0 | LEITFADEN FÜR DAS ZOOLOUISCHE PRAKIIKUM VON DR- WILLY KÜKENTHAL 0. Ö. PROFESSOR DER ZOOLOGIE UND VERGL. ANATOMIE AN DER UNIVERSITAT BRESLAU SECHSTE UMGEARBEITETE AUFLAGE MIT 174 ABBILDUNGEN IM TEXT Re [®) N“ ER v & 2 SR A K SI JENA Sau VERLAG VON GUSTAV FISCHER & So” j Q an 1912 EL Ar FEB 20 1964 En | FeRsıTy or on SB280 Ki Alle Rechte vorbehalten. Vorrede zur ersten Auflage. Das zoologische Praktikum, wie es gegenwärtig an den meisten Hochschulen gehandhabt wird, beschränkt sich nicht auf zootomische Übungen an einigen wenigen einheimischen Typen, sondern stellt ein praktisches Repetitorium der Grundtatsachen der Zoologie dar, indem das zu untersuchende Material allen Tierstämmen entnommen und auch das Mikroskop als Hilfsmittel herangezogen wird. Die An- fertigung leichter mikroskopischer Präparate wird dem Praktikanten über- lassen, während schwierigere, wie z. B. Schnitte, als fertige Präparate gegeben werden. Was die Beschaffung des Materials betrifft, so sind marine Formen von den zoologischen Stationen in Neapel, Rovigno, Helgoland usw. jederzeit zu billigen Preisen erhältlich. Wohl überall dürfte es sich als zweckmäßig herausgestellt haben, diesen für Anfänger bestimmten praktischen Übungen in einem kurzen Vortrage eine zusammenfassende Übersicht über das zu behandelnde Thema vorauszuschicken, denn in den meisten Fällen wird der Anfänger, bei der Kürze der zu Gebote stehenden Zeit und der mangelnden Übung, nur einzelne, leichter präparierbare Organsysteme in oft sehr verschiedener Reihenfolge sich zur Anschauung bringen können. Von diesen Gesichtspunkten aus ist vorliegender „Leitfaden“ geschrieben worden. In zwanzig Kapiteln habe ich den Stoff derart an- geordnet, daß jedem speziellen Kurse eine allgemeine Übersicht vorausgeht. Zahlreiche eingestreute Notizen technischen Inhaltes sollen das Buch auch für das Selbststudium geeignet machen, natür- lich nur in Verbindung mit einem der modernen Lehrbücher der Zoo- logie. Als Hilfsmittel zur sofortigen Orientierung sollen die kurzen, kleingedruckten „Systematischen Überblieke“ der Stämme des Tier- reiches dienen. Besonderen Wert habe ich auf die Abbildungen gelegt, welche, soweit sie neu sind, sämtlich nach eigenen Präparaten gezeichnet worden sind, einige von mir selbst, der größere Teil aber von meinem Schüler, Herrn Tm. KrumsacH, und Herrn A. GmvrscH. Beiden Herren bin IV Vorrede zur zweiten Auflage. ich für das Interesse und die Sorgfalt, welche sie auf ihre Aufgabe ver- wandten, zu großem Danke verpflichtet. Manchen wertvollen Wink gab mir die langjährige praktische Er- fahrung meines verehrten Lehrers Prof. HAECKEL, und auch meine anderen Jenenser Kollegen haben mich verschiedentlich unterstützt. Ganz besonderen Dank schulde ich meinem Freunde Prof. A. Lan@ in Zürich für die kritische Durchsicht der Korrekturbogen, und schließlich möchte ich auch nicht verfehlen, das liebenswürdige Entgegenkommen des Verlegers, Herrn Dr. Fischer, dankend hervorzuheben. Vielleicht darf ich mich der Hoffnung hingeben, daß auch die Herren Fachgenossen mir ihre Ausstellungen und Vorschläge zu Ver- besserungen werden zukommen lassen. Jena, den 20. Juni 1898. Vorrede zur zweiten Auflage, In den drei Jahren, welche seit Erscheinen der ersten Auflage dieses Leitfadens verflossen sind, habe ich reichlich Gelegenheit gehabt, die Brauchbarkeit des Buches für das zoologische Praktikum nachzu- prüfen, und da mir auch von seiten mehrerer Fachgenossen in dankens- werter Weise Vorschläge zu Verbesserungen zugekommen sind, hat die zweite Auflage ziemlich veränderte Gestalt erhalten. Durch Einfügung zweier neuer Kapitel über Cestoden und Nematoden wurde eine Lücke ausgefüllt, welche sich in der Praxis sehr fühlbar gemacht hatte, und andere Kapitel wurden umgearbeitet und ergänzt. Um trotz der Zuführung neuen Stoffes den bisherigen Umfang des Leitfadens nicht wesentlich zu überschreiten, habe ich mich zu mancherlei Kürzungen, besonders in den „Allgemeinen Übersichten“ entschlossen, und der Wunsch, dem Buche seinen Charakter eines kurz- gefaßten Leitfadens für Anfänger zu wahren, ist auch der Grund, weshalb nicht alle mir so freundlich erteilten Ratschläge Berücksichtigung erfahren konnten. Eine Anzahl anderen Werken entlehnter Abbildungen ist in der neuen Auflage durch Originalzeichnungen nach eigenen Präparaten er- setzt worden. Die Anfertigung dieser Zeichnungen hat mein Assistent Herr Tu. KrumBacH übernommen, der mich schon bei der Vorbereitung der ersten Auflage unterstützt hat. Für seine Mühewaltung schulde ich ihm meinen wärmsten Dank, ebenso wie meinen beiden anderen Assi- stenten, den Herren Dr. C. ZIMMER und Dr. $S. Süsspach, die sich am Vorrede zur dritten und sechsten Auflage. V Lesen «der Korrekturen beteiligt haben. Herr Dr. Zimmer hatte außer- dem die Freundlichkeit, ein ausführliches Register anzufertigen. Auch bei der Herstellung dieser Auflage hatte ich mich des weit- gehendsten Entgegenkommens des Verlegers, meines verehrten Freundes, Herrn Dr. G. Fischer, zu erfreuen. Breslau, den 20. Oktober 1901. Vorrede zur dritten Auflage. Ven größeren Veränderungen, welche diese Auflage erfahren hat, sind zu nennen der Wegfall des ersten Kursus „Elemente der Histo- logie“, sowie die Einfügung zweier neuer Kapitel: „ÖOtenophoren* und „Selachier“. Einige Abbildungen sind durch neue ersetzt worden, und eine ganze Anzahl neuer Bilder, die ich der geschickten Hand meines Assistenten, Herrn TH. KRUMBACH, verdanke, ist hinzugekommen. Herr Privatdozent Dr. ZIMMER war so freundlich, auch für diese Auflage die Anfertigung des Registers zu übernehmen, und beide Herren haben mich in dankenswerter Weise beim Lesen der Korrekturen unterstützt. Breslau, den 30. Juli 1905. Vorrede zur sechsten Auflage. Wie in der fünften Auflage so ist auch in der vorliegenden Aus- wahl und Anordnung des Stoffes unverändert geblieben, doch sind eine Anzahl Textverbesserungen vorgenommen worden. Meine Breslauer Kollegen, Herr Professor Dr. GERHARDT und Herr Privatdozent Dr. Pax, haben mir dabei sowie beim Lesen der Korrekturen in dankenswertester Weise geholfen. Breslau, den 6. Mai 1912. W. Kükenthal. Inhaltsverzeichnis. Einleitung: A. Hilfsmittel B. Allgemeine Übersicht über Zelle und Gewebe I. Stamm: Protozoa. Systematischer Überblick . Kursus: Protozoa N LE ER E = Technische V rbertäneenn — Allgemeine Übersicht. — Spezieller Kursus: Zuglena, Amoeba, Arcella, Difflugia, Foraminiferen, Actino- sphaerium, Acanthometra, Collozoum, Gregarina, Paramaecium, Vorti- cella, Stentor, Kerona. Metazoa. II. Stamm: Coelenterata. Systematischer Überblick 2. Kursus: Porifera I Technische een. _ INIEeD DE nee _ Snezienär Kursus: Sycandra, Oscarella, Spongilla, verschiedene Nadelformen, Euspongta. . Kursus: Hydroidpolypen Technische Vorbereitungen. — ch ü Dersicht _ SpEHeURr Kursus: Zydra, Tubularia, Cordylophora, Clava, Campanularia. . Kursus: Medusen Technische aa lunaon. I. Hydromedusen AN N en Allgemeine Übersicht. — Rponeler Kürsast Sarsıa, Tiara, Obela, Lir tope. Il. Scyphomedusen r ER By Allgemeine Übersicht. — Spezioller Kanes Aurelia, Nausithoe, 5. Kursus: Anthozoa - MerhnE he Vorbereitungen. — Alam aha _ Spesclle Kursus: Alcyonium digitatum, Anemonia sulcata. Anhang: Ctenophorae, Pleurobrachia II. Stamm: Platodes. Systematischer Überblick 6. Kursus: Platodes Technische Vorbereitungen. I. Trematoden Allgemeine Übersicht. — Spezieller Kursus: Distomum lanceolatum, Seite 11 14 41 In haltsverzeichnis. VII Deite Il. Cestoden 78 Allgemeine Übersicht. — Spezieller Kursus: Zaenia solium, Taenia saginata, Bothriocephalus latus, IV. Stamm: Vermes. Systematischer Überblick 35 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen, Nematoden 59 I. Bryozoen 89 Technische Vorbereitungen. — Allgemeine Übersicht. Spezieller Kursus: Cristatella mucedo, Il. Chaetognathen . : . 98 Technische Vorbereitungen. — Allgemeine Übersicht. — Spezieller Kursus: Sagitta bipunctata. Ill. Nematoden . . . & 96 Technische Vorbereitungen. — Allgemeine Ü bersche —_ Snszeller Kursus: Ascarıs megalocephala. S. Kursus: Anneliden i S . 102 I. Hirudineen . - - 102 Technische Vorber Stangen: — Allgemeine Ü berscht, _ Speziallor Kursus: Zirudo medicinalis. Il. Chaetopoden . NER BEE 24 0d Technische Vorbereitungen. — Allgemeine Übersicht. — Spezieller Kursus: Zumdricus herculeus, Nereis pelagica. V. Stamm: Echinodermata. Systematischer Überblick . . 119 9. Kursus: Echinodermata . j . 122 Technische Vorbereitungen. l. Asteroida a u 122 Allgemeine Übersicht. — Spezieller Kursus: Asterias rubens. ll. Echinoida . - - ET en Allgemeine Übersicht. — Enezeler ee Echinus esculentus. Ill. Holothurioidea - 137 Allgemeine Übersicht. — aller Rune Holothuria tubulosa. VI. Stamm: Mollusca. Systematischer Überblick. 10. Kursus: Chitonen und Schnecken 146 Technische Vorbereitungen. I. Chitonen . 146 Allgemeine Übersicht — Spezieller Kursus: Chiton marginatus. Il. Schnecken . 151 Allgemeine Übersicht. — Spezieller Kursus: Helix pomatia. ll. Kursus: Muscheln und Tintenfische 160 Technische Vorbereitungen. l. Muscheln . . . 160 Allgemeine Übersicht. — Spezieller Kursus: Unio, Anodonta. Il. Tintenfischee . ; 168 Allgemeine Übersicht. — Spezieller Karık: Sepia officinalis. VII. Stamm: Arthropoda. Systematischer Überblick 182 12. Kursus: Krebse 158 Technische Vorbereitungen. — Allgemeine Übersicht. — Spezieller Kursus: Daphnide, Potamobius astacus. VIH Inhaltsverzeichnis. 13. Kursus: Insekten : Technische Vor bezeikingen.. _ Annan ü ber Aral _ ler Kursus: Periplaneta orientalıs, Bombus, Schmetterling, Mücke, Ephemeridenlarve. Anhang: Spinnen: Zpeira diadema . VII. Stamm: Tunicata. Systematischer Überblick 14. Kursus: Tunicata - & Technische Vorbereitungen. I. Ascidien : en S Allgemeine ee - Se ee iyelz Plicata, Ciona intestinalıs. Il. Salpen Allgemeine Übersche _ Enreler IN: Salpe af Salpa democratica-mucronata. IX. Stamm: Vertebrata. Systematischer Überblick 15. 16. 18. 20. Kursus: Amphioxus Technische een -- Als ee Kursus: Amphioxus lanceolatus. Kursus: Selachier und Teleostier Technische Vorbereitungen. — Allgemeine iss Kursus; I. Scyllium canicula, Il. Zeueiscus rutilus. . Kursus: Amphibien Technische Vorbereitungen. — Alec hei Kursus: Rana muta. Kursus: Reptilien Technische Vorbereitungen. — llpemenel Uberschk Kursus: Zacerta agzlis. . Kursus: Vögel > Technische Vorbereitungen. — Amseain) Über San. Kursus: Columba domestica. Kursus: Säugetiere ; Technische Vorbereitungen. — Aleeneme) ÜhensEhE Kursus: Zepus cuniculus. 2 Eezeller & Speziellen = Enalen > Bern gr ee — Spezieller Seite 225 230 243 251 269 282 291 301 Einleitung. A. Hilfsmittel. Der Arbeitsplatz des Praktikanten kann natürlich sehr verschieden ausgestattet werden, doch empfiehlt es sich, Anfänger zunächst nur mit dem Allernotwendigsten an Instrumenten und Utensilien zu versehen. Eigene Erfahrung hat mir gezeigt, daß zunächst folgende Aus- stattung ausreicht: 1. Ein kleines Mikroskop. Es hat sich als praktisch herausgestellt, die Mikroskope, welche im Kurse gebraucht werden, von möglichst einheitlichem Typ zu wählen. Ein kleineres Stativ genügt, doch ist es zu empfehlen, Stative mit Zahn- und Triebwerk zu benutzen, denn wenn dieses fehlt und wenn die grobe Einstellung des Tubus mit der Hand erfolgen muß, so können erfahrungsgemäß mikroskopische Präparate, wie auch gelegentlich die Frontlinse des Objektivs schweren Schaden erleiden. Ferner muß das Mikroskop zur feineren Einstellung des Tubus mit Mikrometerschraube versehen sein. Zwei Objektive von 20—40 facher und 200—400 facher Vergrößerung genügen, ebenso ein schwaches Okular. Die Anbringung eines Revolvers für beide Objektive trägt erheblich zur Schonung der Linsen und der Gewinde bei. 2. Ein flacher offener Instrumentenkasten, der durch niedrige Querleisten in einige Fächer geteilt ist. Die auf der beifolgenden Ab- bildung wiedergegebene Einteilung hat sich uns schließlich als die zweckmäßigste erwiesen. Jeder Kasten trägt die Nummer des ent- sprechenden Arbeitsplatzes und enthält ein auf einem schmalen Karton gedrucktes Verzeichnis seines Inhalts. Dieser ist: eine größere und eine kleinere Pinzette, eine größere und eine kleinere Schere, zwei Präparier- nadeln, ein Skalpell, ein Küchenmesser, ein Spatel, eine Pipette, eine Glasröhre, eine Uhrglasschale samt Holzuntersatz, eine Anzahl von Öbjektträgern, Deckgläsern und kräftigen Stecknadeln. Dazu kommt noch ein feiner Leinwandlappen. 3. Ein Wachsbeeken, in welchem die Sektionen vorgenommen werden. Für unsere Zwecke ist eine ovale Form aus Zinkblech von 28 cm Länge, 18 cm größter Breite und 5 em Höhe ausreichend. Eine etwas oberhalb des Bodens rings um die Seitenwand verlaufende Nute dient zur besseren Befestigung des Wachses, welches in das Becken hineingegossen wird. Ein solches Blechgefäß kostet etwa 1,25 Mark. In dieses Becken wird nun reines Wachs gegossen; von der des öfteren empfohlenen Mischung desselben mit anderen Stoffen, 2. B. gebrauchtem Paraffin, ist nur abzuraten, da es alsdann zu brüchig wird. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 1 2 Einleitung: Hilfsmittel. Damit die Präparate sich besser vom Untergrunde abheben, wird das Wachs gefärbt. Dies geschieht, indem man es durch Erhitzen flüssig macht und alsdann eine Portion von käuflichem Frankfurter Schwarz hineinschüttet, umrührt und kurze Zeit aufkochen läßt, damit der Farb- stoff sich gleichmäßig verteilt und beim Erkalten des Wachses nicht nach unten sinkt. In die horizontal gestellten Becken wird alsdann die flüssige Masse etwa 2 em hoch eingegossen und langsam erkalten eelassen, um das lästige Rissigwerden zu vermeiden. Fig. 1. Instrumentenkasten. Von Utensilien, welche mehr gelegentlich Verwendung finden, und die daher nicht dauernd den Arbeitsplatz zu beengen brauchen, er- wähne ich folgende. 4. Eine Anzahl chemischer Reagentien, die in einem mit Fächern versehenen Holzkästchen vereint sein können. In Betracht kommen vor allem: Glyzerin, Essigsäure, Salzsäure, Alkohol, physiologische Koch- salzlösung: von Farbstoffen besonders Alaunkarmin, und ferner eine Spritzflasche mit destilliertem Wasser. Alle anderen gelegentlich im Kurse benutzten Reagentien werden bei jedem Gebrauch ausgeteilt und dann wieder zurückgenommen. 5. Eine einfache Stativlupe. 6. Eine zur Hälfte weiß, zur andern schwarz gefärbte Porzellanplatte, (die als Unterlage für die mit der Lupe zu betrachtenden Objekte dient. 7. Ein Glas mit frischem Wasser und für einige Praktikanten ge- meinsam einen irdenen Topf oder einen Eimer zum Sammeln der Abfälle. Vor Beginn des ersten Kursus werden die Praktikanten, von denen die meisten in der Regel noch nieht mikroskopiert haben, über das Mikroskop und seinen Gebrauch instruiert. Einleitung: Hilfsmittel. B} Zunächst werden die Hauptbestandteile eines Mikroskopes er- läutert: das Stativ, der Objekttisch und der Tubus, von optischen Teilen: Spiegel, Objektiv und Okular, Nun hat der Praktikant das Mikroskop auf irgend ein Objekt einzustellen. Die grobe Einstellung muß von Anfängern stets von der Seite her kontrolliert werden, besonders bei Anwendung der stärkeren Vergrößerung; dann erst wird die feinere Einstellung mittels Mikrometerschraube vorgenommen. Die Zuführung von Licht erfolgt durch den unter dem Öbjekttisch ange- brachten Spiegel. Um seitliche Strahlen auszuschalten, benutzt man die unterhalb des Öbjekttisches angebrachte drehbare Blende, bei schwacher Vergrößerung eine weitere, bei starker eine engere Öffnung. Direktes Sonnenlicht ist unter allen Umständen zu ver- meiden; zweckmäßig ist es, das Mikroskop ungefähr 1 m vom Fenster entfernt aufzustellen und das diffuse Tageslicht (am besten das von weißen Wolken reflektierte) aufzufangen. Stets ist das Objekt zunächst mit schwacher Vergröße- rung zu betrachten, eine Regel, auf welche der Anfänger meist zu wenig Wert legt. Erst dann, wenn man sich mittels schwacher Ver- srößerung über die Hauptsachen orientiert hat, ist stärkere anzuwenden. Man beachte hierbei, daß die Schärfe des Bildes vom Objektiv abhängt und das Okular nur dazu dient, das Bild zu vergrößern, daß also die schärfsten Bilder von starken Objektiven und schwachen Okularen ge- liefert werden. Jeder Praktikant gewöhne sich daran, so viel als mög- lich zu zeichnen. Man lege das Zeichenheft rechts vom Mikroskope und versuche, mit dem linken Auge mikroskopierend, mit dem rechten auf das Papier schauend, das Gesehene wiederzugeben. Der Anfänger zeichnet in der Regel alles in viel zu kleinem Maßstabe, man gewöhne sich daher von Anfang an daran, große Zeichnungen zu entwerfen und das Papier nicht zu sparen. Für jede Zeichnung nehme man eine neue Seite und zeichne das Bild möglichst in die Mitte, um Notizen (Namen usw.) anbringen zu können. Sehr vorteilhaft zur Einprägung anatomischer Tatsachen ist die Anwendung von Farbstiften in der Zeichnung. Man wähle für be- stimmte Gewebe resp. Organe stets die gleichen Farben, also z. B. für den Darm: grün, die Haut: gelb, die Blutgefäße: rot, die Nerven: schwarz usw. In gleicher Weise können auch die in diesem Buche ge- gebenen Abbildungen koloriert werden. Die Reinhaltung seines Mikroskopes ist von jedem Prakti- kanten unbedingt zu verlangen: der Objekttisch darf niemals mit den vom Präparat herrührenden Flüssigkeiten, wie Wasser, Glyzerin oder Alkohol beschmutzt werden. Das Mikroskop wird am besten unter einer Glasglocke aufbewahrt, die auf einer runden Filzscheibe steht. Billiger als Glasglocken sind in Holzrahmen gefaßte Glasscheiben. Bei stark besuchten Kursen empfiehlt es sich, die mit den Nummern der Arbeitsplätze versehenen Mikroskope nach dem Gebrauche in einen Schrank zu stellen, um sie vor Verstäubung zu bewahren. Der Tubus wird, wenn Zahn und Trieb fehlt, mit der Hand nicht direkt heruntergestoßen, sondern in drehender Bewegung verschoben. Wenn er sich schwer bewegen läßt, so hat sich Schmutz an seiner Wandung angesammelt, der durch Abreiben leicht entfernt wird. Es wird dann etwas Knochenöl auf einen Lappen getröpfelt und auf 1* 4 Einleitung: Hilfsmittel. dem Tubus verrieben. Zu viel Öl zu nehmen ist indessen nicht gut, da der Tubus dann leicht aufs Objekt hinuntergleitet und dieses, sowie auch die Frontlinse des Objektivs beschädigt. Ist das Unglück dennoch geschehen, so wird der Tubus herausgezogen und die Objektivlinse sorgfältig mit einem weichen, reinen Leinwandlappen oder einem Stück- chen Rehleder abgeputzt. Ist die Linse mit Kanadabalsam in Berührung gekommen, so benetze man einen Zipfel des Tuches mit etwas Chloro- form, Terpentinöl oder Xylol und reinige die Linse damit. Doch muß das vorsichtig und schnell geschehen, denn die Linsen sind mit Kanada- balsam eingekittet und könnten sich lösen. Die Linsen der Objektive und Okulare und den Spiegel berühre man niemals mit dem Finger. Niemals schraube man Objektive und Okulare auseinander. Zur Aufnahme der Präparate dienen die Objektträger, recht- eckige Glasplatten, die der Anfänger nicht zu klein wählen soll (eng- lisches Format, 76 zu 26 mm, oder größer). Die gekauften Objekt- träger sind nicht ohne weiteres zu benutzen, sondern müssen erst ge- reinigt werden. Dies geschieht am besten durch Einlegen in eine mit Wasser gefüllte Glasschale, in welche etwas pulverisiertes doppeltchrom- saures Kali, sowie ein paar Kubikzentimeter konzentrierte Schwefelsäure gebracht werden. Nach 1—2 Tagen werden sie mit reinem Wasser abgespült und abgetrocknet oder in einem Glase unter Alkohol auf- bewahrt. Ganz ebenso hat man mit den im Handel bezogenen Deck- gläschen zu verfahren. Letztere, kleine, viereckige oder runde, sehr dünne Glasplatten, werden auf das Objekt gelegt, das stets mit einer Zusatzflüssigkeit, Wasser, Glyzerin, Alkohol usw. versehen sein muß. Nur wenige Ob- jekte werden ohne Deckgläschen oder trocken untersucht. Die Herstellung der Präparate muß in erster Linie in Rück- sicht darauf erfolgen, daß sie das Licht bis zu einem gewissen Grade durchlassen. Bei kleinen Objekten, wie z. B. Infusorien oder dünnen Geweben, ist das ohne weiteres der Fall, von anderen, welche infolge ihrer Dieke undurchsichtig sein würden, müssen Teile auf den Öbjekt- träger gebracht werden. Entweder geschieht das durch Zerzupfen oder durch Herstellung dünner Scheiben. Das Zer zupfen wird mittels zweier in Griffen befestigter Nadeln besorgt; am besten eignen sich dafür Muskeln und Sehnen. Andere Teile lassen sich dagegen nur durch Zerschneiden in dünne Scheiben der Untersuchung mit dem Mikroskope zugänglich machen. Am leich- testen gelingen Schnitte mit einem guten Rasiermesser. Dabei ist folgendes zu beobachten: Man benetze die Klinge stets mit Wasser, oder wenn in Alkohol konservierte Stücke zerschnitten werden sollen, mit 70°/,igem Alkohol. Dann drücke man nicht das Messer gegen das mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand erfaßte Objekt, sondern ziehe es langsam gegen sich hindurch. Bald wird man so viel Ubung haben, einen hinreichend dünnen, also brauchbaren Schnitt herstellen zu können. Nach beendigtem Schneiden ist das Messer stets wieder trocken zu wischen. Will man kleine Wassertiere unter dem Mikroskope lebend be- trachten, wie z. B. //ydra, so bringe man sie unter das Mikroskop zunächst ohne Deckglas mit verhältnismäßig viel Wasser. Will man ein Deckglas anwenden, so muß man bedenken, daß die Schwere eines solchen Einleitung: Zelle und Gewebe. 5 hinreichend ist, die meisten Tiere zu zerquetschen; man stütze das Deckglas daher entweder durch ein paar seitlich an den Rand gebrachte Haare, Papier- oder Holzstückchen oder durch Anbringung von vier Wachsfüßchen auf der Unterseite in den Ecken. (Gewöhnliches Wachs haftet nicht fest am Glas, am besten hat sich eine Mischung von drei Teilen gelben Baumwachses, einem Teil Vaseline und einem Teil Kanada- balsam bewährt. Teile lebender Gewebe untersucht man nicht in Wasser, sondern in physiologischer Kochsalzlösung (0,75°/,ige wässerige Lösung). Als Aufhellungsmittel für manche tote Objekte wird Glyzerin, meist mit etwas Wasser vermischt, angewandt, in einzelnen Fällen, bei manchen Alkoholpräparaten, läßt sich auch in unserem Elementarkurse als Aufhellungsmittel Nelkenöl verwenden, alsdann ist aber das Objekt erst durch absoluten Alkohol hindurchzuführen. Wie in einzelnen Fällen Reagentien und einfache Färbemittel an- gewandt werden, ist in den betreffenden Kapiteln ausgeführt. Vorge- schrittenere sind auf die reiche darüber existierende Literatur (BEHRENS, KoSSEL und SCHIEFERDECKER, „Das Mikroskop und die Methoden der mikroskopischen Untersuchung“, BÖHM und OrPrEr, „Taschenbuch der mikroskopischen Technik“, Rawırz, „Leitfaden für histologische Unter- suchungen“, AparHy, „Die Mikrotechnik der tierischen Morphologie“, LEE und MAYER, „Grundzüge der mikroskopischen Technik für Zoologen und Anatomen“ STÖHR, „Lehrburch der Histologie“, K. ©. SCHNEIDER, „Histologisches Praktikum der Tiere“ u. a. m.) zu verweisen. B. Allgemeine Übersicht über Zelle und Gewebe. Wie die Pflanzen, so bestehen auch die Tiere aus organischen Einheiten: den Zellen. Entweder wird der Körper eines Tieres nur von einer Zelle gebildet: Protozoen, oder zahlreiche Zellen treten zu bestimmten Verbänden, den Geweben, zusammen, und diese vielzelligen tierischen Organismen werden den einzelligen Protozoen als Metazoen gegenübergestellt. Die Zelle. Die Zelle ist sowohl in morphologischer wie in physiologischer Hinsicht die letzte Lebenseinheit. Ihre einzelnen Teile können nicht für sich existieren, sondern sind nur Zellorgane, und in der Zelle spielt sich der Prozeß des Lebens ab. Wesentlich für jede Zelle sind zunächst zwei Bestandteile: das Protoplasma und der Kern. Keiner von beiden kann in der Zelle fehlen. Die Zelle ist also zu definieren als ein Klümpchen Proto- plasma mit einem Kern. Das Protoplasma besteht aus einem sehr komplizierten Gemenge verschiedener flüssiger Substanzen, besonders Eiweißkörper und wird aufgebaut aus einer sehr fein schaumartig oder wabenartig strukturierten Grundmasse, in welcher in größerer oder geringerer Zahl kleine Körn- chen (,Mikrosomen‘“) verschiedenartigster Natur eingebettet sind, und aus dem von den Schaumwaben eingeschlossenen flüssigen Inhalt. In allen Metazoenzellen und bei einigen Protozoen kommt noch als dritter wesentlicher Bestandteil der Zelle das Centrosoma hinzu, ein a 6 Einleitung: Zelle und Gewebe. äußerst kleines kugeliges Gebilde, welches bei der Zellteilung eine wich- tige Rolle spielt. Ein nicht wesentlicher Bestandteil der Zelle ist die Zellmembran, welche ein Absonderungs- oder Umwandlungsprodukt der äußeren Proto- plasmaschicht ist und der Zelle fehlen kann. Der Kern (Nucleus) baut sich ebenfalls aus verschiedenen Bestand- teilen auf, von denen die vier -wesentlichsten sind: 1. der Kernsaft, eine homogene Flüssigkeit, 2. das Chromatin oder Nuclein, welches sich durch eine starke Färbbarkeit mit gewissen Farbstofflösungen aus- zeichnet und in Form von Gerüsten, Fäden oder Körnchen auftritt, 3. das Achromatin oder Linin, eine wenig färbbare, zarte Gerüst- substanz, und 4. das Paranuclein, meist als Kernkörperchen, Nucleolus, gesondert. Hierzu kommt noch in den meisten Fällen eine Kernmembran. Die Zellen sind Träger der Lebenseigenschaften, die sich in vier Gruppen zerlegen lassen: 1. die Bewegungserscheinungen, 2. die Reizerscheinungen, 3. den Stoffwechsel und 4. die Fortpflanzung. Die Bewegung äußert sich als amöboide Bewegung in Gestalt- veränderungen des Protoplasmas, als Geißel- und Flimmerbewegung durch Ausbildung feiner, stark beweglicher Protoplasmafortsätze, als Körnchenströmung im Innern des Protoplasmas, und als Muskel- bewegung. Die Reizerscheinungen äußern sich in einer Veränderung der spontanen Lebenserscheinungen der lebendigen Substanz, die entweder in einer Steigerung derselben: Erregung oder in einer Herabsetzung: Lähmung zum Ausdruck kommt. Die hauptsächlichsten von außen kommenden Reize, auf welche die lebendige Substanz zu reagieren vermag, sind chemische, mecha- nische, Wärme-, Licht- und elektrische Reize. Zu den wichtigsten gehören die Wärmereize. Das Überschreiten bestimmter oberer oder unterer Temperaturgrenzen führt den Tod herbei. Der Stoffwechsel der Zelle beruht auf der Aufnahmefähigkeit bestimmter Substanzen (Ernährung), der Fähigkeit sie in gelösten Zustand überzuführen (Verdauung) und sie zum Aufbau lebendiger Substanz zu verwenden (Assimilation). Dieser progressiven Stoff- metamorphose steht die regressive gegenüber, indem sich die Lebens- substanz in einer beständigen Selbstzersetzung zu einfacheren chemischen Verbindungen befindet und potentielle Energie (intramolekulare Wärme) in kinetische umwandelt. Die von der Zelle abgegebenen Produkte werden Exkrete oder, wenn sie noch weiter imLeben des Organismus verwandt werden, Sekrete genannt. Die der Zelle zukommende Fähigkeit der Aufnahme von Sauerstoff, um bestimmte Plasmaprodukte zu oxydieren, ist die Atmung. Aus- geatmet wird die durch diesen Prozeß gebildete Kohlensäure und Wasser. Die Fortpflanzung kann als ein Wachstum über das Maß des Individuums aufgefaßt werden. Der Stoffwechsel bildet mehr lebendige Substanz als in der Zelle zerfällt, und da die Zelle eine gewisse Größe nicht zu überschreiten vermag, so teilt sie sich. Die Fortpflanzung beruht also auf Teilung der lebendigen Substanz der Zelle („omnis cellula e cellula“). Bei der Zellteilung spielen Centrosoma und Kern eine wichtige Rolle („omnis nucleus e nucleo‘‘). Einleitung: Zelle und Gewebe. 7 Entweder ist die Kernteilung eine direkte, indem sich der Kern einfach zerschnürt, oder eine indirekte (Mitose), indem sich zuerst das Centrosoma in zwei Teile teilt, die durch eine Strahlenfigur verbunden sind, dann das in kurze Stücke, Chromosomen, zerfallene Chromatin in ganz gleichmäßiger Verteilung an beide Pole rückt, und endlich die Bildung zweier neuer Kerne und die Zerschnürung des Protoplasmas erfolgt. Die Gewebe. Gewebe sind Verbände gleichartig differenzierter Zellen. Durch das Auftreten des Prinzips der Arbeitsteilung werden die Lebensfunktionen, welche in der einzelnen freilebenden Zelle noch ver- einigt sind, auf die verschiedenen Gewebe übertragen, und wir unter- scheiden von diesem Gesichtspunkte aus vier verschiedene Arten der- selben: Epithelgewebe, Stützgewebe, Muskelgewebe, Nerven- gewebe. 1. Epithelgewebe nennen wir die flächenhaft ausgebreiteten Zell- verbände, welche die äußere Oberfläche wie die Wandungen der inneren Hohlräume überziehen. Die Epithelien haben entweder die Funktion des Schutzes oder der Abscheidung für den Organismus brauchbarer (Sekrete), oder unbrauchbarer Stoffe (Exkrete), oder der Aufnahme von außen kommender Reize, und demgemäß unterscheiden wir Deckepithel, Drüsenepithel und Sinnesepithel. a) Das Deckepithel heißt, wenn es nur eine Zellschicht hoch ist (wie in der Oberhaut fast aller Wirbellosen), einschichtig, wenn mehrere Zellagen übereinanderliegen, mehrschichtig (wie in der Ober- haut der Wirbeltiere). Je nach der verschiedenen Höhe der einzelnen Zellen unterscheidet man Zylinderepithel, kubisches oder Pflaster- epithel und Plattenepithel. Besitzen die einzelnen Zellen eines Epithels an ihrer freien Fläche je einen kräftigen, schwingenden Protoplasmafortsatz, so reden wir von Geißelepithel, sind statt dessen viele kleine Wimpern auf der Oberfläche einer jeden Zelle vorhanden, von Wimper- oder Flimmer- epithel. Durch gemeinsame Ausscheidung einer Membran an der freien Oberfläche entsteht als schützende Hülle die Cuticula, welche bei manchen Wirbellosen (in den Chitinpanzern der Insekten, den Muschel- schalen usw.) eine bedeutende Dicke erreichen kann. Eine weitere ge- meinsame Ausscheidung, die an der Basalseite der Epithelien entsteht, ist die Stützmembran. Bei mehrschichtigen Epithelien fehlt meist die Cuticula, die durch die obersten flachen, chemisch umgewandelten („verhornten‘) Zell- schichten ersetzt wird. b) Das Drüsenepithel besorgt die Abscheidung von Sekreten oder Exkreten. Entweder sind es einzelne Zellen, welche in einer Reihe mit den anderen Epithelzellen liegen, häufig auch eine enorme Größe erreichen und einzellige Drüsen genannt werden, oder es sind viel- zellige Drüsen, indem mehrere nebeneinander gelagerte Epithelzellen sezernierend wirken und sich ins Innere des Körpers einstülpen. Der obere Teil fungiert dann in der Regel nur als Ausführgang, während der Endabschnitt sekretorisch tätig ist. Stellen die Drüsen einfache oder verästelte Schläuche dar, so nennt man sie tubulöse Drüsen, g Einleitung: Zelle und Gewebe. sind sie traubig verästelt, mit Beschränkung der sezernierenden Zellen auf die bläschenförmigen Endabschnitte, so heißen sie alveoläre Drüsen. Die Geschlechtsdrüsen sind Epithelien, meist ebenfalls von drüsenartiger Form, welche die Geschlechtszellen erzeugen. c) Das Sinnesepithel. Die zur Aufnahme von Sinneseindrücken bestimmten Epithelzellen tragen an ihrem freien Ende Sinneshärchen oder kürzere und dickere Bildungen: Sinnesstifte, oder noch ansehnlichere Gebilde: Stäbchen, und sind am unteren Ende durch feine Nervenendäste mit dem Zentral- nervensystem verbunden. 2. Stützgewebe. Während bei den Epithelien die Zellen die Hauptrolle spielen und den von ihnen abgeschiedenen Produkten nur eine untergeordnete Be- deutung zukommt, ist bei dem Stützgewebe das Umgekehrte der Fall. Die von den Zellen des Stützgewebes abgeschiedenen Produkte sind die Intercellularsubstanzen. Die Hauptfunktion des Stützgewebes ist schon in seiner Bezeichnung ausgesprochen, indem es vornehmlich zur Festigung des Körpers beiträgt. Wir unterscheiden drei verschiedene Formen des Stützgewebes: a) Bindegewebe, b) Knorpel und ec) Knochen. Das Bindegewebe ist ein zelliges, wenn die Intercellularsubstanz gegenüber den Zellen zurücktritt. Häufig treten in den Zellen mit Flüssigkeit gefüllte Vakuolen auf, welche den Zellen ein bläschenförmiges Aussehen verleihen: blasiges Bindegewebe. Durch Abscheidung von Fettröpfehen in den Zellen entsteht das Fettgewebe. Treten Farb- stoffkörnchen in den Bindegewebszellen auf, so haben wir Pigment- zellen vor uns. Durch das Auftreten reichlicher Intercellularsubstanz vom zelligen Bindegewebe unterschieden sind das faserige Bindegewebe und das Gallertgewebe. Beim faserigen Bindegewebe ist die Intercellularsubstanz in Fasern differenziert, die beim Kochen Leim erzeugen. Entweder liegen die Fasern wirr durcheinander oder sind in Bündel vereint, die, wenn sie parallel zueinander verlaufen, das Sehnengewebe liefern. Das Gallertgewebe zeichnet sich durch den Besitz einer homo- genen, gallertartigen Intercellularsubstanz aus, innerhalb deren die Binde- gewebszellen liegen. Im faserigen Bindegewebe wie im Gallertgewebe können außerdem noch besondere Fasern auftreten, die elastischen Fasern; wenn sie in ersterem überwiegen, so reden wir von elastischem Bindegewebe. Das Knorpelgewebe entsteht aus faserigem Bindegewebe — welches sich in einer die Knorpeloberfläche überziehenden Haut, dem Perichon- drium, erhält — durch Ausscheidung einer Intercellularsubstanz, der Knorpelsubstanz. Bleiben die Bindegewebsfasern erhalten, so haben wir Faserknorpel, wird die Intercellularsubstanz homogen: Hyalin- knorpel, und treten elastische Fasern in größerer Zahl auf: elastischen Knorpel. Durch Auftreten von Kalksalzen kann der Knorpel verkalken (nicht zu verwechseln mit Knochengewebe!). Das Knochengewebe entsteht aus Bindegewebszellen, Osteo- blasten, durch Ausscheidung einer Intercellularsubstanz, Ossein, in welche sich anorganische Stoffe, in erster Linie phosphorsaurer Kalk, Einleitung: Zelle und Gewebe. 9 einlagern. Indem immer neue Lagen von Knochensubstanz gebildet werden, entsteht eine geschichtete Struktur derselben, die Grund- lamellen. Außerdem bilden sich in der Knochensubstanz dem Verlauf von Blutgefäßen dienende Kanäle, die Haversischen Kanäle, um welche sich in konzentrischer Schichtung neue Lamellen, die Haversi- schen Lamellen, lagern. Ein Teil der Osteoblasten wird ringsum von Knochensubstanz um- schlossen und wird zu den Knochenzellen, die mittels zahlreicher Fortsätze untereinander zusammenhängen. Das Zahngewebe oder Dentin unterscheidet sieh dadurch vom Knochengewebe, daß die Bildungszellen, Odontoblasten, nicht von der ausgeschiedenen Intercellularsubstanz umgeben werden, sondern an deren Basis verharren und feine parallele Ausläufer in sie hineinsenden. 3. Muskelgewebe. In den Muskelzellen ist die Eigenschaft der Kontraktilität, welche allem Protoplasma zukommt, wesentlich gesteigert und an eine besondere Substanz, die Muskelsubstanz, gebunden. Diese Muskelsubstanz tritt in Form von langgestreckten, stark lichtbrechenden Fäden, den Muskel- fibrillen auf, in deren Längsrichtung die Kontraktion erfolgt. Die Muskelfibrillen sind entweder glatte oder quergestreifte, erstere aus gleichmäßiger Muskelsubstanz, letztere aus zwei alternierenden Substan zen, einer doppelt lichtbrechenden und einer einfach lichtbrechenden (Zwischen- scheiben), gebildet. Wir unterscheiden danach glatte und quer- gestreifte Muskelzellen. Indem die einzelnen Fibrillen letzterer in der Weise angeordnet sind, daß die Zwischenscheiben in gleiche Ebenen zu liegen kommen, erscheint die ganze Zelle quergestreift. Nach ihrer Herkunft unterscheidet man zwei Arten von Muskel- zellen: a) Epithelmuskelzellen und b) kontraktile Faserzellen des Bindegewebes. Der Teil des Zellprotoplasmas, welcher den Kern umgibt, wandelt sich nicht in Muskelsubstanz um, und heißt das Muskelkörperchen. Finden sich viele Muskelkörperchen, so spricht man nicht mehr von einer Muskelzelle, sondern von einer Muskelfaser. Die Muskelzelle wird um- hüllt von einer dünnen Membran, dem Sarcolemma, der Zellmembran entsprechend. 4. Nervengewebe. Das Nervengewebe hat die Funktion der Übertragung von Er- regungszuständen, indem es äußere Reize und Willensimpulse fortpflanzt. Das Gewebselement des Nervengewebes ist das Neuron. Neuronen sind Zellen, welche oft sehr lange Fortsätze, die Nervenfortsätze, aussenden. Den Zellkörper selbst nennt man Nerven- oder Ganglienzelle, die Nervenfortsätze Nervenfasern. Die hauptsächlich im Zentralnervensystem liegenden Ganglienzellen nennt man multipolare, wenn sie mehrere Fortsätze haben, bipolare mit zwei solchen, unipolare mit einem Nervenfortsatz. An multipolaren Ganglienzellen heißt ein oft stark ausgeprägter Fortsatz Nervenfortsatz, die anderen, stark verzweigten, in ein Gewirr feinster Fasern sich teilenden, protoplasmatischen Fortsätze heißen: Dendriten. Die Nervenfasern leiten entweder äußere Reize zum Zentralorgan und heißen dann sensible oder innervieren vom Zentralorgan aus die Muskeln: motorische. 10 Einleitung: Zelle und Gewebe. Entweder sind die Nervenfasern von einer Schicht, dem Mark (Myelin), umgeben und heißen dann markhaltige oder dieses Mark fehlt, und dann sind es marklose. Beide Arten können noch von einer zarten Hülle, dem Neurilemm (Schwannsche Scheide) umgeben sein, so daß wir vier Arten von Nerven- fasern haben: 1. marklose ohne Neurilemm, 2. marklose mit Neurilemm, 3. markhaltige ohne Neurilemm (nur im Zentral- nervensystem), 4 markhaltige mit Neurilemm. Der Nervenfortsatz in den markhaltigen Fasern wird auch Achsen- zylinder genannt. Die Stämme des Tierreiches. A. Protozoa. Einzellige Tiere. I. Protozoa. B. Metazoa. Vielzellige Tiere. II. Coelenterata. III. Platodes. IV. Vermes. V. Echinodermata. VI. Molluseca. VII. Arthropoda. VII. Tunicata. IX. Vertebrata. Systematischer Überblick für den ersten Kursus. I. Stamm. Protozoa, Urtiere. Einzellige Organismen. Bewegung und oft auch Nahrungsaufnahme erfolgt durch verschiedenartige Protoplasmafortsätze. Als Exkretionsorgane fungieren kontraktile Vakuolen. Fortpflanzung ungeschlechtlich durch Teilung, Knospung oder Sporen- bildung. Sehr verbreitet, wahrscheinlich ganz allgemein, ist die dem Befruchtungs- prozeß der Metazoen entsprechende Konjugation oder Kopulation. I. Unterstamm: Plasmodroma. Bewegung durch Scheinfüßchen oder Geißeln, mit einem oder mehreren meist bläschenförmigen Kernen. I. Klasse: Flagellata, Geißeltierchen. Bewegung durch einen oder zwei, selten mehrere konstante, lange schwin- gende Protoplasmafortsätze: Geißeln. Oft mit Zellenmund und Zellenafter. 1. Ordnung: Autoflagellata. Nackt oder mit Cutieula versehen. Meist 1—2 Geißeln, mitunter mit undu- lierender Membran. Einige Formen Chlorophyll enthaltend und zu pflanzlichen Organismen überführend, z. T. Parasiten. Zuglena, Trypanosoma. 2. Ordnung: Dinoflagellata. Körper mit derber Membran aus Celluloseplatten zusammengefügt. Mit zwei Geißeln, von denen die eine in einer ventralen Längsfurche eingelagert ist, die andere in einer queren Ringfurche schwingt. Durch die Art der Ernährung als pflanzliche Organismen aufzufassen. Ceratizum. 3. Ordnung: Cystoflagellata. Gallertiger, von Membran umschlossener Körper. Noctiluca. II. Klasse: Rhizopoda, Wurzelfüßer. Protozoen mit veränderlichen und einziehbaren Fortsätzen des Protoplasmas, den Scheinfüßchen oder Pseudopodien. Ohne konstante Mund- und Afteröffnung. 1. Ordnung: Amoebina. Körper ohne Schale, aus weicherem, körnchenreichem Entoplasma und festerem, hellerem Ektoplasma bestehend, mit fingerförmigen Pseudopodien. Amoeba. 2. Ordnung: Foraminifera. Körper mit Schale aus chitiniger Substanz, die meist verkalkt ist oder Sand- teilchen aufnimmt, seltener mit kieseliger Schale. Pseudopodien meist fadenförmig. Arcella, Difflugia, Gromia, Miliola, Orbulina, Polystomella, Globigerina, Nummudlites. 12 Systematischer Überblick. 3. Ordnung: Heliozoa, Sonnentierchen. Von kugeliger Gestalt, mit feinen strahlenförmigen, nur selten verschmelzenden Fortsätzen, die innen häufig einen festeren Achsenfaden besitzen, der bei vielen bis zum Zentrum des Körpers geht. Der Körper besteht aus dem äußeren vakuoli- sierten Ektoplasma und dem inneren körnigen Entoplasma, die nieht durch eine Membran getrennt sind. Meist mit regelmäßig angeordnetem Kieselskelett. Fast durchweg Süßwasserbewohner. Actinosphaerium. 4. Ordnung: Radiolaria, Strahltierchen. Die Psendopodien strahlenförmig und vielfach netzig verbunden. Das Körper- protoplasma durch eine feste Membran in ein äußeres (Extracapsulum) und ein inneres kernhaltiges (Zentralkapsel) geschieden. Skelett aus Kieselsäure oder (bei den Acantharien) aus Strontiumsulfat bestehend. Z7halassicolla, Collozoum, Acanthometra. 5. Ordnung: Mycetozoa, Schleimtiere. Vielfach zu den Pflanzen gerechnet. Sehr große amöboid bewegliche Proto- plasmakörper (Plasmodien) mit zahlreichen Kernen, die sich bei Trockenheit eneystieren. Fortpflanzungskörper sind die Sporenblasen und die Caryome, an Pilze erinnernd. Aethalium. III. Klasse: Sporozoa. Entoparasitische Protozoen, in erwachsenem Zustande ohne Fortbewegungs- organe. Ernährung durch Endosmose. Fortpflanzung durch Sporenbildung, auch Teilung. Häufig Generationswechsel. A. Telosporidia. Erst am Ende ihres vegetativen Lebens Sporen bildend. Einkernig. 1. Ordnung: Gregarinida. Körper meist länglich, mit äußerer Cuticula, unter welcher eine Schicht kon- traktiler Fäden liegt. Sporenbildung in eneystiertem Zustand. In der Jugend Zell- parasiten, später frei in Darm oder Leibeshöhle wirbelloser Tiere. Monocystis tenax, Gregarina blattarum. 2. Ordnung: Coeceidiaria. Zellparasiten. Körper kugelig oder eiförmig. Fortpflanzung in eneystiertem und eystenlosem Zustande. Beide Fortpflanzungsarten (Sporogonie und Schizo- gonie) alternieren. Coccidium schubergt. 3. Ordnung: Haemosporidia. Blutschmarotzer. Im erwachsenen Zustand wurmförmig, im Blutserum oder amöboid in den Blutzellen. Plasmodium malariae. B. Neosporidia. Während des ganzen vegetativen Lebens Sporen bildend. Vielkernig. 4. Ordnung: Cnidosporidia. 2 Amöboid oder unbewegliche Cysten. Sporen mit Nesselkapseln. Meist in Fischen und Arthropoden. Myxobolus. Nosema. 5. Ordnung: Sareosporidia. Körper meist gestreckt, schlauchförmig. In der Jugend Muskelzellenschma- rotzer. Cystenbildend. Sarcocystzs. II. Unterstamm: Ciliophora. Bewegung durch zahlreiche Wimpern, mit einem oder mehreren dicht ge- bauten Hauptkernen und einem bis vielen bläschenförmigen Nebenkernen. Systematischer Überblick. 13 IV. Klasse: Ciliata, Infusorien. Wimpern während des ganzen Lebens vorhanden. Nahrungsaufnahme durch Osmose oder durch den Zellenmund. 1. Ordnung: Holotricha. Mit gleichartiger Bewimperung des Körpers. Zaramaecium, Opalina ranarum. 2. Ordnung: Heterotricha. Außer gleichartiger Bewimperung noch eine adorale Wimperspirale vorhanden, die zur Mundöffnung führt. Stentor. X 3. Ordnung: Peritrieha. Nur mit adoraler Wimperspirale, die sich auf einen von ihr umgebenen Deckel, die Wimperscheibe, fortsetzt. Meist mit Stiel zum Festheften. Vortivella. 4. Ordnung: Hypotricha. Abgeplatteter, in Bauch- und Rückenseite gesonderter Körper. Auf der Bauchseite eine adorale Wimperspirale, mehrere Längsreihen von Wimpern und einzelne größere Borsten und Haken. Der Rücken entweder nackt oder mit ein- zelnen Borsten versehen. Oxyiricha, Kerona. V. Klasse: Suctoria. Wimpern nur an den freischwimmenden Jugendstadien vorhanden. Nahrungs- aufnahme durch feine Saugfüßchen. Festsitzend. Acineta. 14 1. Kursus: Protozoa. 1. Kursus. Protozoa. Technische Vorbereitungen. Etwa 2—3 Wochen vor Beginn dieses Kursus werden ein paar größere Glasgefäße mit frischem Wiesenheu gefüllt und dieses mit Wasser übergossen. Nach einigen Tagen Stehens in einem warmen Raume untersuche man mittels des Mikroskopes, ob sich Infusorien in der Flüssigkeit vorfinden. Ist das nicht der Fall, so hole man sich aus einem Tümpel oder Teich etwas Wasser, in dem man sicher sein kann Infusorien anzutreffen, und impfe mit derartigem Wasser den Heuaufguß. Nach weiteren S—14 Tagen wird man die Flüssigkeit von Infusorien, besonders Paramaecien, wimmeln sehen. Etwa 14 Tage nach der Imp- fung sind die Kulturen am reichhaltigsten. In länger stehenden Auf- güssen nehmen die Paramaecien wieder schnell an Zahl ab, sie „dege- nerieren“. Paramaecien kann man auch züchten, wenn man Kiemen- oder Fußstücke der Teichmuschel einige Tage im Wasser liegen läßt. Der günstigste Zeitpunkt für die Impfung ist dann eingetreten, wenn sich an der Oberfläche des Aufgusses eine dicke Bakterienschicht gebildet hat. Man vermeide es, kleine Krebse, Copepoden oder Daph- niden in die Gläser zu bringen. Am zahlreichsten finden sich nun die Infusorien auf der Oberfläche des Heuaufgusses in einem filzigen Häutchen. Derartige, oft metallisch schillernde Häutchen kann man auch im Freien, an der Oberfläche von Tümpeln und Teichen entdecken und ist dann sicher, eine reiche Aus- beute an Infusorien wie Amöben zu machen. Eine sehr einfache und praktische Methode, eine große Menge von Infusorien, speziell Paramaecien, auf einen möglichst kleinen Raum zu konzentrieren, ist folgende. Ein paar Stunden vor dem Kurse werden etwa !/; m hohe, an einem Ende zugeschmolzene oder verkorkte Glas- röhren mit dem Heuaufguß gefüllt und aufrecht gestellt. Nach Verlauf einiger Zeit sieht man schon mit bloßem Auge, wie die oberste Wasser- schicht in der Glasröhre von den aufsteigenden Paramaecien weißlich gefärbt wird, und man kann nun mit der Pipette kleine Mengen dieses dichtbevölkerten Wassers abheben und auf die Objektträger geben. Wir haben uns damit eine Art „Paramaecienfalle‘ konstruiert, an der sich gleichzeitig sehr schön der negative Geotropismus dieser Tiere de- monstrieren läßt. Bevor sich die Paramaecienkulturen voll entwickelt haben, wird man fast stets im Aufguß eine kleinere Infusorienform, Colfidıum colpoda, an- treffen, die aber in der Regel nach ein paar Tagen wieder verschwindet. Um andere Infusorien zu erhalten stellt man zweckmäßig eine An- zahl großer, mit Glasplatten zu bedeckender Gläser auf, welche mit Algen, Wasserlinsen usw. erfülltes Wasser von verschiedenen Fundorten ent- halten. Es empfehlen sich da besonders die Teiche der botanischen Gärten, sowie im Winter das Wasser in den Kübeln der Gewächshäuser. Sten- toren lassen sich leicht in Menge züchten, wenn man angefaulte Salat- blätter in ein mit Wasser gefülltes Glas wirft und einige Stentoren hinzusetzt. Manche größere Protozoenarten, wie „1c/inosphaerium, Lacrymaria, Spirostomum und Stentor, vermag man nach einiger Übung schon mit l. Kursus: Protozoa. 15 dem bloßen Auge zu sehen; auch Vorticellen kann man bereits im Freien erkennen, als weiße Überzüge an Holzstückchen, Zweigen und Wurzeln; doch bedarf es dazu einiger Übung. Um solche Protozoen aus dem gegen das Licht gehaltenen Glase herauszuheben, benutzt man eine dünne Glasröhre, die man oben mit dem Finger verschließt, in das Wasser über das zu fangende Tier einführt und nun den Finger abhebt. Mit dem in das Glasrohr eindringenden Wasserstrom wird auch die Beute heraufgerissen; jetzt schließt man das Glasrohr wieder oben durch Auf- drücken des Fingers und kann nun die darin enthaltene Wassersäule herausheben und mit der Beute in ein Uhrschälchen oder auf den Objekt- träger fließen lassen. Aciimnosphaeriwm kann in breiten, im Schatten stehenden Schalen mit Wasserlinsen und abgefallenem Laub gezüchtet werden. Zur Fütterung nimmt man Stentoren und Paramaecien. Einige Anweisungen dürften auch bei der Jagd auf Amöben von Nutzen sein. Kleine Amöben findet man häufig in dem Häutchen, welches sich auf Paramaecienkulturen bildet, die großen Arten sind dagegen in vegetabilischem Schlamm zu suchen, der aus stehenden Tümpeln stammt. Amöben sind ferner fast stets an der Unterseite der Blätter von Wasser- rosen zu finden. Auch aus dem Darme von Küchenschaben kann man sich Amöben verschaffen. Sie leben in deren Enddarm, und können leicht gewonnen werden, wenn man einer mit Äther betäubten Küchenschabe den hintersten Körperteil und den Kopf abschneidet, dann den Darm von hinten her mit einer Pinzette vorsichtig herauszieht, öffnet und den Inhalt in °/, prozentiger Kochsalzlösung auf einen Objektträger streicht. Schöne Amöbenpräparate erhält man, wenn man auf die Wasser- oberfläche ein Deckgläschen lest, und es nach Verlauf einiger Zeit mit der dünnen, gerieften Pinzette vorsichtig abhebt. Meist wird man dann auf der Unterseite Amöben in großer Zahl antreffen. Soll von einem solchen Präparat aller Schmutz entfernt werden, so streife man das Deckgläschen auf einem Objektträger ab und lasse die Flüssigkeit 5—10 Minuten auf ihm stehen. Während dieser Zeit haben sich die Amöben an ihrer Unterlage festgeheftet, und durch vorsichtiges Abspülen mit Wasser kann man alle fremden Beimengungen entfernen. Schließlich beachte man, daß in faulig gewordenem Wasser sıch andere Protozoenfaunen entwickeln, und gieße deshalb den Inhalt eines solchen Glases nicht weg. A. Allgemeine Übersicht. Die Protozoen sind einzellige Tiere, im Gegensatz zu allen anderen, den Metazoen, welche vielzellig sind. Fast alle Protozoen sind von sehr geringer Körpergröße. Echte Gewebe, wie echte Organe fehlen ihnen, und die verschiedenen Funktionen, welche bei den mehr- zelligen Tieren auf verschiedene Organe verteilt sind, werden noch sämt- lich vom Protoplasma der Zelle versehen. Die niedersten Protozoen weisen nur eine aus Protoplasma und Zellkern bestehende Leibesmasse auf. Das Protoplasma ist außen hyaliner und fester (Ektoplasma), innen weicher und körniger (Ento- plasma). Bei den höheren Protozoen kommt es zu einer weiteren Differenzierung des Protoplasmas, indem sich Einrichtungen bilden, welche als Zellorgane (Organellen) bezeichnet werden. So erfolgt die 16 1. Kursus: Protozoa. Bewegung bei vielen durch breite, lappige oder dünne, fadenförmige Fortsätze, die wieder in den Körper eingezogen werden können; bei anderen dagegen bilden sich dauernde Anhänge, die Geißeln und Wimpern aus, die durch ihr Schlagen das ganze Tier vorwärts zu be- wegen vermögen. Ferner kann auch bei höher organisierten Protozoen eine bestimmte Körperstelle als Mund, eine andere als After funktio- nieren, indem die Nahrung durch ersteren aufgenommen, die unbrauch- baren Bestandteile durch letzteren entleert werden. Bei anderen Proto- zoen kann dagegen jede beliebige Stelle der Körperoberfläche zur Nahrungsaufnahme benutzt werden, indem die aufzunehmende Nahrung vom Protoplasma umflossen wird; und ebenso kann bei diesen Formen die Ausstoßung der unbrauchbaren Stoffe an jeder beliebigen Körper- stelle erfolgen. Die ins Innere des Tieres aufgenommenen Nahrungsbestandteile sind von einem Tröpfehen mitgespülten Wassers umgeben, in welches Fermente zur Auflösung der Nahrung abgeschieden werden. Dies sind die Nahrungsvakuolen. Ganz andere Funktionen haben die kon- traktilen Vakuolen, welche immer aufs neue im Protoplasma ent- stehen und sich nach außen entleeren. Es sind Exkretionsorgane, die auch die Ausatmung besorgen. Bei vielen Protozoen differenziert sich das Protoplasma in Fibrillen, denen die Eigenschaft der Kontraktilität in besonders hohem Maße eigen ist: Muskelfibrillen (Myoneme). Im Innern des Protozoons liegt der sehr verschieden gestaltete Kern. Sind in einem Individuum mehrere Kerne enthalten (wie z. B. bei Opalına ranarum), so ist dieses trotzdem als einzelliges Wesen aufzufassen, da die Mehrkernigkeit sich erklären läßt als erstes Stadium eines frühzeitig auftretenden Fortpfilanzungsprozesses. Viele Protozoen kapseln sich vor dem Teilungsprozeß ein, indem sie Kugelgestalt annehmen und eine Hülle (Cyste) ausscheiden. Eine derartige Hülle kann auch ausgeschieden werden beim Eintritt un- günstiger Lebensbedingungen, wie Trockenheit, Nahrungsmangel, zu Be- ginn des Winters usw. Außer diesen nur zeitweise auftretenden Schutzhüllen sind bei sehr vielen Protozoen auch dauernde Schutzgebilde vorhanden, die als Hüllen, Gehäuse, Skelette, Schalen usw. auftreten und aus gallertiger oder häutiger, oft mit Fremdkörpern inkrustrierter Masse oder aus kohlensaurem Kalk oder Kieselsäure bestehen. Die Fortpflanzung erfolgt durch Teilung, wenn das Tier in zwei gleich große Stücke zerfällt, oder Knospung, wenn ein kleineres Teilstück sich von einem größeren abschnürt, oder Sporenbildung, durch Zerfall in eine größere Anzahl gleich großer Teile. Wenn sich zwei Individuen vereinigen und dabei Kernstoffe aus- tauschen, so nennt man den Vorgang bei vorübergehender Verbindung Konjugation, bei dauernder Kopulation. Dieser Vorgang entspricht dem Befruchtungsprozeß bei vielzelligen Tieren, welcher in enge Be- ziehungen zur Fortpflanzung tritt (geschlechtliche Fortpflanzung), während bei den Protozoen als wichtigste Aufgabe der Befruchtung eine Neuregelung der Lebensvorgänge anzusehen ist und die Be- ziehungen zur geschlechtlichen Fortpflanzung sich erst anbahnen. Ge- legentlich können bei manchen Protozoen auch Verschmelzungen von Individuen eintreten, ohne Beteiligung der Kerne (Plastogamie). Un- vollständige Teilung führt zur Bildung von Kolonien. 1. Kursus: Protozoa. 17 B. Spezieller Kursus. Ihrer Kleinheit wegen sind die Protozoen nur unter dem Mikro- skope zu untersuchen. Es wird aus einer der angelegten Kulturen ein Wassertropfen, am besten mit einigen Algenfäden, auf den Öbjektträger gebracht und mit einem Deckglase bedeckt. Von vornherein schließe man alle größeren Tiere, wie Rotatorien, Copepoden, Nematoden, von der Betrachtung aus und widme sich ausschließlich der Untersuchung der Protozoen. Stets ist zuerst schwache Vergrößerung anzuwenden. Flagellaten. Zu den häufigsten Geißeltieren zählen die Euglenen, welche zu den Autoflagellaten gehören (Fig. 2). Der spindelförmige Körper ist durch Chlorophylikörner grün gefärbt, mit deren Hilfe sich die Euglenen nach Art der Pflanzen durch Zersetzung von Kohlensäure und Ver- wendung des Kohlenstoffs zum Aufbau von Par- amylum ernähren. Trotzdem findet sich an der Basis der Geißel als durchaus tierischer Cha- rakter ein „Zellenmund“. In der Nähe des re N Geißelansatzes ist ein roter Pigmentfleck zu be- Kontraktile achten, der als licht-, vielleicht auch wärme- nn empfindliches Zellorgan aufgefaßt wird, nach neuerer Annahme zum Beschatten des Kernes parsmmylumkom.... dienen soll. Die lange, schwingende Geißel ist nicht leicht zu sehen. Man kann ihre Bewe- Chlorophylikörner.- gung durch folgende einfache Methode verlang- samen und sie dadurch leichter sichtbar machen. Eine 3°/,ige Gelatinelösung wird in einem Becherglase erwärmt und diese schwach er- wärmte Lösung dem Wasser des Präparates etwa in gleicher Menge zugefügt; doch richtet sich die Menge der zuzufügenden Gelatine etwas Paramylumkorn nach der Höhe der Zimmertemperatur, und muß für jeden einzelnen Fall erst ausprobiert werden. In dem dichteren Medium verlangsamen sich nun die Bewegungen, ohne doch gänzlich aufzu- hören, und es bieten sich so dem Studium ruhi- gere Objekte dar. Diese Methode empfiehlt sich auch für andere kleine Tiere, wie Ciliaten, Ro- tatorien usw., welche man lebend untersuchen will. Neuerdings verwendet man auch zu diesem Zwecke ein in den Drogenhandlungen käufliches Präparat Alga-Carrageen, das aus getrockneten Meeresalgen besteht. In einem Glasschälchen läßt man eine kleine Portion in Wasser zu dicklicher Konsistenz aufquellen, und setzt dem mikroskopischen Präparate vom Rande des Deckglases aus etwas von der Masse hinzu. Mund _ Kern Fig. 2. EZuglena acus. (EHRBG.) Orig. Amöben. Über das Auffinden und Auffangen von Amöben s. 8. 15. Die Präparate müssen erst einige Zeit, etwa eine Viertelstunde, in Ruhe gelassen werden, da die Tiere infolge der Erschütterung Kugelform angenommen haben. Nach dieser Zeit beginnen sie, bei genügend hoher Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl, 92 18 1. Kursus: Protozoa. Zimmertemperatur, besser noch dem Sonnenlichte ausgesetzt, ihre Be- wegungen wieder aufzunehmen. Am besten lassen sich die Bewegungs- erscheinungen bei der kleinen, häufigen Amoeda limax verfolgen. Die verschiedenen Phasen sind zu zeichnen (s. Fig. 3). Bei größeren Formen ist der Unterschied zwischen dem körnigen Entoplasma und dem hyalinen Ektoplasma besonders deutlich; auch Fig. 3. Amöbe, eine Algenzelle fressend. Vier aufeinanderfolgende Stadien der Nahrungsaufnahme (aus VERWORN). läßt sich unter günstigen Umständen die Art der Nahrungsaufnahme durch Umfließen oder Einbeziehung beobachten (s. Fig. 3), ebenso das Ausstoßen unbrauchbarer Nahrungsstoffe. Unschwer zu sehen ist die Fig. 4. A Amoeba proteus, einen Nahrungskörper (Na), einen Haufen kleiner Algen umschließend. C» kontraktile Vakuole. N Kern. B kürzlich encystiertes Tier mit einigen Kernfragmenten. cv Cystenhülle. z Kern. A Reservesubstanz. C Cyste mit zahlreichen jungen Amöben, welche sich zum Ausschlüpfen anschicken. cy Cysten- hülle. A junge Amöben (aus DOFLEIN). periodisch sich entleerende kontraktile Vakuole. Bei der im Darme der Küchenschabe vorkommenden +1rroeda blattae sind die Plasmaströmungen im Innern sehr gut wahrzunehmen. Der Kern ist bei den Amöben meist nicht sichtbar, da er an- nähernd das gleiche Lichtbreehungsvermögen besitzt wie das Proto- plasma. Am deutlichsten ist er noch bei der kleinen Arzoeda limax. 1. Kursus: Protozoa. 19 Die Fortpflanzung der Amöben durch Teilung, wobei sich erst der Kern zerschnürt, dem das Protoplasma folgt, ist sehr schwer zu beobachten, da der Vorgang meist mehrere Stunden dauert. Außerdem findet sich bei ein paar Arten die Bildung von Sporen, die bei einer Form (Par- amoeba eilhardi SCHAUD.) zu Geißelzellen werden und sich nach Flagel- latenart durch Längsteilung fortpflanzen. Aus ihnen entstehen durch Rückbildung der Geißeln und Ausbildung von Lobo- podien wieder Amöben (Generationswechsel). Foraminiferen. Sehr häufig wirdman Two, inSüßwasserpräparaten,be- sonders in schlammigem Bodensatze, braune, schei- benförmige Körperchen finden, mit einer fein ge- gitterten, uhrglasförmigen Schale aus chitiniger Sub- stanz. Diese Schale wird 5... ; 3 I B E fig. 5. Arcella vulgaris, von oben gesehen (nach von dem Tiere, der Arcella, oe ; selbst ausgeschieden. Bei anhaltender Betrachtung unter starkerVergrößerung gelingt es, die fingerför- migen Protoplasmafort- sätze zu erkennen, die auf der Unterseite der Schale aus einer kreisförmigen Öffnung heraustreten. Wir haben also in der Arcella einen Vertreter der Fora- miniferen des Süßwassers vor uns (s. Fig. 5). Eine andere hierher gehörige Form ist die ebenfalls häufige Drfflugia (siehe Fig. 6). Die Schale der Dr/- / Augia ist glockenförmig ß F und besteht aus lauter 4 kleinen Fremdkörpern, I ER DR: meist Kieselstückehen. Aus Fig. 6. Difflugia urceolata (nach VERWORN). der Öffnung am unteren Ende sieht man unter günstigen Verhältnissen (Ruhe, Wärme usw.) die fingerförmigen Protoplasmafortsätze heraustreten. Das Studium der marinen Thalamophoren beschränkt sich in diesem Kursus auf die Betrachtung von verschiedenen, zum Teil geschliffenen Schalen, die in fertigen Präparaten verteilt werden. Der Bau des Weichkörpers ist der eines Rhizopoden: meist finden sich im Protoplasma mehrere Kerne. Die verästelten Pseudopodien 9% BIN) 1. Kursus: Protozoa. strahlen durch die Hauptöffnung, bei den Perforaten auch durch die Poren der Schalen nach außen. Die Fortpflanzung erfolgt durch Teilung oder Sporenbildung. Aus den Sporen werden entweder Geißelsporen, die auch kopulieren können, oder direkt junge Foraminiferen; auch können beide Generationen ab- wechseln (Generationswechsel). Heliozoen. Aectinosphaerium eichhorni (EHRENB.). Mit dem Beginn der wärmeren Jahreszeit treten gelegentlich in stehenden Gewässern kleine, milchigweiße Kügelchen von der Größe eines Stecknadelkopfes auf: das zu den Heliozoen gehörige Ac/ino- Fig. 7. Actinosphaerium eichhorni. Ri Rindensubstanz — Ektoplasma. Ma Marksub- stanz — Entoplasma. 7s Pseudopodien. N Kerne. Na Nahrungsvakuole. Cv kontrak- tile Vakuole. 4 Achsenfaden im Pseudopodium. Vergr. 500 (aus DOFLEIN). sphaerium eichhorni. Betrachtet man das Tier in einem mit Wasser ge- füllten Uhrschälchen unter dem Mikroskop mit schwacher Vergrößerung, so sieht man, daß von der Kugel zahlreiche feine Pseudopodien strahlen- artig auslaufen. Die Kugel selbst besteht aus zwei Schichten, einer helleren, mit Hohlräumen durchsetzten Rindenschicht und einer dunk- leren, diehteren Markschicht. In der Markschicht erkennt man eine erößere Anzahl stärker lichtbrechender Gebilde: dies sind die Kerne. Die beiden Körperschichten sind nicht etwa wie bei den Radiolarien durch eine feste Membran voneinander getrennt, sondern liegen direkt einander an. Wir stellen jetzt das Mikroskop auf die Peripherie der Rinden- schieht ein und bemerken, daß an einer oder zwei Stellen sich eine Vakuole l. Kursus: Protozoa. 21 langsam hervorwölbt, um dann plötzlich wieder einzusinken. Das sind die kontraktilen Vakuolen (s. Fig. 7). Gehen wir jetzt zur Betrachtung der Pseudopodien über, so scheinen sie auf den ersten Anblick starr und unbeweglich zu sein. Erschüttert man indessen das Uhrglas oder den Öbjektträger, auf welchem sich das Tier befindet, so sieht man, wie die anscheinend starren Strahlen umknicken und erst allmählich ihre frühere Steifheit wiedererlangen. Auch vermögen sich die Pseudopodien zu verlängern und zu verkürzen. Mit starker Vergrößerung läßt sich nun erkennen, daß in jedem Pseudopodium ein hyaliner festerer Achsenstrahl verläuft, der bis an die Markschicht des Körpers zu verfolgen ist. Diesen Achsenstrahl umgibt die weichere, körnigeRindensubstanz, die auf ihm entlang zu gleiten vermag und sich häufig zu Höckern oder spindelförmigen Gebil- den ansammelt. Man kann den Achsenstrahl deutlich sichtbar machen, wenn man das Tier chemisch reizt, z. B. durch Zusatz von etwas Kochsalz- lösung. Alsdann erfolgt das Einziehen der Pseu- dopodien, indem sich das Rindenprotoplasma derselben klumpig zu- sammenballt und den Achsenstrahl hier und da freilegt (s. Fig. 8). Die Pseudopodien dienen zum Erfassen und Festhalten der Fig.8. Drei Pseudopodien von Actinosphaerium eichhorni. Beute, doch sondern sie a ungereizt und 5 gereizt. (Nach VERWORN.) nur auf Reize hin kleb- rige Stoffe ab, welche die Beute festhalten. Man ersieht dies daraus, daß z. B. hypotriche Infusorien ungestört auf den ausgestreckten Pseudopodien promenieren können, ohne festzukleben; prallt indessen ein schwimmendes Infusor oder eine Alge heftig an ein Pseudopodium an, so kleben sie fest, und man kann nun beobachten, wie durch Einziehen der dabei beteiligten Pseudopodien die Beute immer näher an die Rindenschicht gebracht und endlich von ihr umschlossen wird. Dann wandert die Beute ins Innere hinein, wird von einer Vakuole umgeben und verdaut. Unverdauliche Reste, z. B. Schalen usw., werden allmählich wieder aus- gestoben. Das im Uhrschälchen befindliche Actnosphaerium wird mit der feinen Schere in eine Anzahl Stücke zerschnitten, was bei der relativen Größe des Tieres auch dem Anfänger unschwer gelingen wird. Nach Verlauf etwa einer Stunde kann man bereits sehen, wie diese Teilstücke sich zu vollständigen Tieren ergänzen, indem ihre 99 l. Kursus: Protozoa. Masse sich in Rinden- und Markschicht sondert und rings herum Pseudo- podien ausstrahlen läßt. Wie diese künstliche Teilung, so verläuft auch die natürliche Tei- lung, die eintritt, wenn das Actinosphaerium das Maß seiner indivi- duellen Größe erreicht hat, die sich nach der Beschaffenheit des Wassers, in dem es lebt, richtet. Actinosphaerium vermag sich, wie viele andere Protozoen auch bei ungünstigen Lebensverhältnissen zu encystieren, indem es seine Pseudopodien einzieht und eine gallertige Hülle ausscheidet. Radiolarien. Zur Demonstration der Radiolarien dienen fertige mikroskopische Präparate. Der Bau des Weichkörpers ist besonders charakterisiert durch den Besitz einer Kapselmembran, welche das innere, mit einem oder vielen Kernen ver- seheneProtoplasma, \ die Zentralkap- sel, von einem äußeren, mit Gal- lerte und Vakuo- len durchsetzten Extracapsulum trennt. Die Fortpflan- zung erfolgt durch Teilung, die bei = unvollständiger Trennung (indem N N das Extracapsulum Dr SELTEN N sich nicht ebenfalls ; a: teilt) zur Kolonie- bildung führt, so- wie durch Bildung von Schwärm- Sporen, indem der Inhalt der Zentral- kapsel in so viele Stücke zerfällt, als Kerne vorhanden Fig. 9. Acanthometra elastica (nach R. HERTWIG). Sind. ‚Jedes Teil- C$k Zentralkapsel; 7% extrakapsulärer Weichkörper; » Kerne; stück entwickelt St Stacheln ; ? Pseudopodien. zwei Geißeln, mit denen es sich, nach Zerplatzen der Zentralkapsel, im Wasser fortzubewegen vermag und so zu einer Schwärmspore wird, Bei vielen Arten finden sich große und kleine Schwärmsporen, die sich wahrscheinlich kopulieren: aus dem Ver- schmelzungsprodukt geht ein junges Radiolar hervor. Vielfach finden sich einzellige Algen (Zooxanthellen) in den lebenden Radiolarien vor, die mit ihnen in Freundschaftsverhältnis (Symbiose) leben, indem sie vom Tier ausgeatmete Kohlensäure zur Bildung von Stärke ver- wenden, die wieder dem Radiolar als Nahrung zu dienen vermag. 1. Kursus; Protozoa. 93 Zuerst wird ein Präparat von Alcanthometra gegeben (siehe Fig. 9). Das aus Strontiumsulfat bestehende Skelett durehbohrt die Zentral- kapsel. Vom Zentrum derselben strahlen 20 Stacheln streng gesetz- mäßig aus. Zwischen den beiden stachellosen Polen der vertikalen Hauptachse liegen fünf Gürtel von je vier Stacheln, die gleich weit voneinander entfernt sind. Alle 20 Stacheln liegen in Meridianebenen, die sich unter Winkeln von 45° schneiden (MÜLLERSches Gesetz). Andere Präparate von Kieselskeletten sollen nur dazu dienen, die große Mannigfaltigkeit des Skelettbaues zu demonstrieren. Die kolonie- Fig. 10. Collosowm inerme. Kleine Kolonie; die dunkeln Kugeln sind die Zentral- kapseln mit ihrem zentralen Öltropfen (aus DOFLEIN). bildenden Radiolaren werden am besten durch Präparate von Collozozeon inerme veranschaulicht (s. Fig. 10). Die Zentralkapseln sind von einem gemeinsamen Extracapsulum umgeben. In jeder Zentralkapsel findet sich beim lebenden Tier eine ansehnliche Olkugel. Deutlich sind an den Präparaten die die Zentralkapseln umgebenden gelben Algenzellen zu bemerken. Sporozoen. Gregarina blattarum (SIEBOLD). Von Sporozoen untersuchen wir eine Gregarinaart und wählen dazu die im Darm der Küchenschabe hausende Gregarına blattarum (SIEBOLD). Der Darm einer getöteten Küchenschabe wird aufgeschnitten, ausgestrichen und der Inhalt mit etwas physiologischer Kochsalzlösung auf einen Objektträger gebracht und unter dem Mikroskop untersucht. Die Gregarina blattarım ist leicht zwischen dem übrigen Darm- inhalt zu finden. Sie stellt sich dar als ein ziemlich großer, lang- gestreckter, nicht ganz regelmäßiger Körper, der sehr langsame Be- wegungen ausführt. Außen befindet sich eine Cutieula, die von dem darunter liegenden Ektoplasma ausgeschieden wird. Das Innere wird erfüllt von einem dicht granulierten Entoplasma. Eine aus dem helleren Ektoplasma bestehende transversale Zwischenwand teilt den Körper in eine vordere kürzere und eine hintere längere Kammer. Der vordere 24 l. Kursus: Protozoa. Teil wird Protomerit, der hintere Deutomerit genannt; letzterer enthält den deutlich sichtbaren, großen, bläschenförmigen Kern. Ein bei vielen Gregarinen vorkommender vorderer cuticularer Anhang, der Epimerit, der mit Zähnen, Widerhaken usw. besetzt sein kann und als Anheftungsorgan fungiert, ist meist verloren gegangen. Die Bewegung der Gregarinen wird bewirkt durch Ausscheidung eines schleimigen Sekrets aus dem Ektoplasma. Diese allmählich er- starrende Gallerte fließt nach hinten ab, verklebt mit der Unterlage und schiebt die Gregarine lang- sam vorwärts. Außer dieser gleitenden Bewegung gibt es noch Kontraktionen des Körpers, die durch im Ektoplasma ver- laufende Muskelfibrillen hervor- gerufen werden. Häufig findet man zwei Individuen miteinander verklebt, derart, daß das Vorder- ende des einen Tieres sich an das Hinterende des anderen an- schließt (siehe Fig. 11). Viel- leicht sind diese Zustände Vor- läufer der Konjugation. Die Vermehrung erfolgt, in- dem zwei Tiere eine gemeinsame Cyste bilden, vielkernig werden, und dann in kleine, einkernige Kugeln, die „Sporoblasten“, zerfallen, die um große ‚Rest- körper angeordnet sind, und von denen je zwei miteinander ver- schmelzen. Durch Ausscheidung einer festen, spindelförmigen Fig. 11. Gregarina blattarum (nach R. HERT- Hülle wird jedes Verschmel- wıG). I zwei Individuen in Konjugation, zungsprodukt zur Spore oder ck Ektoplasma, er» Entoplasma, cz Cuticula, „Pseudonavicelle“. Diese u en Sc Di n En: werden aus der Cyste dureh ‚yYS ) ) zZ >] avice N PR pnPeeudonavieollen, 7 Restkörner, Iene lange Röhren (Sporodukte) ent- Pseudonavicelle stark vergrößert. # dieselbe, leert und gelangen aus dem in die sichelförmigen Keime s% geteilt. Darme des Wirtes nach außen. In jeder Pseudonavicelle bilden sich außer einer Restkörper acht sichelförmige Keime oder Sporozoite, die, wenn die Spore in den Darm eines neuen Wirtes gelangt ist, durch Platzen der Sporenhülle frei werden und in die Darmepithelien einwandern. Die Ernährung der Gregarinen erfolgt durch Osmose. Uber eine andere in den Samenblasen des Regenwurmes vor- kommende Gregarine (Monocystis tenax Duy.) siehe den 8. Kursus' Anneliden. Ciliaten. Von Infusorien betrachten wir zunächst Paramaeeium aurelia, Es wird ein Tropfen des Heuaufgusses auf den Objektträger gebracht und unter dem Deckglas erst bei schwacher, dann bei starker Ver- 1. Kursus: Protozon. 