in der Mantel- héhle eine Kieme, welche am Mantel befestigt ist. Ueber die sonstigen Kiemenverhiltnisse der Docoglossen vergleiche weiter unten. Auf dem Boden der Kiemenhéhle treffen wir ferner rechts und links ein Osphra- dium, in Form eines kleinen Fleckes von Sinnesepithel, das auf einem kleinen Hicker liegen kann. Ob bei Patella ein dicht an jedem Osphra- dium hegender Hocker, der einen von Scheide- winden durchsetzten Blutraum enthilt, als rudimentiire Kieme ge- deutet werden kann, er- scheint namentlich aus dem Grunde zweifel- haft, weil die 2 Hicker auf dem Boden der Mantelhéhle sich er- heben, wiihrend z. B. bei Acmaea, wo linker- seits noch eine iichte Kieme vorkommt, diese Kieme weit entfernt von dem linksseitigen Osphradium und in der gewohnlichen Lage an der JDecke der Mantelhéhle (Innen- fliche des Mantels) hegt. ON Fig. 115. Seurria seurra (Docoglossa), yon oben, nach HALLER, 1894. Schale ent- fernt. @ Vorn, p hinten, d rechts, s links. 1 Kopf, 2 Ctenidium, 3 rechtes Osphradium, 4 Gehéiusemuskel, 5 Herzkammer, 6 Vorhof, 7 linkes Osphradium. b) Monotocardier. In dieser formenreichen, aber der Organi- sation nach sehr einheitlichen Abtheilung ist die Anordnung des pallialen Organcomplexes im Ganzen eine sehr einférmige. Immer ist die einzige Geschlechtséffnung von der einzigen Nephridialiffnung getrennt. Die Lage der Organe in der geriumigen Mantelhéhle (Fig. 116) ist von rechts nach links folgende: ; 1) Zu iiusserst rechts der Ausfiihrungsgang der Geschlechts- producte (Eileiter oder Samenleiter), der in der Mantelhéhle mehr oder weniger weit nach vorn verliuft. 2) Ihm links dicht anliegend, doch schon ganz an der Decke der Mantelhihle, das Rectum. 3) Links vom Rectum ganz hinten und oben im Grunde der Mantel- héhle in der Scheidewand, welche diese von der dariiber und dahinter liegenden Niere trennt, die spaltfirmige Nephridialéffnung. Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes. 107 Hine Ausnahme hievon machen Paludina und Valvata, bei welchen diese Oeffnung an das Ende eines am Mantel nach vorn verlaufenden Harn- leiters verschoben wird. 4) Es folgt auf der Decke der Mantelhihle (innere Oberfliiche des Mantels) die verschieden stark entwickelte Hypobranchialdrise (Schleimdriise, Purpurdriise), dann Fig. 116. Pyrula tuba, Miinnchen, aus der Schale herausgenommen, nach SouULEYET, Voy. Bonite. Mantel an der Basis und rechts aufgeschnitten und auf die linke Seite gelegt. Die Pallialorgane liegen deshalb invers. 1 Riissel, 2 Schnauze, 3 Fuss, 4 Penis, § Samenleiter, Fortsetzung bei 15, 6 Boden der Mantelhéhle = Nackenintegument, 7 Spindelmuskel, 8 Darm, 9 Herz im aufgeschnittenen Pericard, 10 Verdauungsdrise (Leber), 172 Hoden, 12 und 13 Niere, 14 Nierendffnung, 14 Samenleiter, 76 Enddarm, 17 Hypobranchialdriise, 18 After, 19 Ctenidium (Kieme), 20 Mantel, 22 Osphradium, 22 Athemsipho. 108 Erstes Kapitel. 5) schon ganz links, ebenfalls auf der Decke der Mantelhéhle das einzeilig gefiederte Ctenidium (das linke Ctenidium [ur] von Haliotis und Fissurella), an dessen Basis, am Grunde der Mantelhéhle, oft noch das Pericard mit der durchschimmernden Herzkammer und dem Vor- hof sichtbar wird. 6) Schliesslich zu fiusserst links das Osphradium, als immer wohl ausgebildetes, scharf umschriebenes, fadenférmiges oder zweizeilig gefiedertes, der Decke der Mantelhéhle aufsitzendes Organ. Die Topographie des pallialen Organcomplexes der Heteropoden, die sich mit Formen wie Atlanta eng an die iibrigen Monotocardier an- schliessen, bedarf einer neuen genauen Untersuchung. Das Osphradium liegt an der Basis der Kiemen. Die Veriinderungen, welche die Pallialorgane bei Formen, die sich secundar an das Leben auf dem Lande angepasst haben, erfahren (Ver- schwinden des Ctenidiums, des Osphradiums, der Hypobranchialdriise), sind beim Abschnitt Respirationsorgane niher geschildert. B. Opisthobranchia. Die Lagerung der Pallialorgane der Opisthobranchier lasst sich direct von dem bei den Prosobranchiern beobachteten Zustande ableiten; wir kénnen aber nur bei den Tectibranchia von einem pallialen Organcomplex sprechen, da nur bei diesen eine deutliche, rechts am Korper gelegene Mantelfalte entwickelt ist. Die bei den Tectibranchiern bestehenden Verhiltnisse werden sofort verstiindlich, wenn man sich die Mantelhéhle sammt den Pallialorganen aus ihrer Lage vorn am Korper (Lagerung bei den Prosobranchiern) langs der rechten Kérperseite mehr oder weniger weit nach hinten zuriickverschoben denkt. Es spricht alles dafiir, dass ein derartiger Vorgang bei den Stammformen der Opistho- branchier stattgefunden hat, und man bezeichnet ihn im Gegensatz zu jener Verschiebung der Mantelhéhle yon hinten nach vorn (Torsion), wie sie fiir die Urformen der Prosobranchier angenommen werden muss, als Riickverschiebung oder Detorsion des _ pallialen Organcomplexes. Die Opisthobranchier stammen also von prosobranchierartigen Formen ab. Wenn die Detorsion ihr Maximum erreicht, d. h. wenn die Mantelhéhle wieder ihre urspriingliche Lage hinten am Kérper einnimmt, so sehen wir den Zustand hergestellt, den wir fiir die Urform der Gastropoden und fiir das hypothetische Urmollusk angenommen haben. Thatsiichlich wird dieser Zustand aber nirgends mehr bei den Opisthobranchiern er- reicht ; denn einmal ist bereits den zwischen Proso- und Opisthobranchiern vermittelnden Formen gleich wie den meisten Prosobranchiern die rechte Haltte des Pallialeomplexes verloren gegangen (rechtes [ul] Ctenidium, rechtes [ul] Osphradium, rechtes [ul] Nephridium ete.), so dass also bei vollstandiger Detorsion nur die urspriinglich rechte Hialfte der Pallial- organe in der hinten gelagerten Mantelhéhle wieder auftreten wiirde ; dann kommt bei denjenigen Formen der Opisthobranchier, die allein noch den Pallialeomplex bewahrt haben, also den Tectibranchiern, fast durch- weg nur eine unvollstandige Detorsion zu Stande in dem Sinne, dass die Mantelhéhle mit ihren Organen nur auf die rechte Kérperseite und nicht ganz nach hinten verschoben wird. Fiir die Existenz eines solchen De- torsionsvorganges innerhalb der Gruppe der Opisthobranchier sprechen eine Reihe von Uebergangsformen, die in schénster Weise vom Proso- branchierhabitus zur typischen Opisthobranchierorganisation die Briicke Mollusca, Anordnung des pallialen Organcomplexes. 109 bilden. Der Schwerpunkt des Beweises liegt in der Configuration des Nervensystems (Nachweis chiastoneurer Formen). Diese Uebergangsformen liefert die Abtheilung der Cephalaspidea (Bullidae), unter denen sich vor allem Actaeon in vielen Beziehungen noch ganz wie ein Prosobranchier verhilt. Die Familie der Actaeonidae reicht mit einzelnen Vertretern bis ins Carbon zuriick und ist die ilteste Opisthobranchierfamilie. Was den pallialen Or- gancomplex dieser Form anbetrifft, sosehenwir, dass die wohlentwickelte Man- telhéhle noch yorn am Kérper liegt, dass_ sie sich aber bereits voll- stindig rechts von der Medianlinie 6ffnet (Fig. 11, 73 und 117). In der Mantelhéhle findet sich 1) an der Decke das Ctenidium yom Typus der Tectibranchierkieme (Faltenkieme); es lhegt vor dem Herzen (proso- branch) ; Fig. 117. Actaeon tornatilis, von oben, nach PELSENEER, 1894. Schale entfernt. Die Mantelhéhle ist ge6éffnet und der grésste Theil der Mantelfalte auf die linke Seite hin- iubergeschlagen. 1 Kopfschild, 2 Penis, 3 weibliche Geschlechtséffnung, 4 unterer Mantel- Yn lappen, 4 spiralig gewundener Anhang des Mantels, 6 Ctenidium, 7 zuriickgeschlagene Partie der Mantelfalte, 8 Nierenéffnung, 9 Anus, 10 Stelle, wo die Oeffnung der Mantel- héhle beginnt. 2) an der Basis der Kieme ein Osphradialganglion mit Osphra- dium; 3) ebenfalls an der Decke, hinten in der Mantelhéhle, rechts vom Herzen und vom abfiithrenden Kiemengefiss die Niere, an deren rechtem Rande die spaltformige Nephridialéffnung liegt; 4) rechts von der Kieme, zwischen ihr und dem freien Mantelrande, eine wohl entwickelte Hy pobranchialdriise; 5) am Boden, auf der rechten Seite und eine Strecke weit in der Mantelhiéhle verlaufend, das Rectum; 6) neben dem Enddarm der Oviduct, dessen Oeffnung, die weib- liche Geschlechtséffnung, weit vorn in der Mantelhéhle, aber noch innerhalb derselben liegt. Gerade in Bezug auf die Geschlechtsorgane zeigt Actaeon nicht so urspriingliche Verhiltnisse wie alle tibrigen Bulliden. Actaeon ist, wie alle Opisthobranchier, hermaphroditisch; wihrend nun aber sonst bei den Bulliden beiderlei Geschlechtsproducte durch eine gemeinsame Oeffnung, die hermaphroditische Geschlechtséffnung, entleert und von da weg die Spermatozoen durch eine Wimperrinne zu dem vorn am Kérper gelegenen, minnlichen Begattungsorgan gefiihrt werden (ganz entsprechend den Ver- haltnissen bei den minnlichen Prosobranchiern), geht bei Actaeon bereits vom Zwittergang ein besonderes, zum Penis verlaufendes Vas deferens ab. Der in der Mantelhéhle liegende Geschlechtsgang ist daher nur 110 Erstes Kapitel. Oviduct und die Oetfnung nur weibliche Geschlechtséffnung. Wichtig ist jedoch, dass diese noch, gleich wie die hermaphroditische Oeffnung einiger anderer Bulliden, innerhalb der Mantelhihle liegt. Im Grossen und Ganzen zeigt sich also bei Actaeon wieder dieselbe Anordnung des Pallialeomplexes wie bei den héheren Prosobranchiern, Bei den anderen Bulliden und weiterhin bei den tibrigen Teeti- branchiern verschiebt sich nun die Mantelhéhle mit den zugehérigen Organen mehr oder weniger weit auf der rechten Kérperseite von vorn nach hinten: siehe Scaphander (Fig. 118), Aplysia (Fig. 119). Wir finden hier im Allgemeinen folgende Lage der Pallialorgane: 1) Zu hinterst, oft kaum oder nicht vom Mantel bedeckt, bisweilen auf der Spitze eines Kegels, der After, in dessen Nihe mitunter eine Analdriise. Fig. 119. Fig. 118. Seaphander lignarius, yon oben, nach PELSENEER, 1894. Schale entfernt. Die Organe des Pallialeomplexes und ein Theil der Geschlechtsorgane sind durch- schimmernd dargestellt. 2 Kopfschild, 2 Parapodium, % hermaphroditische Geschlechts- offnung, 4 Ctenidium, 5 Anus, 6 Niere, 7 Herz, im Pericard liegend, 8 Receptaculum seminis. Fig. 119. Aplysia von der rechten Seite, das rechte Parapodium (15) nach unten umgeschlagen; man sieht den Pallialecomplex unter der Mantelfalte 7, nach LANKESTER, Encycl. brit. 1 Vordere Tentakel, 2 Augen, 3 hintere Tentakel (Rhinophoren), 4 linkes Para- podium, 5 Samenfurche, 6 Geschlechtséffnung, 7 Mantelfalte, 8 Driise, 9 Osphradium, 10 Contour der durchschimmernden Niere, 11 Nephridialéffnung, 12 Ctenidium, 13 After, 14 Eingeweidesack, 15 rechtes Parapodium, 16 vorderer Theil des Fusses, 2) Davor, zwischen diesem und dem Ctenidium, die Nephridial- é6ffn ung, auf diese kann folgen 3) eine pp eaies san, ldriise, ferner 4) das Ctenidium und an dessen Basis oder auf dessen Axe 5) das Osphradium, endlich 6) die Geschlechtsé ffnung, welche bei den Opisthobranchiern am weitesten vorn liegt. Diese Stellung der Geschlechtséffnung, die scheinbar die Uebereinstimmung der Lagerungsverhiltnisse des Pallial- complexes der Prosobranchier und Opisthobranchier stért, ist dadurch zu erklaren, dass sich der Ausfiihrungsgang der Geschlechtsdriise von den Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes, 111 Pallialorganen abgelist und unabhiingig gemacht hat, so dass er von dem Vorgange der Detorsion unberiihrt blieb und in der urspriinglichen Lage, die er bei den Prosobranchiern einnahm, verharrt. (Zugleich ein weiterer Beweis fir die Existenz eines Detorsionsprocesses bei den Opisthobranchiern. ) Bei den iibrigen Opisthobranchiern lést sich mit dem Schwunde der Mantelhohle und des achten Ctenidiums der palliale Organcomplex auf. (Aehnliche Verhiltnisse wie bei den Tectibranchiaten finden sich, ab- gesehen von der Kieme, nur noch bei den Phyllidiidae.) Die einfache oder doppelte Geschlechtséffnung liegt immer asymmetrisch auf der rechten Seite und immer vor dem After, der bald asymmetrisch auf der rechten Seite, bald in der Mittellinie des Riickens zwischen der Mitte und dem Hinterende des Korpers sich befindet. Die Nierendtfnung findet sich zwischen After und Geschlechtséffnung, dem ersteren bisweilen dicht angelagert. Bei den Pteropoda gymnosomata (Fig. 17 und 120) fehlen Schale und Mantel. Wo ein Ctenidium sich erhalten hat, wie bei Dexiobranchaea und Pneumoderma, liegt dasselbe ziemlich weit hinten auf der rechten Kérperseite, weit hinter dem After. Es hat sich das Ctenidium mit dem Schwunde des Mantels offenbar von der urspriing- lichen Stelle zwischen After und Geschlechtséffnung nach hinten verlagert, wahrend das Osphradium, welches sonst in unmittelbarer Nihe des Ctenidiums liegt, da, wo man es beobachtet hat, die urspriingliche Lage beibehalten hat. Der After liegt vorn hinter der rechten Flosse, die Nephridialéffnung in seiner unmittelbaren Nihe, getrennt von ihm oder vereinigt mit ihm, im Grund einer gemein- samen Vertiefung (Kloake). Unmittelbar vor dieser lhegt das Osphradium. Dann folgt in einiger Entfernung weiter vorn am Nacken, auf der rechten Seite hinter der Basis der rechten Flosse, die Geschlechtsiffnung, von welcher aus, wie bei vielen Tectibran- chiern, eine Flimmerfurche an der Oberfliche des Kérpers nach vorn zu der vor dem Fusse auf der rechten Seite gelegenen Oeff- nung des Penis verliuft. Alle Thecosomata besitzen einen Mantel und eine Mantelhéhle und hiufig auch eine Schale, die bei den Cymbuliidae durch eine knorpelige Pseudoconcha, eine subcutane Bildung des Mantels, ersetzt wird. Fig. 120, Pneumoderma, schematisch, yon der rechten Seite, nach PELSENEER, 1887. i Rechter ausge- stilpter Hackensack, 2 Riissel, 3 rechter Buccaltentakel, 4 Lage des rechten Nackententakels, 5 rechte Flosse (Para- podium), 6 Samenfureche, 7 Geschlechtséffnung, 8 Lage des Kiefers, 9 ventrale Riisselpapille , 70 rechter saug- napftragender Buccalanhang, 11 Kopf, 12 Peniséffnung, 18 rechter yorderer Fusslappen, 74 Anus, 15 hinterer Fusslappen, 16 Ctenidium, 17 hintere adaptive Kieme, d, v, a, p dorsal, ventral, vorn, hinten. a6) 112 Erstes Kapitel. Unter den Thecosomata weisen die Limaciniden die urspriinglichen Verhiltnisse auf: dorsale oder vorderstindige Mantelhéhle, gewundene Schale, Operculum. Freilich fehlt das Ctenidium. Links im Grunde der Mantelhéhle liegt das Pericard, dicht vor diesem die Niere mit der engen Oeffnung in die Mantelhéhle, dann folgt das Osphradium (wo es beobachtet ist) und schliesslich ganz an der rechten Seite der Mantel- héhle der After mit der Afterdriise: An der Decke der Mantelhéhle findet sich eine Manteldriise (Hypobranchialdriise, Scump). Die Geschlechtséffnung liegt vorn rechts an der Kopfregion; von ihr aus setzt sich eine Wimpergrube dorsalwirts zu der vorn zwischen den Flossen gelegenen Oeffnung des Penis fort. o7¢ ops/ 1s} O° - Jo 0 09 oO Oc 29 Fig. 121. A, B, C Drei Schemata zur Demonstration des Verhidltnisses der Limacinidae zu den Cavoliniidae, nach Boas, 1886. A Limacinidae. B Hypo- thetisches Zwischenstadium zwischen Limaciniden und Cavoliniiden. Der Eingeweidesack um 90° gedreht. © Cavoliniidae. Alle drei von der Ventralseite, resp. Hinterseite. Bei A ist der Eingeweidesack gerade, nicht gewunden gezeichnet, wiihrend er in Wirk- lichkeit gewunden ist. 2 Rechte Flosse (Parapodium), 2 Fuss, nach vorn umgeklappt, & Geschlechtsiffnung, 4 tentakelartiger Anhang des Mantelrandes, 5 After, 6 Kaumagen, 7 Gonade. Gegeniiber den Limaciniden, d. h. den Thecosomata mit gewundener Schale, zeigen die Thecosomata mit gerader Schale, die Cavoliniidae und Cymbuliidae eine sehr abweichende Anordnung des pallialen Organcomplexes, die erklirt wird, wenn man annimmt, dass der gréssere hintere Kérpertheil (der Eingeweidesack) der Limaciniden mit dem ganzen ihm angehdorigen pallialen Complex sich gegeniiber der Kopfregion und der ihr an- gehérenden Genitaléffnung um 180° (um die Lingsaxe des Koérpers) gedreht habe. Es-ergeben sich dann die thatsichlichen Lagerungsverhialtnisse bei den Cavoliniiden und Cymbuliiden: hintere (ventrale) Mantelhéhle; in ihr der After links, Pericard, Niere und Osphradium rechts; Genitaléffnung in der ur- spriinglichen Lage rechts. Grund und Bedeutung dieser Drehung sind zur Zeit noch nicht erkannt. Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes. 115 C. Pulmonata. Auch die Pulmonaten miissen wie die Opisthobranchier von prosobranchierartigen Stammformen abgeleitet werden und zwar héchst wahrscheinlich durch Vermittelung tectibranchierahnlicher Uebergangs- stadien. Immerhin ist bei den Pulmonaten der fiir die Hinterkiemer oben geschilderte Vorgang der Detorsion nicht so weit vorgeschritten wie bei vielen Formen aus der letztgenanunten Abtheilung. Die Lagerung des pallialen” Complexes erinnert im Allgemeinen an diejenige bei Actaeon. Die einfache oder doppelte (2 und ¢) Geschlechtséffnung (Fig. 122) ist aus dem pallialen Organcomplex ausgeschieden; sie liegt ausserhalb der Mantelhéhle seitlich rechts am Kopfe oder Nacken!). Immerhin zeigen sich bei der Familie der Auriculiden, die wohl an der Wurzel des Pulmonatenstammbaumes steht, noch sehr einfache Verhiltnisse in Bezug auf die Leitungswege der Geschlechtsproducte, Verhiltnisse, die sich ganz an diejenigen der Tectibranchier und in letzter Linie, wie oben ausge- fiihrt worden, an die der Prosobranchier anschliessen. Im _ einfachsten Falle (Pythia unter den Auriculiden) fiihrt von der hermaphroditischen Geschlechtséffnung (alle Pulmonaten sind wie die Opisthobranchier Fig. 122. Helix aspersa, ganz ausgestreckt, von der rechten Seite, nach HOWEs, Atlas of biol. a Anus, im Athemloch pl, zu Tage tretend, s Schale, p Muin- dungsrand der Schale, ga Ge- schlechtséffnung , f, Augen- tentakel, ¢ vordere Tentakel, 1, Oberlippe. Hermaphroditen) eine Wimperrinne, welche an der rechten Kérperseite verliiuft, die minnlichen Geschlechtsproducte zum Penis, der rechts vorn am Kopfe liegt. (Niaheres siehe unter Abschnitt Geschlechtsorgane.) Bei den Oncidiiden liegt die mannliche Oeffnung vorn unter dem rechten Tentakel, die weibliche am hinteren Kiérperende in der Nahe des Afters. Die Anordnung der iibrigen Theile des pallialen Organcomplexes ist typisch, d. h. abgesehen von aberranten Formen, wie Daudebardia, Testa- cella, Oncidiiden, Vaginuliden, Janelliden, folgende: (Wir erinnern uns dabei, dass die Mantel- oder Lungenhéhle nur durch das rechts liegende Athemloch mit der Aussenwelt com- municirt.) 1) Ganz rechts in der Lungenhdhle liegt das Rectum, welches mit dem After in das Athemloch ausmiindet. Bei Auricula myosotis miindet der Enddarm noch innerhalb der Mantelhoéhle, allerdings in | der Nihe des Athemloches, aus. 2) Im hinteren Grunde der Héhle, an der Decke derselben, liegt das Nephridium (Niere). 1) Bei Atopos liegt die weibliche Oeffnung noch innerhalb des Athemloches. Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl, 8 114 Erstes Kapitel. 3) Links neben der Niere, ebenfalls am hinteren und oberen Grunde und an der Decke der Lungenhihle hegt der Herzbeutel, mit der Herzkammer und der Vorkammer in seinem Innern. Die Vor- kammer liegt vor der Herzkammer. Aus der Kammer entspringt nach oben und hinten der Aortenstamm, aus der Vorkammer die an der Decke der Lungenhéhle nach vorn verlaufende Lungenvene. Von Bedeutung ist die Thatsache, dass gerade bei den primitiven Auriculiden die Vorkammer nur wenig vor der Herzkammer, vielmehr rechts von ihr und in einigen Fallen sogar etwas hinter ihr liegt. 4) An der ganzen, von den bisher citirten Organen frei gelassenen Decke der Lungenhéhle (innere Oberfliiche des Mantels), also vor der Niere und vor dem Pericard breitet sich das respiratorische Ge- fissnetz aus. 5) Ein Osphradium ist bis jetzt bei allen Basommatophoren (mit Ausnahme der auf dem Lande lebenden Auriculiden) in der Nihe des Athemloches beobachtet worden. Unter den Stylommatophoren findet sich ein solehes Sinnesorgan nur bei Testacella im hintersten Winkel und am Boden der Lungenhéhle, sowie bei den Janelliden, wo es, wie die meisten anderen Organe des pallialen Complexes, die stark veranderte Mantelhéhle verlassen hat. Fiir Parmacella wird angegeben, dass ein sehr gut entwickeltes Osphradium ausserhalb der Lungenhéhle, vom Athemloch auf die linke Kérperseite hiniiberziehend, vorkomme. Der Boden der Lungenhéhle (Riickenintegument des Nackens) ist glatt, ohne Organe. Von grésstem Interesse ist der kiirzlich erfolgte Nachweis von Kiemen bei Pulmonaten. Bei einigen tropischen Formen aus der Familie der Limnaeiden unter den Basommatophoren (Miratesta, Isidora [Pulmobranchia], Protancylus), die mancherlei Charaktere primitiver Organisation zeigen, kommt eine wohl ausgebildete Kieme vor. Allerdings liegt diese nur bei Miratesta in der Mantelhéhle selbst, wo ihre Anheftungslinie dem Verlaute des Enddarmes folgt. Bei den ‘anderen Formen ist sie aus der Mantelhdhle heraus neben das Athem- loch geriickt. Diese Kiemen sind nach dem Typus der Tecti- branchierctenidien (Faltenkiemen) gebaut (Fig. 25 und 150). Man ist wohl vollkommen berechtigt, dieselben als wirkliche Ctenidien, homolog denjenigen der Tectibranchier und Prosobranchier, anzusehen. Nach einer anderen Ansicht, die jedoch vor Bekanntwerden der Form Miratesta mit der vollkommensten dieser Bildungen geaussert worden war, handelt es sich um neu auftretende Organe, die zum Theil dem unteren Mantellappen entsprechen, der bei vielen Basommatophoren und bei den Bulliden unter den Tectibranchiern am unteren Rande des Ein- ganges zur Mantelhéhle vorkommt. Eine besondere Besprechung verdient das verschiedene Verhalten des Nierenausfiihrungsganges (Fig. 123). 1) Es éffnet sich die Vorderseite des Nierensackes auf einer ein- fachen Papille in die Mantelhéhle. Einige Bulimusarten, manche Bas- ommatophoren wie Auricula, Chilina, Gadinia, Planorbisarten (Fig. 123 A). 2) Die Papille verlingert sich in einen gerade nach vorn ver- laufenden Ureter (primirer Ureter). Die meisten Basommatophoren. Arten von Buliminus, Cionella, Pupa, Helix (B). 3) Der Ureter verlauft neben der Niere zuriick und 6ffnet sich im Grunde der Lungenhéhle. Testacella, Helixformen (C). 4) Zu dem primiren Harnleiter gesellt sich ein secundiérer, der sich yon der Wand der Lungenhéhle abschniirt und zunichst eine bald Mollusea. Anordnung des pallialen Organcomplexes. 115 offene, bald mehr oder weniger geschlossene Rinne bildet, in welcher die Excrete aus dem Grunde der Lungenhéhle zum Athemloch beférdert werden. Arten von Bulimus und Helix (D). 5) Der geschlossene Ureter miindet allein oder mit dem After zu- sammen in die Lungenhéhle. Arten von Bulimus, Helix, Daudebardia, Vitrina, Hyalina, Zonites, Arion etc. (E). 6) Das Ende des secundaren Ureters und das Ende des Rectums bilden zu- sammen eine Kloake, welche geson- dert von der Lungenhéhle am Athem- loch ausmiindet. Limax, Amalia, Spec. von Daudebardia (F). Der primare Ureter ist, wo er an der Niere zuriickliuft, iusserlich nicht von der Nierensubstanz zu unterschei- den, so dass es oft den Anschein hat, als ob der Harnleiter vom hinteren Ende der Niere entspringe. Fig. 123. Sechs Schemata zur Demonstration der verschiedenen Aus- mindung der Niere bei Pulmonata. Die Mantelorgane so gezeichnet, als ob:sie durch den yon oben betrachteten Mantel hindurch sichtbar wiren. J Freier Mantelrand, 6 2 Athemloch, 3 Rectum, 4 Niere, 5 Pericard, 6 Vorhof, 7 Herzkammer, 8 primiirer Harnleiter, 9 secundirer Harnleiter, in D eine Furche. Weitere Erliuterung im Text. Ganz besonders grosses Interesse beanspruchen die Lageverande- rungen, welche die Organe des Mantelcomplexes in der Reihe der rauberischen Pulmonaten erleiden. Diese Reihe, deren Anfangs- punkt wahrscheinlich in der Nahe der Hyalinen unter den Stylommato- phoren zu suchen ist, geht durch die Daudebardien zu der merkwiirdigen Gattung Testacella. In dieser Reihe finden wir eine fortschreitende Ver- kleinerung des Eingeweidesackes, eine Verlagerung desselben an das hinterste Leibesende, Vereinfachung und Verkleinerung der Schale, Zuriickverlagerung der Leber und Geschlechtsorgane aus dem Einge- weidesack in den Nackentheil der Leibeshéhle, der sich streckt und nun gewissermaassen auf die ganze Linge der Riickenseite des Fusses zu liegen kommt. Bei Testacella und gewissen Daudebardien schliesslich ist der Eingeweidesack verschwunden, und an seiner Stelle hegt nur noch die von der Schale bedeckte Lungenhéhle, die sich bis in die Spitze der Schale hinauf erstreckt. Der Boden dieser Héhle und mit ihm die ganze Lungenhéhle mit Mantel und Schale sinkt in den KGrper ein, so dass Testacella, welche ihre Beute, die Regenwiirmer, bis in deren Réhren in die Erde verfolgt, in ihrer schlanken Gestalt vorziiglch dieser Lebens- weise angepasst und auch nicht mehr durch die ziemlich flache Schale am Hinterende des Kérpers, welche nicht tiber die umgebende Oberfliiche des Kérpers hervorragt, in ihren Bewegungen gehindert ist. Mit diesen Verinderungen aber, hauptsiichlich mit der Verlagerung des Hingeweidesackes an das Hinterende des Kérpers, gehen wichtige Umlagerungen im pallialen Organcomplex Hand in Hand, die schliesslich zur Opisthopneumonie fiihren. 116 Erstes Kapitel. Es muss betont werden, dass der Mantel iiberall mit dem darunter - liegenden Riickenintegument verwachsen ist bis auf das rechts ge- legene Athemloch, das mit Bezug auf die Lungenhéhle immer weiter nach hinten riickt, bis es schliesslich bei Testacella fast terminal liegt. Den ersten wichtigen Schritt in der Verlagerung des pallialen Organ- complexes sehen wir bei Daudebardia rufa verwirklicht. Das Pericard liegt nimlich hier, anstatt weit hinten im Grunde der Lungenhéhle, weit vorn an ihrer Decke, so dass weitaus der griésste Theil des vascularisirten Lungengewebes an der Decke hinter dem Pericard legt (Fig. 124 A). Daudebardia rufa ist also in Wirklichkeit schon opisthopneumon. Aber diese Opistho- pneumonie hat die gegenseitige Lage von Herzkammer und Vorkammer noch nicht beeinflusst. Die Vorkammer ist nach wie vor vor der Herzkammer gelegen, so dass das abfiihrende Lungengefass (die Lungenvene) von der Vorkammer aus nach hinten, die Aorta aber, die fast ausschliesslich zu der den weitaus gréssten, vor dem Hingeweide- sack liegenden vorderen Kérpertheil versorgenden, vorderen oder Kopf- arterie wird, von der Herzkammer nach yorn zu verlaufen gendéthigt ist. Fig. 124. Schemata zur Demonstration der Lagerungsverhdltnisse der Mantelorgane bei Daudebardia und Testacella (unter Benutzung von Figuren yon PLATE, 1891). Mantelorgane gezeichnet wie bei Fig. 123. A Daudebardia rufa. B Hypo- thetisches Stadium, Pallialcomplex von A um 90° gedreht. C Testacella. J Athemloch, 2 Niere, & Harnleiter, 4 Renopericardialéffnung (Nierentrichter), 5 Herzkammer, 6 Vor- hof, 7 Aorta, 8 Lungenvene (abfithrendes Lungengefiiss), 9 Lungengefissnetz. Bei einer anderen Daudebardia, D. saulcyi, finden sich ihnliche Verhiltnisse, nur bilden Niere und Herzbeutel zusammen eine Art Sack, welcher von der Decke der Lungenhéhle in diese herunterhingt. In diesem Sacke liegt der Harnleiter dorsalwarts, das Pericard ventral- warts von der Niere. Der Boden der Héhle senkt sich rechts und links tief in die darunter liegende Kérperpartie ein. Man hat sich nun vorzustellen, dass an der vorn gelegenen Vor- kammer die nach hinten verlaufende Lungenvene, an der hinter der Vor- kammer liegenden Kammer die nach vorn verlaufende Aorta einen Zug ausiiben, so dass diese Theile, welche in der geraden Flucht von Aorta und Vene eine Knickung hervorrufen, in eine Flucht mit diesen Gefassen zu liegen kommen. Dann kommt die Kammer vor die Vorkammer zu liegen. Die Lungenvene miindet dann hinten in die Vorkammer ein, diese in die vor ihr liegende Kammer, und letztere giebt vorn die nach vorn ziehende Aorta ab. Mit einem Wort, das Pericard (mit Herzkammer Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes, 117 und Vorkammer) hat sich um 180° gedreht. Dieser Drehung ist auch die mit dem Pericard durch die Renopericardialéffnung zusammenhiingende Niere gefolgt, so dass sie jetzt nicht mehr an der rechten, sondern an der linken Seite des Pericards liegt, wiihrend die Miindung des Harn- leiters an der alten Stelle verbleb. Der ganze Reno-Pericardial- complex hat gegeniiber der typischen Lage desselben bei den Pul- monaten eine vollstiindig inverse Stellung erlangt, wie sie fiir Testacella charakteristisch ist. Von Testacella ist ferner noch zu bemerken, dass der Boden der Lungenhéhle sich vyorn in Form eines grossen Luftsackes in den darunter lhegenden Kérper einstiilpt. Die Wandungen dieses Luftsackes sind nicht vascularisirt, und es dient der- selbe wahrscheinlich nur als Luftreservoir. Bei vielen Testacellen hingt der Reno-Pericardialcomplex in Form eines Sackes von der Decke der Lungenhéhle in den Luftsack herunter. Das in noch weit grésserem Maasse von der gewohnlichen Lagerung abweichende Verhalten der Pallialorgane bei den ebenfalls opisthopneu- monen Oncidiiden und Vaginuliden ist durch neuere Unter- suchungen in den Hauptpunkten aufgeklart worden, so dass die frither mit Bezug auf diese Verhiltnisse herrschenden Discussionen zu _ einem gewissen Abschlusse gelangt sind. Die Oncidiiden fiihren grésstentheils eine amphibische Lebens- weise. Eine Schale fehlt in erwachsenem Zustande. Von der eigent- lichen Riickenfliiche durch einen scharfen Rand rings- um abgesetzt, findet sich zwischen jener und dem Fusse rings am Kérper eine Partie, die sich durch Far- bung und Structur von den tibrigen Theilen unterschei- det, das Hyponotum (Fig. 71 und 125). v Fig. 125. Peronina alta (Oncidiidae), von der rechten Seite,nach PLATE, 1893.~a Vorn, p hinten, d oben, v unten, 7 Athemloch, 2 Anus, 2 weibliche Geschlechtséffnung, 4 Hypo- notum, 5 Fuss, 6 Mundung der Penisdriise, 7 miinnliche Geschlechtséffnung, 8 Tentakel. Die Mantel- oder Lungenhéhle ist an das Hinterende des Kérpers verlagert ; bei einem Theile der Oncidiiden liegt sie aber noch grissten- theils auf der rechten Seite, bei anderen ist sie ganz nach _hinten, symmetrisch zur Mediane, geriickt. Ein enges Athemloch 6ffnet sich am Hyponotum bald hinten in der Medianlinie, bald etwas mehr rechts liegend. Der Verwachsungsrand der Mantelfalte mit dem iibrigen Integu- ment ist nirgends besonders abgesetzt. Das Dach der Mantelhéhle zeigt ein wohlentwickeltes, respiratorisches Gefiissnetz; nur bei wenigen Species der Gattung Oncidiella (z. B. Oncidiella celtica) ist dieses letztere giinz- lich reducirt. In die Lungenhéhle ragt von oben her in der Gestalt eines Bruchsackes die schlauchférmige Niere hinein und durchzieht die- selbe in der ganzen Ausdehnung. Das Lungengewebe bedeckt die der Mantelhséhle zugewandte Seite der Niere. Die Niere éffnet sich mittelst eines kurzen Ureters in den Enddarm, so dass das Ende des Rectums 118 Erstes Kapitel. zur Kloake wird. Diese miindet aber nicht in die Lungenhdéhle oder in das Athemloch, sondern getrennt hinten iiber der Fussspitze in der Mediane des Kérpers aus. Rechts grenzt die Mantelhéhle stets an das auf der rechten Kérperseite liegende Pericard, in welchem sich die Herz- kammer vor der Vorkammer befindet. Die Oncidiiden sind also wie Testacella typisch opisthopneumon (Fig. 126). Entsprechend der amphi- bischen Lebensweise tritt hier neben der Lungenathmung auch Haut- athmung auf, in vielen Fallen mit Hiilfe der Riickenpapillen. In der Nihe der Kloakenétfnung liegt die weibliche Geschlechtséffnung, wihrend sich die minnliche weit vorn am Kérper unter dem rechten Tentakel findet. Viel schwieriger sind die Verhiiltnisse bei den Vaginuliden zu deuten. Diese Formen sind (vielleicht mit Ausnahme der ersten Embry- onalstadien) vollstindig schalenlos, opisthopneumone Nacktschnecken gleich wie die Oncidiiden, Die Organe des pallialen Complexes finden sich auf der rechten Kdérperseite, doch nicht in ge- riumiger Mantelhéhle eingelagert, sondern in der Kérperwand liegend. Von vorn nach hinten treften wir sie in folgender Reihenfolge (Fig. 127): zuniichst das Pericard mit dem Herzen, die Vorkammer hinter der Herzkammer gelagert ; dann die Niere (bei der abgebildeten Vaginula djiloloensis langgestreckt, bandférmig, sonst eher von dreieckigem Umriss); sie steht wie gewéhn- lich durch den Nierentrichter mit dem Peri- card in Verbindung: Auf der rechten Seite éffnet sich die Niere durch einen Porus in einen Fig. 127. ’ ccastiatapiammaiin ae a at ~ = =e) ———— : SS _—T —— ail Fig. 126. Hinterende von Oncis coriacea, priiparirt zur Demonstration der Pallialorgane, nach PLATE, 1893. Die mitt- lere Partie des Notums ist weggenommen, so dass man die Pallial- 4 organe yon oben yor sich sieht. a@ Vorn, p hinten, d rechts, 8 links, 1 Pericard, 2 Riickenaugen, # Niere, 4 Lunge, 5 Rectum. ‘ Fig. 127. Pallialorgane von Vaginula djiloloensis, nach P. und F. SaARAsIN, 1899. 1 Pericard, 2 Renopericardial- kanal, @ Niere, 4 Enddarm, 5 Athemloch, 6 Athemhéhle, 7 die drei Schenkel des Ureters. | SS Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes. 119 Ureter, welcher aus 3 heberférmig gebogenen Schenkeln besteht, deren letzter in der Richtung von vorn nach hinten verliuft und dann in eine stark reducirte, enge, réhrenférmige Athemhiéhle ausmiindet, die nur als Fort- setzang des dritten Ureterschenkels erscheint. In die Athemhéhle miindet in ihrem distalen Theile der Enddarm ein, und sie éffnet sich durch das Athemloch am hinteren Kérperende nach aussen. Unter Beriicksichtigung des iiber die anderen opisthopneumonen Pulmonaten Gesagten und bei der Annahme einer starken Reduction der Lungenhéhle im Falle der Vaginuliden erscheint die Topographie des Pallialcomplexes bei den letzteren nicht allzu schwer verstiindlich; allein die Verhiltnisse sind dennoch nicht vollstiindig abgeklart, indem die morphologische Deutung jenes als Ureter bezeichneten Abschnittes noch nicht sichergestellt ist. Dieser Harnleiter functionirt bei den erwach- senen Thieren auch als Lunge, indem das Lungengewebe der Athem- Fig. 128. Schemata zur Erklarung der Entstehung der Topographie des Pallialcomplexes der Vaginuliden, nach PLATE, 1897. A Gewoéhnliche Lungen- schnecke mit leicht opisthopneumoner Stellung des Herzens, B und C Uebergangsstadien zu den Vaginuliden. 1 Pericard mit Herz, 2 Niere, Enddarm, 4 Athemloch, 5 Lunge, 6 Mantelhéhle, in B und © zum Ureter umgewandelte Mantelhéhle, 7 Miindung der Niere in die Mantelhéhle, resp. den Ureter (B und C). In A miindet die Niere durch einen einfachen Porus in die Mantelhéhle; B und C zeigen die Wanderung desjenigen Theiles der Mantelhéhle, der das Lungengefiissnetz triigt, nach hinten, zugleich wird der tbrige Abschnitt der Mantelhéhle schmiler und bildet sich zum Harnleiter um, der sich in drei Schenkel gliedert, in dem Maasse, als Pericard und Niere auf die rechte Kérperseite ricken. héhle, das bei ganz jungen Thieren auf diese beschrinkt ist, spiater sich auch auf den Harnleiter ausdehnt. Es ist die Ansicht ausgesprochen worden (vergl]. die Schemata Fig. 128), dass der Harnleiter der Vaginu- liden sammt dem Athemhéhlenabschnitt der gesammten Lungenhdhle der iibrigen Pulmonaten gleichzusetzen sei, die sich dann in einer Weise, wie die Figuren zeigen, zu dem bei den Vaginuliden bestehenden Zu- 120 Erstes Kapitel. stande umgewandelt hatte. Darnach wiirden wir mit Bezug auf die Ausmiindung der Niere hier noch ein ganz primitives V erhalten antretten, das in die auf p. 114 als Fall 1 geschilderte Kategorie einzureihen ware, d. h. die Niere éffnet sich direct in die Lungenhohle, ein Ureter ist noch gar nicht vorhanden. Der physiologisch als Harnleiter zu _be- zeichnende Abschnitt stellt eben einen Theil “der Lungenhéhle selbst dar. Neueste Untersuchungen an Entwickelungsstadien von Vaginuliden scheinen dieser Auffassung indessen nicht giinstig, indem nach diesen Beobach- tungen der Ureter als ein Organ auftritt, das von der anfangs im Ver- hiltniss zu den iibrigen Theilen noch sehr geriiumig er scheinenden Athem- héhle scharf zu trennen ist, das im engsten Fassmeenhane mit der Niere sich entwickelt und vielleicht einem primiiren Ureter der iibrigen Pulmonaten gleichzusetzen wire. Sei nun die eine oder die andere Ansicht richtig, jedenfalls lassen sich die Verhiltnisse der Pallialorgane der Vaginuliden von denen der anderen Lungenschnecken ungezwungen ab- leiten, und wir treffen auch hier eine, wenn immerhin stark reducirte, Mantelhohle an. Das Verhalten der Vaginuliden und der damals nur in wenigen Formen (z. B. Oncidiella celtica mit rudimentiirer Mantelhohle) bekannten Oncidiiden wurde friiher zum Theil anders aufgefasst. Nach einer An- sicht handelt es sich um urspriingliche Formen. Die Lungenhéhle trete hier zuerst als eine unbedeutende Erweiterung des Endabschnittes des primiiren Harnleiters auf. An dieses Verhalten wiirde sich dann an- schhessen das oben sub 1 bezeichnete Verhalten von Bulimusarten und einigen Basommatophoren, wo die Niere direct auf einer Papille in den hinteren Grund der Lungenhdéhle einmiindet, die dann als der stark er- weiterte primaire Harnleiter aufzufassen wire. Dann kiimen in diesem primaren Harnleiter (Lungenhéhle) die successiven Stadien der Aus- bildung des secundiiren Harnleiters, zuerst offene Rinne, dann theilweise geschlossene Rinne, dann geschlossenes Rohr, so dass zuletzt, wie z. B. bei Helix pomatia, der primire Harnleiter vollstindig in 2 Abtheilungen getheilt wiire, nimlich in die stark erweiterte Lungenhéhle und in den secundiren Harnleiter. Fiir die Limnaeen aber z. B. wiirde zugegeben, dass ihre Lungenhéhle der Mantelhéhle der iibrigen Gastropoden ent- spricht. Consequenter Weise wiirden die Pulmonaten in 2 Gruppen zer- fallen, in die Ne phropneusten (Stylommatophoren), Lungenhéhle = er- weiterter primirer Harnleiter, und die Branchiopneusten (Basom- matophoren), Lungenhéhle = Mantelhéhle der iibrigen Gastropoden. Diese Ansicht ist nach den neueren Untersuchungen auf keinen Fall mehr haltbar; von den Oncidiiden als Ausgangspunkt miisste man ohne weiteres abstrahiren. Die Vaginuliden sind allerdings, wenn man die Sache so auslegen will, nephropneust; allein die Verhialtnisse lassen sich, wie gezeigt, in einfacher Weise von dem gewdhnlichen Verhalten der Pulmonaten ableiten; andererseits ist die einheitliche Abstammung der Pulmonaten durch zahlreiche Untersuchungen sichergestellt worden, und die Stammformen sind nicht in diesen opisthopneumonen Oneidiiden und Vaginuliden, sondern in prosobranchier- (resp. tectibranchier-)artigen Vorfahren zu suchen. Vor allem spricht auch gegen die Nephropneusten- theorie die Thatsache des Vorkommens eines Osphradiums in der Lungenhéhle eines Stylommatophoren (Nephropneusten), der Gattung Testa- cella némlich. Denn das Osphradium ist immer ein Organ der Mantel- héhle, urspriinglich an das Ctenidium gebunden, und nie und nimmer ein im Harnleiter liegendes Organ. Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes. 121 Eine ganz merkwiirdige Gruppe bilden die erst kiirzhch genauer untersuchten Janelliden (Athoracophoriden) unter den Pulmonaten. Die Schale tritt nur noch in ganz rudimentiirer Form, als isolirte Kalk- stiickchen, die unter der Riickenhaut liegen, auf. Eine ausserordentlich kleine Mantelhéhle findet sich auf dem Riicken, etwas rechts von der Medianlinie gelegen (Fig. 29). Diese Mantelhéhle, die durch ein Athem- loch nach aussen miindet, entbehrt jedoch der typischen Organe des Pallialcomplexes, und in ibr ist nicht ein Lungengefiissnetz entwickelt, sondern die ventrale, gegen das Kérperinnere zugewendete Wand hat sich in zahlreiche, stark veristelte und blind endigende Divertikel aus- gestiilpt, die der Respiration dienen und in ihrer Gesammtheit eine Tracheal- oder Biischellunge darstellen. Diese Athemrodhren er- innern an das Tracheensystem der Insecten. Die respiratorischen Diver- tikel werden von einer grossen Blutlacune (Riickensinus) umgeben, in welcher nun auch die pallialen Organe eingebettet sind. Der Riicken- sinus communicirt direct mit dem Vorhofe des Herzens. Die Niere liegt hinter dem Pericard, mit dem sie in Verbindung steht, und setzt sich in einen langen, vielfach gewundenen Ureter fort; dieser trigt wiederum Fig. 129. Pallialorgane von Janella schauinslandi, yon der Seite der Leibes- héhle aus gesehen, nach PLATE, 1898. @ Vorn, p hinten, d-rechts, s links, 7 Pericard, 2 Herz- kammer, 3 Vorhof, 4 Oeffnung der Niere in den Ureter, 5 Niere, 6 Renopericardialgang, 7 Sinnesorgan (Osphradium), 8 Ureter, 9 Rectum, 10 Athemgang der Mantelhéhle 11, 12 fiussere Nierendffnung. lange Blindsicke in verschiedener Zahl. Der Ureter dffnet sich meist ausserhalb der Mantelhéhle vor dem Athemloch; bei Aneitella und Tri- boniophorus miindet er ins Athemloch. Der After miindet weder in die Mantelhéhle noch ins Athemloch, sondern separat rechts am Kérper; bei Aneitella und Triboniophorus liegen Athemloch mit Ureteréffnung und Anus in einer gemeinsamen Furche. MHinter der Niere findet sich unter der Riickenhaut eine Blase, die auch in den Riickensinus hineinhingt 122 Erstes Kapitel. , und im Innern ein Sinnesorgan birgt, das morphologisch einem Os - phradium entspricht und ganz wie bei Testacella gebaut ist. Seine thatsiichliche Function ist freilich véllig unbestimmt. Man hat sich vorzu- stellen, dass bei den Janelliden, Hand in Hand mit der Verkleinerung der Mantelhéhle und der Ausbildung der Tracheallunge, die iibrigen Pallialorgane aus der Mantelhéhle hinausgedriingt werden. Die Wand der Osphradialblase diirfte noch ein abgeschniirter Teil der urspriing- lichen Mantelhéhlenwand sein (Fig. 129). D. Scaphopoda. In der hinterstindigen Mantelhihle fehlt die Kieme. Der After liegt median iiber dem Fusse, zu seinen beiden Seiten die Nephridialiffnungen. Gesonderte Geschlechtséffnungen fehlen. KH. Lamellibranchia. Die allgemeine Anordnung der Koérpertheile in der Mantelhéhle der Lamellibranchiaten ist schon friiher geschildert worden. Es sei hier nochmals auf die strenge Symmetrie des Muschelkérpers hin- gewiesen. Alle urspriinglich paarigen Organe bleiben hier paarig und symmetrisch. Fig. 130. Praparat von Anodonta mutabilis zur Darstellung der Ver- haltnisse der Mantelhoéhle, nach HarscHek und Cort, Elementareurs der Zootomie. Die rechte Schalenklappe und die rechte Mantelhiilfte sind entfernt, die Kiemenbliitter der rechten Seite nach oben emporgeschlagen. Die Verwachsungsstelle der aufsteigenden La- mellen der inneren Kiemenblitter ist durehtrennt (gestrichelte Linien), um einen Einblick in die Kloakenhéhle und den inneren Kiemengang zu gewiihren; ebenso ist die Verwach- sung der aufsteigenden Lamelle des rechten inneren Kiemenblattes mit dem Fusse eine Strecke weit durchtrennt, um die Nieren- und Geschlechtséffnung zu zeigen. a Vorn, p hinten, d oben, » unten, 7 Mund, 2 Mundlappen, 2 Fuss, 4 linke Schalenklappe, 5 linke Mantelhilfte, 6 fiusseres Blatt der linken Kieme, 7 inneres Blatt der linken Kieme, 8 innerer Kiemengang (basaler Gang zwischen den beiden Lamellen des inneren Kiemen- blattes jederseits, in der Fussgegend paarig, hinter dem Fusse unpaar), 9 Papillen, welche die Einstrémungséffnung umstellen, 70 Miimdung des iiusseren Kiemenganges (des basalen Ganges zwischen den heiden Lamellen des iiusseren Kiemenblattes jederseits, paarig), 11 After, 12 inneres Blatt der rechten Kieme, 12 fiusseres Blatt der rechten Kieme, 14 Ge- schlechtséffnung, 15 Nierenéffnung, 16 Cerebralganglion, 17 vorderer Schliessmuskel. Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes. 123 Beziiglich der Lage der 2 Nephridialéffnungen ist Folgendes zu bemerken. Sie liegen seitlich am Rumpfe iiber der Basis des Fusses oder weiter hinten, dem hinteren Schliessmuskel geniihert, ferner gewohn- lich unter der Ansatzstelle der Kiemenaxe, zwischen dieser und der Ver- wachsungslinie der (inneren) aufsteigenden Lamelle des inneren Kiemen- blattes mit dem Fusse, da namlich, wo iiberhaupt eine solche Verwachsung stattfindet (Fig. 130). Bei den Septibranchiern hingegen miinden die Oeffnungen in die obere Mantelkammer. Aeussere Genitaléffnungen kénnen fehlen, und dann werden die Geschlechtsproducte durch die Nephridialiffnungen entleert (primitives Verhalten). Wo sie vorhanden sind, finden sie sich bei den getrennt- geschlechtlichen Muscheln immer in der Zweizahl, sie liegen dann jeder- seits dicht vor den Nephridialéffnungen, bisweilen im Grunde einer gemeinsamen Grube oder Furche, seltener weiter von ihnen entfernt. Besondere Begattungsapparate fehlen. Bei den hermaphroditischen Muscheln kénnen folgende Fille eintreten : 1) Beiderlei Geschlechtsproducte werden jederseits durch eine einzige gemeinsame Oeffnung entleert (Ostrea, Pecten, Cyclas, Pisidium etc.). 2) Samenleiter und Eileiter verbinden sich vor ihrer Ausmiindung zu einem kurzen, gemeinsamen Endstiick (Poromya unter den Septi- branchia). 3) Es existiren jederseits 2 getrennte Oeffnungen, eine minnliche, innerhalb des Cerebrovisceralconnectivs gelegene und eine weibliche, ausserhalb dieses Connectivs gelegene (Anatinacea). Die Lage der weib- lichen Oeffnung ist in diesem Falle die gleiche wie diejenige der Ge- schlechtséffnung aller anderen Lamellibranchier. Das Osphradium der Muscheln ist paarig und liegt immer in der Nihe des hinteren Schliessmuskels iiber dem Visceralganglion der betreffenden Seite, an der Insertionsstelle der Kiemenaxe am Rumpfe. Paarige Sinnesorgane liegen bei vielen Muscheln zu beiden Seiten des Afters (abdominale Sinnesorgane) oder rechts und links am Mantel an der inneren Oeffnung der Siphonen (palliale Sinnes- organe) der Siphoniaten. Hypobranchialdriisen sind bei den Protobranchia (Nucu- liden und Solemyiden) beschrieben worden als ansehnlich entwickelte, dem Mantel angehérige Driisen im hinteren Kérpertheile jederseits iiber der Kiemenbasis, rechts und links vom Pericard vor dem hinteren Schalen- muskel. Neuerdings wird aber die Deutung dieser Organe als Hypo- branchialdriisen sehr angefochten, weil sich ahnliche driisige oder driisig- sensorielle Bildungen gerade bei den Protobranchiern auch an manchen anderen Stellen der Mantelhdhle finden und weil sie an dem oben genauer bezeichneten Orte bei den meisten Protobranchiern fehlen, Unter den Mantelorganen der Muscheln sind noch zu erwahnen die Mundlappen oder Mundsegel; es sind jederseits neben dem Munde, zwischen diesem und dem Vorderende der Kiemenbasis, 2 blatt- férmige Anhiinge, die noch besonders besprochen werden sollen. F. Cephalopoda. Bei den Cephalopoden hat sich die urspriingliche Symmetrie des pallialen Organcomplexes im Allgemeinen erhalten. 124 Erstes Kapitel. Schneiden wir den Mantel von Nautilus (Fig. 131, 132), der die hinten am Eingeweidesack liegende Mantelhéhle bedeckt, auf und legen wir ihn allseitig zuriick, so sehen wir in der gedftneten Mantelhihle folgenden Complex: 1) Jederseits 2 Kiemen, ein oberes und ein unteres Paar. 2) In der Mitte, zwischen der Basis der 4 Kiemen, auf dem Ein- geweidesack, der After. 3) Jederseits vor der Basis einer jeden Kieme eine Nephridial- é6ffnung, also im Ganzen 4. 4) Dicht neben den 2 oberen Nephridialiffnungen liegen die 2 soge- nannten Viscero-Pericardialiffnungen. My, WN D Con Ex _ «dF yi a NSS SEES sae Ses al Se AR ZI LOS Se Se es ; NLS +n ) K ¥ : oe Fig. 151. Pallialeomplex und Trichter von Nautilus pompilius 2, nach 30URNE und LANKESTER, Q. J. M. Sc. 1883. v Klappe des Trichters, ro rechte Geschlechts- éffnung, m die zuriickgeklappte Mantelfalte mit der Nidamentaldriise, an After, ep linke Oeffnung der secundiren Leibeshéhle, /hn linke obere Nephridialéffnung, lo Oeffnung des linken rudimentiiren Eileiters, Jon linke untere Nephridialiffnung. Die vier Ctenidien sind nicht bezeichnet. 5) Zwischen der Basis der unteren Kiemen in jedem Geschlecht 2 Genitaléffnungen, von denen aber nur die der rechten Seite functionirt. Beim Miannchen setzt sich die Oeffnung in einen réhrenférmigen Penis fort. 6) Ueber der Basis der unteren Kieme jederseits auf einer Papille ein Osphradium. Ueber dem After liegt eine mediane, griéssere Pa- pille, deren Bedeutung bis vor kurzem unbekannt war. Es ist der Nachweis gelungen, dass diese Papille die beiden verschmolzenen Os- phradien des oberen Kiemenpaares darstellt. Nautilus besitzt also im Ganzen 4 Osphradien. — bo co Mollusca. Anordnung des pallialen Organcomplexes. 7) Im Mantel dorsalwarts die Nidamentaldriise 1‘), Vergleichen wir damit den pallialen Complex eines dibranchiaten Cephalopoden, etwa von Sepia (Fig. 134), so zeigen sich folgende Verhiltnisse : 1) Jederseits eine Kieme. 2) In der Medianlinie auf dem Eingeweidesack steigt mit dem Rectum der Ausfiihrungsgang des Tintenbeutels herunter, um mit ld f f| \ CS . \ef De ith 2) Die unpaare Fusssohlendriise ist bei Prosobranchiern weit verbreitet. Thre aussere, spaltformige Oeffnung liegt hinter dem Vorderrand des Fusses in der Mittellinie der Sohle und fiihrt in eine als Reservoir fungirende, im Fusse gelegene Hoéhle, deren Epithel- wand in das Lumen vorspringende Falten bildet. Die Hoéhle ist. all- seitig von einzelligen Driisen umlagert, welche ihr Secret vermittelst ihrer zwischen den Epithelzellen miindenden Ausfiihrungsginge in sie entleeren. So tief in den Fuss hineingeriickt erscheint die Sohlen- driise namentlich bei den héheren Prosobranchiern, wiihrend sie bei den niederen Formen mehr oberflichlich liegt und direct auf der Kriechsohle ausmiindet. Mit Recht ist diese Fusssohlendriise der Prosobranchier als ein der Byssusdriise der La- melibranchter homologes Organ betrachtet worden. Thr Ausbildungsgrad ist sehr verschieden, und nicht selten fehlt sie ganz. Ihr fadenziehendes Schleimsecret bildet Faden, durch welche manche Prosobranchier sich an fremden Gegenstiinden im Wasser auf- hangen kénnen. Auch Landpulmonaten kénnen sich vermittelst abge- sonderter ziher Faden aus der Hohe (von Pflanzen) herunterlassen. Ausser den beiden erwihnten Fussdriisen kommen gelegentlich noch andere vor. Es sei hier nur noch einer Fussdriise Erwihnung gethan, welche sich bei einigen Opisthobranchiern(Pleuro- branchus , — Pleurobran- chaea, Pleurophyllidia, Tethys) findet. Sie liegt am hinteren Ende der Fusssohle und besteht aus Driisenblindsiickchen, von denen jedes gesondert aus- miindet. Eine entspre- chende hintere Fussdriise mit gemeinsamem Aus- fiihrungsgang fiir die ein- zelnen -Driisensackchen kommt bei Gastropteron Meckelii vor. HKinen eigenthiimlichen Schwimmapparat, Floss Fig. 175. Ianthina mit Floss, nach LACAZE-DUTHIERS, 1865. In A von rechts, in B von oben gesehen. 2 Propodium, eine Blase 7 bildend, 7Schnauze, %Z Schale, 5 Floss. 174 Erstes Kapitel. genannt, construirt lanthina, eine pelagisch treibende, prosobranchiate Schnecke. Ueber dié Form und die Art der Bildung des Flosses geben die Figuren 175 A und B Aufschluss. Der vordere Theil des Fusses, das Propodium, erhebt sich etwas aus dem Wasser, hihlt die Sohlenflache aus (lanthina schwimmt wie die Heteropoden mit nach oben ge- richteter Bauchseite) und schliesst so iiber dem Wasserspiegel eine Luftblase ein, die mit Driisen- secret umgeben wird. Derartige aneinander gereihte Blasen bilden zusammen mit erhirtetem Schleim, welcher hauptsiichlich aus der Sohlendriise stammt, den Schwimm- apparat, der sich noch an den hinter dem Propodium gelegenen Fussabschnitt fest anheftet. Auf der Unterseite des Flosses_ be- festigen auch die Weibchen (aus- genommen bei solchen Arten, die vivipar sind) die Kikapseln. C. Scaphopoda. Der Fuss von Dentalium (Fig. 176) ragt als ein fast cylin- drischer Kérper nach unten in die rodhrenférmig geschlossene Mantelhéhle vor, aus deren unterer Oeffnung er vorgestreckt werden kann. Sein freies Ende ist kegelférmig zugespitzt und trigt an der Basis des Kegels rechts und links eine Falte oder einen Wulst, den man mit zweifel- haftem Rechte einem Epipodium verglichen hat. Die beiden seit- Vig. 176. Anatomie von Denta- lium entale, nach LEUCKART (Wand- tafeln) und LACAZE-DUTHTERS,1856. Rechte Hilfte der Sechale und unterer Theil des Mantels entfernt. a@ Vom Visceralganglion nach oben ziehender Nery (Mantelnery), b Schale, ¢ Raum zwischen Mantel und Schale, 7 After, e Visceralganglion, f Mantel- héhle, g Mantel, / unteres, ¢ oberes Buceal- ganglion, 7 Gehérorgan, & Pedalganglion, m seitliche Falten des Fusses, n Endkegel des Fusses, o Fadententakel, / unterer Mantelrand, p blattformige Mundanhiinge, q Schnauze, r Gehirnganglion, s Schalen- oder Spindelmuskel, durchschnitten, rechte Nephridial- (zugleich Geschlechts-) Oeffnung, » Verdauungsdriise (Leber), w Gonade, « oberes Ende des Spindelmuskels, y oberes offenes Ende des Mantels. Mollusca. Fuss. 175 lichen Falten oder Wiilste umfassen die Basis des kegelf6rmigen Fuss- endes, ohne vorn und hinten ineinander tiberzugehen. In der vorderen Mittellinie des ganzen Fusses verliuft eine Furche. Bei Siphonoden- talium fehlen sowohl die Furche als die Seitenlappen, dagegen ist das Vorderende des Fusses zu einer runden, am Rande mit kleinen, coni- schen Papillen besetzten Scheibe verbreitert. D. Lamellibranchia. Der Fuss der Muscheln ist im Allgemeinen seitlich zusammen- gedriickt, mit scharfer Kante, vom Rumpfe nach unten und yvorn ge- richtet, aus der Schale vorstreckbar. Einen solchen Fuss kann man als beilférmig (Pelecypoda) oder zungenférmig bezeichnen, und er ist vornehmlich zum Eindringen in den Schlamm bei abwechselnder Con- traction und Schwellung geeignet. Die eben erwihnte Beil- oder Zungengestalt des Fusses muss in- dessen als eine erworbene bezeichnet werden. Urspriinglich wird auch der Muschelfuss eine flache Kriechsohle besessen haben. Und in der That, die Protobranchier besitzen einen Fuss mit ventraler Scheibe (Fig. 30, 31,151), und ebenso Pectunculus. Der Rand der Fussscheibe ist gezackt oder gezihnelt. Wird der Fuss zuriick- gezogen, so kriimmen sich die seitlichen halbkreistérmigen Flichen der Scheibe gegeneinander, so dass sie nun im contrahirten Zustande eine Furche begrenzen. Im Einzelnen ist der Fuss der Muscheln je nach Lebens- und Bewegungsweise und nach dem Verhalten des Byssus verschieden ge- staltet. Fiir den Muschelfuss ist die den Byssus ausscheidende Byssus- driise charakteristisch. Der Byssus besteht aus resistenten, bald sehr diinnen, bald dickeren Fiiden von (phy- sikalisch) hornartiger Beschatfenheit, welche die Muscheln an fremden Gegenstinden be- festigen, so dass sie sich vermittelst des Bys- sus vor Anker legen. Die meisten byssus- fiihrenden Muscheln vermégen den Byssus abzustossen und jeweilen wieder durch einen neuen zu ersetzen, und manche Formen kénnen durch abwechselndes Anheften und Abstossen, bei Vorstrecken und Zuriick- ziehen des byssusbefestigenden Fusses sich sogar an senkrechten, glatten Glaswianden fortbewegen. Fig. 177. Byssushéhle und Byssusgang (7) mit Byssus einer Muschel, schematisch. Querschnitt durch den Fuss. 2 Byssusstamm, 3 Endfiiden, durch welche der Stamm an einem fremden Gegenstand befestigt wird. Die erste Anheftung der mit einer Schalenklappe festsitzenden Formen geschieht mit Hilfe des Byssus, der im Allgemeinen auch den Jugendformen der im Alter byssuslosen Muscheln zukomint. Ein completer Byssusapparat (Fig. 177) besteht 1) aus der im Fusse gelegenen Byssushéhle, in welche die Byssusdriisen einmiinden, 2) aus dem Kanal, durch welchen die By ssush6hle an der Fuss- 176 Erstes Kapitel. kante nach aussen miindet, 5) aus der Byssusfurche, welche von der Oeffnung des Kanals der ventralen Fusskante entlang bis an die vordere Spitze des Fusses verliuft, und 4) aus einer an dieser Spitze selbst liegenden, halbmond- oder napfformigen Erweiterung der Furche. 1) Die Byssushéhle wird von zahlreichen Falten, die von den Seitenwiinden der Héhle in ihr Lumen vorragen, in flache Fiicher einge- theilt. Ausserdem ragt von ihrer Decke eine Scheidewand in sie herunter, welche sie in 2 seitliche Abtheilungen theilt. Das Byssussecret wird (nach einer Ansicht wenigstens) theils von den Zellen der epithelialen Wandung der Byssushéhle, theils von Driisenzellen ausgeschieden, die im umliegenden Gewebe legen und ihre Ausfiihrungsginge zwischen die Epithelzellen der Byssushéhlenwand entsenden. Die ausgeschiedene Byssussubstanz nimmt die Gestalt der Hohlriitume der Byssushéhle an, d. h. sie wurzelt mit zahlreichen Lamellen in den Fiichern dieser Hohle. Diese Lamellen werden bei fortschreitender Absonderung yom Byssus in den Ausfiihrungsgang der Byssushéhle, d. h. in den 2) Kanal hineingedrangt, wo sie sich zu dem Byssusstamm ver- einigen. Die Wandungen der 3) Byssusfurche und 4) ihrer terminalen Erweiterung sind ebenfalls driisig. Will eine Muschel den Byssus anheften, so erzeugt sie in der Furche einen Byssusfaden (ein Theil des dazu verwendeten Secretes stammt jedoch von der Byssushéhle her), der mit dem Ende des Stammes verschmilzt, driickt (Fig. 32) das Ende des Fusses mit der Furchenerweiterung auf die Unterlage, z. B. einen Felsen, und befestigt den Faden auf der Unterlage mit Hilfe des von der Furchenerweiterung abgesonderten, werkittenden Secretes. So kann der Fuss das Ende des Byssusstammes vermittelst zahlreicher in der Furche successiv abgesonderter Faden fest an den Felsen anheften. Bei einzelnen Formen, wie z. B. Arca, ist der Byssusapparat ein- facher gestaltet; es kommen hier zum Festheften keine besonderen Byssus- fiden zur Verwendung; der compacte, aus Lamellen aufgebaute Byssus- stamm heftet sich direct mit dem freien Ende an den fremden Gegenstand an. Experimente, an Arca angestellt, haben gezeigt, dass ausgewachsene Muscheln, einmal abgelist, sich mit dem alten Byssus nicht mehr fest- heften kénnen, sondern den letzteren abwerfen und einen neuen erzeugen; junge Thiere dagegen vermégen sich ein zweites Mal mit dem _ bereits festgehefteten und wieder abgelisten Byssus zu befestigen, weil bei ihnen noch Secret zwischen den noch nicht ganz erstarrten Lamellen bis zum freien Ende durchzudringen vermag. Die Beziehungen, welche zwischen der Ausbildung des Fusses und derjenigen des Byssusapparates existiren, lassen sich in grossen Ziigen etwa folgendermaassen darstellen. 1) Fuss in urspriinglicher Form mit flacher Sohle ohne Furche, mit einer einfachen Einstiilpung ohne Byssus (meiste Protobranchier: Solemya, Leda, Yoldia, Malletia). 2) Fuss 'ebenso. Im Grunde der einfachen Einstiilpung eine wenig vorspringende Lamelle, Byssus sehr wenig entwickelt, vielleicht auch gar nicht zur Abscheidung kommend (Nucula). 3) Die Einstiilpung gliedert sich in die Byssushéhle und den Kanal. Byssusdriise und Byssus stark entwickelt. Im Folge der starken Ent- wickelung des Byssus verliert der Fuss seine Bedeutung als Locomotions- Mollusea. Fuss. AeA organ; seine flache Sohle verschwindet, er wird entweder fingerformig oder zungenformig, ist oft klein oder von missiger Grésse und dient zum Anheften des Byssus. In sehr zahlreichen Fallen bildet sich vor der Oeffnung des Kanales die Byssusfurche und an der vorderen Spitze des Fusses die Erweiterung derselben aus. Hieher gehéren sehr zahlreiche Muscheln, vorzugsweise Formen, die sich mit ihrem Byssus an Felsen, Steinen, Pflanzen, Muscheln, Schneckenschalen u. s. w. vor Anker legen. Dabei kann die Verankerung eine mehr dauernde oder eine mehr voriiber- gehende, festerere oder losere sein (Limidae, Spondylidae, Pectinidae pp., Mytilidae, Arcidae pp., Carditidae pp., Erycinidae, Galeommidae, Tri- dacnidae, Cyprinidae pp., Veneridae pp., Glycimeridae, Myidae pp. etc.). Bei den Muscheln mit stark entwickeltem Byssus bildet sich ein Theil der Fussmuskeln, indem sie sich an die Byssushéhle ansetzen, zu Byssusretractoren aus. Fiir die Galeommidae (Muscheln mit theilweise oder ganz innerer, vom Mantel bedeckter Schale) und verwandte Formen ist zu erwiahnen, dass bei ihnen der Fuss trotz vorhandenem Byssusapparat secundar eine verbreiterte Sohle erlangen und zeitweise als Kriechfuss functioniren kann. 4) Zahlreiche Muscheln besitzen im erwachsenen Zustande weder Byssus noch Byssusdriise mehr, aber es kénnen sich die Byssushdéhle, der Kanal und sogar die Byssusretractoren (z. B. bei Trigonia) erhalten. Byssusapparate kénnen bei nahen Verwandten bald mit, bald ohne Byssus vorkommen. Der Fuss nimmt gewéhnlich bei den mit einem byssuslosen Byssusapparat ausgestatteten Formen eine stiirkere Entfaltung und dient als zungen-, keil- oder beilférmiges Organ zur Locomotion (Kindringen und Vorwartsbohren im Sande oder Schlamme, Springbewegung bei Tri- gonia). Die meisten hieher gehérigen Formen sind Schlamm- oder Sand- thiere (Arcidae pp., Carditidae pp., Cyprinidae pp., Tellinidae, Scrobicula- riidae, Myidae pp., Cardiidae pp., Lucinidae [Fuss wurmférmig], Dona- cidae etc.). 5) Bei starker Entwickelung des zungen- oder beilférmigen, bis- weilen knieférmig geknickten, fleischigen, stark schwellbaren Fusses ist jede Spur des Byssus und Byssusapparates im erwachsenen Zustande verschwunden (Unionidae pp., viele Veneridae, Cyrenidae pp., Psammo- biidae, Mesodesmatidae, Solenidae, Mactridae). Alle diese Muscheln sind Schlammbewohner. Ausserordentlich stark ist der fleischige, ganz nach vorn gerichtete Fuss bei den Soleniden entwickelt, wo er hiufig nicht ganz in die Schale zuriickgezogen werden kann, so dass die Schale vorn klafft. Dick zungenférmig ist der Fuss bei Solenocurtus, keulenférmig, am Ende abgestutzt bei Pharus, Cultellus, Siliqua und Ensis, cylindrisch, am Ende eiférmig angeschwollen bei Solen. 