fr'" ^%rrr ,&t. ■*.. fcV\ >+> ■ "^nir -'•■■ ' t>*i ö*» *^A *' M^., /'V*V i 1»,^ . i **** ?*£«&, ^Wrf TW awfc?-.* kM tj» ■ 3 t s LEHRBUCH DEB VERGLEICHENDEN ENTWICKLUNGSGESCHICHTE der WIRBELLOSEN THIERE VON Prof. E. KOKSCHELT ond Prof. K. HEIDER IN MAßBURG i. H. IX INNSBRUCK. ALLGEMEINER THEIL. ZWEITE LIEFERUNG. ERSTE UND Z AVEITE AUFLAGE. MIT 87 ABBILDUNGEN IM TEXT. AUSGEGEBEN IM JANUAR 1903. JENA. VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1903. Alle Rechte vorbehalten. E./ ierer'sehe Hof buchdruckerei Stephan Geibel & Co. in Altenburg. Pier Inhaltsverzeichniss. VI. Capitel. Eireifnng, Samenreifniig und Befruchtung. I. Die Eireifung t-oq 1. Die Bildung und Abschnürung der Richtungskörper '.'.'' 530 2. Das weitere Verhalten der Richtungskörper und ihre Bedeutung '. 549 tt n- ? verhalten der Kerne hei der Richtungskörperbildung .... 563 II. Die Sanienreitung 5 -~ W/ yei'Sleichung der Ei- und Same'nreifunY. '.'.'"' vm IV. DieRe^»ngstheilungen im Hinblick auf die Reductionsfrage 572 1. Die eumitotische Beifungstheilung .... 8 int 2. Die pseudomitotische Beifungstheilung. ...'.'' 500 A. Die Postreductionstheilung ' 50V B. Die Praereductionstheilung . . . 593 Accessorische Chromosomen bei der Rei'fung'stheilung ' ' 599 Zweimalige Reductionstheilung 601 Chromatinabgabe bei den Beifungstheilungen abweichender öpermatozoenformen gn~ T7 *>• ^e??n und Bedeutung der Chromatinreduction. .'.''"' ^Oß JT" V;!e ÜeifunS parthenogenetischer Eier . . fiiQ VI. Die Befruchtung ^ 9 n!oUnvoSr^mat0Z00n^ DalS Eindringen des Spermatozoons in das Ei 628 2. Die Vei anderungen der beulen Geschlechtszellen durch den Be- rruchtungsTorgang goo A. Die Umwandlung des .Spermatozoons im' Ei.' Die Ausbildung des bpermakerns s gog B. Die Beeinflussung des Ooplasmas durch' den Befruchtun'gs- vorgang ö 641 C. Die weiteren Veränderungen des Spermatozoons im Ei. Auf- treten und Herkunft der Centrosomen 64.5 6. Das Verhalten der achromatischen Substanz bis zur Vereinigung der Kerne und ihre Bedeutuno- für die Befruchtung ... 651 4. Die Vereinigung der Geschlechtskerne und das Verhalten der chroma- tischen Substanz fifi7 A. Die Bahn der Geschlechtskerne bis zu' ihrer' Vereinigung. Beziehungen zum Eikörper 667 B. Das Verhalten der chromatischen Substanz bei der Befruchtung 675 k n °- ^schlechtsbestimmung und Keimzellen-Differenzirung . 689 ö. Das Eindringen mehrerer Spermatozoon in das Ei (Polyspermie) . 692 6. Wesen und Bedeutung der Befruchtung . . 697 Litteratur zum Anhang Anhang. ff 707 Theorien der Vererbung: Litteratur zum Cap. VI ! '.'.'.'.'.'.]'.'.[ '.'..'..'. \ ' Jfg VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. Das Ei ist so, wie wir es kennen lernten, nicht befruchtungs- und entwicklungsfähig, sondern hat vorher einen Reifungsprocess durch- zumachen. Man darf es insofern auch nicht mit dem ausgebildeten Spermatozoon vergleichen, welches diesen Process bereits durch- laufen hat. Er vollzieht sich in den beiden letzten Theilungen, den Keifungstheilungen der Samenzellen, welche wir bei Betrachtung der Spermatogenese absichtlich unberücksichtigt Hessen, um sie später im Zusammenhang mit den ausserordentlich übereinstimmend ver- laufenden Reifungstheilungen der Eier zu besprechen. Die Vorgänge, um welche es sich hier handelt, spielen sich zum grösseren und wichtigeren Theil an den Kernen und besonders an deren chromatischer Substanz ab; um sie zu verstehen, ist es nöthig, die Ei- und Samen- zellen in ihren Theilungen weiter zurück zu verfolgen. Es empfiehlt sich, zunächst die Vorgänge der Eireifung und im Anschluss an sie diejenigen der Samenreifung zu betrachten. I. Die Eireifung. 1. Die Bildung und Abschnürung der Richtungskörper. Fassen wir zunächst die gröberen Vorgänge der Eireifung in's Auge, so gehen wir am besten von einer dotterarmen , mit umfang- reichem Keimbläschen versehenen Oocyte aus (Fig. 319). Während der Kern bisher sehr klar und deutlich umgrenzt war, beginnt seine Contur nunmehr undeutlich zu werden, er scheint zu verschwinden, und thatsächlich kann man während dieses Stadiums bei vielen Oocyten im lebenden Zustand überhaupt nichts und auch bei ent- sprechender Behandlung nur schwer etwas vom Keimbläschen wahr- nehmen. Diese Auflösung des Keimbläschens, welche man früher direct als ein „Schwinden des Kerns" ansah, bezeichnet den Uebergang in die kar\ okinetische Figur (Fig. 320.4, B, 321 D, 323 und 334 A—E), wie «lies zuerst von Bütschli(187G) beobachtet und von O.Hertwig (1877) mit Sicherheit festgestellt wurde. Sei es, dass das Keimbläschen mit seinem gesammten Umfang in die Spindel übergeht und deren Begrenzung an- fangs derjenigen des Keimbläschens entspricht (Fig. 347 Ä—E p. ö!):{), sei es, dass sich die Spindel nur aus einem Theil des Keimbläschens herausbildet und eine ziemlich beträchtliche Parthie des letzteren neben ihr zurückbleibt oder auch angrenzende Theile des Cytoplasmas in die Bildung der Spindel einbezogen werden, - - immer haben wir es mit einer typischen Kernspindel zu thun (Fig. 323—327). Entsprechend der angedeuteten Bildungsweise der Spindel sieht Korschelt-Heider, Lehrbuch. Allgemeiner Theil. II. Lief. 1. u. J. Aufl. :;.", 54U Zweiter Abschnitt. man deren achromatischen Bestandteile, besonders die Centrosomen und Sphären, zum Theil ausserhalb des Keimbläschen, zum Theil, wie die Spindelfasern, innerhalb desselben auf- treten (Fig. 320 ^4 u. 321 und Fig. 347 p. 593. Man vgl. auch die neue ein- gehende Untersuchung von Gerard [1901] an Prostheceraeus). Ge- wöhnlich erscheinen die beiden Strah- lungen neben dem Keimbläschen, worauf dessen regelmässige Begren- zung allmälig zerstört wird und die Bildung der Spindel in der bekannten Weise erfolgt. Was den Ursprung* der Centrosomen der 1. Richtungsspindel anbetrifft, so entstehen sie wohl ohne Zweifel durch Theilung eines Centrosomas, das im Ooplasma liegt oder nach abweichen- den Angaben (Gerard [1901]) aus dem Kern hervorgehen soll (vgl. p. 569). Die Frage, ob dieses ein ständiges Zell- organ der Oocyten ist oder von Neuem im Ooplasma entsteht, lassen wir als in das Gebiet der Cytologie gehörig hier unbeachtet. Dagegen müssen wir die von Mead (1898) an den Oocyten von Chaetop terus Fig. 31!). Oocyte von Asterias glacialis im conservirten und ge- färbten Zustand mit Keimbläschen und Keimfleck (Original). A H s % 'V. V SP '■ Fig. 320. Ausbildung der 1. Bichtungsspindel von Myzostoma glabrum. In A das Keimbläschen in Auflösung begriffen, darüber die Centrosomen mit der Central- spindel, in der Nähe die Chromosomen. In B ist die Begrenzung des Keimbläschens schon geschwunden, die Spindel in Ausbildung begriffen, neben ihr der grosse Nucleoltis, ausserdem ist ein Theil des Samenfadens (sp) zu sehen (nach v. Kostanecki). beobachtete Erscheinung erwähnen, wonach im Ooplasma eine ganze Anzahl von Strahlencentren auftreten kann (Fig. 321 A u. B), von denen schliess- lich nur noch zwei als die späteren Centrosomen und Strahlungen der 1. Richtungsspinde] bestehen bleiben (Fig. 321 C u. D). Aehnliche Er- scheinungen sind von Watase (1894) bei Macrobdella, von Griffix (1899) bei Thalassema und von Kostanecki (1902) bei Cerebra- tulus beobachtet worden, welcher letztere Forscher allerdings diese mul- tiplen Strahlungen bei seinem Object für abnorme und pathologische Bil- dungen erklärt. Vielfach hat es thatsächlich den Anschein, als ob die Centro- VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befrachtung. 541 somenXeubildungeu seien, wofür ebenfalls die bekannten Versuche Morgan's über das Hervorrufen centrirter Strahlungen im Ooplasma der Eier ver- schiedener Thiere bei Anwendung- schwacher Salzlösungen sprechen. Audi bei diesen Versuchen wurde eine ganze Anzahl solcher Strahlungen ge- bildet, von denen jedoch, wenn das Ei zur Entwicklung kommen soll, nur zwei bestehen bleiben, wie die neueren Versuche von Wilson (1901) gezeigt haben (vgl. hierzu unten p. 6631. Ä aitl *d astf1 v B i^ Fig. 321. Schnitte durch Chaetopterus-Eier, welche das Unregelinässig- werden der Conturen des Keimbläschens und das Auftreten der zahlreichen Strahlungen (ast 'Jini) in dessen Umgebung zeigen (A u. B). Allmäliges Schwinden der mehr- fachen Strahlungen und Zurückbleiben der beiden endgiltigen Centrosomen und Strah- lungen (C u. D) nach A. D. Mead. Es ist von Interesse, dass auch die Reifungsspindel bei Samenzellen auf ähnlichem multipolarem Wege zu Stande kommen kann, wie dies kürz- lich von Me\ es (1901 u. 1902) für die zweite Reifungstheilung der sog. wurm- förmigen Samenzellen von Paludina nachgewiesen wurde (Fig. 322), doch ist hier schon insofern ein Unterschied gegeben, als in diesem Fall eine Gruppe von Centrosomen bereits vorbanden ist (Fig. 354 C, D p. 604), 35 ' 542 Zweiter Abschnitt. grosserer ganz ausdrücklich fest- ein gehende die durch Theilung bezw. Zerfall eines ursprünglich einheitlichen Centro- somas entstanden waren und sich später im Zellkörper vertheilen, um dann später wieder an den Spindelpolen zusammen zu treten (Fig. 354 H, J). In pflanzlichen Zellen ist die multipolare Anlage der Spindel schon früher beobachtet worden, doch sollen dort bekanntlich die Centrosomen fehlen, während deren Vorbandensein in grösserer Anzahl von Meves für P a 1 u d i n a gestellt wird. Ebenso wenig wie auf eine Schilderung der achromatischen Bestandteile der ersten Richtungsspindel möchten wir uns zumachst auf eine genauere Darstellung der Herkunft der chromatischen Theile einlassen, sondern in dieser Hinsicht auf die späteren Aus- führungen verweisen (vgl. p. 563, ff. u. 572 ff.); nur bezüglich eines besonders auffallenden Organs der Oocyte, nämlich des Keimflecks, ist hervor- zuheben, dass wie schon früher (0. Hertwig, 0. Schultze u. A.), so auch neuerdings wieder eine Betheiligung der Nucleolensubstanz am Auf- bau der ChromatiubildiiDgen vermuthet bezw. mehr oder weniger bestimmt angenommen wurde (Garpiner [1898], Fick [1899], Carnoy u. Lebrun [1899 u. 1900], M. Hartmann [1902]). Jedenfalls ist es sehr auffällig, dass die Nucleolen in vielen Fällen gerade dann zur Auflösung gelangen, Fig. 322. Vorbereitung der Spermatozyten II. Ordn. der wurmförmigen Samen- fäden von Paludina vivi- para zur Theilung (nach Meves). Ausbildung der mehr- fachen Strahlungen ; in der Mitte der Kern mit den Chromosomen ; in der Nähe einiger der peripher gelege- nen Centrosomen ebenfalls Chromosomen (vgl. p. 604). des Chromatins und Ganz besondere Auf- wenn die Neugestaltung dessen Ausbildung zu den Chromosomen beginnt. merksamkeit schenkten Carnoy u. Lebrun (1900) bei ihren Unter- suchungen über die Eireifung der Amphibien der Frage, ob eine An- theilnahme der hier so zahlreich vorhandenen Nucleolen an der Bildung der Chromosomen stattfände, und beantworteten dieselbe im bejahenden Sinn, während H. King (1902) an ähnlichen Objecten zu dem Resultat gelangte, dass die Nucleolen eine solche Bolle nicht spielen könnten, sondern einfach später der Resorption im Cytoplasma verfielen. Aehnlich lauten für ganz andere Objecte (Ostracodeneier) die Angaben von Woltereck (1898), der die Nucleolen in Anlehnung an die von Hacker vertretene Anschauung als Stoffwechselproducte auffasst. Die Anschauungen über die Bedeutung der Nucleolen und ihre Beziehungen zum Chromatin sind also auch bei den Reifungs- theilungen recht schwankende. Bei dem sehr bedeutenden Umfang, welchen die Nucleolen in den Oocyten mancher Thiere erlangen (Fig. 320, Fig. 116 p. 254. Fig. 200 p. 346), liegt die Vermuthung einer Verwendung ihrer Substanz in der angedeuteten Weise jeden- falls sehr nahe. Ein recht instructives Beispiel für die bedeutende Grössenzuuahme des Nucleolus bieten die Oocyten von Ophryotrocha pueril is, bei welchen der Keimneck so weit heranwächst, bis er etwa die Hälfte des ganzen Keimbläscheninhalts ausmacht, und dann gleichzeitig mit der Ausbildung der Chromosomen einer allmäligen Auflösung verfällt. Hierzu ist freilich zu bemerken, dass in anderen Fällen (vgl. oben p. 253) auch nach vollzogenem Aufbau der Spindel der Keimfleck noch neben derselben vorhanden ist, zuweilen anscheinend noch ziemlich unversehrt (Fig. 320 A u. B) , in anderen Fällen da- VI. Capitel. Eireifung, Samcnreifung und Befruchtung. >43 \ 0 »W gegen vacuolisirt oder ausgehöhlt (Fig. 328). Hier scheint also, wenigstens in dem ersteren Fall, eine Antheilnahme der Nucleolen am Aufbau des Chromatins nicht stattzufinden, während allerdings das Schwinden eines Tiieiles der Nucleolensubstanz im letzteren Fall eine solche Betheiligung zum Mindesten als möglieh erseheinen lässt. Hierzu sei bemerkt, dass M. II aktmaxx (1902) neuerdings diese letztere Annahme sehr energisch vertritt, wie er überhaupt während der Waehsthumsperiode des Eis (von Asterias) die chromatische Substanz im Nucleolus enthalten sein und die Chromosomen ziemlich direel aus ihm hervorgehen lässt. Eine ähnliche Auffassung äussert auch GOLDSCHMIDT (1902) für Polystoma integerrimum, während Halkin (1901) bei derselben Form die Chromosomen nur vom Kerngerüst herleitet. Hier- bei ist übrigens in Betracht zu ziehen, dass die Nucleolen an und für sich verschiedener Natur sind; so lässt Wilson (1901) bei Echinideneiern die Chromosomen entweder aus einem (Chromatin-)Nucleolus oder aber aus dem chromatischen Re- ticulum des Kerns gebildet werden, in welchem letzteren Fall der (echte) Nucleolus von diesem Vorgang unberührt bleibt. Ueberhaupt ist bei allen diesen Angaben zu berücksichtigen, dass die schlechthin als Nucleolen be- zeichneten Gebilde recht ver- schiedenartiger Natur sein können, worauf übrigens auch zum Theil von einzelnen Autoren Rücksicht genommen wird. Die besprochenen Ver- änderungen des Keimbläs- chens können sich inmitten des Eis vollziehen, und man findet dann in diesem eine recht umfangreiche Spindel vor (Fig. 320 B, 323, 324 A u. 325 A), doch kann das central gelegene Keimbläschen sich unter Umständen auch schon vorher an die Peripherie begehen, um erst hier seine Umwand- lung zur Spindel durchzumachen , wie man dies z. B. an den dotterarmen Eiern der Echinoder nie n beobachtet. Diese Lage- veränderung scheint sich in Folge einer activen Beweglichkeit des Keimbläschens zu vollziehen (R. Fick [1899]), was insofern nicht über- rascht, als wir ja schon früher seine Fähigkeit kennen lernten, amöboide Fortsätze auszusenden und seine Lage innerhalb des Eis zu verändern (vgl. Cap. IV, Fig. 217 u. 218, p. 360). Schwieriger ist die Ortsveränderung zu erklären, wenn sie erst nach der Umwand- lung des Kerns in die Spindel erfolgt, wie dies häufig vorkommt, um mir einige Fälle zu nennen, bei Gastropoden (Fig. 323, 364 n. 374), M y z o s t o m a (Fig. 320), Ophryotro eh a (Fig. 324), bei P o 1 y c 1 a d e n (nach v.vx der Stricht, van Name), Nereis (nach Wilson), Ciona mach Golski) u. a. Es dürfte hierbei eine active Antheilnahme des Fig. 323. Oocyte von Limax maximus mit der 1. Richtungsspindel und dem daneben liegen- den ausgehöhlten Keimfleck (Schnitt I nach P. Obst. 544 Zweiter Abschnitt. | Ooplasmas in Betracht kommen und dessen strahlige Anordnung, -wie wir sie von den Polen der Richtungsspindel ausgehen sehen, eine Rolle spielen. Mit der Verlagerung pflegt eine A sehr erhebliche Verkürzung der Spindel Hand in Hand zu gehen, und während sie sich erst über einen beträchtlichen Theil der Oocyte erstreckte, sieht man sie jetzt als ein wenig ansehnliches Gebilde in radiärer Stellung dicht an der Peripherie liegen (Fig. 324 A—C). Unter Umständen, so bei Poly Stoma (nach Halkin u. Goldschmidt) , behält die Richtungsspindel auch während der Theilung noch ihre enorme Grösse (Fig. 325 Ä u. B). Zuweilen entsteht an der Stelle, an welcher der äussere Spindelpol die Oberfläche des Eis berührt, zunächst B eine trichterförmige Einsenkung der letzteren (so bei A p 1 y s i a nach Bochenek) ; später sieht man im Gegen- theil an dieser Stelle das Protoplasma sich vorwölben. Während bei manchen Thierformen die Bildung der 1. Richtungsspindel und die sich daran anschliessenden Vorgänge rasch verlaufen, verharren die Eier anderer Thiere längere Zeit im Stadium der 1. Richtungsspindel, und wie bei einer Reihe von Thieren der Anstoss zum Be- ginn der Reifungstheilung des Eis und n m zur Umwandlung des Keimbläschens in die Richtungsspindel erst durch das Ein- dringen des Spermatozoons gegeben wird, so ist in diesem Fall der Fortgang des ganzen Processes durch dieses Moment bedingt. Bei Ophryotrocha z. B. sieht man die Eier im Stadium der central gelegenen 1. Richtungsspindel (Fig. 324.4) lange Zeit in der Leibeshöhle der Mutter liegen, bis eine günstige Gelegenheit für die Eiablage gefunden wird und dann mit dem Eindringen des Spermatozoons die weiteren Vorgänge der Eireifung ab- laufen. Aehnlich scheint sich nach Small- wood's Darstellung Bulla zu ver- ** sp Fig. 324. 1. Richtungsspiudel von Ophryotrocha puerilis in cen- traler und peripherer Lagerung-, im letzteren Falle stark verkürzt (Ori- ginal). sp Spermakern bald nach dem Eindringen des Samenfadens. halten, während bei Eu styl och us und Planocera (nach van Name), um noch ein Beispiel zu nennen, sowie auch bei anderen Formen das Spermatozoon zur Zeit der Umbildimg des Keimbläschens eindringt und der Anschein ganz dafür spricht, dass es diese veranlasst (vgl. hierzu p. 630 ff.). VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. .", \~} Die Stelle, an welcher sich die aus dem Keimbläschen hervor- gegangene 1. Richtungsspindel befindet, entspricht in der Regel dem animalen Pol der Oocyte; an dieser selben Stelle pflegt späterhin die erste Furche aufzutreten (Fig. :!2*»* u. :!l,(.) p. 550), und indem die hier liegenden „Richtungskörper" somit Beginn und Richtung der Furchung bezeichnen, hat man sie mit diesem Namen belegt (Fritz Müller). Die betreffende Stelle ist durch das Zurücktreten des Dotters und Ueberwiegen der plasmatischen Substanz ausgezeichnet, so dass sie also schon vorher bestimmt erscheint; zuweilen liegt auch das Keimbläschen bereits etwas excentrisch im Ei und dem Ort der späteren Richtungskörperbildung genähert. A ' B s Fig. 325. Ei von Poly stoma integerrimum mit der 1. [A u. B) und 2. Richtungsspinde] (C) nach Goldschmidt. rk der erste Richtungskörper, sp Spermakern. Der Ort der Richtungskörperbildung pflegt ein so fest bestimmter zu sein, dass man vielfach noch in späteren Entwicklungsstadien aus ihrer Lage den animalen Pol des Eis feststellen kann. Einen besonders instructiven Fall, in welchem die Richtungskörper stets an derselben Stelle und genau am animalen Pol gebildet werden, beschrieb BovERI (1901) kürzlich von S tro ngy 1 oc ent r o tu s lividus. Ausserdem schon früher (p. 260) erwähnten Pigmentring sind die Eier dieses Seeigels durch den Besitz eines Canals in der Gallerthülle ausgezeichnet. Die Lage dieses Canals entspricht dem animalen Pol, und in ihn hinein erfolgt die Ab- stossung der Richtungskörper (Fig. 883* A u. B, p. 678). Ausnahmen von der Regel, dass die Richtungskörper am animalen Pol abgegeben werden, scheinen immerhin vorzukommen; so erfolgt ihre Abschnürung bei Ciona nach Castle an dem dotterreichen Pol des Eis, 546 Zweiter Abschnitt. welcher zwar der späteren Dorsalseite entsprechen soll , aber doch das Entoderm liefert; die protoplasmatische Hälfte des Eis hingegen wird zur Ventralseite (Castle [1896]). Somit würde die Lage der Richtungskörper hier von dem gewöhnlichen Verhalten abweichen; gewisse, wenn auch nicht so weit gehende Differenzen hinsichtlich des Orts der Richtungs- körperbildung kommen auch bei anderen Thieren vor, z. B. bei den Copepoden (nach Hacker) und sehr häufig bei den Inseeten, sowie bei Wirbelthieren , bei denen die Richtungsspindel in ziemlicher Entfernung vom animalen Pol der Oocyte liegen kann (Fig. 398 A — C p. 693, sowie Fig. 328 p. 548). Die Bildung der Richtungskörper erfolgt auf die Weise, dass über der Spindel kugelförmig eine Vorwölbung des Ooplasmas ent- stellt und in diese der periphere Theil der 1. Richtungsspindel ein- tritt (Fig. 326, B u. C). Unterdessen ist die Theilung der Aequatorial- platte in die beiden Tochterplatten erfolgt, und ihr schliefst sich als- B A tu* f *** D E F -p. • i ' ■ \ 2 — Fig. 326. Bildung- der Richtungskörper in schematischer Darstellung. A Keimbläschen mit Chromosomen und Centrosomen, B u. C erste Richtungs- spindel, J) 1. Richtungskörper und 2. Richtungsspindel, E 2. Richtungsspindel und Theilung des ersten Richtungskörpers, F Ei mit dem Eikern und den 3 Richtungskörpern. bald diejenige der Oocyte selbst an. Wir haben also eine mitotische Theilung vor uns, welche zur Bildung zweier an Umfang höchst ver- schiedener Zellen, der Eimutterzelle (Oocyte IL Ordnung) und des 1. Richtungskörpers, führt (Bütschlt, Giard, Ö. Hertwig). Der Grössen- unterschied der beiden Zellen ist naturgemäss dann noch weit auf- fallender, wenn es sich um grosse, dotterreiche Eier, wie die mancher Arthropoden, Cephalopoden und VerteD raten, handelt (Fig. 328). Die beiden Zellen machen alsbald eine abermalige Theilung durch, und zwar auffallender Weise indem ihr Kern nicht, wie bei der gewöhnlichen Zelltheilung vorher wieder in das Euhestadium zurückkehrt, sondern die chromatischen Bestandteile der beiden früheren Tochterplatten sich ohne Weiteres wieder zur Aequatorial- platte einer neuen Spindel, der 2. Richtungsspindel und der Theilungs- VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. :>47 spindel des 1. Richtungskörpers, formieren (Fig. 326 Cu. D.327 A u. 5. 331 A u. JS, 334 F— L, p. 564. Ganz ähnlich wie die des ersten verläuft die Bildung des zweiten Richtungskörpers unter Vorwölben und Abtrennen einer wenig um- fangreichen Parthie des Ooplasmas (Fig. 320 E u. F. 327 A u. 5). Nachdem das 2. Richtungskörperchen abgeschnürt ist, kehrt der im Ei verbleibende Theil des Kerns in die Ruhe zurück: wir bezeichnen ihn jetzt mit E. van Beneden u. 0. Hertwig als weiblichen Vorkern oder Eikern (Fig. 326 F. 327 C. 363 A u. 364 B p. 037, 374 D, E p. 648. Indem auch der 1. Richtungskörper sich auf entsprechende Weise theilte (Fig. 326 Ew. F, 327 A—C, 379 u. 395 A), sind jetzt in Folge des Reiflingsvorgangs drei kleine Zellen (die drei Richtungskörper) und Fig. 327. Richtungskörperbildung von Amphorina eoerulea nach Trinche*e. A u. B die beiden Reifungstheilungen , aussen die Theilungsspindel des 1. Richtungskörpers, innen die 2. Richtungsspindel, C das Ei mit den Theilproduttm des 1. Richtungskörpers (1. rk), dem 2. Richtungskörper (2. rk), sowie im Innern mit Ei- und Spermakern (2 u. $), D der 2. Richtungskörper mit der von Trinchese be- schriebenen karyokinetischen Figur im Innnern und umgeben von einer Membran, die von Poren durchsetzt ist. eine grosse, die definitive Eizelle, entstanden, welche letztere nunmehr befruchtungsfähig ist. Ihr kommt die Hauptbedeutung zu, indem sie sich mit der männlichen Zelle zur Bildung des neuen Organismus vereinigt, während die Richtungskörper hierfür wie für die weitere Entwicklung keine Bedeutung beanspruchen; allem Anschein nach sind sie functionslos und gehen bald zu Grunde. Ge- wöhnlich lösen sie sich später da, wo sie entstanden, von der Ei- obertiäche ab, und man sieht sie hier zunächst noch zwischen dieser und der Eihülle liegen, bis sie allmälig zerfallen und aufgelöst werden. Die Eireifung stellt somit eine zweimalige, unter recht eigen- artigen Umständen (Ausfall des Ruhestadiums der Kerne, differente 548 Zweiter Abschnitt. Grösse der entstellenden Zellen) verlaufende Zelltheilung dar. Die Richtungskörper bestehen ausCytoplasma und Zellkern (Fig. 326 D—F), sind also echte Zellen. Uebrigens hndet die Bildung von drei Richtungskörpern, welche man als das Normale ansehen darf, durch- aus nicht bei allen Eiern statt, indem die Theilung des 1. Richtungs- körpers vielfach unterbleibt, was schon desshalb nicht überraschen kann, weil ihr eine functionelle Bedeutung nicht mehr zukommt. Nur ein Richtungskörper wird im Allgemeinen von den auf partheno- genetischem Wege sich entwickelnden Eiern gebildet, von welchem Verhalten noch später die Piede sein wird (vgl. p. (313 ff.). Mau hat auch sonst, d. h. bei nicht parthenogenetischen Eiern, von nur eines Richtungskörpers normaler Weise gesprochen, besonders bei Säuge- thieren (Tafani, ÖO- botta), obwohl bei den- selben Objecten ausser- dem die normale Zahl von zwei bezw. drei Rich- tungskörpern beobachtet wurde. Es sind dies Beobachtungen , welche de Bildung ebenso wie die im Folgen- H den erwähnten einer wei- teren Untersuchung be- dürfen. Wiederholt ist nämlich auch von einer Theilung des 2. Rich- tungskörpers die Rede gewesen, die von vorn- herein nicht als wahr- scheinlich gelten kann, da sie der Theilung der Eizelle (Furchung) gleich zu setzen wäre, dann aber kein Grund für die völlige Hälften vor beschrieben wird. Die Theilung des 2. Richtungskörpers auf mitotischem Wege und die vollständige Trennung der beiden Theilstücke be- schrieb Trinchese für Ampli o r i n a (Fig. 327 _D), so dass also am Ei dieses Opisthobranchiers unter Umständen vier Richtungskörper neben einander vorhanden wären, wie dies von Trinchese auch abgebildet wurde (1880, Taf. I Fig. 13 u. 14). Soviel wir sehen können, sind die Angaben über die Theilung des 2. Richtungskörpers wenig verlässlich. Eine solche wurde auch von NUSSBAUM für Cirripedien kurz notirt (1889) und von Erlanger und Lauterborn (1897) bei Rotatorien als möglich bezeichnet. Blochmann's Angabe von der Theilung des 2. Richtungs- körpers bei der Biene hat seither eine andere Deutung erfahren (Paulcke [1899], Petrunkewiisch [1901]). Nur e i n Richtungskörper soll nach der Angabe von Kulagin (1898) Fig. 328. Ei von Petromyzon fluviatilis mit der 2. Richtungsspindel, darüber in einer EinSenkung- der Oberfläche der 1. Kichtungskörper zwischen der Ei- oberfläche und der inneren Eihaut. Am animalen Pol eine sichelförmige, feine Plasmaanhäufung' (nach Herfort). Trennung beider ige, wie sie VI. Capitel. Eireifung, Saraenreifimg und Befruchtung. .", j; i bei Eiern von Spermophil ns und verschiedenen Insecten gebildet werden, die längere Zeit gehungert hatten. Bei den die Eireifung bewirkenden Theilungen spielt das Ver- halten der Kerne eine wichtige Rolle, wie dies noch genauer dar- zustellen sein wird. Man hat desshalb ein besonderes Gewicht auf die an den Kernen sich abspielenden Vorgänge gelegt, aber doch auch das Ooplasma nicht ganz aus dem Auge gelassen, und Delage (1901) spricht direct von einer „Reifung des Cytoplasmas" , indem er sich auf die Untersuchungen über die Besamung kernloser Bruchstücke von Echinodermeneiern stützt. Mit diesen gelingen die Versuche nach seinen Beobachtungen nur dann, wenn sie von gereiften Eiern stammen, während in die Bruchstücke von un- reifen Eiern die sie in Menge umschwärmenden Spermatozoon nicht einmal eindringen sollen. Delage stellt sich diese Reifung des Ooplasmas so vor, dass mit dem oben beschriebenen Schwinden der Keimbläschenmembran (Fig. 320 u. 321) der Kernsaft das Ooplasma durchdringt und dieses somit eine Substanz erhält, die ihm vor der Reifung fehlte. Vielleicht könnte aber auch die andersartige und bestimmt gerichtete Anordnung der Theilchen des Ooplasmas, wie sie mit dem Auftreten der Richtungsspindel und ihrer Strahlungen verbunden ist. die „Reifung des Ooplasmas" mit sich bringen, indem sie erst die für die Ausführung der Befruchtung nöthigen Bewegungen der Geschlechtskerne und ihrer Centrosomen im Ooplasma ermöglicht, welche Anschauung in etwas anderer Form auch schon früher ge- äussert wurde (v. Kostanecki u. \Yierzejski [1896]). Zu dieser Auffassung von der Reifung des Ooplasmas muss freilich bemerkt werden , dass ein Eindringen von Spermatozoen in unreife Eier häufig beobachtet wurde (man vgl. auch die Angaben von Iwanzoff [1898] p. 696), dass dieses aber zu Polyspermie führt, indem das unreife Ei gegen das Eindringen mehrerer Spermatozoen noch nicht geschützt ist und in Folge dessen eine normale Befruchtung bezw. weitere Entwicklung nicht stattfindet (p. 692). Derartig fasst übrigens auch H. \Vinkler (1901) in einer kürzlich erschienenen Arbeit diese Verhältnisse auf. 2. Das weitere Verhalten der Richtungskörper und ihre Bedeutung. Das Verhältniss der R i c h t u n g s k ö r p e r zum Ei bezw. Embryo ist ein recht verschiedenes; schon ihre Grösse ist sehr different ; abgesehen von ihrem im Vergleich zum ganzen Ei sehr geringen Umfang bei dotterreichen Eiern (Fig. 328) können sie auch bei ziemlich dotterarmen Eiern sehr zurücktreten, während sie bei anderen recht umfangreich sind. Wir stellen, um irgend ein Bei- spiel herauszugreifen, das Ei eines Anneliden demjenigen der Maus gegenüber, welche durch den Besitz relativ grosser Richtungs- korper ausgezeichnet ist (Fig. 329 u. 329*). Gelegentlich, jedoch nur ganz ausnahmsweise wachsen die Richtungskörper oder doch einer derselben bedeutend heran (Fig. 332), wovon weiter unten noch die Rede sein soll. Auch ihre Dauer ist eine sehr verschiedene; zuweilen lösen sie sich schon bald vom Ei ab und werden noch hier uud da zwischen dessen Oberfläche und der Eihaut beobachtet, um allmälig zu verschwinden; in anderen Fällen bewahren sie längere Zeit ihre frühere Lage und bezeichnen noch immer den animalen Pol des 550 Zweiter Abschnitt. Furchung vorgeschritten ziehung wenigen Embryos, wenn dieser schon weit in der oder auch bereits zur Ausbildung seiner definitiven oder Larven gestalt übergegangen ist , wie man dies z. B. bei manchen Anueliden und Mollusken beobachten kann. Aber auch in solchen Fällen ist von einer besonderen Function der Richtungskörper nichts wahrzunehmen ; immerhin hat man gelegentlich gewisse Veränderungen an den Richtungskörpern feststellen können, die nicht ohne Weiteres mit ihrer späteren Degeneration in Be- stehen; doch scheinen diese Ausnahmen im Ganzen nur die Regel zu bestätigen, dass die Richtungskörper als functionslose Zellen dem Untergang verfallen sind. Einer der erwähnten Fälle bezieht sich auf Limax, an dessen Eiern Kofoid (1895) eine Flüssigkeitsaufnahme von Seiten der Richtungskörper und ein Anschwellen derselben zu bedeuten- dem Umfang beobachtete, worauf nach Abgabe der Flüssigkeit wieder ein Herabsinken auf den normalen Um- fang erfolgte. Eine solche Flüssigkeitsaufnahme, die mit der Bildung von Hohlräumen verbunden ist, zeigt auch das Ei selbst, und Meisen- heimer (189(5) stellte eine ganz ähnliche Verbindung zwischen Richtungs- körper und Ei fest, wie sie in Folge dieses Vorgangs (der Flüssigkeits- aufnahme) auch zwischen den einzelnen Blastomeren eintritt. Es scheint also, als ob jenes Fig. 329. Zweizeiliges Furchungs- stadium von Ophryotrochapuerilis mit dem 1. und 2. Richtungskörper (Original). A Fig. 329*. A Ei mit dem Furchungskern und den beiden Richtungskörpern, JB zweizeiliges Furchungs- stadium mit einem Richtungskörper von Mus muscu- lus nach Sobotta. körper, sondern auch insofern ein festgestellt, als ihr Cytop längere Fäden auszieht Andrews 1898 u. 99), welche auch den Furchungszellen der- selben und E. A. Weise Anschwellen und Zu- sammenfallen des Rich- tungskörpers nicht aus- schliesslich mit dessen Degeneration zusam- menhinge. "Ganz anders- artige Erscheinun- gen hat man an den Richtungskörpern der Eier von E eh i n o d e r - men und Nemertinen beobachtet; an ihnen wurde nicht nur ein relativ langes Erhalten- bleiben der Richtungs- Verhalten der- s i c h in kürzere Andrews [1897] und in ganz ähnlicher betreffenden Eier zukommen soll eigentümliches 1 a s m a (G. F. Eigenschaft (Fig. 330 Ä). Schon bald nach seiner Bildung sendet der 1. Richtungs- körper kurze, pseudopodienartige Fäden aus (Fig. 330 B), und ähnlich verhält sieb der 2. Richtungskörper, welcher sich sodann etwas in VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 551 die Länge streckt und eine spindelförmige Gestalt annimmt (Fig. 330 D); gleichzeitig wird die Activität der beiden Richtungskörper eine grössere, was sich im Aussenden immer längerer Fortsätze zu erkennen gibt (Fig. 330 A, D u. E). Kürzere, pseudopodienartig im ganzen Um- kreis der Richtungskörper ausstrahlende, wie auch einzelne, lang au- gestreckte Protoplasmafortsätze beobachtete auch schon Trinchkse(1880) an den Richtungskörpern von Opisthobranchiern (Amphorina). Wenn wir dieser gewissen Activität der Richtungskörper, wie sie sich in dem Aussenden der Cytoplasmafortsätze äussert, Fig. 330. A animaler Pol eines gefurchten Seesterneis mit den beiden Richtungs- körpern (rJc) in dem von den Blastomeren (bl) umgebenen freien Kaum; Blastomeren und Richtungskörper mit Cytoplasmafortsätzen, B—K Bildung der mit Cytoplasmafortsätzen versehenen Richtungskörper von Cerebratulus lacteus nach Andrews. auch nicht die grosse Bedeutung zuschreiben können, wie die ge- nannten Autoren dies thun, so wollten wir die eigenartige Erscheinung immerhin nicht unerwähnt lassen. Welche Bedeutung ihr zukommt, und ob diese für die Auffassung der Richtungskörper wesentlich ist, lassen wir dahingestellt sein. Andere Umwandlungen, welche die Richtungskörper leiden können, stehen durchaus im Einklang mit ihrer Natur degenerirende Zellen; so beobachtete V. Hacker (1895) Canthocamptus das Zusammenfliessen der drei Richtungskörper zu einem ziemlich umfangreichen, stark färb- baren Gebilde, welches nachträglich wieder vom Ooplasma aufgenommen wird. Auch bei anderen Copep öden konnte Hacker (1895) ein Ver- schmelzen der Richtungskörper mit dem Ooplasma wahrnehmen; so wird bei Cyclops der zweite Richtungskörper regelmässig wieder irgendwie er- als bei 552 Zweiter Abschnitt. in das Ei aufgenommen. Ein ganz ähnlicher Vorgang findet nach der Angabe von Kr. Bonnevie (1901) auch bei den Nematoden (As- caris lumbricoi d es) statt. sp.rk, sp.rk, \ ,- B 2.rsp- sp.rk, C $ 2.rsp eik Fig. 331. Die Reifungstheilungen im Drolmenei von Apis mellifica (nach Petrunkewitsch). A die 1. Richtungsspindel im Uebergang zur Bildung der beiden 2. Reifungs- spindeln, B u. C nach innen zu die 2. Richtungsspindel, an der Peripherie die Spindel, welche die Theilung des 1. Richtungskörpers bewirkt, B Metakinese-, C Dyaster- Stadium, D nach vollzogener Theilung. 2. rxp 2. Richtungsspindel, sp. rl\ Spindel des 1. Richtungskörpers, rh, 2. Richtungs- körper, rkxc centraler, rl\p peripherer Theil des 1. Richtungskörpers, eik Eikern, erst im Entstehen begriffen (Tochterplatte der 2. Richtungsspindel). Während in den letztgenannten Fällen die Richtungskörper zu völliger Ausbildung gelangen und erst nachträglich wieder mit dem Protoplasma des Eis oder demjenigen einzelner Furchungszellen ver- schmelzen, kann ihre Ausbildung bei anderen Formen ganz VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. .",;,;; unterdrückt werden. So beobachtete Boveri (1887) bei As- caris meg., dass gelegentlich die I. Reifungstheilung infolge einer schrägen oder tangentialen Lage der Spindel nicht zur Abschnürung eines Richtungskörpers führt, sondern dieser im Ei einbehalten wird, welches sich im Uebrigen normal weiter entwickeln dürfte. Das Unterbleiben des Ausstossens der Richtungskörper bildet in manchen Insecteueiern die Regel. Nach den Beobachtungen, welche von Blochmann (1886—89), Platner (1888—89), Henking (1892) und Petrunkewitsch (1901) an den Eiern von Dipteren, Lepidopteren, und besonders von H y nie nop ter en gemacht wurden, gehen zwar die beiden Reifungstheilungen in der bekannten Weise vor sich (Fig. 331 A—G), aber die drei kleinen Zellen, welche sonst als Pro- duete dieser Theilungeu entstehen (Fig. 326 D—F), gelangen hier nicht zur Sonderung. Die Spindeln liegen zwar an der Peripherie des Eikörpers (Fig. 331 A—G), vermögen jedoch keine Parthie des- selben abzutrennen; vielmehr bleiben die durch die beiden Reifungs- theilungen entstandenen Kerne im Ooplasma liegen (Fig. 331 D). Hier werden sie wohl allmälig resorbirt, wie man bisher annahm, während nach den neuen Angaben von Petrunkewitsch allerdings noch eine wiederholte Theilung dieser Kerne stattfinden soll. Der Vorgang hat hier in so fern etwas noch mehr Rudimentäres an sieh, als eine Abschnürung der Richtungszellen überhaupt nicht mehr stattfindet; trotzdem bleibt aber die zweite Reifungstheilung noch am 1. Richtungs- körper erhalten (Fig. 331 B — D) ; übrigens ist das Typische der Reifungs- theilungen hier besonders deutlich dadurch ausgeprägt, dass die zweiten Reifungsspindeln direct aus der ersten hervorgehen (Fig. 331 A) , das Nichtzurückkehren in die Ruhe also sehr klar hervortritt. Wenn die Angaben von Petrunkewitsch sich als richtig erweisen sollten und bei der Biene thatsächlich die Richtungskörper nicht im Ooplasma zu Grunde gehen, sondern vielmehr noch eine mehrfache Theilung er- fahren und jene Zellgruppe liefern , welche in der weiteren Entwicklung als Anlage der Keimdrüsen eine grosse Wichtigkeit erlangen soll, so würde dadurch die Bedeutung der Richtungskörper (wenigstens für den betr. Fall) eine ganz andere werden, und von einem rudimentären Vorgang in dem bisherigen Sinne könnte dann nicht mehr ausschliesslich die Rede sein. Einstweilen handelt es sich jedoch nicht um einen Beweis, sondern nur mehr um eine Vermuthung, so dass von einer Discussion dieser Frage zunächst abgesehen werden kann. Die Bedeutung der Richtiuigskörper wurde schon verschiedentlich berührt, doch muss noch etwas genauer auf sie eingegangen werden, wobei allerdings von vorn herein zu betonen ist, dass sie mit anderen Fragen, wie mit der Samenreifung , der Reductionsfrage, der Reifung partheno genetischer Eier im engen Zusammenhang steht und also auch dort noch herangezogen werden muss. Die Richtungskörper sind seit ihrer Entdeckung sehr verschiedenartig aufgefas-st worden, was ja bei der- artigen Gebilden , deren Function nicht ohne Weiteres erkennbar ist oder die ihre Hauptfunction verloren haben, sehr begreiflich erscheint. Aufgefunden wurden sie bereits in den zwanziger Jahren des vorigen Jahr- hunderts durch L. G. Carus (1824) an Gastropodeneiern; an ähn- lichen Objecten wurden sie dann wiederholt, so von P. J. van Beneden (1840) und F. Müller (1848), beobachtet, welcher letztere wegen ihrer bereits erwähnten Lagebeziehung zu den Furchungsebenen (Fig. 329) 554 Zweiter Abschnitt. ihnen den Namen R i c h t u n g sb 1 ä s cli e n gab. Rathke (1848), der sie ungefähr gleichzeitig beschrieb und sich über ihre Bedeutung aussprach, hielt sie für ein Nebenproduct des Furch ungsvorgangs, für Dottermasse, die in Folge desselben nach aussen gedrängt würde, welche Vorstellung, dass es sich bei den Richtungskörpern um eine für die weitere Ent- wicklung des Eis überflüssige und desshalb zu entfernende Substanz handle, später, wenn auch in anderer Form, wiederkehrt. Obwohl recht genaue Beschreibungen der Richtungskörperbildung von verschiedenen Objecten, wie z. B. schon in den älteren Untersuchungen von Loven (1848) und Warneck (1850) an den Eiern von Muscheln und Schnecken, sowie denen von Robin (1862) über das Ei der Hirudineen gegeben wurden, so erkannte man doch nicht die Betheiligung des Kerns an derselben. Zwar hatte man bereits die Richtungskörperbildung damit in Zusammenhang gebracht, dass Theile des Keimbläschens aus dem Ei herausgebracht würden (Loven [1848]; E. van Beneden [1875], van Bambeke [1876] und Fol [1875]) hatte bereits die bei der Ab- schnürung der Richtungskörpern im Ei auftretende Strahlung bemerkt, aber Klarheit über das Morphologische des Vorgangs, d. h. die mit den Richtungskörper im Ei sich abspielenden Veränderungen, wurden erst durch eine Reihe kurz auf einander folgender Untersuchungen erlangt. Als erste von ihnen sind Bütschli's bekannte Arbeiten über die früheren Entwicklungsvorgänge der Eizelle (1875 und 1876) zu nennen, worin gezeigt wurde, wie sich das Keimbläschen in die Kernspindel verwandelt, mit welcher die Strahlungen verbunden sind ; die Kernspindel erfährt eine Verlagerung an die Stelle der Ei- peripherie, an der die Richtungskörperbildung erfolgen soll, und sie ist selbst an dieser betheiligt. Auch Giard (1876) stellte wie Bütschli Untersuchungen an verschiedenen Objecten (E c h i n o d e r m e n , Würmern und Mollusken) an und erkannte ebenfalls, dass es sich bei der Richtungskörperbildung um eine Theilung der Eizelle handelt, bei welcher an die Richtungskörper ein Theil des Kerns über- geht, der andere aber im Ei zurückbleibt. Durch 0. Hertwig's aus- gedehnte Untersuchungen an Echinodermen, Würmern und anderen Objecten (1877 und 1878) wurde dann mit Sicherheit erwiesen, dass dieser Vorgang den Charakter einer echten Mitose hat, die sich zwei Mal wiederholt, und bei der als eine Abweichung vom gewöhnlichen Verhalten bemerkenswerth ist, dass der Kern zwischen beiden Thei- lungen nicht in die Ruhe zurückkehrt, Bei der zweiten Theilung bleibt die Hälfte des Kerns im Ei zurück und wird zum Eikern. Damit war bereits ein Standpunkt gewonnen, wie er unserer jetzigen Beurtheilung dieser Vorgänge entspricht, d. h. die Richtungs- körper b i 1 d u n g erscheint als eine zweimalige Zell- theilung, wofür sie ungefähr gleichzeitig (1877) auch von Giard erklärt wurde, der die Richtungskörper als rudimentäre Zellen ansprach. Untersuchungen, welche von einer Reihe von Forschern an verschiedenen Objecten angestellt wurden, bestätigten durchaus diese Anschauung (Bütschli [1877], 0. Hertwig [1878], \Yhitman [1878], Trinchese [1880], E. L. Mark [1881], Blochmann [1882] u. A.), wobei zu bemerken ist, dass auch die mitotische Thei- lung des 1. Richtungskörpers selbst schon sehr bald erwiesen wurde (Trinchese Fig. 327 A und B, Blochmann).' Wenn es sich bei den Richtungskörperu um rudimentäre Zellen handelt, so fragt es sich, welche Bedeutung diese Zellen früher VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 555 hatten. Das Wahrscheinlichste ist, dass sie ursprünglich eben- falls Eizellen, d. h. der einen grossen Zelle ganz gleichwertig waren. Diese Auffassung der Richtungskörper als ..ab- ortive Eizellen", welche von E. L. Mark (1881) herrührt, liegl desshalb besonders nahe, weil die beiden Reifungstheilungen der Oo- cyten mit denen der Spermatocyten völlig übereinstimmen und weil diese am Ende der Spermatogenese auftretenden beiden Theilungen in diesem Fall zur Bildung von vier völlig functionsfähigen Zellen führen, wovon weiter unten (p. 569) noch näher die Rede sein wird. Die Vermuthung liegt also nahe, dass auch die drei jetzigen „Richtungskörper" ursprünglich funetionirende Ge- schlechtszellen, d. h. Eier waren. Ein Rudimentärwerden von Fortpflanzungs- und anderen Zellen i^t nichts Ungewöhnliches ; so lernten wir solche rudimentäre Geschlechts- zellen sowohl bei der Eibildung wie bei der Spermatogenese kennen, wo sie zumeist als Nährzellen Verwendung finden (p. 348 ff., 485). Bei der Sonderung der Geschlechtszellen von Cyclo ps bemerkte Hacker (1899) (im Zurückbleiben einiger der als Theilproducte der Urgenitalzelle ent- Fig. 332. Durchschnittene Furchungsstadien von Limas maxi in us mit Kich- tungskörpern von differente.r Grösse (nach Meisenheimeb). standenen Zellen) einen Vorgang, der sich hiermit vergleichen lässt. Noch mehr ist dies wegen des auffallenden Grössenunterschieds der durch Theilung aus einander hervorgegangenen Zellen der Fall bei der Bildung der „Zwerg-Schwesterzellen", wie sie in der Entwicklung der Rotato ri e n, Anneliden und Mollusken besonders bei der Dififerenzirung des Ento- und Mesoderms gefunden werden. Es handelt sich um sehr kleine Zellen, die als rudimentär betrachtet werden, und deren Bedeutung darin gesehen wurde, dass ihre Abgabe die Differenzirung der bei ihrer Theilung zurück- bleibenden grossen Zellen ermöglicht (Wilson). In ihrer Bedeutung sind sie desshalb besonders von Wilson (1898) mit den Richtungskörpern verglichen worden, dem sich HACKER (1899) in gewisser Beziehung an- schliesst, indem er noch auf andere ähnliche Beispiele hinweist. Einzelne, mehr gelegentlich gemachte Beobachtungen scheinen die Auffassung der Richtungskörper als abortive Eier durchaus zu bestätigen; so erwähnten wir schon früher, dass sie häufig recht um- fangreich sein können (Fig. 329* B). Dies ist nicht selten an den Eiern von Gastropoden der Fall (Fig. 327 C und Fig. 304 B)\ bei Limax beschrieben Mark, Kofoid und Meisenheimeb besonders grosse Richtungskörper, deren Durchmesser unter Umständen Korschelt-Heider, Lehrbuch. Allgemeiner Tli.il. II. Lief. 1. Q. 2. Aufl. 36 556 Zweiter Abschnitt. mehr als die Hälfte von demjenigen des Eis beträgt (Fig. 332 C). Dieselbe Beobachtung machte Garnault bei Hei ix bezw. Arion. bei deren Eiern die erste Reifungstheilung ausnahmsweise sogar zur Bildung zweier Theilstücke führen kann, die an Umfang ungefähr gleich sind, so dass der erste Richtungskörper in diesem Fall die Grösse des ganzen Eis aufwiese. Auch bei Polycladen kommen sehr umfangreiche Richtungskörper vor (Thysanozoon nach van der Stricht 1899), die bei Leptoplana nach den Angaben von Fkancotte (1898) ein Viertel, ein Drittel und ausnahmsweise auch hier den Umfang des ganzen Eis erreichen. Als Besonderheit war die Theiluug der Oocyte Fig. 833. Bildung- abnorm grosser Richtungskörper bei Ascaris megalo- cephala (nach JSala und Boveki). ji — (J Bildung verschieden grosser Zellen unter Kältewirkung; in A hat sich der erste Richtungskörper wieder getheilt, D Theilung der Oocyte II. Ordnung in zwei gleich grosse Zellen. 1 rk und 2 rk erster und zweiter Richtungskörper, $ Spermakern, 2 Eikern. II. Ordnung in zwei gleich grosse Hälften auch schon von Boveri 333 D), und Sala (1895) konnte auf experimentellem Wege durch Kälteeinwirkung veranlassen, dass die Reifungstheilungen bei Ascaris zur Bildung grösserer und unter Umständen an Umfang ungefähr gleich grosser Zellen führten (Fig. 333, A—C). Schon die oft sehr bedeutende Grösse der ersten Richtungsspindel und ihre Lage inmitten des Eis (Fig. 324.4 u. 325 A) erwecken durchaus den Eindruck, als sollte sie zu einer Theilung desselben in gleiche Hälften führen; später pflegt sie in solchen Fällen freilich eine VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befrachtung. .",.",, starke Verkürzung und Lageveränderung zu erfahren (Fig. 3245 u. C), doch kann diese auch ausbleiben (Fig. 325 B u. C). Ob es sich hierbei um ein Bewahren des früheren Theilungsmodus dieser Zellen handelt, wie es ganz den Anschein hat, oder andere Momente der Theilungs- meehanik mitsprechen, lässt sich zunächst nicht entscheiden. Dass es wirklich „Reifungstheilungen" sind, welche zur Bildung der grossen Zellen führen, ist in der Mehrzahl der oben genannten Falle ganz zweifellos; immerhin ist dies erwähn enswerth, denn man könnte leicht, da es sich offenbar um vereinzelte Vorkommnisse handelt, an jene abnormen Erscheinungen denken, wie sie als Zerklüftungen des ungefurchten Eis mit und ohne Betheiligungen des Kerns auftreten und zu einem Zerfall in zwei und mehr Theilstücke führen können. Um nur ein Beispiel zu nennen, erinnern wir an die von Blochmann (1882) für Neritina be- schriebenen Erscheinungen. Es sei noch erwähnt, dass die Richtungskörper ähnlich wie das Ei selbst eine Hülle besitzen können, die den Werth einer Dotterhaut hat, und die von Trinchese (1880) bei Amphorina als Zona radiata dargestellt wird (Fig. 327 JD). Bei dem geschilderten Verhalten ist es kaum anders zu erwarten . als dass auch gelegentlich bei der Befruchtung des Eis Spermatozoon in die mehr oder weniger umfangreichen Richtungs- körper eindringen. Sobotta hält dies z. B. bei deu grossen Richtungskörpern der Maus für nicht ausgeschlossen; Platneb be- obachtete bei Arion empiricoruni das Eindringen von Spermato- zoon in Richtungskörper, wie dies vor ihm auch schon Fol für Echinodermen-Eier angegeben hatte; ebenso konnte v. Kostanecki (1897) das Eindringen des Spermatozoenkopfes und dessen beginnende Umwandlung in einem Richtungskörper von Physa feststellen. Somit lassen sich auch die Ausbildung des Spermakerns neben dem Kern des Richtungskörpers (Eikern) und eine Vereinigung beider, die Aus- bildung einer Furchungsspindel und die nunmehr erfolgende Furchung der abortiven Eizelle denken. FIns sind derartige Angaben ausser den sogleich noch zu erwähnenden von Francotte aus der Litteratur nicht bekannt geworden; wenn Trinchese's Darstellung von der Theilung des zweiten Richtungskörpers richtig ist, so müsste es sich doch wohl um eine solche Furchungsspindel handeln (Fig. 327 D); freilich sollte hier eine völlige Durchtrennung erfolgen, und das würde wieder nicht stimmen. Es wäre jedenfalls von Interesse über diese Dinge Genaueres, vielleicht gerade auch durch Beobachtungen und Versuche an den von Trinchese beobachteten , anscheinend hierfür besonders günstigen Formen, zu erfahren. Mittheilungen über die thatsächli che Weit erentwickl ung eines Richtungskörpers sind von Francotte für eine Polyclade (Prosthecera eus vittatus) gegeben worden; es ist dies jene Form, bei welcher der erste Richtungskörper ungefähr die Grösse des Eis erlangen kann und dann also zwei Zellen von fast demselben Volumen in der Eihülle liegen. Ein Irrthum darüber, dass die eine davon der Eizelle, die andere dem eisten Richtungskörper entspricht, soll nach Francotte's Darstellung ausgeschlossen sein; jedenfalls seien sie durch eine Theilung, die durchaus den Charakter der ersten Reifungs- theilung zeigt, aus einander entstanden. Beide durchlaufen nun eine zweite Reifungstheilung. die bei beiden zur Abschnürung eines kleinen (zwreiten) Richtungskörperchens führt, beide werden dann 36* 558 Zweiter Abschnitt. befruchtet, wobei Ei und Spermakern beobachtet wurden, und machen eine Furchung durch , um sich bis zum Gast rulasta diu m z u entwickeln. In diesem Falle würden thatsächlich von den am Ende der Oogenese durch die beiden Reifungstheilungen entstehenden Zellen zwei (und nicht wie gewöhnlich eine) zu weiterer Ausbildung gelangen, und man hätte es also hier mit der Entwicklung einer der „abortiven Eizellen" zu thun. Wenn es sich also bei jenen drei Zellen um rudimentäre Eier handelt, so ist die weitere Frage aufzuwerfen, welche Ursachen zu ihrer Rückbildung g e f ü h r t habe n. Mark (1881) sucht dieselben darin, dass es wünschenswerth gewesen sei, um die weiblichen Keimzellen besser auszurüsten, die Zahl derselben zu verringern; daher die Zurückbildung einer so beträchtlichen Anzahl derselben. Einen anderen Ausgangspunkt nimmt Bütschli (1885), indem er auf die gruppen- oder bündeiförmige Anordnung der Keimzellen ein be- sonderes Gewicht legt, wie sie sich bei den Samenzellen vieler Thiere sehr verbreitet findet und auch schon bei den Protozoen anzutreffen ist (vgl. oben p. 467); ähnlich liesse sich annehmen, dass auch die weiblichen Keimzellen zuerst eine gruppenförmige Anordnung zeigten, Aveil sie ähnlich wie die männlichen in einer besonderen Generation der Colonie erzeugt würden. Später entwickelten sich nur noch einige oder auch nur eine Keimzelle zum Ei ; die anderen functionirten vielleicht für diese als Nährzellen und gelangten schliesslich zur Rückbildung; so ist die Bildung der Richtungskörper noch „ein An- klang an die ehemaligen weiblichen Gametencolonien der Metazoen und ihrer protozoitischen Vorläufer". Auf diesen Vergleich mit dem Verhalten der Protozoen wird später noch zurückzukommen sein. Auch Boveri (1886) stellte sich sehr entschieden auf den Stand- punkt, dass die Richtungskörper als abortive Eizellen anzusehen seien ; er legte sich ebenfalls die Frage vor, wesshalb die Eier zurück- gebildet würden, sowie die andere, wesshalb sie noch jetzt gebildet werden und nicht verschwunden sind. Die erste Frage beantwortet er in ähnlicher Weise, wie es von Seiten Mark's geschah; erwähnens- werth ist dabei der von Boveri gezogene Vergleich mit den drei zu jeder Oocyte gehörigen Nährzellen im D aphno'ide novarium, die ebenfalls durch Rückbildung und Umbildung von Keimzellen ent- standen (vgl. p. 354). Die zweite Frage wurde von Boveri dahin beantwortet, dass die Keimzelle, um die Eier zu liefern, eine be- stimmte Anzahl von Theilungen zu durchlaufen haben, von denen jede mit gewissen Umwandlungen der Zellen und besonders ihrer Kerne verbunden ist, welche ihrerseits ohne die Theilungen nicht er- folgen können. Daher müssen die letzteren erhalten bleiben, auch wenn ein Theil der Eizellen bezw. Eimutterzellen zu Grunde geht. Indem Boveri (1886 u. 1890) auf die letzten beiden Zellgenerationen der Oogenese ein besonderes Gewicht legt und die sich hierbei an den Kernen vollziehenden Umänderungen zu denen bei der Spermatogenese in Beziehung setzt, zieht er bereits jenen Vergleich zwischen Ei und Samenreifung, welcher sich für die Auffassung dieser Vorgänge so fruchtbar erwiesen hat. Dieser Vergleich wurde auch von (l. Platner (1889) auf Grund seiner Untersuchungen über die Eireifung und Spermatogenese verschiedener Objecte in den Haupt- zügen festgelegt, und fast gleichzeitig nahm 0. Hertwig (1890) den- selben an einem so vorzüglich geeigneten Objecte wie Ascaris VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung- und Befruchtung. .",.", '. I m e ga 1 o ce p h a 1 a auf, um ihn sowohl au diesem wie auch besonders in theoretischer Hinsicht in sehr vollständiger Weise durchzuführen. Auch nach 0. Hertwig sind „die Richtungskörper Abortiveier, die sich durch einen letzten Theiluugsprocess aus den Eimutterzellen in derselben Weise wie die Samenzellen aus den Samenmutterzellen bilden. Während bei den letzteren die Theilproducte als befruchtungs- fällige Samenkörper Verwendung finden , entwickelt sich von den Theilproducten der Eimutterzelle eins zum Ei, indem es sich der ganzen Dotterinasse bemächtigt auf Kosten der übrigen, die in rudimentärer Gestalt als Richtungskörper fortbestehen". Völlig unter- drückt sind die Richtungskörper desshalb nicht worden, weil sie noch jetzt eine hohe physiologische Bedeutung haben, und zwar sieht 0. Hertwig diese in der Reduction der chromatischen Substanz, welche in Folge des Unterbleibens des Ruhestadiums während der Reifungstheihmg erfolgen soll, und durch welche später bei der Befruchtung die Summirung der chromatischen Substanz vermieden würde. Damit gelangen wir bereits auf das Gebiet der Reductionsfrage, welche erst nach Kenntniss der an den Kernen sich abspielenden Vorgänge behandelt werden kann (vgl. p. 563 u. 572 ti'.). wie wir auch auf den genaueren Vergleich zwischen Ei- und Samenreifimg aus denselben Gründen erst weiter unten (p. 570) eingehen können. Nur kurz berühren möchten wir jene Erklärungsversuche des Wesens der R ichtun gskör per, welche man gewöhn- lich als phylogenetische zu bezeichnen pflegt. Bereits weiter obeu wurde die Auffassung von Bütschli erwähnt, wonach die Richtungskörperbildung als Rest einer gruppenweisen Anordnung der Geschlechtszellen anzusehen und vielleicht als Anklang an die weiblichen Gametencolonien der Protozoen aufzufassen sei. Seither haben wir durch eiue Reihe ausgezeichneter Untersuchungen (Maupas, R. Hertwig, Schaudinn u. A.) über die Fortpnanzungsverhältnisse der Einzelligen erfahren, dass sich bei ihnen Vorgänge, abspielen, welche der Richtungskörperbildung ohne Weiteres gleichzustellen sind. So sieht man im Körper der in Conjugation befindlichen Infusorien nach einer zweimaligen mitotischen Theilung des. Mikronucleus nur eines dieser Theilstücke bei der dann folgenden Kernvereiniguug „Befruchtung" Verwendung finden (Maupas, R. Hertwig), während drei davon zu Grunde gehen und wohl mit Recht den drei Richtungs- körpern der Metazoen verglichen werden (R. Hertwig). Eine Theilung der Kerne vor dem eigentlichen „Befruchtungsact" und die daraus resultirende Entstehung peripher gelegener, den Richtuugsköipern vergleichbarer Gebilde, die sogar wie diese als kleine Zellen vom Körper abgeschnürt werden können, findet sich auch bei Sporozoen und Heliozoen (Schaudinn, R, Hertwig). Wenn die Zahl nicht immer die Dreizahl ist, so ist zu bemerken, dass auch bei den Metazoen Variationen vorkommen, indem z. B. die Theilung des ersten Richtungs- körpers unterbleibt, und dass weiterhin diese Vorgänge bei den Protozoen noch nicht eingehend genug studirt sind, als dass mau hierüber bereits ein sicheres Urtheil abgeben könnte. Bei der Uebereinstimmung. welche somit bezüglich des der Be- fruchtung vorausgehenden Reifungsvorgangs zwischen Protozoen und Metazoen herrscht, wird sich die phylogenetische Erklärung der Richtungskörper bei den letzteren in jener früheren Form kaum aufrecht erhalten lassen, zumal bei den Protozoen, welche jene 560 Zweiter Abschnitt. Reif ungstheilun gen zeigen, eine geschlechtliche Differenzirung noch fehlen kann und also der Grund für das Rudimentärwerden der betr. Zellen wegfällt, worauf von R. Hertwig aufmerksam gemacht wird. Dagegen erscheint die Zurückführung der in der Oogenese bezw. Spermatogenese und Befruchtung der Metazoen sich abspielenden Kernveränderungen auf die entsprechenden Vorgänge bei der Conjugation der Protozoen als das Gegebene. Somit tritt also wieder das physiologische Moment, und zwar auch für die „Reifungstheilungen" der Protozoen, in den Vordergrund; in dieser Weise werden sie denn auch von R. Hertwig auf Grund seiner Untersuchungen an Actinosphaerium aufgefasst, indem er es für erwiesen hält, dass durch sie eine Reduction der Chromatinmasse im Kern herbeigeführt wird und eine solche für den Vollzug der Befruchtung nöthig ist. Was man jenen phylogenetischen Erklärungsversuchen des Wesens der Richtungskörper entgegen zu halten hat, nämlich dass ein allem Anschein nach homologer Reifungsprocess auch bei den Protozoen selbst stattfindet, wird man auch auf diejenigen anwenden müssen, welche in der Richtungskörperbildung eine Reminiscenz an die frühere ungeschlechtliche Fortpflanzung der Protozoen-Vorfahren er- blicken. Es sind dies die von Giard (1876—90) und Whitman (1878) aufgestellten Theorien über die Bedeutung der Richtungskörper, die von anderen Forschern, wie Garnault (1889) und Lameere (1890), auf- genommen und in mancher Hinsicht moditicirt wurden. Im Wesentlichen handelt es sich bei dieser Auffassung darum , dass die Richtungskörper den Rest jener ungeschlechtlichen Vermehrungsstadien (Theilungen) darstellen, welche der Conjugation vorausgingen; die im Metazoenkörper freigewordene Keimzelle wiederholt gewissermaassen das Protozoenstadium in der Entwicklung des Metazoons; nach einer Anzahl von Theilungen , deren letzte zur Bildung der (uns als Richtungskörper erhaltenen) rudimentären Zellen führen, tritt die Conjugation, d. h. die Befruchtung, ein. Wir beabsichtigen wie gesagt, auf diese Ausführungen über die Natur der Richtungskörper nicht weiter einzugehen , sondern verweisen auf die genannten Autoren und besonders auf die verschiedenen Mittheilungen von Giard über diesen Gegenstand. Eine wichtige Rolle für die Deutung der Natur der Richtungs- körper hat ihr Verb alten bei den auf parthenogenetischem Wege sich entwickelnden Eiern gespielt, und zwar zunächst hauptsächlich desshalb, weil man glaubte , dass von den partheno- genetischen Eiern Richtungskörper überhaupt nicht gebildet würden. Darauf hauptsächlich beruht jene bekannte Hypothese, welche von Minot (1877) aufgestellt und von Balfour (1880), sowie E. van Beneden (1883) in etwas anderer Form vertreten und weiter ausgebaut wurde; sie besagt, dass das Ei an und für sich hermaphroditisch sei, und dass der männliche Bestandteil vor der Befruchtung entfernt werden müs«e. um bei dieser für das neu hinzukommende männliche Element Platz zu schaffen bezw. dessen Hinzutreten erst zu ermöglichen. Die Entfernung des männlichen Bestandteils geschieht eben durch die „Ausstossung" der Richtungskörper, und wenn diese unterbleibt, so ist das Ei zu einer parthenogenetischen Entwicklung befähigt. Als Weismann (1885 u. 188(3) das Vorhandensein von Richtungskörpern auch bei parthenogenetischen Eiern feststellte und damit jene Hypothese hinfällig wurde, blieb dennoch ein Unterschied zwischen partheno- genetischen und befruchtuugsbedürftigen Eiern bestehen, indem sich VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. ."iiil zeigte, dass die ersten im Allgemeinen nur e i n e n . die anderen aber zwei Richtungskörper bilden (Weismann und Ishikawa 1887, Bloch- mann 1887). Dieses differente Verhalten der nach Befruchtung und un- befruchtet sich entwickelnden Eier musste weitere Erklärungsversuche geradezu herausfordern und. wieder war es Weismann, der einen solchen unternahm. Er hatte die Bedeutung der Richtungskörper früher darin gesehen, dass durch die Reifimgstheilungen jenes für die Heranbildung des Eis nöthige, später jedoch überflüssige histogene (und speciell oogene) Kernplasma entfernt werde und im Eikern nunmehr allein „Keimplasma" zurückbleibe, d. h. jene als Träger der vererblichen Eigenschaften besonders wichtige Substanz; jetzt nahm er nun an, dass die Entfernung des oogenen Plasmas, die jedenfalls auch den parthenogenetischen Eiern zukommen muss, nur durch den ersten Richtungskörper erfolgt, während die Aufgabe des zweiten Richtungskörpers darin bestehe, eine Reduction des Keimplasmas herbeizuführen, wodurch eine Häufung jener Substanzen bei der Be- fruchtung vermieden würde. Diese Auffassung wurde zwar später von Weismann aufgegeben, jedoch hielt er an einem Unterschied in derBedeutung des ersten und zweiten Richtungskörpers fest, indem bei der Bildung des letzteren im Gegensatz zu dem ersten jene Reduction des Chromatins, eben des Trägers der vererblichen Eigenschaften, an Quantität und Qualität stattfindet, auf welche Weismann ein so grosses Gewicht legt, und auf die wir bei anderer Gelegenheit (p. 607) noch zurück zu kommen haben werden. Die Reduction des Chromatins, speciell die Herabsetzung der Chromosomenzahl auf die Hälfte, wird durch die Zuführung der gleichen Chromatinmenge hei der Befruchtung wieder ausgeglichen. Da nun letzteres bei partheno- genetischen Eiern nicht geschieht, so braucht auch die Reduction nicht stattzufinden ; die Bildung des zweiten Richtungskörpers unterbleibt also (Weismann [1887 u. 1891], 0. Hertwig [1890]). Gegenüber der hier nur kurz characterisierten WEiSMANN'schen Auffassung machte Boveri (1890 u. 1892) geltend, dass, sie abgesehen von ihrer stark hypothetischen Natur dem morphologischen Werth des zweiten Richtungskörpers als einer rudimentären Eizelle nicht genügend Rechnung trüge und ihn vielmehr abermals als einen blossen Aus- wurf lingbetrachte, welcher dem männlichen ElementPlatz zumachen habe. Für das Fehlen des zweiten Richtungskörpers bei parthenogenetischen Eiern gibt Boveri desshalb eine andere Erklärung, die sich auf Be- trachtungen von ihm selbst, 'sowie von 0. Hertwig stützt und später durch Untersuchungen von A. Brauer an Artemia ihre Bestätigung gefunden hat. Es handelt sich dabei um gelegentlich (facultativ) oder wirklich parthenogenetische Eier, die einen Ansatz zur Bildung des zweiten Richtungskörpers machen bezw. ihn thatsächlich zur Ausbildung bringen, bei denen er jedoch vom Ei wieder einbezogen wird, und mit dem Eikern verschmelzend, gewissennaassen die Rolle des Spermakerus übernimmt*). Da der zweite Richtungskörper dieselbe Chromatinmenge bezw. Chromosomenzahl enthält wie der Ei- oder Spermakern, so ist ein solcher Ersatz sehr wohl möglich, und es wird dadurch die Schwierigkeit vermieden, dass das „Ei" nach Vollzug der ersten Reifungs- *) 'Sinn vergleiche hierzu die Ausführungen über die Reifung parthenogene- tischer Eier p. 617 ff. 5(V2 Zweiter Abschnitt. theilung, d. h. die Oocyte II. Ordnung oder die Eimutterzelle, also eine frühere Generation, in die Embryonalentwicklung eingeht. Findet die Bildung des zweiten Richtungskörpers (und also auch seine Wiedervereinigung mit dem Ei) überhaupt nicht statt, wie das offenbar bei vielen partlienogenetischen Eiern der Fall ist, so wird die für ihn bestimmte Kernsubstanz direct im Ei einbehalten, und es darf angenommen werden, dass sich am Kern entsprechende Umwandlungen vollziehen, die zu demselben Ergebniss führen, wie es vorher durch die Theilung und "Wiedervereinigung der Theilproducte erzielt wurde. In der That sprechen die von Brauer an Artemia gewonnenen Er- gebnisse für die Richtigkeit dieser Annahme. Eine Schwierigkeit bleibt übrigens für die Entwicklung partheno- genetischer Eier immer noch bestehen, nämlich die von Blochmann (1888 und 1889), Platner (1888—89) und Henking (1892) beobachtete und von Paulcke (1899), sowie Petrunkewitsch (1901) neuerdings bestätigte Thatsache, dass die Eier verschiedener Insecten (Apis, L i p a r i s u. a.) auch bei parthenogenetischer Entwicklung zwei Richtungskörper nach Art der befruchtungsbedürftigen Eier bilden können. Wenn die Thatsache, dass derartige Eier überhaupt ent- wicklungsfähig sind, nicht von vorn herein angezweifelt wurde (A. Brauer [1893]), hat man sie damit zu erklären gesucht, dass diese Eier eben nur facultativ parthenogenetisch und daher noch ganz auf das Hinzutreten eines Spermatozoons eingerichtet sind, erst wenn Letzteres ausbleibt, treten sie doch noch in die parthenogenetische Ent- wicklung ein (Boveri, Weismann). Die Reduction, d. h. die Vermin- derung der Chromosomenzahl, welche nach Vollzug der beiden Reifungs- theilungen im Ei bemerkbar ist. wird nach den Untersuchungen von Petrunkewitsch durch eine nachträgliche Verdoppelung der Chromo- somenzahl wieder ausgeglichen ; auf welche Weise diese aber vor sich geht, konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Wir nähern uns damit abermals einem Gebiet, welches wir später noch eingehender zu behandeln haben , nämlich der Reifung partheno- genetischer Eier und dem Reductionsproblem ; eine Berührung mit diesen Fragen ebenso wie mit der Befruchtung war nicht ganz zu vermeiden, wenn die Bedeutung der Richtungskörper einigermaassen erschöpfend be- handelt werden sollte , doch haben wir uns nach Möglichkeit beschränkt, die betreffenden Erörterungen auf später versparend. Nachdem man die bei der Richtungskörperbildung an den Kernen sich abspielenden Vorgänge genauer kennen gelernt und sie mit den unterdessen ebenfalls bekannt ge- wordenen Vorgängen bei der Samenreifung verglichen hatte, nachdem sich dann ganz directe Beziehungen dieser Erscheinungen zu den bei der Be- fruchtung beobachteten ergaben , knüpfte sich eine Menge theoretischer Spekulationen von grösserer oder geringerer Berechtigung an diese Dinge an, auf welche wir zum Theil bereits hinweisen mussten, auf die wir aber zum grösseren Theil, wie gesagt, erst später, nach Erledigung jener feineren Vorgänge der Eireifung, Samenreifung und Befruchtung, eingehen können. Um die Kenntnisse dieser letzteren Vorgänge haben sich besonders Bütschli, 0. Hertwig, Fol, E. van Beneden, E. L. Mark, Weismann, Boveri, doch ausser diesen auch noch Carnoy, Rückert, Hacker, vom Rath, A. Brauer, E. B. Wilson und viele andere Forscher grosse Verdienste erworben. Zum Theil werden wir ihre Namen in den nächsten Abschnitten noch zu nennen haben, doch ist die Zahl der Publicationen auf diesem Gebiet eine so grosse, dass wir uns zum Theil mit einem Hinweis auf das VI. Capitel. Eireifung-, Samenreifung und Befruchtung. .