2D größerung untersucht. Die sehr lebhaften, die Untersuchung erschweren- den Bewegungen der Tiere lassen zwar nach einiger Zeit etwas nach, doch ist es besser, etwas Gelatinelösung in der Seite 17 angegebenen Weise hinzuzusetzen. Alsdann lassen sich die einzelnen Teile auch mit starker Vergrößerung bequem untersuchen. Wir beachten zunächst das sich allmählich verlangsamende Schlagen der Wimpern, die in abwechselndem Rhythmus erfolgende Tätigkeit _-— Nahrungsvakuole = Cilien Trichoeysten Kontraktile Vakuole "= Muskelfibrillen Peristom Zuführender Kanal +--—— z Mund — Sehlundrohr Kontraktile Vakuole Nahrungsvakuole Fig. 12. /aramaecium aurelia MüuL. Original. der beiden kontraktilen Vakuolen, sowie das Entstehen und Ver- schwinden der strahlenförmigen, zuleitenden Kanäle derselben. Die Entleerung der Vakuolen erfolgt durch einen sehr feinen, nach außen mündenden Porus. In der äußeren Körperschicht sieht man bei starker Vergrößerung eine Schicht dicht nebeneinander gelagerter feiner Stäbchen, die Trichocysten, welche auf stärkere äußere Reize hin als starre Fäden, 26 l. Kursus: Protozoa. die wahrscheinlich Waffen darstellen, vorschnellen können. Auch bei einigen anderen Infusorien kommen diese Triehoeysten vor. Leicht zu sehen sind ferner feine Streifen (Muskelfibrillen) der Pellicula, wie die oberflächliche Schicht genannt wird, welche in regelmäßiger Anord- nung in zwei sich kreuzenden Systemen den Körper umziehen. Ein seitliches, sich tief einsenkendes Rohr ist das Sehlundrohr (Cytopharynx). Um die Art der Nahrungsaufnahme zu sehen, wird etwas pulverisiertes Karmin oder Indigo im Uhrschälchen mit dem Finger fein in Wasser verrieben und von dieser Flüssigkeit etwas dem Undulierende Membran „ Adorale Wimperzone Mund _ - Peristomraud - Reservoir —— Kontraktile Vakuole Vestibulum > — Nahrungsvakuolen Schlund Kern - Rindenschicht Stiel Kontraktile Markschicht Fig. 13. Vorticella nebulifera, O. F. MÜLL. (nach BÜTschHLi). — nicht mit Gelatinelösung versetzten — Präparate zugeführt. Nach einiger Zeit wird man bemerken, wie die feinen Karminkörnchen durch das Schlundrohr aufgenommen und in den Nahrungsvakuolen aufge- speichert werden. Auch wird man gelegentlich an einer unter der Mundöffnung gelegenen Stelle, dem After. den Aunals unbrauchbarer Stoffe beobachten können. Um den Kern sichtbar zu machen, setze man einen Tropfen Jod- lösung hinzu; besser ist noch der Zusatz von stark verdünnter Schwefel- säure, welche den sich scharf abgrenzenden Kern braun erscheinen läßt. Bei absterbenden Paramaecien wird übrigens der Kern ohne jeden Zusatz sichtbar. Ebenfalls sehr lohnend ist die Untersuchung einer Vorticella. Von dem weißen Überzug an alten, ins Wasser hängenden Zweigen, Wurzeln usw., den man als aus Vorticellen bestehend erkannt hat, wird etwas abgeschabt und mit einem Tropfen Wasser auf den Objektträger gebracht. Zunächst erblickt man die Tiere mit zusammengezogenen Stielen und eingezogener Wimperspirale. Erst allmählich dehnt sich der Stiel wieder aus, und die Wimperspirale tritt in Tätigkeit. Es l. Kursus: Protozoa. > muß nun versucht werden, die etwas schwierigen Verhältnisse zu skizzieren. Man beachte dabei an der Hand von Fig. 13 folgendes. Innerhalb der adoralen Wimperzone erhebt sich eine etwas hervor- ragende Scheibe, die Peristomscheibe. Das untere Ende der adoralen Wimperzone zieht sich in eine Vestibulum genannte trichterförmige Ein- senkung. Aus der äußeren Cilienreihe bildet sich eine undulierende Membran, von der nur der obere Rand leicht wahrnehmbar ist und wie ein starkes Haar aussieht. Das nach außen in den Mund sich öffnende Vestibulum mündet nach innen in den Schlund. Peristom sWERIIERP BE: 7 Adorale Mem- branellenzone Cytostom Vordere zuführende | Vakuole « Kotvakuole = Kontraktile Vakuole Micronucleus — Hintere zuführende Vakuole Maecronucleus Zoochlorellen Micronueleus ——-— -4Q Fig. 14. Stentor polymorphus, EHRBG. (nach LANG). Neben der kontraktilen Vakuole, nach dem Vestibulum zu, liegt ein Hohlraum, das Reservoir genannt, in welchem die kontraktile Vakuole ihren Inhalt entleert, der dann langsam in das Vestibulum wandert, wo an einer besonderen, als After bezeichneten Stelle gelegentlich die Ent- leerung unbrauchbarer Stoffe erfolgt. Ferner ist auf die Gestalt und Tätigkeit des Stieles zu achten. Im Stiel erblickt man einen geschlängelt verlaufenden, stärker licht- brechenden Faden. Dieser stellt eine besondere Differenzierung des Protoplasmas, eine Muskelfibrille dar, durch deren starke Kontraktion das ganze Tier plötzlich zurückgeschnellt werden kann. 1. Knrsus: Protozoa. Auch bei Vorticella ist etwas von dem fein zerriebenen Karmin zuzusetzen, um die Nahrungsaufnahme zu beobachten, und schließlich Fig. 15. Kerona pediculus von unten und von der Seite ge- sehen (nach VERWORN). wegung auffallend, bewirkt Sprungwimpern (Fig. 15). „Frosch“. kann man durch Zusatz von etwasJodlösung den eigentümlichen wurstförmigen Kern zur Anschauung bringen. Außer den beschriebenen werden sich in den meisten Präparaten noch eine ganze Anzahl anderer Infusorien vorfinden. Eines der größten und schönsten ist Stentor. Man beobachte bei ‚Senior die Art der Festheftung des Tieres, seine adorale Wimperzone nebst der feinen in Längsreihen angeordneten Bewimperung, die feinen längs- verlaufenden Muskelfibrillen, welche eine schnelle Kontraktion ermöglichen, die lange kontraktile Vakuole und den bei vielen Indi- viduen schon im Leben sichtbaren langen Kern, der bei der abgebildeten Art wie ein Rosenkranz aussieht (s. Fig. 14). Dann sind ferner hypotriche Infusorien nicht sel- ten, wie z. B. Kerona pediculus. Hier ist vor allem die schnelle sprunghafte Be- durch fünf am Hinterende stehende dicke Über Opalina ranarım siehe den Kursus Systematischer Überblick. für den zweiten bis fünften Kursus. Metazoa. Den Protozoen gegenüber stehen alle anderen Tiere als Metazoen, charak- terisiert durch den Aufbau ihres Körpers aus zahlreichen Zellen, die in mindestens zwei Schichten angeordnet sind, von denen die äußere, das Ektoderm, den Körper nach außen umkleidet, während die innere, das Entoderm, die Darmhöhle be- grenzt. Zwischen beiden kann noch eine dritte Schicht vorkommen: das Meso- derm. Durch das Prinzip der Arbeitsteilung entstehen die Organe, abgesonderte Zell- oder Gewebskomplexe mit gemeinsamer Funktion. Allen Metazoen kommt die geschlechtliche Fortpflanzung zu, bei vielen nie- deren findet sich außerdem die ungeschlechtliche. Die Entwicklung erfolgt durch sukzessive Teilung des befruchteten Eies, und durch diesen Furchungsprozeß entsteht eine Hohlkugel (Blastula), die sich, meist durch Einsenkung an einer Stelle, zu einem Becher (Gastrula) einstülpt, dessen äußere Wand zum Ektoderm, dessen innere zum Entoderm wird. Das Ento- derm umschließt den Urdarm, der sich durch den Urmund nach außen öffnet. Es lassen sich folgende Stämme aufstellen: Coelenterata, Platodes, Vermes, Echinodermata, Mollusca, Arthropoda, Tunicata, Vertebrata. II. Stamm. Coelenterata. Die Coelenteraten sind die niedrigsten Metazoen, von meist radialsymmetri- schem Bau, mit einem verdauenden, schlauchförmigen, afterlosen Hohlraum, von dem bei einem Teile gefäßartige Kanäle ausgehen (Gastrovaskularsystem). Wir unterscheiden fünf Klassen, die auf drei Kreise verteilt werden. I. Kreis: Spongiae. 1. Klasse: Porifera, Schwämme. Durch Stockbildung sehr verschieden gestaltete, mit dem Urmundpole fest- verwachsene Tiere ohne Nesselzellen. Grundform ein einfacher Becher, dessen aus einem gastralen (Entoderm) und einem dermalen Zellenlager (Mesoektoderm) be- stehende Wandungen von feinen Poren durchbrochen sind. Durch diese strömt das Wasser in den Darm und wird durch eine Auswurfsöffnung, das Osculum, wieder ausgestoßen. In dem fast stets stark entwickelten dermalen Zellenlager ist meist ein Skelett aus kohlensaurem Kalk oder Kieselsäure in Form von Nadeln vorhanden. 1. Ordnung: Caleispongiae, Kalkschwämme. Skelett aus Kalknadeln bestehend. 30 System. Überblick: Coelenterata. a) Ascones. Von Schlauchform, mit einfachen Poren und gleichmäßig mit entodermalen Geißelzellen ausgekleidetem zentralem Hohlraum. Ascandra. b) Sycones. Von dem zentralen Hohlraum gehen radiär zahlreiche, allein mit Geißel- zellen ausgekleidete Ausstülpungen aus (Radialtuben). Sycandra. ec) Leucones. Die entodermalen Geißelzellen haben sich in Geißelkammern zurückge- zogen, die im verdickten dermalen Lager liegen und von außen zuführende, nach dem zentralen Hohlraum abführende Kanäle besitzen. Zezcandra. 2. Ordnung: Silieispongiae, Kieselschwämme. Skelett aus Kieselnadeln bestehend. a) Triaxonia. Mit großen sackförmigen Geißelkammern. Skelett aus Sechsstrahlern be- stehend, deren Schenkel in drei gekreuzten, senkrecht aufeinander stehenden Achsen angeordnet sind. ZZyalonema. b) Tetraxonia. Mit kleinen runden Geißelkammern. Skelett ursprünglich vierachsige Nadeln (Tetracetinelliden: Geoadia, Tethya). Hierher gehören die Lithistiden, mit zu einem Gerüstwerk verklebten Nadeln, ferner die Monactinelliden (Spongzlla) ; durch Schwinden der Kieselnadeln entstehen, wenn die verkittende Hornsubstanz übrig bleibt, Hornschwämme (Zxspongia), sonst Fleischschwämme (Oscarella). II. Kreis: Cnidaria, Nesseltiere. Mit Nesselkapseln (Onidae) versehen, von denen der Kreis seinen Namen hat. Es sind das kleine in Zellen entstehende, eine saure Flüssigkeit enthaltende Bläschen, aus denen ein oft mit Widerhaken versehener Faden herausgeschleudert werden kann, der die Tiere wehrhaft macht. Im Umkreise des auf den Urmund zurückzuführenden Mundes stehen fingerförmige Fortsätze des Körpers: die Tentakel. Körper zweischichtig, aus Ektoderm und Entoderm bestehend: zwischen beiden eine strukturlose Stützlamelle oder bindegewebiges Mesoderm, meist von untergeordneter Bedeutung. 2. Klasse: Hydrozoa. In zwei Formen auftretend, als festsitzender Polyp und als freischwimmende Meduse, letztere aus dem Polypen durch laterale Knospung entstanden. Aus ihren meist im Ektoderm entstehenden Geschlechtsprodukten entwickeln sich wieder Polypen (Generationswechsel). Doch gibt es auch Polypen, die nur Polypen erzeugen, und ebenso Medusen, aus denen nur Medusen entstehen. Ein ektodermaler Schlund fehlt, ebenso innere Magenleisten (Taeniolen). 1. Ordnung: Hydrariae. Einzelpersonen, die vorübergehend durch Knospung aus wenigen Personen bestehende Kolonien bilden. Eine äußere Hülle fehlt. Ohne Medusenformen. Fort- pflanzung ungeschlechtlich durch Knospung oder geschlechtlich. Aus den Eiern gehen wieder Polypen hervor. Die meisten Arten im Süßwasser. ZZydra. 2. Ordnung: Hydrocoralliae. Koloniebildend, scheiden massives Kalkskelett aus, äußerlich dem Skelett der Steinkorallen ähnelnd. Fortpflanzung durch freie oder am Stock verbleibende, als- dann rudimentäre Medusen. Millepora, Stylaster, System. Überblick: Coelenterata. 3l 5. Ordnung: Tubulariae. Meist koloniebildend. Mit äußerer chitiniger Hülle (Periderm), ohne Kelche, in welche sich die Polypen zurückziehen könnten (Hydrotheken). Medusenbildend oder mit medusoiden Gonophoren, welche am Stock verbleiben. Die Medusen sind Anthomedusen. TZubularia, Cordylophora, Sarsıa, Tiara. 4. Ordnung: Campanulariae. Koloniebildend. Mit Periderm, mit Hydrotheken. Medusen oder medusoide Gonophoren in besonderen Kapseln (Gonotheken) erzeugt. Die Medusen sind Lepto- medusen. Campanularia, Obelia, 5. Ordnung: Traehymedusae. Generationswechsel fehlt. Aus den Eiern entstehen direkt wieder Medusen. Geschlechtsdrüsen im Verlauf der Radialkanäle oder an radiären Magentaschen liegend. Als Sinnesorgane fungieren Gleichgewichtsorgane, die aus modifizierten Tentakeln entstehen: „Hörkölbehen“ mit entodermalen Statolithen. Tentakel starr und solid. Ziriope, Carmarina, Aegineta. 6. Ordnung: Siphonophorae. Schwimmende Hydrozoenstöcke mit sehr verschiedener, durch Arbeitsteilung bedingter Körperform der einzelnen Personen. Die Einzelpersonen sitzen entweder an einem langen Stamme oder an der Unterseite einer Scheibe. ZAysophora, Velella. 3. Klasse: Scyphozoa, Acalephae. Ebenfalls wie die Hydrozoen in zwei Formen auftretend, von denen der Polyp (Seyphopolyp genannt), nur in der Entwicklungsgeschichte erscheint und sogar wegfallen kann. Er unterscheidet sich besonders durch den Besitz von vier ento- dermalen Magenleisten (Taeniolen) vom Hydropolypen und liefert durch terminale Knospung Medusen, die sich von den Hydromedusen in vielen wichtigen Punkten unterscheiden. Ihre Geschlechtsprodukte entstehen entodermal. Als Sinnesorgane fungieren modifizierte Tentakel (Rhopalien). 1. Ordnung: Stauromedusae, Becherquallen. Körper becherförmig, ohne Randlappen und ohne Sinneskolben. Zum Teil festsitzend. Zwernaria. 2. Ordnung: Lobomedusae, Lappenquallen. Mit Randlappen und mit Sinneskolben. Freischwimmend. Nausithod, Aurelia, Rhizostoma. 4. Klasse: Anthozoa, Korallentiere. Von Polypenform, mit entodermalen Magenleisten, hier Septen genannt, mit ektodermalem, eingestülptem Schlund. Mesoderm stark entwickelt, meist skelett- bildend. 1. Ordnung: Oetoeorallia oder Aleyonaria. Mit acht Septen und acht gefiederten Tentakeln. a) Aleyonacea. Das Skelett besteht aus mesodermal liegenden einzelnen Spieula. Alcyonium. b) Gorgonacea. Horniges oder kalkiges, meist stark verästeltes Achsenskelett. Gorgonia, Corallium. 39 System. Überblick: Coelenterata. c) Pennatulacea, Seefedern. Mit unverästeltem Achsenskelett, dessen oberer Abschnitt allein die oft in Fiederstellung angeordneten Polypen trägt. Pennatula. 2. Ordnung: Hexacorallia. Septen meist in sechszähliger Anordnung, Tentakel hohl, fast niemals gefiedert. a) Actiniaria, Seerosen. Ohne Skelett, mit zahlreichen Zyklen von Septen und Tentakeln. Anemonia. b) Antipatharia. Mit hornigem Achsenskelett. Polypen mit 6, 12 oder 10 Septen. Antipathes. c) Madreporaria, Steinkorallen. Mit starkem, kalkigem Rindenskelett. Madrepora. Ill. Kreis: Ctenophorae. 5. Klasse: Ctenophorae, Zarte, gallertige, rundliche oder eiförmige Körper, mit acht in Meridianen verlaufenden Reihen von Schwimmplättchen, die aus verschmolzenen Flimmereilien entstanden sind. Am aboralen Pol ein Sinneskörper. Gastrovaskularapparat: auf den ektodermalen Schlund folgt der entodermale Magen (Trichter), von dem ein sich gabelndes Trichtergefäiß zum aboralen Pol läuft, zwei andere, sich zweimal dichotomisch teilend, unter die Meridianstreifen (Rippengefäße) gehen. Ent- wicklung direkt, ohne Generationswechsel. l. Ordnung: Tentaculata. Mit zwei lateralen, retraktilen Tentakeln. Zleurobrachia. 2. Ordnung: Nuda. Ohne Tentakel, mit weitem Schlund. eroe. 2. Kursus: Porifera, Schwämme. 35 2. Kursus. Porifera, Schwämme. Technische Vorbereitungen. Zu diesem Kurse benötigt man einige frische Exemplare von Süß- wasserschwämmen, gleichgültig welcher Art, oder, falls man N diese nicht haben kann, in Al- x“ num kohol konserviertes Material, & 5 ferner eine Anzahl von Kiesel- [& SU Poren schwämmen in Alkohol, beson- =1, a - Oentrat: > attenepithe ders von Rindenschwämmen (z. er fE B. Geodia) und Stücke von B:: KDerreiatt) Bes TE Hexactinelliden (z. B. Zuplec- ° Entoderm Zella), sodann eine größere Zahl fertiger Schnittpräparate von Sycandra raphanus (Längs- und Querschnitte) und Oscarella lo- bularıs. A. Allgemeine Übersicht. Die vielfach zu den Coelen- teraten gerechneten Schwämme Dermales Lager Entodermale Geißelzellen oder Spongiensind die niedrigsten a - un - „uluhren vielzelligen Tiere (Metazoen). Kanäle Freie Bewegung fehlt ihnen, sie Mündung der Radialtube sitzen meist als unförmige Klum- pen am Boden des Meeres (einige auch des Süßwassers) fest. Die Grundform ihres Kör- pers ist ein einfacher, festsitzen- der Becher, am freien Ende mit einer größeren Öffnung (Oseu- lum) versehen, dessen Wand von zahlreichen feinen Poren durch- setzt ist. Die Wand besteht aus zwei Schichten, innen dem gastralen Lager oder Entoderm, einem Epithel geißeltragender Zellen, die wie die Chaonoflagellaten einen Kragen haben, und auben dem dermalen, als Mesoekto- derm zu bezeichnenden Lager bindegewebiger Natur, welches nach außen ein früher als Ekto- Fig. 16. Schematische Längsschnitte durch derm aufgefaßtes, sehr zartes schwämme vom A Ascontypus, B Sycontypus. Plattenepithel liefert. C Zewontypus. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 3 Abführender Kanal Geißelkammer Zuführende Kanäle Gastrales Lager Dermales Lager 3 2. Kursus: Porifera, Schwämme. Die feinen Poren, welche die Körperwand durchbrechen, dienen zum Einströmen des Wassers, welches durch das Osculum, das also als After fungiert, wieder ausgestoßen wird (Fig. 16.A). Nach diesem einfachen Typus (dem Ascontypus) sind nur sehr wenige Schwämme gebaut, die überwiegende Mehrzahl erhält einen komplizierteren Bau infolge des Vermögens, durch Aussprossung und unvollständige Teilung Stöcke zu bilden, sowie durch eine weitere Aus- bildung des Kanalsystems. Es zieht sich das aus Geißelzellen bestehende Entoderm auf radial angeordnete Kammern (Sycontypus) (s. Fig. 16 B) oder auf kleine kugelige Hohlräume, die Geißelkammern, zurück, welehe in der dermalen Schicht liegen (Leucontypus); diese Geibel- kammern sind mit feinen, von außen Wasser zuführenden Kanälen ver- bunden, während abführende Kanäle in das große zentrale Kloakenrohr münden, das aber nun nieht mehr von entodermalen Geißelzellen, sondern von entodermalem Plattenepithel ausgekleidet ist (Fig. 160). Im dermalen Lager finden sich Zellausscheidungen, die ein Skelett liefern; entweder sind es Kalknadeln oder Kieselgebilde mannigfacher Form oder netzförmig verbundene Hornfasern, aus Keratin oder Spongin gebildet. Bei einigen ist das Skelett wieder geschwunden und der ganze Schwamm eine weiche, fleischige Masse geworden (Myxo- spongien), oder mit Sand und anderen Fremdkörpern inkrustiert (Psammospongien). Auch bilden sich aus dermalen Zellen die Ge- schleehtsprodukte, Eier wie Spermatozoen. Die Entwicklung des befruchteten Eies erfolgt bei manchen Spon- gien in der Weise, daß zunächst eine bewimperte einschichtige Larve (Blastulastadium) entsteht, mit bereits gesondertem gastralen und dermalen Lager, welche sich durch Einstülpung der einen Hälfte zur Gastrula ausbildet und gleichzeitig sich mit dem Urmund festsetzt. Das Osculum, welches an den entgegengesetzten Pol zu liegen kommt, brieht erst später als neue Öffnung durch, hat also mit dem Ur- mund nichts zu tun. Die meisten Schwämme sind marin, nur einige wenige kommen im Süßwasser vor (‚Spongılla). B. Spezieller Kursus. Sycandra raphanus (0. SCHM.). Es werden sowohl konservierte Exemplare dieses Kalkschwammes zur äußeren Betrachtung herumgegeben, wie auch fertige mikroskopische Präparate, Längs- und Querschnitte von teils enter! teils nicht ent- kalkten Stücken verteilt. Die äußere Betrachtung ergibt, daß dieser Schwamm eine lang- gezogene Becherform besitzt, die nahezu schlauchförmig werden kann. Die meist ziemlich weite Öffnung am freien Ende ist das Oseulum, aus welchem beim lebenden Schwamm das Wasser ausströmt. Umgeben ist es von einem Kranze sehr langer, dünner, einstrahliger Kalknadeln. Die Oberfläche ist mit zahlreichen Papillen besetzt, die aber bei äußer- licher Betrachtung nicht hervortreten, da sich zwischen den aus jeder Papille heraustretenden Büscheln von Kalknadeln zahlreiche Fremd- körper befinden, welche die Schwammoberfläche einhüllen. Auf einem Querschnitte durch einen entkalkten Schwamm, den wir mit schwacher Vergrößerung betrachten, sieht man in der Mitte eine kreisrunde Höhle, den Zentralraum, von welchem eine große An- 2, Kursus: Porifera, Schwämme, 35 zahl kleiner langgestreckter Hohlräume ausstrahlt. Diese letzteren sind die Radialtuben, welche äußerlich als Papillen erscheinen. Die Mündungen “- Zentralraum ee ter Ein -—- Radialtube Fig. 17. Querschnitt durch eine entkalkte Sycandra raphanus. Orig. der Radialtuben in den Zentralraum sind nicht immer zu sehen, da diese Mündungen ziemlich eng sind und die Schnitte meist etwas schräg Mbesodermalcs Mashenweh ns = \ \ Entoderm hl de LSA IND Fig. 18. Querschnitt durch drei Radialtuben von Sycandra raphanus. Orig. 3° 36 2. Karsus: Porifera, Schwämme. durch die Radialtuben gehen. Dadurch erklärt es sich auch, daß auf der Abbildung (Fig. 17) nicht alle Radialtuben in ihrer vollen Längs- ausdehnung getroffen sind. Zwischen den Radialtuben findet sich ein System zuführender Kanäle, welche das Wasser von außen durch Dermalporen aufnehmen und den Radialtuben durch enge Kammer- poren zuführen. Längsschnitte durch den Schwamm lassen, besonders wenn sie durch die Mitte geführt sind, seine kelchförmige Gestalt deutlich er- kennen. Die quergetroffenen Radialtuben erscheinen meist infolge gegenseitiger Abplattung als sechseckige Felder. Auf nicht entkalkten Schnitten ist die Anordnung der Nadeln zu studieren. Einstrahler finden sich als Kranz sehr feiner, dicht ge- drängter und langer Nadeln um das Osculum herum. Dieser Nadel- kranz wird auch als „Schornstein“ bezeichnet. Etwas kürzer aber kräftiger sind die zum Teil aus der Umwandung der Radialtuben her- vortretenden Einstrahler. In der Umgebung der Radialtuben liegen vorwiegend Dreistrahler, mehr zentralwärts überwiegen Vierstrahler. Stärkere Vergrößerung der Präparate läßt erkennen. daß die Radialtuben ausgekleidet sind von Geißelzellen entodermalen Ursprungs, deren Geißel zwar meist verloren gegangen ist, die aber einen deutlich sichtbaren randständigen Kragen von etwa der halben Höhe der Zelle be- sitzen. Zwischen den Radialtuben finden sich in einer von verästelten Binde- zellen gelieferten Gallerte, welche außerdem die Skelettnadeln abscheiden, noch ursprünglich amöboid bewegliche Geschlechtszellen, die bei den vorwiegend weiblichen Tieren meist als Furchungsstadien erscheinen und als zur Hälfte wimpernde Blastulae die Wandung der Radialtuben durchbrechen und durch das Osculum nach außen gelangen (s. Fig. 18). Oscarella lobularis (O. ScHM.). @Querschnitte durch diesen krustenförmig dem Untergrund auf- sitzenden Schwamm, der kein Kieselskelett mehr besitzt, zeigen schon bei schwacher Vergrößerung eine nach außen in großen Falten vor- springende Leibesmasse, die sich in zwei Teile sondert. Der äußere, in den Falten gelegene enthält sehr zahlreiche Geißelkammern, der innere, basale dagegen ist durch zahlreiche Kanäle netzförmig gestaltet. In jede Falte führt einer dieser größeren Kanäle hinein. Die freie Oberfläche ist sehr unregelmäßig gestaltet, indem viele Einbuchtungen, die oft kanalartig werden, in das Innere eindringen. Bekleidet ist die Oberfläche von Plattenepithel. Zahlreiche feine Kanäle, die zuführen- den Kanäle, gehen von der Oberfläche durch das Mesoektoderm in die Geißelkammern hinein. Aus den Geißelkammern heraus führen ein oder zwei Kanäle, entweder in andere Geißelkammern oder direkt in das Hohlraumsystem des Innern: abführende Kanäle. Die Form der Geibelkammern ist meist rundlich. In dem Maschenwerk, welches die Kanäle des Innern umkleidet, liegen zahlreiche Geschlechtszellen. In manchen Präparaten finden sich auch befruchtete Eizellen in ver- schiedenen Stadien der Entwicklung (Fig. 19). Der Süßwasserschwamm (Spongilla). Ein weitverbreiteter Bewohner unserer Seen, Teiche und Flüsse ist der in mehreren Arten vorkommende Süßwasserschwamm. 2. Kursus: Porifera, Schwämme. 37 Man findet ihn als verschieden dieken, grauen, graubraunen oder grünen Überzug an untergesunkenen Holzstücken, ins Wasser ragenden Baumwurzeln oder an Steinen, besonders häufig aber an abgestorbenen, unter Wasser stehenden Schilfstengeln. Andere Arten wachsen baum- förmig oft zu ansehnlicher Größe aus. Zunächst beachte man an einem frischen Süßwasserschwamm den ganz eigentümlichen Geruch, der von ihm ausströmt, dann die Färbung, die bei den im Lichte wachsenden Spongillen grün, bei den im Dunkeln lebenden grau oder gelblich ist. Die grüne Farbe rührt von kleinen einzelligen Algen her (Zoochlorella parasitica BRANDT). Die ee zeigt einige größere Offnungen. Führen wir in das einen frischen Schwamm enthaltende Glas mit Wasser ein kleines Quantum feinzerriebener Karminkörnchen ein, so sehen wir, wie diese, sobald sie in die Nähe eines solehen Loches kommen, weit fortgeschleudert werden. Es kommt also aus dieser Öffnung ein Wasser- strom heraus, und wir erkennen jetzt, daß wir es mit einem „Oseu- lum“ zu tun haben. Dermales Furchungs- Geißel- Lager Stadium Ei kammer Pflasterepithel --——— Zuführende Kanäle - Dermales Lager Zuführende Kanäle Furchungsstadium Geißelkammer Fig. 19. Stück eines Schnittes durch Oscarella lodular:s (nach F. E. SCHULZE, aus LANG). Ferner enthält die Schwammoberfläche viele sehr feine Löcher, in welche das Wasser einströmt. Diese Poren setzen sich aber nicht direkt in die zu den Geißelkammern führenden Kanäle fort, sondern münden in weite Hohlräume ein, die unter der Oberfläche liegen und mit- einander in Verbindung stehen: Subdermalräume. (Diese dürfen nicht verwechselt werden mit gelegentlich: vorkommenden Hohlräumen, die von Insektenlarven ausgefressen sind.) Getragen wird die obere Haut durch von unten kommende Bündel von Kieselnadeln, welche als stützende Stangen fungieren und auf der Oberfläche in feinen Spitzen durchbrechen. Man öffnet an einem frischen Süßwasserschwamm die Haut vor- sichtig mit einer feinen Schere. Alsdann erhält man einen Einblick in den Subdermalraum. Am Boden des Raumes liegen etwas größere Löcher. Diese führen durch Kanäle, die sich vielfach verästeln, zu den kleinen Geißel- kammern hin, aus denen andere Kanäle das Wasser wieder zu einem 38 2. Kursus: Porifera, Schwämme. « großen gemeinsamen Hohlraum ableiten: dem Kloakenrohr, welches sich mittels des Osculums nach außen öffnet. Daß wir an einem Schwamme mehrere, ja viele solcher Oseula finden, erklärt sich aus der Koloniebildung des Schwammes durch Knospung. Der Weg des Wassers ist also folgender: durch die feinen Poren der Oberhaut gelangt das Wasser in den Subdermalraum, von hier weiter in die zuführenden Kanäle, dann in die mit bewimperten Ento- dermzellen ausgekleideten Geißelkammern, wo die mit dem Wasser ein- strömenden feinen Nahrungspartikel aufgenommen werden, dann durch die abführenden Kanäle in das Kloakenrohr und von da durch das Osculum nach außen (s. Fig. 20). Geißel- Oseulum kammer Zuführen- Geißel- Abführender Geschlechts- der Kanal kammer Kanal produkte Fig. 20. Schematischer Durchschnitt eines Süßwasserschwammes; das Skelett ist weggelassen (nach LEUCKART und NITZSCHE). Der feinere Bau des Weichkörpers ist schwieriger zu erkennen. Die Oberfläche ist mit dermalem Plattenepithel bedeckt, welches auch Kanäle und Subdermalräume auskleidet. Die tiefer liegenden Zellen der dermalen Körperschicht sind zum Teil amöboid. Es läßt sich das durch vorsichtiges Zerzupfen und Ausbreiten eines kleinen Stückchens lebendigen Schwammes konstatieren. In dieser Schicht bilden sich auch die Geschlechtszellen aus, und ferner findet sich auch in ihr das Skelett, zu dessen Betrachtung wir jetzt übergehen. Das Skelett bildet ein unregelmäßiges Gerüstwerk, dessen ein- zelne Bestandteile einfache, beiderseits spitz zulaufende Nadeln sind (deshalb gehört der Süßwasserschwamm zu den Monactinelliden). Als Mörtel zur Verkittung der aus Kieselsäure bestehenden Nadeln dient eine faserige Substanz, wie sie im Badeschwamme so reichlich vorhan- den ist, das Spongein. Bei manchen Arten finden sich daneben noch lose im Fleisch liegende kleinere Nadeln. Man fertige mit dem Rasiermesser möglichst dünne Schnitte von einem in Alkohol konservierten Schwamm an und bringe diese auf den Objektträger. Nachdem man ein paarmal das Präparat mit absolutem Alkohol übergossen und ein paar Minuten stehen gelassen hat, bringe man einen Tropfen Nelkenöl auf den Schnitt und bedecke ihn mit dem Deckglas. Es läßt sich dann das Skelettgerüst gut verfolgen. Um die Nadeln im Präparat zu isolieren, lege man ein Stückchen des frischen oder konservierten Schwammes in ein Uhrschälchen, über- gieße es mitLiquor natrii hypochlorosi (diese Flüssigkeit darf nicht zu lange aufbewahrt werden, da sich sonst ihre Wirkung vermindert) und be- 2. Kursus: Porifera, Schwämme., 39 decke es mit einem zweiten Uhrschälchen. Nach einigen Minuten sind die Weichteile aufgelöst, und mittels eines Pinsels wird nun etwas von dem weißlichen Rückstand auf den Objektträger gebracht und in Wasser untersucht. Glyzerin hellt zu sehr auf und ist daher nicht zu empfehlen. An den meisten Exemplaren findet man zahlreiche bis senfkorn- grobe, kugelige Gebilde, welche Gemmulae genannt werden. Diese Gemmulae sind Fortpflanzungskörper, die in ihrem Innern einen kleinen Teil des Weichkörpers enthalten und zu ihrem Schutze von einer derben chitinigen Membran umhüllt werden, auf welcher bei manchen Arten Hitteubstang } Y (Spengiol) >>. G FR eesclindsfsee IT | Fig. 21. Skelettgerüst von Spoxgilla fragtlis (Leipy). Orig. noch eine zweite, von kleinen Kieselgebilden (Amphidisken) gestützte Hülle liegt. Die Gemmulae sind mit den Cysten der Protozoen zu vergleichen, und wie diese bestimmt, die Fortdauer der Art während ungünstiger Existenzbedingungen, so im Winter, zu sichern. Die Kolonien der meisten deutschen Arten gehen im Winter zugrunde, während sich aus den Gemmulae im Frühling wieder neue Schwämme entwickeln, indem der Inhalt aus einer oder mehreren Öffnungen der Schale auskriecht. Ihre Formen sind bei den verschiedenen Arten verschieden, so daß sie zur Artbestimmung benutzt werden können. Auf umstehender Figur sind die fünf in Deutschland vorkommen- den Süßwasserschwämme — es fehlt nur die bisher nur an einer Stelle gefundene Art Carterius stepanow: (DyB.) — in ihren Gemmulae und Gerüstnadeln abgebildet. Sie lassen sich kurz folgendermaßen charak- terisieren: 1. Spongilla fragilis (Leipy). Gerüstnadeln glatt, lang und dünn, allmählich scharf zugespitzt. Gemmulae mit feinen, stets rauhen Nadeln. Amphidisken fehlen. 2. Spongilla lacustris (L.).. Zwei Arten Gerüstnadeln, große und glatte, sowie kleine, meist fein bedornte. Gemmulaenadeln gebogen oder gerade, bedornt, zuweilen auch glatt. Amphidisken fehlen. 3. Trochospongilla horrida WELTN. Gerüstnadeln stark bedornt. Gemmulaenadeln fehlen, dafür Amphidisken; diese ganzrandig, niedrig. 4. Ephydatia fuviatilis (L.). Gerüstnadeln schlank, glatt, all- mählich scharf zugespitzt. Gemmulaenadeln feblen; Amphidisken hoch, 40 2. Kursus: Porifera, Schwämme. mit vielen feinen Einschnitten. Der Schaft der Amphidisken fein bedornt. 5. Ephydatia mäller! (Lexx.). Gerüstnadeln kompakter, fein be- dornt. Gemmulaenadeln fehlen; Amphidisken niedriger als bei der vor- hergehenden Art mit weniger, aber tieferen Einschnitten. Amphidisken- schaft nicht bedornt. — Gemmula 60 x Gerüst. nadeln 60x | Spongilla fragilis Leidy. a \ - Spongqilla DS Gerard S lacustris (aut) ng u dmphidisken. 60x I 120 x i | 9 \ = Gemmularand 60x un Querschnitt, 2,57 N | berüstnadeln \ı uAmphidisken } 180x 7 DER | berustnadeln uw. Amphidisken gran Behr: = N 3 A er N N / Amphidisken 60 x \ / 20x, Br BE |} | V Ephydatia Eplujdatia. Trochospongilla horrida Weltn. flwialtlis (aut! | Midleri (bbkn) Fig. 22. Die in Deutschland vorkommenden Süßwasserschwämme. Gemmulae und Skeletteile. Orig. Andere Kieselschwämme. Zur Demonstration der großen Verschiedenheit der Skelett- gebilde werden verschiedene Kieselschwämme entweder als Alkohol- material oder in fertigen Präparaten gegeben. Die Untersuchung des Alkoholmaterials geschieht am einfachsten, indem mit einem Rasiermesser möglichst dünne Schnitte vom Schwamm hergestellt und in einem Uhrschälchen mit Liquor natrii hypochlorosi über- gossen werden. Nach kurzer Zeit haben sich die Weichteile gelöst, 2. Kursus: Porifera, Schwämme. 41 und der Bodensatz wird mittels eines Pinsels auf den Objektträger ge- bracht und in Wasser oder Glyzerin untersucht. Will der Praktikant , sich ein Dauerpräparat machen, so ist bereits im Uhrschälchen der Liquor durch destilliertes Wasser, das einmal gewechselt werden muß, zu ersetzen, dann wird das Wasser vorsichtig abgegossen und der weib- liche Rückstand mittels Pinsels auf den Objektträger gebracht und nach Behandlung mit Alec. absol. mit einem Tropfen Nelkenöl bedeckt, welcher dann mit Fließpapier abgesaugt und durch Kanadabalsam ersetzt wird. Alsdann ist das mit einem Deckgläschen zu versehende Präparat fertig. Die Wahl des zu gebenden Materials richtet sich natürlich nach den Vorräten jedes Institutes. Am empfehlenswertesten ist zunächst ein Rindenschwamm /(Geodıa oder eine verwandte Gattung). Der Schnitt mit dem Messer muß auch die Rinde mit- nehmen, an der dann die in mehreren Lagen auftretenden Kieselkugeln zu de- monstrieren sind. Außer diesen Tetrac- tinelliden läßt sich auch ein Vertreter der Lithistiden, z. B. eine Zheonella, gut verwenden, ebenso von den Hexactinel- Fig. 23. Skelettstücke von Schwämmen (nach F. E. SCHULZE liden Auplectella und und O.MaAas). 1 Fasern eines Badeschwammes mit Spongo- Ayalonema. blasten, 2—7 Kieselnadeln, 2 Zsßeria Lorenzi, 3—4 Corti- Reicht die Zeit cıum candelabrum, 5 Myxilla rosacea, 6 Tethya lyncurium, 7 Farria vosmari (aus HERTWIG). nicht aus, so sind fer- tige mikroskopische Präparate der Skeletteile dieser und anderer Kiesel- schwämme zu geben. Um den Bau eines Hornschwammes kennen zu lernen, ist mit Vorteil der Badeschwamm zu verwenden, entweder in Schnitten fertiger Präparate oder indem von Spiritusmaterial Schnitte angefertigt werden. Das Hornskelett wird von besonderen, den Fasern aufsitzenden Zellen, den Spongoblasten, ausgeschieden (s. Fig. 23). Die Hornfäden be- sitzen eine konzentrisch geschichtete Struktur. Die unregelmäßige netz- artige Verästelung läßt sich ohne weiteres an einem zerzupften Stückchen des in den Handel kommenden Badeschwammes unter ganz schwacher Vergrößerung erkennen. 3. Kursus. Hydroidpolypen. Technische Vorbereitungen, Zur Untersuchung kommen von lebenden Tieren der grüne und der graue Süßwasserpolyp. Die Süßwasserpolypen sind zwar weit ver- breitet, aber nicht leicht zu finden. Am besten ist es, wenn man Wasserproben mit Schilfstengeln, Myriophyllum, Elodea usw. von ver- 49 3. Kursus: Hydroidpolypen. schiedenen Fundorten, sowohl Tümpeln und Teichen wie Flüssen, ein paar Tage ruhig stehen läßt und dann unter Vermeidung von Erschütte- rungen auf Polypen hin untersucht. Sie sitzen alsdann dem Auge sichtbar, den Wänden wie dem Boden des Gefäßes, besonders an der dem Lichte zugekehrten Seite an. Hat man einmal einen Fundort ent- deckt, so kann man ziemlich sicher sein, alljährlich dort Hydren wieder zu finden. Im Herbst kommen Exemplare mit Geschlechtsprodukten etwas häufiger vor. Die etwa acht Tage vor Beginn dieses Kursus einzufangenden Hydren werden auf zwei Gläser verteilt. In eines derselben bringt man möglichst viele kleine Sübwasserkrebschen, Cyelopiden und Daphniden, hinein, welche den Hydren als Futter dienen. Diese so reichlich ge- nährten Tiere treiben innerhalb dieser Zeit zahlreiche Knospen. Die in dem anderen Glase befindlichen erhalten keinerlei Nahrung, und es bilden sich bei ihnen nach einiger Zeit Geschlechtsprodukte aus. Hydren mit männlichen Geschlechtsprodukten lassen sich durch reich- liche Fütterung und dann Kaltstellen züchten. Man kann Hydren den ganzen Winter über im Aquarium züchten, wenn man sie zusammen mit Wasserlinsen und anderen Wasserpflanzen hält, und gelegentlich mit den obenerwähnten Süßwasserkrebschen füttert. A. Allgemeine Übersicht. Der Körper der Hydroidpolypen ist in seiner einfachsten Form ein zylindrischer Schlauch, der mit dem aboralen Pole festsitzt und am oralen Pole die häufig auf einem vorspringenden vorderen Körperteil (Rüssel) befindliche Mundöff- nung besitzt. Die Mundöffnung liegt in dem Mundfeld und ist umgeben von Tentakeln, fingerförmigen hohlen oder solidenKörperfortsätzen, die zum Erfassen der Beute dienen. Die Anordnung der Tentakel wird bei den höheren Formen regel- mäßiger strahlig und gibt den ersten Anlaß zur Ausbildung des radiären Körperbaues. Die Seitenwand des Körpers ist das Mauerblatt oder der Kelch, während der Polyp mit dem Fußblatt festsitzt (Fig. 24). 4 - - - Enpoblatt Der Körper des Polypen ist > zweischichtig, und diese beiden Fig. 24. Schematischer Längsschnitt durch Epithelschiehten, Ektoderm und einen Hydroidpolypen. Entoderm genannt, entsprechen : ; den zwei Körperschichten der bei den Metazoen auftretenden Keimform der Gastrula. Zwischen Ektoderm und Entoderm liegt eine dünne, strukturlose Lamelle, die Stützlamelle. Die Ektodermzellen vermögen häufig Sekrete oder starrwerdende Stoffe auszuscheiden. Ein Teil derselben enthält im Innern die Nessel- kapseln, eigentümliche, mikroskopisch kleine, als Waffen fungierende Gebilde, ein Teil wandelt sich zu Sinneszellen oder Ganglienzellen um, ’ Betoderm Slitz Lamelle —Yannhöhle ante dermu- AOANDILZREDEUGG u 3. Kursus: Hydroidpolypen. 43 und ein großer Teil besitzt an seiner Basis kontraktile Fortsätze, die, der Stützlamelle anliegend, in der Längsrichtung verlaufen, Die meist mit Geißeln versehenen Entodermzellen besorgen die Verdauung der aufgenommenen Nahrung und besitzen an ihrer Basis ebenfalls kontraktile Fortsätze, die aber in der Querrichtung verlaufen. Die Fortpflanzung ist eine geschlechtliche und eine ungeschlecht- liche durch Knospung. Wenn sich die Knospen nicht loslösen, sondern zusammen im Verband bleiben, entstehen Tierstöcke. Die geschlecht- liche Fortpflanzung erfolgt durch Ausbildung von Geschlechtsprodukten, die im Ektoderm entstehen. Bei den meisten Hydroidpolypen wird die Erzeugung von Geschlechtsprodukten in besonders gestaltete Personen verlegt, die sich vom Stock loslösen und als Medusen frei umher- schwimmen, oder an der Kolonie festsitzend verbleiben und medusoide Gonophoren heißen (s. Fig. 25). Fig. 25. Medusoide Gonophoren von: I II I I Pennaria cavolin:, Schwimmglocke und Radialkanäle noch erhalten; II Corynze Busilla, nur noch die Schwimmglocke; III unten Clava squa- mata, noch ein Rest derSchwimmglocken- anlage; oben Zuden- drium racemosum, Schwimmglockenicht mehr angelegt. 5 Spadix (Magen der Meduse) (aus R. HERTWIG, schemati- siert nach WEIS- MANN). Polyp und Meduse stehen also miteinander in dem Verhältnis, daß auf dem Wege der Knospung am Polypenstock die Meduse ent- steht, welche Geschlechtsprodukte erzeugt, aus denen sich wieder der Polyp entwickelt. Dieses Alternieren einer geschlechtlich erzeugten mit einer ungeschlechtlich erzeugten, abweichend gestalteten Generation nennt man Generationswechsel. Es kann nun die eine oder die andere Generation fehlen, und wir haben dann entweder Polypen, die auch auf geschlechtlichem Wege wieder Polypen erzeugen, oder Medusen, aus denen wieder Medusen hervorgehen. B. Spezieller Kursus. Hydra. Eine //ydra viridıssima Pall. oder eine der anderen Arten wird mit ziemlich viel Wasser auf den Objektträger gebracht und, ohne sie mit einem Deckglas zu bedecken, mit schwacher Vergrößerung betrachtet, um die Bewegungen des Tieres zu sehen. (Auch kann man im sog. hängenden Tropfen untersuchen.) Wenn dann später ein Deckglas auf das Präparat gelegt wird, so ist darauf zu achten, daß dieses nicht gedrückt wird. Man vermeidet das am besten, indem man ein paar schmale Papierstückchen zu beiden Seiten des Tieres bringt und das Deckglas darauf legt. Auch mit vier 44 3. Kursus: Hydroidpolypen. an die Ecken der Unterseite des Deckglases geklebten Stückchen Wachses (s. S. 5) kann man das gleiche erreichen. Zunächst betrachten wir die Körpergestalt der //ydra, die eine langgestreckte Becherform aufweist (Fig. 26). — S) Arm Mund 09 YL S JE ja Y J TI Nessel- HD GbR] kapseln BD Rs AS B=|'a0 TER Hode Se lic IE AR SS ze 3 es I Hr9- EIN eilt 3 CAR le Vo = \ > Ih - Arm Ai EN ) N Ss a rn Re Kal Stützlamelle ARE “is = \e2 sp esr - Entoderm n = \\ E2J ein UNDSLSESSS SEEN A S3H Oo X % Ban NS Sn 11? Kane nu \ 72 Se ge au Ber. N D\ 2 BEN Le HE GR RR 25 NEE BR GAR V Fig. 26. Längsschnitt durch Hydra viridissima PALL. Orig. Schon am lebenden Tier lassen sich die beiden Körperschichten dadurch unterscheiden, daß die Zellen des Entoderms mit einzelligen grünen Algen angefüllt sind. 3. Kursus: Hydroidpolypen, 45 Die Tentakel von //ydra sind hohl, indem die Darmhöhle in sie hineinführt. Auch an den Tentakeln lassen sich Ektoderm und Ento- derm, sowie die zwischen beiden liegende Stützlamelle leicht unter- scheiden. In vielen Ektodermzellen liegen stärker lichtbrechende Körperchen, je eines in einer Zelle. An den Tentakeln sieht man der- artige Zellen zu Wülsten zusammentreten, welche spangenförmig einen Teil des Tentakelumfanges umgreifen. Besonders stark ausgebildet sind sie bei //ydra wulegarıs. Diese lichtbrechenden Körperchen sind die Nesselkapseln. Bei starker Vergrößerung stellen sie sich als mit einer Flüssigkeit gefüllte Bläschen dar, in welchen ein sehr feiner Faden spiralig aufgerollt ist. Die Ektodermzellen, welche die Nessel- kapseln enthalten, heißen Nesselzellen; sie liegen in Lücken, zwischen den viel größeren anderen Ektodermzellen. Ein Druck auf das Deckglas genügt, um wenigstens einige Nesselfäden herausschnellen zu lassen. Bei gleichzeitiger Beobachtung unter dem Mikroskop sieht man, wie die Nesselkapseln gleichsam explodieren, indem sie ihren Faden weit herausschnellen. Jetzt läßt sich auch der Nesselfaden besser be- obachten (stärkere Vergrößerung, Abblenden des Lichtes). Er erweist sich als äußerst dünn, und nur an seinem hinteren Ende, wo er gleichsam wie aus der Nesselkapsel ausgestülpt erscheint, ist er dieker. Hier sieht man auch drei Widerhaken abgehen, und über diesen kann man noch bei sorgfältiger Beobachtung eine Anzahl sehr feiner Häkchen erblicken (Fig. 27). Cuidoeil N | BP streifenförmige Verdiekung +-— Nesselfaden _—--- Kern A a b medianer Strang Fig. 27. Nesselkapsel von Zydra Fig. 28. Nesselzelle einer vulgaris. ain Ruhezustand, nach Hydra (nach TOPPE). der Entladung (nach ToPPrE). Der Vorgang der Explosion spielt sich etwa folgendermaßen ab: Jede Nesselzelle besitzt einen feinen protoplasmatischen, nach außen vorragenden Fortsatz: das Cnidoeil (Fig. 28). Kommt dieses mit einem vorüberschwimmenden Tiere in Berührung, so reißt durch die Kontraktion besonderer in der Nesselzelle vorhandener Muskelfäden die Kapselmembran an einer besonders dafür eingerichteten, streifigen Stelle und der Inhalt, d. h. der Faden wird mit großer Gewalt nach außen getrieben. Es lassen sich dreierlei Nesselorgane unterscheiden. Die bereits erwähnten großen birnförmigen sind besonders zahlreich auf den Tentakeln, und an der Basis ihres Fadens durch spitze Fortsätze, „Stilette“ ausgezeichnet. Daneben gibt es sehr kleine Nesselorgane, deren Faden sich nach dem Ausstülpen korkzieherförmig umlegt, und drittens walzenförmige, sekretreiche. Diese drei Formen funktionieren folgendermaßen. Die großen birnförmigen Nesselkapseln schlagen bei der Explosion ihren Faden in die Haut des Beutetieres ein, wobei das 46 3. Kursus: Hydroidpolypen. Nesselsekret, welches aus Poren des Schlauches ausströmt, einen auf- weichenden Einfluß auf die Hülle des Beutetieres ausübt, während die drei Stilette bohrend wirken. Es ist also die Wirkung dieser großen Nesselkapseln eine vorwiegend mechanische. Indem gleichzeitig ihrer viele in Aktion versetzt werden, wird das Beutetier — meist kleine Krebschen — fest mit dem Tentakel der Hydra verbunden, und durch Kontraktion des Tentakels dem Munde zugeführt. Die kleinen Nessel- kapseln umschlingen mit ihren korkzieherartig ausgestülpten Fäden etwaige Borsten des Beutetieres und fesseln es dadurch, während die walzenförmigen bei der Fortbewegung eine Rolle zu spielen scheinen. Trotz ihres ungemein feinen und komplizierten Baues sind die Nesselkapseln doch nichts anderes als Produkte einzelner Zellen. Die großen Ektodermzellen laufen auf ihrer der Stützlamelle zu- gewandten Seite in längsverlaufende kontraktile Fortsätze aus, die als Muskelfasern fungieren. Diese Zellen werden als Epithelmuskel- zellen bezeichnet. Eine dritte Art von Ektodermzellen mit auslaufenden feinen Fäden deutet man als Ganglienzellen. An der als „Fuß“ bezeichneten Körperbasis, mit der sich der Polyp an der Unterlage festheftet, fehlen die Nesselzellen. Dafür wird aber von Ektodermzellen Schleim abgeschieden, mittels dessen die An- heftung erfolgt. Andere Ektodermzellen können Pseudopodien bilden. Die Zellen des Entoderms sind am lebenden Tiere kaum deut- lich zu sehen. Nur durch vorsichtiges Zerzupfen mittels Nadeln wird es gelegentlich gelingen, leidlich unverletzte Zellen zu Gesicht zu be- kommen. Bessere Bilder liefert die Isolation mit chemischen Mitteln, doch würde die Anwendung dieser Methode den Rahmen unseres Kurses überschreiten. Die Fortpflanzung der /Zydra erfolgt, wie schon erwähnt, auf geschlechtlichem und ungeschlechtlichem Wege. Letzterer zeigt sich in der Ausbildung einer oder mehrerer (gewöhnlich bis fünf) aus dem Mauerblatt hervorsprossender Knospen. Im Sommer und bei guter Fütterung der gefangen gehaltenen Hydren ist es leicht, viele Individuen in verschiedenen Stadien der Knospung zu beobachten. Außerdem kommt noch Teilung, und zwar sowohl Längsteilung wie auch seltener, Querteilung vor. Nicht häufig finden sich Hydren mit Geschlechts- produkten, am häufigsten bei ungünstigen Existenzbedingungen, also bei Nahrungsmangel oder kälterer W itterung im Frühjahr (77. viridıssima) oder Herbst und Winter (7. vwulgarıs und H. olıgactıs). Gewöhnlich entwickeln sich die aus kleinen (interstitiellen) Zellen des Ektoderms entstehenden Geschlechtsprodukte in der Weise, daß die männliche Zeugungszellen enthaltenden Hoden zuerst, und später am gleichen Tiere die in dem Ovarium liegenden Eier entstehen. Die Lage beider ist verschieden, indem sich die Hoden, häufig in größerer Zahl, ziemlich dieht unter dem Tentakelkranz bilden, das Ovarium hingegen mehr in der Mitte des Körpers entsteht. Schon mit schwacher Vergrößerung lassen sich leicht die Hoden als beulenförmige Erhebungen von weißlicher Farbe erkennen und ebenso (der Eierstock, der bei Zydra viridissima als eine weiße, quer zur Körperachse gestellte niedrige Erhebung erscheint (s. Fig. 26). Die männlichen wie die weiblichen Geschlechtsprodukte ent- stehen also im Ektoderm. 3. Kursus: Hydroidpolypen. 47 Neben diesen hermaphroditischen Formen kommen aber auch ge- trennt geschlechtliche vor, und zwar ist es wohl immer eine #. oligactis gleichende Form, die aber vielleicht eine Varietät darstellt, da ihre kugeligen ringsum mit kurzen Höckern besetzten Eier sich von denen von ZH. oligactis unterscheiden. Hat man eine Hydra mit reifen Hoden vor sich, so kann man dureh vorsichtiges Zerzupfen die Spermatozoen freilegen, die aus einem stark lichtbrechenden Köpfchen und einem sehr zarten, langen Faden bestehen. Im Ovarium wird eine Zelle zur Eizelle, während die übrigen zer- fallen und der amöboiden Eizelle als Nahrung dienen. Die Befruchtung und Furchung des Eies erfolgt am Körper des Muttertieres. Es fällt erst ab, nachdem sich vom Ektoderm aus eine dicke, chitinöse Schale gebildet hat. Diese Schale schützt den Embryo während trockener oder kalter Zeiten. Mit dem Platzen der Schale wird der Embryo frei und gewinnt durch Munddurchbruch und Tentakelbildung seine endgültige Form. Fast bei jeder //ydra wird man an ihrer Oberfläche Infusorien sich bewegen sehen, welche ektoparasitisch auf ihr leben; so die Po- Iypenlaus, Zrzchodina pediculus. Dieses Infusor gehört zu der Ordnung der Peritricha, und zeichnet sich durch den Besitz zweier Wimper- zonen aus; mit der unteren (hinteren) vermag es sich kriechend schnell vorwärts zu bewegen. doch schwimmt es auch frei umher; die Gestalt ist die eines kurzen Zylinders. Die von dem unteren Wimperkranz umschlossene Fläche ist zu einer Haftscheibe entwik- kelt (s. Fig. 29). Außerdem sieht man sehr häufig auch die in Fig. 15 abgebil- dete oxy/richaähnliche Aerona pedicu- N N LE} lus O. R. M. auf den Polypen DEN, f : W 8: 7 kriechen. IS EN Außer Hydra wiridissima finden SEHTZER SIE sich von dieser ziemlich kosmopolitischen 7 Mn, a N Gattung in Deutschland noch drei andere \ al \ Arten Süßwasserpolypen, welche sich von Be Zzen\\ obiger Art dadurch unterscheiden, daB fig. 29. Zrichodina pediculus sie keine grünen Algen beherbergen, ° (nach Bürschun). und meist grau oder braun gefärbt sind. Die eine dieser Arten 77. wwlgaris Pall. (Z. grisea L.) hat als besonderes Merkmal aufzuweisen, daß ihr unteres Körperende nicht stielförmig vom oberen abgesetzt ist, was bei den beiden anderen Arten H. oligactis Pall. (ZZ. fusca L.) und der in Deutschland sehr seltenen HH. polypus L. der Fall ist. Auch die Form der Eier ist verschieden. H. virıdıssima hat ein kugeliges, fast glattes Ei, 7. vulgarıs ein kugeliges Ei, dessen Schale große, an der Spitze meist verzweigte Zacken trägt, und ZZ. olıgacts ein unten flaches, oben konvexes Ei, dessen Schale nur auf der Oberseite kurze Stacheln trägt. Erwähnenswert ist die große Regenerationsfähigkeit von Zydra. Man kann ein Individuum in mehrere Stücke zerschneiden, von denen ein jedes wieder zu einem vollständigen Tier auswächst. Berühmt ist der TREMBLEyYsche Umkehrungsversuch, der in neuerer Zeit mehrfach nachgemacht worden ist. Die //ydra wird derart umgestülpt, daß ihr Entoderm nach außen, das Ektoderm nach innen 48 3. Kursus:"Hydroidpolypen. kommt. Es hat sich nun gezeigt, daß nicht etwa eine Körperschicht die Funktionen der anderen übernehmen kann, sondern daß eine Zurück- stülpung eintritt. Tubularia larynx (Eıı.). Es werden von in Alkohol konserviertem Materiale von Zubzlarıia larynx einzelne Polypen verteilt, die in Uhrschälchen unter Alkohol gebracht und mit der Lupe betrachtet werden. Außerdem werden fertige mikroskopische Präparate, Längsschnitte durch Polypenköpfchen von Zubuwlaria gegeben. Diese in der Nordsee häufige Form gehört zur Ordnung der Tubulariae. Der hier und da einen Ast abgebende Stamm trägt an seinem Ende das stattliche Polypenköpfehen (Hydrant). Betrachten wir zunächst den im Uhrschälehen liegenden Polypen mit der Lupe, so sehen wir, wie der Stamm mit einer aus dem Ektoderm abgeschie- denen festen Hülle (Periderm) umgeben ist, welche unterhalb des Köpfehens endigt, so daß letzteres nicht geschützt ist. Das rundliche Köpfchen sitzt breit dem Stamme auf und zieht sich nach oben in eine Art Rüssel aus, in welchen die Mundöffnung führt. Zwei Ten- takelkränze sind zu bemerken, der eine, tiefer gelegene, mit etwa 20 größeren Tentakeln, der andere mit ebenso vielen oder etwas weniger, kleineren Tentakeln um die Mundöffnung herum. Bei größeren Formen finden sich, etwas oberhalb vom unteren Tentalkelkranz ent- springend, rundliche, an kurzen verzweigten Stielen sitzende Ballen, die Gonophoren, welche die Geschlechtsprodukte erzeugen. ‚Jüngeren (kleineren) Exemplaren fehlen diese Gonophoren noch (Fig. 30). Die Gonophoren dieser Form lösen sich nicht los, um als Medusen eine freischwimmende Lebensweise zu führen, sondern sie bleiben am Polypen sitzen und stellen medusoide Gonophoren dar. An verschiedenen Präparaten lassen sich diese medusoiden Gonophoren in allen Stadien der Ausbildung verfolgen. Sie entstehen folgender- maßen: Es bilden sich zuerst Ausstülpungen der Darmhöhle des Polypen- köpfehens, deren Wandung, wie die des Polypen, aus Ektoderm, Stütz- lamelle und Entoderm besteht. Der in jedem Gonophor enthaltene Teil der Gastrovaskularhöhle heißt Spadix. Am freien Ende wuchert das Ektoderm nach innen, und es bildet sich eine abgeschnürte Portion desselben, die sich kappenförmig in das Entoderm eindrängt. Aus diesen abseschnürten Entodermzellen entstehen die Geschlechtsstoffe, und zwar in demselben Polypen entweder nur männliche oder nur weibliche. Die weiblichen Gonophoren enthalten einige wenige Eier, die in der Weise entstehen, daß eine Anzahl von Keimzellen verschmelzen aber nur ein Kern bestehen bleibt, der zum Eikern wird. Es bildet sich nun während der Eireifung eine von vier Höckern umstellte Offnung am freien Ende des Gonophors (schon bei schwächerer Vergrößerung deut- lieh sichtbar), aus welcher das im Innern des Gonophors befruchtete Ei, welches zu einem kleinen, als Actinula bezeichneten Embryo heran- gewachsen ist, ausschlüpft. Aus dieser Actinula entsteht aufs neue ein Polyp. Bei einer nahe verwandten Form, der Zublaria indivısa, welche sich dureh den Besitz unverzweigter Stämme auszeichnet, ist übrigens der Gonophor medusenähnlicher, indem sich auch die vier Radialkanäle vorfinden, welche den Medusen eigentümlich sind. 3. Kursus: Hydroidpolypen. 49 Bei anderen Tubulariiden findet die Loslösung der Gonophoren in der Tat statt, und letztere werden zu freischwimmenden Medusen. Der feinere Bau von Zxbwlarıa larynx läßt sich am mikrosko- pischen Präparate eines Längsschnittes mittels starker Vergrößerung wahrnehmen. Von Besonderheiten ist zu erwähnen der stark entwickelte aborale Mesodermwulst, ein am Grunde des Polypenköpfchens befindlicher Ring, der zur Stütze des unteren Tentakelkranzes dient. Bei anderen Tubulariiden findet sich auch ein kleinerer oraler Mesodermwulst am Geschlecht s stoff Snadix r ' H __Öctadermn --Bustodenm: Aboralteutakıt N Stibzlamelle N Brtodern Ecrademm Absialer Mesodermwwulst } Stiel Fig. 30. Längsschnitt durch 7ubularıa larynx. Orig. Grunde des oberen Tentakelkranzes. Der aborale Mesodermwulst engt das Lumen der Gastrovaskularhöhle stark ein, so daß hier ein enger Kanal entsteht, der sich erst in einer unterhalb des Wulstes gelegenen Anschwellung, dem „Knopf“, wieder erweitert. Am „Knopf“ sieht man auch eine ringförmige Wucherung des Ektoderms (s. Fig. 30). Ferner weist das Entoderm in dem obersten Teile des Gastro- vaskularsystems eigentümliche wulstartige Vorwucherungen auf, die aber nicht etwa als eine Schlundrohrbildung aufzufassen sind. Kükenthal, Zool. Praktikum. 8. Aufl. 4 50 3. Kursus: Hydroidpolypen. Auch ist auf die Struktur der Tentakel zu achten. Während wir die Tentakel bei ZZ/ydra hohl fanden, sind sie hier solid, und wir sehen das Ektoderm mit zahlreichen Nesselzellen, dann die Stützlamelle und innen die in mehreren unregelmäßigen Reihen angeordneten großen Entodermzellen. In den unteren Tentakeln sind die Maschen der Ento- dermzellen etwas enger als in den oberen, wo sie besonders an der Spitze sehr groß werden. Cordylophora lacustris (ALLM.). Außer Zydra findet sich noch eine weitere Gattung von Hydroid- polypen nicht im Meere vor, die zu der Ordnung der Tubulariiden gehörige Cordylophora lacustrıs, welche im Brackwasser, seltener im Fig. 31. Cordylophora lacustris (nach F. E. SCHULZE). Süßwasser lebt. Sie kann dichte Rasen aus horizontal gelagerten Röhren (Stolonen) und sich senkrecht daraus erhebenden Stämmen bilden, die ihrerseits in ziemlich gleichen Abständen Zweige abgeben. An den Enden der Zweige sitzen die Polypenköpfehen. Die Gonophoren dagegen werden ebenfalls vom Periderm umhüllt, welches zu einer großen Kapsel (Gonothek) ausgebaucht wird. Die Polypenköpfehen sind im allgemeinen walzenförmig, die endständigen am größten und mehr aufgetrieben. Wie bei Zubdularia, so bildet auch hier der vorderste, die Mundöffnung tragende Teil eine Art Rüssel (Proboseis). Die Tentakel, an Zahl sehr wechselnd, sitzen 3. Kursus: Hydroidpolypen. 5l aber nicht, wie bei Zxbzdlaria, in zwei Kränzen, sondern unregelmäßig zertreut und in sehr wechselnder Zahl an der vorderen Hydrantenhälfte (Fig. 31). Die Gonophoren, welche entweder nur männliche oder nur weibliche Geschlechtszellen in einer Kolonie erzeugen, sind ansehnliche Gebilde von etwa eirunder Gestalt, an deren Bildung sich alle Schichten des Weichkörpers, sowie das umhüllende Periderm beteiligen. Wenden wir stärkere Vergrößerung an, um den Bau der Tentakel zu studieren, so sehen wir einen wesentlichen Unterschied gegenüber dem der Zubularia-Tentakel. Das Entoderm besteht nämlich hier, wie bei den anderen Hydroid- polypen auch, aus einer einzigen Reihe hintereinander liegender scheiben- förmiger Entodermzellen, in deren Mitte jedesmal der Kern liegt. Nach der Spitze des Tentakels zu werden diese Zellen immer höher. Nicht selten wird man übrigens im Präparat an den Stämmen und Stolonen kugelförmige Körperchen finden, die mittels eines stark zusammengeringelten Stieles festsitzen, und in deren Mitte ein stark gefärbter wurstförmiger Körper sichtbar wird. Es sind das Vorti- cellen, welche mit konserviert und gefärbt worden sind, und der wurst- förmige Körper ist der Kern. Clava squamata (Tcks.). Die kleine, besonders häufig auf Blasentang sitzende C/ava squa- mata besteht aus einem zarten Geflecht dicht miteinander verwachsener horizontaler Stolonen (Hydrorhiza), aus dem sich die langen Polypen direkt erhe- ben. Der untere Teil derselben ist mehr röhrenförmig und kann als Andeutung eines Stammes an- gesehen werden, der obere trägt eine An- zahl (gegen 20) un- regelmäßig zerstreu- N, ter Tentakel und ist 8 keulenförmig gestal- tet. Der Mund sitzt, wie bei den vorher beschriebenen Arten, an der Spitze eines Rüssels. Unterhalb der \ untersten Tentakel sitzen bei den größe- __ a i : ren Formen. dicht an- Fig. 32. Clava sguamata, rechts Längsschnitt durch einen 2 2 2 weiblichen Gonophor. Orig. einander gedrängt, die Gonophoren, welche einen sehr einfachen Bau haben (Fig. 32). Schon bei schwacher Vergrößerung sieht man, daß die sehr zahl- reichen rundlichen oder birnförmigen Gonophoren in dichten Klumpen zusammensitzen, deren jeder von einem ganz kurzen Stiel entspringt. 47 /|___--- — Mundöffnung — Tentakel Gonophoren Entodermlamelle Ei Entoderm Spadix Ektoderm 52 3. Kursus: Hydroidpolypen. In jeden Gonophor tritt die Gastrovaskularhöhle als kurzer, sich oben etwas verbreiternder Spadix ein, und um ihn herum legt sich am freien Ende kappenförmig die Masse der aus dem Ektoderm durch Einstül- pung und Abschnürung entstandenen Keimzellen. Entweder entwickeln sich in den Gonophoren einer Kolonie nur weibliche Geschlechtsprodukte, die sich ohne weiteres als ein oder zwei ziemlich große Eier erkennen lassen, oder nur männliche. Die reifen männlichen Gonophoren zeigen den Hoden als dieken, quer über dem niedrigen Spadix gelagerten Wulst, aus zahllosen, strahlig angeordneten, sehr kleinen Zellen be- stehend, den Samenbildnern, deren jede zu einem Spermatozoon aus- wächst. Campanularia flexuosa (Hceks.). Die in Nord- und Ostsee sehr häufige große Form zeigt den typischen Bau der Campanularien. Wenden wir zunächst schwache Vergrößerung an, so sehen wir die verzweigten Röhren an ihren Enden - Tentakel - Ektoderm Entoderm Mund Deckel Hydrothek Männl. Ge- se schlechtsstoffe Gonophor "X" Ektoderm --—---X- Entoderm Gonangium Gonothek Ne ---- Ektoderm Gonophor "----. --..Entoderm Euaeannannneer Periderm Blastostyl herr EN Q DI un Fig. 33. Campanularia flexuosa, Polyp und Gonangium. Orig. in Polypenköpfehen auslaufen, welche von kelchartigen Bechern umhüllt sind. Diese Becher setzen sich in das die Röhren umkleidende Peri- derm fort und heißen Hydrotheken. Sie gewähren den zurückzieh- baren Polypenköpfehen Schutz, was man meist schon am Präparat sehen kann, indem einige Polypen mit ausgestreckten Tentakeln aus der Hydrothek hervorragen, andere gänzlich in sie eingezogen sind. 3. Kursus: Hydroidpolypen. 53 Das Periderm ist, besonders unterhalb der Köpfchen, regelmäßig geringelt. Außer den Polypen sieht “nan noch an einzelnen Präparaten größere Becher, in denen runde Ballen sichtbar sind. Das sind zu Be- hältern umgebildete Polypen, in welchen sich die Gonophoren ent- wickeln. Diese Behälter gehen immer von dem unteren Ende eines Köpfchen- stieles ab (Fig. 33). Bei Anwendung stärkerer Vergrößerung läßt sich nun der Ver- lauf der einzelnen Körperschichten feststellen. Betrachten wir zunächst eine Polypenröhre, so sehen wir zu innerst einen zum Gastrovasku- larsystem gehörenden Kanal, dessen Lumen von einer Zellschicht, dem Entoderm, ausgekleidet wird. Nach außen davon, durch die zarte Stütz- membran getrennt, liegt das aus blasigen Zellen bestehende Ektoderm, welches hier und da seitliche Ausläufer zum Periderm sendet. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse im Polypenköpfehen. Am Boden der Hydrothek erweitert sich die Körperwand und reicht bis zur äußeren Hülle des Kelches. Unterhalb dieser Verbreiterung bildet das Ektoderm einen ringförmigen Wulst. Eine tiefe, ringförmige Einschnürung trennt den oberen, die Mund- öffnung tragenden Teil des Körpers von dem unteren, auf dessen oberem Rande in einfacher Reihe die Tentakel sitzen. Der Bau der Tentakel zeigt eine solide Achse aus ziemlich hohen Entodermzellen, sowie das durch die Stützlamelle getrennte, mit Nesselzellen versehene Ektoderm. Die Gonophoren entstehen als seitliche Ausbuchtungen eines mund- und tentakellosen Polypen, des Blastostyls, welcher von einer stark erweiterten Peridermkapsel, der Gonothek, umhüllt ist. Das gesamte Gebilde wird Gonangium genannt. Oben erweitert sich der Blastostyl trichterförmig und schließt mit einer breiten Scheibe ab, über welcher der Deckel liegt. 4. Kursus. Medusen. Technische Vorbereitungen. Für diesen Kursus ist man auf die Demonstration konservierten Materiales, sowie einiger mikroskopischer Präparate von kleinen Medusen- formen angewiesen. Zu den Medusen oder Quallen werden zwei ganz verschiedene Gruppen von im Meere schwimmenden Coelenteraten gerechnet, von denen wir die eine, die Hydromedusen, bereits kennen gelernt haben als sich vom Stock ablösende Geschlechtstiere der Hydroidpolypen. Die zweite Gruppe, die der Scyphomedusen, zeigt wohl mancherlei äußer- liche Ähnlichkeiten mit der ersteren, aber auch tiefgreifende Unter- schiede, und ihre Herkunft ist auch eine andere, indem sie nicht von Hydropolypen, sondern von den anders gebauten Seyphopolypen ab- stammen. Wir beginnen mit der Besprechung der Hydromedusen. 54 4. Kursus: Medusen. I. Hydromedusen. A. Allgemeine Übersicht. In dem Kursus über Hydroidpolypen hatten wir diejenigen Formen von Geschlechtstieren näher kennen gelernt, welche sich nicht ablösen, um als Hydromedusen ein freies Leben zu führen, sondern am Stocke verbleiben: die medusoiden Gonophoren. N Die frei werdenden Hydromedusen bilden sich in Übereinstimmung mit den neuen Existenzbedingungen, welche die schwimmende Lebens- weise mit sich bringt, in vieler Hinsicht weiter aus. Ihre Form ist die einer Schale oder einer Glocke. aus der, in der Mitte der Unter- seite entspringend, ein verschieden langes Rohr herabhängt. Die Glocke ist der Schirm oder die Umbrella, die gewölbte Oberseite die Ex- umbrella, die Unterseite die Subumbrella und das herabhängende, mit der Mundöffnung beginnende Rohr das Mundrohr, welches in die Darmhöhle führt. Diese Darmhöhle besteht aus einem zentralen Teile, dem Hauptdarm, und davon ausgehenden, zur Peripherie ziehenden Kanälen, ursprünglich vier an der Zahl, den Radialkanälen, welche durch einen in der Peripherie des Schirmes liegenden Ringkanal miteinander verbunden sind (s. Fig. 34 u. 55). Daß trotz dieser Umformungen die Meduse nur ein modifizierter Hydroidpolyp ist, erkennt man aus einem Vergleich der beiden Sche- mata Fig. 24 und 34. Die wichtigste Veränderung ist die Ausbildung einer ansehnlichen, zellenlosen Gallertschicht an Stelle der Stütz- lamelle des Polypenkörpers.. Die Exumbrella der Meduse entspricht dem Mauerblatt und Fußblatt des Polypen, die Subumbrella dem Peristom, das Mundrohr dem Rüssel, wie er sich bei vielen Polypen vorfindet. Der veränderte Bau der Gastrovaskularhöhle läßt sich folgender- maßen verstehen: An Stelle des einheitlichen Hohlraumes des Polypen sehen wir bei der Meduse einen zentralen Hauptdarm und die mittels des Ringkanales verbundenen Radialkanäle, die zusammen dem einheit- lichen Hohlraum des Polypen entsprechen. Die Radialkanäle sind da- durch zustande gekommen, daß infolge der starken Gallertentwicklung in der Meduse sich obere und untere Darmwand in der Schirmperi- pherie stark genähert haben und an den zwischen den Radialkanälen gelegenen Stellen verschmolzen sind (Cathammalplatten oder Ento- dermlamellen). Der ganze Schirm sowie die Außenseite des Mundrohres sind von Ektodermepithel bedeckt, während Mundrohr, Zentralmagen und Radialkanäle samt Ringkanal von entodermalem Geißelepithel ausge- kleidet sind. Wie bei den Hydroidpolypen, so finden sich auch bei den Hydro- medusen Tentakel an der Grenze von Mauerblatt und Peristom, also bei den Medusen am Schirmrande, vor. Neue, in Übereinstimmung mit dem frei beweglichen Leben auf- tretende Organe sind die am Peripherierande sitzenden Sinnesorgane, entweder einfach gebaute Ocellen oder Statocysten, ferner das Velum, ein von der Peripherie herabhängender dünner ektodermaler Saum, in welchen die der Schirmgallerte entsprechende mesodermale Stützlamelle eintritt. Dieses Velum dient zusammen mit der Subum- brella als Bewegungsorgan, indem es wie diese eine wohlausgebildete 4. Kursus: Medusen. 55 Muskulatur besitzt, vermittels welcher es sich kontrahieren und das Wasser aus der Höhlung zwischen dem Velum und der konkaven Subumbrella ausstoßen kann. Dadurch erfolgt eine rückläufige Bewegung der Meduse, Hauptdarm , Ektoderm . / Gallertschicht "7 Entoderm Radialkanal ._ 4 \..- Entoderm- \\ lamelle E . } \ Ringkanal .. .\ //- Ringkanal "Velum Nervensystem Tentakel ti Fig. 34. Schematischer Längsschnitt durch eine Hydromeduse (Orig.). die also mit ihrer Exumbrella voranschwimmt. Zwischen den Ring- muskelschichten des Velum und der Subumbrella liegt in der Peripherie das zentrale Nervensystem, welches einen doppelten Ring von Rand- bläschen G ( MIN OR 8 na 3 Fig. 35. Schematische Darstellung einer Hydromeduse, welcher etwas mehr als ein Quadrant ausgeschnitten ist. (Verändert nach PARKER und HAsweELi1..) Mit Fig. 34 zu vergleichen! Ganglienzellen und Nervenfasern darstellt. Der obere Ring versorgt vorzugsweise die Sinnesorgane, ist also sensibel, der untere die Muskulatur, ist also motorisch (Fig.,34 u. 35). 56 4. Kursus: Medusen. Die Geschlechtsprodukte bilden sich, wie wir das schon bei den medusoiden Gonophoren gesehen haben, aus dem Ektoderm, und zwar entweder an den Radialkanälen oder am zentralen Darm oder am Mundrohr. B. Spezieller Kursus. Sarsia eximia (ALLM.). Von dieser kleinen, in der Nordsee sehr häufigen Form wird jedem Praktikanten ein Exemplar in Alkohol gegeben, das zunächst unter der Lupe zu betrachten ist. Die Sarsia gehört zu den von Tubulariiden abstammenden Antho- medusen, und zwar zur Familie der Codonudae. Zunächst ist ihre äußere Körperform zu betrachten und zu zeichnen. Die etwa 4 mm hohen, 3 mm breiten Medusen haben eine hochgewölbte Gestalt (Fig. 36). Die Gallert- masse der Umbrella ist stark entwickelt und daher die Meduse ziemlich resistent. Die Sub- umbrella geht sehr tief ins Innere hinein. Man sieht das besonders deutlich, wenn man die Meduse mit der Nadel so orientiert, daß man mit der Lupe in die Glocke hineinschauen kann. Am Rande zwischen Exumbrella und Subumbrella sieht man ein schmales, aber deutliches Velum, an dem man mit schwacher Mikroskopvergrößerung die Ringmuskulatur wahrnehmen kann. Das’ Mundrohr ist im Leben des Tieres außerordentlich kontraktionsfähig, und man sieht es daher an konservierten Exemplaren verschieden lang, meist aber in die Glocke zurückgezogen. | Der Magenhohlraum setzt sich nach b = oben durch die Gallerte bis zur Exumbrella Fir. 36. Sarsia eximia Us feiner Kanal fort. Die vier vom Magen (nach Bönn). ausgehenden Radialkanäle sind deutlich zu ‘sehen. Da, wo die Radialkanäle in den Ringkanal einmünden, sieht man eine Verdickung, in deren ekto- dermaler Umgebung ein runder Ocellus liegt, und von der aus die hohlen, meist stark kontrahierten Tentakel abgehen. An einzelnen Exemplaren sieht man auch die Geschlechtsprodukte, welche als einheitliche Masse den Mundstiel umgeben. Fernere Einzelheiten lassen sich noch erkennen, wenn man ein kleines Exemplar dieser Meduse unter Glyzerin auf den Objektträger bringt, mit einem Deckglas bedeckt und mikroskopisch untersucht, doch sind in dieser Hinsicht die anderen hier behandelten Hydromedusen günstiger. Der Polyp, von welchem die Meduse abstammt, heißt Syzcoryne eximıa ALLM. 4. Kursus: Medusen. 