6) Der Fuss kann bei fehlendem Byssus rudimentiir werden (Cha- macea) oder ganz verschwinden (Ostreiden) bei Formen, die festsitzend mit der einen Schalenklappe dem harten Untergrunde aufgewachsen sind ; er ist ferner auf ein kleines, meist fingerformiges Rudiment reducirt bei Formen, die, im Schlamme oder in selbst gebohrten Héhlungen im Ge- steine etc. lebend, ihren Kérper mit einer accessorischen Kalkréhre um- geben (Gastrochaeniden, Clavagelliden). Besonders interessant ist die Reihe der bohrenden Pholadiden. Pholas besitzt einen stempel- oder saugnapf- formigen Fuss, der, zwischen den weit klaffenden Schalenklappen vor- tretend, sich beim Bohren anheftet. Bei Pholadidea und Jouannetia hin- gegen besitzen nur die Jugendstadien, so lange sie ihre Wohnlécher Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl. 1 178 Erstes Kapitel. bohren, einen solchen Fuss. Sind aber die Wohnlécher einmal ausgehdhlt, so verwichst der Fussschlitz des Mantels. die klaffende Vorderseite der Schale wird ebenfalls durch das mit dem Namen Callum _bezeichnete accessorische Schalenstiick geschlossen, und der Fuss verkiimmert voll- stindig. Die Thiere sind dann keiner Locomotion mehr fihig. Auch bei der festsitzenden Anomia ist der Fuss klein. Er hat aber hier trotzdem eine grosse Bedeutung als Trager des Byssusapparates. Das Schliessknéchelchen, durch welches diese Muschel mit der Unterlage verkittet ist und welches den tief in die rechte Schalenklappe hinein- geriickten Byssusausschnitt ausfiillt, muss als ein verkalkter Byssus be- trachtet werden. Manche Muscheln (Crenella, Lima, Modiola) spinnen mit ihrem Byssus ein Byssusgeftlecht, in dem sie sich, wie in einem Neste, aufhalten und zu dessen Verstiirkung sie allerlei Fremdkérper mit Byssusfiiden ver- kleben. E. Cephalopoda. Man hat bis heute dariiber discutirt und dartiber Untersuchungen angestellt, ob und welche Theile des Cephalopodenkérpers dem Fusse der iibrigen Mollusken entsprechen. Als ziemlich sicher kann jetzt gelten, dass der Molluskenfuss bei den Cephalopoden bildet: 1) die Arme (Brachialschirm) und 2) den, 4. ti chter. Die Ar me werden aufgefasst als seitliche Fortsitze eines Mollusken- fusses, die sich rechts und links an den Kopf vorgeschoben und vor demselben vereinigt haben, so dass der Kopf rings vom Fusse umgeben wird, und der Mund in die Mitte der Bauchseite des Fusses, d. h. in die Mitte des Armkranzes oder Brachial- schirmes gertickt ist. Fiir die Fussnatur des Armkranzes sprechen wichtige ana- tomische und ontogenetische Thatsachen : 1) Die Arme werden yom Brachial- | 4 ganglion innervirt, welches, unter dem Schlunde gelegen, eine vordere Abglie- derung des Pedalganglions darstellt. 2) Die Arme treten ontogenetisch nicht in ihrer definitiven Lage rings um den Mund auf, sondern auf der Bauchseite, hinter dem Munde, zwischen diesem und dem After, jederseits in einer Reihe. Erst secundiir schiebt sich die Doppel- reihe um den Mund herum nach vorn und bildet den Armkranz des nun- Fig. 178. Cephalopodenembryo, schief von hinten links, nach GRENACHER, 1874. i Mantel, 2 Anus, 2 rechtes Ctenidium, 4 Trichteranlage, 5 Gehérorgan, 6 Arme, 7 Dottersack, 8 linkes Auge. mehrigen Kopffusses. (Nach einer anderen Ansicht wiren die Arme Kopfanhinge, den Kopftentakeln der Pteropoden vergleichbar.) An der Fussnatur des Trichters ist selten gezweifelt worden. Er wird vom Pedalganglion innervirt. Seine 2 seitlichen, bei Nautilus Mollusea. Fuss. 179 Meoitlebens cetrenmtem, «new den) Dabran chia osachlke e: trennt anlegenden Lappen dliirften als Epipodiallappen aufzufassen sein. Vorstehende Abbildung eines Cephalopodenembryos, an welchem die Anlagen des Trichters in typischer Epipodiallage als 2 seitliche, tiber dem Fuss und unter dem Eingeweidesack von yorn nach hinten ziehende Falten auftreten, diirfte zur Rechtfertigung dieser Anschauung beitragen. Bei Nautilus und fast allen Decapoden findet sich im Innern des Trichters eine Trichterklappe, sowie bei den Dibranchiaten allgemein verbreitet ein Driisenorgan von wechselnder Form, das sogen. Trichterorgan (MULLER’sches oder VERRILL’sches Organ). Letzteres ist wegen seiner variablen Gestalt auch fiir die Systematik von Interesse. Ueber die Form des Trichters vergl. p. 44 u. ff. Die Arme der Tetrabranchia (Nautilus). Der Kopffuss von Nautilus (Fig. 180) tragt zahlreiche, rings um den Mund gestellte Tentakel, die sich aber nicht direct auf dem den Mund umgebenden Integumente erheben, sondern auf besonderen Lappen stehen, die in den beiden Geschlechtern in verschiedener Weise ausge- bildet sind. Der wichtigste Theil eines jeden Tentakels ist der Cirrus, d. h. die distale Partie, welche in den dicken, fleischigen Basaltheil wie in eine Scheide zuriickgezogen werden kann. Jeder Cirrus erscheint fein geringelt; die Leisten, resp. Vertiefungen, welche die Ringelung hervor- rufen, sind auf der inneren, der Mundéffnung zugekehrten Seite der Cirren viel stirker ausgebildet als auf der dusseren Seite (Fig. 179). Nach einer Ansicht sind nicht die Tentakel, sondern die Lappen, von welchen sie getragen werden, den Armen der Di- branchiaten zu vergleichen und die Tentakel selbst vielleicht den Saugnipfen der Dibranchiatenarme. Neuerdings findet aber die auch friiher schon ver- tretene Anschauung mehr Anklang, dass ein einzelner Tentakel einem solchen Arme entspricht und die ring- formigen Leisten und Gruben der Nautilustentakel die Vorliufer der Saugniipfe der Dibranchiatenarme dar- stellen. Bei den Dibranchiaten wiire dann natiirlich die Zahl der Tentakel bedeutend reducirt worden. Betrachten wir nun den Kopffuss von seiner Bauchseite, so dass wir den Mund in der Mitte des ausgebreiteten Lappen- und Tentakelcomplexes vor uns sehen, so bemerken wir beim W eibchen (Fig. 180, untere Figur) unmittelbar an den Mund angrenzend 3 Lappen, 2 seitliche und einen hinteren, das sind (im Kranze der Lappen und Tentakel) die 3 inneren Lappen. Der hintere, innere Lappen theilt sich gegen die Spitze zu, und jede Hilfte trigt 10—14 Tentakel. An der Theilungsstelle legt median ein gefaltetes Organ, dessen Lamellen wohl modificirte Tentakel dar- stellen. Die Function dieses lamellésen Organes Fig. 179. Cirrus des vierten 4usseren Tentakels von Nautilus macromphalus, nach VAYssIERE, 1896. Ansicht von der inneren (Mund-)Seite. 180 Erstes Kapitel. ist sehr zweifelhaft, vielleicht ist es sensorieller Natur, vielleicht steht es auch zur Geschlechtsfunction in einer Beziehung. Jeder innere Seiten- lappen tragt 12 Tentakel. Ausserhalb der 3 inneren Lappen bildet der Fuss eine musculise Ringfalte, die besonders vorn dick ist und Rechts Hinten Vorn Links Fig. 180. Circumoraler Tentakelkranz von Nautilus pompilius, nach LANKESTER und BOURNE, 1883. Von der oralen oder Bauchseite. Oben Minnchen, unten Weibchen. a Schale, 6 iiussere Ringfalte und Kopfkappe mit ihren Tentakeln g, ¢ die beiden seitlichen inneren Lappen, beim Minnchen bildet der linke innere Lappen den Spadix oder Hectocotylus p und auf der rechten Seite den Antispadix g, d der hintere innere Lappen, beim Ménnchen reducirt, m lamelléses Organ (Geruchsorgan?), e Kiefer im Mund- kegel, f die Tentakel der iiusseren, musculésen Ringfalte, m paariges lamelléses Organ, o Trichter, 1 Auge, ¢ und & Augententakel. hier einen Lappen bildet, die sogen. Kopfkappe, welche bei einge- zogenem Kopffuss die zuriickgezogenen Tentakel bedeckt und deckelartig die Miindung der Schale verschliesst. Diese Kopfkappe wird als das erste Tentakelpaar betrachtet; die Scheiden dieser 2 Tentakel sind enorm Mollusca. Fuss. 181 vergrissert und verschmolzen. Die iiussere Ringfalte triigt jederseits 19 Tentakel. Ausser diesen dem Fusse angehérigen Tentakeln finden sich jeder- seits noch 2, einer unter, einer tiber dem Auge. Sie zeigen thnliche Structur, wie die iibrigen Tentakel, ihre ringférmigen Gruben sind aber stellenweise bewimpert. Sie werden als Riechorgane angesehen; nach der Innervation gehéren sie auch zum Fusse (Fig. 181 u. 182). Beim Nautilusminnchen (Fig. 180, obere Figur) ist der hintere, innere Fusslappen rudimentiar oder, besser gesagt, stark moditicirt (VAN DER Horven’s Organ). Es trigt eine Reihe von Lamellen, deren Zahl der- jenigen der Tentakel und Lamellen des hinteren, inneren Lappens des Weibchens entspricht. Ueber seine Function gilt das Gleiche, was vom Fig. 181. Praiparat von einem Mannchen von Nautilus macromphalus zur Demonstration des Spadix, nach VAYSSIERE, 1896. C Kopfkappe, # Trichter, S Spadix, oe Auge, o Augententakel, 1 bis 79 Tentakel der iiusseren Ringfalte, deren Cirren bis auf diejenigen des ersten und zweiten abgeschnitten sind, Tentakel 1 geht in die Koptkappe tiber. 9‘, 10‘ und 11‘ drei der zum Spadix umgewandelten Tentakel des inneren Seitenlappens. Der vierte Tentakel des Spadix, d. h. der zwélfte des inneren Seitenlappens ist in der Abbildung nicht sichtbar. lamellésen Organ des Weibchens gesagt wurde. Die beiden inneren Seitenlappen sind jederseits in 2 Bezirke getheilt, von denen der vordere 8, der hintere 4 Tentakel umfasst. Die letzteren 4 Tentakel sind auf einer Seite, bald auf der rechten, bald auf der linken (das wechselt je nach den Individuen) stark modificirt, zu einem musculisen, conischen Kérper vereinigt, der Spadix genannt wird; sein Gegenstiick ist der Anti- padix. Die 3 vorderen der modificirten Tentakel des Spadix, die am stiirksten umgewandelten, werden von einer gemeinsamen Scheide um- geben, der letzte, der zwilfte des ganzen inneren Seitenlappens, lisst 182 Erstes Kapitel. deutlich die Tentakelnatur erkennen und wird nur noch zum Theil von dem freien Rande der Spadixscheide umhiillt. Dieser Spadix (Fig. 181) wird als der hectocotylisirte Fusstheil von Nautilus betrachtet (siehe Geschlechtsorgane) und spielt wahrscheinlich irgend eine Rolle bei der Begattung. Von gewissem Interesse ist die neulich festgestellte Thatsache, dass sich Nau- tilus seiner Tentakel nicht nur bedient, um die Beute zu ergreifen, sondern dass er sich mit denselben auch sehr fest an fremden Gegen- stiinden anheften kann (Fig. 182). Wie weiter unten auch fiir die kriechenden Octopoden constatirt wird, lasst ein solches Functioniren des Kopffusses sehr wohl einen Vergleich mit der Function der Fusssohle der Schnecken zu. Fig. 182. ‘Nautilus macrom- phalus, mit den Kopftentakeln an einem fremden Gegenstand festgeheftet, Ansicht von vorn, nach WILLEY, 1897. 7 Kopfkappe, 2 Auge, 3 Schale, 4 oberer, 5 unte- rer Augententakel, 6 Kopftentakel, an einem fremden Gegenstand 7 festgeheftet. Die Anheftung erfolgt nicht mit den Spitzen, sondern an den Umbiegungsstellen der Ten- takel. Dibranchia. Die Dibranchia besitzen entweder 8 oder 10 Arme, welche den Mund kranzférmig umstellen und auf ihrer Unterseite mit in einer oder mehreren Lingsreihen stehenden Saugnapfen bewaffnet sind. Die Saug- niipfe der Octopoden sind sitzend, die der Decapoden gestielt und durch einen Chitinring gestiitzt. Zu diesen Saugnapfen kénnen sich noch Reihen von Cirren gesellen, und sie kénnen sich stellenweise zu Hacken oder Krallen (z. B, Onychoteuthis) umwandeln. Bei manchen Octopoden sind die langen Arme an ihrer Basis, ja gelegentlich bis an ihre Spitze, durch eine Membran verbunden. Im letzteren Falle gleicht der Armkranz einem Regenschirm, seine Membran dem Tuch, die Arme den radiiren Spangen. Wo die Spangen am Stock zusammentreffen, wiirde der Mund liegen. Die Octopoden kénnen auf ihrem Armkranz bei erhobenem Eingeweidesack kriechen. In dieser Stellung sind sie am leichtesten mit Schnecken zu vergleichen, indem dann die ventrale Seite des Armkranzes, auf der sie kriechen, der Fuss- sohle der Schnecken thnlich functionirt. Die Decapoden haben 10 Arme, von denen 8 gleichartige den 8 Octopodenarmen entsprechen, nur dass sie kiirzer und fast nie durch Mollusca. Fuss. 183 Membranen verbunden sind. Die 2 iibrigen Arme, die Fangten- takel, inseriren zwischen dem 3. und 4. Octopodenarme jederseits und sind von ihnen abweichend gebaut, lang, wurmférmig mit angeschwollenen, mit Saugniipfen, Hacken etc. bewaffneten Enden. Die Fangteutakel sind sehr contractil und bei zahlreichen Decapoden (z. B. Sepia) im Ruhezu- - stande in besonderen Kopfhéhlen verborgen. Diese Héhlen entsprechen wahrscheinlich morphologisch den Wasserporen, welche haufig auch anderswo an der Basis der Arme oder am Kopfe vorkommen. Beim Ver- folzen der Beute werden die Fangtentakel mit Vehemenz aus diesen Hohlen oder Scheiden vorgeschleudert. Es giebt indessen Formen unter den Decapoden, bei denen diese Tentakelarme (beim erwachsenen Thiere wenigstens) rudimentiir sind oder ganz fehlen, z. B. Leachia, Chauno- teuthis, Veranya: sie stellen also ,achtarmige“ Decapoden vor. Von den 8 oder 10 Armen der Dibranchiaten ist fast immer einer (seltener 2) im mannlichen Geschlechte in besonderer Weise umgestaltet (hectocotylisirt) und spielt bei der Begattung eine Rolle. Bei einigen Octopoden list er sich sogar vom Kérper los und wird wieder regenerirt. Der hectocotylisirte Arm ist bei den Octopoden gewdhnlich der 3. Arm der rechten, bei den Decapoden der 4. Arm der linken Seite. (Man zihlt die Arme von yorn nach hinten.) Beim Argonautaweibchen ist das erste Armpaar segelformig verbreitert und schligt sich auf die Aussenseite der Schale zuriick. Fig. 183. Nautilus pompilius nach einer Photographie, aufgenommen yon einem lebenden Exemplar yon WILLEY in Ralum, Neu-Guinea, 1895, Q. J. M. Se. 1896. 184 Erstes Kapitel. Alle Cephalopoden, auch die plumperen Octopoden, sind gute Schwimmer. Beim Schwimmen spielen Mantel und Trichter die Hauptrolle. Wasser wird abwechselnd durch die Mantelspalte in die Mantelhéhle aufgenommen und durch den Trichter in kraftigem Strahl ausgestossen, wobei durch den Riickstoss der Kérper in der Richtung des Ei neeweidesackes fortgeschnellt wird. Beim Ausstossen des Wassers wird die Mantelspalte durch den Mantelschliessapparat verschlossen, so dass alles in die Mantelhéhle aufgenommene Wasser durch den Trichter ausstr6men muss. Manche Decapoden kénnen auch mit dem Kopffuss voran schwimmen, indem sie das untere Ende des Trichters aufwirts kriimmen, so dass der Wasserstrahl in der Richtung des Eingeweidesackes austritt. Die Arme werden beim Schwimmen aneinandergelegt, damit der Reibungswiderstand miéglichst gering werde. Octopoden, vornehinlich solche mit Interbrachialmembran, helfen ihren Schwimmbewegungen nach, indem sie ihren Armkranz éffnen und schliessen, wie einen Regenschirm. Siehe auch die Abbildung des schwimmenden Nautilus, Fig. 183. XI. Wasseraufnahme. Der Fuss vieler Muscheln und Schnecken kann geschwellt, dabei aus der Schale oder dem Gehiause vorgestreckt und_zur Locomotion ver- wendet werden. Wie die Schwellung “geschieht, dariiber herrschten bis vor kurzem noch die verschiedensten Ansichten. Die Annahme war viel verbreitet, dass von aussen Wasser in das Blut- oder in ein gesondertes Wassergefiisssystem aufgenommen werde. Auch iiber die Wege der Wasseraufnahme war man verschiedener Ansicht. Das Wasser sollte durch Oeffnungen oder Poren am Fusse aufgenommen werden. Es wurde nun aber festgestellt, dass solche Poren entweder nicht existiren, oder dass sie die Oeffnungen von Fussdriisen (Byssusdriise, Fusssohlendriise) sind. Das Wasser sollte durch Intercellulargiange zwischen den Epithel- zellen des Fusses hindurch aufgenommen werden. Auch diese Annahme hat sich als irrig erwiesen. Das Wasser sollte durch die Nephridien in das Pericard geleitet und von diesem aus dem Blutgetiisssystem mitge- theilt werden. Aber das Pericard hat sich als ein vom Blutgefisssystem vollstiindig abgeschlossener Sack erwiesen. Auch noch andere Ansichten iiber Wasseraufnahme wurden geiiussert und spiiter widerlegt. Nach dem gegenwirtigen Stande unserer Kenntnisse bleibt mit Aus- nahme eines einzigen, gleich zu besprechenden Falles nur die Annahme iibrig, dass der Fuss durch Blutzudrang geschwellt wird, wobei ein Zuriickfliessen des Blutes aus dem Fuss in den tibrigen Korper durch Muskelsphincter verhindert wird (Blutstauung). Siehe aueh unter Cir- culationssystem: Kxrser’sche Klappe bei Lamellibranchiern. Der eben erwihnte Fall ist der von N atica Josephina, Hier kann nicht daran gezweifelt werden, dass Wasseraufnahme zum Zwecke der Schwellung des Fusses stattfindet. Sie geschieht sehr rasch, in weniger als 5 Minuten. Das auf Reize hin wieder abgegebene Wasser nimmt das doppelte, ja das dreifache Volumen der leeren Naticaschale ein. Das Wasser wird durch sehr kleine (makroskopisch nicht sichtbare) Spalten, welche am Fussrande liegen (wahrscheinlich sogar durch eine einzige, sehr enge, dem Fussrand entlang verlaufende Spalte) aufgenommen und in ein im Fusse liegendes System von Wasserréumen eeftibrt, welches von allen iibrigen Hohlraumen des Fusses, also namentlich auch von dem Mollusca. Wasseraufnahme, Musculatur. 185 {bei Natica geschlossenen) Blutgefisssystem vollstandig abgeschlossen ist, so dass von einer directen Wasseraufnahme in das Blutgefiisssystem durch Fussporen nicht die Rede sein kann. Die Wasserspalten am Fussrande kénnen durch ein System von Schhessmuskeln, die sich vom oberen zum unteren Rande der Spalten erstrecken, geschlossen werden. Was die Wasseraufnahme im Allgemeinen anbetrifft, so zeigen in neuester Zeit bei Nacktschnecken (Limax cinereus) angestellte Versuche, dass hier Wasser durch die Haut eintreten kann, und zwar hichst wahr- scheinlich durch die Oeffnungen der Schleimdriisen, indem der quellbare Schleim das Wasser einsaugt. Die Ansicht, dass durch die Schleim- driisen Wasser aufgenommen werden kénne, ist ttbrigens friiher schon geiussert worden, wie denn iiber diese Frage tiberhaupt eine sehr um- fangreiche Litteratur vorlest. XII. Museulatur und Endoskelet. In diesem Kapitel soll ganzlich vernachliissigt werden die den einzelnen Organen eigene Musculatur, z, B. die Musculatur der einzelnen Theile des Darmkanals, die Musculatur des Herzens, der Begattungs- apparate etc., ferner die Musculatur der Cutis und auch die fiir die Locomotion so wichtige EHigenmusculatur des musculésesten Organes, des Fusses, die entsprechend der so sehr verschiedenen Ausbildung und Functionsweise in unziihligen Niiancirungen auftritt. Wir besprechen hier nur die allgemeine Kérpermusculatur, und diese erhilt ihr Gepriige durch die Ausbildung der Molluskenschale, die dem ganzen Weichkérper Schutz gewihren soll. Damit dieser Schutz ein vollstiindiger werde, ist im Allgemeinen die Mollusken- organisation, im Einzelnen in verschiedener Weise, so eingerichtet, dass alle Weichtheile im Innern der Schale geborgen werden kénnen, und dass die Schale selbst geschlossen werden kann. Die Schale fungirt dann als Skelet, als passives Bewegungsorgan, an welches sich diejenigen Muskeln anheften, die bei ihrer Contraction die Weichtheile in die Schale zuriickziehen, und diejenigen, die bei ihrer Contraction die Schale schliessen oder verschliessen. Es liegt auf der Hand, dass die Musculaturverhiltnisse sich da secundiir wieder stark fndern, wo die Schale rudimentér wird oder ganz verschwindet. Die Musculatur der Mollusken ist nicht quergestreift. Die Structur der Muskelfasern zeigt bei den Weichthieren grosse Variationen, die mit der physiologischen Leistung zusammenhiingen und auf die hier nicht eingetreten werden kann, fiir deren Studium vielmehr auf die histologischen Specialarbeiten verwiesen werden muss. In manchen Fallen ist auch eine Querstreifung der Fasern einzelner Muskeln be- schrieben worden, die im Allgemeinen einer achten Querstreifung nicht gleichzusetzen ist, hie und da aber von einer solchen kaum unterschieden werden kann. A. Amphineura. Die Musculatur der Chitoniden ist in neuerer Zeit genau unter- sucht worden. Sie ist der Gesammtorganisation dieser Thiere, speciell 186 Erstes Kapitel. auch der Gliederung der Schale in einzelne Stiicke angepasst und weicht deshalb in ihrer Anordnung ganz wesentlich von dem Bilde ab, das die Musculatur der anderen Mollusken gewihrt. Wir kénnen bei den Chitonen unterscheiden: 1) Die der Schale zugehérige-Musculatur, d. h. Muskel- gruppen, welche die einzelnen Schalenstiicke verbinden. Typischer Weise finden sich zwischen 2 Schalenstiicken a) 2 mediane dorsale Muskeln (Musculi recti), b) 2 schief nach aussen verlaufende (Musculi obliqni), ¢) jederseits lateral in der Richtung der Liingsaxe verlaufende Muskelbiindel (Musculi longitudinales laterales) und d) am Vorderrand eines Schalenstiickes je ein quer verlaufender Muskel (Musculus trans- versus). Fig. 184. Querschnitt durch Chiton zur Demonstration der Musculatur, nach SAMPSON, 1895. Der Schnitt geht durch die vordere Gruppe der Fussmuskeln unter Schalenstiick VJ. Es ist nur eine Hilfte des Schnittes dargestellt. V Fiimftes Schalen- stiick, VJ ap Apophyse des sechsten Schalenstiickes, ba zufiihrendes, bv abfiihrendes Kiemen- gefiiss, bun Pleurovisceralstrang, be Koérperhéhle, # Fuss, 12 Mantel, me Mantelhéhle, pn Fussstrang, Muskeln: ao, antero-obliquus der vorderen, ao‘, antero-obliquus der hinteren Gruppe von Fussmuskeln , po postero-obliquus der vorderen Gruppe, mp, medio - pedalis der yorderen Gruppe, /p, latero-pedalis der yvorderen Gruppe. — Jl Muse. longitudinalis lateralis der Schale, md Muse. medianus-dorsalis (rectus) der Schale, od Muse. obliquus- dorsalis (obliquus) der Schale, ¢,, ¢,, ¢, Muskelkissen (transversus) zwischen den iiber- einander liegenden Theilen zweier Schalenstiicke, im innerer Mantelmuskel. 2) Die Musculatur des Fusses, deren Verlauf im Allge- meinen dorso-ventrale Richtung zeigt und die auch wieder der Schale entsprechend gegliedert ist. Unter jedem Schalenstiicke mit Ausnahme des vordersten und hintersten, unter denen die Gruppirung der Muskeln vom gewohnlichen Verhalten abweicht, finden sich 2 Paare von Muskel- eruppen, ein vorderes Paar und ein hinteres Paar. Da die Chitonen vollkommen_ bilateral-symmetrisch gebaut sind, entspricht die Grup- Mollusca. Musculatur. Teri pirung auf der einen Kérperseite derjenigen auf der anderen. Jeder- seits lassen sich nun sowohl in der vorderen wie in der hinteren Muskelgruppe 3 Muskelziige auseinander halten, die alle von den Schalenstiicken hinunter zum Fusse ziehen: a) ein Musculus latero-pedalis, dorso-ventralausserhalb des Pedalstranges verlaufend, b) ein Musculus medio-pedalis, der sich am Schalenstiick ausser- halb des Musculus latero-pedalis anhettet, letzteren kreuzt und in transversaler Richtung schief gegen die Medianlinie des Fusses_ ver- liuft; er zieht innerhalb des Pedalstranges durch, und einzelne Fasern iiberschreiten die Mediane, ¢) ein Musculus antero-obliquus, der dorsal zwischen den Anheftungsstellen der beiden genannten Muskeln beginnt und schrig nach vorn in den Fuss zieht. In jeder vorderen Muskelgruppe kommt hiezu noch d) ein Musculus postero- obliquus, der von der Schale weg schriig nach hinten in den Fuss zieht (Fig. 184). Diese gesammte Musculatur des Fusses entspricht wohl dem Schalenmuskel der Fissurelliden ete., dem Spindelmuskel der tibrigen Gastropoden. 3) Die Musculatur des Mantels, auf deren Anordnung wir nicht niher eintreten wollen. Das Muskelsystem der Solenogastres sei an dem Beispiel Proneomenia, wo es genau untersucht wurde, beschrieben. Wohl im Zusammenhang mit der Riickbildung des Fusses und der Aus- bildung der wurmférmigen Kérpergestalt hat sich eine Art Haut- muskelschlauch ausgebildet, in welchem wir einige im Vergleich zu der Dicke der Epidermis sehr diinne Schichten in verschiedener Richtung verlaufender Muskelfasern unterscheiden kénnen. Der Haut- muskelschlauch liegt der Epidermis von innen dicht an. Zu éusserst liegt eine Schicht circulirer Muskelfasern (Ringfaserschicht), dann folgt eine Schicht von Diagonalmuskelfasern, die einander unter rechtem . Winkel, die Ring- und Lingsfasern aber unter einem Winkel von 45° kreuzen. Zu innerst liegt eine Schicht longitudinaler Fasern. Diese ist besonders auf der Bauchseite, rechts und links von der Bauch- furche, stark entwickelt. Aus der Ringmuskelschicht lésen sich beider- seits Fasergruppen ab, welche von beiden Seiten gegen die Basis des rudimentiiren Fusses convergiren und sich theilweise tiber demselben kreuzen. Dabei verlaufen die von der seitlichen und oberen Kérper- wand stammenden Faserbiindel im Innern der Septen, welche die aufeinander folgenden Seitendivertikel des Darmkanals trennen. Die geschilderte Anordnung der Musculatur kann als Schema fiir die ganze Abtheilung der Solenogastres gelten; doch zeigen die anderen Formen im Einzelnen sehr starke Abweichungen, so dass ein Vergleich mit der Anordnung der Musculatur bei Chiton kaum méglich ist. B. Gastropoda. Der einzige, wichtige, in Betracht kommende Muskel ist der Spindelmuskel (Musculus columellaris). Er setzt sich im Inneren der Schale an die Spindel an, zieht an der rechten Seite des Eingeweidesackes und am rechten Rande der Mantelfalte der Spindel entlang herunter, tritt dann in die Riickenseite des Fusses ein, in welchem er ausstrahlt. Der Spindelmuskel ist der Riickziehmuskel des Thieres in die Schale. 188 Erstes Kapitel. a) Prosobranchia: Der Spindelmuskel ist tiberall in typischer Form entwickelt. Er setzt sich einerseits an die Spindel der letzten Windung der Schale, andererseits an das auf der Dorsalseite des Metapodiums liegende Oper- culum an. Einige Prosobranchier, so die meisten Fissurelliden, Haliotiden und Docoglossen, benutzen ihren Fuss mehr als Saugnapf, um sich fest an einer harten Unterlage zu befestigen. Diese Formen besitzen keinen Deckel. Der Spindelmuskel steigt hier senkrecht in den Fuss hinunter und driickt bei seiner Contraction die Schale fest der Unterlage an. Er ist bei Haliotis (Fig. 185), dessen ohrférmige Schale noch gewunden ist, eylindrisch, iibrigens ausserordentlich stark entwickelt, ungefihr in der Mitte des Thieres, etwas mehr rechts gelegen, senkrecht auf der Fuss- Fig. 185. Fig. 186. Patella, von oben, nach Entfernung der Schale, nach LAN- KESTER, Encyel. brit. ¢ Die einzelnen, den auf dem Querschnitt hufeisenformi- gen Schalenmuskel zusammense- tzenden Muskelbiindel, / Pericard, la Scheidewand hinter dem Pericard, n Ver- dauungsdriise, int Darm, k grdsseres rechtes, 7 kleineres linkes Nephridium, e Mantelsaum, sich yorne zu der Muantel- falte eer yerbreiternd, em Mantelrand. Fig. 185. Haliotis, von oben, nach Entfernung der Schale, des Mantels und des ganzen Riickenintegumentes, nach WEGMANN, 1884. ¢ Schnauze, s und p Speicheldrisen, p, seitliche Taschen des Oesophagus, 7 Mitteldarm, @ Oesophagus, 7 Enddarm, e Magen mit Coecum ¢, h Verdauungsdriise (Leber), ihr rechts neben dem grossen Schalenmuskel m liegender Theil ist noch yon der Genitaldriise bedeckt. Rings um den Kérper herum das gefranste Epipodium. scheibe stehend. Die Mantelhéhle und die Eingeweide verdriingt er auf die linke Seite. Bei zahlreichen Fissurelliden und den Docoglossa ist die Schale napfformig und symmetrisch geworden. Der Spindelmuskel, welcher dementsprechend stark verkiirzt ist, steigt direct von der Innen- fliche der Schale zum Fusse herunter, ist aber nicht mehr cylindrisch, sondern auf dem Querschnitt hufeisenformig (Fig. 186), indem er die Mollusca. Musculatur. 189 Visceralmasse von hinten umfasst. Er nimmt die Gestalt eines vorn offenen, niederen, abgestutzten Hohlkegels an, der sich mit seiner oberen, hufeisenférmigen Schnittflache an der Schale anheftet, mit seiner eben- falls hufeisenformigen Basis aber in den saugscheibenférmigen Fuss ein- tritt und in seinem Innern die Visceralmasse birgt. Ganz ahnliche Verhaltnisse kehren iiberall da wieder, wo die Schale flach conisch, napf- oder tellerférmig wird, wie z. B. bei den Hippony- ciden und Capuliden unter den Monotocardiern. Heteropoden. Besondere Beachtung verdient die Musculatur der Heteropoden, wo wir die Rudimentation der Schale, Umwandlung des Fusses und fortschreitende Entfernung der Kérpergestalt vom Schnecken- habitus Schritt fiir Schritt verfolgen kénnen. Bei Atlanta, deren Kopf und Fuss noch vollstindig in die wohlent- wickelte Schale zuriickgezogen werden kann, erhilt sich der Spindel- muskel in typischer Form. Er steigt aus der Schale herunter und theilt sich dann in 3 Ziige, von denen der stiirkste mittlere in die Flosse und den Saugnapt, der hintere in das deckeltragende Metapodium, der vorderste kleinste in den Kopf und die Schnauze ausstrahlt. Die Cutis ist bei Atlanta noch relativ diinn. Das dicht unter ihr liegende Hautmuskelnetz ist nicht starker entwickelt als bei anderen Schnecken. Ein besonderes System sich kreuzender Muskelfasern, unab- hangig von der tibrigen Hautmusculatur, liegt jederseits unter der Cutis der Flosse. Dies gilt fiir alle Heteropoden. Die Dicke der Haut nimmt bei den typischen Heteropoden (Cari- naria, Pterotrachea) sehr stark zu und mit ihr die Stirke des sub- cutanen Hautmuskelschlauches. Am Rumpfe besteht dieser aus 2 tiber- einander liegenden Schichten sich kreuzender Diagonalmuskelfasern. In der tiusseren Schicht verlaufen die Fasern von vorn-oben nach _hinten- unten, in der inneren von vorn-unten nach hinten-oben. Am Kopfe mit der Schnauze, am Eingeweidesack und am schwanzférmigen Metapodium nehmen die Diagonalfasern beider Schichten eine longitudinale Richtung an. Bei Carinaria kommt noch am gréssten Kérpertheil, bei Pterotrachea nur an der Schnauze, eine fiussere Ringmusculatur hinzu. Erkundigen wir uns nun nach dem Schicksal des Spindelmuskels. Bei Carinaria, wo noch eine zarte, hinfallige, den Eingeweidesack be- deckende Schale vorhanden ist, in die aber kein Theil des Korpers zurtick- gezogen werden kann, ist noch ein Spindelmuskel vorhanden, der in Form von 2 Bandern vom Eingeweidesack in die Flosse heruntersteigt, um an deren Rand auszustrahlen. Bei Pterotrachea, wo die Schale fehlt und der Hingeweidesack rudimentar ist, ist auch der Spindelmuskel reducirt. Er hat die Ver- bindung mit dem Eingeweidesack aufgegeben und beginnt jederseits erst etwa in der halben Hihe der Leibeswand als 3 Muskelstiimpfe, die nach unten in die Flosse hineintreten, um an ihren Rand auszu- strahlen. Aus dem Spindelmuskel, der urspriinglich dazu diente, den Fuss in die Schale zuriickzuziehen, ist ein Muskel geworden, der vorzugsweise die seitlichen schlagenden Bewegungen der dem Fusse homologen senkrechten Ruderflosse hervorbringt. b) Opisthobranchia. Der Spindelmuskel ist da gut entwickelt, wo eine Schale vorhanden ist, in welche der Kérper ganz oder theilweise zuriickgezogen werden 190 Erstes Kapitel. kann. Wo aber die Schale rudimentiir ist oder fehlt — und das ist bei der Mehrzahl der Opisthobranchier der Fall — atrophirt der Spindel- muskel oder er bildet vielleicht einen Bestandtheil der Fussmusculatur. Dagegen entwickelt sich dann der subcutane Hautmuskelschlauch um so stiirker, je beweglicher die Thiere sind. Er besteht aus Liings-, Ring- und Diagonalmuskelfasern, die bisweilen ein wahres Muskelnetz bilden. Die Musculatur des Fusses stellt sich nur als ein verdickter Theil dieses Hautmuskelschlauches mit priidominirenden Liingsfasern dar. Im Einzelnen ist die Entfaltung der Musculatur sehr verschieden. Wo _ be- wegliche oder contractile Riickenanhinge, Kiemen, Mundsegel, Para- podien, Mundscheiben u. s. w. zur Entwickelung gelangen, ist ihre Musculatur von der Hautmuskelschicht detachirt, und letztere stellt dann, im Verein mit der bisweilen derben Haut, das passive Stiitzorgan der ersteren dar. Auch die beschalten Pteropoda thecosomata besitzen einen Spindelmuskel. Er ist ventral bei den Limacinidae, dorsal bei den Cavo- liniidae, deren Rumpf mit Bezug auf den Kopf, wie friiher dargethan, um 180° gedreht erscheint. Der Muskel theilt sich vorn in 2 seitliche Aeste, die in die Flossen ausstrahlen. c) Pulmonata. Der Spindelmuskel ist bei den beschalten Pulmonaten stark ent- wickelt. Er ist paarig und setzt sich einerseits mit vielen Wurzeln am Fusse, hinter der Mundmasse, andererseits an der Spindel der ersten Schalenwindung an. Von dem Spindelmuskel detachiren sich 1) die Riickziehmuskeln der Tentakeln und Augentriiger, 2) die Retractoren der Mundmasse, 3) Muskeln, die zu den Eingeweiden gehen. Bei Ancylus (Fig. 187) unter den Basommatophoren, mit conischer, nicht spiralig gewundener Schale, sind die beiden Hialften des Spindel- muskels véllig getrennt und nach der Schale zu divergirend. Gadinia und Siphonaria (die aber ebenso hiufig zu den Opisthobranchiern wie zu den Pulmonaten gestellt werden) besitzen, thnlich wie einige Prosobranchier (Fissurella, Patella etc.) mit einer napfformigen Schale auch einen hufeisenformigen Schalenmuskel. Es ist von Interesse, den Spindelmuskel bei den Daudebardien und Testacellen zu untersuchen, bei denen der rudimentir werdende Hinge- weidesack mit der ihn bedeckenden Schale an das Hin- terende des Kérpers geriickt ist und bei denen von einem s Yuriickziehen des Kérpers in die Schale 23 keine Rede _ sein kann. Fig. 187. Querschnitt durch Ancylus lacustris, nach ANDRE, 1893. d Oben, v unten, dt rechts, s links, 1 Pericard, 2 linker Schalenmuskel, 3 Mantelrand, 4 Recepta- culum seminis, 5 Visceralganglion, 6 Pedalganglion, 7 Fuss, 8 Herz, 9 rechter Schalen- muskel, 10 Uterus, 11 Speicheldriise, 72 Oesophagus, 73 Blutlacune. Mollusea. Musculatur. 191 Da ist nun vor allem die Thatsache zu constatiren, dass sich der Spindelmuskel nur theilweise erhilt und selbstverstiindlich nur einen Theil seiner urspriinglichen Functionen beibehalten hat. Er hat sich in der That bei den Daudebardien und Testacellen erhalten 1) als Fiihlerretractor und 2) bei Daudebardia als Schlundkopfretractor. Fiihlerretrac- toren und Schlundkopfretractoren sind getrennt. Die Fihlerretractoren durchziehen bei Daudebardia rufa ge- trennt die Leibeshéhle nach hinten bis an die Basis des Eingeweidesackes, wo sie, nicht in diesen eindringend, jederseits mit der Leibeswand ver- wachsen. Bei D. saulcyi laufen die Retractoren nicht so weit nach hinten, sondern dringen schon vor der Mitte des Kérpers, die 2 rechts- seitigen und die 2 linksseitigen miteinander verschmolzen, in die Fuss- musculatur ein. Aehnlich verhalten sich die Fiihlerretractoren der Testa- cellen. Die Schlundkopfretractoren. Bei D. rufa entspringen am Schlundkopf 2 Retractoren, die, durch den Nervenschlundring hindurch- tretend, miteinander zu einem unpaaren Muskel verschmelzen, welcher am Boden der Schlundhéhle, der linken Kérperwand genahert, nach hinten zieht, dann in den EHingeweidebruch- sack hinaufsteigt, um sich in der letz- ten Schalenwindung an die Spindel an- zuheften. Bei D. sauleyi, wo kein Ein- geweidebruchsack mehr vorhanden ist und die Schale nur noch eine Mantel- héhle bedeckt, steigen die hier nicht miteinander verschmolzenen Schlund- kopfretractoren nicht mehr in die Schale hinauf, sondern endigen schon in der Mitte der Kérperlinge, wo sie in die Fussmusculatur eindringen. Fig. 188. Schale von Helix, so durchschnitten, dass die Spindel (Columella, Axe) der Liinge nach getroffen ist, nach Howes, Atlas of biol. ¢ Columella, rm Spindel- muskel, p Miindungsrand. Die zahlreichen, in 2 asymmetrischen Reihen angeordneten Schlund- kopfretractoren von Testacella lassen sich aus verschiedenen Griinden nicht als Ueberreste eines Spindelmuskels auffassen. Von den Oncidiidae, welche im erwachsenen Zustande weder eine Schale noch einen Spindelmuskel besitzen, weiss man, dass sie als beschalte Larven einen solchen Muskel haben. Hin Spindelmuskel fehlt ferner bei den schalenlosen Vaginuliden und den Janelliden, die eine vollkommen rudimentiire Schale auf- weisen. Unter diesen Janelliden hat sich bei Aneitella berghi vielleicht ein letzter Rest des Columellarmuskels als Pharynxretractor erhalten, der mit 2 Wurzeln am Schlundkopf ansetzt und dann zur Mitte des Riickens emporsteigt. C. Scaphopoda. Bei Dentalium (Fig. 176) verlaufen auf der Vorderseite des Rumpfes jederseits 2 eng aneinander liegende Muskelbiinder, die sich am dorsalen Ende der roéhrenformigen Schale vorn anheften. An der Basis des Fusses verschmelzen die beiden Binder jederseits zu einem 192 Erstes Kapitel. einzigen Muskel, der, in den Fuss eindringend, in demselben in zahlreiche Liingsmuskelbiindel ausstrahlt. Wir haben es hier mit einem paarigen Spindelmuskel zu thun, welcher den Fuss verkiirzt und den ganzen Unterkérper in den oberen Theil der Schale zuriickzieht. D. Lamellibranchia. Wir wollen bei den Lamellibranchiern 2 Muskelgruppen in Be- tracht ziehen: 1) die Mantelmusculatur und 2) die in den Fuss verlaufende Musculatur. Die Mantelmusculatur ist hauptsdchlich gegen den freien Mantelsaum zu entwickelt und besteht aus 3 Systemen: 1) Muskel- fasern, welche in der Ebene der Mantelfalte gegen ihren freien Rand verlaufen, auf dem sie senkrecht stehen, sie bilden den Mantelsaum- muskel im engeren Sinne und lassen auf der Schale den Mantelsaum- eindruck (Mantellinie) zuriick; 2) Muskelfasern, welche dem Mantelsaum parallel verlaufen; 5) Muskelfasern, welche auf der Flache der Mantel- falte mehr oder weniger senkrecht stehen und als kurze Fasern yon der inneren zur iusseren Manteloberfliiche verlaufen. Die nimlichen 3 Systeme werden an den vom Mantel gebildeten Siphonen zu Ring-, Liings- und Radiirmuskeln. Eine besondere Differenzir ung der Mantel- musculatur ist der Retractor der Siphonen, dessen Stiirke zu der Groésse der Siphonen in directem Verhiltnisse steht und dessen Insertion an der Innenseite jeder Schalenklappe die Mantelbucht (vergl. p. 91) heryorruft. Als Ditferenzirungen der Mantelmusculatur miissen ferner die wichtigen Schliessmuskeln der Schalen betrachtet werden (Adductores, Schalenmuskeln). Es sind ausserordentlich kriftige und dicke Muskeln, die quer von der Innenfliiche der einen Schalenklappe zu der Innenfliche der gegeniiberliegenden Schalenklappe ziehen. Sie wirken dem Schlossband entgegengesetzt, indem sie bei ihrer Contraction die beiden Schalenklappen einander nihern, sie aneinander pressen, die Schale schliessen. Auf der Innenfliiche der Schalen- klappen lassen sie die Schliessmuskeleindriicke zuriick. Typisch besitzen die Muscheln zweiSchliessmuskeln, einen vorderen und einen hinteren(Dimyarier, Homomyarier), die dem dorsalen Schalen- raume niiher liegen als dem ventralen. Bei den Mytilacea ist der hintere Schliessmuskel grésser als der vordere (Heteromyarier). Sei einer grossen Reihe von Formen schliesslich verkiimmert der vordere Schliessmuskel giinzlich, wihrend der um so stiirker entwickelte hintere Schliessmuskel nach vorn gegen die Mitte der Schale riickt. Diese Formen werden zu der Abtheilung der Monomyarier ver- einigt, einer nicht natiirlichen Gruppe, da nahe verwandte Formen (z. B. innerhalb der Miilleriaceen) einen oder 2 Schliessmuskel be- sitzen kénnen und weit entfernte Formen (z. B. Tridacna, Anomia, Miilleria, Aspergillum) in dem Besitz nur eines Schliessmuskels tiberein- stimmen. Auch die in neueren systematischen Eintheilungen der Muscheln aufgestellte Gruppe der Anisomyarier, welche einen Theil der Filibranchier und die Pseudolamellibranchier umfasst, kann nicht alle Hetero- uud Monomyarier in sich schliessen. Monomyarier sind also z. B. die Anomiidae, Ostreidae, Spondylidae, Limidae, Pecti- nidae, Aviculidae etc., Miilleridae etc. Die Monomyarier durchlaufen wihrend der Entwickelung ein Dimyarierstadium; siehe auch Absehnitt Ontogenie. Mollusca. Musculatur. 193 Der Schliessmuskel besteht haufig (z. B. Pecten, Ostrea, Nucula) aus 2 verschieden aussehenden Partien, von denen die eine glatte, die andere solche Muskelfasern enthilt, die quergestreift aussehen, ohne dass diese Querstreifung derjenigen der Arthropoden- und Vertebratenmuskeln ent- spricht. Die in den Fuss verlaufende Musculatur entspricht in threrGesammtheit dem Spindelmuskel der tibrigen Mottusken, speciell der Gastropoden. Sie besteht aus symmetrischen Muskelpaaren, die sich einerseits an die Innenfliche der Schale anheften und hier Muskeleindriicke erzeugen, andererseits in den Fuss hineintreten. Dass diese Musculatur in ihrer Gesammtheit dem Spindelmuskel der Gastropoden entspricht, ersieht man am besten bei einem Vergleich yon Protobranchiaten mit Patella oder Fissurella z. B. Bei Nucula oder Leda nimlich bilden die Fussmuskeln jederseits vom vorderen zum hinteren Schliessmuskel eine fast continuirliche Reihe in den Fuss hinuntersteigender Biindel. Beide Reihen bilden zusammen eine von oben oder unten betrachtet ovale Linie, welche dem hufeisenformigen bis ovalen Querschnitt des Spindelmuskels von Patella oder Fissurella entspricht. Fig. 189. Pliodon Spekei, von links, nach PELSENEER, 1886 (Bull. Mus. H. N. Belg.). Schale, Mantel, Kiemen, Mundlappen linksseitig entfernt. 44 Vorderer, AP hinterer Schliessmuskel der Schale, OA Anal-, OB Branchialéffnung des Mantels, V Eingeweidemasse, p Fuss, 1 Protractor pedis, 2 Retractor pedis anterior, 3 Elevator pedis, 4 Retractor pedis posterior. In der Mehrzahl der Falle, wo der Fuss entwickelt ist, kann man jederseits von yvorn nach hinten folgende Fussmuskeln unterscheiden, deren Anordnung Fig. 189 erlautert: 1) der Protractor pedis, 2) der vordere Retractor pedis, 3) der Elevator pedis und 4) der hintere Re- tractor pedis. Unter den Protobranchiern fehlt den Solemyiden ein Pro- tractor pedis. Wo ein Byssus vorkommt, wird der hintere Riickziehmuskel des Fusses zum Byssusmuskel. Er ist dann meist sehr kvriiftig entwickelt, reicht weit nach vorn und kann in mehrere Biindel zerfallen. Bei rudimentiirem Fuss und fehlendem Byssus verkiimmern die Fuss- muskeln. Bei Pecten inseriren die Fussretractoren asymmetrisch nur auf der linken Schale. Dasselbe ist der Fall bei Anomia, wo das dem Byssus entsprechende, in dem Byssusausschnitt der rechten, aufliegenden Schalen- klappe liegende ,,Schliessknéchelchen“ durch 2 stark entwickelte Retrac- toren mit der (in physiologischer Stellung oberen) linken Schalenklappe Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III, 2, Aufl. 13 104 Erstes Kapitel. verbunden ist. Diese 2 Muskeln lassen neben demjenigen des Schliess- muskels Kindriicke zuriick, was zu der irrthtimlichen Auffassung der Anomien als Trimyarier Veranlassung gab. : Wenn die Schale ihre Beweglichkeit verliert oder verkiimmert, kénnen auch die Adductoren sich reduciren (z. B. Scioberetia) oder ganz verschwinden (Chlamydoconcha, Aspergillum). E. Cephalopoda. Bei den Cephalopoden kommt es zur Bildung eines knorpeligen Endoskelets, das einerseits verschiedenen Muskeln, Muskelgruppen, Muskelhauten zur Anheftung, andererseits zum Schutze wichtiger Organe, vor allem der Centraltheile des Nervensystems und der Augen, dient. Von den verschiedenen, das Skelet bildenden Knorpeln ist allein der Kopfknorpel constant. a) Tetrabranchia (Nautilus). Nautilus besitzt nur den Kopfknorpel. Dieser ist annihernd X-formig, wobei man sich die Schenkel dick vorzustellen hat. Zwischen den Schenkeln der einen Hilfte des X liiuft der Oesophagus in die Hoéhe, wihrend diejenigen der anderen Hilfte den Trichter stiitzen und seinen Muskeln zum Ansatz dienen. Unter den Muskeln ist besonders hervorzuheben der grosse, paarige Schalenmuskel, welcher dem Columellarmuskel der ibrigen Mollusken entspricht.-Er-entspringt vom Kopf- knorpel und verlaiuft jederseits in jenes Verwachsungsband (Annulus) hinein, durch welches der Kérper des Nautilus mit der inneren Wand der Wohnkammer verbunden fSt (vergl. Fig. 42), um sich, wie dieses Band selbst, an die Schale anzuheften, an welcher er in der Loben- linie einen grossen Muskeleindruck zuriicklisst. Von den Seitenriindern des Kopfknorpels und besonders seines Trichtertheiles zieht jederseits ein breites Muskelband, der Musculus collaris, nach vorn, den »Halstheil* des Kérpers umegreifend, um sich am Nacken mit seinem Gegeniiber in der musculésen Nackenplatte zu vereinigen. Die Unterseite des Kopfknorpels dient der Musculatur der Tentakel zur Insertion. b) Dibran chia, Hier ist das Knorpelskelet viel reicher gegliedert, als bei Nautilus. Diese reichere Gliederung steht jedenfalls, zum Theil wenigstens, in ursichlichem Zusammenhang mit der innerhalb der Dibranchiaten er- folgenden Rudimentation der Schale. Flossen und mit ihnen Flossen- knorpel entwickeln sich z. B. nur bei Formen mit innerer, riickge- bildeter Schale. Der Kopfknorpel (Fig. 190) ist tiberall wohl entwickelt. Er um- schliesst alle rings um den Schlund zusammengedringten centralen Theile des Nervensystems und bildet somit eine hohle, ringférmige Kapsel, die vom Schlunde durchbohrt wird. Fortsitze dieser Kapsel helfen die Augen stiitzen und bilden zusammen mit selbstiindigen Augendeckel- knorpeln eine Art knorpelige Augenhéhle. An der Basis der vorderen Arme findet sich bei einigen Decapoden ein Armknorpel. Weiter sind Mollusea. Musculatur. 195 zu erwihnen bei den Decapoden die Knorpel der Mantelschliessapparate : der Nackenknorpel im Nacken und die Knorpe! des Schliess- apparates der Mantelhéhle, von denen friither schon die Rede war. Im Diaphragma, d. h. in der hinteren Wand des EHingeweide- sackes, tiber welche der Mantel herunterhangt und die Mantelhihle mit ihren Organen bedeckt, findet sich am Trichter bei Decapoden der Diaphragmaknorpel. Schhesslich ist noch des Riickenknorpels Erwahnung zu thun, der besonders bei Sepia stark entwickelt ist. Er legt an der Hinterseite des vorderen, auf den Nacken vorragenden Mantelsaumes und steht zu dem Nackenknorpel in einem ganz ahnlichen Verhiltniss, wie beim Schliessapparat der Mantelhéhle der Knorpelvor- sprung jederseits am Mantel zum napfférmigen Knorpel jederseits der Trichterbasis. Bei Sepia setzt er sich jederseits in einen Knorpelstab fort, welcher der rechten und linken Kante der Sepiaschale entlang auf- steigt. An der der Mittellinie zugekehrten Seite zeigen die Knorpel- stiibe eine Furche, in welche die Schalenkante hineinpasst; oder, mit anderen Worten, sie bilden eine Art Falz um die seitlichen Kanten des Sepiaschulpes herum. Die Autziihlung der Knorpel im Dibranchiaten- k6érper vervollstiindigen wir durch die Erwahnung der Knorpel, die bei Decapoden ganz allgemein an der Basis der Flossen liegen, der Flossenknorpel. Bei manchen Octopoden legt jederseits am Racken im Integumente ein festerer Streifen chitindser oder conchinartiger Natur. Diese Streifen wurden bis dahin durchweg als ,,Knorpel“ bezeichnet und mit den Riickenknorpelstiiben von Sepia verglichen. Jiingst angestellte Untersuchungen haben aber dargethan, dass sie einmal, wie gesagt, aus Chitin oder Conchin bestehen, dass sie zwei- tens wie die inneren Schalen der Deca- poden vom Epithel eines in paariger Anlage auftretenden Schalensackes abgesondert werden, mit anderen Worten, es sind die letzten Reste einer inneren Dibranchiatenschale, wie eine Fig. 190. Kopfknorpel von Sepia, solche in weniger rudimentirer Form VY" yorn d Centrale Oeffnung zum Durch- : ‘ oe : tritt des Schlundes, 2 Augendeckelknorpel, noch bei Cirroteuthis unter den 3 Raum fir das Auge, 4 knorpelige Ge- Octopoden vorkommt. horkapsel. Bei der Besprechung der Dibranchiatenmusculatur will ich die Musculatur des Mantels, der Flossen und der Arme nicht eingehend beschreiben. sondern nur erwiihnen, dass sich die Mantel- museulatur vorzugsweise an die Schale oder an den Riickenknorpel., die Flossenmusculatur an den Flossenknorpel, die Armmusculatur an die Vorderseite des Kopfknorpels und theilweise, wo ein solcher vor- handen ist, an den Armknorpel anheftet. Ueber die tibrige Musculatur wollen wir uns an der Hand einer schematischen Zeichnung (Fig. 191), die auf Grund einer Beschreibung der Enoploteuthismusculatur entworfen worden ist, orientiren. Der paarige, starke Depressor infundibuli, Herabzieher des Trichters (/), entspringt jederseits an der Schale (oder am Riicken- knorpel) und verliuft nach unten und hinten an die Basis des Trichters und zum Schliessknorpel. Er lefert den gréssten Theil der Muskeln der vorderen Trichterwand. Zusammen mit dem Depressor infundi- 13# 196 Erstes Kapitel. buli entspringt der paarige Retractor capitis lateralis (2), der in den Kopt verléuft und sich an den Kopfknorpel anheftet. Der Retractor capitis medianus (%), urspriinglich paarig. aber meist zu einem Muskel verschmelzend. entspringt an der Hinterseite (Innen- seite) der Schale und verliuft ebenfalls in den Kopf. wo er sich an den Kopftknorpel anheftet. A Cc & Zuniichst verschmelzen nun _ bei den Dibranchiaten die medianen Kopf- retractoren unter sich (Onychoteuthis), dann immer vollstiindiger auch mit den seitlichen Retractoren (Ommastrephes, Sepioteuthis, Loligo, Sepiola), so dass schliesslich (Sepia) die gesammte Schalenkoptmusculatur eine __ hinten oftene Muskelscheide bildet, welche den unteren, hauptsichlich von der Ver- dauungsdriise (Leber) erfiillten Theil der Eingeweidehiéhle umschliesst und als-musculése Leberkapsel be- zeichnet wird. ~Indem sich auch der Depressor infundibuli mit seinen vor- deren Riindern an den medialen und hinteren Rand der musculiésen Leber- kapsel anschliesst und mit ihr ver- wiichst, und indem er ferner zahl- reiche Muskeln in das Diaphragma ausstrahlen lisst und so das Dia- phragma musculare bildet, wird auch die hintere Liicke der musculisen / /| (\ \\ Leberkapsel ganzlich ausgefiillt. Fig. 191. Schematische Darstellung der wichtigsten Dibranchiaten- musculatur. Kérper von der linken Seite. v Ventral, d dorsal, a vorn, p hinten, 1 Depressor infundibuli, 2 Retractor capitis lateralis, @ Retractor capitis medianus, 4 Collaris, 6 Adductor infundibuli, 6 Schale, 7 Riickenknorpel, 8 Nackenknorpel, 9 Kopf- knorpel, 70 Mantelhohle, 27 Schliessknorpel an der hinteren Wand des Eingeweidesackes, 12 gegeniiberliegender Schliessknorpel an der Innenwand des Mantels, 73 Trichter (Infundi- bulum), 74 Diaphragmaknorpel. Die ganze musculése Leberkapsel, alle Muskeln, aus der sie her- vorgeht, also die Retractores capitis und Depressores infundibuli, diirften ohne Bedenken als Homologa der Columellarmuskeln der tibrigen Mollusken aufgefasst werden kénnen. Wie diese steigen sie yon der Schale oder Schalengegend zum Kopfe und zu Theilen des Fusses (Trichter) herunter. 3ei Spirula, dem einzigen noch heute lebenden Decapoden mit deutlich gekammerter, aber bereits fast ganz innerer Schale, heften sich die Depressores infundibuli und die Retractores capitis an die iussere Seite der letzten Schalenkammer an. Von weiteren Muskeln des Dibranchiatenkérpers sind noch zu er- wihnen die Adduectoren (4) des Trichters. Sie entspringen vom. Mollusca. Musculatur, Nervensystem. 197 Kopfknorpel und ziehen nach oben und hinten zum Trichter. Ein starker-Muskel ist schliesslich der Collaris (4), der aus der Trichter- wand rechts und links nach vorn zieht und sich an die Seitenriinder des Nackenknorpels anheftet. Bei den Octopoden und jenen Deca- poden (Sepiola, Sepiadarium, Idiosepius etc.), denen eine gelenkige Kopfnackenverbindung und mit ihr ein Nackenknorpel fehlt, zieht der Collaris ohne Unterbrechung sattelartig iiber den Nacken hinwee und bildet um den Halstheil des Korpers herum einen veschlossenen Ring. } Thatsichlich trifft diese Angabe fiir die genannten Decapoden ohne gelenkige Kopfnackenverbindung nicht ganz zu, indem bei Sepiola und ihren Verwandten noch 2 schmale Knorpelstreifen als Reste eines Nacken- knorpels vorkommen (Uebergangsform: Heteroteuthis mit V-férmigem Nackenknorpel); an diese Knorpelstiibe setzt sich jederseits der Collaris an, und zwischen denselben liegt eine abgegrenzte mediane Partie des Muskels, mehr eine Muskelhaut, die zum Theil mit dem Mantel ver- wiichst. XIII. Nervensystem. Als Einleitung diene das im Abschnitt I (p. 35) tiber das Nerven- system der Mollusken Gesagte. A. Amphineura. Die wichtigsten Eigenthtimlichkeiten des vergleichend-anatomisch bedeutungsvollen Nervensystems der Amphineuren lassen sich kurz dahin zusammenfassen : 1) Die Ganglienzellen finden sich nieht oder nicht bloss in Ganglienknoten logaltsirt, Wen Korper durrehzvehen yon yorn, nach hinten 4 Nervenstamme. Diese enthalten nicht nur Nervenfasern, sondern sind in ihrer ganzen Linge auch mit Ganglienzellen besetzt. Man kénnte sie also passender Markstimme nennen. Sie miissen zum Centralnervensystem: gerechnet werden. Von diesen 4 symmetrischen Markstiimmen verliuft ein Paar seitlich am Ko6rper, die Lateral- oder Pleurovisceralstimme, ein zweites Paar ventral am Koérper, die Fuss- oder Pedalstringe. Vorn vereinigt sich jederseits der Visceral- mit dem Pedalstrang, Die so jederseits vereinigten Liings- stimme stehen durch einen vor und tiber dem Schlunde quer ver- laufenden, ganglienzellenhaltigen Strang, den oberen Cerebralhalb- ring, in Verbindung. Die Pleurovisceralstimme gehen hinten tiber dem Enddarm schlingenférmig in einander iiber. Die Pedalstriinge stehen sowohl unter sich, als mit den Pleurovisceralstriingen durch Anastomosen in Verbindung, so dass das Nervensystem auffallend an das Strickleiternervensystem mancher Turbellarien und Trema- toden erinnert. a) Chitonidae (Fig. 192, 193, 66 und 272). Das Nervensystem von Chiton wurde der vorstehenden schematischen Darstellung zu Grunde gelegt. Die typischen Ganglien des Centralnervensystems der Mollusken sind hier in der That noch nicht als durch Commissural- und Con- 198 Erstes Kapitel. nectivneryen verbundene Knoten gesondert, sondern es sind — was wahrscheinlich als urspriingliches Verhalten aufzufassen ist — die Ganglienzellen gleichmissig auf die Connective und Commissuren ver- theilt, so dass der obere Schlundhalbri ing den Cerebralgan- glien mitsammt der sie verbindenden Com missur entspricht, und die Pedalstringe den ganzen centralen Theil des Fuss- nervensystems, die Pleurovisceralstrainge den centralen Theil des visceralen, pallialen und branchialen Nerven- systems enthalten. Wir wollen nun das Nervensystem der Chitonen etwas niher be- trachten und successive ins Auge fassen: 1) die Anordnung des Schlund- ringes und der Markstiimme, 2) die peripheren Ganglien, 3) die Nerven des Strickleiternervensystems, 4) die vom Centralnervensystem (Schlund- ring und Markstimme) abgehenden Nerven. 1) Form und Anordnung des Centralnervensystems. Der Visceralstrang zieht jederseits in der seitlichen Leibeswand iiber der Kiemenfurche nach hinten, um iiber dem After in den der anderen Seite iiberzugehen. Die Pedalstriainge verlaufen im dorsalen Theile der Fussmusculatur einander ziemlich genihert yon yvorn nach hinten, um am Anfang des Afterdarms zu endigen, ohne dass sie in ein- ander iibergehen. Der Schlundring besteht zunichst aus dem schon erwiihnten oberen Halbring, welcher in Folge der besonderen Gestalt des Chitonkérpers in derselben Ebene wie die beiden Visceralstringe liegt. Hinten theilt sich jeder Schenkel dieses Halbringes in den Pedal- und in den Pleurovisceralstrang der betreffenden Kérperseite. An der Stelle, wo der Pedalstrang aus dem oberen Schlundhalbring entspringt, spaltet sich von ihm mit verdickter Basis nach innen ein Strang ab, welcher sich hinter dem Munde mit seinem Gegeniiber zum unteren Schlundhalbring verbindet. Unterer und oberer Schlundhalbring bilden zusammen den geschlossenen Schlundring. Im oberen oder Cerebralhalbring lassen sich nach der Grup- pirung der Ganglienzellen 3 iiber einander liegende Portionen unterscheiden, eine dorsale, die iibergeht in die Pleurovisceralstriinge, eine mittlere, die sich in die Pedalstriinge fortsetzt, und eine ventrale, deren Fortsetzung der untere Schlundhalbring ist. Bei Chiton (Callochiton) rubicundus verdickt sich der obere Schlundhalbring rechts und links von der Medianlinie, so dass man hier schon von gesonderten Ganglienknoten (Cerebralganglien?) reden kann. 2) Ausser diesem centralen Nervensystem existiren noch peri- phere Ganglien, die mit ihm durch Nerven (Strange, die nur aus Nervenfasern bestehen) verbunden sind. a) Die Buccalganglien stehen je durch ein Connectiv mit dem verdickten Theile des unteren Schlundhalbringes in Verbindung. Sie liegen vor den Speicheldriisen dem Darmkanale auf und sind durch eine vordere und eine hintere Commissur verbunden; Commissuren und Gan- glien zusammen umfassen als Buccalring den Vorderdarm. Da auch in diesen Commissuren sich Ganglienzellen finden, besitzt der Buccalring den Charakter eines Markstranges. Bei einzelnen Arten (z. B. Chiton rubicundus) gliedert sich der Buccalring in eine Reihe (5) gesonderter Ganglien. Das Buccalnervensystem innervirt den Vorderarm und seine Anhangsgebilde. Mollusca. Nervensystem. 1199) b) Aus dem unteren Schlundhalbring entspringt gegeniiber den Buccal- connectiven und am Hinterrande des Halbringes jederseits ein Nery, der zu den beiden Subradularganglien geht, die in dem unter der Radula liegenden Subradularorgan sich finden. Beide Ganglien sind durch eine kurze Commissur verbunden. eee os sy bie PR lawton 5.) { 3 Fig. 192. Nervensystem von Chiton siculus, nach BELA HALLER, 1882. Auf der rechten Seite der Mantel entfernt. In der Mitte und links der obere Theil des Fusses weggetragen, um das Fussneryensystem blosszulegen. # Fuss, K letzte Kieme, A After, O obere, U untere Hiilfte des Schlundringes, 7 und 2 Nerven des Schlundringes, c Connectiy zu den yorderen Eingeweideganglien, Connectiy zu den Ganglien des Sub- radularorganes n, Hs Pleurovisceral- und Pedalstriinge, mn Magennery, So Ansatzstelle des Sphincter oris, n, n,, m, Nierennerven, m Mantelnerven, p (rechts unten in der Figur) Herzneryen, v ein dorsaler Nery eines Pedalstranges. Man sieht die Commissuren zwischen den Pedalstriingen und die von letzteren nach aussen abgehenden Nervyen. Was den Schlundring und die yon ihm abgehenden Nerven anbetrifft, vergleiche Fig. 195, die auf neueren Untersuchungen basirt. 200 Erstes Kapitel. Besondere Magenganglien, wie sie friiher beschrieben wurden, scheinen, wie wenigstens fiir eine grosse Zahl von Arten festgestellt werden konnte, nicht vorzukommen. 3) Die Nerven des Strickleiternervensystems. Die beiden Pedalstringe stehen in ihrer ganzen Linge durch anastomosirende Commissuren in Verbindung, von denen aber keine Nerven an die Fuss- musculatur abgehen. Bei zahlreichen Arten stehen auch die Pleurovis- ceralstrange mit den Pedalstriingen durch zahlreiche Connective im Zu- sammenhange; andere Chitonarten entbehren dieser Verbindungen voll- stiindig oder besitzen sie nur in sehr reducirter Anzahl. 4) Die vom Centralnervensystem abgehenden Nerven. a) Nerven desSchlundringes. Zahlreiche Nerven entspringen aus dem oberen oder cerebralen Theile des Schlundringes und innerviren den Kopftheil des Mantels, die Schnauze, die Oberlippe, die Unterlippe, Vig. 193. WVorderer Theil des Nervensystems von Acanthopleura echi- nata, schematisch, nach PLATE, Anat. Chit., 1897. 2 Cerebralhalbring, 2 Buccalconnectiv, 8 Subradularconnectiv, 4 Pedalstrang, 5 Pleurovisceralstrang, 6 untere Hiilfte des Schlund- fod ringes, 7 Bueccalganglion. vielleicht auch einen Theil der Buccalmusculatur. Der untere Theil des Schlundringes giebt ausser den Connectiven zu den Buccal- und Sub- radularganglien aus seinem Mittelstiick noch eine Reihe zur hinteren Seite des Mundrohres verlaufende Nerven ab. b) Nerven der Pleurovisceralstrange. Jeder Pleuro- visceralstrang giebt an jede Kieme 2 Nerven ab. Ausserdem entspringen aus den Visceralstriingen zahlreiche Mantelnerven und nach dem Riicken zu verlaufende Nerven, die zum Theil unter, zum Theil tiber den Schalen- stiicken hinziehen; die unteren gehen wahrscheinlich auch zu den Nieren, Mollusca. Nervensystem. 201 zum Herzen und zu den Geschlechtsorganen, die oberen zu den Aestheten, einem Theile der Schalenmusculatur ete. c) Nerven der Pedalstringe. Die Pedalstringe entsenden jederseits nach aussen eine Reihe von Nerven zur lateralen Korpermuscu- latur, besonders zahlreiche Nerven aber /faussere und innere Fussnerven) nach unten in die Fussmusculatur. Diese Fussnerven veriisteln sich er- heblich und bilden, mit einander anastomosirend, ein wahres Nervennetz- werk im Fusse. b) Solenogastres. Das Centralnervensystem der Solenogastren unterscheidet sich von demjenigen der Chitonen vornehmlich durch die Tendenz zur Bildung von Ganglienknoten, wobei aber trotzdem die Pedal- und Pleurovisceralstrange in ihrer ganzen Linge ihren Besatz mit Ganglienzellen beibehalten. Diese 4 Lingsstimme lassen sich ohne Schwierigkeit auf die entsprechenden Bildungen bei Chiton beziehen. Die lateralen Pleurovis- ceralstriinge sind auch bei den Aplacophoren tiber dem Enddarm durch eine ganglidse Commissur verbunden. Pleurovisceral- und Pedalstriinge hiingen unter sich durch zahl- reiche Connective, die Pedalstringe unter sich durch viele Commissuren zusammen. Anschwellungen in Form besonderer Gan- glien treten namentlich am Vorder- und Hinterende der Liingsstimme auf. An Stelle des einheitlichen Schlund- ringes von Chiton findet sich eine Reihe von Ganglien, die durch Connective und (grossentheils ganglidse) Commissuren ver- bunden sind. Dorsal legen, in der Mittel- linie verschmolzen, 2 Cerebralgan- glien; von ihnen gehen die Lingsstiimme entweder mit gemeinsamer Wurzel ab, und es treten alsdann an der Trennungsstelle als vordere Anschwellungen der lateralen Stimme die vorderen Seiten- oder Pleurovisceralganglien auf (Typus Neomenia, Fig. 194) oder aber, und dies ist das hiiufigere Verhalten, die Connective zu den Pedalstrangen, resp. zu den 2 vorderen Pedalganglien entspringen direct von den Cerebralganglien. Hine Fig. 194. Nervensystem von Neomenia carinata, schematisch, nach WIREN, 1893. 1 Cerebralganglien, 2 vorderes Seitenganglion, 3 yorderes Pedalganglion, 4 Pleuro- visceralstrang, 5 Pedalstrang. starke Commissur, die itibrigens mehrfach sein kann, verbindet die 2 vorderen Pedalganglien, und diese sind wiederum mit den Pleuro- visceralstringen in der Mehrzahl der Fille durch Connective (hiutig jederseits mehrere) im Zusammenhange. Die Commissur zwischen den beiden vorderen Pedalganglien diirfte der ventralen Hilfte des Schlundringes yon Chiton entsprechen. 202 Erstes Kapitel. Jederseits entspringt von den Cerebralganglien ein Nery, der zu einem jederseits unter dem Pharynx, hinter der Radulascheide ge- legenen Ganglion, dem Sublingual- oder Buccalgan glion, fihrt, das mit seinem Gegeniiber durch eine kurze Quercommissur verbunden ist. Diese Sublingualganglien entsprechen wahrscheinlich den Bucecal- ganglien von Chiton. Sie innerviren den Vorderdarm. Von dem gegebenen Schema weicht der Bau des Nervensystems bei den einzelnen Formen der Solenogastres in diesem oder jenem Punkte ab: wir wollen einige Beispiele herausgreifen. 1) Proneomenia Sluiteri (Langi) (Fig. 195). Hier treten am Hinterende der lateralen Markstamme 3 Paar Visceralganglien auf, die durch iiber dem Enddarm verlaufende Striinge verbunden sind. Be- sondere vordere Pleurovisceralganglien kommen nicht vor. Die Connec- tive und Commissuren der 4 Liingsstiimme ziehen nicht ununterbrochen von einem Markstrang zum anderen. MM, ’ ‘ rd '9 10 " aQe--e Fig. 195. Nervensystem von Proneomenia Sluiteri (P. Langi), Original- zeichnung von J. HEUSCHER, 1892 (1893). 1 Cerebralganglien, 2 Pleurovisceralstriinge, 8, 4, 5 hintere Ganglien der Pleurovisceralstiiinge, 6 Sublingualganglien, 7 vordere Pedal- gsanglien, 8 rechter Pedalstrang, 9 linker Pedalstrang, 10, 11 starke hintere Commissuren zwischen den Pedalstriingen, 12 vordere Pedalcommissur, 13 Sublingualcommissur, 2) Dondersia ist besonders deshalb bemerkenswerth, weil bei dieser Form die Pedalstriinge in regelmissigen Abstiinden, und besonders deutlich im vorderen Kérpertheil, zu Ganglienknoten anschwellen. Die ebenso regelmiissig sich wiederholenden Quercommissuren zwischen den Pedalstringen und die Connective zwischen Pedal- und Visceralstringen gehen von diesen Ganglienknoten ab. 3) Bei Chaetoderma sind die Connective zwischen den Pleuro- visceral- und den Pedalstriingen und ebenso die Commissuren zwischen 2 3 4 ~ Fig. 196. Nervensystem von Chaetoderma nitidulum, schematisch, nach WIREN, 1892. 