*.ii:', Litteraturverzeichniss bezw. auf frühere, specicll auf diesen Gegenstand bezügliche zusammenfassende Darstellungen verschiedener Autoren begnügen müssen (Boveri 11892], RCckert [1893], Wilson [1896 u. 1900], Sübotta [1896], Hacker [1898 u. 1899], Fick [1899]). 3. Das Verlialten der Kerne bei der RicktungskörperMlduDg. Iu der vorher (p. 546) geschilderten Weise vollzieht sich der ReifuDgsvorgang im Allgemeinen hei den thierischen Eiern, doch ge- winnt derselbe durch die Form der Spindel und vor Allem durch das Verhalten der chromatischen Substanz in den einzelnen Fallen eine besondere und characteristische Beschaffenheit. Für das Verständniss des Vorgangs wird es nöthig sein, einige solche Fälle in's Auge zu fassen, und wir möchten den durch die ausgezeichneten Untersuchungen von E. vax Beneden (1883) und Boveri (1887 u. 88) zum classischen Object dieser Zellenforschimgen gewordenen Pferdespulwurm (Ascaris megaloeephala) zunächst vorausschicken. Dieses Ohject empfiehlt sich auch in so fern für das Studium der bei der Eireifung sich ab- spielenden feineren Vorgänge, als die Zahl der Chromosomen eine sehr geringe ist. Boveri hat in dieser Hinsicht zwei Varietäten des Wurms (Asc. megal. univalens und bivalens [0. Hertwig, 1890]) unterschieden, je nachdem das Keimbläschen zur Zeit der Reifung eine oder zwei Gruppen chromatischer Elemente enthält. Wegen der nicht so bedeutenden Differenz gegenüber anderen Thier- arten bevorzugen wir bei unserer Darstellung die zweite Varietät (Ascaris meg. bivalens). Die Umwandlungen, welche das Keimbläschen beim Uebergang zur ersten Beifungstheilung erfährt, sind ganz ähnliche, wie wir sie bereits keimen lernten; die Form wird unregelmässig, um dann nach erfolgter regelmässiger Anordnung der chromatischen und achromatischen Sub- stanz in die Spindelform überzugehen (Fig. 334 A—I)). Gleichzeitig findet eine Verlagerung des derartig umgestalteten Keimbläschens an die Oberfläche des Eis statt, woselbst sich die Spindel anfangs schräg und später in radialer Richtung einstellt (Fig. 334 E und F). Die Richtungsspindeln von~A sc. inegal oeeph. zeigen nicht nur in Folge ihrer Tonnenform, sondern auch insofern eine eigenthümliche Beschaffenheit, als die Centrosomen und Strahlungen an ihnen stark zurücktreten und durch die Conservirung leicht ganz verloren gehen, so dass man früher direct annahm. Centrosomen und Sphären seien bei ihnen nicht vorhanden, doch konnten sie später nachgewies* o werden (Sala [1895], E. Fürst [18981, Moszkowski [1902]). Das Chromatin lässt in früheren Stadien eine Anordnung in zwei Bänder erkennen, von welchen jedes einen Längsspalt besitzt und aus hinter einander angeordneten Körnchen zu bestehen scheint (Fig. 334 A—C). Diese Chromatinbänder erfahren alsbald eine sehr beträcht- liche Verkürzung, und ob sie nun vorher schon (im Querschnitt) vier- theilig waren oder nicht, jedenfalls ist jetzt aus jedem der Bänder eine viertheilige Chromatingruppe hervorgegangen (D und E). Damit sind wir zu den Vierergruppen (Tetraden) gelangt, welche in den auf diesen Gegenstand gerichteten Forschungen der letzten Jahre eine so .wichtige Rolle spielen, und auf die wir, wie auf das specielle Ver- halten des Chromatms bei den Reifungstheilungen, später noch genau einzugehen haben werden (p. 573 ff.). 504 Zweiter Abschnitt. Die erste Richtungsspindel von Asc. meg. bivalens weist zwei solche aus vier Chromatinstäbchen oder -körnern bestehenden Vierer- gruppen auf, welche die Aequatorialplatte bilden (Fig. 334 D—F). Bei der Varietät uni Valens findet sich dagegen nur eine Vierer- gruppe in der ersten Richtungsspindel, die dadurch ein besonders einfaches Verhalten zeigt. Es sei hierbei erwähnt, dass ausnahmsweise und wohl als ein nicht normales Verhalten anstatt zwei Vierergruppen deren vier in der ersten Richtungsspindel von Asc. meg. bivalens vorkommen können und auch die zweite Richtungsspindel eine entsprechende Verdoppelang der Chromatin- menge zeigt (Moszkowski [1902]), wie auch in den Eiern anderer Thiere die Zahl der Chromosomen gelegentlich variiren soll. A B E 2 H Äs ; 3> K Fig. 334. Richtungskörperbildung bei Ascaris megalocephala bivalens nach Boveri. A — E Ausbildung der ersten Richtüngsspindel, in A und E das Spermatozoon bezw. der in Ausbildung begriffene Spermakern, F— I Bildung des ersten Richtungs- körpers, K und L die zweite Richtungsspindel, daneben der abgestossene erste Richtungskörper, M—O Bildung des zweiten Richtungskörpers, daneben an der Ei- niembran der ersten Richtungskörper. Der weitere Verlauf der Richtungskörperbildung erfolgt bei der ersteren Varietät auf die Weise, dass in der von anderen Mitosen bekannten Art eine Theilung der Aequatorialplatte eintritt und ent- sprechend den beiden Vierergruppen je zwei Paare von Körnern gegen die Peripherie und nach innen zu rücken (Fig. 334 F—H). wobei zunächst Verbindungsbrücken zwischen den aus einander rückenden Körnern erhalten bleiben, wie derartige Verbindungen auch vorher VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 565 schon zwischen den Chromatinstäbchen bezw. in der Längsansicht des Bandes zwischen dessen beiden Theilhälften erkennbar waren. Kücken die Körner noch weiter ans einander, so sieht man zwischen ihnen die Verbindungsfasern auftreten (G und H) . wie sie auch sonst im Dyaster-Stadium der Mitose zwischen den beiden „Tochterplatten" beobachtet werden. In der früher angedeuteten Weise folgt der Kerntheilung die Zelltheilung und damit die Abschnürung des ersten Richtungskörpers, welcher somit zwei Paare von Chrom atinkörnern erhält (H und 1). Ein Zurückkehren des Kerns in die Ruhe findet auch hier nicht statt, sondern es bildet sich sofort die zweite Richtungsspindel. Dies geschieht dadurch, dass die achromatische Substanz, welche die im Ei zurückgebliebene Tochterplatte umlagert, die Spindelfasern liefert und die beiden Körnerpaare, welche die Körner zunächst in einer Reihe gelagert zeigten, sich gegen einander aufrichten (Fig. 334 K imd L) und nunmehr die aus zwei zweitheiligen Gruppen oder zwei Körnerpaaren bestehende Aequatorialplatte der zweiten Richtungsspindel bilden (Mouaster-Stadium). An dieser wiederholt sich dann derselbe Process wie vorher, d. h. die aus je zwei Körnern gebildeten Tochter- platten rücken aus einander (Dyaster-Stadium), und der zweite Rich- tungskörper wird abgeschnürt {M—O). Dieser erhält naturgemäss nur zwei Chromatinkörner, während dem ersten deren vier zugetheilt wurden; dem entsprechend ist auch sein Umfang geringer. Bei der Varietät A s c. m e g. univalens wird mit dem zweiten Rich- tungskörper nur ein Chromatinkorn ausgestossen ; der erste enthält zwei Körner. Nach erfolgter Abschnürung des zweiten Richtungskörpers kehrt der im Ei zurückgebliebene Kern in die Ruhe zurück. Unweit von dem Eikern pflegt dann schon der Spermakern zu liegen, denn das Ein- dringen der Samenzelle erfolgt beim Pferdespulwurm schon sehr früh und vor der Richtungskörperbildung (Fig. 334 A und E), welche Er- scheinung auch bei anderen Thieren beobachtet wird. Das männliche Element verbleibt dann also eine Zeit lang im Ei, ohne dass sein Kern mit dem weiblichen Kern sich vereinigt und damit der eigent- liche Befruchtungsact erfolgt, während in anderen Fällen das Spermato- zoon während oder auch erst nach der Richtungskörperbildung in das Ei eindringt und dann die Befruchtung bald vor sich zu gehen pflegt (man vgl. hierzu auch p. (330 ff.). Dass vom männlichen Element auf das Ei ein Reiz ausgeübt wird, welcher die Bildung der Richtungs- körper auslöst, wie man es gelegentlich dargestellt hat, braucht somit nicht der Fall zu sein; auch verhält es sich häutig so, dass das Keimbläschen seine Vorbereitungen zur Bildung der ersten Richtungs- spindel bereits trifft, ehe noch das Spermatozoon eindringt. Jeden- falls alier ist das noch nicht gereifte Ei oder besser gesagt die Oocyte I. oder II. Ordnung fähig, das Spermatozoon in sich aufzunehmen, wie bereits gezeigt wurde. Was die Umwandlung der im Ei verbleibenden Tochterplatte der zweiten Richtungsspindel zum Eikern betrifft, so entspricht sie dem Ver- halten der nach der Theilung in die Ruhe zurückkehrenden Kerne; zuweilen ergibt sich dadurch eine sehr charact« ristische Beschaffen- heit des in der Ausbildung begriffenen Eikerns, dass die Chromosomen bläschenförmig anschwellen und der Kern in Folge dessen ein mehr- lappiges Aussehen zeigt (so bei Ciona nach (Joi.ski [ISiW] und bei Physa nach v. Kostanecki und Wierzejski [1896]) oder sich that- 566 Zweiter Abschnitt. sächlich aus einer Anzahl von Bläschen zusammensetzt (Fig. 335 A — C). Bei Thysanozoon z. B. sind es nach van der Stricht (1898) ent- sprechend der Zahl der Chromosomen neun Bläschen, die den Kern bilden, und ganz ähnlich verhalten sich andere Polycladen (nach v. Klinkowström [1897] und van Name [1899]). Bald tiiessen dann die Chroniatinbläschen zusammen, um den anfangs noch gelappten, später aber regelmässig gestalteten und abgerundeten Eikern zu bilden, der sodann in die Tiefe rückt (Fig. 334 B und E). Ein hier- mit sehr übereinstimmendes Verhalten findet sich auch bei anderen Thierformen, z. B. bei Chaetopterus nach Mead (1898), Tha- V Q. °... ...:■:. :°Ö?:OQi Fig. 335. Endstadien der Eireifung von Chaetopterus pergamentaceus und Eustylochus ellipticus (nach Mead und van Name). A Ende der zweiten Richtungstheilung , B und C die aus mehreren Bläschen be- stehenden Eikerne, D und E Ausbildung des Eikerns. A, ('und E von Chaetopterus, .B und D von Eustylochus. ei Eikern, rk Richtungskörper, sp Spermakern. lassema nach Griffin (1899), Cerebratulus nach v. Kostanecki (1902), Allolobophora nach Foot und Strobell (1900), Poly- stoma nach Halkin (1901) und Goldschmidt (1902) (Fig. 335 A und C, Fig. 386 p. 677). Auch bei Myzostoma konnte Wheeler (1897) solche Bilder als ein ausnahmsweises Verhalten des Eikerns beobachten. Ein ähnliches Anschwellen der Chromosomen zu bläschenai-tigen Gebilden wird gelegentlich auch bei der Reifung der Samenzellen ge- funden, wie die Beobachtung von Meves (1901 u. 1902) über die Spermato- genese von Paludina zeigt (Fig. 354 p. 604). VI. Capitel. Eireifung, Samenreit'ung und Befruchtung. 567 Wir haben absichtlich, ohne auf die abweichenden Darstellungen der verschiedenen Autoren einzugehen, die Vorgänge der Eireifung in den Hauptzügen geschildert und möchten nun zunächst in ähnlicher Weise die Samenreifung darstellen, um erst im Anschluss hieran die in beiden Fällen sehr übereinstimmende Chromatinreduction in's Auge zu fassen bezw. sie in ihren Beziehungen zum Befruchtungsvorgang zu erläutern. II. Die Samenreifung. Bei Betrachtung der Spermatogenese lernten wir im Hoden in mehr oder weniger regelmässiger Vertheilung recht verschiedenartige Zellenformen kennen, die als Ursamenzellen, Spermatogonien, Spermato- cyten und Spermatiden bezeichnet wurden. Schon damals wurde erwähnt, dass die letzten beiden Theilungen der Samenzellen vor deren Umbildung zum Spermatozoon von ganz besonderem Interesse sind, Fig. 330. Aus- bildung der Chromoso- men und Vierergruppen in den Spermatogonien (A und B) und Sperma- tozyten (C — H) von A s - caris megaloce- p h a 1 a bivalens nach A. Brauer. In A — C sind die ganzen Zellen, in D — H nur die Kerne dar- gestellt. G H frii * ohne dass zunächst auf dieselben eingegangen wurde. Es sind die Reifungstheilungen. Die betreffenden Vorgänge wurden zwar nicht so häutig und bei so vielen Formen studirt wie die der Eireifung, sind aber bereits recht genau bekannt und zumal in den letzten Jahren mehr berücksichtigt worden. Wir halten uns zunächst ebenfalls an die bei Ascarismegalocephala gewonnenen Ergebnisse, da wir ohne- hin deren Eireifung einer genaueren Betrachtung unterzogen und der Vergleich zwischen beiden Vorgängen dadurch wesentlich erleichtert wird. Ausserdem liegen auch bei den männlichen Zellen dieser Species die Verhältnisse im Vergleich zu anderen Formen besonders klar. Wie im weiblichen lassen sich auch im männlichen Geschlecht bezüglich des Verhaltens der Chromatingruppen in den Kernen der Genitalzellen die beiden Varietäten univalens und bivalens unter- scheiden; wir wählen, wie bei der Eireifung, die letztere zur Dar- stellung. Ganz ähnlich den Verhältnissen im Keimbläschen von Asc. meg. bivalens findet man im Kern der Spermatozyten I. Ordnung in einem bestimmten Stadium zwei viertheilige Chromatingruppen (Fig. 33(3 H 568 Zweiter Abschnitt. und Fig. 337 A)\ so wie dort entstehen sie durch Verkürzung zweier bereits längsgespaltener bezw. schon viertheiliger Chromatingebilde von bandförmiger Gestalt (Fig. 336 D—H). Ob diese letzteren aus einem einzigen Chromatinfaden ihren Ursprung nehmen, wie es Brauer beschreibt (Fig. 336 E), lassen wir hier zunächst dahin gestellt sein. Thatsache ist jedenfalls, dass die in der Längsspaltung ihren Aus- druck findende Zweitheiligkeit und wohl auch die Viertheiligkeit der Chromosomen bereits ausserordentlich früh auftritt, nämlich zu einer Zeit, wenn die Chromosomen erst in ihrer Ausbildung begriffen sind (Fig. 336 J) und JE), und sogar schon dann, wenn das Chromatin noch ein ziemlich unregelmässiges Gewirr im Kernraum darstellt (Fig. 336 C und D). A ß • n • 5 H ... * 5 ^r y Fig. 337. Erste {A—C) und zweite Reifungstheilung (D—H) der Spermatocyten von Ascaris megalocephala bivalens nach A. Brauer. A—C Spermatocyten I. Ordnung, D — H Spermatocyten II. Ordnung bezw. Sperma- tiden (H). Besonders erwähnenswerth ist der Gegensatz, welchen dieSpermato- gonien zu den Spermatocyten I. Ordnung bieten, indem ihre Kerne nicht zwei, sondern vier längsgespaltene Kernschleifen enthalten (Fig. 336 A und J5), auf welchen Unterschied wir später zurück zu kommen haben. Gehen wir jetzt von den Spermatocyten I. Ordnung mit den beiden Vierergruppen im Kern aus, so sehen wir im Gegensatz zu dem Verhalten der Oocyten neben dem Kern deutliehe Centrosomen auftreten (Fig. 337 A); die Kernmembran beginnt zu schwinden, achro- matische Fasern erscheinen und ordnen sich regelmässig an, so dass die beiden Tetraden nunmehr die Aequatorialplatte einer Spindel bilden (Monaster-Stadium, Fig. 337 B). In dieser zeigt das Chromatin VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. .~>li! I durchaus das bei der ersten Richtungsspinde] beobachtete Verhalten (Fig. 334 D — G p. 564), und auch die folgenden Stadien stimmen völlig überein. Je zwei Paare Chromatinkörner der Vierergruppen weichen aus einander (Dyaster-Stadium , Fig. 337 C); zwischen den hierdurch entstandenen beiden Tochterplatten haben sich die Verbindungsfasern gebildet, und schliesslich tritt die Theilung der Zelle ein. Damit sind die beiden Spermatocyten II. Ordnung entstanden. "Wie nach der Bildung des ersten Richtungskörpers die Kerne nicht in die Ruhe zurückkehren, sondern sofort die zweite Richtungs- spindel gebildet wird, so wird auch hier jede der beiden Tochter- platten ohne Weiteres zur Aequatorialplatte der zweiten Reifungs- spindel umgewandelt. Eine Andeutung hierfür war schon vorher in der Verdoppelung der Centrosomen gegeben (Fig. 337 C), jetzt treten die Spindelfasern auf, die übrig gebliebenen Zweiergruppen ändern ihre Lage (D und E) , und jedes der beiden Chroinatinkörnerpaare entfernt sich in entgegengesetzter Richtung von dem anderen (G), worauf die Theilung der Zelle eintritt und aus der Spennatocyte II. Ordnung die beiden Spermatiden entstanden sind (Fig. 337 G u. H). Jede von ihnen weist zwei ungetheilte Chromatinelemente im Kern auf, ganz so wie der Eikeru und der zweite Richtungskörper (Fig. 334, 0 p. 5G4). Völlig übereinstimmend liegen die Verhältnisse bei Asc meg. uni- valens, nur dass hier nur eine viertheilige Chromatingruppe vorhanden ist. Bemerkenswerth ist dabei, dass nach Brauer's Beobachtung die Centrosomen zuerst im Innern des Kerns liegen und erst später nach aussen treten, wie dies neuerdings auch für ein ganz anderes Object, näm- lich für die Oocyte I. Ordn. von Prosthe cer aeus durch Gerard (1901) angegeben wird. Die Bildung der ersten und zweiten Reifungsspindel, ihre Veränderungen und die Zelltheilungen verlaufen wie bei der Varietät bi valens. Dementsprechend kommt hier dem Kern der Spermatide nur ein einziges ungetheiltes Chi-omatinkorn zu. Fassen wir den ganzen Vorgang kurz zusammen , so entstehen aus der Spennatocyte I. Ordnung durch Theilung zwei Spermatocyten II. Ordnung, und jede von diesen liefert zwrei Spermatiden, so dass also im Ganzen vier Zellen gebildet werden. Jede von diesen vier Samenzellen ist dadurch ausgezeichnet, dass sie in ihrem Kein nur die Hälfte der Normalzahl der Chromosomen irgend einer Gewebs- zelle des betreffenden Thieres besitzt. Die Normalzahl der Chromo- somen beträgt bei Asc. meg. uni valens 2, bei bi valens 4*). Die gereiften Samenzellen enthalten nur 1 (bei uni valens) bezw. 2 Chromosomen (bei bi valens). Die hier besprochenen Vorgänge sind besonders durch E. van Beneden und Julin (1884), 0. Hertwig (1890) und A. Brauer (1892) eingehend studirt worden; später hat man die Samenreifung auch bei anderen Formen (besonders Arthropoden, Gastropoden und Vertebraten) untersucht, wovon noch die Rede sein wird. Die wichtigen Vergleichs- *) Speciell für Ascaris bezw. für die Nematoden, bei denen der BovERi'sche Diminutionsvorgang beobachtet wurde (vgl. p. 374ff.), unterliegt dieser Satz insofern einer gewissen Schwierigkeit, als in den Somazellen die Chromosomen in eine Anzahl von Theilstücken zerfallen. Man sieht dann bei den Theilungen dieser Zellen eine grössere Zahl Chromatinkörner ganz wie Chr osomen auftreten. Ob sie freilich als solche aufzufassen sind oder eine bestimmte Anzahl von ihnen zu einer grösseren Einheit (dem Chromosoma) gehört, lässt sich aus den bisherigen Darstellungen dieses interessanten und wichtigen Vorgangs nicht entnehmen. 570 Zweiter Abschnitt. punkte zwischen Ei- und Samenreifung siüd kurz nach einander von Platner (1889) und Boveri (1887—90) auf Grund ihrer Untersuchungen an verschiedenen Objecten (Lepi dopteren, Gastropoden und Asc. megaloceph.) hervorgehoben worden, und 0. Hertwig hat den Vergleich dann in seiner bekannten Untersuchung über die Ei- und Samenbildung der Nematoden (1890) noch eingehender begründet. ürgeschleclitszeUe Oogonien Oocyten Keimzone \i\ Wachsthums- zone Oocyte I. 0 Oocyte IL 0 >RK ? 'Reifimgszone III. Vergleichung der Ei- und Samenreifung. Aus den über die Ei- und Samenreifung angestellten Betrach- tungen ergeben sich die Vergleiche fast von selbst und sind auch zum Theil schon vorher gezogen worden. Die Hauptpunkte sind dabei das Ausbleiben des Ruhestadiums zwischen den beiden Reifungstheilungeu und die Reduction der chromatischen Substanz. Auf den ersten Blick scheint das Resultat der Theilungen in beiden Fällen ein recht verschiedenes zu sein, indem im weiblichenGeschlecht neben einer Zelle von dem enormenUmfang (der Eizelle) drei kleine rudimentäre Zellen (die drei Richtungskörper), im männlichen Ge- schlech't hingegen vier Zellen von glei- cher Grösse (die vier Spermatiden) gebil- det werden. Am besten lassen sich diese Verhältnisse durch zwrei von Bo- veri entworfene schematische Darstellungen erläutern, welche wir dess- halb hier neben einander stellen (Fig. 338 u. 339). Boveri geht dabei aus von Urkeimzellen sowie den in der Keim- zone liegenden Oogonien und Spermatogonien, die eine grosse und zwar im männlichen Geschlecht naturgemäss weit grössere Zahl von Theilungen als im weiblichen Geschlecht durchlaufen. Nach der letzten Theilung der Oogonien und Spermatogonien machen die durch diese Theilung entstandenen Oo- und Spermatocyten (in der Wachsthums- zone) eine längere Ruheperiode durch, während welcher sie sich (ganz besonders im weiblichen Geschlecht) in mehr oder weniger be- deutendem Maasse vergrössern (Fig. 338 u. 339). Die herangewachsenen Oo- und Spermatocyten erfahren nun in der Reifungszone die beiden Reifungstheilungen. Die gewöhnlich schon als Ei, besser aber als Oocyte I. Ordnung oder Eigrossmutterzelle bezeichnete weibliche Zelle (vgl. hierzu p. 293) liefert in Folge der ersten Reifungstheilung die grosse Eimutterzelle und den ungleich kleineren ersten Richtungskörper. Indem diese beiden Oocyten IL Ordnung sich wieder theilen, entsteht die end- \ A 2RK Fiff. 338. Schema für die Herleitimg der Eizellen Eizelle ■ aus den Keimzellen nach Boveri. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 571 Spermatogonien Spermatocyten Keimzone A l\ \\ l\ Wachsthums- zone giltige (gereifte) Eizelle und der zweite Richtungskörper, sowie das Tlieilungsproduct des ersten Richtungskörpers (Fig. 3:38 u. 326 C—F p. 546). Ein Vergleich dieser Vorgänge mit den im männlichen Geschlecht sich vollziehenden zeigt ohne Weiteres die Uebereiustiminung (Fig. 339 u. 337). Die Spermatocyte I. Ordnung theilt sich in diejenigen IL Ordnung, und diese liefern die Spermatiden. Im männlichen wie im weiblichen Geschlecht entstehen durch einen ganz entsprechenden Process je vier Zellen, die definitiven Genitalzellen, von denen im weiblichen Geschlecht allerdings drei rudimentär sind. (Fig. 337 und Fig. 326 u. 327.) Das letztere Verhalten ist darauf zurück zu führen, dass die weiblichen Keimzellen, welche einen Theil des zur Aus- bildung des Embryos erforderlichen Materials erhalten, so umfangreich geworden sind, und dafs daher, um sie ausbilden zu können, von je vier Zellen drei zu Gunsten der UrgescUechtszeUe einen zurück- treten müssen (vgl. hierzu auch p. 558). Bei den männlichen Keimzellen , die sämtlich recht gering an Um- fang bleiben, ja zur möglichsten Vermehrung ihrer Zahl ganz besonders klein erwünscht sind, verhält sich dies anders; bei ihnen können desshalb alle vier Zellen als functionirende Zellen ausgebildet werden. Verlaufen hauptsächlich in Folge dieses letzteren Verhaltens die Vorgänge in beiden Fällen äusserlich etwas different, so befinden sich doch die inneren, an den Kernen auftretenden Erscheinungen in voller Uebereinstimmung und lassen die entstandenen Zellen als völlig gleich- wertig erscheinen. In beiden Fällen führen sie zu einer Reduction der Chromosomen an Zahl und Masse, wobei wir zunächst unberücksichtigt lassen, zu welcher Zeit diese Reduction und besonders diejenige der Chromosomenzahl auftritt. Als Thatsache dürfen wir es jedenfalls be- t rächten , dass sowohl die gereiften in ä n n 1 i c h e n w i e w e i b - liehen Genitalzellen nur die Hälfte der normalen Chro- mosom e n z a h 1 besitzen, und dass dieser Verlust erst bei der Befruchtung durch die Vereinigung der beiden Ge- schlechtszellen b e z w. i h r e r K e r n e a u s g e g 1 i c h e n und die Nor mal zahl wieder hergestellt wird. Die theoretische Bedeutung dieser Vorgänge ist zum Theil schon früher, besonders bei der Behandlung der Frage nach dem Wesen der Richtungskörper (p. 553 ff.), besprochen worden, zum Theil werden wir bei Behandlung des Reductionsproblems und der Befruchtung darauf zurück zu kommen haben (p. 607 ff. u. 696 ff). V\" Spermatocyte I. 0. Spermatocyten ILO. Spermatiden -/ \ J \ Herleitung der Spermatiden Beifungszone Fig. 339. Schema für die aus den Keimzellen nach Boveri. Korschelt-Heider, Lehrbuch. Allgemeiner Theil. 11. Lief. 1. Aufl. 37 572 Zweiter Abschnitt. IV. Die Reifungstheilungen im Hinblick auf die Reductionsfrage. Um eine zu grosse Häufung des Chromatins zu vermeiden, wie sie in Folge der Summirung der Chromatinmenge des männlichen und weiblichen Kerns bei der Befruchtung eintreten würde, findet in beiden Kernen bereits vor der Befruchtung eine Verminderung des Chromatins statt, welche sich sowohl in einer Reduction der Masse wie auch der Zahl der Chromosomen äussert, wie dies bereits am Ende des vorigen Abschnittes erwähnt wurde. Die Frage, zu welcher Zeit und in welcher Weise diese Reduction erfolgt, ist von den einzelnen Autoreu für die von ihnen untersuchten Objecte in sehr verschiedener Weise beantwortet worden. Wenn man anfänglich ge- neigt war, eine gewisse Einheitlichkeit der am Chromatin der Ge- schlechtskerne sich abspielenden Vorgänge zu erwarten, so müssen die im Verlauf des vergangenen Jahrzehnts gewonnenen Ergebnisse vielmehr so aufgefasst werden, dass die vorausgesetzte Ueberein- stimmung nicht vorhanden ist, sondern bei den verschiedenen Objecten allem Anschein nach recht weitgehende Differenzen bestehen. Am besten behandelt man die Untersuchungen, welche sich mit den Reifungserscheinungen und speciell mit dem Verhalten des Chromatins beschäftigen, unter drei Kategorien, wie dies von Seiten Hacker' s geschieht (1898 und 1899), der einen BovERi'schen, Weis- MANN'schen und KORSCHEi/r'schen Reductionsmodus unterscheidet, Wir schicken den von Boveri voraus, weil er dem Begriff der Mitose am meisten entspricht, und um eine solche (zweimalige) mitotische Theilung handelt es sich bei der Ei- und Samenreifung, wie bereits weiter oben gezeigt wurde (Fig. 323—334, sowie 336 u. 337). Wir möchten diesen Modus daher als die eumitotisc he Reifungstheilung bezeichnen und ihm den anderen als die pseudomitotische Reifungstheilung gegenüber stellen. Zum besseren Verständniss des Folgenden muss im Voraus be- merkt werden, dass man der chromatischen Suitstanz der Geschlechts- kerne in so fern eine ganz besonders wichtige Bedeutung beigelegt hat. als man in ihr diejenige Substanz erblickte, welche der Träger der vererblichen Eigenschaften ist. Diese Auffassung ist ganz be- sonders von Weismann vertreten worden, welcher jene Substanzen innerhalb der Kernschleifen in einer sehr regelmässigen Weise an- geordnet sein Hess und sie sich im Faden hinter einander liegend dachte, entsprechend einer häutig an den Chromosomen wahrnehm- baren Zusammensetzung aus an einander gereihten kleinen Körnchen. Zum Wesen der mitotischen Theilung, in so weit wenigstens die chromatische Substanz in Betracht kommt, gehört die Längsspaltung der Chromosomen vor der beginnenden Theilung und Trennung der gespaltenen Hälften von einander. Diese Längsspaltung spielt nun auch eine wichtige Rolle bei den Reifungstheilungen, und Weismann stellte sich den Vorgang bei der Längsspaltung so vor, dass die der Länge nach im Chromosoma angeordneten Chromatmportionen durch- getheilt und somit in gleicher Zahl auf jede der beiden Spalthälften übernommen werden. Diese Art der Theilung, welche zur Bildung zweier identischen Chromosomen führt, bezeichnet man nach Weismann als Aequatioustheilmig. Ihr gegenüber steht die Reductionstheilniig, VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 573 die sich iu so fern nicht dem gewöhnlichen Schema der Karyokinese einordnen lässt, als bei ihr die Längsspaltung' der Chromosomen unterbleibt und diese selbst, d. h. ganze, ungetheilte Chromosomen, auf die beiden Tochterplatten vertheilt werden. Es wird dadurch nicht nur die Masse des Chromatins, sondern auch die Zahl der Chromosomen und zwar diese auf die Hälfte reducirt, ausserdem aber nach Weismann's Auffassung auch eine qualitative Verschieden- heit der beiden durch diese Theilung entstandeneu Kerne herbei- geführt, indem die verschiedenen auf sie vertheilten Chromosomen von dift'erenter Zusammensetzung sind. Da der Begriff der Aequations- und Reductionstheilung bei den meisten der hier in Frage kommenden Untersuchungen eine Rolle spielt, so musste derselbe zunächst erörtert werden, ohne dass damit einer Be- antwortung der Frage nach dem Wesen der Reduction vorgegriffen werden sollte; die Behandlung dieser Frage, wie und wann die Reduction statt- findet, soll vielmehr erst jetzt erfolgen. 1. Die euinitotische Reifungstheilung. Auf Grund seiner Untersuchungen an Ascaris und anderen Formen vertritt Boveri mit Entschiedenheit den Standpunkt, dass die Z a h 1 e n r e d u c t i o n der Chromosomen nicht während der Reifung st h eilungen und durch dieselben, sondern vielmehr vorher erfolgt, indem die Zahl der in den Oocyten und Spermatocyten I. Ordnung auftretenden Chromosomen bereits eine um die Hälfte verminderte ist. So findet Boveri in dem Keimbläschen von Asc. meg. bivalens, welches sich zum Uebergang in die erste Richtungsspindel vorbereitet, nicht die der Normalzahl entsprechende Zahl von 4 Chromosomen, sondern nur deren zwei, diese jedoch in Gestalt von Vierergruppen. Seine Auffassung der letzteren geht dahin, dass sie durch doppelte Längsspaltung je eines Chromosoma entstanden sind. Will man die Zusammensetzung der Chromosomen durch eine Formel ausdrücken, wie es nach dem Vorgang Häcker's zu geschehen pflegt, so würde dieselbe für die vier zweitheiligen Chromosomen der Oogonieu und Spermatogonien lauten —, T etc. und für die zwei viertheiligen ab Chromosomen der Oocyten und Spermatocyten (t a b I b ._, -, ^ry (Boveri.) In den Oocyten und ebenso in den Spermatocyten ist also nicht nur die erste, sondern auch die zweite Reifungstheilung im Verhalten des Chromatins vorbereitet, was desshalb ohne Weiteres der Fall sein kann, weil der Kern ja nach der vollzogenen ersten Theilung nicht in die Ruhe zurück kehrt, sondern sofort in die zweite Reifungstheilung übergeht. Bei der ersten Theilung wird von jedem Chromosoma ein Stäbchen- bezw. Körnerpaar abgetrennt (Fig. 334 F — «7 und 337 B u. C, }). 564 u. 568), bei der zweiten Theilung das noch übrige Paar in die beiden Körner zerlegt (Fig. 334 L—N u. 337 D — H). War die Vierergruppe durch eine zweimalige Längsspaltung entstanden, so er- scheinen beide Reifungstheilungen als echte Mitosen, bei denen die Chromosomen in die beiden Spalthälften zerlegt werden. Eine Reduction der Chromosomenzahl fand jedoch, wie man sieht, während der Reifung nicht statt, da die Zahl eben schon vorher reducirt war. 37* ^■7_j. Zweiter Abschnitt. Auf welche Weise sie erfolgt, ist schwer zu sagen, und diese Frage konnte auch von Boveki nicht zur Entscheidung gebracht werden; sicher ist, dass Oogonien und Spermatogonien die Normalzahl der Chromosomen aufweisen (Fig. 33(3, A u. B), die Eeduction also jeden- falls bei der Vorbereitung zur Oocyten- bezw. Spermatocytentheilung erfolgen muss. Die durch eine zweimalige Längsspaltung entstandenen Vierergruppen fand Boveri auch bei mehreren anderen Thi erformen (Tiara, Sagitta und einigen Heteropoden) auf. Mit den von Boveri vorzugsweise an den weiblichen Keimzellen von Ascaris gewonnenen Ergebnissen lassen sich im Ganzen auch die von 0. Hertwig und besonders diejenigen A. Brauer's vereinigen, welche sich hauptsächlich auf die Reifung der Samenzellen beziehen. 0. Hertwig's Befunde oder besser seine Deutungen sind in so fern ab- weichend, als er die vier Stäbchen einer Gruppe als selbstständige Chromosomen ansieht; bezüglich der Entstehung dieser vier Stäbchen darf man jedoch seine Darstellung als mit der von Boveri übereinstimmend betrachten. Ganz zweifellos ist dies aber der Fall mit den Resultaten von Brauer. Während in den Spermatogonien von A sc. meg. bi valen s nach Brauer" s Untersuchungen ein einfach gespaltener Kernfaden auftritt, der dann in zwei und später in vier Theilstücke zerfällt (Fig. 336 A, B), findet sich in den Spermatocyten ein doppelt gespaltener Kernfaden, der jedoch nur in zwei Theilstücke zerlegt wird, so dass in Folge des Unterbleibens der einen Quertheilung die reducirte Zahl der Chromosomen hergestellt ist. Brauer's Befunde beanspruchen auch in so fem ein besonderes Interesse, als er die Entstehung des zweitheiligen Kernfadens der Spermatogonien und des viertheiligen Fadens der Spermatocyten noch weiter zurück verfolgt und den ersteren aus zweigespaltenen, den letzteren aus viergespaltenen Chromatinkörnern entstehen lässt (Fig. 336 C), die sich der Länge nach an einander ordnen. Dadurch, dass die Spaltung der Chromosomen auf ein früheres Stadium der Kernstructur, nämlich auf die Anordnung und Theilung der Mikrosomen, zurückgeführt wird, ist die Auffassung der Vierergruppen wesentlich er- schwert. Die an diesen feinsten Kernstructuren sich abspielenden Vor- gänge lassen sich mit den uns zur Verfügung stehenden optischen Hilfs- mitteln kaum oder überhaupt nicht mehr genau controlliren , so dass die dafür gegebenen Deutungen naturgemäss an Sicherheit verlieren. So wird denn auch auf Grund solcher Untersuchungen über die feinere Kern- structur der Oogonien und Oocyten von Ascaris meg. die Entstehung der zwei- und viergespaltenen Chromosomen anders aufgefasst (Sabaschni- koff [1897]). Im Endergebniss, d. h. hinsichtlich des Baus der Chromo- somen stimmen die Befunde an den weiblichen Zellen (Sabaschnikoff) mit den von Brauer an den männlichen Geschlechtszellen gewonnenen sehr gut überein, und auch die Bilder der früheren Stadien sind bei beiden Autoren recht ähnliche, während jedoch Brauer die zwei- und viertheiligen Körner- gruppen durch ein- und zweimalige Theilung eines Mikrosoms entstehen lässt, hält Sabaschnikoff die Aneinanderlagerung einzelner Körnchen zur Bildung der Zweier- und Vierergruppen für wahrscheinlicher. Die Formeln a für die Zweier- und Vierergruppen würden sodann nicht mehr — und o a VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. .",7;, a a a\ c -, sondern y und j-+- sein. Träfe die letztere Auffassung das Richtige, so könnte bei den durch Zusammenreihen der viertheiligen Körnergruppen entstandenen Chromosomen nicht mehr von einer doppelten Längsspaltung die Eede sein, die freilich an und für sich schon als zweifelhaft angesehen werden muss, sobald sich der Faden nicht als solcher der Länge nach spaltet, sondern aus bereits getheilten Körnern zusammen- gesetzt wird. Die theoretische Auffassung der mehrtheiligen Chromosomen muss durch die Entstehung aus einzelnen Mikrosomen oder selbst Mikro- somengruppen wesentlich beeinflusst werden, wovon weiter unten (p. 61 1 ) noch die Eede sein soll. Wie Brauer u. Sabaschnikoff den viertheiligen Chromatinfadea durch Aneinanderlagerung von Körnchen bezw. winzigen Vierergruppen (Brauer) entstehen lassen, so ist dies auch später für andere Formen angegeben worden, und wir weisen in dieser Beziehung auf die neue Publieation von Schönfeld (1901) über die Spermatogenese des Stiers hin. In ihr werden in den Spermatocyten I. Ordnung kleine, vier- theilige Chroinatingruppen beschrieben, die vereinzelt im Kern liegen und ähnlich, wie Brauer es auffasst, durch Theilung einzelner Körnchen entstanden sind; sie ordnen sich dann später zur Bildung des Chromatinfadens im Spiremstadium zusammen. Man hat überhaupt neuerdings den Vorbereitungsstadien der Reifungstheilungen wie auch denjenigen der Spermatogonien und Oogonien eine weitgehende Aufmerksamkeit gewidmet, wobei man auf das Synapsisstadiuni von Moore, d. h. jene eigenthümliche Ver- dichtung der chromatischen Substanz im Kerninnern, sowie die ihm vorangehenden und darauffolgenden Stadien ein besonderes Gewicht legte. Vielleicht darf erwartet werden, dass von einer derartigen ge- nauen Verfolgung der am Chromatin sich abspielenden Umwandlungen auch eine Antwort auf die Frage nach dem Vollzug der Zahlen- reduetion der Chromosomen zu gewinnen ist, wenn dieselbe vor dem Ablauf der Reifungstheilungen erfolgt. Wir sind hier nicht in der Lage, auf die Ergebnisse dieser Untersuchungen näher einzugehen, sondern verweisen ausser auf die älteren Arbeiten von Moore und Hacker nur auf einige neuere Publicationen, welche sich in sehr ein- gehender Weise mit diesen Fragen beschäftigen, nämlich Carnoy und Lebrun (1900), Eisen (1900), v. Winiwarter (1901), Janssens (1902) Schönfeld (1901), Woltereck (1898), Giardina (1901 u. 1902) u. A. Die von Boveri vertretene Auffassung der Reifungstheilungen hat in den letzten Jahren auffallender Weise eine Bestätigung gerade bei ganz verschiedenartigen Objecten und zwar speciell bei den Wirbel thie reu und bei den Phauerogamen erfahren. Man würde hieraus auf eine allgemeine Giltigkeit dieses Vorgangs zu schliessen geneigt seiu. wenn nicht bei anderen thierischen und auch bei verschiedenen pflanzlichen Objecten ein abweichender Modus der Reifungstheiluug beobachtet worden wäre. Ganz ausserordent- lich erschwert wird die Beurtheilung dieser Vorgänge dadurch, dass die Chromosomen in den vorbereitenden Stadien und während der Reifungstheilungen eine recht mannigfaltige Gestalt annehmen 576 Zweiter Abschnitt. können, die denn auch thatsächlich sehr verschiedenartige Deutungen erfahren hat. In den Spermatocyten des Salamanders fand Flemming (1887 u. 1888) jene characteristischen und abweichend gestalteten Kerntheilungsfiguren auf, welche er als heterotypische bezeichnete; für sie ist kennzeichnend, dass die beiden Hälften der schon früh gespaltenen, hufeisenförmigen Chromosomen mit ihren Enden vereinigt bleiben und dadurch ring- förmige Chromosomen zu Stande kommen, die übrigens auch an einer Seite offen, 8 erförmig gebogen und sonst noch von verschiedener Gestalt sein können (Fig. 340, 345). Solche Chroinatinfiguren treten uns ausser beim Salamander noch bei verschiedenen anderen Amphibien entgegen, die unter den Wirbelthieren wegen ihrer grossen Chromatin- elemente mit Vorliebe zum Studium der Reifungserscheinungen be- nutzt wurden, abgesehen A D von einigen auf die S e - 1 a c h i e r bezüglichen Untersuchungen. In recht ausge- sprochener Weise tritt uns der Typus der eumi- totischen Reifungsthei- lungen nach den Be- obachtungen von Meves (1896) und Mc. Gregor (1899) bei Salaman- dra und Amphiuma entgegen. Die Zahl der Chromosomen ist hier bei der Theilung der Spermatogonien dieNor- malzahl 24 , dagegen gehen aus dem Chroma- tingerüstder Spermato- cyten I. Ordnung nur 12 Fadenabschnitte her- vor. Wir haben also hier bereits die redu- cierte Zahl vor uns, ganz wie dies Bo- veri und Brauer von Ascaris beschrieben. Die 12 Fäden erfahren eine Längsspaltung und verkürzen sich zu hufeisen- oder V-förmigen Schleifen. Wenn die beiden Spalthälften eines solchen Chromosoms sich von einander trennen, so thun sie dies nicht voll- ständig, sondern bleiben zunächst mit den Schenkelenden vereinigt, wo- bei sich an diesen knopfförmige Verdickungen bilden, oder aber die Ver Fig. 340. Erste (A, B) und zweite Reifungs- theilung (C, I)) der Spermatocyten von Amphiuma nach Mc Gregor. emigung betrifft sogar ein grösseres Stück der Schenkel, welches dann hakenförmig absteht (Fig. 340 A). Man hat also ringförmige Chromo- somen vor sich, und diese erste Reifungstheilung ist eine heterotypische. Wenn die beiden Hälften des Rings sich als V-förmige Chromosomen von einander getrennt haben, erfahren sie alsbald eine abermalige Spaltung (Fig. 3405), durch welche also bereits die Vorbereitung für die nächste Mitose gegeben ist. Diese, die zweite Reifungstheilung, VI. Capitel. Eireifung, .Samenreifung und Befruchtung. .")77 ist eine homöotypische Theilung ; die gespaltenen Chromosomen werden in die Spindel einbezogen (Fig. 340 C), und die Trennung der Spalt- hälften, sowie das Auseinanderweichen gegen die Pole erfolgen auf die gewöhnliche Weise (Fig. 340 1)). Jede Tochtefplatte der Spindel enthält jetzt 12 ungespaltene, V-förmige Chromosomen, welche in die Kerne der beiden Spermatiden übergehen. Nach dieser Darstellung hat eine zweimalige Aequationstheilung stattgefunden, von einer Reductionstheilung kann nicht gesprochen werden; die Reduction der Chromosomenzahl ist vielmehr bereits vor dem Uebergang in die erste Reifungstheilung erfolgt, wie das Auf- treten der halben Kormalzahl bei dieser zeigt. Eine Bestätigung der von Meves und Mc. Gregor beobachteten zweimaligen Längsspaltung bringen die ebenfalls an den Spermato- cyten von Amphibien (Triton und Batrachosepsi angestellten Untersuchungen von Janssens (1900 u. 1002) und Eisen*) (1900). Nach Janssens Darstellung tritt die zweite Längsspaltung schon sehr früh auf, wenn die (bereits gespaltenen) Chromosomen noch eine ziemlich bedeutende Länge aufweisen; sie verschwindet dann wieder, um bei der Reifungstheiluug als Spaltung der hufeisenförmigen Chromo- somen wieder zum Ausdruck zu kommen. Zu dem gleichen Ergebniss (dem Nachweis einer doppelten Längsspaltung) führten auch die von v. Ebner (1899) und v. Lenhossek (1898) an der Ratte ausgeführten spermatogenetischen Untersuchungen; v. Ebner hebt ganz besonders hervor, dass für das Vorhandensein einer Reductionstheilung im Sinne Weismann's keinerlei Anhaltspunkt vorliege. Von beiden Autoren werden Ringbildungen beschrieben ; die erste Reifungstheilung verläuft nach dem heterotypischen Modus, die zweite ist eine homöotypische. Als sehr auffallend ist hervor- zuheben, dass nach den übereinstimmenden Beobachtungen v. Lenhossek's und v. Ebner's zwischen die beiden Reifungstheilungen sich ein Ruhestadium einschiebt. Die von Meves und Mc. Gregor für Salamandra und Amphiuma gegebenen Darstellungen sind wie auch die von Janssens und Eisen (für Triton und Batrachoseps) sehr bestimmt gehalten und werden ebenso entschieden im Sinne der eumitotischeu Reifungstheilung gedeutet. Dies geschieht zwar auch von Seiten Kingsbury's (1900) für den amerikani- schen Salamander, Desmognathus fusca, aber doch mit einem ge- ringeren Grade von Sicherheit und zwar Letzteres desshalb, weil die in Verbindung mit der heterotypischen Theilung auftretenden Chromatin- figuren complicirter und daher schwerer zu erklären sind. Sie lassen immerhin die Möglichkeit einer Deutung im Sinne des pseudomitotischen Theilungsmodus zu. Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass eine derartige Deutung ebenfalls für die zweite Reifungstheilurg in der Sper- matogenese von Salamandra maculosa gegeben worden ist (vom Rath) und dass die im Hoden dieses Thieres wie auch beim Frosch vorkom- menden Vierergruppen als doppelte (durch eine Längsspaltung und eine Quertheilung entstandene) Chromosomen aufgefasst wurden, woraus die *) Im Uebrigen gibt Eisen eine ausserordentlich detaillirte Darstellung der mitotischen Vorgänge in den verschiedenen Stadien und Zellen der Spermatogenese von Batrachoseps, welche mehr in das Gebiet der Zellenlehre gehört, und die daher für uns weniger in Betracht kommt. 578 Zweiter Abschnitt. obige Deutung der zweiten Reifungsmitose als Reductionstheilung resultirt. Dem ist entgegen gehalten worden, dass derartige Theilungsstadien nicht normaler Natur seien und die durch sie entstandenen Zellen regelmässig: der Degeneration verfielen. (Meves.) Neuerdings ist übrigens von H. King (1901) für Bufo der Verlauf der Reifungstheilungen des Eis nach dem Typus der pseudomitotischen, und zwar speciell der Präreductionstheilung beschrieben worden , wovon weiter unten (p. 598 u. 599) noch die Rede sein soll. Wie bei den Amphibien hat man auch bei den Selachiern den eumi- totischen Typus für beide Reifungstheilungen angenommen. Hier tritt besonders Moore (1896) bezüglich der Spermatogenese sehr entschieden für eine zweimalige Längspaltung, also für eine blosse Aequations-, keine Reductionstheilung ein. Für das Fehlen der letzteren spricht sich auch Rawitz (1898) aus, obwohl dessen Auffassung von der gewöhnlichen ab- Aveicht und seine Darstellung weniger als die von Moore für die Ent- scheidung der Frage genügt. Bei der ersten Reifungstheilung der Selachier tritt eine Ringbildung der Chromosomen auf, und diese als gespaltene Chromosomen aufzufassenden Ringe scheinen in ganz ähnlicher Weise wie beim Salamander (Fig. 340 Ä) in die erste Reifungsspindel einzutreten. Während die erste Längsspaltung deutlich ausgeprägt ist, kann man dies für die zweite nicht behaupten , und es ist daher erklär- lich, dass die von Moore bei den Vorbereitungsstadien zur eisten Reifungs- theilung abgebildeten Chromatinfiguren, welche mit denjenigen Vierer- gruppen die grösste Aehnlichkeit besitzen , wie sie bei Formen mit Reductionstheilung vorkommen, thatsächlich als solche in Anspruch ge- nommen werden und dementsprechend der ganze Vorgang im Sinne der pseudomitotischen Reifungstheilung aufgefasst wird. (V. Hacker [1898].) Noch weit schwerer verständlich und einer sehr verschiedenartigen Deutung zugänglich sind die Bilduugs- und Umbildungsvorgänge des Chromatins, wie sie Carnoy und Lebrun von den Reifungserscheinungen der Eier bei den Tritonen beschreiben. Nach den genannten Autoren würde auch hier eine, doppelte Längsspaltung der Chromosomen auftreten, und thatsächlich werdeu von ihnen Bilder gegeben, welche mit den Ring- chromosomen der ersten (heterotypischen) Reifungstheilung beim Sala- mander (Fig. 340 A), und andere, welche mit den gespaltenen, hufeisen- förmigen Chromosomen der zweiten (homöotypischen) Reifungstheilung recht gut übereinstimmen (Fig. 340 B) , aber andererseits treten auch Bilder auf, die sich im Sinne der Reductionstheilung verwerthen lassen. Es finden sich Chromosomen von Kreuzform und Vierergruppen von ähn- licher Gestalt, wie sie soeben von den Selachiern erwähnt wurden. Die Bilder sind sehr mannigfaltige und es kommt darauf an, ihre Auf- einanderfolge in der richtigen Weise zu deuten. Hierin besteht aber gerade die Schwierigkeit, und es scheint etwas zweifelhaft, ob in diesem Fall der Beweis für das Vorhandensein einer doppelten Längsspaltung geliefert • ist, obwohl eine Reihe der mitgetheilten Bilder in Folge ihrer Ueberein- stimmung mit den von den Salamandern bekannten Stadien dafür zu sprechen scheint. Uebrigens ist auch bei diesen Untersuchungen die Auf- fassung vom Verhalten des Chromatins eine von den Ergebnissen anderer Autoren vielfach abweichende und steht zu deren Deutung bezüglich einer Reihe von Punkten, speciell auch im Hinblick auf die Reductionsfrage, im schroffen Widerspruch. In den soeben erschienenen beiden sehr eingehenden Publicationen von Lebrun (1902), welcher die Eireifung verschiedener Amphibien VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befrachtung. 571 ' (Rana, Bonibinator, Bufo, Triton, Diemyctilus) be- handeln und die wir noch kurz berücksichtigen können, werden die im Verein mit Carnoy ausgeführten Untersuchungen in der Richtung weitergeführt, dass ausser den achromatischen Substanzen den Chromatinfiguren eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auch hier finden sich derartige Chromatinfiguren, wie sie von verschiedenen Thierformen beschrieben wurden, bei denen eine der Reifungstheilung als Reductionstheilung verlaufen soll, doch tritt Lebkux in Uebereinstimmung mit den oben genannton Autoren (Meves, Mc. Gregor, Eisen, Janssens), welche an ähnlichen Objecten arbeiteten, für eine doppelte Längs Spaltung der Chromo- somen ein. Auf die Gestaltung der Chromosomen selbst, d. h. auf die verschiedenen Figuren, die uns hier entgegen treten, möchte Lebrun kein so grosses Gewicht mehr legen, wie es von Seiten der meisten Autoren geschieht, sondern er ist der Ansicht, dass ver- schiedenartig gestaltete Chromosomen die nämlichen Veränderungen durchlaufen können. Die recht differenten Chromatinfiguren der Reifungstheilungen bei den Amphibien und anderen Thierformen sind nur vorübergehende Stadien, die durchlaufen werden müssen, um die endgiltige Hufeisenform der Chromosomen zu erreichen , welche für die Mechanik der Theilung und deren genaue Durchführung (Halbierung der Chromosomen) nöthig sein dürfte. Die Reduction selbst ist nach Lebrun's Auffassung nur eine quantitative (vgl. p. 573 und 007). Von einer zweimaligen Längsspaltung spricht neuerdings SlNETY (1901) bei Objecten (Orthop te ren), deren Reifungstheilungen man bisher recht abweichend hiervon auffasste (p. 585 u. 587). Obwohl die von ihm erhaltenen Bilder mit denen von Mc. Clüng (1900) sehr übereinstimmen, welcher jedoch für eine Längsspaltung bei der ersten Reifungstheilung und eine Quertheilung bei der zweiten eintritt, vermag er sich dieser Auffassung nicht anzuschliessen, sondern die Uebereinstimmung der Chromatinfiguren mit anderen , für welche eine zweimalige Längsspaltung augegeben wird, z. B. den pflanzlichen Objecten, bestimmt SlNETY, wie gesagt, zu dieser Deutung der Bilder. Wir werden auf seine Auffassung weiter unten (p. 587) nochmals zurück zu kommen haben. Einen sehr entschiedenen Standpunkt im Hinblick auf dieReductions- frage nehmen die in letzter Zeit auf botanischem Gebiet über die Reifungserscheinungen ausgeführten Untersuchungen ein, indem sie lebhaft für das Vorhandensein einer zweimaligen Längsspaltung ein- treten. Die im Embryosack oder bei der Pollenbildung beobachteten Bilder stimmen mit den zuletzt von uns besprochenen vielfach über- ein, da auch hier eine heterotypische Theilung mit recht ähnlich gestalteten Chromosomen auftreten und auf sie eine homöotypische Theilung folgen kann. Die Verhältnisse würden also ganz ähnlich liegen, wie sie besonders von den Amphibien dargestellt wurden. Die Zahlenreduction der Chromosomen erfolgt bereits vor den beiden Reifungstheilungen im Embryosack oder bei der Pollenbildung; schon bei der ersten Reifungstheilung weisen die (ebenfalls durch Spaltung entstandenen) Tochterchromosomen die zweite Längsspaltung auf, in welcher bereits die weitere Theilung vorbereitet erscheint. Es handelt 5g(J Zweiter Abschnitt. sich also um eine zweimalige Aequationstheilung; eine Reductions- theilung im Sinne der Zoologen findet nicht statt. Ihren ent- schiedensten Ausdruck findet diese Auffassung in den Arbeiten (und besonders in einer erst vor Kurzem [1900] erschienenen sehr ein- gehenden und über eine grössere Reihe von pflanzlichen Öb.jecten sich erstreckenden Untersuchung) von Strasburger. Aebnlich wie auf zoologischem Gebiet hat es auch hier an Wider- spruch nicht gefehlt, indem zwar die erste Reifungstheilung als eine Aequations-, die zweite aber als eine Reductionstheilung aufgefasst wurde (Jshikawa [1897], Belajeff [1898]). Wie bei den zoologischen so treten auch bei den pflanzlichen Objecten während der beiden Reifungs- theilungen Chromatinfiguren von complicirter Bauart auf, die eine so ver- schiedenartige Deutung erklärlich erscheinen lassen oder wie die mit den betreffenden zoologischen Objecten sehr übereinstimmend gebauten Vierer- gruppen geradezu herausfordern (Hacker [1898]). Hier wie auf zoologi- schem Gebiet hat es sich übrigens ereignet, dass die gleichen oder ver- wandte Objecte durch die einzelneu Autoren in verschiedener Weise ge- deutet wurden, und als völlig klargestellt können diese Vorgänge auch hier nicht betrachtet werden. Jedenfalls spricht aber die Mehrzahl der Beobachtungen an botanischen Objecten für die Geltung des eumitotischen Typus der Reifungstheilungen, und diese Auffassung erfreut sich jedenfalls zur Zeit des bedeutend stärkeren Uebergewichts (Strasburger [1900], Guignard [1899], Mottier [1897], Farmer und Moore [1896 und 1898] Eth. Sargant [1897], Juel [1900] u. A.). >?• 2. Die pseudoniitotiscke Reif ungstheil uns Obwohl das Vorkommen des eumitotischen Typus der Reifungs- theilung bei so ganz verschiedenartigen Formen wie einer Reihe von systematisch weit aus einander stehenden Metazoen und andererseits bei ebenfalls ganz verschiedenartigen Vertretern des Pflanzenreichs eine allgemeine Giltigkeit dieses Theilungsmodus zu verbürgen scheint, so liegt dennoch keinerlei Grund vor, an der Richtigkeit derjenigen Beobachtungen zu zweifeln, nach welchen die Reifungstheilungen in einer principiell recht verschiedenen Weise, d. h. nach dem pseudo- mitotischen Typus verlaufen, wobei die erste Theilung durch Längs- spaltung, die zweite durch Quertheilung des Chromatinfadens (Aequa- tion und Reduction) erfolgt. Die Beobachtungen sind zum Theil so exacter Natur und die Darstellung eine so klare, dass man entschieden genöthigt ist, vorläufig die Giltigkeit dieses abweichenden Modus der Reifungstheilung anzunehmen, so lange nicht neue Funde engere Binde- glieder zwischen den beiden Typen kennen lehren oder überhaupt eine ganz andersartige Auffassung derselben mit sich bringen. Die Befunde über den pseudomitotischen Verlauf der Reifungs- theilungen sind zuerst und in besonderer Klarheit an Arthropoden gewonnen worden (Rückert [1893 u. 1894], Hacker [1892— 95],'vom Rath [1892 — 95]), auf welche Thierfonnen sich auch bisher nicht nur die grössere Zahl, sondern auch die am meisten sichergestellten dieser Beobachtungen beziehen. Indessen ist die Reductionstheilung dann auch bei anderen Formen (Turbellarien, Anneliden, Gastro- poden) aufgefunden und, wie wir schon hörten, auch für einige botanische Objecte beschrieben worden. Wo man sie auch für Verte- il raten beschrieb (besonders beim Salamander nach vom Rath), VI. Capitel. Eireifung-, Samenreifung und Befruchtung. 