57 Tiara pileata (AG.). Diese schöne Form gehört einer anderen Anthomedusenfamilie, den Tiarıdae an, die sich von den Codoniiden dadurch unterscheiden, daß sie breite, gekräuselte Mund- lappen, getrennte Gonaden in der Magenwand und breite, bandför- mige Radialkanäle besitzen. Die Tiara pileata isteine sehr häufige, im Mittelmeer wie an den westlichen und nördlichen europäi- schen Küsten vorkommende Form. Wir untersuchen sie im Glas- schälehen über dem schwarzen Teile der Porzellanplatte mit der Lupe. Die Gestalt des Schirmes ist glockenförmig mit einem konischen Scheitelaufsatz, 1—2 cm hoch und ®/,—11, cm breit, der indes- sen (wie auf der Abbildung) auch fast völlig fehlen kann. Der rundliche bis kubische Magen ist durch die vier in seiner Wandung sitzenden Gonaden ver- deckt. Die Gonaden sehen un- regelmäßig gefiedert aus, indem sie in Querwülsten angeordnet sind. Unter ihnen treten die vier groben, blumenkohlartig geteilten Mund- lappen hervor (Fig. 37). Die vier Radialkanäle sind deutlich sichtbar als milchweiße, ziemlich breite Bänder, auch der Ring- kanal, in den sie einmünden, ist deutlich zu erkennen. Die Tentakel stehen in größerer Zahl, meist 12—16, am Schirm- rande, sind länger als die Schirmbreite und an der Basis stark verdickt. Fig. 37. Ziara pileata (nach HAECKEL, aus HATSCHEK). Obelia geniculata (L.). Diese kleine, nur wenige Milli- meter im Durchmesser haltende Meduse ist an den atlantischen Küsten Europas sehr verbreitet und gehört zu den von den Campanu- lariiden abstammenden Lepto- medusen, die besonders dadurch charakterisiert sind, daß sie ihre Geschlechtsprodukte an der Wan- dung der Radialkanäle bilden (siehe Fig. 38). Vorliegende Form ist unter fig. 38. dem Mikroskop zunächst mit schwä- cherer Vergrößerung, dann mit stärkerer zu betrachten. Es empfiehlt sich, sogleich fertige, gefärbte Präparate zu geben. Obelia geniculata (nach BÖHM). 58 4. Kursus: Medusen. Der Schirm ist kreisrund und flach scheibenförmig. Der kurze, viereckige Magen ist in vier kurze stumpfe Mundzipfel ausgezogen. Von ihm sieht man die vier Radialkanäle zum Ringkanal ziehen, der ebenfalls sehr deutlich ist. An den Wandungen der Radialkanäle sind dieGonaden als seitliche, kugelige Anschwellungen wahrzunehmen, die auf ein kurzes, peripheres Stück derselben beschränkt sind. Die ziemlich langen Tentakel stehen sehr zahlreich am Schirm- rande; sie sind solid, aus einer Achse von regelmäßigen Entodermzellen und dem mit sehr großen Nesselzellen versehenen Ektoderm bestehend. Zwischen je zwei Radialkanälen liegen zwei Randbläschen (Stato- eysten) von halbkugeliger Form, also zusammen acht. (Ihre Lage ist daher adradial, s. S. 59). Sie springen nach außen vor und sind nicht zu verwechseln mit Gonade Velum nach innen vorsprin- ‘ genden Bläschen an nee der Basis jedes Ten- takels, die nur die untersten Entoderm- zellen des Tentakels sind. Die Obelia gentcu- lata stammt von dem gleichnamigen, zu den Campanulariiden gehö- rigen Polypen ab, in dessen Gonangien sie sich in ungeheueren Massen entwickelt. Mantelspange Rand- / bläschen -- Radialkanal Liriope eurybia (H.). Liriope ist eine be- sonders imMittelmeere sehr häufige und in - großenSchwärmen auf- en tretende Hydrome- j duse, welche den Tra- Fig. 39. Ziriope eurybia, von oben gesehen chymedusen ange- (nach HAECKEL). Hör ERS ört, denen ein Gene- rationswechsel fehlt, so daß aus den Eiern der Meduse direkt wieder Medusen entstehen. Sie eignet sich wegen ihrer flachen Form und geringen, meist unter 1 cm haltenden Größe sehr gut zur Anfertigung mikroskopischer Präparate. Ein solches soll der Beschreibung zugrunde gelegt werden (s. Fig. 39). Der Schirm ist kreisförmig und flach, an seiner Peripherie sieht man ein breites, zartes Velum. Aus der Mitte der Oberfläche ent- springt mit konischer Basis ein solider gallertartiger Magenstiel, an dessen unterem Ende der Magen mit der Mundöffnung liegt. Eine aus dem Munde hervorragende gallertige Spitze ist der Zungenkegel. Der Mund ist nicht gelappt, ganzrandig und quadratisch. An den vier bis in den Magenstiel verlaufenden Radialkanälen sitzen die stark entwickelten Geschlechtsprodukte, entweder männliche oder weibliche; Nesselsaum Magenstiel 4. Kursus: Medusen. 59 letztere sind sofort an einzelnen großen Eiern zu erkennen; auch sind die männlichen Gonaden kompakter und mehr rechteckig. Die Gonaden lassen nur das innere Drittel des Radialkanals frei und gehen bis zum Ringkanal, in ihrer äußeren Gestalt als flache, eiförmige Blätter er- scheinend. Die vier perradial stehenden Tentakel sind hohl und länger als der Schirmdurchmesser. Es sind 8 Randbläschen vorhanden, 4 an der Tentakelbasis und 4 dazwischen stehend (interradial). Wendet man stärkere Vergrößerung an, so sieht man, daß die Randbläschen ein Kölbehen umhüllen, entstanden aus einem modifizierten Tentakel, in dessen Entoderm ein konzentrisch geschichteter Statolith liegt. Das ist für alle Trachymedusen charakteristisch. Bei starker Vergrößerung sieht man auch, daß die Muskulatur der Subumbrella und des Velums deutlich quergestreift ist. Scyphomedusen. A. Allgemeine Übersicht. Wie die Hydromedusen aus den Hydropolypen hervorgehen, so die Seyphomedusen aus Scyphopolypen, die ein ‚Jugendstadium der Scyphomedusen darstellen. Die Hydromedusen entstehen an den Hydropolypen durch laterale Knospung, die Scyphomedusen aus den Seyphopolypen durch terminale Knospung, indem sich am Polypen durch ringförmige Einschnürungen eine Anzahl aufeinanderfolgender Scheiben bildet (Strobila), deren jeweilig oberste sich loslöst und zur freischwimmenden Meduse wird. Doch kann sich auch die Entwicklung zur Meduse unter Umgehung der Polypenform direkt aus dem Ei voll- ziehen. Der Scyphopolyp, Seyphistoma genannt, ist charakterisiert durch den Besitz von vier entodermalen Längsfalten: Gastralwülste oder Täniolen (s. Fig. 46II), sowie durch einen kleinen Peridermnapf am hinteren Ende. Das Seyphistoma kann sich auch durch seitliche Knos- pung vermehren. Die Seyphomeduse ist von glocken- oder scheibenförmiger Ge- stalt mit starker Entwicklung zellenhaltiger Gallertmasse. Auf der Unterseite hängt meist ein verschieden langer Mundstiel herab. Am Rande fehlt das Velum der Hydromedusen, dagegen finden sich lappen- förmige Ausbuchtungen der Scheibe, die Randlappen. Die Mund- öffnung ist kreuzförmig gestaltet. Durch die Ecken des Mundkreuzes gelegt gedachte Achsen sind die Perradien, mit ihnen alternieren die 4 Interradien, und zwischen diesen $S Hauptradien (Perradien + Interradien) kann man noch 8 Adradien annehmen (Fig. 45). Der vom Ektoderm ausgekleidete Schlund mündet in den zentralen Magen, von dem 4 interradiale sackförmige Taschen, die Gastral- oder Magen- taschen, ausgehen. Diese 4 Gastraltaschen stehen an der Peripherie mittels Öffnungen in Verbindung, durch deren Erweiterung es zu einem weiten Ringsinus (dem K ranzdarm) kommen kann. Vom Kranzdarm aus gehen weitere periphere Ausbuchtungen, die Marginaltaschen, ursprünglich 8 radiale Taschen zu den S Randkörpern, 8 weitere zu den Tentakeln. Meist ist aber ein komplizierteres, peripheres Gefäßsystem mit sekundären Radialkanälen und sekundärem Ringkanal vorhanden. 60 4. Kursus: Medusen. An der Seitenwand des Zentraldarmes finden sich kleinere innere Magententakel oder Gastralfilamente, radiär nach der Vier- oder Acht- zahl verteilt, häufig in Gruppen zusammenstehend. Im Epithel der Magentaschen entstehen die Geschlechts- produkte, welche also bei den Scyphomedusen aus dem Entoderm stammen (bei den Hydromedusen sind sie ektodermaler Herkunft). Unter den 4 Magentaschen liegen 4 ektodermale Einbuchtungen, die Subgenitalhöhlen, die bei manchen zusammenfließen und einen Zentralraum (Subgenitalsaal) bilden können. Stets sind indessen Zentralmagen Gastralfilament Ektoderm 2 Gallertschicht _ Entoderm Y/ Sek. Radialkanal Gonade \ Sa Fig. 40. Schematischer Längsschnitt durch eine Scyphomeduse. Orig. diese Subgenitalhöhlen vom Zentraldarm durch die zarte Gastrogeni- talmembran getrennt. Als Sinnesorgane fungieren modifizierte Tentakel, die Rhopalien, kurze perradial und interradial gelegene Kölbehen, mit Ocellus, Stato- cyste und Riechgrube. An der Basis eines jeden liegt je ein Ganglion, so daß sich also S getrennte Nervenzentren finden. B. Spezieller Kursus. Aurelia aurita (Lam.). Aurelia aurıta ist wohl die häufigste Seyphomeduse der europä- ischen Küsten. Sie gehört zu den Discomedusen, und zwar zu der Unterordnung der Semostomen, deren Mundrohr in vier faltige Mund- arme ausgezogen ist. Die Familie der Ulmariidae, zu welcher Arwrelia gerechnet wird, zeichnet sich aus durch eine größere Zahl enger Radialkanäle an Stelle der Marginaltaschen,‘ die sich verästeln, und stets am Rande durch einen Ringkanal verbunden sind. Die Gonaden liegen in Ausbuchtungen der oralen Magenwand als vier huf- eisenförmige Bogen. Aurelia aurıta hat, wie andere Discomedusen auch, ein Jugend- stadium, welches als Ephyra bezeichnet wird. Die sich von den Seypho- polypen durch Strobilation ablösende kleine Meduse ist anders ge- staltet als das erwachsene Tier, und weist noch einfachere Organi- sationsverhältnisse auf. 4. Kursus: Medusen. 61 Wir beginnen daher mit der Betrachtung der Ephyra von Aurelıa aurila. Die Ephyra wird in fertigen mikroskopischen Präparaten gegeben und zunächst bei schwacher Vergrößerung betrachtet. Je nach ihrer Größe ist die Ephyra verschieden differenziert. Die Gestalt ist flach scheibenförmig mit acht ansehnlichen Randlappen, deren jeder an seinem distalen Ende eingekerbt ist. der Mitte der Scheibe gelegen, ist leicht erkenn- bar als die kreuzförmige Öffnung eines kurzen, vierkantig-prismatischen Mundrohres. Die durch die Ecken des Mundkreuzes gedachten, sich recht- winklig kreuzenden Linien sind die Perradien. Das Mundrohr führt in den flachen, scheibenförmigen Zentralmagen, an dessen unterer Wand inter- radial vier Gastralfilamente sitzen. Von der Peripherie des Magens gehen acht größere taschen- artige Ausstülpungen ab, in die Randlappen hinein, und ferner acht kleinere an die Basis der Velar- lappen, deren Stelle bei anderen von Tentakeln eingenommen wird (Chrysaora, z. B.). Gehen wir zur Beobachtung des Randes über, so erblicken wir in dem Einschnitt, welcher jeden Randlappen in zwei kleinere „Okularlappen“ teilt, einen kolbenförmigen Körper, den Sinneskörper oder das Rhopalium. Entstanden sind diese Sinneskörper aus den acht Haupttentakeln des Seyphistomapolypen. Zwischen je zwei Randlappen liegt am Grunde je ein kleinerer Lappen, der Velarlappen, der bei anderen durch einen Ten- takel ersetzt wird (Fig. 42 und 43). Wenden wir stärkere Vergrößerungen an, so Der Mund, in Fig. 41. Polydiske Strobila von Aurelia aurita (nach HAECKEL, aus LANG). lassen sich noch einige Einzelheiten wahrnehmen, so z. B. die Ring- muskulatur auf der Subumbrella. ! 1 Sinnes- FUN — u an x F B= EIERN \d / a Klcuen x | Ro Pa Rand- \ NN N I’ ( ER [ / lappen IN 5 | (4 - Mund- r\ N \) / 7 N IL kreuz = II VA) wi & NL % = e B SC NH Fa — ' a2 NDR HERE ee Eu ar en SIR a —— LI 5 >> Ne De u , R— S => N IQ T— DIN FEN u ST, T// 1 NNN z Gastral- 5 IR DHOER PN, | I | N filamente A E SANS f E A) \ a “I L77 Iy\\ \\ \1) ) 7) / / 1 u Fig. 42 u. 43. Ephyra von Aurelia aurıta (nach C1.Aus). I nach Loslösung von der Strobila; II etwas ältere Form. In etwas größeren Stadien, die sich ebenfalls noch zu mikrosko- pischen Präparaten verwerten lassen, sieht man die Umbildung der 62 4. Kursus: Medusen. Ephyra zur Meduse. Die Körperform ist gleichmäßiger und weniger gelappt, indem die tiefen Einschnitte zwischen je zwei Randlappen von den sehr stark verbreiterten Velarlappen ausgefülltsind. An der Peripherie finden sich zahlreiche kurze Tentakel auf den Velarlappen. Das Mund- rohr hat sich in vier einfache, fahnenartige Mundarme mit gekräuselten Rändern ausgezogen (Fig. 44). Mundarme Ringkanal Sinneskörper -Radial- kanäle Tentakel Fig. 44. Aurelia aurita, junges Tier. Orig. Nausithoö pumetata (KÖLLIKER). Diese im Mittelmeer häufige kleine Form von $—10 mm Schirm- durchmesser läßt sich wegen ihrer flachen Gestalt gut zu mikrosko- pischen Demonstrationspräparaten verwenden. Sie gehört zu den Lobomedusen und zwar den Cannostomen, den einfachsten Discomedusen, die sich durch den Besitz eines ein- fachen Mundrohres ohne Mundarme auszeichnen (Fig. 45). Man wendet am besten ganz schwache Vergrößerung an. Die Gestalt ist ähnlich der vorhin beschriebenen Ephyra, doch ist vorliegende Form schon dadurch von einer Ephyra unterschieden, daß sie geschlechtsreif ist. Der Mund ist kreuzförmig eingefaltet, das kurze, vierseitig prismatische Mundrohr führt in den flachen, scheiben- förmigen Zentralmagen, von dem 16 Radialtaschen ausgehen, die man an der dunkleren Färbung erkennt. Die ziemlich komplizierten Verhältnisse des nur scheinbar einfachen Gastrovaskularsystems sind an diesen Demonstrationspräparaten nicht genau zu verfolgen. Die Gastralfilamente sind interradial in reihenförmig angeord- neten Gruppen (Phacellen) an der Magenwand befestigt. 4. Kursus: Medusen. 63 Sehr charakteristisch sind die Gonaden, die in der Achtzahl adradial angeordnet sind. Es sind rundliche Säckchen von gleicher Form und gleichem Abstande, die ziemlich dieht unter der Basis der Tentakel liegen. Die einfacheren Formen der Cannostomen haben nur vier interradiale Gonaden, aus denen durch Spaltung die acht adradialen Gonaden der NMawszthoe hervorgegangen sind. Gehen wir zur Be- trachtung des Schirmran- des über, so sehen wir acht Paar Randlappen von ansehnlicher Größe. Zwischen jedem Paare stehen die adradial lie- genden Tentakel, von einfacher zylindrischer, vorn zugespitzter Form, innen erfüllt mit breiten, scheibenförmigen Ento- dermzellen, also ohne jeden Hohlraum. Inner- halb eines jeden Rand- lappenpaares liegt der Sinneskolbenaufeinem niedrigen und breiten Sinneshügel. Der Bau der Sinneskolben ist auf diesen Präparaten schön zu sehen. Am distalen Bir An Nawssihoe: Ende des Sinneskolbens /r Perradien; ir Interradien; ar Adradien; sr Sub- liegt die Statocyste ınit radien; ZRandlappen; # Tentakel; g/ Gastralfilamente; einem großen,kristallähn- ” Ringmuskel der Subumbrella: s2 Sinneskolben ’ . ; (Rhopalien); g Geschlechtsdrüsen (Gonaden); in der lichen Statolithen, darun- Mitte das Mundkreuz. (Aus LAnG.) ter ein Haufen Pigment- körnchen: der Ocellus. Sehr wohl ausgebildet ist der Ringmuskel der Subumbrella, der achteckig ist und mit den Ecken die Basis der Tentakel berührt. Das Bild unserer Meduse läßt sich am leichtesten zeichnen, wenn man sich zuvor das System der Radien konstruiert und darauf die ein- zelnen Organe verteilt, also auf die Perradien das Mundkreuz und vier der Sinneskörper, usw. 5. Kursus. Anthozoa, Korallentiere. Technische Vorbereitungen, An Material zu diesem Kurse werden gebraucht in Alkohol kon- servierte Stücke von Alcyonium dıgıtatum (L.), sowie konservierte Aktinien, z. B. Anemonıa sulcata (Penxn.). Von fertigen mikroskopischen Präparaten sind gefärbte Längs- und Querschnitte durch ein Stück des Coenenchyms von Alcyontum digitatum erforderlich. 64 5. Kursus: Anthozoa, Korallentiere. A. Allgemeine Übersicht. Die Anthozoen sind festsitzende Polypen mit eingestülptem Schlundrohre und Septen, welche die Gastrovaskularhöhle in einen Zentralraum und Radialkammern gliedern. Letztere setzen sich in die hohlen Tentakel fort. Die Unterschiede im Bau des Hydropolypen, Scyphopolypen und Korallenpolypen werden besonders deutlich bei einem Vergleich der Querschnitte durch diese drei Formen (s. Fig. 46). Schlundrohr Gastralhöhle Radial- kammer KZS So Gastralwulst I II III Fig. 46. Schematische Querschnitte durch Hydropolyp (I), Seyphopolyp (II) und Korallenpolyp (III). Orig. Der Korallenpolyp ist oberhalb der Linie a—d im Bereich des Schlundrohres, unterhalb dieser Linie unter dem Schlundrohr durchschnitten. Am Körper eines Korallenpolypen unterscheidet man Fußblatt, Mauerblatt und Mundscheibe (s. Fig. 47). Die Mundöffnung ist meist spaltförmig, und eine in ihrer Längsrichtung gelegte Ebene (Sagittalebene) teilt den Körper in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften. Die Anthozoen sind also bilateral symmetrisch, wenn sie auch äußerlich meist streng radiär gebaut erscheinen. Das eingestülpte, ovale oder spaltförmige Schlundrohr ist vom Ektoderm ausgekleidet, und ist an beiden oder nur einem Ende mit einer wimpernden Rinne (Siphonoglyphe) versehen. Die Septen reichen entweder bis zum Schlundrohr („vollständige“) oder ihr freier Rand erreicht dieses nicht („unvollständige“). Die Ränder der Septen werden eingefaßt von den krausenförmigen, drüsen- und nesselzellenreichen Mesenterialfilamenten. Die Radialkammern stehen oft nicht nur von unten her miteinander in Verbindung, sondern auch dadurch, daß die Septen in der Höhe der Mundöffnung von je einer kreisförmigen Offnung durchbohrt sind („Ringkanal“). Unter- halb der Mesenterialfilamente finden sieh mitunter besondere Nessel- organe, die Akontien, welche durch den Mund oder durch seitliche, das Mauerblatt durchsetzende Poren (Cinelides) herausgeschleudert werden können. Bei manchen Anthozoen (Aktinien) haben die Spitzen der Tentakel feine Öffnungen, welche vermutlich bei der Kontraktion der Tiere zur schnelleren Entleerung der in den hohlen Tentakeln befindlichen Flüssig- keit dienen. Von ektodermaler Muskulatur findet sich eine Längsmusku- latur am Mauerblatt und den Tentakeln, sowie radiär nach innen ver- laufende Muskulatur auf der Mundscheibe. 6. Kursus: Platodes. s1 zelne Teile: eine etwas nach außen gekrümmte Spitze, einen in das Integument eingesenkten Stiel und eine seitliche Zacke, die Handhabe. Der Hakenkranz sitzt auf dem beweglichen Rostellum, seine Wirkungs- weise läßt sich durch verminderten oder verstärkten Druck auf den dem Objekt aufliegenden Objektträger demonstrieren. Um den Bau der Proglottiden zu studieren und dem Praktikanten die wesentlichen Unterschiede der einzelnen Bandwürmer zu demonstrieren, werden möglichst reife Glieder von Zaenia soliuwm, Taenia saginata und Bothriocephalus latus verteilt. Die Präparation geschieht in der Weise, daß jedes Objekt, mit etwas Glyzerin bedeckt, zwischen zwei Taenia solium Taenıa sagıinata Bothriocephalus latus Fig. 57. Köpfe und reife Proglottiden von T7aenıa solium, Taenia saginata und Bothriocephalus latus. Orig. Objektträgern leicht gepreßt wird. Das Präparat wird dann gegen das Licht gehalten und mit einer schwachen Lupe betrachtet. Die Unterscheidung der drei Formen ist sehr leicht. Zunächst unterscheiden sich die Proglottiden beider Tänienarten schon dadurch von denen des Bothriocephalus, daß ihre auf einer leichten Erhebung ausmündenden Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane randständig sind und daher leicht wahrgenommen werden können, während sie bei Bothriocephalus flächenständig sind. Die Proglottiden beider Tänien lassen sich sehr leicht dadurch unterscheiden, daß der in durchfallen- dem Lichte deutlich sichtbare Uterus bei 7aemia solium nur T—9 kurze, verästelte Seitenäste aussendet, während bei 7aenia saginata die Zahl der wenig verästelten Seitenäste 20—30 beträgt Bei Bofhrıo- Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 6 82 6. Kursus: Platodes. | cephalus latus bildet der in der Mitte der Proglottis liegende Uterus eine dunkel erscheinende rosettenförmige Figur. Der feinere Bau der Proglottiden wird zunächst an Schnitten studiert, welche sich der Praktikant selbst anfertigt. Eine der mittleren Körper- regıon entnommene Proglottis wird zwischen ein Stückchen der Länge nach gespaltenes Hollundermark gespannt und mit dem mit Alkohol be- netzten Rasiermesser in möglichst dünne Schnitte zerlest. Diese Schnitte werden mittels Pinsels in eine verdünnte Lösung von Alaunkarmin ein- gelegt, nach einigen Minuten wieder herausgenommen, mit Alkohol ab- gewaschen und auf einem Objektträger unter Glyzerin untersucht. Zur Kontrolle werden noch fertige mikroskopische Präparate gefärbter Quer- schnitte gegeben. An einem solchen Schnitte läßt sich folgendes sehen. Den Körper umgibt eine starke Cuticula, aus mehreren Schichten bestehend. Dar- unter liegt eine Schicht spindelförmiger Zellen, welche mit ihrer Längs- | achse senkrecht zur Cuticula stehen. Diese Schicht, welche als Sub- | cutieularschicht bezeichnet wird, ist das in die Tiefe unter die | Basalmembran versenkte Körperepithel. Das innere des Körpers ist Seitengefäß Hode Uterus Ringmuskulatur Längsmuskulatur ı Dorsoventrale Muskulatur Nerven- system | Subeutieula Een © Uneus ar Fig. 58. Querschnitt durch eine junge Proglottis von Zuenia saginata, Orig. erfüllt mit bindegewebigem Parenchym, dessen Scheidung in eine Rindenschicht und eine Markschicht sich deutlich wahrnehmen läßt. Zahlreiche sehr dünne Muskeln durchziehen das Parenchym. Nach innnen von der Subeutieularschicht lassen sich in Gruppen stehende, sehr feine Querschnitte von Längsmuskelzügen wahrnehmen. Die Mark- schicht des Parenchyms wird umgeben von querverlaufenden Bündeln, und außerdem durchziehen den Körper noch dorsoventral verlaufende Muskelbündel. In der Markschicht liegen zahlreiche stärker gefärbte Zellgruppen, die Hoden, während in der Mitte des Schnittes der Uterus getroffen ist. An beiden Seiten der Proglottis erscheinen zwei größere Hohlräume, die Querschnitte der beiden seitlichen Längs- kanäle des Exkretionssystemes und seitlich nach außen von diesen sind die ovalen @uerschnitte der beiden Seitenstränge des Nerven- systems zu bemerken. Zahlreiche stark liehtbrechende, rundliche oder ovale Körperchen, die im Parenchym zerstreut liegen, sind die „Kalk- körperchen“. Der Zusatz von etwas verdünnter Essigsäure auf einen selbstgefertigten Schnitt läßt sie unter Kohlensäureentwicklung aufbrausen. Es werden nunmehr zum genaueren Studium der Geschlechtsorgane fertige mikroskopische Präparate ganzer Proglottiden, eventuell auch Flächenschnitte durch diese gegeben. 6. Kursus: Platodes. 83 Bei den Präparaten einer Proglottis mittleren Reifegrades von Zzenza (s. Fig. 59) ist die seiten- oder randständige Offnung der Geschlechts- ausführgänge zu beachten. Die samenerzeugenden Hodenbläschen der zwitterigen Proglottis liegen zerstreut im Parenchym und ihre Produkte werden durch Sammelgänge dem großen Vas deferens zu- geführt, dessen vorderster Abschnitt, in einer besonderen Hülle, dem Cirrusbeutel, gelegen, hervorgestülpt werden kann und als Penis fungiert. Vom zweiteiligen Eierstock führt ein Gang in die Schalen- drüse, in welche auch der Ausführgang einer unpaaren Eiweißdrüse einmündet. Der in der Mittellinie der Proglottis verlaufende Uterus ist ein einfacher oder seitlich verästelter Blindsack; er enthält die kleinen Eier. Der Ausführgang des weiblichen Geschlechtsapparates, die Vagina, mündet gemeinsam mit dem Penis nach außen. MN a Neph, IM [e) A —— || MS 32 0° \ 0, MORE \ , N x r \ ı vg ov ed d u Fig. 59. Geschlechtsapparat einer reifenden Proglottis von 7aenia saginata, (Nach SOMMER, aus R. HERTWIG). N Nervenstrang: Neph Wassergefäß; ? Hoden; v7 Vas deferens; c# Cirrusbeutel; K Porus genitalis; vag Vagina; ov Ovar; rs Receptaculum seminis; sdr Schalendrüse; dt Eıweißdrüse; x Uterus. Flächenschnitte durch die Proglottis von Bofhriocephalus (Fig. 60) zeigen einen etwas anderen Bau der Geschlechtsorgane. Der männ- liche Geschlechtsapparat, der sonst ähnlich wie bei Zaenza gebaut ist, mündet flächenständig in der Mittellinie der Proglottis nach außen. Im weiblichen Geschlechtsapparat treten statt der fehlenden Eiweißdrüse zwei große, im Parenchym zerstreute Dotterstöcke auf. Der von der Schalendrüse abgehende Uterus legt sich in vielen Windungen zu einer rosettenförmigen Figur zusammen, enthält bei der Reife sehr große, derbschalige Eier und mündet flächenständig nach außen, auch der zweite weibliche Ausführgang, die Vagina, mündet gemeinsam mit dem Penis, flächenständig. An dem aufgestellten Demonstrationsmaterial ganzer Tänien ist die verschiedene Form der Proglottiden zn beobachten. Die reifen Endglieder sind langgestreckt, während sie nach dem Kopfe zu immer 6* 54 6. Kursus: Platodes. kürzer werden. Der auf den Kopf folgende, als „Hals“ bezeichnete Körperteil zeigt noch keine Segmentierung. Von kleineren Bandwürmern lassen sich besonders schöne mikro- skopische Präparate des ganzen Tieres von der Zwenia echinococcus des Hundes anfertigen. Die Demonstration der im Menschen, im Rind, Schaf und Schwein vorkommenden Finnen dieses Bandwurmes, der a Bu ar — N dgüuovr dt Fig. 60. Geschlechtsapparat einer reifenden Proglottis von Botkriocephalus latus, rechts ist nur der Dotterstock, links nur der Hode dargestellt. (Nach SOMMER, aus HERTWIG.) dt Dotterstock; dg Dottergang; ov Eierstock ; od Ovidukt; s@ Schalendrüse; va Vagina; z Uterus; » Hodenbläschen; cd Cirrusbeutel, gemeinsam mit der Vagina mündend; w Wassergefäßkanäle, der dunkelschraffierte Kanal ist das Vas deferens. & Ecehinokokken, erweist, daß die aus dem befruchteten Bandwurmei hervorgegangene Finne durch Knospung nach innen oder außen zahl- reiche Tochterblasen erzeugt, in denen erst die Bildung der Brut- blasen vor sich geht, an deren Wandung die Scolices sich ausbilden. Letzterer Vorgang kann übrigens ausbleiben und es entstehen dann die Acephaloecysten. Systematischer Überblick für den siebenten und achten Kursus. IV. Stamm. Vermes. Die Würmer sind bilateral-symmetrische Tiere, welche mit einem After und meist, im Gegensatz zu den Plathelminthen, mit einem Blutgefäßsystem versehen sind. Eine Leibeshöhle fehlt nur den niedersten. Es lassen sich sechs Klassen unterscheiden : . Rotatorien, Rädertierchen. . Nemertinen, Schnurwürmer. . Chaetognathen, Pfeilwürmer. . Nemathelminthen, Rundwürmer. . Prosopygier, Buschwürmer. . Anneliden, Ringelwürmer. DO Dm I. Klasse: Rotatoria, Rädertierchen. Sehr kleine, walzenförmige oder dorsoventral abgeflachte, meist im Süßwasser lebende Tierchen, die ihren Namen daher haben, daß sie vorn am Kopf einen zur Bewegung wie zum Herbeistrudeln der Nahrung dienenden, meist einziehbaren wim- pernden Apparat besitzen, das Räderorgan. Die übrige Körperoberfläche wird von einer chitinigen Hülle geschützt, die panzerartig fest werden kann. Das Hinter- ende, der Fuß, ist vom Rumpf besonders abgesetzt und gegliedert, am Ende oft in zwei zangenartige Spitzen auslaufend, die im Verein mit Klebdrüsen die Festheftung des Tieres ermöglichen. Das Nervensystem wird von einem oberhalb des Schlundes gelegenen Ganglion gebildet, welches nach hinten ein dorsales und ein laterales Längsnerven- paar entsendet. Darüber liegen als Sinnesorgane einfach gebaute Ocellen oder zarte Tastborsten. Die Muskulatur ist nur schwach entwickelt und bildet keine zusammen- hängende Schicht. Der Darmkanal beginnt mit dem ektodermalen Schlund, der in den mit chitinigen Kiefern versehenen Kaumagen, ebenfalls ektodermalen Ursprungs, führt. In den entodermalen Mitteldarm münden ein Paar Drüsen, und der Enddarm nimmt die Mündungen der beiden Kanäle des Exkretionsorgans auf und wird dadurch zu einer Kloake. Der After mündet dorsal an der Ansatzstelle des Fußes. Ein Blutgefäßsystem fehlt. Das Exkretionsorgan ist das gleiche wie bei den Plathelminthen, also ein Wassergefäßsystem, ein paar lange, verästelte, mit flimmernden, blinden Ästen versehene Schläuche, die sich meist in einer unpaaren kontraktilen Blase vereinigen, welche in die Kloaka einmündet. Die Geschlechtsorgane des Weibchens sind ein oder zwei Ovarien an der ventralen Seite des Darmes, die in die Kloake ausmünden. Die Männchen sind stark rückgebildet und viel kleiner: Zwergmännchen; sie treten nur zu gewissen Zeiten (im Herbst) auf. Den Sommer über pflanzen sich die Weibchen fort, ohne vom Männchen befruchtet zu werden: „Partheno- genesis“. Die Sommereier sind dünnschalig, im Gegensatz zu den hartschaligen Wintereiern, welche befruchtet werden. Zrachtionus. Systematischer Überblick: Vermes. or) II. Klasse: Nemertini, Schnurwürmer. Vorwiegend im Meere lebende, meist sehr lange, schmale Würmer, welche wie die Turbellarien bewimpert sind, sich von den Plathelminthen aber unterscheiden durch den Besitz eines Afters und eines Blutgefäßsystems. Ferner besitzen sie einen in einer muskulösen Scheide liegenden vorstülpbaren Rüssel. Das Nervensystem besteht aus einem doppelten dorsalen Schlundganglion. von dem zwei Längsnerven seitlich nach hinten laufen. Seitlich am Kopfe finden sich zwei wimpernde Gruben, die als „Spürorgane“ dienen sollen, sowie Ocellen in verschiedener Zahl, bei einer Form auch paarige „Statocysten“. Die Muskulatur ist sehr stark entwickelt. Außer dem aus mehreren Schichten bestehenden Hautmuskelschlauch findet sich eine innere, dem Darm zugehörige Muskelschicht und dazwischen bindegewebiges Parenchym. Über dem gestreckten mit seitlichen Blindsäcken besetzten Darm liegt der Rüssel in einer Scheide, meist mit eigener, über dem Mund gelegener Offnung, an seinem Grunde steht häufig ein Stilett mit Giftdrüse. Ein starker Muskel kann den ausgestoßenen Rüssel wieder zurückziehen. Das Blutgefäßsystem besteht aus einem dorsalen und zwei seitlichen Ge- fäßen, die miteinander verbunden sind. Das Exkretionssystem ähnelt dem Wassergefäßsystem der Turbellarien. Die Geschlechtsorgane sind einfache, paarig angeordnete und mit den Darmblindsäcken alternierende Säckchen mit besonderen Ausführgängen. In der Entwicklung tritt meist eine eigentümliche Larvenform, das Pilidium, auf. Cerebratulus. III. Klasse: Chaetognatha, Pfeilwürmer. Kleine, im Meere lebende, glashelle Würmer von Pfeilform, mit lateralen Hautfalten: einer Schwanzflosse und einem oder zwei Paar seitlichen Flossen. Der Körper sondert sich in drei Regionen, Kopf, Rumpf und Schwanz. Zwei seit- lich vom Munde gelegene Muskelpartien sind mit starken, zum Ergreifen der Beute dienenden Haken versehen. Das ektodermale Nervensystem besteht aus einem dorsalen Oberschlund- ganglion, welches durch zwei den Schlund umfassende Schlundkommissuren mit einem im Rumpfabschnitt gelegenen ventralen Unterschlund- oder Bauch- ganglion verbunden ist. Über dem Öberschlundganglion liegt ein Paar Ocellen. Der Hautmuskelschlauch besteht aus Längsmuskelfasern, die von den Epithelzellen der äußeren Leibeshöhlenwand ausgeschieden sind. Die Chaetognathen besitzen eine echte Leibeshöhle, Cölom, entstehend aus paarigen Ausstülpungen des Darmes, die sich dann abschnüren. Der ursprüngliche Urdarm teilt sich also in den bleibenden Darm und die seitlichen Cölomtaschen, deren Wandungen, das Mesoderm, sich einerseits an die Innenwand des Ekto- derms anschmiegen (parietales Blatt), andererseits die Außenwand des ento- dermalen Darmes überziehen (viscerales Blatt). Dorsal wie ventral stoßen die Wandungen der Öölomsäcke aneinander und bilden eine Scheidewand: dorsales und ventrales Mesenterium. Der gestreckte Darm tritt nicht ins Schwanzsegment ein, sondern öffnet sich am Ende des Rumpfsegmentes. Der äußeren Teilung des Körpers in Kopf, Rumpf und Schwanz entspricht eine innere des Cöloms durch zwei transversale Septen. Aus dem mesodermalen Epithel, welches die Leibeshöhle auskleidet, entstehen im Rumpf die Eier, welche durch besondere Ovidukte nach außen entleert werden, im Schwanzsegment die Spermazellen, die ebenfalls besondere Ausführgänge besitzen. Sagrtta. IV. Klasse: Nemathelminthes, Rundwürmer. Meist parasitisch lebende Würmer von zylindrischer, oft fadenförmiger Gestalt. Der Körper ist von einer starken Cuticula umhüllt. Eine Leibeshöhle ist vor- handen. Der Darm, der bei einigen fehlen kann, ist gestreckt; der After liegt am Hinterende. Ein Blutgefäßsystem fehlt. System. Überblick: Vermes. 87 1. Nematoda, Fadenwürmer. Der Hautmuskelschlauch dieser mit glatter Cuticula bedeckten Rund- würmer wird durch vier längsverlaufende, mit verdickter Hypodermis ausgefüllte Rinnen, zwei seitliche, eine dorsale und eine ventrale, in vier Portionen geteilt. In der dorsalen und ventralen Rinne liegen zwei Nervenstämme, die vorn durch einen Schlundring verbunden sind, in den beiden seitlichen Rinnen liegen die Ex- kretionsorgane, zwei in den beiden Seitenlinien längsverlaufende Gefäße, die sich vorn vereinigen und auf der Bauchseite nach außen münden. Der Darmkanal besitzt vorn einen muskulösen, zum Saugen dienenden Schlund. Der Mund liegt vorn endständig, der After ventral. Die Geschlechts- organe der Männchen münden in den Enddarm ; die Weibehen haben eine be- _ sondere, ventral gelegene Geschlechtsöffnung. Als Begattungsorgane fungieren in der Kloake angebrachte, retraktile Stacheln: Spieula. Teils freilebend, teils para- sitisch. Ascarıs, Trichina, Rhabdonema. 2. Acanthocephala, Kratzwürmer. Parasitisch lebende Rundwürmer, welche vorn einen mit Widerhaken be- setzten einstülpbaren Rüssel besitzen, der sich in die Darmwand des Wirtes eine bohren kann. Der Mund ist geschlossen, der Darm rückgebildet und wahrschein- lich hinten in den Ausführgang der Geschlechtsprodukte, in seinem mittleren Ab- schnitt in ein solides Achsenband und vorn zur Rüsselscheide verwandelt. Von der Rüsselbasis hängen ein paar hohle Schläuche, Lemnisken, in die Leibeshöhle hinein, in denen sich das Wassergefäßsystem besonders reich verästelt. Zckino- rhynchus. V. Klasse: Prosopygia, Buschwürmer. Würmer mit einem den Mund umgebenden, hufeisenförmigen oder ge- schlossenen Tentakelkranz, der mit Flimmerepithel bedeckt ist und als Atmungs- organ fungiert, und einem stark gebogenen Darm, dessen beide Öffnungen nahe beieinander liegen. Das Nervensystem ist ein Schlundring mit stärkerer dorsaler oder ventraler Ganglienzellenanhäufung. Blutgefäßsystem meist vorhanden. Man unterscheidet vier Ordnungen, Bryozoen, Brachiopoden, Phoroni- deen und Sipuneulideen. 1. Bryozoa, Moostierchen. Meist stockbildend, durch Ausscheidung einer festen Cutieula, die hornig oder verkalkt sein kann. Die Tentakel sitzen entweder auf ein paar seitlichen Mund- armen oder bilden einen hufeisenförmig gekrümmten Bogen oder einen geschlossenen Kranz. Der vordere Körperteil samt Tentakeln kann in den hinteren zurückgezogen werden. Das Nervensystem ist ein Nervenknoten, zwischen Mund und After ge- legen, von dem ein Schlundring, den Ösophagus umfassend, ausgeht. Der Darm ist hufeisenförmig gekrümmt, und der After liegt dieht außerhalb des Tentakelkranzes (Eetoprocten), bei einigen auch innerhalb desselben (Entoprocten). Ein Blutgefäßsystem fehlt. In der Leibeshöhle, welche den Entoprocten fehlt, zieht sich vom Mittel- darm zur Leibeswand ein Strang, Funiculus,-an-dem sich meist die Geschlechts- produkte bilden. Vielfach findet sich eine durch Arbeitsteilung entstandene Verschiedenheit der Personen eines Stockes, so die vogelschnabelähnlichen Avicularien oder die mit langem Fortsatz versehenen Vibracularien. Manche Süßwasserbryozoen bilden im Herbst eigentümliche, durch Knospung entstehende, kleine Fortpflanzungskörper, Statoblasten. Cristatella. 2. Brachiopoda, Armfüßer., Mit zweiklappiger Kalkschale, daher muschelähnlich, doch liegen bei den Muscheln die Schalen zu beiden Seiten des Körpers, bei den Brachiopoden dorsal und ventral. Die Schalen werden von zwei Falten, den Mantellappen, abgeschieden. Die Tentakel stehen auf zwei spiralig eingerollten Mundarmen. Der Darm endigt bei einem Teile der Brachiopoden blind ; ein dorsales und ein ventrales Mesenterium halten ihn in seiner Lage und teilen die Leibeshöhle 88 System. Überblick: Vermes. in eine rechte und linke Hälfte. Außerdem finden sich zwei transversale Septen, welche die Leibeshöhle in drei Kammern teilen. Das Nervensystem ist ein Schlundring mit starkem ventralen und schwachem dorsalen Ganglion. Ein Blutgefäßsystem ist vorhanden. Als Exkretionsorgane fungieren ein oder zwei Paar kurzer Röhren, die nach außen münden und auch als Ausführwege der in der Leibeshöhlenwand sich bildenden Geschlechtsprodukte dienen. Terebratula. 3. Phoronidea. Festsitzend, in Chitinröhren eingeschlossen, nicht stockbildend, von wurm- förmigem Bau. Tentakel auf einem hufeisenförmig gekrümmten, dorsal offenen Bogen. Darm stark gekrümmt, After in der Nähe des Mundes ausmündend. Aus der Leibeshöhle gehen ein oder zwei Paar flimmernde Kanäle (Nephridien) als Exkretionsorgane nach außen. Blutgefäßsystem vorhanden. Nervensystem ein Schlundring mit dorsalem Ganglion. Hermaphroditisch. Zroronis. 4. Sipuneulidea. Langgestreckte, schlauchförmige Würmer, freilebend, nicht gegliedert. Haut- muskelschlauch kräftig entwiekelt mit Ring- und Längsmuskelschicht. Der vor- dere Körperteil trägt bei einem Teile einen Tentakelkranz und kann in den hinteren eingestülpt werden. Der Darm macht eine starke Biegung, und der After liegt auf dem Rücken. Aus der Leibeshöhle führt bei einigen ein Paar Nephridien. Blutgefäßsystem vorhanden, Nervensystem ein Schlundring mit dorsalem und ventralem Ganglion und ungegliedertem Längsstamm. Sipunculus. VI. Klasse: Annelida, Ringelwürmer. Die Ringelwürmer sind die höchst entwickelten Würmer. Sie besitzen eine innerliche Gliederung des Körpers (Metamerie), häufig auch eine äußerliche (Ringelung). Die Metamerie kommt dadurch zustande, daß jedes Segment in gleicher Weise angeordnete Organe oder Teile solcher enthält. Jedes Segment wird ursprünglich vom anderen durch ein transversales Septum (Dissepiment) ge- schieden. Das Nervensystem besteht aus einem Schlundring mit großem dor- salen (Zerebralganglion) und kleinerem ventralen Ganglion, von dem aus die Bauch- ganglienkette (Bauchmark) nach hinten zieht. Das Blutgefäßsystem besteht meist aus einem Rückengefäß und einem Bauchgefäß, die durch den Darm um- greifende Bogen verbunden sind. Als Exkretionsorgane fungieren die segmental angeordneten Nephridien. Wir unterscheiden zwei Unterklassen: Hirudineen und Chaetopoden. 1. Unterklasse: Hirudinea, Egel. Die Hirudineen sind etwas abgeplattete Würmer mit enger äußerer Ringelung, die aber nicht der inneren Metamerie entspricht, indem gewöhnlich 3—5 Ringel auf ein Segment kommen. Am hinteren Körperende findet sich ventral ein Saug- napf, ein zweiter, meist kleinerer, wird vom Munde durchbohrt. Der Darmkanal beginnt mit einem Schlund; der darauf folgende Abschnitt ist mit paarig angeordneten Blindsäcken versehen; der Enddarm öffnet sich dorsal oberhalb des hinteren Saugnapfes. Das Nervensystem besteht aus Zerebral- ganglion, Schlundkommissuren, dem Unterschlundganglion und dem davon aus- gehenden Bauchmark, welches in jedem Segmente zu einem Ganglion anschwillt. Von Sinnesorganen finden sich Ocellen, sowie die „becherförmigen Organe“. Die Leibeshöhle ist reduziert und in Beziehung zum Blutgefäßsystem ge- treten; so wird der ventrale, das Bauchmark umschließende Sinus als Rest der Leibeshöhle betrachtet. Auch die Seitengefäße sind Reste derselben. Die segmental angeordneten Exkretionsorgane, Nephridien, sind stark ge- knäuelt und bilden vor ihrem Austritt aus dem Körper eine blasenartige Erweiterung. Die Hirudineen sind Zwitter. Die Hoden sind segmental angeordnet, und ihre Produkte werden durch zwei seitliche Ausführwege (Vasa deferentia) nach vorn zu dem ausstülpbaren Penis geführt. Die weiblichen Geschleehtsorgane be- stehen aus einem Paar Ovarien und zwei Eileitern, die sich vereinigen und in der Vagina ausmünden. Man unterscheidet zwei Ordnungen: 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. sg 1. Gnathobdellidae, Kieferegel. Der Schlund ist muskulös, vorn sitzen an ihm drei Kieferplatten. Zürudo. 2. Rhynchobdellidae, Rüsselegel. Schlund dünnwandig, mit Rüssel. Keine Kieferplatten. Clepsine. 2. Unterklasse: Chaetopoda, Borstenwürmer. Die Körpersegmente sind mit Bündeln von Chitinborsten versehen, die als Hebel zur Fortbewegung dienen. Das Blutgefäßsystem kommuniziert nicht mit der Leibeshöhle. 1. Polychaeta. Marine Borstenwürmer. Die Borsten sitzen auf kurzen, eingliederigen Ex- tremitäten, Fußstummeln oder Parapodien, zwei ventralen und zwei dorsalen in jedem Segment. Der Körper besitzt mannigfache Anhänge, sowohl an den Para- podien wie am Kopfe, die Tastorgane (Cirren), oder zur Atmung dienende Kiemen oder schützende Lamellen (Elytren) sind. Die Geschlechtsprodukte bilden sich in der Cölomwand und werden meist durch die Nephridien nach außen geführt. Die Polychaeten sind getrennt-geschlechtlich. In der Entwicklung tritt eine pelagisch lebende Larvenform, Trochophora, auf. Teils freischwimmend, teils festsitzend und röhrenbildend. Aereis. 2. Oligochaeta. Im Süßwasser oder in der Erde lebend. Parapodien fehlen, die Borsten sind in jedem Segment dem Hautmuskelschlauch als je zwei ventrale und zwei dorsale schwache Bündel inseriert. Anhänge, wie Cirren, Kiemen usw., fehlen, ebenso sind die Sehorgane schwach entwickelt, die Geschlechtsorgane sind komplizierter gebaut als bei den Polychaeten. Hermaphrodit. Die Entwicklung ist eine direkte, ohne Trochophoralarve. Zumbricus. Anhang: Enteropneusta. Marine ungegliederte Tiere von Wurmform, vorn mit einem Rüssel versehen, der an seiner Basis von einem Kragen umfaßt wird. Beide Organe sind schwellbar und dienen zur Fortbewegung (Kriechen im Sande). Der Darm ist in seinem vor- deren Teile auf der dorsalen Seite von einer doppelten Reihe von Kiemenspalten durchbrochen. Das Nervensystem besteht aus einem ventralen und einem dorsalen Längsstrang, beide in der Gegend des Kragens miteinander verbunden. Die pela- gische Larve, Tornaria genannt, zeigt Ähnlichkeit mit Echinodermenlarven. Balanoglossus. 7. Kursus. Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. l. Bryozoen. Technische Vorbereitungen, Wenn möglich, suche man sich lebendiges Material von Süßwasser- bryozoen zu verschaffen. Crisiatella mucedo, welche als Paradigma herangezogen worden ist, findet sich besonders in stillem Wasser, in wurmähnlich gestalteten, gallertigen Klumpen in den Monaten Mai bis 276) 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. September. Von diesen Tieren werden auch fertige Schnitte durch die Kolonie, sowie herauspräparierte Einzeltiere in gefärbten mikroskopischen Präparaten gegeben. Wenn Crzstatella nicht zu erhalten ist, so wähle man eine andere möglichst durchscheinende Süßwasserbryozoe. Als Demonstrationsmaterial dienen ferner Präparate verschiedener mariner Formen. A. Allgemeine Übersicht. Die im Meere wie im Süßwasser vorkommenden Moostierchen bilden durch Knospung Kolonien verschiedener Art, bald baumförmige, bald dieke Klumpen oder membranartige Überzüge. Ihre Einzeltiere sind äußerlich etwas polypenähnlich, da sie wie diese um den Mund herum einen Tentakelkranz besitzen. Infolge der festsitzenden Lebensweise liegt der After nicht terminal, sondern der Darm ist umgebogen und der After kommt dadurch in die Nähe des Mundes zu liegen, weshalb diese Tiere zu der Würmer- klasse der Prosopygier gerechnet werden. Bei einigen wenigen Formen, die sehr einfach gebaut sind, keine Leibeshöhle besitzen und vielleicht gar nicht näher mit den anderen Bryozoen verwandt sind, liegt er innerhalb des Tentakelkranzes (Entoprocten). Wir wollen uns hier nur mit der zweiten Ordnung, den Ectoprocten, beschäftigen. Man glaubte früher, daß jedes Einzeltier, Zooecium, gewissermaßen ein Doppeltier sei, bestehend aus einem als Leibeswand entwickelten Cystid und einem aus demselben vorstülpbaren Nährtier, Polypid. Beim lebenden Tier ragt das Polypid mit seinem Tentakelkranz weit aus dem Cystid heraus und zieht sich bei äußeren Reizen blitzschnell zurück. Das Polypid ist nichts anderes als Tentakelkranz und Darm, das Oystid die Leibeswand der einheitlichen Tierperson. Die mit feinen Flimmern besetzten Tentakel stehen auf einem Tentakelträger, Lophophor, der den Mund entweder kreisförmig um- gibt oder eingebuchtet ist und die Form eines Hufeisens gewinnt. % Am Darm unterscheiden wir drei scharf geschiedene Abschnitte. Ösophagus, Magen und Enddarm, welch letzterer nach oben geht. Zwischen Mund und After liest das Ganglion, in dessen Nähe sich bei einzelnen Formen zwei kurze, gemeinsam nach außen mün- dende Kanäle befinden, welche die Leibeshöhle mit der Außenwelt ver- binden und als Exkretionsorgane betrachtet werden. Die Leibeswand sondert meist ein hartes, oft verkalkendes Cutieularskelettab. Zwischen Leibeswand und Darm liegt die Leibeshöhle, vorn in den Tentakel- träger hineingehend. In ihr befindet sich die Leibesflüssigkeit mit amöboiden Zellen, die sich zum Teil mit Exkreten beladen und deren Zerfallprodukte wahrscheinlich durch die Niere nach außen gelangen. Am Lophophor wie am hinteren Darm inserieren Muskeln, die als Retraktoren wirken. Drei verschiedene Arten von Fortpflanzung kommen bei diesen Tieren vor. 1. Die geschlechtliche, durch Erzeugung von Eiern und Sperma an der Innenwand der Leibeshöhle. Die aus den befruchteten Eiern ent- stehenden Embryonen sind mit Wimpern versehen; nach dem Verlassen des Muttertieres setzen sie sich fest und werden zu fertigen Tieren. 2. Eine ungeschlechtliche, durch Knospung, wodurch die Kolonien gebildet werden. 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. 9] 3. Eine weitere ungeschlechtliche, durch Ausbildung von Dauer- knospen, Statoblasten, die an einem besonderen, vom hinteren Darm- ende zur Leibeswand ziehenden Strange, Funiculus, gebildet werden. Diese Statoblasten werden von einer festen, lufthaltigen Hülle umgeben und dauern den Winter über aus, um im Frühjahr zu einem kleinen Individuum auszuwachsen, das durch Knospung wiederum eine Kolonie bildet. Die alten Kolonien gehen zugrunde. B. Spezieller Kursus. Cristatella maucedo (Cuv.). Die Cristatella mucedo findet sich besonders in stillem oder lang- sam fließendem Wasser und erscheint in gallertigen, wurmähnlich ge- stalteten Kolonien, die langsame Kriechbewegungen ausführen können, während die anderen Bryozoen sessil sind. Die Kolonie ist bis 5 em Epistom N -- Tentakelträger Mund ---------- Flimmerepithel - Niere Muskulatur - Ganglion Ösophagus ---. After Ringfalte - Enddarm Leibeswand -- Mitteldarm h N} - Leibeshöhle 50 k Scheid | £ cheidewand -*- s MS -- Scheidewand Funiculus =" Statoblast Retraktoren Basis-- Fig. 61. Längsschnitt durch ein Einzeltier von Cristatella \mucedo (nach Corr). lang, schmal und unverzweigt und weist eine sohlenartige, flache Unter- seite, welche eine gelatinöse Schleimschicht ausscheidet und eine ge- wölbte Oberseite auf, auf der die Einzelpersonen gewöhnlich in drei Doppelreihen angeordnet sind. Man findet sie am häufigsten an Schilfstengeln oder ins Wasser herabhängenden Zweigen, die von ihnen oft ganz umzogen sein können. Die Kolonien treten frühestens im Mai auf und erreichen ihre größte Entwicklung in den Monaten Juli und August. Schon in der lebenden Kolonie läßt sich die Organisation der Einzeltiere beobachten, besser noch an fertigen mikroskopischen Präparaten, sowohl von Einzel- 92 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. tieren, welche aus der Kolonie herauspräpariert worden sind, wie von Längsschnitten durch ein Stück der Kolonie. Wir betrachten bei schwacher Vergrößerung das Einzeltier. Es lassen sich ohne weiteres drei Teile unterscheiden: einmal die äußere Hülle oder Leibeswand, welche sich am Grunde mit der Hülle des nächsten Tieres verbindet, zweitens der darin liegende, durch eine weite Höhle von der Leibeswand getrennte Darm und drittens der oben aufsitzende Tentakelkranz. Der Tentakelkranz sitzt auf einem hufeisenförmigen Tentakel- träger, Lophophor, welcher beim erwachsenen Tier auf dem äußeren und inneren Rande 80—90 Tentakel trägt. Die Außenwand der Tentakel setzt sich direkt in die Leibeswand fort, die Innenwand dagegen geht kontinuierlich in das Epithel des vordersten Darmrohrabschnittes über. Der Darm stellt eine einfache Schlinge dar, die deutlich drei voneinander abgesetzte Abschnitte erkennen läßt: Vorderdarm (Oso- phagus). Mitteldarm (Magen) und Enddarm. Am Übergang des Ösophagus in den Magen liegt eine ins Darm- lumen vorspringende Ringfalte. Der Enddarm setzt sich nicht gerad- linig weiter nach hinten fort, sondern oben an der Dorsalseite an den Magen an, um nach oben zu ziehen, sich zuletzt stark verengernd und im After ausmündend. Mit starker Vergrößerung läßt sich das Ganglion wahrnehmen, welches zwischen After und Mundöffnung als hufeisenförmig gebogener Körper liegt. Die Leibeswand scheidet im Gegensatz zu den anderen Formen bei Cristatella keine chitinige Hülle ab. Weitere Organisationsverhältnisse sind nur an Schnitten durch ein Stück der Kolonie zu studieren (s. Fig. 61). Hier sehen wir an das untere Ende des Magens ein Band ange- heftet, welches zur seitlichen Leibes- wand zieht: den Funiculus. In ihm entstehen die merkwürdigen Dauer- knospen, Statoblasten, welche im Frühjahr neue Individuen aus sich hervorgehen lassen. Ferner inserieren sich an der hinteren Magenwand Muskeln, die von der darunter liegenden Leibeswand ausgehen und als Retraktoren des ge- samten inneren Teiles des Tieres fun- gieren. An der Mundöffnung sehen wir einen beweglichen Deckel, Epistom. Der Ösophagus wird in seiner Lage erhalten durch ein bandartiges transversales „Diaphragma“, ver- 1100.69. Stalohlast von sleichbar einem Annelidendissepiment. mucedo (nach KRAEPELIN), Es scheidet die Leibeshöhle in einen geräumigen unteren und einen kleine- ren oberen Teil. Letzterer setzt sich in den Lophophor fort und in ihm liegt, etwas oberhalb vom Ganglion, das Exkretionsorgan, zwei flimmernde Kanäle, die das Diaphragma durchsetzen und mit Flimmer- trichtern in den unteren Leibeshöhlenabschnitt münden, um sich nach oben in eine Blase zu vereinigen, die sich nach außen öffnet. DS er A ne ne eng 7. Kutsus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. 93 In der Leibeshöhle findet sich eine Flüssigkeit, in der amöboide Zellen, teilweise mit Exkreten gefüllt, herumschwimmen, auch bilden sich an ihrer Innenwand die Geschlechtsprodukte, die Eier an der vorderen Körperwand, die Spermatozoen am Funiceulus. Das befruchtete Ei entwickelt sich in einer sackförmigen Wucherung der Leibeswand zum bewimperten Embryo, der dann das Muttertier verläßt, um sich festzusetzen und zum fertigen Tier zu werden. Außer der geschlechtlichen Fortpflanzung finden wir eine unge- schlechtliche durch Knospung, wodurch die Kolonien entstehen, und ferner eine dritte Fortpflanzungsart durch die Statoblasten. Die Stato- blasten treten im Spätsommer auf, entwickeln sich am Funieulus und sind schon mit bloßem Auge zu sehen als linsenförmige, dunkle Körper, oft in bereits abgestorbenen Teilen der Kolonie. Bei Crzsiatella er- langen die Statoblasten ihre Keimfähigkeit erst nach längerer Ruhezeit. Betrachten wir einen solchen Statoblasten mit schwacher Vergrößerung unter dem Mikroskop, so sehen wir einen scheibenförmigen Körper, von einem breiten Ring lufthaltiger Kammern umgeben, dem sog. Schwimm- ring, und von der Peripherie ausgehende, zur Anheftung dienende, ankerförmige Dornen. Diese Statoblasten vermögen zu schwimmen und dadurch die Art zu verbreiten (Fig. 62). II. Chaetognathen. Technische Vorbereitungen. Das Studium der COhaetognathen erfolgt an mikroskopischen Präpa- raten ganzer Tiere. Die besten Präparate geben in Formol konservierte Exemplare, welche mit Boraxkarmin und Bleu de Lyon gefärbt worden sind. An allen Arten lassen sich die Organisationseigentümlichkeiten der Chaetognathen gleich gut wahrnehmen, für unseren Kurs ist die im Mittelmeer häufige kleine Sagztla bipunctata gewählt worden. A. Allgemeine Übersicht. Die Chaetognaten sind räuberische Würmer von glasheller Durch- sichtigkeit, welche schwimmend im Meere leben und einen oft großen Teil des „Planktons“ ausmachen. Sie sehen mit ihrem zylindrischen, zugespitzten Körper und den in horizontaler Richtung ausgebreiteten symmetrischen Flossen fast wie kleine Fischehen aus. Der Körper ist langgestreckt, rundlich, und verjüngt sich nach dem Hinterende hin. Es lassen sich in ihm drei durch mehr oder weniger deutlich ausgebildete Querwände abgeteilte Regionen unter- scheiden: Kopf-, Rumpf- und Schwanzsegment. Der Kopf trägt vorn zwei Paar Gruppen kleiner Zähnchen, und zu beiden Seiten eine wechselnde Zahl von Greifhaken, die zum Er- fassen der Beute dienen. Dazwischen liegt die Mundöffnung, welche in den kurzen Osophagus führt, dem sich in geradem Verlaufe der Darm anschließt. Am Ende des Rumpfteiles biegt der Enddarm ventral um und öffnet sich in dem median liegenden After. Der Darm ist in der geräumigen Leibeshöhle suspendiert durch ein dorsales und ein ventrales, in der Sagittalebene verlaufendes Auf- 94 Epidermiswulst Geruchsorgan --—- Tastorgan --..- Bauchganglion Darm Ovarium Eileiter Seitenflossen Hode Samenzellen in verschiedenen Reifestadien Samenblase Pfropfen, von Spermatozoen gebildet Schwanzflosse Fig. 63. Orig. 093 Sagıtla bipunctata. LEE ICH) BED CH ETUI Le Kopfregion Rumpfregion - Schwanzregion Vergr. 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. hängeband, Mesenterium. Der durch (Querwände abgetrennte, im Rumpfe liegende Teil der Leibeshöhle ist bei geschlechtsreifen Tieren in seinem hinteren Teile durch die paarigen Ovarien ausgefüllt, deren Ausführ- gang jederseits auf einer kleinen Pa- pille nach außen mündet. Die männlichen Geschlechtspro- dukte bilden sich im Schwanzsegment in zwei langen Hoden, deren reife, in der Leibeshöhle flottierende Pro- dukte durch zwei kurze Kanäle in eine (nach außen meist vorgewölbte) Samenblase und von da nach außen geleitet werden. Das Nervensystem besteht aus einem dorsal über dem Schlunde liegen- den Kopfganglion und einem ventralen Bauchganglion, die durch zwei Schlund- kommissuren mitemander verbunden sind. Von Sinnesorganen sind zwei deutliche Ocellen auf der Dorsalseite des Kopfes vorhanden, ferner eine als „Geruchsorgan‘ gedeutete unpaare Epithelgrube und endlich die Tast- organe, an der Körperoberfläche auf flachen Hügeln stehend und durch starre äußere Fortsätze ausgezeichnet. Die Muskulatur des Kopfes ist äußerst kompliziert, sie dient beson- ders den Bewegungen der Greifhaken, die des Rumpfes dagegen ist sehr ein- fach, aus vier Längsmuskelbändern bestehend, zwei dorsalen und zwei ventralen. Endlich sind noch die Flossen zu erwähnen, eine Schwanzflosse und ein oder zwei Paar Seitenflossen, aus zwei Ektodermplatten und einer hellen, gallertigen Masse bestehend, welche von chitinigen Strahlen gestützt wird. Diese Flossen sind indessen nicht be- weglich, sondern der gesamte Körper vermagsich durch die starkeMuskulatur blitzschnell vorwärts zu bewegen. Sehr wichtig ist die Entwicklungs- geschichte der Chaetognathen gewor- den, besonders wegen der in typischer Weise erfolgenden Bildung der Leibes- höhle aus seitlichen Abschnitten des Urdarmes. EEE u 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. 95 B. Spezieller Kursus. Sagitta bipunctata (Quoy et GAMN.). Diese kleine Form gehört wohl zu den häufigsten und verbreitetsten aller Pfeilwürmer. Die Betrachtung des mikroskopischen Präparates erfolgt zunächst bei schwacher Vergrößerung (s. Fig. 63). Das Tier erreicht eine Länge von etwa 2 em und besitzt außer der Schwanzflosse noch zwei Paar schmale, aber lange Seitenflossen. Hinter dem Kopf setzt sich ein für diese Art charakteristischer breiter mehrschichtiger Epidermiswulst an. Zur Betrachtung des dicken Kopfes übergehend, sehen wir auf jeder Seite acht bis zehn Greifhaken mit eingepflanzten Spitzen und können auch deutlich die starke Muskulatur wahrnehmen, welche diese Greifhaken zu bewegen bestimmt ist. Die Basis dieser Greif- haken umgibt eine Hautfalte, die Kopfkappe, welche in der Ruhe den Kopf wie die zusammengelegten Greifhaken umhüllt, beim Angriff aber zurückgestreift wird. Stacheln -------------------235-=2 h Greifhaken ::::::.::5% 4 Stacheln .../.2. Ä Mund /-X.! Gehirn ./.45,\ Ocellus N L.N Ne ner Schlund- \ AN..\ kommissur \ Kopfkappe Scheidewand Tastorgan ---- Be e 3] ILL Epidermiswulst -- tt 1: Fig. 64. Kopf von Sagıtta bipunctata von unten, stärker vergrößert. Orig. Andere Waffen sind vier Gruppen von Zähnchen oder Stacheln, welche die Mundöffnung begrenzen und auch in unseren Präparaten, in Reihen angeordnet, sichtbar sind. Leicht aufzufinden sind auch die beiden Ocellen von kompli- ziertem Bau. Man sieht im Präparate einen schwarzen Pigmentkörper, dem drei Linsen aufgelagert sind. Zwei von diesen sind nach innen, eine nach außen gerichtet. Der Darmtraktus ist von der längsovalen Mundöffnung an bis zu dem ventral am Hinterende des Rumpfsegments austretenden After leicht 96 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. zu sehen als geradlinig verlaufender Schlauch. An der Grenze von Kopf- und Rumpfsegment ist der Darm stark eingeschnürt, davor liegt ein aufgetriebener muskulöser Bulbus, der wohl als Saugpumpe wirkt. Bleiben wir noch beim Kopfe, so sehen wir das über die dorsale Epidermis sich erhebende sechseckige, dicke Gehirnganglion, während das große massige Bauchganglion etwa in der Mitte des Rumpfes liegt. Besonders deutlich sind hier die stark gefärbten Ganglienzellen an den Seiten. Dorsalwärts zieht, zwischen den Augen beginnend, das sehr lange Geruchsorgan nach hinten, seine epithelialen Ränder in der Mitte wieder- holt etwas ausbuchtend. Endlich sind noch die im Präparat meist stark gefärbten Hügelchen auf der Haut zu erwähnen, die auf ihrer Höhe je eine Reihe steifer, feiner Borsten tragen uud als Tastorgane fungieren. Diese Tast- organe sind über den ganzen Körper zerstreut und in Ringen an- geordnet. Die Längsmuskulatur des Rumpfes zeigt die typısche Anord- nung in vier Längsbändern. Bei starker Vergrößerung erkennt man deutlich die Querstreifung der Muskelfasern. Die meisten Präparate werden in der hinteren Rumpfhälfte die ÖOvarien ausgebildet zeigen, die bei geschlechtsreifen Tieren stark aus- gedehnt und mit reifen und unreifen Eiern prall erfüllt sind. Ferner sieht man zu beiden Seiten am Ende des Rumpfsegments je einen papillenartigen Vorsprung: hier münden die beiden sog. Ei- leiter aus, die sich weit nach vorn ziehen und sehr enge Kanäle dar- stellen. Da ihr blind geschlossenes Hinterende häufig mit Spermatozoen erfüllt ist, scheinen sie hier als Samentaschen und nur in ihrem vor- deren Teile als Eileiter zu fungieren. Das Schwanzsegment ist durch ein deutliches Diaphragma vom Rumpfsegment getrennt und mit Klumpen von Zellen erfüllt, aus denen die fadenförmigen Spermatozoen hervorgehen; die Zellen haben sich von den paarigen, vorn und seitlich im Schwanzsegment liegenden Hoden abgelöst. Die kurzen Ausführungsgänge treten in zwei stark vor- springende seitliche Anschwellungen, die Samenblasen, ein, die mit einer feinen Öffnung nach außen münden, und in denen sich die reifen Spermatozoen oft zu einem „Pfropfen“ (s. Fig. 63 links unten) ver- knäueln. III. Nematoden. Technische Vorbereitungen. Zur Untersuchung ist Ascarıs megalocephala herangezogen worden, der Spulwurm des Pferdes, der dem menschlichen Spulwurm sehr ähn- lich ist, aber leichter beschafft werden kann. Die in Sublimat oder Formol fixierten und in Alkohol aufbewahrten Tiere werden im Wachs- becken seziert. Kurz vor der Sektion werden sie durch Kochen in Wasser erweicht. Von mikroskopischen Präparaten sind nötig: gefärbte Querschnitte durch verschiedene Körperregionen dieses Wurmes. Es empfiehlt sich 5. Kursus: Anthozoa, Korallentiere. 65 Die Muskulatur der Septen ist entodermalen Ursprungs; sie erscheint auf der einen Seite schwach ausgebildet als transversale Muskulatur, auf der anderen Seite in starker Ausbildung als Längs- muskulatur. Die Anordnung dieser als „Muskelfahnen“ bezeichneten Muskellamellen an den Septen ist derart, daß auch hier die bilaterale Symmetrie in Erscheinung tritt (s. Fig. 46 III). Weitere entodermale Muskulatur findet sich am oberen Ende des Mauerblattes als oft starker Ringmuskel und weiter als Ringmuskeln in dem Fußblatte und im Schlundrohr. Spezifische Sinnesorgane fehlen. In der Mundscheibe wie im Ektoderm der Tentakel finden sich Ganglienzellen und Nervenfasern. In den Septen sitzen auch die stets aus dem Entoderm gebildeten Geschlechtsprodukte. Die Mehrzahl der Antho- zoen bildet durch Knospung ohne nachfolgende Trennung „Stöcke“. Die Einzeltiere sind durch eine fleischige Körpermasse, Üoenen- chym, miteinander verbun- den. Das Coenenchym ent- F.ktoderm - Tentakel f Ringkanal 2 . 17% . -f--Schlundroh hält alle drei Körperschich- Mesoderm - Tor ten, außen das Ektoderm, ED dann das stark entwickelte Se antralreum Mesoderm und innen zahl- ; reiche Entodermkanäle, die Cineides | Z = @ Gonade mit den Gastrovaskularhöh- — len der einzelnen Personen 5 in Verbindung stehen. mu © = Akontie Die meisten Anthozoen weisen Skelettbildungen auf, die im Ektoderm und Fig. 47. Schematischer Längsschnitt durch eine Mesoderm liegen. Diese Seerose, links durch eine Kammer, rechts durch stellen entweder einzelne ein Septum geführt. Orig. aus kohlensaurem Kalk be- stehende, regelmäßig geformte Körperchen, Spicula, dar (Stückel- skelett), die von ins Mesoderm einwandernden Ektodermzellen geliefert werden und miteinander verschmelzen können (Achsenskelett der Edelkoralle, Röhrenskelett der Orgelkoralle), auch durch dieke Hornscheiden vereinigt werden, oder aber es bildet sich ein horniges oder kalkiges Cuticularskelett, welches nach außen von dem Ekto- derm abgeschieden wird. Diese Ausscheidungen können bei stockbildenden Korallen, wenn sie von dem Fußblatt abgeschieden werden, nach innen zu liegen kommen und bilden dann ebenfalls Achsenskelette, die entweder hornig (Antipatharien) oder verkalkt (Madreporarien) sind. Die Skelettbildung innerhalb der Korallenperson erfolgt bei den riffbildenden Madreporarien nur im unteren Teile derselben, und zwar bildet sich die Fußplatte als äußere Kalkabscheidung des Fußblattes zuerst, dann treten, strahlenförmig angeordnet, 12 Leisten auf, die Strahlenplatten, welche zwischen den Septen des Tieres als Sklero- septen hineinragen, und eine ringförmig die Strahlenplatten verbindende Mauerplatte, die ebenfalls von der Fußplatte aus in die Höhe wächst. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 5 TaRSER > A 66 5. Kursus: Anthozoa, Korallentiere. Da das Skelett eine äußere Ausscheidung des Ektoderms ist, so tritt es nirgends in den Körper selbst hinein, sondern wird von dem Ekto- derm des Fußblattes eingehüllt. Die Sklerosepten entstehen nicht in den weichen Septen des Körpers, sondern schieben sich von unten her zwischen diese ein, das Ektoderm des Fußblattes vor sich her- drängend. Die Korallen sind durchweg marine Tiere. Aus den befruchteten Eiern entwickeln sich bewimperte, freischwimmende, anfangs tentakellose Larven, welche sich später festsetzen. B. Spezieller Kursus. Aleyonium digitatum (L.). Alcyonium digitatum, eine in den nördlichen Meeren sehr häufige Form, stellt rötliche, gelbe oder weibliche, klumpige, in einige stumpfe, fingerförmige Fortsätze ausstrahlende Massen dar, auf denen die kleinen weißen Polypen teils ausgestreckt, teils ins Innere des Coenenchyms eingezogen sitzen. Es werden einige der frei vorragenden Polypen mit der Schere an ihrer Basis abgeschnitten und im Uhrschälchen bei schwacher Ver- größerung in Glyzerin untersucht. Man sieht einen schlauchförmigen, zarten Körper, der an seinem freien Ende mit acht gefiederten Tentakeln besetzt ist. Vom Munde zieht sich das etwa I mm lange, längsgefaltete Schlundrohr herab, an welches sich die acht an diesem Präparate schwer sichtbaren Septen ansetzen. Dagegen lassen sich sehr deutlich die acht Mesenterial- filamente wahrnehmen, von denen sechs stark gewunden und kurz sind, zwei dagegen langgestreckt und tief ins Innere hinabziehend. Das sind die beiden dorsalen Mesenterialfilamente. An einzelnen geschlechts- reifen Polypen sieht man auch die Geschlechtsprodukte, ansehn- liche gelbrote Eier oder milchweiße Hoden, die seitlich an den ventralen und lateralen Mesenterialfilamenten sitzen. Bei etwas stärkerer Vergrößerung werden an der Basis wie unter- halb der Tentakeln des Polypen kleine, aus kohlensaurem Kalk be- stehende Skeletteile, die Spicula sichtbar. Zur Untersuchung des Coenenchyms werden mittels des mit Alkohol befeuchteten Rasiermessers möglichst feine, nahe der Oberfläche geführte Quer- sowie Längsschnitte hergestellt und auf dem Objektträger unter Glyzerin und Deckglas untersucht. Auf einem solchen Querschnitte sehen wir zunächst einige größere, kreisrunde Hohlräume, die Gastrovaskularhöhlen der Polypen, welche in verschiedener Höhe durchgeschnitten sind. Wir beginnen mit der Betrachtung eines sehr tief unterhalb des Schlundes liegenden Querschnittes. Hier zeigt sich folgendes. - Der kreisrunde Hohlraum wird ausgekleidet vom Entoderm (Fig. 48). Ins Lumen springen acht kurze Leisten vor: die Querschnitte der Septen. Man sieht die vom Mesoderm des Öoenenchyms ausgehende strukturlose Lamelle als Achse des Septums und zu den beiden Seiten derselben Muskulatur. Die Muskulatur der einen Seite ist stets sehr stark ent- wickelt und bildet die sog. „Muskelfahne“. Da sie auf dem Bilde quer durchschnitten erscheint, erhellt ohne weiteres, daß diese Muskulatur eine Längsmuskulatur ist; die der anderen Seite ist dagegen eine sehr 5. Kursus: Anthozoa, Korallentiere. 67 schwach entwickelte transversale Muskulatur. Die Anordnung dieser Muskulatur ist sehr regelmäßig, indem zwei gegenüber (in der Sagittal- achse) liegende Fächer die gleiche Muskulatur zugekehrt haben, und zwar das eine die Muskelfahnen, das andere die schwache Transversal- muskulatur. Auf jeder Seite der Sagittalachse bleiben nunmehr noch zwei Septen übrig, die ihre Muskeln gleichsinnig mit den beiden anderen Septen derselben Körperhälfte angeordnet zeigen. Am freien Ende N Septum ---- Muskelfahne ern FE SSEE- Mesoderm +" Entoderm zn. A Entoderm Ektoderm -- Schlundrohr -- Mesoderm ---- Siphonoglyphe Radialkammer .- - -- -- RN, .. oo HIESS‘ FFTHE A Ü DET Tec Um] ee Bi; Eingefaltetes X: Mauerblatt So '_® Eingefaltete = Tentakel Spieula +7 ii Neon ; Fig. 48. Querschnitt durch das Coenenchym und drei Polypen von Alcyonium digitatum. Orig. jedes Septums sitzt eine oft krausenartig eingefaltete, stärker gefärbte Zellmasse, der Querschnitt durch ein Mesenterialfilament. Wir suchen nunmehr einen Polypenquerschnitt auf, der in einer höheren Lage geführt worden ist und das Schlundrohr getroffen hat. Wir sehen hier, wie die Septen das Schlundrohr erreichen und den Gastrovaskularraum in acht Radialkammern teilen. Das Schlundrohr zeigt im Querschnitt innen das Ektoderm, dann folgt eine Mesoderm- 5* 683 5. Kursus: Anthozoa, Korallentiere. schicht mit einzelnen eingestreuten Kalkspicula und zu äußerst das Entoderm. Bei diesen und noch höher geführten Schnitten ist nun folgendes zu beobachten. Das Bild wird leicht kompliziert durch die starke Kontraktion der Polypen, welche sich in das Innere des Coenenchyms zurückgezogen haben. Die Tentakel sind auf die Mundscheibe ein- geschlagen und dann mit ihr in die Tiefe gesunken. Ferner weist auch das Schlundrohr starke Faltungen auf. Sehr viel schwieriger wird dem Praktikanten die Deutung fol- gender, sehr häufig anzutreffender Bilder. Tentakel - Schlundrohr - Mund -- Seitliche und ventrale Mesenterialfilamente „._ Dorsale Mesenterial- filamente - Coenenchym - Tentakel Schlundrohr - Kanal Alter Jüngerer Eingezogener Polyp Polyp Polyp Fig. 49. Längsschnitt durch Alcyonium digitatum. Orig. Man sieht die Gastrovaskularhöhle in zwei konzentrischen Ringen das Schlundrohr umgeben, so daß also eine innere und eine äubere Reihe von Septen sichtbar werden (s. Fig. 48 rechts unten). Die Er- klärung ist die, daß das Mauerblatt eine Falte bildet, indem der vordere Teil des Polypen in den hinteren eingezogen ist, und daß diese Falte des Mauerblattes auf dem Querschnitt zweimal durchschnitten erscheint. Über die genauere Lagerung orientieren die miteinander zu ver- gleichenden Figuren 48 und 49. Endlich läßt sich an einem solchen Schnitte die unregelmäßige vielzackige, aber doch nach einem bestimmten Typus gebaute Form der 5. Kursus: Anthozoa, Korallentiere. 