1 Cerebralganglien, 2 vorderes Seitenganglion, # Pleurovisceralstrang, iiber dem Enddarm gelegene Commissur der vereinigten Pleurovisceral- und Pedalstringe, VA 4 5 Commissur derselben Stringe unter dem Darme, 6 Pedalstrang, 7 Sublingualganglion. Mollusca. Nervensystem. 203 den letzteren auf die vordersten Abschnitte beschrankt. Hinten verbinden sich jederseits Pedal- und Visceralstrang zu einem gemeinsamen Strange, der iiber der Kloake mit dem der gegeniiberliegenden Seite verbunden ist; ausserdem kommt auch an dieser Stelle eine Verbindung unter dem Darm vor, so dass der Enddarm von einem Nervenring umfasst wird (Fig. 196). B. Gastropoda. Das Nervensystem der Gastropoden ist vergleichend-anatomisch in hohem Grade interessant. Was ihm dieses hohe Interesse verleiht, ist, um es hier gleich zu sagen, die bei allen Prosobranchiern und auch bei den primitivsten Formen der Opistho- branchier und Pulmonaten bestehende Kreuzung der Pleuro- visceralconnective, welche in diesem Abschnitt eingehender be- sprochen werden soll. Typisch besteht das Gastropodennervensystem aus jenen Theilen, die wir grésstentheils schon bei der Darstellung der schematischen Molluskenorganisation erwihnt haben, némlich : 1) Zwei Cerebralganglien neben oder iiber dem Schlunde, die mit eimander durch eine Cerebralcommissur verbunden sind. 2) Zwei Pedalganglien unter dem Schlunde, die mit einander durch eine quere Pedalcommissur und mit den Cerebralganglien durch 2 Cerebropedalconnective verbunden sind. Die Cerebralganglien und Pedalganglien mit den zugehérigen Com- missuren und Connectiven bilden zusammen einen den Schlund umgeben- den Ring, der dem Schlundring der Annulaten und Arthropoden ver- eleichbar ist. 3) Zwei Pleural- oder Pallialganglien (zwischen Cerebral- und Pedalganglien), die mit den Cerebralganglien durch 2 Cerebro- pleural-, mit den Pedalganglien durch 2 Pleuropedalconnective zusammenhiingen. 4) Ein einfaches oder mehrfaches, unter dem Darme _ liegendes Visceralganglion, welches mit den Pleuralganglien durch 2 Pleurovisceralconnective verbunden ist. 5) Im Verlaufe eines jeden Pleurovisceralconnectives tritt fast immer ein Ganglion auf. Diese Ganglien mégen als Parietalganglien be- zeichnet werden. Das Parietalganglion theilt das Pleurovisceralconnectiv in 2 Theile, ein vorderes, das Pleuroparietalconnectiyv, und ein hinteres, das Visceroparietalconnectiv. Die Cerebral-, Pedal- und Pleuralganglien sind mit zu vernach- lissigenden Ausnahmen bei allen Gastropoden symmetrisch zur Median- ebene angeordnet. Fiir die Pleurovisceralconnective und ihre Ganglien jedoch lasst sich dies nur bei einem Theile der Gastropoden sagen. Die Pleurovisceralconnective mit ihren Ganglien sind in der That nur bei der tiberwiegenden Mehrzahl der Opisthobranchier (inel, Pteropoden) und der Pulmonaten in dem Sinne symmetrisch, dass das rechte Connectiv mit seinem Ganglion ganz auf der rechten, das linke ganz auf der linken Seite des Thieres liegt. Die Opisthobranchier und Pulmonaten sind im Allgemeinen euthyneure Gastropoden. Bei den Prosobranchiern sind die Pleurovisceralconnective in dem Sinne asymmetrisch angeordnet, dass sie einander kreuzen, und zwar derart, dass das vom rechten Pleuralganglion entspringende Con- 204 Erstes Kapitel. nectiv tiiber den Darm hinweg auf die linke Seite hiniiberzieht, bevor es das Visceralganglion erreicht, wihrend umgekehrt das vom linken Pleuralganglion ausgehende Connectiv unter dem Darm hinweg nach der rechten Seite hin verliuft. In Folge dieser Kreuzung wird das Parietalganglion des vom rechten Pleuralganglion stammenden Connectives zu einem Supraintestinalgan- elion — es liegt auf der linken Seite und das Parietalgan- elion des yom linken Pleuralganglion kommenden Con- nectives wird zum Subintestinalganglion — es liegt auf der rechten Seite. — Die Prosobranchier sind streptoneure Ga- stropoden. Innervationsgebiete der verschiedenen Ganglien. 1) Die Cerebralganglien innerviren die Augen, die Ge- hérorgane, die Tentakeln, die Schnauze oder den Riissel. die Lippen, die Bewegungsmuskeln des Riissels und der Buccalmasse und die an der Basis der Schnauze legende Koérper- wand. Auch dann, wenn die Gehérorgane in unmittelbarer Nahe der Pedalganglien sich befinden oder ihnen sogar (licht anliegen, erhalten sie ihren Nerven vom Cerebral- und nicht vom Pedalganglion. 2) Die Pedalganglien liefern die Nerven fiir die Museulatur des Fusses und eelegentlich (Patella) auch des Spindelmuskels. 3) Die Pleur ale anelien innerviren besonders den Mantel, den Spindelmuskel und die hinter dem Kopf legende Leibes- wand. 4) Die Parietalganglien liefern die Nerven fiir die Ctenidien (Kiemen), das Osphradiu m und theilweise auch fiir den Mantel. 3ei den meisten Euthyneuren, besonders den Pulmonaten, senden die Pleuralganglien keine Nerven mehr in den Mantel; es sind die Parietal- ganglien, welche hier diese Innervation tibernehmen. 5) Die Visceralganglien innerviren die Eingeweide. Auch die Connective und Commissuren kénnen Neryen abgeben, die zum Innervationsgebiet der benachbarten Ganglien gehéren. 6) Die weiter unten zu besprechenden B uccalgan: o lien inner- viren die Muskeln des Pharynx, die Speicheldriisen, den Oesophagus, die vordere Aorta ete. Vergleichen wir das typische Nervensystem der Gastropoden mit demjenigen der Amphineuren, so ergeben sich folgende Homologien: 1) Die Cerebralganglien der Gastropoden entsprechen dem Schlund- ringe von Chiton mit Ausnahme des mittleren Stiickes seiner unteren Halfte; sie entsprechen den Cerebralganglien der Solenogastres. 2) Die Pedalganglien der Gastropoden entsprechen den zu je einem Ganglion concentrirten Pedalstriangen der Amphineuren. Sehr in- structiv sind in dieser Beziehung die Diotocardier, d. h. die urspriinglicheren Prosobranchjer, indem sich bei diesen die Pedalganglien nach hinten in 2 aichte, wie bei den Amphineuren durch Quercommissuren verbundene Pedalstringe fortsetzen. Schwieriger gestaltet sich ein Vergleich der Pleural-, Parietal- und Visceralganglien der Gastropoden. Am meisten berechtigt erscheint die Mollusca. Nervensystem, 205 Autfassung, dass dieser ganze Gangliencomplex mitsammt seinen Connec- tiven den Pleurovisceralstrangen von Chiton entspricht. Der Innervations- bezirk ist identisch: Mantel, Ctenidien, Osphradien (Chiton ?), Eingeweide. Ist diese Auffassung richtig, so hat man sich 3) die Pleuralganglien so entstanden zu denken, dass sich der palliale Ganglienzellentheil der Pleurovisceralstriinge von Chiton auf ihr vorderes Ende, da wo sie aus dem Schlundring entspringen, zu einem Ganglion concentrirt hat, welches noch dem Seitentheil des Schlundringes angehort. Weichen nun die beiden Theile jeder Schlundringseite, der cerebro- pedale und der pleurale, auseinander, wobei zugleich am Schlundring die Cerebral- und Pedalganglien stiirker als solche sich individualisiren, so kommt jederseits ein doppeltes Cerebropedalconnectiv zu Stande. Das eine zeigt in seinem Verlaufe kein Ganglion — es ist das wahre Cerebropedal- connectiv der Gastropoden. In den Verlauf des zweiten aber ist das Pleuralganglion eingeschaltet, aus welchem immer noch die Visceral- striinge entspringen und welches dieses zweite Connectiy in ein Cerebro- pleural- und in ein Pleuropedalconnectiv zerlest. 4) Chiton hat zahlreiche Kiemen jederseits, von denen jede 2 Nerven aus dem nahen Pleurovisceralstrange bezieht. Die Gastropoden haben héchstens 2 Kiemen, eine rechte und eine linke. Dem entsprechend diirfte sich der den Kiemennerven zukommende Antheil Ganglienzellen der Pleurovisceralstriinge jederseits auf ein zu einer Kieme gehériges Gan- glion reducirt haben. Entstehung der Parietalganglien. Der zwischen dem Pleural- und dem Parietalganglion gelegene Theil eines jeden Pleuro- visceralstranges wird zu einem ganglienzellenlosen Pleuroparietal- connectiv. 5) Fiir das oder die Visceralganglien der Gastropoden existirt bei Chiton kein Homologon, und hierin besteht die grisste Schwierigkeit des Vergleiches. Bei den Amphineuren gehen die Pleurovisceralstringe hinten tiber dem Darm in einander iiber; bei allen iibrigen Mollusken liegt diese Verbindungsstelle (eben das Visceralganglion) unter dem Darm. Bemerkenswerth ist das Verhalten von Proneomenia, wo sich diese hinteren Commissuren zwischen den Pleurovisceralstriingen nur als starker entwickelter Theil eines alleemeinen Commissurensystems darstellen. Dieser Vergleich des Gastropodennervensystems mit demjenigen von Chiton erscheint gegenwirtig um so begriindeter, weil bei Lottia unter den Docoglossen (siehe unten) eine Form des Nervensystems aufgefunden wurde, die noch lebhaft an diejenige bei Chiton erinnert, insofern hier die Pleuralganglen Nervenstamme entsenden, die Ganglienzellen enthalten und hinten in einander iibergehen, somit also ganz das Verhalten der Pleurovisceralstriinge der Placophoren zeigen; freilich hat sich bei Lottia der viscerale Theil bereits gesondert und tritt wie bei den anderen Prosobranchiern in Form eines unter dem Darm gelegenen Visceral- ganglions auf, das mit den Pleuralganglien durch gekreuzte Connective verbunden ist. Neben der oben gegebenen Ansicht tiber den Zusammenhang des Amphineuren- und Gastropodennervensystems wollen wir noch einer anderen Auffassung Erwihnung thun, die schon lange von einer Anzahl Forscher getheilt wird, die aber neuerdings durch Untersuchung des Nervensystems von Pleurotomaria, wohl dem iltesten Vertreter der heute lebenden Gastropoden, neue Beleuchtung erfahren hat. Diese Auf- fassung stimmt mit der vorgetragenen darin iiberein, dass die Pleuro- 206 Erstes Kapitel. visceralstrange der Chitonen sowohl dem pleuralen wie dem _ parieto- visceralen Theil des Gastropodennervensystems homolog zu setzen sind; sie weicht aber von ihr ab, soweit die Genese der Pleuralganglien der Gastropoden in Betracht kommt. Es sollen nimlich bei den Urgastro- poden die Pleurovisceralstriinge nach Sonderung des visceralen Theiles mit den Pedalstriingen verschmolzen sein, so dass die Pedalstriinge der urspriinglichen Prosobranchier gemischter Natur wiren und aus einem eigentlich pedalen und einem pleuralen Theile bestanden. In der That sind gerade bei den Diotocardiern die Pleuralganglien den Pedalganglien dicht anliegend, und an den Pedalstriingen selbst lasst sich in einzelnen Fiillen eine Furche nachweisen, die den pedalen und pleuralen Abschnitt trennen soll. Erst nachtriiglich haben sich alsdann nach dieser zuletzt vorgetragenen Ansicht eigentliche Pleuralganglien gesondert, und an den Pedalstriingen resp. den Pedalganglien ist ferner der pleurale und der pedale Antheil innig verschmolzen. Das Nervensystem von Pleuro- tomaria zeigt nun tiberhaupt keine gesonderten Pleuralganglien; die Visceralconnective gehen von den Cerebropleuropedalconnectiven in der Nihe der Cerebralganglien ab; die Trennungsfurche an den Pedal- striingen ist sehr deutlich. Pleurotomaria wiirde also in der That eine Uebergangsform, wie sie von der letzterwihnten Ansicht gefordert wird, darbieten. Gegen diese zweite Auffassung sind friither schon eine Reihe ge- wichtiger Einwiinde ins Feld gefiihrt worden, und auch diese jiingste Untersuchung des Pleurotomaria-Nervensystems klirt die strittigen Punkte wohl nicht endgiiltig ab, namentlich insofern der Ursprung und der Ver- lauf der eigentlichen Mantelnerven, die ja von dem pleuralen Abschnitte des Nervensystems abgehen miissen, nicht demonstrirt werden konnte. Wichtig ist diese Streitfrage vor allem auch fir die Beurtheilung der Natur des Epipodiums, das nicht als Theil des Fusses, sondern als Theil des Mantels betrachtet werden muss, wenn man annimmt, dass die Pedalstriinge der Diotocardier eigentlich Pleuropedalstringe sind; denn die zum Epipodium gehenden Nerven stammen hauptsichlich von dem als pleural gedeuteten Abschnitte dieser Striinge. Entstehung der Kreuzung der Pleurovisceralconnective (Chiastoneurie) (Fig. 197—200). Die merkwiitdige Chiastoneurie der Prosobranchier hat verschiedene Erklirungsversuche hervorgerufen, von denen hier einer, der, wenn auch nicht ganz, so doch in hohem Maasse befriedigt, dargelegt werden soll. Wir miissen von einer supponirten Stammform ausgehen, die voll- stiindig, auch im Nervensystem, symmetrisch war und etwa die Organi- sation unseres schematischen Urmolluskes besass. Diese Organisation stimmmt in den meisten wichtigen Punkten mit der der heutigen Chitonen sehr tiberein. Doch haben wir uns vorzustellen, dass hinten jederseits nur eine Kieme vorhanden ist. Es ist ferner im Auge zu behalten, dass die Parietalganglien «ie Kiemen und das Osphradium innerviren, dass sie also innig an diese Organe gekniipft sind. Die Gastropodenstammform mag yon einem schmalen Mantelsaum umsiiumt gewesen sein, der nur hinten breiter war, d.h. hier eine etwas tiefere Mantelhéhle bedeckte, welche den pallialen Organ- Mollusca. Nervensystem. 207 complex barg: in der Mittellinie den After, rechts und links davon das Ctenidium mit dem Osphradium, zwischen Ctenidium und After jederseits die Nephridialéffnuneg. Lassen wir jetzt diesen pallialen Organcomplex seine Lage ver- aéndern und von hinten der rechtsseitigen Mantelfurche entlang allmih- lich nach vorn sich verschieben, so zieht jedes Ctenidium sein Parietalganglion mit sich. Mit der Verschiebung des_pallialen Complexes verschiebt sich auch das Herz und seine beiden Vorhéfe, die an die Ctenidien gebunden sind. Hig. 197. Fig. 198. Fig. 200. “UilPor Fig. 197, 198, 199, 200. Schematische Figuren zur Veranschaulichung der Verlagerung des Pallialcomplexes von hinten nach vorn, der rechten Koérperseite entlang. Ausbildung der Chiastoneurie. Bedeutung der Buch- stabenbezeichnungen wie in Fig. 51 und 53. 2O8 Erstes Kapitel. Wenn der palliale Organcomplex auf der rechten Seite noch wenig weit nach vorn geriickt ist, so sind die Pleurovisceralconnective noch nicht gekreuzt, sondern nur auf die rechte Seite verschoben (Fig. 198). Auf diesem Stadium stehen (doch nur scheinbar) die Tectibranchier unter den QOpisthobranchiern, nur dass sie das urspriinglich linke Ctenidium und damit auch den urspriinglich linken Vorhot des Herzens. verloren haben. Geht nun die Verschiebung weiter, schiebt sich der palliale Com- plex, immer in der Mantelfurche, ganz nach vorn (Fig. 199, 200), bis er schliesslich vorn tiber und hinter dem Nacken, wieder sym- metrisch zu liegen kommt, so liegt dann das urspriinglich linke Ctenidium rechts, das urspriinglich rechte Ctenidium links in der vorderstiindigen Mantelhéhle. Das urspriinglich rechte Ctenidium aber hat dabei sein Parietalganglion iiber den Darm hinweg auf die linke Seite hiniibergezogen. Letzteres wird zum Supraintestinalgan elion. Das urspriinglich linke Ctenidium hingegen hat sein Parietalganglion unter dem Darm hinweg auf die rechte Seite hiniibergezogen. c0 ist aus diesem Ganglion das Subintestinalganglion eeworden. Die Connective, in denen diese Ganglien legen, die Pleurovisceral- connective, kreuzen sich jetzt; die Chiastoneurie ist gebildet. Das Visceralganglion, in welches die beiden Connective hinten einmiinden, liegt nach wie vor unter dem Darme. Es braucht nicht noch besonders betont zu werden, dass die In- version auch das Herz mit semen Vorkammern, die Osphradien und die Nephridialéffnungen betrifft. Wenn nun auch die Erklirung der Chiastoneurie durch die be- sprochene Verschiebung des pallialen Organcomplexes befriedigt, so ist dabei doch sofort zu betonen, dass die Verschiebung selbst vor der Hand nicht erklirt ist. Es miisste die Ursache, der Grund der Ver- schiebung nachgewiesen werden (vergl. Abschnitt XIV). Was dann das Verhalten der Euthyneuren (Opisthobranchier und Pulmonaten) anbetrifft, so galt noch bis vor wenigen Jahren als sicher, dass bei ihnen die Chiastoneurie vollkommen fehle, und man konnte dies damit erkliiren, dass hier der Pallialcomplex sich nirgends eanz nach yorn yerschoben, dass das urspriinglich rechte Ctenidium B. niemals vorn die Medianlinie iiberschritten habe. Thatsichlich ist nun aber durch neuere Untersuchungen dargethan worden, dass sich bei sehr alten Formen der Euthyneuren (Actaeon unter den Tectibranchiern, Chilinavunter den ewe monaten) eine richtige Kreuzung der Pleurovisceral- connective gleich wie bei den Streptoneuren (Proso- branchiern) findet. Die Opisthobranchier und Pulmonaten werden deshalb wohl mit Recht von prosobranchiaten Vorfahren abgeleitet ; ihr Pallialeomplex hat sich, nachdem im Nervensystem bereits das Endstadium der Chiastoneurie erreicht worden war, wieder von vorn lings der rechten Seite nach hinten verschoben, d.h. er hat denselben Verschiebungsprocess (Torsion), der eben geschildert worden ist, nachtriglich im entgegengesetzten Sinne durchgemacht (Vorgang der Detorsion). Da diese Riickverschiebung meist eine mehr oder weniger unyollstiindige ist, kommt es dazu, dass in den meisten Fallen ein Stadium vorliegt, das einer der in Fig. 198 oder 199 dargestellten Zwischenetappen des primiiren Torsionsprocesses entspricht. Dabei ist zu beachten, dass schon vor der Detorsion die urspriinglich linke Mollusca. Nervensystem. 209 Hiilfte des Pallialcomplexes (die rechte bei den Streptoneuren) verloren egegangen war. Specielles tiiber das Nervensystem der Gastropoden. I. Prosobranchia. a) Diotocardia. Diese bilden die urspriing- lichste Gruppe der Gastropoden. Die Ganglen sind noch nicht scharf abgegrenzt, hierin erinnern sie noch an die Amphineuren. Rhipidoglossa. Die Gehirnganglien sind durch eine vorn tiber den Pharynx verlaufende, lange Cerebralcommissur und durch eine vorn unter dem Schlunde verlaufende Labialecommissur ver- bunden. Die nicht scharf gesonderten Buccalganglien bilden zu- sammen eine hufeisenférmige Figur und sind jederseits durch ein Con- nectiv mit der verdickten Wurzel der Labialcommissur verbunden. Die Pleuralganglien liegen den Pedalganglien dicht an, so dass gesonderte Pleuropedalconnective nicht zu unterscheiden sind. Die Pedalcommissur ist sehr kurz und enthalt Ganglienzellen. Von den beiden Pedalganglien entspringen 2 lange, im Fuss nach hinten ziehende Pedalstringe, welche in ihrer ganzen Linge Ganglienzellen enthalten und durch Quercommissuren verbunden sind. Diese Pedalstrange mit ihren Quercommissuren weisen also dieselben Verhialtnisse wie bei den Amphineuren auf. Die Pedalstringe imnerviren die Musculatur des Fusses und das Epipodium. Es findet sich gewéhnlich nur ein nicht scharf abgegrenztes Visceralganglion, welches mit den Pleuralganglien durch 2 in typischer Weise gekreuzte Pleurovisceralconnective in Verbindung steht. Nur bei Fissurella findet sich ein in das _ supraintestinale Pleurovisceralconnectiv eingeschaltetes Supraintestinalganglion. Sonst findet sich bei den Rhipidoglossen an der Stelle, wo der starke Kiemennerv von dem Pleurovisceralconnectiv abgeht, kein Ganglion. Dagegen bildet dieser Nerv ein Ganglion dicht unter dem Osphradium, an der Kiemenbasis, das Branchialganglion. Wo jederseits ein Ctenidium oder auch bloss ein Osphradium vorhanden ist, findet sich jederseits ein Branchialganglion; wo nur die linke (wr) Kieme sich erhiilt (Turbiniden, Trochiden), findet sich nur das linke Branchialganglion. Da im Allgemeinen den Diotocardiern Parietalganglien, den Monoto- eardiern aber Branchialganglien fehlen, so hat man auch die Branchial- ganglien der Diotocardier als von der Pleurovisceralcommissur weg- und an die Kiemenbasis geriickte Intestinalganglien betrachtet, eine Auf- fassung, fiir die Manches spricht. Da indessen Fissurella sowohl ein Supraintestinal-, als ein linkes Branchialganglion besitzt, so miisste man annehmen, dass sich hier ein urspriinglich einheitliches Ganglion in zwei getheilt habe. Immer steht der symmetrische Mantelnerv (derjenige, der aus dem Pleuralganglion entspringt) mit dem asymmetrischen Mantel- nerven (der aus dem Parietalganglion der betreffenden Seite oder aus dem Pleuroparietalconnectivy entspringt) der namlichen Kérperseite durch eine Mantelanastomose in Verbindung. Das Nervensystem von Pleurotomaria (siehe auch oben p. 205) weicht von dem der itibrigen Diotocardier insofern ab, als distincte Pleuralganglien nicht nachzuweisen sind und die (ebenfalls gekreuzten) Pleurovisceraleonnective von den Cerebropleuropedalconnectiven abgehen. Die Neritidae und Helicinidae zeigen in ihrem Nervensystem ein Verhalten, das dem der anderen Rhipidoglossen im Allgemeinen voll- Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl. 14. 210 Erstes Kapitel. kommen entspricht. Mit der in neuerer Zeit erfolgten Auffindung des supraintestinalen Pleurovisceralconnectives (bei den Neritiden) ist der Beweis erbracht, dass auch diese Prosobranchier chiastoneur sind. Zu- gleich ist damit das Vor- i kommen der Chiasto- neurie fiir simmtliche Gruppen der Vorder- kiemer erwiesen. Docoglossa. Das Nervensystem der Do- coglossen zeigt in man- cher Hinsicht noch ur- spriinglichere Ziige als das der Rhipidoglossen, so vor allem durch die starke Ausbildung der Mantelnerven, die bei den Acmaeiden (Lot- tia, Fig. 201) eigent- liche, Ganglienzellen enthaltende Mark- striinge, darstellen und dadurch, dass sie sich hinten vereinigen, einen Mantelringnerv bilden. Sie erinnern so und im Weiteren auch deshalb, weil sie stel- lenweise Verbindungen mit den Pedalstrangen zeigen, an die Pleuro- visceralstriinge der Am- phineuren. Sie wiirden diesen mit Abzug des visceralen Klementes, das hier in Form der ge- kreuzten Pleurovisce- ralconnective mit ihren Ganglien auftritt, ent- sprechen. Fig. 201. Nervensystem von Lottia viridula, nach Hatter, 1894. 7 Cerebral- commissur, 2 Cerebralganglion, 3 Buccalganglion, 4 Otocyste, 5 Subintestinalganglion, 6 Visceralganglion, 7 Pedalstrang, 8 Mantelrandnery, 9 Supraintestinalganglion, 10 Pleural- ganglion, 77 Subradularganglion (?). Bei Acmaea fragilis (Fig. 202), deren Nervensystem iibrigens in manchen Punkten stark vom gewéhnlichen Verhalten abweicht, sind die Mantelnerven in sehr complicirter Weise entwickelt. Besser als mit Worten lisst sich dies durch die Abbildung darstellen. Die Pallial- nerven zeigen jedoch nicht mehr den Charakter von Markstrangen, da ihnen der Ganglienzellenbelag fehlt. Letzteres gilt auch fiir Patella Mollusca. Nervensystem. AL (Fig. 203). Im Uebrigen ist das Nervensystem der Docoglossen dem der Rhipidoglossen thnlich, nur dass Mantelanastomosen zwischen den aus den Pleuralganglien und den aus den Parietalganglien entspringenden Nerven fehlen. Supra- und Subintestinalganglien sind vorhanden. Bei Patella wird das Pleuralganglion vom Pedalganglion durch ein deutliches Pleuropedalconnectiy getrennt. Fig. 202. Nervensystem von Acmaea fra- gilis, nach WiLuLcox, 1898. i Tentakelnerv, 2 Augennery, 3 Pedalganglion, 4 rechtes Pleuralganglion, 5 linker Osphradialnery, 6 Visceralconnectiy, 7 Pedal- strang, 8 linkes Osphradialganglion, 9 Kiemennery, 10 Bucealeonnectiy, 12 Cerebralganglion, 12 Mantel- randnery. Fig. 203. Nervensystem von Patella. Die Figur ist nach Zeichnungen von PELSENEER, Epipod., 1888, und Bouvier, 1887, combinirt. 7 Cerebralganglion, 2? Cerebral- commissur, 3 Labialganglion, 4 Bucealganglion, 5 Cerebropleuralconnectiy, 6 Cerebropedal- connectiv, 7 Nervus acusticus, 8 Gehérblischen, 9 Pleuralganglion, 10 Pedalcommissur, 11 rechtes, 12 linkes Osphradium, 73 Visceralganglion, 14 Supraintestinalganglion, 15 Pedal- stringe, 16 Andeutung eines Subintestinalganglions. b) Monotocardier (Fig. 205). Die Parietalganglien sind immer vorhanden. Die Cerebralcommissur ist kurz und liegt hinter dem Pharynx (excl. Ampullaria). Die Labialcommisssur fehlt (excl. Paludinidae, Am- pullariidae). Pedalstringe und Quercommissuren fehlen (excel. die Archi- taenioglossa: Paludinidae, Cyclophoridae, Cypraeidae). Die Zahl der Visceralganglien variirt von 1—3. Unsere besondere Aufmerksamkeit verdient die fortschreitende Ausbildung der sogenannten Zygoneurie. Schon bei den Dioto- 14* 212 Erstes Kapitel. Fig. 204. Schemata zur Demonstration der Dialyneurie und Zygoneurie des Prosobranchiernervensystems. .4 Dialyneures Nervensystem, B rechts- seitige Zygoneurie, C linksseitige Zygoneurie. 1 Cerebralganglion, 2 Pleural- ganglion, 3 Pedalganglion, 4 Subintestinalganglion, 5 Visceralganglion, 6 Supraintestinal- ganglion, 7 Mantelanastomose zwischen dem symmetrischen und asymmetrischen Mantel- neryen (Zygose). cardiern existirt eine Anastomose zwischen dem symmetrischen und dem asymmetrischen Mantelnerven jederseits, die Mantelanastomose (Ly gose). Wenn diese Anastomose an den beiden Mantelnerven einer Seite sich bis zu ihrem Ursprung, d. h. bis zu den Ganglien, aus denen Fig. 205. Nervensystem von Cyclostoma elegans, nach LACAZE-DUTHIERS, Otoeyst. Moll., 1872. 1 Tentakelnery, 2 Auge, 3 Cerebralganglion, 4 Pedalganglion,- 5 Sub- intestinalganglion, 6 Visceralganglion, 7 Osphradium, 8 Supraintestinalganglion, 9- Gehor- blischen, 10 Pleuralganglion. Mollusca. Nervensystem. 213 diese Mantelnerven entspringen, verschiebt, so wird sie zu einem Mantel- connectiv, welches das Pleuralganglion der einen Kérperseite mit dem Intestinalganglion der niimlichen Seite verbindet. Es entsteht also ein neues, accessorisches Pleurointestinalconnectivy, welches aber im Gegensatz zu dem schon bestehenden, asymmetrischen, gedrehten ein symmetrisches, ungedrehtes ist. Die Zygoneurie besteht eben in dem Auftreten eines solchen Mantelconnectives. In der grossen Mehrzahl der Falle, in denen ie Zygoneurie auftritt, ist sie eine rechtsseitige (einige Rostrifera, nim- lich ein Theil der Cerithiidae, Ampullariidae, Turitellidae, Xenophoridae, Struthiolariidae, Chenopidae, Strombidae, Calyptraeidae, ferner alle Pro- boscidifera siphonostomata und alle Stenoglossa). Seltener ist die Zygo- neurie eine linksseitige (Ampullariidae, einige Crepidulidae, Naticidae, Lamellariidae, Cypraeidae). Bei den iibrigen Prosobranchiern kommt Jjederseits, wie bei den Diotocardiern, nur eine Mantelanastomose vor; man sagt dann, das Nervensystem sei dialyneur (Fig. 204). Schliesslich ist noch die mit der Ausbildung der Zygoneurie gleichen Schritt haltende, fortschreitende Concentration des centralen Nerven- systems der Monotocardier zu betonen. Die Connective, welche die ver- schiedenen Ganglien miteinander verbinden, verkiirzen sich immer mehr, so dass man schliesslich vorn am Schlunde einen Haufen von Ganglien antrifft ; es sind dies die einander sehr geniherten Cerebral-, Pleural-, Pedal-, Subintestinal- und Supraintestinalganglien, zu denen sich noch die kleinen Buccalganglien gesellen. Nur die Visceralganglien bleiben im Kingeweidesack zuriick. Das Nervensystem der Het eropoden zeigt bedeutende Abweichungen von dem gewoéhnlichen Verhalten bei Prosobranchiern und hat in Folge dessen auch sehr verschiedenartige Auslegung erfahren; doch ist so viel sicher, dass es sich um ein chiastoneures Nervensystem, wie es den Vorderkiemern zukommt, handelt, wie denn die Heteropoden unbedingt za den Monotocardiern geziihlt werden miissen. Im Einzelnen halten wir uns an die neueste Deutung (von PretsennEr), wollen jedoch iiberleitend zunichst noch das Nervensystem von Ianthina_ betrachten, einer pelagisch treibenden Form, die méglicherweise den Heteropoden nahe steht. Hier herrscht typische Chiastoneurie; die Pleuralganglien sind mit den Cerebralganglien verschmolzen und die Intestinalganglien weit nach hinten verlagert. Letzteren beiden Charakteren begegnen wir bei den Heteropoden wieder. Alle Commissuren und Connective sind lang. Die Buccalganglien hiangen mit den cerebralen durch 2 Connective zu- sammen, von denen jedoch nur jederseits das innere ein eigentliches Buccalconnectiv darstellt, wihrend das diussere secundir durch Anastomose eines Cerebralnerven mit dem Buccalganglion entstanden ist. Zygoneurie ist rechtsseitig vollkommen, linksseitig beinahe erreicht (Fig. 206). Unter den Heteropoden zeigen die Atlantidae im Nervensystem die einfachsten Verhiltnisse. Cerebral- und Pleuralganglien sind hier noch nicht vollstiindig verschmolzen, ebenso sind Pleuropedal- und Cerebropedalconnective theilweise noch von einander getrennt; bei den anderen Formen verschmelzen aber die Pleural- mit den Cerebralganglien und ebenso (mit Ausnahme yon Carinaria) die Cerebropedal- und Pleuro- pedalconnective vollkommen. Die beidseitigen Cerebral-, resp. Cerebro- pleuralganglien sind stets an einander gelagert; ebenso sind die beiden Pedalganglien dicht an einander geriickt. Pleurovisceralconnective gekreuzt. “ygoneurie kommt nicht vor. Bei Carinaria tritt das Intestinal- ganglion jederseits secundir mit dem gleichseitigen Pedalganglion in 914 Erstes Kapitel. Verbindung, was zu der friiher geiiusserten Ansicht fiihrte, dass die Pleuralganglien mit den Pedalganglien vereinigt seien. Bei Firola kommt es zu einer weitgehenden Verschmelzung aller Connective, die von den Cerebropleuralganglien abgehen. Fig. 206. Fig. 207. 6 Fig. 206. Nervensystem von Ianthina, schematisch, nach HALLER, 1894. Die Zygoneurie ist thatsiichlich auf der linken Seite nicht vollstiindig; doch ist die linksseitige Mantelanastomose dem Supraintestinalganglion sehr stark geniihert. 1 Buccalganglion, 2 Cerebropleuralganglion, # Pedalganglion, 4 rechtsseitiges Mantelconnectiv (Zygoneurie),, 5 Subintestinalganglion, 6 Visceralganglion, 7 Supraintestinalganglion, 8 linksseitiges Mantel- connectiy (Zygoneurie). Fig. 207. Nervensystem von Actaeon tornatilis, yon oben, nach PELSENEER, 1894. i Auge, 2 Cerebropleuralganglion, @ Cerebropedalconnectivy, 4 Penisnery, 5 rechtes accessorisches Pallialganglion, 6 Buccalganglion, 7 Supraintestinalganglion, 8 Subintestinal- ganglion, 9 Visceralganglion, 10 Genitalnery, 11 Osphradialganglion, 12 linkes accessori- sches Pallialganglion, 12 Parapedalcommissur, 14 Otocyste, 15 Pedalganglion, 16 Pleuro- pedalconnectiv. Mollusca. Nervensystem. 215 II. Opisthobranchia. Das Nervensystem, das die typischen Gastropodenganglien aufweist, schliesst sich an dasjenige der Proso- branchier an. Charakterisirt wird es erstens durch das Fehlen der Chiastoneurie, d. h. die ungekreuzten Pleurovisceralconnective, und zweitens durch die ausgesprochene Tendenz zur Concentration der Ganglien um das hintere Ende des Pharynx herum. Das Fehlen der Chiastoneurie ist jedoch, wie bereits erwihnt wurde, fiir die Opisthobranchier nicht urspriinglich; denn die altesten Formen (Actaeon) besitzen noch deutlich gekreuzte Pleurovisceralconnective. Den Ausgangspunkt bildet also ein chiastoneures Nervensystem, an dem nun innerhalb der Opisthobranchier die Tendenz zur Aufhebung der Kreuzung sich geltend macht, d.h. das Supraintestinalganglion wird iiber den Darm hinweg wieder auf die rechte Seite, das Subintestinalganglion unter dem Darm hindurch wieder auf die linke Seite des Kérpers verschoben. Der Process verliuft gerade im umgekehrten Sinne wie der Torsionsyorgang, der zur Erklarung des Entstehens der Chiastoneurie angenommen wird. Dieser Riickver- schiebungsvorgang kann als Detorsion der Pleurovisceralconnective bezeichnet werden. a) Tectibranchia. Actaeon besitzt noch ein Nervensystem, das in den wesentlichen Punkten mit dem der Prosobranchier tibereinstimmt (Fig. 207). Von den Pleuralganglien, die hier mit den Cerebralganglien verschmolzen sind, gehen die Pleurointestinalconnective ab, vom rechten Cerebropleuralganglion ein Connectiv iiber den Darm hinweg nach der linken Seite zu einem Ganglion, das hauptsichlich Ctenidium und Osphradium innervirt, d. h. zum Supraintestinalganglion, vom linken Cerebropleuralganglion ein Connectiv unter dem Darm hindurch za dem rechts gelegenen Subintestinalganglion. Ein Visceral- ganglion ist vorhanden. Die Pedalganglien werden, wie allgemein bei den Tectibranchiern, durch 2 Commissuren verbunden, die eigentliche Pedal- und die Parapedalcommissur. Bei den anderen Vertretern der Cephalaspidea lisst sich nun schrittweise der Process det Detorsion der Pleurovisceralconnective mit ihren Parietalganglien verfolgen. Scaphander, Bulla, Acera demonstriren in ihrem Nervensystem verschiedene Etappen auf diesem Wege (Fig. 208, 209). Bei Acera z. B. ist die Detorsion in dem Sinne bereits vollendet, dass das Supraintestinalganglion wieder wie urspriing- lich auf der rechten Seite des Kérpers liegt und nun besser wieder als rechtes Parietalganglion bezeichnet wird, wahrend das Sub- intestinalganglion auf der linken Seite sich findet, daher wieder zum linken Parietalganglion geworden ist; doch auch hier bleibt noch eine letzte Erinnerang an die vorausgegangene Torsion bestehen: das rechte Parietalganglion nimmt eine dorsale Lage ein gegeniiber dem linken, das noch unter dem Darme sich befindet. Fiir die Cephalaspidea sei ferner hervorgehoben: 1) Bei manchen Formen (Actaeon, Scaphander, Bulla striata, Philine, Doridium) liegt die Cerebralcommissur wie bei den Diotocardiern unter den Prosobranchiern noch vor dem Pharyngealbulbus, bei anderen riicken die Cerebralganglien hinter denselben. 2) Es zeigt sich die Tendenz, die Ganglien auf der Dorsalseite des Vorderdarmes zu concentriren: Anniherung der beiden Cerebralganglien, Anniherung der Pleuralganglien an die Cerebralganglien, hier und da bis zur vollkommenen Verschmelzung (Actaeon), Wanderung des rechten Parietal-(Supraintestinal-)ganglions gegen das rechte Pleural- 216 Erstes Kapitel. Fig. 208. Fig. 208. Nervensystem von Bulla striata, von oben, nach PELSENEER, 1894. 7 Pharynx, 2 Bucealganglion, ? Oesophagus- tasche, 4 Osphradialganglion, 5 Supra- intestinalganglion, 6 Visceralganglion, 7 Kropf, 8 subintestinales Pleurovisceralcon- nectiv, 9 Ausfihrungsgang der Speichel- driise, 10 Pleuralganglion, 11 Cerebral- ganglion. Fig. 209. Nervensystem von Acera bullata, von oben, nach PELSENEER, 1894, 1 Bucealganglion, 2 Penisnery, ¢ Mantelnery, 4 vordere Aorta, 5 Supraintestinalganglion (rechtes Parietalganglion), 6 Visceralganglion, 7 Subintestinalganglion (linkes Parietal- ganglion), 8 Parapedalcommissur, 9 Pleuralganglion, 70 Pedalganglion, 77 Cerebralganglion, ganglion hin (Philine, Doridium, Gastropteron). Das linke Parietal- (Subintestinal-)ganglion kann fehlen oder sich dem linken Pleuralganglion anlagern (Gastropteron). 3) Es kiénnen mehrere (3) Visceralganglien aut- treten (Fig. 210). 4) Von den Pedalganglien aus werden auch die Para- podien innervirt. Das Nervensystem der Pteropoda thecosomata, die wir von Cephalaspiden herleiten, stimmt im Allgemeinen mit dem Nervensystem dieser letzteren iiberein, besonders darin, dass die Pleuralganglien dicht an die Cerebralganglien herangeriickt oder mit ihnen verschmolzen sind. Es sind die Pleurovisceralconnective so stark verkiirzt, dass die in ihrem Verlaufe liegenden Ganglien dicht an die Cerebral- und Pedalganglien herangeriickt sind. Gewoéhnlich sind zwei solcher Ganglien vorhanden (das rechte Parietal- und ein Visceralganglion?), seltener drei (zwei Intestinal- und ein Visceralganglion?). Die Pedalganglien innerviren auch die den Parapodien der Cephalaspidea entsprechenden Flossen. Im Gegen- satz zu den Cephalaspiden und iiberhaupt zu den meisten Opistho- Mollusca, Nervensystem. 217 branchiern zeigt sich hier jedoch eine Concentration der Nervencentren gegen die ventrale (sonst allgemein gegen die dorsale) Seite des Vorder- darmes hin; in Folge dessen sind auch die Cerebralganglien von einander weggeriickt. Aplysia (Fig. 211) als Vertreter der Anaspidea: Die beiden Cerebralganglien sind in der Mittellinie dicht an einander geriickt. Im Gegensatz zu den Cephalaspidea liegen die Pleuralganglien in nachster Niihe der Pedalganglien, so dass die Pleuropedalconnective stark verktirzt sind. Die Pedalcommissur ist doppelt, die vordere Commissur ist relativ kurz und dick, die hintere (Parapedalcommissur) linger und diinn. Von den Pleuralganglien ziehen die langen Pleurovisceralconnective nach hinten, Fig. 210. Fig. 210. Nervensystem von Bulla hydatis, nach VAyssrIERE, 1880. 7 Buceal- ganglion, 2 Cerebralganglion, 3 Pleuralganglion, 4 Pedalganglion, 5 Theil des rechten Pleuralganglions (?), 7 Auge, 8 Cerebralcommissur, 9 Pedaleommissur, 70 Gehérbliischen, 17 rechtes Parietalganglion, 12, 13, 14 Visceralganglien, 15 Branchialganglion. Fig. 211. Nervensystem von Aplysia, nach verschiedenen Angaben combinirt, schematisch. 1 Bucealganglion, 2 Cerebralganglion, 3 Pleuralganglion, 4 Pedalganglion, 5 rechtes Parietalganglion, 6 Visceralganglion, 7 Osphradium, 8 Genitalganglion , 9 Bran- chialganglion., um in 2 aneinander gelagerte Ganglien einzumiinden. Das rechte stellt das rechtsseitige Parietalganglion dar, indem dasselbe hauptsichlich die Kieme und das Osphradium innervirt. Die beziiglichen Nerven bilden an, der Basis eines jeden dieser Organe ein Ganglion. Das linke ist das Visceralganglion. Hiner der Nerven, die von ihm abgehen, bildet an der Basis der Anhangsdriisen der Geschlechtsorgane ein Genitalganglion. 218 Erstes Kapitel. Bei anderen Anaspidea, z. B. Notarchus und Aplysiella (Fig. 212), sind die Pleurovisceralconnective so stark verkiirzt, dass das Parietal- und Visceralganglion dicht an die periésophageale Gangliengruppe heran- geriickt sind, die also besteht aus den 2 Cerebral-, 2 Pedal-, 2 Pleural- ganglien, dem rechten Intestinal- und dem Visceralganglion. Die beiden Cerebralganglien sind auch durch eine diinne, untere Commissur, die Subcerebralcommissur, die iibrigens bei den Tectibranchiern allgemein verbreitet ist, verbunden. Die Parapodien werden iiberall von den Pedalganglien aus innervirt. Das Nervensystem der Ptero- poda gymnosomata, deren nichste Verwandte die Anaspidea sind, stimmt in allen wesentlichen Punkten mit dem Anaspidennerven- system vom Typus desjenigen von Notarchus iiberein. Bei den Notaspidea geht die Concentration des Nervensystems, speciell die Verkiirzung der Pleuro- visceralconnective, weiter (Fig. 213). So leitet das Nervensystem dieser Formen zu dem fusserst concen- trirten der Nudibranchier iiber. Tylodina besitzt iibrigens unter den Notaspidea einzig noch 2 wohl geschiedene Parietalganglien. Fig. 212. Nervensystem von Aplysiella petalifera, nach PELSENEER, 1894. 1 Bucealganglion, 2 Cerebralganglion, 3 Penisnerv, 4 rechtes Parietalganglion, 5 Aorta, 6 Osphradialganglion, 7 Genitalnerv, 8 Parapedaleommissur, 9 Visceralganglion, 10 Plexus. pleuropedalis, 72 Pedalganglion, 12 linkes Pleuralganglion. b) Nudibranchia und Ascoglossa. Das Nervensystem ist charakterisirt durch die sehr starke Concentration dertypischen Molluskenganglien wnd durch die Tendenz zur Bildung zahl- reicher accessorischer Ganglien (an den Wurzeln der Tentakel- nerven, der Rhinophorennerven, an der Basis der Tentakeln und Rhino- phoren, im Verlaufe des Genitalnerven u. s. w.). Das Pleuralganglion ist dicht an das Cerebralganglion geriickt und kann mit demselben ver- schmelzen. Die Pedalganglien sind ebenfalls gegen die Cerebralganglien heraufgeriickt, so dass jetzt der ganze Gsophageale Gangliencomplex fast ganz auf die Dorsalseite des Oesophagus zu liegen kommt. Dadurch wird die unter dem Schlunde verlaufende Pedalcommissur, die allgemein doppelt ist, in die Linge gezogen. Die zweite Commissur, welche die Pedal- ganglien verbindet, ist die Parapedalcommissur, welche wir schon bei den Tectibranchiern angetroffen haben. Dort meist langer als die Pedal- commissur, verkiirzt sie sich bereits bei den Notaspidea; bei den Nudi- branchiern verliuft sie parallel der pedalen Commissur und liegt hiufig mit der letzteren zusammen in einer gemeinsamen Scheide. Die Pleuro- Mollusca. Nervensystem. 219 visceralconnective sind kurz und miinden bisweilen in ein unpaares Visceralganglion (bei den Ascoglossen kommen meist noch 2 Parietal- ganglien vor), das ebenfalls in den Schlundgangliencomplex einbezogen scheint (Fig. 214). Auch dieses einzige Ganglion der Visceralconnective Fig. 213. Fig. 214. Fig. 213. Nervensystem von Ber- thella (Pleurobranchus) Edwardsi, nach VAYSSIERE, 1898. 1 Cerebropleuralganglien, 2 Visceralganglion, 3 Pedalganglion, 4 Para- pedalecommissur, 5 Buccalganglion, 6 Pleuro- visceralconnectiy, 7 Otocyste. Fig. 214. -Nervensystem von Tritonia Hombergi, nach PELSENEER, 1894. 1 Cerebralganglion, 2 Tentakelnery, 3 Augennery, 4 Pleuropedaleonnectiv, 5 Penisnery 6 Parapedalecommissur, 7 Pleuroyisceralconnectiy, 8 Visceralganglion, 9 Buccalconnectiy, 10 Bueealganglion, 12 Gastrodsophagealganglion, 12 Pedalcommissur, 13 Subcerebral- cominissur, 14 Pedalganglion, 16 Cerebropedalconnectiy, 16 Otocyste, 17 Pleuralganglion. kann fehlen (Fig. 215), dann nehmen die beiden Visceralconnective den Charakter einer unter dem Schlunde verlaufenden Commissur zwischen den beiden Pleuralganglien an, die der Pedalcommissur parallel verliuft und sich mit ihr vereinigen kann. Sehr weit geht die Verschmelzung der Ganglien des ge- sammten circumésophagealen Complexes z. B. bei Tethys, wo jederseits das Pleural- und Pedalganglion mit dem Cerebralganglion ver- schmolzen ist. Das so gebildete Pleurocerebro- pedalganglion legt sich seinerseits wieder in der dorsalen Mittellinie dicht an das gegen- tiberliegende an, so dass eine grosse, supra- Fig. 215. Nervensystem von Janus, nach PELSENEER, Epipod., 1891, vereinfacht. 1 Buccalgan- glien, 2 Cerebralganglien, 3 Pleuralganglien, 4 Pedal- ganglien, 5 Commissur zwischen den zwei Pleuralganghen, welche den beiden Pleuroyisceralconnectiven der tbrigen Mollusken entspricht, 6 Pedalecommissur, 7 Gehérbliischen, & Auge, 9 Rhinophorenganglion. 220 Erstes Kapitel. dsophageale Ganglienmasse zu Stande kommt, an der man aber immer noch in der Gruppirung der Ganglienzellen und in der Anordnung der Faser- ziige die Zusammensetzung aus den 6 typischen Ganglien erkennen kann. Von der supraésophagealen Ganglienmasse geht jederseits ein Nerv ab, der sich unter dem Schlunde mit seinem Gegeniiber vereinigt. Es ist die Pedal- commissur, die sich bei genauerer Untersuchung als doppelt erweist. In der gleichen Hiille liegt noch ein weiterer feiner Nervenstrang, eine Sub- cerebralcommissur, die also die cerebralen Teile unter dem Oeso- phagus verbindet und die bei den Nudibranchiern gleich wie bei den Tecti- branchiern sehr verbreitet ist (Fig. 214). Hin vierter, zarter, infraédso- phagealer Verbindungs- strang zwischen den Seitentheilen der supra- dsophagealen Ganglien- masse stellt die Vis- ceralcommissur dar, in welche ein kleines Vis- ceralganglion — einge- schaltet ist. Ueberall bei den Nudibranchiern finden sich die 2 Buccal- ganglien an der hin- teren und unteren Wand des Pharynx. ‘Sie sind miteinander durch eine Buccalecom- missur und mit dem Ge- ~ hirn durch 2 Cerebro- buccalconnective ver- bunden; ausserdem lie- gen in ihrer Nahe noch 2 accessorische Gan- glen (gastro-6so- phageale). Fig. 216. Nervensystem von Chilina dombeiana, nach PLATE, Asymm. Moll., 1895. 1 Penis, 2 Pleuralganglion, 2 Pedalganglion, 4 Supraintestinalganglion, 5 Osphradium, 6 Vagina, 7 Rectum, 8 Columellarmuskel, 9 Zwittergang, 10 Spermoviduct, 12 Subintestinal- ganglion, 12 Visceralganglion, 73 Magen, 14 Niere, 18 Pericard, 16 accessorisches Ganglion des linken Pleurointestinaleonnectivs (linkes Parietalganglion der anderen Pulmonaten), 17 Pharynx, 78 Cerebralganglion, 19 zweites accessorisches Ganglion des linken Pleuro- visceralconnectivs. Der gesammte circumésophageale Gangliencomplex ist bei den Nudi- branchiern in eine bindegewebige Kapsel eingeschlossen. Il. Pulmonata. Wie fiir die Opisthobranchier ist auch fiir die Pulmonaten eine Abstammung von prosobranchierartigen Vorfahren mit chiastoneurem Nervensystem wahrscheinlich gemacht worden durch die Auffindung einer Form mit gekreuzten Pleurovisceralconnectiven, nimlich Chilina. Die Chiastoneurie ist hier allerdings nur noch in geringem Maasse ausgesprochen, aber immer noch deutlich erkennbar (Fig. 216). Das Subintestinalganglion, das noch auf der rechten Kérperseite liegt, wird durch ein unter dem Darme verlaufendes Connectiy mit dem linken Pleuralganglion verbunden; das Supraintestinalganglion ist jedoch schon Mollusca. Nervensystem. 221 ganz auf die rechte Seite gezogen und steht mit dem rechten Pleural- ganglion in Verbindung; es innervirt das Osphradium. Der Process der Detorsion, wie wir ihn bei den Opisthobranchiern beobachtet haben, hat hier bereits begonnen und ist bei allen anderen Pulmonaten durch- gefiihrt, so dass diese wieder ein secundir-symmetrisches Nervensystem ohne Kreuzung der Visceralconnective aufweisen, bei dem ein Parietal- ganglion, das dem Supraintestinalganglion der Streptoneuren entspricht, auf der rechten Kérperseite, ein Parietalganglion, dem Subintestinalganglion entsprechend, auf der linken Kérperseite sich vorfindet. Nach einer Auf- fassung wiirde iibrigens das linke Parietalganglion der Pulmonaten (aus- genommen Chilina) nicht mehr als gesondertes Centrum existiren, sondern mit dem Visceralganglion verschmolzen sein. Was man gewdhnlich als linkes Parietalganglion bezeichnet, wire danach eine Neubildung, die ~16 Fig. 217. Praparat von Limnaea stagnalis zur Demonstration der Organe des Vorderkérpers, Originalzeichnung von E. ToBpLer. Der Vorderkérper wurde in der dorsalen Medianlinie geéffnet, die Schnittriinder nach beiden Seiten auseinander gelegt. 1 Pharynx, 2 grosse Penisscheide, 3 Protractor, 4 Vas deferens, 5 kleine Penisscheide, 6 Vagina, 7 Ductus des Receptaculum seminis, 8 vereinigte Retractoren des Penis, 9 muscu- léses Band, von dem die kleineren Riickziehmuskeln ausgehen, 10 Aorta cephalica, 17 Oeso- phagus, 12 Speicheldriise, 73 Speicheldriisengang, 14 Cerebralcommissur und cireuméso- phageale Ganglienmasse; auf der rechten Seite, in der Figur links, sieht man_hinter- einander liegend Cerebral-, Pleural-, Parietal- und Visceralganglion. 15 Tentakelnery, 16 Stirnlippennery, 17 unterer Lippennerv, 78 Penisnery, 19 Fussnery (ebenso die 3 dahinter liegenden); 20 unterer Halsnery, 22 oberer Halsnerv, 22 linker Pallialnerv, 28 rechter Pallialnery. ; 222 Erstes Kapitel. bereits bei Chilina in Form eines in das linke Pleurointestinalconnectiv eingeschalteten, dem linken Pleuralganglion genaherten nervésen Centrums auftritt. Chilina und andere urspriingliche Formen (Auricula etc.) zeigen noch relativ lange Pleurovisceralconnective und iiberhaupt ein wenig concen- trirtes Nervensystem; ebenso ist hier die Cerebralcommissur noch vor dem Pharyngealbulbus gelegen. Im Uebrigen gilt fiir die Pulmonaten Folgendes. Das Centralnerven- system besitzt alle typischen Gastropodenganglien. Sie bilden zusammen, tihnlich wie bei so vielen Opisthobranchiern und manchen Prosobranchiern, unmittelbar hinter dem Pharyngealbulbus einen circumdsophagealen Gangliencomplex, in welchen auch die Parietalganglien und das Visceral- ganglion einbezogen sind. Dabei haben die eimander sehr geniiherten Cerebral- ganglien eine dorsale, alle iibrigen einander ebenfalls sehr geniiherten Ganglien eine ventrale Lage. ‘Dementsprechend sind die Cerebropedal- und Cerebropleuralconnective immer deutlich zu unterscheiden. Bei Testacella sind sie sogar, wohl in Anpas- sung an die besondere Gestalt und ausser- gewohnlich starke Ausbildung des Pharyn- gealbulbus, langgestreckt: Alle iibrigen Connective hingegen und alle Commissuren sind stark verkiirzt, so dass die durch sie verbundenen Ganglien dicht an einander liegen. Ein Visceralganglion existirt immer, und gewéhnlich auch in jedem Pleuro- visceralconnectiv ein Parietalganglion. Das Osphradium wird, wenn es existirt (Basom- matophoren), von dem Parietalganglion der Fig. 218. Centraler Theil des Nervensystems von Helix pomatia, nach 30HMIG, 1883, und LeucKARrT (Wandtafeln), etwas schematisirt, indem die Abgrenzungen der Ganglien in Wirklichkeit nicht so scharf sind. 2 Buccalganglien, 2 Augennerven mit verdickter Wurzel (3), aus den Cerebralganglien (4) entspringend, 5 Pedalganglien, 6 Pleu- YN ralganglien, 7 Parietalganglion, 8 Visceralganglion. betretfenden Seite innervirt. Bei den rechtsgewundenen Formen liegt es rechts, bei den linksgewundenen links, bei den ersteren ist das rechte Parietalganglion grisser als das linke, bei den letzteren umgekehrt. Das kleinere Parietalganglion kann anch mit dem benachbarten Pleural- ganglion verschmelzen. An den Cerebralganglien treten hiufig Lappen auf, in denen bestimmte Gruppen von Nerven ihren Ursprung nehmen. Die Pedalcommissur ist hiutfig doppelt. Buccalganglien existiren immer. Sie liegen, mit dem Cerebralganglion durch Cerebrobuccalconnective, unter sich durch die Buccalcommissur verbunden, hinten am Pharynx unter dem austretenden Oesophagus. C. Scaphopoda. Das Nervensystem (Fig. 176, p. 174) ist symmetrisch, die Visceral- connective ungekreuzt. Die beiden Cerebralganglien liegen ein- ander sehr geniihert, vor (resp. bei horizontal eedachtem Darme tiber) et pie .~ Mollusca. Nervensystem. 223 dem Schlunde iiber der Schnauze, die beiden dicht an einander liegenden Pedalganglien finden sich in der Vorderseite des Fusses, ungefihr in der Mitte seiner Linge und sind mit den Cerebralganglien durch 2 lange Cerebropedalconnective verbunden. Die 2 Pleuralganglien liegen dicht an und tiber den Cerebralganglien, so dass das Cerebro- pleuralconnectiy sehr verkiirzt ist. Das Pleuropedalconnectiy verschmilzt sofort mit dem Cerebropedalconnectivy, um mit diesem vereinigt das Pedalganglion zu erreichen. Hinten, rechts und links vom Enddarm, in der Nahe des Afters liegen 2 durch eine langere hinter dem Darm verlaufende Commissur verbundene Ganglien der Pleurovisceralconnec- tive (Visceralganglien). Von den Visceral- oder den Pleural- ganglien gesonderte Parietalganglien kommen nicht vor. Buccalnervensystem. Von den Cerebralganglien geht jederseits ein Connectiv zu 2 hinter (bei horizontal gedachtem Schlunde unter) dem Schlunde gelegenen Buccalganglien (untere Buccalganglien); diese entsenden je ein Connectiv nach oben zu 2 seitlich der Buccalmasse an- liegenden Ganglien (obere Buccalganglien). Sowohl die unteren wie die oberen Buccalganglien sind je durch eine hinter (unter) dem Schlunde verlaufende Commissur verbunden. In der Commissur der oberen Buccal- ganglien finden sich noch 2 kleine Ganglien eingeschaltet; von der unteren Commissur gehen Nerven zu den 2 Ganglien des Subradular- organes ab. D. Lamellibranchia. Das Nervensystem der Lamellibranchier (Fig. 221) ist, der Gesammt- organisation entsprechend, vollstiindig symmetrisch und besteht typisch aus 3 Ganglienpaaren, 1) den Cerebropleuralganglien, 2) den Pedalganglien und 3) den Visceroparietalganglien. Diese 3 Ganglienpaare sind im Allgemeinen weit von einander entfernt, also durch lange Connective verbunden. Die beiden Pedalganglien liegen immer dicht an einander, waihrend die beiden Cerebropleural- und meist auch die beiden Visceroparietalganglien durch deutliche, mit Ganglien- zellen besetzte Commissuren verbunden sind. 1) Die Cerebropleuralganglien sind aus der Verschmelzung der Cerebralganglien mit den Pleuralganglien hervorgegangen. Den directen Beweis hierfiir liefert das Verhalten der Protobranchier, unter denen einzelne Formen (Nucula) die Pleuralganglien noch eesondert zeigen; die Pleuralganglien liegen unmittelbar hinter den Cerebralganglien am Anfang der Visceralconnective (Fig. 219). Die Pleuropedalconnective verlaufen eine Strecke weit gesondert, um sich dann aber mit den Cerebropedalconnectiven zu yereinigen. Bei Leda, Malletia und Solemya unter den Protobranchiern sind Cerebral- und Pleuralganglien schon ziemlich verschmolzen, immerhin dusserlich durch eine schwache Furche zu unterscheiden, die Connective zu den Pedalganglien sind auch hier noch eine Strecke weit gesondert, bei Solemya erscheinen sie iusserlich einheitlich, besitzen aber noch ge- trennte Wurzeln. Yoldia endlich zeigt bereits das gewéhnliche Ver- halten des Nervensystems der Lamellibranchier: einheitliche Cerebro- pleuralganglien mit nur einem Connectiv jederseits zu den Pedal- ganglien. 294 Erstes Kapitel. Die Cerebropleuralganglien sind supradsophageal und _ liegen dem vorderen Schalenmuskel an, wenn ein solcher existirt. Sie ent- senden Neryen in die Mundlappen, den vorderen Schliessmuskel und den Mantel. 2) Die Pedalganglien liegen an der Basis des Fusses. 3) Hinten unter dem Enddarm, hinter dem Fuss, meist dem hinteren Schalenmuskel anliegend, doch bei den Protobranchiaten viel weiter vorn, liegt das dritte Ganglienpaar, welches den Ganglien der Visceral- Fig. 219. Fig. 220. 16 15 I4 13 12 11 10 Or 9 8 7 6 — Fig. 219. Nervensystem von Nucula, nach Se eS Zool. Jahrb. Anat., 1891. Mittlere Partie des Fusses punktirt. Z Pleuralganglion, 2 Pleuropedalconnectiv, 3 gemein- sumer Stamm der Pleuropedal- und Cerebroped: diconnective, 4 Otocystennery, 5 Pedal- ganglion, 6 Visceroparietalganglion, 7 hinterer Mantelnery, 8 Osphradium, 9 Pleurovis- ceralcommissur, 10 Otocyste, 1/ aa der Otocyste, der that 12 nach aussen miindet, 18 Cerebropedalconnectiv, 14 vorderer Mantelnery, 15 Nery, der zu den Mundlappen geht, 76 Cerebralganglion. Fig. 220. Nervensystem von Dreissensia polymorpha, nach BABor, 1895. 1 Cerebropleuralganglion, 2 vorderer Mantelnery, Pedalganglion, 4 Parietalganglion (?), 5 accessorisches Ganglion des Visceralconnectivs (Osphradialganglion), 6 Visceralganglion, 7 hinterer Mantelnery. connective der Gastropoden entspricht. Sein Innervationsgebiet ent- spricht demjenigen der yereinigten Parietal- und Visceralganglien der Gastropoden, denn diese Visceroparietalganglien innerviren in der That die beiden Ctenidien, die beiden Osphradien, den hinteren Manteltheil, den hinteren Schliessmuskel, die Kingeweide. Bei Dreissensia liegt im Verlaufe der Visceralconnective, unge- fahr in der Mitte zwischen Cerebropleural- und Visceralganglien ein be- sonderes Ganglienpaar, das unter anderen auch Nerven zu “den Kiemen Mollusca. Nervensystem. 225 abgiebt. Vielleicht handelt es sich hier um gesonderte Parietalganglien (Fig. 220.) Andererseits muss aber hervorgehoben werden, dass auch bei einigen anderen Muscheln (z. B. Najaden, Cardium, Mya ete.) an tihnlicher Stelle Ganglhen, sogen. mediane Ganglien, gefunden worden sind, die hier vor allem die Geschlechtsorgane innerviren und in Folge dessen nicht als Parietalganglien angesehen werden kénnen. Das Buccalnervensystem (Nervensystem des Vorderdarmes) ist sehr reducirt, was mit dem Fehlen eines musculésen Pharynx und irgend einer Mundbewaffnung zusammenhiingt. Der vordere Theil des Darmes te SY Ss” 8 Fig. 221. Neryensystem von Cardium edule, nach Drost, 1886. Das Thier von der Bauchseite gesehen, der linke Mantel (in der Figur rechts) abgeschnitten, der rechte zuriickgeschlagen, der Fuss auf die Seite gelegt. 2 Mundlappen, 2, 3, 4 Mantel- neryen, welche annihernd dem Mantelrand parallel verlaufen, 2 der Mantelrandnery, 5 Mantel, 6 Kieme, 7 Knotenpunkt der Hauptnerven des Mantels, 8 Mantelrand der Re- spirations-, 9 der Analéffnung, 10 hinterer Schliessmuskel, 17 Visceroparietalganglion, 12 Kiemenneryv, 73 Fuss, 14 Pedalganglion, 15 linkes Cerebropleuralganglion, 16 Mund, 17 rechtes Cerebropleuralganglion, 78 vorderer Schliessmuskel. erhilt Nerven von den Visceralconnectiven. Da die Fasern dieser Nerven nachweislich aus den Cerebralganglien stammen, so ist die Annahme er- laubt, dass, bei verschwundenem Pharynx, die Buccalconnective sich mit den Visceralconnectiven vereinigt haben, so dass jetzt die Darmnerven aus diesen Connectiven und nicht direct aus dem Gehirn entspringen. Bei Pholadiden und Térediniden sind die Visceralconnective vor den Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III, 2. Aufl. 15 226 Erstes Kapitel. Visceroparietalganglien durch eine weitere, unter dem Darm verlaufende Commissur verbunden, die vielleicht als eine weit nach hinten verlagerte Bueccalcommissur zu deuten ist. Ebenso findet sich bei Dreissensia vor den Visceralganglien jederseits in die Visceraleconnective eingeschaltet ein accessorisches Ganglion, das mit seinem Gegeniiber durch eine Commissur verbunden ist. Von letzterer gehen Nerven zu den Kingeweiden ab. Der Mantel wird, wie schon aus dem Vorstehenden erhellt, einmal von den Cerebropleural- und dann von den Visceroparietalganglien aus innervirt. Die beiden aus den Cerebropleuralganglien entspringenden, vorderen Mantelnerven verlaufen dem Mantelrand entlang nach hinten, um sich mit den beiden aus den Visceroparietalganglien stammenden, hinteren Mantelnerven zu verbinden. Dadurch kommt jederseits ein dem Mantel- rand parallel verlaufender Nerv, der Mantelrandnery, zu Stande, der wie ein Connectiv das Cerebropleuralganglion vorn mit dem Viscero- parietal ganglion hinten verbindet. Von diesem Mantelrandnerven gehen Nervenzweige an die Organe des Mantelrandes und an die Siphonen ab, und ausserdem steht er in Verbindung mit einem in der Mantelfalte reich entwickelten Nervenplexus, in welchem sich noch andere, vom Mantel- rande weiter entfernte, d. h. mehr dorsalwirts gelegene, aber dem Mantel- rand parallel verlaufende stiirkere Verbindungsstriinge accentuiren kénnen. Im pallialen Nervenplexus nnd im Siphonalnervensystem kiénnen noch mehr oder weniger zahlreiche, kleine, periphere Ganglien zur Ausbildung gelangen. E. Cephalopoda. Das symmetrische Neryensystem aller Cephalopoden zeichnet sich durch die sehr starke Concentration der typischen Molluskenganglien, auch derjenigen der Visceralconnective aus. Zum Verstiindniss der nachfolgenden Darstellung sei bemerkt, dass wir uns den Pharynx und Oesophagus horizontal verlaufend denken, wihrend diese Organe in Wirklichkeit senkrecht stehen und der Oeso- phagus in den Eingeweidesack zum Magen emporsteigt. Der Enddarm biegt dann wieder nach unten und hinten um. Wenn wir die Bezeich- nungen unten und oben, vorn und hinten fiir die Ganglien des Central- nervensystems gebrauchen, so denken wir uns dabei eben den Pharynx und den Oesophagus in der fiir die anderen Mollusken normalen, horizon- talen, nach hinten gerichteten Lage, setzen aber in Klammern die Be- pec haane der wirklichen Lage im Kérper hinzu, z. B. das Cerebral- - ganglion liegt tiber (vor), das “Pedalganglion unter (hinter) dem Schlund, das Brachialganglion vor (unter) dem Infundibularganglion ete. I. Tetrabranchia (Fig. 222, 223, 224). An dem den Schlund hinter der miichtigen Mundmasse um- gebenden und hier noch nicht vollstindig vom Kopfknorpel unhiillten Gangliencomplex von Nautilus sind die Ganglien nicht scharf von den Commissuren und Connectiven sesondert. Die Cerebral- ganglien (74) sind repriisentirt durch einen breiten, bandférmigen, tiber (vor) dem Schlund verlaufenden Strang, von dem zwei den Schlund unten (hinten) umfassende ganglidse Striinge, ein vorderer —_ Mollusca. Nervensystem. 297 (unterer) und ein hinterer (oberer), abgehen. Der vordere (7) stellt die Pedal-, der hintere (75) die vereinigten Pleural- und Visceral- ganglien dar. Vom Cerebralstrang entspringen seitlich die starken Augen- nerven, (die sofort zu einem Ganglion opticum anschwellen, ferner zahl- reiche Nerven zu den Lippen, die Hoérnerven, die Geruchsnerven und die Cerebropharyngealconnective. Vom Pedalstrang entspringen die Nerven fiir die den Mund umstellenden Tentakel und den Trichter, sowie diejenigen fiir die Augententakel; diese letztgenannten Nerven nehmen ihren Ursprung aus den an den Cerebralstrang grenzenden Theilen der Pedalganglien. Beim Weibchen gehen die Neryen, welche den inneren Ring von Ten- Fig. 223. Fig. 222. Nervensystem von Nauti- lus, nach v. JHERING, 1877. i Bucceal- ganglien, 2 Pharyngealganglien, 2 Pedal- commissur, 4. Erie hternery, 5 beim Weibchen Nerv fiir die Tentakel des hinteren und inneren Lappens; dieser Nery schwillt bald zu einem Ganglion an (vergl. Fig. 223), 6 wtbrige Ten- takelnerven, 7 Pedalstr: ang (as Pedalganglien), & Gehororsan, 9 Riechnerv, 10 Optieus, 11 Augententakelnerv , 12 Connectiv zu dem Pharyngealganglion, 13 Lippenneryen, 14 as \\\ Cerebralstrang (== Cerebralganglien), 14 f) TI Pleurovisceralstrang. Das Buccalnervensystem | ist in dieser Figur unrichtig eingezeichnet. Man vergl. Fig. 224. 12 in der Fig. 222, als Cerebropharyngealconnectiy bezeichnet, ist in W irklichkeit die vordere (untere) Com- missur en am Pharynge alge iglie on (3 in oe Fig. sae ee ee ae ganglen (2) nach der Seite Ae nden peiden Nera en. Fig. 223. Nervensystem von Nautilus, von der rechten Seite, nach PELSENEER, bras des Céphalopod., 1888. Bedeutung der Zahlen wie in voriger Figur. @ Ganglion fur die Tentakel des hinteren und inneren Lappens beim Weibchen. takeln versorgen, von einem partiellen Brachialganglion (Fig. 225:0)) “ads, welches mit dem Pedalri ing durch ein Brachiopedal- connectiv verbunden ist. Nach neueren Untersuchungen sollen die beiden Brachialganghen zu einem einheitlichen Strange verschmolzen sein. Vom Pleurovisceralstrang gehen zahlreiche Mantelnerven ab (ein Ganglion stellatum fehit) und ferner zwei starke, der Mittellinie geniherte Visceralnerven, welche die Vena cava begleiten, die Kiemen, die Osphradien, die Gefiisse innerviren und oben im Eingeweidesack ein Genitalganglion bilden. Iai 228 Erstes Kapitel. Das sympathische Nervensystem (Fig, 224) besteht aus 2 jederseits vom Cerebralganglion am Schlunde nach vorn (unten) ziehenden Nervenstriingen, die sich in je einem seitlich von der Buccalmasse ge- legenen Pharyngeal- ganglion vereinigen; die beiden Pharyngealgan- glien sind durch eine lin- gere vordere (untere), in- frabuccal verlaufende und eine _ kiirzere hintere (obere) Commissur ver- bunden; in den Verlauf der letzteren sind 2 Buc- calganglien _ einge- schaltet. ! Fig. 224. Buccalnerven- Y = 5 system von Nautilus pom- Z, pilius, nach Kerr, 1895. 