581 muss ihr Vorkommen als recht zweifelhaft angesehen werden, da für die gleichen oder verwandte Objecte von anderen Autoren in zwar nicht völlig, aber doch principiell ziemlich übereinstimmender Weise der eumitotische Typus der Reifungstheilung angegeben wird. Nach den bisher vorliegenden Untersuchungen muss bei der pseudomitotischen Reifungstheilung unterschieden werden, ob die ..Reductions-" der „Aequationstheiluug" nachfolgt, wie dies in der Mehr- zahl der Fälle stattzufinden scheint oder ihr voraus geht. Im ersteren Fall sprechen wir von einer Postreductionstheilung, im letzteren von einer Praereductionstheilung. Es ist nicht unmöglich, dass diesen Typen der Reifungstheilung noch ein anderer hinzuzufügen ist, bei wi lchem beide Theilungen als Reductionstheilungen aufzufassen sind (vgl. p. 601). Bezüglich der Benennungen der beiden Typen der pseudomitotischen Reifungstheilung als Prae- und Postreductionstheilung sei uns die Be- merkung gestattet, dass dieselben zwar weniger correct gebildet, aber dafür, wie uns scheinen will, ganz bezeichnend sind. Man könnte die Reifungstheilung mit vorhergehender Reduction vielleicht als protogene- tische und die mit nachfolgender Reduction als deuterogenetische Reductions- theilung bezeichnen, doch bliebe auch dabei der Fehler der ersten Be- nennung bestehen, dass unter der Bezeichnung „Reductionstheilung" zwei Vorgänge zusammengefasst werden, von denen der eine thatsächlich eine „Aequationstheiluug" ist. Wir möchten trotz dieser gewissen Incorrect- heit die zuerst vorgeschlagenen Benennungen festhalten , da sie unseres Erachtens ohne Weiteres erkennen lassen, welche Combiuation der Reifungs- theilungen unter diesem Titel zusammengefasst wird. A. Die Postreduetionstheilung-. WTenn die eumitotische Reifungstheilung als mit Sicherheit für eine grössere Zahl von Objecten festgestellt betrachtet werden darf, so muss man auch von diesem Typus sagen , dass die ebenfalls an verschiedenartigen Objecten ausgeführten Beobachtungen für das that- sächliche Bestehen einer solchen abweichenden Form der Reifungs- theilung sprechen, und dass dieser Modus neben jeuem der am häufig- sten und sichersten beobachtete ist. Als hauptsächlichstes Object für diese Form der Reifungstheilung sind die Copepoden voran zu stellen, bei deren Eireife diese Vor- gänge wiederholt und von verschiedenen Autoren (Hacker, Rückert, vom Rath) eingehend untersucht wurden. Wir halten uns zunächst an C y c 1 o p s und C a n t h o c a m p t u s , für welche Formen die Eireifung von Rückert und Hacker in recht weitgehender Uebereinstimmung etwa folgendermaassen geschildert wird. Im Keimbläschen zerlegt sich der Chromatinfaden, dessen Längs- spaltung schon früher erfolgt war, in 12 Theilstücke , wobei voraus zu schicken ist, dass die Normalzahl der Chromosomen 24 beträgt. Diese Reduction der Chromosomenzahl ist aber nur eine scheinbare, indem jedes der durch Verkürzung der gespaltenen Fadenstücke ent- standenen Doppelstäbchen nochmals eineQuertheilunu erfährt (Pseudo- reduction nach Rückert, Fig. 341 Ä-C). Diese führt jedoch nicht zu völliger Durchtrennung, sondern die beiden Stäbchenpaare bleiben an dieser Stelle mit einander vereinigt (Fig. 341 Cu. D). So kommt es zur Bildung von Vierergruppen, die den früher bei Betrachtung 582 Zweiter Abschnitt. der eumitotischen Reifungstheilung erwähnten noch ähnlicher werden, wenn eine weitere Verkürzung der Chromatinstäbchen eintritt (Fig. 343 a — d). Ihrer Entstehung nach sind sie von jenen Vierergruppen recht ver- schieden, indem jene durch eine zweimalige Längstheilung, diese jedoch durch eine Längsspaltung und eine Quertheilung entstehen. Dem- entsprechend verläuft auch die nunmehr folgende Theilung in anderer Weise. Die 12 Vierergruppen stellen sich so in die Aequatorialplatte der ersten Richtungsspindel ein, dass ihr Längsspalt der Aequatorialehene entspricht, d. h. quer zur Spindelaxe gerichtet ist (Fig. 341 I)). Bei der ersten Reifungstheilung weichen also die durch Längsspaltung entstandenen Stäbchenhälften aus einander (Fig. 341 jK), man hat somit eine „Aequationstheilung" vor sich. Nach vollzogener Bildung des B C D "°o% // w vi m ^#g2ßöoo0o082$ °mw Fig. 341. Die Bildung der Vierergruppen im Keimbläschen (A — C), die erste (Z), F) und zweite Richtungsspindel (F) von Cyclops in etwas schematisirter Dar- stellung nach Rückeet. Längsspaltung der Chromosomen (A u. -B), Quertheilung derselben (C), Vierergruppen (C u. D), Trennung der Spalthälften, Aequationstheilung (F), Trennung der Chromo- somen (F); die genaue Zahl der Chromosomen ist nicht berücksichtigt. ersten Richtungskörpers drehen sich die 12 im Ei zurückgebliebenen zweitheiligen Stäbchen und stellen sich in der zweiten Reifungsspindel so auf, dass ihre Längsaxe parallel zur Spindelaxe gerichtet ist (Fig. 341 F). Bei der nunmehr erfolgenden Theilung werden die durch den Querspalt angedeuteten Hälften des zweitheiligen Chromatin- stäbchens von einander geschieden, die zweite Reifungstheilung ist also eine Reductionstheilung im Sinne Weismann's. In den HlCKER'schen Formeln ausgedrückt würde die Vierer- gruppe des pseudomitotischen Typus (im Gegensatz zu derjenigen des eumitotischen Typus —. — und -j n a b\b ■) lauten — a 6 und d d die VI. Capitel. Eireitüng, Samenreifung und Befrachtung. 583 erste Reifungstheilung a \ b .. a . a ====, die zweite == und == . a\b b b wobei nur die ersten der obigen vier Chromosomen «, b, c, d in Betracht gezogen sind (Rückert, Hacker). Auf die noch weiter gehende Reduction der Chromosomenzahl, wie sie von Hacker für die Copepoden beschrieben wird, soll hier nicht ein- gegangen werden. Eine solche Verringerung der Chromosomen auf die Hälfte der reducirten Zahl (von 12 auf 6) ist durch eine dichte Znsammen- lagerung der chroma- tischen Elemente zu er- A B klären. Im Zusammen- hang hiermit zu er- wähnen ist die (nach Hacker) in den frühe- ren Generationen der Keimzellen bei den Co- p e p o d e n auftretende Verringerung der nor- malen auf die redu- cirte Chromosomenzahl, die jedenfalls ähnliche Gründe hat. Sehr auffällig ist die Erscheinung, dass bei der pseudomito- tischen Reifungsthei- lung ganz ähnliche Chromatinfiguren auf- treten, wie wir sie be- reits bei dem eumito- tischen Typus kennen lernten. Auch hier- für bieten die Cope- poden ein geeignetes Beispiel, indem deren Eireifung nach dieser Richtung recht ver- schiedenartige Bilder liefert. Neben dem als Pseudoreduction bezeichneten, Zur Bil- T.„ ^2 BHdung der yierergruppen im Keimbläschen dling eines UllVOllKOm- von Euchaeta marina (An.B), Anomalocera pater- meil getrennten Paares s o n i i ((' u. D), E erste Richtungsspindel des letzteren Cope- VOn Doppelstäbchen P°den und F von Euchaeta hebes nach O. vom Rath. führenden Vorgang (Fig. 341 C u. 343 c), welchen wir von C y c 1 o p s und C a n t h o c a m p t u s kennen lernten und der nach den Beobachtungen der genannten Autoren auch bei anderen Copepoden vorkommt (Fig. 342 A u. Ji). [sehen wir bei Heterocope, Diaptomus und verschiedenen marinen Copepoden eine Ringbildung in der Weise auftreten, dass die Spalt- hälften eines Fadenstücks aus einander weichen, an den beiden Finden jedoch vereinigt bleiben (Fig. 343 b' u. Fig. 342 1(7). Indem nunmehr an dem Ring die unvollkommene Quertheilung auftritt (Fig. 343 c 584 Zweiter Abschnitt. C' u. Fig. 342 D), lassen sich an ihm wie an dem unvollständig getheilten, längsgespaltenen Stäbchen ebenfalls vier Chromatintheile unterscheiden. Durch Verkürzung derselben kommt es zu einer dichteren Aneinander- legung und dadurch zur Bildung der Vierergruppen wie im ersteren Falle (Fig. 343 a V c d). Die Umbildung der Ringe würde somit hier in wesentlich abweichender Weise wie bei der hetero typischen eumitotischen Eeifungstheilung er- folgen. Während dort zur Zeit der Trennung der beiden Spalthälften des Rings eine abermalige Längsspaltung derselben vor sich geht (Fig. 340 A u. B, p. 576), würde hier noch vor der Trennung eine Q.uertheilung stattfinden und die wei- tere Theilung der resul- tirenden Vierergruppe nach dem bereits be- sprochenen Schema der pseudomitotischen Rei- lüngstheilung erfolgen. Bei der Eireifung einiger Copepoden (Cyclo psundEuchae- ta nach Hacker und vom Rath) zeigen die gespal- tenen Chromatinstäbe eine winkelförmige Knickung (Fig. 343 b" u. 342 A). Während nun im einen Fall e diese Win- kel an der Knickungs- stelle eine unvollstän- dige Quer theilung er- fahren und nach Ver- kürzung der Schenkel zu den Vierergruppen der Pseudomitose wer- den (so bei Euchaeta Fig. 342 A u. B), können sich bei Cyclops (nach Hacker) die Schenkel mehr zusammenbiegen und, indem sie die Knickungsstelle völlig durchbrechen, sich der Länge nach an einander legen (Fig. 343 b'\ c"). Die Vierergruppe zeigt bei dieser Entstehung eine abweichende Lagerung ihrer Bestand- theile und erinnert zunächst stark an die doppelt längsgespaltenen Stäbe (Vierergruppen), wie wir sie von Ascaris kenneu lernten (Fig. 334 u. 336 p. 564 u. 567), obwohl ihre Bildungsweise eine recht verschiedene ist. Wie man aus den Figuren 342 E und F, sowie aus anderen von Hacker, Rückert und vom Rath für die Copepoden mitgetheilten Abbildungen ersieht, ist die Form der Vierergruppen in der ersten Richtungsspindel oder kurz vor der Bildung derselben eine verschieden - Fig. 343. Typen der Vierergruppenbildung bei und viele andere in den verschiedenen Arbeiten enthaltene Bilder) drängt sich die Vermuthung auf. dass es sich bei manchen von ihnen um Kunstproducte bandeln möchte, wie sie durch die Conservirung hervorgerufen werden. Sollte dies der Fall sein, was man theilweise für nicht unwahrscheinlich halten muss, so würden die Ergebnisse der Autoren und die ihnen gegebenen Deutungen nicht wenig davon beeinflusst werden. Vorsicht in dieser Richtung ist jedenfalls geboten. Einen weiteren Hinweis darauf, wie verschiedenartig die Kern- theilungsvorgänge bei der Ei- und Samenreifung verlaufen, oder aber wie schwierig sie zu beobachten sind, bezw. wie different sie auf- gefasst werden, liefern einige an den Gastro p öden angestellte Untersuchungen. Von ihnen stehen die von Bolles Lee (1897) über die Spermatogenese von Helix und diejenige von Linville (1900) über die Eireifung verschiedener anderer Pulmonaten (Limnaeus, Limax) auf dem Boden der WEiSMANN'schen Reductionslehre, indem allem Anschein nach bei der ersten Reifungstheilung eine Längs- spaltung, bei der zweiten eine Quertheilung der Chromosomen statt- findet, aber die von beiden Autoren gegebene Darstellung der Vor- gänge weicht doch in verschiedener Hinsicht von derjenigen ab, wie sie von anderen Formen bekannt geworden ist. Besonders bezieht sich die Abweichung (ausser auf die noch zu er- wähnende völlige Trennung der Spalthälften, vgl. p. 597) auf die zu Beginn der Reifungstheilung auftretenden Chromatinparthien, welche (bei Helix nach Lee) nicht in der reducirten, sondern in der Normalzahl des be- treffenden Thieres auftreten sollen. Durch die beiden Theilungen wird die Zahl der Chromosomen nicht beeinflusst, da auch sie beide Male (zuerst längs, dann quer) getheilt werden, und die gleiche Zahl würde somit am Ende der Reifungsperiode vorhanden sein und in das Ei bzw. Spermatozoon übergehen. Da dies dem gewöhnlichen Verhalten widerspricht, so ist an- zunehmen, dass entweder durch Zusammenlegen zweier Chromosomen nach- träglich eine (nur nicht zur Beobachtung gelangte) Pseudoreduction statt- fand, oder dass die Normalzahl in Wirklichkeit eine höhere ist und die Spermatogonien, an denen sie festgestellt wurde, möglicher Weise bereits die reducirte Zahl zeigen, wie diese (Pseudo-)Reduction für die Keimzellen anderer Formen bekannt geworden ist (Hacker), doch sind hierzu die so- gleich noch zu erwähnenden neuen Beobachtungen von Prowazek in Betracht zu ziehen. Ringbildungen und Vierergruppen, welche auch bei der Spermatogenese von Helix auftreten, werden von Lee in abweichender Weise aufgefasst, im Ganzen kann man aber doch sagen, dass die Ergebnisse, zu welchen Lee und Linville bezüglich der Pseudoreduction bei den Gastropoden gelangen, mit den älteren Angaben von Rückert, Hacker und VOM Rath übereinstimmen (vgl. hierzu auch p.597), und dies ist jedenfalls in einem noch höheren Maasse der Fall bezüglich einer kürzlich erschienenen Arbeit von Prowazek (1901) über die Spermatogenese von Helix pomatia, deren wir hier noch Erwähnung thun können. Er findet vor der ersten Reifungs- theilung ebenfalls die Normalzahl der Chromosomen, die aber durch Zu- sammenlegen je zweier der (längsgespaltenen) Chromatinelemente eine (Pseudo-)Reduction auf die Hälfte der Normalzahl erfährt, wie vorauszusehen war. Die erste Reifungstheilung ist nach Prowazek eine Längsspaltung, cq2 Zweiter Abschnitt. die zweite dagegen eine Quertheilung , entspricht also dem Postulat der Weismann' sehen Reductionstheilung. So viel wir sehen können, lässt sich his zu einem gewissen Grade Aehnliches auch aus den an einer ver- wandten Form (P a 1 u d i n a) angestellten Untersuchungen Auerbach's heraus lesen (1896). Hierzu ist nun freilich zu bemerken, dass in einer soeben erschienenen Abhandlung von Meves über die Spermatogenese von Paludina (1902) die beiden Reifungstheilungen dieser Form, während deren eine Bildung von Ringen, Chromatinblöcken etc. stattfindet, sehr entschieden im Sinne einer doppelten Längsspaltung gedeutet werden und diese Be- urtheilung auch auf die früheren Beobachtungen, besonders auf diejenigen von Boles Lee und Auerbach übertragen wird, ohne dass allerdings ein thatsächlicher Nachweis für die betr. Angaben erbracht würde. Man sieht also, wie die Unsicherheit in der Auffassung des Vollzugs der Reifungstheilungen in diesem Fall ganz besonders deutlich zu Tage tritt. Sie findet übrigens eine weitere Illustration dadurch, dass ganz neuerdings auch gerade für diejenigen Formen, die man nach den Untersuchungen von Rückert und HACKER als die classischen Objecte für die Reductionstheilung bezeichnen könnte, nämlich für die Copepoden das Vorhandensein einer solchen wenn nicht ganz in Abrede gestellt, so doch als höchst zweifelhaft hin- gestellt und zum Theil abweichend (eventuell als Praereductionstheilung [bei der Spermatogenese]) aufgefasst, zum Theil wohl auch als doppelte Längsspaltung (so bei der Eireifung) gedeutet wird (Lerat [1902]). Freilich liegen darüber bisher nur kurze Mittheilungen von Lerat vor, die jedenfalls der Ergänzung bedürfen und zweifelsohne auch eine Deutung im Sinne der früheren Auffassung zulassen. Es sei daran erinnert, dass Brauer schon früher bei der Eireifung von Branchipus eine doppelte Längsspaltung annahm. Auf eine höchst merkwürdige Art der Chromatinverminderung, wie sie Meves von der Spermatogenese der abweichenden (sog. apyrenen und olygopyrenen) Spermatozoenformen beschreibt, soll weiter unten noch eingegangen werden (vgl. p. 605). Die Eireifung einiger Gastropoden (Pterotrachea, Carinaria, Phyllirhoe) wurde bereits früher von Boveri (1890) auf das Verhalten der chromatischen Substanz untersucht, und die von ihm beschriebenen sehr klaren Bilder erfuhren eine Deutung im Sinne der doppelten Längsspaltung, so wie dies ganz neuerdings wieder von Seiten Meves' (1902) für Paludina ge- schah und wie es auf Grund der früheren Ergebnisse Boveri's sehr nahe lag. Abgesehen davon, dass diese Deutung auch jetzt noch ihre Berechti- gung hat, lassen sich die von Boveri mitgetheilten Bilder ohne Weiteres mit denen von anderen Formen in Vergleich setzen, für welche eine Reductionstheilung angegeben wurde, und es wäre von Interesse, die Ent- stehung und den genauen Zusammenhang der in der ersten und zweiten Reifungsspindel auftretenden Chromatinfiguren bei den genannten Hetero- poden (so die Ringbildungen der ersten und die längsgespaltenen Stäbchen der zweiten Richtungsspindel bei Pterotrachea oder die viertheiligen Chromosomen in der ersten Richtungsspindel von Carinaria) kennen zu lernen, und zwar ganz besonders im Hinblick auf die abweichende Deu- tung, welche die sehr ähnlichen Bilder bei nahe stehenden wie auch bei anderen Formen in der letzten Zeit erfuhren. Wie schon früher bei Besprechung der eumitotischeii Reifungs- theilung erwähnt wurde, liegen auch auf botanischem Gebiet ver- schiedene Angaben vor, welche für das Vorhandensein einer „Reductions- theilung" sprechen; doch soll hier nur auf jene Erörterung verwiesen werden (vgl. p. 580). VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 593 B. Die Praereductionstheilung'. Sowohl bei der Spermatogenese wie auch bei der Eibildung ist bei einigen systematisch recht weit von einander abstehenden Formen eine Art der Reifungstheilung beschrieben werden, deren Möglichkeit in verschiedenen Fällen auch im vorhergehenden Abschnitt bereits erwogen werden nmsste. nämlich das Vorangehen der „Reductions"- und Kachfolgen der ..Aequationstheilung". Zur Erläuterung dieser Art Reifungstheilung schicken wir die Fi reifung eines polychäten Anneliden (Ophryotrocha) voraus, bei welcher uns der Vorgang in recht übersichtlicher Weise entgegen Fig. 347. Einige Stadien ans den Reifungstheilungen des Eis von Ophryo- trocha puerilis. Auftreten und Längsspaltung der Chromosomen (A — C), Anordnung zur Aequatorialplatte der ersten Richtungsspindel (I) — GM, erste Reifungstheilung (Cr — Tj, zweite Reifungstheilung {K u. i); Original. tritt, da die Chromosomenzahl wie bei Ascaris eine sehr geringe ist. Der Kernfaden zerfällt hier in vier lange, längsgespaltene Schleifen, a, &, c, ä oder richiger - =- - -j J, die sich später verkürzen, wobei ihre Längsspaltung schwindet (Fig. 347 A u. B). um dann erst in einem späteren Stadium wieder zur Geltung zu kommen i Fig. 347 C). Die Normalzahl der Chromosomen beträgt bei Ophryotrocha 4: es ist also beim Beginn der Reifungstheilunu- weder eine wirkliche noch eine scheinbare Zahlenreduction vorhanden. Die stark verkürzten Chromosomen, deren Spaltung wieder deut- lich geworden ist, ziehen sich an den Aequator des Kerns bezw. der im Entstehen begriffenen ersten Richtungsspindel zurück (Fig. :!47 B—D). Hier beginnt nunmehr ein eigentümlicher Vorgang, indem sich je zwei Chromosomen der Länge nach an einander legen (Fig. 347 E u. F) KQ4 Zweiter Abschnitt. und dadurch gewissermaassen nachträglich die Pseudoreduction zu Stande kommt, welche wir bei anderen Formen in einem weit früheren Stadium (in Folge des Unterbleibens einer Quertheilimg) kennen n lernten. Man könnte also zwei Vierergruppen a und unter- scheiden. Eine solche nachträgliche Vereinigung vorher getrennter Chromosomen ist auch sonst beobachtet worden, so treten nach Calkins (1895) in den Spermatozyten I. Ordnung von Lumbricus 32 längsgespaltene Chromosomen auf, die sich paarweise zur Bildung von 16 Vierergruppen vereinigen, wodurch die Pseudoreduction zu Stande kommt. Aehnliches ist von Henking (1891) für Pyrrhocoris und auch sonst beschrieben worden (vgl. p. 591 u. 595). Die vier gespaltenen Chromosomen ordnen sich in der Aequatorial- platte der Spindel so an, dass sie bei der Theilung paarweise aus einander weichen: a c a c a c a c b d ' b d b d b d (Fig. 347 F, G u. H). Dabei ist die Längsspaltung der Chromosomen unterdrückt, kann aber gelegentlich bemerkbar sein und tritt jedenfalls in Form einer völligen Trennung der beiden Spalthälften hervor, wenn die beiden Tochterplatten weiter von einander entfernt sind. In Folge dessen sind in diesen nicht mehr zwei, sondern vier Chromatmkörner zu erkennen (Fig. 347 2), welche dann in bekannter Weise in die anfangs tangential liegende und später radial sich einstellende zweite Reifungsspindel übergeführt a\ c b I d , a c b d v T. werden ===== und =4==, bzw. = = und = = (Fig. 347 K u. L). a\ c b\d a c b ci Dass im vorliegenden Fall die erste Reifungstheilung als eine „Reductionstheilung" aufgefasst werden muss, geht aus der gegebenen Darstellung ohne Weiteres hervor, denn es werden dabei nicht die Spalthälften, sondern ganze Chromosomen von einander entfernt (Fig. 347 D—H). Die zweite Reifungstheilung möchte man in Analogie mit anderen Vorgängen als „Aequationsth eilung" ansehen, doch lässt sich dies nicht mit Sicherheit erkennen, da nicht die längsgespaltenen Chromo- somen in die zweite Richtungsspindel eintreten, sondern die Trennung in die beiden Spalthälften schon vorher erfolgt ist (Fig. 347 H—L). Nach der Art und Weise, wie die Theilung bei anderen Formen verläuft, scheint die zweite Theilung einer Aequationstheilung zu ent- sprechen, doch ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass auch sie nicht nach dem Schema der Mitose verläuft, d. h. nicht die aus- einander weichenden, sondern die in den Tochterplatten der zweiten Richtungsspindel neben einander liegenden Chromatinkörner durch Spaltung aus einander entstanden sind. In diesem Fall würde es so zu sagen mehr dem Zufall überlassen sein, ob die. zweite Theilung als Aequations- oder Reductionstheilung vor sich geht. Aehnliche Fälle, in denen die Form, Anordnung und frühe Trennung der Chromosomen es zweifelhaft machten, ob man in der ersten oder zweiten Reifungstheilung, bezw. vielleicht in beiden eine Reductionstheilung vor sich habe, sind auch sonst bekannt und von uns bereits erwähnt worden (p. 586 ff., 597). Der vorstehend für Ophryotrocha geschilderte Reifungsmodus vollzieht sich in ziemlich übereinstimmender Weise bei einigen Hemi- VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 595 pteren, also hei Formen, welche systematisch recht weil entfernt sind. Schon von Hexking (1891) war sowohl für die Spermatogenese wie auch für die Eibildung der Feuerwanze angegeben worden, dass die erste Reif ungst heil ung einer Keductionstheilung entspräche, die zweite aber eine Aequationstheilung sei. Diese auf 1' y r r h o c o r i s be- züglichen Angaben finden ihre Bestätigung für zwei andere Hemipteren (Anasa, Euchistus [Pentatoma]) durch die neueren Unter- suchungen von Paulmier (1898 u. 1899) und Montgomeky (1898 u. 1899). In ähnlicher Weise, wie wir es schon früher (besonders nach den Untersuchungen vomKath's bei Gryllotal pa, Fig. 344 p. 585) kennen lernten, kommt es auch hier zur Bildung von Vierergruppen, die als Folgestadien der längsgespaltenen Chromatinstäbe und -Hinge anzu- sehen sind (Fig. 348 A—G). Die Vierergruppen treten bereits in der Hälfte der normalen Chromosomenzahl auf, es hat also eine Pseudoreduction stattgefunden, und sie sind ihrer Entstehung nach als zweiwerthige Chromosomen zu betrachten. Wählend also bei Ophryotrocha die letzte Quertheilung durchgeführt und da- durch die Normalzahl der Chromosen hergestellt wurde, die Pseudo- reduction und die Vierergruppe aber erst durch die spätere Ver- einigung zweier Chromosomen zu Stande kam (Fig. 347 A—F), A B c D E F Q sehen wir hier von Anfang an j7 „ die Vorgänge in grösserer Ueber- ff ll A jl . einstimmung mit der „Post- jj H | I <£ V Jy. )\ reduetionstheilung" verlaufen*). ^ \\ \f ]f ]f ]f Weiterhin aber spielt sich der ^ V 1/ Theilungsvorgang ebenso ab, v. Q/IC „.„ , ,7. . ° ,. ° ° r\ ^ **&• o4s. Bildung der Vierergruppen Wie Wir dies von UpliryO- in den Samenzellen von Anasa tristis trocha beschrieben. Wenn der- nach Paulmier. selbe in Folge der soeben an- gedeuteten Abweichung auch nicht so übersichtlich wie bei Oph ryo- trocha verläuft, so darf man es doch nach den übereinstimmenden Angaben der oben genannten Autoren als sicher betrachten, dass sich die Vierergruppen mit ihrer Längsaxe parallel zur Spindelaxe in die Aequatorialebene einstellen (Fig. 349^4), und dass diese Längsaxe der- jenigen des früheren Chromatinstabes entspricht. Der Querspalt liegt somit in der Aequatorialebene und die durch ihn erfolgende Trennung (Fig. 3495) entfernt zwei ganze Chromosomen von einander, ist also wie bei Ophryotrocha eine „Reductionstheilung". Was die zweite Reifungstheilung anbetrifft, so liegen die Verhält- nisse bei den Hemipteren insofern günstiger, als die beiden Compo- nenten der durch die Theilung der Vierergruppen entstandenen Dyaden vereinigt bleiben. Sie stellen sich in der zweiten Reifungsspindel so ein, dass der die beiden Componenten trennende Spalt (d. h. also der ursprüngliche Längsspalt) in die Aequatorialebene zu liegen kommt (Fig. 349 C). Die nunmehr erfolgende Theilung {!)) entspricht also 8 *) Bei Pyrrhocoris allerdings nahm Henking an, dass die in der Normal- zahl (24) auftretenden Chromosomen paarweise sich vereinigen und dadurch die reducirte Zahl (12) zu Stande kommt. Dies würde mit dem oben für Ophryo- trocha beschriebenen Vorgang übereinstimmen. Ks besteht jedoch die Schwierig- keit, dass bei der Samenreifung von Pyrrhocoris, sowie bei den beiden anderen Hemipteren eine Ringbildung vorkommt, und es Ls1 schon von Boveri hervor- gehoben worden, dass sich die Bildung der Vierergruppen auf die eine und die andere Art nicht recht vereinigen lässt. 596 Zweiter Abschnitt. dem Schema der Mitose und ist demnach eine „Aequationstheilung" (Henking, Paulmier, Montgomery). Das Bild, welches wir von der Praereductionstheilung entwarfen, erhält noch bestimmtere Conturen durch die ausgedehnten Unter- suchungen, welche Montgomery neuerdings über eine grosse Anzahl von Hemipterenspecies veröffentlichte, und von denen wir ebenso wie von seinen Untersuchungen über die Spermatogenese von Peri- patus wenigstens die Hauptergebnisse noch benützen können. Die Zahlenreduction der Chromosomen rindet ähnlich dem Ver- halten, wie es oben von Ophryotrocha geschildert wurde (Fig. 347 C— 6r), dadurch statt, dass zwei gespaltene stäbchenförmige Chromo- somen sich mit einem Ende an einander legen. Diese zweiwerthigen, viertheiligen Chromoso- men treten in die erste ReifungstheilungderSper- matocyten ein, und zwar so, dass bei der Theilung ganze ein werthige Chromo- somen von einander ge- trennt werdeu. Diese Thei- lung ist also eine Re- ductionstheilung, während bei der zweiten Reifungs- theilung die Trennung in der Ebene des Längsspalts erfolgt, so dass dies also eine „Aequationstheilung" ist. Die einzelnen Gene- rationen der Samenzellen sind durch die Zahl und Werthigkeit ihrer Chromo- somen characterisirt , in- dem in den Spermatogonien die Normalzahl einwerthi- ger Chromosomen vorhan- den ist, während in den Spermatocyten I. Ordnung in Folge der durch Zusammenlegen zweier Chromosomen entstandenen Pseudoreduction die Hälfte der Normalzahl zweiwerthiger Chromosomen sich findet, in den Spermatocyten IL Ordnung ebenfalls die Hälfte einwerthiger und in den Spermatiden desgleichen die Hälfte der Normalzahl halb- werthiger Chromosomen auftritt. Mit diesen Ergebnissen Montgomery's stimmen seine Befunde an Peripatus überein, nur dass hier eine complicirtere Gestaltung der Chromosomen hinzukommt, wie wir sie ähnlich bereits von anderen Formen kennen lernten. Durch die Verbindung der (längsgespaltenen) Univalenten zu bivalenten Chromosomen kommt es zur Bildung sehr verschiedenartiger Figuren : der Länge nach an einander liegender Doppelstäbchen, die sich gegen einander legen und schliesslich fast parallel neben einander liegen können (Fig. 350 A- C). Durch das Verbinden beider Enden kommen Ringe (Fig. 350 B) und durch kreuzweises Uebereinanderlegen X förmige oder gewundene Figuren zu Stande (Fig. 350 E u. F). In allen diesen Fällen ergibt sich Gestalt der Chromo- Fig'. 349. Spermatocyten I. Ordnung- (A u. B) und Spermatocyten II. Ordnung (C u. D) von Anasa tristis in Theilung- nach Paulmier. durch allmälige Verkürzung eine gedrungene VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 597 somen (Fig. 350 A u. D), in welchen zudem der Längsspalt schwinden kann, wie dies früher ebenfalls für Ophry otrocha dargestellt wurde. Von der ersten Reifungstheilung steht nach Montgomery fest, dass sie in der Richtung des Querspalts erfolgt, während die zweite durch den Längsspalt angezeigt ist, der in den aus einander weichenden Chromosomen der ersten Theilung deutlich sichtbar ist, Nach dieser von Montgojiery gegebenen Darstellung hat man es also bei Peri- patus ebenfalls mit einer pseudomitotischen Theilung zu thun, die nach dem Typus der Praereductionstheilung verläuft*). Nach den vorhandenen Angaben der Autoren ist es nicht unwahrschein- lich, dass die Fälle der Praereductionstheilung sich noch vermehren werden, indem es nach diesen Beobachtungen bei verschiedenen Formen zweifel- haft erschien, ob die „Reductions-" der „Aequationstheilung" folgte oder ihr vorausging (z. B. bei Zirphaea nach Griffin [189!»]) und der grössere Grad von Wahrscheinlichkeit sogar für die erste Theilung als Reductionstheilung spricht (bei Gryllotalpa nach vom Rath [1895]). Es B C D E F Ä P SL OD % Fig. 350. Schematische Darstellung der Herausbildung der Chromosomen in den Vor- stadien der ersten Reifungstheilung der Samenzellen von Peripatus nach Montgomehy. An den Berührungspunkten und Enden der Chromosomen sind die „centralen und peripheren Lininfäden" sichtbar. wurde bereits früher (p. 586 ff.) ausgesprochen, dass Form und Anordnung der Componenten der Vierergruppen die Entscheidung der Frage, welche der beiden Theilungen die Aequations- oder Reductionstheilung ist, häufig sehr erschweren. In noch höherem Maasse ist dies der Fall, wenn die Spalt- hälften der Chromosomen völlig aus einander weichen und getrennt im Kernraum liegen, wie dies als mehr gelegentliches oder ständiges Vor- kommen bei verschiedenen Formen beobachtet wurde (Linville [1900], Bolles Lee [1897], Julin [1893]). Wenn dann ein Zusammenlegen der Spalthälften oder auch ohne ein solches die Theilung erfolgt, so ist eine Entscheidung darüber, welche Art Theilstücke von einander entfernt werden und ob es sich im einen oder anderen Fall um Aequations- bezw. Reductionstheilung handelt, kaum mehr möglich. So ist man denn in Erwägung dieser und anderer Gründe zu der Möglichkeit gelangt, dass *) Es kann hier noch erwähnt werden, dass Mc. Clung (1900) den so bestimmt lautenden Angaben von Paulmier und Montgomkry entgegen tritt. Die sehr ähnlichen Chromatinfiguren, welche er bei den A cridiern fand, deutet er vielmehr so, dass dort die Längsspaltung der Quertheilung voraus geht, was er auch für Paulmikk's und Montgomery's Objecte für wahrscheinlich hält. Wie schwierig ein Verständniss dieser Vorgänge zu gewinnen ist, geht daraus hervor, dass Sikety (1901), welcher ebenfalls bei Orthopteren ganz ähnliche Bilder wie Mc. Clung beobachtete, diese doch im Sinne einer zweimaligen Längsspaltung deuten zu müssen glaubte (vgl. oben p. 587). .V.IS Zweiter Abschnitt. sogar bei ein und derselben Mitose, d. h. in ein und derselben Spindel gleichzeitig eine Aequations- und Reductionstbeilung der chromatischen Substanz stattfinden kann (Wilcox [1896], Gripfin [1899]), wodurch freilich die hohe Bedeutung, welche man diesen Vorgängen beizulegen pflegt, eine wesentliche Abschwächung erfährt. Als wir die Vermuthung niederschrieben, es möchte sich die Zahl der Thierformen mit Praereductionstheilung noch vermehren, waren die oben besprochenen Untersuchungen von Montgomery über die Heraipteren und Peripatus noch nicht bekannt, und ausser ihnen kommen jetzt noch weitere hinzu. Wir nennen zunächst die von Nichols (1901) an Oniscus gewonnenen, die eine Darstellung der Vierergruppen in Form von Stäbchen, Winkeln, Bogen, Ringen etc. geben und entschieden für die erste Reifuugstheilung als Quer- oder Reductionstheilung eintreten, während allerdings die Natur der zweiten Reifungstheilung schwerer zu entscheiden, aber wahrscheinlich als Längsspaltung aufzufassen ist. Wie diese Beobachtungen beziehen sich auch die von BouiN und Collin (1901) auf Samenzellen (My r io p od e n) , doch lauten sie weniger bestimmt; zwar sollte die erste Theilung sicher eine Quertheilung sein, ob die zweite eine Längsspaltung ist, bleibt zweifelhaft, ist aber nicht unwahrscheinlich. A r ;-W^#^e: fr A,p \ c ^7 Fig. 351. Ausbildung der Chromosomen im Vorstadium der ersten Reifungs- theilung des Eis von Bufo lentiginosus nach Helen King. J} d—c Chromosomen isolirt, B u. C Bildung der ersten Richtungsspindel. Ebenfalls unter die Rubrik der Praereductionstheilung fallen die Unter- suchungen von Lillie (1901) über Unio und Helen King (1901) über Bufo, die freilich wegen der nicht genügend sichergestellten Ent- stehung der Vierergruppen (Unio) und des sehr complicirten Modus in der Bildung der Chromatinfiguren (Bufo) als einigermaassen zweifelhaft anzuseben sind. Nach Lillie's Auffassung möchte zwar in der ersten Richtungsspindel von Unio die Trennung der Chromosomen im Quer- spalt und in der zweiten Richtungsspindel entsprechend dem Längsspalt erfolgen, also die Reductions- der Aequationstheilung vorangehen, da aber wie gesagt die Entstehung der Vierergruppen nicht festgestellt werden konnte und die Aehnlichkeit der Chromatinfiguren mit den von Griffin, v. KlincküwstrÖm etc. beschriebenen (vgl. p. 588 ff.) eine grosse ist, so erscheint es doch nicht ausgeschlossen, dass man es mit einer Post- reductionstheilung zu thun hat. Bestimmter lauten die Angaben von Helen King über die Eireifung von Bufo, und doch wird man bei einer Vergleichung der betreffenden Bilder mit denen von anderen Vertebraten und in Anbetracht des weiten Sprungs bis zur Bildung der Vierergruppen sich vorläufig bestimmter Zweifel nicht entschlagen können. Im Keimbläschen finden sich 24 ge- trennte Chromosomen, die sich paarweise und gekreuzt zusammen legen VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 599 (Fig. 351 -4); indem ihre Enden verschmelzen, kommt es zur Bildung- von 12 Eingen (Fig. 351 A, B), diese spalten sich Längs (24 Ringe, Fig. 351 B), und jetzt erfolgt wieder (entsprechend der früheren Vereinigung von Halb- ringen zu Ganzringen) eine Theilung der letzteren in 48 Halbringe oder Hufeisen (Fig. 351 C). Hieraus gehen dann schliesslich die Vierer- gruppen hervor, deren 12, bezw. 24 hanteiförmige Körper die Aequations- platte der ersten Richtungsspindel bilden. Bei der ersten Reifungstheilung werden nach King's Meinung diejenigen Chromosomen von einander ent- fernt, die ursprünglich zur Bildung des Chromatinrings verschmolzen waren (Reductionstheilung), in der zweiten Richtungsspindel hingegen sollen längsgespaltene Theilhälften von einander getrennt werden (Aequation); 12 Chromosomen, die Hälfte der Normalzahl, bleiben im Ei zurück. Wir begnügen uns mit dieser Darstellung und halten wegen des Vergleichs mit den Reifungstheilungen anderer Amphibien (vgl. p. 576) eine weitere Klärung des Sachverhalts für sehr erwünscht. Nach einer sehr eingehenden und von sorgfältig ausgeführten Ab- bildungen begleiteten Untersuchung von R. Schockaert (1902), die uns bei der Correctur zugeht, können wir noch hinzufügen, dass Schockaert bei Thysanozoon in Folge einer von den Angaben früherer Autoren (p. 588 ff. ) abweichenden Deutung der Chromatinfiguren die Reduction bei der ersten Reifungstheilung sieb vollziehen lässt, während bei der zweiten Theilung eine Längsspaltung der Chromosomen erfolgt. Nach seiner Auffassung würde also die Eireifung von Thysanozoon nicht zu den Fällen der Postreductionstheilung zu zählen sein, sondern vielmehr zu der Prae- reductionstheilung gerechnet werden müssen. Accessorische Chromosomen bei der Reifungstheilung. An dieser Stelle möchten wir eine eigenthümliche Erscheinung erwähnen, die bei verschiedenen Insecten und besonders auch bei den oben genannten Hemipteren beobachtet wurde und welche darin besteht, dass in den Vorstadien der Samenreifung und während dieser einzelne Chromosomen eine auffallende Umwandlung erfahren und nicht in gleicher Weise wie die übrigen bei der Theilung funetioniren. So geht nach Henking (1891) bei Pyrrhocoris eins der Chromo- somen ungetheilt in die Spermatide über, woraus folgt, dass eine der beiden durch diese letzte Theilung entstehenden Zellen die reducirte Zahl und die andere diese um noch ein Chromosoma vermindert erhält. Diese Beobachtung wurde neuerdings durch Paulmier (1899) an einem anderen Rhynchoten (Anasa) bestätigt, bei dessen Spermatogenese eine besonders kleine Vierergruppe auftritt, welche bei der ersten Reifungstheilung in zwei Dyaden zerlegt wird; diese letzteren aber theilen sich bei der zweiten Reifungstheilung nicht, sondern jede von ihnen geht ungetheilt in eine der vier Spermatiden über. Bezüglich dieser Angaben muss auch auf diejenigen von Mc. Clung verwiesen werden, welche in mancher Beziehung abweichend lauten, über- haupt bedürfen diese als accessorische Chromosomen bezeichneten Elemente der Samenzellkerne trotz mannigfacher darauf verwendeter Untersuchungen noch recht sehr einer weiteren Klärung. Mit den angeführten Beobachtungen stimmen im Ganzen die- jenigen von Montgomery überein, welcher in der Spermatogenese von Pen tatoma die Umwandlung eines Chromosoma in einen „Chromatin- nucleolus" beschreibt. Dieser erfährt späterhin eine Theilung wie die 600 Zweiter Abschnitt. theilung Chromosomen selbst, wird aber unabhängig von diesen auf die Tochter- zellen tibertragen. Ganz neuerdings hat man den accessorischen Chromosomen eine grössere Aufmerksamkeit geschenkt, und danach scheinen sie eine weitere Verbreitung zu haben, als man vorher annahm; zunächst zeigte Montgomery (1901) in einer eingehenden Untersuchung wieder für Hemipteren, dass ihre Zahl bei den verschiedenen Arten eine differente ist; meist sind zwei vorhanden (Fig. 352 A, B\ doch können auch vier, fünf bis acht vorkommen. Ihre Zahl ist wie die der Chromo- somen, eine fixirte; ihr Verhalten bei der Theilung ist nach Mont- gomery mit demjenigen der echten Chromosomen zu vergleichen, von denen sie sich besonders durch geringere Grösse und stärkere Färb- barkeit unterscheiden; zwei von ihnen vereinigen sich zur Bildung eines bivalenten „Chromatinnucleolus", der bei der ersten Iieifungs- wieder in zwei zerlegt wird (Fig. 352 C u. D). Besonders deutlich treten die accessorischen Chromoso- men nach Mc. Clung (1899 bis 1901) bei verschiedenen Ortho- pteren hervor; er beschreibt sie eingehender besonders von X i p h i d i u m und verfolgte sie hier von den Spermatogonien an, durch deren Theilungs Stadien und diejenigen der Spermato- cyten bis in die Spermatiden. Nach Mc. Clung's Darstellung sind sie in diesem Fall durch Grösse, Form. Lage und Färb- barkeit sehr auffallend; er glaubte sogar feststellen zu können, dass sie sich am Auf- bau des Spermatozoenkopfes be- theiligen, welche letztere An- gabe freilich noch eines genaueren Nachweises bedarf. Bei 0 rt h o - pteren hat auch de Sinety (1901 u. 1902) die accessorischen Chromosomen aufgefunden und ihr Verhalten bei der Theilung, sowie in den beiden letzten Zellgenerationen verfolgt. Nachseinen Angaben kommen sie nicht bei allen von ihm untersuchten Arten vor. Wie schon aus der Darstellung Mc. Clüng's hervorging, können sie bei den Orthopteren ganz besonders deut- lich ausgebildet sein und prävaliren dann unter Umständen sehr stark gegenüber den echten Chromosomen (Fig. 352*). Schon im Knäuel- stadium machen sie sich bemerkbar und treten dann mit der be- ginnenden Differenzirung der Chromosomen immer deutlicher hervor (Fig. 344* Ä— D, p. 586). So sind sie in den Spermatogonien (Fig. 352*) wie in den Spermatocyten (Fig. 344* J) vorhanden und betheiligen sich an deren Theilung, wie schon oben erwähnt wurde. Ausser bei Hemipteren und 0 rt h opfere n konnten die acces- sorischen Chromosomen auch bei Neuropteren, C o 1 e o p t e r e n und Lepidopteren nachgewiesen werden (Mc. Clung 1901); des- gleichen sollen sie bei den Myriopoden vorkommen (Blackman 1901), ä.C. FSg1. 352. A u. B Aequatorialplatte der Spermatogonienspindel von Harmostes re- flexulus in der Polansicht, C u. I) erste Reifungstheilung der Spermatocyten von Cymus lnridus und Corizus alternatus nach Montgomery. c Chromosomen, a. c accessorische Chromo- somen (Chromatinnucleoli). VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung-. 601 und Mc. Clung hält es (nach Montgomery's Befunden) für wahrschein- lich, dass sie auch bei Peripatus vorhanden sind; jedenfalls wurden sie auch in den Theilungsstadien der Ar aneinen beschrieben (Wallack [1900]), woraus Mc. Clung auf eine noch weitere Verbreitung dieser eigenartigen Gebilde schliesst. Ueber die Bedeutung der accessorischen Chromosomen Bestimmtes auszusagen, ist vorläufig nicht möglich. Ein gewisses Interesse scheinen sie uns im Hinblick auf die besonders von BoVERI energisch vertretene Auffassung von der Individualität der Chromosomen zu beanspruchen, von welcher weiter unten (p. 621) in anderer Verbindung noch die Rede sein wird. Zum Theil hat man sie für degenerirende oder rudimentäre Bil- dungen gehalten ; für Chromosomen, welche in Rückbildung begriffen sind, so dass die betreffende Species eine Verringerung ihrer Chromosomenzahl erfahren würde (Paulmier). Mc Clung, der wie oben erwähnt die accesso- rischen Chromosomen bis in den Spermatidenkern und Spermatozoenkopf verfolgen zu können glaubte, gründet auf dieses Verhalten eine ganz andere Anschauung und hält es für nicht unwahrscheinlich, dass sie für die Ge- schlechtsbestimmung maassgebend sind. Obwohl vorläufig irgend ein Anhalts- A B C ><\'). Zweimalige Reductionstheilung. Auf dem schwierigen und noch wenig geklärten Gebiet der Reductionsfrage erscheint es als das Gebotene, sich nach Möglichkeit an diejenigen Beobachtungen zu halten, welche durch besonders ge- naue und eingehende Untersuchung des betreffenden Objects oder da- durch verbürgt erscheinen, dass sie am gleichen oder auch an anderen Objecten wiederholt wurden uud ihre Bestätigung fanden. Die zuletzt angestellten Betrachtungen führten uns nun schon zu einigen, in Folge der Schwierigkeit der Beobachtung weniger sicheren Fällen, in denen es zweifelhaft bleiben musste. welche von den beiden Reifungstheilungen als Reductionstheilung anzusehen ist. Gleichzeitig eröffnet sich die Frage, ob nicht in Folge einer besonderen Anordnung, Umlagerung und vor der Theilung eintretenden Trennung der Componenten der Vierergruppen in beiden Reifungstheilungen eine (wenn aucli nur theilvreise) Reduction stattfinden kann. Dieser Fall könnte nach 602 Zweiter Abschnitt. Jülin's Darstellung bei der Eireifung einer Ascidie (Styelopsis grossularia) eintreten, indem die Spalthälften der Chromosomen von einander getrennt werden sollen (vgl. p. 597), so dass nicht mehr zu ersehen ist, welche Spalthälften bei den nunmehr eintretenden Reifungstheilungen von einander entfernt werden, und das Stattfinden einer Reduction mindestens wahrscheinlich ist. Bei der Samenreifimg würde nun eine solche thatsächlich und ganz zweifellos erfolgen, in- dem bei ihr die Längsspaltung der Chromosomen überhaupt unter- bleiben bzw. erst nach der vollzogenen zweiten Reifungstheilung auftreten soll. In diesem Fall würden also, wenn die Beobachtung auf Richtig- keit beruht, in beiden Theilungen ganze (ungetheilte) Chromosomen getrennt werden und so beide Male eine Reduction stattfinden. Da- mit würde also die Zahl der Typen der Reifungstheilungen um einen weiteren vermehrt sein , der darin besteht, dass beide Theilungen „Reductionstheilungen" sind. Man ist bei dieser Darstellung zu einer gewissen Vorsicht genöthigt, da eine zweimalige Reduction mehrfach beschrieben wurde, ohne dass sie eine Bestätigung fand ; so gab Ishikawa für die Copepoden (Diaptomus) eine derartige Schilderung der Reifungstheilungen, die nach den von Rückert und Hacker an Copepoden und sogar an Vertretern derselben Gattung angestellten Beobachtungen als unwahrscheinlich bezeichnet werden muss. Ebenso hatte B D Fig. 353. Bildung der Vierergruppen in den Spermato- eyten von Caloptenus femur- rubrum, in schema- tisirter Darstellung nach Wilcox. MONTGOMERY (1898 und 1899) für Euchistus (Pentatoma) anfangs einezweimaligeReduction angenommen, um sich dann selbst dahin zu be- richtigen , dass nur die erste Reifungstheilung eine Reductions- die zweite aber eine Aequa- tionstheilimg sei, wie be- reits oben erwähnt wurde. Diejenigen Angaben , welche eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben und bisher wenigstens nicht widerlegt wurden*), beziehen sich auf die Spermatogenese zweier Ins ecten , näm- lich einer Heuschrecke (Ca lop te nus f emur- r üb rum) und des Seiden- spinners (Bombyx mori), wie sie von WlLCOX (1895 u. 1896) und Toyama (1894) dargestellt wird. Für Caloptenus beschreibt Wilcox in recht detaillirter Weise, wie in den Kernen der Spermatocyten I. Ordnung zunächst ein Zerfall des Chromatinfadens in 12 Segmente stattfindet (Fig. 353 A, B u. Fig. 353* A, B). Diese erscheinen an beiden Enden verdickt, und wie der spätere Ver- lauf der Theilung ergibt, ist jedes von ihnen als ein Doppelchi-omosom auf- zufassen, das später durch Quertheilung in zwei Chromosomen zerfallen wird. Nunmehr legen sich die 12 stäbchenförmigen Doppelchromosomen paar- *) Hierzu ist jetzt allerdings zu bemerken, dass Mc. Clung (1900) auf Grund seiner Untersuchungen über die Spermatogenese verschiedener Acridier die Giltigkeit der Angaben von Wilcox besonders desshalb in Zweifel zieht, weil die von diesem vermisste Längsspaltung in Wirklichkeit vorhanden sei. Nach Mc. Cldng's Auffassung findet hier nicht eine zweimalige Reductions-(Quer-) theilung statt, sondern bei der ersten Reifungstheilung erfolgt eine Längsspaltung, bei der zweiten eine Quertheilung der Chromosomen (vgl. hierzu p. 587). VI. Capitel. Eireifnng, Samenreifung und Befruchtung-. 603 weise an einander (Fig. 353* B) , und indem sich die verdickten Enden der beiden Paare, unter einander verbinden, entstehen sechs ringförmige Bildungen mit je vier verdickten Parthien (Fig. 353 C u. D). Diese stellen sich in den Aequator der ersten Reifungsspindel ein. Bei der Theilung weichen sie zu je zwei Paaren aus einander, und während die erste Spindel sechs viertheilige Chromosomengruppen enthielt, finden sich in der zweiten nunmehr sechs zweitheilige Gruppen. Indem auch diese bei der Theilung der Spermatocyten IL Ordnung (zweite Reifungsspindel) in ihre beiden Bestandteile zerlegt werden, erhält der Spermatidenkern nur sechs eintheilige Chromosomen. Die von Wilcox vertretene Auffassung dieses Vorgangs ist folgende. Die Norinalzahl der Chromosomen beträgt 12, welche Zahl sich auch in den Spermatogonien findet. Dieselbe Zahl sahen wir in den Spermato- cyten I. Ordnung auftreten; eine Reduction der Chromosomenzahl ist somit vor Beginn der Reifungstheilungen nicht eingetreten, im Gegentheil ist eher eine Vermehrung auf die doppelte Anzahl (24) zu bemerken, in so fern die 12 Chromosomen (durch Quertheilung) je zwei neue Chromosomen liefern. Diese blei- ben freilich zunächst nicht nur vereinigt, sondern es findet sogar die weitere Concentration auf sechs Vierergruppen statt. Man sieht, dass diese Auf- fassung der Vierergruppen eine gewisse Aehnlich- keit mit derjenigen 0. Hertwig's hat, indem auch er deren Bestandtheilen eine grössere Selbst- ständigkeit zuschrieb, mit dem grossen Unter- schied allerdings, dass nach ihm die Vierer- gruppen durch zweimalige Längsspaltung der Chromosomen entstanden sind, während Wilcox sie durch Quertheilung entstehen lässt und somit berechtigt ist, ihre einzelnen Parthien als selbst- ständige Chromosomen aufzufassen. Somit wer- Fig. 353*. In Er- gänzung der Fig. 353 zeigen An. B den Zerfall des Faden- knäuels in die 12 Chromo- somen und deren paarweises Aneinanderlegen in den Sper- matocyten von C a 1 o p t e n u s. Sie würden sich zwischen B u. C der Fig. 353 ein- schieben (nach Wilcox). den bei beiden Reifungstheilungen ganze Chromo- somen , nicht deren Spalthälften, von einander entfernt, und wenn nach Wilcox1 Auffassung die Vierergruppe zu schreiben ist a b d so erfolgt a bei der ersten Theilung die Trennung in die Zweiergruppen oder a d und bei der zweiten Theilung in die d eintheiligen a Chromosomen a \\ d , c\\d oder ==. Beide Re ifungsthe ilungen sind also nach dieser Auffassung Red uc tion s t h e i 1 unge n. Entsprechend aufzufassen würden die Vorgänge bei der Samen- reifung von Bombyx mori sein, soweit man dies aus der ziemlich kurz gefassten Darstellung von Toyama zu beurtheilen vermag. Bei dieser Form werden typische Vierergruppen gebildet, jedoch soll von einer Längsspaltung auch hier nicht die Rede sein. Die Chromosomen, welche Korsekelt-Heider, Lehrbuch. Allgeraeiner Theil. II. Lief. 1. u. 2. Aufl. 39 004 Zweiter Abschnitt. SÄ D m i s~- t fV 6? j I v§ 2? s i* TT1 . /;." a H *mv \ (i ^> ?* ■ «w N HP w> * 4» V*' ',.' $ c I * • et F •■' • K i s>. % X üf L 1: VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. til).") Fig. 354-. Eeifungstheilungen und Bildung- der wurmförmigen (oligopyrenen) Spermatozoen von Paludina vivipara nach Meves. A — D Erste Eeifungstheilung: A Dyasterstadium, B u. C Verstreuung der Chromo- somen, D Ausbildung der Kerne, E—K zweite Reifungstheilung, JE — (x Vertheilung der Centrosomen und Auftreten der Strahlungen, H Sammlung der Centrosomen an den beiden Polen, / u. K Ausbildung- der Kerne und Uebertreten der Chromosomen in die eine Zelle, Auftreten der Axenfäden, L — 0 einige Stadien der Ausbildung- der Spermatozoen, allmälige .Streckung der Zelle, Umwandlung des Kerns und der Centrosomen. in den Spermatocyten I. Ordnung in der Normalzahl auftreten , erfahren (während der ersten Reifungstheilung) eine nochmalige Quertheilung , so dass demnach wie bei Caloptenus ihre Zahl verdoppelt würde und somit sowohl die ei-ste wie die zweite Reifungstheilung eine Reductions- theilung wäre. Die Zahlenreduction der Chromosomen würde hier ganz wie bei Caloptenus durch die Reifungstheilung selbst erfolgen, und jedenfalls ist am Ende derselben die reducirte Zahl, d. h. die Hälfte der Chromosomen, vorhanden. Chromatinabgabe bei den Reifungstheilungen abweichender Spermatozoenformeri. Eine sehr eigenartige Verminderung des Chromatingehalts scheint bei solchen abweichenden Spermatozoen vorzukommen, deren Kerne im ausgebildeten Spermatozoon sehr stark zurüktreten, wie dies z. B. bei den sog. wurmförmigen (oligopyrenen) Samenfäden der Paludina (vgl. p. 460) und in noch höherem Maasse bei den langen (nach Meves ganz kernlosen, apyrenen) Samenfäden von Pygaera der Fall ist. Bei der Theilung der Spermatocyte I. Ordnung von Paludina wird nach der von Meves (1902) gegebenen Darstellung eine Anzahl von Chromosomen ziemlich regellos im Zellkörper zerstreut (Fig. 354 Au. B) und nur einige von ihnen, die gewöhnlich in der Nähe der Spindel- pole liegen bleiben, bewahren ihre Chromosoinennatur bezw. werden zu Kernen umgewandelt. Es ist nicht nöthig, dass diese in einem Kern vereinigt werden, wie es sonst der Fall zu sein pflegt, sondern jedes dieser Chromosomen kann ein einzelnes Kernbläschen bilden (Fig. 354 C, D); auch kehren hier die Kerne im Gegensatz zu dem gewöhnlichen Verhalten zwischen den beiden Reifungstheilen in die Ruhe zurück, obwohl dies allerdings auch sonst gelegentlich bei dem einen oder anderen Object beobachtet worden ist (vgl. p. 577). Die übrigen Chromosomen gehen verloren und werden allmälig vom Cyto- plasma resorbirt. Zu erwähnen ist noch als weiterhin bedeutsam, dass an den Polen anstatt des einen oder verdoppelten Centrosomas eine Gruppe von Körnchen vorhanden ist (Fig. 354 C u. D). Die mit einem grösseren oder mehreren kleineren Kernbläschen versehenen Spermatocyten IL Ordnung bereiten sich zur Theilung vor, indem abermals Chromosomen zur Ausbildung gelangen, und die Central- körper können nach allen Seiten aus einander weichen (Fig. 354 E — G). Von ihnen gehen Strahlungen aus, welche allmälig die Chromosomen in ihren Bannkreis ziehen, nachdem die Kernmembranen aufgelöst wurden. Die dicht an der Zellperipherie gelegenen Centrosomen (G) sammeln sich nunmehr an den beiden Polen der etwas in die Länge gestreckten Zelle {H) ; die Spindelbildung und Theilung der Spermatocyte erfolgt jetzt (7, K); die Chromosomen bilden sich wieder zu Kernen um, diejenigen aber, welche von der ersten 39* 606 Zweiter Abschnitt. Theilung her noch vorhanden sind , werden nicht auf die beiden Tochterplatten vertheilt. sondern gelangen auffallender Weise nur in eine dieser Zellen (Fig. 354 i, K), wo sie nach und nach der Auf- lösung verfallen. An den beiden Spermatiden hatte sich schon, als sie noch ver- bunden waren, von den Centrosomen ausgehend die Anlage der Axenfäden gezeigt (7, K). Proximale Theile der Centrosomen rücken in der von früher her bekannten Weise (vgl. p. 408 ff. ) auf den Kern zu, während die distalen Theile an der Zellperipherie liegen bleiben (Fig. 354 L); der Kern wird chromatinärmer und macht auch sonst sehr charakteristische Umwandlungen durch, seine Verbindung mit den proximalen Centrosomen bleibt erhalten, die Axenfäden sind be- deutend länger geworden, der Kern ist an das eine Ende der Spermatide gerückt, die Zelle selbst beginnt sich zu strecken (Fig. 354 M—O) ; kurz, es werden diejenigen Veränderungen durchlaufen, welche zur Ausbildung der Spermatozoon führen. Auf diese soll aber nicht ein- gegangen werden, und wir verweisen in dieser Beziehung auf die früher (p. 461) gegebene Darstellung. Hier interessiert vor allen Dingen die merkwürdige Form der Chromatin Verminderung; die Kerne geben einen sehr beträchtlichen Theil des Chromatins ab und gehen so in die Ausbildung der Spermatide ein, wie dies schon von verschiedenen Forschern beobachtet wurde (p. 462) und nun in klarer W^eise durch Meves gezeigt wird. Noch auffallender würde dieser Vorgang bei Pygaera sein, wenn bei den langen Spermatozoen dieses Schmetterlings thatsächlich die gesammte Kernsubstanz verloren ginge, wie Meves es darstellt. In ähnlicher Weise wie bei Paludina sollen nach seiner Beobachtung die Chromosomen, und zwar in diesem Fall ausnahmslos, nach der letzten Spermatocytentheilung in das Cytoplasma gelangen und hier einer allmäligen Auflösung verfallen. Bei Pygaera werden die Chromosomen auf beide Zellen vertheilt, und bei der beginnenden Ausbildung der Spermatide findet man sie am vorderen Ende der- selben in einer Anschwellung des Cytoplasmakörpers liegen ; doch hebt Meves ausdrücklich hervor, dass sie sich zu keinem bleibenden Theil des Spermatozoons umbilden, sondern er beschreibt vielmehr, wie sie allmälig nach hinten hin verlagert werden, wo sie einer all- mäligen Umwandlung und Auflösung verfallen sollen. Die ausge- bildeten Spermatozoen dieser Form beständen nur aus einem Schwanz- faden, welcher vorn mit einem kleinen Knöpfchen beginnt, und zwar rühre dieses letztere vom Centrosoma her. Nach der gegebenen Dar- stellung würde also bei diesen Spermatozoen thatsächlich die gesammte Kernsubstanz verloren gehen; welche Function sie haben und ob ihnen überhaupt eine solche zukommt, ist zweifelhaft (vgl. Cap. V, p. 458 ff.). 3. Wesen und Bedeutung der Chroniatinreduction. Nachdem wir die verschiedenen Modalitäten der Beifungs- theilungen im Speciellen kennen lernten, können wir der Frage nach dem Wesen der Beduction etwas näher treten. Dass eine Beduction Av* Chromatins stattfindet, ist zweifellos und ergibt sich jedenfalls aus dem Endresultat der Beifungstheilungen, d. h. aus der ver- ringerten Zahl der Chromosomen , die in den zur Befruchtung vor- bereiteten Kernen vorhanden sind. Die Art und Weise, wie sich die VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. i'iii, Reduction vollzieht, niuss aber als zweifelhaft angesehen werden, und es scheint, dass sie in verschiedener Weise erfolgen kann. Bei der Deutung der Chromatinreduction haben hauptsächlich zwei Momente eine wichtige Rolle gespielt. Das erste verlangt bei der Reifung der Geschlechtszellen eine Z u r tt c k f ü h r u n g des Chromat ins auf die Hälfte seines normalen Bestandes, damit dieser letztere bei der Vereinigung der beiden Zellen wieder hergestellt und eine stärkere Anhäufung der chromatischen Substanz vermieden werde. Hiernach findet also eine Reduction der Chromo- sonienzahl und der Masse des Chromatins während oder auch vor den beiden Reif ungstheilun gen statt. (E. van Beneden, 0. Hertwk;, Boveri u. A.) Das andre Moment berücksichtigt mehr die Qualität der bei diesen Theilun gen in Frage kommenden C h roma- tinparthien. Indem hier das Chromatin als der Träger der ver- erblichen Eigenschaften angesehen, ihm also eine sehr wichtige Be- deutung zugeschrieben wird*), muss dementsprechend auch ein grösseres Gewicht auf den Theilungsmodus gelegt werden, zumal man geneigt war, jenen Substanzen eine regelmässige Anordnung innerhalb der Chromatinfiguren zuzuschreiben (Roux, Weismann); es erschien somit von besonderer Bedeutung, ob im Sinne einer echten Mitose nur eine Längsspaltung der Chromosomen stattfindet, oder ob bei der Theilung, wie man annahm, ganze Chromosomen entfernt werden. Man unter- schied desshalb die beiden Reifungstheilungen als Aequations- und Reductioustheilung, wie wir bereits hörten (p. 572), und legte dabei in so fern auf die letztere ein besonders grosses Gewicht, als bei ihr mit der Entfernung ganzer Chromosomen eine qualitative und nicht nur eine quantitative Reduction erfolgen solle (Weismann, vom Rath, Rückf.kt, Hacker u. A.). Indem es sich dabei vor Allem um die weiblichen Geschlechtszellen handelt, findet bei ihnen mit der Aus- stossung der Richtungskörper direct ein Verlust dieser chromatischen Substanz statt, während dieselbe bei der Reifung der Spermatocyten doch wenigstens auf verschiedene Zellen vertheilt wird. Da Chromatin- parthien verschiedener Qualität entfernt werden, so müssen auch die bei den Reifungstheilungen entstehenden Zelleu von verschieden- artiger Beschaffenheit sein. Nach dieser zweiten Auffassung hat man es also hier mit der Reduction im engeren Sinne, der qualitativen Reduction, zu thun. Ehe wir uns in eine weitere Discussion der Reductiousfrage begeben, sei noch auf einen Punkt hingewiesen , welcher dieselbe zum Theil , d. h. wenigstens in so weit sie sich auf die qualitative Reduction bezieht, überflüssig machen könnte. So wie man gegen- über der von der bei Weitem grösseren Mehrzahl der neueren Forscher angenommenen hohen Bedeutung des Kerns für die Uebertragung der vererblichen Eigenschaften von anderer Seite geltend machte, dass diese Auffassung durchaus nicht genügend gestützt sei — wir erinnern nur an die gegen E. van Benedkx. Weismann, 0. Hertwk ;. Stkasburger, Kölliker, Boveri u. A. vorgebrachten Einwände von Hensen (1885), Whitmann (1888), R. S. Bergh ( ls'.H — , so hat man Aehnliches auch gegen das Chromatin als den „Träger der vererblichen Eigenschaften" eingewandt. Wir möchten bezüglich dieser in verschiedener Form *) Man vgl. hierzu auch das in dem Anhang über die Vererbungstheorie p. 711 ff. Mitgetheilte. ßOg Zweiter Abschnitt. wiederkehrenden Anschauungen nur auf zwei neuere Arbeiten, die von R. Fick (1899) und E. V. Wilcox (1901), hinweisen. Darauf fussend, dass die Chromosomen in Wirklichkeit vergängliche Bildungen seien, welche sich aus kleinen Chromatinbestandtheilen zusammen- setzen und wieder in solche auflösen, also schwinden und wieder auf- treten können, sprechen die genannten Autoren jenen feinen Unter- schieden, wie sie in der „Aequations"- und „Reductionstheilung" zum Ausdruck kommen, jeden Werth ab. Nach dieser Auffassung wäre also auf die verschiedenen Modalitäten der Chromatinvertheilung, wie sie bei den Reifungstheilungen beobachtet werden und im Vor- stehenden eingehend beschrieben wurden, keinerlei Gewicht zu legen. In mancher Beziehung kämen hierbei auch die neueren Ausführungen von Lebrun (1902) über die Bedeutung der Chromatintiguren bei den Reifungstheilungen in Betracht (vgl. p. 579), und es stimmen damit wenigstens bis zu einem gewissen Grade die neuerdings von Delage (1901) geäusserten Anschauungen überein, der allerdings in der geringen Werthung der bei den Reifungstheilungen auftretenden Chromatin- structuren nicht so weit geht, wie die erstgenannten beiden Autoren, alter ebenfalls die ihnen beigelegte grosse Bedeutung und speciell auch diejenige der Unterschiede in dem Verlauf der Reifungstheilungen nicht anerkennen kann; auch bei ihm stehen diese Anschauungen damit im Zu- sammenhang, dass er aus später noch zu ersehenden Gründen durchaus gegen die Individualitäts-Hypothese der Chromosomen eingenommen ist. Es ist richtig, dass bei der Beurtheilung dieser Dinge die Con- stanz oder Individualität der Chromosomen eine wichtige Rolle spielt; sie ist bekanntlich von einzelnen Autoren mit grosser Entschiedenheit vertreten, von anderen hingegen ebenso bestimmt in Abrede gestellt worden; wir nennen von ersteren nur Boveri und E. B. Wilson, von letzteren R. Fick und Delage uud verweisen im Uebrigen auf p. 621 ff. u. 689, sowie auf die von Wilson in seinem Buch über die Zelle (IL Aufl., p. 294) gegebene Darstellung. Für den uns hier interessirenden speciellen Fall der Reifungstheilungen dürfen wir aber hinzufügen, dass auch in neueren, eingehenden Unter- suchungen, wie z. B. in denjenigen von Montgomery (1901), die Individualität der Chromosomen mit aller Entschiedenheit aufrecht erhalten wird. Montgomery beschreibt, wie bei der Spermatogenese von Peripatus und den Hemipteren die Chromosomen von der Theilung der Spermatogonien bis zu den Reifungstheilungen in ihren Umrissen stets nachweisbar seien und also ihre Individualitat hier ohne Weiteres zu Tage trete. Weitere Untersuchungen gerade über dieses wichtige Verhalten der Chromosomen sind gewiss erforderlich. Vorläufig ist jedenfalls schwer zu sagen, ob diejenigen das rechte treffen, welche den verschiedenen bei der Chromatinreduction sich abspielenden Vorgängen keine besondere Bedeutung zuschreiben oder ol» die bis jetzt weit grössere Zahl der Forscher im Recht ist, welche dk'se Vorgänge mehr oder weniger hoch bewerthet. Auch wir möchten übrigens auf die Verschiedenheiten, wie sie sich bei den Ücifungstheilungen der einzelnen Thierformen zeigen, kein allzu grosses Gewicht legen und ihnen jedenfalls nicht jene hohe Bedeutung zu- schreiben, wie diejenigen Forscher es thun, welche in den Chromo- somen die Vererbungssubstanzen in regelmässiger Anordnung vor- handen sein lassen. Immerhin muss es eine und gewiss nicht un- wichtige Bedeutung haben, dass die Reifungstheilungen in einer so VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 609 characteristischen und vou der echten Mitose in bestimmter Art ab- weichendenden Weise verlaufen. Schon aus diesem Grunde erschien es nöthig, die einzelnen Modalitäten der Chromatinreduction kennen zu lernen uud mit einander zu vergleichen, wesshalb wir eine so ein- gehende Schilderung dieser Vorgänge für wünschenswerth hielten, wie sie im Vorhergehenden (p. 573 ff.) gegeben wurde. Wir sprachen oben von der sog. qualitativen Reduction des Chromatins und müssen nochmals auf sie zurückkommen. Diese qualitative Reduction ist naturgemäss verbunden mit einer R e ducti o n der Chromatinmasse. Was aber im Allgemeinen die quantitative Reduction des Chromatins betrifft, so lässt sich über dieselbe schwer ein bestimmtes Urtheil abgeben. Das im Kern und speciell auch in den Kernen der Geschlechtszellen enthaltene Chromatin zeigt zu ver- schiedenen Zeiten ein höchst differentes Verhalten; so sieht man z. B. das Keimbläschen in einem früheren Stadium der Eireifung vou einem dichten Chromatinknäuel erfüllt; der Faden erfährt sodann eine ganz bedeutende Verkürzung und zerfällt schliesslich in wenige Chromatmschleifen, die sich ihrerseits wieder so stark verkürzen, dass die nunmehr vorhandenen Chromosomen in gar keinem Ver- halt niss zu dem ursprünglichen Fadenknäuel stehen. Obwohl hier- bei die Masse des Chromatins ganz erheblich vermindert wurde, kann man von einer Reduction im eigentlichen Sinne doch nicht sprechen. Es braucht hierbei weder eine Abgabe von Substanz noch eine Aenderung der Chromosomenzahl stattgefunden zu haben, sondern es handelt sich mehr um innere Umbildungsvorgänge des Chromatins. um eine Art Condensation desselben, wenn man es so ausdrücken will. Derartige Vorgänge der Abnahme und Zunahme des Chromatins sind in den Kernen vieler Zellen und auch der Ge- schlechtszellen sehr verbreitet, doch reicht die bisherige Kenntniss der innerhalb des Kerns sich abspielenden Processe nicht aus. um einiger- maassen Sicheres über die Bedeutung dieser Vorgänge aussagen zu können. Nichts desto weniger rindet zweifellos bei den Reifungs- theilungen auch eine Reduction der Chromatinmasse statt. Ein Blick auf den Verlauf dieses Theilungsvorgangs zeigt, dass die Chromatin- masse dabei bedeutend verringert wird (Fig. 334 u. 337. p. .">i>4 u. 568). Nehmen wir z. B. eine der Vierergruppen an, so kommt nur einer der vier Bestandtheile auf jede der neu gebildeten vier Zellen (Ei bezw. Spermatiden), d. h. es ist eine Viertheilung der Chromatinmasse ein- getreten. Nun findet ein solcher Verlust von Chromatin naturgemäss bei jeder Zelltheilung statt, aber hier liegen die Verhältnisse eben in so fern anders, als zwischen den beiden Theilungen der Kern nicht wieder in die Rahe zurückkehrt und in Folge dessen nicht in der Lage ist, die während des Ruhestadiums sich vollziehende Ergänzung seiner chromatischen Substanz vorzunehmen. Allem Anschein nach spielen diese rasch aufeinander folgenden Theilungen eiue wichtige Rolle, und man darf annehmen, dass sie für den Reductionsvorgang von ganz besonderer Bedeutung sind. Ob sich auch eine qualitative Reduction damit verbindet, wie von verschiedenen Seiten angenommen wird, hängt jedenfalls von der Constitution des Chromatins ab und muss dahin gestellt bleiben, da man diese leider noch nicht genügend kennt. Vielleicht geben Boveri's neue Arbeiten auf experimentellem Gebiet ( ..Ueber mehrpolige Mitosen ete.u 1902) der Hoffnung Raum, dass (5 in Zweiter Abschnitt. man in dieser Richtung weiter gelangen kann, da er durch Versuche und Beobachtungen an dispermen Eiern eine Verschiedenwerthigkeit der Chromo- somen feststellen konnte, die freilich auch die Vorgänge bei den Reifungs- theilungen vielfach in einem ganz anderem Licht erscheinen lassen würde. Klar und deutlich tritt jedenfalls die Reduction der Zahl der Chromosomen in die Erscheinung, d.h. deren Zurückfuhr ung auf die Hälfte, die dann bei der Befruchtung wieder auf die Normal- zahl gebracht wird. Leider ist es aber auch hierfür nicht gelungen, eine Uebereinstimmung darüber herbeizuführen, wie und wann die Reduction stattfindet. In dieser Beziehung bestehen bei verschiedenen der darauf hin untersuchten Objecte ganz erhebliche Differenzen , so stellte besonders Boveri für Ascaris fest, dass die Chromosomen schon vor Beginn der Reifungstheilung in der reducirten Zahl im Kern auftreten, und andere Forscher schlössen sich seiner Auffassung für solche Objecte an, bei welchen die Reif üngstheilun gen nach dem eumitotischen Typus verlaufen. Auf welche Weise diese Reduction erfolgt , liess sich bis jetzt nicht beobachten. Die in der reducirten Zahl vorhandenen Chromosomen erfahren eine zweimalige Längs- spaltung, worauf bei den Reifungstheilungen die Trennung dieser Spaltstücke in der früher beschriebenen Weise erfolgt (Fig. 334—337 n. 340, p. 564 ff. u. 576). Die reducirte Chromosomenzahl ist also be- reits beim Beginn der Reifungstheilung vorhanden und bleibt bis zu deren Ende erhalten (p. 573 ff.). Nun tritt die reducirte Zahl auch in anderen Fällen schon am Anfang der Reifungstheilung auf, wie bereits früher gezeigt wurde, und zwar bei dem pseudomitotischen Typus (Fig. 341— 343, p. 582 ff.), aber hier liegen die Verhältnisse doch in so fern ganz anders, als die Reduction in Wirklichkeit nur eine scheinbare ist. In Folge des Unterbleibens der letzten Quertheilung beträgt die Chromosomenzahl zunächst nur die Hälfte, indem jedoch diese Quertheilung später doch noch eintritt, freilich zumeist nicht zu einer völligen Trennung der Chromosomen führt, wird die Normalzahl wieder hergestellt, und die Zahlenreduction erfolgt thatsächlich erst während der Reifungs- theilungen und durch dieselben. Erklärt man sich im Fall der eumitotischen Reifungstheilung unter Voraussetzung der Individualität der Chromosomen die Zahlenreduction etwa durch Aneinanderlegen der Chromosomen in der Weise, dass sie sich mit den Enden vereinigen, so wäre eine Verbindung dieses Typus mit der pseudomitotischen Reifungstheilung gegeben, aber die eine Längs- spaltung wäre dann nur scheinbar eine solche , in Wirklichkeit jedoch eine Quertheilung. Würde dagegen ein solches Aneinanderlegen der Chromosomen und trotzdem eine zweimalige Längsspaltung stattfinden, so träte jedenfalls eine sehr innige Vereinigung der Chromosomen ein, und diese könnte für die bei der Befruchtung stattfindenden Vorgänge in so fern von grosser Bedeutung sein. Jedenfalls liegt es nahe, der zeitweisen Vereinigung der Chromosomen bei der Pseudoreduction wie auch bei der Reduction selbst eine noch andere Bedeutung zuzuschreiben, nämlich die der Vereinigung der bis dahin getrennt gebliebenen väterlichen und mütterlichen Chromosomen, wobei immer die Annahme einer Individualität der Chromo- somen zu Grunde, gelegt ist. Hiervon wird noch die Rede sein müssen, wenn wir erst den Befruchtungsvorgang kennen gelernt haben (vgl. p. 688). Scheinbar ist, wie gesagt, auch im Fall der pseudomitotischen Reifungstheilung eine Reduction von Anfang an vorhanden (Pseudo- VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 611 reduction), doch kennt man Objecte. bei denen dieses nicht der Fall ist, so z. B. Ophryotrocha. in deren Keimbläschen die Chromo- somen in der Normalzahl auftreten und die Pseudoreduction eist später durch Aneinanderlagerung je zweier Chromosomen zu Stande kommt (p. 593). Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei der Spermato- genese von Helix sowie bei den Hemipteren, da auch hier in den Spermatocyten I. Ordnung zunächst die Normalzahl der Chromosomen vorhanden ist und erst durch Zusammenlegung je zweier derselben die redueirte Zahl entsteht (p. 591 u. 596). Es handelt sich also in diesen Fällen thatsächlich nur um eine scheinbare Reduction, und die eigentliche Reduction wird jedenfalls durch die Reifungstheilungen herbeigeführt. Dem ersteren dieser Vorgänge, welchen wir als eumitotische Reifungstheilung bezeichneten, ist man zunächst geneigt in so fern einen höheren Grad von Wahrscheinlichkeit zuzuschreiben, als beide Theilungen in Form von echten Mitosen verlaufen, während bei dem zweiten, der sog. pseudomitotischen Reifungstheilung, eine der beiden Theilungen dem Schema der Mitose nicht entspricht, da bei ihr nicht Spalthälften der Chromosomen von einander entfernt werden. Anderer- seits weicht dieser Modus in so fern wieder weniger von der gewöhn- lichen Mitose ab, als am Beginn der Theilung die Normalzahl der Chromosomen (in offener oder verdeckter Weise) vorhanden ist, wäh- rend bei dem eumitotischen Typus ein Theil der Chromosomen (auf eine bisher nicht aufgeklärte Weise) verschwunden sein soll. Man sieht, dass beide Typen auf besondere Weise von dem gewöhnlichen Verlauf des Theilungsvorgangs abweichen und während man in der einen Beziehung dem ersten Modus einen Vorzug geben möchte, scheint wieder in anderer Beziehung der zweite ihn zu verdienen. Wie früher bereits ausführlich gezeigt wurde, spielen bei den Reifungstheilungen die Viererg nippen eine wichtige Rolle; wir sahen, dass sie in der Hälfte der Normalzahl auftreten und auf recht verschiedene Weise gebildet werden sollen, nämlich im einen Fall durch zweimalige Längsspaltung, im anderen Fall durch Längsspaltung und Quertheilung. Die Schwierigkeit in der Erklärung der Reduction findet somit gleichzeitig ihren Ausdruck in der Differenz der An- sichten von der Entstehung der Vierergruppen. Erklärt man die frühzeitige Reduction bei der eumitotischen Reifungstheilung durch das vollständige Unterbleiben der letzten Quertheilung, wie es geschehen ist, so ist man gleichzeitig geneigt, jedem der in der halben Normalzahl auftretenden Chromosomen den doppelten Werth zuzuschreiben so wie denen des pseudomitotischen Typus, welche nachher noch die Quertheilung durchmachen. Diese Auffassung scheint aber nach den früher davon gegebenen Dar- stellungen thatsächlich unmöglich zu sein, da sich diese Chromosomen später durchaus einheitlich verhalten und eben durch zweimalige Läugsspaltung die Vierergruppeu liefern sollen. Wenn die Beobach- tungen der Autoren hierin das Richtige treffen und man an dem -rossen Unterschied zwischen Längsspaltung und Quertheilung fest- halten will, so würde thatsächlich in der Entstehungsweise der Vierer- gruppeu eine zur Zeit völlig unlösliche Schwierigkeit bestehen, es sei denn, dass man auf jene kleinsten Elemente zurückgeht, welche die Chromosomen zusammensetzen, wie es die Untersuchungen Brauer's in besonders klarer Weise gezeigt haben. So erscheint es nicht un- möglich, dass jene beträchtlichen Verschiedenheiten, welche bezüglich ß\2 Zweiter Abschnitt. der Bildung der Vierergruppen durch Längsspaltung oder Quer- theilung bestehen, in der Art und Weise des Zustandekommens jener Mikrotetraden , durch deren Zusammenlagerung der Chromatinfaden gebildet wird, ihre Erklärung finden könnten, nur vermögen wir leider Sicheies darüber bisher nicht auszusagen (Brauer, Sabaschnikoff, vgl. p. .".74 11'.). Es braucht kaum hinzugefügt zu werden, dass allen diesen Beobachtungen die Idee von der qualitativen Verschiedenheit der „Mikrosomen" zu Grunde liegt, welche die Chromosomen zusammen- setzen, und dass ihre Bedeutung sich wesentlich vermindert oder ganz zurücktritt, wenn diese Annahme nicht das Richtige trifft. Von vorn herein ist man zu der Annahme geneigt, dass so weit- gehende Verschiedenheiten der vorbereitenden Vorgänge, die zu sehr übereinstimmenden Ergebnissen führen, in Wirklichkeit nicht vor- handen sein möchten und vielleicht nur durch die grosse Schwierig- keit der Beobachtung zu erklären sind , einstweilen freilich , da sich die sehr bestimmt lautenden Angaben erfahrener Forscher fast dia- metral gegenüberstehen, wird man zu einem solchen Urtheil nicht berechtigt sein und wird die grossen Differenzen im Verlauf der Reifungserscheinungen vorläufig als Thatsache hinnehmen müssen. Sollte sich dann später herausstellen, dass die Differenzen bestehen bleiben, so könnte man diesen Vorgängen nicht mehr die grosse Be- deutung zuschreiben, welche man ihnen heute beilegt, sondern man müsste" annehmen, dass sie durch die biologischen Eigenthümlich- keiten der betreffenden Species bedingt sind und etwa von der Con- stitution der Kerne ihrer Geschlechtszellen abhängen. Der aus irgend welchen für uns nicht ersichtlichen Gründen differente Bau der Kerne bringt vielleicht auch die Verschiedenheiten in der Anordnung des Chromatins bei der Theilung mit sich; zum Theil können es möglicher Weise rein mechanische, für den Theilungsvorgang wich- tige Momente sein, die hier in Betracht kommen. Bekanntlich finden sich in den Kernen sehr nahe stehender Formen ganz verschiedene Chromosomenzahlen, wir nennen nur die Gattung Ascaris (A. lum- b r i c o i d e s mit 48, A. megalocep h a 1 a mit 4 bezw. 2 Chromosomen), ja es kann sogar in ein und derselben Species die Zahl der Chromo- somen different sein (A. meg. bi Valens 4, A. meg. univalens 2), ohne dass dies irgend welchen sichtbaren Einfluss auf die weitere Differenziruug der "Zellen und die Ausbildung des ganzen Thieres hat. Differente Chromosomenzahlen innerhalb derselben Species, bei denen es sich aber offenbar nicht um ein so constantes Vorkommen wie bei Ascaris handelt, sind auch von anderen Thieren bekannt, ohne dass die betreffenden Verhältnisse allerdings bisher eine genügende Aufklärung ge- funden hätten. So stellte Boveri (1890) bei einzelnen Individuen von E c h i n u s m i c r o t u b e r c u 1 a t u s eine höhere Chromosomenzahl als deren Normalzahl fest, und wir selbst konnten Aehnliches bei Ophryot roch a puerilis beobachten, in deren Furchungszellen bei der Mitose gelegent- lich acht Chromosomen gefunden wurden, während die Normalzahl vier ist. Desgleichen zeigte Winiwarter (1901), dass bei der Theilung der Geschlechtszellen des Kaninchens verschiedene Chromosomenzahlen und jedenfalls höhere als die Normalzahl auftreten. Wir werden sehen, dass nach Brauer (1893) auch bei den einzelnen Individuen der Artemia salina differente Chromosomenzahlen gefunden werden, doch hat dies hier allerdings eine andere Bewandtniss, wovon weiter unten (p. 620) noch die Rede sein wird. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifimg und Befruchtung. 613 "Wenn man das Verhalten der genannten Formen in Betracht zieht, so liesse sich auch von jenen oben besprochenen Verschieden- heiten im Verlauf der Reifungstheilungen annehmen, dass sie von keiner besonders grossen Bedeutung sind. Möglicher Weise könnte auch das enge Zusammenziehen der beiden Theilungen, wie es be- sonders in der Bildung der Vierergruppen zum Ausdruck kommt, d. h. die Vorbereitung der zweiten Theilung. wenn die erste noch gar nicht vollzogen ist, bei den different gebauten Kernen verschiedener Species einen verschiedenartigen Verlauf der beiden Theilungen mit sich gebracht haben. Der Möglichkeiten, welche sich hier darbieten, sind jedenfalls sehr viele, doch ist es nicht unsere Absicht, weiter auf dieselben einzugehen. Man wird eben bezüglich der Lösung dieser Fragen den weiteren Gang der Untersuchungen abzuwarten haben und von ihnen eine Klärung dieses vorläufig immer noch recht dunklen Gebiets erhoffen dürfen. Eine Chromatinreduction , welche sich in sehr ähnlicher Weise vollzieht wie bei den Reifungstheilungen der Oogenese und Spermato- genese der Metazoen, wurde auch für die Eibildung und die Ent- stehung des Pollens bei den Phanerogamen festgestellt, und da die Uebereinstimmung thatsächlich eine sehr grosse ist (vgl. p. 579), so hat mau nicht gezögert, nach Homologien zu suchen (Strasburger. Gujgnard). Auch sonst noch im Ptlanzenreich, bei der Ei- und Sporen- bildung der Farne, Moose und Tange, werden Reductionsprocesse ge- funden, und solche sind auch, wie schon früher (p. 559) erwähnt wurde, in den Reifungstheilungen der einzelligen Thiere vorhanden. Diesen Vorgängen kommt also eine weite Verbreitung zu, und mit Recht hat man ihnen desshalb eine hohe biologische Bedeutung zu- geschrieben. Auf die weit gehenden phylogenetischen Speculationen, welche sich hieran anschlössen und auf zoologischem, ganz besonders aber auch auf botanischem Gebiet in Verbindung mit der Prothallium- lehre ihren weiteren Ausbau fanden, soll hier nicht eingegangen werden, zumal wir schon bei Behandlung der Richtungskörperbildung einige dieser Punkte zu berühren hatten. Wir möchten also nur darauf (p. 553 ff.) und besonders auf V. Häcker's Zusammenstellungen (1898 u. 1899), sowie auf die Arbeiten von Srasburger (1884—1900), Guignard (1891 u. 1899), Overton (1893), Hartog (1898), Juel (1900) und Murbeck (1901) aufmerksam machen. V. Die Reifung parthenogenetischer Eier. Als man die feineren Vorgänge im Ei, welche der Befruchtung vorausgehen, kennen lernte und sie zu dieser in Beziehung setzte, mussten naturgemässdie Reifungserscheinungen der parthenogenetischen Eier ein ganz besonderes Interesse erwecken, da man bei ihnen in Folge des Fehleus der Befruchtung einen anderweitigen Verlauf dieser sie uvwissermaassen vorbereitenden Vorgänge erwarten durfte. That- sächlich hat man denn auch die parthenogetischen Eier zur Erklärung dieser Erscheinungen und speciell der Richtungskörperbildung viel- lach herangezogen, wesshalb wir bereits bei Behandlung der letzteren ebenfalls auf sie eingehen mussten (p. 560); doch sind wir genöthigt, hier im Zusammenhang nochmals darauf zurück zu kommen. Wir 614 Zvveitei' Abschnitt. gehen dabei von jener bekannten Theorie ans, nach welcher das Ei als hermaphroditisch angesehen wurde und zunächst auch ohne das Hinzukommen des männlichen Elements entwicklungsfähig sei (Minot [1877], Balfour [1880], E.y. Beneden [1883]); mit den Richtungs- körpern würde dann der männliche Bestandteil des Keimbläschens ausgestossen, und dadurch wird Platz für das Hinzutreten des männ- lichen Elements geschaffen, das Ei wird befruchtungsfällig. Nach Balfour wurde „die Function, Polzellen zu bilden, vom Ei ausdrück- lich zu dem Zweck angenommen, um Parthenogenesis zu verhüten". Gestützt erschien diese Theorie durch das (vermeintliche) Fehlen der Richtungskörper bei den auf parthenogenetischem Wege sich ent- wickelnden Eiern. Zwar hatte schon Grobben (1879) an den Sommer- eiern von Moina rectirostris einen Richtungskörper aufgefunden und auch als solchen richtig gedeutet, ohne aber seine Entstehung wirklich feststellen zu können; jedenfalls aber wurde jener Theorie dadurch der Boden entzogen, dass Weismann (1885 u. 1886) mit völliger Sicherheit an den parthenogenetischen Eiern von Polyphemus Richtungskörper nachweisen konnte und solche sich auch bei den Aphiden (Blochmann [1887]), sowie bei den Rotatorien fanden (Weismann und Ishikawa [1887], Lameere [1890]). Aber es stellte sich bei diesen Untersuchungen doch sofort ein Unterschied der partheno- genetischen von den befruchtungsbedürftigen Eiern heraus, indem sich bei den ersteren im Allgemeinen nur ein Richtungskörper bildet, während von den letzteren zwei bezw. (durch Theilung des ersten) drei Richtungskörper abgegeben werden, welches Verhalten Weismann (1887) zur Aufstellung seines Zahlengesetzes der Richtungs- körper veranlasste. Es ist hierbei nur von den direct durch Abschnürung von der Oocyte sich bildenden (primären) Richtungskörpern die Rede, denn der erste und event. einzige Richtungskörper parthenogenetischer Eier kann sich theilen (z. B. bei Cy p r is nach Woltereck) ; er kann jedoch auch ungetheilt bleiben (so bei Asplanchna nach v. Erlanger und Lauterborn), verhält sich also ganz wie der erste Richtungskörper bei befruchtungsbedürftigen Eiern. Der Unterschied, welcher von den genannten Autoren für die parthenogenetischen und befruchtungsbedürftigen Eier derselben Formen (Cladoceren, Ostracoden, Aphiden und Rotatorien) festgestellt werden konnte, führte zu jener schon früher (p. 561) er- wähnten verschiedenen Deutung der beiden Richtungskörper, wonach dem zweiten die Reduction des Chromatins und damit die Ver- minderung jener Substanz obliege, in welcher nach Weismann's An- schauung" die vererblichen Eigenschaften in einer bestimmten und regelmässigen Anordnung niedergelegt sind. Hiermit schien ganz übereinzustimmen, dass sich die zweite Reifungstheilung bei ver- schiedenen Formen als eine „Reductionstheilung" im Sinne Weis- mann's erwies, wie bereits an anderer Stelle (p. 572 ff.) gezeigt wurde. Die entfernte chromatische Substanz wird bei der Befruchtung durch diejenige des Spermakerns ersetzt; bei parthenogenetischen Eiern erfolgt eine solche neue Zufuhr von chromatischer Substanz nicht, die Reduction unterbleibt daher bei ihnen; die Bildung eines zweiten Richtun gskörpers findet nicht statt. Für' diese Auffassung lässt sich auch in neueren Arbeiten über die Reifung parthenogetischer Eier eine Stütze finden (v. Erlanger und Laiterborn [1897], Lenssen [1898], Woltereck [1898]), obwohl frei- VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 015 lieh in ihnen auf die eigentlichen Reductionsvorgänge nicht genügend Rücksicht genommen wurde. Jedenfalls konnte auch durch sie die Bil- dung eines Richtungskörpers bei parthenogenetisch sich entwickeln- den" Eiern von Rotatorien und Ostracoden festgestellt werden. A I (gesehen von den parthenogenetischen Eiern der A s p 1 a n c hn a , aus denen Männchen hervorgehen und auf die noch zurück zu kommen sein wird, soll bestimmt kein zweiter Richtungskörper oder auch nur die Anlage eines solchen (vgl. weiter unten p. 618 das Verhalten von Artemia) vorhanden sein, sondern die innere Tochterplatte der ersten Richtungsspindel soll direct in den ersten Furchungskern übergehen. Was die Reduction des Chromatins anbelangt, so sind die genannten Untersuchungen nicht speciell auf diesen Punkt gerichtet worden. AYoLTERECK findet bei Cypris in den Oogonien der Synapsiszone 12 Chromosomen, desgleichen 12 in der ersten Richtungsspindel und ebenfalls wieder 12 in der ersten Furchungsspindel. Dabei wird aus- drücklich angegeben, dass auch hier die innere Tochterplatte der ersten Richtungsspindel nach dem Durchlaufen eines Ruhestadiums direct in die Aequatorialplatte der Furchungsspindel übergeht. Man würde dieses Ver- halten also thatsächlich als ein Unterbleiben der Reduction deuten können, wenn nicht in Folge des noch zu besprechenden Verhaltens anderer parthenogenetischer Eier gewisse Bedenken aufstiegen, ob nicht ent- sprechende, aber vielleicht nicht mehr so deutlich ausgeprägte Vorgänge sich der Beobachtung entzogen haben könnten. Bei der völligen Unterdrückung der zweiten Reifungstheilung. wie sie sich aus dem Vorhergehenden ergeben würde, besteht die grosse Schwierigkeit, dass es thatsächlich eine andere Generation, nämlich nicht die gereifte Eizelle, sondern die Oocyte II. Ordnung ist (vgl. p. 505 u. 570). welche in die Embryonalentwickluug eingeht, wie dies besonders von Boveri (1890) betont worden ist. Es sind nun Beobach- tungen vorhanden, welche wenigstens für gewisse parthenogenetische Eier diese Schwierigkeit beheben; ehe wir jedoch darauf eingehen, sei hervorgehoben, dass dieselbe für wieder andere parthenogenetisch sich entwickelnde Eier überhaupt nicht besteht, weil sie nicht einen, sondern zwei Richtungskörper bilden. Als nämlich nach Entdeckung der Richtuugskörper parthenogenetischer Eier durch Weismann und Blochmann diese Untersuchungen fortgesetzt wurden, stellte sich bald heraus, dass Weismann's Zahlengesetz doch nicht für alle von ihnen Giltigkeit hat, indem durch Blochmann (1888 u. 1889) für die Drohneu- eier der Biene und durch Platner (1888—1889) für die parthenogene- tischen Eier von Liparis dispar die Bildung zweier Richtuugskörper nachgewiesen wurde. Die ersteren Beobachtungen erfuhren später eine Bestätigung durch Mittheilungen von Weismann (1900) und Paulcke (1899), sowie durch eiue ganz neuerdings ebenfalls auf Anregung von Weismann an befruchteten und unbefruchteten Bieneneiern unter- nommene sehr eingehende Untersuchuug von Petrunkewitsch (1901). Früher hatte auch schon Henking (1892) in ähnlicher Weise wie Platner Untersuchungen über die unbefruchteten Eier von Lepidopteren (Bombyx und Leucoma) angestellt und ebeuso wie bei Hymen o- pteren (Lasius, Rhodites) zwei Richtungskörper gefunden. Nach Angabe von Erlanger und Lauterborn sollen auch die Eier, aus denen bei Asplanchna Männchen hervorgehen, sich auf parthenogene- tischem Wege entwickeln und zwei Richtungskörper bilden, von denen der erste eine nochmalige Theilung erführe. b (J2(j Zweiter Abschnitt. Mit Recht hat man das Verhalten dieser Formen so gedeutet, dass es sich bei den betreffenden Eiern nur um „facultative Partheno- genese" handelt, d. h. dass sie in Wirklichkeit befruchtungsfähig sind und im Fall des Hinzutretens eines Spermatozoons auch that- sächlich befruchtet würden (Boveri, Weismann); unterbleibt dieses, so entwickeln sie sich parthenogenetisch , sie sind aber auf Partheno- genese noch nicht ausschliesslich eingerichtet. Für diese Eier muss somit die sehr auffallende Thatsache gelten, dass ihre Kerne ganz so wie die anderer gereifter Eier nur die halbe Zahl der Chromosomen enthalten, dass sie aber trotzdem entwicklungsfähig sind. Dem wurde damals von Brauer (1893) nicht mit Unrecht entgegen gehalten, dass die betreffenden Beobachtungen einmal nicht ganz einwand- frei seien, und dass es andererseits zweifelhaft erscheinen müsse, ob die Eier, an denen die Bildung eines zweiten Richtungskörpers beobachtet wurde, wirklich zur Entwicklung gelangt wären, während von denen, die sich entwickelten, nicht nachgewiesen ist, ob sie vorher zwei Richtungs- körper gebildet hatten. Durch die oben erwähnten neueren Untersuchungen (Weismann, Paulcke, Petrünkewitsch) hat dieser Vorgang allerdings ein etwas anderes Gesicht bekommen, indem durch sie mit Sicherheit nachgewiesen wurde, dass die auf parthenogenetischem Wege sich ent- wickelnden Drohneneier der Biene stets zwei Richtungskörper bilden. Hierbei ist freilich entsprechend jener bereits früher besprochenen Auffassung hinzuzufügen, dass dieselben Eier auch hätten befruchtet werden können, da dies ja allem Anschein nach dem Zufall überlassen bleibt, bezw. im Belieben der eierlegenden Bienenkönigin steht. Dagegen bilden auch die für gewöhn- lich und normaler Weise auf parthenogenetischem Wege sich entwickeln- den Eier vonRhodites rosae zwei Richtungskörper (Henking [1892]). Es wäre in verschiedener Hinsicht von Interesse, zu erfahren, auf welche Weise die stattgefundene Reduction des Chromatins wieder ausgeglichen wird. Bei der Biene fand Petrünkewitsch in der ersten Riehtungsspindel IG Chromosomen, in der zweiten dagegen nur 8; ersteres ist nach seiner Annahme die normale, letzteres die reducirte Zahl; 8 Chromosomen treten auch bei der Theilung des ersten Richtungskörpers auf, d. h. ebenfalls die reducirte Zahl der zweiten Reifungstheilung. Die erste Furchungsspindel sowohl der befruchteten, wie auch der unbefruchteten Eier weist 1(3 Chromo- somen, also wieder die Normalzahl auf, die im ersteren Fall durch Vereinigung des Ei- und Spennakerns erzielt wurde, von der aber bei den parthenogenetischen Eiern bisher leider nicht festgestellt werden konnte, auf welche Weise sie zu Stande kommt, vielleicht durch den Anlauf zu einer Kerntheilung und eine damit verbundene Längsspaltung der Chromosomen, wie man vermuthet hat (Boyert, Petrünkewitsch). Eine solche Verdoppelung der Chromosomenzahl konnte auch von Henking (181)-!) bei den von ihm untersuchten parthenogenetischen Eiern festgestellt werden (man vgl. hierzu weiter unten die auf Echinodermeneier bezüglichen Ergebnisse p. 621). Für die Erklärung der Bildung nur eines Richtungskörpers bei parthenogenetischen Eiern ist eine Reihe von Beobachtungen be- deutungsvoll, die an verschiedenen Objecten angestellt (Boveri [1887 u. 1890], 0. Hertwig [1890]) und dann in sehr vollständiger Weise von Brauer (1893) bei Artemia verfolgt wurde. Zunächst hatte Boveri VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. (317 an Eiern von Asc. megalocephala und Ptero trachea die Be- obachtung gemacht, dass es gelegentlich nicht zu völliger Ausbildung des zweiten Richtungskörpers kommt, sondern gewissermaassen nur ein Ansatz dazu genommen wird, indem zwar die zweite Reifungs- theilung erfolgt, aber der daraus vesultirende Kern der zweiten Richtungszelle im Ei verbleibt, um später wieder mit dem Eikern zu verschmelzen. Boveri überträgt diesen Vorgang auf die partheno- genetischen Eier und fasst ihn so auf, dass der zweite Richtungs- körper gewissermaassen die Rolle des Spermatozoons übernimmt, Die Parthenogenese würde also nach dieser Auffassung gewissermaassen auf einer Befruchtung durch den zweiten Richtungskörper beruhen. Ganz ähnliche Beobachtungen hatte auch 0. Hertwig angestellt (1890). Schon durch R. Greeff (1876) war die Möglichkeit einer partheno- genetischen Entwicklung für die Eier von Seesternen (Aste rias rubens) angegeben worden, und es ist möglich, dass auch Aste rina gibbosa WN -rk1 ■S" eik Fig. 355. Die Anlage zur Bildung des zweiten Richtungskörpers und Ein- beziehung desselben an einem zur parthenogenetischen Entwicklung neigenden Ei von Astropecten (nach O. Hertwig). A die zweite Richtungsspindel und darüber liegend der erste Richtungskörper (rÄ^), B und C unter dem ersten Richtungskörper der Kern des zweiten Richtungskörpers (rifeg) nach Theilung der ersten Richtungsspindel, weiter nach innen der Eikern (eik). I) der dicht an einander gelagerte Eikern und Kern des zweiten Richtungskörpers. sich ähnlich verhält (Mc. Bride [1896]). Neuerdings (1900) machte Viguier für verschiedene Seeigel (Arbacia, St r o ngy loc ent r otus und Sphaerechinus) entsprechende Mittheilungen über normale partheno- genetische Entwicklung, die freilich von J. Loeb (1901) wegen der bei den Versuchen angewandten, nach seiner Meinung ungenügenden Vor- sichtsmaassregeln für nicht beweisend gehalten werden. Dem gegenüber hält Viguier (1901) allerdings seine Angaben in vollem Umfang aufrecht. O. Hertwig versuchte an den unbefruchteten und zur partheno- genetischen Entwicklung neigenden Seesterneiern das Verhalten der Richtungskörper für diesen Fall festzustellen und kam zu dem Er- gebniss, dass auch hier gelegentlich die Ausbildung des zweiten Rich- tungskörpers unterbleibt, dessen Kern aber gebildet wird (Fig. 355 4— C), 618 Zweiter Abschnitt. um sich später ganz ähnlich wie ein Spermakern mit dem Ei- lvera zu vereinigen (Fig. 355 D), worauf die Ausbildung der ersten Furclmngsspindel und die Theilung des Eis erfolgt. Bei diesen sich parthenogenetisch entwickelnden und die Zufuhr der männlichen Kern- substanz entbehrenden Eiern wird also die Chromatinreduction durch Hinzufügen der chromatischen Substanz des zweiten Ilichtungskörpers bald wieder ausgeglichen und also eine Art von „Befruchtung" durch diesen letzteren herbeigeführt. Die Beobachtungen von 0. Hertwig erfahren neuerdings eine Bestätigung durch diejenigen von Delage (1901), welcher ebenfalls an Seestern eiern, und zwar bei künst- lich herbeigeführter Parthenogenese, feststellte, dass der zweite Richtuugskörper vom Ei einbehalten werden kann. A ■»« «« >***' / ****** •fAW**** D CSÖKV L *■"■■■■■ m> ■ G H Fig. 3ö6. A— D Bildung- des ersten Richtungskörpers , der in T) abgeschnürt zwischen Eioberfläche und Eihülle liegt, E — H Eikern und seine Umwandlung zur Furchungsspindel von Artemia salina nach A. Bräuer. Die im Ei bleibende Hälfte der ersten Richtungsspindel (D) ist zum Eikern ge- worden (E). Dies geschieht jedoch nicht regelmässig, wie durch die noch zu er- wähnenden Versuche von Mathews (1901) gezeigt wird, der bei partheno- genetisch sich entwickelnden Eiern von Asterias zwei Richtuugskörper beobachtete; dieselbe Wahrnehmung machte v. Kostanecki (1902) ge- legentlich wenn auch selten bei Mactra (vgl. p. 623). Der gleiche , nur mit gewissen Modihcationen verbundene Vor- gang konnte von Brauer bei Artemia bis in die Einzelheiten des Theilungsvorgangs, besonders auch der Chromatmumwandlungen, ver- folgt werden. Er beschreibt genau die Ausbildung der ersten Richtungs- spindel, in deren Aequatorialplatte eine grosse Zahl (84) Vierergruppen vorhanden sind. Die gleiche Zahl von Dyaden geht in den ersten Richtungskörper über und bleibt in der Tochterplatte im Ei zurück, VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 619 beginnen gänge der Vorgang ist also bisher ganz derselbe, wie wir ihn wiederholt von anderen Eiern kennen lernten (Fig. 350 A — C). Auch das folgende Stadium, nämlich die Ausbildung einer zweiten Richtungs- spindel kann sich noch in Uebereinstimmung befinden, aber alsbald die Abweichungen, und zwar verlaufen die weiteren Vor- nickt bei allen Eiern in gleicher Weise, sondern Brauek unter- scheidet zwei verschiedene Modalitäten. Im einen Falle bildete sich eine zweite Richtungsspindel aus, durch deren Theilung es zur Bildung zweier Kerne kommt, ja, es kann sogar ein zweiter Eichtuugskörper angelegt werden (Fig. 357 A). Ist Letzteres geschehen, so wird er aber bald wieder in das Ooplasma einbezogen (Fig. 357 jB), der Kern legt sich an den Eikern an, um mit ihm zusammen die Furchuugsspindel A B C zur Ausbildung zu 1 irin gen C-F). (Fig. Der gang ähnelt 357 Vor- also durchaus dem von BoveriuiuIO.Hert- wig beobachteten und lässt sich ohne Weiteres mit dem Befruchtungsact vergleichen (Fig. 384—390 p. 675 ff). Da in jedem Kern 84 Chromosomen vor- handen waren, ent- hält die Furchungs- spindel deren 168. Brauer's Beobach- tung an Artemia bringt also in dieser Hinsicht eine volle Bestätigung der von Boveri vertretenen Auffassung. Bei dem anderen Modusder Eireifung von Artemia kommt es nicht zur einer Ausbildung zweiten Richtungs- Fig. 357. A Abschnürung des zweiten Richtungs- körpers, der in B und C wieder in das Ei einbezogen wird, C — F Berührung der beiden Kerne und deren Umwand- lung in die Furchuugsspindel von Artemia salina nach A. Brauer. spindel; zwar wird ein Versuch dazu gemacht, aber alsbald geht der Kern direct in einen ruhenden über, d. h. die Chromosomen schwinden, ein Netzwerk bildet sich aus, und aus diesem differenziren sich dann die Kern- schleifen von neuem, wenn es zur Bildung der Furchuugsspindel kommt (Fig. 356 E—H). Die Zahl der Chromosomen ist (nach Brauer's ausdrücklicher Aussage) im Gegensatz zum vorigen Modus nur 84, da es ja hier nicht zu einer Theilung des Kernes und Wiedervereinigung der Theilhälften gekommen war. Freilich sind diese Chromosomen aus demselben Grunde gegenüber den anderen Korschelt-Heider, Lehrtuch. Allgemeiner Theil II. Lief. 1. u. 2. Aufl. 40 C.Ji) Zweiter Abschnitt. doppelwerthig. Die Verschiedenheit in der Zahl der Chromosomen soll auch späterhin erhalten bleiben; wenigstens erklärt Brauer aus- drücklich, sich durch genaue Untersuchungen der Kerne in den Furchungszellen davon überzeugt zu haben, dass bei den einzelnen Individuen die Chromosomenzahl eine verschiedene und jenen soeben vom Ei geschilderten Vorgängen entsprechende (84 und 168) sei. Hierzu ist noch zu bemerken, dass Petrunkewitsch (1902) in einer vorläufigen Mittheilung über seine Untersuchungen an den parthenogene- tischen Eiern von Artemi a den von Brauer beschriebenen, auf zweierlei Weise verlaufenden Modus der Richtungskörperbildung in Abrede stellt und die Wiedervereinigung des dem zweiten Richtungskörper zu- gehörigen Kerns mit dem Eikern als vorgetäuscht durch Befunde an ab- normen Eiern erklärt. Ein zweiter Richtungskörper wird nach Petrunke- witsch's Angabe bei den parthenogenetischen Eiern von Artemia über- haupt nicht gebildet. Aus den bis jetzt vorliegenden Mittheilungen lässt sich nicht erkennen, in wie weit diese Zweifel gegenüber den sehr be- stimmt lautenden und auf einem reichen Material beruhenden Angaben von Brauer berechtigt sind. Was die Deutung der Brauer' sehen Befunde als abnorme Zustände betrifft, so fällt daran auf, dass die Untersuchungen von Petrunkewitsch an Thieren ausgeführt sind, die im Freiburger Institut in Aquarien gehalten wurden, also wohl unter weniger günstigen Be- dingungen lebten als die von Brauer an Ort und Stelle gesammelten Artenden. Eine weitere Klärung der Frage wird hoffentlich durch die zu erwartende Publication von Petrunkewitsch erfolgen. Das zuletzt besprochene Ergebniss der Untersuchung Brauer's ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert!!, einmal wegen der auf so eigenartige und mehr zufällige Weise zu Stande kommenden ver- schiedenen Chromosoiiienzahl und sodann wegen der unterbleibenden zweiten Reifungstheilung. Man würde entschieden erwartet haben, dass die zweite Reifungstheilung, wenn sie auch nicht zu Ende ge- bracht wurde, doch wenigstens zu einer Trennung der Chromosomen geführt haben würde und damit bezüglich dieser dasselbe Resultat erreicht worden wäre wie bei der Theilung nach dem ersten Modus. Man hätte damit einen Uebergang gewonnen von jenen partheno- genetischen Eiern, welche noch einen zweiten Richtungskörper bilden, der jedoch wieder mit dem Ei verschmilzt (erster Modus von Artemia), zu solchen, bei denen der zweite Richtungskörper kaum noch angelegt wird, wohl aber die zweite Richtungsspindel vor- handen ist, bis endlich zu den Eiern, in welchen auch die letztere theilweise rudimentär wird, die Theilung der Chromosomen aber noch stattfindet. Letzteres ist man geneigt, wie schon früher erwähnt wurde, für diejenigen parthenogenetischen Eier anzunehmen, welche nur einen Richtungskörper bilden, da für sie dann die Schwierigkeit wegfällt, dass eine frühere Zellgeneration, nämlich die Oocvte 1. Ordnung (Eimutterzelle), anstatt der definitiven Eizelle in die Embryonalentwicklung eintritt. Es scheint somit nicht, als ob Artemia nach dieser Richtung den erwarteten Aufschluss geben könne. Wenn der die Befruchtung ersetzende Verschmelzungsvorgang des Eikerns mit der chromatischen Substanz des zweiten Richtuugs- körpers ausbleibt, so findet er immerhin in der (in Folge der unter- bleibenden letzten Theilung) grösseren Menge des Chromatins einen Ersatz. Wir sahen, dass in Folge des verschiedenen Modus der Richtungskörperbildung die Chromosomen im einen Fall (nach ge- VI. Capitel Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. Ii21 schehener Theilung) einwerthig, im anderen Fall, wenn diese aus- bleibt, zweiwerthig sind. Dieser Befund erscheint wegen der von verschiedenen Forschern vertretenen Auffassung von der Individualität der Chromosomen (Boveki) bedeutungsvoll, worauf von Wilson (1900) ganz besonderes Gewicht gelegt wird, denn, wie schon erwähnt, treten die Chromosomen nach Brauers Darstellung später in der gleichen Zahl (84 und 168), die er in den Furchungszellen feststellen konnte, wieder auf. Waren die Chromosomen vorher ungleichwerthig, so dürfen sie jetzt in gewissem Sinne als gleichwerthig angesehen werden. Nun wissen wir zwar aus dem Verhalten nahe verwandter Species oder sogar zweier Varietäten einer und derselben Art (Ascaris m e g. univalens im d b i val e n s ) , dass die Chromosomenzahl keine so wichtige Rolle spielt, und durch Boveri's Untersuchungen ist be- kannt geworden, dass (bei Ascaris) ausnahmsweise in Folge des Unterbleibens der Ausstossung des ersten Richtungskörpers dessen Chromosomen im Ei verbleiben und bei den weiteren Theilungen sich neben den normalen Chromosomen vorfinden und sich ganz wie diese verhalten*), aber trotz alledem muss die differente Chromosomenzahl verschiedener Individuen von Artemia als ein sehr auffallendes Verhalten bezeichnet werden. Jedenfalls steht es im Gegensatz zu der oben (p. 616) erwähnten Erscheinung, dass bei der Abgabe zweier Richtungskörper durch parthenogenetisehe Eier die reducirte Zahl der Chromosomen wieder auf die Normalzahl gebracht werden soll, obwohl hierzu bemerkt werden muss, dass auch die betreffenden Angaben noch einer genaueren Präcisirung bedürfen. Im Vergleich mit diesem Verhalten von Artemia erscheinen die von Delage (1898) bei der Befruchtung kernloser Theilstücke von Echinideneiern gemachten Beobachtungen von Interesse, da sie bezüglich der Individualität der Chromosomen, wie sie besonders von Rabl, Boveri und Rückert (1892) vertreten wurde, ein wesentlich anderes Verhältniss erkennen Hessen. Bei der Besamung und Entwicklung dieser Theilstücke bilden sich Kerne heraus, welche nicht die reducirte Chromosomenzahl (9) eines Spermakerns, sondern vielmehr die Normalzahl (18) zeigen sollen, so dass also während der Kernruhe eine Ergänzung der geringeren auf die höhere Zahl der Chromosomen stattgefunden haben müsste , in ähnlicher Weise wie dies auch von Petrunkewitsch für parthenogenetisehe Bieneneier angegeben wurde (p. 616), — eine Erscheinung, die gewiss von gi-ossem Interesse wäre, sich jedoch zunächst mit anderen Vorgängen nicht in Einklang bringen lässt, bei denen die Chromosomen eine gewisse „Individualität" zeigen, d. h. bei der Theilung in derselben Zahl wieder auftreten, in der sie vorher im Kerngerüst verschwunden waren. Diese Erscheinung wurde soeben in einem besonderen Falle von Ascaris erwähnt und wird auch sonst bei dem Befruchtungsvorgang in einer Weise beobachtet, die kaum eine andere Deutung zulässt (vgl. hierzu auch p. 385 ff.). In einer vor Kurzem erschienenen Entgegnung auf die Ausführungen *) Aehnliche Beobachtungen wurden von Herla (1895), 0. Meyer (1895) und Zoja (1896) gemacht, indem bei der Befruchtung des Eis von Asc. meg. bi- valens neben den normalen zwei Chromosomen noch eine kleinere Kernschleife sich zeigte, die mit jenen in die Furchungsspindel aufgenommen wurde und auch bei spateren Theilungen wieder auftrat. .Man hat hierin einen deutlichen Hinweis auf die Individualität der Chromosomen. Das betreffende Verhalten wird später bei Be- sprechung des Befruchtungsvorgangs noch Erwähnung finden (Fig. H96 p. öX'.t). 40* 622 Zweiter Abschnitt. von Delage, welche übrigens auch in dessen neueren Publicationen (1901) aufrecht erhalten und für die vom Eikern herrührenden Kerne bei der künstlichen Parthenogenese bestätigt werden, spricht Boveri (1901) den von Delage angestellten Versuchen durchaus die Beweiskraft in der hier angedeuteten Richtung ab, da bei den betreffenden Echiniden ausnahmsweise höhere Chromosomenzahlen vorkommen und ein solcher Fall vorgelegen haben könne; ausserdem sei auch an eine Spaltung der Chromosomen ohne nachfolgende Zelltheilung zu denken. Aus diesen und anderen Gründen hält Boveri auch für die hier in Betracht kommenden Erscheinungen durchaus an der Lehre von der Individualität der Chromo- somen fest. Dieser Standpunkt dürfte eine Stütze in der ebenfalls erst kürzlich publicirten Abhandlung von Wilson (1901) über die künstliche Parthenogenesis der Seeigeleier finden (p. 624), obwohl allerdings Wilson selbst im Gegensatz zu seiner kurz vorher (1900) geäusserten Anschauung in Folge der Herleitung der Chromosomen aus einem „Chromatin-Nucleolus" jetzt nicht mehr so ganz für die Individualitätshypothese eingenommen ist. Hinzufügen können wir noch , dass Boveri in seiner Arbeit über mehrpolige Mitosen (1902) abermals kurz auf diese Frage eingeht und Delage gegenüber Folgendes geltend macht. Delage zählt in den Zellen parthenogenetischer Embryonen von Strongylocentrotus lividus durchschnittlich 18 Chromosomen, und da er dies für die Normalzahl hielt, musste er auch in diesem Falle die von ihm vertretene Regulation, der Chromosomenzahl annehmen. Nach Boveri's, von R. Hertwig be- stätigten Befunden beträgt jedoch die Normalzahl der genannten Speeies nicht 18, sondern 36; es würde also auch nach Delage's Beobachtung bei den auf parthenogenetischem Wege entstandenen Embryonen nur die Hälfte der normalen Chromosomenzahl vorhanden sein und somit Boveri's Annahme von der Individualität der Chromosomen durch diese Beobachtung bestätigt werden. Nicht ganz unerwähnt soll es hier bleiben, dass man auch auf botani- schem Gebiet ähnlichen Erscheinungen nachgegangen ist und bei partheno- genetischen Formen Verhältnisse auffand, die mit den bei Thieren be- obachteten durchaus in Parallele zu setzen sind , so viel man wenigstens bis jetzt von ihnen weiss (Juel [1900], Murbeck [1901]). Die partheno- genetisirende Antennaria alpin a zeigt bei der Entwicklung des Embryosacks, im Gegensatz zu dem sonstigen Verhalten, keine Reduction der Chromosomenzahl (Juel). Die Theilungen, mit welchen die Reduction sonst verbunden ist, scheinen unterdrückt zu sein. Das Ei ist bei dieser Beschaffenheit seines Chromatins jedenfalls nicht befruchtungsfällig, sondern erscheint den Verhältnissen der parthenogenetischen Entwicklung durchaus angepasst. Nach dem, was darüber bekannt ist, würden somit die Dinge anders liegen als bei den thierisehen parthenogenetischen Eiern, da die betreffenden Theilungen, welche bei diesen vorhanden, wenn auch in ge- wisser Weise modificirt sind , hier ganz fehlen sollen. Die Normalzahl der Chromosomen bliebe also von vorn herein gewahrt, da das Eintreten der Befruchtung und ein weiteres Hinzukommen chromatischer Substanz nicht zu erwai-ten sind. Auch bei den parthenogenetischen AI che m i IIa - Arten bleibt (nach Murbeck) die Normalzahl der Chromosomen erhalten, obwohl hier Tetradentheilungen in der Embryosackmutterzelle stattfinden. Man erkennt daraus übrigens, dass diese Verhältnisse noch einer weiteren Aufklärung bedürfen. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifimg und Befruchtung. (>2.'> Im Allgemeinen war man bisher der Ansicht, class für den Ein- tritt des Eis in die Embryonalentwicklung eine gewisse Chroinatin- menge nöthig sei, wie sie durch die Vereinigung des Ei- und Sperma- kerns bezw. bei den parthenogenetischen Eiern durch die soeben ge- schilderten Vorgänge erzielt wird: doch sprechen jene partheno- genetischen Eier, welche zwei Richtungskörper bilden und sich dennoch normal entwickeln sollen, gegen diese Anschauung. Neuerdings sind übrigens verschiedene Entwicklungsvorgänge bekannt geworden, bei denen offenbar dasselbe der Fall sein muss, obwohl man allerdings die sich dabei vollziehenden Veränderungen der Kerne im Einzelnen bisher nicht kennt. Wir meinen jene parthenogenetische Entwicklung, welche durch äussere Agentien hervorgerufen werden kann, und denken vor Allem an die höchst erfolgreichen Versuche, welche von J. Loeb (1900 und 1901) zunächst an Seeigeleiern unter dem Einfluss be- stimmter Salzlösungen angestellt und sodann auf andere Objecte aus- gedehnt wurden. Durch geeignete Anwendung von Salzlösungen ge- langte Loeb zu dem überraschenden Resultat, dass sich die unbe- fruchteten Eier bis zu Pluteuslarven entwickeln, wobei ausdrücklich hervorgehoben wird, dass alle Cautelen zur Anwendung gelangten und ein Hinzutreten von Samenfäden zu den Eiern ausgeschlossen war. Im gleichen Sinne fortgesetzte Untersuchungen ergaben auch bei anderen Formen eine Entwicklung unbefruchteter Eier unter dem Einfluss der in geeigneter Weise modiiicirten Salzlösungen, wobei wir es an dieser Stelle dahin gestellt sein lassen, ob diese direct als solche oder durch die Aenderung des osmotischen Druckes wirken. Auf diese Weise konnten die Eier von Chaetopterus bis zur Trochophora und die von Phascolosoma bis zum 60 zelligen Furchungsstadium gebracht werden. Neuerdings machte Loeb die Mittheilung, dass es ihm und einigen seiner Schüler weiter gelang, eine solche künstliche Parthenogenese bei Asterias, Amphitrite, Nereis und Podarke hervorzurufen. In ähnlicher Weise war es auch schon Morgan (1899, 1900) gelungen, unbefruchtete Seeigeleier zur Entwicklung anzuregen, und E. B. Wilson (1901), sowie Giard (1900), Prowazek (1900), Herbst (1901), und Winkler (1901) konnten die wichtigen Versuche von Loeb der Hauptsache nach be- stätigen*). Mit etwas anderer Fragestellung sind dieselben auch von Delage (1900, 1901) aufgenommen und ebenfalls bestätigt worden. Desgleichen haben noch einige andere Forscher mit grösserem und geringerem Erfolg versucht, die unbefruchteten Eier verschiedener Thiere auf verschiedene Weise und mit verschiedenen Mitteln zur Entwicklung anzuregen (Winkler [1900 und 19011, Bataillon [1900] und 1901], Henneguy [1901]), v. Kostanecki [1902. Parthenogenetische Furchung bei Mactra]. Zum Theil ist davon weiter oben (p. 65 ff.] ) schon die Rede gewesen; ausserdem verweisen wir in dieser Be- ziehung auf die neueren Publicationen von Giard [1900 und 1901], E. B. Wilson (1901) und Delage (1901). Auf besondere Weise gelang es Mathews (1901), an Eiern von Seesternen (Asterias Forbesii) Parthenogenesis hervorzurufen, und zwar dadurch, dass die gereiften, also mit den Richtungskörpern *j Auf die Polemik zwischen Loeb und Yiguier, welcher hei Wiederholung «; Zweiter Abschnitt. VI. Die Befruchtung. Unter Befruchtung versteht man bei den Metazoen die Vereinigung der beiden Geschlechtszellen zur Bildung einer Zelle, der „befruchteten Eizelle1', die sich alsbald theilt uod somit den Ausgangspunkt für die Embryonalentwieklung bildet. Die Geschlechtszellen lernten wir, jede für sich, bereits kennen und erfuhren, dass sieh ihre Kerne in einem höchst characteristischen Reductionszustand der chromatischen Substanz befinden, der eine Art Vorbereitungsstadium für die Befruchtung dar- stellt; bei dieser werden die Kerne gewissermaassen addirt, jeden- falls ist nach vollzogener Befruchtung nur ein Kern vorhanden, der sich in der gewöhnlichen Weise auf mitotischem Wege theilt. Tritt die Befruchtung nicht ein, d. h. gelangen die beiden Geschlechtszellen (Ei und Spermatozoon) nicht zur Vereinigung, so gehen sie zu Grunde. Dies ist regelmässig bei der männlichen Geschlechtszelle der Fall, während die weibliche ausnahmsweise sich auch ohne Befruchtung zu entwickeln vermag (natürliche und künstliche Parthenogese p. 613 ff.). Welche Bestandteile jede der beiden Geschlechtszellen der be- fruchteten Eizelle liefert und in wie weit jede von ihnen für den Befruchtungsvorgang, sowie für die weitere Entwicklung von Be- deutung ist, soll im Folgenden gezeigt werden. Wir werden uns dabei vor Allem an die neueren Publicationen auf diesem Gebiet zu halten haben, möchten jedoch nicht verfehlen, auf die grossen Verdienste derjenigen Forscher hinzuweisen, welche durch grundlegende Unter- suchungen die neuere Richtung einleiteten und die glänzenden Er- folge derselben ermöglichten oder selbst mit errangen, wir denken dabei besonders au die Namen von Bütschli, 0. Hertwig, Fol und E. van Beneden. 1. Ei und Spermatozoon. Das Eindringen des Spermatozoons in das Ei. Die Befruchtung des Eis erfolgt entweder im Innern des mütter- lichen Körpers nach vollzogener Begattung oder beim Fehlen einer solchen im Freien, im Wasser, in welches Eier und Spermatozoon abgegeben wurden. In beiden Fällen steht den Spermatozoon ein flüssiges Medium zu Gebot, welches ihnen das Aufsuchen der Eier gestattet. In welcher Weise die Spermatozoon hierfür ausgerüstet sind, haben wir früher schon betrachtet (Cap. V p. 397 u. 423 ff.). Ver- M-hiedene Beobachtungen sprechen dafür, dass eine Anziehung der beiderlei Geschlechtszellen "auf einander oder doch eine solche des Eis auf die Spermatozoon stattfindet und allem Anschein nach auf eine gewisse Entfernung ausgeübt werden kann, denn man sieht die S]iermatozoen von relativ weit her sich auf das Ei zu bewegen. Es ist vermuthet worden, dass die vom Ei ausgeübte Wirkung chemischer Natur sei und in ähnlicher Weise erfolge, wie es von den Spermato- zoiden der Farne und Laubmoose bekannt ist, bei denen diese Wirkung durch chemische Reizmittel (Apfelsäure, Rohrzucker) experimentell festgestellt werden konnte (Pfeffer). Der noch zu beschreibende Empfängnisshügel, welcher nach Fols Beobachtung dem noch in einiger Entfernung betindlichen Spermatozoon entgegen gestreckt wird, zeigt ebenfalls eine gewisse Activität der Eizelle an. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 629 Von Bedeutung hierfür ist jedenfalls, ob das Ei bereits den richtigen Reifezustand für den Vollzug der Befruchtung erlangt hat. Ist dies nicht der Fall, so scheint sich das Ei ablehnend gegen das Eindringen der Spermatozoen verhalten zu können, worauf neuer- dings von Delage (1901) auf Grund seiner Beobachtungen über die Entwicklung kernloser Bruchstücke von Echinodermeneiern ein be- sonderes Gewicht gelegt wird. Delage nimmt geradezu eine Reifung des Cytoplasmas an und sieht deren Ursache in der beim Auflösen der Keimbläschenmembran erfolgenden Durchdringung des Ooplasmas durch den Kernsaft oder aber in der mit Beginn der ersten Reifungstheilung eintretenden andersartigen Structurirung des Ooplasmas, welche die Ausbildung des Spermakerns und der Strahlung desselben, soAvie dessen Vorwärtsschreiten ermöglicht, während vor der Reifung des Ooplasmas diese Vorgänge sowohl, wie auch das Eindringen der Spermatozoen in Folge der noch nicht genügend vorbereiteten Proto- plasmastructur des Eis auf Schwierigkeiten stiessen. In dieser Hinsicht erscheint übrigens auch das Verhalten solcher (hermaphroditischer) Thiere von Interesse, bei welchen, wie z. B. bei Ophryotrocha, Spermatozoen in nächster Umgebung der mehr oder weniger gereiften Eier in der Leibeshöhle oder im Leitungsapparat sich rinden und trotzdem normaler Weise ein Eindringen derselben in die Eier nicht stattfindet, während dieses sofort erfolgt, wenn die Eier im gleichen Stadium (der ersten Richtungsspindel) abgelegt wurden. In solchen Fällen muss also das Ei durch seine Structur oder chemische Beschaffenheit irgendwie gegen die frühzeitige Besamung geschützt sein oder auch zu- nächst noch keine Anziehung auf die Spermatozoen ausüben, und Letzteres tritt vielleicht erst von einem bestimmten Zeitpunkt in der Ausbildung des Eis ein. Hierfür spricht auch das Verhalten solcher Thiere, bei denen nach vollzogener Begattung die Spermatozoen in die Nähe unreifer oder noch nicht völlig gereifter Eier gelangen und trotzdem ein Eindringen in dieselben zunächst noch nicht erfolgt, wie sich dies bei den Polycladen beobachten lässt, bei welchen die Spermatozoen bis dicht an die erst in Ausbildung begriffenen Ooeyten vordringen (van Name [1899]). Uebrigens darf an dieser Stelle eine Beobachtung von Iwanzofp nicht unerwähnt bleiben, nach welcher auch die noch nicht gereiften Eier der Holothurien den Spermatozoen Fortsätze entgegen strecken, um sie in das Ooplasma aufzunehmen, doch soll damit eine ganz andere Bedeutung verbunden sein, und wir werden bei der Behandlung der Polyspermie darauf zurück zu kommen haben (p. 696). Für den Vollzug der Befruchtung ist nur ein Spermatozoon er- forderlich, und in Folge dessen tritt auch für gewöhnlich nur ein solches in das Ei ein, wofür, wie auch für das Hinzutreten mehrerer Spermatozoen, bestimmte Einrichtungen getroffen sind (p. 635 u. 692), Die Stelle, an welcher das Spermatozoon in das Ei eindringt, kann eine bestimmte sein oder aber es kann dies an recht verschiedenen Punkten des Eis geschehen. Abhängen wird der Ort des Eintritts zum Theil mit davon, ob das Ei nackt bezw. von einer für die Spermatozoen durchdringbaren Hülle umgeben ist oder aber ob diese letztere undurch- lässig für die Samenfäden ist und dementsprechend für den Zugang der Spermatozoen ein Mikropylapparat zur Ausbildung gelangte, in dessen Nähe dann der Eintritt des Samenfadens in den Eikörper erfolgt. So verhält sich z.B. das Ei von Unio, bei welchem die Lage der Mikropyle dem vegetativen Pol entspricht (Fig. 370 p. 642) und das Spermatozoon €30 Zweiter Abschnitt. in Folge dessen an diesem eindringt (Lillie [1901]). Ebenfalls am vegetativen Pol erfolgt der Eintritt des Samenfadens bei Myzostoma (Wheeler [1897] Fig. 358), sowie bei Bulla und Cio na (nach Small- wood [1901] und Castle [1896]); in anderen Fällen sind es bestimmte Parthien in der Nähe des animalen Pols, an welchen die Besamung stattfindet. Von grosser Bedeutung hierfür ist die Structur des Eis, d. h. vor Allem die Vertheilung des Dotters und Ooplasmas, die den Eintritt des Spermatozoons an einer bestimmten Stelle im Hinblick auf die Lage des Eikerns und dessen Zusammentreffen mit dem Spermakern verlangt; wir erinnern nur an die telolecithalen (mero- blastischen) Eier der Cephalopoden und vieler Yerte braten , bei denen für die Lagerung der Kerne nur ein relativ wenig umfangreicher Complex protoplasmatischer Substanz vorhanden ist, ob- wohl dies besonders extreme Fälle sind und auch bei weniger dotter- reichen oder sogar dotterarmen Eiern be- stimmte Stellen für den Eintritt des Sperma- tozoons vorgebildet und unter Umständen in Form von leichten Erhebungen oder auch Einsenkungen kenntlich sein können. Auf dieses Verhalten werden wir noch zurück zu kommen haben (vgl. p. 633). Bezüglich der Zeit bezw. des Stadiums, in welchem sich das Ei befindet, wenn das Spermatozoon eintritt, liegen die Verhält- nisse ebenfalls sehr verschieden. Das Ein- dringen kann bereits erfolgen, wenn sich das Ei noch im Keimbläschenstadium be- findet (Ascaris, Diplogaster, Rhab- ditis, Nere'is, Myzostoma [Fig. 358]. Cerebratulus, Mactra, Pterotrachea u. a. nach E. van Beneden, Boveri [1887 bis 1890], Ziegler [1895], v. Erlanger [1897]. Wheeler [1895 u. 1897], Wilson [1896], Coe [1899], v. Kostanecki [1902] u. A.); damit ist es genöthigt, innerhalb des Eis ohne erhebliche Veränderung eine Art von Ruhestadium durch- zumachen (Fig. 334 Au.Ey. 564 und Fig. 374 A—C p. 648, Fig. 398 A p. 693), bis jene Vorgänge sich am Ei abgespielt haben, die wir bereits als Eireifung oder Richtungskörperbildung kennen lernten. Sehr häufig tritt das Spermatozoon während dieser letzteren, besonders im Stadium der ersten Richtungsspindel ein (Fig. 382 A—F p. 669 und Fig. 374 A p. 648), wobei bezüglich der Phase, in welcher sich dieselbe gerade befindet, wiederum gewisse Differenzen zu verzeichnen sind und gewiss auch individuelle Schwankungen vorkommen. So beschreibt van Name (1899) das Eindringen des Spermatozoons in das Ei von Eustylochus und Planocera zur Zeit, wenn das Keimbläschen sich zur Reifungstheilung vorzubereiten beginnt, und er ist geneigt, den Beginn dieses letzteren Vorgangs auf den Eintritt des Spermato- zoons zurückzuführen, wie dies in sehr entschiedener Weise neuerdings von Kostanecki (1902) für Mactra und schon früher von Boveri (1887) für Ascaris betont wurde (vgl. auch oben p. 544). Aelmliches gilt nach den Darstellungen von Lillie (1901) für Unio, Gerakd (1901) und Schockaert ( 1902) für Prost heceraeus und Thysanozoou, sowie nach denen von Halkin (1901) und Goldschmidt (1902) für Poly Stoma, Fig'. 358. Ei von Myzo- stoma gl ab r um im Keim- bläschenstadium und während des Eindringens des Sperma- tozoons (nach Wheeler). VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. (381 und ebenso scheint hei D i a p t o m u s und C y c 1 o p s das Keimbläschen- stadium kaum überschritten zu sein, wenn das Spermatozoon eindringt; bei ersterem liegt der in der Vorbereitung zur Bildung der ersten Richtungsspindel begriffene weibliche Kern mehr in der Mitte des Eis, während er bei letzterem schon völlig an die Peripherie gerückt ist, aber doch die Spindel noch nicht zur Ausbildung gebracht hat (Hacker [1895]). Ungefähr ebenso verhält sich das Ei von Pieris, in welchem ebenfalls das in der Umbildung zur ersten Richtungs- spindel begriffene Keimbläschen dicht an der Peripherie liegt, wenn un- weit davon das Spermatozoon eindringt (Henking [1890— 1892]). Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei Pyrrhocoris, wie aus den An- gaben desselben Autors hervorgeht (Fig. 398 A p. 693). In sehr vielen Fällen scheint das Eindringen des Spermatozoons im Stadium der ausgebildeten central oder bereits peripher gelegenen ersten Richtungsspindel zu erfolgen (Fig. 374 A p. 648 und Fig. 324 G p. 544), wie dies z. B. bei Chaetopterus, Ophryotrocha, Thalassema, Sagitta, Crepidula, Physa, Linux, bei der Forelle und manchen anderen Formen (Mead [1898], Korschelt [1895], Griffin [1899], Boveri [1890], Conklin [1901], v. Kostanecki und Wiekzejski [1896], Linville [1900], Behrens [1898] und anderen Autoren) beobachtet wurde, obwohl freilich der Zeitpunkt des Ein- dringens gewissen Schwankungen unterworfen zu sein scheint und auch in einzelnen Fällen nicht mit völliger Sicherheit bestimmt werden konnte. Als besonders bemerkenswert!! ist dabei hervorzuheben, dass das Ei im Zustand der ersten Richtungsspindel unter Umständen sehr lange verharrt, wie dies Boveri (1890) für Sagitta feststellte, und wie es sich auch bei anderen Formen, z. B. Ophryotrocha, ver- hält. Der weitere Fortgang des Reifungsprocesses hängt hier vom Hinzutreten des Spermatozoons ab, und die Ausstossung des Richtungs- körpers unterbleibt, wenn dieses nicht stattfindet. Hier ist also eine directe Einflussnahme des männlichen Elements auf die Ausbildung des Eis wahrzunehmen. Häufig tritt das Spermatozoon erst beim Uebergang des weib- lichen Kerns in die zweite Richtungsspindel oder während der Bil- dung des zweiten Richtungskörpers in das Ei ein, wie dies z. B. bei Sycandra, Aequo rea, Lepas, beim Amphioxus, Axolotl, bei Rana und Triton, bei der Maus und beim Fledermausei, wie auch allem Anschein nach bei anderen Wirbelthieren der Fall ist (Maas [1899], Hacker [1892], Bigelow [1902], Sobotta [1895 u. 1897], Fick [1893], 0. Schultze [1887], Michaelis [1897], van der Stricht [1902]). Auch noch später, d. h. nach vollendeter Richtungskörper- bildung, kann der Eintritt des Spermatozoons erfolgen, so bei einer von Boyeki (1890) untersuchten Meduse (Tiara), in deren Eiern der Spermakern erst im Stadium des ruhenden Eikerns aufzu- finden war, sowie bei Gonothyraea und anscheinend auch bei Cordyiophora (nach Wulfert [1902] und Morgenstern [1901]). Erst in diesem Stadium werden auch die Eier der S e e i g e 1 abgelegt, und geht hier im Seewasser die Besamung vor sich, so dass ein solches Ei den ziemlich grossen ruhenden Eikern und dicht an der Peripherie den soeben eingedrungenen Spermatozoenkopf zeigt (Fig. 363 p. 636 u. 367 p. 641). Aehnlich verhalten sich auch die Eier anderer Echino- dermen, doch zeigt das Beispiel der Seesterneier, die noch vor der Reifung im Keimbläschenstadium abgelegt werden, dass die Spermato- 632 Zweiter Abschnitt. zoen auch bereits während der Richtungskörperbildüng in die Eier eindringen können , so wie dies weiter oben für verschiedene andere Thierformen angegeben wurde (0. Hertwig [1875 — 1878]). Bei den A sei dien (Phallusia, und ähnlich dürfte sich nach Boveri's Dar- stellung [1890] auch Ciona verhalten), scheint ebenfalls der Eintritt des Spermatozoons erst nach vollendeter Richtungskörper- bildung stattzufinden, doch kann er nach der Angabe von Hill (189(5) auch bereits während derselben und nach Golski (1899) sogar schon zur Zeit der Umbildung des Keimbläschens zur ersten Richtungs- spindel erfolgen. Man sieht hieraus, dass sich für die Zeit des Eintritts der Spermatozoon eine feste Regel nicht aufstellen lässt, wir griffen ab- sichtlich eine Anzahl von Beispielen aus weit von einander ent- fernten Abtheilungen heraus, um zu zeigen, wie sie sich in dieser Beziehung übereinstimmend verhalten, oder wie andererseits näher stehende Formen stark differiren. Die Zahl dieser Beispiele Hesse sich noch weiter vermehren, würde aber im Ganzen zu dem gleichen Resultat führen. Es ergibt sich daraus, dass zwar in einzelnen Fällen das Hinzutreten des männlichen Elements einen gewissen Einfluss auf deu Fortgang des Eireifungsprozesses haben oder denselben sogar erst auslösen kann, dass aber in vielen und vielleicht sogar in der grossen Mehrzahl der Fälle die Eireifung unabhängig vom Spermatozoon und zum Theil sogar vor Eintritt desselben in das Ei abläuft. S; ,...