69 im Mesoderm liegenden Spicula studieren, die man folgendermaßen isolieren kann. Man bringe auf eines der Präparate einige Tropfen des Liquor natr. hypochl. Nach einigen Minuten sind die Weichteile größtenteils gelöst und die Spicula übrig geblieben, deren Form nun genauer studiert und gezeichnet werden soll. Ein zweiter Schnitt erhält einen Zusatz von einigen Tropfen ver- dünnter Salzsäure. Man sieht schon mit bloßem Auge das heftige Auf- brausen durch Kohlensäureentwicklung und kann leicht das Auflösen der Spieula beobachten, die sich also als aus kohlensaurem Kalk be- stehend erweisen. Dünne Längsschnitte (s. Fig. 49) vermögen das von der Struktur der Kolonie gewonnene Bild wesentlich zu ergänzen. So sieht man die Gastrovaskularhöhlen des Polypen sich als weite vom Entoderm ausgekleidete Hohlräume senkrecht zur Oberfläche der Kolonie fort- setzen. Die ältesten Polypen erstrecken sich bis zur Basis der Kolonie, die jüngeren reichen weniger tief in das Coenenchym hinein und ent- springen von transversal gerichteten Kanälen, welche die benachbarten Darmhöhlen verbinden. Alle diese Polypenröhren weisen die beiden, bis zur Basis reichenden dorsalen Mesenterialfilamente auf. Außer diesem Kanalsystem ist noch ein bindegewebiges Netzwerk solider Stränge vorhanden. An Polypen, deren freier Teil eingezogen ist, läßt sich eine eigentümliche Einfaltung des Mauerblattes nachweisen, indem der obere Teil des Polypen in den unteren einsinkt, wie der Polyp rechts auf Fig. 49 zeigt. Dadurch werden uns die Bilder ver- ständlich, welche sich gelegentlich auf Querschnitten finden (s. Fig. 43 rechts), und welche zwei konzentrische mit Septen versehene Ringe darstellen, die das Schlundrohr umgeben. Der innere Ring ist nichts anderes als der in den weiteren äußeren Ring eingesunkene obere Teil des Polypen. Die Betrachtung der fertigen, gefärbten, mikroskopischen Präparate, Längs- und Querschnitte durch das Coenenchym, vermag das an den selbst- gefertigten Präparaten Gesehene in manchen Punkten zu ergänzen. Anemonia sulcata (PENN.). Diese Mittelmeerform ist für Kurszwecke am besten zu fixieren in 3—5°/,igem Formol, unter stets schwenkender Bewegung. Dann er- folgt Härtung in 1/,°/,iger Chromsäure, und hierauf Aufbewahrung in Alkohol. Betrachten wir die äußere Form unter Zuhilfenahme der Stativ- lupe, so sehen wir die breite, stark gefaltete Fußscheibe, an der sich deutlich Ring- und Radiärmuskulatur wahrnehmen lassen. Das Mauer- blatt zeigt starke, ringförmige Einschnürungen und deutlich von außen wahrnehmbare Längsmuskulatur, in parallelen Streifen sichtbar (Fig. 50). Die Mundscheibe ist rings umgeben von 4—5 Kränzen dicht ge- stellter Tentakel. Man kann die Anordnung der Tentakel ohne weiteres sehen, wenn man sie an einer Stelle an der Basis abschneidet. Das Peristom ist ganz flach und fast eben; die Mundöffnung, etwas vor- gewulstet, stellt eine ovale Öffnung dar. Der oberste Teil des Mauer- blattes wird von einer Randfalte gebildet, auf der kleine, warzenförmige 70 5. Kursus: Anthozoa, Korallentiere. Erhebungen in dichter Anordnung sitzen, die sogenannten Randsäck- chen, denen eine Funktion als Nesselbatterien zugeschrieben wird. Mit einem scharfen Skalpell wird die Aktinie in der Sagittalebene durchschnitten. Man ‚sieht das häutige Schlundrohr nach unten ragen. Ferner finden sich Septen in großer Zahl. Ein Teil derselben geht zum Schlundrohr heran (Septen erster Ordnung), der größere Teil erreicht indessen das Schlundrohr nicht. Über die Septenanordnung orientieren Fig. 50. Anemonia sulcata var. rustica PENN. (nach A. ANDRES). noch besser Flächenschnitte, deren erster dicht über der Fußscheibe geführt wird. Hier lassen sich die dieht gedrängten Septen mit ihren wohl ausgebildeten Gastralfilamenten leicht betrachten. Ein zweiter Flächenschnitt, weiter oben geführt, zeigt die Anheftung der Septen erster Ordnung an das Schlundrohr. Schneidet man einen Tentakel an seiner Basis ab, so kann man sich davon überzeugen, daß er einen hohlen Schlauch darstellt und daß sein Hohlraum mit dem Gastrovaskularraum in Verbindung steht. Die Tentakel dieser Form sind nicht zurückziehbar, während das bei den meisten anderen Aktinien der Fall ist. An der Spitze der Tentakel sind feine Öffnungen deutlich sichtbar. Anhang. Ctenophorae, Rippenquallen. Um einen Überblick des Baues einer Rippenqualle zu erhalten, werden gut konservierte Exemplare der in der Nordsee häufigen Plewuro- brachia pileus (FABr.) in einem flachen Glasschälchen unter der Lupe betrachtet. 5. Kursus: Ötenophorae, Rippenquallen, 71 Der zweistrahlig symmetrische Körper hat etwa die Form einer Stachelbeere (Fig. 51), und besteht aus einer sehr dieken und weichen Gallerte. Auf der Oberfläche ziehen sich in gleich weitem Abstande voneinander acht meridional verlaufende Bänder hin, die aus zahlreichen, quer zur Richtung dieser Bänder gestellten Plättchen bestehen. Diese Plättchen lassen durch ihre streifige Struktur erkennen, daß sie aus vereinigten wimperartigen Zellfortsätzen bestehen. Wir haben hier den Bewegungsapparat der Rippenquallen vor uns, der beim lebenden Tier in rhythmischer Bewegung schlägt und dabei ein prachtvoll irisierendes Farbenspiel erzeugt. Nach dem einen Pol zu setzen sich die Reihen der Ruderplättchen in schmale Züge von Flimmerzellen fort, die Flim- merrinnen, welche sich schließlich zu je zwei vereinigen und in eine >] \ Polplatten Sinneskörper Flimmerrinnen 7 Tentakel Trichtergefäß Tentakelscheide Rippe Rippengefäß 2 Magengefäß : j. Magen Tentakelscheide -- Tentakelwurzel -- Mund Fig. 5l. Pleurobrachia pileus (FABR.). Orig. Die Pfeile geben die Schlagriehtung der Ruderplättchen an. Grube eintreten, die mit hohen bewimperten Ektodermzellen ausge- kleidet ist und das Zentralorgan des Nervensystems darstellt. Über diesem liegt der „Sinneskörper“, bestehend aus einem „Stato- lith“ genannten kugeligen Haufen kleiner Konkremente, welcher auf vier federnden Wimperbüscheln ruht; dieser Sinneskörper ist ein stati- sches Organ, welches die Tätigkeit der einzelnen Ruderplättchenreihen reguliert. Zwei seitlich davon liegende bewimperte Felder, ebenfalls ektodermalen Ursprunges, die sog. „Polplatten“, dienen wahrscheinlich als Organe eines chemischen Sinnes. Am entgegengesetzten Pole liegt der Mund, der in einen langen ektodermalen Schlund führt (also ähnlich wie bei den Anthozoen!), darauf folgt der „Trichter“ genannte entodermale Magen, von dem 72 ‚5. Kursus: Anthozoa, Korallentiere. aus mehrere Kanäle entspringen. Die wichtigsten sind die Rippen- gefäbe, die in transversaler Richtung (der Transversalebene) zunächst als zwei Kanäle vom Trichter abgehen, Sagittalebene Rippen Ektoderm Mesoderm Entoderm Rippengefäß 37 Transversalebene 7 “ Tentakel “ Tentakelscheide Tentakelgefäße sich jederseits zweimal gabeln und sich dann unter den Meridianstreifen hinziehen (s. Fig. 52). Ihre äußere (bei man- chen Arten mit blindsackförmigen Ausstülpungen versehene) Wan- dung enthält in zweiLängsstreifen die Geschlechts- zellen, und zwar auf der einen Seite die weiblichen, auf der anderen die männlichen Ge- schlechtsprodukte, " Triehter =) Gonaden Fig. 52. Pleurobrachia pileus. Höhe der Mündungen der Tentakelscheiden. artige Geschlechtsprodukte liegen. Kombinierter Querschnitt in der Orig. die so angeordnet sind, daß auf den einander zuge- wandten Seiten zweier Rippenge- fäße stets gleich- Durch den Gastrovaskularraum und den Mund gelangen die reifen Geschlechtsprodukte nach außen. Ferner auch vom Trichter ausgehen. parallel, ein zweites Paar Ein Paar Sagittalebene da Magengefäß = Transveısalebene " Tentakel 3 Tentakelscheide 2 Magen Fig. 53. Pleurobrachia pileus. Höhe der Schlundgegend. Orig. Querschnitt in der sind noch folgende entodermale Kanäle vorhanden, die läuft beiderseits dem Schlund geht an die Basis der beiden seitlichen ein- gesenkten Tentakel, und ein unpaares bildet als Trichtergefäß die Fort- setzung des Trichters. Kurz vor dem Ende gabelt es sich in zwei kurze Schenkel, die seit- lich von den Polplatten ausmünden. Endlich sind noch die Tentakel zu betrachten, zwei lange, einreihig mit seitlichen Fäden besetzte Fang- fäden, die am Grunde einer Tasche entspringen, und außer Tastzellen zahlreiche sog. Kleb- zellen enthalten. Letztere bestehen aus einem langen kontraktilen Spiralfaden und einem daran sitzenden kugeligen Körperchen, welches ein klebriges Sekret aus- sondert und die Beutetiere an den Tentakel festheftet. Die Lagerung der Organe zueinander ergibt sich aus einem Ver- gleich der Abbildung Fig. 51 mit den Schemata Fig. 52 und 53. Systematischer Überblick für den sechsten Kursus. III. Stamm. Platodes (Plathelminthes), Plattwürmer. Die Platoden oder Plathelminthen sind flache, oft blattförmige Tiere, von bilateraler Symmetrie. Es fehlt ihnen eine Leibeshöhle, der Darm endigt blind, ohne mit einem After durchzubrechen, und ein Blutgefäßsystem fehlt auch. Der Mangel dieser drei Organe nähert sie den Coelenteraten, von denen sie sich durch die Symmetrie, die Ausbildung besonderer Ausführgänge der Geschlechtsorgane, durch Kopulationsorgane, sowie die Anwesenheit besonderer Exkretionsorgane unterscheiden. Entweder werden sie als besondere Klasse des Tierstammes der Würmer aufgeführt oder als eigener Tierstamm betrachtet. Der Körper der Platoden wird vom Haut- muskelschlauch umhüllt, einer Verbindung der Haut mit der darunter liegenden Muskulatur. Die Haut ist ein einschichtiges Flimmerepithel, oder statt der Wimpern mit einer Cuticula bedeckt; an der sie basal besrenzenden Stützlamelle heftet sich die Muskulatur an, außen eine kontinuierliche Ringmuskelschicht, darunter eine Längsmuskelschicht; dazu kommt häufig ein gekreuztes Flechtwerk von Diagonal- muskelfasern.. Außerdem finden sich den Körper durchkreuzende dorsoventrale Muskeln. Die Zwischenräume werden ausgefüllt von blasigem Bindegewebe, dem „Körperparenchym“, in welches die übrigen Organe eingebettet sind. Das Nervensystem besteht aus einem dorsal über dem Schlunde gelegenen paarigen Cerebralganglion, von dem zwei ventral gelegene Hauptstränge, mitunter auch weitere Längsstränge (zwei seitliche, zwei dorsale) nach hinten ziehen. Häufig sind die Längsstränge durch Querkommissuren verbunden, die sich stark verästeln und ein unter dem Hautmuskelschlauch liegendes Netzwerk bilden können. Der Darm entspricht dem Urdarm der Gastrula, seine Öffnung ist aber nicht der Urmund, sondern eine ektodermale Neubildung. Entweder ist der Darm ein einfacher Blindsack, oder er ist verästelt; bei vielen Platoden fehlt er infolge para- sitischer Lebensweise. Das Darmepithel ist nicht bewimpert. Die Darmöffnung (als Mund und After gleichzeitig fungierend) bildet meist einen muskulösen Schlundkopf (Pharynx), der rüsselartig vorgestreckt und wieder in die vorn gelegene Schlundtasche zurückgezogen werden kann. Als Exkretionsorgan dient das Wassergefäßsystem, zwei längsverlaufende verästelte Schläuche, welche die auszuscheidende Flüssigkeit mittels „Wimperläpp- chen“ aufnehmen und nach außen führen. Die beiden Hauptstämme können hinten verschmelzen und gemeinsam ausmünden. Mitunter bilden sie vor der Mündung eine kontraktile Blase. Die Geschlechtsorgane sind meist kompliziert gebaut. Das von der Keimdrüse abgeschiedene Ei erhält von einer zweiten meist paarigen Drüse, dem Dotterstock, eine Anzahl von Dotterzellen als Nahrung. Außerdem wird eine schützende Hülle, die Eischale, gebildet, welche das zusammengesetzte Ei umgibt. Es lassen sich drei Ordnungen der Platoden unterscheiden. 1. Ordnung: Turbellaria, Strudelwürmer. Freilebend. Mit Flimmerkleid, ohne feste Cutieula, meist ohne Saugnäpfe, mit Mund und Darm. 74 6. Kursus: Platodes. a) Rhabdoecoela. Mit einfachem, stabförmigem Darm, der bei einigen auch rückgebildet sein kann. Microstomum, Convoluta. b) Dendrocoela. Mit stark verästeltem Darm. Planaria. 2. Ordnung: Trematodes, Saugwürmer. Parasitisch. Ohne Flimmerkleid, mit fester Cuticula, mit Saugnäpfen, mit Mund und Darm. Teils Ekto-, teils Entoparasiten, letztere mit Heterogonie. Bewimperte Larve in niedere Tiere (meist Schnecken) einwandernd, hier aus unbe- fruchteten Eiern Junge erzeugend (Parthenogenese), die in einen anderen Wirt (Wirbeltier) übergeführt, zur hermaphroditischen Generation werden; mitunter schiebt sich auch eine zweite parthenogenetische Generation ein. a) Polystomea. Meist Ektoparasiten, mit starken Klammerorganen, Haftscheibe, mit mehreren Saugnäpfen und Haken versehen. Entwicklung direkt. Zolystomum. b) Distomea. Entoparasiten mit einem Mundsaugnapf und meist auch mit einem Bauch- saugnapf. Entwicklung mit Wirtswechsel und Heterogonie. Distomum. 3. Ordnung: Cestodes, Bandwürmer. Parasitisch. Ohne Flimmerkleid, mit fester Cuticula, mit Saugnäpfen; Mund und Darm fehlen. Durch Sprossung Ketten bildend. Entwicklung meist mit Meta- morphose, auch mit Generationswechsel. Aus dem Ei entsteht der sechs- oder vierhakige Embryo, der sich im Innern von Wirtstieren zur Finne verwandelt, aus der im Darm eines Raubtieres, Insektenfressers oder Omnivoren der Bandwurmkopf entsteht, der durch Sprossung die Bandwurmglieder bildet. 7aenia, Bothriocephalus. 6. Kursus. Platodes. Technische Vorbereitungen. Da die Untersuchung lebender Süßwasserturbellarien für den An- fänger zu wenig lohnend erscheint, und andererseits die parasitischen Platoden ein ganz besonders praktisches Interesse besitzen, so sind für diesen Kursus Vertreter der Trematoden und Cestoden gewählt worden. Von Trematoden empfiehlt es sich, mikroskopische Präparate des ganzen Tieres von Distomum lanceolatum zu geben, das sich wegen seiner geringen Größe und relativen Durchsichtigkeit sehr gut zur An- fertigung derartiger Präparate eignet. Von Cestodenmaterial besorgt man sich finniges Schweinefleisch, welches durch Vermittlung jeder Schlachthofdirektion leicht zu erlangen ist und welches entweder frisch oder in Formol fixiert und mit 70%/,igem Alkohol konserviert, untersucht wird. Ferner werden konservierte Pro- glottiden von Zaenza solium, Taenıa saginata und Bothriocephalus latus verteilt. 6. Kursus: Platodes. 75 An fertigen mikroskopischen Präparaten sind erforderlich: Quer- und Flächenschnitte von jüngeren, aus der vorderen Hälfte des Band- wurms stammenden Proglottiden, sowie in toto präparierte Proglottiden aus der gleichen Körperregion. Die Herstellung der letzteren Präparate erfolgt, indem man die frischen Proglottiden mit Pikrinschwefelsäure, der etwas Essigsäure zugefügt ist, fixiert, dann lange mit Alkohol, hierauf etwa !/, Stunde lang in destilliertem Wasser auswäscht, und das Präparat durch die verschiedenen Alkoholgrade in Nelkenöl, dann in Kanadabalsam überführt. Sehr instruktiv sind ferner fertige mikroskopische Ganzpräparate des kleinen Hundebandwurms (Zxenia echinococcus). Als Demonstrationsmaterial sind konservierte Exemplare der häufigeren Bandwürmer aufzustellen. I. Trematoden, Saugwürmer. A. Allgemeine Übersicht. Die als Parasiten in oder auf dem Körper anderer Tiere lebender Trematoden haben infolge dieser Lebensweise mancherlei Veränderungen ihres Körperbaues erfahren. So fehlt der Haut der Flimmerbesatz, der die Turbellarien auszeichnet, dafür besitzen die blatt- oder zungen- förmigen Tiere besondere Haftapparate auf der Bauchfläche, und zwar ist das ein vorderer, vom Munde durchbohrter Saugnapf, zu dem oft ein in der Mittellinie der Bauchfläche stehender Bauchsaugnapf oder eine Haftscheibe am hinteren Körperende kommen kann, diese be- setzt mit mehreren Saugnäpfen, deren Wirkung durch chitinige Haken oder Krallen noch unterstützt wird. Besonders stark ausgebildet sind sie bei den ektoparasitisch lebenden Saugwürmern. Der Hautmuskelschlauch ist stark entwickelt und besteht aus Ring-, Längs- und Diagonalmuskeln. Ferner finden sich dorso-ventrale Muskeln, sowie die Saugnapfmuskeln: meridionale, welche den Saugnapf abflachen, äquatoriale, welche ihn erheben, und radiäre, die ihn ver- engern und dadurch das Ansaugen des Saugnapfes bewirken. Das Nervensystem besteht aus zwei miteinander verbundenen, hinter dem Mundsaugnapf liegenden Ganglien (Cerebralganglien), von denen meist drei Paar Stränge nach hinten, andere kürzere nach vorn gehen. Die Sinnesorgane sind infolge der parasitischen Lebensweise ver- kümmert, nur bei einigen Ektoparasiten finden sich einfach gebaute Ocellen vor, ebenso bei manchen freilebenden Larvenformen von Ento- parasiten. Der Darmkanal beginnt mit dem vorn und etwas bauchwärts gelegenen Mund, der in den Vorderdarm mit muskulösem Pharynx führt, dann gabelt sich der Vorderdarm in zwei seitliche Blindsäcke. Der Mund fungiert auch als After. In den Vorderdarm münden einzellige Speicheldrüsen. Der Raum zwischen Darmkanal und Haut wird ausgefüllt von einer Zellmasse, dem Parenchym, Das Exkretionssystem ist ein typisches Wassergefäßbsystem und besteht aus zwei großen Hauptstämmen, die, getrennt oder in eine kon- traktile Blase vereinigt, hinten dorsal ausmünden. Von den Haupt- stämmen gehen kleinere Seitenäste ins Parenchym, die mit Wimper- läppchen endigen. 76 6. Kursus: Platodes. Die Saugwürmer sind fast alle Zwitter. Der männliche Geschlechts- apparat besteht aus zwei meist flachen, lappigen Hoden, deren Aus- führgänge sich zu dem Samenleiter vereinigen, der, zur Samenblase erweitert, in den ausstülpbaren, häufig in einen Beutel eingeschlossenen Penis mündet. Der weibliche Geschlechtsapparat besteht aus dem un- paaren, median gelegenen Ovarium, dessen Ausführgang sich mit dem vereinigten Ausführgang zweier seitlich gelegener Drüsen, der Dotter- stöcke, verbindet und zum Uterus wird, einem vielfach geschlängelten, die fertigen Eier bergenden Rohr, das neben der männlichen Geschlechts- öffnung ausmündet. Die Dotterstöcke liefern vor allem das Material zur Bildung der Eischale, einer festen, becherförmigen Hülle mit dar- über geklapptem Decke. An dem Anfangsteil des Uterus, dem Ootyp, münden zahlreiche einzellige Drüsen, die in ihrer Gesamtheit als Schalendrüse bezeichnet werden, mit der Bildung der Eischale aber nichts zu tun haben, sondern wahrscheinlich nur eine wässerige, den Uterus erfüllende Flüssigkeit abscheiden. Die Befruchtung der Eier erfolgt durch den Uterus, und nicht wie man früher annahm, durch den LAuURERschen Kanal, einen besonderen Gang, der in die Schalendrüse einmündet und in dessen Nähe eine mit Sperma gefüllte Blase, das Receptaculum seminis, liegen kann. Die ektoparasitischen Trematoden entwickeln sich direkt, die ento- parasitischen machen eine mit Wirtwechsel verknüpfte komplizierte Ent- wicklung durch. Aus dem befruchteten Ei des erwachsenen Tieres ent- steht eine bewimperte Larve, Miracidium, die in ein Mollusk eindringt, hier zu einem fast organlosen Keimschlauch auswächst, der Redie genannt wird, wenn er Schlundkopf und Darm besitzt, Sporo- cyste, wenn diese Organe fehlen. Unbefruchtete Eier, die sich in diesen Keimschläuchen parthenogenetisch entwickeln, wachsen entweder zu neuen Redien aus, oder liefern weiter entwickelte, dem erwachsenen Tier bereits ähnliche, aber noch mit einem Ruderschwanz versehene Formen, die Cercarien. Letztere gelangen ins Wasser, kapseln sich unter Verlust des Ruderschwanzes an Pflanzen ein und werden, wenn sie von einem neuen Wirt gefressen werden, zum entwickelten Distomum, oder aber die Cercarien gelangen in einen neuen Wirt, in dem sie sich einkapseln, um erst dann, wenn sie samt diesen von einem dritten Wirt gefressen werden, zu entwickelten Saugwürmern heranzuwachsen. B. Spezieller Kursus. Distomum lanceolatum (MEHL.). Distomm lanceolatum findet sich in den Gallengängen von Schaf, Rind, Ziege, Esel, Hirsch, Hase, Kaninchen und Schwein, oft mit Disto- mum hepalicum, dem Leberegel, vergesellschaftet. Es werden fertige mikroskopische Präparate gegeben, die zunächst mit schwacher Vergrößerung zu betrachten sind. Der 8-10 mm lange Körper des Tieres erscheint lanzettförmig. Deutlich lassen sich die beiden Saugnäpfe erkennen. von denen der Bauchsaugnapf der größere ist. An den Mundsaugnapf schließt sich der kurze, muskulöse Schlund, der sich zur dünnen Speiseröhre ver- längert. Uber dem Beginn der Speiseröhre liegen dorsal die beiden verbundenen Hirnganglien. Der Darm gabelt sich nunmehr, und die 6. Kursus: Platodes, 77 beiden einfachen unverästelten Schenkel endigen blind in der Gegend des dritten Viertels der Körperlänge (Fig. 54). Vom Exkretionssystem, welches in Fig. 55 abgebildet ist, ist an diesen Präparaten fast nichts wahrzunehmen, und alles, was man noch im Präparate sieht, gehört zu den beiden Geschlechtsapparaten. So Mundsaugnapf Ganglion —..— Pharynx —Ösophagus Darmgabelung - & Öffnung Q Öffnung L. „_-""" Darm Penis ---Bauchsaugnapf Vas deferens Hoden -Eierstock Laurerscher Gang 5 une Dotterstock Dottergang - — Schalendrüse Dotterstock „Uterus Fig. 54. Distomum lanceolatum. Orig. liegen hinter dem Bauchsaugnapf hintereinander zwei große, etwas ge- lappte Hoden, und vorn vor dem Bauchsaugnapf sieht man den in einen Beutel eingeschlossenen Penis sich bis zur Gabelung des Darmes erstrecken. Der Eintritt der zu einem Samenleiter vereinigten Aus- führgänge der Hoden in den Penis läßt sich mit stärkerer Vergrößerung wahrnehmen. 718 6. Kursus: Platodes. Von dem weiblichen Geschlechtsapparat imponiert am meisten der in zahlreiche Schlingen gelegte Uterus, der zuerst nach hinten zieht, dann sich wiederum nach vorn wendet und zwischen beiden Hoden neben der männlichen Öffnung ausmündet. Meist ist der Uterus prall mit Eiern gefüllt, und es hat auf den Präparaten oft den Anschein, als ob der Uterus reichlich verästelt wäre. Die vorderen Uteruswin- dungen, welche die reifen Eier enthalten, erscheinen schwarz, die hinteren rostrot. Betrachten wir ein solches Ei mit starker Vergrößerung, so sehen wir | es von einer dicken, dunkelbraunen Schale umgeben, \ die gedeckelt ist. Das Ovarium, früher fälschlich als dritter Hode betrachtet, liegt hinter dem zweiten Hoden und erscheint als rundlicher Körper von geringer Größe, in welchem wir bei starker Vergrößerung kleine Eier sehen. Vom Ovarium gelangen die Eier in den von der Schalendrüse umgebenen Ootyp, den Anfangsteil des Uterus, der bei vielen Formen noch einen feinen Kanal in der Richtung nach dem zweiten Hoden zu aussendet, der sich nach außen auf der Rückseite öffnet: den LAurRERschen Kanal. Bei den Distomeen ist (dieser Kanal vielfach rudi- rare, el system von Distomum _ Endlich haben wir noch die beiden Dotter- lanceolatum. stöcke zu betrachten, die sich in der Gegend der Körpermitte auf der rechten und linken Seite vor- finden und wegen ihrer distinkten Färbung sogleich ins Auge fallen. Die Gestalt eines Dotterstockes ist länglich gestreckt; auf einem oft nur undeutlich sichtbaren Längsgefäße sitzen Gruppen von meist kurzen, keulenförmigen, oft verzweigten Säckchen Von der Mitte des Längsgefäßes führt ein querverlaufender Dottergang zum Anfangsteil des Uterus. ll. Cestoden. A. Allgemeine Übersicht. Die Bandwürmer oder Cestoden sind entoparasitische Plattwürmer, welche in der durch diese Lebensweise bedingten Umgestaltung des Körpers noch weiter gegangen sind als die Trematoden. So fehlt ihnen ein Darm, und die Ernährung erfolgt mittels Aufnahme flüssiger Nahrung durch die Haut. Sie haben zwei Entwicklungszustände, die Finne (oder Blasenwurm) und die Bandwurmkette, von denen die erstere im Bindegewebe der Muskeln, Leber usw. lebt, die letztere, die geschlechtsreife Form, im Darm. Aus den befruchteten Eiern des Bandwurmes entwickelt sich der „sechshakige Embryo“ Oncosphaera, der in den Körper eines be- stimmten Tieres (bei Zzenza solium z. B. des Schweines) eindringen muß, um zur Finne zu werden. Vom Schwein werden die Embryonen mit der Nahrung aufgenommen, durchbohren alsdann die Darmwand und wandern in das Bindegewebe der Muskeln usw. ein. Durch Ver- h; 6. Kursus: Platodes. 79 fütterung des „finnigen“ Fleisches des „Zwischenwirtes“ können die Finnen in ihren „Endwirt“ gelangen (bei Zaenmıa solium z. B. den Menschen). Im Darme des letzteren wandelt sich die Finne zum Kopfe, Scolex, des Bandwurmes um, an dessen hinterem Ende, unter oft sehr bedeutendem Längenwachstum des ganzen Tieres, sich mehr oder minder scharf getrennte Glieder (Proglottiden) differenzieren, in denen die Geschlechtsprodukte ausgebildet werden. Durch sukzessive Ablösung der letzten geschlechtsreifen Proglottiden gelangen diese ins Freie. Die Finne stellt sich als ein Bläschen dar, welehes mitunter sehr groß werden kann. An seiner Innenwand bildet sich durch Einstül- pung die Anlage des Scolex. Bei manchen Formen werden viele Sco- lices gleichzeitig erzeugt. Bei den Bothriocephalen umgibt sich die ÖOncosphaera mit einer dünnen Hülle und wandelt sich direkt zum Kopf des Bandwurms um. Im Darmkanal des Endwirtes wird die Hülle der Finne vernichtet und der Scolex ausgestülpt. Besondere Organe besorgen die Fest- heftung an der Darmwand. Solche Festheftungsorgane sind chitinige Haken in verschiedener Anordung, meist an der Außenfläche eines durch Muskeln heweglichen, Rostellum genannten vorderen Teiles sowie Saugnäpfe. Den Körper bedeckt eine starke Cutieula; die Epithelzellen sind durch die Basalmembran hindurch in die Tiefe versenkt und bilden die sog. Subeutieularschicht. Das Innere ist mit einer Zellmasse, dem Parenchym, erfüllt, welches in eine äußere, die Muskulatur ent- haltende Rindenschicht und eine innere Markschicht zerfällt. Das einheitliche Nervensystem durchzieht den Bandwurm der ganzen Länge nach und besteht aus zwei Seitensträngen, die von den im Kopf gelegenen paarigen Hirnganglien ausgehen. Das Wassergefäßsystem besteht meist aus vier Längskanälen (darunter zwei sehr schwach entwickelten), von denen kleinere Seiten- gefäße in den Körper gehen, die in Flimmerläppchen münden. Die Längskanäle münden am Hinterrande der jeweilig letzten Proglottis aus. Die Geschlechtsorgane sind sehr stark entwickelt, und es finden sich in jeder Proglottis ein männliches und ein weibliches vor. Nur die jüngsten, dem Kopfe am nächsten stehenden Glieder haben noch keine Geschlechtsorgane, die bei den mittleren am stärksten ent- wickelt sind, während bei den letzten fast nur der mit Eiern gefüllte Uterus übrig bleibt. Wie bei den Trematoden, so finden sich auch bei den meisten Cestoden drei Geschlechtsöffnungen, eine männ- liche und zwei weibliche, ven denen die eine die Mündung der Vagina, die andere die des Uterus darstellt, doch kann letztere auch fehlen (bei den Tänien). Die Genitalöffnungen sind randständig oder flächenständieg. Die männlichen Geschlechtsorgane weisen zahlreiche Hoden- bläschen im Parenchym auf, deren kleine Ausführgänge sich zu einem Vas deferens vereinigen. Das Ende dieses Samenleiters liegt in einer Tasche, der Penistasche, ist ausstülpbar und fungiert als Penis. Die weiblichen Organe beginnen mit dem am Hinterrande jeder _ Proglottis liegenden paarigen Keimstock (Ovarium). Der davon aus- gehende Eileiter zieht zur Schalendrüse, welche die paarigen Aus- führgänge zweier Dotterstöcke aufnimmt. Hier wird jede Eizelle von Dotterzellen, die ihr als Nahrung dienen, umhüllt, und das nun- mehr zusammengesetzte Ei mit einer gedeckelten Schale umgeben. Bei manchen Formen (Tänien) fehlen die paarigen Dotterstöcke und 80 6. Kursus: Platodes. werden durch die unpaare Eiweißdrüse ersetzt. Von der Schalen- drüse gehen zwei Gänge nach außen, der eine, die Vagina, mündet dicht neben dem Penis nach außen, der andere, der Uterus, enthält die fertigen Eier und mündet entweder (Bothriocephaliden) ebenfalls nach außen, oder endigt blind (Tänien), zahlreiche Seitenäste aussendend. Von den fünf Familien, welche man unterscheidet, leben die noch sehr trematodenähnlichen Caryophyllaeiden in Fischen, ebenso die Tetrarhynehiden, die Liguliden im Darm von Wasservögeln (ihre Jugendform in der Leibeshöhle von Fischen) während die Bothrio- cephaliden und Taeniiden im Darm von Säugetieren vorkommen. Die Bothriocephaliden haben einen spatelartigen Kopf mit zwei Saug- gruben auf den schmalen Seiten, bei den Tänien finden sich vier Saug- näpfe, meist auch noch ein Rostellum mit einem Hakenkranz. B. Spezieller Kursus. Taenia solium, T. saginata und Bothriocepahlus latus. Jeder Praktikant erhält zunächst etwas finniges Schweinefleisch, aus welchem er die einzelnen Finnen — ohne sie anzustechen — herans- zulösen und in ein mit Wasser sefülltes Uhrschälchen zu bringen hat. Schon mit bloßem Auge läßt sich der meist ins Innere der Blase ein- gestülpte Scolex als weißlicher Fleck erkennen. Um den Scolex besser zur Anschauung zu bringen, kann man ihn entweder durch vorsichtiges Quetschen der Blase zwischen zwei Fingern zur Ausstülpung bringen, oder man hebt ihn mittels einer Nadel aus der Blase heraus, oder man schneidet ihn, samt einem Stück der Um- gebung, aus der Blasenwand aus, bringt ihn dann mit reichlichem Wasserzusatz auf einen Objektträger, und lest unter leichtem Druck einen zweiten Objektträger auf das alsdann fertige Präparat. Fig. 56. Scolices der Finne von Zaenia solum (nach LEUCKART). Schema. Unter schwacher Vergrößerung zeigt das Mikroskop den Seolex in fast rechteckigem Umriß (Fig. 56). Deutlich treten in den vier Ecken die Saugnäpfe hervor. Charakteristisch für vorliegende Form (Taenıa solium) ist der Besitz eines Hakenkranzes von etwa 28 Haken an der Vorderfläche des Kopfes. Man erkennt zweierlei Haken, größere und kleinere, die in zwei konzentrischen Kreisen stehen. Im inneren Kreise befinden sich die größeren Haken, im äußeren Kreise, damit alternierend, die kleineren. Die Spitzen der Haken beider Kreise liegen vom Zentrum gleich weit entfernt. Die genauere Betrachtung der äus einer hornigen Substanz bestehenden Haken zeigt deren ein- | IP VE ur ib 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. 97 den zu schneidenden Wurm mit 4°/, Formol zu konservieren und mit Boraxkarmin durchzufärben. Ferner werden mikroskopische Präparate von der Trichine ge- geben. Von frischem trichinösen Fleisch (von einer infizierten Ratte nimmt man am besten die Kaumuskeln oder das Zwerchfell) werden mit dem Rasiermesser feine Schnitte angefertigt, diese unter ein Kom- pressorium gebracht, darin mit Formol fixiert, hierauf mit Boraxkarmin sehr lange durchgefärbt und ebensolange mit salzsaurem Alkohol diffe- renziert. Nach mehrstündigem Verweilen in absolutem Alkohol erfolgt die Aufhellung in Nelkenöl, dann Einschluß in Kanadabalsam. A. Allgemeine Übersicht. Die teils freilebenden, teils parasitischen Nematoden sind Würmer von sehr verschiedener Größe, meist fadendünn und von rundem (uer- schnitt. Den Körper umgibt eine feste, meist glatte, elastische Cuticula, welche von der darunter gelegenen Epidermis ausgeschieden wird. Die darunter liegende meist mächtige Schicht von Längsmuskeln wird durch vier längsverlaufende, ins Innere vorspringende Leisten der Hypodermis in vier Portionen getrennt. Diese Hypodermisleisten heißen nach ihrer Lage Seitenlinien, Rücken- und Bauchlinie. Zwischen Leibeswand und Darmtraktus liegt die primäre Leibes- höhle, welche aber meist durch die starke Entwicklung der an ihrem freien Ende kolbigen Muskellzellen sehr eingeengt ist. Der Darm zerfällt in drei Abschnitte, den muskulösen als Pumpe fungierenden Oesophagus, den gradlinig nach hinten verlaufenden Mitteldarm und einen kurzen, wieder mit Muskeln versehenen Enddarm. Der Mund, mitunter von Lippen umstellt, liegt genau terminal, der After ventral, unweit vom hinteren Körperende. Das Nervensystem besteht aus einem den Schlund umgebenden Nervenring, von welchem mehrere Nervenstämme abgehen: die beiden stärksten verlaufen in Rücken- und Bauchlinie nach hinten. Von Sinnes- organen finden sich Tastpapillen und bei einigen freilebenden Formen kleine Sehorgane. Ein Blutgefäßsystem fehlt. Das Exkretions- system besteht aus zwei Röhren, welche in den Seitenlinien nach vorn verlaufen und sich vorn in einem transversalen Kanal vereinigen, der durch einen unpaaren Porus nach außen mündet. Vier oder mehr sehr große, sternförmig ausstrahlende Zellen, welche, meist den Seitenkanälen anliegend, in die Leibeshöhle hineinragen, scheinen zu der Exkretion in Beziehung zu stehen und werden als „phagocytäre Organe“ be- zeichnet. Die Nematoden sind meist getrenntgeschlechtlich. Der Ge- schlechtsapparat des Weibchens besteht aus zwei sehr langen, dünnen, in zahlreichen Windungen auf- und abziehenden Schläuchen, welche vor ihrer auf der ventralen Seite erfolgenden Ausmündung sich vereinigen, während beim Männchen nur eine unpaare Röhre vorhanden ist, welche in den dadurch zur Kloake werdenden Enddarm einmündet. Beim Weibchen liefert das dünne Ende der Geschlechtsröhren die Eier, stellt also das Ovarium dar: von hier aus gelangen die Eier in einen weiteren Abschnitt, den Eileiter, dessen Fortsetzung sich zu einem Uterus erweitern kann, und das unpaare, nach außen mündende Rohr stellt die Vagina dar. Beim Männchen stellt der Geschlechtsapparat fast durchweg einen unpaaren Schlauch dar. und es bilden sich die ent- Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. ‘ 987 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. Pen -- Mund B------ -- Exkretionsporus --------- Ösophagus Phagocytäre Organe Geschlechts- porus En ne Uterus Darm -- Eileiter N Eierstock A Muskulatur ---... Eindruck der Seiten- linie in den Darm Fig. 65. Anatomie einer weib- lichen Ascarıs megalocephala, von der Seite aus gesehen. Orig. sprechenden Abschnitte als Hoden und Samenleiter aus. Meist besitzen die Männ- chen besondere Begattungsorgane, die Spi- cula, gekrümmte, vorstreckbare Nadeln, welche bestimmt sind, die Scheide bei der Begattung offen zu halten. Die Befruchtung erfolgt stets im Uterus; bei manchen For- men (z. B. bei den Trichinen) entwickeln sich die Jungen im Uterus der Mutter, bei anderen erfolgt Eiablage. Bei den freilebenden Nematoden findet sich direkte Entwicklung, bei den parasi- tischen kann eine mehr oder minder aus- geprägte Heterogonie eintreten. B. Spezieller Kursus. Ascaris megalocepahla (CLoa.). Wir betrachten zunächst die äußere Körperform eines weiblichen Wurmes. Der über 20 cm lange walzenförmige Körper läuft nach beiden Enden zugespitzt aus, doch ist das Vorderende leicht vom Hinterende zu unterscheiden durch drei vorgewulstete Lippen, welche den terminal liegenden Mund umgeben, während das Hinterende spitzt zuläuft. Ventral von dem Hinterende liegt der quergestellte After. Durch die Lage des Afters läßt sich leicht die Bauchseite von der Rückenseite unter- scheiden. In der vorderen Körperregion findet sich außerdem an der ventralen Seite ein Porus, durch welchen die Geschlechts- organe ausmünden. Die Bauch- und Rücken- linien schimmern an konservierten Exem- plaren nur undeutlich durch, dagegen sind die beiden Seitenlinien besonders im vor- deren Körperteil sehr deutlich markiert. Der Wurm wird nunmehr mit der feinen Schere etwas seitlich von der Rückenlinie auf- geschnitten, in das Wachsbecken unter Wasser gebracht, auseinandergebreitet und mit Nadeln festgesteckt. Da beim Zerschneiden frischer Ascariden flüchtige Stoffe ent- weichen, welche heftiges Hautjucken, Augen- stechen, auch Erbrechen hervorzurufen ver- mögen, empfiehlt es sich nur konservierte Exemplare zu verwenden, oder die frischen Tiere vor dem Kurse auf mehrere Stunden in 0,9°%/,ige Kochsalzlösung zu legen. 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. 99 Wir beginnen mit der Betrachtung des Darmtraktus. Der Darm verläuft geradlinig von vorn nach hinten und bildet vorn einen muskulösen Ösophagus. Der darauf folgende Darmteil ist im größten Teile seines Verlaufes von zwei langgestreckten weißen Schläuchen umsponnen, welche die Geschlechtsorgane darstellen. Die Geschlechtsorgane sind am besten von dem Geschlechts- porus aus zu verfolgen. Sie beginnen mit einer kurzen unpaaren Va- gina, in welche die beiden Uteri einmünden. Letztere stellen ziem- lich kompakte, nach hinten laufende Röhren dar, welche in immer dünner werdende Schläuche, die Eileiter, übergehen, in deren blind geschlossenen Endstücken sich die Eier bilden. Sonst lassen sich an vorliegendem Präparat noch deutlich die Seitenlinien wahrnehmen und in ihnen die längsverlaufenden Kanäle des Wassergefäßsystems. Verfolgen wir nach vorsichtigem Abheben des Darmes die Wassergefäße weiter nach vorn, so sehen wir, daß sie sich im vordersten Körperteil durch eine Brücke vereinigen, die in dem ventral gelegenen Exkretionsporus ausmündet. Als phagocytäre Organe wer rden die vier büscheligen Zellen bezeichnet, die ein Stück hinter dem Ösophagus, je zwei alternierend, auf einer Seitenlinie stehen. Ebenso wird die Bauchlinie nach Entfernung des Darmes sichtbar und läßt den Verlauf eines weißen Stranges, des ventralen Nervenstranges, erkennen. Wir schneiden nunmehr mit einem Scherenschnitt die drei den Mund umgebenden Lippen ab, bringen sie unter Glyzerin auf den Objektträger, bedecken das Präparat mit einem Deckgläschen und betrachten es zu- nächst bei schwacher Vergrößerung unter dem Mikroskop. Die Gestalt der Lippen ist für die — Kennzeichnung der Art sehr charakteristisch. Sen Bei unserer Form erscheinen die Lippen < aN nahezu herzförmig mit nach vorn gewandter T ns T7 R Spitze. (s. Fig. 66). Deutlich hebt sich im AN U) ) (© N Präparat die dicke, chitinartige Hülle von >”: OD — ) einer dunklen in ihr liegenden Masse, der \' f „Pulpa“ ab. Nach der Spitze zu entsendet diese Masse zwei durch eine tiefe Einsatte- SS > % lung getrennte Lappen, die „Lobi“, welche EN ee Jjederseits eine flache Einbuchtung aufweisen. _ —— An den Seitenrändern jeder Lippe finden Fig. 66. Ascaris megalocephala. sich zwei tief einschneidende Einbuchtungen. (Pere Lippe ra gehen. Die Lippenränder sind vorn und seitlich ’ von einer Hautleiste umsäumt, welche bei stärkerer Vergrößerung einen diehten Besatz kleiner, zahnartiger Gebilde erkennen läßt: diese Leiste wird daher auch als Zahnleiste "bezeichnet. Es werden alsdann fertige mikroskopische Präparate, Querschnitte durch den Wurm, gegeben. An einem solchen Querschnitt, der etwa durch die Mitte eines weiblichen Wurmes geführt ist, sieht man folgendes (s. Fig. 67). Zu äußerst liegt die transparente, chitinige Cuticula, welche bei stärkerer Vergrößerung drei Schichten erkennen läßt. Darunter findet sich das Ektoderm, welches die Cuticula abgeschieden hat, doch lassen sich Zellgrenzen in dieser Subeuticula oder Hypodermis genannten Ye 100 7. Kursus: Bryozoen. Chaetognathen und Nematoden. Schicht nicht nachweisen, da die einzelnen Zelleiber zu einer gemeinsamen protoplasmatischen Masse, einem Syneytium verschmolzen sind. An vier Stellen verdickt sich die Hypodermis und springt ins Innere vor, und zwar bildet sie zu beiden Seiten je eine Längsleiste: die Seitenlinien, und dorsal und ventral: die Rücken- und Bauchlinie. Am stärksten entwickelt sind die Seitenlinien; sie lassen sich leicht wahrnehmen, in- dem in ihnen jederseits der Querschnitt eines Rohres, des Exkretions- gefäßes, sichtbar wird. Die Rücken- und Bauchlinie sind schwächere Verdiekungen, in denen Nervenstränge verlaufen. Unter dem Ektoderm liegt die eigentümlich geformte Muskulatur. Es sind mächtige, keulenförmig in die Leibeshöhle vorspringende Zellen, Dorsaler Nerv - Eierstock ) 1}; Eileiter --Eileiter — Darm ---- Seitengefäß IB D 1 \ 2 .... Üterus \ (28 --Cutieula \2, \ G --—- Hypodermis Fig. 67. Querschnitt durch die Körpermitte von Ascaris megalocephala. Orig. welche im oberen blasigen Teil rein protoplasmatischer Natur sind, in ihrem basalen Teile aber in unserem Querschnitt quergetroffene, also längsverlaufende Muskelfibrillen aufweisen, welche an der Peripherie der Zellen liegen. Im Leben treten die Muskelzellen bis an die inneren Organe heran und lassen von der Leibeshöhle nur schmale Lücken frei, erst durch die Konservierung erfolgt ihre Zurückziehung nach der Leibeswand hin. Im Innern finden wir den quergeschnittenen Darm, der von einer Schicht sehr langer schmaler Zylinderzellen gebildet wird, deren Kerne in regelmäßiger Anordnung nahe dem peripheren Ende der Zellen liegen. Innen wird das Darmlumen ausgekleidet von einer feinen porösen Cutieula, und eine zweite dünne Cutieula bildet die Außenwand des Darmes. 7. Kursus: Bryozoen, Chaetognathen und Nematoden. 101 Um die Struktur des Pharynx kennen zu lernen, müssen wir einen zweiten, durch die vorderste Körperregion gelesten Querschnitt betrachten. Wir sehen hier das Pharynxlumen eingeengt zu einer nach drei Seiten ausstrahlenden schmalen Spalte. Das wird verursacht durch die mächtige Entwicklung strahlig verlaufender Pharynxmuskulatur. Das enge Pharynxlumen ist durch eine starke, gelbliche, chitinige Cutieula begrenzt. Kehren wir wieder zur Betrachtung des durch die Körpermitte gelegten Querschnittes zurück, so fallen uns noch zahlreiche in der Leibeshöhle liegende Querschnitte von weiteren und engeren Röhren auf, welche die Geschlechtsorgane bilden. Die beiden großen Hohlräume mit weitem, mit Eiern erfülltem Lumen sind die beiden Uteri, in denen auch die Befruchtung der Eier durch die durch innere Begattung hineingelangten zahlreichen Spermatozoen stattfindet. Außen von einer Cuticula umhüllt, weist der Uterus nach innen vorspringende, große, kolbige Zellen auf, zwischen denen mit Spermatozoen erfüllte Furchen liegen. Ferner finden sich in vorliegendem Schnitte Röhren von geringerem Durchmesser, die dieht mit freien Eiern erfüllt sind, das sind die Eileiter. in welche sich die Uteri fortsetzen, und außerdem sehen wir noch kleinere, kreisrunde Gebilde, in der Mitte mit einem protoplasmatischen Strange, Rhachis genannt, um den herum in regel- mäßiger Anordnung die Eier entstehen. Dieser Teil wird als Eier- stock bezeichnet. Vergleichen wir das mikroskopische Bild mit dem makroskopischen Präparat, so sehen wir die weiblichen Geschlechtsorgane aus vier Teilen bestehen; sie beginnen mit der unpaaren Vagina, die sich in die beiden nach hinten ziehenden weiten Uteri spaltet. Diese verengern sich zu den vielfach auf- und absteigenden Eileitern, deren letztes fadendünnes Ende die Eierstöcke darstellen. Es bleibt noch die Betrachtung eines männlichen Wurmes übrig. Dieser ist bedeutend kleiner als das Weibchen und an der starken Einkrümmung seines Hinterendes ohne weiteres kenntlich. Während beim Weibchen die Geschlechtsorgane in einer weit vorn gelegenen ventralen Öffnung nach außen münden, tritt beim Männchen das unpaare Genitalrohr, welches aus einem fadendünnen Hoden, einem sich daran anschließenden Ausführgang, dem Samenleiter, und einem weiteren, als Samenblase bezeichneten Endstück besteht, in das Rektum ein. Hinter demselben liegen in muskulösen Säcken die beiden Be- gattungsorgane, zwei chitinige Nadeln: die Spieula, welche bei der Begattung vorgestoßen werden, um die Geschlechtsöffnung des Weibehens aufzusperren. Zur mikroskopischen Untersuchung eignen sich kleine in feuchter Erde lebende Nematoden, die man sich leicht züchten kann, indem man mit Chloroform getötete, mit Wasser abgespülte Regenwürmer auf einem mit feuchter Gartenerde bedecktem Teller legt, diesen mit einer Glas- scheibe bedeckt und im Dunkeln aufbewahrt. Nach einigen Tagen ent- wickeln sich durchsichtige Nematoden, besonders den beiden Arten DiPlo- gaster longicauda Cuaus und Rhabdıtis teres Schn. angehörig, die zu mikroskopischer Betrachtung sich ganz besonders eignen. 102 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. 8. Kursus. Anneliden, Ringelwürmer. l. Hirudineen. Technische Vorbereitungen. Zur Untersuchung gelangt Z/rrudo medicinalis, der Blutegel, welcher in jeder Apotheke erhältlich ist. Da die Tiere meist lange gehungert haben, so empfiehlt es sich, sie einige Zeit vor dem Kurse in einen Behälter zu Fröschen zu setzen, an die sie sich ansaugen und so ihren Darm mit Blut füllen. Bevor die Blutegel verteilt werden, sind sie in einem verschließbaren Glasgefäß mit etwas Chloroform zu töten, oder, was für die Untersuchung des Nervensystems vorteilhafter ist, kurze Zeit in schwachem, 10°/,igem Alkohol zu belassen. Zur weiteren Orientierung sind nach erfolgter Untersuchung noch fertige Querschnittspräparate zu geben, die unter dem Mikroskop zu betrachten sind. A. Allgemeine Übersicht. Die Hirudineen bilden eine Ordnung der Klasse der Anneliden oder Ringelwürmer und sind dadurch von der anderen Ordnung, den Chaetopoden, unterschieden, daß ihnen die Borsten zu beiden Seiten der Körpersegmente fehlen, durch welche die letzteren sich auszeichnen. Eine weitere ihnen zukommende Eigenschaft ist die Rückbildung der Leibes- höhle und damit in Zusammenhang die Ausbildung eines das Innere erfüllenden sog. Körperparenchyms, eines aus dem ursprüng- lichen Cölomepithel stammenden blasig-zelligen Bindegewebes, welches die inneren Organe umgibt. Der Mangel der Leibeshöhle ist es auch, welcher eine gewisse Ähnlichkeit mit Plathelminthen erzeugt und wohl auch eine Abplattung des Körpers in dorsoventraler Richtung be- dingt hat. Drittens sind die Hirudineen im Besitz zweier Saugnäpfe, eines vorderen, in der Umgebung des Mundes, und eines hinteren, ventral- wärts vom After gelegenen, die zum Ansaugen, sowie zur Fortbewegung benutzt werden. Die Muskulatur ist stark entwickelt; unter dem drüsenreichen Hautepithel liest eine in reichliches Bindegewebe eingebettete Musku- latur, zu äußerst eine Ringmuskelschieht, dann eine Diagonal- schicht und nach innen eine starke Längsmuskulatur. Außer diesen den Hautmuskelschlauch der Anneliden bildenden Schichten kommt bei Hirudineen noch eine weitere Schicht von Muskeln vor, die derso- ventrale Muskulatur, deren Bahnen, sich kreuzend, das Körperparen- chym schräg vom Rücken zum Bauche durchsetzen und im Bereich der Darmdivertikel zwischen diesen liegende, metamer angeordnete Muskel- dissepimente bilden. Das Blutgefäßsystem der Hirudineen ist mit den Resten der Leibeshöhle in Verbindung getreten. Als solche Cölomreste betrachten wir das Bauchgefäß, in welchem das Bauchmark eingebettet ist, und die beiden Seitengefäße. 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. 103 Besondere Atmungsorgane fehlen mit einer Ausnahme (Bran- chellion), die Respiration geschieht durch die Haut, in welche das Blutgefäßsystem in feinen Kapillaren eintritt. Das Nervensystem ist das typische der Anneliden. In allen Segmenten finden sich Anschwellungen des Bauchmarkes, die Bauch- ganglien, von denen jederseits zwei Nerven ausgehen. Von Sinnes- organen kommen außer Ocellen, die in wechselnder Zahl dorsal vorn am Kopfe liegen, segmental angeordnete Sinnespapillen vor, deren Funktion indessen nicht feststeht. Der Darm beginnt mit einem sehr verschieden gestalteten Pharynx, nach dessen Bau wir die zwei Ordnungen der Gnathobdelliden und Rhynchobdelliden, der Kiefer- und der Rüsselegel, unterscheiden. Bei den Kieferegeln entspringen an der Innenseite der Muskelwand des Pharynx drei fein bezahnte Kiefer; bei den Rüsselegeln fehlen die Kiefer, dafür kann der ganze, vorn oft zugespitzte Schlund, der mit einer ringförmigen Falte in einer Erweiterung der Schlundtasche sitzt, aus dieser vorgestreckt werden. Am Mitteldarm finden sich meist paarige Blindsäcke. Der Enddarm zeigt häufig vor seiner Ausmündung in den After noch eine Erweiterung. Die Exkretionsorgane sind, wie die der anderen Anneliden, Nephridien, die in jedem Segmente, mit Ausnahme der vordersten und hintersten, in einem Paare vorhanden sind. Jedes Nephridium besteht aus zwei oder drei Teilen, dem Trichter, der in der zu Blut- räumen reduzierten Leibeshöhle liegt (vielfach im ventralen Blutgefäß oder in den Blutsinus, welche auch teilweise die Hoden umgeben, wie bei Zerzdo), ferner einem vielfach geschlängelten Kanal, zu dem noch eine kurz vor der Ausmündung liegende Blase kommen kann. Die Hirudineen sind Zwitter. Der männliche Geschlechtsapparat besteht aus einer Anzahl Hoden, die in den mittleren Körpersegmenten paarig und metamer angeordnet sind und deren kurze Ausführungs- gänge jederzeit in ein nach vorn ziehendes Vas deferens münden. Beide Samenleiter wenden sich vorn zur ventralen Mittellinie, in eine gemeinsame Öffnung ausmündend, die bei manchen Hirudineen auf einem vorstülpbaren Begattungsapparat, dem Penis, liegt. Der weibliche Geschlechtsapparat liegt ein Segment hinter der Ausmündung des männlichen Geschlechtsapparates und besteht aus zwei Ovarien, deren kurze Ausführungsgänge, die Eileiter oder Ovi- dukte, in einen Kanal sich vereinigen, der entweder direkt nach außen mündet oder sich vorher sackartig zur muskulösen Vagina erweitert. Die Eiablage erfolgt im Frühjahr in feuchter Erde. Die Eier liegen meist zu mehreren in den „Kokons“, eigentümlichen Kapseln mit chitiniger, schwammiger Hülle und Eiweißinhalt, beide von der Haut des Tieres abgeschieden. Die Embryonen wachsen durch Verschlucken des als Nahrung dienenden Eiweißes heran, sprengen dann die Eihülle und werden allmählich dem erwachsenen Tiere immer ähnlicher. B. Spezieller Kursus. Hirudo medieinalis (1.). Bevor wir zur Sektion des Blutegels übergehen, sehen wir uns die Art der Fortbewegung an einem nicht betäubten Tiere genauer an. Wir können beobachten, daß die kriechende Fortbewegung derart er- 104 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. folgt, daß die beiden Saugnäpfe sich abwechselnd festsetzen. Werfen wir das Tier ins Wasser, so sehen wir, wie es mit eleganten schlängeln- den Bewegungen zu schwimmen vermag. Das getötete Tier wird in das kleine Wachsbecken gelest und zunächst seine äußere Körperform mit Zuhilfenahme der Lupe be- trachtet. Der Körper ist dicht geringelt; wie wir bei der Anatomie des Innern sehen werden, entsprechen aber erst fünf dieser Ringel einem inneren Segmente, am Vorder- und Hinterende nur vier und drei. An jedem Blutegel läßt sich leichtlich eine Rücken- und Bauch- seite unterscheiden. Erstere ist mehr gewölbt, von grünschwarzer Farbe und mit gelb-, öfters rotbraunen Streifen versehen, zwei an der Seite, zwei etwas dunkleren auf dem Rücken. Die Zeichnung des Blutegels ist übrigens sehr variabel. Die flachere Bauchseite ist heller gefärbt, grünlich oder bräunlich. An den beiden Körperenden findet sich je ein Saugnapf, der größere am Hinterende, der kleinere, mehr löffelförmige, am Kopfe. Schaut man mit der Lupe in den Grund des Kopfsaugnapfes. so sieht man den dreizipfeligen Mund, und breitet man diesen mit der Pinzette etwas auseinander und trocknet mit einem Stückchen Fließpapier den in dieser Region reichlich angehäuften Schleim ab, so sieht man auch die strahlenförmig von einem Punkte ausgehen- den drei Kiefer, an denen man schon mit der Lupe die dem Rande in einer Reihe aufsitzenden Zähnchen sehen kann. Demgemäß ist auch die Wunde, welche ein angesetzter Blutegel schlägt, eine von einem Punkte aus divergierende dreistrahlige. Betrachten wir die Bauchseite aufmerksam mit der Lupe, so fallen uns in der Medianlinie zwei deutliche, auf kleinen Papillen stehende Öffnungen auf, von denen die vordere zum Heraustreten des Penis dient, die hintere die weibliche Geschlechtsöffnung darstellt. Hin und wieder werden auch zu beiden Seiten der Mittellinie die feinen Poren sichtbar, mit welchen sich in gewissen, der inneren Metamerie entsprechenden Abständen die Segmentalorgane nach außen öffnen. Solcher Exkretionsporen gibt es 17 Paar, welche in den letzten (fünften) Ringen des 6. bis 22. Segmentes liegen. In dem vordersten Ringe jedes Segmentes erhebt sich eine Anzahl als Sinnesorgane fungie- render sehr feiner Papillen. In den vordersten Ringen der ersten fünf Segmente (auf dem 1., 2., 3., 5. und 8. Ringel) treten fünf Paar kleiner schwarzer Punkte, die Ocellen, auf. Wir schreiten nunmehr zur Sektion des Tieres. Es wird unter Wasser in dem kleinen Wachsbecken auf den Bauch gelegt, der hintere Saugnapf mit einer starken Nadel angesteckt, mit einer zweiten Nadel der vordere Saugnapf durchbohrt und der Blutegel ganz langsam, soweit es geht, in die Länge gezogen und diese Nadel dann ebenfalls fest- gesteckt. Diese Streckung wird noch ein paarmal wiederholt, !bis der Blutegel sehr lang gezogen ist. Nun wird der Rücken aufgeschnitten. Diese Manipulation muß sehr vorsichtig geschehen, damit der an die dorsale Körperwand anhaftende Darm nicht angeschnitten wird. Man kann entweder den neben der dorsalen Mittellinie zu führenden Schnitt mit einem sehr scharfen, vorn abgerundeten Skalpell machen oder mit der feinen Schere, nur muß man sich stets ganz oberflächlich halten, um das Ein- schneiden in den Darm, was sich sofort durch Bluterguß kundgibt, zu vermeiden. Ist der Längsschnitt geführt, so wird zunächst ganz vorsichtig mit der Schere, unter Zuhilfenahme der Pinzette, die Körperhaut der einen, dann die der anderen Seite freipräpariert und dann mit Nadeln Verlag von Gustav Fischer in Jena IL. en Br N er TEE Bar zur Jena, Januar 1912. Soeben erschien: LEHRBUCH EXPERIMENTALPHYSIK IN ELEMENTARER DARSTELLUNG VON Dr. ARNOLD BERLINER. ZWEITE AUFLAGE. MIT 726 ZUM TEIL FARBIGEN ABBILDUNGEN IM TEXT UND ZWEI LITHOGRAPHISCHEN TAFELN Preis 18 M., geb. 19 M. 50 Pf. Das vorliegende Buch ist vor allem in der Form des Vortrags elementar, d. h. in der Ausführlichkeit der Darstellung, die überall darauf angelegt ist, die einzelnen Dinge so deutlich wie mög- lich zu beschreiben und dem Leser die eigene Arbeit so leicht wie möglich zu machen. Aus diesem Bestreben, möglichst deutlich zu sein, erklärt sich auch bis zu einem gewissen Grade der Umfang des Buches. Es ist notwendig, das von vornherein zu sagen, um nicht den Glauben aufkommen zu lassen, das Buch gehe seinem Inhalt nach weit über die Grenzen eines elementaren Lehrbuches hinaus. Elementar ist das Buch auch insofern, als es an mathemati- schen Kenntnissen so gut wie nichts voraussetzt, allerhöchstens das Sekundanerpensum, meistens aber auch dieses nicht einmal. Im übrigen rechnet es bei dem Leser auf keine anderen Vorbedingungen, als auf die Fähigkeit, aufzupassen und nachzudenken und das einmal Verstandene auch im Gedächtnis zu behalten. Elementar ist es auch durch die einfache Gliederung des Stoffes, d. h. durch seine Uebersichtlichkeit. Der Lernende sieht sich niemals einem Gegenstande unvermittelt gegenübergestellt und sieht die einzelnen Gegenstände niemals unvermittelt nebeneinander. Er hat den Faden, der sie miteinander verbindet, dauernd in der Hand und wird stets über den Zweck der einzelnen Dinge belehrt, so daß er stets weiß, warum er sich mit ihnen bekannt machen soll. Dadurch wird sein Interesse dauernd rege erhalten und sein Ge- dächtnis nach Möglichkeit entlastet. Aus diesem Bestreben, die Ueber- siehtlichkeit zu wahren, erklärt sich, daß die Gruppierung in manchen Teilen des Buches von der herkömm- lichen weit abweicht. Im Laufe der ‚Jahre hat sich eine gewohnheitsmäßige Reihenfolge herausgebildet, in der die Fig. 203a Fir. 203b Fir, 203e Fig. 2034 einzelnen Teile der Experimentalphysik behandelt werden. Es ist z. B. herkömmlich, die Polarisation des Lichtes mit der Doppelbrechung des Lichtes zusammen zu behandeln, ein Fehler, der sich oft dadurch rächt, daß der Lernende keine von beiden begreift und die Be- mühungen um ihre Beherrschung von vornherein als aussichtslos auf- gibt. Wenn man aber die Darstellung der beiden Vorgänge voll- kommen voneinander trennt (wozu man berechtigt ist, da die Polari- sation ganz unabhängig von der Doppelbrechung existieren kann), und wenn man die Doppelbrechung unmittelbar im Anschluß an die einfache Brechung behandelt, so verschwindet ein großer Teil der Schwierigkeiten ganz von selbst. Erstens sieht man dann jeden einzelnen der an sich nicht ganz einfachen Vorgänge ohne Vermengung mit dem anderen, und zweitens wird die Polarisation des Lichtes sehr viel übersichtlicher, weil man dann schon mit dem bequemen Hilfsmittel zur Polarisierung des Lichtes vertraut ist, das uns die Doppelbrechung in die Hände gibt. Ganz ähnlich geht es mit einer großen Zahl anderer Dinge: bringt man sie an diejenige Stelle, an die sie ihrem Inhalt nach fast von selber hindrängen, so verschwindet ein großer Teil der Schwierigkeiten von selbst. Fig. 510 Fig. 382 Ueber den Umfang des Stoffes, der in einem elementaren Lehrbuche behandelt werden soll, gehen die Ansichten natürlich weit auseinander; schon deswegen, weil ein solches Buch nicht nur für den Physiker der ersten Semester bestimmt ist, sondern ebenso fürden Chemiker und für den Mediziner — überhaupt für jeden, der die Physik als Hilfswissen- schaft benützt. Der Mediziner erwartet z. B. eine viel größere Ausführliehkeit bei der Beschreibung des Mikroskops als der Chemiker, und der Chemiker hält die eindringende Darlegung der NERNSTschen Theorie der galvanischen Kette für sehr viel nötiger als der Mediziner. Vom Standpunkt des Physikers aus betrachtet, geht das Buch nirgends über den Rahmen des Elementaren hinaus, es enthält nichts, was man nieht in dem Wissensschatz eines Physikers der ersten Semester erwarten sollte. In einigen Teilen ersetzt die Darstellung veraltete Anschauungen durch die jetzt herrschenden. In allererster Linie gilt dies von der = ae Kar U Fig. 36. | | | | | [|| N Fig. 153 Fig. 570 Darstellung der optischen Instrumente. Seit das vortreffliche Buch von ÖZAPSKI die ABBeEsche Theorie der optischen Instrumente im Zusammenhange kennen gelehrt hat, ist es an der Zeit, auch die elementare Darstellung der optischen Instrumente mit Hilfe der Lehre von der „Strahlenbegrenzung“ und des Begriffs der „Pupillen“ zu behandeln, um diejenige Uebersichtlichkeit über die Wirksamkeit der optischen Instrumente zu erzielen, die ohne sie gar nicht möglich ist. Daß bei der Behandlung der Elektrizitätslehre überall die neuesten An- schauungen in den Vordergrund und durchweg an die Stelle der veralteten gestellt worden sind, bedarf als selbstverständlich kaum der Erwähnung. In der jetzt erschienenen zweiten Auflage hat der Verfasser sowohl hinsichtlich der Auswahl des Stoffes wie seiner Behandlung das Buch noch mehr zu verbessern gesucht, aber die Art seiner Dar- stellung und die Gruppierung seines Inhalts unverändert gelassen. Zu gefl. Bestellungen auf das Werk bitte ich den beigegebenen Bestellzettel zu benutzen und diesen ausgefüllt derjenigen Buchhand- lung zu übergeben, durch welche die Zusendung gewünscht wird. Gustav Fischer. Probe aus dem Werk. Wie man durch die Verbindung von zwei Prismen nur zwei Farben vereinigen kann, so auch durch die Verbindung von zwei Linsen. Um drei Farben zu vereinigen (nur noch ein tertiäres Spektrum übrig zu behalten), muß man im allgemeinen mindestens drei Linsen miteinander verbinden. Nur einige Gläser des Jenaer Glaswerkes (ScHorr) machen es möglich, auch mit Systemen aus zwei Linsen drei Farben zu vereinigen, so daß nur noch ein ganz unschädlicher Farbenrest übrigbleibt. — Die Achromatisierung der Linsen ist entscheidend für die Vervollkommnung aller optischen In- strumente, die mit Hilfe des gebrochenen Lichtes Bilder erzeugen, im besonderen für die Vervollkommnung des Mikroskops, des Fernrohres und des photographischen Objektivs. Die dahin führenden Wege wurden ursprünglich von FRAUNHOFER gewiesen, aber ganz neue und bis dahin vollkommen verschlossene Wege wurden im Laufe der letzten 30 Jahre von ABBE und von SCHOTT, und zwar durch die Einführung neuer Gläser, geöffnet. Während früher allein die Kieselsäure als Grundbestandteil von Glasflüssen benutzt wurde, führte ScHoTT auch Phosphorsäure und Borsäure ein, die Phosphatgläser als Er- satz für Crowngläser und die Boratgläser als Ersatz für Flint- gläser. Außerdem führte er sehr viel mehr verschiedene chemische Elemente in die Glasfabrikation ein, als früher benutzt wurden. Da- durch wurde es ihm möglich, Gläser herzustellen, die für die Achro- matisierung der Bilder und für ihre Verschärfung von entscheidender Bedeutung geworden sind. Für die Photographie, sowohl die ge- wöhnliche wie die Mikrophotographie, wird im besonderen erreicht, daß sich die photographisch wirksamen Strahlen an derselben Stelle hinter der Linse schneiden, an der sich auch die physiologisch wirk- samen schneiden, das photographische Bild daher an derselben Stelle hinter der Linse entsteht, an der das Auge das Bild sieht, mit dem es den Apparat „einstellt“. Erst durch das Zusammenfallen des „optischen“ und des „aktinischen“ Bildes ist es möglich ge- worden, den Apparat wirklich genau auf das zu photographierende Objekt einzustellen. Wir setzen für die Folge die Linsen, auch wo wir es nicht aus- drücklich hervorheben, als achromatisierte voraus. Die Verwirklichung der Abbildung und die optischen Instrumente. Die „Abbildung“ von Objekten hat eine unermeßliche BedeutungDasProblem für die Praxis. Wie wir sehen, ist die Aufgabe eine vorwiegend Via. mathematische, und tatsächlich ist sie auch immer im wesentlichen als solche behandelt worden. Aber man hat doch ihre physikalische Seite immer als die Hauptsache angesehen, d. h. die Aufgabe als eine physikalische, die mathematisch behandelt wird. Erst ABgE hat (um 1570) erkannt, daß man dieses Rangverhältnis zwischen der mathematischen und der physikalischen Seite umkehren muß, um zu einer erschöpfenden Lösung zu kommen. Er behandelt sie in erster Linie als eine Aufgabe der reinen Mathematik, und erst nachdem er ihre Lösung gefunden hat, fragt er, ob und wie weit man das mathe- matische Resultat physikalisch, auf optischem Wege, verwirklichen kann. Die Abbildungslehre ist dadurch nicht nur als Theorie viel vollkommener ausgebaut worden, sondern sie hat auch gerade durch diesen Ausbau für die Praxis eine noch größere Bedeutung gewonnen. Die ursprüngliche Art, die Abbildungslehre zu behandeln — sie ls stammt von Gauss — ist die, die auch wir S. 585 befolgt haben. !ehre Abbesche Abbildungs- lehre GAuss ging dabei von vornherein von einer ganz bestimmten Art, die Abbildung zu verwirklichen, aus: als gegeben sah er an eine Kugelfläche und Lichtstrahlen, die darauf fallen — d. h. ein ganz be- stimmtes Mittel, die Abbildung zu verwirklichen; ferner die Tatsache der Brechung des Lichtes — ein weiteres Mittel dazu; ferner ein durch die Erfahrung gefundenes Brechungsgesetz, dem die Strahlen gehorchen; ferner die Forderung, daß der leuchtende Punkt in der Achse der Kugelfläche liegt? — kurz lauter Dinge, die mit der Erfahrung rechnen und die schon von vornherein darauf Bedacht nehmen, wie die Abbildung verwirklicht werden soll. Von der einen brechenden Fläche ging GAuss über zur Be- handlung der Aufgabe für zwei brechende Flächen, eine Linse; von da zu Systemen von Linsen; von Punkten, die in der Axe liegen, zu solehen, die ihr unendlich nahe liegen. Mit anderen Worten: GAuss geht von einer ganz bestimmten Art und Weise aus, durch die die Abbildung verwirklicht werden soll, und von ganz bestimmten Bedingungen, unter denen das geschehen soll; er verallgemeinert dann diese Bedingungen immer mehr und kommt so von der Ab- bildung in einem besonderen Falle zu einer allgemeinen Theorie der Abbildung. Diese Methode, die Philosophie nennt sie Induktion, geht vom Speziellen zum Allgemeinen. — Ein auf diesem Wege gefundenes Gesetz ist aber niemals vollkommen kennen zu lernen: man weiß nie, wo die Grenzen für die Verallgemeinerung, also auch für das durch Induktion gefundene Gesetz, liegen. Man kann daher auf diesem Wege, die Abbildungslehre zu behandeln, niemals zu Resultaten von absoluter Allgemeinheit kommen. Außerdem aber beruhen die so sefundenen verallgemeinerten Resultate immer auf speziellen Voraus- setzungen, gelten also auch nur dann, wenn jene erfüllt sind. Die Beziehungen zwischen Bildpunkt und Objektpunkt, die man so findet, können z. B. schon nicht mehr richtig sein, falls — um einen extremen Fall zu nehmen — es sich herausstellen würde, daß jenes Brechungs- gesetz nicht richtig ist, oder daß man es nicht mit Kugelflächen zu tun hat. Einen ganz neuen Weg, die Abbildungslehre zu behandeln, bat ABBE eingeschlagen. Er läßt zunächst unberücksichtigt, wie die Ab- bildung verwirklicht werden soll: er spricht zunächst weder von brechenden Flächen noch überhaupt von Brechung, geschweige denn von einem bestimmten Brechungs gesetz, sondern nur: von geraden Linien und von dem Begriff „Abbildung“. Er behandelt die Ab- bildung als eine rein geometrische Aufgabe. Er setzt nur voraus, daß sie durch gerade Linien — auch sie werden „Strahlen“ ge- nannt — punktweise zustande komme, so daß je einem Punkt des Objekts je ein (N.B. nur ein) Punkt des Bildes entspricht und zwar in der Weise, daß einer Strahlengruppe, die durch einen Objektpunkt geht, Strahlen entsprechen, die sämtlich durch den zugehörigen Bild- punkt gehen, wie wir das von zwei konjugierten Punkten kennen. Das ist alles, was vorausgesetzt wird. — Gefordert wird von der Ab- bildung, daß ein gegebener Punkt des Objekts durch einen Punkt des Bildes wiedergegeben wird; Punkte, die im Objekt auf einer geraden Linie liegen, auch im Bilde auf einer geraden Linie, und zwar in derselben Reihenfolge nebeneinander liegen, und Punkte, die im Objekt auf einer Ebene liegen, auch im Bilde auf einer Ebene liegen. Von der Forderung ausgehend, daß einer Ebene im Objekt auch eine Ebene im Bilde entspricht, untersucht ApBE: Welche mathematischen Beziehungen bestehen dann zwischen den Bild- punkten und den Objektpunkten? ABBE findet vier Gleichungen, die Abbildungsgleichungen, Formeln, die die wesentlichen Bild- eigenschaften zusammenfassen, d. h. die Lagen- und Größenverhältnisse der Bilder. Sie sind stets erfüllt, wenn eine Abbildung tatsäch- lich vorhanden ist, gleichviel, ob sie durch Brechung oder durch Spiegelung oder durch beides gleichzeitig oder sonstwie herbeigeführt worden ist. Also selbst wenn man einmal zu einem Instrument kommen sollte, das auf bisher unbekannten Prinzipien beruht, das weder mit Spiegelung noch mit Brechung etwas zu tun hat, aber eine optische punktweise „Abbildung“ gibt, gelten auch für die Bilder in diesem Instrument die vier Abbildungsgleichungen. Denn sie gelten ja für jede Abbildung; ohne Beziehung auf irgendeine spezielle Art, die Abbildungen zu verwirklichen, geben sie das Wesen aller Ab- bildungen überhaupt wieder. (Sie zeigen auch, welche Ansprüche man an ein abbildendes Instrument äußersten Falls stellen darf: offenbar nur solche, die nicht im Widerspruch mit den Abbildungs- gleichungen stehen, da sie ja sonst mit dem Wesen der optischen Abbildung nicht vereinbar sind.) Erst nachdem die allgemeinen Abbildungsgleichungen gefunden und interpretiert sind, geht ABBE an die Frage nach der Verwirklichung der Abbildung. In die allgemeinen Gleichungen führt er die jeweiligen speziellen Be- dingungen ein, mit denen man in einem gegebenen Falle zu rechnen hat, z. B. die Kugelfläche, die unendlich engen Büschel, das bekannte Brechungsgesetz usw. ABBE geht also vom Allgemeinen zum Speziellen, d. h. er befolgt die deduktive Methode. Er erreicht dadurch über die frühere Art, die Abbildungslehre zu behandeln, dieselbe Ueberlegenheit, wie sie an Allgemeinheit und Sicherheit des Schließens die Deduktion der Induktion gegenüber gewährt — ein Thema, das in die Philosophie, speziell die Logik gehört. Wir wenden uns nun der Frage zu, wie man die Abbildungen in der Praxis verwirklicht. Aus den Stimmen der Fachpresse über die erste Auflage: Zeitschrift für den physikalischen und chemischen Unterricht, H. III. Mai 1904. Ein in mehrfacher Hinsicht originelles Werk! Originell zunächst in der Form des Ausdrucks, die in dem Leser das Gefühl persönlicher Gegenwart des Autors erzeugt; kein lehrhafter Kathedervortrag, sondern eine von fühlbarem persönlichen Interesse am Stoff getragene freie, lebendige Mitteilung. Die gedankliche Durcharbeitung ist gegenüber der experimentellen im großen und ganzen stark bevorzugt. Ein Vorwurf läßt sich hieraus nicht ableiten, denn ein Physikbuch kann nie zum Selbstunterricht bestimmt sein. Jeder, der einmal einen guten Physikunterricht genossen hat, wird das vorliegende Lehrbuch mit größtem Vorteil gebrauchen, um verloren gegangene oder zusammen- hanglos gewordene Kenntnisse zu rekonstruieren und zu ordnen, und der Lehrer der Physik kann aus ihm eine Fülle von Anregungen für fördersame Gestaltung seines Unterrichts schöpfen. Die äußere Ausstattung ist vortrefflich, der Druck hervorragend deutlich. Die Zeit, Wien vom 2. Juli 04. Als eines der vorzüglichsten Lehrbücher, die in leicht faßlicher Weise in das große Gebiet der Physik einführen, sowohl für den Physiker der ersten Semester als auch für den Chemiker, Mediziner wie überhaupt für jeden, der die Physik als Hilfswissenschaft benützt, dürfte sich das „Lehrbuch der Experi- mentalphysik“ von Dr. Arnold Berliner erweisen. Sein Vorzug besteht vor allem in einer Ausführlichkeit der Darstellung, welche die Dinge so deutlich wie möglich beschreibt und so die Leser in das Wesen der Sache einführt. . . Der 550 Seiten starke Band ist, wie es vom Standpunkt einer anschaulichen Darstellung er- forderlich war, mit einem Reichtum an lllustrationsmaterial, farbigen Tafeln usw. ausgestattet, die das Studium sehr erleichtern. ... es enthält alle Momente in sich, ein populäres Werk im besten Sinne des Wortes zu werden. Naturwissenschaftl. Rundschau, XIX. Jahrg. Nr. €. v. 11. Febr. 1904. Die meisten unserer Lehrbücher machen ja leider nicht dem Studierenden die Arbeit so leicht wie möglich. Sie lassen ihn meist da im Stich, wo er Schwierig- keiten findet. Darauf soll nun der Verfasser eines Lehrbuches Rücksicht nehmen, er soll für Lernende schreiben, nicht für Gelehrte. Das hat Herr Berliner gewollt, und das ist ein sehr anerkennenswertes Bestreben. Naturgemäß muß bei einer der- artigen Darstellung der Umfang des Buches über das gewöhnliche Maß hinaus- hen Doch nicht vom Umfang eines Buches hängt die zu seinem Studium nötige Arbeit ab, sondern von der Darstellung. Zeitschriftfür Philo- sophie und Päda- gogik. Nr. 2. 1904. Es fehlt uns an Werken, die zu denkender Bear- beitung eines Gebietes an- regen, an Werken, die da zeigen, wie weittragend oft ein Begriff, wie sinnvoll diese oder jene scheinbar willkürliche Festsetzung ist, durch welches Ganze ein Einzelnes Bedeutung erhält, wie man gerungen hat, diesen oder jenen Ge- danken zu verkörpern usw. Das ist auch der | Grund, weshalb ich 5 Berliners Werk mit Fig. 464 Freuden begrüße. Syn Münchener medizini- sche Wochenschrift Nr.37 vom 15. Sept. 1903. Seiner ebenso an- schaulichen wie ein- ehenden Dar- ea ölke wegen, die übrigens noch durch Zitate aus Abhandlungen bekannter Physiker belebt wird, kann das Buch in der Tat dem Mediziner an- gelegentlichst empfohlen werden. Bürk er- Tübingen. Correspondenzblatt für Schweizer Aerzte. Nr. 17 vom 1. Sept. 1904. Die Besprechung dieses vorzüglichen Lehrbuches erfolgt auf einen vom Refe- Fig. 477 renten ausgesprochenen Wunsch, weil derselbe glaubt, daß Aerzten und Medizin- studierenden ein Dienst durch den Hinweis auf dasselbe geleistet wird. Die Physik ist eine unentbehrliche Grundlage des ärztlichen Denkens und Handelns und im Heilschatze mehren sich die physikalischen Maßnahmen in stetiger Weise, Das vorliegende Buch ist dank seiner Eigenart besonders imstande, den Aerzten die für dieselben erforderliche Beherrschung physikalischer Erscheinungen und Gesetze zu gewährleisten. Die Eigenart dieses Herzkhe: besteht in folgenden Punkten: 1. Die Darstellung ist durchaus elementar gehalten, insbesondere ohne Voraus- setzung größerer mathematischer Kenntnisse, dabei werden aber trotz des elemen- taren Vortrags selbst die schwierigeren Lehrsätze und Prinzipe nicht nebenher, sondern eingehend klargelegt. 