1 LENS Pharyngealganglion, 2 Bueeal- / : ganglion, 3 Nerven zum Pha- h =| = rynx, 4 Cerebropharyngeal- By \\ connective, 5 vordere, untere Commissur zwischen den Pha- ryngealganglien. Hi. Dibramehia (Fie. 225,226), Die circumésophageale Ganglienmasse, die das gesammte Central- nervensystem enthilt, ist ganz vom Kopfknorpel umschlossen. Die yoluminésen, typischen Ganglien sind so stark zusammengedrinet, dass sie iiusserlich nur undeutlich von einander abzugrenzen sind, und dass man die Connective und Commissuren éiusserlich nicht sieht. Der ganze Complex besitzt eime ununterbrochene Rindenschicht von Gan- elienzellen. Charakteristisch fiir die Dibranchiata ist die mehr oder weniger deutliche Sonderung der Pedalganglien in 2 Paare, ein yorderes (oder unteres) und ein hinteres (oder oberes). Das erstere ist das Brachial- ganglion und innervirt die als Fusstheile zu betrachtenden Arme, das letztere ist das Trichterganglion und innervirt den als Epi- podium zu deutenden Trichter. Diese Sonderung des Pedalganglions in ein Brachial- und in ein Trichterganglion ist “aut (lie starke Ent- wickelung der den Kopf umwachsenden Fusstheile, d. h. der Arme zuriickzufiihren, fibnlich wie z. B. auch bei Natica, wo der vordere Fusstheil stark entwickelt ist und sich auf den Kopf zuriickschligt, sich von dem Pedalganglion ein Propedalganglion sondert. Bei den Dibranchiaten nun setzen sich die Brachialganglien mit den Cerebral- ganglien durch Cerebrobrachialconnective in Verbindung. Bei Eledone und Octopus stehen sie ausserdem noch durch eine diinne, supradso- phageale Commissur in Verbindung. Die Pleuralganglien liegen seitlich in der circumésophagealen Ganglienmasse, wihrend die Ganglien der Visceralconnective, d. h. die Parietal- und Visceralganglien, dureh die erdsstmigliche Ver- kiirzung dieser Connective dicht. aneinander gertickt, den hinteren (oberen) Theil der subésophagealen Ganglienmasse bilden. Mollusca. Nervensystem. 229 Folgendes sind die Connective, die man auf Schnitten durch die circumdsophageale Ganglienmasse nachweisen kann: 1) Zwei Cerebrobrachialconnective , 2) 2 Cerebroinfundibularcon- nective, 3) 2 Cerebropleuralconnective, 4) 2 Brachioinfundibularcon- nective, 5) 2 Pleuroinfundibularconnective, 6) 2 Pleurobrachialconnec- tive. Die Visceralconnective sind durch dichte Anlagerung der Vis- ceralganglien als soleche unkenntlich geworden. Nerven der Cerebralganglien sind die beiden Augennerven, die bald an der Basis der Augen zu den riesigen Ganglia optica anschwellen, die Gehérnerven, die Geruchsnerven (eine Strecke weit mit den Sehnerven verschmolzen) und die Connective der Buccalganglien. Von den Brachialganglien gehen die gesonderten Nerven der Arme ab, welche an der Basis der Armkrone durch einen Commissuren- ring reifenformig miteinander verbunden sind. In den Armen verlaufend, schwellen die Armnerven, den Querreihen der Saug- nipfe entsprechend, zu aufeinander folgenden Ganglien an. Die Trennung§ des Pedalganglions in ein Brachial- und ein In- fundibularganglion — lasst sich ontogenetisch und vergleichend - anatomisch nachweisen. Beim Miann- chen von Nautilus existirt keine solche Trennung, Fig. 225. Centralnerven- system verschiedener Di- branchiaten, von der rechten Seite. Saimmtliche Figuren nach PELSENEER, bras des Céphal., 1888. A Ommastrephes. B Sepiola. C Loligo. D Sepia. E Octopus. F Argo- nauta. 1 Cerebralganglion, 2 Pedalganglion, 3 Visceralgan- glion,4 Brachi: lg: noe 5 oberes Bueealganglion, Trichternery, 7 Visceralnery, 5 durchschnit- tener Opticus, 9 Mantelnery, 10 Armnerven. In Fig. B ist der Pharynx ph und Oesophagus oe schwarz eingetragen. sondern Arm- und Trichternerven entspringen aus einem und demselben Ganglion. Bei Argonauta (Fig. 225 F) ist die Trennung dusserlich noch nicht sichtbar, sie wird in den ersten Spuren iusserlich unterscheidbar bei Octopus (E), progressiv deutlicher bei Sepia (D), Loligo (C) und Sepiola (B), bis schliesslich bei Ommastrephes (A) das deutlich ge- sonderte Brachialganglion, vom Infundibularganglion abgeriickt, mit diesem durch ein auch dusserlich deutlich kenntliches, schlankes Connectiv ver- bunden ist. 230 Erstes Kapitel. Fig. 226. Anatomie von Octopus, nach LevucKART (Wandtafeln) und MILNE EDWARDS (CUVIER, Regne animal). Kérper von hinten aufgeschnitten, Mantel nach reechts und links zuriickgeklappt, Leber entfernt. 2 Armarterie, 2 Armnery, 8 Pharynx, 4 Buceal- ganglion, 5 Cerebralganglion, 6 Ausfiihrungsgang der oberen Speicheldriisen, 7 Trichter, -8 obere Speicheldriisen, 9 Kropf, 70 After, 12 zufiihrendes Kiemengefiiss (Kiemenarterie), 12 Oeffnung der linken Niere, 18 abfiihrendes Kiemengefiiss (Kiemenvene), 14 Ganglion gastricum, 15 linker Vorhof des Herzens, 16 Spiraleoecum des Magens, 17 Nierensack, 18 Wasserkanal, 19 Herzkammer, 20 Ovarium, 21 Enddarm, 22 Ausfiihrungsgiinge der Verdauungsdriise (Leber), nahe der Einmiindung in den Darm abgeschnitten, 23 Mantel, 24 Magen, 25 rechtes Ctenidium, 26 Oeffnung des rechten Eileiters, 27 Ganglion stellare, 28 Nery zum Ganglion gastricum, 29 obere Speicheldriisen, 30 Aorta, 321 Ocsophagus, | 82 Ganglion opticum, 32 untere Speicheldriisen. Mollusca. Nervensystem. 231 Diese Auffassung, das Brachialganglion ein detachirter Theil des Pedalganglions, wird ferner nachdriicklich unterstiitzt durch folgende Thatsachen. Bei verschiedenen Decapoden (Ommastrephes, Ilex, Toda- rodes, Chaunoteuthis) gehen vom Pedal-(Infundibular-)Ganglion Nerven in der Richtung des Brachialganglions ab, die sich mit den vom letzteren entspringenden Armnerven verbinden. Bei Eledone (Octopoden) wurzeln die Brachialnerven eigentlich im Infundi- bularganglon und durchziehen das Brachial- ganglion getrennt. In derselben Reihenfolge, in welcher die Sonderung des Brachialganglions er- folet, geschieht auch die Sonderung des sogenannten oberen Buccalganglions: vom Cerebralganglion, wobei das Buccalganglion mit dem Brachi alganglion durch das Brachio- buccalconnectiv in Verbindung bleibt. do Fig. 227. Mantelnerven und Stellar- ganglien von Spirula reticulata, nach HUXLEY und PELSENEER, 1895. Ansicht von vorn; der untere Theil des Mantels ist auf der Vorderseite abgetragen ; die innere Partie der Schale ist in den Umrissen punktirt dargestellt. do Dorsal, v ventral, d rechts, s links. 17 Flosse, 2 Flossennery, 3 Stellarganglion, 4 Mantelnerv, 5 freier Mantelrand, 6 medianer Nerv, der von der Commissur (7) zwischen den beiden Stellarganglien abgeht, & fiusserlich sichtbare Partie der Schale, zum Theil aufgebrochen, so dass man Scheidewiinde und Sipho sieht. Aus den Pleuralganglien entspringen die 2 grossen Mantel- nerven. Jeder Mantelnery zieht nach hinten und oben und tritt an der Innenflaiche des Mantels in ein Ganglion, das Ganglion stellatum, von welchem zahlreiche Nerven in den Mantel ausstrahlen, von denen einer, dorsalwiarts verlaufend, als die directe Fortsetzung des Mantel- nerven tiber das Ganglion stellatum hinaus imponirt. Oft (so bei fast allen Decapoden) theilt sich der Mantelnery friiher oder spiter nach seinem Austritt aus dem Pleuralganglion in 2 Aeste, von denen der eine zum Ganglion stellatum und iiber dasselbe hinaus zieht, um sich jenseits des Ganglions mit dem anderen zu verbinden, der am "Ganglion vorbei- geht. Die beiden Ganglia stellata sind hiufig durch eine Quercommissur verbunden. Bei Spirula ist diese Commissur nicht gerade gestreckt, sondern nach unten zu gebogen; von ihrer Mitte geht ein medianer Nery ab, der am vorderen Rande der Schalenéffnung in die letzte Schalen- kammer einbiegt und in der die Wohnkammer auskleidenden Partie des Mantels verlauft (Fig. 227). Dieses Verhalten lasst darauf schliessen, dass die einfache Commissur, die zwischen den beiden Stellarganglien bei vielen Dibranchiaten sich findet, aus der Vereinigung zweier Pallial- nerven, die mit dem Rudimentiirwerden der Schale ihre Bedeutung ver- loren, hervorgegangen ist. Aus den Visceralganglien entspringen, der Mittellinie genihert, die 2 Visceralnerven, welche Enddarm, Tintenbeutel, Kiemen, Herzen, Geschlechtsapparat, Niere und Theile des Gefasssystems innerviren und 232 Erstes Kapitel. durch eine nach Form und Lage wechselnde Commissur miteinander in Verbindung stehen. Das sympathische Nervensystem besteht aus dem unter (hinter) dem Schlunde an der Mundmasse liegenden Buccalganglion, welches mit dem oberen Buccalganglion (Pharyngealganglion) durch ein Buccaleonnectiv verbunden ist. Zwei am Schlunde nach oben verlaufende Nerven ziehen vom unteren Buccalganglion zu dem auf dem Magen ge- legenen Ganglion gastricum, welches den gréssten Theil des Darmes und die Verdauungsdriise (Leber) innervirt. Die physiologischen Leistungen der einzelnen Abschnitte des Di- branchiatennervensystems sind in letzter Zeit eingehend untersucht und analysirt worden; es kann jedoch hier nicht niher darauf eingetreten werden. XIV. Versuch einer Erkliirung der Asymmetrie der Gastropoden. (Der nachfolgende Abschnitt ist der ersten Auflage des Lehrbuches unverindert entnommen worden. Was abzuiindern oder beizufiigen wiinschenswerth erschien, wurde am Schlusse angehingt, siehe p. 247). iI Die Chiastoneurie, d. h. die Kreuzung der beiden Pleurovisceral- connective der Prosobranchier, lisst sich unter folgenden drei Voraus- setzungen erkliaren: 1) Die Vorfahren der Prosobranchier waren symmetrische Thiere; ihre Mantelhéhle lag hinten am Eingeweidesack, somit natiirlich auch der palliale Organcomplex, d. h. der Complex der in der Mantelhéhle liegenden Organe: Ctenidien (Kiemen), Osphradien (Geruchsorgane), Ne- phridialéffnungen, Genitaliffnungen und — im Centrum des Complexes in der Medianlinie — der After. 2) Die Visceralcommissur oder das Visceralganglion lag unter dem Darm. 3) Der Pallialcomplex wanderte allmiihlich von hinten nach vorn, und zwar der rechten Kérperseite entlang (vergl. p. 206). Als erklirt kann auch gelten die rechtsseitige Lage des Pallial- complexes bei den Tectibranchiaten unter den Opisthobranchiaten. Bei diesen hat entweder der Pallialcomplex bei seiner Verschiebung nach vorn die vorderstandige Lage noch nicht erreicht oder er ist von vorn wieder zuriickverschoben. Die Visceralconnective sind in Folge dessen nicht gekreuzt. Nicht erklirt bleibt: 1) diejenige Asymmetrie der Gastropoden, die durch das Verschwinden des einen Ctenidiums, des einen Osphradiums, der einen Nierenéffnung bedingt wird; 2) die Aufrollung des Eingeweidesackes und der Schale, speciell die Aufrollung in einer rechts- oder linksgewundenen Spirale; 3) die Beziehungen zwischen der Art der Aufrollung des EKinge- weidesackes und der Schale einerseits und der speciellen Asymmetrie der asymmetrischen Organe (Ctenidien, Osphradien, Nephridien, After, Genitalorgane) andererseits. a» Mollusca. Asymmetrie der Gastropoden. 233 4) Die Ursache der Wanderung des Pallialcomplexes nach vorn bleibt unermittelt. >) Wir wollen zuniichst die drei Voraussetzungen, unter denen der er- wihnte Erklirungsversuch zutrifft, beleuchten. Erste Voraussetzung. Dass die Vorfahren der Gastropoden symmetrische Thiere waren, dariiber wird wohl eine Discussion unnéthig sein. Alle Mollusken, ‘nit Ausnahme eben der Gastropoden, sind sym- metrische Thiere, die Amphineuren, die Lamellibranchier, die Scaphopoden und die Cephalopoden. Die Annahme, dass der Pallialcomplex hinten lag, ist ebenfalls wohl begriindet. Bei allen symmetrischen Mollusken liegt der After als Centrum des Pallialcomplexes hinten in der Mittellinie. Bei allen symmetrischen Mollusken liegen die Nephridial- und Genital- éffnungen hinten, symmetrisch zu beiden Seiten des Afters. Wo bei den symmetrischen Mollusken die Ctenidien und Osphradien sich erhalten haben, liegen sie symmetrisch auf der Hinterseite des Eingeweidesackes. So bei den Cephalopoden, so bei denjenigen Lamellibranchiern, die als die urspriinglichsten gelten miissen, naimlich bei den Protobran- chiata (Nucula, Leda, Solemya), so selbst bei einigen Chito- niden und denjenigen Solenogastres, die noch Kiemenrudimente besitzen. Entsprechend der hinterstindigen Lage des Pallialcomplexes ist bei den symmetrischen Mollusken die Manteltalte, welche die Basis des Hin- geweidesackes rings umsiumt, hinten, wo sie den Pallialcomplex bedecken muss, am breitesten, d. h. hier vertieft sich die Mantelfurche zur eigent- lichen Mantelhohle. Beziiglich der zweiten oben angefiihrten Voraussetzung besteht nach wie vor die unbeseitigte Schwierigkeit, dass bei den Amp hineuren die Commissur zwischen den Pleurovisceralstriingen tiber dem Enddarm hinwegzieht. Dagegen ist hervorzuheben, dass bei allen anderen Ssymmetrischen Mollusken das Visceralganglion, wie bei den Gastropoden, unter dem Darm liegt. Die dritte Voraussetzung wollen wir in einem besonderen Paragraphen erértern. 3. Ursache der Verschiebung des Pallialeomplexes von hinten nach vorn: Wenn sich der Pallialecomplex in der rechts- seitigen Mantelfurche von hinten nach vorn verschoben hat, so hat die Chiastoneurie zu Stande kommen miissen; die urspriinglich linke Hilfte des Complexes hat zur jetzigen rechten — und umgekehrt — werden miissen. Das rechte Pleurovisceralconnectiv hat zum Supraintestinal- connectiv, das linke zum Subintestinalconnectiv, das urspriinglich rechte Parietalganglion zum Supraintestinalganglion, das urspriinglich linke zum ‘Subintestinalganglion werden miissen. Warum aber hat die Verschiebung des Pallialcomplexes stattgefunden? Wir wollen versuchen, die Frage in befriedigender Weise zu lésen. Wir haben uns die symmetrische Stammform der Gastropoden (mit hinterstiindiger Mantelhéhle und in dieser liegendem symmetrischen Pallial- complex) als ein dorsoventral abgeplattetes Thier mit breiter Kriechsohle des Fusses, schnauzenférmigem Kopf mit Tentakeln und Augen und ziemlich flacher, napfférmiger, die Riickenseite des Kérpers bedeckender 23+ Erstes Kapitel. Schale vorgestellt. Das aussere Aussehen glich also einer Fissurella oder eimer Patella oder einem Chiton, wenn man sich bei letzterem die gegliederte Schale durch eine einheitliche ersetzt denkt. Der Kérper dieser Stammform war also nur vom Riicken her durch die Schale ge- schiitzt. Den Schutz der Unterseite besorgte die harte Unterlage, auf der die Thiere langsam kriechend sich bewegten und welcher sie ihre Riickenschale durch die Contraction eines kriiftigen, auf dem horizontalen Querschnitt hufeisenférmigen Schalenmuskels fest andriicken konnten. Bei fest angedriickter Schale vermittelte em vom hinteren Mantel- und Schalen- rand ausgehender Mantel- und Schalenschlitz die Communication der Mantelhéhle mit der Aussenwelt (Aus- und Einstrémen des Athemwassers, Entleerung der Excrete, Excremente, Geschlechtsproducte). Fig. 228. Hypothetisches Urgastro- pod, von der Seite. o Mund, & Kopf, sm Schalenmuskel, oso obere Schalenéffnung, «@ Anus, 2 Nierenédffnung, mh Mantelhohle, ct Ctenidium, f Fuss. Fig. 229. Hypothetisches Urgastro- pod, von oben. o Mund, wile, ulpl, ulp ur- spriinglich linkes Cerebral-, Pleural- und > i —$— cal . . . Ww Pedalganglion, ulpa, urpa urspriinglich linkes ulel —— und urspriinglich rechtes Parietalganglion, ula urspriinglich linker Vorhof des Herzens, wos, uwros urspringlich linkes und urspriing- lich reehtes Osphradium (SPENGEL’s Organ), wlet, wret urspringlich linkes und rechtes Ctenidium (Kieme), mb Mantelbasis, mr Mantelrand, m Mantelhéhle, v Visceralganglion, ve Herzkammer, a@ Anus, uln, wren urspriinglich linke und urspriinglich rechte Nephridial- 6ffnung. Wee Im Gegensatz zu dieser Stammform zeichnen sich alle bekannten Gastropoden (wenn man von solchen absieht, deren Kérpergestalt, wohl meistens in Zusammenhang mit der Rudimentation der Schale, sich nach- weislich secundir abgeiindert hat) dadurch aus, dass das die Hingeweide bedeckende Riickenintegument hoch bruchsackartig als Eingeweidesack ausgestiilpt und dementsprechend die in ihrer Gestalt mit dem Hinge- weidesack iibereinstimmende Schale hoch thurmfé6rmig ist. Jede abge- wickelte Schneckenschale ist in der That hoch thurmformig. Wir haben als Grund der Entwickelung einer solchen Schale und des von ihr beherbergten Eingeweidesackes den vermehrten Schutz des Kérpers bei entwickelterem Kriechvermégen erkannt. Der ganze Weichkérper kann jetzt in der Schale geborgen, in sie zuriick- gezogen werden, und zur Vermehrung des Schutzes bildet sich hiufig noch zum Verschluss der Schalenéffnung bei zuriickgezogenem Thier der Deckel am Fusse aus. Der Schalenmuskel der Stammform dient jetzt nicht mehr dazu, die Schale an die Unterlage anzupressen, sondern NS) Oo © Mollusca. Asymmetrie der Gastropoden. dazu, Kopf und Fuss in die Schale zuriickzuziehen. Er wird zum S$ pindel- muskel (Fig. 230 sm). Zum Zwecke vermehrter Schiirfe bei der nun folgenden Beweis- fiihrung wollen wir die fiir die Gastropodenschale in Betracht kommenden Momente gesondert behandeln. Das erste und wichtigste ist die dorsalwiirts gerichtete, hoch thurm- férmige Verliingerung der Schale. Dadurch wird aus der Napfschale der Stammform eine hoch kegelférmige, ihnlich derjenigen von Dentalium. Wiirde nun eine solche Schale von der Schnecke senkrecht ge- tragen (Fig. 230), so wiirde sie sich beim ruhenden Thiere im _ labilen Gleichgewicht befinden, das bei der Bewegung und bei den geringsten tiusseren Druckeinwirkungen — gestirt wiirde. Ausserdem wire die Lage einer senkrecht getragenen, hoch thurmférmi- gen Schale bei der Fortbewegung aus unmittelbar einleuchtenden Griinden so ungeschickt und unbehiilflich wie moglich. Nehmen wir nun an, die Schale wird geneigt getragen, und discutiren wir die verschiedenen Méglichkeiten: 1) “Die Schale wird nach vorn geneigt getragen (Fig. 231). Diese Lage ist die denkbar un- giinstigste fiir die Locomotion, fiir die Function des Mundes und fiir die der Sinnesorgane am Kopfe. Diese Lage ist die denkbar giinstigste fiir die Function der Organe des hinten, jetzt oben liegenden Pallialcomplexes. Denn diese Stelle ist diejenige des geringsten Druckes der Eingeweide und speciell des Sfindelmantls auf die Mantelhéhle. Der jetzt nach unten erfolgende Druck der Eingeweidemasse wire im Gegentheil der Erweiterung der Mantelhshle giinstig. 2) Die Schale wird nach hinten geneigt getragen (Fig. 232). Diese Lage ist die denkbar giinstigste fir die Loco- motion und die Function der Organe des allseitig frei gewordenen Kopfes. ; Sie ist die denkbar ungiinstigste fiir die Function der Organe des hinten, jetzt aber unter dem Bin geweidesack liegenden Pallial- complexes. Die Mantelhible hat den ganzen Druck der Eingeweidemasse 236 Erstes Kapitel. und besonders des Spindelmuskels auszuhalten ; sie wird zusammengedriickt, die Circulation des Athemwassers in der Mantelhéhle wird gehindert oder doch erschwert, ebenso die Entleerung der Excrete, Excremente und Ge- schlechtsproducte. 3) Es bleibt die Méglichkeit, dass die Schale nach der rechten oder linken Seite geneigt getragen wird (Fig. 233). Dies ist sowohl fiir den 999. Kopf und die Locomotion, wie fiir den Pallialeom- plex weder die giin- stigste noch die un- gtinstigste Lage. Es ist eine denkbare Mit- tellage. Bei Einnahme dieser Lage der Schale und des Eingeweidesackes ist zu- gleich ein todter Punkt tiberwunden. Es werden jetzt Verschiebungen méglich, durch welche die Schale die beste Lage fiir die Bewegung und fiir die Functionen der Kopforgane einnehmen und die Mantelhéhle die beste Lage fiir die Ausiibung der Functionen des in ihr liegenden Pallial- complexes gewinnen kann. Nehmen wir an, die Schale wird nach der linken Seite geneigt ge- tragen (Fig. 234), so ist der Druck, der auf der hinten liegenden Mantel- hohle lastet, in den verschiedenen Bezirken der Mantelhéhle ein un- gleicher. Er ist am gréssten an Big. 288. der linken Seite der Mantelhéhle und wird fortschreitend kleiner bis zur rechten Seite. Es wird auf die Mantelhéhle von links- vorn ein Druck ausgeiibt, welcher den Pallialeomplex nach _ rechts — sit venia verbo — _ heraus- quetscht. Dabei ist noch besonders zu betonen, dass jetzt die Stelle des geringsten Druckes, ja die Stelle des grissten Zuges nach unten, auf der rechten, jetzt oberen Seite des Eingeweidesackes liegt. Hier wird es der Mantelfurche am leichtesten, sich zu vertiefen, geriumiger zu werden. ‘Tritt dies ein, so bekommen jetzt die von links her verdringten Organe des Pallialcom- plexes Platz, um nach rechts und vorn auszuweichen. Dieses ist aber dererste Anfang einer Verschiebung des Pallialcomplexes in der rechtsseitigen Mantelfurche nach vorn. Bei der ge- ringsten Verschiebung auf der rechten Seite nach vorn kann aber die Schale und der Eingeweidesack wieder um ein Weniges von der seit- warts nach links geneigten Lage in die nach hinten geneigte Lage tiber- gehen, welche wir als die denkbar giinstigste fiir die Locomotion und die Function der Kopforgane erkannt haben. Lassen wir diesen Vorgang sich allmihlich vollenden, so nimmt schliesslich die Schale und der Eingeweidesack in der That die denkbar giinstigste, nach hinten gerichtete Lage ein und ebenso der allmahlich in der rechten Mantelfurche nach vorn geriickte Pallialecomplex. Dieser Qn o bo Mollusca. Asymmetrie der Gastropoden. letztere liegt also jetzt vorn an der Oberseite des nach hinten geneigten Eingeweidesackes, also an der Stelle des geringsten Druckes nach oben oder besser des gréssten Zuges nach unten, an der Stelle, wo sich die Mantelfurche am leichtesten zur Mantelhéhle vertiefen und erweitern kann, wo die Pallialorgane am leichtesten und ungehindertsten ihren Functionen obliegen kénnen. Fig. 234. Schematische Dar- stellung der Druckverhdltnisse des Eingeweidesackes ftir den Fall, dass derselbe mit der Schale nach links geneigt ge- tragen wiirde. Die Dicke der con- centrisch verlaufenden Kreislinien soll die Stiirke des Druckes andeuten. a Stelle des gréssten Druckes, 6 Stelle des geringsten Druckes. Die Pfeile geben die Richtung der eintretenden Verschiebungen an. Man sieht, dass die linke Seite des Pallialeomplexes einem stiirkeren Druck ausgesetzt wiire als die rechte. Die charakteristische Lage der Schale und des Pallialeomplexes der Gastropoden ist jetzt erreicht. Zugleich hat sich die Chiastoneurie und die inverse Lage der Organe des Pallialcomplexes ausgebildet. 4, Bildung einesineiner Ebene gekriimmten Eingeweide- sackes und einer entsprechenden Schale. Dieses ist das zweite, zum Zwecke der Scharfe der Beweisfiihrung gesondert zu be- trachtende Moment. Nimmt der Gastropodeneingeweidesack die allein geeignete geneigte Lage ein, so wird sich, sollen nicht Knickungen und Zerrungen eintreten, seine Kegelgestalt verindern. Die nunmehrige Oberseite wird gewélbt werden, die Unterseite eingekriimmt. Diese Gestalt kommt durch stiar- keres Wachsthum des Integumentes des Hingeweidesackes und des Mantels an der Seite zu Stande, welche bei der schief geneigten Lage des Eingeweidesackes der stiirksten Streckung oder Zerrung ausgesetzt ist. Der HEingeweidesack wird in einer Ebene gekriimmt. Dieser Kriimmung folgt natiirlich auch die Schale, die den Contouren des wachsenden Eingeweidesackes folgt. Sie kénnte auch aus dem Grunde nicht kegelférmig bleiben, weil ein grosser Theil des Riickenintegumentes (Basis des Eingeweidesackes) entblisst und bei der Gréssenzunahme der von der Schale unbedeckten Kérpertheile der Fall eintreten wiirde, dass diese Kérpertheile nicht mehr vollstiindig in die Schale zuriickgezogen werden kénnten. 5. Wachsthum der Gastropodenschale. Bevor wir zur Dis- cussion des dritten Momentes tibeygghen, miissen wir das Wachsthum 238 Erstes Kapitel. der Gastropodenschale betrachten. Dieses Wachsthum ist, von geo- metrischen Gesichtspunkten aus betrachtet, ein dreifaches, niimlich ein Hihenwachsthum, ein peripheres Wachsthum und ein ra- ditiires oder Dickenwachsthum derSchalenwand. Das letztere fillt fiir uns ausser Betracht. Das Héhenwachsthum der der Einfachheit halber kegeltérmig gedachten Schale geschieht in der Richtung von der Basis (Mindung der Schale) e) nach der Spitze. Dieses W achsthum erfolet durch fortschreitende Ablagerung neuer Zuwachsstreifen an der Basis (am Miindungsrand) von Seiten des fortwachsenden Mantelrandes. Das periphere Wachsthum bedingt die Vergrésserung der Peripherie der Basis, mit anderen Worten, die Vergrésserung der Miindung der Schale. Ist die Intensitét des Héhenwachsthums an allen Stellen der Peri- pherie der Basis des Hohlkegels gleich gross und gilt dasselbe fiir das periphere Wachsthum, so vergréssert sich der Hohlkegel, ohne seine Ge- stalt zu veriindern. Ist aber die Intensitiit des Héhenwachsthums an der Peripherie der Kegelbasis eine ungleiche, nimmt sie von einem Punkte der Peripherie der kreisrund gedachten Basis, als dem Minimalpunkte, bis zu dem diametral gegeniiberliegenden Punkte der kreisrunden Peripherie der Kegelbasis “als dem J Maximalpunkte jederseits symmetrisch zu — wobei aber die Intensitit des peripheren W achsthums an der ganzen Peripherie dieselbe bleibt, d. h. wobei die Kegelbasis ihre kreisrunde Gestalt bei- behalt — so entsteht ein spiralig aufgerollter Hohlkegel. Liegen bei dieser Art des Wachsthums die Maximal- und Minimal- punkte bei fortschreitendem Wachsthum immer in einer und derselben Ebene, so entsteht eine in dieser Ebene, als der Symmetrieebene, auf- gerollte symmetrische Schale. Verschiebt sich aber bei fortschreitendem Wachsthum der Maximal- punkt des Héhenwachsthums aus der unmittelbar vorher bestehenden Symmetrieebene heraus, z. B. nach links (wobei der Minimalpunkt sich nach der entgegengesetzten Richtung nach rechts verschiebt), so bilden die Maximalpunkte (und natiirlich auch die Minimalpunkte) an der spiralig aufgerollten Schale nicht eine gerade, sondern eine spiralig gebogene Linie, und die Kegelschale wird dann nicht in einer Ebene symmetrisch, sondern in einer Schraubenfliche asymmetrisch aufgerollt. In dem supponirten Falle wiirde nach der Terminologie der Conchyliologen eine rechts gewundene Schale entstehen. Thatsichlich erfolgt das Wachsthum der Gastropodenschale in dieser letzteren Weise. 6. Das dritte Moment, das wir gesondert betrachten wollen, ist eben die Aufrollung der Gastropodenschale in einer rechts- oder linksgewundenen Schraubenfliche. Nimmt der in einer Ebene gedrehte Eingeweidesack und die Schale bei fortschreitendem Wachsthum von der nach links geneigten Lage fortschreitend eine nach hinten geneigte Lage ein, so ist das identisch mit einer fort- schreitenden Verriickung des Maximalpunktes des Héhenwachsthums nach links und des Minimalpunktes nach rechts. Die nothwendige Folge davon ist die in einer rechtsgewundenen Schraubenfliiche aufgerollte Gastro- podenschale. Mollusca. Asymmetrie der Gastropoden. 239 Dabei ist in Erinnerung zu bringen: 1) dass das periphere Wachsthum constant gleich bleibt, d. h. dass bei gleich bleibendem Contour des wachsenden Mantelrandes auch die sich vergréssernde Schalenmiindung die gleiche Form beibehilt; 2) dass die Vergrésserung der Schale vom Mantelrande aus geschieht durch Bildung von Zuwachsstreifen, wobei die schon gebildete Schale als starres Gebilde ihre Form nicht mehr veriindert; 3) dass sich der fortwachsende (Schalensubstanz ab- sondernde) Mantelrand beim Wachsthum und beim allmihlichen Uebergang von der nach links zu der nach hinten geneigten Lage der Schale selbst nicht dreht, sondern seine Lage mit Bezug auf den tibrigen Koérper beibehalt, dass also nur die Maxima und Minima der Intensitit des Héhenwachsthums sich am Mantelrand beim Wachsthum des Eingeweidesackes fortschreitend verschieben. 4) Nota bene, der stricte Beweis fiir die Entstehung einer rechts- gewundenen Schale ist bis jetzt nur fiir diejenige Zeit des ontogenetischen oder phylogenetischen Wachsthums der Schale geliefert, wiihrend welcher die Verlagerung der Schale nach hinten und die des Pallialeomplexes nach vorn erfolgt. Sind die fiir die Oekonomie des Thieres denkbar giinstigsten Endstadien dieser Verlagerung, die vorderstiindige Lage der Mantelhéble und die nach hinten gerichtete der Schale, erreicht, so tritt eine weitere Verlagerung, welche einer fortschreitenden Verschlechterung der Verhiiltnisse gleichkiime, nicht mehr ein. Hs ist dann aber nicht ohne weiteres ersichtlich, weshalb bei aufhérender Ursache die Wirkung noch fortdauert, d. h. weshalb von dem gegebenen Zeitpunkte an der Eingeweidesack und die Schale fortfahren, in emer rechtsgewundenen Spirale und nicht symmetrisch zu wachsen. Die Erklairung dieser Punkte weiter unten. 7 Wir haben bis jetzt im Interesse einer schirferen Beweisfithrung drei wichtige, bei der Bildung des Hingeweidesackes und der Schale der Gastropoden in Betracht kommende Momente gesondert betrachtet: 1) die Bildung einer hoch thurmférmigen Schale von kegelférmiger Ge- stalt, 2) die spiralige Aufrollung des Eimgeweidesackes und der Schale, und 3) die specielle Art der Aufrollung in emer rechtsgewundenen Schraubenfliche. In Wirklichkeit kamen alle drei Momente gleichzeitig zur Geltung, d. h. mit der fortschreitenden Hervorwélbung des Einge- weidebruchsackes ging Hand in Hand die Aufrollung in einer rechtsge- wundenen Schraubenfliiche als Folge der Drehung des sich nach links neigenden Kingeweidesackes in die nach hinten geneigte giinstigste Lage, wobei der Pallialecomplex rechts nach vorn verschoben wurde. 83 Auch die ontogenetischen Forschungsresultate lassen sich fiir die hier vorgetragene Theorie verwerthen. Vor allem ist die Thatsache hervorzuheben, dass der After (das Centrum des Pallialcomplexes) und die Mantelfalte anfiinglich hinten liegen. Sie kommen ontogenetisch nach vorn zu liegen, nicht durch eine active Wanderung, sondern dadurch, dass die rechtsseitige Strecke zwischen Mund und After im Wachsthum zurtickbleibt, wiihrend die linksseitige allein weiterwiichst. Es liegt aber nicht die geringste Schwierigkeit vor, diese Art der ontogenetischen HErreichung des Endzieles mit der Art der phylogenetischen in Einklang zu bringen. 240 Erstes Kapitel. 9. Wir haben in unseren bisherigen Ausfiihrungen die mechanisch- geometrische Betrachtungsweise in den Vordergrund gestellt. Sie deckt sich und muss sich decken mit der utilitarischen Betrachtungsweise. Jede Verainderung in der skizzirten Richtung bedeutete eine Verbesserung in der Organisation, einen Vortheil, und hatte Chancen, sich im Kampf ums Dasein zu erhalten. Die Ausbildung einer hoch thurmférmigen Schale, die wir als den Ausgangspunkt der Entwickelung der Asymmetrie der kriechenden Gastropoden erkannt haben, erméglicht allein einen ergiebigen Schutz des gesammten Kérpers und muss unter den bestimmten Verhalt- nissen als niitzlich anerkannt werden, ganz A B abgesehen davon, dass die Gastropoden sich thatsachlich hierin von urspriinglichen Mol- lusken, als welche mit vielem Recht die Chi- toniden gelten, unterscheiden. 10, Es kénnte ein scheinbar gewichtiger Ein- wand gegen unsere Ansicht vorgebracht werden. Wenn die Asymmetrie des Gastropodenkérpers in letzter Instanz von der Ausbildung einer hoch thurmférmigen Schale herriihrt und wenn die specielle Asymmetrie im Nerven- system mit einer nach einer ganz bestimmten tichtung erfolgenden Aufrollung der Schale nothwendig zusammenhiingt, wie verhalt es sich dann mit Formen, wie z. B. Fis- surella? Die Diotocardiergattung Fissurella gehért in der That zu den urspriinglichsten Gastropoden, weil sich die Symmetrie im Pallialeomplex noch vollstiindig erhalten hat. Aber Fissurella besitzt ein asymmetrisches Nervensystem, hat die typische Chiastoneurie der Prosobranchier und trotzdem — eine flache, napftormige, symmetrische Schale. Ks gesellen sich also hier urspriingliche Charak- tere der inneren Organisation zu scheinbar urspriinglichen Schalencharakteren. Letztere sind aber in der That nur scheinbar ur- spriingliche, was sich systematisch und ontogenetisch nachweisen Jasst. | Nachste Verwandte von Fissurella, wie z. B. die uralte Gattung Pleurotomaria (Fig, 235 A), dann Polytremaria (Fig. 235 B) und Fig. 235. Schalen von A Pleurotomaria, B Polytremaria, C und EF Emarginula, D Haliotis, F Fissurella, G und H Entwickelungsstadien der Fissurellaschale, J Schale der ungedrehten Gastropodenstammform mit marginalem Scha- lenschlitz, K idem mit apicalem Schalenloch, I. Muschelschale, M Dentaliumschale, yom api- calen Schalenloch aus gesehen. Die Lécher und Schlitze der Schale schwarz gezeichnet. o Mund, @ After, ct Ctenidium. Mollusca. Asymmetrie der Gastropoden. 241 Scissurelia besitzen eine geriumige, spiralig aufgerollte, rechtsge- wundene Schale. Die Schale wird flacher und die Aufrollung undeutlicher bei Haliotis (Fig. 235 D) und zum Theil auch bei Emarginula (Fig. 235 C), bis sie schliesslich bei Fissurella (Fig, 235 F) secundir wieder flach-napfférmig und symmetrisch wird. Ja, es durchlauft Fissurella ontogenetisch noch ein deutlich spiralig gewundenes Emarginula- stadium (Fig. 235 G, H). Daraus schliessen wir mit aller in morpho- logischen Fragen erreichbaren Sicherheit, dass die tiusserlich symmetrische Fissurella von Formen mit spiralig gewundener, hoher Schale ab- stammt. Ihre Riickkehr zu einer flachen, symmetrischen mag in iihnlicher Weise auf der Anpassung an bestimmte biologische Verhiltnisse beruhen, wie bei den Patelliden, Capuliden ete. ele Unser Erkliirungsversuch scheint uns noch auf manche weitere bis jetzt nicht beriihrte Probleme der Molluskenmorphologie neues Licht zu werfen, so namentlich aut die Asymmetrie des Pallialeomplexes der meisten Gastropoden. Viele Diotocardier, alle Monotocardier, alle Opisthobranchiata und alle Pulmo- nata zeigen eine auffaillige Asymmetrie ihres Pallialcomplexes. Diese Asymmetrie besteht zumeist darin, dass eine Kieme, ein Osphradium und eine Nephridialéffnung fehlt. Auch in der inneren Organisation zeigen sich die Wiederklinge dieser Asymmetrie, so im Nervensystem, in dem Fehlen einer Niere und eines Herzvorhofes. Bei genauerem Zusehen stellt es sich heraus, dass die urspriinglich linke Halfte des Pallial- complexes fehlt (sie wiirde jetzt bei eimem Prosobranchier in der Mantel- héhle rechts neben dem After liegen). Der After bildet also jetzt nicht mehr das Centrum der Pallialgruppe, sondern er liegt zu Ausserst auf der einen Seite. Indem bei den Prosobranchiern z. B. die urspriinglich linke Hilfte (sie wiirde jetzt rechts liegen) des Pallialcomplexes ver- schwunden ist, riicken jetzt diejenigen Organe des Complexes (die ur- spriinglich rechten), die sich erhalten haben, von links her in die Liicke. In Folge dessen finden wir den After nicht mache vorn in der Mittellinie, sondern vorn auf der rechten Seite, hart auf der &ussersten Rechten der Mantelhéhle. Warum aber ist bei den Monotocardiern, Opisthobranchiern und Pulmonaten die urspriinglich linke Hialfte des Pallialeomplexes ver- schwunden ? Zur Beantwortung dieser Frage kehren wir zu Paragraph 3 zuriick, in welchem wir gesehen haben, dass, wenn die thurmférmige Schale ae einzig moégliche seitwirts geneigte Thane einnimmt, dabei die Mantelhéhle mit ihrem Pallialcomplex unter ungleiche Druckverhiltnisse kommt. Wird die Schale nach links geneigt getragen, so ist die Stelle des gréssten Druckes in der hinterstiindigen Mantelhéhle links, und der Druck nimmt von dieser Stelle, nach rechts fortschreitend, ab. Diese verschiedenen ienele Sablteraae erhalten sich auch a aleoad der ganzen Zeit, wihrend welcher die Schale sich nach hinten, der Manteleomplex nach vorn ver- lagert. Anders ausgedriickt, d. h. fam unsere Theorie verwerthet, heisst das: Schon beim ersten Anfang der Ausbildung der Gastropodenorgani- sation geriethen die urspriinglich linkgseitigen Organe des Pallialeomplexes in ungiinstige Verhiltnisse. In der linksseitig eingeengten Mantelhéhle musste vornehmlich das Ctenidium kleiner, rudimentiir werden, und es konnte ganz verschwinden. Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie, III. 2. Aufl, 16 242 Erstes Kapitel. Bei manchen Diotocardiern (den sogenannten Azygobranchiern), bei allen Monotocardiern und bei den Opisthobranchiaten ist in der That die urspriinglich linke (sie wiirde jetzt rechts legen) Hilfte des Pallialeomplexes véllig verschwunden. Dass bei den Pulmo- naten auch noch die einzige urspriinglich rechte Kieme verschwunden ist, hat seinen Grund im Uebergang zur Lungenathmung. Um so interessanter ist es, dass sich bei den Basommatophoren wenigstens noch das urspriinglich rechte Osphradium erhalten hat. Wenn aber die urspriinglich linke Kieme nicht ganz verschwunden, sondern nur kleiner geworden ist, so miissen wir erwarten, dass bei denjenigen Diotocardiern, die noch 2 Kiemen besitzen, die urspriing- lich linke (d. h. die nunmehrige rechte) die kleinere sei. Dies muss wenigstens fiir die urspriinglicheren Formen mit noch gewundener Schale gelten. Uns sind nun die betreffenden Verhiltnisse nur bei Haliotis und Fissurella bekannt. Bei Haliotis, dessen Schale noch gewunden ist, ist in der That die rechte (urspriinglich linke) Kieme kleiner als die linke. Bei Fissurella, Subemarginula aber, wo die Asymmetrie im Mantelraum sich ausgeglichen hat, hat sich auch wieder der Gréssen- unterschied in den Kiemen ausgeglichen. 12. Wir kommen jetzt zu einem anderen unerledigten Punkte. Weshalb fahrt die Schale auch dann noch fort, asymmetrisch zu wachsen, sich in einer rechtsgewundenen Spirale aufzurollen, wenn die primare causa ef- ficiens, der Uebergang von der nach links geneigten Lage der Schale in die nach hinten geneigte bei gleichzeitiger Wanderung des Pallialcom- plexes und Verschiebung der Mantelhéhle nach vorn, aufgehért hat zu wirken, d. h. wenn die Schale ihre definitive nach hinten geneigte Lage, der Pallialcomplex die vorderstiindige Lage emgenommen hat? Die Hr- klirung liegt eben in den so friihzeitig auftretenden asymmetrischen Raumverhiiltnissen der Mantelhdhle, die von Anfang an rechts (jetzt links) geriiumiger wurde als links, so dass die urspriinglich linksseitige Hilfte des Pallialecomplexes verkiimmerte. Die Asymmetrie des Pallialcomplexes und der Mantelhéhle blieb auch nach der detinitiven Ordnung der Lage- verhiltnisse der Schale und des Pallialeomplexes der Prosobranchier be- stehen, d. h. das asymmetrische Wachsthum und damit die fortdauernde Aufrollung des Eingeweidesackes und der Schale in einer rechtsgewun- denen Spirale blieb bestehen. Nur in Folge ganz besonderer Verhiiltnisse, die eine flache, napf- formige Schale niitzlich erscheinen lassen, konnte die Ausgleichung der Asymmetrie des Pallialecomplexes und der Mantelhéhle resp. Mantelfalte sich als niitzlich erweisen, indem dann ein symmetrisches Wachsthum der Schale und bei geringem Unterschied zwischen dem Maximum und Mini- mum der Intensitit des Héhenwachsthums eine wenig aufgerollte Schale, bei starkem peripheren Wachsthum, bei geringem Héhenwachsthum eine flach-napfformige Schale entstehen konnte (Haliotis, Emarginula, Fissurella, Patella etc.). 13. Die Chiastoneurie kommt nur dann zu Stande, wenn die ur- spriinglich rechte Hilfte des Pallialcomplexes vorn die Mediane nach links hiniiber iiberschreitet. Mollusca. Asymmetrie der Gastropoden. 243 Diese Ueberschreitung der Symmetrieschwelle hat bei den Proso- branchiern wirklich stattgefunden. Bei ihnen liegt die urspriinglich rechte Kieme weit links in der Mantelhéhle. Dabei hat sich bei den Azygobranchiern und Monotocardiern der Enddarm mit dem After aus der Mediane heraus in die engere, kiemenlose, aber fiir die Aufnahme des Enddarmes gentigend weite, nunmehrige rechte (urspriinglich linke) Halfte der Mantelhéhle verlagert. Die Prosobranchier sind Stre pto- neuren. Bei den in Betracht kommenden Opisthobranchiern (den Tecti- branchiata) finden wir den Pallialcomplex auf der rechten Kérper- seite. Nirgends hat er vorn die Mediane iiberschritten. Die Opistho- branchier sind dementsprechend keine Chiastoneu ren, ihre Visceralconnective kreuzen sich nicht. Bei den Pulmonaten ist zwar der Pallialeomplex weit nach vorn geriickt, aber er hat die Mediane mit keinem Organ iiberschritten, welches, das Parietalganglion und das rechte Viscéralconnectiv mit sich ziehend, eine Chiastoneurie hatte hervorbringen kénnen. Denn auch diejenige Kieme, die sich sonst allein erhalt, die linke (urspriinglich rechte), ist bei den Pulmonaten (offenbar friihzeitig) verschwunden. Das Osphradium, welches sich bei Wasser-Pulmonaten erhilt, ist das urspriinglich rechte und liegt thatsichlich noch rechts. Dabei ist es fiir die Autfassung der Verhaltnisse des Nervensystems ziemlich gleichgiiltig, ob man annimmt, dass der Enddarm secundir wieder aus der Mediane nach rechts zuriick- geschoben und das Osphradium in die Nahe des Athemloches gertickt sei, oder ob man annimmt, dass der Enddarm die Mediane tiberhaupt nie erreicht, das Osphradium die Mediane tiberhaupt nie tiberschritten habe. Die Pulmonaten sind Euthyneuren. 14. Wir haben oben in Paragraph 3 gesehen, dass bei der starken Ent- wickelung eines Hingeweidesackes und _ urspriinglich hinterstindigem Pallialeomplex die nach vorn geneigte oder nach vorn eingerollte Schale unméglich ist bei einem kriechenden Thiere, einem Gastropoden. Diese Unmoiglichkeit besteht aber nicht bei einer anderen als der kriechenden Lebensweise. Wenn z. B. bei schwimmender Lebensweise die theilweise mit Gas erfiillte Schale zugleich als hydrostatischer Apparat dient, so ist nicht ein- zusehen, weshalb bei stark entwickeltem Hingeweidesack derselbe mitsammt der Schale nicht nach vorn eingerollt sein kénnte, wobei zugleich die urspriingliche Lage des Pal- laleomplexes, die hinterstiin- dige, als die fiir diesen Fall giinstigste, beibehalten wer- den konnte. Beispiel: Nau- tilus und alle Nautili- den und Ammonitiden mit ihrer ,exogastrisch“ d.h. nach vorn eingerollten Schale Fig. 236. Nautilus, schematisch. do Dorsal, und ihrem hinterstindigen y¢ ventral, vo yorn, Ai hinten. Die Erklirung der Pallialeomplex (Fig. 236). ubrigen Bezeichnungen siehe p. 45. 16* 244 Erstes Kapitel. Eine Ausnahmestellung scheint unter allen Mollusken einzig und allein Spirula einzunehmen, aber es ist zu bedenken, erstens, dass die Schale von Spirula eine innere rudimentiire ist, und dass ihre nach riickwiirts gerichtete Aufrollung die hinterstiindige Mantelhéhle durchaus nicht beeintrachtigt; zweitens, dass nur die moderne Gattung Spirula eine endogastrisch gewundene Schale besitzt. Die miociine Gattung Spirulirostra hat eimen in endogastrischer Richtung gekriimmten, aber nicht aufgerollten Phragmocon, und die ilteren Belemniten_ besitzen iiberhaupt keine gekriimmte oder eingerollte Schale. Ausserdem kommt die Schale der ganzen Ab- theilung als eine innere und mit Bezug auf den urspriinglichen Zweck, das Thier zu schiitzen und zu bergen, rudimentiire tiber- haupt fiir uns gar nicht in Betracht. Fig. 238. Fig. 239. fg Zit Hh 9970 Fig. 237. Dentalium, schematisch, von der linken Seite. g Geschlechtsdriise, kt Kopftentakel. Fig. 238. Supponirte Zwischenform zwischen Dentalium (lig. 237) und Gastropodenstammform (Fig. 289), von der linken Seite. Fig. 259. Supponirte Stammform der{Gastro- poden, von der linken Seite. 15. Wenn eine Schnecke eine Lebensweise fiihrt, wie eine im Schlamme lebende Muschel, so ist nicht einzusehen, weshalb sich die Schale nicht einfach thurmférmig verlingern und weshalb der Mantelcomplex und die Mantelhéhle nicht hinten verbleiben sollte. Dentalium (Fig. 237) ist deutlich in dieser Lage, ist das an die Lebensweise im Schlamme ange- passte symmetrische Urgastropod mit thurmférmiger Schale und hinter- stindigem Pallialeoomplex. Die am oberen, aus dem Schlamme hervor- ragenden Schalenende liegende, morphologisch iiusserst wichtige Schalen- éffnung entspricht physiologisch den Siphonen der Schlammmuscheln. Auch yon unserem Gesichtspunkte aus erscheint der Vergleich von Dentalium mit einer Fissurella, deren Pallialcomplex zuriickgedreht und deren Schale hoch thurmfé6rmig verlingert wiire, in jeder Beziehung durchaus zutreffend. Eine solche zuriickgedrehte Fissurella _ wiirde aber fast genau der supponirten symmetrischen Gastropodenstammform Mollusca. Asymmetrie der Gastropoden. 245 entsprechen, bei der wir aber annehmen miissen, dass ein Mantel- und Schalenschlitz bis zum Mantel- und Schalenrande reichte. Die in neuerer Zeit genauer bekannt gewordene Anatomie der Protobranchiaten, vornehmlich die hinterstiindige Lage der zwei Kiemen, die Kriechsohle am Fuss, das Vorhandensein der Pleuralganglien, erlaubt auch eine Zuriickfiihrung der Lamellibranchier auf die Gastropodenstammform, wobei der Schlitzrand des Mantels dem hinteren oder Siphonalrand des Mantels der Lamellibranchier entspricht. Die betreffenden, in ahnlichen physiologischen Verhiiltnissen befindlichen Mantelrander der Fissurelliden, Haliotiden, Lamellibranchier weisen haiufig in tibereinstimmender Weise Tentakel, Papillen etc. auf. Dentalium, als ein nicht frei kriechendes, sondern limicoles Thier, passt auch insofern in unsere Theorie, als die freilich nur schwach ge- kriimmte Schale nach vorn gekriimmt ist und der Spindelmuskel an der Vorderseite des Eingeweidesackes liegt. 16:4): Rechts- und linksgewundene Schnecken. Die meisten Gastropoden besitzen einen rechtsgewundenen Hingeweidesack und entsprechende Schale. Diese Windungsrichtung wurde bestimmt dadurch, dass der Eingeweidesack und die Schale sich urspriinglich auf die linke Seite und dann immer mehr nach hinten neigte, wobei der Pallialcomplex sich auf der rechten Seite in der Mantelfurche nach vorn verschob. Weshalb die linke Seite die bevorzugte war, lasst sich natiir- lich nicht sagen. Ebensogut konnte sich die Schale zuerst auf die rechte Seite und von da aus successive nach hinten neigen, wobei dann der Pallialecomplex sich auf der linken Seite des Hingeweidesackes in der Mantelfurche nach yvorn yverschob. Die Asymmetrie hiitte dann gerade die entgegengesetzte werden miissen. Um einen concreten Fall heraus- zugreifen, hatte bei einem Monotocardier mit linksgewundenem LHinge- weidesack und entsprechend gewundener Schale das urspriinglich linke Parietalganglion zum nunmehr auf der rechten Seite gelegenen Supra- intestinalganglion werden miissen. Es wire die urspriinglich rechte Halfte des Pallialcomplexes verschwunden, und die sich erhaltende linke wiirden wir jetzt auf der rechten Seite des links gelegenen Afters oder Enddarmes antreffen. Es giebt nun bekanntlich in der That linksgewundene Gastropoden. Viele derselben haben die dieser Windungsrichtung entsprechende inverse Lage der asymmetrischen Organe, so unter den Prosobranchiern Neptunea contraria, Triforis und gelegentlich auftretende linksgewundene Exemplare von Buccinum; unterden Pulmonaten Physa, Clausilia, Helicter, Amphidromus und gelegentlich auftretende linksge- wundene Individuen von Helix- oder Limnaea-Arten. Bei Bulimus perversus, wo die Individuen indifferent rechts- oder linksgewunden sind, wechselt mit der Richtung der Schalenmiindung auch die specielle Asymmetrie der asymmetrischen Organe. 1G Falsch rechtsgewundene und falsch linksgewundene Gastropoden. Wir wissen nun aber, dass es rechtsgewundene 1) Eine ausfiihrliche Zusammenstellung der Thatsachen, die sich auf die in diesem, sowie in dem folgenden Paragraphen besprochenen Punkte beziehen, findet sich bei FIscHER et BOUVIER, 1892a (siehe Litteraturverzeichniss am Schlusse dieses Abschnittes). 246 Erstes Kapitel. Schnecken giebt, welche die Organisation linksgewundener besitzen. Hier- her gehéren unter den Prosobranchiern die linksgewundene Untergattung Lanistesdes Genus Ampullaria, unter den Pulmonaten Choan- omphalus Maacki und Pompholyx solida, unter den Opistho- branchiern diejenigen Pteropoden, welche, sei es im erwachsenen Zu- stande (Limacinidae), sei es im Larvenzustande (Cymbuliidae), eine gewundene Schale besitzen. Diese Thatsache lisst sich mit unserem Erkléirungsversuch der Asymmetrie der Gastropoden absolut nicht ver- einigen, denn dieser weist einen ursichlichen Zusammenhang zwischen der Richtung der spiraligen Aufrollung der Schale und des Eingeweide- sackes einerseits und der speciellen Asymmetrie der asymmetrischen Organe andererseits nach. Nun wurden die eben erwihnten Ausnahmen in folgender durchaus plausiblen Weise erklirt. Die Spira einer rechts- gewundenen Schale z. B. kann sich immer mehr abflachen, so dass eine in einer Ebene — oder anniihernd — aufgerollte Schale zu Stande kommt. Dann kann die Spira an der gegeniiberliegenden Seite, wo urspriinglich der Nabel lag, wieder hervorbrechen, so dass jetzt an der Nabelseite eine falsche Spira, an der Spiraseite ein falscher Nabel zu Stande kommt. Fig. 240. 7 Formen von Ampullaria-Schalen (in verschiedenem Maasse ver- kle inert), in der oberen Reihe yon der Schalenmiindung aus gesehen, in der unteren Reihe von der Riickenseite gezeichnet. Kopf, Fuss und Operculum sind willkiirlich einge- zeichnet, nur zu dem Zwecke, die rechts- und linksgewundenen Formen leichter vergleichen zu konnen. Diese Uebergiinge von einer rechtsgewundenen Schale zu einer falsch linksgewundenen, genetisch aber rechtsgewundenen, haben wir an der Hand von 7 Arten der Gattung Am pullaria bildlich dargestellt (Fig. 240). Ampullaria Swainsoni Pu.? (G) und A. Geveana Sas. (F) sind rechtsgewunden mit deutlich vorragender es Ampullaria croco- stoma Pu. (E) besitzt eine flache Spira, A (Ceratodes) rotula Mss. (D) und A. (Ceratodes) chiquitensis "p’Orp. (C) besitzen schon eine durchgedriickte oder vertiefte Spira, aber trotzdem noch einen Achten Nabel auf der Nabelseite. Bei A. (Lanistes) Bolteniana Cupmn. (B) und noch mehr bei A. purpurea Jon. (A) tritt die durchgedriickte Mollusca, Asyminetrie der Gastropoden. 247 Spira auf der Nabelseite als falsche Spira frei vor, und an der Spiraseite findet sich jetzt ein falscher Nabel. So plausibel diese Erklirung auch sein mochte, der wirkliche Beweis, dass sie richtig ist, ist erst durch Feststellung folgender Thatsachen ge- liefert. Wo ein spiraliges Operculum vorkommt, ist die Richtung der Spirale an diesem der Spiralrichtung der Schale entgegengesetzt (Fig. 241 A, B und C), und der Spiralenanfang ist immer der Nabelseite der Schale zuge- kehrt. Lanistes hat nun zwar kein spi- ralig gewundenes Operculum, aber die Pteropoden besitzen ein solches. Nun ist das Operculum bei den Pteropoden, die bei linksgewundener Schale die Organi- sation rechtsgewundener Gastropoden haben, genau so wie bei einer rechtsge- wundenen Schale. Das (immer von der freien Seite betrachtete) Operculum ist in Fig. 241. Choristes elegans der That bei Peraclis, bei den Lar- Corp. A mit Operculum in situ (nach VERRILL), B Schale von der Mee d ee Cymbul iidae und bei Li- Spiraseite, C Deckel von der Aus- macina retroversa FnemmineG links- _ senseite. gewunden, und die Anfangsstelle seiner Windung ist der (falschen) Spira zugekehrt, welche bei diesen falsch links- gewundenen Gastropoden an der Stelle des urspriinglichen Nabels liegt. So sehen wir die scheinbaren Ausnahmen in willkommenster Weise die Regel bestiitigen. (1. Aufl.) Seit der Publication des oben ausgefiihrten Erklarungsversuches der Asymmetrie der Gastropoden ist das Problem von verschiedenen Seiten wiederum in Angriff genommen und zum Theil in ganz anderer Weise zu lisen versucht worden. Es ist wohl nicht Sache eines Lehr- buches, solche im Grunde rein theoretische Erwigungen in kritischer Weise zu besprechen; auch wiire es nicht méglich, dies in knapper und kurzer Form auszufiihren, sofern man gerecht verfahren wollte, da einige der neueren Erkliirungsversuche entschieden unter einer gedriingten Dar- stellung leiden und zum Theil unverstiindlich bleiben wiirden. Wir sehen aus dem Grunde auch von einer rein sachlichen, kritik- losen Uebersicht dieser Theorien ab, zugleich in der Meinung, dass dem- jenigen, der sich fiir das Problem interessirt, durch einen solchen Ueberblick das Studium der Originalarbeiten doch nicht erspart bliebe. Dafiir ist am Schlusse dieses Abschnittes ein umfassendes Verzeichniss der einschlagigen Litteratur in chronologischer Reihenfolge zusammengestellt worden. Der Leser findet in einigen der citirten Arbeiten zusammenfassende Uebersichten der bis dahin veréffentlichten Versuche einer Erklirung der Asymmetrie der Gastropoden; es sei in dieser Beziehung speciell auf Simroru [Bronn] (1896), Bouran (1899) und Gropsren (1899) verwiesen. Im Uebrigen beschranken wir uns auf folgende kurze Bemerkungen: Die Einwiinde, die bis anhin gegen die oben vertretene Ansicht tiber die Ursache und die Art und Weise der Entstehung der Asymmetrie der Gastropoden gemacht worden sind, scheinen nicht von der Art zu sein, dass sie néthigen wiirden, diese Ansicht aufzugeben oder auch nur wesentlich zu modificiren; ebensowenig haben sich seither die Kenntnisse 248 Erstes Kapitel. und Anschauungen tiber den Stamm der Weichthiere in der Weise ver- tindert, dass in Folge dessen die Theorie unhaltbar geworden wire. Andererseits scheinen auch — es will dies natiirlich als individuelle Ansicht aufgenommen sein — die neueren und von der obigen mehr oder weniger stark abweichenden Erklirungsweisen des Problems das letztere weder in einfacherer noch in mehr befriedigender Form zu lésen. Seit dem Erscheinen der ersten Auflage des Lehrbuches ist mehreres bekannt geworden, das Schwierigkeiten beseitigt t, die sich der hier aus- gefiihrten Theorie noch entgegenstellten. Einmal ist der sichere Nach- weis erbracht worden, dass alle bis dahin bekannten Prosobranchier ein chiastoneures Nervensystem besitzen. (Fiir die Neritaceen war dies friiher mit Sicherheit nicht nachgewiesen worden. Bei Pleuro- tomaria, deren Nervensystem nicht bekannt war, ist die Chiastoneurie kiirzlich aufgefunden worden.) Ferner ist eine befriedigende Erklirung gegeben worden fiir die Fille von Heterostrophie der Schale (siehe Niheres unter Schale), in welchen Fallen der Nucleus, d. h. der ilteste Theil des Gehiiuses, eine andere Windungsrichtung zeigt als die tibrigen jiingeren Theile der Schale. Ein solches Verhalten scheint darauf hin- zuweisen, dass bei der jungen Schnecke die Schale und der Kingeweide- sack in einer Richtung spiralig aufgerollt werden, die der spiiteren Windungsrichtung entgegengesetzt ist, was sich natiirlich mit der ge- gebenen Erklarung der Asymmetrie nicht vereinigen liesse, gleichwie ihr jene falsch rechts- oder linksgewundenen Schnecken, die in § 17 be- sprochen werden, ein Hinderniss zu bereiten scheinen. Gehiiuse, die falsch rechts- oder linksgewunden sind, nennt man auch hyperstrophe, und es sei mit Bezug auf den Zusammenhang der Windungsrichtung der Schale und der speciellen Asymmetrie der Organe, sowie mit Bezug auf die Fille von Hyperstrophie und Heterostrophie namentlich auf die unten angefiihrte Abhandlung von Fiscuer und Bovvigr (1892a), mit Bezug auf die Erklirung der Heterostrophie auf diejenige von Piarr (1895) ver- wiesen. Was die Euthyneuren (Opisthobranchier und Pulmonaten) an- betritft, so wurde die Frage offen gelassen, ob bei diesen der Pallial- complex einmal wie bei den Prosobranchiern oder Chiastoneuren vorn die Mittellinie iiberschritten habe und dann wieder zuriickgedreht worden sei, oder ob der Complex hier bei der Drehung auf der rechten, resp. linken Kérperseite stehen geblieben sei und die Mediane vorn nie er- reicht habe (vergl. § 1). Die neueren Untersuchungen, speciell die Auffindung chiastoneurer Opisthobranchier und Pulmonaten, sprechen, wie dies schon an mehreren Orten in dieser zweiten Auflage des Lehrbuches hervorgehoben wurde, fiir die erste Auffassung, d. h. die Euthyneuren sind von den Chiasto- neuren abzuleiten, ihr Pallialcomplex wurde aus einer Lage, wie er sie bei den Diotocardiern einnimmt, wieder zuriickgedreht 4). 1) Dieser Detorsionsprocess bei den Euthyneuren (allerneuestens wieder yon einer Seite bestritten) besteht iibrigens nicht bloss in einer einfachen Riickverschiebung des Pallialeomplexes lings der rechten, resp. linken Kérperseite, vielmehr kommen in vielen Fiillen dabei noch anderweitige Verlagerungeny verschiedener Organe in Betracht, Ver- lagerungen, die im Zusammenhange stehen mit fortschreitender tudimentation der ‘Schale und Verstreichen des gewundenen Eingeweidesackes. Fir die eigentliche Ursache dieser Riickdrehung mangelt noch eine yollkommen befriedigende Erklirung. Mollusca. Asymmetrie der Gastropoden. 249 Es andert dies an der gegebenen Erklirung der Asymmetrie gar nichts; einzig diirfen diese Formen nicht mehr als Beispiele angefiihrt werden, bei denen der Verschiebungsprocess des Pallialeomplexes von hinten nach vorn nur halbwegs durchgefiihrt wurde, und bei denen trotz- dem schon die urspriinglich linke Halfte des Complexes verloren ging. Dieser letzte Punkt fallt natiirlich sehr in Betracht fiir jenen Theil der Erklairung, der in § 11 gegeben ist und der von der speciellen Asymmetrie des Pallialeomplexes der meisten Gastro- poden handelt. Es wurde dort angenommen, dass in Folge des auf ihr lastenden Druckes der Schale die urspriinglich linke Hiilfte des Pallialcomplexes von Anfang an in ungiinstige Verhiltnisse gerieth und dass _ deshalb vornehmlich das urspriinglich linke Ctenidium kleiner werden musste oder vielleicht ganz verschwand. Die Annahme eines Detorsionsprocesses fiir die Euthyneuren vorausgesetzt, liefern diese natiirlich kein Beispiel mehr fiir das Verschwinden der linken Hilfte des Pallialcomplexes, be vor der letztere ganz nach vorn verschoben wurde. Die Euthyneuren sind Jetat in dieser Hinsicht unter dem gleichen Gesichtspunkte zu betrachten wie die Azygobranchier und die Monotocardier. Was diese einkiemigen Gastropoden betrifft, sind wir daher vor die Alternative gestellt, entweder anzunehmen, dass bei ihnen die Riickbildung der linken Hilfte des pallialen Complexes schon vor der vollstiindigen Drehung des Complexes nach vorn begonnen und zum Theil durchgefiihrt wurde, ‘oder aber anzunehmen, dass diese Riickbildung erst nach diesem Stadium der vollstandigen Drehung erfolet sei, d. h. dass diese Formen ein Stadium durchlaufen haben, auf dem sie in der vorderstindigen Mantelhéhle unter anderem noch zwei vollkommen gleich grosse Kiemen besassen. Oben (§ 11 und 12) wurde der Entscheid zu Gunsten der ersteren Annahme gefillt, und mit deren Hiilfe fand auch die Frage ibre Er- ledigung, weshalb die Schale auch dann noch fortfihrt, asymmetrisch zu wachsen, wenn die primire causa efficiens zu wirken aufgehért hat (siehe § 12). Alle diese Fragen, welche die specielle Asymmetrie des pallialen Complexes beriihren, sind, wie es scheint, heute nicht leichter zu be- antworten als friiher. Es soll nicht verhehlt werden, dass namentlich eine Schwierigkeit der hier acceptirten Anschauung, wonach der palliale Complex in seiner urspriinglich linken Hilfte schon wahrend der Torsion Riickbildung erlitt, sich entgegenstellt: das ist das Verhalten von Pleuro- tomaria, jenes ultesten aller Prosobranchier. Bei Pleurotomaria, deren Anatomie leider immer noch ungeniigend bekannt ist, sollen neueren Angaben zu Folge zwei symmetrische und gleich grosse Ctenidien vor- kommen ; Pleurotomaria ist aber eine Form mit spirahg gewundener Schale, so dass fiir sie die Annahme einer secundiren Ausgleichung der bereits vorhandenen Asymmetrie, wie dies fiir Haliotis, Fissurella etc. angenommen wurde (§ 12), wenigstens nicht mit derselben Begriindung (Ausbildung einer flachen, napfformigen Schale) erfolgen kann. Sollte sich weiterhin bestiitigen, dass in der That bei Pleurotomaria zwei gleich grosse symmetrische Kiemen vorkommen, und sollte kein Grund gefunden werden, der dies Verhalten als ein secundires, von einem asymmetrischen Stadium abzuleitendes plausibel machen wiirde, so miisste man wohl auf die Annahme verzichten, dass die Asymmetrie des pallialen Complexes schon vor der Verschiebung des Complexes nach vorn sich 250 Erstes Kapitel. auszubilden begonnen habe; es sei denn, man nehme eine von anderer Seite gegebene ‘Erklarung an, die dahin geht, dass bei den Pleurotomarien die Drehung des Pallialcomplexes nach vorn sich sehr rasch vollzog, so dass gewissermaassen keine Zeit zur Riickbildung der linken Hilfte des Complexes blieb, wiihrend bei den anderen Gastropoden, zum mindesten den Stammformen der einkiemigen, diese Drehung viel langsamer vor sich ging und deshalb die Ausbildung der Asymmetrie der Pallialorgane friihzeitig erlaubte. Wire es nun auch in der That nicht mehr méglich, die ,,friihzeitig auftretenden asymmetrischen Raumverhiltnisse der Mantelhéhle“ zur Erklirung des in § 12 beriihrten Punktes herbeizuziehen, zur Beant- wortung ‘der Frage nimlich, weshalb die Schale fortfahrt, sich spiralig aufzurollen, wenn die Mantelhéhle bereits ganz nach vorn verschoben wurde, so wire damit die oben versuchte Erklirung der Asymmetrie in den iibrigen und wichtigsten Punkten keineswegs erschiittert, da diese letzteren jenen speciellen, die Asymmetrie der Pallialorgane beriihrenden Theil der Erklirung nicht als unumgiinglich nothwendige Folge aus sich hervorgehen lassen. Fiir diesen Theil miisste dann freilich nach einer anderen Begriindung umgesehen werden. Hin Theil der neueren Versuche zur Erklirung der Asymmetrie der Gastropoden geht von einer ganz anderen Stammform aus, als sie oben in § 3 angenommen wurde und die wir uns als ein Chiton- oder Fissurella- iihnliches Thier mit breiter Kriechsohle und napfférmiger Schale vor- gestellt haben (Prorhipidoglossum). Ihre Stammform ist larven- ihnlich und freischwimmend. Die Ausbildung des Kriechfusses wird gerade als sehr wichtiges oder als Hauptmoment zur Erklirung der Verlagerung des Pallialcomplexes herangezogen. in solcher Stand- punkt ist von dem hier vertretenen natiirlich principiell verschieden. Auf eine Discussion der beiden Ansichten kann aus den bereits ange- gebenen Griinden nicht eingetreten werden. Folgendes sei immerhin hervorgehoben: Als gewichtiger Einwand gegen den oben durchgefiihrten Erklirungs- versuch wird vor gebracht, dass. die Vorgiinge, w elche bei der Ontogenese mancher Gastropoden die Verschiebung des Pallialcomplexes, die Aus- bildung der gewundenen Schale und des entsprechenden Eingeweidesackes, schliesslich die eigentliche Asymmetrie des Kérpers herbeifiihren, sich nicht decken mit jenen, die nach diesem Erklirungsversuch in der phylogenetischen Entwickelung zur Erreichung genannter Resultate sich abspielten, insofern namentlich nicht dieselbe wirkende Ursache sich geltend machen soll. Dem gegeniiber darf wohl hervorgehoben werden, dass, unter der Voraussetzung einer Chiton- oder Fissurella-éhnlichen Stammform natiirlich, diese in der individuellen Entwickelung sich ab- spielenden Vorgiinge im EKinzelnen gar nicht dieselben sein kénnen, wie sie fiir die Phylogenese angenommen wurden, weil in beiden Fallen der Ausgangspunkt ein ganz anderer ist: dort die Larve, an die frei- schwimmende Lebensweise angepasst, der Fuss als Locomotionsorgan ganz zuriicktretend, hier die Stammform, bereits mit einem wohlent- wickelten, zum Kriechen bestimmten Fusse ausgestattet. Die Ent- wickelungsgeschichte der Gastropoden und besonders der in erster Linie in Betracht fallenden urspriinglicheren Formen ist iibrigens noch nicht in der Weise durchforscht, dass man das Bekannte jetzt schon in so eingehender und einer vergleichend-anatomischen Betrachtung gegentiber pridominirender Weise zur Erklirung phylogenetischer Vorgiinge ver- Mollusca. Asymmetrie der Gastropoden, 251 wenden kénnte. Wenn z. B. bei Acmaea, jener Patella verwandten Form, bei der die Schale des erwachsenen Thieres auch secundir wieder eine symmetrische, nicht spiralig aufgerollte, napfformige Gestalt angenommen hat, diese Schale in der individuellen Entwickelung niemals ein spiralig gewundenes Stadium durchliuft, so bleibt die erwihnte, das Gegentheil zeigende Entwickelung der Fissurellaschale als hochbedeutsames Moment ungeschwicht. Ferner sei darauf hingewiesen, dass gerade die erste Entstehung der Asymmetrie bei der Gastropodenlarve in keiner Weise genau abgeklirt ist. (Siehe z. B. Conxiix, Embryologie von Crepidula, dann das im Abschnitt Ontogenie erwiihnte Factum des Verhaltens der Furchungsspiralen bei links- und rechtsgewundenen Schnecken.) (K. H.) Litteratur zum Abschnitt: Asymmetrie der Gastropoden. 