*<. Fig. 859. Oberer Pol des Eis von Pieris brassicae; unter der Mikropyle (in) der helle „Empfängnissfleck", darunter im Ooplasma eine Anzahl Spermatozoen, ch Chorion (nach Henking). Hierzu ist freilich zu bemerken, dass zur Lösung* der Frage nach der Einflussnahme des männlichen Elements auf den Vollzug des Eireifungs- vorgangs zielbewusste Experimente nöthig wären. Dass dieser Vorgang bei den Eiern mancher Thiere völlig unabhängig vom Hinzukommen des Spermatozoons verläuft, lässt ebenso für die Eier vieler anderer Thiere, in denen der Spermakern vom Ort der Richtungskörperbildung ziemlich weit entfernt ruhend liegt, die Vermuthung zu, dass auch bei ihnen eine solche Einflussnahme nicht stattfindet. Andererseits sieht man, wie erwähnt, wieder bei anderen Eiern, dass ohne das Hinzutreten des Spermatozoons der Verlauf der Reifung unterbrochen wird, und man würde berechtigt sein, von dem Verhalten dieser Eier auf diejenigen zu schliessen , bei welchen das Spermatozoon schon vor oder doch während des Reifungs- processes eintritt, so lange für dieselben nicht die Unabhängigkeit beider Vorgänge nachgewiesen ist. Sind die Eier zur Zeit, wenn sie mit den Spermatozoen in Be- rührung kommen, noch hüllenlos, so dringen diese ohne Weiteres in die äussere Schicht des Ooplasmas ein , in anderen Fällen sind die VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung- und Befruchtung. 633 Eihüllen durchdringbar oder, wenn dies nicht der Fall ist, müssen die Spermatozoen ihren Weg durch die zu diesem Zweck vorhandenen Mikropylkanäle nehmen (Cap. IV, p. 275 ff.). Für alle diese Fälle dürfte aber der Kopf durch eine besondere Gestaltung oder geeignete Vor- richtungen an seiner Spitze eingerichtet sein*). Aber auch das Ei kann gewiss ' Einrichtungen für die Aufnahme der Spermatozoen besitzen, abgesehen von den schon erwähnten Mikropylen der Eihüllen; es sind dies eigens differenzirte Parthien des Ooplasmas an wechselnden oder bestimmten Stellen des Eikörpers. Zu den letzteren gehören die bei den Eiern der Insecten unter den Mikro- pylen liegenden Parthien protoplasmatischer Substanz (Henking's Empfängnisstiecke, Fig. 359), welche entweder schon an den unreifen Eiern vorhanden sind oder aber erst kurz vor Eintritt der Befruchtung zur Ausbildung kommen. In sie treten die Spermatozoen zuerst ein und finden hier offenbar einen besseren Boden . als wenn sie direct zwischen die Masse der Dotter- körnchen gelangten. In ähnlicher Weise sind auch bei den Vertebraten unter den Mikropylcanälen besondere plasma- reiche Parthien vorhanden . in welche die Spermatozoen zunächst eindringen (Fig. 387 A p. 078). Diese protoplasmareieheren Parthien des Eis können sich in Form eines „Empfängnisshügels" vorwölben, um die Spermatozoen aufzunehmen (Fig. 360— 363, 307— 369 u. 372). welche Erscheinung übrigens, zumal bei weniger dotterreichen oder dotter- armen Eiern, nicht auf bestimmte Stellen beschränkt zu sein braucht, sondern an verschiedenen Gegenden des Eis auftreten kann. Eier mit oder ohne Hülle, bei denen die Spermatozoen an ganz verschiedenen Stellen eindringen, finden sich in den niedersten Abtheilungen des Thierreichs bis hinauf zu den Wirbelthieren (Medusen, A B Turbellarien, N e m e r - tinen, Anneliden, Echino- d e r m e n , Gastropoden, A m p h i o x u s , A m p h i b i e n , Säuget liiere). Indem die 0 • Eier in der Lage sind, an ver- % o ( Fig. 365. Spermatozoenkopf im Ooplasma, dahinter (zwischen Kopf und Schwanz) das Centrosoma bezw. die Strahlung A vonPieris brassicae nach Henking, B von Amblystoma mexicanum nach Fick. schönen Beobachtungen von Henking an Pieris und von Fick am Axolotlei. Hier ist die Verwandlung, welche der Spermatozoen- kopf durchmachen muss, naturgemäss umständlicher und erfordert etwas längere Zeit. Die Umwandlungen des Spermatozoenkopfes lassen sich im Ganzen dahin zusammenfassen, dass seine Gestalt unregelmässiger wird, sich verkürzt uud allmälig ungefähr zur Kugelform abrundet Fig. 366-4 — D)\ die Details dieses Vorgangs hängen, wie gesagt, von der vorherigen Gestalt des Kopfes ab und werden sich einfacher bei gedrungener. complicirter bei langgestreckter oder sonstwie modificirter Form des Kopfes abspielen (Fig. 365 A, B). Derselbe pflegt dabei ein intensives Färbungsvermögen und compactes Aussehen zu zeigen, er quillt dann sozusagen auf, indem er sich auf Kosten des umgebenden Ooplasmas etwas vergrössert ; Vacuolen treten in seiner bisher sehr homogenen und gleichmässig färbbaren Substanz auf (Fig. 366 B — D): allmälig bildet sich ein chromatisches Netzwerk in ihm aus, auch Nucleolen 640 Zweiter Abschnitt. treten auf (Fig. 3(50 E u. F u. Fig. 367 G)\ kurz, er nimmt das Aussehen eines Kernes an, den man als den Spermakern (0. Hertwig) oder männlichen Vorkern (pronucleus male, E. van Beneden) be- zeichnet (Fig. 366 B—G). Der Spermakern entsteht also direct durch Umwandlung des Spermatozoenkopf es. Auf seine weitere Ausbildung und besonders diejenige seiner chro- matischen Substanz wird noch zurück zu kommen sein (vgl. p. 6.75). Ehe der Spermatozoenkopf übrigens diese Gestaltveränderung durch- macht, ist noch eine andere auffallende Erscheinung zu bemerken, nämlich die Drehung, welche er nicht lange nach seinem Eintritt in das Ei zu erleiden pflegt. Anfangs ist seine Spitze entsprechend der Richtung des Eindringens gegen den Mittelpunkt, seine Basis gegen die Peripherie des Eis gerichtet (Fig. 367 Ä, B). Alsbald aber be- ginnt eine Rotation, wie Wilson und Mathews sie besonders klar für das Echinidenei zeigten, und wie sie dann für eine ganze Reihe anderer Formen Nsp D ■$■■ i B C 6 Fig. 366. Ausbildung des Spermakerns von Ophry otroc ha pueril is (Original). A Spermakern mit Strahlung, bald nach dem Eindringen, ausserhalb der Eihülle mehrere Spermatozoenköpfe, Empfängnisshügel noch sichtbar, B und C Auftreten der Vacuolen, D—F Auftreten des chromatischen Netzwerks und des Nucleolus; der Kern hat an Umfang zugenommen; in G ist Letzteres noch mehr der Fall; Eikern (ei) und Spermakern (sp). nachgewiesen wurde (vgl. unten p. 649). Man sieht den Spermatozoen- kopf sich um 180° drehen, so dass er bald parallel und schliesslich wieder vertical zur Eiperipherie liegt und die Spitze nunmehr nach aussen, die Basis aber nach innen gerichtet ist (Fig. 367 C—E und Fig. 366 Ä). Es hat dies die Bedeutung, dass die an seiner Basis entstehende Strahlung ihm nunmehr auf seinem weiteren Weg in das Eiinnere vorausgeht (Fig. 366 A, Fig. 367 E u. F). So. weit die bisherigen, an Zahl freilich immer noch recht beschränkten Be- obachtungen dieses Vorgangs zeigen, besitzt derselbe eine grosse Ver- breitung und findet seine Erklärung dadurch, dass das Centrosoma (als Centrum jeder Strahlung) seinen Sitz an der Basis des Kopfes, d. h. im Mittelstück, hat, worauf weiter unten (p. 645 ff.) noch zurück zu kommen sein wird. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 641 Etwas erschwert scheint die Drehung des Kopfes offenbar dann zu sein, wenn derselbe sehr lang ist und ausserdem der Schwanz zunächst erhalten bleibt, wie wir dies bereits von den Amphibien und Ins e et en erwähnten. Die Rotation findet aber auch hier auf die vorher geschilderte Weise statt, nur erfolgt sie etwas tiefer im Innern des Eis (Fig. 365 A, B). Es gibt ein eigenthümliches Bild, wie die Strahlung (beim Axolotl nach Fick) am Ende des noch erhaltenen langen Kopfes, und zwar nach dem Eiinnern zu gelegen ist oder (bei Pieris und ganz ähnlich auch bei Agelastica, Pyrrhocoris und Lasius nach Henking) in Folge des Auftretens der Strahlung zwischen Kopf und Schwanz eine knieförmige Knickung des Samenfadens erfolgt (Fig. 398 B— D p. 693), wie es scheint in Folge der an dieser Stelle auf ihn ausgeübten Zugwirkung. In diesem Fall würden sich also Kopf und Schwanz im Schlepptau der vorangehenden Strahlung befinden. Fig. 367. Eintritt des Spermatozoenkopfes in das Ei eines Seeigels (Toxo- p neu st es), sowie die Rotation, allmälige Umwandlung innerhalb desselben und die Vereinigung mit dem Eikern (nach Wilson und Mathews). In B — F ist die Eintrittsstelle als Empiängnisshügel noch markirt, B — E Kotiren des Spermatozoenkopfes, K Abwerfen des Mittelstücks, G — I Vereinigung des kleineren Spermakerns mit dem weit umfangreicheren Eikern. B. Die Beeinflussung- des Ooplasmas durch den Be- Iruehtungs Vorgang. Während des Verlaufs der geschilderten Vorgänge hat der Sperina- kern bereits einen längeren oder kürzeren Weg- im Ooplasma zurück- gelegt. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass das Ei. abge- sehen von den noch zu beschreibenden Kernveränderungen, durch das Hinzutreten des männlichen Elements wesentlich beeinflusst wird, was sich zum Theil direct in Veränderungen seiner Structur zu er- 642 Zweiter Abschnitt. kennen gibt. Wir denken hierbei zunächst weniger an die schon erwähnten, mit dem Spermakern in Verbindung stehenden Strahlungen. die sich tatsächlich über einen grossen, wenn nicht über den grössten Theil des Eis erstrecken können (Fig. 378, 385 u. a.), sondern haben ^m Yl > <** Sp Fig. 368. Fig- 369- Fig. 368. Theil des Eis von Toxopneustes mit dem in Rotation befindlichen Spermatozoenkopf, dem zurücktretenden Empfängnisshügel, der Bahn im Ooplasma und der Strahlung (nach E. B. Wilson). Fig. 369. Schnitt durch einen Theil des Eis von Allolobophora foetida, um den Empfängnisshügel und die den Spermatozoenkopf begleitende Protoplasma- strasse zu zeigen (nach K. Foot) eh Eihaut, SJJ Spermatozoon. So o o so o o 0 oOCO° ° °Q „OoO c J>C0 » °°r.o £ # 00°co¥o:P$k &Ä % o o a ° _ fc,,^°C ■- ■ " '■ scOQ ^ >-j3 *p «O°O0O° c £ Vöfl o'oo- o°o°' vs °°=>o°c?o c°0 o 0 o0 o °p2 0° mmm oo V oeSpq« o w , o° O 0 ^??°o« ,0 '&2?So* <~°o0 °X * CCr000?0-o ,,°^ü5o O oo.O,J I ~° 0°oC° o „,sOouCV)0 °000000o0°° ^ Fig. 370. Ei von Unio complanata im Stadium der ersten Eich- tungsspindel (nach Lillie). m Mikropyle, von der die Strasse des Sperma- kerns ausgeht; sp Sperma- kern, daneben die Centro- somen mit ihren Strah- lungen. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 643 zunächst nur jene Erscheinungen im Auge, welche sich unmittelbar an den Eintritt des Spermatozoons anschliessen. Wir sahen, dass bereits bei der Berührung des Eis durch das Spermatozoon eine ge- wisse Umlagerung im Ooplasma stattfinden kann," indem sich proto- plasmatische Substanz in Form eines „Empfängnisstlecks" an der Ei- periphcrie anhäuft oder gar als Empfängnisshügel über diese vorwölbt (Fig. 363— 369). Bei anderen Eiern sieht man an der Stelle, wo das Spermatozoon eingedrungen ist, einen protoplasma tischen Hof um dasselbe entstehen, der sich von dem umgebenden Dotter deutlich abgrenzt. Er erscheint vielfach als ein mit der Basis gegen die Ei- zuweilen ist an ihm eine radiäre Peripherie gerichteter Kegel ; Streifung des Plasmas wahr- nehmbar (bei Triton nach Michaelis), was auffallend an jene streifigen Structuren er- innert, die das Cytoplasma vielfach annimmt, wenn es zur Fortleitung irgend welcher Stoffe dient. — In manchen Fällen bezeichnet eine mehr oder weniger breite Strasse von irgendwie abweichend structurirter Substanz den Weg, welchen das Sperma- tozoon im Ei genommen hat (Fig. 368 bis 371 u. Fig. 380 u. 398 p. 693). Bei dotter- armen Eiern wird dies natur- gemäss weniger hervortreten, obwohl ein derartiges Ver- halten auch bei ihnen , z. B. von Wilson (1895) am See- igelei, beobachtet wurde (Fig. 368), während bei dotterreichen Eiern der Unterschied sehr auffällig sein kann (Fig. 398 B—E p. 693, Fig. 387 A u. B p. 678). In recht characteri- stischer Weise macht sich der Weg des Spermakerns im Ei von Unio geltend (nach Lillie [1901]). Wie wir schon hörten, dringt hier das Spermatozoon am vegetativen Pol in der Gegend der Mikropyle in's Ooplasma ein (Fig. 370); eine leichte Erhebung kennzeichnet auch später noch den Ort des Eindringens. Der Spermakern bewegt sich von hier aus ungefähr gegen den animaleu Pol hin, und eine Strasse deutlich schaumig structurirten Protoplasmas, welches sich scharf von dem umgebenden dotterreichen Ooplasma abhebt, bezeichnet seinen Weg Fig. 370). Eine derartige Strasse eigens difterenzirter und abweichend färbbarer Substanz beschreibt auch K. Foot (1897) im Ei von A 11 ol obopho ra (Fig. 369). Desgleichen ist nach Brauer's Darstellung ein solcher Strang Fig. 371. Schnitte durch Eier von Am- Mystoma mexicanum, welche den Eikern (2) in verschiedener Lagerung- und die Pigment- strasse des Spermakerns ((J) zeigen(nach R.Fick). 644 Zweiter Abschnitt. dichterer protoplasmatischer Substanz im Ei von Branchipus hinter dem nach innen zu vordringenden Spermakern vorhanden und tritt hier besonders deutlich hervor, da es sich um ein recht dotterreiches Ei handelt. Dieselbe Erscheinung kennt man in ähnlicher Weise auch von den Insecten (Blochmann [1886 u. 1887], Heider [1889], Henking [1892] Fig. 398 p. 693). Besonders eingehend hat sie E. Fi CK beim Axolotl untersucht, wo dieser Plasmaweg des Spermatozoons im Dotter noch durch eine reiche Pigmentirung ausgezeichnet ist (Fig. 371), von der man an- nehmen möchte, dass sie von dem Oberflächenpigment des Eis herrührt und vom Spermatozoon auf seiner Bahn mitgenommen wurde, obwohl auch von einer Neuproduction des Pigments unter dem Einfluss des Spermatozoons gesprochen worden ist (Fick [1893]). Fig. 372. Befruchtungsstadien von Petromyzon fluviatilis nach Hkkfokt. A Seitliche Retraction der Eiperipherie von der Eihaut, im Poiplasma der Kopf des Spermatozoons (sp). An der äusseren Eihaut Reste der Flocke mit eingelagerten Sperma- tozoon (sp). B Einschnürung des Polplasmas, welches nunmehr einen mützenförmigen Aufsatz bildet; gegen den Dotter Absetzung desselben durch die wellige Membran. Bezüglich der Veränderungen des Eis unter dem Einfluss des Be- fruchtungsprocesses sind die Beobachtungen von Bedeutung, welche am Ei von Petromyzon schon früher (durch v. KüPFFER und Benecke [1878], Calberla [1878], Böhm [1888]) angestellt und neuerdings durch Herfort (1899 u. 1900) wiederholt wurden. Das Petromyzonei zeigt am animalen Pol eine Anhäufung von Protoplasma (Fig. 328 p. 548), welche sich zur Zeit des Eindringens des Spermatozoons als ein breiter Empfänguiss- hügel vorwölbt (Fig. 372 Ä)\ es macht dann weitere und auffallende Ver- änderungen durch , indem die Basis des Hügels schmäler wird und eine Einschnürung erfährt, so dass also ein Theil des Polplasmas knopfförmig VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. (J45 dem Ei aufsitzt (Fig. 372 B). Da, wo das „Polplasma" an den Dotter grenzt, zeigt es eine besonders difterenzirte Schiebt, die sich wellenförmig gegen das übrige Polplasma abhebt (Fig. 372 B). Indem der Stiel der abgeschnürten Parthie des Polplasmas noch dünner wird, kann es zur völligen Ablösung eines Theils desselben kommen, die Hauptmasse begibt sich jedoch mehr nach der Tiefe (Fig. 387 Ä—D p. 678), wo sie, um- geben vom Dotter, eine umfangreiche Protoplasma-Ansammlung bildet, die anfangs noch durch eine schmale Strasse und später überhaupt nicht mehr mit der Peripherie in Verbindung steht (Fig. 387 C u. D). In dieser Protoplasma-Insel finden sich die beiden Geschlechtskerne, welche sich activ oder passiv an der Lageverschiebung des „Polplasmas" betheiligten. In die Reihe derjenigen Erscheinungen, welche durch den Ein- tritt des männlichen Elements in das Ei hervorgerufen werden, müssen wohl auch die oft recht stürmisch verlaufenden Bewegungen an und im Ei, die Strömungen im Ooplasma, Contractionen des Eikörpers, das Aussenden von Fortsätzen an der Eioberfläche und andere der- artige Vorgänge gerechnet werden, wie sie zur Zeit der Befruchtung oder bald nach derselben an den Eiern verschiedener Thiere beobachtet worden sind ; wir erinnern nur an das in dieser Beziehung besonders auffallende Verhalten der Nematodeneier und derjenigen ver- schiedener Teleostier (Bütschli [1875 u. 1876], Ziegler [1895], v. Erlanger [1897], Ransom [1868]). Sogar eine Verschiedenheit in der Consistenz des Ooplasmas vor und nach der Befruchtung hat man bei verschiedenen Eiern wahrnehmen und sie auf die Einwirkung des Spermatozoons zurückführen wollen. Wenn man, zumal in späteren Stadien, sieht, welchen gewaltigen Umfang die vom Spermakern aus- gehenden Strahlensysteme erlangen können, und welche bedeutende Veränderung der Eistructur in morphologischer Beziehung durch sie bewirkt wird, so braucht man eine so weitgehende Beeinflussung des Eis nicht für unwahrscheinlich zu halten. C. Die weiteren Veränderungen des Spermatozoons im Ei. Auftreten und Herkunft der Centrosomen. Wie das Spermatozoon beim Befruchtungsvorgang einen grösseren oder geringeren Eintluss auf das Ei ausübt, so ist dies umgekehrt noch in weit höherem Maasse von Seiten des Ooplasmas der Fall. Einige der Umänderungen, welche das in das Ei eintretende Sper- matozoon erleidet, lernten wir bereits kennen. Wir sahen, dass der Schwanz entweder sofort abgeworfen oder anderenfalls doch sehr bald resorbirt wird; dasselbe Schicksal erleidet das Spitzenstück und ebenso die übrigen vorn am Spermatozoenkopf etwa vorhandenen Vor- richtungen, die, wie die Geissei, mit dem Eindringen des Spermatozoons in's Ei ihre Rolle ausgespielt haben ; die Bewegung des Spermakerns erfolgt auf ganz andere Weise. Die vom Cytoplasma herrührenden Theile des Spermatozoons gehen also zu Grunde oder verfallen der Auflösung im Ooplasma. und fast scheint es, als ob sie für die Be- fruchtung des Eis von keinerlei Bedeutung wären, obwohl es nach unseren bisherigen Kenntnissen schwierig ist, über diesen Punkt etwas Bestimmtes auszusagen, und es nicht an Stimmen fehlt, welche dem Cytoplasma wie in anderer Beziehung (vgl. p. 607 und 699) so auch bei der Befruchtung demjenigen der männlichen Zelle eine grössere Bedeutung zuschreiben und etwa eine Durchdringung des 646 Zweiter Abschnitt. Plasmas der Eizelle mit dem der Samenzelle annehmen möchten (Carnoy und Lebrun [1897], Kulagin [1898]; man vgl. hierzu auch p. 663). Welches sind nun die „wirksamen Bestandteile" der Spermato- zoon? Dass der Kopf, welchen wir hei der Spermatogenese aus dem Kern hervorgehen sahen*), durch allmälige Umwandlung den Sperma- kern liefert, war zu erwarten und wurde bereits oben gezeigt. Weniger leicht war dagegen die Frage nach dem Schicksal des Mittelstücks zu lösen, und sie hat daher länger eine Streitfrage der Autoren ge- bildet. Bei Betrachtung der Spermatogenese verschiedener Thier- formen sahen wir das Centrosoma in das Mittelstück übergehen und einen mehr oder weniger beträchtlichen Theil desselben liefern (Capitel V, Fig. 304, 305, 309 u. 316—318 p. 504, 514 und 525). Hier begegnen sich nun die Untersuchungen auf dem Gebiet der Spermatogenese und der Befruchtungslehre, um in recht überein- stimmender Weise die Bestätigung der schon früher gehegten Ver- muthung zu liefern, dass aus dem Mittelstück des Spermato- zoons bezw. ans einem Theil desselben die den Sperma- kern begleitenden Centrosomen hervorgehen. An der Basis des Spermatozoenkopfes, d. h. also an der Stelle, wo das Mittelstück liegt oder doch gelegen hatte, tritt die Strahlung A B '. .'*.- Fig. 373. Auftreten der Strahlung- zwischen Kopf und Schwanz, d. h. in der Gegend des Mittelstücks, A von Pieris brassicae nach Henking, ü von Ambly- stoma mexicanum nach R. Fick. zuerst auf, wie wir bereits sahen (Fig. 367 u. 368); sie wurde eben- sowohl wie ihre bald erfolgende Theilung am Seeigelei bereits durch die älteren Untersuchungen von 0. Hertwig festgestellt. Nahm man zunächst an, dass sie vom Kern ausging, so erwies sich doch bald, dass sie nicht in ihm, sondern in einem vor ihm gelegenen Punkt centrirt sei (Fol) , was wir heute durch die Rotation des Spermato- zoenkopfes erklären. In Folge dieser Drehung, welche der Kopf bald nach seinem Eintritt in das Ei durchzumachen hat, war die Entscheidung der Frage über die Herkunft des Centrosomas nicht so ganz zweifellos , zumal man bei Untersuchung der Spermatogenese einiger Formen das Centrosoma an die Spitze des Kopfes verlegt hatte und in den gleichen Fehler nun auch beim Studium der Be- fruchtungserscheinungen verfiel. Bei solchen Formen , bei denen ausser dem langgestreckten Kopf auch der Schwanz des Spermatozoons länger erhalten bleibt, wie wir sie weiter oben (p. 639) im Axolotlei *) Capitel V, Fig. 299-302, 303, 304, 306-308 p. 498 ff. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 647 oder dem von Pieris kennen lernten, sieht man die Strahlung am hinteren Ende des strahlförmigen Kopfes bezw. zwischen diesem und dem Schwanz, d. h. also ganz in der Lage des Mittelstückes auf- treten (Fig. 373 A u. .B), welches letztere Verhalten ganz besonders überzeugend ist. Ebenfalls sehr instructiv sind diejenigen Bilder, die zwar nicht den Kopf in seiner früheren Gestalt, sondern bereits zum Spermakern umgewandelt und zwischen ihm und dem vorderen Ende des noch wohl erhaltenen Schwanzes Centrosomen und Strahlung zeigen, welches Verhalten in den Eiern der Gastropoden beobachtet wurde (Fig. 364 A p. 637). Eine gewisse Schwierigkeit in der Herleitung des Centrosomas besteht darin, dass das Mittelstück vieler Spermatozoon bekannter- maassen recht umfangreich (Fig. 225, 226 u. 233 p. 399 u. 411), das Centrosoma hingegen ungleich kleiner ist. Bei unseren spermato- genetischen Betrachtungen sahen wir, dass allerdings das Centrosoma im Mittelstück niedergelegt wird, hier aber gewisse weitgehende Ver- änderungen erfährt oder aber, was im Allgemeinen noch wahrschein- licher ist, von cytoplasmatischer Substanz sehr verschiedenartiger Natur umlagert wird. Den Sitz des Centrosomas in dem bei den einzelnen Spermatozoen recht different gebauten und mehr oder weniger umfangreichen Mittelstück genau festzustellen, ist an und für sich schon sehr erschwert und bisher kaum mit Sicherheit ge- lungen, woraus sich die Schwierigkeit von selbst ergibt, das Centro- soma des Spermakerns auf dasjenige des Spermatozoons mit völliger Gewissheit zurückzuführen (E. B. Wilson). Dagegen ist die Wahr- scheinlichkeit einer solchen Zurückführung sehr gross, und in einzel- nen Fällen hat man thatsächlich Mittelstück und Centrosoma für identisch erklärt und letzteres aus dem ganzen Mittelstück entstehen lassen, so R. Hertwig (1896), v. Erlanger (1898) und Doflein (1898) bei Seeigeleiern. Es kommt übrigens hierbei viel darauf an, was man unter einem Centrosoma versteht; bekanntermaassen wird der Begriff von einigen Autoren enger, von anderen weiter gefasst; zum Theil hat man ihn offen- bar auch auf das Archoplasma ausgedehnt, welches die Centrosomen um- gibt, andererseits wurde wieder nicht genügend zwischen den Centrosomen und ihrem Centralkorn (dem Centriol Boveri's) unterschieden. Durch Boveri's neuere Ausführungen (1901) dürfte über die Natur der Centro- somen in so fern eine Klärung herbeigeführt sein, als nach seiner Dar- stellung die Sphärenstrahlen nur bis an das Centrosoma herangehen, nicht aber in dieses eindringen und also nicht bis an das Centriol heranreichen, so dass also das Centrosoma niemals einen strahligen Bau aufweist*). Im Fall der Echinideneier bestehen übrigens in so fern Differenzen, als Wilson (1895 u. 1900) das Mittelstück bezw. den grössten Theil des- selben abgeworfen werden lässt (Fig. 367 E) und das sehr wenig um- fangreiche Centrosoma von einem ganz kleinen Theil desselben herleitet. Wilson betont übrigens in seinem Buch über die Zelle sehr ausdrück- lich, dass die thatsächliche Zurückführung des im Ei auftretenden Centro- *) Auch diese Ausführungen über die Natur der Centrosomen haben alsbald eine weitere Discussion hervorgerufen und nicht allseitige Anerkennung erfahren; wir verweisen z. B. auf die neuen Arbeiten von Meves (1902) über diesen Gegen- stand, ohne im Einzelnen darauf eingehen zu können, da uns dies zu weit in das Gebiet der Cytologie hinein führen würde. 648 Zweiter Abschnitt. somas auf das im Mittelstück enthaltene bisher noch keinem Beobachter wirklich gelungen sei. Auf die durch V. Küstanecki (1896) vertretene Auffassung, welche das Mittelstück und dessen Umwandlung im Ei in etwas anderer Weise ansieht, soll weiter unten noch eingegangen werden (p. 663). Wir sprachen vorher von den Beeinflussungen bezw. Umwand- lungen, welche das Spermatozoon von Seiten des Ooplasmas erfährt; Fig. 374. Verschiedene Stadien der Befruchtung des Eis A u. B von Physa fontinalis (nach v. Kostänecki und Wierzejski), C von Thalassema mellita (nach Griffin), D u. E von Ophryotrocha puerilis (Original). Der Spermakern kurz nach dem Eindringen (A u. B), in Umwandlung begriffen (C — E). In D u. E liegt der Eikern unter den Richtungskörpern. unter diesen ist ausser der sehr beträchtlichen Veränderung des Kerns vor allen Dingen auch diejenige des Mittelstücks zu nennen, welches, soweit es cytoplasmati sehen Ursprungs ist, jedenfalls der Auflösimg verfällt, wie schon ans den vorstehenden Ausführungen hervorgeht, während das in ihm verborgene und hier gewissermaassen ruhende Centrosoma unter dem Einfluss des Ooplasmas zu neuer VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung- und Befruchtung. (349 Thätigkeit erweckt wird *) ; diese drückt sich alsbald darin aus, dass es zur Theilung schreitet, so dass dem Spermakern nunmehr eine doppelte Strahlung zukommt (Boveri, Wilson). Letztere begleitet den Spermakern oder, richtiger, sie schreitet ihm voran (Fig. 366 A, Fig. 367 E u. F und Fig. 374 A), denn sie bzw. das in ihrer Mitte liegende Centrosoma hat man vielfach als die Ursache der Bewegung betrachtet, während man die Bewegung des Spermakerns in diesen Stadien als eine passive und durch das Centrosoma mit seiner Strah- lung veranlasste ansah. Was den letzteren Punkt betrifft, so ist es auffällig, dass die Strahlung sich des Oefteren vom Spermakern isolirt (Fig. 374 B und Fig. 382 A— F p. 669); sie schreitet voran, ohne dass der Spermakern folgt, zuweilen ist die Entfernung keine be- trächtliche, so dass man noch eine Verbindung beider durch einzelne Strahlen annehmen kann (so bei Thalassema nach Griffin [1899]). Bei anderen Formen, so z. B. bei Cerebratulus, Physa, Pleuro- phyllidia, Limnaea (nach Coe [1899], v. Kostanecki [1902], v. Kostanecki und Wierzejski [1896], Mac. Farland [1897], Linville [1900] u. A.) kann sich die Strahlung so weit vom Spermakern ent- fernen (Fig. 374 B u. Fig. 382), dass man eine Unabhängigkeit beider angenommen und von einer zeitweisen Fortbewegung des Spermakerns durch andere Kräfte gesprochen hat (man vgl. hierzu auch p. 670 ff.). Der Spermakern setzt seinen Weg in das Innere des Eis immer weiter fort, um sich dem Eikern zu nähern (Fig. 367, 370, 374, 381 p. 641 ff. u. 668), wobei er an Grösse zuzunehmen pflegt und jenem so ähnlich werden kann, dass sich oftmals beide kaum oder doch nur durch ihre Lage unterscheiden lassen (Fig. 366, 377, 378, 387 p. 640 ff. u. 678). Den letzten Act des Befruchtungsprocesses, nämlich die Vereinigung beider Kerne, werden wir in den folgenden Abschnitten kennen lernen. Zunächst müssen wir noch kurz auf die Angaben eingehen , welche die Rotation des Spermatozoenkopfes und das Auftreten des Centrosomas betreffen. Die ersteve wurde in ihrer Beziehung zum Erscheinen der achromatischen Substanz vor allen Dingen an den Echinodermeneiera genauer studirt (Boveri [1895], Wilson und Mathews [1895 u. 1896], v. Kostanecki [1895], Reinke [1895], Hill [1896], v. Erlanger [1898] u. A.) , doch wurde diese Beobachtung auch bald an den Eiern anderer Thiere wiederholt, so dass die Rotation für eine ganze Reihe von Formen festgestellt werden konnte; wir nennen die Anneliden, In- secten, Mollusken, Tunicaten und Vertebraten bis hinauf zu den Säugethieren , woraus man schliessen darf, dass dieser Erscheinung eine grosse, wenn nicht überhaupt allgemeine Bedeutung zukommt. Das Centrosoma wird eben auf diese Weise am einfachsten in diejenige Lage gebracht, welche es auf dem weiteren Weg des Spermakerns einzunehmen hat, und in welcher es die Vorwärtsbewegung desselben offenbar am besten fördern kann (Wilson [1895], Korschelt [1895], Mead [1897], Henking [1892], v. Kostanecki u. Wtierzejski [1896], Bochenek [1899], Hill [1896], Golski 1899], Rückert [1899], Fick [1893], Michaelis [1897], Sobotta [1895 und 1897] u. A.). Was die Entstehung des Spermacentrosomas aus dem Mittelstück betrifft, so Hessen schon einige der älteren Untersuchungen, ohne dass sie *) Wenn wir hier von einem „ruhenden Centrosoma" sprechen, so denken wir dabei besonders an seine Function als Theilungsorgan und lassen die zur Geis-rl und deren Bewegung vermutheten Beziehungen ausser Acht (Y. Capitel: Sperma- togenese p. 507). ß50 Zweiter Abschnitt. speciell auf diesen Punkt gerichtet waren, erkennen, dass die entstehende Strahlung zwischen Kopf und Schwanz ihren Mittelpunkt hatte, so die Arbeiten von Fi CK und HENKING an Amphibien und Insecten (Fig. 365 A u. B p. 639). Wichtige Aufschlüsse und einen durchschlagenden Er- folg erzielten aber auch in dieser Beziehung die Untersuchungen an Echinodermeneiern, bezüglich deren wieder ausser Hertwig die Namen von Boveri und Wilson, sowie die oben schon angeführten Autoren zu nennen sind. Auch die älteren und neueren Untersuchungen von Vejdovsky, sowie die von ihm und Mrazek (1888 — 1892 u. 1898) an den Eiern von Oligochäten , speciell Rhynchelmis, verdienen in dieser Beziehung ganz besondere Erwähnung; an ähnlichen Objecten (A 1 1 o - lobophora) konnte K. Foot (1897 u. 1900) den Ursprung der Strahlung auf das Mittelstück zurück führen, und entsprechend sind auch unsere Befunde an Ophryotrocha aufzufassen. Bei Mollusken wiesen v. Kostanecki und Wierzejski für Physa (1896), sowie Bochenek (1899) für Aplysia die Entstehung des Centrosomas aus dem Mittel- stück nach; auch Linville's Darstellung für verschiedene andere Gastro- j)oden (1900) wird man entsprechend zu deuten haben. Für die Tunieaten liegt eine Angabe von Hill (1896) über Phallusia, sowie eine solche von Golski (1899) für Ciona und endlich für die Wirbel- thiere besonders die schon erwähnte Beobachtung von Fick (1893) am Axolotl vor, sowie die von Rückert (1899) an Pristiurus, welcher noch diejenigen von Michaelis (1897) an Triton und von Behrens (1898) am Forellenei hinzuzufügen sein würden, soweit man aus der Analogie mit entsprechenden Vorgängen zu schliessen berechtigt ist. Im letzteren Fall (bei der Forelle) sieht man in ganz ähnlicher Weise, wie es bei den Echi no de r men dargestellt wird, Centrosoma und Strah- lung an der Basis des in seiner Gestalt bereits modificirten Spermatozoen- kopfes, und zwar nach der Eiperipherie zu gerichtet, auftreten, worauf die Rotation erfolgt und nunmehr die Strahlung dem Spermakern vorausgeht. Aus einem solchen Verhalten dieser und anderer Thierformen wird man jedenfalls mit ziemlicher Sicherheit auf die Herkunft des Centrosomas aus dem Mittelstück schliessen dürfen, welche in obiger Darstellung bereits als so gut wie feststehend angenommen wurde. Zum Mindesten höchst auffällig ist eine Angabe, die kürzlich von Helen King (1901) über die Befruchtung von Bufo gemacht wurde. Nach dieser Angabe soll unmittelbar beim Eintritt des Spermatozoons in das Ei, noch bevor das Mittelstück eingedrungen ist, eine Astrophäre an der Spitze des Spermatozoons auftreten. Das ganze Spermatozoon dringt in das Ei ein, das Mittelstück geht jedoch ebenso wie der Schwanz- faden zu Grunde, es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass ein Centro- soma im Spermatozoon vorhanden ist. Die Sphäre bleibt in Ver- bindung mit dem Spermakern, theilt sich später und liefert die Pole der Furchungsspindel. Es braucht kaum gesagt zu werden, dass diese Ent- stehung der Spermatosphäre zu ihrem sonstigen Ursprung, wie auch zu der Spermatogenese der Amphibien, bei denen der Uebergang des Centrosomas in das Mittelstück besonders deutlich ist (Fig. 299 — 305 p. 498 ff.), in strengem Gegensatz steht und ihre Erklärung (will man überhaupt eine solche versuchen und die betreffenden Beobachtungen nicht besser im Sinn der bisherigen Auffassung deuten) höchstens darin finden könnte, dass vom Spermatozoon die Anregung zur Neubildung von Centro- somen im Ooplasma gegeben wurde, wie dies gewissen neueren An- schauungen entspräche (vgl. hierzu p. 664). VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 05 1 3. Das Verhalten der achromatischen Substanz bis zur Ver- einigung der Kerne und ihre Bedeutung für die Befruchtung. Bisher widmeten wir unsere Aufmerksamkeit fast ausschliesslich der Entstehung und dem Schicksal des Spermakerns mit den ihn auf seinem Wege begleitenden sog. achromatischen Gebilden; den Eikern konnten wir zunächst ganz ausser Acht lassen ; bei unseren früheren Schilderungen der Eireifung (p. 547 u. 565) fanden wir ihn nach vollzogener Abgabe der Richtungskörper als unansehnlichen, hellen Kern nahe an der Eiperipherie liegend (Fig. 334 p. 564). Diese Lage behält er aber selten lange bei. sondern er begibt sich wieder mehr in die Tiefe (Fig. 374 D u. Fig. 363 A), welche Lageveränderung ent- Fig. 375. Befruchtung- des Eis von Toxopneustes nach Wilson (Atlas of fertilization). _4 — F Eindringen des Spermatozoons und Rotation des Kopfes, E Abwerfen des Mittelstücks, G—I Annäherung- und Aneinanderlegen des kleineren Sperma- und grösseren Eikerns. weder auf Strömungen im Ooplasma oder auf die bereits vom Sperma- kern auf das Ooplasma geübte Einwirkung zurückzuführen ist, die wir bereits früher in Form von verschiedenartigen Umlagerungen und Structurveränderungen innerhalb des Eikörpers kennen lernten. Ein seine Bewegung vermittelndes Organ, wie wir es als Centrosomen mit Strahlungen am Spermakern fanden (Fig. S()6 , 374 u. 375), kommt dem Eikern im Allgemeinen nicht zu. Zwar besitzt ja die zweite Richtungsspindel wie an ihrem äul'seren so auch an ihrem inneren Pol Centrosomen mit Attractionssphären *) (Fig. 374 *) Wir sprechen hier im Allgemeinen und dürfen von den Ausnahmen ab- sehen, in denen diese Organe den Richtungsspindeln zu fehlen scheinen oder doch nicht nachgewiesen werden konnten. Korschelt-Heider, Lehrbuch. Allgemeiner Theil. II. Lief. 1. u. 2. Aufl. 42 652 Zweiter Abschnitt. B u. 0), auch bleiben diese Gebilde wohl noch kurze Zeit am Eikern erhalten (Fig. 377), für gewöhnlich aber gehen sie schon sehr bald verloren und werden völlig zurückgebildet. Der Eikern ist also ohne Centrosomen und Strahlungen; dem Spermakern kommen diese Attri- bute ganz regelmässig zu und sind für ihn characteristisch. Als nöthige Consequenz hieraus ergibt sich, dass beim gewöhnlichen Verlauf der Befruchtung nur der Sperma kern es ist, in Ver- bindung mit welchem späterhin die für die Spind elbildung nöthigen achromatischen T heile entstehen. Der weibliche und männliche (Ei- und Sperma-)Kern haben sich einander genähert (Fig. 375 G), auf welche Weise und auf welchem Wege soll später noch betrachtet werden, und haben sich an einander Fig. 376. Einige Stadien der Befruchtung von Thalassema mellita. Ver- einigung des Ei- und Spermakerns zum ruhenden Kern und Bildung der Furchungs- spindel (nach Griffin). angelegt (Fig. 375 H). Die beiden Centrosomen und Centrosphären des Spermakerns, die anfangs, entsprechend ihrer Entstehung, ziemlich dicht zusammen lagen, entfernten sich von einander (Fig. 374 B u. E) und nahmen schliesslich beim Annähern der beiden Kerne diese zwischen sich (Fig. 375 I u. Fig. 376 A). Ihre Centren stellen die Mittelpunkte zweier Radiensysteme dar, die wir von der Karyokinese als Spindelpole kennen, die Spindelfasern bilden sich theils aus dem Cytoplasma, theils aus dem Kerninhalt, denn die Membranen beider Kerne sind geschwunden (Fig. 376, Fig. 378 A—E, Fig. 387 B—F p. 678, Fig. 390 B p. 680), und da deren chromatische Substanz sich nunmehr oder schon früher zu Chromosomen umgebildet hat, kann auch die Aequatorialplatte zur Ausbildung gelangen (Fig. 376 C u. D), kurz aus den beiden Geschlechtskernen und den achro- matischen Theilen des männlichen Elements (Centro- somen), sowie auch des Ooplasmas (Attractionssphären, Radien syst eine und Spin del fasern) ist eine karyokine- VI. Capitel. Eireifuug-, Samenreifang und Befruchtung. 653 tische Figur, die erste Fnrcliniigsspiiidel entstanden (Fig. 376 D, Fig. 378 F). Mit der Vereinigung der beiden Geschlechtskerne ist sozusagen der Höhepunkt des Befruchtungsvorgangs erreicht, und wir haben damit dasjenige wichtige Stadium vor uns, auf welches der ganze Process hinzielt; von nun an spielt ein Theil des Kerninhalts, nämlich die chromatische Suitstanz, eine wichtige Rolle, bezw. sie hat sie vor Allem in den theoretischen Betrachtungen über das Wesen der Be- fruchtung und Vererbung erlangt. Sie soll vorläufig noch keine Be- rücksichtigung finden, sondern wir widmen unsere Aufmerksamkeit zunächst im Anschluss an die bisherigen Betrachtungen den sog. achromatischen Structuren und ihren Beziehungen zu den beiden Geschlechtskernen oder der sie vereinigenden Furchungsspindel. Den grundlegenden Untersuchungen von E. van Benedex sowie denjenigen von Boveri ist es zu danken, dass man die wichtige Be- deutung der achromatischen Substanzen und besonders der Centrosomen für den Befruchtungsvorgang kennen lernte und in einer grossen Zahl eingehender Untersuchungen an den verschiedensten Thierformen weiter verfolgte. Auf Grund dieser Arbeiten stellten wir im Vorhergehenden und am Anfang dieses Abschnitts die Vorgänge so dar, wie sie sich daraus am wahrscheinlichsten ergeben, doch liegen die Verhältnisse durchaus nicht so einfach, und im Laufe des vergangenen Jahr- zehnts haben die Ansichten manche Wandlungen erfahren. Nach der von Boveri (1887 — 1892) vertretenen Anschauung ist nicht nur der Kern das Wesentliche, der bei der Befruchtung neu in das Ei hinein gebracht wird, sondern ausser ihm spielt auch das Centrosoma eine wichtige Rolle. Dieses Zellorgan ist in dem zur Befruch- tung r e i f e n E i nichtvorhanden, und erstvoin Spermato- zoon wird es in das Ei eingeführt; hier theilt es sich und liefert dadurch die beiden Centrosomen, welche später (in der bereits geschilderten Weise, Fig. 374-376, 378, 387 u. 391 p. 678 u. 683) an die Pole der Furchungsspindel zu liegen kommen. Nach dieser Auffassung, welche in ähnlicher Weise auf Grund seiner Untersuchungen an Anneliden auch von Vejdovsky (1888) vertreten und sodann von einer ganzen Reihe anderer Forscher auf- genommen wurde, rührt also das Wesentliche der achromatischen Structur vom männlichen Element her. Man kann nicht sagen, dass diese, auf die Beobachtung an Eiern von Seeigeln und Nematoden gestützte Anschauung, von vorn herein die grössere Wahrscheinlichkeit für sich hatte , denn da man die Richtungsspindeln in gewöhnlicher Weise mit Centrosomen und Strahlungen ausgerüstet sah, so lag nichts näher, als dass die am Eikern zurückbleibende Strahlung sich wie dieser selbst an der Bildung der Furchungsspindel betheilige. Es kommt hinzu, dass diejenigen Eier, welche sich ohne Hinzutreten eines Spermatozoons . nämlich auf parthenogenetischem Wege ent- wickeln, ihre Theilung auf die gleiche Weise und anscheinend mit denselben Hilfsmitteln bewerkstelligen wie die vorher befruchteten Eier (pag. 619). In diesen Fällen kann es sich also nur um die von der zweiten Richtungsspindel herrührenden oder neu. aber jedenfalls innerhalb des Eis entstandenen, Centrosomen handeln *). *) Man vgl. hierzu die neueren Befunde über experimentelle Parthenogenese (p. 623 u. 664). 42* ß54 Zweiter Abschnitt. Bei dieser Sachlage und in Folge mancherlei Angaben, die für ein Bestehenbleiben der Eicentrosomen sprechen, war es erklärlich, dass Fol's Beobachtung der sog. „Centrenquadrille" (1891), nach welcher bei der Befruchtung nicht nur eine Vereinigung der Kerne, sondern auch der Centromen stattfände, entschieden Aufsehen erregte und auch vielfach Anklang fand. Obwohl es sich hier um eine ziem- lich rasch vorüber gegangene Episode handelt, die heute nur mehr von historischem Interesse ist, verdient sie schon desshalb Erwähnung, weil mehrere Forscher sie an verschiedenen Objecten ebenfalls auf- gefunden zu haben glaubten, und weil nach den neueren experimen- tellen Forschungen ein derartiger Vorgang von vorn herein nicht als unwahrscheinlich bezeichnet werden kann (vgl. hierzu p. 6(34 ff.). Fol's Angaben bezogen sich ebenfalls auf die Eier der Echiniden und bestanden im wesentlichen darin, dass nach dem Zusammenlegen des Ei- und Spermakerns die beiden, je einem derselben zugehörigen Centro- somen (also das Ei- und Spermacentrosoma) sich theilen, worauf die beiden Theilstücke um die vereinigten Kerne herumrücken, um sich mit den auf sie zukommenden Theilstücken der anderen Seite zu vereinigen und dadurch die beiden Centrosomen an den Polen der Furchungsspindel zu bilden. Diese würden also durch Vereinigung eines „männlichen" und „weiblichen" Centrosomas zu Stande kommen , und somit wäre in den Befruchtungs- erscheinungen eine schöne Harmonie der an den Kernen und den achro- matischen Gebilden sich abspielenden Vorgänge herbeigeführt worden. Wie gesagt, hat es auch nicht an Bestätigungen der FoL'schen Angabe gefehlt, wir nennen die von Conklin an Crepidula (1894), van der Stricht an Amphioxus (1895), Blanc an der Forelle (1894), sowie diejenigen auf botanischem Gebiet von Guignard an Lilium (1891) und Schaffner an Alisma (1897). Trotz dieser Uebereinstimmung bei so ganz verschiedenartigen Formen und trotzdem man den entsprechenden Vorgang sogar bei der Befruchtung der Phanerogamen nachweisen zu können glaubte, erwies sich die Darstellung Fol's als nicht haltbar, indem speciell für die von ihm untersuchten, aber auch für die anderen oben genannten Thierformen, sowie für eine ganze Anzahl anderer Objecte gezeigt wurde, dass ein solcher complicirter Vorgang der Centrosomen- vereinigung in Wirklichkeit nicht stattfindet, sondern dass durch die von Boveri schon vorher vertretene Auffassung das Verhalten der Centrosomen und besonders die Art ihrer Uebertragung in das Ei richtig dargestellt worden war. Boveri selbst zeigte in einer erneuten Untersuchung der Seeigeleier (1895), dass die Centrosomen durch Theilung des Spermacentrosomas ent- stehen und ein Eicentrosoma nicht vorhanden ist, zit welchem Ergebniss ganz unabhängig an demselben Objeet (Echinidenei) und ungefähr gleich- zeitig auch Wilson und Mathews (1895) gelangt waren (Fig. 375). Die Erklärung von Fol's Befunden ist darin zu suchen, dass er es mit über- fruchteten Eiern zu thun hatte. Wie sehr die Frage zur Nachprüfung reizte . geht daraus hervor , dass fast gleichzeitig noch mehrere andere Forscher (v. Kostanecki [1895], Eeinke [1895] und Hill [1896]) die Seeigeleier darauf hin untersuchten und zu dem gleichen Resultat ge- langten. Dasselbe wird auch durch die Arbeiten von E. Hertwig (1895 und 1896), sowie durch die von Doflein (1898) bestätigt, und ausserdem führten v. Erlanger's Untersuchungen zu demselben Ergebniss (1898). Wie bei den Echinodermeneiern zeigte sich der Ursprung der Centro- VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 655 somen vom männlichen Element und das Fehlen derselben im Ei auch bei einer grossen Anzahl anderer Thierformen. Während bei einigen dieses Verhalten klar und deutlich ausgeprägt ist, erscheint es bei anderen viel weniger sicher, so erwecken die von verschiedenen Forschern für die Turbellarien gemachten Angaben den Eindruck, als ob die Verhältnisse auch hier so liegen möchten, wie sie für die Echinodermen geschildert wurden (v. Klinckowstköm [1897], Francotte [1898], van Name [1899] und besonders van der Stricht [1894 u. 1898]), aber wegen des weiter unten noch zu erwähnenden zeitweisen Verschwindens der Centrosomen sind diese Befunde doch nicht ganz eindeutig. Weit klarer und vielfach sogar ganz besonders deutlich ausgeprägt stellt sich der Vorgang bei ver- schiedenen Anneliden dar, so bei Rhynchelmis, Ophry o tr ocha, Chaetopterus und Thalassema (nach Vejdovsky [1892], Körschelt [1895], Mead [1897] und Griffin [1899] Fig. 374 p. 648). Dasselbe wird man auch von den Befunden von Child [1897] an Arenicola und Coe [1899]. so wie von Kostanecki [1902] an Ce r eb r atulu s sagen dürfen. Für die Nematoden, speciell Ascaris, hatte Boveri [1888] schon früher ein solches Verhalten wahrscheinlich gemacht, was durch die Unter- suchungen von Kostanecki und Erlanger (1898), sowie durch die von 0. Meyer (an Strongylus [1895]) volle Bestätigung fand. Bei Cyclops sprach sich RüCKERT (1895) sehr entschieden für die Abstammung der Centrosomen vom Spermatozoon aus , und Brauer fand bei Branchipus (1892) die Strahlung am Spermakern auf, während sie dem Eikern fehlt; das Gleiche ist bei den von Henking (1892) unter- suchten Insecteneiern (Pieris, Agelastica, Pyrrhoeoris, Lasius der Fall. Für die Mollusken existirt ebenfalls eine grössere Anzahl von neueren Angaben über die Herkunft der Centrosoinen vom Spermatozoon ; zunächst ist die Untersuchung von Kostanecki und Wierzejski (1896) an Phvsa zu erwähnen, weil hier die Verhältnisse besonders klar zu liegen scheinen (Fig. 364). Am Spermakern tritt schon früh ein Centro- soma mit Strahlung auf, welches sich theilt, wenn der Spermakern in das Eiinnere wandert. Während dieser Zeit und auch später ist das Oocentro- soma und seine Strahlung noch vorhanden, die sich auch dann noch findet, wenn die Richtungskörperbildung abgelaufen und der Eikern bereits bis zu einem gewissen Grade ausgebildet ist, doch beobachteten die genannten Autoren das allmälige Schwinden des Oocentrosomas und seiner Strahlung, während die Spermacentrosomen mit der übrigen bestehen bleiben und in die Furchungsspindel übergehen. Bei anderen Gastropoden scheinen die Vorgänge deutlicher zu verlaufen, wie schon aus den älteren Angaben von PLATNER (1886) zu entnehmen ist. CRAMPTON (1897) gibt für Doris und Bulla an , dass die Furchungscentrosomen vom Spermatozoon her- stammen, und dies geht ebenfalls aus den Untersuchungen von Bochenek (1899) an Aplysia hervor. Linville (1900) beschreibt für die von ihm beobachteten Formen (Limax und Limnaea), wie die in Ausbildung begriffene Furchungsspindel immer zuerst den Spermakern und niemals zugleich den Eikern einschliesst, der erst etwas später in die Spindel einbezogen wird; daraus würde der ja an und für sich schon sehr wahr- scheinliche Schluss zu ziehen sein , dass die Furchungsspindel ihre Ent- stehung dem männlichen Elemente verdankt. Eine Sicherheit ist hier schwer zu erlangen, weil ebenso wie die Oocentrosomen auch die Sperma- centrosomen schwinden, doch darf man die später wieder auftretenden Centrosomen wohl als die letzteren betrachten, die nur eine Zeit laug un- (55(3 Zweiter Abschnitt. sichtbar waren. Auch nach den Angaben von Byrnes (1899) stehen (bei Limax) die wieder auftauchenden Centrosomen und Strahlungen in näherer Beziehung zum Spermakern als zum Eikern. Die Schwierigkeit in der Beurtheilung des Ursprungs der Spindel- pole, welche ebenfalls Mac Farland (1897) bei seinen Untersuchungen an Pleurophyllidia kennen lernte, bezw. auch das anfänglich lange Er- haltenbleiben des Eicentrosomas dürfte die Veranlassung zu den oben er- wähnten abweichenden Ergebnissen Conklin's gewesen sein, der bei Crepidula die Centrenquadrille Fol's bestätigen zu können glaubte, welche Auffassung übrigens später von ihm selbst einigermaassen modi- ficirt wurde *). Bei den Tunicaten hatte schon Boveri (1890) für Ciona die Herkunft der Strahlung vom Spermakern festgestellt und auch Julin für eine andere Ascidie (Styelopsis) das Schwinden der weiblichen und Bestehenbleiben der männlichen Centrosomen angegeben (1893), was durch die Beobachtungen von Hill an Phallusia (1896) bestätigt wurde. Zum gleichen Ergebuiss führten die Untersuchungen von Castle (1896) und Golski (1899) an Ciona. Eine ganze Anzahl Beobachtungen sind an Wirbelthiereiern gemacht worden und stimmen mit denjenigen bei Wirbellosen überein, indem auch sie, und zwar oft in sehr ausgesprochener Weise, am Eikern keine, wohl aber am Spermakern Centrosomen und Strahlungen erkennen Hessen. Als Ausnahme würde da allerdings die Angabe van der Stricht's für Amphi- oxus zu erwähnen sein, indem von ihm eine Centrenquadrille aufgefunden wurde, doch ist diese Darstellung von Sobotta (1897) dahin berichtigt worden, dass sich Amphioxus in dieser Beziehung ganz wie die anderen Formen verhält. Dies ist auch nach Rückert's Untersuchungen bei Pristiurus der Fall (1899). Sehr klar und einleuchtend sind die Bilder, welche Behrens (1898) für die Befruchtung des Forelleneis gibt; sie stimmen mit den an anderen Objecten gemachten Beobachtungen und besonders auch mit denjenigen von Böhm (1891) am Forellenei überein, so dass durch Böhm's und Behrens' Untersuchung Blanc's frühere An- gabe (1894) vom Auftreten der Centrenquadrille bei der Forelle eben- falls als berichtigt angesehen werden muss , wenn auch dieser Forscher darauf bestehen blieb (1898), dass die eine der beiden Sphären dem Ei- kern angehört. Für das Schwinden des Oocentrosomas und das Bestehenbleiben des Spermocentrosomas sprechen auch Böhm's Untersuchungen an Petro- myzon (1888), und das gleiche Verhalten zeigen die von Rückert an Selachiern (1899). Dasselbe gilt von den bereits mehrfach erwähnten Untersuchungen von FlCK am Axolotl (Fig. 365), sowie von denen, welche Michaelis (1897) an Triton anstellte; desgleichen zeigen Oppel's Befunde (1892), dass auch bei den dotterreichen Eiern der Reptilien ( A n g u i s , Tropidonotus) die Verhältnisse ganz ähnlich liegen müssen und auch für die dotterarmen Eier der Säugethiere dürfte dasselbe anzu- nehmen sein (Sobotta [1895]). Aus der Summe der mitgetheilten Einzelangaben ist das Resultat zu ziehen, dass bei den verschiedenartigsten Thierformen in der schon weiter oben dargestellten Weise die Centrosomen und Strah- lungen des E i k e r n s zu.Grunde gehen und die C e n t r o - *) Hierzu ist zu bemerken, dass Conklin neuerdings eine Darstellung von diesem Vorgang gibt, auf welche noch zurück zu kommen sein wird (vgl. p. 658). VI. Capitel. Eireifong, Sanienreifung und Befruchtung. | ;.",, somen mit den Strahlungen, welche später die Pole der Furchungsspindel bilden, vom Spermatozoon in das Ei eingeführt werden (Fig. 364—375). Obwohl also in dieser Hin- sicht eine weitgehende Uebereinstimmung herrscht . sind auch nach wiederholter Feststellung dieses Sachverhalts einzelne Stimmen laut geworden . welche von Neuem wieder dem Oocentrosoma eine mehr oder weniger weitgehende Betheiligung hei der Bildung der Furchungs- spindel zuschrieben. Auf die Angaben von Carnoy und Lebrun (1897), nach welchen bei Ascaris die Centrosomen der ersten Furchungs- spindel von den Centrosomen beider Kerne (des Ei- und Spermakerns) abstammen, dürfte insofern kein besonderes Gewicht zu legen sein, als ihnen die positiven Angaben verschiedener Forscher (Boveki. v. Kosta- necki, v. Erlanger, Fürst [1898]) gegenüber stehen, welche an dem- selben Object die Centrosomen vom Spermatozoon herleiten, dagegen hat man der von Wheeler (1895 u. 1897) für Myzostoma gegebenen Darstellung stets eine grössere Beweiskraft zugesprochen. Wie bei anderen Formen beide Centrosomen vom Spermakern, sollen sie nach Wheeler's Schilderung' beide vom Eikern herkommen. Centro- soma und Sphäre der zweiten Richtungsspindel bleiben erhalten , theilen sich am ruhenden Eikern und ordnen sich dann, wenn beide Kerne an einander gelagert sind, in der AVeise an, dass sie die beiden Pole der Furchungsspindel bilden. Der Vorgang verliefe somit ganz so, wie dies sonst von der Befruchtung bekannt ist, nur mit dem Unterschied, dass die Centrosomen in diesem Fall eben vom Ei und nicht vom Spermatozoon herstammen sollen. Hierzu ist zu bemerken, dass v. Kostanecki in Folge seiner eigenen und der Befunde eines grossen Theils der schon früher genannten Autoren an anderen Objecten, sowie besonders auf Grund der von ihm selbst am Ei von Myzostoma vorgenommenen Untersuchungen (1898) die Deu- tung der von Wheeler mitgetheilten Bilder stark anzweifelt. Danach würden die von Wheeler dem Eikern zugeschriebenen Centrosomen und Sphären der späteren Stadien vielmehr dem Spermakern zugehören und da, wo sich in früheren Stadien am Eikern derartige Gebilde finden, würde es sich nach v. Kostanecki's Auffassung wohl um die in Rück- bildung begriffenen Centrosomen und Strahlungen handeln. Wheeler konnte am Spermakern niemals eine Strahlung auffinden, da dies jedoch v. Kostanecki gelang und er ausserdem das Verschwinden der Strahlung des Eikerns beschreibt, so würde sich damit Myzostoma in die Reihe derjenigen Thiere einordnen, bei welchen die chromatische Substanz der Furchungsspindel vom Spermatozoon ihren Ausgang nimmt. Obwohl nun die Darstellung v. Kostanecki's in Folge ihrer Uebereinstimmung mit dem gewöhnlichen Verlauf des Vorgangs zweifellos die grössere Wahr- scheinlichkeit für sich hat, so bleibt doch der Eindruck, als ob nach den von Wheeler gegebenen Bildern und seinen positiven Angaben die Frage noch nicht genügend entschieden sei. Zuweilen bleiben das Eicentrosoma und seine Strahlung ver- hältnissmässig lange erhalten, und es wurde bereits erwähnt, dass dies in manchen Fällen zu Täuschungen hätte Veranlassung geben können, zumal dann, wenn der Spermakern bereits ziemlich in die Nähe gerückt ist. Man kennt ein solches Verhalten z. B. von Ciona (Castle [1896]), und wir konnten es ausnahmsweise auch bei Ophryo- trocha beobachten (1895); sehr lange erhalten kann die Sphäre des Eikerns nach Blanc (1894 u. 1898) auch bei der Forelle bleiben, 658 Zweiter Abschnitt. und weiter kommen hier vor allen Dingen Conktjn's Beobachtungen an Crepidula in Betracht (1901). Er findet sowohl am Eikern wie am Spermakern eine umfangreiche Sphäre (Fig. 377 A)\ beide bleiben in enger Verbindung mit den zugehörigen Kernen, wenn diese sich einander nähern und sich berühren (Fig. 377 B). Centrosomen waren in ihnen anfangs nicht vorhanden, jedenfalls nicht sichtbar (Fig. 377 A), sie treten aber nunmehr auf, d. h. innerhalb der Sphären wird je ein Centrosoma mit einer neuen, von ihm ausgehenden Strahlung sichtbar (B). Später weichen die neugebildeten Strahlensysteme aus einander, Fig. 377. Eier von Crepidula, welche das Annähern der beiden Geschlechts- kerne und zugehörigen Sphären, sowie deren Vereinigung und die Bildung der ersten Furchnngsspindel zeigen; etwas schematisirte Darstellung. Nach Conklin. e Eintrittsstelle des Spermatozoons, eili Eikern, ])l dotterfreies Ooplasma am animalen Pol, rk die Richtungskörper, sp Spermakern, <$ männlicher, $ weiblicher Antheil des Chromatins in der Furchungsspindel. um die für die Bildung der Furchungsspindel geeignete Stellung einzunehmen (Fig. 377 C u. B). Nach Conklin's Auffassung ver- schmelzen also die Sphären, und in ihnen bilden sich die Centrosomen; eine Centrenquadrille im Sinne Fol's und Vereinigung der Centro- somen findet zwar nicht statt, aber jedenfalls entstehen die letzteren nicht ausschliesslich vom Ei oder Spermatozoon aus, sondern das eine kommt von der Eisphäre, das andere von der Spermasphäre her. Das ist also, wie man sieht, immerhin eine gewisse Uebereinstimmung mit der früheren Darstellung. VI. Capitel. Eireiforig, Saraenreifung und Befruchtung. i).V. l Eine grosse Schwierigkeit , die Herkunft der Centrosomen und Sphären festzustellen, liegt bei vielen Objecten offenbar darin, dass die Centrosomen und besonders die zugehörigen Strahlungen zeitweise fast ganz oder völlig zurücktreten, so dass der Ursprung der später erscheinenden Strahlungen , welche die Pole der Furchungsspindel bilden, nicht mit Sicherheit zu beurtheilen ist. In einigen Fällen ist diese Schwierigkeit bedeutender, in anderen weniger gross-, geht die Strahlung der Spermacentrosomen schon relativ früh verloren und verstreicht eine längere Zeit bis zum Auftreten der definitiven Centro- somen, wie dies öfter beobachtet wurde (Lepto plana. Prosthe- ceraeus. Planocera, Arenicola, Uni o. Pleurophyllidia, Limax. Limnaea u. a. nach Francotte [1898], v. Klinckowstköm [1897]. van Käme [1899], Ciiild [1897], Lillie [1899 u. 1901], Mc. Fak- laxd [1897], Linville [19oo], Byrnes [1899]). ist aber gleichzeitig auch die Strahlung des Eikerns geschwunden, so müssen die Verhältnisse schon besonders günstig liegen, um die Centrosomen der Furchungs- spindel auf diejenigen des Spermakerns zurückführen zu können. Es ist daher erklärlich, dass einzelne Autoren die Centrosomen der beiden Geschlechtskerne vollständig schwinden und später von Neuem entstehen lassen (Child, Lillie) ; darin kann insofern nichts besonders Ungewöhnliches gefunden werden, als von verschiedenen Forschern eine Neuentstehung von Centrosomen und Attractionssphären im Cyto- plasnia für wahrscheinlich gehalten und auch an Geschlechtszellen (z. B. von Foot am Ei von Allolobophora und von Mead bei Chaetopterus) beschrieben wurde. Diese Neubildung stellt man sich zumeist so vor, dass sie unter Eintiussnahme des Kerns in dessen Nähe erfolgt, so dass also die neu entstandenen Centrosomen und Strahlungen den beiden Geschlechtskernen anliegen (Conklin [1901], Lillie [1899 u. 1901], Smallwood [1901]. Im Allgemeinen wird man jedoch in Uebereinstimmung mit denjenigen Formen , bei denen sich ein ununterbrochenes Bestehenbleiben der Centrosomen bezw. Strah- lungen feststellen liess, anzunehmen geneigt sein, dass das Schwinden der Centrosomen nur ein scheinbares ist und darauf beruht, dass sie zu gewissen Zeiten sich schwerer färben und von ihrer Umgebung nicht differenziren lassen, was an und für sich beim Zurücktreten der Strahlung sowie beim Vorhandensein solcher Granula im Ooplasma schwierig ist, die sich in ihrem Lichtbrechungsvermögen und ihrer Färbbarkeit ähnlich wie die Centrosomen selbst verhalten*). Erfolgt das Schwinden der Centrosomen bezw. ihrer Strahlungen erst spät, so liegt der Schluss auf die engen Beziehungen der defini- tiven Centrosomen und Astrosphären (der Furchungsspindel) zu den Spermacentrosomen noch weit näher. Ein sehr instructives Beispiel hierfür liefert Coe in seiner Darstellung der Befruchtung von Cere- bratulus. Das Oocentrosoma, und besonders dessen Strahlung, schwindet hier ziemlich spät, wenn beide Kerne sich einander bereits *) Es liegt nicht in unserer Aufgabe, diese mehr in die Zellenlehre gehörige Frage weiter zu verfolgen, und wir verweisen desshalb auf das Buch von Wilson (II. Aufl. p. 304 ff.), wo diese und verwandte Fragen eine ausgezeichnete Behandlung gefunden haben. Hinzufügen möchten wir nur noch, dass durch die neuen Ent- deckungen über die Möglichkeit der Neubildung von Centrosomen im Ei (Wilson [1901]) die Fragen ein anderes Gesicht bekommen haben, und dass sie künftig- hin auf diese wichtige Thatsache hin zu prüfen sein werden. Auf diese selbst haben wir noch zurück zu kommen (vgl. p. 665). (360 Zweiter Abschnitt. nähern; die Strahlungen der Spermacentrosomen erlangen ihre grösste Ausdehnung unmittelbar vor der Copulation der beiden Geschlechts- kerne und erstrecken sich über den grössten Theil des Eis fast bis an dessen Peripherie (Fig. 378 A u. B). Erst jetzt beginnen sie sich zurückzubilden, indem die Strahlen, Attractionssphären und sogar die Centrosomen selbst schwinden (Fig. 378 B — D). Die definitiven Centro- somen und Sphären treten im Allgemeinen erst nach der vollständigen Verschmelzung der Kerne auf, ausnahmsweise aber werden sie in Form kleiner zierlicher Sterne bereits innerhalb der alten Strahlung, aber unabhängig von dieser, sichtbar (Fig. 378 C) und liegen dann an der Trennungsfurche beider Kerne, d. h. an derselben Stelle, wo die Spermacentrosomen verschwunden waren (Fig. 378 A u. B). Von den neuen Attractionssphären geht dann die neue, sich immer weiter erstreckende Strahlung aus (C — E), und so werden die definitiven Fig. 378. Einige Stadien aus dem Befruchtungsvorgang im Ei von Cerebra- tulus marginatus nach Coe. A — C Vereinigung des Ei- und Spermakerns; die Centrosomen und Strahlungen schwinden (B), und neue treten dafür auf (C); D — F weitere Ausbildung der neuen Strahlung und Bildung der Furchungsspindel. Polstrahlungen der ersten Furchungsspindel gebildet (Fig. 378 Ew. F). In diesem Fall liegt also die Annahme einer Identität der Sperma- centrosomen mit denen der Furchungsspindel, trotz ihres zeitweiligen Schwindens, ganz besonders nahe*). Ist die Annahme richtig, wie es doch entschieden den Anschein hat, so würde man von ihr auf jene Fälle schliessen können, in denen die Centrosomen mit ihren Strah- lungen für längere Zeit unsichtbar werden, und würde auch für sie die oben schon vermuthungsweise ausgesprochene Identität der Furchungs- und Spermacentrosomen als gegeben betrachten. Nach unserer bisherigen Kenntniss des Befruchtungsvorgangs ist *) v. Kostanecki(1902), der diese Verhältnisse ganz neuerdings bei Cerebratulus untersuchte, tritt sehr entschieden für die Identität nicht nur der Centrosomen, sondern auch (der Hauptsache nach) der Strahlensysteme ein, die eben nur zeit- weilig undeutlich werden, indem sie gewisse Modiiicationen erleiden. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. (JiJJ anzunehmen, dass auch dann, wenn sich ein sicherer Kachweis für die Abstammung der Furchungscentrosomen nicht führen lässt. die grössere Wahrscheinlichkeit doch immer für die Herkunft derselben vom Spermatozoon spricht. Es würden dann nur diejenigen Fälle übrig bleiben, in welchen das Oocentrosoma persistiren und die Pole der Furchungsspindel liefern soll, wobei vor Allem der nach Wheeler's Angaben derartig verlaufende Befruchtungsprocess von Myzostoma in Betracht käme. Als von vorn herein gänzlich unwahrscheinlich lässt sich dieses Verhalten im Hinblick auf dasjenige der partheno- genetischen Eier nicht bezeichnen, da ja bei ihnen in Folge des mangelnden Hinzutritts eines Spermatozoons dieselben Theile, welche sonst von diesem geliefert werden, vom Ei selbst herkommen. Trotz- dem wird man jedoch nicht besonders zu der Annahme geneigt sein, dass auch bei solchen Eiern, welche befruchtet werden, die offenbar sehr wichtige Bedeutung des Spermatozoons, einen wesentlichen Theil der achromatischen Substanz in das Ei zu bringen, auf dieses selbst übergegangen sein sollte. Auch für die Beurtheilung dieser Frage kommt die Möglichkeit der Neubildung von Centrosomen innerhalb des Ooplasmas in Betracht (Morgan [189(5 und 1899], Wilsox [1901]), von der noch die Bede sein wird (p. 665). Stellen wir nun die Frage, welche Bedeutung dem Schwinden der Oocentrosomen und ihrem Ersatz durch die Spermacentrosomen bezw. dem alleinigen Bestehenbleiben der letzteren zukommt, so berühren wir damit einen wesentlichen Punkt des Befruchtungsprocesses, und zwar auch dann, wenn man das Centrosoma nur als ein „Theilungsorgan" der Zelle betrachtet und ihm keine wesentliche Bedeutung für den Befruchtungsvorgang selbst zuschreibt (A. Brauer [1892]). Jene Frage ist von Boveri in dem Sinne beantwortet worden, dass am Schluss des Eireifungsprocesses das Centrosoma des Eis eine bedeutende Schwächung erfahren habe und in Folge dessen nicht mehr im Stande sei. die Theilungsvorgänge in Bewegung zu setzen. Während der Bildung der Richtungskörper sahen wir, dass es diese Fähigkeit noch in ganz normaler Weise besitzt; nach der Eireifung hingegen geht es allmälig zu Grunde, so dass jene Auffassung sehr berechtigt erscheint. Boveri geht davon aus, das jede der beiden Ge- schlechtszellen nach einer bestimmten Richtung differenzirt ist. Während in der Eizelle eine Menge Cytoplasma angehäuft ist, wird dasselbe im Spermatozoon gewöhnlich bis aufs Aeusserste reducirt ; ihm ist in Folge dessen die Fähigkeit einer weiteren Theilung und Entwicklung genommen. Da aber auch die Eizelle in Folge des Fehlens der Centrosomen an sich nicht theilungs- und entwicklungs- fähig ist, so hat sie ebenso wie die männliche Zelle eine Vervoll- ständigung nöthig und erfährt dieselbe durch den Hinzutritt des mit Kern und Centrosoma versehenen Spermatozoons; durch ihre Ver- einigung ergänzen also die beiden Zellen das ihnen Fehlende, und die Theilungsfähigkeit wird von Neuem erlangt. Das „Befruchtende" am Spermatozoon ist nach Boveri's Auffassung das Centrosoma. Die hier wiedergegebene Darstellung des Befruchtungsvorgangs ist nicht allein das Resultat der Untersuchungen normal befruchteter Eier, sondern sie wird auch durch das Verhalten der Centrosomen in bestimmten Ausnahmefällen, sowie durch Versuche unterstützt, welche für die Auffassung der Ceutrosomen sehr wichtig sind. Hier ist zuerst Boveri" s Beobachtung desjenigen Falls zu erwähnen, in welchem ßi;o Zweiter Abschnitt. am Seeigelei die Astrosphäre mit den Centrosomen dem Spermakern weit vorausging und sich mit dem Eikern verband, ohne dass nach- her eine Vereinigung der beiden Geschlechtskerne stattfand. Trotz des Fehlens der letzteren trat die Theilung des Eis ein, worauf der in einer Blastomere zurückgebliebene Spermakern mit deren Kern verschmolz. Der Fortgang der Furchung scheint durch dieses ab- weichende Verhalten weiter nicht beeinflusst zu werden. Neue und ausgedehntere Untersuchungen von E. Teichmann (1902) haben dieses von Boveri im Jahre 1888 beschriebene Verhalten des Spermakerns und seiner Centrosomen kürzlich bestätigt. Man wird Boveri ganz Recht geben müssen, wenn er in diesem Fall das Centrosoma des Spermatozoons zweifellos als das die Theilung veranlassende und, wie er es nennt, das befruchtende Element ansieht. Wie die Spermacentrosomen, mit dem Eikern vereinigt, die Furchung des Eis hervorrufen können, so kennt man auch Fälle, in denen nur der Spermakern mit seinen Centrosomen dies thut, bei denen also weder der Eikern noch dessen Centrosomen in Frage kommen. Es sind dies die bekannten, von 0. u. R. Hertwig in An- griff genommenen, sodann besonders von Boveri mit grossem Erfolg- weiter geführten und später von anderen Forschern (Morgan [1895], Ziegler [1898], Delage [1899], Winkler [1901] u. A.) bestätigten Ver- suche über die Furchung und Entwicklung kernloser Eistücke, denen Spermatozoen zugeführt wurden (p. 149 u. 025). Wenn dieses Ver- halten auch nicht ohne Weiteres für die hier behandelte Frage be- weisend ist, indem ja ausser den Centrososomen auch der Spermakern in die kernlosen Eistücke eingeführt wird, so lässt es doch immerhin beim Vergleich mit der normalen Befruchtung und der vorher er- wähnten Beobachtung die Centrosomen auch hier als das für die Einleitung der Furchung Wirksame erscheinen. Viel beweisender hierfür sind die interessanten Versuche von Boveri und Ziegler über die allein mit Hilfe der Centrosomen, d. h. unter Ausschaltung der Kerne und ihrer chromatischen Substanz, vor sich gehende Furchung. Es kann sich auch hierbei wieder nur um einzelne Parthien von Eiern handeln, und zwar waren es in dem von Boveri mitgetheilten Fall kernlose Bruchstücke von Seeigeleiern, in welche ein Spermatozoon eingedrungen war, während es Ziegler zu- nächst mit einem unverletzten und normal befruchteten Ei zu thun hatte. Bei diesem Ei begab sich die gesammte Kernsubstanz der beiden vereinigten Kerne in die eine Theilhälfte, während in der anderen nur das betr. Centrosoma mit der Strahlung verblieb. Auch in dieser Hälfte trat eine Furchung ein, wenn sie auch weniger regel- mässig als in der kernhaltigen Hälfte verlief. Desgleichen zeigte sich in den von Boveri beobachteten Eistücken eine Fortgang der Centrosomentheilung ohne Vorhandensein der chromatischen Substanz ; allerdings folgte hier keine wirkliche Zelltheilung. Diese Beobachtungen lassen jedenfalls die grosse Wichtigkeit der Centrosomen für den Be- ginn der Entwicklung erkennen, wenn es sich auch bei ihnen nicht um die Spermacentrosomen selbst, sondern um ihre nächsten Descendenten handelt. Wohl erscheint hier das Centrosoma nur als Theilungsorgan, aber die Thatsache bleibt jedenfalls bestehen, dass die Centrosomen des Eis die Fähigkeit zur Einleitung der Theilung nicht mehr besitzen und desshalb mit dem Befruchtungsact neue Centrosomen eingeführt werden, denen die Theilungsfähigkeit zu- VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 663 kommt und welche die Furchung nunmehr einleiten (man vgl. hierzu auch weiter unten p. 665). In Boyeri's Beiruchtungstheorie und den sich ihr anschliessenden Anschauungen anderer Autoren wird den Centrosomen, wie wir sahen, eine besonders grosse Bedeutung zugeschrieben ; doch fehlt es auch nicht an Stimmen, welche den Centrosomen eine solche wichtige und fast beherrschende Rolle nicht zuerkennen, sondern auch und vor Allem das Cytoplasma zur Geltung bringen möchten. Eine solche Stellung nimmt z. B. von Kostanecki *) auf Grund seiner Untersuchungen ein. Den Centrosomen schreibt v. Kostanecki nur mehr mechanische Be- deutung zu und hält sie in Anlehnung an die besonders von M. Heiden- hain vertretenen Anschauungen für die „Insertionspunkte der organischen Radien" ; der Hauptnachdruck würde auf die Differenzirung des Proto- plasmas zu legen sein, in welchem der Sitz der bewegenden Kräfte zu suchen ist. Im Ei ist in Folge der enormen Anhäufung von Nährsubstanzen das Protoplasma zu schwach, um an dem so umfangreich gewordenen Körper der Eizelle die Theilung einzuleiten und zu vollziehen. Beim Spermatozoon ist dies nicht der Fall, sondern da es von Deutoplasma frei ist, besitzt es volle Activität. Von seinem Cytoplasma, und zwar von dem, welches im Mittelstück enthalten ist, geht die Anregung zur Theilung aus. Das Mittelstück quillt auf; indem es sich Theile des Ooplasmas assi- milirt und diese Einwirkung sich weiter fortsetzt, entstehen die Attractions- sphären und Strahlungen, welche sich im Ei ausbreiten und das frühere, vom Oocentrosoma ausgehende Strahlensystem zerstören, da ja das ge- sammte Ooplasma jetzt von dem neuen Centrum aus beeinflusst wird. Man sieht, dass diese Theorie der von Boveri immerhin recht ähnlich ist und sich von ihr hauptsächlich, wie gesagt, darin unterscheidet, dass sie dem Cytoplasma als solchem eine grössere Bedeutung zuspricht. Von Wilson wird ihr mit Recht entgegen gehalten, dass unter Umständen das Mittel- stück abgeworfen wird (Fig. 375 E p. 651) und anscheinend zu Grunde geht, ohne dass es von irgend welcher besonderen Bedeutung wäre; die letztere Ansicht wird in der neueren Arbeit von Foot und Strobell (1900) vertreten. Es liegt in der Natur der Sache, dass auch diejenigen Autoren, welche im Centrosoma kein beständiges Zellorgan erblicken, sondern es im Ei von Neuem entstehen lassen, ihm jene weit reichende Bedeutung für den Befruchtungsvorgang, wie sie besonders Boveri vertritt, nicht zuerkennen wollen (Lillie [1901]). Um die Frage nach der Bedeutung der Centrosomen und der Art ihrer Wirksamkeit bei der Befruchtung zu erschöpfen, muss noch einer von Wilson (1900) ausgeprochenen Möglichkeit gedacht werden, die an eine frühere Aeusserung Boveri's anknüpft. Letzterer Forscher gab der Vermuthung Ausdruck, dass es möglicher Weise eine chemische Substanz sein könne, welche durch das Spermatozoon in's Ei ge- bracht, diesem die Entwicklungsfähigkeit verleihe. Daran, sowie an die ähnlichen Ausführungen von Mead und die bekannten \ ersuche von Loeb anknüpfend, welche, eine weitgehende Entwicklung unbe- fruchteter Seeigeleier in Folge von Einwirkung bestimmter Reagentien kennen lehrten, wirft Wilson die Frage auf, ob nicht (abgesehen vom Spermakern) möglicher Weise das im Mittelstück des Spermato- zoons gelegene Centrosoma der Träger einer specifischen chemischen *) Kostanecki (1895) und besonders Kusta.necki und YVierzejski (1896). (j(34 Zweiter Abschnitt. Substanz sein könne, durch welche die Entwicklung des Eis angeregt wird, indem es sich theilt und in der bekannten Weise das Ooplasma und die Kerne beeiutlusst. Man würde so nach Wilson's Meinung die Beziehungen zwischen dem Centrosoma der Spermatide, dem Mittel- stück, sowie den Spermacentrosomen und denen der Furchungsspindel aufrecht erhalten können, ohne die in mancher Hinsicht schwierige Annahme von der Individualität der Centrosomen (als bleibende Zell- organe), d. h. ihrer morphologischen Persistenz, machen zu müssen. Die Auffassung, dass die Wirkung, welche das Spermatozoon bei der Befruchtung auf das Ei ausübt, chemisch-physikalischer Natur sein könne, ist in letzter Zeit von verschiedenen Seiten ge- äussert worden, und zwar hauptsächlich auf Grund der Ergebnisse, zu welchen die schon mehrfach erwähnten Versuche über die Ent- wicklung unbefruchteter Eier unter der Einwirkung chemischer Agentien oder mechanischer Beeinflussung führteD (p. 60 u. 023 ff.). Die bekanntesten und erfolgreichsten derselben sind die von J. Löß (1899—1901). welcher auf die Eier verschiedenartige Salzlösungen von diiferenter Stärke einwirken Hess und anfangs in diesen, d. h. in den Ionen der betreffenden Metallverbindungen, das Wirksame sah, während er dies später in der Veränderung des osmotischen Druckes suchte, wie sie durch die Salzlösungen in den Eiern hervorgebracht wird. Eine ähnliche Auffassung vertritt Bataillon (1901) auf Grund seiner Versuche, und auch die Anschauung von Delage (1901) ist hier zu nennen, wonach die wasserentziehende Wirkung des Spermakerns auf das Ooplasma als wichtiges Moment in Betracht käme. Nach Delage befindet 'sich das Ei kurz vor der Befruchtung gewisser- maassen im Zustand eines sehr labilen Gleichgewichts und kann aus diesem durch einen geringen Anstoss heraus gebracht werden; ohne den letzteren ist es nicht "entwicklungsfähig, aber der Anstoss selbst kann recht verschiedener Natur sein; eine Aenderung in der Zu- sammensetzung des das Ei umgebenden Mediums oder irgend eine andere Einwirkung, chemischer oder physikalischer Natur genügt unter Umständen, das Ei in die Entwicklung eintreten zu lassen. Mathews (1901) erzielte dies durch einen mechanischen Beiz (Schütteln der Eier) und konnte auf diese Weise aus unbefruchteten Seesterneiern Bipinnarialarven erziehen; mechanische Einflüsse waren auch schon früher angewendet worden (so von Tichomirow; vgl. p. 624), um unbe- fruchtete Eier zur Entwicklung anzuregen; von Seiten anderer Forscher geschah dies durch Anwendung von Spermaextra et (H. Winkler [1900] oder irgend welchen anderen Stoffen (R. Hertwig, Kulagin; vgl. p. 67). Winkler (1901) speciell sieht auch in der Wirkung des Spermato- zoons auf das Ei, wie man dies ebenfalls schon von anderer Seite angenommen hatte, eine Art von Fermentwirkung; die betreffenden Substanzen könnten in irgend welchen Parthien des Spermatozoons, etwa in dessen Mittelstück, enthalten sein, so wie dies von Seiten Wilson's vermuthet wurde. Sicher werden sie bei verschiedenen Thieren von differenter Beschaffenheit und dementsprechend auch von verschiedener Wirkung auf das Ooplasma sein (E. Zacharias [1901]). Für die Einführung einer Substanz, welche das Ooplasma durch- dringt und in Folge deren das Spermatozoon eine gewisse Ferment- wirkung im Ei auszuüben scheint, sprechen verschiedene Versuche, wie z. B. der von Ziegler (1898) ausgeführte Durchschnürungsversuch, bei welchem der Spermakern mit Centrosoma und Sphäre in die eine VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. tili.") Hälfte des durchschnürten Eis zu liegen kommt und diese in Folge dessen wie ein besamtes kernloses Eibruchstück sich furcht, während eine solche Furchung der anderen, denEikern enthaltenden Eihälfte nicht erfolgt; aber auch in dieser letzteren tritt am Eikern eine Strahlung auf, und zwar wohl zweifellos unter dem Einfluss des vor der Durch- schnürung in das Ei eingedrungenen Spermatozoons; es wird auch ein wiederholter Ansatz zur Theilung genommen, der jedoch nicht zur wirklichen Durchführung derselben gelangt. Letzteres war hingegen der Fall bei einem von Boveri (1897 u. 1901) unternommenen Ver- such, bei welchem Eier nach der Besamung durch Schütteln in Bruch- stücke zerlegt wurden und auch in denjenigen, die nichts Wahrnehm- bares vom Spermatozoon, sondern nur den Eikern enthielten, Strahlungen auftraten und einige Theilungen stattfanden. Man sieht also unter dem Einfluss des Spermatozoons im Ooplasma Centrosomen an zwei verschiedenen Stellen, nämlich in der Nähe des Spermakerns und des Eikerns, auftreten; dass sie sich neu bilden, braucht man vorläufig nicht anzunehmen, und dies ist nicht einmal wahrscheinlich, da es sich im ersteren Fall um das im Mittelstück des Spermatozoons niedergelegte Centrosoma und im anderen Fall um dasjenige der Eizelle handeln dürfte. Man hat zwar auch von dem völligen Schwinden dieser beiden und der Neubildung von Centro- somen im Ooplasma bei der Befruchtung verschiedener Thiere ge- sprochen, wovon bei anderer Gelegenheit (p. 059) die Rede war. Eine Neubildung von Centrosomen würde nach Morgans (1896 u. 1899), sowie besonders nach Wilsons (1901) neuen Beobachtungen thatsäch- lich bei der unter dem Einfluss äusserer Agentien erfolgenden Ent- wicklung unbefruchteter Eier stattfinden, und zwei davon würden zur Bildung der Spindelpole bestehen bleiben (vgl. oben p. 541). Nach der von Wilson gegebenen Darstellung- ist man kaum be- rechtigt, an dieser Thatsache zu zweifeln, obwohl für Denjenigen, der die Centrosomen als ständige Zellorgane ansieht, die Vermuthung immer noch nahe liegt, das Oocentrosoma könne doch vielleicht eine wiederholte Thei- lung erfahren und dadurch zur Bildung der mehrfachen Strahlungen und in ihnen liegenden Centrosomen Veranlassung gegeben haben*). Diese Vermuthung könnte möglicher Weise in einer ganz neuerdings mitgetheilten Angabe von Petrunkewitsch (1902) eine Stütze finden, wonach bei den parthenogenetischen Eiern von Artemia ein Centrosoma sich vom Keimbläschen, also vor der Richtungskörperbildung, loslöst und bis in die Mitte des Eikörpers rückt, wohin ihm später (nach geschehener Eeifungstheilung) der Eikern folgt, um hier beim Uebergang in die Furchungsspindel seine Centrosomen zu erhalten. Diese sollen also im vorliegenden Fall bestimmt vom Oocentrosoma herrühren. Nur sieht man dabei nicht recht ein, wesshalb die frühe Lostrennung vom Kern der Ooeyte erfolgt und muss eine weitere Aufklärung hierüber von der aus- führlichen Arbeit erwarten. *) Die gleiche Vermutliung finden wir in der soeben erschienenen Mittheilung von Meves über die Natur der Centrosomen (1902) geäussert. Gegenüber den von Morgan und Wilson gemachten Angaben über das Auftreten zahlreicher Centro- somen in den mit Salzlösungen behandelten Eiern wird die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit betont, dass „durch den Reiz der Salzlösung eine Vermehrung bezw. Zerlegung der beiden Centriolen, welche die Eizelle von der letzten Theilung oder der Vermehrungsperiode übernommen hat, zu Stande kommt, und dass die zahlreichen, auf diese Weise entstandenen Centriolen sich im Cytoplasma vertheilen und sich mit Centrosomen und Strahlungen umgeben". 666 Zweiter Abschnitt. Abgesehen davon, ob unter dem Einfluss äusserer Agentien eine Neubildung oder nur die Theilung bereits vorhandener Centrosomen stattfindet, ist der Effect der Einwirkung jener Agentien auf das Ei ein mit demjenigen der Befruchtung sehr übereinstimmender, d. h. also : das Spermatozoon übt einen ähnlichen Einfluss auf das Ei aus, wie er durch die betreffenden äusseren Agentien herbeigeführt wird. Die Vermuthung, dass sich die Vorgänge auch im Einzelnen entsprechen möchten und wenn bei der Agentieneinwirkung eine Neubildung von Centrosomen stattfindet, dies auch bei der normalen Befruchtung der Fall sein möchte, liegt desshalb nahe; doch haben wir in so fern keine Veranlassung, Letzteres anzunehmen, als sich bei der Spermato- genese das Centrosoma bis in das Mittelstück verfolgen lässt und bei der Befruchtung im Ei an derselben Stelle wieder auftaucht. (Fig. 299-318 p. 498 ff., sowie Fig. 365 u. 367 p. 639 ff.). Nichts desto weniger ist unsere Auffassung des Befruchtungsvorgangs durch die experimentellen Untersuchungen sehr stark beeinflusst worden, wie sich schon aus dem Vorhergehenden ergibt, und wir erkannten aus ihnen, dass die Entwicklung des Eis auch bei einem von dem ge- wöhnlichen Verlauf der Befruchtung recht abweichenden Verhalten der Geschlechtszellen bezw. ihrer Kerne, Centrosomen etc. erfolgen kann. Die nachfolgende Tabelle soll einen Ueberblick über die Ent- wicklungsmöglichkeit des Eis hinsichtlich der im Ei enthaltenen Kerne und Centrosomen geben: 1) Ei mit Eikern und Spermakern -+- Spermacentrosoma (Normale Befruchtung p. 651), 2) Ei mit Eikern und Spermakern + Oocentrosoma (? Befruchtung bei Myzostoma p. 657), 3) Ei mit Eikern (ohne Spermakern) + Oocentrosoma (Natürliche Parthenogenese p. 619), 4) Ei mit Eikern (ohne Spermakern) + (neuen Oo-)Centrosomen (Experimentelle Parthenogenese p. 665), 5) Ei mit Eikern (ohne Spermakern) + Spermacentrosoma (Versuche von Boveri p. 661), 6) Ei (ohne Eikern) mit Spermakern -+- Spermacentrosoma(M e r o g o n i e. Versuche von Boveri etc. p. 662), 7) Ei (ohne Eikern) mit Spermakern + Oocentrosomen (ein Versuch, der unseres Wissens noch nicht angestellt wurde, jedoch bei einer zufälligen Abtrennung des Spermacentrosomas vom Spermakern unter Annahme einer Vertheilung der Oocentro- somen oder einer Neubildung von Centrosomen im Ooplasma denkbar ist und ausführbar sein dürfte). Zu dieser Liste ist noch zu bemerken, dass nach dem jetzigen Stand der Kenntnisse vom Verhalten der Centrosomen im Ei viel- leicht doch auch der Fall des Persistirens vom Spermacentrosoma und Oocentrosoma von vornherein nicht als so ganz unwahrscheinlich anzu- sehen ist, und falls er wirklich vorkäme, wenn auch nicht gerade in der Form von Foi/s Centrenquadrille, so würde an die Spitze der Liste zu stellen sein : Ei mit Eikern und Spermakern + Oo- und Spermacentrosoma (p. 654). Eine andere Frage ist es, ob dieser Fall sich mit unseren Vor- stellungen von der Mechanik der Zelltheilung vereinigen lässt. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 667 4. Die Vereinigung der der Geschlechtskerne und das Verhalten chromatischen Substanz. A. Die Bahn der Gesehlechtskerne bis zu ihrer Vereinigung-. Beziehungen zum Eikörper. Den Untersuchungen der letzten Jahre folgend sind wir genöthigt. der achromatischen Substanz eine grössere Bedeutung für den Be- fruchtungsprocess zuzuschreiben, als man dies bis dahin annahm; wir sahen die achromatische Substanz der Hauptsache nach nur von einer der beiden Geschlechtszellen (dem Spermatozoon) ausgehen und sie einen grossen Einfluss auf den Eikörper gewinnen. Die beiden Geschlechtskerne mussten wir dabei zunächst ausser Acht lassen und erwähnten bezüglich ihrer nur kurz, dass sie sich zur Bildung der Furchungsspindel an einander legten. Es ist von Interesse, auf welchem Weg und durch welche Mittel die Annäherung der Kerne zu Stande kommt, wobei freilich sogleich vorausgeschickt werden muss. dass sich in dieser Beziehung bisher noch wenig genaue Regeln aufstellen Messen ; der Grund hier- für liegt darin, dass bezüglich des "Weges der beiden Vorkerne starke Variationen bestehen, und dass ausserdem noch verhältnissmässig wenige wirklich verlässliche und möglichst lückenlose Beobachtun- gen vom Eindringen des Spermato- zoons bis zur Vereinigung des Spermakerns mit dem Eikern, sowie über das Verhalten des letzteren bis dahin vorhanden sind. Für den Weg, welchen der Spermakern im Ei einschlägt, ist der Punkt von Bedeutung, an dem das Spermatozoon eindrang. Dieser Punkt ist zwar bei manchen thierischen Eiern ein bestimmter, wie wir (p. 630) sahen, variirt jedoch bei anderen beträchtlich, woraus sich von selbst eine Verschiedenheit "in der Bahn des Spermakerus er- gibt. Weiterhin kommt in Betracht, ob der Eikern an der Stelle seiner Entstehung, d. h. am Eirand, unter den Richtungskörpern zunächst liegen bleibt, wie dies bei gewissen Eiern (z. B. bei denen der Gast ropo den, Fig. 379 u. 390 p. 680) beobachtet wurde, oder ob er sich schon sehr bald in die Tiefe begibt. Fernerhin spielt die Zeit des Eindringens eine Rolle, da der Spermakern im Fall des früheren Eindringens gewissermaassen eine Fig. 379. Animaler Pol des Eis von Pleurophyllidia californica mit dem Ei- und Spermakern, darüber der zweite Richtungskörper mit ruhendem Kern und der erste Richtungskörper, dessen Kern sich in mitotischer Theilung befindet (nach Mac Fahl and). — -V— pen cop Ruheperiode durchmachen muss, bis die Richtungskörper abgetrennt sind und der Eikern ausgebildet ist; der Korsehelt-Heider . Lehrbuch. Allgemeiner Theil. II. Lief. 1. u. 2. Aufl Fig. 380. Schnitt durch ein Ei von Rana fusca parallel zur ersten Furchungsebene nach Roüx. jx ii -'; COp Pigmentstrasse des Samenkörpers (Penetrations- und Copu- lationsbahn). Der untere und obere weisse Dotter erscheint hell, der braune Dotter dunkel. 43 668 Zweiter Abschnitt. Spermakern rückt zwar (Fig. 324, 334, 364, 370, seiner Stellung, bis er in Momente, wie die Form in diesem Falle bereits eine Strecke vor 374, 391), verharrt dann aber so lange in Action treten kann. Durch diese und andere und Grösse des Eis , sowie besonders auch die Menge und Vertheilung des Dotters im Ei, wird die von den beiden Kernen einzuschlagende Bahn mit bestimmt. In einigen Fällen hat man versucht, den Weg beider Kerne und be- sonders denjenigen des Spermakerns möglichst genau festzustellen. Be- kannt sind in dieser Beziehung vor Allem die werthvollen Beobachtungen Fig. 381. Schematische Darstellung der Bahnen der Geschlechtskerne in vier verschiedenen Eiern von Toxopneustes (nach Wilson und Mathews). Die ursprüngliche Lage des Eikerns ist durch einen Kreis mit Kernnetz (2) an- gegeben, e Eintrittsstelle des Spermatozoons (Empfängnisshügel), m Vereinigungspunkt der beiden Geschlechtskerne ; der Eikern ist punktirt ; c erster Furchungskern in de- finitiver Lage (schraffirt); die ihn durchquerende Linie zeigt die Lage der Furchungsspindel an. Die gebogenen Pfeile geben die Richtung der Wanderung beider Geschlechtskerne an; die verschiedenen Lagen des Eikerns bei dieser Wanderung sind durch punktirte Kreislinien angedeutet. Der gerade Pfeil zeigt die Furchungsaxe; die Spitze des Pfeils ist dem Micromerenpol entgegengesetzt; die punktirte Linie /' entspricht der ersten Furchungsebene (in .B vertical stehend und daher mit dem geraden Pfeil zusammenfallend). von Roux am Froschei, der eine Penetrationsbahn von einer Copulationsbahn unterscheidet und gewisse Beziehungen derselben zur Orientirung des Embryos findet. Die Pen e trat ions bahn führt den Spermakern (bezw. Spermatozoenkopf ) in einer meist geraden Rich- tung, welche annähernd, rechtwinklig zur Tangente der Eintrittsstelle VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 669 steht, tief in das Ei hinein; es ist dies nach Roux eine „reine Pene- trationsbewegung" in das Ooplasma , da sich noch keine directe Be- ziehung zum Eikern erkennen lässt (Fig. 380). Ist diese erste Strecke durchlaufen, so wird unter ziemlich schroffer Umbiegung eine zweite Yerlaufsrichtung eingeschlagen, welche den Spermakern geradenwegs zum Eikern hinführt, die Copulationsbah n. Der Weg des in das Ei- innere hinabsteigenden Eikerns ist kürzer und weniger characteristisch. An einem ganz andersartigen Object. dem Seeigelei, welches Wilson u. Mathews daraufhin sehr eingehend studirten, Hess sich ebenfalls eine gewisse Differenz der Eintrittsbahn von der Copulationsbahn fest- stellen, wenn dies auch nicht so auffällig wie bei dem von Roux unter- suchten Object hervortritt. Der vom Spermakern eingeschlagene Weg zeigt auch hier zunächst keine Beziehung zur Lage des Ei- kerns, sondern ist ein fast radialer; erst später erfolgt eine Wendung in der Richtung des Punktes, an welchem die Vereinigung der Kerne stattfinden soll (Fig. 381). Auf die früher besprochene Rotation des Spermatozoenkopfes im Ooplasma, mit welcher man die Knickung der Bahn, zumal bei den mit sehr langem Kopf versehenen Spermato- zoen, möglicher Weise in Beziehung setzen könnte, kann sie in diesem Fall keineswegs zurückgeführt werden, da diese Drehung bereits weit früher erfolgt, Der Eikern setzt sich erst in Bewegung, wenn der Spermakern die Copulationsbahn ein- ABC schlägt; in leicht ge- bogener Bahn, unter Ausführung amöboider geringer änderungen wenig seitlich bis ungefähr in Fig. Formver- begibt er sich zu dem Be- gegnungspunkt beider Kerne (Fig. 381). Die vereinigten Kerne rücken dann noch ein weiter den Mittelpunkt des Eis. Gerade Wilson's Beobachtungen am Seeigelei zeigen übri- gens, wie variabel diese Verhältnisse nicht nur im Allgemeinen, son- dern auch am selben Object sind, indem entsprechend dem wechselnden Eintrittspunkt des Spermatozoons die Penetrations- und Copulations- bahn von verschiedener Länge und auch der vom Eikern zurück- gelegte Weg bezw. derjenige der vereinigten Kerne ein recht ver- schiedenartiger ist. Es geht dies am besten aus den schematischen Abbildungen (Fig. 381 A — D) hervor, welche Wilson u. Mathews auf Grund ihrer Untersuchung einer grösseren Anzahl Eier entwarfen. Recht variabel erscheint der Weg und der Ort des Zusammen- treffens der Geschlechtskerne, ebenfalls nach Ziegler's speciell darauf berichteten Untersuchungen an Nematodeneiern, und zwar kann dies auch dann der Fall sein, wenn das Spermatozoon an einer bestimmten Stelle 43* 382. Eier von Pleurophyllidia cali- fornica im Stadium der zweiten Richtungsspindel, um die verschiedene Lagerung des Spermakerns (sp) und seiner Centrosomen bezw. Sphären zu zeigen (nach Mac Farlano). (jyO Zweiter Abschnitt. eintritt, obwohl andererseits auch wieder eine gewisse Regelmässigkeit wahrzunehmen ist und die Vereinigung in einer bestimmten Gegend des Eis stattfindet. Gerade bei Nematodeneiern wird auch beobachtet, dass die Kerne ohne weitere Umwege auf einander zukommen, um sich zu vereinigen (Bütschli [1875 u. 1876], Ziegler [1895], v. Erlanger [1897]). In regelmässiger Weise wird der Spermakern jedenfalls dann seinen Weg verfolgen, wenn er den Eikern direct an der Stelle der Richtungskörperbildung aufsucht, nachdem er am entgegengesetzten Eipol eingetreten ist (Fig. 360 p. 633 und Fig. 382 Ä), wie dies verschiedentlich, z. B. bei Pleurophyllidia, beobachtet wurde (Mac. Farland). Uebrigens ist auch in diesem Fall weder die Ein- trittsstelle noch der Weg des Spermakerns constant, wie ein Blick auf einige der zur Beobachtung gelangten Fälle beweist (Fig. 382 A — F). Die beiden Geschlechtskerne treten erst, nachdem sie sich an einander gelagert haben (Fig. 379 u. 390), wieder zurück, soweit dies bei den betr. Eiern überhaupt in Betracht kommt. Aehnliche Variationen bezüglich der Penetrations- und Copulationsbahn des Spermakerns kommen auch bei vielen anderen Objecten vor; im Ganzen sind die vor- handenen Beobachtungen, wie gesagt, nicht ausreichend, um eine etwaige Gesetzmässigkeit im Verlauf der Bahnen beider Kerne zu erkennen. Von grossem Interesse, aber schwer zu beantworten ist die Frage, auf welche Weise die Bewegung der Kerne zu Stande kommt. Es könnten active Bewegungen der Kerne sein, etwa amöboider Natur, wie man sie, wenn auch verhältnissmässig selten, an ihnen bemerkt; aber dann fehlt doch wieder die richtende Kraft, welche sie zu ihrer Vereinigungsstelle leitet. Diese könnte darin gefunden werden, dass beide Kerne eine gewisse Anziehung, vielleicht chemotactischer Natur, auf einander ausüben. Eine solche lässt sich schwer beweisen, könnte aber aus solchen Fällen entnommen werden, in denen das Spermatozoon vor oder während der Richtungskörperbildung in das Ei eintritt und sich zunächst eine Strecke weit bewegt, worauf der Spermakern jedoch in Ruhe verharrt, weil der Eikern noch nicht vorhanden und also auch nicht in der Lage ist, anziehend auf den Spermakern einzuwirken. Die Anziehung müsste eine gegenseitige sein, denn es wird ausdrücklich angegeben, wie in einigen Fällen der Spermakern auf den Eikern zu rückt und in anderen der letztere gegen den ersten hin sich bewegt (Ziegler [1895], v. Erlanger [1897]). Ebenfalls auf eine gegenseitige Anziehung führt Lillie (1901) in seiner eingehenden Untersuchung über die Organisation des Eis von Unio die Bewegung der Geschlechtskerne zurück, doch macht er ausser diesem noch einen anderen Factor dafür verantwortlich, nämlich gewisse Be- ziehungen dynamischer Natur zwischen den Kernen und dem Ooplasma. In Betreff der von den Kernen ausgehenden Anziehung erscheint uns eine von Roux *) (1887) mitgetheilte Beobachtung nicht ohne Bedeutung, wenn sie auch zunächst etwas Anderes besagt. Es handelt sich darum, dass im Froschei die Pigmentstrasse des Spermakerns diesem etwas voran- eilt, und zwar dann, wenn die beiden Geschlechtskerne einander schon sehr nahe gekommen sind, so dass Roux bei dieser Erscheinung an „eine gleichsam anziehende Wirkung des Eikerns auf die Pigmentsubstanz" denkt. Für die gegenseitige Anziehung der beiden Kerne spricht die des Oefteren zu beobachtende rasche Annäherung in möglichst gerader Linie, wie sie z. B. bei manchen Nematodeneiern vorkommt (Ziegler); auf- *) p. 378 Ges. Abk. II. Bd. 1895 (1887). VI. Capitel. Eireifung, Samenreifang und Befruchtung. 671 fallend ist dabei, dass bei ganz ähnlichen Objecten diese Anziehung offenbar nicht besteht, indem nach Ziegler's Beobachtung im Ei von Diplogaster die beiden Kerne zunächst nahe an einander zu liegen kommen, ohne sich jedoch zu vereinigen, sondern dies erst an einer anderen, anscheinend bestimmten Stelle des Eis thnn. Diesem Ver- halten nicht unähnlich sieht man bei einem ganz andersartigen Object, dem Ei des Axolotls, wie sich die Bahn des Spermakerns zunächst vom Eikern entschieden wegwendet (Fig. 383) und erst in späteren Stadien beide Kerne gegen einander gerichtet werden. Eine An- ziehung zwischen beiden Kernen kann also in diesen Fällen anfangs nicht vorhanden sein . obwohl der Eikern schon ausgebildet ist, sondern sie macht sich erst späterhin geltend. Die von den Kernen auf einander ausgeübte Anziehung kann nur durch Vermittlung des Ooplasmas geschehen, und wenn man diesem, wie natur- gemäss, einem Einthiss auf die Bewegung der Kerne zu- schreibt, so kommen mecha- nische Momente verschiedener Art in Betracht. Das ein- fachste derselben . welches zweifellos in einigen, aber doch wohl nur seltenen Fällen eine Bolle spielt und für die Erklä- rung derBewegungserschein un- gen der Kerne wohl kaum eine allgemeine Bedeutung bean- spruchen darf, beruht auf Strö- mungen des Ooplasmas, die man entweder als vorhanden voraussetzt, oder die man in einigen Fällen (wie bei den Nematodeneiern) wirklich be- obachten konnte (Conklin [1894], Ziegler [1895], v. Erlan- ger [1897]). Diese Strömungen sollen die beiden Geschlechts- kerne zu einander oder, wenn sind . an ihren sie vereinigt Fig. 383. Zwei Schnitte durch Eier von Amblystoma mexicanum mit der Pigment- strasse des Spermakerns ((J) und dem Eikern (2), beide Kerne in verschiedener Lagerung (nach R. Fick). definitiven Platz führen. Eine wichtigere Rolle bei der Erklärung der Bewegungserscheinungen der Geschlechtskerne haben jene bekannten Structurveränderungen des Ooplasmas gespielt, welche wir als Strahlensysteme von den Centrosomen des Sperinakerns ausgehen sehen, und von welchen man annehmen möchte, dass sie der Ausdruck eines nicht nur auf das Ooplasma selbst, sondern durch dessen Vermittlung auch auf die Kerne ausgeübten Reizes sind , welcher möglicher Weise ihre Be- wegung veranlasst oder doch mit zu derselben hei trägt. Für diese Annahme sprechen diejenigen Beobachtungen, nach welchen die Be- f,7-2 Zweiter Abschnitt. wegung der Kerne erst dann erfolgt, wenn die Strahlungen aufge- treten sind oder eine bestimmte Grösse erlangt haben (0. Hertwig). Zum Theil würde es sich dabei vielleicht um eine directe oder in- directe mechanische Beeinflussung der Kerne, d. h. um eine Zug- und Druckwirkung der plasmatischen Strahlen handeln, wie man sie in ähnlicher Weise bei den mitotischen Vorgängen angenommen hat. Gegen eine solche Verwerthung der Strahlungserscheinungen scheint dann wieder die Thatsache zu sprechen, dass die Bewegung der Kerne auch ohne das Vorhandensein einer Strahlung erfolgen kann, wie dies in manchen Fällen beobachtet wird (Gardiner [1898]), oder dass sie im Fall von polyspermer Befruchtung, bei welcher mehrere Spermakerne gegen den Eitern hin sich bewegen, sofort, wenn einer der Spermakerne mit dem Eikern verschmilzt, bei den anderen ver- zögert oder eingestellt wird (E. B. Wilson). Man ist geneigt, aus diesen und einer Reihe anderer Beobachtungen den Schluss zu ziehen, dass für die Bewegungen der Geschlechtskerne verschiedene Momente in Betracht kommen, Eigenbewegungen der Kerne sowohl wie eine zwischen ihnen wirkende Anziehung, Strömungen im Ooplasma und die in dessen strahliger Structurveränderung sich ausdrückende Ein- wirkung. Diese verschiedenenen Momente bezw. einige derselben können unter Umständen in ein und demselben Ei zusammen wirken, oder aber es überwiegt je nach der Structur des betr. Eis nur das eine oder andere derselben. Es wurde bereits oben erwähnt, dass die Bewegungen der Kerne unter Umständen mit ihrer Vereinigung noch nicht abgeschlossen sind, sondern dass sie bezw. der Furchungskern sich noch eine grössere oder kleinere Strecke weiter bewegen können, um die definitive Lage einzunehmen, so beim Seeigelei nach Wilson u. Mathews (1895) und bei Ciona nach Castle (1896). Fand die Kernvereinigung an der Eiperipherie statt, so liegt die Erklärung sehr nahe, dass der Furchungs- kern sich in die Tiefe, d. h. an eine Stelle des Eis begibt, wo er sich von den für die Theilung in Frage kommenden Punkten des Eis in möglichst gleich weiter Entfernung befindet, und wo ihm und der mit ihm verbundenen achromatischen Substanz die Beherrschung des Theilungsvorgangs am leichtesten möglich ist. Weit weniger tritt dies hervor, wenn die Vereinigung im Eiinnern stattfand, aber auch in diesem Fall führt der Furchungskern häufig noch eine Bewegung nach bestimmter Richtung aus (Fig. 381). Er nimmt auch hier eine Lage an, welche in directer Beziehung zu der nunmehr bald er- folgenden Furchung des Eis steht. Man hat hierauf grossen Werth gelegt und sich dahin ausgesprochen, dass der Furchungskern nicht nur die Richtung der Theilung, sondern überhaupt die Polarität des Eis bestimmt oder doch bestimmen kann, welcher Satz sich wohl besser so formuliren lässt, dass der Kern diejenige Lage einnimmt, welche ihm durch die Structur des Ooplasmas gestattet wird und ihm erlaubt, auf die verschiedenen Gegenden des Eis am besten ein- zuwirken. Es kommt hierbei vor Allem auch die den Spermakern begleitende Strahlung in Betracht, doch ist sie jedenfalls von der Structur des Ooplasmas abhängig. Auf diese ist somit ein besonderes Gewicht zu legen, wie schon früher (p. 206) betont wurde; gleich- zeitig wurde darauf hingewiesen, dass in einigen anderen Fällen das ursächliche Moment für die Entstehung der genannten Structuren im Befruchtungsact selbst gegeben sein kann. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 673 Indem wir die Frage, ob und in wie weit die „Polarität" des Eis durch den Kern bestimmt werden kann, an dieser Stelle nicht weiter be- rühren, möchten wir nur noch einiger werthvollen Untersuchungen ge- denken, welche über die Beziehungen der Kerne im Ei zu dessen weiterer Differenzirung, d.h. besonders zu den Furchungsebenen, angestellt worden sind. So zeigte Ziegler an Nematodeneiern, dass „die Lage der sich ver- einigenden Kerne darüber entscheidet, an welcher Seite die grössere Zelle (animale Zelle) des zweizeiligen Stadiums und das Kopfende des ent- stehenden Embryos auftritt". Die definitive Polarität wird nach Ziegler's Auffassung durch den Ort bestimmt, an welchem die beiden Geschlechts- kerne zusammentreffen. In ganz ähnlicher Weise könnte dies auch nach B ■ W \ / / DE F G I \ / Fig. 383*. A Oocyte von Strongylocentrotus lividus mit Keimbläschen, Gallerthülle und Gallertcanal , B Richtungskörperbildung; in beiden ist das Pigment noch vertheilt; C Ei mit Eikern und Pigmentrirjg, D Furchungskern mit den Strah- lungen, E erste Theilung des Eis, F 56 zelliges Furchungsstadium , G Blastula mit Mesenchymbildung; auch in den beiden letzteren Figuren ist der Pigmentring noch sichtbar (nach Boveri). AYilson's Beobachtung am Echinidenei bis zu einem gewissen Grade der Fall sein, indem hier die Eiaxe und die Lage der ersten Furchungsebene durch den Furchungskern angegeben wird, der übrigens weder der Ver- einiguugsstelle beider Kerne noch dem Centrum des Eis völlig entspricht, sondern etwas excentrisch gelagert ist (Fig. 381). Die Axe des Eis, welche durch die Lage des Furehungskerns bestimmt wird und für den Verlauf der Furchung maassgebend ist, entspricht nach Wilson nicht der ursprünglichen, durch die Stelle der Richtungskörperbildung geführte Axe, sondern bildet mit dieser einen Winkel (Fig. 381). Wie wir bereits oben (p. 203) erwähnten, ist Driesch auf Grund gewisser Versuche über Bruch- stücksfurchung zu der (auch schon von Wilson als möglich erwogenen) Anschauung gelangt, dass bei den Echiniden die Lage des ersten (374 Zweiter Abschnitt. Furchungskernes durch präformirte Eistructuren bestimmt werde, , und er neigt sicli in dem von Ziegler beschriebenen Falle zur gleichen Auffassung. Die, wie gesagt, auch von Wilson ausgesprochene und von Driesch vertretene Auffassung, dass die Polarität des Eis von Anfang an gegeben und die Stellung des Furchungskerns durch sie bestimmt sei, wird durch Boveri's Untersuchungen am Ei von S tr on gy 1 o c en t r o tu s lividus für dieses Object zur Gewissheit erhoben. Dieses Ei gewährt, wie schon früher (p. 260 u. 202) erwähnt wurde, in zweierlei Hinsicht bereits äusserlich die Möglichkeit einer Axenbestimmung, nämlich durch die nach der Reifung auftretende Anordnung des Pigments in Form eines dem Aregativen Pol genäherten Ringes (Fig. 383 * C) und sodann durch das Vorhandensein eines Canals in der Gallerthülle (Fig. 383 * A — G). Dieser letztere bezeichnet genau den animalen Pol ; an ihm erfolgt die Ab- schnürung der Richtungskörper (Fig. 383 * B), und hier schneidet später die erste Theilungsebene ein (E). Auch an der noch im Ovarium be- findlichen Oocyte ist die Polarität schon festzustellen, indem die Gegend des Canals der an der Eierstockswand befestigten Parthie der Oocyte entspricht, während der entgegen gesetzte (vegetative) Pol frei in das Lumen vorragt. Wahrscheinlich geht diese Structur noch weiter, d. h. bis auf die Oogonien, zurück (Boveri). Der in der Richtung der Axe, welche die beiden Eipole verbindet, etwas abgeplattete und wenig gegen den animalen Pol verschobene Furchungskern stellt sich so ein, dass die beiden Centren und die Spindel- axe in einer zur Eiaxe senkrechten und mit dem Pigmentring parallelen Ebene (Boveri's karyokinetischer Ebene des Eis) liegen (Fig. 383 * D, E). Der Pigmentring bleibt noch länger erhalten und erlaubt es, die Polarität des Eis auf die Furchungsstadien, die Blastula, ja die Stadien der Mesenchym- bildung und Gastrulation zu beziehen (Fig. 383* E—G). In diesem Fall spielt also zweifellos die Eistructur die Hauptrolle, und wir wiesen früher (p. 196 ff.) bereits auf manche andere Fälle hin, in denen es sich ebenso verhält. An dieser Stelle erwähnenswerth ist auch ein kürzlich von Lillie (1901) beschriebenes Verhalten der „Sphärensubstanz" des Spermakerns im Ei von Unio, welche sich rechtwinklig zu der die beiden Gescblechts- kerne verbindenden Linie in einer der Aequatorialebene entsj:)reclienden Schicht ausbreitet. In diese Ebene stellt sich später die erste Furchungs- spindel ein. Die erste Furchungsebene geht durch den Punkt, an welchem der Spermakern ein längeres Ruhestadium durchzumachen hatte , so dass also auch hier dessen Lage bestimmte Beziehungen zu der Tbeilungsebene aufweist. Auch Castle (1896) bringt den Spermakern zur Polarität des Eis in Beziehung, und zwar ist es hier die Eintrittsstelle des Spermato- zoons, die von Wichtigkeit ist; sie ist durch eine Verstärkung der proto- plasmatischen Parthie an der ventralen Hälfte gekennzeichnet und dürfte das Hinterende des Embryos bestimmen. Aehnliche Beziehungen, wie wir sie schon weiter oben kennen lernten, fand Rückert am Ei von Cyclops, doch misst er der Stellung des hier sehr umfangreichen Spermakerns besondere Bedeutung bei und lässt den kleineren Eikern sich der Lage des männlichen Kerns anpassen (Fig. 385 p. 676); nach seiner Meinung bestimmt die Stellung der Centrosomen des Spermakerns scbon von vorn herein die Richtung der ersten Furchungs- theilung. Endlich müssen die schon erwähnten, werthvollen und für viele dieser Untersuchungen leitend gewesenen Beobachtungen vonRoux am Frosch- ei auch in diesem Zusammenhang besonders hervorgehoben werden. Roux VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 075 vermochte bestimmte Beziehungen des Weges der Vorkerne zu der Theilungs- ebene nachzuweisen. Wie wir hörten (p. 668) unterscheidet Roux eine Penetrations- und eine Copulationsbahn des Spermakerns. Beide fallen in die gleiche Meridianebene, in welcher ungefähr auch die vom Eikern zurück- gelegte Bahn liegt. Der Furchungskern stellt sich nun so ein, dass die aus ihm hervorgehende Furchungsspindel mit ihrer Längsaxe vertical zu dieser Ebene gerichtet ist, die erste Furchungsebene also mit diesem Meridian zusammenfallt. Der Eintrittsweg des Spermakerns und dessen Copulationsbahn geben also die Theilungsrichtung des Eis und mit ihr die Medianebene des künftigen Embryos an. Wenn die Copulationsbahn nicht in dieselbe Ebene mit der Penetrationsbahn fällt, wie dies vor- kommt, so ist sie es, welche die erste Furchungsebene bestimmt. Die hier mitgetheilteu Angaben scheinen zum Theil für eine Einfluss- nahme der beiden Geschlechtskerne auf die Richtung der ersten Theilungs- ebene zu sprechen, während andererseits ihre eigene Lage durch die Ei- structur bestimmt ist und diese als das Maassgebende erscheint. Wir kommen somit zu einem ähnlichen Ergebnisss wie bei unseren früheren Ausführungen und möchten daher bezüglich dieser und ähnlicher Ver- hältnisse auf die weiter oben (p. 196 ff. u. p. 672) gegebene Darstellung verweisen. B. Das Verhalten der chromatischen Substanz bei der Befruchtung". Wiederholt war von der Vereinigung der beiden Geschlechts- kerne die Rede, ohne dass die dabei an den Kernen selbst sich ab- spielenden feineren Vorgänge bisher Berücksichtigung fanden. Hier- bei kommt vor Allem die Structur der Kerne in Betracht. Der Ei- kern hat nach der vollzogenen zweiten Reifungstheilung diejenigen * P O . ■ -y /* Nsp D B C Fig. 384. Ausbildung des Spermakerns von Ophryo.trocha puerilis (Original). A Spermakern mit Strahlung, unweit von der Eiperipherie, H u. C Auftreten der Vacuolen, D — F Ausbildung des chromatischen Netzwerks und der Nucleolen; be- deutende Grössenzunabme des Spermakerns (JB — G), in G neben dem Spermakern (sp) der Eikern {ei). 676 Zweiter Abschnitt. Veränderungen durchgemacht, welche man auch sonst bei der Rückkehr zum sog. Ruhestadium am Kern ablaufen sieht; er zeigt ein chroma- tisches Netzwerk und ist eventuell im Besitz eines oder mehrerer Nucleolen (Fig. 374, 375 p. 648 ff., Fig. 387 p. 678 und Fig. 391 p. 683). Den Spermakern sahen wir bereits aus der compacten Ckromatin- masse des Spermatozoenkopfes sich herausbilden, indem diese ge- wissermaassen aufquillt (Fig. 384 A—B). Entsprechend seiner Entstehung ist der Spermakern anfangs viel kleiner als der Ei- kern; noch während er sich gegen diesen hin bewegt, nimmt er allmälig an Grösse (Fig. 384 E—G); der Spermakern vor fang und mit dem Eikern (Fig. 375 p. 651). Bedeutung bei und Unterschied darin ein und derselben zu und erreicht schliesslich dessen öfters freilich ist Letzteres nicht dei zeichnet sich dann bis zur diesem durch eine geringere Grösse Um- Fall, Vereinigung aus Man war legte diesem Verhalten früher eine grossere geneigt, einen rk ,9 Fig. 385. Ei von Cyclops stre- nuus im Stadium der Berühruno- des Ei- kerns (?) und Spermakerns {$). letzterer mit Sphären und Strahlung (nach J. Rückert). rk Richtungskörper. völlig Folge bleibenden geschlechtlichen sehen, doch ist dies nicht richtig, da bei Species der Spermakern klein bleiben oder zur Grösse des Eikerns heranwachsen kann. So verhält es sich nach 0. Hertwig's Untersuchungen bei A s t e r i a s , wo der Spermakern die Grösse des Eikerns erlangt, wenn das Spermatozoon bereits sehr frühzeitig in das noch nicht gereifte Ei eintritt und in dessen eine längere Zeit bis zur Copulation mit dem Eikern verstreicht, während beim Eintreten des Spermatozoons in ein bereits gereiftes Ei der Spermakern noch sehr klein ist und sich in einem früheren Stadium seiner Entwick- lung befindet, wenn er sich (schon in kurzer Zeit) mit dem Eikern vereinigt. Uebrigens gibt es auch solche Fälle, in denen der Spermakern grösser und unter Umständen sogar ganz erheblich grösser ist als der Eikern, wie man dies z. B. bei C y c 1 o p s und R h a b d i t i s beobachtet hat (Fig. 385, Rückert [1895], v. Erlanger [1897]). Was die Structur des Spermakerns anbetrifft, so kann sie der- jenigen des Eikerns so ähnlich sein, dass man beide Kerne oft nicht oder höchstens durch ihre Lage zu unterscheiden vermag (Fig. 384 G) ; auch im Spermakern findet sich ein chromatisches Netzwerk mit ein oder mehreren Nucleolen (Fig. 384 E—G). Freilich kommt es hierbei sehr auf den Zeitpunkt an, auf welchem die Vereinigung mit dem Eikern erfolgt, indem kleinere und jüngere Spermakerne sich durch ihr dichteres Chromatingerüst von dem Eikern scharf unterscheiden können (Fig. 375 p. 651). Zuweilen scheint in der Art dieses Aufquellens des Spermakerns schon die Zahl seiner Chromo- somen zum Ausdruck zu kommen (Fig. 370), indem die entsprechende Zahl bläschenförmiger Bezirke sich in ihm zu erkennen gibt (Unio nach Lillie [1901]). Der Spermakern nimmt dadurch eine ganz ähn- liche Beschaffenheit an, wie wir sie bereits vom Eikern kennen VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 677 lernten, hei welchem sich durch Bestehenbleiben der Chromosomen- bezirke ebenfalls eine Anzahl von Bläschen herausbildet (Fig. 3:35 p. 566). Solche gelappte oder aus Bläschen bestehende Spermakerne kennt man von verschiedenen Formen (so von Physa nach v. Kostanecki und Wierzejski [1896], Prostheceraeus nach v. Klinckowström [1897], Thysanozoon nach van der Stricht [1898], L umbr icus nach Foot und Strobell [1900]), und neuerdings wurden sie von Halkin (1901) und Goldschmidt (1902) in besonders characteristischen Formen bei P oly- stoma nachgewiesen (Fig. 386). Dort sieht man den Spermakern ganz ähnlich wie den Eikern sich in einen ruhenden Kern mit cbromatischem Gerüst verwandeln (Fig. 386 A), an dem aber wohl gleichzeitig eine Sonde- 9 V / ! «..4, • « sp Fig. 386. Eikern (ei) und Spermakern (sp) im Ei von Polystoma integerri- mum (nach Halkin und Goldschmidt). rung in die, wie man glaubt, den einzelnen Chromosomen entsprechenden bläschenförmigen Parthien eintritt (Fig. 386 .B); die Kerne gewinnen hier- durch und durch das starke Hervortreten der Nucleolen eine Beschaffen- heit (Fig. 386 C u. D), welche man geneigt wäre für anormal zu halten, wenn nicht ganz ähnliche Vorstadien der Karyokinese auch bei der Eeifungs- theilung und später bei der Furchung wieder aufträten. Auf eine andere und schon weiter fortgeschrittene Ausbildungs- stufe, welche die beiden Geschlechtskerne hinsichtlich ihrer Chromatin- structur und speciell bezgl. der Ausbildung der Chromosomen bereits vor der Vereinigung zeigen können, werden wir sogleich noch einzu- gehen haben. Wenn im Vorhergehenden von der Vereinigung der beiden Geschlechts- kerne gesprochen wurde, so war damit zunächst nur das Aneinander- D). so dass nach dem Schwinden der Kernmembranen zwei Knäuel in einer gemein- samen Kernvacuole des Ooplasmas liegen (Fig. 389 JD). Später erfolgt dann offenbar noch eine weiter gehende Vereinigung (Fig. 389, E, F), denn es ist jetzt nur noch ein einziger Knäuel vorhanden (Selachier nach Rückert). Hier schliesst sich dann das Verhalten derjenigen Kerne an, welche schon vor oder doch während der Vereinigung die Chromo- somen zur Ausbildung bringen, wie wir dies als Ausnahme bereits von einer Form kennen lernten (Echinus, Fig. 388^4 u. B), bei welcher es für gewöhnlich zur Bildung eines „ruhenden Furchungs- kernes" kommt. Die Umgestaltung des chromatischen Gerüsts in die Chromosomen erfolgt in dem noch unveränderten, von der Membran umschlosseneu Kern (Fig. 390 A u. C, Fig. 391 E—H). Später schwindet die Kernmembran, und die Chromosomen treten in die Aequatorialplatte der ersten Furchungsspindel ein (Fig. 390 B). Die Modalitäten, unter denen dies bei den einzelnen Formen geschieht, sind ziemlich verschieden; unter Umständen bleibt der Antheil beider Kerne noch eine Zeit lang (Fig. 390 B) oder sogar recht lange getrennt (Fig. 392—395), während in anderen Fällen schon bald eine Vermengung der Chromosomen des männlichen und weiblichen Kerns eintritt, bezw. ein Unterschied zwischen beiden nicht mehr fest- zustellen ist. In der hier angedeuteten Weise ist der Befruchtungsact bei einer ganzen Anzahl von Thieren beobachtet worden, von denen wir folgende nennen, um die grosse Verbreitung des Vorgangs hervor- zuheben und den Vergleich mit jenen Formen zu ziehen, bei denen ein sog. ruhender Furchungskern gebildet wird (p. 679): Mitrocoma, Aequorea (V 0. Hertwig [1875— 1878], Hacker [1892]), P rosthece - raeus Eustylochus, P 1 a n o c e r a ( v. Klinckowström [1 897 ] , van Name [1899]), Ascaris, Sagitta (E. van Beneden [1883], Boveri [1887-1890], Carnoy [1886] u. A.), 0 phr y o t r o ch a , C h ae t opt e r u s , Myzostoma(KoRscHELT [1895], Mead [1897], Wheeler [1895 u. 1897]), Cyclops, Br an chip us (Rückert [1895] , Hacker [1895], Brauer [1892]), Crepidula, Helix, Limax. Arion, Carinaria, Cymbulia, Doris, Bulla, Aplysia, Pleurophy 1 1 i dia, Dreissensia. Unio und andere Mollusken (Conklin [1894 u. 1901], Garnault [1888 u. 1889], Mark [1881], Linville [1900], Platner [1886], Crampton [1897], Bochenek [1899] 0. Hertwig [1875—1878], Boveri [1890], Mac Farland [1897], Meisenheimer [1900], Lillie [1898] u. A.), Ciona, Styelopsis, Phallus ia (Boveri [1890), Julin [1893], Hill [1896], Golski [1899]), Ctenolabrus, Mus (Agassiz und Whitman [1889], Sobottä [1895]). Ein Vergleich der vorstehend aufgeführten Thierformen mit den früher genannten ergibt, dass der sog. ruhende Furchungskern und K) Boveri (1890) p. 54. (582 Zweiter Abschnitt. die ohne Bildung eines solchen direct in die Furchungsspindel über- gehenden Vorkerne sich bei ganz nahe verwandten Formen finden, und da beide Vorgänge bei ein- und derselben Thierart vorkommen können (Boveri [1890], v. Klinckowström [1897], ausserdem aber Ueber- gänge zwischen den beiden Modi der Kernvereinigung bekannt ge- worden sind, so wird man diesen Differenzen in der Bildungsweise der Furchungsspindel keine grosse Bedeutung zuschreiben dürfen, und dies um so weniger, als auch in Fällen wirklicher Verschmelzung beider Kerne dennoch ein Getrenntbleiben der chromatischen Substanz derselben festgestellt werden konnte (Boveri, Fig. 392), worauf weiter unten noch zurück zu kommen sein wird. Wenn Boveri (aus später noch zu erörternden Gründen) mit Recht der engeren oder weniger engen Vereinigung der Kerne, sowie der früheren oder späteren Ausbildung der Chromosomen in ihnen kein grosses Ge- wicht beilegt, so thut er dies doch bezüglich der Art, wie sich die Chromo- somen in den Kernen und speciell im Spermakern herausbilden. Es sind hier in so fern Unterschiede vorhanden, als aus dem Chromatin des Spermatozoenkopfes zunächst Chromosomen hervorgehen können (Fig. 391 A, B), die denen in der Tochterplatte der zweiten Richtungsspindel entsprechen und wie diese zunächst in ein chromatisches Gerüstwerk übergeführt werden müssen (Fig. 391 A — D) , während in anderen Fällen aus dem Chromatin des Spermatozoenkopfes direct dieser ruhende Kern entsteht (Fig. 384), der dann ebenso wie der andere die definitiven Chromosomen in sich zur Ausbildung bringt. Es ist in diesem Verhalten nach Boveri 's Auffassung ein (im letzteren Falle) reiferer und (im ersteren Falle) unreiferer Zustand der chromatischen Elemente zu sehen, welcher mit der früher oder später eintretenden Kernvereinigung in Beziehung steht und wahrscheinlicher Weise bereits bei der Bildung der Spermato- zoon, d. h. also in den späteren Stadien der Spermatogenese vorbereitet wird (1890 p. 57 ff.). Als Typen für den verschiedenartigen Verlauf des Befruchtungs- vorgangs pflegt man gewöhnlich Eckin us und Ascaris einander gegenüber zu stellen. Bei der ersteren Form verschmilzt der kleine und bezüglich seines Chromatingerüsts noch wenig ausgebildete Spermakern mit dem Eikern (Fig. 375 G— 1 p. 651); erst allmälig schwindet die Abgrenzung beider, und ein anscheinend einheitliches Chromatmgerüst erfüllt den Furchungskern. Anders bei Ascaris; hier enthalten die zu gleicher Grösse herangewachsenen Geschlechts- kerne bereits vor der Vereinigung die Chromosomen so gut wie fertig ausgebildet (Fig. 391 17), und es ist ohne Weiteres ersichtlich, dass diese Form der Befruchtung die feineren Vorgänge am Chromatin, speciell auch die Herkunft der Chromosomen besser zu beurtheilen erlaubt, wesshalb wir ihr eine etwas eingehendere Betrachtung widmen müssen. Nachdem 0. Hertwig (1875—1878) den Ursprung und die Be- deutung der beiden Geschlechtskerne im Ei kennen gelehrt hatte, gebührt vor Allem E. van Beneden (1875—1883) das grosse Verdienst, die weit gehende Gesetzmässigkeit im Verhalten des Chromatins der- selben erkannt zu haben. Betrachten wir kurz das Schicksal des weiblichen Kerns nach der Richtungskörperbildung und des männlichen Kerns nach dem Eindringen des Spermatozoons, so sehen wir, dass der letztere (bei Asc. meg. bivalens Boveri, 0. Hertwig) zwei Stäbchen- oder schleifenförmige Chromatinportionen zur Ausbildung VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 683 bringt (Fig. 391 B, ä), welche der reclucirten Chromosomenzahl in den Spermatiden entsprechen*); es ist dies also das nach Boyeri bereits weiter oben characterisirte Verhalten, bei welchem die Fig. 391. Der Befruchtungsvorgang bei Asc. megalocephala bivalens (nach Boveri). A — D Zweite Richtungsspindel, Bildung des zweiten Richtungskörpers und Aus- bildung des Spermakerns, in B einige Stadien der letzteren für sich; E — H Ei- und Spermakern im Ruhestadium und in Vorbereitung zur Spindelbildung, in H die Centro- somen und Sphären des Spermakerns; I und K Uebergang der Centrosomen des Ei- und Spermakerns in die erste Furchungsspindel und Auftreten der Längsspaltung; L und M Vollzug der ersten Furchungstheilung, Auftreten der Centrosomen und Sphären für die nächste Theilunsr. Chromatinsubstanz der männlichen Zelle sich auf einer niederen Allmälig wird dann die chromatische Sub- Ausbildungsstufe befindet *) Die Normalzahl beträgt in diesem Fall 4; vergl. den Abschnitt über die Samenreifung und Fig. 337 p. 568. Korschelt-Heider, Lehrbuch. Allgemeiner Theil. II. Lief. 1. u. 2. Aufl. 44 ßg,4 Zweiter Abschnitt. stanz in das Netzwerk eines ruhenden Kerns übergeführt (Fig. 391 C, 7)), und eine ganz ähnliche Umwandlung erfährt der (ebenfalls mit der reducirten Chromosomenzahl versehene) weibliche Kern (A—D). Da beide Kerne gleichzeitig bedeutend gewachsen sind, so liegen jetzt zwei umfangreiche „ruhende" Kerne neben einander (Fig. 391 E u. F), in denen bald der Fadenknäuel (Spirem) und später die Chromosomen zur Ausbildung kommen. Letztere stellen sich zunächst als zwei lange Fäden dar, die sich allmälig verkürzen (G u. H), worauf die Membran beider Kerne schwindet und die vier Chromosomen nach und nach in die Aequatorialplatte einer Kernspindel einbezogen werden (Fig. 391 1 u. K). Die vom männlichen und die vom weiblichen Kern stammenden Chromosomen sind einander in Grösse und Form sehr ähnlich, welche Erscheinung man auch bei anderen Objecten beobachtet hat, so dass sie sich in der Furchuugsspindel (oder im Furchungskern) nicht oder höchstens durch ihre Anordnung (vgl. p. 687) noch unter- scheiden lassen. In der Furchungsspindel erfahren die Chromosomen die bekannte Längsspaltung und Trennung in die beiden Tochterplatten (L); letztere liefern dann in bekannter Weise die Kerne der beiden ersten Furchungszellen, in welche nunmehr je zwei Spalthälften der beiden Chromosomenpaare eintreten (Fig. 391 31). Bei diesem Vorgang ist das Wichtigste die von E. van Beneden festgestellte und von anderen Forschern (Boveri u. A.) bestätigte Ge- setzmässigkeit der Zahl der Chromosomen, welche in jedem der beiden Geschlechtskerne in der reducirten Zahl, d. h. in der Hälfte der Normalzahl, auftreten, worauf durch die Vereinigung des Ei- und Spermakerns in der Furchungsspindel (oder im Furchungskern) die Normalzahl der Chromosomen der betreffenden Species wieder her gestellt wird. Die hierin liegende Thatsache, dass vom väterlichen und mütterlichen Thier (in der Sperma- und Eizelle) die gleiche Zahl von Chromosomen und an- scheinend auch die gleiche Masse chromatischer Sub- stanz geliefert wird, muss als eine für die Auffassung der Be- fruchtung höchst bedeutungsvolle bezeichnet werden. Als weitere Folge des Vorgangs kommt die ebenfalls sehr wichtige Thatsache hinzu, dass in Folge der Spaltung, welche die Chromosomen in der ersten Furchungsspindel erfuhren (Fig. 391 K, L). die gleiche Zahl von Chromosomen väterlichen und mütterlichen Ursprungs, wie sie, vom Sperma- und Eikern herstammend, in den Furchungskern übergingen, auch in die beiden Tochter- zellen übertragen wird. d.h. „es erbt sich", wie Boveri es aus- drückt, „die im Ei bestehende Combination des väterlichen und mütterlichen Chromatins auf jede der beiden Tochterzellen fort". Nach dieser Art der Addirung der Chromosomenzahlen, wie sie bei der Befruchtung stattfindet, muss die resultirende Normalzahl notwendiger Weise eine gerade Zahl sein, und thatsächlich wurde sie für gewöhnlich als solche erkannt. Ausnahmsweise sind aber auch ungerade Normalzahlen beschrieben worden, so von Montgomery (1901) bei Hemipteren. Ob dies die Folge von Bastardirung solcher Formen mit ungleicher reducirter Chromosomenzahl ist, wie der genannte Autor vermuthet, ob abnorm ver- laufende Mitosen oder überzählige (sog. accessorische Chromosomen, p. 599) vorliegen, ist schwer zu entscheiden; doch ist bei Beurtheilung dieser Dinge docb auch nicht ausser Acht zu lassen, welche Schwierigkeiten VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 685 einer durchaus sicheren Zählung- der Chromosomen entgegen stehen, so dass Irrthümer sich nur allzu leicht einschleichen. Die an zahlreichen Objecten von einer grossen Zahl von Forschern angestellten Untersuchungen ergaben, dass die Thatsachen, welche an einem wegen der geringen Zahl der Chromosomen und deren be- deutender Grösse besonders günstigen Object erkannt wurden, auch für die anderen Formen gelten, d. li. auch bei ihnen tritt die reducirte Chromosomenzahl in den Geschlechtskernen auf und wird durch deren Vereinigung auf die Norinalzahl gebracht. Dies gilt in gleicher Weise für die Vertreter aller grösseren Abtheilungen des Thier- reichs, von denen wir einige nennen : von Cölenteraten T i a r a (Boveri 1890]), Plathelminthen Prost heceraeus, Thysanozoon (v. Klinckowström [1897], van der Stricht [1898]). Nemertinen, Cerebratulus (Coe [1899]), Nematoden Ascaris, Filaroides (van Beneden [1883], Boveri [1887—1890], Carnoy [1886 u. 1887], Sagitta (Boveri [1890]), Anneliden Chaetopterus, Ophryo- trocha, Thalassema, Myzostoma (Mead [1897], Korschelt [1895], Griffin [1899], Wheeler [1897]), Crustaceen Branchipus, Cyclops Brauer [1892], Pojckert [1895], Hacker [1895]), Insecten Pieris, Pyrrhocoris, Lasius (Hexking [1892]), Mollusken Pterotrachea, Phyllirrhoe, Arion, Limax (Boveri [1890], Platnei; [1886], Linville [1900]). Echinodermen Echinus. Tox opneustes (Boveri [1890], Wilson [1895]), Ascidien Ciona, Stvelopsis, Phallusia (Boveri [1890], Julin [1893], Hill [189(5] )/Vertebraten Forelle, Maus (Behrens [1898], Sobotta [1895]). Wenn diese Beobachtungen auch der Hauptsache nach zu dem- selben Ergebniss führten, d. h. übereinstimmend aussagten, dass bei der Befruchtung eine Summirung der reducirten Chromosomenzahlen der Geschlechtskerue zur Normalzahl eintritt, so machen sich im Einzelnen bezüglich der Zeit des Auftretens der Chromosomen und der Art ihrer Zusammenlagerung, sowie hinsichtlich ihrer Form, Grösse und Zahl recht erhebliche Differenzen bemerkbar*), worauf als nicht besonders wesentlich hier nicht eingegangen werden soll. Nur einen Punkt müssen wir noch berühren , da er sich ergänzend an früher Besprochenes anfügt, nämlich das Verhalten derjenigen Ge- schlechtskerne, welche im ruhenden Zustand verschmelzen (p. 679). Bilden diese einen einheitlichen, von achromatischem Gerüstwerk gleichmässig erfüllten Furchungskern , so wird es überhaupt schwer , wenn nicht un- möglich sein , die wieder entstehenden Chromosomen auf den Sperma- oder Eikern, d. h. auf ihren väterlichen oder mütterlichen Ursprung zurück zu führen, und man wird höchstens in Analogie mit dem Verhalten anderer Formen annehmen dürfen, dass auch hier trotz der Auflösung der väter- lichen und mütterlichen Chromosomen in ein Gerüstwerk eine Verschmelzung derselben nicht stattfindet, sondern ihre Individualität gewahrt bleibt. Hierfür scheint das Verhalten solcher Kerne zu sprechen, deren Ver- einigung im Spiremstadium stattfindet (Fig. 389, 390) und bei denen bis dahin eine Trennung des Chromatins beider Kerne vorhanden war, während dieselbe schon sehr bald, d. h. bereits im Knäuelstadium des Furchungs- kerns oder doch, wenn dessen Chromosomen zur Ausbildung gelangt sind *) üeber den letzteren Punkt, d. h. die Zahl der Chromosomen in den Fort- ptianzungs- und Körperzellen (reducirte und Normalzahl), findet sich in Wilson's Euch über die Zelle (IL Aufl. p. 206 1 eine sehr übersichtliche Zusammenstellung. 