2. Alles, was praktisch wichtig ist, insbesondere die den Arzt interessierenden Anwendungen der Physik, wird ausführlich besprochen, 3. Das Hervorstechendste an dem Buch ist das ungewöhnliche Geschick des Ver- fassers, durch ganz originelle Methoden, Beispiele und Skizzen die physikalischen Tatsachen und Lehrsätze zur Anschauung zu bringen. 4. Das Buch ist im guten Sinne des Wortes eine angenehme Lektüre. L. Asher - Bonn. HOFBUCHDRUCKEREI JENA, 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. 105 Kopfende mit den Vorderer Saug- Augen napf Unterkieferpaar Oberkiefer Gehirn Schlundkopf Schlundkopfmus- Br Nephridium Erstes Darmblind- { sackpaar Prostata r Ductus ejaculato- Epidermis f rıus Samenblase Penistasche Ringmuskulatur \ a ’ 5 bil - IN Ovarium -— Vagina Längsmuskulatur $ . ... ErstesHodenpaar Parenchym und dorsoventrale Muskulatur 3-- Bauchmark Nephridium “ > Nephridium -- Harnblase Samenleiter Zehntes Darm- blindsackpaar ‚Neuntes Hoden- paar Enddarm —— | - Seitengefäß Bauchgefüß Afterdarm Hinterer Saugnapf Fig. 68. Anatomie von Zirudo medicinalis. A der Darm in seinen hinteren Teilen teilweise aufgeschnitten. B nach Wegnahme des Darmes. Orig. 106 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. festgesteckt. Die Nadeln müssen schräg von außen nach innen gesteckt werden, um Raum zum weiteren Präparieren zu gewinnen. Ist die Praeoperation gut gelungen, so sieht man den Darm in voller Ausdehnung vor sich liegen. Vorn am Kopte befinden sich die drei Kiefer, zu deren Bewegung sich Muskelmassen anheften, die, schräg nach hinten ziehend, an die Leibeswand ausstrahlen. Unmittelbar hinter dem oberen Kiefer liegt das Cerebralganglion, welches den obersten Teil des Anfangsstückes vom Darme, den Pharynx, verdeckt. Der Pharynx erweist sich als kurzes, zylindrisches, vom vierten bis zum siebenten Segment reichendes Rohr, an dessen Wandung sich zahl- reiche, an die Leibeswand ausstrahlende Muskeln ansetzen. Diese Muskeln bewirken durch ihre Kontraktion den Saugakt, während in der Wand des Pharynx liegende 'Ringmuskeln als Antagonisten wirken und den Pharynx durch ihre Kontraktion wieder verengern (Fig. 68). Der auf den Pharynx folgende dünnwandige Mitteldarm ist charakterisiert durch den Besitz von zehn Paar Blindsäcken, von denen die beiden letzten sehr lang sind und den Enddarm zu beiden Seiten einfassen. Der sonst sehr dünne Enddarm schwillt an seinem hinteren Ende nochmals zu einem dickeren Afterdarm an und mündet im After dorsal von dem hinteren Saugnapf aus. Der Mitteldarm hat längsgestellte, der Enddarm quergestellte Schleimhautfalten; der After- darm ist glatt (s. Fig. 68). Schneidet man einen Kiefer ab und legt ihn auf einem Objekt- träger unter das Mikroskop, so lassen sich bei schwacher Vergrößerung sehr schön die verkalkten Zähnchen sehen, die in der Weise angeordnet sind, daß sie senkrecht auf dem gekrümmten Kieferrande stehen und ihre Schneiden auf jeder Zahnreihenhälfte nach außen gekehrt halten (siehe Fig. 69). Diese Einrichtung bewirkt, daß bei jeder Be- wegung des Kiefers eine Hälfte des Kieferrandes die Tätigkeit eines Sägeblattes ausüben kann. An der Kante jeder Kiefer- platte münden die Ausführ- gänge von einzelligen Spei- cheldrüsen, deren Sekret die Eigenschaft hat, das Ge- rinnen des aufgenommenen Blutes zu verhindern. Diese einzelligen Drüsen liegen nach innen von der Längsmuskulatur in der Körperwand zwischen den Muskelbündeln des Pharynx. Bevor man den Darm entfernt, beachte man das auf dessen dor- saler Mittellinie liegende dorsale Blutgefäß, das, wie alle Blutgefäße unseres Wurmes, rotes Blut enhält. Fig. 69. Kiefer von Zirudo medicinalis. Orig. Es ist nun der Darm vorsichtig von seiner Unterlage abzulösen und herauszunehmen. Diese Präparation muß sorgfältig gemacht werden, da der Darm auch an der Bauchseite stark festhaftet. Am besten ver- wendet man zum WLostrennen eine krumme Schere und beginnt vom Enddarme aus. 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. 107 Zunächst sehen wir drei weitere Blutgefäße von vorn nach hinten ziehen, von denen das mittlere, ventral gelegene, das Bauch- mark umschließt. Dieses Blutgefäß wird als ein Rest der Leibeshöhle aufgefaßt, welche bei den Hirudineen gleichzeitig mit Ausbildung des Körperparenchyms rückgebildet worden ist. Ebenso sind die beiden seitlichen Blutgefäße als Cölomreste zu betrachten, so daß also die rückgebildete Leibeshöhle mit zu dem Blutgefäßsystem herangezogen worden ist. Weiter fallen ins Auge die Geschlechtsorgane. Wir sehen im mittleren Körperteil, segmental angeordnet, neun Paar Hoden. Von jedem derselben geht ein kurzer Strang zu dem seitlich nach außen liegenden Ausführgang, den beiden Vasa deferentia, die den Samen nach vorn führen, vorn durch Verknäuelung die beiden Samenblasen („Nebenhoden“) bilden und von beiden Seiten her in den unpaaren Penis münden. An der Basis des Penis liegt eine drüsige Anschwellung, die sog. Prostata. Der Penis selbst ist ein langer, vorstülpbarer Faden, der in einer Tasche, der Penistasche, verborgen liegt. Ein Segment weiter hinter dem Penis liegen zwei seitliche Drüsen, die Ovarien, deren Ausführgänge, Ovidukte, sich zur sackförmigen Vagina vereinigen und in einer schon bei der äußeren Betrachtung des Tieres beobachteten Öffnung, die hinter der männlichen Geschlechts- öffnung liegt, ausmünden. Die Segmentalorgane oder Nephriden, 17 Paar an der Zahl, liegen streng metamer und fehlen nur den vordersten und hintersten Segmenten. Sie beginnen in der Regel mit einem nicht immer leicht sichtbaren, geschlossenen Trichter der in einem sackartigen Blut- sinus liegt, welcher auch den Hoden umgreift. Da die Nephridien stets die Verbindung der Leibeshöhle mit der Außenwelt vermitteln, sind auch diese Blutsinus der Leibeshöhle zuzurechnen. Ein jedes Nephri- dium besteht aus einem "stark geknäulten dünnen Schlauch, der sich zu einer ansehnlichen Blase, der „Harnblase“, erweitert, von der ein kurzer Ausführungsgang nach außen geht. Die äußeren Mündungen der Nephridien haben wir ebenfalls bereits bei der Betrachtung der äußeren Körperform gesehen. Vom Nervensystem haben wir bereits das dorsal vom oberen Teile des Ösophagus liegende Oberschlundg ganglion oder Hirnganglion- kennen gelernt, nunmehr sehen wir auch das im ventralen Blutgefäß eingebettete Bauchmark, welches vorn, nach oben auseinanderweichend, in zweiSchlundkommissuren den Schlund umfaßt. Deutlich sieht man, trotz der dunklen Umhüllung durch das Blutgefäß, in jedem Segmente eine starke kugelige Anschwellung, die Bauchganglien. Das erste derselben besteht aus mehreren verschmolzenen Ganglien und wird als Unterschlundganglion bezeichnet, Es werden dann fertige mikroskopische Präparate, Querschnitte durch die mittlere Körperregion vom Blutegel gegeben. An einem solchen Querschnitte sehen wir folgendes. Außen liegt eine sehr dünne, strukturlose Cuticula, welche von der darunter liegenden Epidermisschicht abgeschieden worden ist. Die Epidermis ist ein einschichtiges Epithel ziemlich hoher Zellen, zwischen denen einzellige, mit körnigem Inhalt gefüllte, schlauchförmige Drüsen durch- treten. Darunter liegt eine von feinen Blutgefäßen durchzogene und mit Pigmentzellen von verschiedener Farbe erfüllte Schicht. Nach innen 108 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. zu folgen zwei Muskelschichten, außen die Ringmuskelschicht, innen die mächtige Längsmuskelschicht, die durch dorsoventrale Muskel- züge in Portionen geteilt wird, und endlich finden sich nach innen von der Ringmuskelschicht auch schräge Muskelfasern vor, so daß der Körper nach verschiedenen Richtungen gestreckt, zusammengezogen und abgeplattet werden kann. Nach innen von der Muskulatur werden die Lücken zwischen dieser und den inneren Organen durch ein binde- gewebiges Parenchym ausgefüllt. Der Darmkanal erscheint auf dem Querschnitt als ein in der Mitte liegender Kanal, zu dessen beiden Seiten die Querschnitte der Darmdivertikel liegen. Das auskleidende Entoderm ist ein stark ge- faltetes Epithel. Von Blutgefäßen sehen wir die Querschnitte der mächtigen, starkwandigen Seitengefäße, ferner ein dorsales Gefäß und ein ventrales, welches das Bauchmark umgibt. Den Darm umzieht in einiger Entfernung ein Netzwerk verknäuelter Gefäße, deren Wan- dungen große pigmentierte Zellen aufliegen. Früher wurde dieses Rückengefäß Mitteldarm Endblase des Nephr. Vas * 7 > ern 2 defer. Hode Bauch- Bauch- ter d. d ’s gefäß mark Nephr. ut Fig. 70. Querschnitt durch die Körpermitte von Zirudo medicinalis. Orig. variköse Netzwerk fälschlich als Leber gedeutet. Es sind „bothryoide (refäßbe" genannte Kanäle, welche in das Blutgefäßsystem eingeschaltet sind, und auch mit Resten der sekundären Leibeshöhle in Verbindung stehen. Das ventral im Blutgefäß eingebettete Bauchmark zeigt auf dem (Juerschnitt zwei Längsstränge, zwischen welche sich noch ein dritter, zarterer, der intermediäre Nerv, einschiebt. Rechts und links vom Bauchmark findet man auf einzelnen Schnitten Querschnitte der Hoden, an der Gestalt und Färbung der Samenzellen leicht kenntlich. Auch die geknäuelten Ausführgänge der Hoden, sowie die Querschnitte der Samenleiter sind deutlich sichtbar. Die mannigfachen Hohlräume, teilweise von Blutgefäßen umsponnen, welche sich auf beiden Seiten des Querschnittes befinden, sind Teile Dorsoventrale Muskulatur Pigment N E 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. 109 der Nephridien, deren Aufbau nur durch eingehenderes Studium einer Schnittserie erkannt werden kann. Gelegentlich lassen sich Teile des Trichterapparates wahrnehmen, die in einem Blutgefäß oberhalb des Hodens liegen. Il. Chaetopoden. Technische Vorbereitungen. Zur Untersuchung kommt von frischem Material der Regenwurm, und zwar wählen wir dazu eine der größten und häufigsten unserer einheimischen Arten, den Zumbricus hercwleus (Sav.). Den Winter über kann man Regenwürmer in größeren Blumentöpfen halten, welche mit stark mit verwesenden Pflanzenteilen durchsetzter Erde gefüllt und mit Glasplatten überdeckt werden. Vor der Sektion werden die Würmer in 10°/,igen Alkohol gebracht, um sie unverletzt und ausgestreckt zu töten. Ferner werden gefärbte Querschnitte durch den Regenwurm zu mikroskopischer Untersuchung gegeben. Bei der Anfertigung derartiger mikroskopischer Präparate ist folgendes zu beachten. Da der Darm des Regenwurms mit Erde gefüllt ist, so sind Querschnitte durch das Tier fast unmöglich. Man bringe daher den betreffenden Wurm auf einige Tage in ein hohes Zylinder- glas, welches mit feuchtem Fließpapier gefüllt ist und erneuere das Papier jeden Tag. Indem der Wurm den erdigen Kot abgibt und dafür das weiche Papier seinem Darme einverleibt, erlangt er bald die zur Anfertigung von Querschnitten wünschenswerten Eigenschaften. Von Polychaeten werden Exemplare einer Nereis verteilt; im übrigen beschränkt man sich auf Demonstrationen von Alkoholpräparaten verschiedener Formen. A. Allgemeine Übersicht. Die Chaetopoden sind vor den Hirudineen dadurch ausgezeichnet, daß sie besondere Fortbewegungsorgane, die Borsten, besitzen, nach welchen sie auch den Namen der Borstenwürmer bekommen haben. Diese Borsten liegen gewöhnlich in vier Büscheln in jedem Segmente, zwei dorsalen und zwei ventralen. Ferner entspricht die äußere Ringe- lung der inneren Segmentierung. Die einzelnen Segmente sind fast bei allen Formen durchaus gleichartig gebaut, bis auf den Kopf und das borstenlose letzte Körper- segment. Die Borsten sitzen in besonderen Säckchen und können durch Muskeln, die sich an ihrem unteren Ende anheften, bewegt werden, fungieren also als Hebel. Bei den Polychäten sitzen sie auf besonderen Fußstummeln, Parapodien, bei den Oligochäten sind sie direkt in die Haut eingepflanzt. Ihre Ausbildung ist sehr verschiedenartig. Es können die dorsalen und ventralen Parapodien jeder Seite bis zur Verschmelzung aneinanderrücken oder erstere werden rudimentär. Häufig entspringen an den Parapodien fühlerartige Anhänge, Rücken- und Baucheirren. 110 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. Erstere können sich zu großen, den Rücken bedeckenden Blättern (Elytren) umwandeln. Die Leibeswand besteht aus einer dünnen Cuticula, die von der darunter liegenden Epidermis abgeschieden wird, und dem aus einer Ringmuskelschicht und einer in Längsfelder geteilten Längs- muskelschicht gebildeten Hautmuskelschlauch. Die geräumige, von dem geschlossenen Blutgefäßsystem getrennte Leibeshöhle, welche von einem Peritonealepithel ausgekleidet ist, ist durch mehr oder minder wohl ausgebildete quere Scheidewände, Dissepimente, gekammert. Der Darmkanal beginnt meist mit einem vorstülpbaren Schlund, der häufig Chitinzähne in seiner Wandung besitzt, und wird ursprüng- lich durch ein dorsales und ventrales Mesenterium in seiner Lage gehalten. Meist verläuft der Darm geradlinig nach hinten, im letzten Segment ausmündend. Das Nervensystem ist das typische Strickleiternervensystem. Von Sinnesorganen finden sich Sehorgane (besonders hoch entwickelt bei pelagischen Polychäten), seltener Statocysten, ferner Tastorgane und Organe eines chemischen Sinnes (becherförmige Organe). Das Blutgefäßsystem besteht der Hauptsache nach aus zwei Hauptstiämmen, dem Rückengefäß und dem Bauchgefäß, beide durch segmental angeordnete Schlingen in Verbindung. Der pulsie- rende dorsale Gefäßstamm treibt das Blut von hinten nach vorn. Die Atmung erfolgt entweder ganz allgemein durch die Haut oder durch besondere Ausstülpungen derselben, die Kiemen, welche an der Basis der dorsalen Parapodien, oder, bei Röhrenwürmern, am Kopflappen sitzen. Die Exkretionsorgane treten als „Segmentalorgane* (Ne- phridien) paarweise in jedem Segment auf und fungieren meist auch als Ausführgänge der Geschlechtsprodukte, die vom Peritonealepithel gebildet werden. Die Entwicklung ist bei den marinen Formen eine Metamor- phose, durch Ausbildung einer Larvenform, der Trochophora. Auch eine ungeschlechtliche Fortpflanzung findet sich durch Querteilung oder Sprossung. Indem bei manchen Formen die Sprosse erzeugenden Individuen keine Geschlechtsprodukte entwickeln, sondern nur die auf ungeschlechtlichem Wege entstandenen, abweichend gebauten Geschlechts- tiere, kommt es zum Generationswechsel. Die im Meere lebenden Polychäten sind mit Parapodien versehen, die Oligochäten dagegen haben keine Parapodien, sind überhaupt niedriger organisiert als die Polychäten und leben teils im Süßwasser, teils im Schlamm und in feuchter Erde. B. Spezieller Kursus. 1. Lumbricus hereuleus (SAn.). Der zylindrische, dorsoventral, besonders in seinem hinteren Teile etwas abgeplattete Körper des Regenwurmes ist äußerlich in dicht stehende Ringel abgeteilt, welche den inneren Metameren entsprechen. Die Haut irisiert schwach und ist auf der Oberseite dunkler ge- färbt als auf der Unterseite. An jedem Segment sitzen vier Paar nach S. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. 111 hinten gerichtete Borsten, zwei ventrale und zwei mehr dorsale Borstenpaare, die am lebenden Tiere schwerer als am konservierten zu sehen sind, dafür aber leicht gefühlt werden können, wenn man mit dem Finger den Körper von hinten nach vorn entlang streift. Vorn am Kopfe liegt ventral der Mund, von einer Art Öberlippe, dem Kopflappen, überdeckt. Im letzten Segment findet sich als ovale Öffnung der After. Auch die paarigen ventral gelegenen Geschlechts- öffnungen sind leicht zu sehen; die männlichen liegen im 15. Seg mente, die weiblichen im 14. Segmente. Bei geschlechtsreifen Tieren findet sich vom Februar bis August eine drüsige, lederbraune Hautverdickung zwischen dem 32. und 37. Seg- ment, der Sattel, Clitellum. Diese Bildung dient einmal bei der gegenseitigen Begattung, indem beide mit den Bauchflächen aneinander- liegenden Tiere durch ausgeschiedene Sekrete des Clitellums miteinander verbunden werden, und dann tritt der Sattel auch noch bei der Ei- ablage in Tätigkeit, indem er Hüllen um die Eier abscheidet. Bevor wir zum Studium der inneren Organe übergehen, be- trachten wir den lebenden Wurm. Läßt man ihn über Fließpapier kriechen, so kann man das Rascheln seiner Borsten hören, welche als einfache Hebel wirken. Ferner sieht man nach dem Kopfe zu laufende Kontraktionswellen, welche die Leibesflüssigkeit nach vorn drücken und den zugespitzten vorderen Körperteil vortreiben und rigid machen. Das ist von Bedeutung beim Bohren des Regenwurmes in der Erde. Seh- organe sind äußerlich nicht sichtbar, dennoch ist der Regenwurm durch Licht reizbar, indem sich in seiner Epidermis spezifische, licht- empfindliche Zellen finden, die kein Pigment haben. Bei genügender Zeit lassen sich folgende Untersuchungen anstellen. Der Wurm wird abgewaschen, schnell auf Fließpapier getrocknet und auf einen Öbjektträger gelegt. Durch äußere Reize, Zwicken mit der Pinzette oder gelinde Erwärmung (bis 55° C) kann man eine starke Sekretion auslösen. Wir untersuchen dieses Sekret unter dem Mikroskop mit starker Vergrößerung und finden eine helle Flüssigkeit mit zwei Arten von Zellen, braungelben größeren und hellen kleineren, zu denen bei geschlechtsreifen Tieren auch noch Geschlechtsprodukte treten. Die Flüssigkeit ist Leibesflüssigkeit, die braungelben Zellen sind die sog. Cloragogenzellen, die hellen dagegen Lymphzellen, die stark amöboid sind und nach kurzer Zeit zu Plasmodien verschmelzen. Diese Abschneidung von Leibesflüssigkeit erfolgt durch sehr feine Poren, welche in der dorsalen Medianlinie in den Segmentgrenzen liegen (Rücken- poren). Die biologische Bedeutung dieser Abscheidung ist wohl darin zu suchen, das Tier gegen Eintrocknung zu schützen; ferner sind die Lymphzellen auch befähigt, auf dem Tiere befindliche Bakterien auf- zufressen und auch bei der bohrenden Vorwärtsbewegung mag dieser Überzug von Nutzen sein. Reizt man das Tier anhaltend, so kann man mitunter eine sehr starke Sekretion von oft sehr langen Fäden am ganzen Körper beob- achten. Untersucht man diese, so findet man große plasmatische Körper mit wabigem Protoplasmabau und einem Kern in der Mitte. Es sind das einzellige Drüsen der Epidermis, die ganz heraustreten. Wir gehen nunmehr zur Untersuchung der inneren Organe über. Der Wurm wird zunächst getötet durch Einlegen in eine Mischung von 9 Teilen Wasser und 1 Teil Alkohol und dann im Becken unter Wasser aufgesteckt, so daß die dunklere Rückenseite nach oben zu 112 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. liegen kommt. Um das Gehirn zu schonen, werden vorn, aber erst im dritten oder vierten Segmente, zwei Nadeln seitlich eingeführt. Von hinten her wird nun ein Hautschnitt mittels feiner Schere nach vorn zu geführt, nicht genau in der Mittellinie, sondern etwas seitlich von AS A __.. Cerebralganglion Se... Schlund Erste kontraktile Schlinge (Herz) Ösophagus _..„-::Receptacula seminis ->» Samenblasen ...-"" Kropf „..-“” Muskelmagen „.. Rückengefäß „..- Darm „. Blutgefäß- schlingen ...-“ Dissepiment ..„. Bauchgefäß ...-“ Nierentrichter ..- Nephridium „ Nephridium Laterale und Nerven UBIE® An des Bauchmarks Bauchmark Subneuralgefäß Fig. 71. Anatomie von Zumbdricus herculeus. Orig. dem meist durchschimmernden Rückengefäß, um dieses nicht zu ver- letzen. Dann werden die Seitenwände vorsichtig mit dem feinen Skalpell von den sie festhaltenden Dissepimenten abgetrennt, rechts und links zurückgeschlagen und mit Nadeln festgesteckt (Fig. 71). 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer, 113 Wir betrachten zuerst den Darmtraktus. Auf den Mund folgt ein muskulöser Pharynx, dann vom 6. bis zum 13. Segmente der Oeso- phagus, dessen hinterstem Teile zu beiden Seiten drei Paar weiße Kalksäckchen angelagert sind. Hierauf folgt der rundliche Kropf, dann der starke Muskelmagen, an den sich der Darm anschließt, um gestreckt nach hinten zu verlaufen. Dieser Teil ist durch die sich an- setzenden Dissepimente ebenfalls segmental eingeschnürt und mit einer dieken braunen Masse bedeckt, die früher als J,eber bezeichnet wurde. Es sind die Leibeshöhle auskleidende Zellen mit besonderem körnigen Inhalt, Chloragogenzellen. Sie sitzen nicht direkt dem Darm auf, sondern dem feinen ihn umspinnenden Gefäßnetz. Auch finden sie sich freischwimmend in der Flüssigkeit, welche die Leibeshöhle erfüllt. Schneiden wir den Darm ein Stückchen weit auf, so sehen wir eine Falte in sein Lumen von der dorsalen Seite her hineinragen, die „Lyphlosolis“. Vom Blutgefäßsystem läßt sich das starke Rückengefäß bemerken, von dem aus in jedem Segmente zwei Paar seitliche, den Darm um- fassende Schlingen abgehen, welche in ein großes ventrales Längsgefäß münden. Vom 7. bis 11. Segment gehen fünf derartige stärkere Schlingen ab, welche durch ihre Kontraktilität als Herzen fungieren. Die Dissepimente sind zarte, die einzelnen Körpersegmente trennende Membranen, die sich am Darm wie an der Leibeswand an- heften. Jedes Dissepiment wird durchbohrt von dem obersten, zu einem Wimpertrichter (Nephrostom) gestalteten Teil des Nephridiums, welches in dem darunter liegenden Segment sich knäuelt, in seinem unteren Abschnitte zu einem dickeren, drüsigen Kanal wird, und kurz vor der Ausmündung zu einer Harnblase anschwillt. Die Öffnungen liegen ventral in der Nähe der ventralen Borsten. Nur den ersten drei und dem letzten Segment fehlen Nephridien. Die nun folgende Präparation der Geschlechtsorgane wird am besten unter der Lupe vorgenommen. Zunächst wird der Darm entfernt, indem man ihn im 6. oder 7. Segment abschneidet, mit der Pinzette hoch hebt, und ihn sehr vorsichtig von seiner Unterlage trennt, bis etwa zum 17. Segment. Mit einer Pipette wäscht man dann das Präparat vor- sichtig ab. Von den Geschlechtsorganen, welche im Frühjahr mächtig ausgebildet sind, später unansehnlich werden, fallen uns zunächst drei Paar ziemlich großer weißlich-gelblicher oder hellbräunlicher Blasen auf, die im 10., 11. und 12. Segment liegen. Meist ist das hinterste Paar das größte und dehnt sich bei der Präparation in das darauf folgende Segment aus (siehe Fig. 72). Diese Gebilde enthalten reichlich Sper- matozoen, sind aber nicht die Hoden, wie man früher fälschlich an- nahm, sondern stellen als Samenblasen bezeichnete Ausstülpungen der betreffenden Dissepimente dar. Zwei große unpaare, median ge- legene Säcke, die Samenkapseln, von denen der eine im 10. der andere im 11. Segment liegt, verbinden diese Samenblasen miteinander, und zwar gehören das vorderste und das mittlere Samenblasenpaar zur vorderen Samenkapsel, das hintere zur hinteren Samenkapsel. In diesen Samenkapseln liegen die Hoden, in jeder ein Paar. Man kann sie durch sehr vorsichtige Präparation zur Anschauung bringen, indem man an beiden Samenkapseln Fenster aus deren Wand ausschneidet und den Inhalt mit der Pipette auswäscht. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 8 114 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. Die Hoden sind zwei Paar sehr kleiner im 10. und 11. Segment gelegene Körperchen, deren Produkte in die Samenkapseln gelangen, um hier die Reife zu erreichen. Hinter dem Hoden liegen die stark gefalteten Flimmertrichter, deren sich daran schließende Kanäle die dahinter liegende Dissepimente durchbohren und sich jederzeit zu einem Vas deferens vereinigen, welche im 15. Segment ausmünden. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem Paar sehr kleiner -- Receptacula seminis Samenblase 1 a Hoden 1 Samenkapsel 1 ---f “= Samentrichter 1 BN N... Hoden 2 Samenblase 2 -- ja Samenkapsel 2 ” Samentrichter 2 Samenblase 3 - Eileiter -- Mündung des Samenleiters Bauchmark Fig. 72. Geschlechtsorgane von Zumdricus herculeus. Orig. birnförmiger, weißlicher Ovarien, die im 13. Segment liegen, und da- hinter zwei kurzen Eileitern, die, mit weiter Offnung versehen, die zwischen dem 13. und 14. Segment liegende Scheidewand durchbohren und im 14. Segmente nach außen münden. Da die zwitterigen Regenwürmer sich gegenseitig begatten, sind zur Auf- nahme der Spermatozoen des anderen Tieres zwei Paar Samentaschen vor- Cerebralganglin handen, Einstülpungen des Integumentes, die nach der Leibeshöhle zu geschlossen sind und in unserem Präparat leicht als En LER, runde, weiße Körper erkannt werden es können, die lateral von der vorderen ganglion Samenkapsel im 9. und 10. Segment liegen. Die in diesen Samentaschen auf- gespeicherten Spermatozoen werden bei Bauchmark der Ablage der Eier mit in die diese Fig. 73. Cerebralganglion von umhüllende, vom Clitellum ausgeschie- Lumbricus herculeus. Orig. dene Kapsel, den Kokon, gebracht. Durch die Abhebung des Darmes haben wir auch das Bauchmark freigelegt. Die Ganglienanschwellungen desselben sind nicht scharf abgesetzt, und von jeder derselben ent- springen in jedem Segmente drei Paar Nerven, von denen die beiden 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. 115 hinteren eng aneinander liegen. Vorn weichen die beiden Längsstränge des Bauchmarkes zur Bildung der Schlundkommissuren auseinander, um in das dorsale Cerebralganglion einzutreten (Fig. 73). Schauen wir uns den Darminhalt etwas näher an, so finden wir ihn bestehend aus Erdteilchen, untermischt mit pflanzlichen Resten; im vorderen Darmteil sind die Massen gröber, im hinteren feiner. Der Regenwurm nährt sich von den vegetabilischen Resten und gibt die Erde in stark zerriebenem Zustande durch den After wieder ab. Indem er sich des Nachts nach oben begibt, werden die Exkremente größten- teils auf der Erdoberfläche abgelegt. Dadurch, wie durch das Bohren in der Erde überhaupt, trägt der Regenwurm zur Zerkleinerung und Auflockerung der Erdkrume bei. Die mikroskopische Betrachtung eines sorgfältig herausgehobenen Nephridiums zeigt im Innern der schleifenförmig gewundenen Kanäle bei frisch getöteten Tieren eine lebhafte Flimmerbewegung. ß as = 0 7 IC = en Sg 5 2288 2 ug =) sa;& sa es -\ =38& 235 a HERE 553% ss. 2 2 =5 Zulto E57 2 E53 2 28 A = sa DS En = Eon Su} Darmepithel . : Ri = \ [2 Cuticula . \ . Leibeshöhle ... Borsten “ — : % DR : "> Muskelstrang Blutgefäße u A a en, : ö Borstentaschen Nephridium \%7, N Mündung des Nephridiums } Se =23 Te Cuticula“” +" 3335 8 & . 33323 “ g 5 Epidermis‘ 2333 ES © FIEFE: 3 > za As Pose FA a Fig. 74. Querschnitt durch die Körpermitte von Zumdricus herculeus. Orig. Ein Stückchen der Samenblase wird auf dem ÖObjektträger zerzupft und unter dem Mikroskop mit schwacher Vergrößerung betrachtet. In den meisten Fällen sieht man darin Kugeln verschiedener Größe. Unter stärkerer Vergrößerung erweisen sie sich bestehend aus einer Hülle und einem Inhalt kleiner, kahnförmig gestalteter Körperchen. 8” 116 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. Wir haben eine eneystierte Gregarine vor uns, deren Inhalt in Fort- pflanzungskörper (Sporen) zerfallen ist (siehe S. 24). Ihrer an gewisse Diatomeen (NMazzczla) erinnernden Form wegen nennt man diese Körper- chen Pseudonavicellen und die Cyste Pseudonavicelleneyste. Der Inhalt’ jeder Spore zerfällt in eine Anzahl sichelförmiger Keime, die nach dem Platzen der Cyste frei werden und sich wieder zu Gre- garinen ausbilden. Gelegentlich wird man diese Gregarinen (Monocystis tenax Dig.) in den Samenblasen finden. Es werden nunmehr fertige mikroskopische Präparate, Querschnitte durch die mittlere Körperregion eines Regenwurms, gegeben und zunächst bei schwacher Vergrößerung betrachtet (Fig. 74). Von außen beginnend sehen wir zunächst die dünne, strukturlose Cutieula, darunter die Epidermis mit einzelnen größeren Drüsenzellen und alsdann die beiden Schichten des Hautmuskelschlauches, nach außen die Ringmuskulatur, nach innen die Längsmuskulatur. In der Ringmuskelschicht liegen Pigmentanhäufungen als unregelmäßige Körn- chenhaufen zwischen den Faserbündeln. Die Längsmuskulatur ist sehr eigentümlich gebaut, indem eine zentrale protoplasmatische Schicht von peripher gelagerten Muskelbändern umgeben wird (siehe Fig. 75). Die innere Körperwand wird ausgekleidet von einer Bindegewebsschicht, dem Peritoneum, welches auch die im Körper liegenden Organe um- kleidet. An geeigneten Schnitten läßt sich auch der Bau und die An- ordnung der Borsten stu- dieren, die regelmäßig paar- IS RBEneR weise gruppiert sind, so daß aultoneun also auf jedes Segment acht kommen. Diese Borsten sitzen in Hauteinstülpungen, den -_Ringmuskelschient Borstentaschen, an deren BT Grunde sich Muskelbündel „SuHoue anheften, welche in die Ring- muskulatur übertreten und die Borsten zu bewegen ver- an DATRIEP ne mögen. we InderMitte desSchnittes Peritoneum liegt der Darm. Wir sehen auf dem Querschnitt eine tiefe, Muskelband "= Längsmuskelschicht -- Cuticula Fig. 75. “ DRS ra Bl I Querschnitt durch die Haut, II durch den rinnenförmige Einstülpung Darm von Zumbdricus hercwleus. seiner Wand: die Typhlo- Vergr.: 420. Orig. solis, durch welche die ver- dauende Darmoberfläche be- trächtlich vergrößert wird. An der Darmwand lassen sich folgende Schiehten unterscheiden: zu innerst eine dünne Cuticula, dann eine Sehieht hoher Zylinderzellen, dann eine Ringmuskelschicht, durchbrochen von zahlreichen parallel laufenden Ringgefäßen, hierauf eine sehr zarte Längsmuskelschieht und zu äußerst eine dicke Schicht gelbgrüner Zellen, die Chloragogenzellen, denen eine exkretorische Funktion zu- gesprochen wird. Ventralwärts vom Darm liegt das quer durchschnittene Bauch- mark mit seinen beiden Längsstämmen. Vom Blutgefäßsystem be- merken wir dorsal vom Darm den Querschnitt des großen Rücken- gefäßes, welches das Blut von hinten nach vorn treibt. Es gibt in 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer, 117 jedem Segmente drei Paar Gefäße ab, von denen das erste Paar in das unter dem Bauchmark gelegene Subneuralgefäß einmündet, nach- dem es Äste an die Leibeswand abgegeben hat. Die beiden hinteren Paare verlaufen an den Darm, hier in ein dichtes Netzwerk sich auf- lösend. Ein zweites Hauptgefäß ist das ventral zwischen Darm und Bauchmark gelegene Bauchgefäß, in jedem Segmente ein Paar Seiten- äste aussendend; drei: weitere Längsgefäße sehen wir in der Wandung des Bauchmarkes; ein Subneuralgefäß und zwei Seitengefäße des Bauch- markes. Auf vielen Schnitten wird man auch Querschnitte durch die Segmentalorgane finden, deren histologisches Studium indessen zu weit führen würde. l. Nereis pelagica (1.). Schon mit bloßem Auge erkennen wir die wichtigsten morpho- logischen Merkmale dieses Polychäten. Die äußere Segmentierung, welcher die innere entspricht, ist recht gleichmäßig, nur vorn finden wir einen besonderen Abschnitt, den Kopf, und das Hinterende des Körpers ist von den vorhergehenden Segmenten durch den Besitz zweier Anhänge, der Analeirren, ausgezeichnet. Cerebraleirren Palpen Kopflappen Fig. 76. Kopf von Nereis pelagica von der Dorsalseite. Orig. Wir betrachten nunmehr den Kopf unter der Lupe, von der Dorsal- seite her (s. Fig. 76). In der Mitte liegt der Kopflappen mit stark zugespitzteem vorderen Ende, auf dem zwei Fühler, die Cerebral- eirren, inseriert sind. An seiner Basis werden vier in ein Trapez gestellte blauschwarze Punkte sichtbar, die Ocellen. Seitlich setzen sich an den Kopflappen die etwa doppelt so langen Palpen an, mit einem birnförmigen Basalglied und einem kleinen, kugeligen Endglied. Das sich anschließende Körpersegment ist doppelt so breit wie die folgenden und aus zweien verschmolzen; man nennt es das Mund- segment oder Peristomium. Borstenbündel besitzt es nicht, wohl aber sind die Parapodialeirren stark entwickelt, und wir sehen an vor- 118 8. Kursus: Anneliden, Ringelwürmer. liegender Form vier derartige Peristomialeirren oder Fühlereirren zu beiden Seiten des Kopflappens aus dem Peristomium entspringen. Bei manchen Exemplaren ist der Rüssel hervorgestülpt und im- poniert als ansehnliches zylindrisches Gebilde, mit Gruppen braun- schwarzer Papillen besetzt. Aus dem Grunde des Rüssels ragt ein Paar starker, innen gezähnter Kiefer hervor. Wir gehen nunmehr zur Betrachtung der Parapodien über, durch deren Besitz sich die Polychäten vor allen anderen Ringelwürmern auszeichnen, und wählen zum Studium das 14. (s. Fig. 77), Mit der feinen Schere wird das Parapodium von dem Körper ab- geschnitten, auf einen Objektträger gelegt und unter der Lupe betrachtet. Rückeneirrus Dorsaler Ast Schnittfläche der Körperwand Ventraler Ast Baucheirrus Fig. 77. Parapodium von Nereis pelagica. Orig. Nereis besitzt jederseits nur eine Reihe von Parapodien, während andere Polychäten in jedem Segmente ein dorsales und ein ventrales Parapodienpaar aufweisen. Eine solche biseriale Anordnung wird zur uniserialen wie bei NMerezs, indem dorsales und ventrales Parapodium zu einem einheitlichen Gebilde zusammentreten, und wir sehen dem- gemäß an unserem Präparate die Doppelnatur des Parapodiums dadurch ausgeprägt, daß das Parapodium aus einem dorsalen und einem ven- tralen Aste besteht, deren jeder wieder an der Spitze gespalten ist. Aus dem dorsalen Aste tritt ein Borstenbündel heraus, aus dem _ven- tralen entspringen die Borsten in zwei Bündel gesondert. Beiden Ästen sitzen nach außen zu Cirren auf, die nach ihrer Lage als Rücken- eirrus und Baucheirrus unterschieden werden. Die Parapodien sind bei NMerezs insofern nicht vollständig, als ihnen die Kiemen fehlen. Es sind das bei anderen Polychäten vorkommende dorsale Anhänge der Parapodien, die bald fadenförmig, bald komplizierter verästelt sind, in welche Blutgefäße hineingehen. Schließlich ist noch das Aftersegment mit seinen beiden langen Analeirren zu betrachten. Systematischer Überblick für den neunten Kursus. V. Stamm. Echinodermata, Stachelhäuter. Die Echinodermen sind marine Tiere, charakterisiert durch ihre radial- symmetrische, meist fünfstrahlige Gestalt, durch ihre mit Kalkplatten, auch Stacheln und Spitzen versehene Körperwand („Stachelhäuter“), durch den Besitz einer Leibeshöhle und eines „Ambulacralsystems“. Ihre Entwicklung erfolgt durch Metamorphose aus einer bilateral-symmetrischen Larve. Das Ambulacralsystem ist ein aus einer Cölomtasche sich entwickelndes, mit Seewasser gefülltes Röhrensystem, aus einem den Mund umgebenden Ring bestehend, von dem fünf radiäre Kanäle ausstrahlen (Ambulacralgefäße). Von jedem derselben gehen zu beiden Seiten Äste ab, die in kleine muskulöse Schläuche (Ambulaeralfüßchen) endigen. Die Füßchen können mit Wasser gefüllt werden und sich meist auch durch Saugscheiben festsaugen, wodurch eine Lokomotion des ganzen Tieres bewerkstelligt werden kann. Füßchen ohne Saugscheiben und Am- pullen fungieren als Taster. Die Zufuhr von Seewasser in das Ambulacralsystem wird meist von einer siebartigen Platte (Madreporenplatte) und einem von dieser zum Ringkanal führenden Kanal, dem Steinkanal, bewerkstelligt. Das Nervensystem besteht ebenfalls aus einem den Mund umziehenden Nervenring und den radiär davon ausstrahlenden Ambulacralnerven (außerdem kann noch ein apicales Nervensystem vorhanden sein) und ähnlich ist das Blutgefäß- system angeordnet, welches sich in Darm- wie Leibeswand in Spalträumen aus- breitet. Der Darmkanal liegt frei in der Leibeshöhle, durch ein dorsales Mesen- terium in seiner Lage gehalten, und besitzt Murfd wie After; letzterer ist mitunter rückgebildet. Zwischen den Ambulacralradien, also interambulacral, liegen die traubigen Geschlechtsorgane. Wir unterscheiden fünf Klassen: Asteroideen, Seesterne, Ophiuroideen, Schlangensterne, Crinoideen, Haarsterne, Echinoideen, Seeigel und Holo- thurioideen, Seewalzen. I. Klasse: Asteroidea, Seesterne. Von einer zentralen Körperscheibe gehen, meist in der Fünfzahl, längere oder kürzere breit angesetzte Arme aus, die auf der Ventralseite in medianen Längsrinnen (Ambulacralfurchen) Füßchen tragen. Die Mundöffnung liegt im Zentrum der ventralen Seite der Körperscheibe, der After, welcher fehlen kann, auf deren dorsaler Seite. Daneben befindet sich, exzentrisch gelagert, die Madreporenplatte, von welcher der Steinkanal abwärts zum Ringkanal zieht. Vom sackförmigen Magen gehen paarige. mit Drüsen besetzte Blindschläuche in die Arme ab. Interambulacral, also im Winkel zwischen je zwei Armen, liegen die Ge- schlechtsdrüsen. Das mesodermale Hautskelett besteht in der Ambulacralfurche aus zwei Reihen dachförmig zusammengefügter Kalkplatten (Ambulacralia), an die sich seitlich und nach oben weitere Plattenreihen anschließen. In der Ambulacralrinne, also außerhalb der Leibeshöhle, liegen die Ambulacralgefäße, Ambulacralnerven und Blutgefäße. 120 System. Überblick: Echinodermata, Stachelhäuter. Die Ambulacralgefäße senden zwischen je zwei Ambulacralien Seitenäste in die Leibeshöhle hinein, wo sie Bläschen (Ampullen) bilden, von denen wieder die zwischen den Ambulacralia hindurchgehenden Füßchen ausgehen. Am Ende der Arme liegen häufig kleine Sehorgane. Man teilt die jetzt lebenden Asteroidea (von denen sich eine paläozoische Unterklasse der Palaeasteroidea mit alternierenden Ambulacralplatten der Arme abzweigt) in zwei Ordnungen: 1. Ordnung: Phanerozonia. Mit stark entwickelten Marginalplatten, Kiemenbläschen nur auf der Ober- seite. Zwei Füßchenreihen. Sitzende Pedicellarien. Aszropecten. 2. Ordnung: Üryptozonia. Marginalplatten mehr oder weniger rudimentär. - Kiemenbläschen auch an den Seiten und der Unterseite. Oft vier Füßchenreihen. Pedicellarien sitzend oder gestielt. Aszerzas. II. Klasse: Ophiuroidea, Schlangensterne. Die Arme, welche mitunter an ihren Enden dichotomisch geteilt sind, sind schlank und scharf von der zentralen Körperscheibe abgesetzt. Die mächtig entwickelten Ambulacralplatten sind zu einheitlichen Wirbeln verwachsen. Die Ambulacralfurchen sind durch ventrale Platten geschlossen. Der Darm sendet keine Fortsätze in die Arme hinein. Ein After fehlt. Ambulacralfüßchen ohne Saug- scheiben. Die Madreporenplatte liegt ventral. Zu beiden Seiten der ventralen Armansätze liegen fünf Paar Spalten von Hohlräumen (Bursae), die zur Atmung und als Ausführwege der Geschlechtsprodukte dienen. 1. Ordnung: Ophiurae. Mit unverzweigten, nur horizontal beweglichen Armen. Deutlich entwickelte Mundschilder. OpAiura. 2. Ordnung. Euryalae. Mit einfachen oder verzweigten, oralwärts einrollbaren Armen. Keine deut- lichen Mundschilder. Astrophyton. III. Klasse: Crinoidea, Haarsterne. Von kelchförmiger Gestalt, die Seitenwandungen mit polygonalen Kalkplatten gepanzert. Der Körper sitzt mittels eines vom aboralen Pole ausgehenden, ge- egliederten, mit rankenartigen Seitenästen versehenen Stieles, der bei einigen rück- gebildet ist, fest. Am oberen Körperrande stehen fünf oder zehn meist verästelte Arme, von denen zweireihig kleine Blättechen (Pinnulae) entspringen, welche die Geschlechtsprodukte enthalten. Der After liegt exzentrisch neben dem zentral gelegenen Mund, von dem die Ambulacralfurchen auf die Arme gehen. An Stelle der Saugfüßchen finden sich Tentakel ohne Ampullen. Antedon. IV. Klasse: Echinoidea, Seeigel. Ohne gesonderte Arme, die in der Bildung des rundlichen Körpers mit auf- gegangen sind. Feste, aus zehn Doppelreihen bestehende Schale, fünf Ambu- laceren mit Löchern zum Durchtritt der Füßchen und fünf Interambulaeren ohne Löcher. Auf Ambulaeren wie Interambulaeren sitzen auf halbkugeligen Tuber- keln bewegliche Stacheln, die den Tieren den Namen verschafft haben. Ventral liegt im Mundfeld (Peristom) meist zentral der oft von einem komplizierten Kauapparat umstellte Mund, in dem dorsal gelegenen Afterfeld (Periproct) der After. Der Darm macht eine einfache oder doppelte Spiralwindung in dem das Innere der Schale einnehmenden Hohlraum. Die Madreporenplatte ist meist eine der fünf unpaaren Platten, welche dorsal die Interambulaecralplatten begrenzen (Genitalplatten), auf denen die fünf Geschlechtsdrüsen ausmünden. Die Ambulacra enden mit fünf unpaaren Ocellar- System. Überblick: Echinodermata, Stachelhäuter. 121 platten. Der Steinkanal führt durch die Leibeshöhle zum Ringkanal; die fünf radiär davon abgehenden Ambulacralgefäße verlaufen innen von den Ambulacren. Nach ihrer Form unterscheidet man reguläre und irreguläre Seeigel. 1. Ordnung: Regulares. Meist kreisrunder Körper. Zähne vorhanden, Mund und Afteröffnung polar gelegen. Zchinus esculentus (L.). 2. Ordnung: Irregulares. Körper abgeplattet, meist oval. After in einen Interradius gerückt. Die dor- salen Hälften der Ambulacren häufig abgesondert (petaloide Form). 1. Unterordnung: Clypeastroidea. Mund in der Mitte, Zähne vorhanden. Clypeaster. 2. Unterordnung: Spatangoidea. Mund nach vorn gerückt, Zähne fehlen. Spatangus. V. Klasse: Holothurioidea, Seewalzen. Walzenförmig, ohne festes Skelett, nur mit einzelnen kleinen Kalkkörperchen in der Haut. Bewegen sich kriechend auf dem Boden; nur die drei Ambulacren, auf denen sie kriechen, sind mit Saugfüßchen ausgestattet (Trivium), die zwei oberen nur mit tentakelartigen Fortsätzen (Bivium). Der Mund ist von einem zurückziehbaren, verästelten oder krausenartig gefalteten Tentakelkranz umstellt. Um den Anfangsdarm liegt ein aus zehn Platten bestehender Kalkring zur An- heftung der starken Längsmuskelstränge, die längs des ganzen Körpers hinziehen, und zusammen mit Ringmuskeln und der Haut einen kräftigen Hautmuskel- schlauch bilden. In den Enddarm münden zwei stark verästelte, mit Flüssigkeit gefüllte Schläuche, die als Atmungsorgane aufgefaßt werden und daher Wasser- lungen heißen. Am Kalkring liegen Ambulacralring und Nervenring, von denen fünf radiale Stämme nach hinten gehen. Der häufig verästelte Steinkanal mündet in die Leibeshöhle. Nur eine Geschlechtsdrüse ist vorhanden, die meist in der Nähe des Mundes ausmündet. Es lassen sich folgende Ordnungen unterscheiden: 1. Pedata, Füßige Holothurien. Füßchen (wenigstens an der Bauchseite) vorhanden. Wasserlungen vorhanden, ebenso entweder Fühlerampullen oder Rückziehmuskeln des Schlundkopfes. Ge- trenntgeschlechtlich. Zolothuria. 2. Elasipoda, Tiefsee-Holothurien. Füßchen vorhanden, Wasserlungen fehlen, ebenso Fühlerampullen und Rück- ziehmuskeln des Schlundkopfes. Getrenntgeschlechtlich. Z/pidia. 3. Apoda, Fußlose Holothurien. Füßchen fehlen. Wasserlungen vorhanden oder fehlend. Zum Teil Zwitter. Synapta. 122 9. Kursus: Echinodermata. 9. Kursus. Echinodermata. Technische Vorbereitungen. An Material ist erforderlich ein Seestern, ein Seeigel und eine Holothurie, sämtlich in Alkohol konserviert. Meist wird von Seesternen die Mittelmeerform Asiropecten aurantıacus benutzt, aus mancherlei praktischen Gründen ist aber der in Nord- und Ostsee überaus gemeine rote Seestern, As/erias rubens, vorzuziehen. . Von Seeigeln wird der ebenfalls sehr häufige Zchrnus escwlentus besprochen, während von Holothurien diejenige gemeine Form gegeben wird, deren anatomische Untersuchung sich am leichtesten ausführen läßt: Zolofhuria lubulosa. Von fertigen mikroskopischen Präparaten werden Querschnitte durch einen entkalkten Seesternarm verteilt, und außerdem wird ein reiches Demonstrationsmaterial von Spirituspräparaten aufgestellt. Die verschiedenen Larvenformen lassen sich ebenfalls an mikroskopischen Präparaten demonstrieren, doch genügt es wohl für den Rahmen unseres Elementarkursus, wenn die bekannten Wachsmodelle dieser Larven auf- gestellt und erklärt werden. l. Asteroidea, Seesterne. A. Allgemeine Übersicht. Die Seesterne haben ihren Namen von der sternförmigen Gestalt ihres Körpers, der aus einer zentralen Scheibe und — meist fünf — strahlenförmig davon ausgehenden Armen besteht. Das Größenverhältnis von Scheibe und Armen ist sehr verschieden, so daß letztere fast völlig in ersterer aufgehen können. Wir unterscheiden eine dorsale und eine ventrale Seite, letztere leicht kenntlich durch die Füßchenreihen in den Armfurchen. Die Körperwand der Seesterne besitzt in ihrem bindegewebigen mesodermalen Teile eine Panzerung aus Kalkplatten, die gegeneinander sehr beweglich sind. Die wichtigsten Stücke des Hautskeletts sind paarige, segmental angeordnete Platten an der Ventralseite der Arme, die oben dachförmig zusammenstoßen, Ambulacralplatten genannt werden und das Dach der Ambulacralfurche bilden. Seitlich schließen sich an diese die Adambulacralplatten an. Weniger konstant sind die lateralen Randplatten, Marginalia; das Skelett des dorsalen Inte- guments ist sehr verschieden entwickelt und oft rudimentär. Von anderen Skeletteilen finden sich Stacheln und verkalkte Papillen, teils unbeweglich, teils beweglich. Besonders umgebildete Stacheln sind die Paxillen, mit einem Kranz von Papillen auf dem freien Ende, sowie die mannigfach gestalteten Greiforgane, Pedi- cellarien. Der Mund liegt zentral auf der Ventralfläche der Scheibe, ist unbewaffnet und führt in den geräumigen Zentraldarm, den Magen. Von diesem entspringen fünf Paar oder mehr, der Zahl der Arme ent- 9. Kursus: Echinodermata. 123 sprechende Blinddärme („Leberschläuche*), die weit in die Arme hineingehen und durch dorsale Mesenterien an die Rückenwand der weiten Armhöhlen befestigt sind. Der kurze Enddarm öffnet sich in den etwas exzentrisch in einem Interradius gelegenen After, der einigen Formen auch fehlen kann, und gibt eine wechselnde Zahl kürzerer Blindschläuche ab. Dünnwandige Ausstülpungen der Haut auf der Dorsalseite werden als Kiemen betrachtet. Das Ambulacralsystem beginnt mit der dorsal und exzentrisch in einem (dem rechten vorderen) Interradius liegenden Madreporen- platte, welche siebartig durchlöchert ist. Von dieser führt der Stein- kanal, welcher zusammen mit einem eigentümlichen Organ, der Paraxon- drüse, früher als „Herz“ bezeichnet, in einen Sinus eingeschlossen ist, herab zudem Ringkanal, welcher den Mund umgibt. Am Ringkanal sitzen inter- radiale Ausstülpungen, die PorLıschen Blasen, die auch fehlen können, und zu beiden Seiten derselben je zwei kleine Lymphdrüsen: die „TIEDEMANN- schen Körperchen“. In jeden Arm geht vom Ringkanal aus ein Haupt- kanal, unter den Ambulacralplatten in der Ambulacralfurche verlaufend. In jedem Armsegment gehen von ihm ein paar laterale Ästchen zu den Füß- chen ab, und zwar zunächst zu den in der Leibeshöhle liegenden bläschen- förmigen Ampullen, von denen die Füßchen wieder in die Ambulacral- furche abgehen (s. Fig. 78). Fig. 78. Schema des Ambulacralgefäß- _DasNervensystem bestehtans ‘Yrlans Sie Seetorn, u Boası einem den Mund umgebenden Ring, ; Ringkanal; 5 Porıschen Blasen; r von dem in jeden Arm ein Ambulacral- Ambulacralgefäße; s Füßchen; ap nerv abgeht. Von Sinnesorganen Ambulacralampullen. sind die Ocellen zu erwähnen, kleine rote Punkte am äußersten Ende jeder Ambulacralrinne, am Grunde eines fadenförmigen Gebildes (Terminalfühler). Die Geschlechtsorgane bestehen aus einem, mit dem Achsen- organ in Verbindung stehenden, den Enddarm ringförmig umgebenden Genitalstrang, von dessen fünf interradialen Ecken fünf Paar Gonaden- büschel entspringen, die in den Buchten zwischen den Armen in kleinen Genitalporen ausmünden. Sehr groß ist die Regenerationsfähigkeit der Seesterne: aus ab- gelösten Armen kann ein vollkommenes Tier regenerieren (Kometenform). B. Spezieller Kursus. Asterias rubens (L.). Die Untersuchung der in Alkohol konservierten Exemplare ge- schieht im Wachsbecken unter Wasser. 124 9. Kursus: Echinodermata. Zunächst betrachten wir die äußere Körperform. Wir sehen einen fünfstrahligen Stern, dessen fünf Arme der zentralen Scheibe breit aufsitzen, etwa drei- bis viermal so lang wie breit sind und all- mählich spitz zulaufen. Scheibe wie Arme sind etwas abgeplattet. Die Bauchseite erkennen wir ohne weiteres an den vier Reihen von Füßchen in der Mittellinie jedes Armes, welche in einer bis zu dessen Ende verlaufenden Rinne, der Ambulacralfurche, liegen. Auf der ventralen Seite der Scheibe liegt da, wo die fünf Ambu- lacralfurchen sich vereinigen, der Mund, in den Ecken zwischen den Furchen umstellt von fünf Gruppen beweglicher verkalkter Dornen, den Mundpapillen. Auf der dorsalen Seite der Scheibe liegt, nur wenig von deren Zentrum entfernt, eine feine Öffnung, der After. Weiter nach außen von ihm und zwischen den Ansatzstellen zweier Arme ge- legen, also interradial, findet sich eine flache Kalkplatte: die Madre- porenplatte. Die gesamte Körperoberfläche ist mit dicht stehenden kleinen Kalkgebilden bedeckt, die im allgemeinen unregelmäßig angeordnet sind. Regelmäßigere Reihen von Dornen findet man in der dorsalen Mittel- linie der Arme, ferner in zwei bis drei Reihen zu beiden Seiten der Ambulaeralfurchen; letztere Dornen sind beweglich. Dazwischen liegen kleine Gebilde mit zwei gegeneinander beweglichen Spitzen, die als Greifapparate dienen: Pedicellarien. Am Ende jeder Ambulacralfurche liegt ein roter, mit lichtperei- pierenden Zellen versehener, als Sehorgan fungierender Fleck und darüber ein tentakelartiges Füßchen, der Terminalfühler, welches als Geruchsorgan gedeutet wird. Bei manchen Exemplaren sieht man aus der Mundöffnung eine häutige Blase hervortreten, den ausgestülpten Magen. Wir legen den Seestern mit der Ventralseite nach unten unter Wasser in das Wachsbecken und trennen ihn an der Seite auf. Mit der starken Schere werden zunächst die Arme seitlich von der Spitze bis zu der Basis aufgeschnitten. Dann hebt man vorsichtig die dorsale Körperdecke des Armes von der Spitze her auf und präpariert mit dem Stiel des Skalpells die beiden braunen Schläuche von der Dorsaldecke ab, welche mittels zarter, längsverlaufender Mesenterien an sie befestigt sind. So verfährt man mit allen fünf Armen. Dann erst kann man dazu übergehen, auch die Dorsaldecke der Scheibe abzuheben. Man beginnt zunächst mit der Durchschneidung der zwischen je zwei Armen liegenden Pfeiler und präpariert dann die Decke vorsichtig ab. Die Madreporenplatte wird kreisförmig ausgeschnitten und an der unteren Hälfte belassen. Endlich wird die gesamte Decke vorsichtig abgehoben (Fig. 79). Durch diese Präparation haben wir zunächst den Darm freigelegt. In der Körpermitte liegt der durch einen kurzen Ösophagus zum Munde führende blasenförmige Magen, von dem aus in jeden Armstrahl ein Darmast geht, der sich beim Eintritt in den Arm gabelt. Der Magen ist durch eine Anzahl dorsaler Bänder an der Körperwand aufgehängt. Auch finden sich derartige noch kräftigere Bänder auf der ventralen Seite, wo sie paarig angeordnet sind, und sich in jedem Arm ein Stück weit erstrecken. Beide Äste (Darmventrikel genannt) durchziehen den Arm bis kurz vor die Spitze und geben nach rechts und links Seiten- ästehen ab, die mit braunen Drüsenmassen besetzt sind, welche verdauende Sekrete absondern. Auf der Oberseite des Magens liegende kürzere, weniger 9. Kursus: Echinodermata. 125 "> Darmdivertikel Ambu- lacral- platten is RU N Nm - Geschlechtsorgane Rectaldivertikel Ampullen Füßchen TR’XK- Geschiechtsorgane Fig. 79. Asterias rubens, vom Rücken aus präpariert. Rechts ist ein Stück des Magens weggeschnitten. Orig. I ganzer Arm mit normaler Lagerung der Organe; II das Kalkskelett eines Armes; II Arm mit Ampullen; IV ein Stück der Rückendecke ist belassen; V mit aus- einandergezogenen Armdivertikeln. 126 9. Kursus: Echinodermata. verästelte Blindschläuche, die Rektaldivertikel, welche an der Über- gangsstelle des Magens in den Enddarm abgehen. Im Magen finden sich mitunter unverdaute Teile, Schalen usw. der Beutetiere. Größere Beute, welche der Seestern nicht in seinem Magen aufnehmen kann, überwältigt er, indem er den Magen aus- stülpt und durch die Wirkung der Verdauungssäfte das Beutetier (meist Muscheln) tötet und aufsaugt. Der After, welcher in unserem Präparat natürlich nicht zu sehen ist, liegt etwas exzentrisch in einem Interradius. In der Körperscheibe befindet sich zwischen je zwei Armen, also interradial, ein doppeltes Büschel, welches frei in die Leibeshöhle vor- ragt. Das sind die Geschlechtsorgane, deren Ausführgänge sich auf der dorsalen Seite interradial öffnen. Auf unserer Zeichnung (Fig. 79) ist ein junges Tier mit noch wenig entwickelten Geschlechtsorganen abgebildet worden. Werden die Geschlechtsorgane mit zunehmender Reife größer, so drängen sie sich als gegabelte, lappige Äste in die Leibeshöhle der Arme hinein. Wir präparieren nunmehr Magen und Darmäste vorsichtig ab und kommen dadurch zur Betrachtung des Ambulacralsystems. Wir beginnen mit der Madreporenplatte. Eine Betrachtung unter der Lupe zeigt, daß diese auf ihrer Oberfläche sehr zierlich mit radiär verlaufenden Furchen ver- sehen ist, in deren Grunde die Porenöffnungen liegen (s. Fig. SO). Von dieser Madreporenplatte steigt der Steinkanal nach abwärts, in einem häutigen Sack, dem Axen- sinus, verlaufend. In diesem Axensinus ist noch ein zweites Organ zu sehen, neben dem Stein- kanal verlaufend, das früher als Herz, jetzt als Lymphdrüse ge- deutete Axialorgan (Paraxon- drüse). Fühlt man den Stein- kanal mit der Pinzette an, so Fig. 80. Madreporenplatte von Asterias erkennt man, daß er verkalkt ist. rubens. In den Furchen liegen die Poren- Sein Inneres ist durch vorragende Öffnungen. Orig. Falten und Leisten in viele Fächer geteilt. Der Steinkanal führt zu dem Ringkanal, welcher den inneren Konturen des Mundskelettes folgt. Bei unseren Spiritusexemplaren ist er stark kollabiert und daher schwer zu sehen. Unter der Lupe erkennt man je zwei kleine inter- radial liegende Körperchen, die TIEDEMAnNschen Körperchen, zwischen denen bei anderen Seesternen, aber nicht bei unserer Art, größere Blasen, die PorLıschen Blasen liegen, die mit dem Ringkanal in Ver- bindung stehen. Von dem Ringkanal gehen fünf Radialkanäle in die Arme; sie sind aber auf diesem Präparat nicht zu sehen, da sie auf der ventralen Seite im Grunde der tiefen Armfurchen (Ambulaeralfurchen) verlaufen. Dagegen sind deutlicher sichtbar die Ampullen, helle Bläschen, welche in zwei Paar dicht stehenden Reihen den Arm entlang ziehen. 9. Kursus: Echinodermata. 127 Da die Ampullen sehr dicht gedrängt stehen, so ist die Reihenanord- nung oft verwischt. Jede Ampulle steht durch einen Kanal, den Ampullenkanal, in Verbindung mit einem auf der ventralen Seite hervortretenden Füßchen, das außerdem durch einen zweiten Kanal, den Füßchenkanal, direkt mit dem Radialkanal in Verbindung steht. Betrachten wir von der ventralen Seite her die Füßchen, so sehen wir sie in der Gestalt von mehr oder minder kontrahierten Schläuchen, von denen die dem Zentrum näher liegenden am freien Ende eine wohl entwickelte Saugscheibe besitzen. Schneiden wir ein solches Füßchen ab und betrachten wir es bei schwacher Vergrößerung unter dem Mikroskop, so finden wir eine starke Längs- wie Ring- muskulatur in ihnen verlaufend, während von der Mitte der Saugscheibe aus radiäre Muskelfasern ausstrahlen. Wir reißen nunmehr einige Ampullen mittels Pinzette von ihrer Unterlage ab. Es werden dadurch zwei alternierende Längsreihen von Spalten sichtbar, welche das Skelett durchbohren, und die zum Durchtritt der Ampullenkanäle dienen (siehe Fig. 79 Armstück II). Wir sehen uns bei dieser Gelegenheit das Armskelett etwas näher an. In der Mittellinie stoßen schmale Kalkplatten, die Ambulacralplatten, dach- förmig zusammen, die wirbelähn- lich miteinander verbunden sind. Wir sehen gleichzeitig, daß die Löcher für die Ampullenkanäle alternierend zwischen diesen Platten hindurchgehen. Wir kommen nunmehr zur Präparation des Nerven- systems. Von der Ventralseite aus Fig. 81. Orales Nervensystem von Asterias rubens. Der Ringnery und die fünf Radiär- nerven. Orig. werden die Füßchen vorsichtig mit der Pinzette entfernt (Fig. 81). Wir sehen alsdann im Grunde der Ambulacralfruche einen deut- lichen Längsstrang, den Radiärnerven, liegen. Dieser Radiärnerv tritt mit den in den anderen Armen liegenden in einen den Schlund umgebenden Ringnerven ein, dessen Präparation sich schwerer aus- führen läßt. Außer diesem oberflächlichen, oralen Nervensystem, welches früher allein bekannt war, ist noch ein darunter liegendes Nervensystem, sowie ein apicales Nervensystem vorhanden, auf dessen Präparation indessen verzichtet werden muß. Es werden nunmehr fertige mikroskopische Präparate, Querschnitte durch den entkalkten Arm eines jungen Seesternes, gegeben. Zunächst müssen wir uns daran erinnern, daß die den Arm um- gebenden Skelettstücke infolge des Entkalkungprozesses nicht mehr scharf abgegrenzt sind. Wie die etwas schematisierte Abbildung (Fig. 82) zeigt, liegen seitlich von den beiden die Ambulacralfurche bildenden Ambulacralplatten die Adambulacralplatten, an die sich als 128 9. Kursus: Echinodermata. Inframarginalplatte Fig. 82. Querschnitt durch einen Arm von Asterias rubens mit eingezeichneten Skelettstücken, schematisiert. Orig. Apicaler Apicales Kiemen- Längsmuskel Nervensystem bläschen . H Pa Quermuskeln Radialkanal des Ambu- lacralsystems Pseudo- hämalkanal "> Pedicellarien - — Stacheln Füßchenkanal Wand des Füßchenkanals Füßchen "Radiäro Nervenleiste des oberflächlichen oralen Nervensys Tiefliegendes oralos Nervensystem Fig. 83. Querschnitt durch einen entkalkten Arm von Asterias rubens. Orig. 9. Kursus: Echinodermata. 129 seitliche Begrenzungen des Armes die Infra- und Supramarginal- platten anschließen, während sich dorsal die mit vielen Kalktäfelchen besetzte Rückenhaut befinde. An unserem vorliegenden (Querschnitt ist die Ambulacralfurche leicht aufzufinden, so daß man sich ohne Schwierigkeit orientieren kann. An den Seiten wie auf dem Rücken des Querschnittes sehen wir zwischen den Skelettlappen Lücken, aus denen bläschenförmige Aus- stülpungen der Leibeswand hervortreten. Dies sind die der Atmung dienenden Kiemenbläschen, deren Hohlraum also nur ein sich vor- wölbender Teil der Leibeshöhle ist. Auch die dazwischen sitzenden Pedicellarien sind deutlich zu sehen. Ein gutes Präparat der Pedicellarien erhält man, wenn man in der Nähe des Mundfeldes die Stacheln abschneidet, auf denen Pedi- cellarien in Gruppen sitzen, und sie, ohne sie zu färben, in Glyzerin auf den Objektträger bringt. Die Pedicellarien sind sämtlich nur zwei Pedicellarienknospe., Gerade Zange Gekreuzte Zange----—- Stiel Fig. 84. Asterias rubens. Gruppe von Pedicellarien auf einem Stachel. Orig. klappig, aber verschieden ausgebildet. So gibt es außer „geraden“ noch „gekreuzte“ Formen, bei denen die Blätter im Gelenk kreuzweise mit- einander verschränkt sind (s. Fig. 54). Im Innern des Armes liegen, der dorsalen Seite genähert, die ansehnlichen Querschnitte der gegabelten Darmdivertikel des Magens. Auf der ventralen Seite befinden sich die Ampullen, meist nur eine auf jeder Seite, da sie ja alternierend angeordnet sind. Auch der zu den Füßen führende Ampullenkanal ist deutlich sichtbar (Fig. 83). Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 9 30 9. Kursus: Echinodermata. .) Von dem Radialkanal des Wassergefäßsystems, welches in der Tiefe der Ambulacralfurche liegt, gehen die Füßchenkanäle seitlich zu den Füßchen ab. Sehr deutlich zu sehen ist das oberflächliche orale Nervensystem (s. Fig. SI u. 83), welches als vorgewölbte Platte die Ambulacralfurche be- deckt. Zwischen diesem Radialnerv und dem Radialkanal des Wassergefäß- systems liegt ein Hohlraum, durchzogen von einem senkrechten Bande, in dessen Mitte ein zarter Strang quergeschnitten ist, der früher als radiales Blutgefäß beschrieben wurde. Es führt zu einem den Mund umgebenden Ring, welcher mit dem schon erwähnten Axialorgan in Zusammenhang steht, und als Pseudohämalkanal bezeichnet wird. Il. Echinoidea, Seeigel. A. Allgemeine Übersicht. Die Seeigel haben einen kapselförmigen Körper, ohne ge- gliederte Arme. Ihre Körperwand ist mit einem starken Plattenpanzer versehen, der fast ausnahmslos so fest durch Nähte zusammengefügt ist, daß nur an beiden Polen der vertikalen Hauptachse ein beweg- licher Teil des Integumentes übrig bleibt. Das untere, den Mund um- gebende Feld ist das Peristom, das obere, in welchem der After liegt, heißt Periproet. Zwischen beiden liegt, bei den regulären Seeigeln in zehn Doppelreihen angeordnet, das Plattenskelett. Es alternieren mit- einander fünf Ambulacra und fünf Interambulacra, erstere von den Ampbulacralfüßchen durehbohrt. Die fünf Ambulacra endigen am Periproct in fünf Platten, den Ocellarplatten, die fünf Interambulacra ebenfalls in fünf Platten, den Genitalplatten, von denen eine meist als Madreporenplatte fungiert. Im Periproct findet sich, meist exzentrisch, der After; ein zu- sammenhängendes Skelett fehlt hier, ebenso wie im Peristom, in dessen Mitte die Mundöffnung liegt. Bei den irregulären Seeigeln ist das Afterfeld aus dem Kreis der Ocellar- und Genitalplatten heraus in einen Interradius gerückt, mit- unter bis in die Nähe des Mundfeldes. Die Ambulacra sondern sich bei diesen Formen in einen ventralen, füßchentragenden und einen dorsalen, tentakeltragenden Abschnitt. Letzterer zeigt gewöhnlich die Gestalt einer fünfstrahligen, blumenkronenartigen Rosette (petaloide Form.) Bei manchen irregulären Seeigeln ist auch das Mundfeld nach vorn verschoben, und dadurch ergeben sich große Änderungen in der Gestaltung des Skelettes. Ambulacra wie Interambulaera sind bedeckt mit kleinen, halb- kugeligen Höckern, auf denen durch Muskeln bewegliche Stacheln inseriert sind. Auch Pedicellarien finden sich, besonders häufig in der Umgebung des Mundes, vor. Der Mund ist bei den regulären und einigen irregulären Seeigeln mit fünf Zähnen bewaffnet, die in einem komplizierten Gerüst von 25 Kalkstücken, der Laterne des Aristoteles, liegen (s. Fig. 90). ee 9. Kursus: Echinodermata. 131 Der lange Darmkanal ist ein ansehnlicher zylindrischer Schlauch, der durch ein dorsales Mesenterium an der Schalenwand befestigt wird. Er ist spiralig aufgewunden, meist in einer doppelten Spirale, indem er erst eine ganze Windung von links nach rechts, dann eine rückläufige Windung von rechts nach links beschreibt. Der After liegt meist exzentrisch, bei einigen auch zentral, doch ist diese zentrale Lage erst sekundär erworben (Fig. 85). Die erste Spiralwindung des Darmes wird begleitet von einem engen Nebendarm, der vom Ende des Ösophagus entspringt und am Ende der ersten Windung wieder in den Hauptdarm einmündet (s. Fig. 89). Das Ambulacralsystem ist folgendermaßen gebaut. Von der Madreporenplatte geht der Steinkanal fast senkrecht nach abwärts. in enger Verbindung mit dem schon bei den Seesternen erwähnten Achsen- sinus, und mündet in den Ringkanal ein, der meist auf der inneren, pentagonalen Basis der „Laterne“ liegt. Die fünf davon abgehenden Hauptkanäle ziehen an der Außenfläche der Laterne herab und treten dann an die Innenfläche der Panzerkapsel, in der Mittellinie der Ambulacra verlaufend und in den Ocellarplatten endigend. Jede Ambulacral- platte erhält von ihnen einen (Querast, der zu einer Ampulle führt. Von jeder Ampulle treten zwei Kanäle zu den meist mit Saug- scheibe versehenen Fü ß- chen. Die Ambulacral- platten weisen also stets Doppelporenauf. Die Ambulacralfüßchen sind differenziert in Saug- füßchen, pinselförmige Fühler in der Nähe Fig. 85. Schematischer Längsschnitt eines Seeigels des Mundes und blatt- (aus BoAs). Der Schnitt geht rechts durch ein Am- förmige Kiemenfüß- bulaerum, links durch ein Interambulacrum. s = = a After; : Darm; £ Leibeswand; »» Mund; za Madre- chen. Sie dienen teils porenplatte; » Radiärnerv; o empfindliche Hautstelle; der Fortbewegung, teils £ Ampulle; » Radiärkanal; s Steinkanal. dem Tasten und che- mischer Perzeption, teils der Atmung. Im Umkreis des Mundes liegt der Nervenring, von dem aus fünf Nerven abgehen, die gemeinsam mit den Hauptkanälen verlaufen. Die Geschlechtsorgane liegen im Dorsalteil der Panzerkapsel, gewöhnlich als fünf traubige Drüsen, die dureh fünf interradiale Mesenterien an der Innenfläche der Rückenwand befestigt sind. Ihre Ausführgänge münden durch die Löcher der Genitalplatten aus. B. Spezieller Kursus. Echinus esculentus (L.). Der uns vorliegende Seeigel stellt ein Sphäroid dar, mit einer abgeplatteten Unterseite, in deren Mitte der von -fünf Zähnchen um- stellte Mund liegt, und einer gewölbten Oberseite. y” 132 9. Kursus: Echinodermata. Die gesamte Oberfläche, mit Ausnahme der Umgebung des Mundes und des entgegengesetzt liegenden Afters, ist mit kurzen Stacheln bedeckt, die, im Leben beweglich, auf runden Tuberkeln sitzen. Wir betrachten zunächst ein getrocknetes Exemplar, an welchem die Stacheln entfernt sind, und beginnen mit der Umgebung des Afters. In der Mitte der dorsalen Wölbung liegt das Afterfeld, bedeckt mit unregelmäßigen Kalkplättehen. Die etwas exzentrisch darin liegende Offnung ist der After. Um das Afterfeld herum sehen wir zwei Kreise von Kalkplatten liegen. Der innere besteht aus fünf größeren fünf- eckigen Platten, Basalia oder Genitalplatten genannt, weil durch je ein großes Loch in ihnen die fünf Genitaldrüsen nach außen münden. Kine dieser Platten ist besonders groß und an ihrer Oberfläche von unzähligen feinen Poren durchsetzt. Das ist die Madreporenplatte. Genitalplatte After -- Ocellarplatte Periproet Madreporenplatte --- -- Ambulacrum Interambulacrum Fig. 86. Dorsalfläche von Zehinus esculentus. Orig. Der äußere Plattenkreis schiebt sich zwischen die Genitalplatten etwas ein und besteht ebenfalls aus fünf fünfeckigen Stücken, den Radial- platten, auch Ocellarplatten genannt (Fig. 56). Auch in jeder von diesen findet sich ein allerdings viel engerer Kanal, der deutlich sichtbar wird, wenn man das Schalenstück gegen das Licht hält. Von diesen beiden Plattenkreisen aus ziehen in Meridiane gestellte Plattenreihen nach abwärts, die Schale bildend. Wir zählen 20 solcher Reihen, die paarweise vereinigt sind, also 10 Doppelreihen. Fünf derselben gehen von den Radialplatten aus und heißen Ambulacra; mit ihnen alternieren die fünf anderen an die Genitalplatten anstoßenden Doppelreihen, die Interambulaecra. Die Naht zwischen je zwei gleich- artigen Plattenreihen bildet eine Ziekzacklinie. 9. Kursus: Echinodermata. 135 Die Ambulacra sind leicht daran zu erkennen, daß sie allein von Poren durchsetzt sind, die stets paarig auftreten. Auf jeder Platte finden sich drei solcher Porenpaare, die stets nach den äußeren Rändern jeder Doppelreihe zu liegen, während der mittlere Teil mit runden, stacheltragenden Tuberkeln besetzt ist. Die gleichen Stachelwarzen finden wir in ziemlich regelmäßiger Anordnung auf den Interambulaera wieder. Ambulacra wie Interambulacra endigen an dem fünfeckig gestal- teten Mundfeld. Wir nehmen nun das in Alkohol konservierte Exemplar und legen es unter Wasser ins Wachsbecken, das Mundfeld nach oben. Zunächst betrachten wir das Mundfeld etwas genauer. Es erweist sich als eine dünne weiche Membran, in deren Mitte sich der von fünf weißen Zähnchen umstellte Mund befindet. Um den Mund herum stehen zehn größere Mundfüßchen, welche eine zweilappige Endscheibe tragen, und die als Sinnesorgane (eines chemischen Sinnes?) auf- gefaßt werden (Fig. SS) und wahrscheinlich die Nahrungssuche vermitteln. An der äußeren Peri- pherie des Mundfeldes stehen fünf Paar ver- ästelter Anhänge, in jedem Interradius ein Paar, das sind die Kiemen, hohle Ausstülpungen der Mundhaut, deren Hohlraum mit Leibesflüssigkeit ausgefüllt ist. Zwischen den Stacheln liegen zahl- reiche, verschieden geformte und verschiedenen Zwecken dienende Pedicellarien. Greifzangen- blätter Stiel Mit der feinen Pinzette werden einige Pedi- cellarien vorsichtig von ihrer Unterlage abgehoben, auf einen Öbjektträger in Glyzerin gebracht und unter dem Mikroskop bei schwacher Vergrößerung betrachtet. Man sieht alsdann, daß diese kleinen Greif- apparate aus einem Stiel und drei diesem auf- f sitzenden, beweglichen Klappen bestehen. Der Fig. 87. Stiel enthält in seinem untersten Teil einen starren ER er Kalkstab, der von einer Scheide elastischer Fasern SEE = umgeben ist. Der obere, elastische Stielteil kann sich gelegentlich unten spiralig drehen, oben fernrohrartig ineinander schieben (s. Fig. 87). An dem in Alkohol konservierten Exemplar lassen sich ferner die dem Skelett aufsitzenden Stacheln genauer untersuchen. Sie sind mit einem der Schale fest aufsitzenden Tuberkel gelenkig verbunden, und zwar durch eine Tuberkel und Stachelbasis verbindende Kapsel, der die Muskulatur angelagert ist. Zwischen den zahlreichen Stacheln sieht man, in den Ambulacra, die fünf Doppelreihen von Füßchen liegen, welche beim lebenden Tier sehr ausdehnungsfähig sind, und ähnlich funktionieren wie beim Seestern. Kalkstab des Stieles Elastische Fasern Es wird nunmehr der Körper des Seeigels geöffnet. Am besten geschieht das mit Hilfe einer Laubsäge. Etwas unterhalb der Mitte wird die Schalenwand ringsherum horizontal aufgesägt, dann werden die beiden Schalenhälften vorsichtig etwas voneinander entfernt, aber nicht 134 9. Kursus: Echinodermata. gleich auseinander geklappt. Etwas langwieriger, aber lohnender, ist das Heraussägen der Ambulacra, so daß breite Fenster entstehen, durch welche man die innere Organisation überschauen kann. Wir blicken jetzt in die von der Schale gebildete Höhle hinein und betrachten zunächst den Steinkanal. Er durchzieht dorsoventral den Innenraum von der Madreporenplatte zum Ringkanal. Am besten sieht man ihn, wenn man die beiden Schalenhälften nach dem Aufsägen nicht gleich auseinanderklappt, sondern vorsichtig ein wenig voneinander entfernt, so daß man durch den Spalt ins Innere blicken hann. Der Darm (Fig. 59) ist an der Schalenwand durch Mesenterien befestigt. Gehen wir von der Mundöffnung aus, so sehen wir den Darm Ambulacrum Kiemen Zähne Ye) Y/ s %) I ei N TER E r -Mundfüßchen a = Mundfeld N In 00 NO) S Fig. 885. Mundfeld von Zehinus esculentus. Orig. aus dem oberen Ende eines komplizierten Apparates, des Kauapparates, austreten. Er steigt schräg dorsalwärts in die Höhe, biegt dann um, tritt an die Innenseite der Schale und macht in der Richtung des Uhr- zeigers unten einen Umgang, dann biegt er nach oben gewendet auf sich selbst zurück, um in entgegengesetztem Sinne oben einen zweiten Umgang bis zum Afterdarm zu machen. Wir entfernen nunmehr den Darm vorsichtig. Vom Ambulacralsystem sehen wir nun die Ampullen, welche an der Innenwand der Ambulacra als abgeplattete, zarte Gebilde erscheinen. 