1880. Spengel, J. W., Die Geruchsorgane und das Nervensystem der Mollusken. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 35. 1887. Biitschli, O., Bemerkungen tiber die wahrscheinliche Herleitung der Asymmetrie der Gastropoden, specieli der Asymmetrie im Nervensystem der Prosobranchiaten. Morphol. Jahrb., Bd. 12. 1889. Simroth, H., Ueber einige Tagesfragen der Malacozoologie, hawptsichlich Con- vergenzerscheinungen betretiend. Zeitschr. f. Naturw. Halle, Bd. 62. 1890. Pfeffer, G., Die Windungsverhdltnisse der Schale von Planorbis. Jahrb. d. Hamburg. wiss. Anstalten, Jahrg. 7. 1891. Jhering, H. v., Sur les relations naturelles des Cochlides et des Ichnopodes. Bull. scient. France et Belg., T. 28. 1891. Pelseneer, P., Sur la dextrorsité de certains Gastropodes dits ,,sénestres“. Bull. de séances de la Soc. Roy. Malac. de Belgique, T. 26, oder Compt. rend. Acad. sc. Paris, Shen algh 2, 1891. Lang, A., Versuch einer Erklirung der Asymmetrie der Gasteropoden. Viertel- jahrschr. d. naturforsch. Ges. Ziirich, Jahrq. 36. 1892a. Fischer, P., et Bouvier, E. L., Recherches et considérations sur Vasymétrie des Mollusques univalves. Journ. de Conchyliologie, T. 32. 1892. Pelseneer, P., A propos de Vasymétrie des Mollusques univalves. Journ. de Conchyliologie, T. 32. 1892b. Fischer, P., et Bouvier, E. L., Sur Venroulement des Mollusques univalves. Journ. de Conchyliologie, T. 32. 1892. Buchner, O., Die Asymmetrie der Gastropoden in thren Beziehungen und Wir- kungen auf die Lebenstusserungen der schalentragenden Schnecken. Jahreshefte d. Ver. f, vaterl. Naturk. in Wiirttemb., Jahrg. 48. 1894. Grobben, K., Zur Kenntniss der Morphologie, der Verwandtschaftsverhdltnisse und des Systems der Mollusken. Sitzber. d. Kais. Ak. d. Wiss. Wien. Math. naturw. Classe, Bd. 108. 1894. Pelseneer, P., Recherches sur divers Opisthobranches. Mém. cour. et Mém. d. savants étrangers publ. p. V’ Acad. Roy. de Belgique, T. 53. oder — Introduction & Vétude des Mollusques. Bruxelles 1894. oder — Mollusques in Traité de Zoologie, publ. p. R. Blanchard, Fasc. XVI, 1897. 1894. Haller, B., Studien iiber docoglosse und rhipidoglosse Prosobranchier. Letpzig, 1894. 1895. Grobben, K., Ueber den Zusammenhang von Asymmetrie der Aufrollung mit der Drehung bei den Gastropoden. Tagbl. d. 66. Versamml. deutsch. Naturf. wu. Aerzte in Wien, 1894. 1895. Plate, L., Bemerkungen tiber die Phylogenie und die Entstehung der Asymmetrie der Mollusken. Zool. Jahrb., Abth. f. Anat. und Ontog., Bd. 9. 1896. Goette, A., Bemerkungen zur Entwickelungsgeschichte der Mollusken. Verh. d. Deutsch. zool. Ges. 6. Jahresvers. zu Bonn. 1896. Simroth, H., Mollusca. Bronn’s Classen und Ordnungen des Thierreichs, Bd. 3, 22. u. 28. Liefrg. 1898. Amaudrut, A., La partie antériewre du tube digestif et la torsion chez les Mollusques gastéropodes. Ann. scienc. nat., Zool., (8) T. 7. 1898. Simroth, H., Ueber die mégliche oder wahrscheinliche Herleitung der Asymmetrie der Gastropoden. Biol. Centralbl., Bd. 18. 252 Erstes Kapitel. 1899. Boutan, L., La cause principale de Vasymétrie des Mollusques gastéropodes. Arch. Zool. exper., (Sarl mre 1899. Grobben, K., Einige Betrachtungen tiber die phylogenetische Entstehung der Drehung und der asymmetrischen Aufrollung bet den: Gastropoden. Arb. Zool. Inst. Wien, Bd. 12. XY. Sinnesorgane. A. Organe des Hautsinnes. In der Haut der Mollusken finden sich in verschiedener Anordnung und Zahl Epithelsinneszellen (FLEMMING’sche Zellen), die iiber gréssere Strecken zerstreut sein kénnen. In ihrer gewodhnlichen Form stellen diese Zellen langgestreckte, diinne Gebilde dar, die an der Stelle, wo der Kern liegt, angeschwollen sind und die sich in eine Neryenfaser fortsetzen, welche in das Nervensystem hinein verliuft (Sinnesnervenzellen). Da die kernfiihrende verdickte Partie der Zelle meist unter dem Epithel im Bindegewebe gelegen ist, erscheint auch (lie fiussere, bis zur Koérperoberfliiche sich fortsetzende Partie diinn- fadenférmig; nur am Rande des Epithels schwillt der iiusserste Theil meist zu einem K6pfchen an und triigt dann ein Biischel von Sinnes- Fig. 242. Sinneszellen vom Vorderende des hinteren Fiihlers von Arion ater, nach Rerzivs, Biol. Unters., 1892. 2 Epidermis, 2 Sinneszellen. Mollusea. Sinnesorgane. aoe haaren; doch kénnen letztere auch fehlen. Es handelt sich also um Epithelsinneszellen, die in der Hauptsache bereits unter das Epithel verlagert worden sind und die deshalb das Aussehen von bipolaren Nervenzellen besitzen (Fig. 242) [Pinsel- oder Haarzellen FLEMMrINGs]. Daneben finden sich, wie es scheint, nur bei Lamellibranchiern Sinnes- zellen, die in ihrer Form mehr den gewoéhnlichen Epithelzellen gleichen, und ein grosses. an der Begrenzung der dusseren Koérperoberfliche theilInehmendes Endplateau besitzen, das ein Biischel nach aussen vor- ragender Sinneshaare tréigt; auch sie gehen an der Basis in eine Nervenfaser tiber. Da aber, wie erwiihnt, auch bei den zuerst be- schriebenen Formen yon Sinneszellen der kernfiithrende Theil noch im Epithel selbst liegen kann, sind beide Arten yon Zellen nur als Modi- ficationen eines und (desselben Typus aufzufassen. Eine scharf um- erenzte, specifische Function diirfte diesen Epithelzellen wohl kaum zuzuschreiben sein. Sie mégen noch empfindlich sein fiir sehr ver- schiedene Reize, hauptsiichlich mechanische und chemische, und sie mogen also in unbestimmter Weise die Rolle von Tast-, Geruchs- und Geschmackszellen spielen. Thre Function mag sich nur da etwas mehr specialisiren, wo sie an bestimmten Kérperstellen in grésserer Anzahl znsammengedriinet vorkommen und besondere Sinnesorgane dar- stellen. Zwischen den einzelnen Sinneszellen eines solchen Haut- sinnesorganes erhalten sich aber immer noch andere Epithelzellen: Driisenzellen, Flimmerzellen, Stiitzzellen ete. i Tastorganie. An exponirten Kérperstellen wird wahrscheinlich die Tastfunction der Hautsinneszellen in den Vordergrund treten: so an den Tentakeln, Epipodialfortsitzen, Siphonen, am Mantelrand der Lamellibranchier, am Fussrande etc. etc. Immerhin ist auch fiir diese Stellen nicht anzu- nehmen, dass die an ihnen befindlichen Sinneszellen nur fiir mechanische Reize empfindlich sind. So wurde nachgewiesen, dass eine grosse Zahl von Muscheln, die keine Augen besitzen, lichtempfindlich sind, auf Beleuchtung und Beschattung reagiren (photoskioptischer Sinn). Auch bei Pulmonaten (Helix) zeigt sich eine solche Licht- empfindlichkeit der féusseren Haut. 2. Geruchsorgane. Die specifische Function eines Sinnesorganes niederer Thiere fest- zustellen, ist im Alleemeinen schwierig, besonders gilt dies aber von jenen Organen, die als Geruchs- oder Geschmacksorgane gedeutet werden sollen. Man bezeichnet wohl auch Geruchs- und Geschmacks- sinn gemeinsam als chemischen Sinn. Fiir die Wasserthiere wird ) neuerdings wieder die Ansicht vertheidigt, dass ihnen ein Riechver- mogen entsprechend demjenigen der Landthiere, bei welchen dasselbe auf der Einwirkung gasférmiger Riechstofte beruht, mangle, dass bei ihnen vielmehr die W ahrnehmungen des chemischen Sinnes sich auf Geschmacksempfindungen oder dann auf Empfindungen unbekannter Qualitiit beschrinken. Da diese Fragen jedoch zum Theil noch sehr strittig sind und weiterer Untersuchungen bediirfen, belassen wir hier die friihere Eintheilung in Geruchs- und Geschmacksor gane fiir alle Mollusken, cleichgiiltig, in welchem Medium sie leben. 254 Erstes Kapitel. a) Das Osphradium. Wie bei Prosobranchiern nachgewiesen wurde, kommen Sinnes- zellen im ganzen, der Mantelhéhle zugekehrten, also inneren Epithel des Mantels zerstreut zwischen den anderen Epithelzellen yor. Es lassen sich nimlich hier, wie auch an anderen Kdérperstellen, 3 Arten von Epithelzellen nachweisen: 1) indifferente Epithelzellen; diese kénnen gelegentlich Pigment enthalten, sie sind meist bewimpert ; 2) Driisenzellen; 3) Sinneszellen. Das numerische Verhilt- niss dieser 3 Zellenarten kann in verschiedenen Bezirken des Mantels wechseln. Priidominiren die Driisenzellen, so nimmt der betreffende Bezirk einen vorwiegend driisigen Charakter an und kann sich sogar zu einer scharf localisirten Epitheldriise (z. B. Hypobranchialdriise) ausbilden. An den Kiemen pridominiren die indifferenten Wimper- zellen. Pridominiren die Sinneszellen, so nimmt der betreffende Be- zirk einen vorwiegend sensoriellen Charakter an. Er wird, wenn er sich scharf localisirt, und wenn die Sinneszellen immer mehr vor- herrschen, zu einem Sinnesorgane des Mantels. Die allmihliche Ausbildung und fortschreitende Differenzirung eines solchen pallialen Sinnesorganes liisst sich besonders schon bei den Prosobranchiern ver- folgen. Das Sinnesorgan ist kein anderes als das Osphradium. Vermége seiner Lage in der Mantelhéhle und speciell in der Nihe der Kiemen wird man geneigt sein, zu vermuthen, dass seine Haupt- function die der Untersuchung der Bese hatfenheit des Athemwassers sei, mit anderen Worten, dass es vorwiegend als Ger uchsorgan oder, allgemeiner ausgedriickt, als Organ des chemischen Sinnes functionire. Neuere experimentelle Untersuchungen setzen freilich diese Function des Osphradiums wieder sehr in Zweifel. Das Osphradium ist unter den Prosobranchiern am wenigsten diffe- renzirt bei den Diotocardiern. Bei den Fissurelliden existirt es noch gar nicht als scharf localisirtes Organ. Bei den Monotocardiern diffe- renzirt es sich immer mehr, bekommt ein besonderes Ganglion und erreicht schliesslich bei den Toxiglossen das Maximum seiner Ent- wickelung. Eine Uebersicht iiber die Lagerungs- und Zahlenverhiltnisse des Osphradiums ist schon in einem anderen Abschnitt (p. 103) gegeben worden. Wir heben hier nur nochmals hervor, dass dieses Sinnesorgan beim Ueber- gang von der Wasser- zur Luftathmung sich zuriickbildet und ver- schwindet. Solche Uebergiange zeigen sich in verschiedenen Abtheilungen der Prosobranchier (siehe Abschnitt Respirationsorgane); so fehlt ein Os- phradium hier vollstiindig bei den terrestrisch lebenden Helicinidae und Cyclophoridae. Unter den Pulmonaten erhilt es sich, allerdings auch nach Verlust der Kieme bei den im Wasser lebenden Basommatophoren (den Auriculiden als Landformen mangelt es) und bei ganz wenigen Stylommatophoren (Testacella, Parmacella [?], Janelliden). Unter den Opisthobranchiern verschwindet das Osphradium, ohne dass ein Ueber- gang zur Luftathmung stattfiinde, im Zusammenhang mit der Riickbildung des Ctenidiums und der Mantelhéhle; dafiir sind hier wohlausgebildete Riechtentakel oder Rhinophoren vorhanden. Auf eine ausfiihrliche Darstellung der besonderen Form und des be- sonderen Baues des Osphradiums in den verschiedenen Abtheilungen der Mollusken miissen wir verzichten. Wir wollen uns darauf beschrinken, Mollusea. Sinnesorgane. 255 das hoch entwickelte Osphradium eines Taenioglossen, der Cassidaria tyrrhena, zu beschreiben. Das Osphradium von Cassidaria liegt als ein langliches, an beiden Enden zugespitztes Organ links vom Ctenidium am Mantel in der Mantelhéhle. Es sieht wie bei anderen stark specialisirten Monotocardiern aus (Fig. 116 p. 107) wie eine zweizeilig gefiederte Kieme und ist des- halb auch als ,Nebenkieme*“ betrachtet und bezeichnet worden. Es besteht aus einem sich auf dem Mantel erhebenden, im Querschnitte an- nihernd viereckigen Wulste, welcher jederseits 125—150 flache Blittchen triigt, die auf der Fliiche des Mantels senkrecht stehen und dicht ge- dringt sind, so dass die Flichen der aufeinander folgenden Blittchen aneinander liegen. Der Wulst wird fast ausschlesslich von einem ge- streckten Ganglion, dem Osphradialganglion, gebildet. Von diesem Ganglion erhilt jedes Blittchen einen besonderen Nerven, der seiner unteren, gegen die Mantelhéhle vorragenden Kante entlang verliuft und 4 Hauptzweige in das Blittchen entsendet. An der dorsalen, dem Mantel zugekehrten Seite enthilt jedes Blittchen Blutsinusse, die mit einem tiber dem Ganglion im Wulste lhegenden Sinus communiciren. Die erwahnten Hauptzweige veriisteln sich. Ihre letzten, feinsten Aestchen durchsetzen die Stiitzmembran zwischen Epithel und dem subepithelialen Gewebe und verbinden sich mit veriistelten, im Epithel (interepithelial) liegenden Gan- glienzellen, von denen eine jede mit einer spindelférmigen Epithelsinnes- zelle in Verbindung steht. Die veriistelten interepithelialen Nervenzellen stehen unter einander dureh ihre Fortsitze im Zusammenhang. Das beschriebene Sinnesepithel ist an der unteren, der Mantelhéhle zugekehrten Oberflache der Osphradialblattchen entwickelt, und in dieser Gegend sind die indifferenten, cilienlosen Epithelzellen mit Kérnern gelben Pigmentes erfiillt, wiihrend diese Zellen in der oberen Region eines jeden Blittchens pigmentlos und bewimpert sind. Auch Driisenzellen sind — in bestimmter Anordnung — im Epithel der Osphradialblattchen vor- handen. Was die Innervation des Osphradiums anbetrifft, so entspringt der Osphradialnerv gewéhnlich aus dem Pleurovisceralconnectiv und zwar da, wo ein Parietalganglion vorhanden ist, aus diesem; bei den Lamellibran- chiaten kommt er von dem Parietovisceralganglion. Meist ist der Os- phradialnerv ein Seitenzweig des Kiemennerven. Wichtig ist der bei Lamellibranchiaten erbrachte Nachweis, dass die Fasern der Osphradialnerven, obschon diese Nerven von dem Parieto- visceralganglion kommen, nicht aus diesem selbst entspringen, dass sie sich vielmehr direct in die Pleurovisceralconnective fortsetzen und in den Cerebralganglien wurzeln. b) Riechtentakel. Man nimmt an, dass die Kopftentakel der Gastropoden im Dienste der Geruchswahrnehmung stehen. Fiir die Landpulmonaten sprechen mehrfach angestellte Experimente dafiir, dass speciell die grossen oder Augententakel diese Function besitzen; doch scheint auch dem vorderen Tentakelpaar, wie iiberhaupt der ganzen vorderen Kopfregion ein ge- wisses Riechvermégen zuzukommen. Allgemein verbreitet, wenn auch experimentell wenig gestiitzt, ist die Ansicht, dass die hinteren oder dorsalen Tentakel (Rhinophoren) der Opisthobranchier Geruchsorgane seien oder, um uns vorsichtiger auszudriicken, im Dienste des 256 Erstes Kapitel. chemischen Sinnes stehen. Diese Rhinophoren (Fig. 159, p. 150) zeigen hiiutig Obertlichenvergrésserungen, vielfach in Form von mehr oder weniger zahlreichen, ringférmigen Lamellen, welche den Tentakel kragenformig umgeben. Oft auch sind diese Rhinophoren ohrférmig oder diitenformig eingerollt. Nicht selten sind sie in besondere Gruben oder Scheiden zuriickziehbar. Sie werden vom Gehirnganglion aus durch einen Nerven innervirt, welcher an ihrer Basis ein Ganglion bildet. Am seitlichen und unteren Rande der Kopfscheibe der Cephalaspidea, welches Organ man als aus der Verschmelzung der Labialtentakel und Kopftentakel hervorgegangen betrachtet, finden ‘sich als Geruchsorgane ge- deutete Gebilde, die da, wo sie am besten ausgebildet sind, aus mehreren sich auf der Kopfscheibe erhebenden parallelen »Riechlamellen* bestehen (Fig. 243). Diese hie und da der Form nach einem wohl entwickelten Osphradium tthnlichen Gebilde stellen nur den hintersten Abschnitt einer weiter ausgedehnten Sinnesregion dar (Hancock’sches Organ), die sich nach vorn jederseits bis zum Munde erstreckt und im vordersten Abschnitt wohl Geschmacksfunction iibernimmt. ‘ Sieht man dieses ein- - heitliche Organ als urspriinglicher an, so wird man schliessen, BS dass bei den anderen °) Tectibranchiern das- selbe sich in die ~ eae ae Sinnesregionen der ¢ - a 5 Mundgegend,~ der ff ok. oS > ag vorderen und der if ' ee hinteren Tentakel dyer “ g (Rhinophoren) — ge- 8 S theilt habe. Fig. 245. Bulla hydatis, yon der rechten Seite, nach PELSENEER, 1894. 1 Kieme, 2 hermaphroditische Geschlechtséffnung, 7 Rhinophor, 4 Auge, 5 Kopfschild, 6 Peniséffnung, 7 Parapodium, 8 unterer Mantellappen. Bye g ia LNG) ) Riechgruben der Cephalopoden. Bei den nae ten liegt jederseits tiber den Augen (nach ver- gleichend-anatomischer Orientirung) eine als Geruchsorgan gedeutete Grube (bei einigen Formen, z. B. Chiroteuthis, Doratopsis, “Mastigo- teuthis, Ctenopterix, an Stelle derselben ein tentakelformiger Fortsatz), deren Epithelboden aus Wimperzellen und Sinneszellen besteht. Unter dieser Grube findet sich ein ,Riechganglion“, das dem Opticus dicht anliegt. Die zum Ganglion verlaufenden Neryvenfasern lagern sich dem Opticus ebenfalls an, stammen aber in letzter Linie vom Cere- bralganglion. Der Gedanke liegt nahe, diese Geruchsorgane als Reste der hinteren Tentakel der Gastropoden aufzufassen, sie zu vergleichen mit den Rhinophoren der Opisthobranchier. Nautilus besitzt an ent- sprechender Stelle jederseits einen kleinen Tentakel in Verbindung mit einer Grube: ausserdem soll aber bei dieser Form auch den beiden Augententakeln (siehe Abschnitt Fuss) Riechfunction zukommen. Diese letzteren sind als modificirte Kopffusstentakel zu betrachten, die im Gegensatz zu den gewodhnlichen Tentakeln bewimpert erscheinen Mollusca. Sinnesorgane. 251 (Fig. 181 und 182). Wir haben schon friiher gesehen, dass Nautilus noch echte Osphradien zukommen. d) Palliale Sinnesorgane der Lamellibranchier. Bei mehreren Asiphoniaten sind ausser den Osphradien noch epitheliale Sinnesorgane nachgewiesen worden, welche auf kleinen Falten oder Hickern rechts und links neben dem After, zwischen diesem und dem Hinterende der Kieme liegen. Sie werden von einem Zweig des hinteren Mantelnerven inneryirt. Epitheliale Sinnesorgane von verschiedener Form (Platten von Sinnes- epithel, Sinneslamellen, Sinneswiilste, Biischel von kleinen Tentakeln) finden sich auch bei Siphoniaten am Mantel, und zwar auf dem Riickziehmuskel der Siphonen, an der Basis des Branchialsiphos. Auch diese pallialen Sinnesorgane der Siphoniaten werden vom hinteren Pallialnerven inner- virt und diirften den analen Sinnesorganen der Asiphonier entsprechen. Ihre Function ist unbekannt. Man vermuthet, dass sie derjenigen des Osphradiums analog sei. In besonders reicher Ausbildung treten palliale Sinnesorgane bei vielen Protobranchiern auf; doch wechselt Lage und Bau bei den ein- zelnen Formen sehr, so dass eine Homologisirung vorliiufig schwierig er- scheint. Der Char alcter dieser Organe ist tibrigens bald mehr ein drisiger, bald ein vorwiegend sensorieller. e) Die Geruchsorgane der Chitonen. In der Mantelrinne der Chitonen existiren epitheliale Sinnesorgane, die als Geruchsorgane gedeutet worden sind. Es handelt sich um Leisten oder Wiilste, an denen das ausserordentlich erhéhte Epithel aus Driisen- zellen und fadenférmigen Sinneszellen besteht. Bei Chiton laevis (?) und Ch. cajetanus finden sich jederseits in der Mantelrinne 2 sich in der ganzen Lange der Kiemenreihe erstreckende Sinnesleisten, von denen die eine, die parietale, der inneren Wand der Furche, d. h. der Seiten- wand des Fusses angehért, waihrend die andere, die paraneurale Leiste, dem Boden der Furche entlang, also iiber der Kiemenbasis und unter dem Pleurovisceralstrang verliiuft. Es setzt sich die Paraneural- leiste eine kurze Strecke weit auf die Innnenseite einer jeden Kieme fort, so dass jede Kieme einen epibranchialen Sinneshiécker besitzt. Vor dem ersten Kiemenpaar und in der Gegend des letzten werden die Sinneszellen auf den paraneuralen Sinnesleisten im Vergleich zu den Driisenzellen viel zahlreicher. Chiton siculus, Ch. Polii und Acanthochiton (bei diesen reichen die zahlreichen Kiemen weit nach yorn) besitzen die parietalen und die paraneuralen Sinnesleisten nicht. Bei ihnen beschriinkt sich das Sinnesepithel auf je 2 Epithelwiilste, welche paraneural hinter dem letzten Kiemenpaare gelegen sind und an welche sich ein hohes Hpithel anschlesst, welches die Mantelwand des hintersten Raumes der Kiemenfurche itiberzieht. Alle diese Sinnesepithelien scheinen von den Pleurovisceralstringen aus innervirt zu werden. In neuester Zeit wird jedoch die Ansicht vertreten, dass speciell als Osphradien Epithelhécker oder -wiilste zu betrachten seien, die neben dem After, zwischen letzterem und hintersten Kiemen, liegen, Bildungen also, die den oben fiir Chiton siculus etc. beschriebenen entsprechen und Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl. Ie 258 Erstes Kapitel. die sich bei sehr vielen Chitonarten finden. Die anderen erwiihnten, parietalen und paraneuralen Leisten und Wiilste sind danach mehr als driisige Gebilde aufzufassen. Ausserdem wurden bei Hanleya und den Lepidopleuriden als Osphradien Sinnesorgane beschrieben, die auf der Aussenkante der Kiemen manchmal nur bei einem Theile der letzteren als Verdickungen des Epithels auftreten, unter denen der Kiemennerv gangliése Anschwellungen zeigen kann. Vielleicht handelt es sich um verlagerte Osphradien der anderen Chitonen. In der Mantelfurche verschiedener Chitonarten (Lepidopleurus, Hanleya) sind ferner an der iiusseren, d. h. dem Mantel angehérenden Wand Sinneshiigel in grésserer Zahl aufgefunden worden; sie sind am ehesten den gleich zu besprechenden Seitenorganen der Diotocardier zu ver- gleichen. Die ,Seitenorgane’ der Diotocardier An der Basis der Epipodialtentakel yon Fissurella und Trochiden, an der Basis der unteren Tentakel der Epipodialkrause von Haliotis und bei dieser letzteren Gattung noch an anderen Stellen in der Nihe der Krause finden sich Sinnesorgane, die mit den Seitenorganen der Anneliden verglichen worden sind. Sie bestehen aus einem Hofe von Sinnesepithel, der sich kugelformig vorwélben und grubenférmig vertiefen kann. Das Epithel dieser Sinnesor eane, die an der Unterseite der Basis der Epipodialtentakel liegen, besteht aus je mit einer Sinnesborste ver- sehenen Sinneszellen und pigmentfithrenden Stiitzzellen. Die Inner- vation geschieht fiir jedes Sinnesorgan durch den betreffenden Tentakel- nerven, der vom Pedalstrange stammt und in der Basis eines jeden Epipodialtentakels ein Ganglion hildet. 3a. Das subpalliale Sinnesorgan einzelner Diotocardier. Bei den Patelliden findet sich jederseits am Fusse ein Streifen von Sinnesepithel, der gleich hinter dem Osphradium am Rande der Kiemenhéhle beginnt und je nach den einzelnen Formen verschieden weit nach hinten sich ausdehnt. Nach seiner Lage bezeichnet man den Streifen als subpalliales Sinnesorgan. Weder iiber seine Function noch tiber die Homologie mit anderen Sinnesorganen lisst sich etwas Sicheres sagen. Entsprechende Gebilde sollen auch bei Haliotis und einigen anderen Rhipidoglossen vorhanden sein, 4. Geschmacksorgane. Falten und Wiilste der Mundhohle sind in einigen Abtheilungen der Mollusken als Geschmacksorgane gedeutet worden, doch immer ohne physiologische, fast immer ohne histologische Bear indung. Nur in wenigen Fiillen, bei Chitoniden(?) und “Diotocardiern (Haliotis, Fissurella, Trochus, Turbo und Patella) wurde das Vorhandensein von sogenannten ,Geschmacksbechern* auf einem Wulste der Mundhoéhle nachgewiesen. Dieser ,Geschmackswulst* legt am Boden der Mundhohle, dicht hinter der Lippe. In seinem Epithel finden sich wenige Geschmacksbecher, gegeniiber dem umliegenden Epithel etwas vertieft. Sie bestehen aus Sinneszellen mit frei vorragendem Sinnes- Mollusca. Sinnesorgane. 259 kegel und Stiitzzellen. Auch bei einigen Heteropoden wurden becher- formige Organe in der Mundhoéhle und deren Umgebung nachgewiesen, sowie ein ausgesprochenes Geschmacksvermégen experimentell dar- gethan. Rechts und links vom Munde der Pulmonaten legt ein Mund- lappen, unter dessen hohem, von einer dicken Cuticula tiberzogenem Epithel ein Ganglion liegt. Kleinere Ganglien finden sich in den am oberen Mundrande liegenden Lippchen. Alle diese Ganglien werden von verschiedenen aus dem Cerebralganglion entspringenden Nerven versorgt; einer derselben (der eigentliche Nery des Mundlappens) stellt einen Zweig des vorderen Tentakelnerven dar oder wurzelt wenigstens mit diesem gemeinsam im Gehirnganglion. Die erwihnten Lappen werden als Geschmacksorgane aufgefasst: sie wurden lange Zeit irrthiimlicherweise mit dem sogenannten SEMPER’schen Organ (Buecaldriisen, siehe Darmkanal) identificirt. 5. Subradulares Sinnesorgan von Chiton. Bei Chiton wurde ein in der Mundhoéhle gelegenes Sinnesorgan als Subradularorgan von unbekannter physiologischer Bedeutung beschrieben. Es ist eine ,unter und vor der Radula gelegene Erhaben- heit“ (iiber die Lage orientire man sich an Fig. 272) und hat die Ge- stalt zweier mit den concaven Rindern aneinander gelegter Bohnen. Unter dem Organ legen zwei Ganglien: Subradularganglien, Lingual- ganglien (vergl. den Abschnitt: Nervensystem). Das Epithel des Organes besteht aus griin pigmentirten Flmmerzellen und zwei Arten Sinnes- zellen. Neueren Untersuchungen zu Folge kann dieses Organ aus der Mundhoéhle vorgestiilpt werden und besitzt vielleicht die doppelte Function eines Tast- und Geschmacksorganes. Das Vorkommeu eines entsprechen- den Gebildes bei Diotocardiern wird gegenwirtig wieder bestritten; viel- leicht hat sich hier immerhin ein Rest desselben erhalten und wird bei verschiedenen Diotocardiern durch einen in der Mundhéhle vor der Radula gelegenen Hocker, freilich ohne Sinneszellen, repriisentirt. Die Scaphopoden besitzen ein wohl entwickeltes Subradularorgan; bei den Cephalopoden entspricht die sogen. Zunge einem solchen. 6. Die Sinnesorgane der Chitonschalen. Auf den Schalen der Chitoniden kommen in bestimmter Anord- nung zahlreiche Organe vor, die wohl mit Recht als Sinnesorgane, und zwar als Organe des Tastgefiihls betrachtet werden (Fig. 244 und 245). Sie werden Aestheten genannt und liegen in Poren des Tegmentums (vergl. p. 47). Die Aestheten sind von keulenformiger und cylindrischer Gestalt. Jedes Aesthet traigt aussen eine tief becher- férmige Chitinkappe. Vom Aesthet (Megalisthet) zweigt sich ein einfacher bis mehrfacher Kranz diinner Abzweigungen, Mikrastheten, ab, von denen eine jede mit einer Anschwellung endigt, welche ein kleineres Chitinkippchen trigt. Der Kérper der Aestheten besteht vorwiegend aus grossen, langen, driiseniihnlichen Zellen; er setzt sich in einen Faserstrang fort, der an die Basis des Tegmentums verliuft und von da an, zusammen mit den Faserstriingen der tibrigen Aestheten einer Chitonschale, zwischen Tegmentum und Articulamentum hinziehend das umgebende Mantelgewebe erreicht oder das Articulamentum selbst durchsetzt. 17* 260 Erstes Kapitel. Ueber den feineren Bau dieser Aestheten haben neue Untersuchungen etwas genaueren Aufschluss gegeben. Danach setzen sich die grossen Driisenzellen des Aesthetenkérpers, alle hinter ihrem basalstiandigen Kern, in einen diinnen Fortsatz fort, der direkt in eine Faser des Faserstranges iibergeht. Die Fasern selbst bestehen aus einem hellen Protoplasma; von Zeit zu Zeit schwellen sie etwas an und enthalten an diesen Stellen je einen Kern. Die Frage, ob und wie diese Faserstriinge, resp. die Aestheten innervirt werden, scheint jetzt dahin beantwortet zu sein, dass dorsale Seiteniiste der Pleurovisceralstriinge (obere Riickennerven) zu ihnen herantreten. Fig. 244. Schnitt durch das Tegmentum von Chiton laevis (?) zur De- monstration eines Aestheten, nach BLuMRICH, 1891. mk Mikriistheten, per Peri- ostracum, sk Hauptisthet, ¢ Tegmentum, dz driisenihnliche Zellen, Af helle Fasern, fs Faserstrang, ¢ Chitinkappe. Die Annahme erscheint gerechtfertigt, dass die Aestheten nur Modi- ficationen der Stacheln mit ihren Papillen und Bildungszellen sind, welche im Integument der Chitonen so verbreitet vorkommen. Die Chitinkappen wiirden “dann einem Theile der chitinigen Basis der Stacheln entsprechen. Dafiir, dass die Aestheten Sinnesorgane sind, spricht besonders auch der Umstand, dass bei einzelnen Chitonenarten einzelne Megal- istheten zu Augen umgewandelt sind. Jedes Auge (Fig. 245) ist von einer Pigmenthtille umgeben, (ie nichts anderes ist als derjenige dunkler ‘gefiirbte Theil des Teg- mentums, welcher an den Porus anstésst, in dem das zum Auge um- gewandelte Megalisthet liegt. Die dunklere Fiarbung wird durch ein braunes Pigment hervorgerufen, das yon besonderen, dem Auge an- eehérigen Pigmentzellen geliefert wird. Ausser den letzteren finden sich als wichtigste Zellelemente im Auge hohe, schmale Retinazellen, die unter dem basal gelegenen Kerne jeweilen in eine feine Faser tibergehen. Ueber den Retinazellen liegt eine helle, biconvexe Linse, die den Augenporus abschliesst. Ueber die Linse weg zieht eine diinne Schalenschicht (Periostracum), die an dieser Stelle als Cornea bezeichnet wird. Ein solches Auge Mollusca. Sinnesorgane. 261 lisst sich direkt mit einem Meegaliisthet vergleichen, um so eher, als es auch von Mikriistheten umegeben wird. Die Linse entspricht der Chitinkappe, die Retinazellen den Driisenzellen des Aesthetenkérpers. Es sind tibrigens auch Augen yon wesentlich anderem Baue fiir einige Chitonarten beschrieben worden. Fig. 245. Aestheten und Schalenauge von Tonicia fastigiata, etwas sche- matisirt, nach PLATE, Anat. Chit. 1897. 1 Chitinkappe eines Mikraestheten, 2 Chitin- kappe eines Hauptiistheten, 3 Linse, 4 Retina, 5 Periostracum, 6 Tegmentum, 7 Pigment- zelle, 8 Pigment, 9 Driisenzelle. B. Gehérorgane (statische Organe). Alle Mollusken mit einziger Ausnahme der Amphineuren besitzen Gehérorgane, welche ontogenetisch sehr friihzeitig auftreten. Ihrer Function nach wiirden sie wohl in vielen Fiillen besser als statische Organe bezeichnet, insofern sie zur Orientirung mit Bezug auf die Gleichgewichtslage dienen. Es sind zwei, meist allseitig geschlossene Hoérblischen (Otocysten), deren Epithelwand gewoéhnlich aus Wimperzellen und Sinneszellen besteht. In dem yon Fliissigkeit er- fiillten Binnenraume des Blischens sind Gehérsteinchen (Oto lithen) in verschiedener Zahl (von 1 bis iiber 100), Grésse, Form und chemischer Beschaffenheit suspendirt und beim lebenden Thiere in zitternder Bewegung. Ist ein grésserer Gehérstein vorhanden, so bezeichnet man ihn als Otolithen (im engeren Sinne), sind viele kleinere da, so spricht man von Otoconien. Otoconien kénnen neben einem Otolithen vorkommen. Was die Lage der beiden Otocysten anbetrifft, so finden sie sich gewohnlich auf den Pedalganglien oder in deren Nihe, seltener weiter von ihnen entfernt. Trotzdem ist der sichere Nachweis vielfach geleistet, dass der Hérnery nicht aus dem Pedalganglion, sondern aus dem Cerebralganglion stammt, freilich aber oft dem 262 Erstes Kapitel. Cerebropedalconnectiv dicht anliegt oder zusammen mit seinen Fasern verliuft. In den meisten Fiillen entstehen die Hoérblischen durch Ein- stiilpung vom iusseren Epithel aus. So erscheint denn als eine Thatsache von grossem Interesse, dass bei urspritinglichen Lamelli- branchiern (Nucula, Leda, Malletia, Solemya) jedes der beiden Hér- blaisehen noch beim erwachsenen Thiere durch einen langen Canal an der Oberflache des Fusses ausmiindet (Fig. 219). Die Gehorsteinchen sind hier fast in allen Fillen von aussen aufge- nommene Fremdkérper, Sandkérnchen. Bei Yoldia unter den Proto- branchiern ist der Otocystencanal bereits in Riickbildung begriffen und erreicht die fiussere Oberfliiche des K6érpers nicht mehr (Fig. 246). Bei Cephalopoden erhilt sich wohl noch ein Rest des Einstiilpungs- kanals als KOLLIKER’scher Kanal: er ist aber blind geschlossen. Fig. 246. Otocyste von Yoldia limatula, nach Drew, 1899. epe Cerebro- pedaleonnectiy, on Otocystennerv, of Otolith, of Otocyste, o¢ Kanal der Otocyste, op ge- schlossene Blasen in dem degenerirten, strangférmigen Theile des Kanales. Die héchste Ausbildung erhalten die Gehérorgane innerhalb der Mollusken bei den guten Schwimmern, besonders den Cephalopoden und Heteropoden. Hier kommt es zur Bildung von Maculae und Cristae acusticae. Heteropoden. Das genau untersuchte Gehérorgan von Ptero- trachea (Fig. 247) hat folgenden Bau. Die Wand der Blase besteht zuniichst aus einer structur- losen, yon Muskel- und Binde- gewebselementen umhiillten Membran. Im Innern der mit Fliissigkeit erfiillten Gehér- blase ist ein kalkiger Otolith von concentrisch geschichtetem Bau suspendirt. Die Innen- fliiche der Blase ist von einem Epithel ausgekleidet, das aus drei verschiedenen Zellarten besteht: Hérzellen, Wimper- zellen, Stiitzzellen. Die un- bewegliche Sinneshaare tragen- den Hoérzellen finden sich an der der Eintrittsstelle des Hér- Fig. 247. Geh6rorgan von Pterotrachea, nach CLAts, 1875. 1 Hoérnery, 2. structurlose Membran, 3 und 4 Wimperzellen, 5 Otolith, 6 Haérzellen, 7 Stiitz- oder Isolationszellen, 8 grosse centrale Hérzelle. Mollusca. Sinnesorgane. 263 nerven diametral gegentiberliegenden Wand der Hérblase (Macula acus- tica). Hier findet sich im Centrum eines von vielen Hérzellen gebil- deten Hofes, von diesen durch 4Stiitz- oder Isolationszellen ge- trennt, eine gréssere, centrale Hérzelle. An dem grésseren iibrigen Theil der Hérblischenwand finden sich zwischen indifferenten Zellen flachere Wimperzellen, welche sehr lange Wimpern oder Borsten tragen, die eigenthiimliche Bewegungen zeigen. Sie kénnen sich nimlich “auf die Innenwand der Blase niederlegen und dann wieder (wie behauptet wird, bei stiirkeren Schallreizen) aufrichten, so dass sie dann, gegen (las Centrum der Blase vortretend, den Otolithen stiitzen. Der Hérnery, welcher an dem der Centralzelle diametral gegen- itiberliegenden Pol an die Hérblase herantritt, strahlt sofort in Fasern aus, ,Wwelche, wie an einem Globus vom Pole aus die Meridiane, alle in einer Richtung tiber die ganze Wand der Gehérblase ausstrahlen“, um schliesslich die Hérzellen an ihrem basalen Ende zu innervieren. Neuere Untersuchungen, mit den Mitteln der modernen Technik durchgefiihrt, haben durchaus die bis dahin geltende, soeben vorge- tragene Auffassung vom Baue des Gehérorganes yon Pterotrachea bestiitigen kénnen, nur in Betretf der Hérzellen wird man sich besser so ausdriicken, dass sie sich in eine Nervenfaser fortsetzen, die ins Centralnervensystem verliuft. Insofern entsprechen also diese Hér- zellen ganz den am Eingange dieses Abschnittes beschriebenen Sinnes- (Sinnesnerven- )zellen. Noch complicirter sind die beiden Horblischen der Cephalo- poden, welche in zwei geriumigen Hoéhlen des Kopfknorpels liegen. Das Sinnesepithel findet sich hier auf einer Macula acustica und auf einer leistenférmigen, nach innen vorspringenden Crista acustica. Otolithen finden sich nur auf der Macula acustica. Der Hoérnerv theilt sich in zwei Aeste, von denen der eine zur Macula, der andere zur Crista acustica geht. Als Rest der Einstiilpungséffnung findet sich der oben erwihnte, innen flimmernde, an dem einen Ende blind geschlossene, an dem anderen sich in das Horbliischen 6ttnende KOLLIKER’sche Kanal. Experimentelle Untersuchungen an Cephalopoden haben dargethan, dass eine der Functionen der Gehérblischen die ist, das Thier mit Bezug auf seine Gleichgewichtslage bei der Locomotion zu orientiren. C. Sehorgane. 1. Augengruben. Es sind dies die einfachsten Sehorgane. Sie bestehen aus gruben- formigen, also nach aussen offenen, Einstiilpungen des Kérperepithels, das am Boden der Grube die Retina bildet. Die Augengrube ist bald ziemlich flach, bald tief, von der Gestalt einer weitbauchigen Flasche, die mit einem kurzen, engen Hals miindet. Der Augennery tritt an den Boden der Augenerube heran, um sich auf ihm auszubreiten. Die Epithelwand (Retina) der Augengrube besteht — und dies gilt fiir die grosse Mehrzahl der Gastropodenaugen — aus zwei Arten yon langen, fadenformigen Zellen: 1) aus hellen, pigmentlosen Zellen; 2) aus Pigmentzellen. Ob die hellen oder die Pigment- zellen oder beide Arten Retinazellen sind, ist noch strittig. In manchen Fiillen sind beide Arten von einander kaum zu unterscheiden, und bei Po4 Erstes Kapitel. gewissen Opisthobranchiern liisst sich nur eine Art, und zwar pigment- fiihrender Zellen auftinden. In den Pigmentzellen findet sich, dies ist fiir einige Fille sicher nachgewiesen, das Pigment nur in der peripheren Zone, so dass die Axe der Zelle pigmentfrei ist und als erreebarer Theil betrachtet werden kénnte. Die hellen Zellen wiirden dann in- differente Zwischenzellen oder Secretzellen sein. — Die Retina wird gegen die Héhlung der Augengrube zu iiberzogen von einem dicken, gallertigen Cuticulariiberzug, oder es ist die ganze Augenerube erfiillt von eimem oft als Linse bezeichneten Gallertkérper. Man hat die hellen oder Secretzellen als diejenigen betrachtet, welche diese Gallert- masse absondern. Augengruben finden sich innerhalb der Gastropoden nur bei den ur- spriingliche Charaktere aufweisenden Diotocardiern. Sie wurden beobachtet bei Docoglossen, Pleurotomaria, Haliotiden, Trochidae, Delphinulidae und Stomatiidae 1). Mit Riicksicht darauf, dass unter allen lebenden Cephalopoden Nau- tilus als die urspriinglichste Form betrachtet werden muss, ist es inte- ressant zu constatiren, dass die beiden Nautilusaugen Augengruben sind (Fig. 248). Die Sinneszellen der Retina, das heisst der Epithelwand der Augengrube, besitzen ein gegen die Augenhihle vorragendes cuticulares Stiibchen. Zwischen die Ausbreitune des Sehnerven und die Retina ist eine Schicht von Ganglienzellen eingeschaltet. Nach anderen Angaben soll jedoch eine solche Ganglienzellschicht nicht vorkommen. Fig. 248. Auge von Nautilus, nach HENSEN (aus BRONN, Thierreich). 7 Augen- héhle (Grube), 2 Stiibchenschicht, 2 Pigmentschicht, 4 Sehzellenschicht, 5 Ganglienzellen- schicht, 6 Aeste des Sehnerven. Pig. 249. Auge eines Pulmonaten. 1 Acussere Cornea, 2 innere Cornea, 3 Kérperepithel, 4 Glaskérper, 5 Retina, 6 Ganglion opticum, 7 Sehnery. 2. Augenblasen oder Blischenaugen. Die Augenblasen gehen aus Augengruben ontogenetisch (und wohl auch phylogenetisch) dadurch heryor, dass die Riinder der Augengrube 1) Unter den Lamellibranchiern ist diese Augenform am Mantelrande von Lima excavata beobachtet worden. Mollusca. Sinnesorgane. 269 einander entgegenwachsen und schliesslich verschmelzen. Dadurch wird aus der Grube eine Blase, tiber welche das fiussere Epithel continuir- lich hinwegzieht (Fig. 249). Dieses déussere Epithel ist iiber dem Auge pigmentfrei und wird als iussere Cornea bezeichnet, wiihrend die unmittelbar darunter liegende, ebenfalls pigmentfreie Epithelwand der Augenblase als innere “Cornea bezeichnet wird. Der urspriingliche Epithelboden der Augengrube bildet auch hier die Retina. Die Retinazellen besitzen i dleutliche, gegen die vom Gallertkérper er- fiillte Héhle der Augenblase vorragende Stibchen. Der Augennerv schwillt ge- wohnlich, bevor er an die Retina heran- tritt, zu einem peripheren Ganglion opticum an. Die Tentakelaugen der meisten Gastro- poden, mit Ausnahme jener Diotocardier, welche Grubenaugen besitzen, zeigen den hier beschriebenen einfachen Bau. Fig. 250. Schnitt durch das Auge von Dolium galea zur Demonstration der pra- cornealen Blutlacune (/), nach WILLEM, 15892. 6 In vielen Fiillen findet sich im Raume zwischen dusserer und innerer Cornea eine mit dem lacuniiren Gefiisssystem zusammen- hiingende, gréssere oder kleinere Blutlacune (praicorneale La- cune), deren physiologische Rolle zweifelhaft ist (Fig. 250). Die Augen mancher Gastropoden werden secundir wieder rudimentiir oder verschwinden ganz, so besonders bei parasitischer, bei grabender Lebensweise, bei im Schlamme wiihlenden Thieren, bei Tiefseeformen und bei gewissen pelagischen Schnecken (passiv flottirend). Experimentell wurde festgestellt, dass die functionelle Fihigkeit der Schneckenaugen eine relativ geringe ist; Landschnecken vermigen die Form der Gegenstiinde nur auf eine Distanz von wenigen Millimetern zu erkennen, Wasserschnecken scheinen iiberhaupt nicht im Stande zu sein, Formen wahrzunehmen. 3. Das Auge der dibranchiaten Cephalopoden gehért zu den héchstentwickelten des ganzen Thierreiches. Es ist eine Weiterbildung des Gruben- und des Bliischenauges, und wir haben ge- sehen, dass das Auge der Tetrabranchiaten (Nautilus) zeitlebens ein Grubenauge bleibt. In der Ontogenie (Fig. 251) werden diese Stadien durchlaufen. Es bildet sich zuniichst eine Augengrube (primire Augengrube), dann schniirt sich dieselbe zu eimer Augenblase (primire Augenblase) ab, deren innere Wand zur Retina, deren fiussere (der inneren Cornea des Blischenauges entsprechende) Wand zum inneren Corpus epithe- liale wird. Dieses embryonale Bliischenauge complicirt sich nun zu- niichst dadurch, dass die tiber dem Auge hinwegziehende Haut (iussere Cornea des Bliischenauges) sich in Form eines Ringwalles erhebt und 266 Erstes Kapitel. dann iiber dem Auge gegen die Axe desselben zu diaphragmaartig vorwiichst. Das Diaphragma wird zur Tris, die Oeffhnung in demselben zur Pupille. Die zwischen der kreisférmigen Irisbasis sich ausdehnende Haut liegt dem inneren Corpus epitheliale dicht an und wird zum iusseren Corpus epitheliale. Das innere Corpus epitheliale bildet nach innen, gegen die Héhlung der priméren Augenblase zu eine annihernd halbkugelige Linse, ebenso erzeugt das iiussere Corpus epitheliale nach aussen, gegen die Pupille zu, eine halbkugelige Linse. Beide Halbkugeln liegen so, dass sie sich annihernd zu einer Kugel ergiinzen, an der aber immer die doppelte Zusammensetzung kenntlich bleibt, indem die kugelige Linse in ihrer Aequatorialebene yon der Doppellamelle des Corpus epitheliale durch- setzt wird. Fig. 251. Entwickelung des Auges der dibranchiaten Cephalopoden. 7 Kérperepithel, welches zum fiusseren Corpus epitheliale wird, 2 innere Wand der Augen- grube, welche zur Retina wird, 3 jiussere Wand der Augenblase, welche zum inneren Corpus epitheliale wird, 4 Falte, welche die Iris bildet, 5 Falte, welche die secundiire Cornea bildet, 6 vom iiusseren, 7 vom inneren Corpus epitheliale erzeugter Linsentheil, & Stibchenschicht der Retina. Schliesslich wiichst iiber das so gebildete Auge eine neue Rinefalte der Haut hinweg, welche tiber dem Auge eine neue Augenhdhle bildet. Diese Falte bildet die secundiére Cornea des Dibranchiatenauges, welche also nicht mit der primiren Cornea des Blischenauges ver- wechselt werden darf, denn letztere ist im Dibranchiatenauge durch das Corpus epitheliale reprisentirt. Bei den meisten Formen gelangt die Ringfalte (Cornea) iiber dem Auge nicht vollstindig zum Verschluss, sondern es bleibt eine Oeffnung iibrig, durch welche die vordere Augen- kammer mit dem Meerwasser communicirt: diese Oeffnung ist bei Mollusca. Sinnesorgane, 267 Oegopsiden am weitesten. Bei einigen Formen aber bildet die Ring- falte tiber dem Auge eine vollstiindig geschlossene secundiire Cornea. Ueber diese kann endlich (Octopoden) noch eine weitere Hautfalte sich erheben, die als Augenlid functionirt. Diese entwickelungsgeschichtliche Skizze verschafft einen Einblick in den allgemeinen Aufbau des Dibranchiatenauges. Es mégen nun noch einige ergiinzende Bemerkungen iiber die Structur des erwachsenen Auges folgen (Fig. 252—255). Ib-------- S roe \ My Y Mi Neen NaN Soares hii “ \ HUM {i fk Fig. 252. Schnitt durch das Auge von Sepia officinalis, etwas schematisch, nach HENSEN, 1865. 1—8 wie in Fig. 251, 1+ 3 Corpus epitheliale, 9 vordere Augenkammer, sich bei 70 nach aussen 6ffnend, 71 knorpelige Augenkapsel, 72 Ganglion opticum = Re- tinaganglion, 13 Nervus opticus, 2a Pigmentschicht der Retina. Neben dem Ganglion opticum, rechts und links, der weisse Kérper (durch den inneren Theil der polygonalen Felderung angedeutet); vom Vorderrande der knorpeligen Augenkapsel zieht der Accommo- dationsmuskel ins Corpus ciliare hinein. 1) Retina (Fig. 253—255). Die Retina besteht aus zwei Arten von Zellen, 1) pigmentfiihrenden Seh- oder Staibchenzellen und 2) Limitans- oder Zwischenzelle n (nach neuerer Angabe auch pigmenthaltig). Dadurch, dass die Kerne der Sehzellen in der Retina in einer (mit Bezug auf das Centrum der Augenblase) fiusseren, diejenigen der Limitanszellen in einer inneren Schicht liegen, und dadurch, dass zwischen beiden Schichten eine Grenzmembran die Zwischenriiume zwischen den Retinazellen durchsetzt, erscheint die Retina scheinbar ge- schichtet, sie besteht aber in Wirklichkeit aus einer einzigen Zelllage. Die Stiibchen der Retinazellen liegen auf der inneren Seite der Grenz- membran, sind also der Lichtquelle und zugleich der Héhlung der _pri- miren Augenblase zugekehrt. Die Retina ist auf ihrer Innenseite von einer homogenen, ziemlich dicken Membrana limitans tiberzogen. bo ior) ye) Erstes Kapitel. Ueber die feineren histologischen Einzelheiten, in Betreff derer gegenwartig die Ansichten noch von einander abweichen, sowie tiber die am Aufbau des Ganglion opticum betheiligten Elemente, deren Bau und Verbindungsweise mit Hiilfe neuerer technischer Untersuchungsmethoden erschlossen wurde, mag man sich in den Originalarbeiten und an den Fig. 253—-255 orientieren. Wir heben hier nur hervor, dass die vom Auge kommenden Nervenfasern vor ihrem KEintritt in das zugehérige Ganglion opticum eine Kreuzung erfahren, von der nicht festgestellt ist, Fig. 253. Zwei Retinazellen von Cephalopoden, stark vergrissert, nach GRE- NACHER, 1584. 7 Membrana limitans, 2 Pigment, 3 Secretfiiden, 4 Nervenfaser, 5 Stiib- chen, 6 Pigment, 7 Limitanszelle, 8 Grenzmembran, 9 Retinazelle, 10 Nervenfaser. Fig. 254. Schema der Sehzellen und Zwischenzellen der Cephalopoden- netzhaut, nach vy. LennosséK, 1894. 21 Homogene Deckmembran, 2 Stiibchenkolben mit Pigment, # Stibchenspindel mit Pigment, 4 Stiibchensockel, 5 Sehzellenkérper, 6 Dendriten der Sehzellen, 7 Nervenfortsiitze der Sehzellen, 8 Grenzmembran, 9 indifferente Epithelzellen mit Pigment, 70 Stiibchen mit cuticularer Rinde. ob sie eine totale ist; ferner, dass die Zellschichten des Ganglion opticum grosse Uebereinstimmung zeigen mit den Schichten der Wirbelthiernetz- haut mit Abzug der Sehzellenschicht, die eben durch die Retina des Cephalopodenauges gegeben ist. 2) Das Auge ist, mit Ausnahme der der Kérperoberfliche zugekehrten Seite, von einer der Sclera des Wirbelthierauges ahnlichen Knorpel- Mollusea. Sinnesorgane. 269 kapsel umgeben, welche da, wo sie die Retina bedeckt, zum Durchtritt der Fasern des Sehnerven siebartig durchbrochen ist. 3) Unmittelbar unter dem Knorpelboden der Retina liegt ein sehr grosses Ganglion opticum als ein machtiger Hirnlappen. Aus ihm entspringen die eben erwihnten, die knorpelige Augenkapsel durch- | ; Heol B®, EN OL _ Ber) Me Oe 6 Fig. 255. Schematische Darstellung des feineren Baues der Netzhaut und des Ganglion opticum von Loligo, nach Kopscu, 1899 (Netzhaut nach vy. LENHOSSEK, 1896). 7 Stiibechenkolben mit Pigment, 2 Stiitzzellen, 3 Kérper der Seh- zellen, 4 Stiibchenfaserschicht, 5 iussere Kérnerschicht, 6 reticulire Schicht, 7 innere Koérnerschicht, 8 Stiibechen, 9 Stiibchenspindel mit Pigment, 70 Skleralknorpel, 71 Stiibchen- faserbiindelkreuzung, 72 Palissadenzellenschicht, 73 Zone der regellos-liegenden Ganglien- zellen, A Netzhaut, B Rindenschicht, C Markschicht des Ganglion opticum. 270 Erstes Kapitel. setzenden, zur Retina verlaufenden Nervenfasern. Das Ganglion opticum liegt selbst wieder in einer schiisselférmigen Vertiefung des Kopfknorpels, der im Centrum dieser Partie zum Durchtritte des Nervus opticus durch- bohrt ist. Der freie Raum zwischen Ganglion und Knorpelwand wird grésstentheils von dem sogen. weissen Kérper ausgefiillt, einem Ge- bilde, dessen Structur an eine Lymphdriise erinnert, dessen Function aber nicht sicher ermittelt ist. 4) Die beiden Linsenhilften, die tibrigens ungleich gross sind (die fiussere ist kleiner), bestehen aus homogenen, zwiebelartig tiberein- ander gelagerten Lamellen. 5) Die Hohlung der primiren Augenblase (zwischen Retina und Linse) ist von glashell durchsichtiger Fliissigkeit erfiillt. 6) Das Auge der Dibranchiaten ist, aihnlich wie das Fischauge, im Ruhezustande fiir die Nahe eingestellt; fiir das Sehen in die Ferne kommt ihm aber die Fahigkeit der Accommodation zu. Gleich wie beim Fischauge erfolgt diese nicht durch Veriinderung der Gestalt der Linse, sondern “durch Verlagerung der letzteren, durch Annaherung der Linse an die Netzhaut. Die Verschiebung geschieht mit Hiilfe eines besonderen ringtérmigen Muskels, des Accommodationsmuskels. JDessen Fasern, die (mit Bezug auf das kugelige Auge) meridional verlaufen, setzen sich einerseits am vorderen (iiusseren) freien Rande der die innere Hemisphire des Auges umgebenden Knorpelkapsel und andererseits an das Corpus epitheliale, das ja in die Linse eindringt, an. Es ist festgestellt, dass, tihnlich wie bei Arthropoden und Verte- braten, die Pigmentkérner der Stiibchenzellen sich verlagern kénnen, indem sie sich in der Dunkelheit an die Basis, im Lichte an das freie Ende der Zelle begeben. 4.Die Rtickenaugen der Oncidiidae und die Augen des Mantelrandes von Pecten (Fig. 256) und Spon- dylus. Man hat diese Augen als nach dem Typus der Wirbelthieraugen gebaute bezeichnet, weil bei ihnen die Stéibchen der Retina gegen das Innere des K6rpers gerichtet, also von der Lichtquelle abgewendet sind. Sie gehéren in die Kategorie der Blischenaugen. Aber es ist hier die ‘ussere, der Lichtquelle zugekehrte Wandung der Augenblase, welche zur Retina wird, wihrend die innere (bei den anderen Mol- luskenaugen als Retina’ entwickelte) Wand ein Pig mentepithel darstellt. Zugleich ist die fiussere oder Retinawand gegen die innere oder Pigmentwand eingestiilpt, wie bei der Gastrulabildung durch In- vyagination das Entoderm gegen das Ectoderm. Die Folge davon ist, dass die bei den anderen Molluskenaugen vom Gallertkorper (Linse) erfiillte Héhlung der Augenblase verschwindet und die Augenblase selbst zu einem flachen, aber dickwandigen Teller (Pecten) oder Becher (Oncidiidae) wird, dessen Wandung aus Pigmentschicht und Retina besteht. Das iiber das Auge hinweeziehende Kérperepithel ist tiber dem Auge pigmentlos, durchsichtig und wird hier zur Cornea. Unter der Cornea, in dem Augenbecher oder auf dem Augenteller liegt eine zellige Linse, die beim Riickenauge der Oncidiiden aus wenigen (5) erossen Zellen. beim Mantelauge yon Pecten und Spondylus aus sehr zahlreichen Zellen besteht. Der Modus ihrer Entwickelung ist nicht sicher bekannt: nach einer Angabe soll sie beim Pectenauge aus mesoder- Mollusca. Sinnesorgane. 271 malen Elementen gebildet werden, wahrscheinlicher ist, dass sie aus einer Verdickung oder Einstiilpung des embryonalen Ectoderms, welches das Auge iiberzieht, heryorgeht. Bei den Oncidiiden durchsetzt der Sehnervy die Wand des Augen- bechers (ihnlich wie beim Wirbelthierauge), um sich auf der (mit Bezug auf das Centrum der Augenblase) inneren Oberfliiche der Retina auszu- breiten und die Retinazellen zu innerviren. / AY fy b/f- LE LN Ii) “ALLY Fig. 256. Schnitt durch das Auge von Pecten, nach PATTEN, 1886. ¢ Cornea, 1 Linse , ep pigmentirtes Kérperepithel, g Ganglienzellenschicht, 7 Retina, st Stiibchen- schicht der Retina, d Tapetum, e Pigmentepithel, f Sclerotica, m Nervus opticus, n, und n, seine beiden Aeste, x Blutkérperchen, y Blutsinus. Bei Pecten theilt sich der zu jedem Auge gehende, vom Mantelrand- nerven stammende Sehnerv in niichster Nihe des Auges in 2 Aeste. Der eine tritt an den Boden des Augentellers und list sich hier in seine Fasern auf, welche, nach allen Seiten ausstrahlend, den Rand des Tellers 272 Erstes Kapitel. erreichen, um hier, nach innen gegen die Retina umbiegend, einen Theil der Retinazellen zu innerviren. Der andere Ast verliiuft direct bis an eine Stelle des Tellerrandes, um hier rechtwinklig umzubiegen und einen anderen Theil der Retinazellen mit seinen Fasern zu versorgen. Die Fasern dieses Astes verbinden sich aber nicht direct mit den Retina- oder Stiibchenzellen, vielmehr ist zwischen beide eine Schicht von Ganglienzellen, die mit einander anastomosiren, eingeschaltet. Zwischen Pigmentschicht und Stibchenschicht der Retina findet sich ein Ta- petum lucidum, welches dem Pectenauge seinen metallischen Glanz verleiht. Die Riickenaugen der Oncidiidae finden sich bei der grossen Mehr- zahl der hierher gehérigen Formen. Sie legen fast immer an der Spitze jener contractilen Papillen, welche das Riickenintegument dieser merk- wiirdigen Pulmonaten tragen kann. Hier treten sie bald einzeln, bald in Gruppen von 2—4 Augen auf. Daneben kommen noch die beiden normalen Kopfaugen der Gastropoden vor. Die Mantelaugen der Muscheln Pecten und Spondylus finden sich in grésserer Anzahl am Mantelrande dieser Thiere, zwischen den liingeren Tentakeln, auf der Spitze kurzer Tentakel. Die Stiibchen der Pecten- retina besitzen im frischen Zustande eine sehr vergangliche, rothe Farbung (Sehpurpur ?). Die Augen von Cardium muticum. Auch bei Cardium muticum sind Augen nachgewiesen worden, die an der Spitze von Tentakeln sitzen, welche in grosser Zahl, gegen 100, die Miindungen der Siphonen umgeben. Sie sind im wesentlichen nach demselben Schema gebaut wie die Augen von Pecten (Fig. 257), unterscheiden sich aber dadurch, dass ein fiusseres Pigmentepithel, die Fortsetzung der Cornea beim Pectenauge, fehlt und dass dafiir die innere Pigmentschicht stark entwickelt ist; eine mit der Retina verbundene Ganglienzellschicht fehlt. Zwischen Retina und Pigmentschicht ist ausser dem hier nicht aus Zellen aufgebauten Tapetum noch eine Zelllage, Chorioidea, eingeschaltet, welche das Tapetum absondern soll. Der Zu- tritt des Nerven zum Auge geschieht wie bei Pecten durch 2 Aeste. Ein wesentlicher Unterschied wiirde sich in der Entwickelung dieser Augen von Cardium gegeniiber jenen von Pecten und Spondylus darin bieten, dass die Pigmentschicht nicht eine ectodermale, sondern eine mesodermale Bildung dar- stellt. Die Entwickelung ist iibrigens nur beim erwachsenen Thiere, wo sich fortwiihrend noch Augen neubilden, ver- folet worden. Die Linse entsteht wie die Retina und Chorioidea als Wuche- rung epidermaler Zellen, die zuniichst eine kleine Einstiilpung bilden. Fig. 257. Schnitt durch das Auge von Cardium muticum, nach KisHiNnovyer, 1894. 1 Cornea, 2 Linse, 8 Retina, 4 Tapetum, 5 Opticus, 6 Chorioidea, 7 Pigment, 8 Stiibchen. Mollusca. Sinnesorgane. 273 5. Die Schalenaugen der Chitonen sind schon p. 260 erwihnt worden. 6. Die zusammengesetzten oder Faicheraugen von Arca (Fig. 258) und Pectunculus. Sie finden sich in grosser Anzahl am Mantelrande dieser Muscheln und sind epitheliale Organe, die ihrem Baue nach keineswees mit den Sehwerkzeugen anderer Mollusken, vielmehr eher mit gewissen ein- fachen Arthropodenaugen tibereinstimmen. Sie haben die Gestalt einer nach aussen vorgewdlbten Schale. Die einschichtige Epithelwand der Schale setzt sich an ihrem Rande in das umgebende Mantelepithel fort. Auf einem Schnitte erscheinen die sie zusammensetzenden Elemente fiicherformig angeordnet (daher auch der Name Fiacherauge). Diese Elemente sind dreierlei Art: 1) Conische Sehzellen, deren Basis nach aussen gerichtet ist. 2) Jede dieser Sehzellen ist umgeben von einer Scheide von 6. cylindri- schen Pigmentzellen. Man kann jede Gruppe von einer Sehzelle und yon umgebenden Pigment- zellen als ein Kinzelauge, ein Om- matidium von einfachstem Bau betrachten, als ein Ommatidium, an welchem die Retinula durch eine einzige Sehzelle reprisentirt wire. 5) Zwischen den Ommati- dien stehen schlanke, fast faden- formige ,,Fiillzellen*. Fig. 258. Schnitt durch das Auge von Arca barbata, nach den Angaben und Figuren von Rawirz, 1890, gezeichnet. 1 Retinazellen mit stiibcheniihnlichem Kérper 2, 8 Pigmentzellen, 4 schlanke Full- oder interstitielle Zellen. 7. Verktimmern der Kopfaugen. Es wird in der neuesten Zeit immer wahrscheinlicher, dass die Kopf- augen der verschiedenen Mollusken homologe Gebilde sind und dass sie von Haus aus allen Mollusken zukommen. Sie kénnen aber unter be- stimmten biologischen Verhiiltnissen rudimentiir werden und auch ganz verschwinden, so namentlich bei Schlammthieren und Bohrmollusken, bei Mollusken der Tiefsee, bei parasitischen Mollusken. Auch die Lamelli- branchier und Chitonen (?) besitzen voritbergehend auf Entwickelungs- stadien Kopfaugen, die aber spiaiter ganz verschwinden, da sie, von der Schale bedeckt, nutzlos werden. Sie kénnen durch an geeigneteren Stellen neu auftretende Sehorgane ersetzt werden: Augen am Mantelrande gewisser Muscheln, Schalenaugen der Chitonen. Neuerdings ist jedoch nachgewiesen worden, dass in einzelnen Fiillen diese larvalen Augen sich bei Lamellibranchiern auch beim erwachsenen Thiere erhalten (Mytilidae, Avicula) und ander Basis des absteigenden Schenkels des ersten Kiemenfilamentes des inneren Kiemenblattes sich finden. Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. II]. 2. Aufl. 18 274 Erstes Kapitel. Anhang zum Abschnitt Sinnesorgane. Leachtorgane bei Cephalopoden. Bei einigen dibranchiaten Cephalopoden (Histioteuthis, Histiopsis, Calliteuthis), die in der Tiefsee leben, kommen, tiber den ganzen Kérper zerstreut, Gebilde vor, die als Leucht- oder Phospho- rescenzorgane gedeutet werden. Fig. 259. Histioteuthis Bonelliana, nach JovuBIN, 1894 (Reproduction einer Figur aus Férussac et d’Orbigny). Man sieht die Leuchtorgane zerstreut am Mantel, Kopf und an der Aussenseite der Arme. Fig. 260. Medianer Langsschnitt durch das Leuchtorgan von Histio- teuthis Riippellii, nach Jouspin, 1893. 1 Spiegel, 2 Chromatophoren, 8 Epidermis, 4 concay-convexe Linse, 5 bieonvexe Linse, 6 Krystallkegel, 7 schwarzer Schirm, 8 photo- gene Schicht, 9 Reflector, 10 Nerv. Ueber den Bau dieser Organe, die in neuerer Zeit genauer unter- sucht wurden, sei hier nur soviel gesagt, dass sie sich zusammen- setzen aus einer photogenen Schicht, in die Nervenfasern eintreten, und verschiedenen lichtbrechenden oder reflectirenden Theilen. Niiheres siehe an Fig, 260. Die Gebilde zeigen in der That ziemliche Ueber- einstimmung mit den Leuchtorganen gewisser Krebse, bei denen die phosphorescirende Wirkung der entsprechenden Theile sicher nach- gewiesen ist. Mollusca. Leuchtorgane, Darmkanal. 2? Zweifelhafter ist die Function gewisser Einrichtungen, die bis jetzt bei einigen Chiroteuthisarten beschrieben wurden und im Wesentlichen Modificationen von Chromatophoren darstellen. Es sind kugelige Gebilde, die zerstreut in der Haut der Hinterseite des Eingeweidesackes und der Flossen liegen und aus einer grossen linsenférmigen Chromatophore be- stehen, an die die Veristelungen eines Nerven herantreten. Unter der Chromatophore finden sich grosse Zellen, welche die Hauptmasse des Fig. 261, Halbschematische Schnitte durch die thermoscopischen Augen von Chiroteuthis Bomplandi (Ch. Grimaldii), nach Joupry, 1893. Links die ge- wohnliche, sphirische Form, rechts eine etwas abweichende, ovoide Form. J Epidermis, 2 Nery, 3 transparente Zellen, 4 Blutgefiiss, 5 Nervenzelle, 6 linsenformige Chromatophore, 7 radiiire Fasern. ganzen Apparates bilden (Fig. 261). Es ist die Ansicht geaussert worden, dass es sich hier um Einrichtungen handle, welche Wimeste nice des Spectrums zu percipiren vermégen ; daher werden die Organe als ,,thermo- scopische Augen“ bezeichnet. Abralia und Enoplotheutis besitzen Integumentgebilde, deren Bau zum Theil mit dem jener Leuchtorgane, zum Theil mit dem dieser thermo- scopischen Augen tibereinstimmt. XVI. Der Darmkanal. Der Darmkanal ist bei allen Mollusken wohlentwickelt und zerfiillt in aufeinander folgende Abschnitte, ne da sind: 1) Mundhéhle; 2) Pharynx oder Schlundkopf: 3) Oesophagus oder Vorder- darm; 4) Mitteldarm mit Namen 5) Rectum oder Enddarm, mit dem After nach aussen miindend. Urspriinglich liegt der Mund am Vorderende, der After am Hinterende oder an der Hinterseite des Koérpers, letzterer in der Mantelfurche oder Mantelhéhle. Ueberall ver- harrt der Mund in der urspriinglichen Lage, wihrend der After bei den Gastropoden als Centrum des Pallialeomplexes die urspriinglich hinterstiindige Lage verliisst und auf der rechten (seltener auf der 18% 976 Erstes Kapitel. linken) Seite sich in der Mantelfurche mehr oder weniger weit nach vorn verschiebt. ‘ Wo der Kérper dorsalwirts zu dem Eingeweidesack auswiichst, derart, dass die Liingsaxe gegeniiber der dorsoventralen Axe verkiirzt erscheint, wie dies bei vielen Gastropoden, den Cephalopoden und Den- talium der Fall ist, tritt zum mindesten der Mitteldarm mit seiner Anhangsdriise, der sog. Leber in diesen Eingeweidesack empor, diesen zum gréssten Theil ausfiillend. Der Darm bildet dementsprechend bei diesen Thieren eine dorsale Schlinge mit einem vom Vorderdarm auf- steigenden und einem zum After absteigenden Schenkel. Der letztere biegt bei den Gastropoden, wo die AfteréffMung mehr oder weniger weit nach vorn verschoben ist, auf der rechten (selten auf der linken) Seite nach yorn um, um den After zu erreichen. Abgesehen von dieser Hauptschlinge, die durch die Ausbildung (les Eingeweidesackes und zum Theil durch die Verschiebung des ; Pallial- complexes bedingt wird, bildet der Darm bei fast allen Mollusken noch secundiire Schlingen oder Windungen, wodurch er sich verlingert. Diese Schlingen finden sich ganz vor wiegend an dem auf den Magen folgen- den, rohrenformigen Theil des Mitteldarmes. Sie sind im allgemeinen bei Pflanzenfressern am stiirksten ausgesprochen und bedingen eine ordssere Liinge des Darmes als bei den Carnivoren. In den Magenabschnitt des Mitteldarmes der Mollusken miindet eine fast immer voluminése Verdauunesdritise, die gewohnlich als Leber bezeichnet wird. Functionell stimmt diese Mitteldarmdriise nicht oder nur zum geringsten Theil mit der Leber der Wirbelthiere, eher mit dem Pancreas iiberein. Sie vereinigt vielleicht die Fune- tionen der verschiedenen specialisirten Verdauungsdriisen der Verte- braten. Ein durchgreifender Unterschied zwischen Lamellibranchiern einer- seits und allen iibrigen Mollusken andererseits besteht darin, dass bei letzteren der vordere, auf die Mundhohle foleende Absehnitt des Vorder- darmes als musculéser Pharynx (Schlundkopf, Buccalmasse) ent- wickelt ist und an seinem Boden auf einem verschiebbaren Zungen- wulst eine Reibplatte, Radula, tragt, die mit zahlreichen, harten, wohl aus Conchin oder Chitin bestehenden Zihnen besetzt ist. Diese Zunge dient meist zum Zerkleinern der Nahrung, gelegentlich aber auch zum Packen, Festhalten und Verschlucken der Beute. Den Lamelli- branchiern fehlt ein dermaassen bewaffneter Pharynx durchaus. Sie werden deshalb auch als Aglossa allen tibrigen Mollusken, den Glossophora, gegeniibergestellt. In der Mundhdhle der Glos sophora finden sich fast immer harte Ii iefer aus Conchin in verschiedener Zahl und Anordnung. Solche Kiefer fehlen bei allen Lamellibranchiern. In den Pharynx der Glossophora miinden ein oder zwei Paar Driisen, die gewohnlich als Speicheldriisen (Buccaldriisen) be- zeichnet werden, obschon sie physiologisch nicht oder nur wenig den eleichnamigen Driisen der Vertebraten entsprechen. Auch in die Mamas héhle kénnen Driisen miinden. Die Lamellibranchier besitzen keine Speicheldrtisen. Das Fehlen des Pharynx, der Zunge, der Kiefer und der Speichel- driisen bei den Lamellibranchiern ist auf Rechnung ihrer Lebensweise zu setzen. Die Muscheln suchen ihre Nahrung nicht direct auf, sie sind zum Theil festsitzende Thiere, zum Theil Thiere, die sich nach Mollusca. Darmkanal. 