44* 686 Zweiter Abschnitt. genommen werden kann (Fig. 389 E u. F) und eine einzige Gruppe bilden, nicht mehr wahr- Beweisender noch erscheint das Verhalten solcher Kerne , welche sich zwar zu einer Art ruhenden Furchungskerns ver- einigen, bei welchen aber trotzdem die Substanz des Spermakerns vom Eikern getrennt bleibt, wie Boveri dies bei Tiara und als Ausnahme bei Echin us beobachtete (Fig. 392 u. 388 p. 679). In dem ersteren der beiden Fälle sieht man den Spermakern als ziemlich compakte Chromatin- kugel in dem mit einem Chromatin- gerüst erfüllten Eikern liegen (Fig. 392 Ä), und zwar erscheint er noch nicht wesentlich verändert, wenn ^ im Eikern die 14 Chromosomen be- reits ausgeblidet sind (Fig. 392 _B) ; die Unabhängigkeit der letzteren von den Chromosomen des liehen Kerns erwiesen, da diese sich erst später und ganz allmälig aus der chroma- tischen Substanz des Spermakerns heraus bilden (Fig. 392 C u. D). Diesem Verhalten völlig entsprechend kann ausnahmsweise dasjenige von Fig. 392. A—B Der erste Furchungs- kern von Tiara, mit Chromatingerüst (A) und mit Chromosomen (B — B), die männ- liche Kernsubstanz (97 Oocyte aufgenommen und, wie Iwanzoff meint, von ihr assimilirt; nach seiner Auffassung handelt es sich geradezu um einen Ernährungsvorgang, das Ei „frisst und verdaut" die Spermatozoon. Das Keimbläschen be- theiligt sich an dieser Thätigkeit der Zelle; wenn aber durch den Reifungs- process ein Theil der Kernsubstanz verloren ging, dann ist der Eikern nicht mehr im Stande, dieser Thätigkeit vorzustehen und die Spermato- zoen können nicht mehr von der Eizelle bewältigt werden, also kann sich jetzt ein Spermakern mit dem Eikern zum Vollzug der Befruchtung ver- einigen. Hierin soll also nach Iwanzoff's Anschauung die physiologische Bedeutung des Eeifungsprocesses liegen. Ausserdem würde auch in diesem Fall eine „physiologische Polyspermie", freilich ganz anderer Natur als die vorher besprochene, vorliegen. Die Versuche selbst wie auch deren Erklärung bedürfen jedenfalls einer Nachprüfung. Mit den von Iwanzoff beobachteten Vorgängen vergleicht Henneguy (1902) das Eindringen von Spermatozoon in die Dotter- zellen, welches er bei Distomum hepaticum beobachtete. Die Spermatozoen sollen wie im unreifen Holothurienei hier von den Dotterzellen resorbirt werden, und Hennegut sieht darin eine Be- stätigung der Annahme, dass die Dotterzellen als abortive Eizellen anzusehen sind (vgl. Cap. IV, p. 363 ff.). 6. Wesen und Bedeutung der Befruchtung. Durch die vorhergehenden Betrachtungen lernten wir die Be- fruchtung als die Vereinigung der beiden Geschlechts- zellen kennen, welche zur Bildung einer Zelle führt, die nunmehr ihrerseits, indem sie sich theilt, den Aus- gangspunkt für die Embryonalentwicklung eines den Eltern gleichenden Organismus darstellt. Die Ver- einigung besteht in einer solchen der Cytoplasmakörper und Kerne beider Zellen, doch legt man auf die erstere keinen besonderen Werth, weil man häufig sieht, dass die Geissei des Spermatozoons beim Eindringen in das Ooplasma abgeworfen und also nicht mit in dieses letztere aufgenommen wird; damit geht also der grösste Theil des an und für sich nicht umfangreichen Cytoplasmakörpers der männ- lichen Zelle verloren (Fig. 363 p. 636), und es kommt weiterhin fast nur der den Kopf bildende Kern in Betracht. In anderen Fällen allerdings wird die ganze, oft recht lange Spermatozoengeissel mit in das Ei aufgenommen (Fig. 364 u. 365 p. 337), und entsprechend verhalten sich hinsichtlich ihres ganzen Cytoplasmakörpers die ab- weichend gestalteten Samenzellen der Nematoden, z. B. die von Ascaris (Fig. 334 p. 564, 391 p. 683) und wohl auch andere der- artig abweichend geformte Spermatozoen (p. 443 ff.). Aber auch in solchen Fällen ist man nicht geneigt, dem Cytoplasma irgend welche Rolle von grösserer Bedeutung zuzuschreiben, sondern behält diese vor Allem den Kernen vor, welche man bei der Befruchtung in un- gefähr gleicher Masse sich vereinigen sieht, und die dabei die be- kannten, regelmässigen Umwandlungen durchmachen. Sie erfuhren ausserdem bei der Reifung bereits jene Reductiou ihres Chromatius, welche die Befruchtung vorbereitet und die geeignete Summirung der Substanz beider Kerne zu einem einzigen ermöglicht. Von be- sonderer Wichtigkeit erweisen sich bei der Befruchtung ferner die Centrosomen, welche vom Spermatozoon in das Ei ein- 608 Zweiter Abschnitt. geführt werden und aus derjenigen Parthie desselben ihren Ur- sprung nehmen, in welche sie bei der Spermatogenese niedergelegt worden waren; sie liefern die Pole der Furchungsspindel. Für uns erscheint als das Wesentliche an der Befruchtung, dass das Ei in Folge derselben in die Embryonalentwicklung eintritt und somit ein neuer, von den beiden Eltern erzeugter Organismus sich bildet, welcher deren Eigenschaften besitzt. Für diesen Vorgang sind freilich nicht in "allen Fällen beide Zellen nothwendig, sondern auch das Ei allein ist unter Umständen entwicklungs- fähig. Im Allgemeinen gehen die thierischen Eier zu Grunde, wenn nicht rechtzeitig die Befruchtung erfolgt, aber wir kennen Thier- formen, bei denen das Ei auch ohne das Hinzukommen eines Sper- matozoons in die Entwicklung eintritt. So verhalten sich manche Insecten und anscheinend auch andere Thierformen (z. B. See- sterne, p. 617); bei der Biene scheint es mehr dem Zufall überlassen zu sein, ' ob die Eier befruchtet werden oder nicht, und alle Eier können sich bei ihr mit oder ohne Befruchtung entwickeln. Wieder bei anderen Thieren (besonders Arthropoden [Insecten und Crustaceen], aber auch Rotatorien) hat sich die Fähigkeit der Entwicklung ohne Befruchtung eingebürgert, und man bezeichnet diese schon längst bekannte Erscheinung als Parthenogenesis. Zieht man das Verhalten der allermeisten Metazoen, sowie dasjenige der mit jenen parthenogenetisirenden Thieren nahe verwandten Formen in Betracht, so ist man mit Weismann (1891), R. Hertwig (1899) und Anderen geneigt, die Parthenogenese nur als eine aus der rein ge- schlechtlichen Fortpflanzung hervorgegangene, also als eine secundär er- worbene, eine Art von Rückbildungserscheinung zu betrachten. Diese Auffassung wird man auch nach den neuen, glänzenden Errungen- schaften auf dem Gebiet der Befruchtungslehre aufrecht erhalten müssen, wonach Eier verschiedener Thiere (Echinodermen, Würmer, p. 623) durch äussere Reize nicht nur zur Entwicklung angeregt, sondern sogar bis zur Ausbildung der Larvenform gebracht werden können (J. Loeb [1900 u. 1901]). Auf dieses Verhalten hat man die Vermuthung gegründet, dass möglicher Weise alle thierischen Eier die Fähigkeit zur parthenogenetischen Entwicklung in sich trügen. Für gewöhnlich verliefe die Entwicklung nicht rasch genug, so dass die Eier, ehe sie zu einer wirklichen Entwicklung kämen, zu Grunde gingen, wenn nicht ein Spermatozoon hinzutritt oder jene Reizwirkung veranlasst wird (J. Loeb). Sollte diese Vermuthung späterhin eine festere Begründung erhalten, so wird sie gleichzeitig auch zur Erklärung der natürlichen Parthenogenese bei den oben genannten Thieren beitragen; trotzdem wird man die letztere in An- betracht der facultativ parthenogenetischen und der nahe verwandten nicht-parthenogenetischen Formen als eine Rückbildungserscheinung anzusehen haben. Bei der auf experimentellem Wege hervorgerufenen Partheno- genese werden durch die Reizwirkung im Ei ganz ähnliche Er- scheinungen hervorgerufen wie sonst durch die Befruchtung ; es treten Centrosomen im Ooplasma auf, von denen zwei die beiden Pole der in Ausbildung begriffenen Furchungsspindel bilden (E. B. Wilson [1901]); das Ei geht in die Theilung und weitere Entwicklung ein. Jene Reizwirkung scheint also bis zu einem gewissen Grade die Stelle derjenigen vertreten zu können, welche für gewöhnlich durch den VI. Capitel. Eireifung, Samenreifirag und Befruchtung-. li'.i'.i Eintritt des Spermatozoons bewirkt wird. Dies lässt sich sehr wohl mit der älteren, besonders energisch von Boveki (1887—1001) ver- tretenen Theorie der Befruchtung vereinigen, nach welcher das Ei alle zur Entwicklung notwendigen Eigenschaften besitzt, mit Aus- nahme der Centrosomen, die bei der letzten Reifungstheilung zurück- gebildet wurden und nunmehr vom Spermatozoon wieder in das Ei hinein gebracht werden: sie stellen also das active Element dar, welches das Ei zur Theilung veranlasst, was übrigens auch schon aus der Fähigkeit des Spermacentrosomas hervorgeht, eine Anzahl von Theilungen einer Eiparthie auch beim Fehlen des Kerns zu er- möglichen (Ziegler [1898]). Auf die Zuführung der Centrosomen durch das Spermatozoon ist zweifellos als auf einen wesentlichen Theil des Befruchtungsvorgangs ein besonderes Gewicht zu legen, wenn wir auch jetzt aus den schon erwähnten Versuchen erfahren haben, dass nicht nur der (sonst vom Spermatozoon herkommende) Kern für die Entwicklung des Eis ent- behrlich ist, sondern auch die Centrosomen von diesem selbst ge- liefert werden können. Beide Thatsachen kannte man ja schon von der natürlichen Parthenogenese, ohne dass man darin für die be- fruchtungsbedürftigen Eier eine Abschwächung der Bedeutung der vom Spermatozoon herrührenden Centrosomen sah. Die wichtige Thatsache, dass dem Ei bei der Befruchtung durch das Spermatozoon das Theilungsorgan zugeführt wird, bleibt jedenfalls bestehen. Dies kann aber nicht die einzige Aufgabe des Spermatozoons sein, sondern es muss auch der Thatsache eine Bedeutung zukommen, dass vom Spermatozoon ein Kern in das Ei eingeführt und dem Eikern als anscheinend völlig gleichwerthiges Gebilde hinzuge- fügt wird. Welche Bedeutung dem Spermakern (und den Kernen über- haupt) bei der Befruchtung zukommt, würde sich vielleicht erkennen lassen, wenn es gelänge, Eier zur Entwicklung zu bringen, die allein den Spermakern enthalten. Von diesem Gedanken ging Boveri (1889 u. 1901) bei der Vornahme seiner Versuche über die Befruchtung kernloser Seeigeleier mit dem Sperma einer anderen Seeigelspecies aus, und bekanntlich Hessen sich aus diesen kernlosen Eibruchstücken Larven erziehen, die nach Boveri's Aussage nur väterliche Eigenschaften zeigen (vgl. hierzu auch p. 149 ff. u. p. 025). Wenn sich diese Angaben als zutreffend erweisen — und sie werden von Boveri (1901) gegenüber den ihnen zu Theil gewordenen An- griffen aufrecht erhalten — , so würde sich aus ihnen allem Anschein nach eine sehr wichtige Bedeutung des Kerns, nämlich diejenige als Träger der vererblichen Eigenschaften, ergeben; wir sprechen dies nicht bestimmt aus, weil immerhin die Möglickeit vor- handen, wenn allerdings auch nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse nicht sehr wahrscheinlich ist, dass nämlich den mit dem Spermatozoon übertragenen geringen Cytoplasmamengen oder den Centrosomen eine solche Function zukommen könne. An Stimmen, welche gegen die fast alleinige Bedeutung des Kerns und für die- jenige auch des Cytoplasmas nicht nur bei Uebertragung der ver- erblichen Eigenschaften, sondern auch bezüglich der anderen in der Zelle sich abspielenden Vorgänge eintraten, hat es nicht gefehlt; wir erinnern besonders an die schon älteren, aber gewichtigen Aeusse- rungen, welche von Hensen (1885), Rauber (1886), Whitman (1888), Korschelt-Heider, Lehrtracli. Allgemeiner Theil. II. Lief. ]. u. 2. Aufl. 45 700 Zweiter Abschnitt. Verworn (1891) uud R. S. Bergh (1892) in diesem Sinne gethan wurden. Neuerdings weist auch Strasburger (1900) auf die Bedeutung des Cyto- plasmas für den Befruclitungsact hin. Nach seiner Auffassung ist an- zunehmen, dass es „zum mindesten fördernd in die dem Befruchtungs- vorgang folgenden Theilungsvorgänge eingreift". Wenn dem Kern die wichtige Rolle bei der Befruchtung und der Uebertragung der vererblichen Eigenschaften zugeschrieben oder ihm sogar ausschliesslich diese Bedeutung beigelegt wird, so ist dies daraus erklärlich, dass man die beiden Geschlechtskerne beim Befruchtungs- vorgang gleichwertig an Umfang und Structur auftreten sieht, während das Cytoplasma der beiden Geschlechtszellen sehr ver- schieden ausgebildet ist, d. h. beim Ei enorm umfangreich, beim Spermatozoon hingegen stark reducirt ist und bei der Befruchtung ausserdem in vielen Fällen so gut wie gänzlich verloren geht. In An- betracht dessen, dass die väterlichen und mütterlichen Eigenschaften von diesen beiden so ungleichen Zellen im gleichen Maasse übertragen werden können, lag es jedenfalls sehr nahe, die an Umfang ungefähr gleichen Kerne und speciell deren noch gleichartigere chromatische Substanz als den Träger der vererblichen Eigenschaften zu betrachten (Nägeli, 0. Hertwig, Strasburger, Weismann, Kölliker u. A.). Somit darf es als wahrscheinlich angesehen werden, dass auch den Kernen eine wichtige Bedeutung zukommt, nachdem der Anstoss zur Entwicklung vom Centrosoma des in das Ei eingedrungenen Spermatozoons gegeben wurde. „In den väterlichen und mütterlichen Kernelemeuten müssen wohl die dirigirenden Kräfte liegen, welche dem neuen Organismus neben den Merkmalen der Species die indi- viduellen Eigenschaften der beiden Eltern combiniert aufprägen," so formulirt Boveri (1902) noch neuerdings die Rolle, welche den Kernen bei der Befruchtung und Vererbung zufällt, und schätzt die- selbe also, wie man sieht, ebenfalls recht hoch ein. Es ist hier bereits von den bei der Befruchtung vereinigten Kernen die Rede, doch muss Aehnliches auch für jeden der beiden Geschlechtskerne gelten, wie sich zum Theil schon aus den vorher angestellten Betrachtungen ergibt. Da sich das Ei bei der natür- lichen und künstlichen (experimentellen) Parthenogenese ohne Hinzu- tritt eines Spermatozoons zu entwickeln vermag und zumal im ersteren Fall einen Organismus aus sich hervorgehen lässt, der alle Eigen- schaften der Mutter zeigt, so muss das Ei und, wie wir anzunehmen geneigt sind, speciell dessen Kern, die vererblichen, für die betreffende Species characteristischen Eigenschaften allein enthalten. Dasselbe würde nach jenen Versuchen über die Befruchtung kernloser Eibruch- stücke auch bezüglich des Spermakerns der Fall sein, der hier nach Boveri's Auffassung allein den Speciescharacter bestimmt. Bekanntlich hat Giard in besonders hoher Werthung des Kerns und um so geringerer Einschätzung des Cytoplasnias dieses Verhalten als eine „männliche Parthenogenesis" angesprochen (vgl. p. 626). Was eine wirkliche Par- thenogenese (oder vielmehr „Androgenese" Boveri) betrifft, so muss sie schon von vorn herein daran scheitern, dass der Cytoplasmakörper der männlichen Geschlechtszellen zu wenig umfangreich oder auch zu stark specialisirt ist, um eine vom Ei unabhängige Entwicklung dieser Zellen zu erlauben. Das Ei ist nach dieser Richtung hin in so fern günstiger gestellt, als sein relativ umfangreicher Cytoplasmakörper das Material für die Embryonalentwicklung beherbergt, während die VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. , 1 1 1 Aufgabe des Spermatozoons, das Ei aufzusuchen, die Ausbildung einer möglichst grossen Zahl von Spermatozoeu und im Zusammenhang da- mit eine sehr geringe Grösse derselben, sowie die Specialisirung ihres Cytoplasmas als Schwimm- oder Bohrapparat verlangt. Wenn nun auch die Geschlechtszellen bis zu einem ge- wissen Grad für sich entwicklungsfähig sind, wird man doch im Allgemeinen sagen dürfen, dass für gewöhnlich jede der beiden Zellen erst durch die Vereinigung mit der anderen die Fähigkeit zur weiteren Entwicklung erlangt, d. h. derjenige Vorgang, den wir als Befruchtung bezeichnen, erweist sich im Allgemeinen als nothwendig. Wie wir bis jetzt sahen, besteht die geschlechtliche Fortpflanzung der mehrzelligen Thiere also darin, dass vom weiblichen Geschlecht diejenige Zelle ge- liefert wird, welche das Material für die künftige Embryonal- entwicklung enthält und auf deren Basis sich diese gewissermaassen aufbaut, während von der männlichen Geschlechtszelle hauptsächlich der Anstoss zur Entwicklung des Eis gegeben wird, indem sie es ist, welche das Theilungsorgan in das Ei einführt bezw. vielleicht auch nur dessen Entstehung im Ooplasma anregt. Beide Geschlechter liefern also zum Befruchtungsact wichtige Bestandteile, und dies ist dadurch in noch höherem Maasse der Fall, dass auch mit den Kernen der beiden Geschlechtszellen gewisse (chromatische) Substanzen in sehr regelmässiger Anordnung und fest bestimmter Menge über- gehen, welchem Vorgang eine weiter reichende Bedeutung, d. h. die Uebertragung der vererblichen Eigenschaften, zugeschrieben wird. Hierdurch ist aber noch immer nicht die Frage beantwortet, welche Bedeutung die Vereinigung der beiden Geschlechtszellen und damit die Befruchtung hat, denn sowohl der Anstoss zur Entwicklung selbst wie auch die Uebertragung der vererblichen Eigenschaften ge- schieht unter Umständen nur von einer der beiden Geschlechtszellen, nämlich vom Ei aus, wie auch dementsprechend z. B. von Delage (1901) der Befruchtung eine zweifache Bedeutung zugeschrieben wird, nämlich 1) das reife Ei in den Stand zu setzen, sich zu entwickeln und einen neuen Organismus zu bilden, d. h. die Embryonalentwick- lung zu beginnen , und 2) diesem neuen Organismus zwei Eltern zu geben (anstatt eines Elternthiers, wie bei der ungeschlechtlichen Fort- pflanzung und Parthenogenese), d. h. in seine Entwicklung die „Am- phimixis" einzuführen und damit die Vortheile einer doppelten Vor- fahrenreihe zu erzielen. Welches sind nun aber, wie gesagt, die Vortheile des Zu- sammenwirkens zweier Individuen durch die beiden Ge- schlechtszellen ? Schon das so zu sagen Morphologische am Befruchtungs- vorgang, die im Ei sichtbaren Structuren zeigen uns, dass eine enge Vereinigung der beiden Geschlechtszellen eintritt und dass zumal die Furchungsspindel aus Kern- und Cytoplasmabestandtheilen (Centro- somen) beider Zellen gebildet worden ist. Wenn auch diese Vereini- gung allein Anschein nach nicht eine so weit gehende ist, dass eine Verschmelzung der väterlichen und mütterlichen Chromosomen ein- tritt, wie man vielleicht von vorn herein vermuthet hätte (vgl. p. 688), so bildet sie doch jedenfalls einen Hinweis darauf, eine wie innige Vermischung auch der Qualitäten der beiden Geschlechtsindividuen eingetreten sein dürfte. Auf diese Mischung (Am phimixis Weis- mann's), die Vereinigung der Kerne zweier individuell verschiedener 45* 7Q9 Zweiter Abschnitt. Zellen und der in ihnen enthaltenen Vererbungstendenzen zweier Individuen, hat man mit Recht ein ganz besonderes Gewicht gelegt. Eine Zeit lang glaubte man, dass damit eine Art Auffrischung oder Verjüngung der bis zu einem gewissen Grade verbrauchten und senil gewordenen Organismen verbunden sei und stützte sich dabei besonders auf die Beobachtungen an Infusorien (Bütschli), bei denen durch viele auf einander folgende Theilungen eine Schwächung des Körpers, eine Verschlechterung ihrer Organisation herbeigeführt sei, die durch die Vereinigung zweier Individuen beim Conjugations- act wieder eine Auffrischung erführe. Von dieser Auffassung kam man zurück, als man erkannte, dass auf die Conjugation nicht, wie man vermuthet hatte, eine Periode besonders lebhafter Theilung zu folgen braucht (vgl. unten p. 704). Und doch wird neuerdings von einem Gegner dieser Annahme, von R. Hertwig (1902), und zwar wieder auf Grund der an Protozoen gemachten Wahrnehmungen eine Auffassung geäussert, die mit jener eine gewisse Verwandtschaft zeigt, wenn sie auch von anderen Voraussetzungen ausgeht. Auf Grund seiner an verschiedenen Protozoen vorgenommenen Versuche legt Hertwig -ein besonderes Gewicht auf das Wechselverhältniss zwischen Kern und Cytoplasma ; er sah unter verschiedenen Lebensverhältnissen (bei bestimmten Formen der Ernährung, beim Hungern etc.) eine auf- fallende Beduction der Kernsubstanz vor sich gehen. Diese vergleicht er mit den Reductionsvorgängen , welche die Befruchtung begleiten, und wie in jenen möchte er auch in diesen regulatorische Vorgänge sehen, welche ein bestimmtes Wechselverhältniss zwischen Kern und Cytoplasma aufrecht erhalten. Die Einführung eines fremden Zell- kerns bei der Befruchtung könnte vielleicht die Bedeutung haben, diese regulirende Wirkung noch zu erhöhen, möglicher Weise kann auch die Vereinigung und Vermischung der Cytoplasmakörper von einer derartigen Bedeutung sein. Indem Hertwig annimmt, dass der Organismus durch die Lebensprocesse allmälig verbraucht wird und der Tod die nothwendige Consequenz des Lebens ist, betrachtet er auch die Protozoen nicht als unsterblich im Sinne von Weismann, sondern glaubt, dass sie zu Grunde gehen müssten wie die Metazoen, wenn nicht Einrichtungen vorhanden wären, welche die schädlichen Wir- kungen des Lebensprocesses compensiren. Die wirksamste Einrichtung in dieser Hinsicht ist die Befruchtung, — ein Vorgang, bei dem aus dem Material zweier allmälig zum Untergang hin neigenden Indivi- duen ein neues, lebenskräftiges Thier geschaffen wird. Auch nach dieser Auffassung kommt also der Befruchtung die Bedeutung einer „Reorganisation der lebenden Substanz" zu. Wir kehren nach dieser Abschweifung wieder zu den vorigen Ausführungen zurück. Die bei der Befruchtung erfolgende Mischung der Qualitäten zweier Individuen bezw. den Effect dieses als sehr wahrscheinlich anzunehmenden Vorgangs hat man auf verschiedene Weise erklärt. In Anlehnung an die schon von Darwin vertretene Auffassung, wonach der Nutzen der Befruchtung in der Vermischung der unbedeutend verschiedenen physiologischen Elemente unbedeutend verschiedener Individuen liegt und die wichtige Rolle der Kreuzung darin zu sehen ist, dass sie die Individuen derselben Species oder Varietät getreu und gleichförmig in ihrem Character erhält, haben spätere Autoren, wie besonders Spencer, Hätschek und 0. Hertwig, diese Anschauungen weiter ausgeführt. Nach dem letztgenannten VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 703 Forscher niuss die geschlechtliche Zeugung, wenn sie eine Vermischung der Eigenschaften zweier Zellen ist, notwendiger Weise Mittelformen liefern. Zwar schafft sie zahllose neue Varianten, die aber nur Ver- schiedenheiten geringen Grades darstellen. Indem sie etwas Neues hervorruft, was zwischen den beiden alten Zuständen die Mitte hält, gleicht sie deren Verschiedenheiten aus. Sie verwischt so die Unter- schiede, welche durch die Einwirkung äusserer Factoren in den Indi- viduen einer Art hervorgerufen werden; „sie drängt geradezu dahin, die Art homogen zu machen und in ihrer Besonderheit zu erhalten" (0. Hertwig [1890 u. 1892]). Dem Hesse sich freilich entgegen halten, dass durch Summirung der Eigenschaften der Eltern gelegentlich auch eine Steigerung der Charactere erzielt, also etwas der Quantität nach Neues hervorgebracht werden kann, da ja nicht immer entgegen stehende, sondern gewiss häutig auch gleich gerichtete Tendenzen in Combination treten. Hatschek (1887) verfolgt einen jenem nicht unähnlichen Gedanken- gang und sieht in der Vermischung der beiderseitigen Eigentüm- lichkeiten eine Correctur der in vielen Fällen schädlichen Verände- rungen. Nach Strasburger (1900) wird bei der Befruchtung durch Vereinigung von Geschlechtszellen verschiedenen Ursprungs ein „Aus- gleich der individuellen Abweichungen erzielt, wie er für das Fort- bestehen der Species erforderlich ist". In diesem Ausgleich liegt nach Strasburger der Nutzen der Befruchtung. Diesen Anschauungen über die Bedeutung der geschlechtlichen Fortpflanzung stehen diejenigen gegenüber, welche ihren Haupt- vertreter in Weismann finden. Nach ihm bringt die Befruchtung in Verbindung mit den ihr vorausgehenden Reifungstheiluugen eine grosse Mannigfaltigkeit der den einzelnen Individuen beigegebenen Vererbungssubstanzen hervor und hat dadurch einen grossen Reich- thum individueller Gestaltung zur Folge. In der Vermischung der Vererbungstendenzen der beiden bei der geschlechtlichen Fortpflanzung sich vereinigenden Individuen sieht Weismann „die Ursache der erb- lichen individuellen Charactere und in der Herstellung dieser Charactere die Aufgabe der amphigonen (geschlechtlichen) Fortpflanzung. Sie hat das Material an individuellen Unterschieden zu schaffen, mittelst dessen die Selection neue Arten hervorbringt"*). Auch Brooks be- trachtete die geschlechtliche Fortpflanzung als das Mittel, dessen sich die Natur bedient, um Variationen zu erzielen, doch weichen seine Anschauungen in anderer Hinsicht von denen Weismann's ab und nähern sich zum Theil denjenigen der vorher genannten Autoren. Desgleichen nimmt Bernstein an. um noch eine neuerdings gemachte Aeusserung anzuführen, dass durch die Befruchtung die Möglichkeit und Mannigfaltigkeit der Variabilität gefördert wird, indem sich die der Componenten addirt ; im Uebrigen sieht Bernstein aus Gründen, die an dieser Stelle nicht erörtert werden können, darin einen Stimulus zur Erhöhung der Wachsthumsenergie; bekanntlich wird ein derartiger Einfluss der Befruchtung von anderer Seite in Abrede gestellt; weiter unten werden wir auf Aehnliches zurück zu kommen haben. Auf die *) 1886 p. 29. Wir Mühlen diesen Satz ans einer alteren WEisMANN'schen Schrift, weil er uns am prägnantesten das Wesentliche der Sache wiederzugehen scheint. Sehr eingehende Behandlung findet der Gegenstand auch in Weismann's soehen herausgegebenen Vorträgen üher Descendenztheorie (1902). 704 Zweiter Abschnitt. in den letzten Erörterungen bereits berührte Frage der Vererbung gehen wir an dieser Stelle nicht näher ein, sondern verweisen auf den Anhang über die Theorien der Vererbung (p. 707). Nach den zur Zeit über die geschlechtliche Fortpflanzung bezw. über die Bedeutung der Befruchtung herrschenden Anschauungen ist der bei der letzteren stattfindenden Qualitätenmischung ein besonders hoher Werth beizulegen, wie wir sahen. Die Frage, wess- halb die Mischung gerade in dieser Form vor sich geht, d. h. in der Vereinigung zweier Zellen, wie wir sie beim Befruchtungsact be- obachten, ist in sehr nahe liegender Weise wiederholt dahin beant- wortet worden (0. Hertwig, [1892], R. Hertwig [1899], Boveri [1902]), dass die Möglichkeit einer solchen Qualitätenmischung für uns eben nur dann denkbar ist, wenn sich der Organismus noch im Zustand der Zelle befindet, in welcher alle seine Qualitäten enthalten sind und jede Differenzirung der späteren Körperorganisation noch fehlt. Dieser Zustand bleibt, abgesehen von der Differenzirung des Körpers, zeitlebens erhalten bei den Protozoen, bei denen es eben nur die eine Zelle ist, welche die Verrichtungen des gewöhnlichen Lebens vollzieht und der auch die Fortpflanzung (Theilung), sowie die Befruchtung (Conjugation) obliegt. Schon aus diesem Grunde erscheinen die Protozoen für die Auffassung der Befruchtung und geschlechtlichen Fortpflanzung be- deutungsvoll. Dass der Befruchtung eine wichtige Bedeutung zukommen muss, ergibt sich aus ihrer grossen Verbreitung, die sich nicht nur auf die ein- und mehrzelligen Thiere, sondern auch auf die niederen und höheren Pflanzen erstreckt, wenn sie auch naturgemäss bei den letzteren in etwas modificirter Weise auftritt. Wir betrachten es nicht als unsere Aufgabe, hierauf einzugehen, sondern verweisen, ausser auf die von den Botanikern selbst, wie von Strasburger und Zimmer- mann gegebenen Darstellungen, auf diejenigen von Wilson und Hacker in ihren Werken über die Zelle. Dagegen müssen wir aus den oben angedeuteten Gründen noch kurz auf die Verhältnisse bei den Proto- zoen zu sprechen kommen. Ganz mit Recht vergleicht man den Conjugationsvorgang der Protozoen mit der Befruchtung der Metazoen und hat sie auch direct als die geschlechtliche Fortpflanzung der letzteren bezeichnet. Da- gegen haben sich nun in letzter Zeit manche Widersprüche erhoben, denn dass die Befruchtung bei den Metazoen mit der Fortpflanzung eng verbunden, d. h. von der Zelltheilung (Furchung) gefolgt sei, be- ruhe allein darauf, dass bei ihnen die Vermischung (Amphimixis) eben nur im einzelligen Zustand möglich sei, wie bereits vorher dargelegt wurde, und auf diesen eben dann die Theilung, d. h. die Entwicklung folgt. Letzteres ist nun bei den Protozoen durchaus nicht nöthig, wie in letzter Zeit (1898 und 1899) besonders durch R. Hertwig be- tont wurde. Nach der von ihm gegebenen Zusammenstellung ist bei den Ciliaten die Conjugation nicht der Vorläufer, sondern die Folge- erscheinung lebhafter Theilungsprocesse; ihre Theilungsfähigkeit er- scheint nach der Conjugation nicht verstärkt, sondern vielmehr ab- geschwächt. Desgleichen tritt bei manchen Flagellaten und Rhizo- poden in Folge der Befruchtung eine Pause in der Vermehrung ein, VI. Capitel. Eireifong, Samenreifung und Befruchtung. 705 wieder bei anderen ist die Bildung von Dauerzuständen die Folge der Befruchtung; Letzteres wird auch bei conjugirenden Algen be- obachtet. Auch bei A c t i n o s p h a e r i u in führt die Befruchtung nach R. Hertwkj's Beobachtung zur Bilduug von Ruhezustiinden, und die Vermehrung geht ihr in diesem Fall sogar voraus. Andererseits kann auch bei den Protozoen (Noctiluca, Gre gar inen) eine gesteigerte Vermehrung als Folge der Befruchtung eintreten, ein ähnliches Verhalten also, wie es bei den Metazoen ausgebildet ist. Aus dem Verhalten der Protozoen geht hervor, dass die Be- fruchtung in einem verschiedenartigen Verhältniss zur Fortpflanzung steht und dass sie von dieser anschei- nend ziemlich unabhängig sein kann. Die Fortpflanzung besteht bei den Protozoen in Zelltheiluug. und neben ihr findet sich die Zellvermischung (Conjugation , Befruchtung), die mit ihr nicht unmittelbar etwas zu thun zu haben braucht. Ueberträgt mau dieses Verhalten auf die Metazoen, was wegen der in vieler Hinsicht grossen Uebereiustimmung der Befruchtungserscheinungen bei ihnen und den Protozoen durchaus angängig erscheint, so liegt die Vermuthung nahe, dass auch bei ihnen einzellige Fortpflanzungskörper vorkommen möchten, die der Befruchtung nicht bedürfen. Diese Vermuthung würde in den Ergebnissen der experimentellen Parthenogenese eine gewisse Stütze finden, wonach möglicher Weise allen thierischen Eiern die Fähigkeit der Entwicklung ohne Befruchtung zukäme und nur äussere Umstände die Möglichkeit einer solchen Entwicklung für ge- wöhnlich nicht erlaubten. Von der natürlichen Parthenogenese wird hierbei zunächst abzusehen sein, da sie mehr den Character einer secundären, durch eine Art von Rückbildung entstandenen Erscheinung hat (p. 698). Die Annahme, dass die Befruchtung (Amphimixis) zunächst von der Fortpflanzung unabhängig war, ist auch früher schon gemacht worden (Weismann, 0. Hertwig, Boveri u. A.), doch erscheint sie bei den Metazoen desshalb mit ihr combinirt. weil, wie wir schon vorher sahen, die Vermischung bei ihnen nur im einzelligen Zustande vor sich gehen kann und auf diesen alsbald die Theilung (Furchung und weitere Entwicklung) folgen muss, wie dies die Ausbildung des Metazoenkörpers verlangt. Aus solchen Erwägungen heraus hat man die Geschlechtsdifterenzirung, wie sie uns vor Allem bei den Metazoen entgegen tritt, für eine secuudäre Erscheinung erklärt; nicht sie bildete sich zunächst heraus und hatte jene Vorgänge zur Folge, die wir als die Vereinigung zweier Geschlechtszellen (Befruchtung) kennen, sondern die Notwendigkeit der Verschmelzung im einzelligen Zustand bildete den Ausgangspunkt, wobei irgend welche Geschlechtsdifferen- zirung zunächst jedenfalls nicht nöthig war. Freilich trat eine „ge- schlechtliche" Differenzirung, und zwar eine solche der copulirenden Zellen schon sehr bald ein. wir finden sie bereits bei verschiedenen Protozoen. Die Gleichartigkeit der beiden copu- lirenden Zellen, wie sie uns bei manchen Rhizopoden (F ora mi- ni feren, Heliozoen) entgegen tritt, und wie wir sie auch von den Ciliaten kennen, wird von beiden zu Gunsten der Herausbildung einer grösseren und kleineren Zelle aufgegeben (Radiolarien, Vorticella). Die hierin angedeutete geschlechtliche Differenzirung findet sich in einem noch weit ausgesprocheneren Maasse bei Vol- vox und den Sporozoen, bei denen grosse, von Nährsubstanzen 706 Zweiter Abschnitt. erfüllte Zellen mit kleinen, sehr beweglichen und geisseltragenden Zellen verschmelzen. Es ist also hier bereits zu einer Differenzirung gekommen, wie wir sie von den Geschlechtszellen der Metazoen kennen, indem ., weibliche" Zellen von geringerer Bewegungsfähigkeit und mit umfangreichem Cytoplasmakörper, sowie „männliche" Zellen als geissel- tragende Schwärmer zur Ausbildung gelangen, welche jene aufzusuchen und die Befruchtung zu vollziehen haben. Die Differenzirung von Geschlechtszellen ist also, wie man sieht, bei den Protozoen nicht nur vorbereitet, sondern sogar in einzelnen Fällen recht weit durch- geführt, was übrigens dann noch mehr hervortritt, wenn es sich um bestimmte Zellgenerationen handelt, welche die Geschlechtszellen re- präsentiren oder wenn diese, wie bei Volvox, einer Zellencolonie an- gehören. Als ähnlich differenzirte und bestimmte Zellengenerationen erweisen sich auch die Geschlechtszellen des Metazoenkörpers, bei dem es ausserdem noch zur Differenzirung bestimmter Parthien und Organe (Keimdrüsen) kommt, welche diese Zellen enthalten; schliess- lich wird der ganze Körper durch die geschlechtliche Differenzirung beeinflusst , und zwar ganz besonders dann , wenn eine Vertheilung der beiderlei Geschechtszellen auf verschiedene Individuen (Männchen und Weibchen) erfolgt. Diese sind es dann , welche zur geschlecht- lichen Fortpflanzung schreiten , d. h. die männlichen und weiblichen Geschlechtszellen abgeben . die sich mit einander vereinigen und die Befruchtung vollziehen. In wie nahe Beziehung hier übrigens die Befruchtung (Amphimixis) zur Fortpflanzung oder, wie wir im Fall der Metazoen besser sagen, zur Entwicklung getreten ist, geht daraus hervor, dass das Theilungsorgan für die eine (die weibliche) Zelle von der anderen (der männlichen) Zelle geliefert wird und ohne dieses die Vermehrung, d. h. die Theilung und Entwicklung der Ei- zelle nicht erfolgen kann, wenn wir nur den gewöhnlichen Verlauf der Embryonalentwicklung in Betracht ziehen und von der natürlichen wie künstlichen (experimentellen) Parthenogenese absehen. Vielleicht würde es nahe liegen , bei einer Besprechung des Wesens der Befruchtung und dem nicht zu umgehenden Vergleich mit den ent- sprechenden Verhältnissen der Protozoen auch deren Theilungen heran- zuziehen und sie mit denjenigen der somatischen Zellen des Metazoen- körpers in Vergleich zu setzen , womit auch der Unterschied zwischen somatischen und Geschlechtszellen zu erörtern und weiterhin etwaige Beziehungen der geschlechtlichen zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung der Metazoen festzustellen wären ; doch möchten wir auf diese Betrachtungen A7erzichten, um unsere Ausführungen nicht allzu umfangreich zu gestalten, zumal sie nicht in so ganz directem Zusammenhang mit diesen stehen und sich zum Theil noch an anderer Stelle Gelegenheit finden wird, näher auf sie einzugehen. VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 707 Anhang. Theorien der Vererbung. Durch Vermittlung der Keimzellen werden die erblichen Eigen- schaften von den Eltern auf die Nachkommen übertragen. Hier tritt uns das Problem der Vererbung entgegen, und wenn wir auch dasselbe nur flüchtig berühren wollen, so kommt es uns doch zu. einen kurzen Ueberblick'der diesbezüglich aufgestellten Theorien zu geben. Die Frage der Vererbung reducirt sich — wenn wir sie des mystischen Nimbus, der ihr in gewisser Hinsicht anhaftet, ent- kleiden - - auf die von van Bambeke formulirte Frage : „Pourquoi nous ressemblons ä nos parents?" Es ist die Wiederkehr bestimmter, typischer, formbildender Processe, welche, vom befruchteten Ei be- ginnend, zur Erzeugung geschlechtsreifer Individuen von bestimmter Gestalt führen. Herbst bezeichnet als Vererbung „den Gesanimt- complex jener typisch auf einander folgenden morphogenetischen Processe. welche vom befruchteten Ei schliesslich wieder zur Ent- stehung von reifen Eiern und Spermatozoon führen. Kommen letztere wieder in dieselben Bedingungen, d. h. wird ihre Vereinigung er- möglicht, und sind auch für das befrachtete Ei die äusseren Be- dingungen dieselben, so ist klar, dass aus dem letzteren wieder das- selbe hervorgehen, d. h. wieder dieselbe Kette von Ursachen und Wirkungen vom Ei bis zum Ei resp. Spermatozoon durchlaufen werden muss." Es ist einleuchtend, dass die Lösung dieser Frage in der Richtung einer gewissen constitutiven Continuität zu suchen ist, welche zunächst auf dem körperlichen Zusammenhang, der zwischen Eltern und Nachkommen besteht, beruht. Schon seit Langem hat man daher auf den Zusammenhang hingewiesen, der zwischen den Phänomenen der Vererbung und den gewöhnlichen Wachsthums- processen besteht. „Auch wer sonst nur wenig auf die Pflanzenwelt achtet" — sagt Karl Ernst von Baer — , „hat sich wohl nach der Lösung des Geheimnisses gesehnt, wie aus dem Samenkorne ein neuer Baum aufschiesst. Dass aber ein Baum jährlich Knospen treibt und aus diesen Knospen Aeste hervorwachsen, regt selten die WTissbegierde des Nicht-Naturforschers auf, — und doch ist der Unterschied fast nur der, dass jene Entwicklung in der Erde von uns nicht gesehen, diese über der Erde vor unseren Augen vorgeht. — Ebenso findet man es nicht wunderbar, dass jeder Mensch, den wir um uns er- blicken, jedes Thier und jede Pflanze sich ernährt und wenigstens eine Zeit des Lebens hindurch wuchst. Die Ernährung ist aber nichts als stete Umbildung. Der Mensch von heute ist schon nicht ganz mehr der Mensch von gestern. Das Wachsthum ist Ernährung mit Bildung von neuer Körpermasse -- in der That eine fortgesetzte Zeugung, und die Zeugung ist nichts als der Anfang eines individuellen Wachsthums." Und Darwin sagt: „Vererbung muss einfach als eine Form von Wachsthum angesehen werden, ebenso wie die Theilung einer niedrig organisirten einzelligen Pflanze." Ebenso wie das Wachsthum und die damit verbundene Ausbildung der Form auf constitutiven Eigentümlichkeiten des wachsenden Theiles beruht, so ist die Vererbung in der Constitution des Keimes gelegen. Mit Recht sagt Haeckel: „Lediglich die partielle Identität der speeifisch con- 7Qg Zweiter Abschnitt. stituirten Materie im elterlichen und kindlichen Organismus, die Theilung dieser Materie bei der Fortpflanzung ist die Ursache der Erblichkeit." Man hat desshalb vielfach daraufhingewiesen, dass die specifischen Eigenschaften der Organismen den Keimen ebenso inhäriren müssen wie den ausgebildeten Formen. „In dem Hühnerei sagt Nägeli, „ist die Species ebenso vollständig enthalten als im Huhn, und das Hühnerei ist vom Froschei ebenso weit verschieden als das Huhn vom Frosch." Hierbei tritt uns die Thatsache entgegen, dass die vielfach so hochcomplicirten Gestaltbildungen der entwickelten Form in dem Keime in keiner Weise zu erkennen sind. Sie sind in dem letzteren im latenten Zustande enthalten. Eine Theorie der Vererbung hätte sich demnach zunächst mit zwei Fragen zu beschäftigen: I. Wie kommt der Keim (Keimzelle, Knospe, regenerirendes Ge- webe etc.) dazu, die Merkmale der ausgebildeten Form im latenten Zustande zu enthalten? und IL Auf welche Weise wird aus diesem undifferenzirten (rück- difl'erenzirten) Anfange die ausgebildete Form entwickelt? Die Lösung der ersteren Frage würde, streng genommen, dem Gebiete der Oogenese, Spermatogenese etc. augehören, und in der That hat man von daher gewisse Gesichtspunkte bezogen, z. B. die Lehre von der Continuität der Keimzellen resp. des Keimplasmas, die Erkenntniss der Ursachen für die polare Differenzirung der Ei- zelle etc. Immerhin war der Umstand, dass man für die Merkmale des ausgebildeten Zustandes keine bestimmten Theilchen des Keimes als Anlagen desselben aufzufinden im Stande war, der Entwicklung unserer Kenntnisse auf diesem Gebiete wenig förderlich. Eine eigentliche Theorie der Frage hat nur Darwin in seiner „provisorischen Hypothese" der Pangenesis aufgestellt, indem er annahm, dass die Zellen des Körpers neben der Fortpflanzung durch Theilung noch eine zweite, bisher unbekannt gebliebene Art der Vermehrung be- sässen, welche darin bestünde, dass sie immerfort kleinste Theilchen (Zellenkeimchen, gemmules) von sich abstossen , die sich im ganzen Körper zerstreuen und daher gewissermaasseu allgegenwärtig sind. Dieser Transport der Keimchen sollte entweder durch die Blut- bahnen oder von Zelle zu Zelle geschehen, da er sich ja auch bei Organismen vorfindet, für welche Blutbahnen nicht in Frage kommen können. Die Keimchen sind mit der Fähigkeit begabt, sich durch Theilung zu vermehren. Sie sollen sich später unter bestimmten Bedingungen zu Zellen derselben Art entwickeln können oder, indem sie in andere Zellen eindringen, die Gestaltungsvorgänge derselben beeinflussen. In den Keimzellen werden die Zellenkeimchen aller Arten angesammelt. Die Keimzelle enthält demnach einen „Extract des elterlichen Organismus" . und die Vorgänge der Entwicklung beruhen sodann auf einer gesetzmäßigen Aufeinanderfolge in der Activirung der Zellenkeimchen. Die schwierige Frage, in welcher Weise es denn geschehe, dass die Keimchen stets zur richtigen Zeit und am richtigen Orte zur Entwicklung kommen (die Achillesferse aller Hypothesen, die mit derartigen repräsentativen Theilchen .operiren) suchte Darwin durch die Annahme einer gewissen Affinität der Keimchen (wir würden jetzt von Cytotaxis oder Chemotaxis sprechen) zu denjenigen Zellen, welche ihnen in der Entwicklung voraus gehen, zu lösen. Jede Zelle VI. Capitel. Eireiftrag, Samenreifung und Befruchtung. 709 beeinflusst die gesetzmässige Anordnung und Activirung der Keimchen derjenigen Zellen, welche in der Ontogenese sich räumlich und zeit- lich an die betreffende Zelle anschliessen. Die DARWijsfsche Hypothese der Pangenesis ist zum Ausgangs- punkt einer ganzen Reihe moderner Theorien geworden. Sie gibt sich als rein formale Lösung der Frage und musste von jenen Auf- fassungen überflügelt werden, welche sich in engere Beziehung zu den thatsächlich zu beobachtenden Vorgängen stellten. Ihre Be- deutung beruht in der umfassenden Zusammenstellung aller jener Phänomene, welche unter einheitlichem Gesichtspunkte zu lösen unter- nommen wurden. Durch die Annahme repräsentativer Theilchen im Keime, welche den einzelnen Zellen des ausgebildeten Zustandes ent- sprechen, ist sie zur Stammmutter aller jener modernen Theorien ge- worden, welche auf präformationistischem (evolutionistischem) Stand- punkte stehen. Nach Darwin war der entwicklungsfähige Keim in jedem einzelnen Falle gewissermaassen eine Neubildung, dadurch zu Stande ge- kommen, dass das ausgebildete Individuum alle seine Merkmale und Eigenschaften in den Keim zurück verlegte. Bei einer derartigen, von Fall zu Fall sich wiederholenden Neuschaffung der Keimsubstanz musste eine Vererbung der während des Lebens von dem Individuum erworbenen Eigenschaften leicht verständlich erscheinen. Alle anderen Theorien haben von einer Genese der Keimsubstanz in diesem Sinne abgesehen und suchten das Wesen der Vererbung durch die Annahme einer mehr clirecten Uebertragung gewisser Eigentümlich- keiten zu erklären, sei es, dass man dieselbe durch die Annahme einer gewissen Analogie mit den Erscheinungen der Erinnerung und des Gedächtnisses dem Verständniss näher zu bringen suchte (Hering), sei es. dass man — wie Haeckel in seiner „Perigenesis der Plastidule" annahm - dieselbe auf die Uebertragung gewisser Bewegungsformen zurück führte, sei es, dass man dieselbe durch die Uebertragung ge- wisser constitutiver Verhältnisse oder Structuren zu erklären suchte, welche entweder allen Zellen des Körpers in gleicher Weise zu- kommen oder aber von Keimzelle zu Keimzelle weiter vererbt werden sollten. Da im Falle der Annahme einer derartigen Continuität die Structur des Ausgangspunktes der Entwicklung nicht erst einer be- sonderen Herstellung bedurfte, so war die erste der beiden oben er- wähnten Fragen gewissermaassen in kurzem Wege erledigt oder aus der Welt geschafft, und es blieb nur mehr die zweite zu beantworten übrig. Die Theorie der Vererbung war ihrem wesentlichen Inhalte nach zu einer Theorie der Entwicklung geworden. Allerdings ist der Kreis von Fragen für die erstere noch immer ein weiterer. Sie hat die Mischung der Charactere bei amphigoner Zeugung und die latent bleibenden Eigenschaften der Organismen, die Erscheinungen des Atavismus, die Erklärung des Auftretens vou Variationen etc. zu berücksichtigen. „Nicht die Gleichheit' sagt Kerschner — , „sondern die Ungleichheit zweier zusammenhängender Eikreise, ihrer Theile ist das Erklärungsbedürftige." In directem Anschlüsse an Darwix*s Hypothese der Pangenesis sind die Ansichten von Galtun und von Brooks zu erwähnen. Galton hat in die Hypothese ingeniöse Veränderungen eingeführt, die sich vielfach wie Vorahnungen der später hauptsächlich von Weismann vertretenen Ansichten ausnehmen. Galton verwirft den ganzen ersten 7^Q Zweiter Abschnitt. Theil der ÜARWiN'scheii Conception: die Entstehung der Keimchen aus den Körperzellen und ihren Transport nach den Keimzellen, und Hand in Hand hiermit muss er auch die Vererbung erworbener Eigenschaften der Hauptsache nach in Abrede stellen. Nur eine schwache Vererbung derselben wird auf Grund besonderer Hilfs- annahmen zugegeben. Das in einer Keimzelle vorhandene Capital an Keimchen wird als „stirp" bezeichnet. Dasselbe theilt sich zu Beginn der Ontogenese in einen Theil, der in die Körperzelle über- geht, um dort wenigstens theilweise bei den Differenzirungs Vorgängen aufgebraucht zu werden, und einen Ueberrest (residue of the stirp), welcher direct in die Keimzellen des in Entwicklung begriffenen Individuums übertragen wird und eventuell bei einer späteren Onto- genese in Activität tritt. Es ist hier nicht der Ort, näher auszu- führen, wie Galton durch die bei der sexuellen Zeugung eintretende Einführung neuer Keimchen in das Ei, durch die bei Beginn der Ontogenese erfolgende Auswahl unter denselben und durch ihren nach einseitiger Richtung sich vollziehenden Verbrauch etc. gewisse Erscheinungen der Vererbung, das Auftreten von Variationen u. A., zu erklären suchte. Brooks hat gewisse Abänderungen der ÜARWiN'schen Hypothese vorgeschlagen, hauptsächlich mit Rücksicht auf die Erklärung der Er- scheinungen der Variation, für welche er in erster Linie die Vor- gänge der geschlechtlichen Zeugung in Anspruch nimmt. Nach ihm werden von den Körperzellen nicht immer neue Keimchen producirt, sondern nur dann, wenn dieselben — hauptsächlich unter dem Ein- flüsse geänderter äusserer Bedingungen — sich verändern. Diese Keimchen sammeln sich vorwiegend in den männlichen Keimzellen an. Brooks erblickt in der Eizelle das conservative Princip, in der Samenzelle den Träger der Variation und stützt sich auf die mehr- fach zu beobachtende Thatsache, dass bei gewissen Abänderungen dem männlichen Geschlecht eine führende Rolle zuzukommen scheint, Grossen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Anschauungen haben die Ausführungen Nägeli's gewonnen. Sein System nennt sich eine „mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre"; es beruht aber dem Wesen nach auf rein speculativer Grundlage und erinnert in vieler Hinsicht an Darwin's Pangenesis, mit welcher es die Annahme repräsentativer Anlagen gemein hat. Nägeli fusst zu- nächst auf der Vorstellung von dem micellaren Aufbau des Proto- plasmas. Das Protoplasma besteht aus krystallähnlichen, organischen Molekülgruppen, sog. Micellen, welche durch Wasserhüllen von einander geschieden "sind. Neue Micellen entstehen durch eine Art von Krystallisationsprocess aus Nährlösungen unter dem Einflüsse der schon vorhandenen Micellen, und auf diesem Process beruht das Wachs- thum der protoplasmatischen Massen. Alle höheren Organismen be- stehen aus zweierlei Protoplasmasorten, von denen die eine — das Idioplasma alle Gestaltbildung beherrscht und als Träger oder stoffliche Grundlage der Vererbungstendenzen betrachtet wird. Das Idioplasma repräsentirt die Summe sowohl der in die Erscheinung tretenden als auch der latenten Anlagen, während das Ernährungs- plasma (Trophoplasma oder Morphoplasma) das Material liefert, aus welchem die Organe des Körpers unter der Leitung des Idioplasmas aufgebaut werden. Das Idioplasma dachte sich Nägeli als ein netz- förmig verzweigtes, den ganzen Körper durchziehendes System von VI. Capitel. Eireifung, ' Samenreifung und Befruchtung. 711 Strängen, welches sich von Zelle zu Zelle, durch Poren der Zell- membran hindurch dringend, ausbreitet. Diese Stränge haben einen ungemein complicirten Bau. indem sie in besonderen Micellreihen die Anlagen für sämmtliche Bildungen des Körpers enthalten, derart, dass in jedem Querschnitt alle Anlagen angetroffen werden. Die Structur des Idioplasmas ist eine phylogenetische, und es erklärt sich hieraus, dass bei der Ontogenese die einzelnen Micellreihen in der gleichen Reihenfolge in Activität treten, in der sie im Laufe der Phylogenese entstanden sind. Die Ontogenese wird auf eine regel- mässige Aufeinanderfolge bestimmter und von einander abhängiger Ernährungs- und Spannungszustände der einzelneu Micellreihen zu- rück geführt, welche auf diese Weise in Erregung gerathen und nun durch Beeinflussung des Trophoplasmas die Entstehung der ihnen entsprechenden Bildungen veranlassen. Die gesamte Ontogenese hat cyklischen Character. Sie führt durch eine gesetzmässige Auf- einanderfolge von Spannungsdifferenzen schliesslich zu einem Gleich- gewichtszustand, durch welchen das Idioplasma wieder den Character des ursprünglichen Keimplasmas erhält. Die Vererbung beruht nach Nägeli auf der directen Uebertragung des specifisch construirten Idioplasmas, welches während der Onto- genese keine Aenderungen seines Baues erfährt, sondern nur in ver- schiedene Spannungs- und Bewegungszustände eintritt und sich wie in allen übrigen Zellen des Körpers so auch in den Keimzellen wiederfindet. Die Vererbung ist aber keine vollkommene, denn das Idioplasma kehrt in den Keimzellen nicht absolut zum ursprünglichen Zustande zurück, vielmehr ist dasselbe ein perpetuum variabile. Auf diesen allmäligen Veränderungen des Idioplasmas beruht die Phylogenese. Sie sind zum Theil zurück zu führen auf ursprünglich locale Ver- änderungen, die das Idioplasma in Folge von äusseren Einwirkungen erleidet, und die sich allmälig über sämmtliche Theile desselben aus- breiten (Anpassungsveränderungen), zum grössten Theile jedoch auf autonome oder Vervollkommnungsveränderungen, bei welchen durch innere Ursachen eine mannigfaltigere Gliederung der idioplasmatischen Micellreihen und somit eine fortschreitende Vermehrung der Anlagen erzielt wird. Die Annahme complicirter Structuren als Träger der Vererbungs- und Entwicklungserscheinungen schien durch die Entdeckungen der siebziger und achtziger Jahre des verflossenen Jahrhunderts auf dem Gebiete der Zellen- und Befruchtungslehre gestützt zu werden. Sie haben den Ausbau der Vererbungstheorien wesentlich beeinrlusst. Man lernte den äusserst complicirten Mechanismus der mitotischen Kerntheilung näher kennen, und hier war es besonders die von Flemminct und später von Balbiani und Pfitzner beschriebene Längs- spaltung der Kernschleifen und die dadurch erzielte Constanz der Zahl der Chromosomen, welche den Gedanken nahe legte, es sei der Zweck dieses umständlichen Mechanismus in einer möglichst exacten Vertheilung der Kernqualitäten zu erblicken (Roux). Von besonderer Bedeutung waren des Weiteren die Entdeckungen, die zu einer ge- naueren Kenntniss des Befruchtungsvorganges führten. Auch hier trat die Rolle des Zellkerns wesentlich in den Vordergrund. Man erkannte das Wesen des Befruchtungsvorganges in einer Copulation 7J2 Zweiter Abschnitt. der Kerne (0. Hertwig und Fol) *). Es trat die schon von Weismann 1873 behauptete physiologische Gleichwertigkeit der männlichen und weiblichen Keimzellen immer mehr in den Vordergrund, wobei besonders die Gleichaitigkeit der Geschlechtskerne auffallend hervor- trat, während die Menge des von den beiderlei Keimzellen beigesteuerten Zellplasmas eine sehr verschiedene war. Wurde doch von manchen Seiten (Kölliker. Strasburger) behauptet, dass bei der Befruchtung von Seiten des männlichen Elements überhaupt nur der Kern über- wandere. War schon von dieser Seite die Aufmerksamkeit auf den Kern als den Träger der erblichen Anlagen gelenkt, so trat diese Auffassung noch mehr hervor, als durch van Beneden der Nachweis erbracht wurde, dass bei der Befruchtung die gleiche Zahl von Kern- schleifen väterlicher und mütterlicher Provenienz zusammentreten, um den ersten Furchungskern zu bilden und dass bei der nachfolgenden Ontogenese dies von beiden Eltern stammende Erbtheil auf jede Zelle des Körpers übertragen werden müsse (vgl. p. (384). Auf Grund dieser Befunde wurde von Strasburger, 0. Hertwig, Weismann, Kölliker u. A. das Chromatin des Kerns als Träger der erb- lichen Anlagen, als das Idioplasma Nägeli's in Anspruch genommen. Diese Ansicht erhielt eine weitere Stütze durch die genauere Erkenntniss der Reifungsvorgänge der Keimzellen. Schon Bütschli hatte die Ausstossung der Richtungskörperchen als einen Zelltheilungs- vorgang erkannt, und durch ihn, sowie durch Giard, 0. Hertwig und Fol wurde beobachtet, dass es sich hier um einen mitotischen Kern- theilungsvorgang handele (vgl. p. 539 u. 554). Man glaubte ein Ver- ständniss für die Bedeutung dieser vorbereitenden Theilungen ge- wonnen zu haben, als man beobachtete, dass die bei der Befruchtung mit einander copulirenden Kerne nur je die Hälfte der normalen Zahl von Chromosomen enthalten. Schon Strasburger hatte die Bedeutung der Ausstossung der Richtungskörperchen in einer Reduction der Masse des Idioplasmas auf die Hälfte erblickt, und in ähnlicher Weise sieht 0. Hertwig in diesem Vorgang eine Einrichtung zur Verhinde- rung der Summirung der Erbmasse, während nach Weismann dabei die Elimination besonders structurirter Theile des Idioplasmas (Ahnen- plasmen) bezweckt sei. Von Bedeutung wurde die von Platner und 0. Hertwig geförderte Erkenntniss, dass auch bei der Reifung der männlichen Keimzelle durch einen ganz homologen Vorgang die gleiche Reduction erzielt werde, wie im Ei, sowie ferner die durch Blochmänn, Weismann und Ishikawa festgestellte Thatsache, dass bei partheno- genetischen Eiern in der Regel die erwähnte Reduction der Schleifen- zahl unterbleibt, indem hier nur ein Richtungskörper (der erste) ge- bildet wird, während die zweite Reifungstheilung, durch deren eigen- artigen Mechanismus die Reduction gewöhnlich zu Stande kommen soll, hier unterbleibt, welcher Regel allerdings gewisse Ausnahmen gegen- über stehen (vgl. hierzu auch p. 570 ff., 572 u. 613 ff.). Es muss noch erwähnt werden, dass auch die Anschauungen über die feinste Zusammensetzung des Protoplasmas gegenüber der Auf- fassung Nägeli's von dem micellaren Aufbau desselben einer all- mäligen Aenderung unterlagen. Schon Brücke hatte 1861 darauf hingewiesen . dass wir der lebenden Substanz neben der molecularen *) Man vgl. hierzu auch p. 652 n. 675 ff. VI. Capitel. Eireifiing, Samenreifung und Befruchtung. 