9. Kursus: Echinodermata. 135 Der Ringkanal, welcher den Schlund auf der Oberseite des Kau- apparates umgibt, ist schwer zu präparieren und ebenso die fünf von ihm abgehenden Radiärgefäße, welche zunächst innerhalb des Kau- apparates verlaufen und dann erst hervortreten, um dorsalwärts empor- zusteigen und blind zu endigen. Seitlich von ihnen alternierend aus- tretende Zweige gehen in die Ampullen. Man bringt sie durch vor- sichtige Wegnahme der Ampullen zur Ansicht. ‚Jede Ampulle steht mit dem entsprechenden Füßchen durch zwei die Schale durchbohrende Kanäle in Verbindung (s. Fig. 90). Die Geschlechtsorgane sind bei großen Exemplaren sehr stark entwickelt und bilden fünf traubige, miteinander verschmelzende Organe, Madreporenplatte After Axialorgan If — 2 Z EI _.. Steinkanal j I..." N Enddarm Oesophagus 1 N „ Mesenterien Darm Obere Spiralwindung ‚ des Darmes apa g; Dr Untere Spiral- a windung des Darmes Darmspirale x B mer \ Nebendarm —— Speiseröhre Nebendarm Fig. 89. Zchinus esculentus. Der Verlauf des Darmes (Schale und Ambulacralsystem sind weggelassen). Orig. die an der dorsalen Schalenwand angeheftet sind und interambulacral liegen. Schließlich wenden wir uns zur Betrachtung des komplizierten Kauapparates, des von Plinius als „Laterne des Aristoteles“ bezeich- neten Örganes, welches von einer Membran, der Wandung der Leibes- höhle, überzogen ist (Fig. 90). Schon bei der Betrachtung der äußeren Körperform hatten wir fünf vorstehende, elfenbeinweiße Zähnchen gesehen. Lösen wir die Laternenmembran vorsichtig ab, so sehen wir die fünf Zähnchen im Innern von fünf stützenden Pyramiden, den Kiefern, liegen. Auf der inneren Oberfläche befinden sich, wie Speichen eines Rades, fünf nach dem Zentrum zustrebende Zwischen- kieferstücke (Rotulae) und über diesen fünf Gabelstücke. Dieses komplizierte Skelett wird durch eine große Anzahl Muskeln in Bewegung gesetzt. Zum Teil inserieren sich dieselben an einem (die 136 9. Kursus: Echinodermata. Peripherie der Mundscheibe umgebenden, nach innen vorspringenden Skelettring, welcher fünf ambulacral liegende, bogenförmige Er- hebungen aufweist: die Aurikeln. Die Zähne werden auseinander- gepreßt durch sehr kräftige Muskeln zwischen den einzelnen Kiefern, die Interpyramidalmuskeln, und auseinandergezogen durch die Muskeln, die an den äußeren und inneren Enden der Rotulae sitzen und die Rotulae wie Keile von oben her zwischen die einzelnen Kiefer treiben, wobei die fünf Muskelpaare, welche von der Spitze der Aurikeln nach unten an die Kieferstücke gehen, mitwirken. Das Herabziehen einzelner Kiefer und das Senken der ganzen Laterne wird durch die fünf Muskel- -Steinkanal ÖOesophagus Zahnwurzelblase Polische Blase Gabelstück Gabelstückmuskeln Ann (Kompaßmuskeln) Aurikel ----- Gabelstückbänder Aurikel Aurikular- ” muskeln - Ampulle Radialkanal Kiefer Füßchen Fig. 90. Kauapparat von Zchinus esculentus. Die feine Membran, die über den ganzen Apparat gespannt ist, ist an den Seiten weggelassen. Orig. paare besorgt, die am oberen und seitlichen Rande jeder Pyramide ansetzen und in die interambulacralen Vertiefungen zwischen je zwei Aurikeln ziehen. Als Antagonisten wirken beim Neigen die Mund- membran und die Interpyramidalmuskeln und beim Senken die Auri- kularmuskeln. Von anderen Muskeln sind u. a. vorhanden ein auf der oberen Fläche liegender fünfeckiger Ring, welcher die fünf Stiele der Gabelstücke miteinander verbindet, sowie zehn dünne, von den ge- gabelten Enden der Gabelstücke nach unten ziehende Muskeln, die den Druck innerhalb der Laterne im Dienste der Atmung und der Freß- bewegungen regulieren. 9. Kursus: Echinodermata. 137 Ill. Holothurioidea, Seewalzen. A. Allgemeine Übersicht. Die Körperform der Holothurien ist eine langgestreckte, zylin- drische, indem die Hauptachse bedeutend länger ist als die Nebenachsen. Die Tiere nehmen dadurch eine wurst- oder gurkenförmige, häufig auch wurmförmige Gestalt an. Die radiale Symmetrie wird dadurch stark verwischt, daß die Tiere konstant mit einem bestimmten Teile der seitlichen Körperwand dem Boden aufliegen. Diese Seite wird die Bauchseite genannt, die andere die Rückenseite. Tentakel eo Abgeschnittenes radiäres Wassergefäß — Kalkring - Ringkanal des Wassergefäßsystems Steinkanal -- Polische Blase Madreporenplatte Ausführgang der Geschlechtsprodukte -+--. Geschlechtsorgane _ Gemeinsamer Ausführgang der Kiemenbäume --— Cuviersche Organe Fig. 91. Schema einer Holothurie. Das Hautskelett ist reduziert auf kleine Kalkkörperchen und nur den vordersten Darmteil umgibt ein Ring von 10 größeren Skelett- stücken. Die Körperwand ist daher sehr weich. Um den Mund herum steht ein Kranz von Fühlern oder Ten- takeln, bald krausenartig gefaltet, bald zierlich verästelt (s. Fig. 92). Ihr Hohlraum steht mit dem Wassergefäßsystem in Verbindung. Der Darmkanal ist ein einfacher zylindrischer Schlauch von der drei- bis vierfachen Körperlänge und in eine longitudinale Spiral- windung zusammengelegt. Mesenterien befestigen ihn an der Körper- 138 0. Kursus: Echinodermata. wand. Um den muskulösen Schlund herum liegt der Kalkring, meist aus fünf größeren perradialen und fünf kleineren interradialen Platten bestehend. Der Enddarm erweitert sich zur Kloake und nimmt ein Paar mächtige, baumförmig verästelte Drüsen, die Kiemenbäume, auf, die man als „Wasserlungen“ bezeichnet hat, da sie durch Aufnahme und Ausstoßen von Wasser als Atmungsorgane dienen. Bei vielen finden sich noch besondere Organe, die als Differen- zierungen der Kiemenbäume zu betrachten sind: die Cuvierschen Organe, lange, klebrige Schläuche von unbekannter Funktion. Das Ambulacralsystem ist nach dem allgemeinen Echino- dermentypus entwickelt, zeigt aber mancherlei Rückbildungen. Der Ringkanal liegt hinter dem Kalkring, von ihm aus geht meist nur ein Steinkanal, dem gegenüber eine einzige Porische Blase liest. Bei einigen kann sich die Zahl der Steinkanäle und Pouischen Blasen vermehren. Der Steinkanal führt nicht in die Leibeswand, sondern hängt frei in dem Leibeshohlraum, an seinem Ende mit einer durchlöcherten Madreporenplatte versehen. Vom Ringkanal gehen fünf Hauptkanäle (Radialkanäle) ab, nach dem Afterpol hinziehend, um dort blind zu endigen. Bei manchen können sie gleichzeitig mit den Füßchen rückgebildet werden. Die Füßchen sind meist nicht gleichmäßig entwickelt, sondern nur die drei ventralen Ambulacra (Trivium) haben lokomotorische Füßchen mit Saugscheiben, die beiden dorsalen (Bivium) tentakelartige, welche in- dessen auch fehlen können. Die den Mund umgebenden Fühler sind aufzufassen als stark ausgebildete Saugfüßchen. Sie stehen mit den Radialkanälen, seltener mit dem Ringkanal selbst in Verbindung und besitzen meist grobe Ampullen. Stark entwickelt bei den meisten Holothurien ist die Muskulatur der Leibeswand, aus Längs- und Ringmuskeln gebildet, die mit der Haut fest verwachsen sind, so daß man von einem Hautmuskel- schlauch reden kann. Vorn inserieren sich die Längsmuskelstränge an dem Kalkring. Das Nervensystem besteht aus einem am Kalkring gelegenen Nervenringe, von dem fünf radiale Stämme der Innenseite des Hautmuskelschlauches entlang verlaufen. Von Sinnesorganen finden sich außer den Tentakeln bei einigen Holothurien Statoeysten mit Statolithen, einige tragen auch an der Basis jedes Fühlers ein Paar schwarze Pigmentflecke mit beson- derem Sinnesepithel. Das Genitalsystem besteht aus einem Paar zusammenhängender Gonaden, die durch eine unpaare Offnung in der interradialen Median- linie des Rückens ausmünden. Viele Holothurien weisen eine große Regenerationsfähigkeit auf. Auf starke, äußere Reize hin stoßen sie einen großen Teil der Ein- geweide, besonders den Darm, aus und vermögen dann das Verloren- gegangene wieder zu regenerieren. 9. Kursus: Echinodermata. 139 B. Spezieller Kursus. Holothuria tubulosa (GnM.). Wir betrachten zunächst die äußere Körperform dieser Holo- thurie. Der Körper ist langgestreckt und zylindrisch. Am Vorderende liegt der Mund, umgeben von einem Kranze von 20 kurzen Tentakeln, die bei den meisten Exemplaren eingezogen sind. Diese Tentakel sind an der Oberfläche durch Seitenäste verbreitert und bilden eine an- nähernd schildförmige Abflachung („Aspidochiroten“). Am entgegen- gesetzem Pole liegt die Afteröffnung. Die Körperwand weist eine hellere Bauchfläche und eine dunklere Rückenfläche auf, letztere besetzt mit einer Anzahl größerer Warzen, während auf der Bauchseite unregel- mäßig angeordnete Saugfüßchen auftreten, die jedoch an unseren kon- servierten Exemplaren eingezogen sind. Wir legen die Holothurie unter Wasser in das Wachsbecken und schneiden mit einem Längsschnitt die Körperdecke auf. Man nimmt dazu besser nicht die Schere, sondern das Skalpell, führt den Längsschnitt auf der helleren Bauchseite und hört etwa 1 cm vor der Afteröffnung auf. Dann wird die aufgeklappte Körperwand mittels Nadeln festgesteckt. Wir beginnen mit der Betrachtung des Darmes. Er liegt in zwei Windungen und ist durch ein dorsales Mesenterium an der Körper- wand befestigt. Der vorderste Teil ist der Schlundkopf, hinten geht der Darm in einen erweiterten Abschnitt über, die Kloake, welche durch radiär angeordnete Stränge an die benachbarte Leibeswand be- festigt ist (Fig. 92). Nächst dem Darm fallen am meisten ins Auge zwei seitliche, den Körper der Länge nach durchziehende, stark verästelte Organe, welche in die Kloake einmünden, nachdem sie sich zu einem kurzen, unpaaren Stamme vereinigt haben. Es sind das die Wasserlungen oder inneren Kiemenbäume. Der linke Kiemenbaum wird von einem Blutgefäßnetz umsponnen. In beide strömt frisches Wasser von der Kloake aus ein, und sie dienen also wohl zweifellos der Atmung. Sehr deutlich ist an unserem Präparat das Blutgefäßsystem zu sehen, dem indessen eine regelmäßige Zirkulation vollkommen fehlt. Es stellt sich als ein System von Lakunen dar, die an dem Darm zu zwei Gefäßstämmen zusammentreten. Das Dorsalgefäß wird auf die größte Strecke des Darmes hin zu dem Randgefäß eines „Wunder- netzes“, welches als eine vielfach durchbrochene Membran sich an den Darm anheftet. Vom Ambulaeralsystem sehen wir zunächst eine große Blase in der Nähe des Schlundes: die PorLısche Blase (seltener sind es zwei), und wenn wir diese nach ihrer Basis hin verfolgen, so treffen wir auf den Ringkanal, welcher den Schlund eng umfaßt. Nun müssen wir, vom Ringkanal ausgehend, die Steinkanäle aufsuchen. Bei den meisten Holothurien erreichen die Steinkanäle die äußere Körperoberfläche nicht mehr, sondern hängen frei in dem Leibes- hohlraum, und so sehen wir auch an unserem Präparate auf der dor- salen Seite des Schlundes kleine, keulenförmige Gebilde von dem Ring- kanal abgehen, welche die Steinkanäle repräsentieren. 140 9. Kursus: Echinodermata. Fühlerampullen Mundtentakel Linker Kiemenbaum Radıalkanal des Ambulakral- systems Wundernetz Steinkanäle Ringkanal Polische Blase Gonade — Längsmuskeln Rechter Vorderer Kiemenbaum Darmschenkel Gefäß- anastomose Hinterer Darm- schenkel _ Ventrales | Darmgefäß Radialkanal ISI0R 9 — Gefäb- anastomose KIIILES ‚nn AL) Bi _ Längsmuskeln Dorsales Darmgefäß Mittlerer Darm- schenkel Ventrales Darmgefäß Ventrales Darm- gefäß "Befestigungsstränge der Kloake Kloake ne 5 Anus Fig. 92 Organisation von Holothuria tubulosa (nach CARUS, aus LANG). Das Blutgefäßsystem schwarz. 9. Kursus: Echinodermata. 141 Vom Ringkanal gehen fünf Radialkanäle aus, zunächst den Schlund entlang nach vorn verlaufend, dann an die Körperwand ab- biegend. Sie laufen dann, blind endigend, nach dem After zu. Von ihnen gehen alternierend seitliche Äste ab, die sich zu den Ampullen der Füßchen begeben. Die ‘Ampullen liegen nicht frei in der Leibeshöhle, sondern unter der Ringmuskelschicht, hier und da vorschimmernd. Um sich diese Verhältnisse zu veranschaulichen, trägt man vor- sichtig ein Stückchen der Muskulatur von der Leibeswand ab und klappt es um. Auch in die Tentakel gehen Äste des Wassergefäßsystems hinein, aber nicht etwa vom Ringkanal, sondern von den Radialkanälen aus. Nach hinten zu geben diese Fühlerkanäle langgestreckten Hohl- schläuchen, den Fühlerampullen, den Ursprung, die wir leichtlich als zarthäutige, nach hinten gerichtete Schläuche auffinden. An ihrer Basis sehen wir den weiß schimmernden Kalkring, welcher den Schlund umgibt, aus zehn Stücken bestehend. An seiner Innenseite verläuft der Nervenring und die fünf starken Längsmuskeln des Körpers heften sich an ihn an. Dicht unter dem Steinkanal liest eine aus mehreren verästelten Schläuchen zusammengesetzte Drüse: die Geschlechtsdrüse, von der ein gemeinsamer Ausführungsgang nach vorn geht, um auf der Dorsal- seite nach außen zu münden. Wir entfernen nunmehr Darm und Wasserlungen und betrachten die Körpermuskulatur. Der Hautmuskelschlauch besteht, wie wir sehen, aus fünf in den Radien verlaufenden Längsmuskelpaaren und einer äußeren Ringmuskelschicht. Um die Kalkkörperchen zur Anschauung zu bringen, welche als Reste des reduzierten Skeletts in der Haut liegen, bringt man ein Stückchen Haut auf den Objektträger mit etwas Liquor natr. hypochlor. und wäscht nach einiger Zeit mit Wasser nach. Außerdem werden noch fertige mikroskopische Präparate von Synaptahaut gegeben. Die Kalkkörperchen erscheinen als ovale, mehrfach durchlöcherte Plättchen von ziemlicher Regelmäßigkeit. Bei den verschiedenen Holo- thurienarten sind diese Kalkkörperchen verschieden gestaltet; besonders hübsch sind die von S'ynapfa digıtata. wo zu dem flachen Plättchen stets ein ankerförmig gebautes zierliches (Gebilde tritt. An die Untersuchung von Holothurıa tubulosa schließen sich Demonstrationen anderer Holothurien, besonders von Synaptiden, an; ferner sind Abbildungen der merkwürdigen schlauchförmigen parasi- tischen Schnecke Zntoconcha mirabılıs zu erläutern; auch kann der in Kloake und Wasserlungen einer Holothurie (‚Strchkopus regalis) lebende kleine Fisch, /rerasfer acus, demonstriert werden. Systematischer Überblick für den zehnten und elften Kursus. V]J. Stamm. Mollusca, Weichtiere. Die Mollusken sind unsegmentierte, ursprünglich bilateral-symmetrische Tiere, deren Körper aus dem Eingeweidesack, dem Augen und Tentakel tragenden Kopf (der bei den Muscheln fehlt), dem ventralen. aus Muskelmasse bestehenden Fuß und dem dorsalen Mantel besteht. Letzterer ist eine Hautfalte, welche ge- meinsam mit dem Rückenepithel eine schützende Schale ausscheidet und eine den Rumpf ringförmig umziehende Körperhöhle, die Mantelhöhle, begrenzt, in welcher die paarigen, kammartigen Kiemen liegen. Bei den Muscheln ist die Mantelfalte paarig, indem sie von der dorsalen Mittellinie aus nach rechts und links abgeht, und daher haben die Muscheln paarige Schalen, sowie paarige Mantel- oder Atemhöhlen. Bei den Schnecken und Tintenfischen dagegen ist die Mantelfalte und damit auch Schale und Mantelhöhle unpaar. Das Cöfom der Mollusken ist reduziert auf den Herzbeutel, das Perikard, einen das Herz umschließenden Sack, aus dem zwei Exkretionsorgane, Ne- phridien, in die Mantelhöhle führen, und auf die Lumina der Geschlechts- drüsen. Das Nervensystem bestehtimmer aus drei Paar Ganglien: den Hirnganglien (Cerebralganglien), den Fußganglien (Pedalganglien) und den Eingeweide- ganglien (Visceralganglien). Die Hirnganglien stehen sowohl mit den Fuß- wie mit den Eingeweideganglien durch Nervenstränge in Verbindung. Den drei Ganglienpaaren entsprechen drei Paar Sinnesorgane. Die Cerebralganglien versorgen die Augen, sowie auch die Tentakel, den Pedalganglien liegen die Stato- eysten auf, die aber von den Cerebralganglien aus innerviert werden, und in der Nähe der Visceralganglien befinden sich am Mantelrande die als Geruchsorgane gedeuteten Osphradien. Das Blutgefäßsystem ist nie geschlossen, meist finden sich Lakunen (fälschlich als Leibeshöhle bezeichnet). Das dorsal gelegene arterielle Herz ist ur- sprünglich mit zwei symmetrischen Vorhöfen versehen. Fortpflanzung ausschließlich geschlechtlich; vielfach tritt in der Entwick- lung eine Metamorphose auf, durch Ausbildung einer modifizierten Trochophora- larve, der Veligerlarve. Wir unterscheiden vier Klassen: Amphineuren (Urmollusken), Schnecken, Muscheln und Tintenfische. I. Klasse: Amphineura, Urmollusken. Bilateral-symmetrisch. Das Nervensystem ist nicht in Ganglien und Kommis- suren gesondert, sondern besteht aus zwei Paar nach hinten ziehenden Längssträngen, einem Paar seitlichen und einem Paar ventralen, die sich in einem bügelartig über dem Anfangsdarm liegenden Cerebralstrang vereinigen. l. Ordnung: Placophora (Chitonidae), Käferschnecken. Acht dorsale, dachziegelartige Schalenstücke. Fuß stark entwickelt; in der Rinne zwischen Fuß und Mantel jederseits eine Reihe Kiemen, paarige Nephridien, paarige Geschlechtsausführgänge, die zu beiden Seiten des Afters ausmünden. Marin. Chiton. U REF System. UÜberbliek: Mollusea, Weichtiere, 143 2. Ordnung: Solenogastres. Körper zylindrisch, wurmförmig, keine Schale. Mantelhöhle eine jederseits vom rudimentären, leistenartigen Fuß gelegene Furche, hinten in eine Höhle (Kloake) erweitert, in welche Darm und Nephridien münden. Die Geschlechtsprodukte ge- langen ins Perikard und durch die Nephridien nach außen. Marin. Neomenia, Chaetoderma. II. Klasse: Gastropoda, Schnecken. Körper meist asymmetrisch. Die vier Körperabschnitte, Eingeweidesack, Kopf, Fuß und Mantel, meist wohl entwickelt. Der Fuß ist zum Kriechen bestimmt und daher zu einer Sohle abgeplattet. Kopf mit Tentakeln (Fühlern) und Augen. Ein- geweidesack meist stark entwickelt, bruchsackartig vorgestülpt und spiralig ein- gerollt. Die unpaare Mantelfalte überdeckt die Atemhöhle, die sich durch einen Spalt nach außen öffnet. Der Spalt kann durch Verwachsung enger und zu dem verschließbaren Atemloch, Spiraculum, werden. Ein röhrenartiger Fortsatz des Mantelrandes ist der Sipho. Die unpaare Schale entspricht der Form des darunter liegenden Mantels wie des Eingeweideknäuels und ist meist ebenfalls spiralig aufgerollt. Die spiralige Drehung des Eingeweidesackes bedingt auch eine Verlagerung der Mantelorgane (Kiemen, After, Nierenmündungen, Osphradien). Auch das Herz kann sich verlagern, so daß die Kiemen nicht mehr hinter ihm liegen (Opistho- branchier), sondern vor ihm (Prosobranchier). Durch die Teilnahme des Nervensystems an der Drehung entsteht aus der ursprünglichen Orthoneurie die Chiastoneurie, indem es zu einer Kreuzung der Cerebro-Visceralkommissuren kommt. Durch Schwinden von Kieme, Niere und Herzvorkammer einer Seite kann sich die Asymmetrie auch innerlich ausprägen. Am Grunde des Schlundkopfes liegt stets eine mit Zähnchen besetzte Reibe- platte, die Radula. 1. Ordnung: Prosobranchia, Vorderkiemer. Nervensystem chiastoneur. Die meist unpaare Kieme liegt vor dem Herzen, dessen Vorhof durch die Drehung nach vorn verlagert ist und das Kiemenblut von vorn aufnimmt. Schale kräftig entwickelt. Fuß meist mit Deckel zum Verschluß der Schale. Getrenntgeschlechtlich. Überwiegend marin. 1. Unterordnung: Diotocardia. Herz mit zwei Vorkammern: a) mit zwei Kiemen (Zeugobranchia). Aaliotis, Fissurella. b) mit einer Kieme (Azygobranchia). Z7urbo, Trochus, Neritina. c) Kammkiemen rückgebildet, durch sekundäre ringförmige Mantelkiemen ersetzt (Öyclobranchia). Zatella. 2. Unterordnung: Monotocardia. Herz mit einer Vorkammer und einer Kieme. Murex, Cyprara, Paludina. 2. Ordnung: Heteropoda, Kielschnecken. Pelagisch lebende Prosobranchier, mit gallertigem, durchsichtigem Körper. Ein Teil des Fußes (Propodium) wird zur Schwimmflosse; die Schale bildet sich zurück. Carinaria, Pterotrachea. 3. Ordnung: Pulmonata, Lungenschnecken. Orthoneur. Wie bei den Prosobranchiern ist die Vorkammer des Herzens nach vorn gewandt. Die Kieme ist verschwunden und durch eine Lunge, ein Gefäßnetz an der inneren Mantelfläche. ersetzt. Hermaphroditen. l. Unterordnung: Stylommatophora, Mit vier zurückziehbaren Fühlern, die Augen auf den Spitzen der beiden hinteren. Helix, Limax, Arıon. 2. Unterordnung: Basommatophora. Zwei nicht einstülpbare Fühler, die Augen liegen an deren Basis. Zimnaeus, Planorbis, 144 System. Überblick: Mollusca, Weichtiere. 4. Ordnung: Opisthobranchia, Hinterkiemer. Orthoneur. Die Vorkammer hinter der Herzkammer empfängt das Blut von der Kieme von hinten her. Kiemen entweder echte Kammkiemen (entsprechend denen der anderen Mollusken) oder accessorische Kiemen, die entweder in zwei Längslinien auf dem Rücken oder in einer Rosette um den After liegen. Zwitter. Schale fehlt meist, ebenso der Mantel. Marin. 1. Unterordnung: Abranchia. Mantel, Schale und Kammkiemen fehlen. ZZvsia. 2. Unterordnung: Nudibranchia. Mantel und Schale fehlen, mit accessorischen Kiemen. Doris, Aeolis, Tethys, Phyllirhoe. 3. Unterordnung: Teetibranchia Mit Mantel, Schale und Kammkieme. Aplysia, Pleurobranchus. 5. Ordnung: Pteropoda, Flossenschnecken. Pelagische Opisthobranchier (Teetibranchier), Fuß zu zwei als Flossen fun- gierenden Lappen ausgezogen. Kopf nicht oder wenig gesondert. Marin. 1. Unterordnung: Thecosomata. Beschalt. Kopf nicht gesondert. Limacina, Cymbulıa, 2. Unterordnung: Gymnosomata. Nackt. Kopf gesondert. Cizo. 6. Ordnung: Seaphopoda. Zwischen Schnecken und Muscheln stehend. Körper symmetrisch, ebenso Darm und Nervensystem. Nieren paarig. Kiemen fehlen, statt dessen fadenförmige Tentakel an der Schnauzenbasis. Schale röhrenförmig, wie ein Elefantenstoßzahn gekrümmt, beiderseits offen. Radula vorhanden. Marin. Dentalium. III. Klasse: Lamellibranchiata, Muscheln. Körper symmetrisch. Ohne gesonderten Kopf, ohne Radula, ohne Tentakel. Die paarigen Mantellappen umgeben von der dorsalen Mittellinie her den Körper, daher ist auch die meist starke Schale paarig, d.h. zweiklappig; rechte und linke Schale werden durch ein dorsales „Schloß“ verbunden; zum Verschluß dienen ein oder mehrere Muskeln. Oft verwächst der Mantel bis auf drei Öffnungen: einen Schlitz zum Durchtritt des meist beilförmigen Fußes, einen Branchialsipho zum Einströmen des frischen Wassers und einen Kloakalsipho zur Entleerung. Die beiden letzteren können auf lang ausgezogenen Röhren stehen. Zwischen Mantel und Körper liegen jederseits die lamellösen Kiemen als je zwei Blätter, jedes wieder aus zwei Lamellen bestehend. Die Symmetrie zeigt sich auch innerlich, indem das Herz rechte und linke Vorkammer hat, paarige Geschlechtsorgane und paarige Nieren (BoJanussche Organe) vorhanden sind. Der stark gewundene Darm durch- bohrt in seinem Endabschnitt Perikard und Herzkammer. Marin und im Süßwasser. l. Ordnung: Protobranchia. Alteste Gruppe mit einem Paar Kammkiemen im hinteren Teile der Mantel- höhle, mit der Spitze frei nach hinten vorragend. Mantellappen frei, ohne Siphonen, Fuß mit Kriechsohle. Nxcudla, 2. Ordnung: Filibranchia. ® A —, £ y 5 a , Die einzelnen Kiemenblättchen der Kammkiemen zu langen Fäden ausgewachsen. Arca, Mytilus. System. Überbliek: Mollusca, Weichtiere. 145 3. Ordnung: Ptychobranchia. Die aufeinander folgenden Kiemenfäden sind durch Brücken verbunden, ebenso auf- und absteigender Schenkel jedes Fadens. Zecten, Meleagrina, Ostrea. 4. Ordnung: Elatobranchia. Zwei Paar gegitterte Kiemenblätter, jedes aus zwei verwachsenen Lamellen bestehend. Cardium, Dreissena, Unio, Anodonta, Tridacna, Mya, Solen, Pholas, Teredo. 5. Ordnung: Septibranchia. Kieme jederseits in ein muskulöses, von Spalten durchbrochenes Septum ver- wandelt, welches die Mantelhöhle in zwei übereinander liegende Etagen teilt. Zoro- mya, Cuspidaria, IV. Klasse: Cephalopoda, Tintenfische. Körper symmetrisch, mit hohem Eingeweidesack. AÄußerlich zerfällt der Körper in Kopf und Rumpf. Kopf groß, Schlund mit Radula. Fuß vorn einen Armkranz bildend, der nach vorn den Mund umwachsen hat, hinten zum Trichter umgeformt ist, aus dem das Wasser der Mantelhöhle ausgestoßen wird. In der Mantel- höhle zwei oder vier Kammkiemen. Schale äußerlich oder innerlich oder fehlend. Mundöffnung mit zwei starken Hornkiefern (wie ein Papageischnabel). Der End- darm mündet in der Medianlinie in die Mantelhöhle, seitlich davon münden die paarigen Nieren (vier bei Naxtilxs) und kurz vor dem After der Tintenbeutel. Das unpaare Geschlechtsorgan hat einen unpaaren oder paarigen Ausführgang. Herz mit zwei (bei Nazzz/xs vier) Vorkammern. Nervensystem eine den Schlund umfassende Masse, von Knorpel umhüllt. Sinnesorgane, besonders Augen, hoch entwickelt. Marin. l. Ordnung: Tetrabranchiata. Mit wohl entwickelter, äußerer, gekammerter Schale, mit vier Kiemen, vier Herzvorkammern, vier Nieren und zahlreichen Tentakeln um den Mund. Naxtilus, fossil Ammoniten. 2. Ordnung: Dibranchiata. Mit rudimentärer Schale oder schalenlos, mit zwei Kiemen, zwei Vorkammern, zwei Nieren, acht oder zehn kräftigen, mit Saugnäpfen bewaffneten Tentakeln. 1. Unterordnung: Decapoda. Schale rudimentär, meist nur „Rückenschulp“. Zehn Arme, Spirula, Loligo, Sepia. 2. Unterordnung: Octopoda. Schalenrudiment sehr klein oder fellend, acht Arme. Octopus, Argonauta. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 10 146 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. 10. Kursus. Chitonen und Schnecken. Technische Vorbereitungen. Die Untersuchung von CAılton soll nur als Einleitung in das Studium der Mollusken dienen, und es wird daher von einer Präparation abgesehen. Zur Demonstration der äußeren Körperverhältnisse werden große, in Alkohol konservierte Exemplare verteilt, während der innere Bau an fertigen mikroskopischen Präparaten, Querschnitten durch eine kleinere Form, gezeigt wird. Von Schnecken verwenden wir die große Weinbergschnecke, Zelix pomaltıa (L.). Es ist sehr wichtig, die Tiere in ausgestrecktem Zustande zu untersuchen; um dies zu erreichen, werden sie zwei Tage vor Ab- haltung des Kursus in ein hohes, bis zum Rande mit abgekochtem Wasser gefülltes Gefäß gebracht, das alsdann mit einem Glasdeckel verschlossen wird. Nach 48 Stunden sind sie erstickt und schön ausgestreckt. Der Zusatz von etwas Chloralhydratlösung beschleunigt den Prozeß. Die Schale bricht man vorsichtig mit einer starken Insektensteckzange von der Mündung her entzwei. Schwacher Alkohol entfernt den Schleim. Will man die Schnecken in kürzester Zeit zur Sektion gebrauchs- fähig machen, so tötet man die ausgestreckten Tiere durch Einlegen in heißes Wasser, worauf sie sich ganz leicht aus der Schale herausdrehen lassen, dann reinigt man die Tiere von dem anhaftendem Schleim, indem man sie auf kurze Zeit in schwachen Alkohol bringt. Doch sind der- artig behandelte Schnecken nicht ganz so schön ausgestreckt wie die erstickten. I. Chitonen. A. Allgemeine Übersicht. Ein Verständnis der Organisation der Mollusken läßt sich am leichtesten gewinnen, wenn wir von ihrer hypothetischen Stammform ausgehen oder vielmehr von einer von dieser abstammenden, als Prae- rhipidoglossum bezeichneten hypothetischen Urschnecke, aus der sich die Schnecken und Muscheln entwickelt haben, nachdem sich von dem Urmollusk Amphineuren und Cephalopoden abgezweigt hatten. Nach der Annahme neuerer Autoren kann man sich den Bau dieser hypothetischen Urschnecke folgendermaßen vorstellen. Der Körper ist von vollkommener bilateraler Symmetrie und mit einer einfachen napfförmigen Schale bedeckt. Auf der Unterseite befindet sich ein muskulöser, als Kriechsohle ausgebildeter Fuß. Vorn ist ein Kopf mit Augen und Tentakeln abgesetzt. Am hinteren Körper hat sich eine Hautfalte ausgebildet, welche einen Hohlraum überdeckt, die Mantelhöhle, in der die paarigen, federförmigen Kiemen verborgen sind, neben ihnen liegt ein einfaches Sinnesorgan (Osphradium). Diese ursprünglichen Kiemen bezeichnet man als Ctenidien. Der Darmkanal beginnt mit dem ventral am Kopfe liegenden Mund, der in einen muskulösen, mit hornigen Kiefern versehenen Schlund euere 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. 147 (Pharynx) führt, an dessen Boden eine mit vielen spitzen Hornzähnchen versehene Reibeplatte (Radula) liegt. Es folgt dann der Ösophagus, der Magen mit symmetrischer rechter und linker Leber und der End- darm, der durch den medianen After in die Mantelhöhle an deren hintersten, höchsten Stelle ausmündet (Fig. 95 und 94). Das Nervensystem ist vollkommen symmetrisch und besteht aus zwei ÖCerebralganglien im Kopfe, die durch eine Querkommissur verbunden sind, und auf jeder Seite zwei von jedem Üerebralganglion ausgehenden Längsstämmen, die den Körper von vorn nach hinten durchziehen, zwei unteren im Fuße verlaufenden, den Pedalsträngen, und zwei mehr dorsalen, in der Leibeshöhle liegenden, den Pleurovis- ceralsträngen, die sich später verbinden. In diesen Nervensträngen sind bereits Ganglien differenziert, so in den Pedalsträngen die Pedal- ganglien, in den Pleurovisceralsträngen zwei seitlich vom Pharynx liegende Pleuralganglien und zwei weiter hinten liegende Visceralganglien. Ferner besitzt die Urschnecke eine echte Leibeshöhle, in deren vorderem Abschnitt, der Geschlechtskammer, aus der inneren Wand die Geschlechtsprodukte entstehen, deren hinterer als Herzbeutel (Pericard) das Herz umgibt. Geschlechtsdrüse- - - -- - - [= > Schale 9 9 Herzbeutel--— - ö = I) © Einführgang der / Geschlechtsdrüse in die Niere - — Cerebralganglion nn --- Leber an T & Ä7 <= Pleuralganglion J il] LLIIEE N U N Hemer RER l HITTTIEN UN Fig. 93. Schema der hypothetischen Urschnecke (nach PLATE). Seitenansicht. Die Nieren sind sackförmig; in sie münden ursprünglich die paarigen Ausführwege der Geschlechtsprodukte ein, und ferner stehen sie durch den Renoperikardialkanal in Verbindung mit dem hinteren Leibeshöhlenabschnitt, dem Herzbeutel, nach innen von den Kiemen in der Mantelhöhle ausmündend. Das arterielle Herz besteht aus der Herzkammer und zwei seit- lichen Vorkammern. Dieser mutmaßlichen Stammform stehen die Amphineuren und unter ihnen die Chitonen oder Käferschnecken am nächsten. Sie weisen aber in ihrer Organisation neben primitiven Merkmalen auch Abweichungen auf, die als spezielle Anpassungserscheinungen zu be- trachten sind. Primitive Merkmale der Chitonen sind: Die ausgesprochene bilaterale Symmetrie, die sich nicht nur in der äußeren Gestalt, sondern auch im inneren Bau kundgibt. Der Körper ist länglich-oval, vorn mit abgesetztem Kopfe, an der Bauch- seite mit muskulösem Fuße. Das Nervensystem ist noch nicht in Ganglien und Kommissuren gesondert, sondern es sind sog. Markstränge, im wesentlichen von 10* 148 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. der gleichen Anordnung wie bei der oben geschilderten hypothetischen Urschnecke. Ein Cerebralstrang, der durch eine ventrale Kommissur verbunden ist, entsendet nach hinten zwei Markstränge, die Pedalstränge und die Pleurovisceralstränge, ee Mund die durch Queranastomosen a in Verbindung stehen. ESS Te Kanelion Die bilaterale Symmetrie \ Fa ee prägt sich auch aus in der I _\.__Magen medianen Lage des Afters, der paarigen Leber, Niere Ren (0 und Herzvorkammer. " drüse I Die Geschlechtskam- Leber ---111-=--3 oO mern haben eigene paarige | Ausführgänge, die sich dicht vor den Nierenmündungen öffnen, während die Gonaden selbst äußerlich unpaar sind. SID nn Primitiv ist auch der I _--F--. After Bau der Niere mancher Chi- tonen, die, aus vier Haupt- kanälen mit Seitenzweigen Kine Tr; N bestehend, sich diffus im a re re Körper ausbreitet und an das lig. 94. Schema der hypothetischen Urschnecke W assergefäßsystem ie (nach PrAre). Flächenansicht. Plathelminthen (Polyeladen) erinnert. Diesen primitiven Eigenschaften stehen andere gegenüber, die als sekundäre Anpassungen zu bezeichnen sind. Die Brandung, in der die Chitonen leben, hat die Ausbildung eines breiten Saugfußes veranlaßt. Auch die niedergedrückte, flache Körpergestalt ist darauf zurückzuführen. Die Mantelhöhle ist zu einer Rinne reduziert. In der Mantel- höhle liegen zahlreiche gefiederte Kiemenblättehen. Durch die Entwicklung der Randkiemen bedingt, entstand eine dorsale, über dem After liegende Vereinigung der Pleurovisceralstränge. Ferner brachte die sessile Lebensweise den Verlust von Ten- takeln und Augen mit sich. Dafür entwickelten sich (besonders bei tropischen Formen) „Schalenaugen“ und auf der Schale liegende Tastorgane. Als sekundäre Anpassung ist auch die Gliederung der Schale in aufeinander folgende, gegeneinander verschiebbare Stücke zu be- trachten, die dem Tier ein Einrollen (etwa wie einem Gürteltiere) gestatten. B. Spezieller Kursus. Chiton spec. Zur Verwendung kommen möglichst große Exemplare eines Chiton, sowie mikroskopische Querschnitte durch die mittlere Körperregion einer kleineren entkalkten Form, z. B. von Chzlon margıinatus. Das große Exemplar dient nur zur Betrachtung der äußeren Körperform. 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. 149 Auf dem Rücken des länglich-ovalen, flachen Tieres sehen wir in dem Mittelteil die acht hintereinanderliegenden verkalkten Schalen- stücke dachziegelförmig sich deckend. Jedes derselben besteht aus einer äußeren und einer inneren Schicht. An den Seiten sitzen der Körperoberfläche zahlreiche BL en Mund feine Kalkgebilde, besonders 5 kurze Stacheln, auf. Die Bauchseite (Fig. 95) wu zeigt in der Mitte den breiten, Kieme äußerst muskulösen Fuß und vorn den deutlich davon abge- setzten, etwas tiefer liegenden Kopf, mit der queren Mund- . B Vs Geschlechts- spalte in der Mitte. N ’E -- Öffnung Von der häufig als Mantel- = ae falte betrachteten Randzone des Körpers, die ziemlich breit -——— Alter und muskulös ist und ebenso 2 wie der breite, als Saugscheibe Fig. 95. Chiton, von unten gesehen, leicht wirkende Fuß zur Festheftung schematisiert (aus BoAs). des Tieres dient, werden Fuß und Kopf durch eine tiefe Rinne getrennt, die sich ringsherum zieht. In dieser Rinne liegen zu beiden Seiten die dicht aneinander gelagerten Kiemenblättchen, die bei manchen Arten nur am hinteren Teil des Körpers vorkommen. Wir schneiden ein solches Kiemenblättchen mit der feinen Schere heraus, legen es auf einen Objektträger und betrachten es unter Wasser bei schwacher Vergrößerung. Es zeigt sich, daß die breite, oben spitz zulaufende Kieme aus einer Achse besteht mit zahlreichen zarten Fiederchen auf jeder Breit- seite, die lamellenartig dicht nebeneinander liegen. Es werden nunmehr die Querschnitte durch Chiton zunächst unter schwacher Vergrößerung betrachtet. Ein solcher Schnitt zeigt etwa folgendes (s. Fig. 96). Wir orientieren uns zunächst über Rücken- und Bauchseite, letztere leicht kenntlich durch den breiten muskulösen Querschnitt des Fußes. Zu beiden Seiten des Fußes sehen wir die Mantelfalte oder Randzone, mit einer nach innen vorspringenden Lateralleiste und von einem inneren und einem äußeren Mantelmuskel durchzogen. Zwischen Mantelfalte und Fuß liegt jederseits eine tiefe Rinne, in die von oben eine Kieme hinein- ragt, deren einzelne, transversal gelagerte Blättchen deutlich sichtbar sind. Gehen wir zur Betrachtung des Integumentes über, so sehen wir eine Besonderheit desselben auf der Dorsalseite der Randzone; hier finden sich nämlich tief eingesenkte Becher, in denen die Kalkstacheln saßen, die bei der Entkalkung des Objektes aufgelöst worden sind. Eine andere Besonderheit finden wir auf dem Rücken. Ein großer Hohlraum unter dem dorsalen Teile der Haut zeigt die Stelle an, wo die untere, kalkreiche Schicht des Schalenstückes (das Artieulamentum) gelegen hat. Die darüher liegende obere, einen Teil der allgemeinen Körpereutieula bildende Schicht (das Tegmentum) ist in unserem 150 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. Präparate erhalten und von Poren durchsetzt, in denen lange Zellen schräg nach oben gehen. oben auseinanderweichend und in Anschwellungen endigend, eine größere mit tief becherförmiger Chitinkappe in der Mitte, m 3 © Pi & 2 = = Sees 8 B S = ED ) F = © = 28 Bi a sa © 6 3 2 o e a Pe Bj = 5 u a E Ei os od a} = & & rn | ; z ei S er ee 2 A Erd PI Ae:| v Ss © Bee Be S 8 == Se | „= om x - ‘So aa =] x 2 = 85 ae di MM 2 Pleurovisceralstrang | Pedalstrang ° - WW) Innerer Mantelmuskel . { wo = £ Ss = © in ei 5 = = £ ’ h n S > h Q = [=] 5) -_ . n h s = © 2 = h ’ 1>7 x = E oe i P Se B fe} gen ö E ® 2 Ss ae 3 Bi E = 5 2 DELL © ä 5 [7 © [>| = Z- e “a = = = P Bu E 2. an Fig. 96. Querschnitt durch CAiton. “Orig. 8 E © =] u = © E =] = og u z >= ae E1 22 5 a SR e 5E - Em 55 BI 85 om © © £ © = 3] 5 am 5>r 55H = = Een ® 52 5” DEH 5 = ES 5 Da h 4 Seh = nn ı ’ 35 SS To 1 a SR e ı et: 25 5 " “ME 5 Ma 1 ang f \ ı N N te {I} nalen 1 ' Kieme.--- Kieme der Niere Mündung Fig. 97. Schematischer Querschnitt durch die hintere Körperregion von CäAiton (verändert nach SEDGWICK). kleinere seitlich davon. Diese Organe werden als Sinnesorgane (Ästheten) aufgefaßt. Bei einigen Formen tragen sie die Augen. Rings um die Schalenstücke herum liegt die „Zone“, eine Cutieula, welche mit zahl- reichen Stacheln, Borsten, Schuppen usw. besetzt sein kann. 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. 151 Sehen wir uns nun die inneren Organe an, so fällt uns der mehr- fach durehschnittene Darm auf; derselbe hat also im Tiere einen ge- schlängelten Verlauf. Das stark entwickelte, lappig gebaute Organ in der Mitte ist die Leber. Dorsal davon liegt in der Medianlinie die Gonade, entweder ein Hode oder ein Eierstock. Dorsal von dieser findet sich die Aorta. An den Seiten liegen die stark verästelten Nieren. Von anderen Blutgefäßen sehen wir über den Kiemen je zwei liegen, das innere, die Kiemenarterie, das äußere, die Kiemen- vene. Zwischen beiden liegt der Querschnitt des äußeren „Mark- stranges“, der Plenrovisceralstrang; auch die beiden inneren, unteren Nervenstränge (Pedalstränge) sind sichtbar, zu beiden Seiten der Mittel- linie im Fuße. Nach außen findet davon sich jederseits ein Blutsinus (Sinus lateralis). Ein weiter hinten geführter Schnitt zeigt uns das Herz mit seinen beiden Vorkammern, umhüllt vom Pericard, darunter in der Median- linie den Enddarm und seitlich von diesem die Nieren. Zum besseren Verständnis dieser Verhältnisse mag der beifolgende schematische Querschnitt dienen (Fig. 97), der in einer .etwas weiter nach hinten liegenden Körperregion geführt gedacht ist als der in Fig. 96 abgebildete Schnitt. Il. Schnecken. A. Allgemeine Übersicht. Die Schnecken haben meist einen asymmetrischen Körper; der gesamte Mantelkomplex ist auf die rechte (selten auf die linke) Seite, oder dieser entlang nach vorn ver- schoben. Wie kann mansichnun 0... MT Mund diese tiefgreifende Asymmetrie ent- standen denken? Wir gehen wieder von der hypothetischen Urschnecke en aus und nehmen an, daß deren Ein- geweidemasse allmählich immer voluminöser wurde (s. Fig. 98 Anke ern 0,99: Dadurch wurde dorsalwärts die zarte Rückenhaut ausgedehnt, tirke und es kam zu einer Einrollung des Eingeweidesackes. Über die Linke > 8chald erste Entstehungsursache dieser a Sei Einrollung ist noch keine vollkom- mene Einigungerzielt. Geiheitig _ — NA LA----- Kieme mit dieser von links nach rechts erfolgenden Einrollung kam es zu einer einseitigen Vergrößerung der linken Leber, und die voluminöse Eingeweidemasse legte sich vor- Fig. 98. Hypothetische Urschnecke mit beginnender Bildung des Eingeweide- bruchsackes (nach PLATE). wiegend auf die linke Gonade und drückte sich ventralwärts gegen den Fuß hinab. Die Abbildungen Fig. diesen hypothetisch angenommenen 100 und Fig. 101 veranschaulichen Prozeß. 152 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. Mit der wachsenden Krümmung des Bruchsackes wird auch die Schale sich nach rechts einkrümmen, und durch den größeren Zug, welcher auf den Mantelrand der linken Seite ausgeübt wird, wird auch dessen Längenwachstum ein größeres sein als das auf der rechten Seite. Der Mantelkomplex verschiebt sich damit vom hinteren Körper- pol nach rechts und vorn. Gleichzeitig ging die Einrollung des Bruchsackes weiter und hat zu eingerollten Gehäusen geführt (s. Fig. 100). Linke Leber -££- - Schale {/ Herz--- -— | Linke Niere - Nr - - Magen Ki -— Linke Gonade ieme - - Stans Fig. 99. Hypothetische Urschnecke mit beginnender Bildung des Eingeweide- bruchsackes (nach PLATE). Seitenansicht. A B Fig. 100. Hypothetische Urschnecke. Drei Stadien der Verschiebung des Mantelkomplexes nach rechts und vorn (nach PLATE). In der inneren Organisation ergaben sich nun folgende Ver- änderungen. Zuerst schwand in vielen Fällen die kleine rechte Leber vollständig. Dann bildete sich der Schalenmuskel, welcher ursprünglich die napfförmige Schale am Tiere festheftete, zum Spindelmuskel aus, dazu bestimmt, das Tier in seine Schale zurückzuziehen, und zwar war es von diesem paarigen Muskel der rechte Teil, da der linke durch die starke Entwicklung von linker Leber und linker Gonade sich nicht weiter entfalten konnte. Der rechte Spindelmuskel wirkte aber hemmend 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. 155 auf die rechte Gonade und wohl auch die rechte Leber ein, die da- dureh atrophierten (s. Fig. 101). Auch die rechte Kieme ging bei vielen Schnecken infolge ihrer ungünstigen Stellung verloren. — Mit der Verschiebung des Mantelkomplexes verschiebt sich auch das Herz und seine Vorhöfe, da diese an die Kiemen gebunden sind. Bei den Opisthobranchiern und auch bei den Pulmonaten hat der sich rechts nach vorn verschie- bende Mantelkomplex die Median- \ linie vorn zwar überschritten, ist £ n = -Bechteleber aber wieder zurückgedreht worden. vs Bei den Prosobranchiern hat dieses letztere nicht stattgefunden, und dadurch ist es zu einer dauernden Umlagerung der Pleurovisceral- kommissuren gekommen, indem sich diese in der Weise kreuzen, dab der vom rechten Pleuralganglion entspringende Strang über den _ i S Darm hinweg auf die linke Seite RE ER N . = 2 FAT eginnende Einrollung des Eingeweide- zieht, während die ursprünglich sackes (nach PLATE). linke Kieme ihr Parietalganglion unter dem Darm auf die rechte Seite zieht. Jede Kieme zieht näm- lich ihr Parietalganglion mit sich. Beifolgende Schemata veranschau- lichen diese Verlagerung, welche als Chiastoneurie bezeichnet wird, im Gegensatz zu der normalen Lagerung, der Orthoneurie (s. Fig. 102). An diesen Abbildungen sieht man auch gleichzeitig die Verlagerung des Herzens und seiner an die Kiemen gebundenen Vorhöfe. Die Aus- bildung der Chiastoneurie unterbleibt, auch wenn der Mantelkomplex, der rechten Seite entlang nach vorn wandernd, die vordere Mediane überschreitet, in dem Falle, wenn die Kommissuren kurz sind und die Parietalganglien weit nach vorn zu liegen. Denn alsdann sind sie dem MUNd nenn |. Cerebralganglion 1. Pleuralganglion Mund -. Rechte Nier« --After -- Linke Niere Cerebralganglıon EN: Pleuralganglion 1\ = Urspr. linke Kieme After Yv-t+ Urspr. linkes | Parietalganglion J ‘7? Mantelbasis 1. Pedalganglion Pleurovisceral- kommissur Mantelbasis l. Parietalganglion Herz ei |. Visceralganglion After -——-\ Linke Kieme —-- Fig. 102. Schematische Darstellung der Entstehung der Chiastoneurie (nach Lang). Einflusse der spiraligen Drehung entrückt, und es bleibt der alte Zustand der symmetrischen Verteilung der Ganglien, die Orthoneurie, bestehen. Nachdem wir so den eigentümlichen asymmetrischen Bau der Schnecken zu erklären versucht haben, gehen wir zu einer kurzen \{ Übersicht der wichtigsten Organisationsverhältnisse über. Es lassen f sich meist drei deutlich voneinander abgegrenzte Körperregionen nach- weisen: Kopf, Fuß und Eingeweidesack, letzterer von einer Kalk- schale umgeben. Am Kopfe sitzen ein Paar Fühler, an deren Basis die Augen liegen; oder es stehen die Augen an der Spitze eines zweiten 154 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. hinteren Fühlerpaares, wie bei den Landschnecken. Der Fuß ist sehr muskulös und auf der Unterseite sohlenartig abgeplattet; er dient der Schnecke zum Kriechen. Eine Hautfalte des Rückens, die sich nach vorn schlägt, ist die Mantelfalte; sie schließt einen Raum, die Mantel- oder Atemhöhle, ein, in der die Atmungsorgane liegen. Eine mehr oder minder breite Öffnung vermittelt die Verbindung dieser Atemhöhle mit der Außenwelt. Der Eingeweidesack tritt dorsalwärts bruchsack- artig hervor und rollt sich meist spiralig von links nach rechts ein. Dementsprechend ist auch die Schale gebildet, welche von dem über- deckenden Mantel abgeschieden wird und die Form des Eingeweide- bruchsackes genau widergibt. An einer spiralig aufgerollten, meist kegelförmigen Schale unterscheidet man eine Spitze, Apex, und eine Basis, an der sich oft eine Vertiefung, der Nabel, Umbo, findet. Meist verschmelzen die inneren Wandungen zu einer festen Kalkspindel, Columella. Das Wachstum der Schale erfolgt am Mantelrand: ist dieser zu einer Rinne (Sipho) ausgezogen, so ist auch die Schale mit einem derartigen Fortsatz versehen. Ein von der vorderen Fußmuskulatur aufsteigender, meist doppelter Muskel, der Spindelmuskel, inseriert sich in der Schale und vermag den vorderen Körperteil zurückzuziehen. Viele Schnecken scheiden am hinteren Teile des Fußes eine meist dünne Kalkplatte, das Oper- culum, aus, welches die Schalenöffnung völlig zu schließen vermag. An Stelle dessen kann auch zur Winterszeit eine Kalkschicht an der Schalenmündung, das Epiphragma, erzeugt werden, das im Frühling wieder abfällt. Die Haut ist weich und mit Schleim bedeckt, der von einzelligen Drüsen abgesondert wird. Der Mund führt in einen vorstülpbaren Schlundkopf, an dessen Grunde auf einem dicken Wulst, der Zunge, eine mit vielen Chitin- zähnchen besetzte Platte, die Radula, liegt: vor dieser liegt bei manchen Schnecken ein Ring von Kiefern, dessen Teile auch dorsalwärts rücken und verschmelzen können. Ein Paar Speicheldrüsen münden hier ein. Der stark gewundene Darm ist von der „Leber“ umhüllt und öffnet sich meist rechts vorn nach außen. Die „Leber“ ist eine Aus- stülpung des Darmes und stark tubulös. Der gesamte Mageninhalt tritt in sie ein, und es findet in ihr die Resorption statt. Das Nervensystem ist das typische, schon bei der Urschnecke geschilderte. Außer den paarigen Cerebral-, Visceral- und Pedalganglien, von denen die beiden letzteren Paare mit dem ersten durch Kom- missuren verbunden sind, finden sich noch auf den Pleurovisceral- kommissuren liegende gesonderte Pleural- und Parietalganglienpaare. Uber Orthoneurie und Chiastoneurie siehe S. 153. Sind zwei Kiemen vorhanden, so besitzt auch das Herz zwei Vorkammern, welche das Blut von ihnen aufnehmen; mit dem Schwunde einer Kieme schwindet meist auch eine Vorkammer. Liegt das Atmungsorgan hinten, so liegt auch die Vorkammer hinter der Herzkammer (Opisthobranchier), mit der Verlagerung des Atmungs- organes nach vorn hat auch das Herz eine Drehung erfahren, und die Vorkammer liegt vor der Herzkammer (Prosobranchier). Umgeben wird das Herz vom Herzbeutel, Pericard, einem Rest der ursprüng- lichen Leibeshöhle. In ihn mündet die meist unpaare Niere (von den ursprünglich paarigen Nieren ist die eine meist geschwunden), die sich neben dem After nach außen öffnet. N 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. 155 Die Vorderkiemer sind meist getrennten (Greschlechtes, die Hinter- kiemer und Lungenschnecken dagegen Zwitter. Bei letzteren werden Eier und Samen in derselben Drüse, der Zwitterdrüse, gebildet, und auch der Ausführgang ist mehr oder minder gemeinsam; meist spaltet er sich nach Bildung eines erweiterten Abschnittes, des Uterus, in zwei Kanäle, Eileiter und Samenleiter, von denen der erstere einige Anhänge besitzt, so die Eiweißdrüse, das Receptaculum seminis und den Liebespfeilsack. In dessen Innerem wird ein aus Aragonit bestehender spitzer Stab, der Liebespfeil, ausgeschieden, der bei der Begattung als Reizmittel hervorgeschossen wird. Der Samenleiter geht an seinem Ende in den ausstülpbaren mit Rückziehmuskeln versehenen Penis über, der einen eigentümlichen, peitschenförmigen Anhang, das Flagellum, besitzt. Bei Vorder- und Hinterkiemern entwickelt sich aus dem Ei eine Larve mit Schwimmsegel, die Veligerlarve. Die meisten Schnecken leben im Meere (Hinterkiemer und die meisten Vorderkiemer), manche auf dem Lande (die meisten Lungen- schnecken und einige Vorderkiemer), andere im Süßwasser (einige Lungenschnecken und Vorderkiemer). B. Spezieller Kursus. Helix pomatia (L.). Eine der erstickten Weinbergschnecken (s. S. 146) wird im Wachsbecken unter Wasser gelegt und zunächst auf ihre äußere Körperform hin untersucht. Die drei Körperregionen sind leicht be- stimmbar. Der große Fuß ist auf der Unterseite soh- lenartig abgeplattet, vorn sehen wir über ihm den rundlichen Kopf liegen, sogleich kenntlich durch zwei Paar Tentakeln. Das vordere Paarist kleiner als das hintere, welches Ela an seinen Spitzen die Fußsohle Geschlechtsöffnung Augen trägt. Der Ein- Fig. 103. Helix pomatia, von den Seite gesehen. Orig. geweidesack ist größten- teils in der Schale verborgen. Über den aus der Schalenöffnung heraus- tretenden Körper wölbt sich der wulstige Mantelrand (Fig. 103). Von Körperöffnungen sehen wir den Mund an der Ventralseite des Kopfes, ferner das Atemloch auf der rechten Seite unter dem Mantelrand zutage treten und in ihm den After. Eine weitere Öffnung ist die Geschlechtsöffnung, dicht hinter dem Kopfe an der rechten Körperseite gelegen. Wir gehen nunmehr zur Abtragung der Schale über (siehe auch S. 146). Die Schnecke wird auf den Tisch gelegt und die unterste Schalenwindung mittels eines Hammers mit vorsichtig geführten Schlägen zertrümmert. Mit der starken Pinzette, besser noch mit einer gebogenen Insektensteckzange wird dann die Schale Stück für Stück abgetragen. Aus den obersten Windungen läßt sich der Körper durch vorsichtiges Drehen leicht herausbringen. . Atemloch After Mantel 156 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. Nunmehr sehen wir folgendes (Fig. 105): Durch den dünnen Mantel schimmern verschiedene Organe hindurch. Örientieren wir die Schnecke so, daß sie mit der Fußsohle aufliegt und der Kopf vom Be- schauer abgewendet ist, so erblicken wir auf der größten Windung des Eingeweidesackes ein gefäßreiches Organ, die Lunge. Am hinteren Rande derselben schimmert links von der Medianlinie das blasse Herz hindurch, von welchem ein Blutgefäß, die Lungenvene, schräg durch die Lunge zieht. Seitlich vom Herzen, der Medianen genähert. schiebt sich ein hellbräunlich gefärbtes Organ keilförmig zwischen die Lunge hinein, das ist die Niere, die mit dem Hohlraume des Herzbeutels durch einen Kanal in Verbindung steht, dessen Mündung in den Herz- beutel das Nephrostom (Nierenspritze) ist (s. Fig. 106). Die drei Vorderer . _ Tentakel ö Augen- tentakel Mantel Lungen- -- - - vene \ Herz - - -- - yo. de} N N \ \ Nieren a nee uN \ FußB----. ..... \ = Fig. 104. Die Weinbergschnecke nach Fig. 105. Schema der drei Schnitt- Entfernung der Schale. Orig. richtungen zur Anatomie der Wein- bergschnecke. Orig. kleiner werdenden oberen Windungen werden von der Leber ein- genommen. Am oberen Rande der zweitgrößten Windungen schimmert die Eiweißdrüse hindurch. Wir beginnen die Sektion, indem wir über der Atemöffnung, dicht über dem Mantelwulst, mit einer kleinen Schere in die Lungenhöhle einschneiden und den Schnitt in einer Entfernung von etwa 4 mm dem Mantelwulste entlang auf der linken Seite des Tieres führen, bis zu der Stelle, wo das Herz durchschimmert. Wir klappen jetzt den Mantel noch nicht auf, sondern führen erst noch einen Hilfsschnitt von einer anderen Stelle aus. Wir heben (2. Schnitt) mit der Pinzette die dünne Körperhaut am hinteren (rechten) Ende der Niere auf und führen vor- sichtig den Schnitt nach vorn an dem hinteren Nierenrande entlang bis zum Ende des ersten Schnittes (s. Fig. 105). 10. Kursus: Chitonen und Schnecken, 157 Nunmehr können wir die Lungenhöhle aufklappen, indem wir die obere Lungenwand nach rechts legen. Wir sehen an der Innenseite der oberen Lungenwand eine große Anzahl von Blutgefäßen verlaufen, welche in die große Lungenvene (s. Fig. 106) münden und besonders im vorderen Abschnitt reich ent- wickelt sind. BANIDUGRe en nenarne Fingerförmige Drüsen Gehirn a Vas deferens ....--....-.... Flagellum --- N: a Liebespfeilsack Penis „nn dlion nenn RAR. 0 7 en ____ een. Receptaculum nr seminis Samenleiter . Er \ VO Pe ee ee Eileiter -- Maäntelrand - After = Nierenmündung ” Lungenvene Lungendecke —-- = Lungendecke Lungenboden -- Uterus jpeicheldrüsen ..-:”" a IE ; AA: Il S. i Be Receptaculum N / seminis ehmuskeln ...,::°.7.-- ” Nierengang Kopfes und der Tentakeln Glatter Nierenteil - Drüsiger Nieren- teil Vorkammer Herzkammer \ . he SU IRT ” Herzbeutel R \ Nierenspritze Zwittergang Eiweißdrüse Fig. 106. Anatomie der Weinbergschnecke. Orig. Zwi tterdrüse Den Boden der Lungenhöhle bildet die glatte Wand des Ein- geweidesackes. Rechts auf der Grenze zwischen der respiratorischen Decke und dem glatten Boden der Lungenhöhle verläuft der in die Atemöffnung ausmündende Enddarm. 158 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. Der Niere dicht angelagert liegt am hinteren Teile der respira- torischen Lungendecke der Herzbeutel, den wir mit einem Längs- schnitt aufschneiden. Es wird das Herz mit seiner Kammer und nach vorn ge- legenen Vorkammer sichtbar, in welche letztere die Lungenvene einmündet. Nach hinten gibt die Herzkammer die große Aorta ab. Seitlich führt aus der Herzkammer ein in die Niere mündender kurzer Gang, die Nierenspritze (Nephrostom). Die Niere selbst beginnt mit einem sackartigen drüsigen Teile und endigt mit einem röhrenförmigen glattwandigen Abschnitt, der sich in den parallel mit dem Enddarm verlaufenden Ausführgang (Harnleiter) fortsetzt. Mit den ersten zwei Schnitten haben wir nur den Mantel auf- getrennt und die Lungenhöhle eröffnet, nunmehr ist auch die Körperwand zu durchschneiden, um die Eingeweide bloßzulegen. Es wird vom Kopfe aus dem Rücken entlang ein Medianschnitt mit der Schere durch die Körperwand geführt bis zum Mantelwulst. Dann durchschneiden wir diesen und führen den Schnitt, immer noch in der Medianlinie, weiter, die Decke des Eingeweidesackes — den Boden der Lungenhöhle — spaltend. Immer weiter gehend, kommen wir auf die zweite Windung und folgen alsdann mit unserem Schnitte der Höhe der Windungen so weit als möglich (s. Fig. 105). Das Tier wird nunmehr mit Nadeln im Wachsbecken festgesteckt. Man entfernt vorsichtig durch Abschneiden möglichst nahe dam Fuße die beiden aufgeschnittenen Hälften der Eingeweidehülle, schneidet die zarten Bindegewebsbrücken, welche die einzelnen Organe miteinander verbinden, durch und legt die Organe in der Weise auseinander, wie es auf Fig. 106 abgebildet ist. Wir gehen jetzt zur Betrachtung der freigelegten Organsysteme über und beginnen mit dem Darmkanal. Dicht hinter der Mund- öffnung sehen wir einen ansehnlichen weißlichen Körper liegen, den Schlundkopf, von dem aus der Osophagus ein Stück weit nach hinten zieht, um in den geräumigen, braungefärbten Magen über- zugehen. Auf dem Magen liegen zwei langgestreckte, weiße Drüsen- massen, die Speicheldrüsen, die auf der uns zugekehrten, also dor- salen Seite ein Stück weit verschmolzen sind. Jede dieser beiden Drüsen gibt nach vorn zu einen bandartig ge- wundenen Kanal ab, der zu beiden Seiten der Speiseröhre nach vorn zieht, um in den Schlundkopf einzumünden. Auf den Magen folgt der Dünndarm, der sich in geschlängeltem Verlaufe in die oberen Windungen hineinbegibt, um dann auf die andere Seite überzubiegen und am inneren Rande der Lungenhöhle als Enddarm im After auszumünden. Der Dünndarm ist von einer dicken, braunen „Leber“ umgeben. Vom Nervensystem sehen wir die beiden großen Cerebral- ganglien am Beginn des Ösophagus liegen, ihn dorsal überbrückend. Von den seitlich und unterhalb vom Ösophagus verlaufenden Mus- keln fallen uns besonders zwei seitliche auf, welche zu den hinteren Ten- takeln ziehen und als deren Rückziehmuskeln fungieren. Meist sind im Präparate die Tentakel eingestülpt und liegen im Innern; das Auge schimmert durch die Wandung hindurch. Die großen nach hinten gehen- den Muskelbündel sind die Retraktoren des Kopfes und des Schlundes. Mächtig entwickelt ist der Genitalapparat, und zwar finden sich männliche und weibliche Geschlechtsorgane in jedem Individuum vereinigt, da die Pulmonaten Zwitter sind. 10. Kursus: Chitonen und Schnecken. 159 Wir gehen aus von der die Geschlechtsprodukte produzierenden Gonade, hier Zwitterdrüse genannt, da sie sowohl männliche wie weibliche Keimstoffe, allerdings zu verschiedenen Zeiten, erzeugt. Die Zwitterdrüse liegt ganz oben in die Leber eingebettet. Ihr Ausführgang ist ein feines Fädchen, welches transversal zur anderen Seite hinüberzieht und bald einen mäandrisch gewundenen Verlauf nimmt. Es mündet fast senkrecht in einen ansehnlichen gelblichen Körper, dessen oberer freier Teil die Eiweißdrüse dar- stellt. Da, wo sich beide vereinigen, setzt sich ein mit wulstigen Auf- treibungen versehener Schlauch an, der im Präparat ungefähr in der Medianen nach vorn zieht. In diesem Schlauche spaltet sich nun der vorher einheitliche Aus- führgang der Geschlechtsprodukte in zwei Kanäle, von denen der eine, die sog. „Prostata“, als Samenleiter dient, der andere, der Uterus, die weiblichen Geschlechtsprodukte aufnimmt. Weiter nach vorn zu wird die Trennung beider Kanäle vollständig. Betrachten wir zunächst den Ausführgang der männlichen Geschlechts- produkte, so sehen wir ihn nach seiner Trennung vom Uterus als Vas deferens unter dem Rückziehmuskel des rechten Augententakels nach der Medianen ziehen, wo er in einen muskulösen Penis einmündet. Der Penis verlängert sich nach hinten in einen peitschenförmigen An- hang, das Flagellum. Im Hohlraum des Penis wird eine Spermato- phore gebildet, deren hinteres Ende vom Flagellum geliefert wird. An das hintere Penisende setzt sich ein langer, dünner Muskel an, der Retractor penis. Der weibliche Ausführgang hat nach der Abspaltung des männ- lichen einen kürzeren Verlauf. Er mündet als Ovidukt in die Vagina, welche mit dem Penis zusammen hinter dem rechten Augententakel ausmündet. Wie das Flagellum eine hintere Fortsetzung des Penis darstellt, so besitzt auch die Vagina eine nach hinten gerichtete geräumige Fortsetzung, den Liebespfeilsack. Da, wo der Ovidukt in die Vagina tritt, finden sich zwei fingerförmige Drüsen. Ein weiterer Anhang vereinigt sich mit dem unteren Teile des Ovidukts. Es ist das ein langer, dem Uterus anliegender Kanal, der in seinem hinteren Teile rötlich gefärbt ist, Anschwellungen zeigt und in einer ansehnlichen birnförmigen Blase endigt. Die Blase ist das Receptaculum seminis und dient zur Aufbewahrung der Spermatozoen des anderen bei der Begattung tätigen Tieres. Spalten wir den abgeschnittenen und auf einen Objektträger gelegten Pfeilsack mit einen Scherenschnitt der Länge nach auf, so finden wir in seinem Innern den Liebespfeil, einen stilettartigen Körper, aus Aragonit bestehend, mit einer breiten Basis und aufsitzender dünner, nach der Geschlechtsöffnung zu gerichteter Spitze. Nach der Begattung ist der Pfeil verschwunden, da er bei den vorhergehenden Liebesspielen in die Haut des anderen Individuums eingepflanzt worden ist. Schließlich wird der Schlundkopf herausgelöst und in einem Rea- genzgläschen 2—3 Minuten in starker Kalilauge gekocht. Man spült sodann im Uhrschälchen mit reinem Wasser die zersetzten Fleischteile fort. Auf diese Weise werden Radula und Kiefer freigelegt. Die Radula läßt sich übrigens auch leicht präparieren, indem man den Schlundkopf von oben aufschneidet; sie wird alsdann schon durch ihre gelbliche Farbe sichtbar und läßt sich leicht ablösen. 160 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. Dieht hinter der Mundöffnung liegt oben der quergelagerte bräun- liche Kiefer. Den Boden des Schlundkopfes überzieht eine dünne, gelbliche Lamelle, die Radula. Legen wir diese unter das Mikroskop und betrachten sie mit schwacher Vergrößerung, so finden wir in Querreihen geordnet eine große Zahl kleiner, stumpfer Chitinzähnchen. II. Kursus, Muscheln und Tintenfische. Technische Vorbereitungen. Frische Flußmuscheln (oder Teichmuscheln) werden vor dem Kurse etwa 24 Stunden lang in 1%ige Chloralhydratlösung eingelegt, um sie zu betäuben. Durch Einlegen in Wasser, welches auf 60° erwärmt worden ist, kann man sie zweckentsprechend abtöten. Ein paar Exemplare bleiben zu Demonstrationszwecken am Leben und werden in einem Zylinder- glas mit Wasser so aufgestellt, daß ihre Atemöffnungen, die am spitzen Schalenpol liegen, nach oben kommen. Von Cephalopoden werden in Alkohol oder Formol konservierte Exemplare von ‚Sepza officinalis zur Zergliederung gegeben. I. Muscheln. A. Allgemeine Übersicht. Die Muscheln sind bilateral-symmetrische Tiere im Gegensatz zu den asymmetrischen Schnecken. Ihre Schale besteht aus zwei gleichen Stücken, einem rechten und einem linken, die in der Rücken- linie verbunden sind, während die Schnecken nur eine unpaare, fast stets asymmetrische Schale haben. Ein gesonderter Kopf fehlt, es findet sich nur ein dorsaler Rumpf und ein davon entspringender ventraler Fuß. Unter der Schale liegt der Mantel, aus einem rechten und einem linken Mantelblatt bestehend, die als dünne Falten vom dorsalen Teile des Rumpfes ausgehen. Innerhalb der beiden dadurch geschaffenen Mantelhöhlen befinden sich jederseits zwei blattförmige Kiemen, die dicht unter der Ursprungsstelle des Mantels abgehen. An der Mundöffnung sitzen vier große Mundlappen. Der Fuß hat meist die Form eines Längskieles und ist bei manchen Formen sehr groß, bei anderen dagegen klein. Jedes Mantelblatt besitzt einen häufig mit Tastfäden (auch anderen Sinnesorganen) besetzten Rand, den Mantelsaum, der seltener frei bleibt und meist mit dem des anderen Mantelblattes teilweise verwächst. Meist bleiben drei Schlitze übrig, einer zum Durchtritt des Fußes, ein zweiter, welcher frisches Atemwasser einfließen läßt, die Atemöffnung, und am weitesten hinten die Kloakenöffnung, aus welcher verbrauchtes Atemwasser ll. Kursus: Muscheln und Tintenfische. 161 und Kot ausgestoßen werden. In der Umgebung der beiden letzteren Öffnungen kann der Mantel zu mehr oder minder langen Röhren aus- wachsen, dem Branchialsipho und dem Kloakalsipho. Vom Mantel und Rücken des Rumpfes werden die beiden Schalen- hälften ausgeschieden, die dorsalwärts durch ein Schloßband und ein Schloß verbunden sind. Das Schloßband ist ein äußeres oder ein inneres elastisches Band, welches das Bestreben hat, die beillen Schalenhälften zu öffnen. Dem wirken ein oder zwei starke, quer durch die Muschel ziehende Muskeln, die Schließmuskeln entgegen. Bei abgestorbenen Muscheln, bei denen letztere nieht mehr wirken, müssen also die von dem Schloß- band auseinander gezogenen Schalen klaffen. Als Schloß bezeichnet man zahnartige Vorsprünge in der dorsalen Mitte, die in Vertiefungen der anderen Schale eingreifen. An der Innenseite der Schalen lassen sich ein oder zwei Ein- drücke finden, welche von der Insertion der Schließmuskeln herrühren. Ferner zieht dem Schalenrande parallel eine Linie, die Mantellinie, auf der sich der Mantelrand mittels Muskelfasern festheftet. Bei den mit Siphonen versehenen Muscheln buchtet sich die Mantellinie hinten ein („Sinupalliaten“), während bei den anderen diese Einbuchtung fehlt („Integripalliaten“). Die Muschelschale besteht aus drei Schichten; zu innerst liegt die Perlmutterschicht, die aus sehr dünnen Lamellen gebildet wird, in der Mitte findet sich mit senkrecht zur Oberfläche gestellten Prismen die Prismenschicht und außen die verschieden gefärbte Cuticula, aus organischer Masse bestehend, während die beiden anderen Schichten im wesentlichen kohlensaurer Kalk sind. Perlen sind krankhafte Bildungen der Perlmutterschicht, die bei der echten Perlmuschel (Margaritifera vulgaris) durch Finnen eines in Haien lebenden Bandwurmes hervorgerufen werden, bei der Flußperlmuschel (Margaritana margaritifera) dagegen sind nicht Parasiten die Ursache der Perlbildung, sondern kleine im Bindegewebe vorkommende Kalk- konkretionen. Die Kiemen entspringen als zwei Blätter jederseits vom Rumpfe. Bei den meisten Muscheln ist jeıes Kiemenblatt doppelt, indem der untere Rand wieder umgebogen ist und nach der Basis zurückläuft, mitunter auch mit dem Rumpfe verwächst. Es entsteht also in jedem Kiemenblatt ein von zwei Lamellen umschlossener Binnenraum, der mit- unter zur Aufnahme der jungen Brut dient. In ihrem Bau stellen die Kiemen ein durchlöchertes Netzwerk dar, dessen Balken mit Flimmer- epithel besetzt sind. ‚Meist verwachsen die Kiemen rechts und links hinter dem Rumpfe und bilden eine horizontale Scheidewand, welche die Mantelhöhle in einen kleineren oberen Kloakalraum und eine geräumige untere Atemhöhle trennt. Wir kommen nunmehr zur inneren Organisation. Der von zwei Paar Mundlappen unistellte quere Mundspalt führt durch eine kurze Speiseröhre in den Magen. Radula und Kiefer fehlen. Bei manchen Formen findet sieh im Magen ein Blindsack mit dem „Kristallstiel“, der ein wahrscheinlich von der Leber ab- geschiedenes Ferment darstellt, welches «ie in der Nahrung enthaltene Stärke in einen reduzierbaren Zucker verwandelt. In den Magen mündet die große ihn umgebende Leber. Der Darm zieht ın vielen Windungen nach hinten, sein Ende durcehbohrt die Herzkammer und mündet in den Kloakalraum. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 11 162 11. Kursus: Tintenfische und Muscheln. Das Nervensystem der Muscheln ist dadurch ausgezeichnet, daß das Pleuralganglion zum Cerebralganglion tritt und das Parietal- ganglion zum Visceralganglion, welche letzteren beiden zu einem ein- heitlichen Körper vereinigt sind. Auch die beiden Pedalganglien liegen dicht aneinander. Alle drei Ganglienkomplexe sind weit voneinander gerückt; Pedal- und Visceralganglien sind durch lange Kommissuren mit dem Cerebralganglion verbunden. Auf den Pedalganglien liegen die vom Üerebralganglion aus innervierten Statocysten. Sind Seh- organe vorhanden, so sitzen sie in großer Zahl am Mantelrand. Das Herz wird vom Herzbeutel umhüllt; seine beiden Vor- kammern nehmen das frische Blut von den Kiemen auf und leiten es in die Herzkammer. Aus dieser strömt das Blut bei den meisten Muscheln in zwei Arterien, die vordere und die hintere Aorta, die es zu den einzelnen Organen leiten. Es sammelt sich dann in einem Lakunensystem des Körpers wieder an und tritt in einen unter dem Herzbeutel liegenden venösen Längssinus, von dem aus das venöse Blut größtenteils auf die Nieren strömt, um sich dann in je einem zu- leitenden Kiemengefäß (Kiemenarterie) zu sammeln und in die Kiemen einzutreten. Nachdem es in den Kiemen frischen Sauerstoff erhalten, also arteriell geworden ist, geht es in je einem ableitenden Kiemengefäß (Kiemenvene) wieder zu den beiden Vorhöfen des Herzens. Die Nieren (Bosanussche Organe) sind paarig und symmetrisch unter dem Herzbeutel gelegen und münden durch einen Nierentrichter jederseits in diesen ein, während die äußere Öffnung in der Mantel- höhle liest. Jede Niere besteht aus einem oberen glattwandigen Raum, der Vor höhle, und einem unteren von Lamellen durchsetzten, dem exkretorischen Nierensack; letzterer steht durch den Nierentrichter mit dem Herzbeutel in Verbindung, während sich die obere Vorhöhle durch den Ureter nach ‘außen öffnet. Da mitunter die Geschlechts- organe in die Nieren münden, so fungieren letztere in diesem Falle auch als Ausführwege der Geschlechtsprodukte. In den meisten Fällen münden aber die Ausführgänge der stark verästelten Geschlechtsdrüsen in besonderen Öffnungen neben den Nierenöffnungen in die Mantel- höhle aus. Meist sind die Muscheln getrennten Geschlechtes. In der Entwicklung, die bei manchen Süßwassermuscheln in dem Hohlraum der äußeren Kieme des Muttertieres erfolgt, tritt bei den marinen Muscheln wieder die charakteristische Veligerlarve auf. Einzelne Muscheln (z. B. die Auster) sind mit einer Schalenhälfte festgewachsen und werden dadurch asymmetrisch; andere vermögen sich zeitweise durch hornartige Fasern, die Byssusfäden, festzuheften. Diese Fäden werden von einer oft ansehnlichen, im hinteren Teile des Fußes gelegenen Drüse ausgeschieden. Andere kriechen mittels des Fußes langsam fort; andere vermögen sich durch dasselbe Organ fort- zuschnellen oder durch Auf- und Zuklappen der Schale Schwimm- bewegungen auszuführen /Pecien); andere bohren sich in Holz ( Zeredo) oder Stein (Zifhodomus) ein. B. Spezieller Kursus. Flußmuschel und Teichmuschel. Wir wählen zuerst eine Flußmuschel (Unzo spec.) und betrachten deren äußere Körperform. Als Rückenseite wird diejenige bezeichnet, ll. Kursus: Muscheln und Tintenfische. 