277 Art festsitzender ernihren, indem sie durch Wimperbewegung die im einstrémenden Athemwasser suspendirten kleinen Kérperchen (kleinste Thierchen, mikroskopische Algen, Detrituspartikelechen) dem Munde zu- fiihren. Die fein zertheilte Nahrung braucht nicht noch erst erfasst und zerkleinert zu werden. In analoger Weise macht sich bei den Muscheln auch iiusserlich der Einfluss der Lebensweise geltend, indem bei diesen ein Kopfabschnitt mit Tentakeln und Augen fehlt: Aglossa = Acephala, Glosso- phora — Cephalophora. Mit dem letzten Theil des Enddarms steht bei einigen Gastro- poden (Murex, Purpura ete.) und bei Dentalium eine Analdriise, bei den Cephalopoden (excl. Nautilus) die Farbdritise (der soge- nannte Tintenbeutel) in Verbindung. Der Darmkanal der Mollusken verliuft durch die primire und oft auch durch die secundiire Leibeshohle, in verschiedener Weise durch bindegewebige Fasern oder Binder befestigt. Seine Wandung besteht aus einem inneren, meist tiber weite Strecken flimmernden Epithel, einer diusseren Muskelschicht, in welcher Lings- und Ringfasern nicht immer deutlich zu Schichten angeordnet sind, und einer den Darm gegen die primaire Leibeshéhle zu tiberziehenden bindegewebigen Hiille. Der Pharynx und vielleicht hie und da auch ein Theil des Oeso- phagus, ferner ein jedenfalls immer sehr kurzes Sttick des Enddarmes entstehen ontogenetisch aus dem ectodermalen Stomodaeum resp. Procto- daeum. Doch ist man tiber die genauen Grenzen der entodermalen und ectodermalen Darmabschnitte nur wenig orientirt. A. Mundhohle, Schnauze, Riissel. Der Darmkanal beginnt mit einer von verschieden gestalteten Lippen begrenzten Mundéffnung und fiihrt bei vielen Glossophoren, so bei fast allen Gastropoden, in eine von den Lippen tiberdachte Vorhéihle, die von einer Fortsetzung der Leibeswand des Kopfes ausgekleidet ist. An den Lippen sind nicht selten (manche Opisthobranchier, einige Proso- branchier) die Hautdriisen als Lippendriisen stirker entwickelt. In- dem die Lippen auseinanderweichen, kann der Mund mancher Schnecken saugnapfahnlich fremde Kérper, die zur Nahrung dienen, festhalten. Bei -kurzer Schnauze ist dieselbe einfach contractil. Dieses ist der Fall bei den Chitonen, den Diotocardiern, den meisten pflanzenfressenden Tanioglossen, vielen Pulmonaten und Nudibranchiern. Dabei ist meist die Umgebung des Mundes stiirker contractil, so dass bei erfolgender Con- traction. der Mund etwas zuriickgezogen wird, an den Grund einer Ver- tiefung zu liegen kommt. Eine Steigerung dieses Verhaltens bei gleich- zeitiger Verlingerung der Schnauze fiihrt zur Bildung der retractilen, einziehbaren oder riisself6rmigen Schnauze (Uebergangsformen: manche Tectibranchier, Chenopidae, Calyptraeidae, Strombidae). Kann die Schnauze von ihrer Spitze, d. h. von der Mundéffnung an in die Kopfhéhle zuriickgestiilpt werden, wo dann der Mund im Grunde_ der eingestiilpten Schnauze liegt, so spricht man von einem acremboli- schen Riissel (Cypraeidae, Lamellariidae, Naticidae, Scalaridae, So- Tariidae, Pyramidellidae, Eulimidae). Endlich kommt es bei manchen riiuberischen Prosobranchiern (Tri- tonidae, Doliidae, Cassididae, Rhachiglossa und einige Toxiglossa) zur Bildung eines langen, oft sehr langen Riissels (Fig. 262 und 263), welcher in einer besonderen Riisselscheide eingeschlossen ist, die 278 Erstes Kapitel. selbst wieder in der Héhle des oft schnauzentérmig verlangerten Kopfes. liegt und sich sogar noch weiter nach hinten in die Rumpfhéhle erstrecken kann. Am freien Vorderende des cylindrischen Riissels liegt die Mund- 6ffnung, und wir haben uns vorzustellen, dass der Riissel mitsammt seiner Scheide eine ausserordentlich verliingerte Schnauze darstellt, die aber an ihrer Basis in dauernder Weise in sich selbst eingestiilpt ist, so dass ein proximaler Theil der Schnauze die dauernde Riisselscheide, der distale Theil mit der terminalen Mundéffnung den Riissel bildet. Diese beiden Theile sind nicht aus- und nicht einstiilpbar, nur eine zwischen ihnen hegende Zone wird beim Einziehen des Riissels in die Leibeshohle zuriick- gestiilpt und bildet dann eine vergiingliche hintere Verlingerung der Fig. 262. Nassa reticulata, nach OswALp, 1893. Riissel und Sipho ausge- streckt. Riisselscheide, wihrend die nimliche Region beim Vorstrecken des Riissels umgekrempelt wird und am vorgestreckten Riissel die Basalpartie des- selben bildet. Die dauernde Riisselscheide ist niimlich mit der Leibes- wand des Kopfes, in dem sie hegt, durch radiir angeordnete Muskel- fasern verbunden, die eine Ausstiilpung derselben unméglich machen, und die Wand des dauernden Theiles des Riissels ist durch Bander oder Muskeln mit dem in ihm liegenden Oesophagus verbunden, so dass dieser Theil des Riissels nicht eingestiil pt werden und der Mund niemals an den Grund der Riisselscheide zu liegen kommen kann. Diese Form des Riissels wird als pleurembolischer Riissel bezeichnet. Wir beobachten also bei zuriickgezogenem Riissel am Vorderende der Schnauze oder des Kopfes eine Oeffnung, welche nicht die Mund- éffnung ist, sondern die Miindung der Riisselscheide, das Rhynechostom. Der Hohlraum zwischen Riisselscheide und eigentlichem Riissel wird Rhynchodaeum genannt. Wird nun der Riissel vorgestreckt, so tritt er, mit der wahren Mundéffnung an seiner Spitze, aus der Miindung der Riisselscheide hervor frei zu Tage. Der Riissel wird also, wie erwiihnt, vom Oesophagus durchzogen; dieser biegt am hinteren Ende des Riissels nach unten um, verliuft dann wieder nach vorn, um, nachdem er den Schlundring passirt hat, durch eine zweite Biegung nach hinten zu ziehen. Auch bei vollstiindig vor- gestrecktem Riissel bleibt diese S-formige Schlinge des Oesophagus grosstentheils erhalten. Die Ausstiilpung des Riissels erfolgt sowohl durch den Andrang der Leibeshéhlenfliissigkeit, als auch durch die Contraction der Ringmuscu- latur des ausstiilpbaren Theiles der Riisselscheide; ein besonders stark entwickelter Ringmuskel an der Grenze des ausstiilpbaren und nicht aus- stiilpbaren Abschnittes der Scheide kommt dabei vor allem in Betracht; er verhindert zugleich das Zuriickfliessen der Leibeshdhlenfliissigkeit aus dem Riisselinnern in die Kérperhéhle. Mollusca. Darmkanal. 279 by Pe on gO A Ah | EE Po 4a) He : Aa Be eS a : oT] fa S : A A 7 ol a le 4 safe? A EE] He | it ee la°} Wf rey i} : \y tt Uy Or’ ua \ Fig. 263. Schematische Darstellung des pleurembolischen Riissels der Proso- branchier, von oben, Originalfigur der 1. Aut- lage veriindert nach OswaLp, 1893. A Riissel zuruckgezogen, B vorgestreckt. a—c Kopfinte- gument, ¢ Mimdungsrand der Russelscheide und y des Rhynchostoms, e—d nicht verschiebbare Wand ) y % | der Riisselscheide, d—e verschiebbare (ausstiilp- bare und einstilpbare) Wand der Riisselscheide, e—f nicht verschiebbare Wand des Riissels, 7 rs) Rand der Mundoéffnunge am vorderen Ende des Riissels, D Rhynchodaeum, & Kopfhéhle, m Mund- héhle, oof Oesophagus, zwischen o und o’ liegt die S-formige Biegung des Oesophagus, ange- a deutet durch die gestrichelten Linien, p Pha- rynx, po parieto-dsophageale Muskelfasern, pv parieto-vaginale Muskelfasern, sg ceptaculum seminis miindet in der Nihe Hil e Kall der hermaphroditischen Oeffnung in den 1 a 4 aera Endabschnitt des Zwitterganges. Dieser / al Pia | selbst kann sich in seinem distalen MY) \\ Theile durch eine innere Falte unvoll- i oe stindig in einen miinnlichen und weib- »—H Te! lichen Gang theilen, kann zu eimem H Hil Spermoviduct werden (Fig. 336). Bei ik Auricula myosotis ist die Differenzirung | | etwas weiter gegangen. Es zieht aller- z Ly A dings noch eine iiusserlich sichtbare % ( A je 2 Furche von der gemeinsamen Ge- by Cay schlechtséffnung zum Penis: am Grunde a ‘if Y derselben liegt aber ein geschlossener / ia Samenkanal, der das Sperma an der g ne Cm g hermaphroditischen Oeffnung aufnimmt BG. gq ic und zum Penis fiihrt. Bei diesen Auri- Sym culiden treffen wir also auch, wenn Ly wir von der Zwittrigkeit absehen, die- 4 selben Verhiiltnisse wie bei den minn- 44 — Oo, lichen Monotocardiern. Fig. 536. Geschlechtsorgane von Pythia scarabeus (Auriculidae), nach PLATE, 1897. 1 Penis, 2 Retractor des Penis, 2 Vas deferens, 4 Flimmerrinne, 5 Re- ceptaculum seminis, 6 Spermoviduct, 7 Eiweissdriisen, 8 birnformiger Anhang, 9 Vesicula seminalis, 10 Zwittergang, 11 Zwitterdriise. II Typus. Aus der Zwitterdriise entspringt ein Zwittergang, der sich aber bald in zwei Gange theilt: 1) in das Vas deferens oder den Samenleiter und 2) in den Oviduct oder den Bileiter. Das Vas deferens geht zum minnlichen Begattungsapparat, der Oviduct zur weiblichen Geschlechtsiéffnung. Die mannliche Oeffnung mit dem Penis liegt vor der weiblichen, von dieser ge- sondert, beide auf der rechten Seite, die mannliche weit vorn am Kopf oder Nacken. Mollusea. Geschlechtsorgane. 379 Diesen zweiten Typus kénnte man sich aus dem ersten so entstanden denken, dass nicht nur der gemeinsame Ausfiihrungsgang der Zwitter- driise sich in einen minnlichen und in einen weiblichen Kanal theilte, sondern sich auch in Fortsetzung des miinnlichen Kanales die Samen- furche zu einem Kanale schloss. Dafiir sprechen thatsichlich die eben erwahnten Verhiltnisse der Auriculiden unter den Pulmonaten. Wie der Zwittergang beim II. Typus in einen miannlichen und in einen weiblichen getheilt ist, so sind auch die Anhangsgebilde so ver- theilt, dass die mannlichen in das Vas deferens, die weiblichen in den Oviduct miinden. Zu diesem zweiten Typus gehdren unter den Pulmonaten die Basom- matophoren, ferner einzelne Daudebardiaarten (D. Saulcyi, bier liegen die beiden Oeffnungen dicht nebeneinander), die Oncidiiden und Vaginuliden. Bei diesen beiden letzteren Gruppen ist die weibliche Geschlechtséffnung den an das Hinterende des Kérpers verlagerten Theilen des urspriing- lichen Pallialeomplexes gefolet und hegt ganz hinten neben dem After. Die miinnliche Geschlechtséffnung aber hat ihre Lage ganz vorn am Kopfe hinter dem rechten Kopftentakel beibehalten. So liegen hier die beiden Geschlechts- éffnungen an den ent- gegengesetzten Kér- perenden. Unter den Opisthobranchiern fin- det sich der zweite Typus bei Actaeon, Lobiger, Oscanius und anderen Pleurobran- chiden (Tectibranchia) reprasentirt. Fig. 337. Geschlechts- organe von Ancylus fluviatilis, nach H. DE LACAZE- DUTHIERS, 1899. i Zwitterdrise, 2 Aus- sackungen des Zvwitter- ganges (Vesiculae semina- les), 3 Zwittergang, 4 erste Anhangsdriise des Oviducts (Fiweissdriise), 5 erweiterte Partie, wo die Trennung in Samenleiter und Eileiter stattfindet und in welche die erste Anhangsdriise des 79 Oviduets einmiindet, 6 zweite Anhangsdriise des Oviduects (Schleimdriise), 7 Oviduct mit 3 Erweite- -rungen, 8 Receptaculum seminis, 9 weibliche Ge- schlechtséffnung, 10 Aus- sackungen des Samen- leiters, 22 Samentleiter, 12 Flagellum, 13 Penis, 14 minnliches Begattungs- organ (verge). 380 Erstes Kapitel. Als Beispiele wihle ich Limnaea stagnalis und Oncidiella celtica (Oncidium celticum). Limnaea (Fig. 338 und 217 p. 221). Aus der hoch oben im Einge- weidesack der ,,Leber“ eingelagerten Zwitterdritise entspringt ein diinner Zwittergang, welcher sich bald in einen mannlichen und einen weiblichen Gang spaltet. Der minnliche Gang erweitert sich zunichst zu einem abgeplatteten Sack, dann zu einer grisseren birn-: formigen Driisenblase (Prostata). Aus dieser Blase setzt er sich als ein diinnes, langes Vas deferens fort, welches zum Theil in der Fuss- musculatur verliuft und schliesslich in den minnlichen Begattungsapparat einmiindet. Dieser stellt nur das erweiterte, ausstiilpbare und musculise Ende des Vas deferens selbst dar. Das Vas deferens bildet zunachst einen kleinen Penisschlauch, und dieser ragt mit einer Papille in den darauf folgenden grossen Schlauch (Penisscheide) vor, welcher bei der Begattung nach aussen umgekrempelt wird. An den grossen Schlauch setzen sich Protractoren, an den kleinen Retractoren an; der kleinere allein tritt mit seiner Papille bei der Begattung in die Vulva ein. In den weiblichen Gang miindet sofort nach seiner Trennung vom mannlichen eine Eiweissdriise ein. Dann wird er zu dem krausen- artig gefalteten Uterus und setzt sich dann als Oviduct in einen grossen birnférmigen Kérper fort, der sich bis zur weiblichen Geschlechtsétinung zur Vagina verjiingt. In den Oviduct miindet eine seithche Anhangsdriise, die als Nidamentaldriise bezeichnet worden ist, in die Vagina der Ausfiithrungsgang des kugligen Recep- taculum seminis. Wir verweisen noch auf die Fig. 337, welche die Geschlechtsorgane von Ancylus fluviatilis, die jiingst wieder Gegenstand einer ein- gehenden Untersuchung waren, darstellt. In den Grundziigen stimmt der Bau derselben mit den bei der eben beschriebenen Form iiberein, und man wird sich deshalb ohne weitere Ausfiihrungen an Hand der Figurenerklirung orientiren kénnen. Der Penis ist freilich sehr ab- weichend gebaut, und traigt einen langen, hohlen, geisselférmigen Anhang, Flagellum, unbekannter Function, wie ein solcher bei manchen Sty- lommatophoren sich findet. Oncidiella celtica (Oncidium celticum) (Fig. 339). Zwitter- driise und weibliche Anhangsdriisen liegen im hintersten Kérpertheil zwischen den Leberlappen und den Darmwindungen. Aus der Zwitter- driise entspringt ein Zwittergang, welcher an einer Stelle ein seit- liches Blindsickchen trigt, das bei anderen Oncidiiden viel stiirker entwickelt ist und als Vesicula seminalis bezeichnet wird. Der Zwittergang miindet in ein Organ von unregelmissiger Gestalt, das ge- wohnlich als Uterus, besser als Spermoviduct bezeichnet wird. Im Innern des Spermoviductes grenzen zwei vorspringende Falten eine Rinne ab. Legen sich die Riinder der beiden Falten aneinander, so wird die Rinne zu einem Rohr. Diese Rinne verlauft von der Einmiindungsstelle des Zwitterganges bis zur Austrittsstelle des Samenleiters aus dem Sperm- oviduct und dient nur zur Beférderung des Samens. Der iibrige weitere Theil des Spermoviductes dient als Eileiter und Eireservoir, er trigt einen grossen, blindsacktérmigen Anhang, in ihn miinden die Ausfiihrungs- ginge der beiden vielfach gelappten Eiweissdriisen und seiner Wandung liegt dicht ein weiteres Driisenpaar auf. Mollusca. Geschlechtsorgane. OD 81 Ein Vergleich mit Limnaea zeigt also, dass bei Oncidium die Trennung der minnlichen und weiblichen Leitungswege sich nicht so weit erstreckt, wie bei Limnaea, indem das Vas deferens im Uterustheil des Leitungsweges nur unvollkommen als Rinne gesondert ist. Die voll- stindige Trennung erfolgt hier, wie bei den Landpulmonaten, erst am Ende des Spermoviductes. Der diinne Samenleiter (Vas deferens) tritt nach rechts in die Leibeswand ein, in welcher er der rechten Fig. 338. Fig. 339 a ¢ . = 2 3 Fig. 338. Geschlechtsorgane von Limnaea stagnalis, nach BAUDELOT,~1863. 1 Minnliche Geschlechtséffnung, 2 grosser Penisschlauch (Penisscheide), $ Protractoren, 4 kleiner Penisschlauch, 5 Vas deferens, 6 Prostata, 7 abgeplattete Erweiterung des Vas deferens, 8 Zwittergang, 9 Zwitterdriise, 10 Stiick der Verdauungsdriise (Leber), 11 Ei- weissdriise, 72 Nidamentaldriise, 73 Uterus, 14 birnformiger Kérper, 75 Receptaculum seminis, 16 Vagina, 17 weibliche Geschlechtséffnung. Fig. 339. Geschlechtsorgane von Oncidiella celtica (Oncidium celticum), combinirt nach der Darstellung von JOYEUX-LAFFUIE, 1882; etwas schematisirt, das Vas deferens nur zum Theil gezeichnet. 7 Miinnliche Geschlechtséffnung, 2 Penisscheide (Prae- putium), 3 Penispapille (Eichel), 4 Vas deferens, 5 Uterus (Spermoviduet), die Samen- rinne im Uterus durch punktirte Linien angedeutet, 6 Uterusblindsack, 7 Eileiter und Vagina, 8 Coecalanhang, 9 Receptaculum seminis, 10 weibliche Genitaléffnung, 71 Eiweiss- driisen, 12 Blindsiickchen des Zwitterganges 13, 14 Zwitterdrise. 382 Erstes Kapitel. Lingsfurche zwischen Fuss und Riicken entlang nach vorn verliuft, um yorn im Kérper wieder in die primiire Leibeshéhle einzutreten, in der- selben sich in sehr zahlreiche Windungen zu legen und schliesslich in den Begattungsapparat einzutreten. Dieser besteht wie bei Limnaea aus elner grésseren, ausstiilpbaren Enderweiterung, in welche das Vas de- ferens in Form einer Papille (Eichel) vorragt. Durch Blutstauung wird diese als Penisscheide oder Praeputium bezeichnete Enderweiterung aus der Geschlechtséfinung ausgestiilpt, durch einen Retractor zuriickgezogen. Bei anderen Oncidiumarten stellen sich weitere Complicationen im Bau des Leitungs- und Begattungsapparates ein, speciell bei dem letztge- nannten durch das Auttreten einer ac- cessorischen — Penis- driise und einer ver- schieden gestalteten, ,»knorpeligen“ Be- waffnung. Der am Ende des Spermoviductes vom Vas deferens sich trennende Hileiter ist zugleich auch Va - gina. Er stellt ein einfaches Rohr dar, welches sich rechts neben dem After durch die weibliche Ge- schlechtséffnung nach aussen offnet. Unge- fihr in der Mitte seiner Liinge steht er mit dem stielférmigen Austithrungsgang einer kugeligen Blase, des Receptaculum seminis (Bursa co- pulatrix) und mit einem langen, driisi- genCoecalanhang in Verbindung. Fig. 540. Geschlechtsorgane von Chilina dombeiana, nach PLATE, Asymmetr. Moll., 1895. 1 Zwitterdriise, 2 Zwittergang, ? Eiweissdriise (bandfirmig), 4 sackférmiger Anhang des Spermoviductes, 5 Spermoviduct, 4 miinnlicher, Q weiblicher Abschnitt des- selben, 6 Vas deferens, 7 Vesicula seminalis, 8 Receptaculum seminis, 9 Vagina, 10 Re- tractor des Penis, 11 Penis. In allen wesentlichen Punkten nach demselben Grundplan gebaut ist der Geschlechtsapparat von Chilina unter den Basommatophoren, weshalb wir auf eine niihere Erklarung desselben verzichten und nur auf die Fig. 340 verweisen. Wir fiihren dieses Beispiel deshalb an, weil der als Spermoviduct (Uterus) ausgebildete Theil, von dem Vas de- ferens und Eileiter abgehen, eine Higenthiimlichkeit von einiger Bedeu- Mollusca. Geschlechtsorgane. 383 tung zeigt. Aeusserlich schon lassen sich am Spermoviduct der miinn- liche und weibliche Leitungsweg, die also in diesem Abschnitt wie bei Oncidium auch nicht vollstiindig getrennt sind, unterscheiden, und es reicht nun der minnliche Theil tiber die Abgangsstelle des Vas deferens hinaus bis zum Anfang der Vagina. Dieses Verhalten scheint in der That dafiir zu sprechen, dass sich die getrennten minnlichen und weib- lichen Gange aus einem einheitlichen, hermaphroditischen durch Spaltung gebildet haben und dass nicht umgekehrt der hermaphroditische durch Verschmelzung aus einem miinnlichen und einem weiblichen zu einem einheitlichen Gange geworden ist. Ill. Ein dritter Typus findet sich bei der grossen Mehrzahl der Stylommatophoren unter den Pulmonaten, ferner bei den meisten Nudi- branchiern und einigen Tectibranchiern (z. B, Pleurobranchaea). Aus der Zwitterdriise entspringt ein Zwittergang, welcher sich wie beim zweiten Typus friiher oder spiter in einen minnlichen und in einen weiblichen Gang spaltet. Diese mitinden aber nicht mit getrennten utiusseren Oeffnungen nach aussen, sondern vereinigen sich wieder in einem gemeinsamen Atrium genitale oder einer Geschlechts- kloake. Man kann sich diesen dritten Typus aus dem zweiten so ent- standen denken, dass sich die mannliche und weibliche Geschlechtsitinung einander genihert und schliesslich in einander gedffnet haben. Als Beispiele wihle ich Helix pomatia und Pleurobranchaea Meekelii. Helix pomatia (Fig. 341). Aus der Zwitterdriise entspringt ein zickzackformig gewundener, enger Zwittergang, welcher in den krausenformigen, langgestreckten ,Uterus*, besser Spermoviduct genannt, iibergeht. Das gestreckte Band, welchem die gefaltete Uterus- krause der Liinge nach aufsitzt, ist der Samenleitertheil, die Krause der weibliche Leitungstheil des sogenannten Uterus oder Spermoviductes. Der Samenkanal ist aber in Wirklichkeit nur eine Rinne des Sperm- oviductes, von dessen Hohlraum durch zwei gegeniiberliegende vorsprin- gende Falten, deren Rinder sich iibereinander schieben, getrennt. Hin als Prostata betrachtetes, driisiges Lingsband begleitet den Samenleiter- theil. Da, wo der Zwittergang in den Spermoviduct iibergeht, miindet die ansehnliche, zungenférmige Eiweissdriise. Am Ende des Spermoviducts trennen sich miinnlicher und weiblicher Leitungsweg vollkommen. Das dimne Vas deferens lauft in Windungen zum Begattungsapparat, der seinerseits in die Geschlechtskloake miindet. Der Begattungsapparat be- steht aus dem vorstiilpbaren Penis. Wo das Vas deferens in den Penis einmiindet, triigt dieser einen langen, geisself6rmigen, hohlen Anhang, das Flagellum, dessen Driisenepithel, vielleicht die Substanz der Spermatophorenhiille liefert. An der nimlichen Stelle setzt sich ein Riick- ziehmuskel des Penis an. Der kurze Oviduct miindet mit einem er- weiterten Abschnitt in die Geschlechtskloake. Anhangsorgane des er- weiterten Abschnittes sind: 1) das langgestielte, dem Spermoviduct eng anliegende, birnférmige Receptaculum seminis, dessen Stiel eine bisweilen rudimentiire seitliche Ausbuchtung aufweist, 2) zwei quasten- formige Organe, die fingerférmigen Driisen, deren milchiges, Kalk- concretionen enthaltendes Secret wahrscheinlich zur Bildung der iiusseren Hihiille beitragt, 3) in unmittelbarster Niihe der Kloake der Pfeilsack, welcher einen spitzen, kalkigen Stab, den Liebespfeil, enthilt, der 84 Erstes Kapitel. Yo als Reizmittel bei der Begattung in die Gewebe des mitcopulirenden In- dividuums vorgestossen wird. Die gemeinsame fussere Geschlechtsétfinung liegt in der Nackengegend hinter dem rechten Augententakel. Fig. 341. Anatomie von Helix pomatia, nach LeEuCKART, Wendtafeln. Die Schale ist entfernt, der Mantel auf die linke Seite gelegt, die Organe des Eingeweide- sackes und Kopfes isolirt und auseinandergelegt. Links (in der Figur) die Geschlechts- organe. LZ Verdauungsdriise (Leber), Zd Zwitterdriise, J Darm, NV Niere, V Herzkammer, M Vormagen, F Fuss, A After, AJ Mantelvand in der Gegend des Athemloches, Mr Riick- ziehmuskel, G Cerebralganglion, FZ Flagellum, Sk Schlundkopf (Pharynx), P Penis, R Fiblerretractor, Ps Pfeilsack, Ad fingerférmige Driise, Vd Vas deferens, X seitliche Aus- buchtung des Stieles des Receptaculum seminis #s, Od Eileitertheil des- Uterus, 2d Ei- weissdriise, Zg Zwittergang. Pleurobranchaea Meckelii (Fig. 342). Der aus der Zwitter- driise entspringende Zwittergang bildet in seinem Verlaufe eine lang- gestreckte Erweiterung (Ampulle) und theilt sich dann in den minn- lichen und in den weiblichen Leitungsweg. Das Vas deferens ver- lauft in Windungen zur Penisscheide, tritt in dieselbe ein, windet sich in ihr fast nach Art einer Uhrspirale auf und bildet dann die als Penis bezeichnete, ausstiilpbare Erweiterung, die durch einen Riickzieh- muskel eingestiilpt werden kann. Der Oviduct nimmt einen kiirzeren Verlauf, in welchem er den kurzen Ausfiihrungsgang eines kugeligen Re- ceptaculum seminis aufnimmt. Der erweiterte, mit dem Penis in Mollusea. Geschlechtsorgane. 38d die Genitalkloake einmiindende Endabschnitt des Oviductes (Vagina) empfangt den Ausfiihrungsgang der Eiweissdriise und der Nida- mentaldriise (Schalendriise, Schleimdriise), welche letztere als das Homologon der fingerférmigen Driise von Helix betrachtet wird. Die Leitungswege der Nudibranchier stimmen im Grossen und Ganzen mit denen von Pleurobranchaea tiberein. Im Einzelnen herrscht freilich eine unerschépfliche Mannigfaltigkeit. Fast immer vereinigen sich die miinnlichen und weiblichen Leitungswege schliesslich im Grunde einer Genitalkloake, welche oft auf einer Papille vorn auf der rechten Seite liegt. Selten sind weibliche und minnliche Oeffnung getrennt, legen dann aber dicht neben einander. Der Penis ist oft und in mannigfaltiger Weise bewaffnet. Wir geben die Abbildung des Geschlechtsapparates von Phyllirhoé (Fig. 343). Fiir das Verstiindniss geniigt die Figuren- erklarung. Fig. 342. Geschlechtsorgane von Pleurobranchaea Meckelii, nach Mazza- RELLI, 1891. 21 Gemeinsame Geschlechtséffnung, 2 Penisscheide, 3 Penis, 4 Rtckzieh- muskel desselben, 5 Vas deferens, 6 Nidamentaldriise, 7 Eiweissdriise, 8 Geschlechtskloake, 9 Eileiter, 10 Receptaculum seminis, 17 Erweiterungen und Blindsack des Oviductes, 12 Zwittergang, 13 Zwitterdrise. Fig. 343. Geschlechtsorgane von Phyllirhoé, nach SoULEYET, Voy. Bonite. 1 Vas deferens, 2 Penis, ? Oviduct, 4 minnliche, 5 weibliche Geschlechtséffnung, 6 Vagina, 7 Zwitterdriise, 8 Zwittergang, 9 Receptaculum seminis. IV. Es tritt endlich bei vielen Ascoglossen und bei den Holohepatica unter den Nudibranchiern, sowie bei gewissen Stylommatophoren unter den Pulmonaten ein vierter Typus der Ausleitung der Geschlechts- producte auf. Aus der Zwitterdriise entspringt ein Zwitter- Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl. 25 B86 Erstes Kapitel. gang, dersich wie beim zweiten und drittenTypus friher oder spiaiter in einen mannlichen und weiblichen Gang spaltet; ausserdem theilt sich aber der weibliche Gang nochmals in 2 Giainge, in den eigentlichen eileitenden Abschnitt und einen zur Begattung und zur Leitung des bei der Begattung aufgenommenen Spermas dienenden copulatoris sch'en Abs chnitt. Im Weiteren finden sich folgende Variationen: a) Alle 3 Ginge miinden getrennt aus; dann treten 3 iussere Ge schlechts éffnungen auf: eine minnliche und 2 weibliche, von denen die eine zur Hiablage, die andere als Begattungséffnung dient. Die Verhaltnisse entsprechen, ab- gesehen von der Theilung des weiblichen Leitungsweges, denen des zweiten Typus. Alle 3 Ginge miinden in ein gemeinsames Atrium genitale oder eine Geschlech tskloake aus. Dieser Zustand entspricht einem solchen vom dritten Typus, bei dem also noch eine weitere Theilung des weiblichen Abschnittes aufgetreten ist. Das Verstindniss fiir die Formen des vierten Typus erleichtert uns die Betrachtung der oben fiir das Weibchen von Neritina fluviatilis be- schriebenen Verhiltnisse (siehe Diotocardier). Denken wir uns bei einer Neritina die minnlichen und weiblichen Geschlechtsorgane auf einem Individuum vereinigt, und zwar unter Bildung einer Zwitterdriise und eines Zwitterganges, der sich weiterhin in einen minnlichen und 2 weibliche Ginge spaltet, so bekommen wir vollstiandig den Zustand, wie er als Typus IVa definirt worden ist. Das Ver- hiltniss des Typus IVb zum Typus IVa ist das niamliche wie von ivan Beispiele: Limapontia unter den Ascoglossen und Zonitoides arboreus unter den Stylommatophoren. : Limapontia (Fig. 344). Die Zwitterdriise ist in eine Reihe separater hermaphroditischer Acini getheilt, die im hinteren Kérpertheile legen und deren Ausfithrungsgiinge sich zu einem gemeinsamen Zwittergan ge ver- einigen; der Zwittergang spaltet sich zuniichst in einen minnlichen und einen weiblichen Gang. Der Samenleiter nimmt die Miindung einer zwei- theiligen Prostatadriise auf und endigt im Penis, dessen Oeffnung vorn auf der rechten Kérperseite liegt. Der weibliche Gang erweitert sich zu einem Uterus, in den einmiinden: 1)ein Receptaculum seminis, 2) eine vielfach veristelte Eiweissdriise; dann theilt sich der weib- liche Gang in den eigentlichen Oviduct, der zur Ausleitung der Hier dient und den copulatorischen Abschnitt, die Vagina. Der Oviduct nimmt die Miindung einer grossen S chleimdriise auf und éffnet sich in der Nihe des Penis vorn am Korper; die Vagina zieht seitwiirts und 6éffnet sich ungefihr in der Mitte der rechten Kérperseite. Der Ausfiihrungs- wang des Receptaculum seminis liegt seiner Richtung nach in der Fort- setzung der Vagina, so dass das aufgenommene Sperma leicht in das Receptaculum passiren kann. Abgesehen von mancherlei nicht principiell verschiedenen Variationen verhalten sich die meisten Ascoglossen (Oxy- noéidae ausgenommen) ihnlich. Hie und da sitzt das Receptaculum direct dem copulatorischen Abschnitt der weiblichen Leitungswege auf: in anderen Fiillen ist es durch 2 Giinge mit demselben verbunden. Mollusca. Geschlechtsorgane. 387 Zonitoides arboreus (Fig. 345) unter den Stylommatophoren. Der Geschlechtsapparat ist, abgesehen von der gleich zu besprechen- den Higenthiimlichkeit, ganz wie bei der Mehrzahl der Stylommato- phoren gebaut, so dass wir einfach auf die fiir Helix pomatia gegebene Beschreibung verweisen kiénnen. Dazu kommt nun, dass bei Zonitoides am unteren, distalen Ende des Uterus ein Gang abgeht, der sich mit dem Kanal des Receptaculum seminis in Verbindung setzt, und der bo Fig. 344. Geschlechtsorgane von Limapontia depressa, nach PELSENEER, 1894. 2 Penis, 2 Oeffnung des Eileiters, 3 Receptaculum seminis, 4 Anhangsdriise des Oviduets,. 5 Oeffnung der Vagina, 6 hermaphroditischer Acinus der Zwitterdriise, 7 Ei- weissdriise, 8 Verbindungen der Eiweissdriise mit dem _ ,,Uterus‘, 9 hermaphroditischer Gang, 10 Oviduct, 71 Prostata, 72 Samenleiter. Fig. 345. Geschlechtsorgane von Zonitoides arboreus, nach vy. IHERING, Genitalapp. Helix, 1892. 1 Zwittergang, 2 Eiweissdriise, 3 Uterus (Spermoviduct), 4 Ductus receptaculo-uterinus, 5 Vagina, 6 Penis, 7 Sack des Liebesdolches, 8 Liebesdriise, 9 Vas deferens, 10 Receptaculum seminis.; schliesslich in die gemeinsame Geschlechtskloake miindet. Wie bei Lima- pontia ist also auch hier der weibliche Leitungsweg in 2 Aeste, einen eileitenden und einen das fremde Sperma aufnehmenden und _ leitenden geschieden; diesem letzteren Abschnitt sitzt das Receptaculum seminis auf. Lassen wir am Geschlechtsapparat von Helix den Gang des Recep- taculum seminis auch noch mit dem Uterustheil des Spermoviducts in Verbindung treten, so liegt der Zustand von Zonitoides arboreus vor. In wie weit nun bei anderen Stylommatophoren der Typus IVb vor- kommt, ferner, ob nicht bei manchen Formen noch ein Rudiment der Verbindung zwischen Receptaculum und ,,Uterus“ in Form eines Diver- tikels am Receptaculumstiel auftritt, sind noch strittige und unerledigte Fragen. . bo 588 Erstes Kapitel. Die Geschlechtswege der Dorididen und Phyllidiiden unter den Nudibranchiern reihen sich hier ein. Nehmen wir als Ausgangs- punkt das geschilderte Verhalten von Pleurobranchaea und lassen das Fig. 546. Geschlechtsapparat von Archidoris tuberculata, nach y. [HPRING, Orthoneur., 1887. 1 Zwittergang, 2 Spermatocyste, 2 Was deferens, 4 Receptaculum seminis, 5 Vagina, 6 Penis, 7 Oviduct, 8 Eiweissdriise. Receptaculum seminis noch durch einen weiteren Gang fiir sich in die Geschlechtskloake miinden, so haben wir die Geschlechtswege einer Dori- dide vor uns (Fig. 346). Wenn wir die geschilderten Formen der Geschlechtswege der Opistho- branchier und Pulmonaten iiberblicken, finden wir, dass einmal ein ge- meinsamer Ausfiihrungsgang miinnliche und weibliche Producte zu einer gemeinsamen Oeffnung fiihren kann (I. Typus); man nennt dieses Stadium das monaule; oder, der gemeinsame Gang spaltet sich friither oder spiter in zwei, einen minnlichen und einen weiblichen, die getrennt oder secundir wieder gemeinsam miinden: diaules Stadium (II. und III. Typus); endlich kénnen nach weiterer Spaltung des specifisch weiblichen Ganges drei getrennte Ausfiihrungswege auftreten, ein minnlicher und 2 weibliche, von denen einer zur Eileitung, einer zur Copulation dient; sie kénnen alle getrennt oder gemeinsam ausmiinden: triaules Stadium (IV. Typus). Siehe Fig. 347. Die wichtige Frage nach dem gegenseitigen Verhiltnisse der ver- schiedenen Typen von Leitungswegen bei den hermaphroditischen Schnecken ist vielfach discutirt, aber noch nicht gelést worden. Auch die ontogene- tischen Untersuchungen haben bis jetzt noch zu keinem sicheren Resul- tate gefiihrt. Soviel scheint immerhin wahrscheinlich, und das oben an- getiihrte Verhalten der Auriculiden und von Chilina spricht unter anderem dafiir, dass der monaule Typus den primiiren darstellt, von dem sich dann der diaule in der Weise ableitet, dass sich zunichst die offene, Mollusca. Geschlechtsorgane. 389 von der hermaphroditischen Oeffnung zum Penis fiihrende Samenrinne zu einem Samenleiter, der im weiteren Verlaufe in die Tiefe riickt, schliesst, und dass zugleich eine weitere Abspaltung des miannlichen Theiles am urspriinglich gemeinsamen Zwittergange erfolet. Fig. 347. Schematische Darstellung der Endabschnitte der Geschlechts- wege bei euthyneuren Gastropoden (unter theilweiser Benutzung von Figuren aus KORSCHELT und HEIDER, Lehrbuch der vergl. Entwickelungsgesch.). A Monauler Typus, B diauler Typus mit getrennter miinnlicher und weiblicher Geschlechtséffnung, © di- auler Typus mit gemeinsamer Geschlechtséffnung, D triauler Typus mit drei ge- trennten Oeffnungen. i Penis, 2 Samenfurche, 2 Vas deferens, 4 Spermoviduct, 5 Ovi- duct, 5° oviducaler Theil des weiblichen Geschlechtsleitungsweges beim triaulen Typus, 6 copulatoriseher Theil des Leitungsweges, 7 Receptaculum seminis, 4 miinnliche, Q weib- liche, & hermaphroditische (ecenlechteotinane: Q ov Oeffnung des Eileiters beim triaulen Typus, 2 co copulatorische Oeffnung. Die Begattung ist bei den hermaphroditischen Gastropoden eine gegenseitige. Doch ist es sicher, dass wenigstens bei Pulmonaten bei ausbleibender Begattung Selbstbefruchtung eintreten kann. Der Zwitter- gang tragt nimlich nicht selten ein oder 2 seitliche Blindsickchen, sogenannte Samenblasen oder Vesiculae seminales, in welchen das eigene Sperma aufgespeichert wird und bei ausbleibender Fremdbefruchtung zur Befruchtung der eigenen Hier verwendet werden kann. Eier und Sperma werden hiufig nicht zu gleicher Zeit reif. Fir Limnaea wurde 390 Erstes Kapitel. z. B. wiederholt nachgewiesen, dass von Jugend auf isolirt gehaltene atin ate entwickelungsfahige Eier ablegen kénnen. 2) Cephalopoda. Obschon die Gonade bei allen heute lebenden Geialopeiet unpaar ist, so sind doch die Leitungswege der Geschlechts- producte urspriinglich in beiden Geschlechtern paarig. Paarig (in einem ee vorhanden) sind die Geschlechtsleiter im weiblichen Geschlecht bei Nautilus, den Oegopsiden, Idiosepius unter den Myopsiden und bei den Octopoden (ausgen. Cirroteuthis); im minnlichen Geschlecht kommt ein doppelter $ Samenleiter nur bei Nautilus und bei Philonexis (Tremoctopus) carenae vor. Bei Nautilus, welcher also in beiden Geschlechtern paarige Leitungswege besitzt, ist in beiden Geschlechtern der linke rudimentir und fungirt nicht mehr als solcher. Er stellt die sogenannte ,,birnformige Blase“ dar, welche einerseits an das Herz und das Unterende der Gonade befestigt ist, andererseits an der Basis der unteren Kieme in die Mantel- héhle miindet. Unter den Myopsiden, wo allgemein nur ein Leitungsweg vorkommt, besitzt einzig Idiosepius, neben dem functionirenden linken, einen rudimentiren rechten Eileiter. Wo nur ein Leitungsweg vorhanden ist, ist es in beiden Geschlechtern der linksseitige, so bei ‘Spirula, Loligo, Sepia, Sepiola, Rossia, Sepi- oteuthis, Chiroteuthis, Cirroteuthis ete. Die Geschlechtsleiter entspringen an der Wand der als Theil der secundiiren Leibeshihle erkannten Gonadenhiéhle (Bauchfelltasche, Genital- kapsel) und miinden in die Mantelhéhle zu Seiten des Afters ‘zwischen Nephridialéffnung und Kiemenbasis. Mainnliche Leitungswege, Samenleiter, Am minnlichen Leitungsweg kénnen wir da, wo er, wie z. B. bei Sepia (Fig. 348), sich stiirker complicirt, 4 Hauptabschnitte unterscheiden. Aus der Hoden- kapsel entspringt ein in dicht aneinander legenden Windungen verlau- fendes Vas deferens. Dieses erweitert sich zu einer Samenblase (Vesicula seminalis), deren ausserordentlich stark entwickeltes und reich gefaltetes Driisenepithel eine wichtige Rolle bei der Spermato- phorenbildung spielt. Die Samenblase setzt sich als diimnes Vas efferens zum letzten Abschnitt, der Spermatophorentasche (NeepuaAm’sche Tasche) fort, welche als Reservoir fiir die Sper- matophoren dient. Sie ist von flaschenformiger Gestalt und ragt mit dem dem Halse einer Flasche entsprechenden Theile, an dessen Ende sich die minnliche Geschlechtséffnung befindet, frei in die Mantelhéhle vor. In das Vas efferens miinden 2 Anhangsorgane: 1) die Prostata, eine ei- formige Driise mit kurzem Ausfiihrungsgang, und 2) ein einfacher seit- licher, nicht drisiger Blindsack. Die Prostata betheiligt sich, wie die Vesicula seminalis, an der Bildung der Spermatophoren. Prostata, Blindsack und Vesicula seminalis bilden in natiirlicher Lage ein Con- volut, welches in einem besonderen Abschnitt der secundiiren Leibes- héhle, in einer besonderen ,,Bauchfelltasche“ liegt. Merkwiirdigerweise steht das Vas efferens mit dieser Bauchfelltasche durch ein enges Réhr- chen in offener Communication. Verglichen mit Sepia, unterscheidet sich der mannliche ausfiihrende Apparat von Octopus (Fig. 349) vorwiegend durch das Fehlen eines gesonderten Vas éfferens. Die lange Vesicula seminalis miindet in die machtige Prostata nahe der Stelle, wo diese selbst in den Spermatophoren- sack sich éffnet. Diese Stelle liegt nicht im Grunde, sondern am Halse Mollusca. Geschlechtsorgane. a9] des Spermatophorensackes, da, wo sich dieser zu dem langen, fleischigen, mit seinem Endstiick in die Mantelhéhle vorragenden Penis auszieht. Der Penis ist mit einem seitlichen Blindsack ausgestattet. Es wurde oben erwiihnt, dass, soviel man bis jetzt weiss, nur zwei lebende Cephalopoden paarige miinnliche Leitungswege besitzen, namlich Fig. 348. Fig. 349. Fig. 548. Mannliche Geschlechtsorgane von Sepia officinalis. J Ge- schlechtséffnung, 2 Spermatophorensack, 3 Vas efferens, 4 Blindsack, 5 Prostata, 6 Kaniil- chen, welches in den den miinnlichen Leitungsweg umgebenden Abschnitt der Leibes- héhle miindet, 7 Vesicula seminalis, §& und 9 Vas deferens, 10 Gonade, ein Stick ihrer hinteren Wand weggeschnitten; man blickt in die Gonadenhéhle und erkennt an ihrer vorderen Wand die Mindung des miinnlichen Keimkérpers 12, 12 Miindung des Samen- leiters in die Gonadenhéhle. Fig. 349. Mannliche Geschlechtsorgane von Octopus vulgaris, nach CuviER, Anat. Moll. 1817. 2 Penis, 2 Muskel, durchschnitten, 2 Spermatophorensack, 4 Vesicula seminalis, 5 Prostata, 6 Vas deferens, 7 gedffneter Gonadensack, an dessen vor- derer Wand die Hodenkaniilchen des Keimkérpers 8 sichtbar sind, 9 Miindung des Samen- leiters in den Gonadensack. Nautilus und Philonexis carenae. Bei Nautilus ist der linke rudimentir (Fig. 350 und 307). Der functionirende rechte Samenleiter besteht aus dem Vas deferens, das gleich in eine Vesicula -seminalis” iiber- geht, dem sich’ ein Spermatophorensack anschliesst. Das Endstiick (,,Penis“) ist musculés und durch ein Septum der Linge nach getheilt; die rechte Halfte communicirt mit dem Spermatophorensack, die linke 392 Erstes Kapitel. éffnet sich in einen Blindsack, der vielleicht einem Spermatophorensack des linken Ductus (birnférmige Blase) entspricht. Ob aber die beiden Samenleiter von Philonexis carenae den beiden muthmaasslich den Ce- phalopoden urspriinglich zukommenden entsprechen, ist sehr zweifelhaft. Die beiden sehr verschieden gebauten Vasa deferentia von Philonexis, . die aus der Hodenkapsel A entspringen, vereinigen sich nimlich spiter wieder. Ausserdem liegen beide linksseitig. Autfallend ist auch, dass der Spermato- phorensack eine doppelte Oettnung hat, dass also i . om - (Tt ——— 3 die Geschlechtsitfnung dop- ; 3 i pelt ist. i ! ‘ ~ . se 1 4 \ =F ae ne Ue Fig. 350. Geschlechts- [= organe von Nautilus, Mann- chen, nach KERR, 1895. 1 Penis, Le 2 Spermatophorensack, 2 Vesi- cula seminalis, 4 Hoden, 4 ,,birn- fOrmige Blase‘ (rudimentiirer linker Geschlechtsweg). Weibliche Geschlechtswege. Sepia (Fig. 351). Der com- plicirte ausfiihrende Apparat besteht aus zwei vollstindig von einander getrennten und gesondert in die Mantelhéhle miindenden Partien: 1) dem unpaaren (linksseitigen) Oviduct, dessen Lage und Miindung der des Samenleiters beim Minnchen entspricht, und 2) den Nidamental- driisen. Die beiden grossen Nidamentaldriisen liegen als birnformige Organe dicht unter der Kérperhaut im hinteren Theil des Eingeweide- sackes, symmetrisch zu beiden Seiten des hinter ihnen heruntersteigenden Ausfihrungsganges des Tintenbeutels. Sie miinden an ihrer ventralen Spitze in die Mantelhéhle. Jeder Driisensack erscheint in symmetrischer Weise durch hintereinander liegende, von beiden Seiten vorspringende Driisenlamellen gefachert. Die Ficher zwischen den Driisenlamellen éffnen sich in den centralen, spaltformigen Ausfiihrungsgang. Diese Structur spiegelt sich auch in dem fusseren Aussehen einer jeden Driise wieder. Ausser diesen beiden Nidamentaldriisen existirt noch eine accessorische Nidamentaldriise, welche unter und vor den ersteren liegt. Sie ist ziegelroth gefarbt ‘und besteht aus einem Mittel- stiick und 2 Seitenlappen. Sie wird aus zahlreichen, geschliangelten Driisenkanilchen gebildet, die sich in einem Driisenfeld in die Mantel- hohle dffnen, welches zwischen dem Mittel- und Seitenlappen in Form einer Bucht eingestiilpt ist. Da in dieser Bucht jederseits auch die Miindung der grossen Nidamentaldriise liegt, so vermischt sich in ihr das Secret beider Driisenarten. Der aus dem Ovarialsack entspringende Oviduct ist zur Zeit der Brunst mit Eiern so angefiillt, dass er hauptsiichlich in seinem sich in den Ovarialsack dffnenden Theil weit ausgedehnt ist. Bevor er sich an derselben Stelle und in ahnlicher Weise, wie der Samenleiter im miann- Mollusca. Geschlechtsorgane. 393 lichen Geschlecht, durch ein frei in die Mantelhéhle vorragendes Stiick nach aussen 6ffnet, steht er mit einer zweilappigen oder herzférmigen Anhangsdriise (Eileiterdriise) in Verbindung, welche die Structur der Nidamentaldriisen wiederholt. Auch der Endabschnitt (von der Hileiter- driise bis zur Miindung des Oviductes) ist driisig, indem 2 symmetrische Reihen von senkrechten Driisenblittchen von seiner Wand in sein Lumen vorragen. ventral. Us Bots dorsal. Fig. 351. Weibliche Geschlechtsorgane von Sepia officinalis, im Wesent- lichen nach BROCK, 1878. Die Mantelhéhle ist gedffnet, das hintere Integument des Ein- geweidesackes wegpriparirt, der Tintenbeutel etwas bei Seite gelegt, der Oviduet blossge- legt. Ansicht des blossgelegten Organcomplexes von hinten. J Trichter, 2 Rand der dor- salen Trichteréffnung, 3 Schliessknorpel, 4 linkes Ganglion stellare, 5 dritsiger Endabschnitt des Oviductes mit weiblicher Geschlechtséffnung, 6 linker Seitenlappen der accessorischen Nidamentaldriise, 7 Eileiterdriise, & linke Kieme, 9 Oviduect, mit durchschimmernden Eiern erfiillt, 70 linke Nidamentaldritse, 17 Mantel, 12 Ovyarialsack, von hinten geéffnet, man sieht an seiner vorderen Wand die gestielten Ovarialeier, 13 Tintenbeutel (Pigment- driise), 74 Magen, 15 rechte Nidamentaldriise, 76 Mittelstiick der accessorischen Nidamental- driise, 17 rechter Seitenlappen der accessorischen Nidamentaldriise, 78 rechte Kieme, 19 rechte Nierenéffnung, 20 After. Die Secrete der Nidamentaldriisen, accessorischen Nidamentaldriisen und Hileiterdriisen liefern die iiusseren Hihiillen, mit welchen die aus- tretenden Ovarialeier umhiillt werden. 394 Erstes Kapitel. Um nun noch die ganze Klasse der Cephalopoden kurz zu beriick- sichtigen, mége erwiihnt werden, dass Nidamentaldriisen vorkommen: 1) bei den Tetrabranchiern (Nautilus); 2) unter den Decapoden bei den Myopsiden, bei einigen Oegopsiden (z. B. Ommastrephes, Onychoteuthis, Thysanoteuthis, Chaunoteuthis) und bei Spirula. Sie fehlen bei den Octo- poden und einem Theil der Oegopsiden (z. B. Enoploteuthis, Chiro- teuthis). Nautilus unterscheidet sich von allen anderen lebenden Cephalo- poden dadurch, dass er 1) nur eine Nidamentaldriise besitzt, und 2) dass sie nicht im Eingew eidesack-tiest; sondern im Mantel. ASCE essorische N idame ntaldriisen kommen nur bei Spirula und den Myopsiden vor. Die beiden Driisen sind entweder gesondert (Spirula, Rossia, Loligo, Sepioteuthis, Idiosepius), oder mit einander ver- schmolzen (Sepia, Sepiola). Hileiterdriisen sind bei allen Cephalopoden vorhanden, in wechselnder Lage und mit mannigfaltiger Modification im Ban. Auch als Receptacula seminis fungirende Ausstiilpungen des Oviductes kommen gelegentlich vor (Tremoctopus, Parasira). Bei allen Cephalopoden werden gewisse Quantitiiten von Spermatozoen in ausserst complicirte Hiillen, sogenannte Spermatophoren, gewickelt (Fig. 352). Nur bei Nautilus ist deren Bau ziemlich einfach; eine Spermatophore stellt hier ein aufge- kniueltes Rohr dar, das in einer membranésen Kapsel eingeschlossen liegt. Auf den Bau der Spermato- phoren der Dibranchiaten kann hier nicht naher eingegangen werden; niiheren Aufschluss hieriiber, wie tiber die Art der Entladung dieser Apparate suche man in der einschliigigen Litteratur (neueste Abhandlung tiber diesen Gegenstand von Racovirza [1894]). Die Substanz dieser grossen, fadenférmigen Spermatophoren wird in der Prostata und Vesicula seminalis geliefert. Welches aber der Mechanismus ist, durch welchen ein so complicirtes Etui, wie die Spermatophore eines ist, hergestellt wird, ist zur Zeit noch unermittelt. Die Spermatophoren platzen bei Beriihrung, oder wenn sie ins Wasser gelangen, an ganz bestimmten Stellen und spritzen ihren Spermatozoeninhalt heraus. Zur Zeit der Brunst ist die Spermatophorentasche dicht erfiillt mit Spermatophoren. Bei Philonexis carenae wird jedoch eine einzige, sehr lange Spermatophore er- zeugt. c) Die Begattungsapparate. Hecto- cotylie der Cephalopoden, Die Begattungs- apparate der Gastropoda und der in die Mantelhéhle vorragende Penis gewisser Cephalopoden sind schon im Worhergehenden Abschnitt behandelt worden. Fig. 352. Spermatophore von Sepia, nach MILNE EpWarkpbs, 1842. a Aeusseres Etui, b inneres Etui, ¢ Spermato- zoensack, d.e. f, h, g yverschiedene Theile des Ejaculationsapparates. Mollusca. Geschlechtsorgane. 39D Wir wollen hier eine der merkwiirdigsten und die rithselhafteste Erscheinung innerhalb der Cephalopodenklasse besprechen, die Hecto- cotylie. Diese Erscheinung besteht in der Umwandlung eines Mund- armes des Miinnchens zu einem Begattungsorgan und Spermatophoren- triger, dem sogenannten Hectocotylus, welcher sich bei der Begat- tung vollstindig loslést und in die Mantelhéhle des Weibchens gelangt. Die typische Hectocotylie (Fig. 353) ist beschrainkt auf die Octo- podengattungen Argonauta, Philonexis und Tremoctopus. Der umgewandelte Arm ist bei Tremoctopus und Philonexis (Para- Sira) der dritte rechte, bei Argonauta der dritte linke. Er ist anfiing- lich in einem aussen pigmentirten Sackchen eingeschlossen (Fig. 353 A), welches durch Platzen den Arm frei werden lasst, der dann seine be- sondere Gestalt deutlich erkennen lisst (6). Die Falten, welche das Sack- Fig. 35 3. Mannchen von Argonauta argo, nach H. MULLER, 1852. (Weibchen, Fig. 46 und 47.) A Mit in das Siickchen d eingeschlossenem Hectocotylus. B Mit freiem Hectocotylus. « Trichter, 6 Rand der Mantelfalte, ¢ linkes Auge, d Siickchen, d, Hecto- cotylus, e Mund. chen bildeten, schlagen sich zuriick und bilden nun eine neue, die Sperma- tophoren aufnehmende Tasche, welche nun innen pigmentirt ist. Eine Oeffnung fiihrt aus dieser Tasche in eine Samenblase, die im Innern des Hectocotylus hegt und sich in einen diinnen, langen Ausfiihrungsgang fortsetzt, welcher den Arm seiner ganzen Linge nach durchzieht und an seinem Ende nach aussen miindet. Das Endstiick des Armes ist zu einem langen, fadenférmigen Penis umgewandelt, welcher anfangs ebenso in einem besonderen Sackchen eingeschlossen liegt, wie der ganze Arm in der Hectocotylustasche. Bei ausgestiilptem Penis bleibt das Sickchen als ein Anhang an seiner Basis zuriick. Ge Fe. SS) Die Spermatophoren kénnen aus der innen pigmentirten Samentasche in die Samenblase gelangen und von da durch den Ausfiihrungsgang, welcher an der Spitze des Penis miindet, entleert werden. 396 Erstes Kapitel. Es ist wahrscheinlich, dass die Hectocotylus-tragenden Cephalopoden bei der Begattung sich Mund gegen Mund mit ihren Armen umfassen und dass sich dabei der Hectocotylus ablést und in irgend einer Weise in die Mantelhéhle des Weibchens eindringt. Man findet wenigstens hiufig losgeléste Hectocotyli, bis zu 4 Stiick zugleich, in der Mantelhéhle der W eibchen. Unerkliart ist: 1) in welcher speciellen Weise der Hectocotylus die Eier Wes Weibchens befruchtet, und 2) wie die Spermatophoren in den Hectocotylus gelangen. Abgesehen von dem durch die Ausbildung des Hectocotylus be- dingten geschlechtlichen Dimorphismus, sind Miinnchen und Weibchen bei den erwiihnten Gattungen auch sonst verschieden. Die Minnchen sind viel kleiner, und bei Argonauta ist nur das Weibchen beschalt. Es ist héchst wahrscheinlich, dass der abgeliste Hectocotylus wieder regenerirt werden kann. Wihrend nun nur bei den drei erwiihnten Gattungen ein ichter, sich loslésender Hectocotylus zur Ausbildung gelangt, so ist doch fiir alle tibrigen Cephalopoden (auch fiir Nautilus, vergl. p. 181 und 182) der Nachweis erbracht worden, dass im mannlichen Geschlecht i immer ein be- stimmter Arm oder Theil des Kopffusses in irgend einer Weise moditi- cirt ist, irgend welche, oft wenig auttallende Merkmale besitzt, die den anderen Armen nicht zukommen. Man nennt nun den betreffenden Arm den hectocotylisirten Arm. Der Gedanke liegt nahe, dass dieser Arm bei der Begattung eine Rolle spiele; war dies aber bis dahin blosse Vermuthung, so zeigen einige neuere Beobachtungen, dass in einigen Fillen sicher dem hectocotylisirten Arme diese Function zukommt. Bei Octop us z. B. geht die Begattung in der Weise vor sich, dass das in ‘einiger Entfernung vom Weibchen postirte Minnchen die Spitze des lang " ausgestr eckten hectocotylisirten Armes in die Mantelhéhle des Weibchens einfiihrt und die Spermatophoren an der Miindung der Oviducte placirt. Die Art und Weise des Uebergangs der Spermatophoren vom Penis zur weiblichen Geschlechtséffnung ist nicht beobachtet, vollzieht sich aber vermuthlich so, dass die Spermatophoren zuniichst den Trichter passiren, dann an die Basis des hectocotylisirten Armes gelangen, an diesem in einer Rinne durch Contractionen der Winde der letzteren bis zur Spitze des Armes gebracht und von hier aus an der Miindung des Oviductes abgesetzt werden. Bei Sepiola findet bei der Begattung ein formlicher Kampf zwischen beiden Geschlechtern statt, wohl aus dem Grunde, weil das Miannchen zwei Arme, die des ersten Paares, in die Mantelhéhle des Weibchens einfiihrt und dadurch die Athmung: desselben beeintrachtigt. Die Spermatophoren werden bei dieser und anderen Decapodenformen im Inneren der Mantelhéhle festgeheftet, bei Sepia, Loligo etc. dagegen in der Umgebung des Mundes. Die Hectocotylisation tritt im Allgemeinen an einem bestimmten Arme auf, doch ist es nicht bei allen Formen der gleiche. Bei den Octo- poden ist gewéhnlich der dritte der rechten Seite, doch bei Scaeurgus und Argonauta der dritte der linken Seite hectocotylisirt. Bei den Deca- poden tritt die Hectocotylisation meist am vierten Arme der linken Seite auf; allein es kann auch der vierte rechte sein, z. B. bei Enoploteuthis, oder der erste, wie bei Sepiola und Rossia; auch beide Arme eines Paares kinnen hectocotylisirt sein, so bei Idiosepius und Spirula die des Mollusca. Geschlechtsorgane, parasitische Schnecken. 397 vierten, bei Rossia die des ersten Paares; endlich kénnen ausser an einem Arme oder beiden Armen eines Paares auch noch schwachere Modificationen an einigen oder allen anderen sitzenden Armen des Minn- chens auftreten. Der Unterschied in der Grédsse, ee a le Ay \ welcher zwischen Minnchen und Weib- Se ee | ai } chen der mit einem iichten Hectocotylus Bi 4 aig 4 ausgestatteten Formen erwiihnt wurde, » &4 4 bn if zeigt sich, doch nicht in demselben EON \ ih rH Hi : Bj A i Maasse, auch bei manchen anderen Ce- RATT. g@_ S__ ’ ; \ Py SS phalopoden. Das Minnchen ist etwas “@,\ 2 /y er _») : . ie oie y ae kleiner als das Weibchen. te ee / ae Wz aes fo ge : \\ f € Fig. 354. Hectocotylus von Philo- ) | nexis (Octopus) carenae, nach LEUCKART, i 1854. @ Spermatophorentasche , 6 Samenblase, I ¢ Ausfithrungsgang der Samenblase, d@ Anhang = Rest des Penissiickchens, e Penis, f Saug- if niipfe. { i| XXI. Parasitische Sehnecken. Aecht parasitische Formen finden sich auf oder in Echinodermen schmarotzend. Diejenigen unter ihnen, bei denen sich noch eine typische Schneckenorganisation erhalten hat, und bei welchen daher noch die Feststellung der Verwandtschaftsbeziehungen verhiltnissmassig leicht ist, lassen sich in 2 Gruppen scheiden, die sich je von einer Familie der Taenioglossen unter den Prosobranchia monotocardia ableiten, niimlich die eine Gruppe mit der Gattung Thyca von den Capuliden (Capu- lus, Hipponyx), die andere mit den Gattungen Mucronalia und Sti- lifer von den Hulimiden. 1) Thyca ectoconcha (Fig. 355) ist eine Form der ersten, zu den Capuliden gehérenden Gruppe, welche an einem Seestern, Linckia multiforis, schmarotzt. Die Hauptztige ihrer Organisation werden durch den in Fig. 355 dargestellten Liingsschnitt, in welchen verschie- dene seitlich liegende Organe eingezeichnet sind, illustrirt. Die Schnecken- organisation ist durch den Parasitismus noch wenig beeinflusst. Das Thier besitzt eine Schale, deren Gestalt an eine phrygische Miitze er- innert. In der Mantelhéhle liegt die Kieme. Auch Darm- und Nerven- system bieten nichts Auffallendes. Augen und Gehérorgane sind vor- handen. Es existirt eine kurze, aber kraftige Schnauze mit musculésem Schlundkopf, welche zwischen den Kalkstticken des Integumentes im Ge- webe des Seesternes steckt. Eine Radula fehlt. Die Basis der Schnauze wird umgeben von einer musculésen Scheibe, die aus einem vorderen und einem hinteren Theile besteht. Diese Scheibe, der sogenannte Scheinfuss, ist das Haftorgan, vermittelst dessen die Schnecke dem Inte- gument des Wohnthieres so fest aufsitzt, dass sie nur gewaltsam und nicht ohne zu zerbrechen losgetrennt werden kann. Ausserdem existirt noch ein Fussrudiment, Metapodium (fs), ohne Deckel. 398 Erstes Kapitel. ~. . Lhyca pellucida (Fig. 356) findet sich auf Linckia miliaris, Im Wesentlichen von gleicher Organisation wie die eben beschriebene Art, zeigt sie doch einige Ziige, die darauf hinweisen, dass diese Species vom Parasitismus noch nicht so stark beeinflusst wurde und den Fig. 355. Langsschnitt durch Thyca ectoconcha, nach P. und F. SARASIN, 1887. Es sind auch einige nicht in der Schnittebene Hegende Organe eingetragen. cer Cerebralganglien, d Darm, fl Falten, 7s Fuss, k Kieme, 7 Leber, ml Mantel, oc Auge, ot Otecyste, ped Pedalganglien, pr Proboscis, sf Scheinfuss, s/ Schlundkopf, »/ WKopffalte. frei lebenden Formen noch niiher steht. Die Schnauze hegt nicht ganz in der Mitte der musculésen Haftscheibe, sondern ist nach vorn zu ge- neigt. Die Scheibe selbst besteht hier aus 3 Theilen, einem vorderen, unpaaren und zwei seitlichen, die zusammen dem einheitlichen Schein- fusse von Thyca ectoconcha entsprechen. Der vordere Abschnitt stellt eine Wucherung der Gewebe des Kopfes dar, die beiden seitlichen da- gegen gehen aus dem Fusse hervor, von dem ausserdem noch wie bei der vorhergehenden Art ein kleines Meta- podium ohne Deckel vorhanden ist. (Bei Thyca ectoconcha wurde friiher dieser jetzt als Metapodium gedeu- tete Abschnitt als dem ganzen Fusse homolog betrachtet.) So miissen wir d denn die einheitliche Haftscheibe der Th. ectoconcha, den ,,Scheintuss“, als ein in erster Linie aus Theilen des Fusses und in zweiter Linie aus Theilen des Kopfes hervorgegangenes Gebilde ansehen. Thyca ectoconcha besitzt wie eine weitere Art, Thyca crystallina, im Gegensatz zu Thyce LP Fig. 356. Thyca pellucida, von unten, nach KUKENTHAL, 1897. @ Vorn, p hinten, d rechts, s links. In der Mitte liegt die Schnauze, umgeben von dem aus 3 Theilen bestehenden Scheinfusse. Mollusea. Parasitische Schnecken. 399 pellucida, sehr stark entwickelte Speicheldriisen; eine Radula mangelt jedoch allen 3 Species. Die niichsten freilebenden Verwandten dieser Thycaarten sind in den Gattungen Capulus und Hipponyx zusuchen. Hipponyx australis, von typischer Prosobranchierorganisation und mit wohlentwickelter Ra- dula, weidet die Stacheln von Cidariden der aufsitzenden Kieselschwimme etc. wegen ab. Das Thier lisst sich nur mit Miihe von der Unterlage, mit der es in der Farbung iibereinstimmt, abheben. 2) In geradezu itiberraschend klarer Weise lassen sich die durch die parasitische Lebensweise hervorgerufenen Veranderungen in der Organi- sation bei der zweiten Gruppe von parasitischen Schnecken, deren Formen von freilebenden Eulima-Arten abzuleiten sind, Stufe fiir Stufe ver- folgen. Das Endglied ist Stilifer, den Uebergang vermittelt Mu- crona lia. Zwischen den Stacheln einer Seeigelart, Acrocladia spec., findet sich Mucronalia eburnea (Fig. 857 und Fig. 359 A), eine Schnecke, die sich mit einem langen Riissel an ihrem Wirthe festheftet, wiihrend ihre nichsten Verwandten, Eulimaarten, auf demselben frei herumkriechen. Das Thier besitzt eine wohlentwickelte, spiralig gewundene Schale; es faillt aber sofort auf durch einen aus der Schale herausragenden Fort- satz, der mit einer scheibenihnlichen Fliche endigt. An dieser entspringt aus der Mitte der Riissel. Ein besonders abgesetzter Kopf fehlt, nur zwei kurze Ten- takel mit Augen finden sich, ferner ein ziemlich an- sehnlicher Fuss. Der Fortsatz mit der scheiben- formigen Fliche ist nichts anderes als die Schnauze; mit derselben heftet sich der Parasit an der Ober- fliche des Wirthes an; der Riissel aber durchbohrt das Kalkskelet des Seeigels und endigt im Innern in der Nihe einer Darmschlinge. Um den Oesophagus, der den ganzen Riissel im Innern durchzieht, liegt ein weiter Blutraum. Radula und Schlundkopf fehlen. Am Fusse miindet unten eine wohlentwickelte Fuss- driise, und das Metapodium trigt ein Operculum. Im Uebrigen die gewéhnliche Monotocardierorganisation. Fig. 357. Mucronalia eburnea, vom Wirthe losgetrennt, nach KUKENTHAL, 1897. Eine andere, nicht naher bestimmte Mucronalia(?)- Art, die auf einer Linckia schmarotzt, weicht, wie Fig. 359 B zeigt, nicht sehr von der vorigen ab. Der Riissel, der sich in einen Seesternarm einbohrt, ist in Folge starker Ausbildung des den Oesophagus umgebenden Blutraumes keulenformig angeschwollen. Von besonderem Interesse ist aber jene Stelle der Schnauze, die sich an die Oberflache des Wirthes anlegt, d. h. die Stelle, welche der scheibenférmigen Verbreiterung bei M. eburnea entspricht. Bei der auf Linckia schmarotzenden Mucronalia tritt hier niimlich eine kranzformige Hauttfalte (sm) auf, welche die Eintrittsstelle des Parasiten in den Wirth umgiebt. Wir werden gleich bei Stilifer aut die Bedeutung dieser Falte zu sprechen kommen. Stilifer Linckiae (Hig. 358) findet sich auf Linckia multiforis, der gleichen Seesternart, die auch Thyca ectoconcha beherbergt. Der Parasit steckt ganz in der Kalkschicht des Integumentes des Wirthes, 400 Erstes Kapitel. an welchem er pathologische, kugelige Anschwellungen hervorruft und dessen Peritoneum er gegen die Leibeshéhle zu kugelig vortreibt. Mit der Aussenwelt communicirt die Schnecke nur durch eine kleine Oeftnung an der Spitze der Anschwellung. Die so im Integumente des Wirthes festsitzende Schnecke ist allseitig von einer fleischigen Hiille (sm) wie von einem Sacke umschlossen. Diese Hiille ist nur an der Stelle, wo die Spitze der rechtsgewundenen Schale hegt, von einer Oeffnung durch- brochen, die der Lage nach der oben erwiihnten Oeffnung an der Spitze der pathologischen Auftreibung entspricht. Die Hiille wird als Schein- mantel bezeichnet und entspricht morphologisch der enorm vergrésserten Fig. 358. Langsschnitt durch Stilifer Linckiae, nach P. und F. SARASIN 1887. be Bucealganglien b/ Blutraum, cer Cerebralganglien, d@ Darm, fs Fuss, & Kieme, 1 Leber, ml Mantel, 1 Riisselnerv, oc Auge, ot Otocyste, ped Pedalganglien, pr Proboscis, sm Scheinmantel, swb Subintestinalganglion, swp Supraintestinalganglion. kranzférmigen Hautfalte am Riissel der Mucronalia (?) spec. Daneben exi- stiren ein iichter Mantel, eine Kieme, ein rudimentiirer, deckelloser Fuss, Augen, Gehérorgane und ein typisches Prosobranchiernervensystem. Die Ausbildung des sonderbaren Scheinmantels hat offenbar die Bedeutung, dass, trotzdem die Schnecke tief im Integumente des Wohnthieres steckt, doch eine Communication mit der Aussenwelt erhalten bleibt. Athem- wasser kann in die Athemhoéhle gelangen und wieder abfliessen; Fiacal- massen und Geschlechtsproducte, vielleicht Larven, kénnen in den vom Scheinmantel umschlossenen Raum gelangen und von da durch dessen Oeffnung nach aussen entleert werden. Die Geschlechter sind getrennt. Die Schnauze ist, wie bei den Mucronaliaarten, zu einem sehr langen, riisselartigen Rohr verlingert, welches in die blutreichen Gewebe des Mollusca. Parasitische Schnecken. AOL Seesternintegumentes eindringt und aus ihnen die der Schnecke néthige Nahrung bezieht. Schlundkopf und Radula fehlen, ebenso Tentakel und Fussdriise. Von den freilebenden Eulimaarten gelangen wir also zuniichst zu ectoparasitischen Formen yom Bau der Mucronalia. Die Schnauze ver- lingert sich zu einem Riissel, der in die Gewebe des Wirthes eindringt; die der Oberfliche des Wobnthieres aufsitzende Partie der Schnauze ver- breitert sich; je mehr nun der Parasit in die Kiérperwand des Wirthes einsinkt, um so mehr schlagt sich dieser verbreiterte Theil iiber den Koérper der parasitischen Schnecke selbst zuriick und wird zum Scheinmantel: End- stadium Stilifer. Zugleich bilden sich andere Organe, die ihrer Function nach iiberfliissig werden, zuriick und verschwinden: zuerst Radula und Schlundkopf, dann Tentakel und Operculum, sowie Fussdriise, schliesslich die Schale. Zwischen Mucronalia und Stilifer Linckiae schiebt sich als weitere Etappe noch Stilifer celebensis ein, bei dem der Schein- Fig. 359. Langsschnitte durch A Mucronalia eburnea, unterer Theil, B Mucronalia(?)sp., C Stilifer celebensis, nach KUKENTHAL, 1897. 