713 Zusammensetzung ihrer chemischen Constituenten noch einen com- plicirteren Bau zuschreiben müssen, welcher das Wesen der Or- ganisation ausmache. Man wurde dazu geführt, dem Protoplasma eine Zusammensetzung ans kleinsten Lebenselementen zuzuschreiben, welche von de Vkies als Pangene, von Wiesxer als Plasome, von Weismann als Biop hören bezeichnet wurden, wie denn auch ähn- liche Anschauungen der Altmann ' sehen Granulalehre zu Grunde liegen. Diese kleinsten Träger der Lebenseigenschaften haben zwar sämmtlich die allgemeinen Functionen des Lebens (Assimilation, Wachs- thum, Vermehrung durch Theilung etc.) gemeinsam, sind aber im Uebrigen von grosser Mannigfaltigkeit; denn auf ihrer Ver- schiedenheit beruhen die Differenzen im Bau und der Function aller protoplasniatischen Gebilde, also der Zellen und Zellorgane. Vor Allem musste eine derartige Zusammensetzung für das Idioplasma in Anspruch genommen werden. Wir haben im Vorhergehenden in Kurzem die Grundlagen an- geführt, welche — theils der Beobachtung entnommen, theils mehr speculativer Natur — den modernen Vererbungstheorien zur Stütze dienen. In den Jahren 1881—1892 treten uns vor Allem zwei Forscher entgegen, welche, in ihren Anfängen sich gegenseitig mehrfach be- einflussend, an dem Ausbau dieser Theorien beschäftigt sind : de Vries und Weismann. Beiden sind gewisse Grundlagen gemeinsam. Wenn wir die Ansichten Weismann's in den Vordergrund stellen, so tritt uns zunächst die Scheidung von Keimplasma und somatischem Plasma entgegen. Nach der von Weismann begründeten (wenn auch schon von Jäger, Rauber und M. Nüssbaum angebahnten) Lehre von der Continuität des Keimplasmas wird diese Substanz, welche, dem Idio- plasma Nageli's vergleichbar, als Träger aller erblichen Eigenschaften zu betrachten ist, durch die Keimbahnen hindurch unverändert von Generation zu Generation übertragen, während sie gleichzeitig in jedem Individuum in den somatischen Parthien des Körpers die ent- sprechenden Charactere zur Entfaltung bringt. Diese Auffassung konnte nur dann zu Grunde gelegt werden, wenn man die Lehre von der Beeinflussung des Keimplasmas durch „somatogene" Eigenschaften verwarf. Es ist das hohe Verdienst Weismann's, zuerst mit Klarheit und Consequenz auf die Grundlosigkeit der dem Laien nahe liegenden und lieb gewordenen Lehre von der Vererbung erworbener Eigen- schaften hingewiesen und gezeigt zu haben, dass die Thatsachen der Vererbung und Entwicklung sich auch ohne diese Annahme erklären lassen. Indem auf diese Weise die Forderung in Wegfall kam, einen Punkt aufzuklären, der der Vorstellung fast unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet, wurde die Theorie der Vererbung um ein Wesentliches entlastet. Aehnlich wie bei Galton konnte nun von dem bei Darwin angenommenen Transport der Keimchen und ihrer Samm- lung in den Keimzellen abgesehen werden. Indem das Keimpiasina als ein gegebener Grundstock angesehen wurde, blieben die Erschei- nungen der Entfaltung der Merkmale aus demselben, also die Phäno- mene der Ontogenese resp. das Latentbleiben derselben, ferner der ganze Kreis der mit der Amphimixis zusammenfallenden Erscheinungen, das Auftreten blastogener Variationen u. A. zu erklären. Als Sitz des Keimplasmas wird die chromatische Substanz in den Kernen der Fortpflanzungszellen resp. der Keimbahnen in Anspruch genommen. In wie weit die übrigen Zellen des Körpers den gesammten 714 Zweiter Abschnitt. Grundstock des Keimplasmas in ihren Kernen mit führen, darüber gehen die Ansichten von de Vries und Weismann aus einander. De Vries neigt sich der Auffassung zu, dass sämmtliche oder doch weitaus die meisten Zellen des Körpers die vollständige Erb- masse, d. h. die Fähigkeit zur Entwicklung aller Anlagen, in ihren Kernen enthalten. Dieselbe besteht aus der Summe der für die betreffende Species characteristischen „Pangene". Unter dem Namen „Pangene" begreift de Vries kleinste Lebenseinheiten der Ver- erbungssubstanz, welche als Anlagen verschiedener Eigenschaften der Zellen zu betrachten sind. Alle die verschiedenen, unzähligen und unendlich mannigfaltigen Merkmale der ausgebildeten Individuen sind auf die verschiedenen Combinationen dieser primären Eigenschaften zurückzuführen, welche als von einander unabhängig und in der ver- schiedensten Weise mischbar gedacht werden. Auf diese Art lässt sich die unendliche Mannigfaltigkeit im Reiche der Organismen aus verschiedenen Zusammenstellungen einer endlichen Zahl von ungleichen Pangenen erklären. De Vries bezieht sich zur Begründung dieses Gedankens auf die scheinbare Unabhängigkeit im Auftreten von Merk- malen bei verschiedenen Formen, auf gewisse Erscheinungen der Bastardirung, auf das selbstständige Variiren einzelner Merkmale etc. Mit Rücksicht auf diese, von de Vries angenommene Unabhängigkeit und freie Mischbarkeit der Eigenschaften verwirft er den Gedanken einer bestimmten Gruppirung der Pangene im Kern oder einer Zu- sammenordnung derselben zu höheren Einheiten. So lange die Pangene sich im Kern befinden, sind sie im All- gemeinen inactiv. Sie treten erst in Wirksamkeit, indem sie in ge- setzmässiger Weise aus dem Kern in das Zellplasma auswandern. Dass sich hierbei der Bestand der Pangene im Kern nicht erschöpft, erklärt sich aus der Fähigkeit der Vermehrung der Pangene durch Theilung. Es sind immer nur ganz wenige und bestimmte Pangene, welche im gegebenen Moment aus dem Kern in das Zellplasma über- treten, und, indem sie sich dort durch Theilung vervielfältigen und activ werden, die Gestaltungsprocesse der betreffenden Zelle beherr- schen. Diese Conception, welche von Weismann übernommen wurde, führte de Vries zur Aufstellung der Bezeichnung „intracelluläre Pan- genesis" für den Grundgedanken seiner Lehre. Im Uebrigen hat de Vries auch darauf hingewiesen, dass gewisse Zelleigenschaften resp. Zellorgane, wie Trophoplasten, Vacuolen etc. direct vom Zellleib der Mutterzelle auf ihre Descendenten ohne Inter- vention besonderer, im Kern befindlicher Anlagen vererbt werden können, in ähnlicher Weise, wie dies in neuerer Zeit von Doflein ausgeführt wurde. Während de Vries nur die allgemeineren Principien einer Theorie der Vererbung entwarf, hat Weismann in Jahre langer, immer fort- gesetzter Gedankenarbeit ein bis ins Detail ausgearbeitetes Gebäude einer solchen entworfen, welches in seinem Werke „Das Keimplasma, 1892" eine zusammenfassende Darstellung fand. Weismann fusst hierbei vor Allem auf der Annahme einer hoch complicirten Archi- tectonik des Keimplasmas und dessen gesetzmässiger Zerlegung durch qualitativ ungleiche Kerntheilung. Weismann ist im strengsten Sinne Präformationist. Für ihn er- klärt sich die unendliche Mannigfaltigkeit im Bau des ausgebildeten Individuums aus einer entsprechenden Complication in der Zusammen- setzung des Keimplasmas. Jedes einzelne, erblich übertragbare und VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 7K> durch die Fälligkeit selbstständiger Variation ausgezeichnete Merkmal der ausgebildeten Form ist im Keim du ich eine besondere Anlage (Determinante) repräsentirt , welche die betreffende Bildung aus sich durch innere Ursachen zur Entfaltung bringen kann. Ebenso erklärt sich die ganze wundervolle Gesetzmässigkeit im Ablauf der Ontogenese aus der complicirten Structur des Keimplasmas und aus besonderen, für diesen Zweck vorgesehenen Mechanismen. Während Darwin für die harmonische Entfaltung der einzelnen, nach einander zur Ausbildung kommenden Anlagen eine Affinität der Keimchen zu den bereits entwickelten Zellen in Anspruch genommen hat, beruht nach der Keimplasinatheorie von Weismann die ganze, von einfacheren zu immer complicirteren Zuständen fortschreitende Ontogenese auf einer schon im Keimplasma vorher bestimmten gesetzmässigen Zer- legung des Anlagenplasnias in entsprechende Anlagengruppen und auf einer successive erfolgenden Activirung der einzelnen Anlagen. Hier- bei spielt in Ausführung eines von Roux geäusserten Gedankens für die gesetzmässige Zerlegung des Anlagenplasnias die bei jeder Mitose erfolgende Längsspaltung der Chromosomen die Hauptrolle. Sie soll vielfach eine differentielle. d. h. erbungleiche sein, so dass den beiden Tochterzellen Idioplasma von verschiedener Zusammensetzung über- tragen wird. Für Weismaxx beruhen demnach die gesetzmässigen onto- genetischen Veränderungen des Idioplasmas, wie sie mit der Theilung der Eizelle beginnen und mit dem natürlichen Tode des Organismus ihr Ende linden, auf rein inneren, d. h. in der physischen Natur des Idioplasmas liegenden Ursachen, und zwar so, dass mit jeder Qualitäts- änderung des Idioplasmas auch eine Kerntheilung einher geht, bei welcher die differenten Qualitäten sich in die beiden Spalthälften der Chromatinstäbchen aus einander legen. Eine solche gesetzmässige Zerlegung des Keiniplasmas ist aber nur denkbar, wenn die einzelnen Anlagen und Anlagengruppen in demselben von Anfang an eine be- stimmte Lage zu einander einnehmen. Es wird dem Keimplasma, ähnlich wie von Nägeli, eine phylogenetisch erworbene, complicirte Architectonik zugeschrieben. Jedes einzelne, erblich übertragbare Merkmal, durch welches eine Species sich von einer anderen, ein Individuum von einem anderen unterscheidet . muss durch eine besondere Anlage (Determinante) im Keimplasma vertreten sein. Denn dieses Merkmal, z. B. ein Mutter- mal, ein Grübchen der Haut an bestimmter Stelle, ein besonders ge- färbter Fleck auf einem Schinetterlmgstiügel etc. ist ja nur dadurch entstanden, dass die betreffende Stelle unabhängig von den übrigen Körperparthien sich verändert hat. Da aber nur blastogene Variationen erblich übertragbar sind, so müssen im Keimplasma gesonderte An- lagen für die betreffenden Theile vorhanden sein. Diese werden als Determinanten bezeichnet und sind im Allgemeinen als Gruppen von Biophoren aufzufassen. Mit dem Namen Biophoren be- zeichnet Weismann ungefähr dasselbe wie de Vries mit dem Namen Pangene; es sind kleinste Lebenseinheiten, die alles Plasma zu- sammensetzen und in inactivem Zustande im Idioplasma als Träger von Zelleigenschaften aufgefasst werden. Für die xVctivirung dieser Qualitäten nimmt Weismann mit de Vries au. dass die Biophoren aus dem Kern auswandern und sich im Zellplasnia vermehren. Während demnach die Biophoren als die repräsentativen Theilchen für Zell- eigenschaften zu betrachten sind, werden wir in den Determinanten Kor schel t-He ider. Lehrbuch. Allgemeiner Theil. II. Lief. 1. u. 2. Aufl. 46 y 2G Zweiter Abschnitt. meist die Bestimmungsstücke für ganze Zellen resp. für Zellgruppen zu erblicken haben. Die Determinante muss sich in ihre Biophoren auflösen, um die ihr inhärirenden Qualitäten zur Entfaltung zu bringen. Da ss die Auflösung der verschiedenen Determinanten je in einem ganz bestimmten Momente erfolgt, nämlich dann, wenn dieselben in jene Zelle gelangt sind, die sie zu bestimmen haben, das erklärt sich aus einer für jede Determinante genau normirten Inactivitätsperiode oder , wenn man so will , aus einem für die verschiedenen Determi- nanten verschieden lang dauernden Reifungsprocess derselben. Es ergibt sich hieraus ein sehr complicirter Bau des Keimplasmas. Doch werden wir nicht annehmen müssen, dass jede einzelne Zelle des Körpers durch eine besondere Determinante vertreten sein muss. Da die Determinanten die Fähigkeit haben, sich durch Theilung zu vervielfältigen, so können viele gleichartige Zellen, z. B. die rothen Blutkörperchen, nur durch eine Determinante im Keimplasma vertreten sein, und dieser Gesichtspunkt dürfte wohl für viele Fälle Anwendung finden. Es müssen aber dann die relativen Lagerungsbeziehungen der Determinanten im Keimplasma ganz andere sein als die der ent- sprechenden entwickelten Gebilde. Das Keimplasma enthält also nicht etwa ein Miniaturbild der ausgebildeten Form. Die Determinanten gruppiren sich zu höheren Einheiten. Der Gesammtcomplex aller Determinanten, welche zusammen alle Zellen des Körpers bestimmen, also ein Individuum zu liefern im Stande sind, wird von Weismann als Id bezeichnet. Das Id enthält somit die Summe aller Anlagen, welche zur Herstellung eines Individuums noth- wendig sind. Nach gewissen Ueberlegungen , die hauptsächlich aus einer Betrachtung der Verhältnisse bei der geschlechtlichen Fort- pflanzung und gewisser Vererbungsphänomene erflossen, nimmt Weis- mann in jeder Keimzelle eine grössere Zahl von Iden an. Er ver- muthet die Ide in den färbbaren Microsomen der Kernschleifen (Chromosomen — Idanten). Jedem Id kommt eine historisch über- lieferte Architectur zu . und es hat die Fähigkeit, sich durch Thei- lung zu vermehren, wodurch dann — wie bei der Längsspaltung der Chromosomen — identische Ide erzeugt werden. Die Ontogenese beruht auf einer gesetzmässigen Zerlegung des Ids in immer kleinere Determinantengruppen, wobei für die gesetz- mässige Vertheilung derselben in erster Linie maassgebend ist die ererbte Architectur des Keimplasmas, in zweiter Linie die ungleich rasche Vermehrung der verschiedenen Determinanten und gewisse Kräfte der Anziehung, welche die Determinanten in ihrer Lage er- halten. Durch diese Annahmen werden die Erscheinungen der nor- malen Ontogenese in befriedigender Weise erklärt. Die Theorie leistet aber noch mehr. Es ist hier nicht der Ort, näher auszuführen, wie durch die Annahme einer grösseren Zahl von Iden und der mannigfaltigen Art ihres Zusammenwirkens bei der Ent- wicklung eine ganze Anzahl von Erscheinungen der Vererbung bei amphigoner Fortpflanzung in einer Weise sich erklären lassen, welche die Leistungsfähigkeit der Theorie in bestem Lichte zeigt, Nur in Kurzem kann angedeutet werden, dass Weismann die beim Reifungsprocess der Keimzellen eintretenden Reductionstheilungen und die Vereinigung der Keimzellen bei amphigoner Zeugung als ein Mittel betrachtet, um immer neue Id-Combinationen herzustellen und somit dem Selectionsprocess ein immer neues Material von unter VI. Capitel. Eireiftrog, Samenreifung und Befruchtung. 71 t einander verschiedenen Individuen darzubieten, so dass hierin der Zweck der Amphimixis (Vereinigung der Individuen bei amphigoner Zeugung) zu erblicken sei. Wenn somit die Amphimixis durch Her- stellung immer neuer Combinationen als eine Quelle individueller Variation zu betrachten ist. so kann sie doch nicht die letzte Wurzel erblicher Variation sein. Letztere ist zu suchen in Schwankungen des Gleichgewichtes des Determinantensvstems, welche auf ungleicher Ernährung resp. ungleicher Assimilationskraft der Determinanten be- ruht. Es sei erwähnt, dass Weismann unter Zugrundelegung dieser Annahme und durch Ausführung des Principes der Germ in al- Selection (eines zwischen den Anlagen im Keimplasma zur Geltung kommenden Processes der Intraselection nach dem Muster des von Roux aufgestellten Principes des „Kampfes der Theile im Organismus") dazu geführt wurde, eine Erklärung der scheinbar als Folge von Gebrauch und Nichtgebrauch sich ergebenden Variationen, des Auf- tretens rein morphologischer Charactere, sowie bestimmt gerichteter Variation zu geben. Die Erscheinungen des Vorwiegens der Merkmale eines der beiden Eltern in den Nachkommen, sowie die des Rückschlages und der latenten Vererbung lassen sich aus der ungleichen Wirksamkeit der verschiedenen Ide des Keimplasmas resp. der ihnen entstammenden homologen Determinanten bei der Bestimmung der Charactere er- klären. Es wird somit ein bei jeder Ontogenese sich geltend machender Kampf der Ide angenommen, bei welchem die in grösserer Zahl vorhandenen oder mit grösserer Assimilationskraft begabten Determinanten in der Bestimmung der Merkmale das Uebergewicht er- halten. Mit Rücksicht auf den bei manchen Formen sich zeigenden Poly- morphismus der Individuen (heteromorphe Ausbildung der Geschlechter, Generationswechsel etc.) musste das gelegentliche Vorkommen von Doppel- Iden resp. Doppel-Determinanten angenommen werden. Aus diesem kurzen Ueberblick ergibt sich, dass unter Zugrunde- legung der WEisMANN'schen Annahmen eine Fülle von Erscheinungen der Vererbung sich in befriedigender und einfacher Weise erklären lassen. Es sind darunter Erscheinungen complicirter Natur, die z. Th. bisher durch keine andere Theorie zu erklären waren. Dagegen musste Weismann mit Rücksicht auf die Phänome der Regeneration und der ungeschlechtlichen Fortpflanzung eine Hilfsannahme einführen. Da das Keimplasma bei der Ontogenese zerlegt und gewissermaassen aufgebraucht wird, so enthält das zum Zweck einer bestimmten Ent- wicklung activirte Keimplasma nur die Fähigkeit, die betreffenden Organe des Körpers einmal herzustellen. Wenn trotzdem ein Organ nach Verlust ersetzt werden kann oder durch Knospung neue Indi- viduen entstehen, so muss man annehmen, dass den betreffenden Zellen der somatischen Bahnen für diesen Zweck besondere Ersatz- determinante n, sog. Nebenidioplasma, mitgegeben sind, welche bestimmt sind, vorkommenden Falls der betreffenden Leistung vorzustehen. Die durch diese Annahme geschaffene Complication der Auffassung hat vielfach Bedenken erregt. Weismann ist daher auch bemüht, die Regenerationsfähigkeit der Individuen als eine zu be- sonderen Zwecken gezüchtete Fähigkeit hinzustellen, für welche dem- nach auch besondere Mechanismen vorgesehen sein konnten. Die Ansichten Weismann's haben grossen EinÜuss auf den weiteren Ausbau der Vererbungs- und Entwicklungstheorien ge- 46* 718 Zweiter Abschnitt. wonueii. Eine ganze Anzahl von Forschern hat sich in zustimmendem Sinne geäussert. So hat vor Allem Roux bezüglich der Erklärung der Erscheinungen der Ontogenese bei normalem Ablauf Principien aufgestellt, die sich mit denen Weismann's vielfach berühren. Indem Roux die Ansicht Weismann's von der differentiellen Wirksamkeit der Mitose acceptirt, kommt er dazu, für die normale (directe oder typische) Form der Entwicklung die Mosaiktheorie (Theorie der Entwicklung aus selbstständigen, unabhängigen Theilen des Keimes) zu begründen, welche er allerdings zunächst nur für die vier ersten Blastomeren des Froscheies formulirte und mit gewissen Einschränkungen gelten liess, indem nebenbei immer correlative Processe angenommen werden. Letztere treten in besonderer Weise bei den Phänomenen der indirecten oder atypischen (correlativen) Entwicklung in Wirk- samkeit, welche sich bei der Ausgleichung von Störungen der mannig- fachsten Art, bei dem Ersatz von Theilen durch Regeneration und Postgeneration etc. geltend machen. Zur Erklärung der letzteren wird das Vorhandensein von Ersatzdeterminanten und Nebenidioplasmen angenommen. Von anderer Seite haben die Lehren Weismann's vielfache An- fechtungen nach den verschiedensten Richtungen erfahren. So war es zunächst die Lehre von der Continuität des Keimpiasinas resp. die Scheidung des Keimplasmas in eine somatische und propagative Hälfte, welche besonders bei den Botanikern, aber auch bei einer Reihe be- deutender Zoologen Widerspruch erregte. Doch hat gerade dieser Punkt durch Beobachtungen auf embryologischem Gebiete eine Stütze gewonnen, indem neuerdings in den verschiedensten Thiergruppen ein ausserordentlich frühzeitiges Auftreten der Keimzellenanlage im Embryo beobachtet werden konnte, so dass in manchen Fällen that- sächlich von einer directen Continuität der Keimzellen gesprochen werden kann. Besonders beweiskräftig nach dieser Richtung sind die von Boveri aufgeklärten und von Anderen bestätigten Differenzirungs- processe im Keime der Nematoden, bei denen die Trennung von so- matischen und Keimbahnzellen schon vom zweizeiligen Furchungs- stadium ab zu beobachten ist und durch gewisse Kernveränderungen (Chromatin-Diminution) erfolgt, Processe, welche wir oben (Allg. Th. ]». 375) eingehender geschildert haben. Auch sonst ist es vielfach ge- lungen, gesonderte Keimbahnen durch Beobachtung direct nachzu- weisen. Wir haben die einschlägigen Angaben oben (Allg. Th. p. 368 u. f.) zusammengestellt, so dass wir hier nicht ausführlicher auf dieselben zurück zu kommen genöthigt sind. In engstem Zusammenhange mit der Lehre von der Continuität des Keimplasmas steht die vielumstrittene Frage nach der Vererbung erworbener Eigenschaften. Der vielfach hervorgehobene Umstand, dass wir uns keinen Mechanismus denken können, durch welchen Veränderungen, die den Personaltheil des Individuums (das Soma) betreffen, die in den Keimzellen befindliche Aulagensubstanz derart beeinflussen können, dass aus ihr bei den folgenden Ontogenesen die nämliche Modifikation reproducirt wird, kann nach unserer Ansicht nicht gegen die Lehre von der Vererbung erworbener Eigenschaften angeführt werden. Denn es handelt sich hier vielleicht nur um einen speciellen Fall des von Driesch formulirten Localisationsproblems, dessen Lösung wir bisher vergeblich suchen. Man kann nur sagen, dass die Uebertragung somatogener Abänderungen auf die Keimzellen VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 7H' vielleicht noch etwas schwerer vorzustellen ist als die Entwicklung irgend welcher morphologischer Charactere während der Ontogenese, da es sich hier ja auch um ein „umgekehrt" verlaufendes Ent- wicklungsphänomen (um eine Involution anstatt einer Evolution) handeln müsste. Eine weitere Frage ist die, ob die Erscheinungen zweckmässiger Anpassung der Organismen an ihre Function, wie sie als scheinbare Folge von Gebrauch und Nichtgebrauch der Organe uns entgegen tritt, und die im Laufe der Generationen erfolgende Fixirung und Steigerung derartiger Anpassungen uns nöthigen oder mit Wahrscheinlichkeit dazu führen, eine Vererbung erworbener Eigen- schaften anzunehmen. Das ist ja der Standpunkt des Lamarekismus, der in neuerer Zeit noch von vielen Forschern, so von Eimer, Haacke, Haeckel, 0. Hertwig, Romanes, Spencer. Mehxert und vielen Anderen, vertreten wurde. Weismann hat — unserer Ansicht nach mit Recht — darauf hingewiesen, dass eine Nöthigung zu dieser An- nahme nicht vorliegt, indem man derartige Erscheinungen zweck- mässiger Anpassung unter Zugrundelegung des Princips der Selection und unter Zuhilfenahme gewisser dem Roux'schen Princip des „Kampfes der Theile" nachgebildeter Hilfsaunahmen genügend er- klären kann. Finden sich doch ähnliche Zweckmässigkeiten in Fällen, bei denen von Uebung, von Gebrauch und Nichtgebrauch nicht die Rede sein kann. Wir verweisen diesbezüglich besonders auf die gegen Spencer sich richtenden Schriften Weismanns (Neue Gedanken zur Vererbungsfrage, Allmacht der Naturzüchtung, Germinalselection), sowie auf die Darstellung dieses Problems in seinem neuen Werke: Vorträge über Descendenztheorie. Bezüglich der Frage, ob Thatsachen bekannt geworden sind, welche für eine Vererbung erworbener Eigenschaften sprechen, müssen wir sagen, dass in der unendlichen Menge darauf bezüglicher An- gaben viel Unkritisches mit untergelaufen ist, so dass kaum ein wohl- constatirter. nicht anfechtbarer Fall zu nennen ist, der nicht auch auf andere Weise seine Erklärung finden könnte. Es soll zugegeben werden, dass manche Fälle einer anderen Erklärung beträchtliche Schwierigkeiten bereiten, indem sie dafür zu sprechen scheinen, dass Veränderungen, die durch Ausübung einer bestimmten Function er- worben sind, durch Vererbung fixirt werden. Einen besonders suggestiven Fall dieser Art hat neuerdings Leche angeführt. Von mehreren Seiten ist auch mit Recht auf die Unsicherheit in der Be- stimmung des Begriffs „erworbene Eigenschaft", wie er bei den ver- schiedenen Autoren gefasst wird, hingewiesen worden. Eine lehr- reiche Zusammenstellung der diesbezüglichen Beobachtungen und Ansichten hat Rohde geliefert, während neuerdings Ribbert in einem gehaltvollen Vortrag hauptsächlich die Frage der Vererbung moralischer Qualitäten, sowie krankhafter Dispositionen behandelt hat. Alles, was bezüglich der Vererbung von Dressur bei Hausthieren, von erworbenen Instinkten etc. angeführt worden ist, ist wohl nicht stichhaltig, wie denn auch die Beobachtungen über Vererbung erworbener Immunität sich auf andere Weise erklären lassen. Hinsichtlich des vielfach an- geführten Versuches von Brown- Sequard über künstlich erzeugte Epilepsie bei Meerschweinchen und deren Vererbung sei auf ein Referat von E. H. Ziegler (1900) verwiesen, aus welchem sich ergibt, dass die diesbezüglichen Beobachtungen für die Entscheidung dieser Frage nicht verwerthbar sind. Vielfach sind auch die neueren Versuche von ( 2l ) Zweiter Abschnitt. Standfuss und Fischer über künstlich erzielte Modificationen von Schmetterlingen, welche durch Temperatureinflüsse etc. hervorgerufen ■wurden und z. Th. sich als erblich erwiesen haben, für diese Ansicht in Anspruch genommen worden. Aber in diesen Fällen kann es sich um eine directe Beeinflussung des in der Puppe vorhandenen Keim- materials gehandelt haben. Im Allgemeinen können wir unserer Ueber- zeugung dahin Ausdruck geben, dass eine wirkliche Vererbung er- worbener Eigenschaften bisher durch Beobachtung nicht festgestellt ist, und dass die Erscheinungen zweckmässiger Anpassung uns nicht zu dieser Annahme nöthigen. Auch die übrigen Vorstellungen, auf Grund deren Weismann die Thatsachen der Ontogenese zu erklären versuchte, waren gewissen Anfechtungen unterworfen. Zwar wird die Grundannahme, dass wir im Zellkern den Sitz der formbestimmenden Factoren und in der Chromatinsubstanz des Kerns das Idioplasma Nägeli's zu erblicken haben, derzeit wohl von der Mehrzahl der Forscher getheilt, und es kann diese Annahme wohl auch als eine wohlbegründete bezeichnet werden. Wir haben oben (Allg. Th. p. 147 und ff.) die bedeutungs- vollen Thatsachen kurz zusammengestellt, welche für diese Annahme sprechen. Es wurde dort (p. 152) auch darauf hingewiesen, dass manche Forscher auch dem Centrosoma einen gewissen Antheil an der Beeinflussung der specifischen Ausgestaltung der Organismen zu- erkennen wollen (Ziegler, Zur Strassen, Doflein), während von Anderen besonders die Wechselbeziehungen zwischen Kern und Zell- plasma in den Vordergrund der Betrachtung gestellt wurden. So hat sich — wie an früherem Orte ausführlich dargestellt wurde (p. 140 und ff.; vgl. auch p. 178 und ff.) — besonders durch die neueren Untersuchungen auf diesem Gebiete die Thatsache ergeben, dass die- jenigen Factoren, welche die ersten Differenzirungsprocesse der Onto- genese (die Furchung etc.) vermitteln, hauptsächlich im Zellproto- plasma, in der Vertheilung der Dottersubstanzen etc. gegeben sind. Ein neuer, nach dieser Richtung besonders instructiver Fall ist durch Boveri's Untersuchungen über die Polarität im Ei von Stron- gylocentrotus lividus bekanntgeworden (vgl. p. 673). Der Wider- spruch, der darin gelegen ist, dass man für gewisse Formbestimmungen das Protoplasma des Eies verantwortlich gemacht hat, während im Uebrigen und Allgemeinen der Kern als Vererbungsträger betrachtet wird, lässt sich durch die Annahme einer wechselseitigen Beeinflussung von Kern und Zellplasma wohl überwinden. Nach Boveri hängen nur die ersten und einfachsten Differenzirungen von der Anordnung der Substanzen im Eiplasma ab: die Polarität und Bilateralität. „Die Structur des Eiplasmas besorgt, wenn ich so sagen darf, das rein ,Promorphologische' , sie gibt die allgemeinste Grundform, den Rahmen, in welchem dann alles Specifische vom Kern ausgefüllt wird. Oder auch so Hesse sich das Verhältnis vielleicht ausdrücken, dass die einfache Protoplasmadifferenzirung dazu dient, die Maschine, deren essentieller und wahrscheinlich höchst complicirter Mechanismus in den Kernen liegt, zum Anlaufen zu bringen." Der Gedanke, dass im Allgemeinen das Zellprotoplasma die auslösenden Factoren ent- hält, durch deren Wirksamkeit die in den Kernen schlummernden Potenzen activirt werden, während andererseits durch die so activirte Thätigkeit der Kernsubstanzen wieder das Zellplasma speeifisch be- cinflusst wird, kann vielleicht überhaupt einer Erklärung der im VI. Capitel. Errettung, Samenreifung und Befruchtung. ,^] Laufe der Entwicklung hervortretenden Differenzirungen zu Grunde gelegt werden, so dass wir auf diese Weise zu einer mehr epigenetischen Theorie der Entwicklung geführt werden. Ein solcher Gedanke wurde seiner Zeit von Driesch (Analyt. Theorie) und von 0. Hertwig und neuerdings wieder von Boveki vertreten (vgl. oben Allg. Th. p. 153). Bei einer derartigen Auffassung wird die Annahme einer differentielleu Wirksamkeit der mitotischen Kerntheilung und der Zerlegung des Keimplasmas in qualitativ verschiedene Theilstücke durch dieselbe überflüssig. Diese Annahme war es besonders, welche die meisten Bedenken erregt hat. Wir haben oben (Allg. Th. p. 155 ff.) die Hauptgründe, die gegen dieselbe geltend gemacht wurden, auf- geführt und unter ihnen hauptsächlich die Versuche über Bruchstück- furchung und über Furchung unter Pressung hervorgehoben. In der That ist es nur ein zum Zweck der Hypothese angenommener Theilungsmodus, für dessen Vorkommen eigentlich kaum Thatsachen namhaft gemacht werden können, wahrend Manches dagegen spricht. Wenn wir uns demnach der Ansicht zuneigen, dass nur erbgleiche Kerntheilung angenommen werden dürfe, so wollen wir es ununter- sucht lassen, ob theoretisch sämmtlichen Kernen Totipotenz zuerkannt werden muss, oder ob vielleicht durch anderweitige, oben angedeutete Differenzirungsprocesse die Kerne in ihren idioplasmatischen An- theilen derart dauernd verändert werden, dass die Möglichkeit zu einer Rückkehr zu den ursprünglichen im Ei gegebenen Zuständen des Idioplasmas ausgeschlossen ist. Für die letztere Annahme würde die mit der zunehmenden Differenzirung des Keimes einhergehende Einengung der Potenzen und die vielfach zu beobachtende frühzeitige Absonderung des Germinalantheiles des Keimes zu sprechen scheinen. Im Allgemeinen muss hervorgehoben werden , dass die Er- mittlungen der neueren experimentellen Forschungen auf dem Gebiete der Embryologie den grundlegenden Anschauungen der WEiSMANN'schen Theorie der Ontogenese wenig günstig gewesen sind. Während nach Weismann im Keimplasma nicht nur ein äusserst complicirtes System mehr oder weniger gesonderter Anlagen gegeben sein sollte, sondern auch gleichzeitig für alle an diesem System sich später geltend machenden Veränderungen besondere Mechanismen vorgesehen sein sollten, wobei eine weitgehende Fähigkeit der Selbstdinerenzirung der einzelnen Anlagen angenommen werden konnte, haben gerade die experimentellen Forschungen, über welche wir in Capitel II (Das Determinationsprobleni) und an anderen Orten berichtet haben, die correlativen Beziehungen der Theile des Embryos und den Einiiuss, den das Ganze auf seine Theile ausübt, in den Vordergrund der Be- trachtung gerückt. Fast durchweg scheint die erste Bestimmung der Zellen für ihr späteres Schicksal auf abhängiger Differenzirung zu beruhen, und es ergibt sich für die Embryonen vieler Formen eine weitgehende, ja oft fast unglaubliche Fähigkeit, alle möglichen, künst- lich gesetzten Störungen auszugleichen, Defecte zu ergänzen und sich in neue Verhältnisse zu fügen, um so auf anderem Wege zu einem annähernd normalen Entwicklungsresultat zu gelangen. Es erscheint kaum denkbar, dass die Natur für alle diese künstlich ge- setzten Störungen besondere Mechanismen der Regulation vorgesehen haben sollte. Weismann hatte diese Vorkommnisse zum Theil durch die Hilfsannahme von Nebenidioplasma (Ersatzdeterminanten) zu er- klären gesucht und dadurch neue Complicationen geschaffen, durch 722 Zweiter Abschnitt. welche sein Hypothesenbali bedenklich belastet wurde, und welche — wie 0. Hertwig hervorhol) — ihn zum Theil in Widerspruch mit seineu Grundannahmen brachten. Dass die Fähigkeit der Organismen, alle möglichen Störungen der Entwicklung durch regulatorische Vorgänge auszugleichen . eine besondere Schwierigkeit für alle jene Hypothesen darstellt, welche mit präformationistischen Annahmen arbeiten , wurde schon von Bonnet (1775) empfunden. In der That schienen auch in dem vor- liegenden Falle diese Schwierigkeiten so erheblich, dass zahlreiche Forscher sich von dem Gedanken einer rein präformationistischen Entwicklungslehre abwandten und in Andeutungen oder ausführlicheren Darstellungen die Begründung einer mehr epigenetischen Theorie der Ontogenese versuchten. In dieser Richtung haben sich vor Allem die Aufstellungen von Haacke, Delage, 0. Hertwig, Driesch (Analyt. Theorie [1894]), Kassowitz, le Dantec u. A. bewegt. Allerdings muss zugestanden werden, dass alle auf dieser Grund- lage fussenden Darstellungen der Vererbungs- und Entwicklungslehre eigentlich auf dem Gebiete der Kritik mehr und Hervorragenderes geleistet haben als durch selbstständige, constructive Thätigkeit. Ein dem WEisMANN'schen Hypothesenbau vergleichbares System von An- schauungen, welches in gleicher Weise in's Detail durchgeführt wäre und die Anwendbarkeit der Theorie auf alle möglichen zu erklärenden Fälle aufzeigt, ist nicht wieder errichtet worden. Am ehesten könnte hier noch 0. Hertwig's Theorie der Biogenesis Erwähnung rinden. Es liegt dies in der Natur der Sache , dass eine Entwicklungstheorie, welche die Production von Mannigfaltigkeit nicht als ein einheitliches Phänomen betrachtet, sondern die verschiedenen ontogenetischen Pro- cesse als durch die mannigfaltigsten Wechselwirkungen bedingt und als durch Heize verschiedener Art ausgelöst auffasst, nicht in der Lage sein wird , im Einzelnen die Wege anzugeben , deren sich die Natur bei diesen Vorgängen bedient. Es wird sich hier vorläufig mehr darum handeln, nachzuweisen, dass bei Zugrundelegung derartiger Annahmen eine befriedigende Erklärung der Entwicklungsphänomene möglich oder denkbar ist. Nach dieser Richtung scheinen uns die Ausführungen von Delage in seiner „Theorie des causes actuelles" besonders glücklich. Aber im Wesentlichen handelt es sich doch nur um die Durchführung des eingangs erwähnten Gedankens von Herbst, dass wenn für das befruchtete Ei die äusseren Bedingungen dieselben sind, wie bei der vorhergehenden Ontogenese, dann nothwendiger Weise aus dem letzteren wieder dasselbe hervorgehen muss, d. h. wieder dieselbe Kette von Ursachen und Wirkungen vom Ei bis zum Ei resp. Spermatozoon durchlaufen werden muss; wobei noch hinzuzufügen ist, dass die Ursachen für die einzelnen, als Glieder dieser Kette sich darstellenden Processe nicht als schon im Ei gegeben gedacht, sondern als durch das Entwicklungsgeschehen selbst gesetzt angenommen werden. Am meisten lassen uns die epigenetischen Theorien bezüglich der Erklärung der complicirteren- Vererbungsphänomene im Stiche. Die bei der Bastardirung hervortretenden Erscheinungen der Mischung resp. Entmischung der Charactere , die Thatsachen der latenten Ver- erbung, die Erscheinungen des Polymorphismus der Individuen und Anderes sind nach dieser Richtung anzuführen. Während auf diesem Gebiete die WEiSMANN'sche Theone sich als besonders sattelfest er- weist, müssen wir bei Zugrundelegung epigenetischer Annahmen uns VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung' und Befrachtung. 723 begnügen, diese Erscheinungen als mannigfaltige Reactionen der Keim- substanz auf die verschiedenen im gegebenen Falle vorliegenden Be- dingungen hinzunehmen, ohne diesen Processen im Einzelnen näher nachgehen zu können. Da sich sonach die verschiedenen epigenetischen Theorien der neueren Zeit vielfach mehr als blosse Apercus denn als durchgeführte Systeme geben, so ist es vielleicht eine Sache von geringerer Wichtig- keit, den individuellen Varianten der einzelnen Autoren näher nach- zugehen, und würde uns dies auch zu weit führen. Hier sei nur Einiges in Kurzem erwähnt, Einen besonderen Standpunkt nimmt Haacke ein. Er verlegt den Sitz der formbildenden Factoren in's Zellprotoplasma. Der Zellkern wird nur als StoffwechselorLran be- trachtet. Indem Haacke von den geometrischen Grundformen der Organismen ausgeht, kommt er zur Annahme bestimmt geformter, aus Combinationen von rhombischen Säulen bestehender Protoplasma- theilchen, sog. Genimarien, die aus kleinsten, krystallähnlichen Körperchen, Gemmen, zusammengesetzt sein sollen. Aus der ver- schiedenen Gestalt der Gemmarien und ihren Combinationen soll sich sodann die Gesammtform des betreffenden plasmatischen Gebildes ergeben. Im Wesentlichen stellt sich die auf diese Grundvorstellung gegründete Theorie der Ontogenese als eine weitere Ausführung ge- wisser Annahmen H. Spencers dar, der ja auch den Organismus mit einem Krystall verglichen hat und zur Erklärung der Thatsachen der Entwicklung und Regeneration eine Zusammensetzung der Organismen aus polar gerichteten Einheiten (Units) annahm. Aehnliche Vor- stellungen haben Rauber zu seinen Studien über die Regeneration der Krystalle veranlasst. Immerhin möchten wir ihnen mehr den Werth eines Gleichnisses, als eines wirklich erklärenden Principes zuschreiben, und können aus diesem Grunde die rein speculativen Grundannahmen Haacke's nicht theilen, wenn wir auch den Werth vieler seiner Auseinandersetzungen, die zum Theil durch die Resultate eigener Züchtungsexperimente gestützt sind, durchaus anerkennen. Sehr nahe berühren sich die Ansichten, welche Driesch seiner „Analytischen Theorie der organischen Entwicklung" zu Grunde legte, mit denen 0. Hertwig's. Indem Driesch seinen Ausführungen den Satz zu Grunde legte, dass das Schicksal der Zellen durch ihre Lage im Ganzen bestimmt werde, wurde er zur Aufstellung des Begriffes der ..Position" geführt. Die Zellen des Embryos sollen vielfach bezüglich ihrer späteren Differenzirung durch „Position" bestimmt sein. Damals (1894) vertrat Driesch die Ansicht, dass es möglich sei, die Positions- wirkungen auf Inductionswirkungeu zurück zu führen, und es traten somit für die causale Erklärung der formbildenden Processe die Reizwirkungen in den Vordergrund. Es ist ein Verdienst von Driesch, in der genannten Schrift den Auslösungscharacter der ontogenetischeu Processe besonders hervorgehoben zu haben. Herbst verdanken wir eine werthvolle systematische Zusammenstellung der auf dem Gebiete der formativen Reize festgestellten Thatsachen. Es wird sonach in Driesch' Analytischer Theorie die gesammte Ontogenese in eine Reihe einzelner, ausgelöster P^ffecte aufgelöst, wobei die Zellkerne, welche als Träger der erblichen Anlagen betrachtet werden, sich die Totalität der Potenzen bewahren und nur im einzelnen Falle ihre forin- bestimmende Wirksamkeit in verschiedener Weise bethätigen. je nach- dem einzelne dieser Anlagen vorübergehend activirt werden. Driesch y24 Zweiter Abschnitt. meint, man könne sich die verschiedenen Anlagen im Kern etwa als ein Gemenge von fermentartigen Stoffen vorstellen und sei nicht ge- nöthigt , eine besondere complicirte Structur des Anlagenplasmas an- zunehmen*). Die auslösenden Ursachen für die Activirung der An- lagen sind zunächst im Zellprotoplasma zu suchen, während anderer- seits das Plasma durch die Thätigkeit des Kerns wieder selbst ver- ändert und so die Grundlage für einen neuen ontogenetischen Elementarprocess geschaffen wird. Indem hier Driesgh auf den Chemismus der Zelle besonderes Gewicht legte , berühren sich seine Ansichten mit Andeutungen von Sachs und Loeb, in denen ..organbildende Stoffe" eine gewisse Rolle spielen. Wir entnehmen der Abhandlung von Loeb diesbezüglich Folgendes: „Sachs geht davon aus, ,dass mit den Formverschieden- heiten der Organe materielle Substanzverschiedenheiten derselben ver- bunden sind', und dass wir .nach den in der gesammten Naturwissen- schaft geltenden Principien annehmen müssen , dass aus diesen jene causal abzuleiten sind'. — ,Wir werden ebenso viele specifische Bildungsstoffe annehmen müssen, als verschiedene Organformen an einer Pflanze zu unterscheiden sind.' Die specifischen organbildenden Substanzen werden durch äussere Einflüsse, speciell durch die Schwere und das Licht ,in der Art afficirt, dass dadurch in gewissen Fällen die räumliche Anordnung verschiedener Organe bestimmt wird'. Die monströse Entstehung eines Organs an einer Stelle, wo normal ein anderes Organ entsteht — also den von uns als Heteromorphose be- zeichneten Fall — erklärt Sachs so, dass die specifischen Substanzen des normalen Organs an der typischen Stelle fehlten und dafür die specifischen Bildungsstoffe eines anderen Organs dahin gelangten." Noch später hat Driesch bei der Neubildung der Tubulariaköpfchen vermuthungsweise einem hydranthenbildenden , körnigen, rothen Stoff eine gewisse Rolle zugeschrieben, ist aber neuerdings in Folge der Ermittlungen N. M. Stevens' von dieser Vermuthung abgekommen. Erst neuerdings hat Loeb wieder darauf hingewiesen , dass die Orga- nismen in erster Linie als chemische Maschinen zu betrachten sind, und dass der Process der embryonalen Entwicklung durch eine Reihe chemischer Stoffumsätze determinirt werde. Die Geschlechtszellen seien durch eine bestimmte Gruppirung von Enzymen und Zymogenen ausgezeichnet, und letztere müssten als die wahren Träger der Ver- erbung betrachtet werden. Es sei erwähnt, dass auch le Dantec in seinen Aufsätzen über Vererbung den Chemismus in den Vordergrund der Betrachtung stellt. Die Ausführungen dieses Autors, die einen stark schematischen Character zeigen , sind desshalb zu erwähnen, weil in ihnen gewisse biologische Thatsachen der Bacterienkunde herangezogen erscheinen, die bisher noch nicht in diesen Zusammen- *) Hierzu bemerkt Driesch neuerdings: „Es wäre besser gewesen und doch auch materialistisch geblieben, wenn ich mich an Stelle der Annahme jenes Keni- ge misches den, von mir übrigens als nicht unannehmbar bezeichneten, Ansichten von De Vries in gewissem Grade angeschlossen hätte, und Solches hätte trotz Ablehnung jeder Art von Zerlegungstheorie sehr wohl geschehen können, indem angenommen wäre, dass der überall total vorhandene Kern eine Structur be- sitze, der es vor Allem eigen sei, dass ihre einzelnen Konstituenten nur in be- stimmter Reihenfolge zur Activität durch Auslösung seitens der Plasma- differenzen und später geschaffener Verschiedenheiten wachgerufen werden könnten." (Org. Regulationen, 1901, p. 188.) VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. , 25 hang gebracht wurden und wenigstens als Analogien Verwendung linden können. Während bei den genannten Autoren die chemische Seite der Lebensprocesse in den Vordergrund tritt, hat neuerdings Zehndeb ver- sucht, eine Theorie des Lebens aus mechanischen Grundlagen zu entwickeln, indem er von röhrenförmigen Molekülgruppen (sog. Fistellen) ausgeht und die Erscheinungen der Vererbung auf dieser Grundlage zu verstehen suchte. Die Grundlagen der Vererbungstheorie von Oskar Hektwig decken sich zum Theil mit denen von de Vries. Auch er betrachtet den Kern als Hauptträger der formbestimmenden Factoren. Daneben kommt aber auch „Erblichkeit ausserhalb der Zellkerne" (de Vries) vor. Die Vererbungssubstanz, das Idioplasma, besteht aus kleinsten Lebens- einheiten , die als I d i o b 1 a s t e n bezeichnet werden und sich durch Theilung vervielfältigen können. Die verschiedenen Idioblasten sind Träger besonderer Eigenschaften (worunter wohl Zelleigenschaften zu verstehen sind) und rufen „durch directe Wirkung oder durch ver- schiedenartig combinirtes Zusammenwirken die unzähligen morphologi- schen und physiologischen Merkmale hervor, welche wir au der Organismenwelt wahrnehmen. Sie lassen sich, um mich zweier Bilder zu bedienen, einmal den Buchstaben des Alphabets vergleichen, die, gering an Zahl , doch durch ihre verschiedene Combination Wörter und durch Combination von Wörtern wieder Sätze von verschieden- artigstem Sinn bilden. Oder sie sind den Tönen vergleichbar, durch deren zeitliche Aufeinanderfolge und gleichzeitige Combination sich unendliche Harmonien erzeugen lassen." In ähnlicher Weise hatte auch Hatschek in der Eizelle eine relativ geringe Zahl von Qualitäten angenommen und die Mannigfaltigkeit des vielzelligen Organismus darauf zurückgeführt, „dass trotz der beschränkten Mannigfaltigkeit der Qualitäten innerhalb der einzelnen Zelle (auch der Eizelle) doch eine viel complicirtere Gesammtleistung des Körpers durch Variirung des einen Grundthemas erreicht" werde. Die sichtbaren Structuren des Zellkerns (Microsomen etc.) sind als Idioblastengruppen zu be- trachten. Mit Rücksicht auf die in regelmässiger Folge vor sich gehende Entfaltung der einzelnen Anlagen muss eine zweckent- sprechende Verknüpfung der Grundelemente im Idioplasma ange- nommen werden. Es müssen in der Gesammtaulage die zahlreichen Idioblasten in einer gesetzmässigen Zusammenordnung enthalten sein. Hertwig bemerkt, dass in dieser Vorstellung gewisse Schwierigkeiten enthalten sind ; doch wird dieser Punkt nicht weiter ausgeführt. Eine Zerlegung der Anlagesubstanz im Sinne Weismann's wird bestritten. Dieselbe geht durch erbgleiche Theilung als vollständige Erbmasse in die Kerne sämmtlicher Zellen über, wodurch dieselben als totipotent functioniren können, so dass sich die Erscheinungen der Regeneration etc. leicht erklären. Das Idioplasma erhält sich in seiner Vollständig- keit unverändert und tritt nur unter besonderen Bedingungen in ver- schiedene Zustände ein, welche bewirken, dass eine der vielen An- lagen activirt wird, während die anderen latent bleiben. Es wird dies durch die Analogie mit den verschiedenen Modificationen des Hämo- globins erläutert. Bezüglich der Amphimixis vermuthet Hertwig, dass die Idioblasten väterlicher und mütterlicher Herkunft sich nicht mehr als Theile zweier getrennter Anlagen forterhalten , sondern sich in irgend einer Weise zu einer Mischanlage vereinigen. Die Beeinflussung 726 Zweiter Abschnitt. des Zellplasmas durch die activirten Theile des Idioplasmas stellt sich Hertwig (wie De Vkies und Weismann) derart vor, dass bestimmte Idioblasten sich vermehren und in's Zellplasma auswandern, wo sie in Piasomen umgewandelt werden. In diesem ganzen Theil der Con- ceptionen Hertwig's werden demnach für die Mannigfaltigkeiten des ausgebildeten Zustandes bestimmte Differenzen im Keime angenommen. Daher erscheint die Bemerkung Haacke's , dass Hertwig „mit vollen Segeln in den Hafen des Präformismus hinein steuere", nicht ganz unberechtigt; nur hätte Haacke die gleiche Bemerkung auch auf seine Gemmarienlehre beziehen müssen. Wir kommen eben . wenn wir die Entwicklung auf Grund der „Maschinenlehre" verstehen wollen, um die Annahme complicirter Ausgangsstructuren nicht herum. Die HERTWiG'sche Theorie der Entwicklung wird als Theorie der Biogenesis bezeichnet, wreil in ihr das Ei als ein mit allen Eigenschaften des Lebens ausgerüsteter Organismus, als ein Lebe- wesen oder Bion aufgefasst wird, wie überhaupt in den HERTWiG'schen Auseinandersetzungen die Zelle als physiologische und morphologische Grundlage aller Lebenserscheinungen in den Vordergrund der Be- trachtungen gerückt erscheint. „Die Entwicklung ist ein Natur- process, der auf dem Zusammenwirken der durch Vermehrung der Eizelle entstehenden artgleichen Lebewesen beruht und sich unter dem beständigen Eintluss der Aussenwelt und in beständiger Fühlung mit ihr vollzieht. Dieser Vorgang ist ein durchaus epigenetischer." Die Entwicklung der sichtbaren Arteigenschaften aus den im be- fruchteten Eie enthaltenen unsichtbaren Anlagen vollzieht sich durch die Vermehrung der sppcifisch veranlagten Zelle auf dem Wege erb- gleicher Theilung und durch die gleichzeitig in Wirksamkeit tretenden Processe der socialen Vereinigung, Arbeitstheilung und der Integration. Für die im Embryo sich vollziehenden Umgestaltungen sind als Ur- sachen anzunehmen: 1) der Eintluss äusserer Factoren und 2) noch mehr die unendlich complicirten Wirkungen, welche die immer zahl- reicher werdenden elementaren Lebenseinheiten auf einander ausüben. Hierbei gerathen die einzelnen Zellen räumlich und zeitlich in un- gleiche Bedingungen. Dadurch, dass die Zellen auf diesem Wege „räumlich determinirt" werden, d. h. ein „ihre Wirkungsweise beein- flussendes Raumzeichen" erhalten, und andererseits dadurch, dass sie eine verschiedene Geschichte erfahren, d. h. dass sie der „Zeit nach unter räumliche Bedingungen gerathen", welche für die einzelnen Gruppen verschieden sind, und dadurch, dass diese verschiedenen Be- dingungen als formative Reize wirken, erklären sich ihrer Entstehung nach die Mannigfaltigkeiten der Organe des ausgebildeten Zustandes. Für Hertwig erklärt sich die Thatsache, dass bestimmte Bildungen an bestimmtem Orte zur Entwicklung kommen, aus dem Umstände, dass die Zellen dieser Anlage zu den übrigen in besondere Beziehungen gesetzt sind. Für Driesch hat neuerdings das Locali- sationsproblem und besonders die bei den Regulationserscheinungen an äquipotentiellen Systemen (die Wiederherstellung des Ganzen in proportional- verkleinertem Maassstabe nach Substanzverlusten) den Ausgangspunkt zu Denkoperationen geboten, die ihn zur Ueber- zeugung führten, dass „die Formbildung überhaupt nicht maschinell verstanden werden könne" (wobei unter „maschinell" überhaupt alles auf physikalisch-chemischer Grundlage ablaufende Geschehen gedacht ist), sondern dass man aus diesen Thatsachen mit Noth wendigkeit zur VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befruchtung. 7-< Annahme besonderer vitaler Componenten , für welche Driesch den aristotelischen Ausdruck „Entelechie" adoptirt, geführt werde. Es kann unsere Aufgabe nicht sein, die Ausführungen von Driesch, welche zum Theil in's Gebiet der Philosophie übergreifen . eingehender wiederzugeben. In Kurzem formulirt Driesch seine Grundlage in folgenden Sätzen : „Denn um dieses Wichtige einmal wieder zu betonen: ohne Experimente, ohne willkürliche Veränderung der Grössen äqui- potentieller Systeme hätten wir wohl eiue materielle Zerlegungs- theorie im Sinne Weismann's annehmen müssen , eine Theorie, deren chemisch-physikalischer Construction nichts im Wege gestanden hätte. Das Experiment aber lehrte uns dreierlei : Erstens: dass die Differenzirung in ihrer Specifität nicht von äusseren Facto reu abhängt; Zweitens: dass sie normal-proportional vor sich geht, mag an Keimmaterial (Kerne -+- Plasma) genommen sein, was will; drittens: dass eben desswegen eine specifisch-complicirte Keim es- st ructur als Grundlage aller Differenzirung nicht mög- lich ist. Daraus folgt aber alles Angeführte, folgt die Autonomielehre, folgt die Rehabilitirung des aristotelischen Entelechiebegriffs, und zwar als eines nicht formalteleologischen Beurtheilungsbegriffs, sondern als eines actuellen, elementaren Naturbegriffs, welcher dem Begriff der physikalischen ,Constante' logisch parallel steht." Auf diese Weise gelangt Driesch zur Begründung seiner Ansicht von der „Autonomie der Lebensvorgänge ". Man wird hierbei un- willkürlich an die „Lebenskraft" der älteren Physiologen (mau vgl. besonders die Ausführungen in Joh. Müller's Handbuch der Physio- logie 1. Bd. p. 19 ff.), an die „vis essentialis" von C. F. Wolff und den „nisus formativus" von Blumenbach erinnert. Eine weitere Stütze für seine Ansichten gewinnt Driesch aus der Ueberlegung, dass man zum Zwecke der befriedigenden Erklärung der Formbildungsprocesse auf „maschineller" Grundlage jedenfalls eine complicirte, auf gesetzmässiger Anordnung der einzelnen Theilcheu beruhende Ausgangsstructur annehmen müsse, dass es aber anderer- seits nicht denkbar sei, wie ein so eomplicirtes System sich durch Theilung vervielfältigen könne, — worauf schon Haacke und Andere hingewiesen hatten. Wir wollen es hier nicht näher untersuchen, in wie weit den Aus- führungen von Driesch zwingende Kraft innewohnt. In letzter Linie handelt es sich auf diesem Gebiete doch um Ueberzeugungen, die nicht so sehr aus bestimmten Schlussfol gerungen resultiren, sondern auch in innigem Zusammenhang stehen mit der gesaminten Welt- auffassung des Einzelnen, denen daher ein gewisser subjectiver Character anhaftet. Nur der Vermuthung möchten wir Ausdruck geben, ob denn die Prämissen, auf denen Driesch baut, sich im Laufe weiterer Ermittlungen als so feststehend erweisen möchten, um so weitgehende Schlussfolgerungen zu stützen. Die Auffassung des Echinidenkeimes als äquipotentielles System war in der neuesten Zeit durch Beobachtungen von Driesch und von Boveri gewissen Einschränkungen unterworfen , und es ist nicht abzusehen, ob nicht y-js Zweiter Abschnitt. unser Standpunkt durch weitere Erfahrungen wieder Aenderungen unterliegen müsste. Ist es überhaupt möglich, in diesen Fragen derzeit schon eine definitive Entscheidung zu treffen '? Auch Weismann hat die oben erwähnte Schwierigkeit empfunden, welche in der Vorstellung liegt, dass ein äusserst complicirt gebautes Keimplasma, in dem jedes Theilchen seine ganz bestimmte Lage ein- nimmt, sich durch Theilung verdoppeln könne. Eine Maschine, welche zwei gleichgebaute Maschinen liefert, ohne dass die einzelnen Theilchen hierbei in Unordnung gerathen! Weismann hat daher in der neuesten Darstellung seiner Ansichten (Vorträge über Descendenz- theorie) den schon früher von ihm geäusserten Gedanken, dass die einzelnen Determinanten und Biophoren des Keimplasmas durch be- sondere bindende Kräfte, „vitale Affinitäten", in ihrer gegenseitigen Lagerung erhalten werden , besonders in den Vordergrund gestellt und glaubt durch diese Annahme der genannten Schwierigkeit be- gegnen zu können. Ueberhaupt hat Weismann in dem anerkennens- werthen Bestreben sein System den Resultaten der neueren Er- mittlungen anzupassen, in dasselbe gewisse Modificationen eingeführt, welche in der That manche früher gegen dasselbe erhobenen Ein- würfe beseitigen. So wird dem Auslösungscharacter der Ontogenese dadurch Rechnung getragen , dass die Activirung der Determinanten jetzt nicht bloss als Endresultat eines in ihnen vorgehenden Reifungs- processes erfasst wird, sondern durch besondere specifische Reize aus- gelöst erscheint, wie denn überhaupt in der neueren Darstellung Weismann's die Wirksamkeit äusserer Ursachen und die Correlation der Theile mehr berücksichtigt erscheint als früher. Die in den frühesten Entwickluugsstadien bei manchen Formen zu beobachtenden Regulationen, z. B. beim Echinidenkeim, werden darauf zurückgeführt, dass hier bisher nur erbgleiche Theilung des Keimplasmas statt- gefunden hat. während dessen gesetzmässige Zerlegung erst in späteren Stadien einsetzt. Es möchte vielleicht Manchem scheinen, dass durch die Betonung der genannten Factoren ein Theil der Grundannahmen Weismann's (z. B. die Zerlegung des Keimplasmas) fast überflüssig wird, so dass durch die erwähnten Modificationen die Grundlagen seines Systems erschüttert scheinen. Was sich davon schliesslich erhalten und bewahrheiten wird, das kann nur die Beobachtung und das Ex- periment lehren, und nach dieser Richtung ist bereits durch gewisse neuere Ermittlungen Boveri's ein hoffnungsvoller Anfang gemacht, worüber wir zum Schlüsse noch berichten wollen. Boveri verwendete mehrpolige Mitosen als Mittel zu einer Analyse des Zellkerns, und zwar war dies bei disperm befruchteten Echiniden- eiern möglich, bei denen nach der Befruchtung eine vierpolige karyokmetische Figur auftritt, welche später zu einer simultanen Viertheilung des Eies führt. Da hierbei die Chromosomen dreier Vorkerne auf vier Centren vertheilt werden, so muss jeder Kern auch bei regelmässiger Vertheilung weniger Chromosomen erhalten als in der Norm. Während die Normalzahl der Chromosomen für die Furchungszellen von Strongylocentrotus 36 beträgt, erhält hier jeder Kern bei regelmässiger Vertheilung nur 27. also 9 weniger als nor- mal. In Wirklichkeit kommt aber eine so regelmässige Vertheilung der Chromosomen wohl äusserst selten zu Stande, da bei mehrpoligen Theilungsfiguren die Einordnung der Chromosomen mehr Sache des Zufalls ist. „Die Karyokinese, die bei Anwesenheit zweier Pole ein VI. Capitel. Eireifung, Samenreifung und Befrachtung. 729 Mechanismus vor nahezu idealer Vollkommenheit ist, um einen Kern in zwei quantitativ und qualitativ identische Tochterkerne zu zer- legen, sie verkehrt diese Vorzüge gerade in das Gegentheil. sobald eine grössere Zahl von Centrosoinen in Wirksamkeit tritt." Dem- entsprechend zeigten die vier so entstandenen Blastomeren bei der späteren Entwicklung sehr verschiedene Potenzen, und zwar sowohl bei der gemeinsamen Entwicklung zu einem einzigen Embryo, an dem dann die vier Quadranten erhebliche Differenzen erkennen Hessen. als auch bei der gesonderten Aufzucht nach Isoliruug in Ca-freiem Medium nach der Methode von Herbst. Da nun nach den Ver- suchen von Boveri, Delage und Winkler aus monosperm be- fruchteten, kernlosen Eifragmenten, bei denen nur die halbe Zahl von Chromosomen wirksam ist, normale Plutei hervorgehen, so ergibt sich, dass nicht eine bestimmte Chromosomenzahl an sich zu nor- maler Entwicklung nöthig ist. Auf diese Weise wird Boveri dazu geführt, anzunehmen, dass „eine bestimmte Combination von Chromosomen zur normalen Entwicklung nothwendig ist, und dieses bedeutet nichts Anderes, als dass die einzelnen Chromosomen verschiedene Qualitäten besitze n müssen". Es müssen die Chromosomen als Träger verschiedener Qualitäten in jeder Zelle in einer alle Qualitäten umfassenden Minimalzahl vorhanden sein; aber darüber hinaus ist ihre Zahl — bis zu einer aus anderen Gründen schädlichen oberen Grenze — gleichgültig. Unter Berücksichtigung dieser Thatsachen wird die Vorstellung von der Bedeutung der Re- ductionstheilungen eine gewisse Modification erfahren müssen. Es kann hiernach als bewiesen betrachtet werden, dass der Kern die Rolle eines „Vererbungsträgers" spielt , dass der Zweck der mitotischen Theilung ist, die in einem Kern gegebenen Qualitäten auf viele Kerne zu übertragen, und dass die zweipolige mitotische Figur das Mittel ist, den Kern in seiner Totalität successive auf ein Viel- faches zu vermehren. Die Anfangsvorgänge der Ontogenese bis zum Stadium der Blastula erscheinen rein protoplasmatisch bestimmt und von der Qualität der Kernsubstanz unabhängig (vgl. p. 719), wenn auch Kernsubstanz irgend welcher im Ei existenzfähigen Art unent- behrlich ist. Bezüglich der Activirung der Anlagen steht Boveri auf einem Standpunkt, der dem von Driesch's Analyt. Theorie und von 0. Hertwig nahe ist. „Es scheint mir, dass das ganz eigenthümliche Ineinandergreifen des einfach gebauten , sich differentiell theilenden Protoplasmas und des complicirt structurirten, sich in seiner Totalität vervielfältigenden Kerns doch das leisten kann, was Weismann und Roux durch differentielle Kerntheilung zu erklären suchten. Die primitiven, in der Schichtung sich ausprägenden Differenzen des Eiplasmas, in gleichen Lagerungsbeziehungen auf den gefurchten Keim übergehend, beeinflussen die primär überall gleichen Kerne ungleich, indem sie zur Entfaltung (Activirung) oder Unterdrückung bestimmter Kern- qualitäten führen, wie dies bei der Furchung von Ascaris direct sicht- bar ist. Die, in manchen Fällen vielleicht nur temporären, Ungleich- heiten der Kerne verleihen dein zuerst nur graduell verschiedenen Plasma verschiedene Potenz. Damit sind neue Constellationen ge- schaffen, welche wieder in bestimmten Kernen die Entfaltung oder Unterdrückung bestimmter Qualitäten auslösen, wodurch diesen Zellen nun wieder ein specifischer Character aufgeprägt wird etc. 730 Zweiter Abschnitt. Wir meinen , dass mit diesen Andeutungen dem derzeitigen Stand unserer Kenntnisse am besten Rechnung getragen wird. Mit Recht weist Boyeri in seiner Mittheilung darauf hin, dass nun an Stelle von Vennuthungen Thatsachen getreten sind. Hiermit ist auch der Weg angedeutet, auf dem ein weiterer Fortschritt der Vererbungslehre zu erhoffen ist. Wir werden der Speculation nie entbehren können, aber es wird die Aufgabe sein, das ihr zu Grunde liegende Beobachtungsmaterial möglichst zu erweitern. Wir werden den Geheimnissen der Vererbung um so näher kommeu, je mehr es uns gelingt, den Räthseln des Lebens überhaupt näher zu treten. Litteratur zum Anhang: Theorien der Vererbung. Eine ausführliche kritische Darstellung der Vererbungslehre hat Delage geliefert. Daselbst findet sich auch ein entsprechendes Verzeichniss der Litteratur. Für die englische Litteratur vgl. vor Allem Osborn. Die neuere Litteratur in: L'Annee biologique herausgegeben von Delage, ferner in den Referaten von Mehnert in G. Schwalbe's Jahresber. der Anat. und Entwickl. Kürzere Zusammen- stellungen der Vererbungsfrage bei Rohde und Schäfer. Barnfceke, Ch. van. Pourquoi nons ressemblons a nos parents. Bull. Acad. roy. Bel(j. 54» arm. (3). T. X. 1885. 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