163 an welcher die beiden Schalenhälften durch das Schloß verbunden sind, als Bauchseite die entgegengesetzte. Das kurze, abgerundete Ende ist das Vorderende, das längere, mehr zugespitzte das Hinterende. An der braunen Außenfläche der Schalen gewahren wir eine große Anzahl dem Rande parallel laufender, konzentrischer Linien, die Anwachs- streifen. Zu jnnerst von ihnen liegen auf der Rückenseite zwei vor- springende Höcker, die Wirbel (s. Fig. 107). Betrachten wir eine leere Muschelschale, so sehen wir deren beide Hälften auseinander klaffen. Es wird das bewirkt durch das elastische Schloßband, welches, an der Außenseite gelegen, beide Schalenhälften miteinander verbindet. Das Innere der Schale wird gebildet von einer glänzenden Schicht, der Vorderer Schließmuskel - Wirbel ” Mantelrand == Mantel - Retractor -Innere Kieme --- Äußere Kieme, Em- bryonen enthaltend Horizontale Verwachsung #----der inneren Lamelle der < x inneren Kiemen - . Kloaken- \ u Per Kloakenöffnung öffnung N -..-- Atemöffnung $------ Atemöffnung . Fig. 107. Rückenansicht einer Fluß- Fig. 108. GeöffnetetFlußmuschel (2). muschel. Orig. s (Orig. Perlmutterschicht. In ihr sind die Eindrücke der Schließmuskeln, sowie die dem Schalenrande parallel laufenden Anwachsstellen des Mantels deutlich sichtbar. Die äußere Schicht, die grünlich - braune Cutieula, tritt etwas über den Schalenrand hinweg. Ein Vergleich mit der leeren Schale einer Teichmuschel zeigt, daß letztere viel dünner ist und kein eigentliches Schloß besitzt. Bei der lebenden Muschel, welche wir in ein Wasserglas mit dem Hinterende nach oben gestellt hatten (s. S. 160), sehen wir die beiden Schalenhälften von der Spitze nach dem Rücken zu etwas geöffnet und blicken in zwei Öffnungen des Mantels hinein, die durch eine schmale, RE 164 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. häutige Brücke voneinander getrennt sind. Die am meisten dorsal ge- legene, also dem Schloß genäherte Öffnung ist die Kloakenöffnung, aus welcher das verbrauchte Atemwasser zugleich mit Darmexkrementen herausbefördert wird; die mehr ventral gelegene große Öffnung ist mit Reihen von kleinen, spitzen Papillen umstellt und dient als Atem- öffnung zur Einfuhr des frischen Wassers (s. Fig. 107). Mit dem starken Messer wird nunmehr am Vorder- wie am Hinter- ende vom Rücken aus ein nicht zu tiefer Schnitt zwischen beiden Schalenhälften geführt, um die beiden Schließmuskeln zu zerschneiden. Dann werden beide Schalenhälften langsam auseinander gebogen. Nunmehr sieht man das Tier in seiner Schale liegen (s. Fig. 108). Wir können den Vergleich mit einem Buche ziehen, dessen Rücken dem Schloß, dessen Einband den beiden Schalenhälften und dessen erste und letzte Seite den beiden der Schale anliegenden Mantelfalten entsprechen würde. Zwei darauffolgende Blätter jederseits sind die Kiemen, während zu innerst der Fuß mit dem darunter befindlichen Rumpf liegt. Am vorderen Ende befinden sich jederseits zwei dreieckige Haut- lappen: die Mundsegel oder Vela. Weiter sind vorn und hinten am Körper die beiden quer durchschnittenen Schließmuskeln sichtbar. Eine genauere Betrachtung zeigt uns, daß der Mantel nicht ganz bis an den Schalenrand herangeht. Nahe seinem verdickten Rande verläuft eine zarte schwärzliche Furche. Am Hinterende sehen wir die schon beschriebenen braunschwarzen Papillen der Atemöffnung. Voll- ständig von derselben getrennt ist die mehr dorsal liegende Kloakal- öffnung und zwar sind es die hinter dem Fuße zu einer transversalen Platte verschmelzenden inneren Kiemenblätter beider Seiten, welche diesen Hohlraum in einen kleineren oberen und geräumigen unteren Abschnitt trennen. Letzterer ist die Atemhöhle, der darüber gelegene kleinere Raum die Kloakalhöhle. Die dorsale Wand der Kloakal- höhle wird durch die sich vereinigenden Mantellappen gebildet. Es wird die eine Mantelhälfte von der Schale losgelöst, indem das Hinterende des Skalpells zwischen beide geführt wird. Sobald man an die Insertioren der beiden Schließmuskeln kommt, sind diese dicht an der Schale von ihrer Unterlage abzutrennen. Es lassen sich nun- mehr beide Schalenhälften vollkommen zurückbiegen. Die Kiemen stellten jederseits zwei dünne Blätter dar, mit sanft gerundetem Rande, die. schon dem bloßen Auge eine deutliche dorso- ventrale Faltung erkennen lassen. Unter der Lupe tritt sowohl in senk- rechter wie wagerechter Richtung eine feine Streifung auf. Diese Streifung wird durch feine Chitinstäbehen erzeugt. Das dadurch gebildete Gitter- werk ist umkleidet von einem Flimmerepithel, welches in den Maschen des Gitterwerkes in Poren auseinanderweicht. Um diese Verhältnisse genauer zu studieren, schneiden wir ein kleines Stückchen der Kieme ab, breiten es unter Wasser auf einem Objektträger aus und betrachten es unter dem Mikroskop mit schwacher Vergrößerung. Jedes Kiemenblatt besteht aus zwei dieht aneinander gelagerten Lamellen, die am unteren Rande ineinander übergehen. Wir über- zeugen uns davon, indem wir an dem dorsalen Rande des inneren ll. Kursus: Muscheln und Tintenfische. 165 Kiemenblattes mit der Pinzette die innere Lamelle desselben hoch- heben. Zwischen beiden Lamellen finden sich zahlreiche Verwachsungs- brücken. Der dazwischen liegende innere Kiemenraum ist an der Basis der Kiemen geräumiger und heißt hier Kiemengang. Während die innere Lamelle des inneren Kiemenblattes teilweise nicht festge- wachsen ist, haftet die äußere Lamelle des äußeren Kiemenblattes fest an dem Mantel an. Der Kiemenraum der äußeren Kiemen dient bei der weiblichen Muschel als Brutraum für die sich entwickelnden Em- bryonen. Jetzt lassen sich auch die Verhältnisse der hinteren Region ge- nauer studieren. Wir sehen, daß die transversale Scheidewand zwischen Atemraum und Kloakalraum von den miteinander verwachsenen inneren Lamellen der inneren Kiemenblätter gebildet wird. Der Fuß ist ein muskulöses, beilförmiges Organ, von etwas dunklerer Farbe, welches sich wenig scharf von dem darunter liegenden kompakten Rumpfe absetzt. Zur Untersuchung der inneren Organe wählen wir besser eine Teichmuschel (Anodonta spec.), weil diese, bei sonst ziemlich gleichartiger Organisation wie die Fluß- muschel, bedeutend gröber und leichter präparierbar ist. -- Niere .. Pericardial- raum Die Schale einer Teich- ee muschel wird vom Rücken Organ her auf beiden Seiten mit einer gebogenen Drahtzange aufgebrochen, nachdem man sie vorsichtig angeschlagen hat. Darauf wird die Muschel - Vorkammer - Herzkammer im Wasser weiter beobachtet. aehlon > Mantel- Es wird nunmehr das schlitz Herz sichtbar, welches in einem geräumigen, durchschei- nenden Sack, dem Herz- beutel, einem Reste des Cöloms, eingeschlossen ist. Fig. 109. Anodonta. Schale vom Rücken auf- Nach Eröffnung des Herz- gebrochen. Herzbeutel geöffnet. Orig. beutels durch einen vorsich- tigen Längsschnitt und Abtragen von dessen dorsaler Wandung tritt das Herz deutlicher hervor (s. Fig. 109). Man erkennt die in zwei hintere Zipfel auslaufende, langgestreckte Herzkammer, in welche seitlich die beiden flachen, dreieckig gestalteten Vorhöfe einmünden. Das Blut strömt in oxydiertem Zustande aus den Kiemen in die Vorhöfe und von da ins Herz, welches es in den Körper pumpt. Deutlich sichtbar ist auch der Enddarm, welcher die Herzkammer geradlinig in der Medianen durchzieht. Zwei langgestreckte, rotbraun gefärbte Organe, welche in den vorderen Winkeln des Peri- cards liegen, und sich in den Mantel vorstülpen (s. Fig. 109), sind die KEBERSchen Organe. Es sind das Pericardialdrüsen von wahrscheinlich exkretorischer Funktion; außer ihnen finden sich noch zwei kleinere Hinterer „Rück- ziehmuskel 166 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. Pericardialdrüsen vor, die an der hinteren Wandung der Vorhöfe liegen und sich in den Herzbeutel vorwölben. Von den unter dem Herzen liegenden schwärzlichen Nieren sieht man nur den vorderen Teil durchschimmern. Um die Nieren und ihre Ausführgänge zur Darstellung zu bringen, wird nach Entfernung der übrigen Schale der rechte Mantellappen ab- geschnitten, dann werden die beiden rechten Kiemen zurückgeschlagen und mit dem Finger allmählich vom Körper abgepreßt. Mit der Pinzette wird hierauf die Anwachsstelle zwischen Kieme und Körper durchtrennt. Mund -- Fuß SV ---- een - Cerebralganglion EN eneeemuumuunn - Pedalganglion 3. kN LEITEN EINEN Ns] afgin 2222222 " Darm Vordere Aorta -- Geschlechts- öffnung ° l \ Nierenöffnung-..[W & At --- Geschlechtsdrüse Nierenspritze-- \ ) | N ID Herzkammer B E er E-- Kieme Ei Herzvorkammer’” Ei B | A} -" " "Kiemengang Vorhöbhle------x- Nierensack --"* Hinterer Rück- „--"" ziehmuskel Mantelschlitz -----. Visceralganglion Hinterer Schließmuskel .. Mantelrand dasen Schale Fig. 110. Anatomie von Anodonta,. Orig. Dadurch ist der innere Kiemengang freigelegt worden, in dem nunmehr zwei Öffnungen sichtbar werden. Die untere ist die Öffnung des Geschlechtsorganes, die obere die der Niere. Zwei eingeführte Borsten orientieren über die Richtung der beiden Gänge. Es werden die beiden rechten Kiemen nunmehr mit der Schere entfernt, wobei die beiden Kiemengänge deutlich zur Anschauung kommen; ll. Kursus: Muscheln und Tintenfische. 167 dann verfolgt man mit einer feinen Schere die in die Nierenöffnung ein- geführte Borste. Die Niere (s. Fig. 110) besteht aus einem weiten, auf sich selbst zurückgebogenen Schlauche, der in der Längsachse des Körpers liegt und sich bis zum hinteren Schließmuskel hinzieht. Die beiden Schenkel des Schlauches sind übereinander gelagert. Der untere Schenkel (Nierensack), der mit einem Nierentrichter in dem Herzbeutel beginnt, ist pigmentiert und durch zahlreiche, von drüsigem Epithel überzogene Falten von schwammigem Gefüge ausgezeichnet. Der obere Schenkel (die Vorhöhle) ist glatter und ohne exkretorisches Epithel; seine kurze Mündung ist als Ureter bezeichnet. Jeder Ureter mündet in dem inneren Kiemengange nach außen und steht nahe seinem vorderen Ende mit dem anderen durch einen Schlitz in Verbindung. Vom Nervensystem sind die Cerebralganglien leicht zu finden, wenn man unterhalb und nach innen vom vorderen Schließmuskel die oberste, seitlich vom Munde liegende Hautschicht vorsichtig abhebt. Alsdann erscheint das Ganglion als ein kleiner rotgelber Körper, von dem aus ein Verbindungsstrang zum Cerebralganglion der anderen Seite geht. Außerdem sind noch, außer schwächeren Nerven, die zu den Pedal- und Visceralganglien verlaufenden Konnektive ein Stück weit zu verfolgen. Die Präparation der Eingeweide ist recht schwierig. Um wenigstens einen Überblick der übrigen Organisation zu erhalten, empfiehlt es sich, mit einem breiten Skalpell vom Fuße aus einen Medianschnitt durch den ganzen Körper zu führen. Man suche zunächst den Mund auf (s. Fig. 110), Von diesem aus führt ein kurzer Osophagus in den geräumigen, längsdurchschnittenen Magen, in dessen Wandung mitunter ein opalisierender, gallertiger Körper, der Kristallstiel, sichtbar wird. Von dem darauf folgenden Darm sind wenigstens einige Schlingen sichtbar; sein letztes Ende durchbohrt das Pericard wie das Herz und mündet hinter dem hinteren Schließmuskel. An den längsdurchschnittenen Stellen des Darmes wird eine längsverlaufende Falte sichtbar, die zur Vergrößerung der Schleim- haut dient und Typhlosolis genannt wird. Die braun-grünliche, drüsige, den Magen umgebende Masse ist die sog. „Leber“, die ihre Ausführgänge in den Magen sendet. In das den Darm umgebende Parenchym sind mächtige drüsige Komplexe eingebettet, welche in ihrer Gesamtheit die entweder männliche oder weibliche Gonade dar- stellen. Schließlich kann man noch die beiden anderen Ganglien des Nervensystems aufsuchen. Das Pedalganglion liegt im vorderen unteren Winkel des Körpers unweit der Grenze des muskulösen Fußes; das V.isceralganglion findet man leicht, wenn man unter dem hinteren Schließmuskel sucht. Bei weiblichen Muscheln finden sich zuzeiten in dem äußeren Kiemengang die als Glochidien bezeichneten Embryonen. Ein solches Glochidium besteht aus einer zweiklappigen Schale, an deren ventralen Rändern sich jederseits eine nach innen vorspringende, mit Stacheln besetzte dreieckige Spitze befindet. Aus dem Innern ragt ein langer Klebfaden heraus, der im Verein mit den Schalenspitzen ein Anklammern 168 tl. Kursus: Muscheln und Tintenfische. des frei gewordenen Embryos an die Kiemen (U%ixo) oder die Flossen- haut (Arodonta) vorbeischwimmender Fische ermöglicht. Hier machen sie, von dem befallenen Gewebe vollkommen umwuchert, ihre weitere Entwicklung durch, und fallen endlich durch Bersten der umhüllenden Wandung als fertige kleine Muscheln zu Boden. Gelegentlich sieht man am Mantel schleimumhüllte, Jangbeinige Wassermilben (Afax) von schwärzlicher Farbe herumkriechen, deren verschiedene Entwicklungsstadien in den Mantellappen, als größere und kleinere Fleckchen auftretend, sitzen. Ein weiterer Parasit, der in Leber und Eierstock der großen Teichmuschel haust, ist der Ducephalus, eine Üercarie, die nach Ver- lassen der Muschel eine Zeitlang frei umherschwimmt, und dann von Fischen aufgenommen wird. Zum geschlechtsreifen Tier (Gasiero- stomum fumbriatum SIEB.) wird sie erst in größeren Raubfischen. Endlich finden sich in den Kiemen, besonders bei Flußmuscheln, zu gewissen Zeiten Entwicklungsstadien eines kleinen Fisches, des Bitter- lings (Rrodeus amarus). Die Eier werden vom Weibchen mittels einer langen Legeröhre durch den Kloakalsipho in die Muschel eingeführt und dann vom Männchen befruchtet. Il. Tintenfische. A. Allgemeine Übersicht. Die Tintenfische oder Cephalopoden haben einen bilateral-symme- trischen Körper, an dem sich zwei Abschnitte unterscheiden lassen: Kopf und Rumpf. Eine eigentümliche Umbildung hat der ursprüng- liche Molluskenfuß erfahren. Sein Vorderteil ist als breite Arm- scheibe vorn um den Kopf herumgewachsen und trägt entweder S—10 mit Saugnäpfen besetzte Fangarme oder viele Tentakel (Nazizlus), der Hinterteil des Fußes dagegen ist in ein Paar ventralwärts ge- krümmte Seitenlappen ausgezogen, die durch Ubereinanderlagerung (Nautilus) oder Verwachsung (Dirdranchtata) zu einem Rohre, dem Trichter, werden. Um den Cephalopodenkörper mit dem der anderen Mollusken zu vergleichen, muß man ihn so orientieren, daß der Kopf mit den Fang- armen zu unterst liegt, die freie Spitze des Rumpfes also nach oben (s. Fig. 111). Wir finden alsdann die drei Teile des Molluskenkörpers Kopf, Fuß und Rumpf, wieder. Das dem Kopfe entgegengesetzte Körperende stellt also den höchsten Punkt des Rückens dar. Die Körperwand, an der sich der Triehter befindet, ist die hintere, die ent- gegengesetzte die vordere. Wie bei den anderen Mollusken, so findet sich auch bei den Cephalopoden ein Mantel, der hinten am Rumpf herunterhängt und eine Mantelhöhle einschließt, die sich hinten über dem Kopffuß in einer Spalte öffnet. In der Mantelhöhle liegen die Kiemen in der Zwei- oder Vierzahl. Die Schale ist bei den meisten Cephalopoden rudimentär geworden. Ihre allmähliche Umbildung ist stammesgeschichtlich wohl folgender- maßen erfolgt. Ursprünglich war sie flach-napfförmig, dann schlanker- ll. Kursus: Muscheln und Tintenfische. 169 kegelförmig und bedeckte den” Rücken. An ihrem dorsalen Scheitel bildete sich zwischen Schale und Körperwand ein Luftraum als hydro- statischer Apparat aus, der dann durch ein Septum von einem, sich Trichter des Eileiters ---.-.............. Ovarium Tintenbeute!................... Fr Schulp Genitalhöhlo--------—--/-.£-- ERS Pericardialhöhle.-.-.----4.-[........ Blindsack Magen j Ventraler Nierensack Dorsaler Nierensack Kieme--1-f- Nephrostoma.--H- 4-44 I y 2 Nierenmündung---}-f----------- - Leber Mündung des... Js... Eileiters | After Bann Mantel Mantel- -- Speicheldrüse Se Ösophagus Trichter" 3} kanlkan we =7Augs N N a Fa y Gehirn | ey anne hahenmennnn nn Pharynx / 5 Fanstonkakel x Fig. 111. Schema einer Sesi@ im Medianschnitt. Orig. darunter bildenden neuen Raume getrennt wurde. Durch Wiederholung { dieses Prozesses kam es zur Bildung hintereinander liegender Luft- kammern der Schale, die miteinander in Verbindung standen und mit $ dem zunehmenden Wachstum des Tieres immer größer wurden. Diese 170 ll. Kursus: Muscheln und Tintenfische. einzelnen Schalenkammern rollen sich in verschiedener Weise auf. Das Tier bewohnt also nur die letzte, jüngste Kammer (z. B. Nautilus). Ein Rudimentärwerden der Schale trat dadurch ein, daß sie von den Mantellappen umwachsen wurde, daß die Luftkammern schwanden und nur der in der Vorderseite des Rumpfes eingebettete „Schulp“ übrig blieb, der bei einigen sogar den Kalk verloren hat und zu einer dünnen Chitinlamelle geworden ist oder gänzlich fehlt. So finden wir alle wesentlichen Teile des Molluskenkörpers bei den Cephalopoden wieder. Die Haut der Cephalopoden ist dadurch interessant, daß sie die Eigenschaft des Farbenwechsels besitzt. Unter der aus Zylinder- epithel bestehenden Oberhaut liegt eine bindegewebige Lederhaut, in welcher sich große Farbzellen (Chromatophoren) finden. In diesen Farbzellen kann das Pigment wandern, wodurch in Verbindung mit den Irisieren einer tiefer gelegenen Schicht von Bindegewebsplatten das Farbenspiel zustande kommt. Bei vielen Dibranchiaten finden sich am seitlichen Körperrand Flossen in wechselnder Ausdehnung. Die von einer ringförmigen Lippe umgebene Mundöffnung birgt zwei kräftige und wirksame Hornkiefer, von Gestalt der Hornscheiden eines Papageischnabels. In dem muskulösen Schlundkopf ist stets eine Radula vorhanden. Zwei (selten ein) Paar Speicheldrüsen münden hier ein. Auf den lafigen Oesophagus folgt der Magen mit einem Blind- sack, in welchen die paarigen Ausführgänge der „Leber“ eintreten. Neben der Leber liegt die Bauchspeicheldrüse, das „Pankreas“. Der kurze Dünndarm öffnet sich in die Mantelhöhle. Als eine stark entwickelte Analdrüse ist der Tintenbeutel zu betrachten, dessen Sekret, der Sepiafarbstoff, schnell entleert und durch den Trichter nach außen geführt werden kann. In dem dadurch stark getrübten Wasser kann sich der Tintenfisch seinen Verfolgern entziehen. Das Nervensystem zeichnet sich durch starke Konzentration aller Molluskenganglien aus, die ringförmig den Schlund umfassen. Die Kommissuren sind demnach sehr stark verkürzt. Sehr auffällig sind die riesigen Ganglia optica im Verlauf der beiden Sehnerven. Auch die Mantelganglien, nach ihrer Gestalt Ganglia stellata genannt, sind sehr groß. Ein sympathisches Nervensystem innerviert den Darm- traktus, auf dem Magen zu einem Ganglion gastrieum anschwellend. Der Ganglienkomplex am Schlund wird durch einen Knorpelring, den Kopfknorpel, geschützt. Die hohe Organisation des Cephalopodenkörpers kommt auch in den Sinnesorganen, besonders den Augen, zum Ausdruck. Am ein- fachsten gebaut sind sie noch bei Nazirlus, wo sie einfache Augen- gruben, Einstülpungen des Körperepithels darstellen, an deren Boden sich die Netzhaut (Retina) ausbreitet, zu welcher der Augennerv herantritt. Durch die Öffnung der Grube vermag das Wasser in den Augenraum einzudringen. Aus diesen Augengruben sind die Augen der Dibranchiaten in der Weise abzuleiten, daß die Ränder der Augengrube einander ent- gegenwachsen und verschmelzen, und somit eine Augenblase dar- stellen, deren obere helle Wand zusammen mit dem äußeren Epithel die primäre Hornschicht (Cornea) bildet. Es wächst nun eine Ring- falte vorn um das Auge herum, in der Mitte eine Öffnung, die Pupille, N 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische, 171 freilassend; diese Ringfalte wird als Iris bezeichnet. Endlich bildet sich noch eine äußere, zweite Ringfalte der Haut, die bei vielen Formen offen bleibt, bei anderen aber sich vollständig schließt und eine sekun- däre Cornea darstellt. Als optischer Apparat erscheint vorn in der primären Cornea eine Linse, deren äußere Hälfte von der Oberhaut, die innere von dem Epithel der Augenblase geliefert wird. Andere Sinnesorgane sind die sogenannten „Riechgruben“ der Dibranchiaten, zwei über den Augen gelegene Vertiefungen, die be- sonders innerviert werden. In zwei Vertiefungen des Kopfknorpels liegen die beiden „Hör- bläschen“, in erster Linie wohl dazu bestimmt, über die Körperlage zu orientieren. 5 Das Blutgefäßsystem ist wenigstens teilweise geschlossen. Das Herz hat zwei (bei NMaxf/ilzs vier) Vorkammern, welche das frische Blut aus den zwei (resp. vier) Kiemen aufnehmen. Aus der Herzkammer treiben zwei nach vorn und hinten ab- gehende Aorten, die Aorta cephalica und die Aorta abdominalis, das Blut in die verschiedenen Organe. Das venös gewordene Blut wird durch ein Venensystem gesammelt und gelangt durch die sich gabelnde Hohlvene zu den beiden an der Basis der Kiemen liegenden kontraktilen Venen- oder Kiemenherzen (die bei NMazxizlus fehlen). Durch besondere Venenanhänge, die sich in die Wand der Nierensäcke einstülpen, werden gewisse Exkretstoffe des Blutes den Nieren über- mittelt. Die beiden venösen Kiemenherzen pressen nun das Blut in das zuführende Kiemengefäiß (Kiemenarterie). Aus den Kiemen strömt das arteriell gewordene Blut in das ausführende Kiemengefäß, und durch dieses in die Vorkammer des arteriellen Herzens. Von der Leibeshöhle hat sich bei den Cephalopoden außer dem Herzbeutel und der Höhlung der Gonaden auch noch ein ansehnlicher Raum im dorsalen Rumpfteile erhalten, der durch zwei Offnungen mit den beiden Nierensäcken in Verbindung steht. Die Nieren münden mit je einer Öffnung in die Mantelhöhle aus. Die Cephalopoden sind stets getrennten Geschlechts. Die Gonade ist immer unpaar, die Leitungswege sind dagegen bei vielen paarig, bei anderen ist der rechtsseitige geschwunden, ihre Ausmündung liegt in der Mantelhöhle zu Seiten des Afters. Der Samenleiter ist meist kompliziert und zerfällt in drei bis vier Abschnitte: das von der Gonadenhöhle (Hodenkapsel) kommende Vas deferens, das sich zu einer großen Samenblase erweitert, in das Vas efferens (welches fehlen kann) sich fortsetzt und in die flaschenartige Spermatophoren- tasche mündet, die in die Mantelhöhle hinausführt. In der Spermato- phorentasche (NEEpHAMschen Tasche) liegen die kompliziert gebauten Spermatophoren, welche die Spermatozoen enthalten. Als Begattungsorgan soll bei einigen ein in die Mantelhöhle vor- ragender Penis fungieren (?), bei anderen dagegen wandelt sich ein Mundarm, Hectocotylus genannt, zum Begattungsorgan um. Sein Endstück ist bei einigen Formen zu einem fadenförmigen Penis um- gestaltet, der von dem Ausführungsgang einer im Innern des Armes liegenden, die Spermatophoren aufnehmenden Blase durchbohrt wird. Dieser Hectocotylus löst sich bei der Begattung los, tritt in die Mantelhöhle des Weibcehens ein und befruchtet dasselbe auf eine noch nicht beobachtete Weise. Da er sich einige Zeit in der Mantelhöhle des Weibchens beweglich erhält, hielt man ihn früher für einen Parasiten. 172 ll. Kursus: Muscheln und Tintenfische. Der weibliche Ausführgang besteht aus dem eigentlichen Ovidukt und einem Paar großer Drüsen, den Nidamentaldrüsen, deren Sekret zusammen mit dem einer unpaaren Eileiterdrüse die äußeren Ei- hüllen der Eier liefert. Aus den großen. häufig in feste Kapseln eingeschlossenen Eiern entwickeln sich die Jungen ohne Metamorphose. Die Bewegung der Cephalopoden ist eine kriechende oder schwimmende. Schnelle Bewegung wird erzeugt durch das Aus- stoßen des in der Mantelhöhle befindlichen Wassers durch den Trichter. Das geschieht durch heftige Kontraktion der muskulösen Mantelwand, wodurch ein Rückstoß erzeugt wird. Das Tier schwimmt also mit dem Rücken voran. Von der alten Ordnung der Vierkiemer ist nur noch die Gattung Nautilus vorhanden, während sie früher sehr reich entwickelt war (Ammoniten). Innerhalb der Ordnung der Zweikiemer unterscheiden wir zehnarmige und achtarmige Tintenfische. B. Spezieller Kursus. Sepia offieinalis (L.). Die in Alkohol konservierte ‚Sepza officinalis wird in das Wachs- becken unter Wasser gelegt und zunächst auf ihre äußere Körperform hin untersucht. Das Tier wird so orientiert, daß es auf der dunkleren Seite liegt, mit dem Kopfe dem Beschauer abgewandt. Wir sehen einen großen, ovalen, abgeplatteten Rumpf mit einer helleren und einer dunkleren Seite. Eine den Körper umgebende Hautfalte, welche nur am Ende unterbrochen ist, stellt die Flosse dar. Aus dem vorderen Teile des Rumpfes ragt, durch eine tiefe, ringsherum gehende Einsenkung getrennt, der ansehnliche Kopf heraus (Fig. 112). Am Kopfe sehen wir rechts und links zwei große Augen, sowie vier Paar ziemlich kurze, aber kräftige Arme, welche den Mund umgeben. Die stärksten sind die beiden uns zugekehrten, die durch einen breiten Zwischenraum voneinander getrennt sind. Jeder Arm trägt an der Innenseite Saugnäpfe, die nach der Spitze zu an Größe abnehmen. Die Saugnäpfe sitzen wie Beeren an kurzen Stielchen, an der Basis in vier Reihen angeordnet. Außer diesen acht Armen finden wir noch rechts und links zwei um das Dreifache längere Fangarme, welche unter dem obersten Armpaar aus tiefen Gruben entspringen, in die sie eingezogen werden können. Die beiden Fangarme sind vıel dünner, mehr zylindrisch und nur oben mit einer blattartigen Erweite- rung versehen, welche auf der Innenseite Saugnäpfe verschiedener Größe trägt. An der Basis des vierten Armes der linken Seite sind beim Männchen der ‚Se/za die Saugnäpfe durch Hautfalten ersetzt: der Arm ist heetocotylisiert. In der Mitte des Armkranzes liegt auf einem kurzen Kegel der Mund. Mit dem Finger lassen sich die darin verborgenen Hornkiefer fühlen. Schließlich können wir noch den Trichter betrachten, der auf der uns zugekehrten Seite schornstein- artig zwischen Rumpf und Kopf hervortritt. Auf der dunkler gefärbten Seite läßt sich ein ansehnliches hartes Gebilde fühlen: der als „Schulp“ bezeichnete Rest der Schale. 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. 173 Es wird nunmehr durch einen Medianschnitt mit dem Skalpell die hellere Rumpfseite aufgetrennt. Der Schnitt beginnt unterhalb des Trichters und muß weiter hinten sehr vorsichtig geführt werden, um nicht den Tintenbeutel anzuschneiden, dessen Inhalt das Präparat stark beschmutzen würde. Mit den Fingern hält man die beiden Schnitt- hälften oberhalb der Messerführung auseinander. Mund Trichter -\- Mantelrand et Tlosse e Aboraler Körperpol Fig. 112. Außere Körperform von Sera officinalis. Orig. Zur Orientierung sei bemerkt, daß wir in der folgenden Be- schreibung die uns zugekehrte Seite als die untere (physiologische Bauchseite), die aufliegende als die obere (physiologische Rückenseite) bezeichnen, die nach dem Kopfe zu liegende Region als die vordere, die entgegengesetzte als die hintere. Wir sehen nunmehr, daß wir eine starke Integumentfalte, den Mantel, durchschnitten und damit eine Höhle eröffnet haben, die als Mantel- oder Atemhöhle zu bezeichnen ist (Fig. 113). Der Mantel heftet sich links, rechts und unten an die Körperwand an, an der unteren Seite geht er nur am Kopfe frei herum. Hinter dem Trichter stehen rechts und links von der Medianen zwei längsovale, von Knorpel- masse umgebene Gruben, in welche ein jederseits von der Innenfläche des Mantels entspringender Knopf paßt. Es wird dadurch eine Art Verschluß hergestellt. Hinter dem Trichter ziehen zwei mächtige Muskelpfeiler nach hinten, die sich an den Schulp inserieren und als Depressores infundibuli bezeichnet werden. 174 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. In der Mantelhöhle fallen besonders ins Auge die beiden Kiemen. Diese sind ansehnliche gefiederte Gebilde, die zu beiden Seiten eines großen Sackes entspringen und sich nach der Öffnung der Mantelhöhle zu erstrecken. Auf der frei in die Mantelhöhle ragenden Kante zieht sich jederseits die starke Kiemenvene entlang, die andere Kante da- gegen ist an den Mantel festgeheftet. Der Sack, von welchem die Kiemen entspringen, ist der Eingeweidesack. Man sieht ein dunkles Gebilde durchschimmern: den Tintenbeutel, hinten fast herzförmig erweitert, nach vorn zu einem Ausführgang sich verengernd, der in den Enddarm mündet. Die Mündung des Enddarms liegt nach hinten vom Mund N ee een re Mantel fern = t \ .. Kieme Du NEN Anbeftung der Grube el N Sn - Mantelganglion Depressor %...1....\....\...2..... infundibuli - After Durchschnitt ..._.i.....\.. .. Nierenöffnung des Mantels _ Geschlechts- öffnung Kieme Er N Nidamentaldrüse --——-- ee Mündung der Nidamentaldrüse Tintenbeutel alt N NV EN Ex Ns Fig. 113. Weibliche Sepra officinalis, nach Eröffnung der Mantelhöhle. Orig. Triehter in der Medianlinie. Der After ist umstellt von vier Lappen, durch die er verschlossen werden kann. Seitlich und hinter dem Aiter liegen auf zwei Papillen die Mündungen der Ausführgänge der Nieren. Zwischen der im Bilde rechten Kieme und der rechten Nierenöffnung sehen wir einen weiteren Kanal ausmünden, den Aus- führungsgang der Geschlechtsprodukte. Es erfolgt nunmehr die Weiterpräparation, indem mit der stumpfen Pinzette die den Eingeweidesack bildende zarte Hülle vorsichtig ent- fernt wird; man hüte sich besonders davor, den Tintenbeutel zu ver- letzen, da sein hervorquellender Inhalt das Präparat beschmutzen würde. 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. 175 Ist das Unglück dennoch geschehen, so ist der Tintenbeutel samt Aus- führungsgang unverzüglich herauszunehmen und das Präparat unter fließendem Wasser abzuwaschen. Um Raum zum Präparieren zu gewinnen, schneidet man den Mantel jederseits nach der Basis der Kiemen zu ein und steckt ihn mit Nadeln fest. Nach vollendeter Präparation sehen wir an einem weiblichen Exemplare folgendes (Fig. 114). Der große, schwarze Tintenbeutel nimmt die Hauptmasse des Raumes ein und überdeckt die meisten anderen Organe. Ganz hinten tritt seitlich rechts ein größtenteils unter dem Tintenbeutel verborgenes Organ hervor, das Ovarium. Weiter cc 2 ER: Alter = CS . BG, ---- Nierenmündung EN =’ Geschlechts- . 2 N du - öffnung Accessorische Nida- ___... er I, mentaldrüsen a Zee 3 18 2 TA. Mündung der Nida- > 3 > ZT i mentaldrüsen Eileiterdrüse Kiemenherz N Be Pericardialdrüse Nidamentaldrüsen ANY 4077772 zunu .ı Eileiter -- Eierstock Tintenbeutel Fig. 114. Eingeweidesack einer weiblichen Se/:a, nach Entfernung der Hülle. Orig. nach vorn setzt sich an das Ovarium der unpaare Eileiter an, leicht kenntlich durch die großen, gegeneinander abgeplatteten Eier. Der Eileiter verläuft an der rechten Seite weiter nach oben und wird vor seiner Ausmündung von einer herzförmigen Drüse, der Eileiterdrüse, überdeckt. Die Ausmündung des Eileiters erfolgt in die Mantelhöhle. Vor dem Tintenbeutel liegen rechts und links zwei große, ovale Körper, in der Mitte mit einer Furche versehen und von blätteriger Struktur, die Nidamentaldrüsen. Schon vor der Entfernung der Hülle des Eingeweidesackes sahen wir sie durch denselben hindurch- schimmern (s. Fig. 113), ebenso wie drei davor gelegene kleinere Drüsen: die accessorischen Nidamentaldrüsen. Jetzt nach erfolgter Prä- paration sehen wir auch die gemeinsamen Ausmündungen sämtlicher Nidamentaldrüsen in den Mantelraum (s. Fig. 114). Alle diese Drüsen sondern Sekrete ab, die zur Herstellung der äußeren Hüllen der heraus- tretenden Eier dienen. Wir fahren nunmehr mit der Präparation in folgender Weise fort: Die beiden großen Nidamentaldrüsen werden von hinten her vorsichtig 176 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. entfernt, indem der Holzgriff des Skalpells darunter geschoben wird. Dann nimmt man die Finger zu Hilfe und kann nun den ganzen Drüsen- komplex nach vorn zu abheben. Ganz ebenso verfährt man mit dem Tintenbeutel, auch unter diesen schiebt man von hinten her den Holz- griff des Skalpells, bis man den Beutel mit den Fingern erfassen kann; hierauf hebt man ihn langsam ab unter gleichzeitiger Zuhilfenahme einer Pinzette, mit der man die an ihm haftenden Membranen abtrennt. Er läßt sich so mit Leichtigkeit unverletzt herausnehmen (Fig. 115). Enddarm -.- Herzvorkammer ... Kiemenbherz Nierensack--- N = -- Nierensack —-— -... Unpaarer Nierensack Magen Ovarium ....% S 1 Kr Fig. 115. Eingeweidesack von .Sepzia, nach Entfernung von Nidamentaldrüsen und Tintenbeutel. Orig. Ein großes dreieckiges Organ im hinteren Ende des Eingeweide- sackes ist das Ovarium. Zu beiden Seiten des Enddarmes liegen bis zum Magen hin zwei ansehnliche Säcke, die wir, wenn wir sie nach vorn hin verfolgen, in den zu beiden Seiten des Afters gelegenen Nierenmündungen ausmünden sehen. Wir haben die Nieren vor uns. Diese beiden paarigen Nierensäcke werden verbunden durch einen dritten unpaaren, der bedeutend größer ist, in seinem Hauptteil aber von den paarigen Nierensäcken und dem Magen bedeckt wird. Einen kleineren Teil von ihm sehen wir in unserem Präparate rechts etwas tiefer liegen. Schneiden wir die außerordentlich dünne Haut der Nierensäcke auf, so finden wir unter ihrem Boden traubige, drüsige Gebilde, die wir schon vorher hindurchschimmern sahen: die Venenanhänge, welche sie scheinbar erfüllen, in Wirklichkeit aber nur die untere Wandung dieser Nierensäcke einstülpen. Durch diese Venenanhänge strömt das venöse Blut und gibt Exkretstoffe an die Nieren ab. Im Präparate (und Bilde Fig. 115) links, seitlich vom unpaaren Nierensack, liegt der Magen, und unter dem Nierensack, diesen ein- stülpend, ein Blindsack von rundlicher Form. Ein größerer Teil des 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. 177 unpaaren Nierensackes liegt unter dem Magen und seinem Blindsack. Schneiden wir diesen Blindsack auf, so sehen wir seine Wandung mit zahlreichen vorspringenden Lamellen erfüllt und im oberen Teile spiralig eingedreht. Speisereste wird man in diesem Blindsack nie finden, er dient nur dazu, die Sekrete der „Leber“, welche ihm durch die beiden sich im Endabschnitt vereinigenden Ausführungsgänge zugeführt werden, aufzunehmen, von wo sie sich in den Magen ergieben. Mit Pinzette und Pinsel entfernen wir nunmehr die sämtlichen Venenanhänge, um die übrigen Organsysteme freizulegen. Leibeswand unter dem ab- geschnittenen Trichter ! „Kopfvene N Leber = el Abgeschnittener | \ Depressor I | infundibuli Kopfaorta --}--- Va et ) es = - Munnfernennnee Ösophagus Kiemenvene -......\...\ - Enddarm ee He Kiemenarterie Kiemenherz .-- Herzvorkammer -Kiemenarterie -Pankreas ----Pylorus Bauchaorta Magen - + Ne 3 -- Blindsack Fig. 116. Anatomie von Sepia, nach weiterer Entfernung der Nieren und Venen- anhänge. Orig. Vom Magen aus können wir den Darm weiter verfolgen, der mit einem etwas weiteren Pylorusabschnitt beginnt, sich um sich selbst windet und geradlinig nach vorn ziehend mit dem After endigt. Gerade hinter dieser Windung des Enddarmes befindet sich das Herz, ein spindelförmiger Schlauch, der etwas links unterhalb des Darmes liegt und schräg nach vorn aufsteigt; das von ihm nach vorn ziehende Blutgefäß ist die Kopfaorta, das nach hinten ziehende die Bauchaorta. Zu beiden Seiten des Herzens liegen in dieses einmün- dende große Blasen, die Vorkammern, welche von den auf der Unter- seite der Kiemen liegenden Kiemenvenen das gereinigte Blut erhalten Kükenthal Zool. Praktikum. 6. Aufl. 12 178 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. und dem Herzen zuführen, von dem es dann durch die beiden großen Körperarterien in die verschiedenen Körperregionen getrieben wird. Vom Venensystem sehen wir folgendes: Durch die Entfernung der Venenanhänge haben wir auch größtenteils die Venen selbst entfernt, nur über der Kiemenbasis sehen wir hinter den Vorkammern zwei blasige Gebilde, die dazu gehören, die Kiemenherzen. Diese sind kontraktil und treiben das von den Körpervenen erhaltene venöse Blut in die Kiemenarterie. An der Basis jedes Kiemenherzens sitzt ein konisches, exkretorisch tätiges Gebilde, die Pericardialdrüse. Wir haben der Beschreibung der Eingeweide bis jetzt ein weib- liches Exemplar zugrunde gelegt. Liegt ein männliches Individuum vor, so ist die Präparation insofern einfacher, als die Nidamentaldrüsen fehlen, und man nach Wegnahme der Eingeweidehülle gleich die Nierensäcke vor sich liegen sieht. Die übrige Anordnung ist ungefähr die gleiche. An der Stelle, wo beim Weibchen der Eierstock liegt, findet sich beim Männchen der Hode, und statt des rechts gelegenen Eileiters finden wir den Samenleiter, der zu einer mächtigen Blase, der Spermatophorentasche, anschwillt. Diese mündet ebenso wie der Eileiter auf einer rechts gelegenen Papille in die Mantelhöhle. Nachdem wir nun den Eingeweidesack und seinen Inhalt genauer kennen gelernt haben, gehen wir zu einer Präparation der vor ihm gelegenen Organe über. Durch einen medianen Längsschnitt trennen wir den Trichter auf, so daß wir in seine Höhlung hineinblicken können. Wir bemerken an der Innenseite seiner oberen Wand einen blatt- förmigen Anhang, der als Klappe fungiert und Trichterklappe ge- nannt wird. Über die Funktion des Trichters gewinnen wir jetzt Klarheit, indem wir sehen, daß er mit einer weiten Öffnung in die Mantelhöhle mündet. Das die Kiemen umspülende Wasser der Mantelhöhle dringt von der Mantelspalte aus ein und kann dann unter gleichzeitigem Verschluß des Mantels in den Trichter gepreßt werden. Die Klappe im Trichter wird angedrückt, und das Wasser strömt durch die jetzt offene vordere Trichteröffnung nach außen, gleichzeitig durch Rückstoß das Tier in entgegengesetzter Richtung fortbewegend. Wir tragen nunmehr den Trichter völlig ab. Zunächst werden die beiden großen Muskelpfeiler hinter dem Trichter durchschnitten, und dann wird durch einen Flächenschnitt die obere Trichterwand abgetragen, so daß sich der gesamte Trichterapparat abheben läßt. In der Medianlinie der freigelegten Fläche verläuft ein ansehn- liches, vorn stark angeschwollenes Blutgefäß zum Eingeweidesacke hin. %s ist das die große Kopfvene, welche aus einem den Mund um- gebenden Ringsinus das venöse Blut aufnimmt und sich in die beiden Hohlvenen teilt, deren Inhalt durch die Kiemenherzen in die Kiemen gepreßt wird. Nehmen wir die Decke der über dem Trichter freigelegten Fläche ab, so erscheint die von einer zarten Hülle umgebene Leber, aus zwei langen, symmetrischen, in der Medianlinie nahe zusammentretenden Lappen bestehend (s. Fig. 117). 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. 179 Nunmehr wird die Kopfvene abgeschnitten und entfernt; zwischen beide Leberlappen führen wir den Holzgriff eines Skalpells ein und drängen sie so etwas auseinander. Es erscheint nunmehr in der Tiefe zwischen beiden Oberlappen der geradlinig verlaufende, dünne Osophagus. Lippe Mund Muskelblinder -- Schlundkopf Ösophagus + -..... 7 <-:"- Kopfknorpel Speicheldrüsen -- -+-- Enddarm Depressor .----4+- infundibuli Leber- ----L-4- -}- -- - Lebergänge Mündung des .--.-- Ösophagus ABI Nee Blindsack Fig. 117. Anatomie von Sepia. Orig. Mit einem Skalpellschnitt trennen wir nun in der Medianlinie den Kopfknorpel auf und führen den Schnitt vorsichtig weiter nach vorn, bis wir auf ein großes, rundliches Gebilde stoßen. Dieser Bulbus ist der muskulöse Schlundkopf, welcher mit der Körperwand durch Muskelbänder verbunden ist; der Schnitt durch den Kopfknorpel hat auch den im Kopfknorpel liegenden, den Ösophagus umgebenden Nervenring durchschnitten, der, im Knorpel eingelagert, im Querschnitt sichtbar wird. Unmittelbar vor den Leberlappen liegen zu beiden Seiten des Ösophagus zwei kleine Drüsen, die Speicheldrüsen, von denen feine Ausführkanäle nach vorn ziehen, um sich in der Medianlinie zu vereinigen und in den Schlundkopf ein- zumünden. 12* 180 11. Kursus: Muscheln und Tintenfische. An der Innenfläche jedes Leberlappens entspringt ein Aus- führgang, der, mit pankreatischen Anhängen besetzt, der Speise- röhre parallel nach dem Magen zu zieht. Kurz vor der Einmündung in das Verdauungsrohr, da, wo vom Magen der Blindsack abgeht, ver- einigen sich beide Lebergänge, um in den Blindsack einzumünden. Schließlich schneiden wir noch den N Schlundkopf auf; das Messer wird bei einem Medianschnitt bald auf Widerstand stoßen, | verursacht durch einen der beiden Horn- | jakulations- kiefer. Wir gehen daher seitlich rechts und apparates links von diesem Kiefer mit der Präparation weiter und können ihn bald, wie auch den darunter liegenden Kiefer, mit den Fingern herausziehen und betrachten. Nunmehr wird die Radula frei, eine zahnbesetzte Platte, welche einer vorspringen- den Erhöhung aufliegt. Damit ist die Betrachtung der inneren ÖOrgansysteme erschöpft; es würde nur noch das Nervensystem in Betracht kommen. Dessen Präparation ist indessen für den An- fänger zu schwierig, und es sei deshalb auf die kurze Beschreibung in der allgemeinen Übersicht S. 170 verwiesen. Nur die beiden Mantelganglien sind ohne weiteres sichtbar (s. Fig. 113); sie liegen an der Innenwand —Spermatozoensack (les Mantels als große Körper, von denen strahlenförmig Nerven an die Mantelfläche gehen. Um das als „Schulp“ bezeichnete Schalenrudiment kennen zu lernen, führt man auf der Medianlinie der dunkel gefärbten Innere } Hülle Oberseite einen Schnitt durch das dünne Inte- Fig.118. Spermatophor von gument und kann dann leicht das in einer Sepia (nach MıLne Ep- Tasche liegende Gebilde frei präparieren und WARDS aus LANG). herausnehmen. (Siehe Fig. 111). Wir haben einen ansehnlichen, ellipsoiden Körper vor uns, dessen Ränder wie das in ein spitzes Häkchen aus- laufende Hinterende von hornigen Blättchen gebildet werden, während die Hauptmasse aus kohlensaurem Kalk besteht. Die lamellare Struktur des Schulpes zeigt seine Herkunft ais Rudiment einer ursprünglich gekammerten Schale an. Bei erwachsenen Tieren finden sich im Schulp Gasansammlungen, vielleicht zur Aufrecht- erhaltung der normalen Körperstellung. — Innere Hülle Mit Zuhilfenahme des Mikroskopes läßt sich noch folgende Unter- suchung ausführen: Man schneidet bei einem erwachsenen männlichen Tier den Spermato- phorensack auf und wird als Inhalt zahlreiche weiße Fädchen bis zu 2 cm Länge finden. Wir legen einige derselben unter Wasser auf den Objektträger, bedecken das Prüparat mit einem Deckgläschen und be- trachten es unter schwacher Vergrößerung (Fig. 118). 1l. Kursus: Muscheln und Tintenfische. IS1 Es ist ein ganz überraschendes Bild, welches wir jetzt sehen. Jedes dieser Fädchen stellt einen Spermatophor dar, einen kom- plizierten Apparat, welcher die Spermatozoen enthält. Wir sehen zu- nächst eine aus zwei Hüllen bestehende chitinige Röhre. An einem Ende derselben liegt ein langgestreckter, mit Spermatozoen gefüllter Samensack, von dem nach vorn zu ein Fädchen zu einem eigentüm- lichen Ejakulationsapparate hinführt. Das Vorderende des Sperma- tophors krümmt sich spiralig ein. Gelangen die reifen Spermatophoren des lebenden Tieres ins Wasser, so platzen sie und spritzen ihren Inhalt heraus. Systematischer Überblick für den zwölften und dreizehnten Kursus. VII. Stamm. Arthropoda, Gliederfüßer. Die Gliederfüßer sind bilateral-symmetrisch, innerlich wie äußerlich segmentiert und besitzen gegliederte Extremitäten, im Gegensatz zu den mit ungegliederten Extremitäten versehenen Anneliden. Die Haut sondert ein chitiniges Skelett ab, dessen einzelne Teile gelenkig verbunden sind. Nur bei den niedersten Formen sind die Segmente gleichartig, bei den höheren werden sie zu ungleichwertigen Körperabschnitten (Heteronomie). Das Nervensystem besteht wie bei den Anneliden aus einem dorsalen Hirn und dem durch zwei Schlund- kommissuren damit verbundenen Bauchmark („Striekleiternervensystem“). Die Augen sind einfach (Stemmata) oder zusammengesetzt (Facettenaugen). Das Herz liegt dorsal über dem Darme; ein geschlossener Blutkreislauf fehlt. Die Atmung erfolgt entweder durch Kiemen oder durch Tracheen. Man unterscheidet danach zwei Unterstämme: Branchiata und Tracheata. 1. Unterstamm: Branchiata. Klasse: Crustacea, Krebse. Mit zwei Paar Antennen am Kopfe. Durch Kiemen atmende Wasser- bewohner. Die Kiemen sitzen an der Basis der Beine Das Chitinskelett erlangt durch Einlagerung von kohlensaurem Kalk größere Festigkeit. Kopf aus fünf Segmenten verschmolzen. Die Gliedmaßen sind Spaltfüße, mit einem Stamm (Protopodit), einem äußeren Schwimmfußast (Exopodit) und einem inneren Gehfußast (Endopodit), von denen der Exopodit verloren gehen kann. Hierzu kann noch ein vom Protopodit entspringender Nebenast (Epipodit) kommen, der häufig als Kieme im Dienste der Respiration steht. Die Extremitäten können zu verschiedenen Funktionen herangezogen werden, z. B. treten häufig die vorderen in den Dienst der Ernährung. Am Kopfe befinden sıch außer den beiden Antennen- paaren drei Paar Kiefer und zwar ein Paar Oberkiefer (Mandibeln), sowie ein erstes und ein zweites Unterkieferpaar (Maxillen). Die Entwicklung erfolgt meist durch Metamorphose. Larvenstadien sind der Nauplius und die Zoda, beide von verschiedener ÖOrganısationshöhe. 1. Unterklasse: Entomostraca, Niedere Krebse. Anzahl der Körpersegmente wechselnd. Als Exkretionsorgan fungiert die Schalendrüse. Larvenform: der niedriger organisierte Nauplius. l. Ordnung: Phyllopoda, Blattfüßer. Rückenschild (Carapax) vorhanden oder fehlend. Der Spaltfuß wird meist zum Schwimmfuß durch Verbreiterung beider Äste. Die Kiemen sitzen als Säckchen an den Schwimmfüßen. Im Süßwasser, einzelne marin. System. Überblick: Arthropoda, Gliederfüßer. 183 1. Unterordnung: Branchiopoda, Kiemenfüßer. Deutlich segmentierter Körper mit vielen Segmenten. Langgestrecktes dor- sales Herz. Ohne Carapax: Branchipus; mit flachem Carapax: Aus; mit zwei- klappiger Schale: Zstkeria. 2. Unterordnung: Cladocera, Wasserflöhe. Aus, wenigen, undeutlich abgegrenzten Segmenten bestehender Körper. Zweites Antennenpaar große Ruderorgane. Zweiklappige Schale, die den Kopf frei- läßt. Herz kurz, säckchenförmig. Unpaares Facettenauge. Oberer Schalenraum dient als Brutraum. Daphnia, Leptodora. 2. Ordnung: Ostraeoda, Muschelkrebse. Aus wenigen, undeutlich abgegrenzten Segmenten bestehender Körper. Zweiklappige, muschelähnliche Schale, die auch den Kopf einschließt. Marin und im Süßwasser. Cypris. 3. Ordnung: Copepoda. Deutlich segmentierter Körper, der Kopf mit dem ersten Rumpfsegment ver- schmolzen. Gewöhnlich zehn freie Segmente, von denen die ersten fünf (Thorax) typische Spaltfüße tragen, die nächsten vier (Abdomen) extremitätenlos sind und das letzte (Telson) eine Schwanzgabel trägt. Eier am Abdomen des Weibchens in unpaaren oder paarigen „Eiersäckchen“. Marin und im Süßwasser. 1. Unterordnung: Eucopepoda. Keine Facettenaugen. Genitalöffnung am siebenten Rumpfsegment. Teils freilebend (C'yclops), teils parasitisch (Zernaea). 2. Unterordnung: Branchiura. Schildförmiges, flaches Kopfbruststück und kleines, gespaltenes Abdomen. Drei freie Brustsegmente. Facettenaugen. Genitalöffnung am fünften Rumpf- segment. Die zweiten Maxillen zu Saugnäpfen und Krallen umgewandelt. Argwlus. 4. Ordnung: Cirripedia. Rankenfüßer. Festsitzende Krebse, mit dem Nacken festgeheftet. Der Carapax bildet meist einen Mantel mit stark verkalkten Platten. Füße mit geringelten, diehtbehaarten Innen- und Außenästen (Rankenfüße), die zum Herbeistrudeln der Nahrung dienen. Herz fehlt. Zwitter, bisweilen treten „Zwergmännchen“ auf. Marin. 1. Unterordnung: Lepadacea. Kopfende zu einem Stiel ausgezogen. Zepas. 2. Unterordnung: Balanacea. Ohne Stiel. Skeletteile zum Teil zu einem festen Kranz verbunden. Zalanus. 3. Un terordnung : Rhizocephala. Durch Parasitismus stark rückgebildet. Darmkanal wie Gliedmaßen fehlen. Körper ein weichhäutiger Sack voller Geschlechtsprodukte. Nahrungsaufnahme durch wurzelförmige Verästelungen, die vom festsitzenden Stiel ins Innere des Wirtes hineingehen. Sacculina, Peltogaster. 2. Unterklasse: Malacostraca, Höhere Krebse. Anzahl der Segmente konstant 19, selten 20. Außer 5 fast stets verschmol- zenen Kopfsegmenten 8 Brustsegmente und 6 (selten 7) Hinterleibssegmente. Dazu kommt noch meistens ein letztes Anhangssegment, das Telson. Als Exkretionsorgan fungiert die Antennendrüse. Larvenform: die höher organisierte Zo&a, selten vorher der Nauplius. !1. Legion: Leptostraca. Zwischen Entomostraken und Malacostraken stehend. Zweiklappige Schale, Abdomen siebengliedrig, dazu ein Telson mit beweglichen Ästen. Marin. Nebalia, 184 System. Überblick: Arthropoda, Gliederfüßer. 2. Legion: Eumalacostraca. Abdomen sechsgliedrig, dazu ein Telson ohne bewegliche Äste. A. Syncarida. Kein Rückenschild (Carapax). Alle Brustsegmente getrennt bis auf das erste, welches mit dem Kopfe verwachsen ist. Keine Bruttasche. Ordnung: Anaspidacea. Im Süßwasser. Anaspides. B. Peracarida. Carapax, wenn vorhanden, wenigstens vier Brustsegmente freilassend. Erstes Brustsegment stets mit dem Kopfe verschmolzen. Weibchen mit Bruttasche, die aus blattförmigen Anhängen der Beine gebildet ist. 1. Ordnung: Mysidacea. Carapax über den größten Teil der Brust sich erstreckend, aber höchstens mit drei Brustringen verwachsen. Augen gestielt. Brustfüße mit Schwimmfußästen. Das erste Fußpaar oder die beiden ersten zu Kaufüßen umgewandelt. In den Endopoditen der Uropoden finden sich meistens zwei Statocysten. Marin, vereinzelt im Süßwasser. Myszs. 2. Ordnung: Cumacea. Carapax mit den ersten drei oder vier Brustsegmenten verwachsen. Keine Stielaugen. Einige Brustfüße mit Schwimmfußästen, die ersten drei Fußpaare zu Kieferfüßen umgewandelt. Marin. DiastyZis. 3. Ordnung: Tanaidacea. Carapax mit den ersten beiden Brustsegmenten verwachsen. Augen fehlend oder auf kurzen unbeweglichen Stielen stehend. Keine Schwimmfußäste. Das erste Fußpaar zu Kieferfüßen umgewandelt. Marin. Zanazs. 4. Ordnung: Isopoda, Asseln. Körper dorsoventral zusammengedrückt. Carapax fehlt. Das erste Brust- segment mit dem Kopf verwachsen. Telson fast stets fehlend. Augen sitzend oder auf kurzen unbeweglichen Stielen stehend. Brustfüße ohne Schwimmfußäste, das erste Paar zu Kieferfüßen umgewandelt. Herz kurz, ganz oder teilweise im Hinter- leib liegend. Teilweise Parasiten und alsdann stark umgebildet. Meist marin, doch auch auf dem Lande, vereinzelt im Süßwasser. Asellus (Wasserassel), Cryploniseus. 5. Ordnung: Amphipoda. Flohkrebse. Körper seitlich zusammengedrückt. Carapax fehlt. Das erste Brustsegment oder die beiden ersten mit dem Kopfe verwachsen. Telson meist vorhanden. Augen sitzend, Brustfüße ohne Schwimmfußäste, das erste Paar zu Kieferästen umgewandelt. Herz meist lang, im Brustabschnitt gelegen. Meist marin, einzelne Formen im Süß- wasser, Gammarus, Phronima, ©. Eucarida. Carapax dorsal mit allen Brustsegmenten verwachsen. Augen auf beweglichen Stielen. Ohne Bruttasche. 1. Ordnung: Euphausiacea. Kein Fußpaar zu Kieferfüßen umgewandelt. Kiemen in einer einzelnen Reihe am Grundgliede der Füße. Fast stets mit Leuchtorganen versehen. Marin. Zuphausta, 2. Ordnung: Decapoda. Die drei ersten Fußpaare sind zu Kieferfüßen umgewandelt. Kiemen meist in mehreren Reihen, sowohl am Grundglied der Füße wie am Körper selbst. Meist marin, einige Süßwasser- und Landformen. System. Überblick: Arthropoda, Gliederfüßer. 185 1. Unterordnung: Natantia, Körper meist seitlich zusammengedrückt, ebenso Rostrum. Abdominalfüße wohl entwickelt, zum Schwimmen gebraucht. Crangon. 2. Unterordnune: Reptantia. Körper nicht seitlich, aber oft dorsoventral zusammengedrückt, ebenso das Rostrum, wenn es vorhanden ist. Abdominalfüße oft reduziert oder fehlend, nicht zum Schwimmen gebraucht. Potamobius, Pagurus, Birgus, Cancer. D. Hoplocarida. Der Carapax läßt vier oder mehr Brustsegmente frei. Vom vorderen Teile des Kopfes gliedern sich zwei freie Segmente ab, die die auf beweglichen Stielen sitzenden Augen und die ersten Antennen tragen. Keine Bruttasche, Ordnung: Stomatopoda. Marin. Sguilla. 9. Unterstamm: Tracheata. Durch hohle Hauteinstülpungen, Tracheen, atmende Landbewohner. Mit einem Paar Antennen. Die Gliedmaßen sind niemals Spaltfüße, sondern ein- reihig. Die Tracheen öffnen sich durch Spalten, Stigmata, auf der Haut. Im vorderen Darmteil münden Speicheldrüsen aus, in den Enddarm die als Niere fungierenden Vasa Malpighii. Ferner finden sich vielfach Schleim-, Gift- und Spinndrüsen, auf einer der Mundextremitäten ausmündend. I. Klasse: Protracheata. Übergang von den Anneliden zu den Tracheaten. Annelidenähnlicher, segmentierter Körper, mit Segmentalorganen, Nephridien, anderseits im Besitze von Tracheen. Beine parapodienähnlich, kurz, mit Krallen versehen („Onycho- phoren‘). Nervenstränge wie bei Plattwürmern, ein Paar ventrale, vom Hirnganglion ausgehende Stränge; noch nicht zum typischen Strickleiternervensystem zusammen- getreten. Peripatus. II. Klasse: Myriopoda, Tausendfüßer. Annelidenähnlich, aber wohlgegliederte Beine. Kopf aus drei Segmenten ver- schmolzen. Striekleiternervensystem. Das dorsale Herz sehr lang, in jedem Segment eine besondere, mit seitlich angehefteten Muskeln versehene Kammer bildend. Augen einfach. 1. Ordnung: Diplopoden (Chilognatha). Körper rund, jedes Segment trägt ein Paar Extremitäten. Pflanzenfresser. Jzlus. 4. Ordnung: Chilopoda. Körper abgeplattet, jedes Segment trägt ein Paar Extremitäten. Giftiger Biß. Räuber. Scolopendra. III. Klasse: Insecta. Der Körper besteht aus drei Regionen: Kopf, Brust und Hinterleib. Die Brust besteht aus drei Segmenten, der Hinterleib aus fünf bis elf. Jeder Brustring trägt ein Beinpaar („Hexapoda“). Am Kopf ein Paar Antennen, ein Paar Man- dibeln und zwei Paar Maxillen. Die ursprünglichsten Mundgliedmaßen sind die kauenden, davon abzuleiten sind die leckenden, saugenden und stechenden. Können fliegen, da je ein Paar Flügel am zweiten und dritten Brustring dorsal angeheftet ist, die als Hautausstülpungen zu betrachten sind. An der Grenze vom entodermalen Mittel- und ektodermalen Enddarm münden die Exkretionsorgane: MALPIGHIsche Gefäße. Hirn meist sehr entwickelt. Ein Paar Facetten- 186 System. Überblick: Arthropoda, Gliederfüßer. augen. Tracheensystem sehr entwickelt, daher Blutgefäßsystem rudimentär. Getrenntgeschlechtlich. Bei einigen entwickelt sich das Ei unbefruchtet (Partheno- genesis). Die meisten Insekten machen eine Metamorphose in der Entwick- lung durch. 1. Ordnung: Apterygota, Urinsekten. Direkte Entwicklung; beißende Mundgliedmaßen; ursprünglicher Mangel der Flügel. Tracheen fehlend oder unzusammenhängend. Manchmal Fußstummeln am Hinterleib. 1. Trysanura (Lepisma), 2. Collembola (Podura). 2. Ordnung: Archiptera, Urflügler. Direkte Entwicklung oder unvollkommene Metamorphose; beißende (bei den Physopoden saugende) Mundgliedmaßen; glasartige, fein, oft netzförmig geäderte Flügel. 1. Corrodentia (Termes, Psocus, Trichodectes), 2. Amphibiotica (Ephemera Libellula, Perla), 3. Physopoda (Thrips). 3. Ordnung: Orthoptera, Geradflügler. Unvollkommene Metamorphose; beißende Mundgliedmaßen. Die beiden Flügel- paare ungleich. Meist pergamentartige Vorderflügel und etwas weichere, faltbare Hinterflügel. 1. Dermatoptera (Forficula), 2. Cursoria (Periplaneta), 3. Gressoria (Mantis), 4. Saltatoria (Acridium, Locusta, Gryllus). 4. Ordnung: Rhynchota, Schnabelkerfe. Direkte Entwicklung oder unvollkommene Metamorphose; stechende Mund- gliedmaßen ; die Vorderflügel halbhornig, an der Spitze häutig, und Hinterflügel häutig, oder alle Flügel häutig, oder Flügel fehlend. 1. Zemiptera (Acanthia), 2. Homoptera (Cicada), 3. Phytophthires (Aphis), 4. Aptera (Pediculus). 5. Ordnung: Neuroptera, Netzflügler. Vollkommene Metamorphose; beißende Mundgliedmaßen; häutige, netzförmig geäderte Flügel. Erstes Brustsegment frei. (Myrmeleon, Panorpa, Chrysopa). 6. Ordnung: Coleoptera, Käfer. Vollkommene Metamorphose; beißende Mundgliedmaßen; Vorderflügel hart, Hinterflügel häutig, einfaltbar. 1. Pentamera (Melolontha), 2. Heteromera (Meloe), 3. Tetramera (Chrysomela), 4. Trimera (Coccinella). 7. Ordnung: Strepsiptera, Fächerflügler. Vollkommene Metamorphose; verkümmerte Mundgliedmaßen; Männchen mit verkümmerten Vorder- und häutigen Hinterflügeln, Weibchen madenförmig, ohne Flügel und Beine /Xenos). 8. Ordnung: Hymenoptera, Hautflügler. Vollkommene Metamorphose; beißende und leckende Mundgliedmaßen; häutige Flügel. Erstes Brustsegment meist mit dem zweiten verwachsen. 1. Zeredrantia (Sirex), 2. Gallicola (Cynips), 3. Entomophaga (Ichneumon), 4. Aculeata (Apıs). 9. Ordnung: Diptera, Zweiflügler. Vollkommene Metamorphose; saugende oder stechende Mundgliedmaßen ; häutige Vorderflügel, Hinterflügel zu Schwingkölbehen (Halteren) umgewandelt. l. Nemocera (Culex), 2. Tanystomata (Tabanus), 3. Muscaria (Musca), 4. Pupipara (Hippobosca). 10. Ordnung: Aphaniptera, Flöhe. Vollkommene Metamorphose; stechende Mundgliedmaßen ; Flügel fehlen. (Putex). 11. Ordnung: Triehoptera, Köcherjungfern. Vollkommene Metamorphose; saugende Mundgliedmaßen; Vorderflügel mit Haaren oder Schuppen besetzt, Hinterflügel faltbar, Erstes Brustsegment frei. (Phryganea). System. Überblick: Arthropoda, Gliederfüßer. 187 12. Ordnung: Lepidoptera, Schmetterlinge. Vollkommene Metamorphose, saugende Mundgliedmaßen; mit vier gleichmäßig gebildeten, häutigen, beschuppten Flügeln. Erstes Brustsegment mit dem zweiten ver- wachsen. 1. Microlepidoptera (Tinea), 2. Geometrina (Chermatobia), 3. Noctuina (Agrotis), 4. Bombycina (Bombyx), 5. Sphingina (Sphinx), 6. Rhopalocera (Pieris). IV. Klasse: Arachnida, Spinnentiere. Der Körper zerfällt in Kopfbruststück und Hinterleib, letzterer ohne Gliedmaßen, ersterer mit acht Beinen zur Fortbewegung. Zu Mundteilen um- gewandelte Extremitätenpaare sind ein Paar kurze Kieferfühler (Cheliceren) und ein Paar lange, beinähnliche Kiefertaster (Maxillenpalpen), mit einem zu einer Kaulade umgewandelten Basalglied und freiem, mit Klaue oder Schere ver- sehenem Ende. Ösophagus zum Saugen eingerichtet. Magen mit drei bis fünf Paar Blindsäcken. Ganglien des Bauchmarks meist mehr oder minder verschmolzen. Zwei bis zwölf hoch entwickelte Einzelaugen. Tracheen zu vier Paar oder weniger, ventral am vorderen Teile des Hinterleibes sich öffnend. Außer den typischen Tracheenbüscheln finden sich auch Tracheenlungen, zahlreiche Blätter ent- haltende Säckchen, die aus ersteren entstanden sind. Das Blutgefäßsystem kann bei kleinen Formen fehlen. 1. Unterklasse: Arthogastres, Gliederspinnen. Hinterleib deutlich gegliedert. 1. Ordnung: Seorpiones. Gestreckter Körper. Oberflächliche Ähnlichkeit mit Flußkrebs. Kiefertaster mit kräftiger Schere, auch die Kieferfühler tragen kurze Scheren. Die letzten sechs Segmente des Hinterleibes sind schmäler als die vorderen sieben und bilden das Postabdomen, an dessen letztem Gliede ein Giftstachel mit den Mündungen zweier Giftdrüsen sitzt. Tracheenlungen. Gebären lebendige Junge. Scorpio. 2. Ordnung: Solpuges. Körper insektenähnlich. Kein einheitliches Kopfbruststück, die drei Brust- segmente getrennt. Die Kieferfühler tragen kräftige Scheren; die Kiefertaster und das erste Paar Beine groß, zum Tasten verwandt. Nur die drei an den drei Brust- segmenten sitzenden Extremitäten werden zum Laufen verwandt. Nächtliche Tiere. Galeodes. 3. Ordnung: Pedipalpi. Die sechs vorderen Segmente zum Kopfbruststück verschmolzen, nur die drei hinteren Beinpaare werden zum Laufen verwandt; das erste in fadenförmige Geißel ausgezogen. Kieferfühler und Kiefertaster mit Klauen. PAhrynus, Telyphonus. 4. Ordnung: Pseudoseorpiones. Ähnlich den Skorpionen, aber es fehlt das Postabdomen mit Giftstachel, und der segmentierte Hinterleib ist dem Kopfbruststück breit angewachsen. Tracheen. Chelifer. 5. Ordnung: Phalangia. Hinterleib undeutlich gegliedert und vom Kopfbruststück nicht scharf ab- gesetzt. Sehr lange Beine. Tracheen. Keine Spinnwarzen. Phalangium. 2. Unterklasse: Sphaerogastres, Rundspinnen. Hinterleib wie Kopfbrust nicht gegliedert, weichhäutig. 6. Ordnung: Aranea, Weberspinnen. Die vier Paar Beine dienen zur Bewegung. Die Kieferfühler mit spitzer Klaue, auf der oft eine Giftdrüse ausmündet. Am Hinterleib liegen die Spinn- warzen mit vielen Öffnungen, aus denen rasch erhärtende Sekretfäden fließen, welche 188 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. von den Hinterextremitäten zu einem Faden versponnen werden. Atmung durch Lungen und Tracheen. Zöperra. 7. Ordnung: Acarina, Milben. Rückgebildete Spinnen, mit verschmolzenem Vorder- und Hinterleib. Vier Paar Beine und zwei Paar Mundgliedmaßen, die einen Stechrüssel bilden. Zxodes, Demodex. 8. Ordnung: Linguatulina, Zungenwürmer. Durch Parasitismus stark veränderte, wurmähnliche Tiere in der Stirnhöhle von Carnivoren, als Jugendformen in der Leber und Lunge von Nagetieren. Ihre Zugehörigkeit zu den Spinnentieren erweist die Entwicklungsgeschichte. Pertastomum. Anhang. Folgende drei Grnppen haben noch keine sichere systematische Stellung ge- funden. 1. Die Xiphosuren, zu welchen der Molukkenkrebs Zimzlus moluccanus gehört, die früher den Krebsen zugezählt, jetzt von vielen Zoologen den Spinnen- tieren angegliedert werden. 2. Die Pyenogoniden, die ebenfalls entweder den Krebsen oder den Spinnentieren zugerechnet oder als besondere Tiergruppe be- trachtet werden, und 3. die Tardigraden oder Bärentierchen, die von manchen zu den Spinnentieren gestellt, neuerdings aber als Abkömmlinge der Anneliden be- trachtet werden. 12. Kursus. Crustacea, Krebstiere. Technische Vorbereitungen. Zum Studium der Krebstiere verwenden wir zwei Süßwasser- formen, die beide leicht zu beschaffen sind. Die eine, eine Daphnide, ist ein Vertreter der niederen Krebse und ist unter dem Mikroskope zu untersuchen. Daphniden sind überall in unseren Teichen häufig und erfüllen gemeinsam mit C'yclops das Wasser oft in großen Mengen. Man schöpft derartiges Wasser mit einem großen Glase heraus oder benutzt besser zum Fischen ein feines Gazenetz, welches alsdann in ein mit klarem Wasser gefülltes Glas umgestülpt und ausgewaschen wird. Schon mit bloßem Auge lassen sich die Daphnien von den kleineren, oft rötlich gefärbten Copepoden unterscheiden, welche mit schnellen, ruckweisen Stößen schwimmen, während sich die flacheren Daphnien, mit ihren großen Antennen rudernd, langsamer durchs Wasser bewegen. Die andere zu untersuchende Form ist der Flußkrebs, Potfamobius astacus L. Die Tiere werden beim Händler gekauft und kurz vor Beginn des Kursus in einem bedeckten Glasgefäßß (ohne Wasser!) durch einige Tropfen Chloroform getötet. A. Allgemeine Übersicht. Die Krebse sind durch Kiemen atmende Gliedertiere, im Gegen- satz zu den durch Tracheen atmenden Tracheaten. Die Gliederung des Körpers ist nur bei einigen der ältesten Formen mehr gleichartig und daher annelidenähnlich, bei den meisten dagegen ungleichartig, heteronom. Von den Anneliden unterscheiden sie sich besonders durch die gegliederten Extremitäten. Zur Bildung des: Kopfes 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. 159 treten fünf Metameren zusammen mit ebensoviel Gliedmaßenpaaren, die als zwei Paar Antennen, ein Paar Mandibeln und zwei Paar Maxillen erscheinen. Sämtliche Gliedmaßen, mit Ausnahme der ersten Antennen, sind ursprünglich nach einem einheitlichen Typus, dem des „Spaltfußes*, gebaut. Wir unterscheiden an einem typischen Spaltfuß ein Stammglied (Protopodit) und auf ihm sitzend einen Innenast, Gehfußast (Endo- podit), einen vom zweiten Glied desselben entspringenden Außenast, Schwimmfußast (Exopodit) und einen meist im Dienste der Respiration stehenden Nebenast (Epipodit). Außenast wie Nebenast können fehlen. Die Zahl der Metameren schwankt in der Regel zwischen 10 und 20. Meist scheidet sich der Rumpf in zwei Hauptabschnitte, Brust und Hinterleib. Indem Brustringe mit dem Kopfe verschmelzen, entsteht der Cephalothorax. Ihren Namen verdanken die COrustaceen der Eigentümlichkeit, daß in die chitinige Cutieula eine meist ansehnliche Quantität von kohlen- saurem Kalk abgelagert und dadurch ein dicker, harter und spröder Panzer gebildet wird. Der Darmkanal beginnt mit einem auf der Unterseite des Kopfes liegenden Munde, der vorn und hinten von je einer unpaaren Haut- falte, der Oberlippe und der Unterlippe, begrenzt ist. Speichel- drüsen fehlen stets. Häufig ist der Vorderdarm zu einem Kaumagen umgebildet, und der Mitteldarm besitzt meist eine Mitteldarmdrüse („Leber“). Die Atmungswerkzeuge fehlen bei manchen, besonders kleinen Formen, und die ganze Körperoberfläche tritt alsdann in den Dienst der Respiration; meist sind aber die Kiemen entwickelt, entweder als besondere verästelte Anhänge an den Gliedmaßen oder Körperseiten, oder die Nebenäste (Epipoditen) der Gliedmaßen sind völlig zu Kiemen geworden. Manche Krebse haben sich dem Leben auf dem festen Lande angepaßt und nehmen den Sauerstoff aus der atmosphärischen Luft auf (z. B. Birgus latro und die Landasseln). Das Gefäßsystem ist verschieden ausgebildet, doch niemals geschlossen. Das Herz liegt dorsal über dem Darme. Das Blut wird vom Herzen aus durch Arterien (die bei kleinen Formen, wie die Gefäße überhaupt, fehlen können) in den Körper getrieben. Das un- brauchbar gewordene Blut sammelt sich in größeren Behältern an und tritt alsdann in die Kiemen hinein, von denen es, wieder mit Sauerstoff versehen, durch besondere Gefäße zum Herzbeutel geleitet wird. Durch die Spalten des Herzens strömt es dann in dasselbe hinein. Das Nervensystem ist ein typisches Strickleiternervensystem, mit Gehirn, Schlundkommissuren und Bauchganglienkette. Von Sinnesorganen finden sich Geruchsorgane, an den ersten Antennen sitzende, fadenförmige Haare; sogenannte Gehörorgane sind nur bei höheren Krebsen vorhanden, meist ein Grübehen an der Basis der ersten Antennen, mit feinen innervierten Haaren, die an ihrer Spitze einen Haufen „Hörsteinchen“ tragen, welche von außen hineingebracht werden; Augen finden sich in zweierlei Formen: das einfacher gebaute ist das sogenannte Stirnauge oder Naupliusauge in der Mittellinie des Kopfes, während die beiden großen, zusammengesetzten Augen, die Seitenaugen, zu beiden Seiten des Kopfes liegen, unbeweglich oder auf beweglichen Stielen. Ein zusammengesetztes Auge oder Facetten- auge besteht aus einem Komplex keilförmiger, einfacher Augen, von 190 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. denen jedes nur einen einzelnen Bildpunkt liefert, deren Gesamtheit ein aufrechtes Bild zustande kommen läßt (JoH. MÜLLERs Theorie des musivischen Sehens). Als Exkretionsorgane fungieren zwei Drüsen, die Schalen- und die Antennendrüse, die in ihrem Bau an die Nephridien der Anneliden erinnern. Die Antennendrüsen münden im Basalglied der zweiten Antennen, die Schalendrüsen an der Basis der zweiten Maxillen. Die meisten Krebse sind getrennten Geschlechts. Die Geschlechts- organe münden auf der Bauchseite. Bei manchen findet sich Partheno- genesis. Die Entwicklung ist meist mit Metamorphose verbunden, indem das aus dem Ei schlüpfende Junge wesentlich anders gebaut ist als das erwachsene }Tier. Die niederen Krebse durchlaufen das Nauplius-Stadium, die höheren das der Zo&a. Der Nauplius ist von gedrungenem Bau mit drei Paar zum Schwimmen dienenden Extremi- täten, von denen das erste, einreihige, zu den ersten Antennen wird, das zweireihige zweite und dritte zu den zweiten Antennen und zu den Mandibeln. Das Auge („Naupliusauge“) ist einfach, die zusammen- gesetzten Seitenaugen fehlen. Die Zoöa ist viel komplizierter gebaut, sie besteht aus Cephalo- thorax und Hinterleib, ersterer mit mehreren Schwimmfußpaaren. Ferner finden sich zwei zusammengesetzte Seitenaugen und ein Herz. Die Krebse, von denen manche parasitisch sind, leben meist im Meere, teils schwimmend, teils auf dem Boden kriechend, andere im Süßwasser, und eine Anzahl sind terrestrische Tiere geworden. B. Spezieller Kursus. 1. Eine Daphnide (Simocephaälus vetulus 0. F. Mürr.). Bezüglich der Beschaffung des Materials sei auf S. 188 verwiesen. Die Tiere werden mittels einer Glasröhre aus dem Gefäße geholt und mit etwas Wasser auf den Objektträger gebracht. Das darauf zu bringende Deck- gläschen wird an der Unterseite mit Wachsfüßchen versehen. Die Unter- suchung des lebenden Tieres erfolgt zunächst bei schwacher Vergrößerung. Wir beginnen mit der Betrachtung der äußeren Körperform. Die Daphniden gehören zur Unterordnung der Cladoceren, die mit den Branchiopoden zusammen die erste Ordnung der Ento- mostraken: die Phyllopoden ausmachen. Der Körper erscheint ein- geschlossen in eine zweiklappige Schale, die nur den Kopf mit den starken Ruderantennen freiläßt. Beide Schalen sind auf dem Rücken verbunden. Stellt man auf die Oberfläche der Schale ein, so sieht man, daß diese in regelmäßiger Weise skulpturiert ist; besonders wird das deutlich am hinteren Rande, wo die Schale über den Körper hinaus- ragt. In dieser Schale ist der gedrungene Körper des Tieres bis auf den Kopf geborgen. Die Extremitäten sind folgende: Zuerst ein Paar kleiner An- tennen, oberhalb des Mundeinganges, mit einem Besatz feiner „Riech- röhrehen“ endigend, zweitens ein Paar großer Spaltfüße: die zweiten oder Ruderantennen, welche zur Fortbewegung des Tieres dienen. Sie bestehen aus einem starken Stammglied, in welches mehrere kräftige Muskeln hineintreten, und zwei mit Schwimmborsten versehenen Ästen. 