1 Verdauungs- driise, 2 After, 2 Mantelhéhle, 4 Darm, 5 Kieme, 6 Mantel, 7 Auge, 8 Oeffnung der Mantelhéhle, 9 Cerebralganglion, 10 Ten- takel, 71 Riisselnerv, 1712 Schnauze, 73 Riissel, 14 Oesophagus, 75 Blutraum, 16 Fussdrise, 17 Operculum, 78 Metapodium, 19 Otocyste, 20 Pedalganglion, 21 Bucecalganglion, 22 Fuss, 23 Riisselmusculatur, 24 Mund, sm Scheinmantel. I,ang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl. 26 = —— 40? Erstes Kapitel. mantel noch verhiltnissmiissig diinn ist und einen betrichtlichen Theil des Eingeweidesackes herausschauen lisst (Fig. 359 C, sm). Auch rudi- mentire Tentakeln finden sich hier noch (Fig. 359 C, 10). Aus dem Gesagten ergiebt sich auch ohne weiteres, dass der Schein- mantel von Stilifer als Bildung der Schnauze dem Scheinfusse von Thyca nicht entspricht. 3) Sind die bis jetzt besprochenen Parasiten typische Schnecken und als solche wenigstens bei genauerer Untersuchung leicht kenntlich, so ist bei zwei weiteren Parasitenarten die Schneckenorganisation so Fig. 360. A, B, C, D Hypothetische Zwischenstadien zwischen Thyca und Stilifer einerseits und Entocolax (lig. 361) andererseits, nach SCHIEMENZ, 1889. a After, d Darm, fd Fussdriise, 1 Leber (Verdauungsdriise), /d Leberdarm, m Mund, mag Magen, 0 Oyarium, of Oeffnung des Scheinmantels, sf Scheinfuss, sm Scheinmantel, uw Uterus, w Kérperwand des Wirthes. stark modificirt, dass man sie schwerlich fiir Schnecken oder tiberhaupt fiir Mollusken halten wiirde, wenn nicht wenigstens von der einen Form festgestellt wire, dass ihre Larven Schneckenlarven sind. Die Organi- sation dieser beiden Parasiten ist bei der Unkenntniss oder unvollstindigen Kenntniss ihrer Entwickelung und bei dem Fehlen zur typischen Schnecken- organisation iiberleitender Zwischenformen schwer zu entziffern. Entocolax Ludwigii lebt endoparasitisch in der Leibeshéhle einer Holothurie (Myriotrochus Rinkii), mit dem einen Ende des wurm- formigen Kérpers an der Leibeswand der Holothurie befestigt. Die in Molusea. Parasitische Schnecken. 403 Fig. 361 schematisch dargestellte Organisation wurde wohl in zutreffender Weise durch Annahme einiger hypothetischer Zwischenstadien interpretirt, durch welche eine Thyca- oder Stilifer-ihnliche Schnecke, zum Endoparasitismus tibergehend, zu einer Entocolax-ahnlichen Form wiirde. Fig. 360 A zeigt das erste Stadium, das noch lebhaft an Thyca er- innert und noch ectoparasitisch ist, Fig. B, C, D sind weitere Stadien. In dem Maasse, als die Schnecke endoparasitisch wird und die Beziehungen zur Aussenwelt aufgiebt, verschwinden die Sinnesorgane, die Schale, die Mantelhéhle mit der Kieme. Der Magen bildet sich, als besonderer Ab- schnitt-des Darmes, zurtick, die Verdauungsdriise (Leber) wird zu einem einfachen, unverzweigten Sack des Darmes, welcher seinen Enddarm und After einbiisst. Jeglicher Zerkleinerungsapparat am Eingang des Darmes wird entbehrlich. Der Scheinmantel wird immer grésser und umhiillt den immer kleiner und rudimentiir werdenden Hingeweidesack, welcher schliesslich nur noch die Geschlechtsorgane beherbergt. Auf Stadium D ragt das ganze Thier schon frei in die Leibeshéhle des Wirthes vor, be- festigt an seiner Leibeswand durch einen verlagerten Theil des Schein- fusses und mit der Aussenwelt nur noch durch die Oeffnung des Schein- mantels communicirend. Wird auch diese letzte Beziehung zur Aussen- welt aufgegeben, d. h. riickt auch der ganze Scheinmantel mit seiner Oeffnung in die Leibeshéhle des Wirthes, so haben wir eine Form vor uns, welche dem endoparasitischen Entocolax Ludwigti (Fig. 361) entspricht. Bei dieser Form dient die yom Scheinmantel umschlossene Hohle, in welche der mit einem Receptaculum seminis ausgestattete Ei- leiter ausmiindet, als Behalter fiir die befruchteten Kier, deren erste Furchungsstadien bei dem einzig bekannt gewordenen (weiblichen) Exem- plar in ihr angetroffen wurden. 4) Noch stirker deformirt als Entocolax ist Entoconcha mirabilis, ein Endoparasit, welcher in einer Holothurie, Synapta_ digi- tata, gefunden worden ist. Der Kérper des Parasiten stellt einen langen, wurmférmigen, gewundenen Schlauch dar, der mit dem einen Ende am Darm des Wirthes befestigt ist, wihrend der Schlauch im Uebrigen frei in der Leibeshéhle flottirt. Die Organisation des Thieres ist noch nicht geniigend untersucht. Fig. 362 stellt dieselbe in sehr vereinfachter und schematischer Weise dar und soll dazu dienen, einen Vergleich mit Ento- colax zu erméglichen. Ob dieser Vergleich, fiir den wir auf die Figuren- erklarung verweisen, zutreffend ist, steht vor der Hand dahin. Vor allem ist bis jetzt keine Ausmiindung des Ovariums in den als Héhlung des Scheinmantels gedeuteten Brutraum, der mit (in der Figur nicht dar- gestellten) EKmbryonen erfiillt ist, beobachtet worden. In einer in der Nahe des befestigten Endes des Schlauches befindlichen Erweiterung des Schlauches findet sich eine Anzahl von freiliegenden ,,Hodenbliaschen‘, tiber deren wirkliche Bedeutung nur neue Untersuchungen Aufklirung bringen kénnen ). Die im Brutraume von Entoconcha enthaltenen Embryonen zeigen im Allgemeinen den Bau von Gastropodenlarven. Sie besitzen eine spiralig gewundene Schale, in welche der Kérper zuriickgezogen werden kann, ein Operculum, ein kleines Velum, die Anlagen von 2 Tentakeln, 1) Eine Notiz (HARRINGTON, N. R., 1897, Science, Vol. 5), die kiwwzlich tiber die Entoconchidae veréffentlicht wurde, ist zu knapp gefasst, als dass sich Weiteres iiber diese Parasiten sagen liesse; immerhin geht aus derselben hervor, *dass die Geschlechter ge- trennt sind. 26% 404 Erstes Kapitel. 2 Gehérblaschen, einen Fuss, einen Darm, der nach dem einen (spiiteren) Beobachter nur aus Mund, Pharynx, Oesophagus und Leberrudiment be- stehen soll, wahrend er nach dem ilteren Beobachter complet ist, und ferner eine Kiemenhéhle mit in Querreihen stehenden, langen Wimpern. Weiter ist tiber die Entwickelung und Lebensgeschichte von Entoconcha nichts bekannt. Fig. 361. Entocolax Ludwigii, Skizze nach VorGT, 1888. Buchstaben- bezeichnungen , die Interpretation von SCHIEMENZ, 1889, erliiuternd, wie in der vorhergehenden Figur. Fig. 362. Entoconcha mirabilis, Skizze yon SCHIEMENZ nach BAuR, 1864. Die Buchstabenbezeichnungen (wie in Fig. 360) erliiutern die SCHIEMENZ’sche Inter- pretation der Organisation. hod Toden?. Ueber parasitische Larven von Lamellibranchiern (Unionidae) wird im ontogenetischen Abschnitte Einiges mitgetheilt. werden. XXII. Festsitzende Schneecken. Von mehreren Formen festsitzender Schnecken, welche bekannt sind, mége hier nur Vermetus, dessen innere Organisation genauer unter- sucht wurde, kurz besprochen werden. Vermetus besitzt eine Schale, welche, anstatt zu dem bekannten Schneckengehiiuse aufgewunden zu sein, eine Kalkréhre darstellt, die sich vom Meeresboden, mit welchem ihre Spitze verkittet ist, frei erhebt. Die Schale hat grosse Aehnlichkeit mit den kalkigen Wohnréhren von Réhrenwiirmern, z. B. von Serpula. Mollusca. Festsitzende Schnecken, Ontogenie. 405 Die Larve aber besitzt eine typisch gewundene Schale, und auch beim jungen Thier, das sich festgeheftet hat, ist die Schale noch spiralig ge- wunden. Bei fortschreitendem Wachsthum aber beriihren sich die Win- dungen der Schale nicht mehr, und die Schale wiichst schliesslich réhren- formig aus. Die typische Organisation der Prosobranchia monotocardia, zu denen Vermetus gehért, erscheint durch die festsitzende Lebensweise wenig be- einflusst. Entsprechend der Form der Schale ist der Eingeweidesack sehr langgestreckt, fast wurmférmig. Darm, Circulationssystem, Niere, Mantel, Kieme, Nervensystem sind typisch entwickelt. Die Geschlechter sind getrennt, es fehlen Copulationsorgane, die bei der fest- sitzenden Lebensweise keine Rolle spielen kénnen. Der Kopf ist wohl- entwickelt und der kraftige Pharynx wohlbewaffnet. Wenn das Thier (nicht zu stark) gereizt wird, so soll es sich nicht sofort, wie dies andere Schnecken thun, in die Schale zuriickziehen, sondern zubeissen. Der Fuss ist stempelf6rmig, cylindrisch abgestutzt, unter dem Kopf nach vorn ge- richtet. Da er als Locomotionsorgan functionslos ist, dient er als Triger des Operculums nur zum Verschliessen der Schale und, wohl vermittelst der Fussdriise, zur Erzeugung von Schleim. Vermetus soll in der That copidse Schleimmassen absondern, dieselben eine Zeit lang schleierartig im Wasser ausgespannt halten und sodann sammt allem, was, daran kleben bleibt, verschlucken. Das Thier soll sich in dieser Weise die zu seiner Erniihrung dienenden kleinen Organismen fischen. XXIII. Ontogenie. (In diesem Abschnitt werden weder die Erscheinungen der Hireifung, noch der Befruchtung behandelt; ebenso sind im Litteraturverzeichniss die einschligigen Arbeiten nicht beriicksichtigt. Es sei in dieser Hin- sicht, wie auch beztiglich der Furchung und Keimblitterbildung bei den Mollusken, tiber die wir nur ganz kurze Angaben machen, auf ein friiheres Kapitel des Lehrbuches (I. Band) verwiesen, in welchem diese Vor giinge fiir das ganze Gebiet der wirbellosen Thiere im Zusimmenhanse be- trachtet werden.) A. Amphineura. 1) Ontogenie von Chiton Polii (Fig. 363). Das Ei_ besitzt wenig Nahrungsdotter. Die Furchung ist eine totale und etwas iniquale. Es bildet sich eine Coelogastrula durch Invagination. a) Der Blastoporus der Gastrulalarve bezeichnet das Hinterende der Larve. Ein Paar Entodermzellen nahe dem Riickenrande des Blastoporus zeichnen sich durch besondere Grésse aus. Man sieht auf dem Liingsschnitt dorsal- und ventralwarts im Ectoderm je 2 Zellen mit grésserem Kern; sie ge- héren einem zweizeiligen Ring von Zellen an, auf dem sich der pri- orale Wimperkranz entwickelt, welcher bei den Mollusken als Velum bezeichnet wird (Fig. 363 A)s b) Auf einem weiteren Stadium erscheint der Blastoporus etwas gegen die Bauchseite verschoben, und es beginnt an seinem Rande eine Ein- wucherung yon Ectodermzellen: Beginn der Bildung des ectodermalen Stomodaeums. Am hinteren und oberen Rande des Blastoporus zeigt 406 Erstes Kapitel. Y 5 Sg = AN cy ; / SCRE Ss AR Ey DULAC AR Aer +] oo lay Fig. 363. Entwickelung von Chiton Polii, nach KOWALEvsky, 1883. A—F Sechs Entwickelungsstadien yon der Gastrula bis zum jungen Chiton auf anniihernd me- dianen Liingsschnitten. G@ Frontalschnitt durch Stadium C= schief vom oberen Theil des Velum nach dem Blastoporus. H, I, K, DL Querschnitte von vier Entwickelungsstadien hinter dem Munde. 7 Blastoporus, 2 Urdarm, Mitteldarm, ¢ Mesoderm, 4 Ectoderm, 5 Velum, prioraler Wimperkranz, 6 Stomodaeum, Schlund, 7 Mund, 8 Radulascheide, 9 Leibeshéhle, 70 Fussdriise, in Fig. I Oesophagus, 11 Fuss, 12 After mif Proctodaeum, 12 Cerebralganglion, 14 Scheitelschopf, 15 Pleurovisceralstriinge, 16 Pedalstriinge, 17 Mantel- furche, 18 Auge, ¢ Schale, c,—c, die 7 zuerst angelegten Schalenstiicke. Mollusea. Ontogenie. 407 der abgebildete Schnitt eine zwischen Entoderm und Ectoderm liegende Zelle, wohl eine Mesodermzelle (B). c) Die Larve streckt sich in die Linge; durch fortgesetzte Kin- wucherung von Ectodermzellen bildet sich ein deutliches, durch den Blastoporus in den Urdarm fiihrendes Stomodaeum (embryonaler Schlund), welches sich noch weiter auf die Bauchseite in der Richtung nach vorn verschiebt (C). d) Fig. 863 G stellt einen schief, yon vorn und oben nach hinten und unt:n gefiihrten, das Stomodaeum interessirenden Schnitt durch eine etwas iltere Larve dar und zeigt zu den Seiten des Blastoporus die ersten Mesodermzellen, Diese stammen wahrscheinlich vom Entoderm ab und treten symmetrisch zu beiden Seiten des Blastoporus auf. > e) Ein Medianschnitt durch ein niachstes Stadium (D) lasst in der Mittelebene noch keine Mesodermzellen erkennen. Dagegen erscheint jetzt der Mund auf der Bauchseite nach vorn bis ganz an den Wimper- kranz. oder das Velum verschoben, dessen doppelte Zellenreihe sich sehr deutlich erkennen liisst. f) Querschnitt eines alteren Stadiums (H). Die Mesodermzellen haben sich vermehrt und sind in 2 Gruppen zu Seiten des Stomodaeums, zwischen Ecto- und Entoderm, angeordnet. g) Auf einem folgenden Stadium, welches uns Fig. 563 E im Lings- schnitt vorfiihrt, zeigt die Larve vor allem eine stiirkere Entwickelung des Mesoderms, in welchem ein Hohlraum, die Leibeshéhle, aufgetreten ist. Eine nach hinten gerichtete Ausstiilpung des Stomodaeums stellt die erste Anlage der Radulascheide dar. Hinter dem Munde ist, offenbar von Ectoderm gebildet, eine sackformige Einstiilpung auf- getreten, welche als Fussdriise tezeichnet wurde, obschon nicht er- mittelt wurde, was aus ihr beim erwachsenen Thier wird. (Siehe weiter unten. ) h) Durch das Auftreten der Leibeshéhle werden die Zellen des Mesoderms in 2 Lagen geschieden, von denen die innere, das vis- eerale Blatt, sich dem Darm, das &fussere oder parietale Blatt dem Ectoderm anlegt (vergl. Querschnitt Fig. 363 I). Rechts und links zeigt sich in der Tiefe des Ectoderms auf dem Querschnitt die Anlage der Pleurovisceralstringe. In Abnlicher Weise ent- stehen die Pedalstriinge und vorn, in dem vom prioralen Wimper- kranze umsiumten Scheitelfelde die Anlage des supradsophagealen Centralnervensystems als Scheitelplatte, d. h. als Verdickung des Ectoderms, welche ein Biischel langerer Wimperhaare triigt. i) Auf spateren Stadien (F, K, L) lést sich das Centralnervensystem mit den Pleurovisceral- und den Pedalstringen vom Ectoderm los und bekommt seine mesodermale Lage. Auf dem Riicken treten als Cuti- cularbildungen die Anlagen von 7 Schalenplatten auf. Die achte, hinterste entsteht erst spiter. Eine hintere Einstiilpung des Ectoderms stellt offen- bar die Anlage des Proctodaeums (emLryonaler Enddarm mit After) dar. In der Radulascheide treten die ersten Radulazihne auf. Das ganze Scheitelfeld und die Gegend des Fusses bedeckt sich mit Wimpern. Im dorsalen Ectoderm treten an den schalenlosen Stellen die ersten Kalk- stachelchen auf. Im hinteren Kérpertheile stellt eine dichte Ansammlung von Mesodermelementen offenbar eine mesodermale Bildungszone dar. Auf diesem Stadium verliisst die Larve die Eihiille, um frei herum- zuschwimmen und sich nach Riickbildung des Wimperkranzes bald in 408 Erstes Kapitel. éinen zu Boden sinkenden jungen Chiton umzuwandeln. Wéaihrend dieser Umwandlung treten vorn am Kérper ventral 2 seitliche larvale Augen aut. Die Entwickelung des Circulationssystems, der Nephridien, Ge- schlechtsorgane und Ctenidien wurde nicht verfolgt. In neuerer und jiingster Zeit ist die Ontogenese anderer Chitoniden- formen, besonders von Ischnochiton magdalenensis, soweit die ersten Entwickelungsstadien in Betracht kommen, sehr genau untersucht worden. Wie bei anderen Mollusken schon friiher, wurde bei der ge- nannten Form insbesondere die Zellfolge ab ovo, die spiitere Bestimmung der einzelnen Furchungszellen genau festgestellt. Da wir, wie am Hin- gange dieses Abschnittes bemerkt, aber gerade auf diese ersten Vorgiinge der Entwickelung gar nicht oder nur kurz eintreten wollen, begniigen wir uns mit einigen wenigen Bemerkungen. Wichtig erscheint vor allem, dass der Modus der Furchung und be- sonders auch die Mesodermbildung wesentliche Uebereinstimmung zeigen mit dem, was fiir eine Reihe anderer Mollusken, speciell Gastropoden und Lamellibranchier, durch neuere Untersuchungen eruirt werden konnte. Die Blastomeren des Vierzellenstadiums geben nach einander 3 Quartette von Ectodermzellen ab. Auf einem relativ spiiten Furchungsstadium (72 Zellen) tritt die Mesodermanlage als Urmesodermzelle auf, die von dem (linken) hinteren Macromer (auf das Vierzellenstadium bezogen) ab- geschniirt wird. Dieses Macromer, wie die 3 anderen, liefert sonst nur noch Entoderm, und es entsteht also die Mesodermanlage thatsiachlich im engsten Zusammenhange mit dem Entoderm. Spiiter erfolgt die bilateral-symmetrische Theilung der Urmesodermzelle und die Ausbildung der Mesodermstreifen. Die Gastrulation geht, wie schon fiir Chiton Polii angegeben wurde, durch Invagination vor sich, die sich am vorderen Rande des Blastoporus stiirker auspragt als am hinteren. Gleichzeitig senken sich schon am vorderen Blastoporusende die ectodermalen Bil- dungszellen des Stomodaeums ein. Indem auf der Riickenflache des sich entwickelnden Embryos rasche Zellvermehrung auftritt, wird der Abstand von Velarfeld und hinterem Blastoporusrand stark vergrossert, wihrend umgekehrt die Entfernung des vorderen Blastoporusrandes vom Velum relativ sich verkleinert und auch absolut abnimmt, indem das hier ge- legene Ectoderm sich zur Bildung des Stomodaeums einsenkt. So kommt der Mund auf der Ventralseite ‘gleich hinter das Velum zu legen. Die am 7. Tage ausschliipfende Larve trigt starke Cilien, unter denen besonders ein in der Mitte des Velarfeldes gelegener, aus ganz wenigen Cilien bestehender Wimperschopf auffillt. Die freischwimmende Lebensweise wird jedoch nicht lange beibehalten, denn sehr bald geht die trochophora aartige Larve zur Metamorphose iiber und wandelt ‘sich um, wie es oben beschrieben wurde. Erwihnt sei besonders die Beob- achtung, dass das Velum bei der Metamophose abgeworfen wird. Der Fuss, der schon friiher angelegt wurde, erscheint als unpaare mediane Verdickung ventral direct hinter dem Munde. Die Fussdriise dient den jungen Thieren vermuthlich zum Festheften. Es sei an der Stelle gleich bemerkt, dass nach neueren Angaben sich in seltenen Fallen (so z. B. bei Boreochiton marginatus, Ischnochiton ruber) bei erwachsenen Chito- niden bestimmte, localisirte Driisenbezirke der Fusssohle nachweisen lassen, die yermathlich auf die Fussdriise der Embryonen zuriickgefiihrt Mollusca. Ontogenie. 409 werden kénnen. Von der Schale treten zuerst die Tegmenta, erst be- deutend spiter die Articulamenta aut. In einzelnen Fallen ist Brutpflege und sogar Viviparie (bei Callisto- chiton viviparus) nachgewiesen worden. 2) Solenogastres. Was die Ontogenie der Solenogastriden anbe- trifft, so liegt bis jetzt bloss eine noch recht unvollstindige Pees tiber ‘die Entwickelung von Dondersia (Myzomenia) banyulens yor, welche gerade hinreicht, das Verlangen nach einer genaueren Kae niss noch zu vergréssern. Die Furchung ist eine iniiquale totale und verliiuft unter Micromerenbildung. Der Vorgang der Gastrulation scheint die Mitte zu halten zwischen Epibolie und Invagination. Der Blasto- porus bezeichnet das hintere Leibesende der Larve, die durch 2 Ring- furchen in drei hintereinander liegende Regionen zerfillt. Die vordere besteht aus 2 Zellringen und entspricht offenbar einem Scheitelfeld. Sie ist theilweise bewimpert, triigt in der Mitte eine Gruppe lingerer Wimperhaare, unter welchen bald eines als Flagellum priidominirt. Die zweite, aus einem einzigen Zellenring bestehende Region triigt eimen Ring langer Cilien und stellt offenbar das Velum dar. Die dritte Re- gion . —bésteht aus zwei kurzbewimperten Zellenreihen, von denen die hintere den Blastoporus umgrenzt. Bei einer alteren Larve erscheint ein hinterer Theil der Larve in eine Einstiilpung des vorderen Theiles zuriickgezogen. Nur aus diesem hinteren Theil, dem Embryonal- Zi apfen, soll _der ganze Koérper der Dondersia oder doch weitaus der grisste Theil desselben hervorgehen. Am Embryonalzapfen treten zu- nachst beiderseits der Mittellinie 3 Paare hintereinander liegender, ein- ander dachziegelférmig bedeckender Spicula, die noch in ihren Bildugs- zellen enthalten sind, auf. Sie brechen sodann nach aussen durch, und ihre Zahl vermehrt sich dadurch, dass vorn immer neue Paare_ hinzu- treten. Der Embryonalzapfen verliingert sich und bekommt eine ventrale Kriimmung. Der Vorderkérper mit dem Velum und dem Scheitelfeld re- ducirt sich und erscheint schliesslich nur noch als eine Art Kragen am Vorderende des Kérpers. Die Larve sinkt zu Boden und wirft den ganzen Vorderkérper mit dem Velum und dem Scheitelfelde ab. (Aehnliche Er- scheinungen, Abwerfen oder Resorption von Larventheilen, die bei der Larve eine grosse Rolle gespielt, stark functionirt haben, sind im Thier- reich weit verbreitet; man verg]. die Abschnitte tiber die Ontogenie der Wiirmer [z. B. Nemertinen, Phoronis etc.], der Arthropoden [z. B. Insecten- metamorphose], der Echinodermen u. s. w.) Auf dem Riicken der jungen Dondersia lassen sich jetzt sieben hintereinander liegende, dachziegelférmig nur wenig itibereinander greifende Kalkplatten unter- scheiden, welche aus rechteckigen, nebeneinander ge- lagerten Spicula bestehen (Fig. 364C). Diese Beobachtung ist von grosser Bedeutung mit Riicksicht auf die Chitonschale, die beim erwachsenen Thier aus 8, bei der ilteren Larve aber nur aus 7 Schalen-. stiicken besteht. Sollte es sich sicher herausstellen, dass die Soleno- gastriden ein Chitonstadium durchlaufen, so wiirde dadurch die Auf- fassung, dass sie viel mehr specialisirte Thiere als die Polyplacophoren und von Chiton-iihnlichen Formen abzuleiten sind, eine fast entscheidende Stiitze erhalten. Ausser den sieben dorsalen Kalkplatten besitzt die junge Dondersia noch zahlreiche kreisformige Kalkspicula, welche die Seitentheile be- 410 Erstes Kapitel. decken. Die Bauchseite ist nackt. Ein Mund fehlt noch, die Entoderm- masse ist noch nicht hohl, jederseits zwischen Entoderm und Haut findet sich ein solider Mesodermstreifen. Weitere, ganz kurze Angaben iiber die Entwickelung von Pro- neomenia aglaopheniae zeigen, dass deren Ontogenese ihnlich ver- lauft wie diejenige der Dondersia. Wir kénnen hier nicht auf die, wie Fig. 364. Dondersia (Myzomenia) banyulensis. A 36 Stunden alte Larve. B 100 Stunden alte Larve. C Junge Dondersia unmittelbar nach der Verwandlung (7. Tag). Nach Pruvort, 1890. es scheint, recht complicirten Vorgiinge bei der Metamorphose und Organ- bildung eingehen, um so mehr, als dariiber nur diese vorlaufige Mit- theilung vorliegt. Das ganze Ecto-, Meso- und Entoderm des fertigen Thieres soll aus dem primiren Entoderm der Gastrula hervorgehen. B. Gastropoda. In der ersten Autlage dieses Lehrbuches wurde als Beispiel einer Gastropodenentwickelung die Ontogenie von Paludina vivipara gewihlt. Seither hat sich nun in Bezug auf die ersten Entwickelungsvorgiinge gerade dieser Form eine Controverse erhoben, und es sind in manchen Punkten von der friiheren Darstellung stark abweichende Angaben ge- macht worden. Wir belassen aber das genannte Beispiel dennoch, weil bis dahin die gesammte Embryonalentwickelung von keinem anderen prosobranchiaten Gastropoden in der Vollstiindigkeit bekannt ist, wie von Paludina. Wir werden die abweichenden neueren Angaben jeweilen erwiihnen. Die Entwickelung von Paludina vivipara verliuft im Inneren des Mutterthieres. Das Ei ist relativ arm an Nahrungsdotter. Durch Invagination bildet sich eine Coelogastrula, deren Blastoporus das Hinterende des Keimes bezeichnet und zum After wird. Es bildet sich kein Proctodaeum. Der ganze Darm vom Magen bis zum After geht aus dem Entoderm hervor. Dem gegeniiber steht nun die neuere Angabe, dass sich der Blastoporus vollstaéndig schliesst, und zwar von vorn nach hinten, und dass an der Stelle, wo der letzte Rest des Urmundes sich geschlossen hat, als leichte Ectodermeinstiilpung der After auftritt. Nach einer friiheren Darstellung geht die Bildung des Mollusca. Ontogenie. 411 Mesoderms in folgender Weise vor sich. Das Mesoderm legt sich als ventrale hohle Ausstiilpung des Urdarmes an, welche sich bald vom Darme losschniirt und als eine nach vorn in zwei Zipfel auslaufende Blase zwischen Darm und Ectoderm in der Furchungshoéhle hegt (Fig. 365 A, B, C). Diese Blase dehnt sich rechts und links um den Darm herum nach dem Riicken aus, um den Darm schliesslich dorsalwarts ganz zu umwachsen. Ihre dussere Zellwand, welche sich dem Ectoderm an- legt, stellt das parietale, die innere Wand, welche sich dem Darm _Ftg. 365. Entwickelung von Paludina vivipara, nach v. ERLANGER, 1591. A und B Stadium nach der Gastrula, mit Anlage des Mesoderms und Céloms als Aus- stiilpung des Urdarms. A Im medianen optischen Lingsschnitt. B Im horizontalen opti- schen Liingsschnitt. © Horizontaler optischer Lingsschnitt durch einen Embryo, bei welchem sich der Célomsack ganz vom Darm getrennt hat. D Sagittaler optischer Lings- schnitt durch einen Embryo, dessen’ Mesoderm sich schon aufgelést hat und in Spindel- zellen zerfallen ist. 2 Velum, 2 Furchungshéhle, 2 Urdarm, 4 Célom, 5 Blastoporus, 6 Mesodermzellen, 7 Schalendriise. anlegt, das viscerale Blatt des Mesoderms dar, Rasch lockert sich der Zusammenhang der Mesodermzellen (Fig. 365 D); sie nehmen Spindelgestalt an und erfiillen schliesslich als ein zelliges Maschenwerk die Furchungshéhle. Nach der jiingsten Darstellung dieser Vorginge verliiuft die Mesoderm- bildung wesentlich anders: Bis zum Ende der Gastrulabildung sind meso- dermale Elemente nicht nachweisbar; dann kommt die Anlage des mitt- leren Keimblattes zu Stande, indem aus dem Ectoderm Zellen aus- wandern, und zwar an einer beschrankten Stelle der Ventralseite, die der Verschlussstelle des Blastoporus entspricht. Die auswandernden 412 Erstes Kapitel. Ectodermzellen gruppiren sich zu einer einheitlichen Mesodermschicht, die in der Furchungshéhle ventral yom Urdarm liegt und diesen von beiden Seiten umfasst. Nachher lést sich das einheitliche Mesoderm, wie schon triiher angegeben wurde, wieder auf, indem sich seine Zellen regel- los in der Furchungshéhle zerstreuen. Von dem Auftreten eines Ur- darmdivertikels ist keine Rede; ebenso wenig ist in der Mesodermanlage eine Héhlung bemerkbar, so dass man nicht yon parietalem und vis- ceralem Blatt sprechen kann (Fig. 366 A, B, C). LOK v Fig. 366. Entwickelungsstadien von Paludina vivipara, nach TONNIGES, 1896. A Ausgebildete Gastrula ohne Mesoderm (Liingsschnitt). B Vorgeriickteres Stadium der Mesodermbildung (sagittaler Liingsschnitt). © Noch iilteres Stadium (sagittaler Liings- schnitt). Auswanderung der Mesodermzellen aus dem Ectoderm griésstentheils vollendet. D Aelterer Embryo (Querschnitt). Aus den Mesodermzelen haben sich 2 Pericardblischen gebildet. d Dorsal, v ventral. 7 Urdarm, 2 Blastoporus, 3 Velum, 4 Schale, 5 Mesoderm- zellen, 6 Pericard. Inzwischen ist das Velum aufgetreten. Dorsalwirts zwischen dem Velum und dem After stiilpt sich die Schalendriise ein. Der Oeso- phagus bildet sich durch eine Einstiilpung des Ectoderms, welche sich bald mit dem Mitteldarm in Verbindung setzt. Indem sich auch eine paarige Urniere anlegt, gelangt eine typische Molluskentrocho- phora zur Ausbildung, welche anfinglich ganz symmetrisch ist, und bei welcher der After hinten in der Mediane liegt. Nachdem sich der Oesophagus gebildet hat, ballen sich jederseits unter dem Darm Mesodermzellen zu einem Zellhaufen zusammen, in ~Mollusea. Ontogenie. 413 welchem bald eine Héhlung auftritt. So entstehen zwei ,,Siicke, welche in der Mittellinie zusammenriicken, bis sie aneinander stossen und zu einem einheitlichen verschmelzen, dessen paariger Ursprung noch eine Zeit lang durch ein mittleres Septum documentirt wird. Der auf solche Weise ent- standene Sack ist der Herzbeutel* (Fig. 366 D). Diese Angaben iiber die Bildung des Pericards, sowie auch die in Folgendem gegebene Darstellung iiber die weitere Entwickelung werden in allen wesentlichen Punkten durch die neueste Untersuchung iiber die Ontogenie von Paludina bestitigt; nur insofern bedarf das bisher Ge- sagte, abgesehen von der Mesodermbildung, einer Correctur, als die Zell- haufen, aus denen die beiden Pericardialsiickchen hervorgehen, nicht durch Zusammenballen der in der Furchungshéhle zerstreuten Mesoderm- zellen entstehen, sondern aus einer eigenen Ectodermwucherung, die eben- falls an der Verschlussstelle des Blastoporus stattfindet, ihren Ursprung nehmen. Die Auswanderung von Ectodermzellen zur Bildung mesoder- maler Elemente hat sich tibrigens bis in diese spiiteren Stadien fort- gesetzt. Fig. 367 A stellt einen etwas weiter entwickelten Embryo von der rechten Seite gesehen dar. Unter und hinter dem Munde erkennt man schon die vorragende Fussanlage, an welcher rechts und links durch Hinstiilpung des Ectoderms die Gehérblase entstanden ist. Im Scheitel- feld stellt rechts und links eine Hervorragung die Anlage der Fiihler dar, an deren Basis die Anlagen der Augen als Ectodermgruben auf- froten Die Schalendriise hat ene Schale abgesondert. Durch starkeres Wachsthum des von der Schale bedeckten Kérpertheils ist der After gegen die Bauchseite verschoben. Unmittelbar hinter dem After wélbt sich das Ectoderm vor zur Anlage der Mantelfalte, so dass der After in den Grund einer noch seichten Grube, der Anlage der Mantel- oder Kiemenhdéhle, zu liegen kommt. Es ist von grosser Wichtigkeit, zu constatiren, dass auf diesem ausserlich noch symmetrischen Stadium die ~Mantelhéhle und der After hinten am Kérper legen. Der Vorderdarm (Oesophagus) hat sich stark verlingert. Am Magen hat sich ventralwarts die Verdauungsdriise in Form eines weiten Sackes ausgestiilpt, steht aber mit ihm noch durch eine weite Oeffnung in Verbindung. (Hine specielle Untersuchung der Entwickelung der ,Leber“ von Paludina hat ergeben, dass dieselbe auf einem Stadium als paarige, rechts und links vom Mitteldarme gelegene Ausstiilpung erscheint, und dass nachher sich die rechtsseitige Anlage zuriickbildet. Siehe iibrigens auch Weiteres im Abschnitt Darmkanal.) Das Pericard, welches immer noch die Scheide- wand zeigt, hat sich schon etwas von unten auf die rechte Seite des Magens verschoben. Es erfolgt nun die Anlage des definitiven Nephridiums in folgender Weise (Fig. 367 D). In jedem Abschnitt des Pericards (der linke ist kleiner als der rechte) bildet sich eine Aus- stiilpung der pee carawand Die rechte Ausstiilpung wird zum secer- nirenden Abschnitt der bleibenden Niere, der linke bildet sich zuriick, muss aber als ein voriibergehend auftretendes Rudiment der (urspriinglich) linken Niere betrachtet werden. Die unter dem Pericard gelegene Mantelhéhle dringt rechts und links pericardwirts in Form eines Zipfels vor. Der fortwachsende rechte Zipfel setzt sich mit der Anlage der rechten Niere in Verbindung und bildet den Aus- fiihrungsgang derselben. Der linke wichst nicht weiter und _ ver- bindet sich nicht mit dem linken Nierenrudiment. 414 Erstes Kapitel. CTL Aes \ Fig. 367. Entwickelung von Paludina vivipara, nach v. ERLANGER, 1891. A Ansicht von der rechten Seite eines Embryos, bei welehem das Pericard durch ein Septum in zwei Theile getheilt ist. B Dieselbe Ansicht eines etwas ilteren Embryos mit einheitlichem Pericard. C Dieselbe Ansicht eines iilteren Embryos, bei welchem die erste Anlage des Herzens aufgetreten ist. JD Ventrale Ansicht des Hinterendes eines Embryos, bei welchem die Asymmetrie des Eingeweidesackes aufzutreten beginnt. Der After liegt noch median, aber die Mantelhéhle ist rechts (in der Figur links) schon tiefer. Z Velum, 2 Mitteldarm, 3 Verdauungsdrise (Leber), 4 Pericard, 4a@ und 4b die durch ein Septum getrennten Abtheilungen des Pericards, 5 freier Rand der Schale, 6 Schalenfalz, 7 After, 8 Mantelhéhle, 85 Grund der Mantelhéhle — Basis der Mantelfalte, 9 freier Rand des Mantels, 70 Fuss, 11 Gehérorgan, 12 Schlund, 13 Kopffihler, 74 Auge, 75 Ausfithrungs- gang des (anfiinglich) rechten Nephridiums, 156 rudimentiirer Ausfithrungsgang der (an- finglich) linken Niere, 16 Urniere, 17 Herzanlage, 78a rechte, 18b rudimentire linke Niere. : Ein weiteres Stadium ist in Fig. 367 B von der rechten Seite abge- bildet. Die wichtigsten Veranderungen sind: Die Augengrube hat sich als Augenblase abgeschniirt. Die Mantelfalte ist weiter nach vorn gewachsen und rechtsseitig tiefer geworden. Das einheitliche Pericard ist ganz auf die rechte Seite des Magens geriickt und findet sich iiber dem nach vorn und unten umbiegenden Enddarm. Der Kérper ist schon asymmetrisch. Mollusca. Ontogenie. 415 Auf dem folgenden Stadium, Fig. 367 C, ist die hintere und dorsale Korperregion schon deutlich vom Korper abgesetzt als Eingeweidebruch- sack; die diese Region bedeckende Schale hat sich bedeutend vergrossert. Die Mantelfalte ist “viel breiter und die Mantelhéhle viel tiefer geworden und liegt griésstentheils auf der rechten Koérperseite. Die schlingenférmige Kriimmung des Darmes ist viel mehr ausgesprochen. An der hinteren und dorsalen Seite des Pericards senkt sich die Pericardwand in Form einer Rinne ein, die sich bald zu einem Rohre schliesst, der Anlage des Herzens. Die beiden Oeffnungen der Réhre, an welchen die Herz- wand in die Pericardwand iibergeht, communiciren mit der Leibeshéhle. Die Herzréhre schniirt sich in der Mitte ein, ihr vorderer Abschnitt wird zum Vorhof und Anfang der Kiemenvene, ihr hinterer Abschnitt zur Herzkammer und zum Anfang der Kérperaorta. Fig. 368 A zeigt einen etwas iilteren Embryo, welcher schon die Ge- stalt der erwachsenen Schnecke besitzt. Das Velum ist reducirt; eine ventrale Ausbuchtung des vorderen Schlundabschnittes stellt die Anlage der Radulascheide dar. Herzkammer und Vorhof sind deutlich unterscheidbar. Am Fusse hat eine Ectodermeinsenkung das junge Operculum gebildet. Die rechtsseitige Mantelhohle, in welche der Enddarm miindet, erstreckt sich jetzt auch nach links auf die Vorder- und Dorsalseite des scharf abgesetzten Eingeweidesackes. Die Kieme tritt in Gestalt von Héckern an der Innenfliiche der Mantel- héhle auf, das Osphradium links von der Kieme als ein ectodermaler Hocker. Fig. 368 B zeigt uns endlich einen Embryo, bei welchem die Mantel- hdhle schon die vorderstindige Lage am Hingeweidesack eingenommen hat. Ctenidium und Osphradium haben sich weiter entwickelt. Das Velum ist nur noch auf Schnitten als reducirtes Organ nachweisbar. Das Stadium ist wichtig wegen der Anlage der Geschlechtsorgane, die in beiden Geschlechtern identisch ist. Eine Ausstiilpung der (mesoder- malen) Herzbeutelwand, welche sich von dieser sondert, stellt die Anlage der Gonade dar, wihrend eine dieser entgegenwachsende Ausstiilpung des Grundes der Mantelhéhle die (ectodermale) Anlage des Geschlechts- leiters darstellt. Letzterer entsteht auf der einen Seite des Afters in derselben Weise, wie der Ausfiihrungsgang der bleibenden Niere auf der anderen Seite, und es bestiitigt somit die Ontogenie die Vermuthung, zu der wir auf vergleichend-anatomischem Wege (p. 373) gekommen sind, dass der Geschlechtsleiter der Monotocardier einem Theil der rechten, urspriinglich und beim jungen Em- bryo linken (bei den Monotocardiern scheinbar fehlenden) Niere der Diotocardier entspreche. Die Gefisse entstehen sehr friihzeitig als Liickenriiume zwischen Mesoderm und Ectoderm resp. Entoderm, welche von Mesodermzellen umwachsen werden und erst secundiir mit dem Herzen in Verbindung treten. Alle Ganglien des Nervensystems: die Cerebral-, Pleural-, Pedal- und Parietalganglien und das Visceralganglion entstehen ge- sondert von einander als Ectodermverdickungen, die sich yom Ectoderm durch Delamination abschniiren, Erst secundiar treten sie durch aus- wachsende Nervenfasern mit einander in Verbindung. Die Parietal- ganglien speciell entstehen rechts und links am Mittelkérper, riicken aber bald, bei der Verschiebung der Organe des Hingeweidesackes, das eine itiber, das andere unter den Darm. Die Anlage des Visceralganglions 416 Erstes Kapitel. soll dorsal vom Enddarm auftreten und erst spiter unter denselben zu hegen kommen. Die hier kurz citirten Beobachtungen iiber die Entwickelung von Paludina sind nach vielen Richtungen von grésster Bedeutung, indem sie Fig. 368. Entwickelung von Paludina vivipara, nach v. ERLANGER, 1891. A Ansicht eines Embryos, bei welchem die erste Anlage der Kieme aufgetreten ist. B An- sicht eines nahezu reifen Embryos. Beide Ansichten von der linken Seite. Bezeichnungen wie in Fig. 367. Ferner: 17a Vorhof, 17b Kammer des Herzens, 18 Nephridium, 19 Enddarm, 20 Anlage des Radulasackes, 27 Kiemenanlage, 22 Osphradium (SPENGEL’S Organ), 22 Anlage des Geschlechtsganges, 24 Anlage der Gonade, 25 Operculum. die Resultate der vergleichend-anatomischen Forschung auf das unzwei- deutigste erhirten. Wir heben noch Folgendes hervor: 1) Die Art der Entstehung des Pericards ist der Auffassung des- selben als einer secundiren Leibeshéhle sehr giinstig. Von Wichtigkeit ist, dass das Pericard, anfiinglich paarig, durch eine spiter schwindende Scheidewand in 2 seitliche Hilften getrennt ist. Mollusca. Ontogenie. 417 Diese Angabe wird auch von jener Seite, welche die Entstehung der Mesodermanlage aus einer Urdarmausstiilpung bestreitet, bestiitigt. Die erste Anlage des Mesoderms steht mit der Poriesdhidane in keinem directen Zusammenhange, insofern sich ja jene unter allen Umstiinden wieder verwischt, indem sich die Zellen in der Furchungshéhle zer- streuen. Auch darin, dass das Pericard schliesslich selbstandig aus einer Ectodermwucherung hervorgeht, ohne Betheiligung der zuerst ausge- wanderten, zum Mesoderm sich umwandelnden Ectodermzellen, kann man wohl noch’ keinen triftigen Einwand gegen eine Auffassung desselben als secundirer Leibeshéhle “erblicken: es beweist dieses Verhalten nur, dass bei Paludina das Mesoderm, iiber desgen Auffassung wir ja hier nicht discutiren, vollkommen vom Ectoderm abstammt und dass die secundiire Leibeshéhle (das Pericard) nicht aus Urdarmausstiilpungen hervorgeht. Auf die viel gewichtigeren Einwinde, die sich aus der Ontogenie von Limax ergeben, kommen wir unten zu sprechen. 2) Die Thatsache, dass die Gonade als eine Ausstiilpung des Peri- cards sich anlegt, erhirtet die vergleichend-anatomisch gewonnene An- sicht, dass auch die Gonadenhéhle eine secundire Leibeshéhle ist. 3) Der After und die Mantelhéhle liegen anfiinglich symmetrisch hinten am Kérper und kommen erst durch asymmetrisches Wachsthum zuerst auf die rechte Seite des Eingeweidesackes und schliesslich an seine Vorderseite zu legen. Der fiir Paludina geschilderte Entwickelungsmodus findet sich, wenn wir von den friihesten Stadien (speciell der Keimblatterbildung) absehen, auch bei anderen Formen wieder; die Entwickelung von Bithynia, die daraufhin speciell untersucht wurde, stimmt in allen wesentlichen Punkten mit derjenigen von Paludina iiberein; nur kommt bei Bithynia keine (urspriinglich) linke, rudimentiire Niere mehr zur Anlage. Die Entwickelung der tibrigen Gastropoden Syollen wir, abgesehen von einem Beispiel aus der Gruppe der Pulmonaten, das einer unten behandelt wird, nicht eingehend besprechen. In neuerer Zeit ist vor allem den ersten Entwickelungsvorgingen, speciell der Furchung und Keimblitterbildung, die grésste Aufmerksamkeit geschenkt worden, und es liegen von verschiedenen Formen (wir erwiihnen unter anderen nur Umbrella, Crepidula, Limax) eingehende und fusserst sorgfaltige Unter- suchungen vor. Da wir aber gerade diese ersten Entwickelungsphasen nicht weiter behandeln wollen, wie oben schon bemerkt wurde, verweisen wir bloss auf das Litteraturverzeichniss. Im Allgemeinen ist der Nahrungsdotter im Ei etwas reichlicher vor- handen als bei der lebendig gebiirenden Paludina, wo die iiberaus ge- ringe Menge desselben offenbar mit den giinstigen Brnahr ungsbedingungen der Embryonen im Zusammenhang steht. Die Farchung verliiuft mit wenigen Ausnahmen nach einem ausser- ordentlich iibereinstimmenden Modus, der durch die Schemata (Fig. 369) illustrirt wird. Die 4 Blastomeren des Vierzellenstadiums schniiren nacheinander je 4 Micromeren ab (d. h. Quartette von Micromeren, gewéhnlich, vielleicht durchweg 3), die den Macromeren auf der animalen Seite als Ectoderm- kappe aufsitzen. Aus den Macromeren geht schliesslich Entoderm und Mesoderm hervor. Ohne weiter darauf einzugehen, erwiihnen wir nur, dass die Furchung im Allgemeinen nach dem spiraligen Typus verlaiuft, d. h. dass die Bla- Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl, OF 418 Erstes Kapitel. stomeren einer Generation in der Lagerung zu den Axen des sich fur- chenden Keimes gegeniiber ihren Mutterzellen um einen bestimmten Winkel abweichen. Es wurde nun die héchst interessante Thatsache festgestellt, dass bei solehen Schnecken, bei denen Eingeweidesack und Schale des ausgewachsenen Thieres linksgewunden sind, die Richtung der Spiralen der einzelnen Furchungsstadien gerade eine umgekehrte ist, wie bei den entsprechenden Stadien der rechtsgewundenen Formen. Ob Fig. 369. A—H Schemata zur Erlauterung der Furchung und Keim- blatterbildung hei den Gastropoden (hauptsiichlich nach RABL und BLOCHMANN), aus KORSCHELT und HertpeEeR, Lehrb. d. vergl. Entwickelungsgeschichte. A und B Von der Seite, C—F yom animalen Pol, H vom vegetativen Pol aus gesehen, @ ist als optischer Durehschnitt gedacht. J—JV hezeichnen die grossen Furchungskugeln, von denen sich nach und nach die kleineren (J’—JV‘, I‘’—IV“) abschniiren, 7—4 Mikromeren, welche von J’—IV‘ aus entstehen. ect Ectoderm, ent Entoderm, mes Mesoderm, rk Richtungs- korper. iiberhaupt und in welcher Hinsicht. zwischen diesen Erscheinungen, d. h. der Windungsrichtung der Spiralen bei der Furchung und der Windungs- richtung des Kérpers des erwachsenen Thieres ein Zusammenhang be- steht, ist bis dahin ganz unabgeklirt. Es liegen auch Beobachtungen vor iiber das Verhalten und die weitere Furchung isolirter Blastomeren; doch kénnen wir hierauf nicht eintreten. Mollusca. Ontogenie. 419 Der Blastoporus entspricht der Lage nach der Stelle des spateren Mundes, oft, vielleicht sogar in der Mehrzahl der Fille, bleibt er offen, wobei shes ‘doch der Oesophagus durch Einsenkung von Ectodermzellen entsteht. Das erwahnte Verhalten von Paludina, wo an Stelle des sich schliessenden Blastoporus der After entsteht, bildet eine Ausnahme. Die Anlage des Mesoderms bei Paludina, sei es nun in Form einer Ausstiilpung des Urdarmes, oder sei es, nach der neueren Dar- stellung, durch Auswanderung von Ectodermzellen in die Furchungshéhle, steht auf alle Falle bis jetzt bei den Mollusken vereinzelt da. Dies hiingt wohl mit der Dotterarmuth der Eier von Paludina zusammen. Bei den iibrigen Gastropoden nimmt das Mesoderm in schon fiir die anderen Mollusken beschriebener Weise seinen Ursprung aus 2 symmetrischen, grossen Urmesodermzellen am hinteren Rande des Blastoporus, die mehr das Aussehen von Entoderm- als von Ectodermzellen haben und _ friih- zeitig in die Furchungshéhle riicken. In der grossen Mehrzahl der Fille ist es gelungen, das Mesoderm schliesslich auf ein bestimmtes Macromer zuriickzufiihren, auf dasjenige niimlich, das auf dem Vierzellenstadium als linkes hinteres oder bei anderer Orieuvtirung einfach als hinteres bezeichnet wird. Gewéhnlich trennt sich, nachdem das Ectoderm in Form der verschiedenen’ Micro- merenquartette abgeschieden worden, von diesem Macromer eine Zelle, die dann direct durch Zweitheilung oder auf etwas complicirtere Weise die Urmesodermzellen liefert. Diese Bildungsweise des Mesoderms ist, wie durch die neueren Untersuchungen festgestellt wurde, nicht nur auf die Gastropoden beschrankt, sondern findet sich auch bei anderen Mol- lusken, z. B. bei Chitoniden und Lamellibranchiern, und weiterhin auch bei vielen Anneliden. Es mehren sich ferner die Angaben, dass die Urmesodermzellen und Mesodermstreifen nicht die pee niiesslione Quelle der mesodermalen Bil- dungen sind, sondern dass ein Theil derselben aus Zellen hervorgeht, die in letzter Linie aus dem Ectoderm stammen und fiir sich in die Furchungs- hdhle einwanderten. So scheint denn der Fall von Paludina, wo das Mesoderm nur aus auswandernden Ectodermzellen entsteht, nicht so ganz isolirt dazustehen. Von besonderem Interesse und fiir die Auf- fassung des Mesoderms, die wir hier nicht discutiren, im Allgemeinen von Wichtigkeit ist der gleich unten zu beriihrende Nachweis, dass bei Limax, bei welcher Form Urmesodermzellen und Mesodermstreifen vor- kommen, Pericard, Herz und Niere, also typisch mesodermale Organe, direct aus dem Ectoderm hervorgehen. Ueberall bildet sich eine Veligerlarve, d. h. eine Trochophora mit Molluskencharakteren: 1) der dorsaten Schalendriise mit der Em- bryonalschale, und 2) der ventralen Fussanlage. Doch ist der Habitus dieser Veligerlarve in verschiedenen Abthei- lungen oft recht verschieden, was vorwiegend mit der Ernaihrungs- und Lebensweise der Embryonen oder Larven zusammenhangt. Bei den marinen Gastropoden, also der grossen Mehrzahl der Prosobranchier (incl. Heteropoden) und allen Opisthobranchiern, verlisst der Embryo frihzeitig als junge, freischwimmende Veligerlarve die Ei- hiille. Unter den Pulmonaten ist bei den amphibisch an Meereskiisten lebenden Oncidiiden eine typisch ausgebildete Veligerlarve nachgewiesen, die jedoch die Hihiille nicht verlisst; die ausschliipfende junge Schnecke Q7% 420 Erstes Kapitel. besitzt bereits die Gestalt des Mutterthieres. Aehnliches ist auch von Neritina, einem im Siisswasser lebenden Prosobranchier, bekannt. Bei allen diesen Formen ist der priorale Wimperkranz stark ausgebildet. Meist wélbt sich der Ectodermboden des Wimperkranzes nach aussen vor, so dass dieser letztere von einem deutlichen Ringwulst getragen wird. Ja, es wichst jederseits der Ringwulst zu einem grésseren oder kleineren Lappen aus, welcher an seinem Rande die kraftigen und langen Cilien trigt und gelegentlich selbst wieder in einen oberen und unteren Fig. 370. Hie ails Pig. 571. Larve von Cym-. bulia (Pteropode), yon der linken Seite, nach GEGENBAUR. J Velum, 2 Schale, 3 Parapodien (Flossen),, 4 Fuss mit Deckel 5. Fig. 370. Larve von Oncidium celticum (Oncidiella celtica), von der linken Seite, nach JoYEUX-LAFFUIE, 1882. 7 Cerebralganglion, 2 Mantelrand, 3% Anlage der Gonade, 4 larvaler Schalenmuskel, 5 Enddarm, 6 Anlage der Verdanungsdriise, 7 Gehér- organ, 8 Pedalganglion, 9 Fuss, 10 Schlund, 11 Auge, 12 verzweigte Muskelzellen des Velums, 73 Velum. Lappen sich ausziehen kann. Das ist das achte Velum der frei- schwimmenden Gastropodenlarven, ihr einziges Bewegungsorgan. In seinem Inneren spannen sich von Wand zu Wand contractile Mesoderm- zellen (Muskelzellen) aus, die ihm einen hohen Grad von Contractilitat verleihen. Bei den alteren Larven kann der Kopf mitsammt dem Velum in die Schale zuriickgezogen werden. Es ist wahrscheinlich, dass das Velum bei der Larve auch respira- torisch thiitig ist, vielleicht sogar vermége seiner Contractilitiéit propul- satorisch fiir die Leibesfliissigkeit wirkt. Bei den Sitisswasser- und Landgastropoden — sofern sie nicht lebendig-gebarend sind — verharrt der Embryo langere Zeit in der Eihiille und verliisst dieselbe erst als junge Schnecke, nachdem sich die Larvenorgane (Velum, Urniere, Kopfblase, Fussblase oder Podocyste) schon in der Eihiille zuriickgebildet haben. Auch bei diesen Formen ist die im Ei enthaltene Masse von Nahrungsdotter nicht sehr ansehnlich, dagegen wird in die Eikapsel mit dem Ei eine ansehnliche Masse von Eiweiss abgelagert, welches dem sich entwickelnden Embryo zur Nahrung dient, sei es, dass es durch dessen Kérperwand diffundirt oder dass es. vom Embryo verschluckt wird. Die Eikapseln sind immer gross, in ein- zelnen Fallen, z. B. bei tropischen Landschnecken, sehr gross, bis zur Mollusca. Ontogenie. | 421 Grosse kleiner Vogeleier; aber ihre Grésse wird nicht, wie etwa bei den Cephalopoden, bedingt durch die Grésse des enthaltenen Kies, sondern durch die Masse des Eiweisses, in welches das kleine Ei eingebettet ist. Die reife Eikapsel enthilt in ihrem Inneren schon eine ansehnliche junge Schnecke mit wohlentwickelter Schale. Bei. den Land- und Siisswasserschnecken kann also das Velum nicht als Bewegungsorgan dienen; es ist als solches reducirt auf einen ein- fachen Wimperring oder auf 2 seitliche Wimperstreifen. Bei den Em- bryonen einzelner Landschnecken wurde es véllig vermisst. Dagegen tritt eine urspriingliche Nebenfunction, die respiratorische und die pro- pulsatorische, in den Vordergrund. Die Nackengegend wélbt sich namlch sehr stark vor und bildet die bisweilen enorme Kopfblase (Fig. 372 und 376), welche regelmissige Pulsationen ausfiihrt. In ihnlicher Weise ist haufig der hintere Fussabschnitt zu einer pulsirenden Fussblase oder Podo- cyste erweitert. Kopfblase und Fussblase und ahnliche ,,Larvenherzen“ bilden sich gegen das Ende des Embryonallebens zuriick. Fig. 372. 4 mm grosser Embryo von Helix Waltoni, von der rechten Seite, nach P. und F. SARASIN, 1888. 1 Kopfblase, 2 oberer Tentakel (Augententakel), 3 Auge, 4 unterer Tentakel, 5 Mundlappen, 6 Sinnes- platte, 7 Podocyste. Wir wollen nun in kurzen Ziigen die Entwickelung einer Nackt- schnecke aus der Gruppe der Stylommatophoren, niimlich von Limax maximus, betrachten, da diese Form neuerdings wieder Gegenstand _eingehender Untersuchung war, und da die Organbildung in manchen Punkten ganz wesentlich von der abweicht, welche fiir Paludina be- schrieben wurde. Die Furchung verlauft bei Limax maximus nach dem gewdhn- lichen Schema der Gastropodenfurchung, nur tritt auf spiteren Stadien der Gréssenunterschied zwischen Macromeren und Micromeren wesentlich guriick. Auch die Mesodermbildung erfolgt in einer fiir die grosse Mehr- zahl der Gastropoden typischen Weise. Es gliedert sich von dem ur- spriinglichen hinteren Macromer eine Urmesodermzelle ab, die bald in die Furchungshéhle hineinriickt und sich in 2 Zellen theilt, welche 2 Mesodermstreifen Ursprung geben (Fig. 373). Eine Betheiligung des Ectoderms an der Mesodermbildung findet nicht statt. Es entsteht eine Gastrula durch Invagination. Der Blastoporus geht, ohne zum _ Ver- schlusse zu kommen, in den Mund iiber (Fig. 374 u. 375). Friihzeitig treten die Anlagen der Schalendrise und des Fusses auf. Das Ectoderm beginnt sich an der vorderen Seite vom Entoderm abzuheben, so dass zwischen beiden ei Raum entsteht, der sich bald miichtig vergréssert und die oben erwiihnte Kopfblase dar- stellt. Inzwischen hat sich die Schalendriise tief eingestiilpt, und sie schniirt sich schliesslich als vollkommen geschlossene Blase vom Ectoderm ab. (Limax besitzt eine innere Schale, aber auch bei einigen Formen mit wohl entwickelter iiusserer Schale, z. B. Succinea, Clausilia, schliesst 422 Erstes Kapitel. sich merkwiirdigerweise die Schalendriise vollkommen, um sich freilich nachher wieder zu éffnen.) Ein Stomodaeum wurde durch Ectoderm- einstiilpung gebildet (Fig. 3875 A und B). Die Kopfblase erreicht in Fig. 373. Furchungsstadium von Limax maximus mit 2 Mesodermzellen (I und JJ), Schnitt, nach MEISENHEIMER, 1896. Br Sh? Sethe Fig. 374. Gastrula von Limax agrestis, Sagittalschnitt, nach Kororp, '1895, orientirt nach MEISENHEIMER, 1896. Bl Blastoporus, # Fuss. den ersten Larvenstadien eine enorme Grdésse, so dass der iibrige Kérper daneben beinahe verschwindet. Etwas spiiter tritt ei zweites Larven- organ auf, die Podocyste, die als eine blasenformige Erweiterung des Fusshéckers entsteht (Fig. 376). Bei Limax ist die Podocyste allein contractil und als pulsatorisches Organ thitig; die Kopfblase wird héchstens passiv etwas zum Anschwellen oder Zusammensinken gebracht. Das Gleiche gilt auch fiir andere, vielleicht fiir alle Pulmonaten. Ein Paar Urnieren, von denen wir noch weiter unten sprechen werden, kommen zur Anlage. Fig. 375. Sagittalschnitte durch Embryonalstadien von Limax maximus, nach MEISENHEIMER, 1896. A Ganz junger Embryo mit erster Anlage der Kopfblase. B Etwas ilterer Embryo mit stiirker entwickelter Kopfblase. Ab Kopfblase, Sd Schalen- driise, Ld Enddarm, Jz Mesodermzellen, F Fuss, J/ Mund, &/ Blastoporus, Zz Entoderm- zellen. Als Einstiilpung des Ectoderms tritt in der Gegend, wo sich die Schalendriise gebildet hatte, die Lungenhédhle auf, und es grenzt sich nun das Mantelfeld deutlich ab, indem sich der Rand aufrollt und ab- hebt; zugleich erfahrt dieses Mantelfeld von der Mittellinie des Kérpers weg eine Drehung nach der rechten Seite hin. Von der eigentlichen, Mollusca. Ontogenie. 423 durch Einstiilpung entstandenen Lungenhohle liisst sich noch eine distal gelegene Mantelhéhle unterscheiden, die mit jener communicirt und in die Enddarm und Niere ausmiinden. In der Lungenhéhle zeigt sich bald die Anlage der Lunge durch Faltenbildung und Auftreten von Gefissen zwischen den Falten. Der Darmkanal bildet sich in wesentlich anderer Weise, als fiir Paludina beschrieben wurde. Aus dem Urdarm gehen nur Fig. 376. Sagittal- schnitt durch einen Embryo von Limax maximus, bei dem Kopfblase und Podo- cyste entwickelt sind, nach MEISENHEIMER, 1898. kb Kopfblase, ezs Eiweisssack, w Wimper- wulst, 7¢ Radulatasche, f Fuss, pe Podocyste, oes Oesophagus, mz Ma- genzellen, ed Enddarm, sd Schalendriise. Magen und Verdauungsdriise hervor; das ectodermale Stomodaeum giebt dem Vorderdarm mit seinen Anhangsgebilden (Zungenapparat, Speichel- driisen) Ursprung. Der auf den Magen folgende Abschnitt des Mitteldarmes und der Enddarm gehen vollstindig aus dem Ectoderm hervor. Es bildet sich zwischen Schalendriise und Fussanlage eine Ectodermeinstiilpung, die sich abschniirt und alsdann ~mit dem entodermalen Urdarm in Verbindung tritt (Fig. 8375 und 376). Secundir erfolgt darauf der Durchbruch des Afters. Der Enddarm miindet in die Mantelhéhle nahe ihrer fusseren Miindung und verschiebt sich mit dieser auf die rechte Seite hiniiber. Diese rein ectodermale Entstehung des gréssten Theiles des Mitteldarmes und Enddarmes, die mit aller Sorgfalt festgestellt wurde, liisst sich mit dem, was dariiber bei Paludina und auch anderen Prosobranchiern, z. B. Crepidula, eben- falls in eingehender Untersuchung ermittelt wurde, in keiner Weise in Einklang bringen. Ebenso abweichend von der gewéhnlichen Bildungsweise verhilt sich bei Limax maximus die Entwickelung von Pericard, Herz und Nieree Herz und Niere gehen aus einer gemeinsamen Anlage hervor, die rechts vom Enddarme unter der Schalendriise als Zellhaufen rein ectodermalen Ursprunges auftritt (Fig. 377). Diese Anlage wiichst ins Kérperinnere vor und sondert sich dann in 2 Theile, von denen der dem Ectoderm anliegende zu einem Blaschen mit Huhlane wird und die Anlage der Niere vorstellt, wihrend der andere Theil Herz und Ponienrdy aus sich hervorgehen lisst. Zuerst bildet sich der Herzschlauch aus, und erst nachtraglich entsteht durch Auftreten von Spaltriumen in dessen Wandung und Abheben der fiusseren Zellschichten das Pericard. Zu der Nierenanlage tritt als ectodermale Einstiilpung der primaire Ureter hinzu, und die eigentliche 424 _ Erstes Kapitel. Niere sendet zum Pericard hin einen Ast, der zum Renopericardialgang wird. Schliesslich bildet sich der secundire Ureter durch Verschluss einer Rinne der Mantelhdéhle. So sehr nun die bei Paludina beschriebene Art und Weise der Ent- stehung des Pericards der Auffassung desselben als secundiirer Leibes- héhle giinstig ist, eine Auffassung, fiir die tibrigens die vergleichend- A B 6 LS ay Pig. 377. 2 Schnitte durch Embryonen von Limax maximus zur Demon- stration der Herz- und Nierenanlage, nach MEISENHEIMER, 1898. A Sagittal- se hnitt, gefihrt durch die rechte Kérperhilfte des Embryos in der Richtung a b der Fig. 377 B, B Frontalschnitt, senkrecht gefiihrt zum Sagittalschnitt der Fig. 377 A in der Hohe der Herz- Nierenanlage (4). 1 Kopfblase, 2 Mitteldarm, #2 Schalendriise, 4 Herz-Nierenanlage, 5 Fuss, 6 Eiweisszellen, 7 Urnieren, 8 rechtes, 9 linkes Parietalgan- @lion, 70 Enddarm. anatomischen Thatsachen mit aller Deutlichkeit sprechen, so wenig lisst sich mit dieser Anschauung das oben geschilderte Verhalten bei Limax in Einklang bringen. Wir erinnern nochmals daran, dass hier Urmeso- dermzellen und Mesodermstreifen vorhanden sind, die zu der Herz-, Nieren- und Pericardanlage in keiner Beziehung stehen. Weiter wollen wir aus der Entwickelung von Limax nur noch Weniges hervorheben. Anfinglich legen die hauptsiichlichsten Einge- weide (Darm, Herz, Niere) ganz ausserhalb des Fusses unterhalb des Schalenblaschens in einem deutlichen Eingeweidesack. Erst nachtriig- lich verschieben sich diese Organe in den Fuss hinein, und der Einge- weidesack verstreicht (Fig. 378 “und 379). Dies steht in bester Ueberein- stimmung mit der auf vergleichend-anatomischem Wege gewonnenen Ab- leitung der schalenlosen Nacktschnecken von beschalten Formen (vergl. p- 54). Von den Anlagen des Nervensystems und der Sinnesorgane heben wir nur hervor, dass die Cerebralganglien, wie allgemein bei den Pulmonaten, am Grunde eines Paares tiefer Einstiilpungen des Ectoderms, speciell der Scheitelplatte, auftreten, am Grunde der Cerebr altuben, eine Entstehungsweise, die wir bei Dentalium und bei gewissen Lamelli- branchiern wieder antreffen werden. Alle Ganglien legen sich getrennt an, wie dies schon fiir Paludina hervorgehoben wurde. Im Laufe der Entwickelung zeigen sich zerstreut am Kérper, besonders aber am Fusse Mollusca. Ontogenie. 425 und in den Cerebraltuben eigenthiimliche Hautsinnesorgane von ahnlichem Bau wie die in der Mundhohle einiger Gastropoden, z. B. Fissurella, beschriebenen Sinnesknospen, oder wie sie allgemeiner ver- breitet bei Anneliden vorkommen. Sie sinken spiter in die Tiefe und nehmen am Aufbau des Nervensystems Antheil. Fig. 378. Sagittalschnitt durch ein vorgeriickteres Entwickelungs- stadium von Limax maximus, nach MEISENHEIMER, 1898. Diese Figur wie die folgende, Fig. 379, demonstriren die Verlagerung eines grossen Theiles der Eingeweide in den Fuss hinein. Diese Verlagerung hat hier eben begonnen (siehe den hinteren linken Leber- lappen All). kb Kopfblase, mm Mundmasse, g.ped. Ganglion pedale, ce Oesophagus, f Fuss, pe Podoeyste, hil hinterer linker Leberlappen, ma Magen, d Darm, sd Schalendritse, prh pri- miirer Harnleiter, & Herzkammer, pk Pericard, vh Vorhof, mt Mantel, e¢s Eiweisssack. Die embryonale Schale erhalt sich bei den Gastropoden entweder zeitlebens, oder sie wird friihzeitig abgeworfen und durch die Anlage der definitiven ersetzt. Bisweilen gelangt sogar eine zweite verging- liche Schale zur _Entwickelung. Es muss nochmals betont werden, dass auch die Nacktschnecken, zu welcher natiirlichen Gastropodenabtheilung sie auch gehéren médgen, ein typisches Veligerstadium durchlaufen, dass sie auf den alteren Veliger- Fig. 379. Sagittalschnitt wie in Fig. 378, alteres Stadium, nach MEISEN- HEIMER, 1898. Der grésste Theil der Eingeweide ist mit dem Verstreichen des Einge- weidesackes in den Fuss hineingeriickt. Bezeichnungen wie in Fig. 378, ausserdem: vil vorderer linker Leberlappen, 7/ rechter Leberlappen, d,, d,, d, Darmiste, n Niere, h Herz- schlauch. 426 Erstes Kapitel. stadien einen deutlich abgesetzten, aufgewundenen Eingeweidesack mit entsprechender Schale und meist auch am Hinterfuss ein Operculum besitzen. Immerhin muss noch auf die kiirzlich beschriebene Entwickelungs- weise von Cenia Cocksi aus der Familie der Limapontiidae unter den Opisthobranchiern hingewiesen werden, die in der Hinsicht eine seltene Ausnahme bildet. Diese Form verliisst die Eihiille nicht als Veliger- larve, sondern in Gestalt des erwachsenen Thieres; aber auch wihrend der vorhergehenden Entwickelungsperiode fehlen die typischen Charaktere einer Molluskenlarve, so Schalendriise, Schale, Operculum, nur ein sehr reducirtes Velum lisst sich nachweisen. Bei den Larven der gymnosomen Pteropoden entwickeln sich am Kérper 3 postorale accessorische Wimperkriinze. Wir wollen schliesslich noch mit einigen Worten auf die larvalen Excretionsorgane, die Urnieren, zu sprechen kommen, die tibrigens auch bei den Lamellibranchiern nachgewiesen sind; iiber ihre Verbreitung und ihren Bau bei den Gastropoden hat sich jedoch eine besonders leb- hafte Discussion entsponnen. Wir verweisen auch auf das Litteratur- verzeichniss und die dort enthaltenen diesbeziiglichen Bemerkungen. Am besten bekannt sind diese Organe gegenwiirtig bei den Pul- monaten. Bei den Basommatophoren besteht die Urniere aus zwei unter einem spitzen Winkel gegeneinander geneigten Schenkeln, von denen der diussere seitlich am Kérper ausmiindet, der innere dagegen sich in der primiiren Leibeshéhle weit nach vorn erstreckt. Stets besteht das Organ aus 4 Zellen, von denen die drei éusseren von einem feinen Kanal durchbohrt werden, wihrend die innerste die Urniere gegen die Leibes- hohle ~——-vollstandig —_ab- schliesst; diese innerste Zelle triigt auch eine aus vielen, langen Cilien be- stehende Wimpertiamme, die in das Lumen des inneren Schenkels hinein- ragt, und auf der der Leibeshéhle zugekehrten Seite liegt in ihr eine grosse Vacuole. . Es zeigt also diese Partie eine auffal- lende Aehnlichkeit mit den inneren Endabschnitten des Wassergefiisssystems der Platoden (Fig. 380 und 381). Fig. 380. Embryo von Planorbis, von der rechten Seite, um die Lage der Urniere zu zeigen, nach RapBL. 1879, und MEISENHEIMER, 1899. 1 Mund, 2 Fuss, 3 Enddarm, 4 Schale, 5 Eiweisszellen, 6 Urniere. Bei den Stylommatophoren stellt die Urniere ein langeres, gebogenes Rohr dar, dessen Wandung aus vielen Zellen besteht. Das Lumen ist intercellular. Die Urniere wird gegen die Leibeshéhle durch eine Anzahl Wimperzellen abgeschlossen. Fir Limax maximus ist nachgewiesen, dass die ganze Urniere ein rein ectodermales Gebilde ist; im Uebrigen Mollusca. Ontogenie. 427 weichen die Angaben, besonders fiir die Basommatophoren, in dieser Hin- sicht sehr von einander ab; die Urniere wird bald als rein mesodermales Gebilde angesprochen, bald soll an ihrem Aufbau das Ectoderm neben dem Mesoderm oder dann ersteres ganz allein betheiligt sein. Urnieren von ihnlicher Gestalt und Lage wie bei den Pulmonaten sind bei mehreren Prosobranchiern, speciell Siisswasserformen (Paludina, Bithynia) nachgewiesen worden. Ausserdem kommen bei marinen Proso- branchiern sogen. tiussere Urnieren vor, die aus einer oder mehreren Ecto- dermzellen bestehen und auf beiden Seiten des Embryos hinter dem Velum Fig. 381. Uyrniere der Basommatophoren, nach MEISENHEIMER, 1899. 1 Aeussere Oeffnung der Urniere, 2 Ectoderm, 3 Kern der gréssten (Riesen-)Zelle yon den vier die Urniere bildenden Zellen, 4 Urnierenkanal, 5 kleinere Excretionszelle, 6 Wimper- flamme, 7 Endvyacuole, 8 Wimperzelle. liegen. Es erscheint zweifelhaft, ob sie den gewéhnlichen Urnieren ent- sprechen.’ Gegenstand lebhafter Discussion sind auch die Urnieren der Opisthobranchier, deshalb vor allem, weil dasjenige Gebilde, das jetzt wohl mit Sicherheit als Anlage der definitiven Niere angesehen werden kann, zeitweise als Urniere gedeutet wurde. (Das gleiche Gebilde war friiher auch als ,,Analauge‘ beschrieben worden.) Als eigentliche Ur- nieren der Opisthobranchier werden vollkommen abgeschlossene Blaschen ohne innere und iiussere Oeffnung betrachtet. C. Scaphopoda. Ontogenie von Dentalium. Die Furchung fiihrt zur Bildung einer Coeloblastula, und es entsteht durch Einstiilpung eine Coelo- gastrula. Der Blastoporus legt anfangs ganz hinten auf der Bauchseite und verschiebt sich, ganz ihnlich wie bei Chiton, nur allmihlich auf der Bauchseite weiter nach vorn. Durch Einsenkung des Ectoderms entsteht das Stomodaeum, wobei aber der Blastoporus stets offen bleibt. Es bildet sich eine typische Molluskentrochophora aus, doch wurde die Urniere nicht beobachtet. Das Velum stellt einen dicken Ringwulst am Kérper der gestreckt eiformigen Larve dar. Dieser Ringwulst be- steht aus 3 Ringen sehr grosser Ectodermzellen, von denen jeder einen Kranz langer Wimpern trigt. Die Schalendriise breitet sich friihzeitig 428 Erstes Kapitel. aus, und ihr seitlicher Rand beginnt friihzeitig als Mantelfalte ventral- wirts und nach hinten auszuwachsen. Die freien Rander der beiden Mantelfalten verschmelzen spater unter dem Kérper. Der After bildet sich erst sehr spit. Besonders genau untersucht wurde die Entwicke- Tung des Cerebral- und des Pedalganglions, sowie der Gehérorgane. Ventralwiirts auf dem Scheitelfelde, vor dem Velum und hinter “dem Wimperschopf bilden sich zwei sy mmetrische Einstiilpungen des Ectoderms, die Scheitelsicke oder Scheitelréhren. Diese Scheitelsicke schniiren sich spiiter vom Ectoderm ab, verlieren allmihlich ihr immer enger werden- des Lumen, wihrend ihre Ww andung sich durch Zellwucherung verdickt und mehrschichtig wird. Die so entstehenden 2 Zellmassen “verbinden sich in der Mittellinie vor und itiber dem Schlunde zum jungen Cerebralganglion. Die Otoeysten entstehen jederseits an der Basis der Fussanlage als ein ectodermales Epithel- griibchen, das sich sofort in Form eines Epithelblaschens vom Kctoderm _ loslist. Dicht unter den Gehoérbliischen wuchern jederseits Ectodermzellen in die Tiefe und bilden jederseits eine ectodermale Zellen- masse, die sich vom Ectoderm loslist und, in das Fussmesoderm einsinkend, mit der gegentiberliegenden Zellmasse zum jungen Fussganglion verschmilzt. Fig. 382. 37 Stunden alte Larve von Den- talium, von hinten und unten, nach KOWALEYSKY, 1883. 1 Scheitelschopf, 2 Anlagen der Gehirn- ganglien (Scheitelréhren), 7 Velum, aus drei Rings- reihen~ von Wimpern bestehend, 4 Mund (unter dem Velarwulst verborgen), 5 Mantelfalte, D. Lamellibranchia. 1) Entwickelung von Teredo (Fig. 383 und 384), Die Furchung ist eine totale inaiquale. Die ialteren Angaben iiber die ersten Entwicke- lungsvorgange (F urchung, Gastrulation, Keimbliatterbildung) erscheinen nach dem, was in neuerer Zeit iiber die Entwickelung anderer Lamelli- branchier (Unionidae, Dreissensia) bekannt geworden, einer genauen Re- vision bediirftig. Nach diesen friiheren Untersuchungen verliiuft die Ent- wickelung von Teredo folgendermaassen : Die Gastrulabildung geschieht durch Epibolie. Die Gastrula (Fig. 383 A, B) besteht aus zwei grossen Entodermzellen (Macromeren), einer diesen dicht aufsitzenden Haube von Ectodermzellen (Micromeren) und aus zwei symmetrischen, mittelgrossen Urmesodermzellen am hinteren Rande des Blastoporus. Der Blastoporus verschliesst sich — indem die Ectodermzellen unter fortgesetzten Theilungen die Entodermzellen voll- stindig umwachsen — in der Richtung von hinten nach vorn, wobei die beiden Urmesodermzellen vom Ectoderm iiberwachsen werden und zwischen dieses und das Entoderm zu liegen kommen (Fig. 383 C). Etwas vor der Mitte der Bauchseite entsteht durch Ectodermeinstiilpung ein Blindsack, das Stomodaeum (D). Das Ectoderm hebt sich von dem zweizelligen Mesoderm ab, so dass zwischen beiden nachtraglich eine Furchungshéhle, oder die primire Leibeshohle, auftritt. Es bildet sich Mollusca. Ontogenie. 4929 ein doppelreihiger, prioraler Wimperkranz (D, E). Von den zwei grossen Entodermzellen schniiren sich durch Theilung kleinere a Dix pn der ganzen Oberfliiche des Keimlings treten Wimpern auf, mit alleiniger (Mienainie der hinteren Riickenfliche, wo sich die cylindrisch srerdenden Ectodermzellen grubenférmig zur mls der Schalendr tise (F) ein- senken. Diese eendecs Ale erste Anlage der Schale ein einheitliches, cuticulares Hiutchen ab. Die Entodermzellen beginnen sich zu einer Darmwand zu gruppiren. Nach Anlage des ersten Schalenhiutchens ver- streicht die Schalendriise wieder, sie breitet sich aus. Es lasst sich nur noch ihr Rand als Wulst unter dem Schalenrande erkennen. Jetzt bildet das Entoderm einen hohlkugel- formigen Mitteldarm, in welchen der Oesophagus durehbricht. Von den bei- den Urmesodermzellen haben sich jederseits zwei bis drei kleinere Zellen abgetheilt, Die diinne, cuticulare Schale wird durch Auftreten einer mediodorsalen Grenzlinie zweiklappig. Fig. 383. A—G Entwicke- lungstadien von Teredo, nach HATSCHEK, 1880. A, C, D, BE, F, G Von der rechten Seite. B Im optischen Horizon- talschnitt. 2 Ectoderm, 2 Ma- cromeren = Entodermzellen, 2 Urmesodermzellen, 4 Furchungs- héhle, 5 Stomodaeum (Schlund), 6 Mund, 7 prioraler Wimper- kranz, 8 Schalendriise, 9 Schale, 10 larvale Muskelzellen, 11 Scheitelplatte mit Scheitelschopf, 12 Analeinsttlpung, After, 72 entodermaler Mitteldarm. Ein weiteres Stadium ist zunichst durch das Auftreten einer hinteren, kleinen Ectodermeinstiilpung ausgezeichnet, welche als Proctodaeum den Enddarm und After liefert. Im Scheitelfeld ist eine Ectodermver- dickung, die Scheitelplatte, entstanden, welche 3 Geisseln triigt. Kinzelne Mesodermzellen werden zu Muskelzellen (Fig. 383 G). Das niichste Stadium kann man als dasjenige der Trochophora- larve bezeichnen. Die Larve unterscheidet sich von einer typischen Annelidentrochophora nur durch den Besitz der Schale, welche jetzt schon den gréssten Theil des Kérpers bedeckt, und durch den Mantel, welcher sich jederseits, zuerst hinten, als Falte gebildet hat und dessen Bildung und Wachsthum von hinten nach vorn fortschreitet. Die hinter dem Scheitelfelde gelegene Region des Kérpers hat sich jederseits zu einer breiten Falte ausgedehnt, welche sich nach aussen tiber die Schale gelegt 450 Erstes Kapitel. hat. Die Scheitelplatte ist mehrschichtig geworden, das Proctodaeum gegen den Mitteldarm durchgebrochen. Die Urmesodermzellen haben jederseits einen kurzen Mesodermstreifen erzeugt. Am Vorderende eines jeden Mesodermstreifens hat sich ein linglicher Kérper mit kanalartigem, spiter wimperndem Lumen gebildet, welcher sich nach aussen 6ffnet, die Urniere. Am Mitteldarm zeigt sich die Anlage der Verdauungsdriise als paarige, halbkugelférmige Ausstiilpung. Die allgemeine Bewimperung des Kérpers ist verschwunden. Es erhalten sich noch Wimpern auf der Scheitelplatte und in der Analgegend. Der doppelte, priorale Wimper- kranz tritt jetzt sehr deutlich hervor, und es hat sich zu ihm noch ein postoraler Wimperkranz hinzugesellt. Die Region zwischen dem prioralen und dem postoralen Kranze langer Wimpern trigt ebenfalls Cilien und bildet eine adorale Wimperzone. Fig. 384. Aeltere Larve von Teredo, von der rechten Seite, nach HATSCHEK, 1880. Bezeichnungen wie in Fig. 385; ausserdem: 74 Anlagen der Verdauungsdrise (Leber), 15 priioraler Wimperkranz (Velum), 16 postoraler Wimperkranz, 17 Urniére, 18 Gehoérblischen, 79 Anlage des Pedalganglions, 20 Kiemenanlage, 27 Mesodermstreifen. Ein weiteres Entwickelungsstadium ist in Fig. 384 abgebildet. Wir erkennen die Anlage des Pedalganglions als Ectodermverdickung auf der Bauchseite und die Anlage der Kieme in Form einer verdickten Epithelleiste. Der Magen hat nach hinten einen Blindsack gebildet, und der enge Mitteldarmabschnitt hat sich in eine Schlinge gelegt. Durch Hin- stiilpang des Ectoderms und nachherige Loslésung sind zwischen Mund und After die 2 Otolithen fiihrenden Gehérblaschen entstanden. Das Mesoderm besteht aus veristelten Muskelzellen, veristelten Binde- Mollusca. Ontogenie. 451 gewebszellen, den Urnieren und den noch undifferenzirten Zellen der Mesodermstreifen. Von weiteren Entwickelungsvorgiingen wurden folgende beobachtet. Die ventrale Ectodermverdickung, welche die Anlage des Pedalganglions darstellt, rundet sich ab und lést sich vom Ectoderm los, indem sie zu- gleich von den sich lebhatt vermehrenden Zellen der Mesodermstreifen, die sich vor ihr zu einer medianen Zellmasse vereinen, umwachsen wird. In der vorderen Bauchregion wiichst das Ectoderm hervor, um mitsammt der die Hervorwélbung bewirkenden, wuchernden und sich vergréssernden medianen Masse von Mesodermzellen die Anlage des Fusses zu bilden. In der vorwachsenden Kiemenfalte brechen Kiemenspalten durch, zuerst eine elnzige, dann vor dieser eine neue. Ueber die weitere Metamorphose der Larve (von Teredo [Xylotrya] fimbriata) existiren nur einige kurze Angaben. Wir heben daraus Folgendes hervor: Wenn die freischwimmende Larve, die in 4lteren Stadien einen wohlentwickelten Byssusapparat besitzt, in Beriihrung mit Holz kommt, heftet sie sich mit einem Byssusfaden fest. Dann beginnt die Umwandlung in das fertige Thier. Der Byssusapparat bildet sich nach 1—2 Tagen zuriick und bleibt schliesslich als rudimentiires, ge- schlossenes Bliischen im Innern des Fusses erhalten. Die Larve bohrt sich in das Holz ein mit Hiilfe der Schale, an deren Vorderrande Zihne auftreten, sowie mit Unterstiitzung des Fusses. Besonderes Interesse be- ansprucht die Beobachtung, dass gleich nach dem Festheften das Velum abgestossen wird und dabei, indem sich die Unterlippe stark vorzieht, in den Darmkanal gelangt, wo es der Verdauung anheimfallt, sowie vor allem die Angabe, dass auf diesem Stadium dieCerebral- und Pleural- ganglien deutlich voneinander abgegrenzt erscheinen und durch eine kurze Commissur ver Wunder sind. Die Entwickelung der iibrigen Meeresmuscheln verliiuft ganz ahnlich wie die von Teredo, und es Polat eine ganz iibereinstimmende Larve zur Ausbildung. Alle Meeresmuscheln Semen sich speciell dadurch aus (Teredo, Ostr ea, Modiolaria, Cardium, Montacuta etc.), dass Ser Wimperleanz sehr stark entwickelt ist, und dass er sogar meist yon eimer kragenférmigen Verbreiterung der Haut. dem WW elhn an. getragen wird, welches in zwei seitliche Lappen getheilt ist. Das Velum kann aus der Schale vorgestreckt und in sie rimicleeereren werden und stellt, dank dem Kranz kriiftiger Wimpern, den es triigt, das Beweguugsorgan dieser freischwimmenden Muschellarven dar. Unter den Siisswassermuscheln giebt es nur eine Form, Dreissensia polymorpha, deren Larven freischwimmend sind und ein gut ent- wickeltes Velum tragen (Fig. 385). Diese Form ist erst in (geologisch gesprochen) jiingster Zeit aus einer Meeresmuschel zu einer Siisswasser- muschel geworden. Die ersten Entwickelungsvorgiinge bei Dreissensia wurden in aller- jiingster Zeit genau untersucht und das Schicksal der einzelnen Furchungs- zellen bis zu einem gewissen Punkte der Entwickelung festgestellt. Die Resultate dieser Beobachtungen zeigen eine grosse Uebereinstimmung mit dem, was hieriiber bei Unioniden in gleichfalls sehr eingehender Unter- suchung constatirt werden konnte (siehe weiter unten); sie weichen da- gegen wesentlich ab, von den alteren Angaben, die tiber die erste Ent- wickelung der marinen Muscheln vorliegen. Da nun andererseits die Larven von Dreissensia mit denen dieser marinen Formen iibereinstimmen, 432 Erstes Kapitel. scheint die Vermuthung sehr berechtigt, dass sich durch neue, mit Hiilfe moderner Untersuchungsmethoden durchgefiihrte Beobachtungen auch die Entwickelung der Meeresmuscheln aut den gleichen Modus wie bei Dreissensia zuriickfiihren lasse. Sowohl bei Dreissensia wie bei Unio liefern alle vier ersten Furchungskugeln Ectoderm und Entoderm, wihrend friiher allgemein fiir die Lamellibranchier angegeben wurde, dass auf dem Viererstadium nur eine Zelle das Entoderm enthalte. Won diesen 4 Zellen ist eine, die ihrer Lage nach als hintere bezeichnet werden muss, bedeutend grisser als £ die anderen; sie liefert spiter A neben ihren Antheilen an Ecto- derm und Entoderm im Wesent- lichen das Mesoderm. Die Ur- mesodermzellen werden bald ins Innere verlagert. Es scheint aber, dass ein Theil der meso- dermalen Bildungen einer andern Quelle entstammt, vermuthlich vom Ectoderm gelietert wird. Gegen Ende der Furchung sen- ken sich die am _ vegetativen Pole lhegenden, von den vier ersten Furchungskugeln abstam- menden Entodermzellen zur Bil- dung des Urdarmes ein: Ga- strulastadium. Gleichzeitig stiilpt sich auch derjenige Com- plex der Ectodermzellen gegen die Furchungshohle ein, der die Fig. 389. A Stellungen. A Von oben auf das Velum, B schriig von oben und von vorn, C (iiltere Larve) von der Seite gesehen, nach KORSCHELT, aus KORSCHELT und HEIDER, Lehrbuch der vergl. Entwickelungsgesch. m Gegend des Mundes, s Schale. Das Velum erscheint (besonders in A) stark pigmentirt. In C sieht man die Retractoren yom Velum aus nach hinten verlaufen. C Larven von Dreissensia polymorpha in verschiedenen Schalendriise liefert (Fig. 386 A). Die weitern Vorgiinge, soweit sie be- kannt sind, stimmen wesentlich mit denen tiberein, die wir bei Teredo geschildert haben, wenn auch die Reihenfolge des a laetane eine etwas andere sein mag: Wiederverstreichen der Schalendriise , Bildung eines Schalenhiutchens, Verschluss des Blastoporus von hinten nach vorn, Bildung eines ectodermalen Stomodaeums und Proctodaeums, Auftreten der Wimperkrinze (Fig. 386B und C). Bei den itibrigen Siisswassermuscheln finden sich besondere Verhiltnisse. So entwickeln sich die Hier von Pisidium und Cyclas in besonderen Brutkapseln in den Kiemen des Mutterthieres und verlassen dasselbe erst als junge Muscheln. Das Trochophorastadium wird zwar noch durchlaufen, aber das Velum bleibt, als locomotorisch functionslos, rudimentar. 2) Ontogenie von Cyclas cornea (Fig. 387—390). Wir wollen nur die Punkte hervorheben, in denen die Ontogenie von Cyclas von derjenigen von Teredo abw eicht, und soleche Beobachtungen citiren, welche Mollusca. Ontogenie. 4353 die an Teredo angestellten ergiinzen. Die Furchung ist genau untersucht. Der Furchungsmodus weicht von dem fiir Dreissensia und Unio ange- gebenen ab. Die erste Theilung fiihrt zur Bildung eines Macromers und eines Micromers. Das Macromer giebt dann successive eine Reihe weiterer Micromeren ab, die sich selbst wieder theilen und als Kappe von Ketodermzellen dem Macromer aufsitzen. lLetzteres liefert schliess- lich Entoderm und Mesoderm. So ist also hier thatsiichlich nur in einer Zelle des Zwei- resp. Vierzellenstadiums das Entoderm enthalten. Auf Fig. 386. Drei Entwickelungsstadien von Dreissensia polymorpha, Savittal- schnitte, nach MEISENHEIMER, 1899. A Junge Gastrula, B iltere Gastrula, C junge Trochophora. 7 Schalendriise, 2 Blastoporus, 3 Urmesodermzelle, 4 larvales (aus dem Eetoderm stammendes) Mesoderm, 5 Leberzelle, 6 Velum, 7 Scheitelplatte, 8 postorales Wimperbischel, 9 postanales Wimperbiischel, 70 Schale, 72 Mund. dem 13-Zellenstadium tritt eine zunachst kleine, spiiter sich vergréssernde Furchungshéhle auf. Das Macromer theilt sich, und jedes dieser beiden Macromeren schniirt gegen das Innere der Furchungshoéhle je eine Zelle, Urmesodermzelle, ab. Die Blastula besteht also auf diesem Stadium aus einer Haube kleinerer Ectodermzellen und einem Boden von 2 grossen Urentodermzellen, iiber denen in der Furchungshéhle symmetrisch 2 Ur- mesodermzellen sich lagern (Fig. 387 A und B). Die beiden Urento- dermzellen liefern durch Theilung eine Scheibe von Entodermzellen, die sich jetzt einsenkt; so entsteht eine Gastrula durch Invagination (Fig. 387 C). Die Mesodermzellen werden nach hinten gedriingt. Der schlitzformige Blastoporus, welcher anfangs von der Gegend des spiiteren Mundes bis zur Gegend des spiiteren Afters reicht, schliesst sich vollstiindig. Der Oesophagus entsteht durch Ectodermeinstiilpung. Es bildet sich eine Molluskentrochophora mit Schalendriise, Fussanlage, Stomodaeum, Magen, Mitteldarm, After, Urniere und Scheitelplatte. Das Velum ist auf ein zu Seiten des Mundes liegendes Wimperfeld (Fig. 388 A) reducirt, was damit in Zusammenhang steht, dass die Trochophora von Cyclas nicht freischwimmend ist; denn die Hier von Cyclas machen ihre ganze Entwickelung in den Kiemen der Mutterthiere durch. Oberhalb der Scheitelplatte sind die Ectodermzellen gross und flach; sie bilden eine hervorgewélbte Kopfblase. Das Mesoderm besteht: 1) aus zer- streuten Zellen, die unter dem Ectoderm der Kopfhéhle, im Fuss, Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. III. 2. Aufl. 28 43 Erstes Kapitel. am Darm und namentlich am Oesophagus liegen, wo sie schon zu Muskel- zellen umgebildet sind, und 2) aus 2 Mesodermstreifen, welche zu Seiten des Darmes legen. Die Pedalganglien entstehen zusammen mit der paarigen Anlage der ale ssus sd rtise aus Verdickungen des Ectoderms am Hinterende des Fusses. Die Gehirbliaschen entstehen Vig. 387. Drei Entwickelungsstadien von Cyclas cornea, nach STAUFPACHER, 1893. A Stadium der Mesodermbildung, Liingsschnitt senkrecht zur Medianebene, Wand der Furchungshéhle reconstruirt, B weiter yorgeriicktes Blastulastadium, Schnitt senkrecht zur Medianebene in der Richtung von yorn-oben nach hinten-unten, OC Gastrulastadium, Median- schnitt. 7 Ectoderm, 2 Furchungshéhle, Urmesodermzellen, 4 Macromeren, in B Urentoderm- zellen, 5 Kopfblase, 6 Mesenchymzelle, 7 Zelle, die sich aus dem Verband ve Ketoderm- zellen zu lésen scheint, um in die Furchungshéhle hinein zu gelangen, Entoderm, 9 Mesoderm, 10 Zellen, die nachher zur Bildung der Schalendrise sich paar Mollusca. Ontogenie. 435 Fig. 388. A—C Vier Entwickelungsstadien von Cyclas cornea, von der rechten Seite, nach ZIEGLER, 1885. J Schalenhiiutchen, 2 Enddarm, 3 After, 4 freier Rand des Mantelwulstes oder der Mantelfalte, 5 Byssushéhle mit anliegender Byssusdriise, 6 Anlage des Pedalganglions, 7 Fuss, 8 Velarfeld, 9 Oesophagus, 10 Magen, 71 Kalk- schale, 72 Pericard, 13 Niere, 14 Anlage der Gonade, 15 Rand des Schalenhiiutchens, 16 Rand der Kalkschale, 17 Kiemenanlage, 18 Byssusfaden, 19 Visceralganglion, 20 hinterer Schliessmuskel, 27 driisiger Abschnitt der Niere, 22 Pericard, 23 laterale Wand des Peri- cardialblischens, 24 mediane Wand des Pericardialblischens, 25 Verdauungsdriise (Leber), 26 Cerebralganglion, 27 Mund, 28 Gehérblischen. durch Einstiilpung des Ectoderms. Der Mantel legt sich von hinten nach vorn fortschreitend als ein Wulst an, der immer weiter ventral- warts herunterwiichst. Zugleich breitet sich die sich abflachende, an ihrem Rande das zarte Schalenhiiutchen absondernde Schalendriise aus. Unter dem Schalenhiutchen tritt jederseits, von einem kleinen, runden Bezirk seitlich von der dorsalen Medianlinie ausgehend, die Anlage der definitiven Schalenklappe auf (B). Die Verdauungsdriise (Leber) legt sich als 2 seitliche, kugelige Ausstiilpungen der Magenwand an. Die Go- naden entstehen aus grésseren und auch sonst differenten Zellen der Mesodermstreifen, welche sich sehr friihzeitig unterscheiden lassen. Im vorderen und dorsalen Theile eines jeden Mesodermstreifens umgrenzt eine Gruppe von Mesodermzellen einen anfangs kleinen Hohlraum, welcher immer grésser wird. Die so gebildeten 2 Blaschen, deren Hohlraum die secundéire Leibeshéhle darstellt, liefern das Pericard. MHinter ihnen gruppiren sich Mesodermzellen so, dass jederseits ein Strang, und 28* 456 Erstes Kapitel. aus diesem durch Auftreten eines Lumens ein Kanal, die Anlage des Nephridiums, entsteht, welches sich sofort mit dem Pericardial- blischen in oftene Verbindung setzt und, ectodermwirts weiter wachsend, sich bald auch nach aussen 6ffnet. Die beiden Pericardialblaschen ver- lingern sich nach hinten und oben. Ein jedes zerfallt durch eine Ein- schniirung in 2 hintereinander liegende Blischen, die aber dorsalwirts miteinander communiciren (Fig. 389 A). Die beiden pericardialen Doppel- blischen wachsen einander tiber dem Enddarm entgegen, um schliesslich in der dorsalen Medianebene zu verschmelzen (B). In ithnlicher Weise verschmelzen sie unter dem Enddarm. Die innere Wand der Pericardial- blischen wird zur Wandung der Herzkammer (C), die laterale zur Wand des Vorhofes. An der Stelle der Einschniirung des jeder- seitigen Pericardialblischens bildet sich die Communicationsspalte zwischen Vorhof und Herzkammer und die Atrioventricularklappe. Fig. 389. A—C Schematische Darstellung der Entwickelung des Pericards und Herzens von Cyclas cornea, nach der Darstellung von ZIEGLER, 1885. i und 2 Die beiden seitlichen Pericardialbliischen, 8 Enddarm, 4 Pericardialhéhle, 5 und 6 Finstiilpungen der lateralen Peri- cardwand == Anlagen der beiden seit- lichen Vorhéfe, 7 und 8 mediale Wiinde der beiden seitlichen Pericardialblis- chen, bei B theilweise zu einem medianen Septum verschmolzen (tiber und unter dem Darm), welches in © verschwunden ist, 9 Anlage der Herzkammer. Das Visceralganglion entsteht am hinteren Ende der Mantel- rinne aus einer Ectodermverdickung. Die Pleurovisceralconnective bilden sich wahrscheinlich in ihrer ganzen Linge durch Abschniirung vom Ectoderm. Die Kieme entsteht jederseits als eine Falte am dorsalen Rand der inneren Mantelfliche. Ihre Bildung schreitet von hinten nach vyorn fort. Von vorn nach hinten treten an der Kiemenfalte von unten nach oben ziehende Rinnen auf, und zwar sowohl an der Innen- wie an der Aussenfliche und so, dass sie einander gegeniiberliegen. Die inneren und iiusseren Rinnen stossen zusammen, verschmelzen, und an ihrer Ver- schmelzungsstelle enstehen durch Durchbruch Spalten. Wir haben oben schon bemerkt, dass wiihrend der Entwickelung von Cyclas auch eine Urniere auftritt, wie eine solche auch bei der Tro- chophoralarve von Teredo beobachtet wurde. Bei Cyclas ist dieses Or- gan, das nur auf einer, der linken Seite der Larve, constatirt werden konnte, von sehr complicirtem Bau. Um uns eine eingehende Beschrei- bung zu ersparen, verweisen wir aut die Abbildung (Fig. 390). Die Ur- niere Offnet sich in die primire Leibeshéhle mit einer wimpernden, trichterférmigen Zelle (JI); daran schliesst sich eine aus 2 Zellen be- stehende, in sehr complicirter Weise difterenzirte, mittlere Partie (JJ und J) an, und diese miindet in einen ausfiihrenden Kanal, der mit einer blasen- formigen Erweiterung beginnt (5 und 6). Durch einen feinen Porus steht das Organ in der Gegend der Kopfblase iiber dem Cerebralgan- glion mit der Aussenwelt in Communication. Der ausfiihrende Kanal mit der Blase ist ectodermalen, die iibrigen Theile sind mesodermalen Ursprungs. Die Hohlriume der Urniere liegen alle intracellular. Mollusca, Ontogenie. 437 3) Die Entwickelung der Unioniden (Anodonta, Unio) wird stark beeinflusst durch die parasitische Lebensweise ihrer Larven. Die befruchteten Kier gelangen in das faussere Kiemenblatt der Kiemen der Weibchen, wo sie ihre erste Entwickelung durchmachen. Die Furchung verliuft ganz nach dem bei Dreissensia kurz angedeuteten Modus. Die, erste Theilung ist inaqual und grenzt eine grosse Zelle von einer kleinen ab. Das Vierzellenstadium, durch Theilung dieser beiden Blastomeren erreicht, wird durch 3 kleinere und eine grosse Zelle reprisentirt, welche letztere als hintere zu bezeichnen ist. Alle 4 hefern sowohl Ectoderm wie Entoderm; nachdem sie ihren Antheil zur Ecto- dermbildung abgegeben haben, theilt sich das hintere Macromer und scheidet die Urmesodermzelle ab. Der iibrig bleibende Rest der 4 ersten Furchungs- zellen liefert Entoderm. Die aus der Theilung der Urmesodermzelle her- vorgehenden Bildungszellen des Mesoderms treten in die Furchungshéhle ein, wo sie spiter hinter den sich einstiilpenden Urdarm zu legen Fig. 390. Urniere von Cyclas cornea, nach STAUFFACHER, 1897. 1 Combination von Schnitten durch Larven auf dem pTrechop her astadium. 1 Schalendriise, 2 Zellhécker, welcher die Urniere (Zelle TTT) an der linken Leibeswand befestigt, ? Mund, 4 Cere- bralganglion, 5 Blase im ausmunden- den Theil der Urniere, 6 ausmiimden- der Kanal der Urniere. J—JI/I Zellen, welche die innere und mittlere Partie der Urniere bilden; J/Z Zelle des innersten Abschnittes, Strudelapparat ; IT innere Zelle des mittleren Ab- schnittes, sie zeigt gegen die Zelle /T zu einen kegelférmigen Fortsatz, in den eine yom Kern der Zelle JT aus- gehende Geissel eintritt; J iiussere Zelle des mittleren Abschnittes mit kegelférmigem Fortsatz gegen den ausmundenden Theil der Urniere hin; in diesem Fortsatze sitzen auf einem Wulste der Wand eine Anzahl Wimper- haare. Der mittlere Abschnitt wird durch 2 Zellen an der Leibeswand festgehalten. kommen und alsdann 2 Mesodermstreifen aus sich hervorgehen lassen. Doch auch hier stammt ein Theil der (larvalen) mesodermalen Bildungen von anderer Seite her, wird von Abkémmlingen bestimmter Ectoderm- zellen geliefert. Die Entodermzellen theilen sich, bevor sie sich zur Bildung des Urdarmes einstiilpen. Die Invagination ist ziemlich unbe- deutend, geht aber vor sich, bevor die Schalendriise sich einzusenken beginnt. Die Einstiilpung der Schalendriise erscheint im Vergleich mit der kleinen Urdarmanlage sehr miichtig. Wir iibergehen nun die sich anschliessenden Entwickelungsvorginge und betrachten ein weiter vorgeriicktes Stadium. Die als Glochidium parasiticum bezeichneten Embryonen haben auf dem letzten Stadium der Entwickelung, welches sie, bevor sie ge- boren werden, in den Kiemen der Mutterthiere erreichen, folgenden Bau 45 Erstes Kapitel. (Fig. 391). Sie sind bilateral-symmetrisch, haben eine zweiklappige Schale. Jeder Schalenklappe sitzt an ihrem ventralen Rande ein drei- eckiger Schalenaufsatz auf, der aussen mit kurzen Stacheln und Dornen besetzt ist. ZAwischen den beiden nach innen stark concaven Schalenklappen liegt der Weichkérper, welcher die Schale von innen so auskleidet, dass seine ventrale Epithelschicht — falschlicherweise — als Mantel bezeichnet werden konnte. Sie mag als Scheinmantel be- zeichnet werden. JBetrachten wir diesen Scheinmantel von unten bei aufgeklappter Schale, so sehen wir, dass er jederseits 4 mit langen Sinnes- haaren ausgestattete Sinneszellen besitzt, von denen je 3 in der Nihe des Schalenaufsatzes und die vierte der Mittellinie genahert liegen. Zwischen den beiden inneren Sinneszellen, in der Mittellinie, ragt aus der Miindung einer Kleb- fadendriise ein langer Klebfaden hervor. Hinter der Klebfadendriise findet sich: 1) die Mund- bucht; 2) eine kleine Hervorwélbung, der Fusswulst; 3) zu bei- den Seiten die wimpern- den Seitengruben und 4) zu hinterst der Wim- perschild. Zwischen dem Mantel und der Schale zieht der embryo- nale Schliessmuskel quer von der einen zu der anderen Schalen- klappe. Ausserdem finden sich nur noch vereinzelte Muskelfasern und die Mitteldarmanlage als em Epithelblaschen, welches sich vollstiindig vom Ectoderm _ losge- schniirt hat und ohne irgendwelche Communi- cation mit der Aussen- welt ist. Fig. 391. Glochidium-Larve von Anodonta, aus dem dusseren Kiemen- blatt des Weibchens. A Von unten bei gedffneten Schalenklappen, nach SCHIER- HOLZ, 1888. B Im optischen Querschnitt, nach FLEMMING, 1875. 1 Sinnesborsten, 2 Klebfaden, 2 Schalenaufsatz, 4 Scheinmantel, 5 Seitengruben, 6 Mundbucht, 7 Fusswulst, 8 Wimperschild, 9 embryonaler Schliessmuskel, 70 Schale. Die so beschaffenen Embryonen werden von den Muscheln aus den Kiemen nach aussen entleert, wobei sie, die bis jetzt in die EHischalen eingeschlossen waren, frei werden. Sie lassen ihre Klebfaden im Wasser flottiren. Streichen Fische an solchen abgelegten Embryonen vorbei, so haben letztere Gelegenheit, durch Zusammenklappen der Schale vermittelst der Schalenaufsiitze sich an der Fischhaut anzuklammern und die Dornen der Schalenaufsitze in sie einzubohren. Die Embryonen von Anodonta Mollusca. Ontogenie. 459 siedeln sich mit Vorliebe an den Flossen, diejenigen von Unio an den Kiemen der Fische an. Das Epithel der Fische beginnt an den inficirten Stellen zu -wuchern und umwiichst nach einigen Stunden den Parasiten vollstindig. Eine Wucherung des embryonalen Scheinmantels jeder Schalenhalfte, der pilzférmige Kérper, senkt sich in das Gewebe des Wirthes ein. Man hat diesen pilzférmigen Kérper fiir das Er- nihrungsorgan der Larve angesehen; nach neueren Untersuchungen ist das nur zum Theil richtig, indem die ganze innere Flache des Schein- mantels in der ersten Zeit des parasitischen Lebens sich an der (intra- celluliren) Ernahrung betheiligt und das Auftreten des pilzférmigen Kérpers bereits ein Riickbildungsstadium des larvalen Mantels kennzeichnet. Wihrend des endoparasitischen Lebens, das mehrere Wochen dauert, vollzieht sich die Umwandlung des Embryos in die junge Muschel. Dabei werden Larvenorgane resorbirt und dienen so ebenfalls zur Ernahrung: zuerst die Sinneszellen, dann die Klebfadendriise mit dem Reste des Kleb- fadens, ferner der Schliessmuskel und ganz zuletzt der Scheinmantel. Die Anlagen des definitiven Mantels und der definitiven Schale treten auf. Die Mitteldarmblase setzt sich mit der Mundbucht in Verbindung; der Fusswulst wiichst zum zungenférmigen Fuss aus, und es tritt an ihm durch Epitheleinstiilpung die rudimentiire Byssusdriise auf. Wihrend des parasitischen Lebens treten ferner, in tihnlicher Weise wie bei anderen Muscheln, auf: die Anlagen der inneren Kiemenblitter, der Verdauungs- driise, der Nephridien, des Herzens, der Cerebral-, Pedal- und Visceral- ganglien und der Gehérblischen. Im Laufe der letzten Woche des Parasitismus wird die durch Wuche- rung der Gewebe des Wirthes gebildete, den Parasiten umgebende Kapsel- wand diinner, und schliesslich wird der Parasit durch Bersten dieser Wand frei und fallt als junge Muschel auf den Grund des Wassers. Es fehlen ihr nur noch die Geschlechtsorgane, das iiussere Blatt der Kiemen und die Mundlappen. Die Glochidiumlarve ist charakteristisch fiir die Unioniden im engern Sinne; sie wurde auch in der Entwickelung einer marinen Form, P hilo- brya, einer Aviculide, aufgefunden. Die siidamerikanischen Verwandten der Unioniden, die zu den Muteliden gehéren, unterscheiden sich von ihren paliiarktischen Vettern einmal dadurch, dass die reifen Eier in das innere Kiemenblatt der Mutter gelangen, und ferner dass aus ihnen eine vom Glochidium sehr abweichend gebaute Larve, die Lasidiumlarve, hervorgeht. Fiir diese ist ein Par asitienins auf Fischen nicht nachge- wiesen. Auch bei den siidamerikanischen Unioniden s. str. geht die Entwickelung der Eier im inneren Kiemenblatt vor sich; ebenso scheint ihnen das parasitische Stadium im Fischkérper zu fehlen. 4) Die Entwickelung der Protobranchia. Ganz _ tber- raschend sind die Resultate der Untersuchungen, die jiingst iiber die Entwickelung einiger Protobranchier angestellt wurden. Die Onto- genie dieser argpntinelichaten aller Lamellibranchier weicht in vielen Punkten vollstindig von dem ab, was fiir die tibrigen Muscheln als all- gemein giltig erkannt wurde, und zeigt dafiir vielfach eine merkwiirdige Uebereinstimmung mit Entwickelungsv organgen, die fiir andere Mollusken- abtheilungen, insbesondere die Solenogastres (Dondersia) charakteristisch sind. Genauer untersucht ist die Ontogenie von Yoldia limatula. Die Entwickelung geht sehr rasch vor sich. Die ersten Stadien bediirfen 440 Erstes Kapitel. noch eingehenderer Untersuchung. Es bildet sich eine Gastrula durch Epibolie. Die an der Oberfliche liegenden Zellen zeigen bald eine Cilienbedeckung; dann streckt sich der Embryo in die Lange, und die aiusseren Zellen, die wir zunichst als Ectodermzellen bezeichnen wiirden, ordnen sich zu 5 hintereinander liegenden Ringen; dabei treten die Cilien der 3 mittleren Zellringe zu je einem kranzférmigen Wimperband zu- sammen. Am Vorderende des Embryos tritt eine Scheitelplatte mit besonders langen Cilien auf; an dem entgegengesetzten Ende liegt der Blastoporus (Fig. 392). An der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Zellring macht sich. eine Einsenkung (#) bemerkbar; die hier an die Obertliiche reichenden Zellen stellen die Anlage der Cere- bralganglien vor und sind in der Tiefe mit den Zellen der Scheitel- platte im Zusammenhang. Aus dem iiusseren Zellcomplex der Gastrula (dem Ectoderm) geht also hervor: 1) die Scheitelplatte, 2) die Anlage BS ae i NS Ya Ss \e GMOS SS | > oy / \ Fig. 392. Larve von Yoldia limatula, 45 Stunden alt, nach Drew, 1899. ae Cilien der Scheitelplatte, bl Blastoporus, « Einsenkung, wo die Zellen, welche in der Tiefe die Anlage des Cerebralganglions bilden, an die Oberfliiche reichen. der Cerebralganglien und 3) jene 5 Zellringe, die nun ein sehr merk- wiirdiges Schicksal haben: sie bilden eine Hiille um den sich im Innern entwickelnden Embryo und werden spater abge- worfen. Diese Zellen der Hille sind stark vacuolisirt. Unterdessen haben sich im Innern schon weitere Entwickelungsvorgiinge abgespielt, deren genauere Kenntniss noch aussteht. Es hat sich innerhalb der Hiille ein neues Ectoderm gebildet, dessen Zellen méglicherweise einmal dem ausseren Zellencomplex der Gastrula angehérten und in die Tiefe gewandert sind. Mit der Mitteldarmanlage, deren Bildungs- weise nicht niher bekannt ist, setzt sich bald ein Stomodaeum in Verbindung, das von dem offen bleibenden Blastoporus her sich einge- stiilpt hat (Fig. 393). Ein Theil der Ectodermzellen, der sich durch be- sondere Grésse auszeichnet, geht zur Bildung der Schalendriise iiber. Die letztere bildet jedoch nur eine seichte Vertiefung, stiilpt sich nie stirker ein. Fig. 394 zeigt uns ein weiter vorgeschrittenes Stadium. Schon friiher hatte sich die Anlage der Cerebralganglien in Form zweier Taschen gegen das Innere eingesenkt; am inneren Ende der Taschen bilden sich sodann die Ganglien selbst aus, und die beiden urspriinglichen Einstiil- Mollusca. Ontogenie. 441 pungen, stark in die Tiefe verlagert, treten jetzt¢durch einen unpaaren Kanal (7) mit der Aussenwelt in Verbindung. Die Schale ist bereits zweiklappig und umgiebt innerhalb der Hiille den Embryo. Unter der Schale hingt rechts und links eine Mantelfalte herunter. Der vordere Schliessmuskel, und bald nachher der hintere, treten auf. Der Mitteldarm, an dem sich die paarige Leberanlage zeigt, steht durch das Fig. 393. Medianer Sagittalschnitt durch ein 36 Stunden altes Ent- wickelungsstadium von Yoldia limatula, nach Drew, 1899. ap Scheitelplatte, cg Anlage des Cerebralganglions, mg Mitteldarm, std Stomodaeum, 0/ Blastoporus, sg Schalen- driise, ¢ Hiille. lange Stomodaeum mit dem am Hinterende gelegenen Blastoporus in Verbindung. In Folge dessen zieht das Stomodaeum auf der Ventral- seite des Embryos von vorn nach hinten. Der Mitteldarm selbst ist in der Richtung gegen den Blastoporus vorgewachsen und bricht gegen diesen durch. Die Bildung eines Proctodaeums wird nicht beschrieben. Fig. 594. Lharve von Yoldia limatula, etwa 90 Stunden alt, von der linken Seite, nach DREW, 1899. aa Vorderer Schliessmuskel der Schale, ae Cilien der Scheitelplatte, cg Cerebralganglion, 7 Kanal, der yon der Oberfliiche zu den Cerebral- ganglien fiihrt, f Fuss, std Stomodaeum, vg Visceralganglion, pa hinterer Schliessmuskel, bl Blastoporus, pg Pedalganglion, ot Otocyste, t Hiille, s Schale, iné Darm, Jl linker Lappen der Verdauungsdriise. 442 Erstes Kapitel. Zuerst erscheinen die Pedalganglien, dann die Visceralgan- glien als Ectodermverdickungen; sie setzen sich mit den Cerebralgan- glien (bei Yoldia existiren keine gesonderten Pleuralganglien) durch Commissuren in Verbindung. Die Otocysten sind durch Ectoderm- einstiilpungen gebildet worden. Endlich ist zwischen dem Stomodaeum und dem Mitteldarm die Fussanlage aufgetreten. Fig. 395. Yoldia lima- tula im Begriffe, die Larvenhille abzuwer- fen, nach Drew, 1899. Reconstruction. Ansicht yon der rechten Seite. Die rechte Schalen- und Mantel- hilfte sind entfernt. Be- zeichnungen wie in Fig. 394; ausserdem g Kiemen- anlage, rl rechte Leberhiilfte. Nun giebt der Embryo die freischwimmende Lebensweise auf, sinkt zu Boden und wirft die Hiille ab. Gleichzeitig mit dieser gehen auch die Scheitelplatte, der zu den Cerebralganglien fiihrende Kanal und das Stomodaeum bis in die Gegend des definitiven Mundes verloren (Fig. 395). Wir haben nun schon ziemlich die Gestalt der erwachsenen Muschel vor uns. Der Fuss, der zuniichst noch keine verbreiterte Sohle besitzt, ist bewimpert und gestaltet sich rasch in den Sohlenfuss des erwachsenen Thieres um; auch eine Byssusdriise tritt auf. Am ‘hinteren Theile der inneren Mantelfliiche erscheint jederseits eine Verdickung: die Kiemenanlagen, von denen jede sich bald durch eine Einschnii- rung in 2 Lappen theilt. Erst viel spiiter treten die Mundlappen auf (Fig. 396). Fig. 396. Yoldia lima- tula, etwa 10 Tage alt, nach DREW, 1899. Darstel- lung und Bezeichnungen wie in Fig. 395. Ausserdem sto Magen. Die Entwickelung verliuft bei Nucula proxima und N, del- phinodonta in ziemlich iibereinstimmender Weise wie bei Yoldia. Das Weibchen von N. delphinodonta baut aus Schleim und Fremdkérpern ein Gehiiuse, das dem Hinterrande der Schale angeheftet wird, sich in die Mantelhéhle éftnet und zur Aufnahme der Hier dient. Die Kier machen hier ihre Entwickelung durch. In Folge dessen fehlt den Embryonen Mollusea. Ontogenie. 445 ein freischwimmendes Stadium, und es sind die Cilien weder in so cha- rakteristischen Wimperkriinzen angeordnet, noch besitzt die Apicalplatte besonders lange Wimpern. Ein bemerkenswerther Unterschied in der Entwickelung beider Nuculaarten im Vergleich zu der von Yoldia zeigt sich darin, dass bei Nucula Scheitelplatte und Anlage der Cerebralgan- elien ein gemeinsames Ganzes bilden, und dass es nicht zur Ausbildung von Cerebraltuben kommt. Die eigenthiimliche, von der Entwickelung der anderen Lamelli- branchier so stark abweichende Ontogenie der Nuculiden erinnert sofort an die bei Dondersia unter den Solenogastres bekannten Entwicke- lungsvorgiinge. Die Larve von Yoldia mit den 5 cilientragenden Zell- ringen und Scheitelplatte stimmt ausserordentlich iiberein mit dem ent- sprechenden Stadium von Dondersia, und ebenso erinnert an diese das fiir die Muschellarven bis dahin ganz unbekannte Abwerfen cer iiusseren Partie des Embryonalkérpers. (Wir haben an fritherer Stelle schon auf tihnliche Vor- giinge in anderen Abtheilungen des Thierreichs hingewiesen.) Das Ver- langen nach weiterer Kenntniss der Solenogastridenentwickelung macht sich jetzt nur um so dringender geltend. Aber auch an die Ontogenie anderer Molluskenformen zeigt die Protobranchierentwickelung Anklinge, so an die schon behandelte Ontogenie von Dentalium, bei welchem ein stark entwickeltes Velum, bestehend aus drei wimpernden Zellringen, auftritt. Die Entstehung der Cerebralganglien durch Invagination vom Eectoderm her ist nicht nur fiir Dentalium, sondern auch fiir manche Gastropoden beschrieben. Diese Uebereinstimmungen fiihren dazu, dem Entwickelungsmodus, wie er fiir die Protobranchier festgestellt wurde, eine grissere Bedeutung zuzumessen, und sie geben auch das Recht, ihn zum Wenigsten fiir die Lamellibranchier als urspriinglichen zu betrachten, welche Annahme auch durch das sonstige primitive Verhalten der Protobranchier gestiitzt wird. Wie die Entwickelungsarten der iibrigen Muscheln davon abzuleiten sind, bleibt vorliiufig dahingestellt. Bedeutsam erscheint in dieser Hin- sicht die oben erwihnte Thatsache, dass bei Teredo (und, wie es scheint, auch bei anderen Formen) ein Abwerfen des Velums constatirt werden kann. Zum Schlusse wollen wir noch Folgendes hervorheben: 1) Die Schale erscheint auch bei den Muscheln zuerst als ein durch- aus einheitliches Gebilde, eine cuticulare Abscheidung der Schalendriise. Dieses einheitliche Schalenhautchen geht iiber in das Periostracum der ausgebildeten Schale, und seine mediane Partie liefert das Ligament. In- dem auf einem spateren Stadium dieses Schalenhautchen von der dor- salen Medianlinie aus nach beiden Seiten ventralwirts abbiegt, wird es zwei- klappig und ist nun in der Mediodorsalen durch eine gerade verlaufende Kante begrenzt. Die Kalkabscheidung erfolgt zuniichst an zwei symme- trisch zu beiden Seiten des Kérpers unter dem Schalenhiiutchen ge- legenen Stellen. Die Larvenschale (Prodissoconcha) sitzt, sofern sie sich erhalt, den Wirbeln der fertigen Schale auf. 2) Auch bei den Monomyariern wird wihrend der Entwickelung ein Dimyarierstadium durchlaufen (so fiir Ostrea nachgewiesen). Im Allge- meinen tritt bei den Muscheln zuerst der vordere Schalenmuskel auf, erst spiter der hintere. Bei den Monomyariern wird alsdann der vordere Adductor riickgebildet. 3) Die Bildung der Kiemen, soweit sie bis jetzt bekannt ist, verliuft nach zwei verschiedenen Entwickelungsmodi. Im einen Falle, z. B. bei Teredo 444 Erstes Kapitel. und Cyclas, zeigt sich die Kiemenanlage als eine zwischen Fuss und Mantel gelegene, einheitliche Epithelfalte , an welcher erst nachtriglich Einsenkungen und Durchbrechungen, die zur Bildung von Spalten fihren, sich bemerkbar machen. Im anderen Falle, z. B. “bei Mytilus, Ostrea, Unionidae, treten an gleicher Stelle einzelne Papillen auf, die erst nach- triglich zur Bildung eines Blattes sich mehr oder weniger vereinigen. Zuerst wird auf diese Weise das innere, dann ebenso das aussere Kiemen- blatt jederseits gebildet. Noch fehlt aber die aufsteigende Lamelle eines jeden Kiemenblattes. Diese kommt durch Umschlagen der Riinder der durch Verwachsen der Papillen zuerst gebildeten, absteigenden Lamellen zu Stande. Die aufsteigende Lamelle ist zuniichst ‘einheitlich und gliedert sich erst nachtriglich durch Auftreten von Spalten. Es leuchtet ein, dass dieser zweite Modus der Kiemenentwickelung sich viel eher, wenn auch nicht ganz, mit der auf vergleichend- snatomischer Grundlage be- griideten Theorie der Phylogenese der Lamellibranchierkiemen ver- einigen liisst. E. Cephalopoda. Ueber die Entwickelung der Tetrabranchia (Nautilus) ist immer noch nichts bekannt, dagegen ist es in den letzten Jahren gelungen, die Eiablage von Nautilus macromphalus im Neucaledonischen “ Archipel zu beobachten. Die Eier werden einzeln bei Nacht ab- 4 gelegt und mit dem einen Ende durch eine spongiése J Masse an fremden Gegenstiinden festgeheftet. Sie 2, sind von einer doppelten Hiille von knorpelharter Consistenz umgeben; die innere Kapsel ist- voll- kommen geschlossen und von regelmiissig ovaler Form, die aussere dagegen zeigt Durchbrechungen, Fortsiitze und kammartige Erhebungen, die ihr ein charakteristisches Aussehen verleihen. Das Ei selbst enthilt wie bei den Dibranchiaten eine grosse Dottermenge (Fig. 397). Fig. 597. Befruchtetes Ei von Nautilus macrom- phalus, nach WILLEY, 1897 (Nature). Ansicht von oben, d. h. die festgeheftete, nach unten gekehrte Seite ist in der Abbildung nicht sichtbar. Dibranchia. Das Ei ist gewéhnlich sehr gross und enthalt, tihn- lich den Haifisch-, Reptilien- und Vogeleiern, eine ‘sehr ansehnliche Masse von Nahrungsdotter. Es gehért zum Typus der telolecithalen, meroblastischen Kier und wird von einer Eikapsel umbhiillt. Zum mindesten sind die Hier, wenn etwa andere Kapseln fehlen, von einer Hiille umgeben, die, durch das Follikelepithel abgeschieden, als Chorion bezeichnet wird. Dieses Chorion zeigt in der Nihe des animalen Poles des Eies eine Micropyle. Zahlreiche Eikapseln kénnen miteinander zu Schniiren, Striingen etc. verkittet werden. Die partielle Furchung voll- zieht sich demgem’ss am animalen Pole des Eies und fiihrt hier zur Bildung einer Keimscheibe (Blastoderm). Wir iibergehen zuniachst die ersten Entwickelungsvorgiinge, speciell die Keimblitterbildung, und wenden uns zur Betrachtung der fusseren Gestaltung des Embryos an Hand der Entwickelung von Loligo. Mollusca. Ontogenie. 445 Ontogenie von Loligo. Das Ei von Loligo Pealei, von ovaler Form, zeigt, wie die meisten Cephalopodeneier dies wenigstens auf spiteren Furchungsstadien demonstriren, von Anfang an einen ausge- sprochen bilateral-symmetrischen Bau, im vorliegenden Falle ausgesprochen dadurch, dass eine Seite etwas abgeplattet erscheint, und dass auf dieser Seite das am animalen Pole gelegene Bildungsplasma weniger weit gegen den Aequator reicht, wie auf der gegeniiberliegenden gewélbteren Seite (Fig. 398 A und B). Diese bilaterale Symmetrie steht beim Loligo-Ei in directer Beziehung zur Gestalt des Embryos, indem auf der gewélbteren Seite sich spiiter der Mund, auf der abgeplatteten der After bildet. Fig. 398. Zwei op- tische Schnitte durch das Ei von Loligo Pealei, schematisch, nach WATASE, 1891 (aus KORSCHELT und HEIDER, Lehrbuch der vergl. Entwickelungsg.). Schnitt B liegt in der Medianebene, A senk- recht dazu in der Axe d—v. Nahrungsdotter schraffirt. d Dorsal, v ventral, 7 links, 7 rechts, h hinten, vo vorn. Das aus der Furchung hervorgegangene Blastoderm breitet sich vom animalen Pole um den Nahrungsdotter herum aus und umwiichst den- selben allmahlich vollstiindig. Bevor diese Umwachsung jedoch vollendet ist, treten bereits einzelne Anlagen auf der Keimscheibe deutlich hervor. Mit Bezug auf das erwachsene Thier ist der Keim so zu orientiren, dass die Mitte der Keimscheibe (der animale Pol) dorsal liegt, der obersten Spitze des Eingeweidesackes entspricht, wahrend die Nahrungsdotter- masse eine ventrale Lage hat. Dorsal, am animalen Pole bildet sich nun zunichst eine wulstférmige Erhebung: die Anlage des Mantels. In der Mitte dieses Wulstes erscheint eine Einsenkung, die sich spiter vertieft und zu einer nach aussen abgeschlossenen Tasche wird; man be- zeichnet die grubenformige Vertiefung als Schalendriise; endlich findet sich rechts und links unter den genannten Anlagen je eine starke wulstformige Erhebung mit centraler grubenformiger Vertiefung: die Anlage der Augen (Fig. 399 A). Nachdem jetzt der Nahrungsdotter véllig vom Blastoderm wmwachsen worden, zeigt sich vor und zwischen den Augenanlagen als ovale Grube die Mundéffnung, und am ventralen Rande der ganzen Embryonal- anlage, bei Loligo vulgaris ungefiihr im Aequator des urspriinglichen Eies, zieht rings herum ein Wulst, der sich in einzelne Erhebungen gliedert: das erste Auftreten der Arme. Wir wollen vor allem con- statiren, dass das hinterste Armpaar zuerst deutlich wird (Fig. 399 B). Rasch erscheinen nun weitere Gebilde. Hinter der Mantelerhebung finden sich 2 Hicker: die Kiemenanlagen und etwas davor und seit- lich davon jederseits eine langgestreckte Falte, die sich an der Bildung 446 Erstes Kapitel. des Trichters und der mit diesem zusammenhingenden Muskeln betheiligt : sie wird als hintere Trichterfalte bezeichnet. Wesentlich geht jedoch die Anlage des Trichters aus den sogen. vorderen Trichterfalten hervor, die unter dem erstgenannten Faltenpaar gelegen sind. Zwischen den Augenwiilsten und den hinteren Trichterfalten treten als gruben- formige Einsenkungen die Otocysten auf, und spiiter erst finden wir inmitten einer kleinen Erhebung hinter und unter dem Mantelwulst den After (Fig. 399 C und D). Wahrend dieser Vorgiinge hat sich die ganze Embryonalanlage wieder mehr gegen den animalen Pol des urspriinglichen Hies zuriick- gezogen; sie setzt sich so deutlich von der grossen Dottermasse ab, die Fig. 399. Verschiedene Entwickelungsstadien von Loligo vulgaris, nach KORSCHELT, aus KorscHELT und Herper, Lehrb. d. vergl. Entwickelungsg. A Frihes Stadium, auf dem nur Augen und Schalendriise angelegt sind, B—D etwas iltere Stadien, B von der Mundseite, GC von der Afterseite, D schriig von oben und hinten gesehen, vom Dottersack mehr dargestellt, als bei dieser Ansicht sichtbar ist. a7 Anlagen der Arme, a,, dy ete. erstes, zweites Armpaar ete. (Die Arme werden hier nach der Zeit des Auf- tretens numerirt, das hinterste ist also das erste. “Bei der morphologischen Orientirung ‘siehe p. 182] haben wir die umgekehrte Numerirung gebraucht.) aw Augenanlage, d Dotter, ds Dottersack, htf hintere Trichterfalte, & Kiemen, zwischen den beiden Kiemen- héckern die Afteranlage, m Mundéffnung, ma Mantel, ot Otoeysten, 7 Rand des Blasto- derms, sd Schalendriise, vtf vordere Trichterfalte. Mollusea. Ontogenie. 447 jetzt von mehreren Zellhaiuten umschlossen wird. Der Gegensatz zwischen Embryo und Dottermaterial tritt aber immer stirker hervor, indem sich jener mehr und mehr von dem letzteren abhebt und spiter durch eine Einschniirung am ventralen Rande der Embryonalanlage deutlich von ihm geschieden ist. Man spricht jetzt von einem Dottersack. Dieser besteht aber nicht nur aus dem dusserlich sichtbaren, unter dem Embryo gelegenen Theil, sondern er erstreckt sich auch in dem Maasse, als der Embryo sich abschniirt, tief in die Embryonalanlage hinein (Fig. 410). Der Dottersack zerfallt so in einen f4usseren und einen inneren Abschnitt, welcher letzterer also ganz von der Embryonalanlage um- schlossen erscheint. Zu keiner Zeit steht die Dottermasse in directer Communication mit dem Darm; sie wird iiberall, auch innerhalb der Embryonalanlage von einem Dotterepithel umhiillt, dessen hauptsachliche Aufgabe darin besteht, dem Embryo den Nahrungsdotter zur Verwerthung zuzutiihren. In diesem Mangel einer Communication zwischen Darm und Dotter ist ein wesentlicher Unterschied gegeniiber den entsprechenden Verhiiltnissen bei Wirbelthieren gegeben. Auf den folgenden Stadien verengert sich die Oeffnung der Schalen- driise und gelangt schliesslich zum Verschluss. Der ganze Mantelwulst beginnt sich an seinem Rande vom iibrigen Kérper abzuheben; auf dem Mantel selbst erscheinen rechts und links neben der Schalendriise als 2 Héckerchen die Anlagen der Flossen. Die hinteren Trichterfalten sind nach yorn zu herumgewachsen und endigen vorn in einer Platte: sie werden zum paarigen Halsmuskel, Musculus collaris, die Platte zur Nackenplatte. Die vorderen Trichterfalten erheben sich viel stirker und lassen bald ihre Bestimmung als Trichteranlage erkennen. Auf diesem Stadium, wie auch noch spiiter, besteht der Trichter aus zwei gesonderten, halbréhrenférmigen Falten, in welcher Form er bei Nautilus zeitlebens. bestehen bleibt. Wo die vorderen und hinteren Trichterfalten zusammenstossen, treten als zwei neue, nach oben ziehende Faltungen die Musculi depressores in- fundibuli auf (Fig. 400 A und B, 401). Im Weitern hebt sich jetzt der Embryo noch mehr von dem Dotter- sack ab; er nihert sich allmihlich der Gestalt des erwachsenen Thieres. Der Mantelrand wird iiberhiingend, und der Mantel bedeckt bald wie eine Miitze den dorsalen Theil des Kérpers; in die Mantelhihle werden Kiemen und After einbezogen. Die Augenwiilste sind gegeniiber den anderen Partien immer noch von enormer Grésse. Die Arme legen sich, wie schon bemerkt, von hinten nach vorn der Reihe nach an, d. h. das vorderste Paar zuletzt; zugleich werden sie um die Kopt- anlage herum nach vorn zu gegen die Mundseite ver- schoben. Der Mund liegt urspriinglich ganz ausserhalb des Armkreises (siehe noch Stadium Fig. 402 B) und wird erst von den vorriickenden Armen umwachsen. In ihnlicher Weise kommt nun auch die Verbindung zwischen fiusserem und innerem Dotter- sack (Dottersackstiel) in den Kranz der Koptarme hinein zu liegen. Erst spit treten die ersten Chromatophoren auf (Fig. 402A und B, 403). Loligo nimmt, was seine Embryonalentwickelung anbetrifft, in ge- wisser Beziehung innerhalb der Cephalopoden eine vermittelnde Stellung ein. Die Menge des Nahrungsdotters ist im Verhialtnisse zur Keim- scheibe zwar recht bedeutend, immerhin wird aber die Dottermasse vom Blastoderm ziemlich rasch véllig umwachsen, und erst nachtriglich zieht 448 Erstes Kapitel. sich die Embryonalanlage wieder gegen den animalen Pol zuriick, und bildet sich der scharfe Gegensatz von Embryo und Dottersack aus. Von einer solchen Form ausgehend, gelangen wir zu Octopus und Argonauta, bei denen der Dottersack kleiner ist, besonders bei Argo- Min inee ds Fig. 400. 2 Entwickelungsstadien von Loligo vulgaris, nach KORSCHELT (aus KORSCHELT und HEIDER). A Von hinten gesehen, B schriig von hinten-oben gesehen, vom Dottersack mehr dargestellt als sichtbar. a,—a, Erstes bis drittes Armpaar, aw Augen- wulst, ds Dottersack, Atf hintere die Anlagen der Flossen), nk Zwischen den Kiemen liegt die Trichterfalte, / Kiemen, ma Mantel (darauf als 2 Hoécker Nackenknorpel, of Otocysten, vtf vordere Trichterfalte. Afterpapille. nauta, und auch friiher verschwin- det. Der ganze Verlauf der Ent- wickelung zeigt aber in allen wesent- lichen Punkten vollkommene Ueber- einstimmung mit den entsprechenden Vorgiingen bei Loligo. Als _ beson- ders interessant verdient die That- sache hervorgehoben zu werden, dass bei Octopus im Laufe der Ent- wickelung kleine Flossenan- lagen auftreten, die dann allerdings wieder verschwinden, wie ja das er- wachsene Thier der Flossen verlustig geworden ist. Fig. 401. Embryo von Loligo vulgaris, yon hinten gesehen, nach Kor- SCHELT (aus KORSCHELT und HEIDER). Be- zeichnungen wie frither. j# Flossen, rt Re- tractor des Trichters. Schliesslich ist nun die Menge des Nahrungsdotters noch viel ge- ringer bei Eiern, die einem Cephalopoden angehéren, der nicht naher bestimmt werden konnte (vielleicht Ommastrephes) und dessen Laich pelagisch flottirt. Das ganze Ei wird bis zum vegetativen Pol vom Mollusca. Ontogenie. 449 Fig. 402. 2 altere Embryonen von Loligo vulgaris, nach KORSCHELT (aus KORSCHELT und HEIDER). A yon hinten, B von vorn gesehen. frither. tr Trichter, Am Halsmuskel. Blastoderm umwachsen, ehe deutliche Organ- anlagen zu erkennen sind; auffilliger Weise treten hier die Chromatophoren sehr friihe am animalen Pole auf. Ein eigentlicher, itusserer Dottersack kommt hier nicht zur Ausbildung; die ganze Dottermenge ist ins Innere des Em- bryos eingeschlossen. Die Ausbildung des Em- bryos unterscheidet sich im Uebrigen, wenn man von den durch den Mangel des Dottersackes bedingten Modificationen absieht, keineswegs wesentlich von der fiir die bis dahin erwihnten Formen beschriebenen Art und Weise (siehe Big? 178 Mantelverwachsung und Siphonenbildung —, Morphologie der Ctenidien : out 489 Figur Seite 362 404 82 69 T4A 59 135°C. 128 92 83 235 240 Wie oe! 144A 134 3 4 230 3-235. Dol aeoD 232% © 236 2S) DEG BRyl BBY 369 - 418 lis | SO) 93 84. 94. 85 PUNO) NG, 91 82 88 78 89 82 90 82 347. 389 B35. S Odd 12) 9 391 438 185 188 143 A 133 92D 83 235 D 240 144 B 134 yak aAal 162s 152 298 - 324 RAL AS | 165... 16 L61e S152 188 191 PA Bsr) 122 113 341 . 384 265A? FLT QS 222 8&8 78 See Pal 172 ~=169 94. $5 259 274 260: 274 240 246 Ioys}) aly 29 18 1297) 21 1) = al} 2064 214 215 | 219 101B 91 38 25 77 65 288 - 308 Were Se ards: 292B 315 7 64. LH Sie e LAs 490 Erstes Kapitel. Lamellibranchia, Musculatur. ......... eee CO mmeLOs ==; menalenemmdrucke’ dct oe ee Hs, Va, Ge Bes 2) ae 91 —, id. Sens os bdoeeeeg eee 91 —, Schalenéffnungs- ‘und -schliessungsmechanismus ee a ee. Nt 88 =—- Senalenschemass 2 3) Ss Gis s ss he os un Geer me ay Oana mes a Ee nr wen meee meyer IL, 20) —, Scien ear i Suis J be ee ee ae el 98 89 —, id. ee een ee ee ae ere) 89 Leda sulculata, ‘Nephridium mea GS Se ay oan ee on) eee ae: eagint a nO ee Leu chtorgan e der Cephalopoden,.... . 2 *2: 2. a. ss fects’ ee ee — id. Be, ial pa he k- Sie eu, nt CS yd Ue es gy ae oe OU ne Lima hians, Kieme . . a ae ee ee ee nn ea nee le eS Limacina helicina, Anatomie. 2. ¢ cs ¥ 0s aye 4 we BD pages — Lesueuri, Habitusbild . . srl capes ayien he te we At ee meee an) 10 Limacinidae, Organlagerung. . oF yar (Ss Gos! Tee’ 6. “ts, Mey! ats acer ee ee hea Lg Limapontia depressa, Scatlesaeeyce we AY or ia) Bands bs yh eo Limax, Gefiisssystem . . Be ed een eh ety pease ese 299 325 — agrestis, Gastrulay ives Sue be ok ob ee, 2 eee -—/ Maximus, ntwickelung® .... 0.) os as ep oa) ws ates pee ee Mag De mes ——,i re 375 422 — —, id 376 423 — —, id 377-424 hs are a ee en ee at eee ee ae ree To We ee atch bei — —, id. : S413) Ms» iad a4 oc Oia cs Oe Limnaea stagnalis, Anatomie des ‘Vorderkorpers erin Cafes 04 wh et = See — —, Geschlechtsorgane. . ..... i 4 & 4 « oe: Boe heeee Littorina Tudis; MantethGhle 2) 4) sa) ee ee ee cel eee 36 Mobipver ibislippi, Habitusbild, 62%. 224 98) 4 46 -ae ke eee 12 Eioliso,.Gonade, mannliche <.°.. 29-2) 4. ae a es ee) -- , Nervensystem ae fo Stee as, Soc “eka ae gent pOeeeoMepaas _, ; Netzhaut und Ganglion opticum Bene Ge ah oda "Se woh eig Merce ec ae — Pealei, Ei. : wp Pt SS; By nis A, Se, Meal Jeet Neal ts rod — sa ittata, Darmkanal ee ee re Oe ud oe ty OE yl Ste) = wiigaris, Entwickelung 0006 28 24s, rie sl eG ay oo ee Oe Sees PC ss nc’ ies Geass cay, OP te poh ioe Pea) Se ereny wees ey ee ee b] Ba AD Py Pons eee a tues ys ee mee ea 18 eae re Wa Meee 2 AA SLE cee AW rane cane, tr piRe och in ane Si eh! Bk De ee EON COE See en yy et emt inn BS Re ee a atk ah an OR awh 2 Rot Dey ean ese A ae] —, id. PAG ist lel ol, Fou is Jus oy GR va) dea eh teig far th lceate Pare tea ET — —} Habitusbild 1. . de 34> ep on Dey Lan aos eee Gt ek eee 30 Loligopsis, Schale .. efit sd Si aah Wel’ bil Ge, Meh cont aha ge mana Recta Lottia viridula, Blutgefiisssystem ocsdy Sis poh “aires ARGS Met bce mw ne oan em) ee —-, Nervensystem . : ee re ee ae ee ee) edt Lucina pennsylvanica, Schale . . what Goh Mlckiyis. Waa Gam: Mae 5 2 dake aha eee LA Ee Margarita groenlandica, Habitusbild . 2... 0... 4 5 Miratesta celebensis, Habitusbild ........ . +: 6 «.» 2O 16 Mollusea, Ctanidion <5 is godine. Sits Soe se oe OS loos = eer und. Kiemen ss eens ss) Meus'Sty co sat a a eee en ie te ae —, Letbeshéhle, secundare . . . 2. 2 2 « « 2 3 1 ow oe « » SOB) Sas SCALE oe See Ee pee a aa at ahi Pee Rh ok ee fs eee 83 —, AG a se sired “atone, Apt mae Mee tee tet sae ie, ail ty. Ieee ie ane I — ; Sinneszellen : stat cae hate. febiire (MEO ce’ Ran canine | meee es M 0 nomyaria, Schliessmuskeleindruck bee fe Sie: boo a ell ee ee 91 Mucron alia ebumes, Habitusbild .. . 2.) 6 < % cole 2 2 SoD rane ——=—=—, AN gssChMitt cvs oe i ee vein cee os. ack oy eee aeRO OPAL =(7) 80) een GSsCONIhh: 7. ce RoR te, ce er leans ise ny, Ree We 359B 401 MET Or DLADGALIS. “RTISS8Cl Metsu, jot) caee fos emcee) ee ee 2640, D280 = trm@eeulus,. Darmikanal ge os Phe “ac ae sd. a, ecru ties Sen eds ae 276, 295 My tile edulis, Habiiusbild: «3.55! 4. es SR Aa he or. eae ee 21 Nacelllia’ yitrea; Habitusbildso% 4375, 9.)5 ep < Cet es otic econ ep LZ Nasea. reticulata, Habitusbild’ 2... 2. 5 < wc; ieeleg oe dees bo eeeoee rene Nati¢a.josephina, Habitusbild 22 26 2: ou ee eee, ee bem ele Neamt ulmss Aig * oy sol 24 we ve: 28200) de alate, ooh) datos lene Ree pe Oe A HORM TE Te) & Tye ale: aes bt Date eG 340 Mollusea. Figurenverzeichniss. Nautilus, Herz und Kiemen —, mannliche Geschlechtsorgane —, Nervensystem . Sires —, id. . — ; Schema der ‘Organisation | —, id. . -- ’ Schema der. Organlagerung — ’ macromphalus, Ei — —, Festheftung — —, Spadix — —, Tentakelcirrus : -— pompilius, Blutgefisssystem ; —-—,i : —-, Bucealnervensystem_ — —, Darmkanal — —, Habitusbild aa — —, Pallialeomplex, Minnchen . — —, Pallialeomplex, Weibchen — —, Tentakelkranz . —— , Thier vollstandig, Schale im Medianschnitt Neomenia carinata, CogeechsotenaS ; — —, Hinterende air’ : —— ’ Nervensystem , ‘ Nerita ornata, Geschlechtsorgane des Weibchens . Neritina fluviatilis, pete wor al des Weibchens . Nucula, Ctenidium eee ows aes ie — , Nervensystem , ‘ — ’ delphinodonta, Anatomie . — nucleus, Mantelhohle . : Nuculidae, Schloss und Mantelfortsatz : Octopus, Anatomie —, Gonade, weibliche —, Nervensystem - ’ vulgaris, Habitusbild 5 : — —, mannliche Geschlechtsor ane . Ommastrephes, Gonade, weibliche —, Nervensystem OH imaiee ve —, Schale Sep el cs ey en. ak oe ere Genie Oncidiella celtica, Geschlechtsorgane . =I SEVe, one — juan- -fernandeziana, Habitusbild ——,i : Oncidiopsis eroenlandica, Zwitterdriise . Oncidium celticum, Geschlechtsorgane — —-, arve seme — peroni, Blutgefiisssystem Oncis coriacea, Pallialorgane Opisthobranchia tectibran chia, Herz und Kiemen — —, Querschnitte . eo eee — —, Schema . . Mee Opis thoteuthis depressa, Anatomie . . — —, Habitusbild : sa Ostracoteuthis ; Schale Ostrea edulis, Anatomie . . Oxygyrus, Habitusbild, schematisch Paludina, Ctenidium . — vivipara, Pee — —, id. ——,id. .. : —_—— Gefiisssystem a meee — —, Radula, embryonale Paramenia impexa, Hinterende 491 Figur Seite 292 D 315 350 392 222 227 223 227 61 45 236 ©6243 133. 125 397 = 444 182 182 1Si= ast eo AS 306 = 335 307 3=©335 224 228 290 310 183 183 132 125 131 124 180 180 42 28 316 B 346 141 152 194 20] Saa° | SD 334 375 135 D 128 219 9224 151 +140 30 19 79 68 226 230 331 B 371 225 EB 229 48 31 349 391 331C 371 225 A 229 107G 99 108 100 3o9 ~—36L 370 §=©420 28 18 (a! 56 329 367 330 «= Bol 370 = 420 300 326 126 118 292 H 315 - T4B,C 59 173 B,C 170 56 40 87 76 86 75 107F 99 34 22 172 A 169 135E 128 365 411 366 412 367 3414 368 416 297 = 828 270 =288 315 346 492 Erstes Kapitel. Parapodien der Tectibranchier Patella, Lingsschnitt, medianer —, Nephridien : : —, Nervensystem . —, Pallialcomplex =, id... —, Schalenmuskel — vulgata, Habitusbild | — —, Vorderdarm Peecten, Auge .... . — Jacobaeus, Habitusbild . . Peltella palliolum, Habitusbild Perna Ephippium, Schale Peronina alta, Habitusbild : Philonexis carenae, Hectocotylus Pholadidea, Anatomie Pholas dactylus, Schale Phorus exutus, Habitusbild Phyllirhoé, Geschlechtsorgane a bucephalum, Habitusbild . Physa fontinalis, Habitusbild Planorbis, Embryo Pleurobranchaea Meckelii, Geschlechtsorgane Pleurobranchus aurantiacus, Habitusbild . Pleurophyllidia lineata, Habitusbild Pleurotomaria, Schale . Tas ; ci r > 2 let ae <7 \ * ‘ ee | F Pe oe ara cia Ade 5.5, i Ct ey Vik Oe BY Mi fm thy. shi} Ay 6 nu gy My ; rl ia : : : ) a ea : } WG t / 7 Ah fay ‘ ViAWwT : : ‘ | | } i ABE Mica eae) Ke Wh j 34 E | 2 yo? a { / ( te ; envy ae = : “ ~ } ¥ : | : : , : pelt . an . ” “ raat. f ont Oras . | Ww | 4 ‘ \, \ ¥ . \ | . \ \ h