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere, 191 Schwer zu sehen sind die Mundgliedmaßen, zuerst ein Paar Mandibeln, ungegliedert, kräftig, und mit gezähneltem, nach einwärts gekrümmtem, freiem Ende. Viel schwächer sind die Maxillen ent- wickelt, die ganz rudimentär sein können. Es folgen dann 4—6 Paar Beine, die von den Schalen umhüllt sind und deren Gestalt daher nicht leicht festzustellen ist. Außenast und Innenast sind stark ver- breitert, häufig plattenförmig,-und an der Basis erhebt sich ein blasen- förmiger Anhang: das Kiemensäckchen. Die Beine nehmen von vorn nach hinten zu an Gröbe ab, das letzte Paar ist häufig rudimentär. Der Hinterleib ist stark ventralwärts gekrümmt, sehr beweglich und endigt in einer wechselnden Zahl von Endkrallen und Borsten. Antenne Augenmuskel — Ganglion opticum E/ — Kristallkegel 7 —- Auge 4 L -Nebenauge Zweite Antenne -Erste _ „ Leberhörnchen Schalendrüse Mandibel , Muskalatur Eierstock c De) NR‘ \ — ww ----lrstes Bein Sn R == JE — Kiemensäckchen des zweiten Beines Spaltöffnung Herz -—---Drittes Bein Eier -]]) SIT] 53 , Fosh UI -- Viertes Bein Brutraum - - -Fünftes Bein = After Leibeswand“ Darm - Fig. 119. Eine Daphnide (Sinocephalus wetulus, OÖ. F. MÜLLER). Orig. Unter den inneren Organen erregt unsere Aufmerksamkeit zunächst das lebhaft pulsierende Herz, ein dorsal liegendes, rundliches Säckchen mit einer Spaltöffnung jederseits, die bei manchen Arten zu einer einzigen queren Öffnung zusammentreten. Die Kontraktionen des Herzens erfolgen sehr schnell, man kann in der Sekunde etwa 2—4 zählen; sie werden bewirkt durch ring- förmige Muskulatur. Außen sieht man am Herzen noch einzelne Zellen mit deutlichen Kernen sitzen. Umgeben wird das Herz von einem schwer sichtbaren, zarten Herzbeutel. Vom Herzen ausgehende Blut- gefäße fehlen völlig, vielmehr umspült das farblose oder ganz schwach gefärbte Blut die inneren Organe. Mit stärkerer Vergrößerung sieht 192 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. man auch farblose Zellen im Blute schwimmen und kann deren Weg verfolgen. Betrachtet man aufmerksam den vorderen Rand des Herzens, so wird man aus der dort liegenden arteriellen Öffnung die Blutzellen ausströmen und in den Kopf, sowie dessen Gliedmaßen eintreten sehen; vom Kopfe kehrt das Blut zurück in den Rumpf und von da aus in die Beinpaare. Ein anderer Strom zweigt sich ab, um in den Raum einzutreten, welcher von der Duplikatur der Schale gebildet wird. Dieser Raum ist von zahlreichen Stützbalken durchzogen, und der Blutstrom verästelt sich daher netzförmig. Das aus dem Leibe und dem Schalenraume zurückkehrende Blut geht dann zum Herzbeutel zurück, aus dem es vom Herzen wieder aufgenommen wird. Vom Nervensystem ist das Gehirn zu sehen, unmittelbar über dem Schlund gelegen und aus rechtem und linkem Ganglion ver- schmolzen. Rückwärts gehen die beiden den Schlund umfassenden Kommissuren ab. Nach vorn zu, und mit dem Gehirn verbunden, liegt das Ganglion opticum, von dem aus das große unpaare Auge inner- viert wird. Dieses Auge ist bei Embryonen paarig angelegt und beim erwachsenen Tiere verschmolzen. Es ist in fortwährender zitternder Bewegung. Wir sehen in der Peripherie eine zarte Hülle, darunter eine Anzahl heller, stark lichtbrechender Körper, die Kristallkegel, denen sich nach innen zu radiär gestellte Nervenstäbe anschließen, doch wird das Innere durch das dichte, dunkle Pigment verdeckt. Die zitternde Bewegung wird hervorgerufen durch das Spiel der Augenmuskeln, die, meist sechs an der Zahl, sich am Auge inserieren und in der Nähe der Basis der Ruderantenne entspringen. Es findet sich nun noch eine Pigmentstelle am Kopfe, oft mit Kristallkegel und meist lang ausgezogen, das sogenannte „Nebenauge*, welches einem unpaaren Gehirnfortsatz aufliegt; es entspricht dem Sehorgan des Nauplius. Als weiteres Sinnesorgan haben wir die feinen röhrenförmigen Aufsätze am freien Ende der ersten Antenne aufzufassen; sie sind als Organ eines chemischen Sinnes zu betrachten. Zahlreiche feine Haare fungieren als Tastorgane. Bei manchen Daphniden findet man auf dem Rücken hinter dem jAuge eine Vertiefung, unterhalb deren größere drüsige Zellen liegen; es ist dies ein Haftapparat. Die Schalendrüse ist sehr groß und liegt in transversaler Ausdehnung unter der Mandibel. Der Darm- kanal steigt, vom Munde beginnend, als Schlund bogenförmig in die Höhe und ist von Ringmuskeln umgeben. Vom langgestreckten Magen gehen nach vorn zwei Blindsäcke, die „Leberhörnchen“ ab. Der Enddarm ist kurz, und an sein Ende setzen sich ringsherum strahlen- förmig Muskeln an. Von den Geschlechtsorganen sieht man sehr gut die beiden Eierstöcke, welche zu beiden Seiten des Darmes liegen. Die Eier sind in Gruppen zu vier in den sogenannten Eifächern angeordnet, und mit sehr deutlichem Keimbläschen und einer oder mehreren Ölkugeln versehen. Nur ein Ei aus jedem Fach entwickelt sich, die anderen drei werden als Nahrung verbraucht; so entstehen die Sommereier. Die größeren, diekschaligen Wintereier entstehen, wenn die Eier ınehrerer Eifächer zur Nahrung eines einzigen verwandt werden. Die Sommereier entwickeln sich unbefruchtet, die Wintereier nur nach vorausgegangener Befruchtung. Im Herbst treten die männ- lichen Daphniden auf, kleiner und etwas anders gestaltet als die 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. 193 Weibchen. An Stelle der Ovarien haben sie zur Seite des Darmes die Hoden liegen. Bei vielen Exemplaren wird man in dem dorsalen Raume, welcher zwischen Schale und Körper liegt, einige große Eier erblicken. Dieser Raum dient als Brutraum, in welchem die Eier heranwachsen. Die größeren Wintereier, von denen sich nur eins oder zwei im Brut- raum finden, werden hier mit einer chitinigen Schale, zwei uhrglasartig gewölbten Platten, dem Ephippium, umhüllt, das einen lufterfüllten, als hydrostatischer Apparat wirkenden Raum darstellt. Schließlich betrachten wir noch die zahlreichen Infusorien (Vorti- celliden), welche sich auf der Schale der meisten Tiere angesiedelt haben. 2. Der Flußkrebs, Potamobius astacus (L.). Der Flußkrebs wird in dem Wachsbecken unter Wasser studiert. Zunächst erfolet die Betrachtung der äußeren Körperform. Wir sehen den Körper umgeben von einem festen Panzer, der aus chitiniger Substanz besteht, in welche sich Kalksalze abgelagert haben. Dieses von der darunter liegenden Epidermis ausgeschiedene Skelett wird alljährlich durch Häutung gewechselt. Der Panzer besteht aus zwei Hauptabschnitten, dem Kopfbrust- stück (Cephalothorax, der sogenannten „Krebsnase“) und dem Hinterleib (Abdomen, dem „Krebsschwanz“). Betrachten wir das Tier vom Rücken, so sehen wir in der Mitte des Kopfbruststückes eine seichte, aber deutliche Querfurche, die Nackenfurche, welche die hintere Begrenzung des Kopfes angibt; zu beiden Seiten der Mittellinie des Bruststückes verlaufen zwei weitere sehr seichte Furchen nach hinten, innerhalb deren der Panzer mit dem Rücken des Krebses fest verwachsen ist, während zu beiden Seiten des Körpers die Kiemen- höhlen liegen. Der Kopfabschnitt spitzt sich nach vorn zu einem stachel- artieen Fortsatz, dem Rostrum, zu, an dessen Seiten die gestielten Augen liegen. Der Hinterleib ist geringelt, und zwar sind es sechs Segmente, welche wir zählen, ein siebentes, letztes ist die mittlere Schuppe des Schwanzfächers. Die sechs Ringel, von denen der erste noch zum Teil vom Kopfbruststück bedeckt wir d, sind beweglich miteinander verbunden. Betrachten wir den Krebs von der Bauchseite, so fallen vor allem die segmental angeordneten Gliedmaßen in die Augen, im ganzen 19 Paare. Es werden mit einer Pinzette die sämtlichen Gliedmaßen einer Seite abgelöst und der Reihe nach auf einen Bogen Papier gelegt. Die Pinzette muß möglichst tief angesetzt werden. Ratsam ist es, die Ex- tremitäten von hinten nach vorn loszutrennen, weil man alsdann die Mundextremitäten besser sehen und anfassen kann. Die Betrachtung beginnt mit der vordersten Extremität, der ersten Antenne. Wir sehen an ihr drei aufeinander folgende Glieder, denen zwei zarte, geringelte Fäden aufsitzen, der äußere etwas dieker und länger als der innere. In dem Basalteil liegt das sogenannte „Hör- grübehen“, ein nach außen sich öffnendes Säckchen, innen mit einer Leiste versehen, auf der zu beiden Seiten zarte Borsten sitzen, auf Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 13 194 12. Kursus: Orustacea, Krebstiere. Äußere Geißel- — en EIN Innere Geißol- - = u u Se % N Basaltall os St a ee RS = -}r- Erste Antenne Zweite Antenne von der Ventralseite- - - = - Schuppe -- - - Mündung der Antennen-" drüse Kaulade- - - - > Palpus- = - - -- Zweite Antenne Mandibel Erste Maxille . Maxille —_ - Kaulade Exopodit Erster Kieferfuß - Endopodit Zweiter Kieferfuß - Exopodit Endopodit Dritter Kieferfuß - Exopodit fuß _ Dritter - Vierter -- Fünfter . Zweiter Schreit- Erster | - Zweiter -. Dritter Afterfuß _ Vierter Fünfter Seitenteile des Schwanzfächers ig. 120. Die Gliedmaßen des männlichen Flußkrebses. Orig. 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. 195 deren Spitze, in gallertige Masse eingebettet, kleine Fremdkörper, wie z. B. Sandkörnehen, ruhen. Ein Nerv tritt in die Borsten hinein; das Organ dient aber nicht zum Hören, sondern ist ein Gleichgewiehts- organ, also als „Statocyste‘ zu bezeichnen. Die erste Antenne trägt noch ein weiteres Sinnesorgan: an dem äußeren Fühlerfaden finden sich nämlich vom siebenten bis zum vor- letzten Ringe eigentümliche Anhänge von zirka !/,, mm Länge, die als Riechhaare bezeichnet werden. Sehr viel größer als die erste ist die zweite Antenne. Sehen wir uns diese Antenne von der Ventralseite an, so bemerken wir auf ihrem kurzen Basalglied einen Höcker, auf dem das Exkretionsorgan, die Antennendrüse, ausmündet. Außer dem langen Fühler, welchen der Krebs im Leben stets tastend bewegt, findet sich noch ein äußerer Ast, in Form einer breiten dreieckigen Schuppe Wir kommen nunmehr zu den Mundgliedmaßen, welche die Zer- kleinerung der Nahrung besorgen. Die erste derselben ist die Man- dibel, bestehend aus einer massiven, nach innen gezähnten Kaulade und einem, den äußeren Fußast darstellenden, dreigliedrigen Taster oder Palpus. Es folgen nunmehr die beiden Maxillen, die sich als kurze, dünne Platten mit rudimentären Tastern darstellen. Die Kieferfüße zeigen den Spaltiußeharakter schon viel deut- licher, am wenigsten noch der erste. Es sind drei Paar solcher Kiefer- füße vorhanden, die bei der Nahrungsaufnahme mit tätig sind. (Siehe Fig. 120). Der zweite und mehr noch der dritte Kieferfuß besitzen einen nach innen gehenden Anhang, auf dem sich fadenförmige Kiemen be- finden. Die Taster dieser Mundgliedmaßen, welche am "Eingange zum vorderen Spalt der Kiemenhöhle liegen, sieht man am lebenden Tiere fast ununterbrochen in lebhaft schlagender Bewegung zur Erneuerung des Atemwassers in den Kiemenhöhlen. Auf die drei Kieferfüße folgen die fünf Brustgliedmaßen, welche der Ordnung den Namen Decapoden verschafft haben. Es fehlt ihnen der äußere Ast (Schwimmfubast) des typischen Spaltfußes. Die erste Gliedmaße ist wie die anderen Schreitfüße siebengliedrig und am Ende mit einer großen Schere versehen, die einen inneren beweg- lichen Ast besitzt. Es folgen nunmehr die Beine des Hinterleibes, die Afterfübe (Pedes spurii), fünf an der Zahl. Bei ihnen tritt, mit Ausnahme des ersten, der ursprüngliche Spalt- fuß wieder zutage. Sie helfen beim Schwimmen und dienen beim Weibchen auch zur Befestigung der Eier. Beim Männchen sind die beiden vordersten Paare zu Hilfsorganen für die Begattung umgewan- delt, indem das erste in einer Rinne den Samen aus der männlichen Geschleehtsöffnung (an der Basis des letzten Brustfußes gelegen) auf- nimmt und dem Weibchen an die weibliche Geschlechtsöffnung (an der Basis des dritten Brustfußes gelegen) anklebt. Das zweite Paar Aiter- füße deckt beim Männchen die Rinne des ersten Paares zu. Beim Weibehen ist das erste Paar Afterfüße rückgebildet. Die anderen vier Alterfüße sind Spaltfüße, beim Weibchen zum Tragen der befruch- teten Eier bestimmt. Am vorletzten Körpersegment sitzen als sechste Hinterleibsextremitäten zwei breite Platten (Uropoden), aus Innen- und Außenast eines Spaltfußes entstanden, welche die Seiten des 137 196 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. Schwanzfächers bilden. Die mittlere Platte des Schwanzfächers, das Telson, ist als umgewandeltes siebentes und letztes Hinterleibssegment anzusehen. Auf der Unterseite des Telsons liegt der After als deut- licher Längsschlitz. Zur Untersuchung seiner inneren Organisation wird nunmehr der Krebs mit der Ventralseite ins Wachsbecken gelest und mit dem Skalpell die weiche Haut auf dem Rücken, welche Kopfbruststück und Hinterleib verbindet, ein Stück weit aufgetrennt. Dann werden mit der Schere zwei parallele Schnitte nach vorn geführt, etwa in der Gegend der zarten Längsfurchen und weiter nach vorn bis kurz vor die Augen, wo sie durch einen kurzen, transversalen Schnitt miteinander verbunden werden. Das Mittelstück wird darauf am hinteren Ende mit der Pinzette gefaßt und vorsichtig von seiner weichen Unterlage abgelöst. In gleicher Weise führt man zwei Schnitte parallel der dorsalen Mittellinie nach hinten und trägt dann vorsichtig das obere Panzerstück jedes Schwanzsegmentes ab. Schließlich werden noch die beiden Seitenwände des Kopfbrust- schildes entfernt, was leicht gelingt, da diese nicht wie das Mittelstück angewachsen sind (Fig. 121). Der größte Teil der inneren Organe ist nunmehr sichtbar. Wir beginnen mit der Betrachtung des Herzens. Dicht vor dem hinteren Rande des Kopibruststückes liegt in der dorsalen Mittellinie das an- sehnliche Herz, von fünfeckiger Gestalt, mit drei Paar Spalten, von denen nur das dorsal gelegene Paar zu sehen ist. Nach vorn ziehen drei ihrer Zartheit wegen schwer zu sehende Gefäße, von denen die beiden seitlichen sich wieder gabeln, das mittlere, die Augen versorgende, direkt median nach vorn zieht. Nach hinten geht nur ein Gefäß ab, die Hinterleibsarterie, die dorsal auf dem Darm liegt und rechts und links Verzweigungen abgibt. Andere Gefäße lassen sich auf unserem Präparat nicht sehen, dach wollen wir uns merken, daß ein weiteres Gefäß ventralwärts zieht, um in ein ventrales Längsgefäß einzumünden. Ein besonderer, das Herz umgebender Herzbeutel empfängt das in den Kiemen arteriell gewordene Blut durch zahlreiche Kiemen- venen, von wo es durch die Spaltöffnungen zum Herzen gelangt, welches es durch die Arterien in den Körper pumpt. Hier sammelt sich das venös gewordene Blut in Hohlräumen und gelangt in einen großen, ventral gelegenen Blutsinus, von wo es in die Kiemen strömt. Der Blutkreislauf ist also, wenn auch nahezu, doch nicht ganz geschlossen. Durch Wegnahme der Seitenteile des Cephalothorax haben wir die Kiemen freigelegt. Wie wir gesehen haben, ist der Panzer am Rücken in einem medianen Streifen festgewachsen, wölbt sich aber jederseits frei über die Kiemen hinweg, zwei Kiemenhöhlen bildend, die nach vorn zu in Spalten sich öffnen. Um eine Zirkulation in den Kiemen- höhlen zu bewirken und frisches, sauerstolfhaltiges Wasser zuzuführen, sind die Taster der Kieferfübe fast ununterbrochen in vibrierender Tätigkeit. Die Kiemen selbst sind blattartige, z. T. auch fadenförmige Gebilde, die an den Brust- und Kieferfüßen, in ihrem dorsalen Teile auch an der Körperwand sitzen. Vom Darmsystem sehen wir ganz vorn im Kopfbruststück ge- legen den Magen, von dem eine kurze, ventralwärts absteigende Speise- 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere, 197 -- -,48----- Zweite Antenne DET, Walz ira -- - -— Schuppe [x == Augenarterie X -\-\- - Mandibelmuskel zen Abdominalarterie BEN. ------- - Enddarm \ Fl ERLTEER Muskulatlır des A IE ) Schwanzes Fig. 121. Anatomie eines männlichen Flußkrebses von der Dorsal- seite. Orig. 198 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. röhre zum Munde führt. Zwei vordere und zwei hintere Muskeln sind an ihm inseriert. Die dorsale Decke des Magens wird mittels eines Scherenschnittes abgetragen und der bräunliche, schleimige Inhalt mit Pinzette und Spritz- flasche entfernt. Man sieht nunmehr zwei starke Chitinleisten von beiden Seiten ins Innere vorspringen, zu denen noch eine unpaare obere ‚kommt. Diese drei „Magenzähne“ dienen zur Zerkleinerung der Nahrung, und der Magen wird daher als „Kaumagen“ bezeichnet. Zuzeiten liegen in zwei seitlichen Ausbuchtungen des Magens die sogenannten „Krebsaugen“, halbrunde, weiße Ablagerungen von kohlensaurem ----- ---— Gehirn Antennendrüse-_ - - - - - - I, -F-—------ Schlundkommissur Harnblase- \- — - - - FB 55 Rays. 22048 Ösophagus \ Mandibelmuskel- - - = - N: — — Unterschlund- ganglion h (A . . _- Paariger Teil des Ovariums Eileiter — Unpaarer Teil des Ovariums Fig. 122. Anatomie eines weiblichen Flußkrebses von der Dorsalseite; Magen, Leber und Herz sind entfernt. Kalk, die wahrscheinlich bei der Neubildung des Panzers nach der Häutung verbraucht werden. Hinter dem Kaumagen münden die beiden ansehnlichen, braunen Leberlappen in den Darm, welche die dorsale Körperregion zwischen Magen und Herz völlige ausfüllen. Zerzupft man sie ein wenig, so erkennt man, daß sie aus sehr vielen kleinen Schläuchen bestehen. Kurz hinter der Einmündung der Leber beginnt der geradlinig nach hinten zum After ziehende Enddarm. 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. 199 Gleich bei Beginn der Untersuchung der inneren Organe werden dem Praktikanten, falls er ein männliches Tier zur Untersuchung er- halten hat, stark geknäuelte, schneeweiße Schläuche aufgefallen sein, die etwas hinter dem Herzen liegen und sich in die Tiefe verlieren. Das sind die Ausführgänge der Hoden, die beiden Vasa deferentia, welche auf der Bauchseite an der Basis des fünften Brustbeinpaares aus- münden. Die Hoden selbst liegen dicht vor dem Herzen in der Median- linie und sind in ihrem hinteren Abschnitt miteinander verschmolzen. Hat der Praktikant ein weibliches Tier vor sich, so wird er die ähnlich angeordneten Ovarien sehen, die ebenfalls im hinteren Teile verschmolzen sind und von denen kurze Ovi- dukte zur Basis des dritten Brustbeinpaares führen (s. Fig. 122). Zum Studium der Exkretionsorgane wird der Magen herausgehoben und der vordere Teil des Kopfbruststückes vorsichtig entfernt. _ Gehirn Schlundkommissur Unteres Schlund- ganglion Man sieht alsdann die sehr auffallenden sroben, grünen Drüsen oder Antennen- drüsen, auf denen ein feines kollabiertes Säck- chen („Harnblase“) liest. Wie schon er- wähnt, münden diese Drüsen an der Basis der zweiten Antenne ventral aus (Fig. 122). Die Präparation des Nervensystems erfolet von hinten nach vorn. Es werden die Muskeln des Hinterleibes entfernt, und am Grunde sieht man dann den Nervenstrang liegen. Jedes Segment besitzt ein eigenes Ganglion, so daß im Hinterleibe sechs solcher Ganglien vorhanden sind, von denen jederseits drei Nerven entspringen. Verfolgt man das Bauchmark vom Schwanz aus nach vorn, so sieht man es im Üephalo- thorax plötzlich unter einer aus mehreren Stük- ken bestehenden Skelettplatte verschwinden. In den zwischen dieser Skelettplatte und dem ventralenäußeren Körperskelett liegenden Raum befinden sich seitlich die Muskeln der Brust- extremitäten, in der Mitte dagegen ein sog. „Sternalkanal“, in dem das Bauchmark liegt. Kg. 193% Nerranımıtem Präparieren wir diese innere Skelettplatte des Flußkrebses. Orig. mit ein paar längsgeführten Scherenschnitten v ab, so können wir das Bauchmark liegen sehen. Man findet indessen nur sechs Ganglien, während acht Segmente vorhanden sind, so daß Verschmelzungen stattgefunden haben müssen. Aus verschmolzenen, ursprünglich segmentalen Ganglien besteht auch das untere Schlund- ganglion, von dem die beiden Schlundkommissuren, den Ösophagus umfassend, nach oben zum Hirnganglion gehen (s. Fig. 123). : Es schließt sich nunmehr die mikroskopische Untersuchung einzelner Teile an; so kann man die Mandibeln und Maxillen unter schwächster Vergrößerung betrachten, ebenso die erste Antenne, um die Geruchsborsten, sowie den von Borsten umstellten Eingang zu dem Hörbläschen zu sehen. Ein weiteres Präparat gewinnt man durch Zer- Erstes Hinterleibs- ganglion 200 12. Kursus: Crustacea, Krebstiere. zuplen eines Stückchens des Samenleiters. Man sieht alsdann bei starker Vergrößerung eine Menge rundlicher Zellen, die Spermatozoen, die, wenn sie reif sind, eine sonderbare Gestalt annehmen, indem von ihrem scheibenförmigen Körper aus eine Anzahl langer, gebogener Strahlen abgehen. Auch vom Bauchmark ist ein Stück abzuschneiden und auf dem Objektträger auszubreiten. Bei Anwendung schwächster Vergrößerung sieht man die Doppelnatur der einzelnen Ganglien, sowie der sie ver- bindenden Längskommissuren. Ferner sind die Kiemen aufmerksam zu durchsuchen auf einen wenige Millimeter großen hellweißen Parasiten hin, die Branchioddella astaci ÖDIER, die allerdings nicht gerade häufig ist. Hat man einen solchen Parasiten gefunden, so fertige man von ihm ein mikroskopisches Präparat an, indem man ihn unter Wasser auf den Objektträger bringt und ein Deckglas mit Wachsfüßchen darauf legt. Die große Durchsichtiskeit des Tieres gestattet eine eingehende Untersuchung seines Baues. Branchioddella wird meist zu den Hiru- dineen gerechnet und bildet in vieler Hinsicht einen Übergang zwischen diesen und den Chaetopoden. Es fehlen die Borsten, und der Körper ist nieht geringelt, dagegen zeigen die vier wundervoll deutlichen Nephridien große Flimmertrichter, die in der wohl entwickelten Leibes- höhle liegen. Auch ist ein dorsales und ein ventrales Blutgefäß vor- handen. Beide sind durch transversale Bögen verbunden, so daß ein vollständiger Kreislauf vorhanden ist. Um den Flimmertrichter läbt sich deutlich die lebhafte Flimmerbewegung wahrnehmen. Der muskulöse, gelbbraune Darm zeigt kräftige Kontraktionsbewegungen; vorn liegen zwei chitinige Kiefer mit nach hinten gerichteten Spitzen. Die weib- lichen Geschlechtsorgane sind zwei Eierstöcke im hinteren Körperteil, die männlichen liegen weiter nach vorn und bestehen aus zwei Hoden, in welche die Samenleiter mit Trichtern münden, und einem langen, nur zum Teil ausstülpbaren Penis. Findet man nach Wegnahme der dorsalen Decke am Darm oder in desssen Umgebung kleine, länglicheiförmige Gebilde von hellroter Farbe, die in einer glashellen, an beiden Polen zugespitzten Hülle liegen, so hat man Jugendzustände eines Kratzwurmes (s. 8. 87), des Echinorhynchus polymorphus BREMSER, vor sich. 13. Kursus. Insekten. Technische Vorbereitungen. Zu diesem Kurse sind erforderlich eine Anzahl in Bäckereien leicht erhältlicher Küchenschaben (Perzplaneta orientalis L.), die bis auf einige junge Männchen kurz vor Beginn des Kurses mit etwas Ather getötet werden, ferner etwas konserviertes Alkoholmaterial der gleichen Form, sowie Alkoholmaterial von Hummeln, Schmetterlingen und großen Mücken. Gegen Ende des Kurses können noch im Wasser lebende Larven von Ephemeriden untersucht werden. Man erhält sie fast immer, wenn man Wasserpflanzen im Glase daraufhin untersucht. 13. Kursus: Insekten. 201 A. Allgemeine Übersicht. Die Insekten sind trotz der Einförmigkeit ihrer Organisation die bei weitem artenreichste Tierklasse. Die wesentlichsten #igentümlich- keiten ihres Körperbaues sind folgende. Der Körper besteht aus einer größeren Anzahl von Segmenten, die zu drei Körperabschnitten, Kopi, Brust und Hinterleib, zusammentreten. Am Kopfe stehen vier Paar Gliedmaßen. Das erste Paar sind die Antennen, darauf folgen Oberkiefer (Mandibeln) und erstes und zweites Paar Maxillen. Ein fünftes Paar, der Hypopharynx, der sich zwischen ersten und zweiten Maxillen einschiebt, ist fast stets stark rudimentär. Die Brust besteht aus drei Segmenten, dem Pro-, Meso- und Metathorax, von denen die beiden letzteren aus dorsalen Hautfalten entstandene Flügel tragen können. Im Hinterleibe schwankt die Zahl der Segmente zwischen 11 und 5. Bei manchen primitiven Insektenformen zeigen sich noch Spuren von Extremitätenanlagen an den Hinterleibssegme nten. Der Chitinpanzer, welcher den Körper umgibt, bildet um den Kopf herum eine einheitliche Kapsel. Die drei Brustringe bestehen aus je vier Teilen; einem ventralen Sternum, einem dorsalen No- tum und den seitlichen Pleurae, die unbeweglich miteinander ver- bunden sind. Dagegen sind die Segmente des Hinterleibes beweglicher, indem nur ein festes Bauchschild (Seutum) und Rückenschild (Tergum) vorhanden sind, die durch eine weiche Haut jederseits ver- bunden werden. Von den Extremitäten sind die vordersten die Antennen (von denen bei den Tracheaten nur ein Paar existiert im Gegensatz zu den zwei Paar Antennen bei den Branchiaten). Sie stehen vorn auf der Stirn und werden vom Gehirn aus innerviert. Zu den Mundgliedmaßen ist nicht zu rechnen die Oberlippe, die nur eine abgegliederte un- paare Platte der Kopikapsel ist. Die drei Mundgliedmaßenpaare sind sehr verschieden gestaltet, die zweiten Maxillen sind stets mehr oder weniger zu einem unpaaren Stücke, der Unterlippe, verschmolzen. Es lassen sich vier Hauptformen der Mundbildung unterscheiden: 1. beißende, 2. leckende, 3. stechende und 4. schlürfende Mund- teile. Die beißenden Mundteile sind die ursprünglichsten. Die OÖberkiefer sind einfache, starke, ungegliederte Kauplatten mit ge- zähntem Innenrande, stets ohne Taster. Der Unterkiefer (erste Maxille) besteht aus einem basalen Angelglied (Cardo) und einem daraul eingelenkten Stielglied (Stipes), welches eine innere und eine äußere Kaulade und nach außen davon je einen mehrgliedrigen Kiefertaster (Palpus maxillaris) trägt. Die Hinterkiefer (zweiten Maxillen) sind zu einem unpaaren Stücke verschmolzen: der Unterlippe. Diese be- steht aus einem basalen Teil, dem Unterkinn (Submentum), dann dem Kinn (Mentum), mit den paarigen Innen- und Außenladen, auch Glossae und Paraglossae genannt, sowie den Lippentastern (Palpi labiales). Derartige beißende Mundteile finden sich bei Archüpteren und Orthopteren, modifiziert bei Neuropteren und Coleopteren, verkümmert bei Apterygoten und Strepsipteren. An diese beißenden Mundteile schließen sich die leekenden Mundteile mancher Hymenopteren an. Die beiden Maxillenpaare verlängern sich bei diesen zu einer „Leckzunge“, die inneren Laden der Unterlippe, die Glossae, verschmelzen zu einer langen Rinne, 202 13. Kursus: Insekten. und auch die Teile der Unterkiefer sind lang ausgestreckt. Die Mandibeln dagegen bleiben unverändert und sind zum Beißen und Kauen geeignet. Bei Diteren und Rhynchoten finden sich steehende Mund- werkzeuge, bestehend aus zwei Paar dünnen Stechborsten: den Mandibeln und Maxillen. Dazu kommt noch die zu einem Rüssel um- gewandelte Unterlippe, deren dorsaler Verschluß durch die Oberlippe bewirkt wird. In diesem Rüssel sind die Stechborsten enthalten. Bei manchen Dipteren finden sich erhebliche Modifikationen. Am abweichendsten gestaltet sind die schlürfenden Mundteile der Schmetterlinge. Die Maxillen sind zu einem langen, meist spiralig aufgerollten Rüssel entwickelt. Dagegen sind alle anderen Mundteile mehr oder weniger verkümmert, mit Ausnahme der Palpi labiales. Ziemlich gleichmäßig gebaut sind die drei Paar Gliedmaßen der Brust. Man unterscheidet an ihnen 1. das Hüftglied (Coxa), 2. den ganz kurzen Schenkelring (Trochanter), 3. den starken Oberschenkel (Femur), 4. das Schienbein (Tibia) und 5. den mehrgliederigen Fuß (Tarsus), dessen letztes Glied gewöhnlich ein Paar Krallen trägt. Die zwei Paar Flügel am Meso- und Metathorax sind mit chiti- nigem Geäder versehen, in dessen Innerem Tracheen, Nerven- und Blut- räume verlaufen. Sie sind ursprünglich dünne Hautduplikaturen. Die Vorderflügel können sich teilweise oder ganz in harte Flügeldecken umwandeln. Bei den Dipteren verwandeln sich die Hinterflügel in Sinnesorgane (Halteren). Die Flügel können sich auch ganz rückbilden. Zur inneren Organisation übergehend betrachten wir zunächst den Darmkanal; dieser ist bei pflanzenfressenden Insekten ein langes, dünnes, bei fleischfressenden ein kurzes, weites Rohr. Vorn in der Mundhöhle münden ein oder zwei Paar Speicheldrüsen. Der Öso- phagus erweitert sich hinten zu einem Kropf, auf den häufig ein Muskelmagen zur weiteren Zerkleinerung der Nahrung folet. Der verdauende Darmabschnitt ist sehr kurz, hier und da mit Blindschläuchen versehen, aber stets ohne Leber, die allen Tracheaten fehlt. Im Beginn des Enddarmes münden die büschelförmigen Exkretionsorgane, die Vasa Malpiechii. Nur der verdauende Darmteil gehört dem Entoderm an, so daß dieses also bei der Darmbildung gegenüber dem Ektoderm sehr zurücktritt. Das Nervensystem ist das typische Strickleiternervensystem. Bei höher entwickelten Insekten ist das Gehirn sehr kompliziert gebaut. Die Ganglien, besonders die der letzten Abdominalseemente, können verschmelzen. Von Sinnesorganen linden sich die beiden großen Facettenaugen zu beiden Seiten des Kopfes, dazwischen können — meist drei — kleine, einfache Augen vorkommen. Die Chitinhaare der Haut dienen als Tasthaare; an den Fühlern der Mundgliedmaßen sitzen einfache Geruchsorgane und im Munde Geschmacksorgane; Gehörorgane sind nur vereinzelt (z. B. bei Heuschreeken) nachgewiesen und sitzen oft als mit dünner Membran überzogene Tracheenblasen an den Beinen. Die Tracheen öffnen sich in den seitlichen, segmental gelegenen Stigmen und umspinnen, sich immer mehr verästelnd, alle Organe, die dadurch direkt und ohne Vermittlung des Blutgefäßsystems mit Sauer- 13. Kursus: Insekten. 203: stoff versehen werden. Das Blutgefäßsystem ist daher rudimentär. Luftreservoirs sind die bei guten Flierern vorkommenden Tracheen- blasen, Erweiterungen der Tracheen. Bei manchen im Wasser lebenden Larven erfolgt die Aufnahme des Sauerstoffs in das Tracheensystem nicht durch die Stigmen, sondern diese sind geschlossen, und der Sauer- stoff tritt durch die Haut ein. Die Haut kann nun zu diesem Zwecke blatt- oder büschelartige Anhänge am Körper bilden, in welche die Tracheen eintreten: die Tracheenkiemen. Die Tracheen dienen sowohl zur Aus- leitung kohlensäurehaltiger Luft, als zur Zuleitung der sauerstoffreichen. Das Blutgefäßsystem beschränkt sich auf das dorsale Herz, welches in der Mittellinie des Hinterleibes in einem besonderen Teil der Leibeshöhle, dem Perieardialsinus, liest. Es besitzt höchstens acht Kammern, acht Paar Spaltöffnungen, Ostien, und acht Paar Flügel- muskeln, welche es in seiner Lage halten. Nur bei einigen sehr primi- tiven Formen (z. B. Periplaneta) finden sich noch weitere Kammern, die in den Brustabschnitt reichen. Die Insekten sind so gut wie immer getrenntgeschlechtlich. Die Ge- schlechtsorgane liegen ventral am Hinterleibe. Beim Männchen finden sich zwei Hoden und zwei Ausführgänge (Vasa deferentia), die sich zu einem Ductus ejaculatorius vereinigen. Beim Weibchen be- stehen die Ovarien aus zwei büschelförmig angeordneten Schlauch- gruppen; die beiden Eileiter vereinigen sich zu einer Scheide, neben der eine Begattungstasche liegen kann. Außerdem ist ein Re- ceptaculum seminis zur Aufnahme der Spermatozoen vorhanden. Sowohl männliche wie weibliche Geschlechtsorgane besitzen stark ent- wickelte Anhangsdrüsen. Bei manchen Insekten entwickeln sich auch die unbefruchteten Eier (Parthenogenesis) Es werden unterschieden Insekten mit direkter Entwicklung, solche mit unvollkommener und solche mit vollkommener Meta- morphose. Bei der direkten Entwicklung gleichen die Jungen im wesentlichen den Alten, bei der unvollkommenen Metamorphose be- steht der Unterschied hauptsächlich darin, daß die Larven noch keine ausgebildeten Flügel haben, bei der vollkommenen Metamorphose ist die Larve sehr verschieden vom erwachsenen Tier, und es schiebt sich eine besondere Entwicklungsstufe, das Puppenstadium, ein, während dessen das meist in Ruhe verharrende Tier keine Nahrung zu sich nimmt. Haben die Larven nur drei Paar (gegliederte) Brustextremitäten, und sind auch am Hinterleibe (ungegliederte) Extremitäten vorhanden, so nennt man sie Raupen; fehlen die Beine und der Kopf gänzlich, so sind es Maden. B. Spezieller Kursus. Periplaneta orientalis (L.). Die äußere Körperform. Wie bei allen Insekten, so lassen sich auch bei Periplaneta drei Körperregionen unterscheiden: Kopf, Brust und Hinterleib. Betrachten wir das Tier von der Oberseite (s. Fig. 124 und 126), so erscheint der die beiden Antennen tragende Kopf durch eine tiefe Einschnürung abgesetzt. Der darauf folgende schildförmige Abschnitt ist nicht etwa die ganze Brust, sondern nur 204 12. Kursus: Insekten. FF LEN & -—- Antenne - Palpus maxillaris - ..- Prothorax — Cerei . Griffel Fig. 124. Periplaneta orientalis g, Dorsalansicht. Orig. m KEIOUJOIT ..,umnog auuayuy --- nZIoL ) N fe fe “oo a £ je e® Pa & p} = BUIBLZEN E = E = = [7 5 a! g Fig. 125. Periplaneta orientalis 4, von der Seite. Orig. uonviy 13. Kursus: Insekten. 205 Q I = Antenne Palpus maxillaris R Kopf Prothorax - Flüge "Xp... Meta- thorax Cerci After Fig. 126. Periplaneta orientalis 9, Dorsalansicht. Orig. g FE 3 „0 8338 2% 2 E = ) E= a 3 2 7 FE : KG S a 5 -B 3 SHE ao = ” = © g € er Rem ; Fig. 127. Zeriplaneta orientalis 9, von der Seite. Orig. 206 13. Kursus: Insekten. das erste Segment derselben, der Prothorax; die beiden folgenden Brustsegmente, Meso- und Metathorax sind beim Männchen von den darauf inserierten Flügeln bedeckt und somit ist in der Dorsal- ansicht die Grenze zwischen Brust und Hinterleib nicht sichtbar. Beim nahezu flügellosen Weibchen ist die Trennung zwischen Brust und Hinterleib deutlicher, da die Hinterleibssesmente viel kürzer sind als die Brustsegmente. Die Zahl der Hinterleibssegmente beträgt 10. Das vordere ist, vom Rücken gesehen, kleiner als die übrigen, ebenso sind achtes und neuntes Segment etwas versteckt gelagert, beim Weib- chen mehr noch als beim Männchen. Am letzten Segment befinden sich dorsal zu beiden Seiten kurze, feingliederige Anhänge, die Cerci, während ventral beim Männchen noch die kürzeren und zarteren Griffel inserieren, die dem Weibchen fehlen. Wir legen nun die Tiere auf den Rücken und betrachten sie von der Bauchseite. Der keilförmig ventralwärts vorspringende Kopf ist leicht beweglich und auf seiner Vorderseite, der Stirnfläche, schild- förmig abgeplattet. Kurz vor dem Übergang in die dorsale Hinter- hauptsfläche sind die beiden sehr langen, geringelten Antennen in je einer Grube inseriert. Dieht hinter ihnen liegen die beiden Facetten- augen. Zwei helle Flecke über der Insertion der Antennen, etwas nach innen zu gelegen, sind die „Fenster“, Stellen mit verdünnter Chitindecke. Die drei Brustringe sind dadurch charakterisiert, daß sie auf der Ventralseite die drei Beinpaare tragen. Brust- wie Bauchringe sind auch auf dem Bauche mit je einer Platte, dem Scutum, bedeckt, die mit der Rückenplatte, dem Tergum, durch seitliche Hautbrücken verbunden sind (Fig. 125). Wir gehen nun zu einer Betrachtung der Gliedmaßen über und beginnen mit den Mundteilen. Der Kopf wird abgeschnitten und mit der Stirnfläche nach oben auf den Öbjektträger gelegt. Dann wird die an der vorderen Spitze der Stirnfläche gelegene Oberlippe durch einen flachen Schnitt mit dem Skalpell abgetrennt, mit der Pinzette abgehoben und auf einen zweiten Öbjektträger gelegt. Die nachfolgende Präparation ist leichter. Mit der tief angesetzten Pinzette werden die beiden Mandibeln herausgehoben, ebenfalls auf den zweiten Objektträger gelegt und möglichst in die Lage- beziehung zur Oberlippe gebracht. Ganz ebenso verfahren wir mit den Maxillen und der Unterlippe. Die Oberlippe stellt sich dar als eine einfache, abgerundete Platte, die auf dem freien Rande mit kurzen Borsten besetzt ist. Sie gehört nicht zu den Mundsliedmaßen, sondern ist nur ein von der Kopikapsel abgegliedertes Stück derselben. Kräftig gebaut sind die kurzen, zangenartigen Mandibeln, die auf den einander zugewandten Innentlächen gezähnelt sind. Die Maxillen (eigentlich: ersten Maxillen) bestehen aus einem basalen Angelglied, Cardo, auf dem das Haft- glied oder Stielglied, Stipes, sitzt. Auf dem Stipes lenken sich die beiden Kauladen ein, deren innere auf der Innenseite steife Borsten trägt. Auberdem ist dem Stipes nach auben zu ein mehrgliedriger, ansehnlicher Kiefertaster, Palpus maxillaris, eingefügt. Die Unterlippe ist ein Produkt der beiden verwachsenen zweiten Maxillen. Die beiden verschmolzenen basalen Angelglieder bilden das Unterkinn, Submentum, während die verschmolzenen Haltglieder zum Kinn, Mentum, zusammentreten. Letzteres trägt jederseits die al 13. Kursus: Insekten. 207 unverschmolzen gebliebenen kleinen Innenladen(Glossae)und Außen- laden (Paraglossae) und nach außen die dreigliederigen Taster(Palpi). Bei sorgfältiger Präparation findet man innen zwischen Unter- kiefer und Unterlippe noch eine feine Platte, die Innenlippe (Hypo- pharynx), die bei den übrigen Insektenordnungen meist verkümmert ist. Um den Bau der drei Paar Brustextremitäten kennen zu lernen, schneiden wir eine derselben an ihrer Insertion vorsichtig ab und bringen sie auf einen Objektträger. Die Beine inserieren an der Stelle, wo die Pleura in das Sternum übergeht (s. Fig. 125). Das unterste Glied, das kurze, aber ange- schwollene Hüftglied, Coxa, ist in eine schräg gestellte ovale Pfanne am Körper eingelenkt. Es folgt dann ein sehr kurzer Schenkel- ring, Trochanter, hierauf der Oberschenkel, Femur, der Un- terschenkel, Tibia, undderfünf- gliederige Fuß, Tarsus. Das End- glied des Tarsus trägt zwei Klauen. Endlich sind noch die Flügel zu betrachten, die nur beim Männ- chen gut entwickelt sind. Sie sitzen auf der Dorsalseite des zweiten und dritten Brustringes und stellen dünne Hautfalten dar, die durch ein verästeltes System von stärkeren Chitinleisten, in denen Tracheen, Bluträume und Nerven verlaufen, gestützt werden. Wir gehen nunmehr zu der inneren Anatomie über. Es wırd die gesamte Rückendeckeabgehoben, indem mit der feinen Schere ein Schnitt rings um die Seiten des Tieres bis vorn zum Kopfe geführt Fig. 128. Kauende Mundgliedmaßen der „. ak N . Schabe, Zeriplaneta orientalis (aus R. wird. Dieser Schnitt muB oberhalb HERTWIG). /r Oberlippe; »z@ Mandibeln; der Pleurae geführt werden, um die . Cardo: Stipes; le und Z’ Lobus ex- Tracheen nicht zu zerschneiden. ternus und internus; m: Palpus maxil- Dann wird das Tier mit Nadeln im Jaris; = Submentum; = Mentum; g/ 1 20 . > a . la 1 iS. Becken festgesteckt, die Rücken- Glossae; Ag Paraglossae; #2 Palpus labialis decke von hinten her mit der Pin- zette abgehoben und zur Seite gelegt (Fig. 129). Auf der aufgehobenen Decke wird das langgestreckte Herz sicht- bar, welches daran mittels Muskulatur befestigt ist. Die Präparation desselben ist indessen schwierig, und man kann es sich leichter sicht- bar machen, wenn man ein lebendes junges Männchen unter Aufheben der Flügeldecken vom Rücken her betrachtet. Das Herz liert median als langer, vom ersten Brustseemente nach hinten ziehender Schlauch. Auch die flügelförmigen Muskeln werden — ein Paar in jedem Serment — alsbald deutlich sichtbar. Auch die Kontraktionen des Herzens lassen sich beim lebenden jungen Tier durch die dünne Decke des Rückens hindurch leieht beobachten. 208 13. Kursus: Insekten. Wir nehmen unser aufgeschnittenes Exemplar wieder vor, legen den Darm etwas zur Seite und fixieren ihn im Wachsbecken durch eine seitlich davon eingeführte Stecknadel. Der ansehnliche Oso- phagus erweitert sich allmählich in den keulenförmigen Kropf, auf diesen folgt ein kurzer Muskelmagen, an dessen Hinterende sich kräftige Blindschläuche befinden. Der kurze, allein vom Entoderm gelieferte verdauende Chylusdarm geht in den kompakteren Dick- darm über, an dessen Vorderende zahlreiche feine Fäden inserieren, die Marpıcnischen Gefäße, welche als Exkretionsorgane fungieren. Der kurze Enddarm endigt mit dem After. Vorn am Darm liegen zwei Speicheldrüsen samt dahinter gelegenen blasenartigen Reser- Ösor hagus - Speicheldrüse _ _ Reservoir Kopfaorta - Muskel- / magen / Blind- ; schläuche Flügel- H muskeln Herz- TA kammern x Chylusdarm Vasa Malpighii Bauchmark ERLEn Hoden = Anhangsdrüsen ""Ductus ejaculatorius = Enddarm —— Cerei Fig. 129. Anatomie von Periplaneta orientalis &, links die Rückendecke mit Herz. Orig. voirs. In der Brusthöhle findet sich eine stark entwickelte Muskulatur. Mit der Lupe läßt sich das in der ventralen Mittellinie gelegene Striek- leiternervensystem verfolgen, welches in den drei Brustsegmenten und fünf ersten Hinterleibssegementen zu Ganglien anschwillt, während im sechsten Hinterleibssegmente ein aus mehreren Ganglien verschmolzener größerer Komplex liegst. Vom Tracheensystem sind besonders deut- lich zwei seitliche Längsstämme im Hinterleibe, welche zu beiden Seiten des Nervensystems verlaufen. Legen wir ein Stückehen Trachee unter das Mikroskop, so sehen wir, daß ihre innere Oberfläche eine spiralig verlaufende Verdiekung, den Spiralfaden, aufweist. u 13. Kursus: Insekten. 209 Drüsige Massen, die unter dem Enddarm liegen, sind Teile der Geschlechtsorgane, doch ist die Präparation ihrer einzelnen Teile bei der Kleinheit des Objektes für den Anfänger zu schwierig. Hummel. Um auch die anderen Formen der Mundgliedmaßen der Insekten kennen zu lernen, wählen wir ein großes Hymenopter. Als solches empfiehlt sich am meisten die Hummel (Bomdus). Den getöteten Hummeln wird der Kopf abgeschnitten, der auf einen Objektträger gelegt wird. Hat man in Alkohol konserviertes Material genommen, so bringt man die Köpfe P zweckmäßigerweise auf kurze Zeit in kochendes Wasser, um sie aufzuweichen. Mit einem feinen Skalpell lassen sich dann die einzelnen Mundgliedmaßen abtrennen, die nunmehr bei schwacher Vergrößerung unter dem Mikroskope untersucht werden. Am leichtesten gelingt die Präparation, wenn man von der Unterlippe ausgeht. ÖOberlippe und Mandibeln sind unverändert geblieben und letztere dienen, wie bei den Orthopteren, zum Kauen. Dagegen sind Maxillen wie Unterlippe stark umgeformt. An den Maxillen fallen auf die langgestreckten Stielglieder, auf denen ebenfalls langgestreckte Kauladen inserieren. Ein kleines, seitlich davon eingelenktes Gebilde ist der rudimentäre Palpus maxillaris. Inder Unterlippe ist das Kinn besonders stark entwickelt, welches an seinem freien Ende median eine dieht mit kurzen Borsten besetzte Zunge trägt, die aus den zu einer Rinne Fig. 130. Leckende Mundglied- verschmolzenen Innenladen der Hinter- en nee kiefer entstanden ist. Rechts und links zeichnungen wie in Fig. 128. davon liegen die beiden ebenso langen Palpi labiales, während die Außenladen ganz rudimentär sind und nur als kleine Höcker zwischen Lippentastern und Zunge hervortreten. Dieser ganze Apparat kann eingeschlagen und vorgestreckt werden und dient zum Aufsaugen von Honig aus den Blüten. An der Hummel sind ferner noch die Hinterbeine genauer zu betrachten, die zum Zwecke des Einsammelns von Blütenstaub eigen- tümlich umgeformt sind. Wir schneiden ein solches Hinterbein ab, legen es auf einen Objekt- träger und betrachten es mit der Lupe. Schienbein und erstes Fußglied (Ferse) sind kolbig angeschwollen und dicht mit langen Borsten besetzt. An der Außenseite des mit zwei Endborsten versehenen Schienbeines findet sich eine lange, grubige Vertiefung ohne Borsten, das Körbchen, in dieses kommt der ab- gestrichene Blütenstaub hinein, der durch ein Sekret von Hautdrüsen Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Anfl. 14 210 13. Kursus: Insekten. zusammengeballt und von den neben den Gruben stehenden Borsten gehalten wird. Das Körbehen findet sich nur bei Weibchen und Arbeitern und fehlt den schlankeren kleineren Männchen. Schmetterling. Wir gehen nun zur Untersuchung der schlürfenden Mundwerk- zeuge eines Schmetterlings über und wählen dazu möglichst große Formen von Tagschmetterlingen oder Schwärmern, gleichgültig welcher Art. Fig. 131. Fig. 131. Schlürfende Mundgliedmaßen eines Schmetter- lings (nach SAvIGNY, aus R. HERTWIG). Anstatt der rechten Maxille ist ein Stück des küssels dar- gestellt, um zu zeigen, wie die linke (»2xT) und rechte Maxille (mxII) sich zu einem Rohr vereinen. Za Unterlippe. Son- stige Bezeichnungen wie auf Fig. 128. Fig. 132. Stechende Mündgliedmaßen einer weiblichen Mücke (CwJex pipiens); die Rinne der Unterlippe durch Zurückklappen der Öberlippe geöffnet und die Stechborsten herausgenommen (nach MUHR, aus R. HERTWIG). == Maxille; 2a Unterlippe; 7%» Hypopharynx. Sonstige Bezeichnungen wie auf Fig. 128. Der Kopf wird abgeschnitten, auf den Objektträger gelest und unter der Lupe betrachtet (s. Fig. 131). Von den Mundwerkzeugen fallen ins Auge die beiden großen Lippentaster der reduzierten Unterlippe, sowie nach innen von diesen eine spiralig aufgerollte Röhre, der Rüssel. Der Rüssel wird gebildet durch die beiden fest aneinander gefügten Maxillen, speziell deren Kau- laden, während die Palpi maxillares rudimentär sind. Die Man- dibeln fehlen entweder gänzlich oder sind nur kleine Gebilde neben dem Rüssel; zwischen ihnen liegt die kleine Oberlippe. Am sSehmetterling lassen sich auch noch die Sehuppen der Flügel untersuchen, welche ihnen die Farbe geben. Am einfachsten ist es, ein Flügelstückchen abzuschneiden und auf dem Objektträger unter das Mikroskop zu bringen. u 13. Kursus: Insekten. 211 Wir sehen alsdann die Schüppchen dachziegelförmig in regel- mäßiger Anordnung liegen. Jedes Schüppchen heitet sich an die Unter- lage durch einen Stiel an. Der freie Rand der Schuppen ist meist ge- zack. Am Rande des Flügels verändern die Schüppchen ihre Form und werden mehr und mehr zu haarförmigen Gebilden. Mücke. Endlich können wir auch noch die stechenden Mundteile der Mücken untersuchen. Dazu wählen wir Weibchen möglichst großer Formen. Wir schneiden den Kopf ab und bringen ihn auf dem ÖObjektträger unter schwache Vergrößerung. Bei diesen bildet die Unterlippe eine lang ausgezogene Rinne, deren dorsalen Verschluß die ebenfalls lang ausgezogene Oberlippe bewirkt (s. Fig. 132). Im Innern dieser Röhre liegen vier Stechborsten, die umgewandelten Mandibeln und Maxillen. Eine fünfte Borste, die sich bei manchen Formen findet, besteht aus dem Hypopharynx, dem Rudimente eines sich zwischen erste und zweite Maxille einfügenden Kieferpaares. Ephemeridenlarve. Schließlich sind noch lebende Ephemeridenlarven zu betrachten. Mit viel Wasser und einigen Wasserpflanzen werden die Tierchen auf den Objektträger gebracht und mit einem Deckgläschen bedeckt. Die halb durchsichtigen Larven gestatten einen vorzüglichen Ein- blick in die innere Organisation, von der wir nur hier das Tracheen- system hervorheben wollen. Dasselbe ist sofort kenntlich durch seine dunkle Farbe. Zwei große Längsstämme ziehen von vorn nach hinten, regelmäßige Seitenzweige, die sich noch weiter verästeln, abgebend. Auf die drei Beinpaare folgen sieben Paare oder Doppelpaare ebenfalls segmental angeordneter blattartiger Anhänge, die in steter zitternder Bewegung sind, das sind die Tracheenkiemen. In jedes dieser Blätter tritt von dem Längsstamme der betreifenden Seite aus ein Seitenzweig des Tracheensystems hinein, der sich darin verästelt. Aus derartigen Tracheenkiemen sollen durch Funktionswechsel die Flügel der Insekten entstanden sein. Anhang. Arachnida, Spinnentiere. Um die äußere Organisation der Spinnen kennen zu lernen, emp- fiehlt sich die Betrachtung unserer gemeinen Kreuzspinne, Aranea (Epeira) diadema L. Dieses zur Ordnung der Weberspinnen, Araneae, gehörende Tier, ist im Sommer und Herbst leicht zu erbeuten. 14* 212 13. Kursus, Anhang: Spinnen. Ihr radlörmiges, senkrecht zwischen zwei Baumstämmen oder Zweigen ausgespanntes Netz, welches aus einem klebrigen, in einer Spirale ge- wundenen Faden und radienförmig vom Mittelpunkt ausstrahlenden Speichen besteht, findet sich in Gebüschen, an Waldrändern und zwischen altem Gemäuer. Die Weibchen halten sich meist im Mittel- punkte des Netzes, den Kopf nach unten gerichtet auf, während die selteneren, beträchtlich kleineren Männchen meist in der Nähe des Netzes im Gesträuch sitzen. Das zum Kurse nötige Material wird, wenn es nicht möglich ist die genügende Anzahl frischer Tiere zu erhalten, im Herbste eingesam- melt und in starkem Alkohol oder Formol konserviert. .Palpus . Chelicere- = =-- = Unterlippe-----/ Öffnung zum rechten ""—" Lungensack -}--—-- Geschlechtsöffnung "= ="Spinnwarze Fig. 133. Kreuzspinne, Unterseite. Orig. Die Färbung der Tiere ist sehr verschieden, beim Weibchen schwankt sie von Hellgelb durch Rot und Braun bis fast zum Schwarz, während die Männchen von Hellbraun bis Dunkelbraun variieren. Ihren Namen hat diese Spinne von weißen Flecken auf dem Rücken des Hinterleibes, die zu einem mehr oder minder deutlichen Kreuz zu- sammentreten. Die Beine weisen eine hellere und dunklere Ringe- lung auf. Der verschieden stark behaarte Körper zerfällt in zwei Abschnitte, ein Kopfbruststück (Öephalothorax) und einen Hinterleib (Ab- domen), die dureh einen dünnen Stiel miteinander zusammenhängen. Das aus Kopl und Brust verschmolzene Kopfbruststück ist von einer starken Chitinhülle umschlossen, im Gegensatz zu dem viel weicheren 13. Kursus, Anhang: Spinnen. 213 Hinterleibe. Das Kopfbruststück ist von ungefähr eiförmigem Umrib, nach vorn zu sich etwas verjüngend und abgestumpft endigend, während der Hinterleib beim Weibchen haselnußförmig anzeschwollen, beim Männ- chen mehr länglich ist. Den dorsalen Teil des Kopfbruststückes bildet das Rückenschild, das sich seitlich ventralwärts herabkrümmt. Vorn am Rückenschilde stehen die Augen zu 4 Paaren. Von diesen acht Augen stehen zwei Paar nahe der Mittellinie in fast quadratischer Anordnung und je ein Paar am vorderen Seitenrande des Rückenschildes. Es sind also die Augen in zwei Querreihen angeordnet, indem vier in der vorderen, vier in der hinteren Querreihe liegen. Je ein vorderes und ein hinteres Auge bilden ein Paar. Die Augenstellung ist bei den einzelnen Spinnen- arten verschieden und gilt als ein systematisch wichtiges Merkmal. Auf der ventralen Seite liegt das sehr viel kleinere, etwa wie ein Wappen- schild aussehende Brustschild. Zwischen Rücken- und Brustschild sind die Extremitäten eingelenkt, vier Paar zur Ortsbewegung bestimmte und zwei Paar davor gelegene Mundextremitäten. Wir beginnen mit der Untersuchung der Mundextremitäten, indem wir das Tier auf die Rückenseite legen und unter der Lupe betrachten. Das erste Paar Mundsliedmaßen sind die Kieferfühler (Cheliceren). Sie bestehen aus zwei Teilen, einem basalen, sehr kräftig entwickelten Oberkiefer, und einem daran sitzenden, nach innen einschlagbaren klauenförmigen Endgliede. Zur Aufnahme der nadelspitzen, ge- krümmten Klaue dient eine Furche des Oberkiefers, deren Ränder mit einigen spitzen Chitinzähnchen, außen vier, innen drei besetzt sind. In der Spitze der Klaue mündet der Ausführgang einer Giftdrüse aus. In der Ruhe sind die Klauen, wie die Klinge eines Taschenmessers in die Scheide, eingeschlagen. Das zweite Paar Mundgliedmaßen sind die Kiefertaster (Maxilli- palpen). Ihre Basalglieder sind zu Unterkiefer genannten Kauladen umgewandelt, die mit ihrem freien Ende den Mund überdecken. Ihre breit dreieckige Spitze ist frei von Haaren und von hellgelblicher Farbe, am vorderen Rande dagegen findet sich ein dichter, bürstenhaariger Haar- besatz, der sich unmittelbar dem Munde auflegt. Die übrigen fünf Glieder bilden den beinartigen Palpus, der bei beiden Geschlechtern sehr verschieden ist. Beim Weibchen trägt das Endglied an der Spitze eine kleine Kralle, die mit Nebenzinken besetzt ist, beim Männchen ist das stark behaarte und meist dunkler gefärbte Endgelied kolbenförmig verdickt und enthält einen birnförmigen Behälter mit Ausführgang. Zur Zeit der Geschlechtsreife wird dieser Behälter mit Spermatozoen ge- füllt, die aus der am Hinterleib befindlichen Geschlechtsöffnung ent- stammen, und das Tasterende wird zum Begattungsapparat. Nach der Einbringung der Spermatozoen in die Geschlechtsöffnung des Weibehens muß sich das sehr viel schwächere Männchen eiliest zurückziehen, um nieht vom stärkeren Weibchen überfallen und gefressen zu werden. Zwischen die beiden Unterkiefer schiebt sich von hinten her eine an dem Brustschilde eingelenkte unpaare Chitinplatte ein: die Unter- lippe. Die vier zur Fortbewegung dienenden Beinpaare (Fig. 135) haben ungefähr den gleichen Bau. Es lassen sich an ihnen sieben Glieder unter- scheiden, nämlich Hüftglied, Schenkelring, Schenkel, Knie, Schiene, Fersen- glied und Fußglied. Das Fußglied trägt an seinem Ende zwei bewegliche kammförmig gezähnte Klauen (Fig. 134). Da diese Kammzähnchen sehr glatt sind und eng zusammentreten, vermag die Spinne mit Leichtigkeit 214 13. Kursus, Anhang: Spinnen. in die Fäden ihres Netzes einzugreifen und darauf zu laufen, ohne sie zu zerreißen. Zwischen der Basis der beiden Fußklauen entspringt eine dritte, hakenförmige, etwas kleinere Klaue. Rechts und links von dieser kleineren „Vorklaue‘ stehen zwei oder drei bis vier gebogene und gesägte Borsten und bilden, besonders an den Hinterbeinen, zu- sammen mit der Vorkralle ein Greiforgan, welches bei Herstellung des Netzes Verwendung findet. Die Hinterbeine sind fast ganz in den Dienst der Spinntätigkeit getreten. Betrachten wir den Hinterleib von der Bauchseite, so sehen wir nahe dem Verbindungsstiele mit dem Kopibruststück in der Mittellinie beim Weibehen die äußeren Geschlechtsteile (Epigyne), welche bei nahe verwandten Arten meist ganz verschieden geformt sind. Seitlich davon finden sich zwei etwas schräg verlaufende Schlitze, welche in die Tarsus Metatarsus Femur Fig. 134. Kreuzspinne. Fußglied Fig. 135. Kreuzspinne. Drittes linkes Bein. mit Klauen des dritten linken Orig. Beines. Orig. beiden „Lungensäcke“ führen. Es sind das zwei Hohlräume, in welche jederseits eine aus etwa 50 Blättern gebildete „Lunge“ hineinragt. Diese Atmungsorgane werden als abgeplattete und modilizierte Tracheen- büschel betrachtet: nach anderer Auffassung sollen sie den in das Körper- innere zurückgezogenen Kiemen eines marinen krebsähnlichen Tieres, des Limulus (s. S. 188), entsprechen. Außer diesen eigentümlichen Atmungsorganen finden sich noch vier eerade, zarte Tracheenröhren, welche von einem vor den vor- deren Spinnwarzen gelegenen und hier ausmündenden zentralen Hohl- raume entspringen. Der Spinnapparat (Fig. 133) ist am Hinterende des Hinter- leibes auf dessen Ventralseite gelegen und besteht aus sechs warzenartigen Erhebungen, den Spinnwarzen, welche zu drei Paaren symmetrisch zur Mittellinie lieren und als rudimentäre Extremitäten des Hinterleibes 13. Kursus, Anhang: Spinnen. 215 aulgefaßt werden. Von diesen Spinnwarzen ist das mittlere Paar kaum zu sehen, da es sehr klein ist, tiefer und der Mittellinie genäherter liegt und durch die vorderen verdeckt wird. Das freie abgestutzte Ende jeder Spinnwarze ist das Spinnfeld, auf dem sich zahlreiche, wie Haare aussehende, sehr feine Röhrchen erheben, die Spinnröhren. Aus jedem dieser Röhrchen ragt das Ende des Ausführungsganges einer Spinndrüse heraus. Diese Spinndrüsen erfüllen den Hinterleib und be- dingen mit den Eiern zusammen seine bedeutende Anschwellung. Das aus den Spinnröhren heraustretende Sekret erstarrt sehr schnell und oft wird der so entstehende Faden mit anderen Fäden zusammen zu einem einzigen Faden verarbeitet, der trotz seiner außerordentlichen Dünne sehr fest ist. Systematischer Überblick. für den vierzehnten Kursus. VIH. Stamm. Tunicata, Manteltiere. Die Manteltiere haben ihren Namen von einer Hautausscheidung, welche sie wie ein Mantel umhüllt. In ihrem Bau und besonders in ihrer Entwicklung zeigen sie sich am nächsten mit den Wirbeltieren verwandt, und zwar in folgenden Punkten: 1. durch den Besitz einer Chorda dorsalis, des Vorläufers der Wirbelsäule, die indessen bei den meisten nur in der Entwicklung auftritt und später verschwindet; . die dorsale Lagerung des mindestens als Ganglion erhalten bleibenden Zentralnervensystems; 3. die Übernahme der Atmungsfunktion durch den Vorderdarm; 4. die ventrale Lage des Herzens. Die Wandung des Vorderdarmes ist durchbrochen, und das vom Mund auf- genommene Wasser fließt durch die Spalten ab, meist erst in einen umhüllenden Raum, den Peribrauchialraum, und von diesem nach außen. Die mitaufgenom- menen Nahrungsbestandteile werden von einer ventralen flimmernden Rinne, dem Endostyl oder der Hypobranchialrinne, mit Schleim umhüllt und zum Öso- phagus befördert. Die Tunicaten sind Zwitter und sämtlich marin. [86] 1. Ordnung: Copelatae. Kleine pelagische Tiere mit Ruderschwanz, der von der Chorda dorsalis durchzogen ist. Im Rumpf der hufeisenförmige Darm mit einem Paar direkt nach außen mündender Kiemenspalten. Auch der After mündet direkt nach außen. Appendicularia, 2. Ordnung: Aseidiacea. Festgewachsen (nur die Pyrosomae freilebend pelagisch). Mantel stark entwickelt, mit Ingestions- und Egestionsöffnung zur Ein- und Ausfuhr des Wassers. Nach innen vom Mantel je eine Schicht Längs- und Ringmuskelfasern. Den Kiemendarm umgibt der Peribranchialraum. Im hinteren Teil des Körpers finden sich in der mitunter abgegrenzten Leibeshöhle der Darm mit Magen, die Geschlechtsorgane und das Herz. Zwischen Ingestions- und Egestionsöffnung liegt das Ganglion. Larven mit Chorda dorsalis. 1. Unterordnung: Monasecidiae. Einzeltiere. Styela, Ciona. 2, Unterordnung: Synascidiae. Viele Einzeltiere von gemeinsamem Cellulosemantel umhüllt. Syroeczm, Botryllus. 3. Unterordnung: Pyrosomae. Freischwimmende Kolonien von Walzenform, die Einzeltiere auf einem gemeinsamen Hohlraum, der Zentralkloake, senkrecht stehend. Zyrosoma. 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. 217 3. Ordnung: Thaliacea. Pelagisch. Gestalt tonnenförmig, die beiden Körperöffnungen an den beiden Körperenden. 6—8 reifenartige Muskelringe. Kiemendarm zu einem schmalen, schräg nach hinten laufenden Balken reduziert. Ventral liegt der Endostyl; die Eingeweide sind im hinteren Körperteile zu einem Knäuel zusammengeballt. Gene- rationswechsel: das Einzeltier läßt auf ungeschlechtlichem Wege eine Kette hintereinander liegender, etwas abweichend gebauter Salpen hervorsprossen, aus deren befruchteten Eiern wieder Einzeltiere entstehen. Salpa, Doliolum. 14. Kursus. Tunicata, Manteltiere. Technische Vorbereitungen. Von Aseidien werden Alkoholpräparate von SZyela plicata und Ciona intestinalis gegeben, von letzterer Form außerdem noch mikro- skopische Präparate sehr kleiner Exemplare. Um die ‚S/yel@ in mög- lichst ausgestrecktem Zustande zu erhalten, empfiehlt es sich, sie nach vorausgegangener Kokainbetäubung in Formol zu fixieren und später in Alkohol überzuführen. Von Salpen benutzt man Alkoholpräparate von Salpa africana zur Demonstration, sowie Salpa democratica -mucro- nala, letztere auch in mikroskopischen Präparaten, als Einzeltier wie als Kette. l. Ascidien. A. Allgemeine Übersicht. Die Aseidien sind auf dem Boden des Meeres festsitzende Tiere, welche infolge dieser Lebensweise mancherlei Umbildungen ihres Körpers zeigen. Die Larven sind freischwimmend, mit Ruder- schwanz versehen, in dessen Achse sich aus dem Entoderm durch Abschnürung eine Chorda entwickelt, ähnlich wie bei den Appendieularien. Die Chorda erstreckt sich bei diesen Larven ein Stück weit in den Rumpf, zwischen Darm und Nervenrohr, hinein. Darin dokumentiert sich eine große Ähnlichkeit mit frühen Entwicklungszuständen der Wirbeltiere, besonders des Amphioxus. Auch die Anlage des Nerven- systems ist die gleiche wie bei den Wirbeltieren. Bei der Aseidien- larve finden wir ein in der dorsalen Mittellinie gelegenes Rohr, vorn zu einem Bläschen, dem Gehirn, angeschwollen. Dieses Nervenrohr entsteht, wie bei den Wirbeltieren, aus der Einfaltung einer dorsalen Rinne (Medullarrinne), deren Ränder verschmelzen, so daß ein Rohr (Medullarrohr) entsteht, das vorn eine Zeitlang offen ist (Neuro- porus), hinten mit dem Urdarm kommuniziert (Canalis neuren- tericus). Ferner öffnet sich bei jungen Ascidienlarven der vordere Teil des Darmes, der Kiemendarm, in ein paar seitlichen Kiemenspalten direkt 318 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. nach außen, und die Leibeshöhle bildet sich wie bei Amphioxus aus seitlichen Ausstülpungen des Urdarmes. Vergleichen wir damit die Organisation der erwachsenen, fest- sitzenden Ascidie, so sehen wir, daß große Veränderungen einge- treten sind. Der ganze Ruderschwanz samt Chorda ist geschwunden. Der vordere Darmteil, der Kiemendarm, hat sich mächtig ausgedehnt und ist zum Kiemenkorb mit zahlreichen Spalten geworden. Um ihn herum ist ein aus zwei ektodermalen Hauteinstülpungen hervorgegan- gener Hohlraum entstanden, der Peribranchialraum, so dab sich die Kiemenspalten in diesen und nicht mehr direkt nach außen öffnen. In den hinteren und dorsalen Teil dieses Peribranchialraumes münden auch der Darm und die Geschlechtsorgane ein, und dieser Teil wird somit zur Kloake, die sich in der Egestionsölfnung nach außen öffnet. Zum Schutze des Körpers hat sich ein meist mächtig entwickelter Mantel, Tunica externa, gebildet, der Cellulose in reichliehen Mengen enthält und dem Tiere oft ein unförmliches Aussehen verleiht. Ayf ihn folgt nach innen die weiche, muskulöse Körperwand, Tunica interna. Durch die mächtige E ntwieklung des Kiemendarmes ist der hintere, nutritorische Darmteil weit nach hinten gedrängt worden. Die mit dem Atemwasser in die Ingestionsöffnung geratenen Nahrungs- partikel werden durch einen den Eingang zur Atemhöhle umfassenden Flimmerbogen zu einer ventralen Länesrinne, dem Endostyl, geführt, hier mit Schleim umhüllt und dureh Flimmern zu dem weiter hinten liegenden Ösophagus des nutritorischen Darmes befördert, der sich zu einem Magen erweitert und dann als Enddarm in die Kloake öffnet. Hier am Magen, zwischen ihm und dem Endostyl, liegen auch Herz und Geschlechtsorg ane. Das bei den Aseidienlarven noch in Rückenmark und Gehirn differenzierte Nervensystem hat sich zu einem Ganglion reduziert. welches zwischen den einander genäherten Körperöffnungen liegt. Viele Aseidien vermögen sich geschlechtlich und ungeschlecht- lieh fortzupflanzen und durch Knospung Kolonien zu bilden (Syn- ascidien). B. Spezieller Kursus. 1. Styela plicata (LEs.). Diese weit verbreitete Ascidie ist besonders im Mittelmeer sehr häufig und leicht zu beziehen. Sie eignet sich ganz vorzüglich zur makroskopischen Präparation, besonders weil auch sonst schwer zu demonstrierende Organe, wie die Geschlechtsdrüsen, sehr stark ent- wickelt sind. Zunächst betrachten wir die äußere Körperform der unter Wasser ins Wachsbecken gelesten Ascidie. Das Tier stellt äußerlich einen länglich-rundlichen, einer Kartoffel nicht unähnlichen Knollen dar mit tief eingeschnittenen Längs- und Querfurchen. Die Farbe ist weißlich- bräunlich, die Unterseite weist einen dunkleren Farbenton auf, und zeiet schon durch die an einer bestimmten Stelle sich findende In- krustierung mit Muschelschalenstückchen usw., daß das Tier festsitzt. Bei älteren Exemplaren, welche bis 8 em Größe erreichen können, findet sieh an der Anhaftestelle ein deutlich abgesetzter, rundlicher 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. 219 Stiel, sowie eine Anzahl ebenfalls zur Befestigung dienender brauner Borsten. Ingestions- und Egestionsöffnung sind bei den aus- gestreckt konservierten Exemplaren leicht zu bestimmen, bei kon- trahierten Stücken orientiert man sich über die Lare der beiden Off- nungen, indem man das im Wasser liegende Tier herausnimmt und leicht drückt. In den meisten Fällen werden feine Strahlen aus den Öffnungen herausspritzen. Die Orientierung ist deshalb wichtig, weil der durch das Tier zu führende Schnitt in einer Ebene zu gehen hat, welche die Ingestions- öffnung der Länge nach spaltet. = nerorgan Egestio: " Ganglion [Tentakelkranz ------- Mantel --- - - Hautmuskel- schlauch Peribranchial- _ After raum h. + -ÖOsophagus - sEir -1\.Kiemendarım Kiemendarm _ 3 EuWRN, f j i -1.Hautmuskel- N schlauch Endostyl Falte des Kiemendarms "7 Durch- schimmernde " Gonade Anbeftungsstelle Fig. 136. Anatomie von Siyela plicata, Der Kiemendarm ist aufgeschnitten. Orig. Der Schnitt wird mit dem starken Skalpell ausgeführt. Man be- ginnt von der Ingestionsöffnung aus, führt das tief in das Tier eindringende Messer an der ventralen (der Egestionsöffnung abgewandten) Seite ent- lang und klappt dann die beiden auf der Dorsalseite noch zusammen- hängenden Hälften auseinander. Mit einigen Nadeln, die durch den Mantel gesteckt werden, befestigt man das Präparat im Wachsbecken (Fig. 136). Mit diesem Schnitte ist nicht nur der Mantel gespalten, sondern auch der Hautmuskelschlauch und der Kiemendarm, und im Präparat sieht man direkt in das Innere des Kiemendarmes hinein. Zunächst betrachten wir den festen Mantel, dessen unteres Ende etwas dicker 220 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. ist als das obere. Auf dem Durchschnitt x es weiß und knorpelartig. Der Kiemendarm füllt den Körper des Tieres in der ganzen Länge aus. Er ist jederseits in vier sehr prägnante, gekrümmte Falten gelegt, die vorn unter der Ingestionsöffnung beginnen und bis zu seinem Über- gang in den eigentlichen Darm verlaufen. Es sind also im ganzen acht Falten vorhanden. Außer diesen Falten läuft eine wulstartige Ver- diekung von der Insestionsöffnung in der Mittellinie ebenfalls zum Beginn des eigentlichen Darmes: der Endostyl (die Hypobran- chialrinne). Unter Benutzung der Lupe sieht man, wie die Ingestions- ölfnung vom Ende des Endostyls aus von einer Flimmerschlinge um- faßt wird. Schon mit bloßem Auge sieht man das feine Gitterwerk des Kiemen- darmes. Zwischen Kiemendarm und Hautmuskelschlauch liegt ein schmaler Raum, der Peribranchialraum, unterhalb der Egestions- ölfnung Kloake genannt. Unter der Ingestionsöffnung, nur einige Millimeter davon entfernt, liest ein Kranz von 25—30 verschieden langen, einfachen, kleinen Ten- takeln. Der Darmtraktus befindet sich auf der linken Körperseite, dem Kiemendarme aufliegend, und man sieht ihn bereits an vorliegendem Präparate durchschimmern. Unweit der Egestionsöffnung, etwa in der Körpermitte, verengert sich der Kiemendarm sehr stark und geht in den eigentlichen Darm über. Mit der Pinzette löst man vorsichtig den den verdauenden Darm bedeckenden Teil des Kiemendarmes los und erhält nun einen Einblick in die übrigen Eingeweide. Der eigentliche Darm beginnt mit einer Speiseröhre von an- sehnlicher Länge und erweitert sich dann zum Magen. Dieser ist deut- lich abgesetzt und erscheint äußerlich längsgestreift, was aber von durch- schimmernden inneren Längsleisten herrührt. Wir machen uns diese sichtbar, indem wir den Magen der Länge nach aufschneiden. Von den ca. 30 Lamellen erscheint eine besonders groß. Der auf den Magen folgende Darmteil zieht etwa bis zur Mitte des Körpers an der Bauchseite entlang. Wir gehen nun zur mikroskopischen Untersuchung über. Ein Stück des Kiemendarmes wird ausgeschnitten, in Glyzerin auf den Objektträger gelegt und mit einem Deckglas bedeckt. Mit schwacher Vergrößerung sieht man ein quadratisch angeord- netes Maschenwerk, dessen Leisten stark vor springen. Innerhalb jedes Rechteckes dieses Maschenwerkes findet sich ein feineres Maschenwerk, aus meist sechs in doppelter Reihe liegenden Spalten bestehend. Durch diese Spalten fließt das von der Ingestionsöffnung aufgenommene Atem- wasser in den Peribranchialraum und dann durch die Egestionsöffnung nach außen. Ein weiteres Präparat machen wir vom Mantel, indem wir mit einem scharfen Messer einen feinen Querschnitt anfertigen und unter Glyzerin auf dem ÖObjektträger betrachten. 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. 921 Man erkennt alsdann schon mit schwacher Vergrößerung, daß der Mantel nicht etwa eine strukturlose Kutikularabscheidung ist, sondern reichlich bindegewebige, vom Ektoderm eingewanderte Zellen sowie Blutgefäße enthält, die in kolbenförmigen Anschwellungen endigen. Der Aiter liegt etwas höher als der Ösophagus, dicht unter der Egestionsöffnung. Der Rand des Afters ist wulstig verdiekt und eingekerbt. ° — m 4 3 = = 58 & £ = == | = = 5 a 38 z = 2 3 85 Ss E & Mm En ._ SSR = = -—. Zn - kn) ri 8- an er naesann nn Egestlons- Mantel - Hautmuskelschlauch Muskelzüge - After Übergang des Kiemendarmes in den verdauenden Darm - Gonade Enddarm Ösophagus Fig. 137. Siyela plicata. Der Kiemendarm ist entfernt. Orig. Das Herz ist schwer zu sehen: es liegt als durchsichtiger, mus- kulöser Schlauch auf der rechten Seite, mit seinem hinteren Ende dem Magen angeheftet. Es wird alsdann auch der Kiemendarm der anderen Hälfte mit der Pinzette abgehoben (Fig. 137). Nunmehr erscheinen die Geschlechtsorgane. Die Geschlechts- organe sind schlauchförmige Wülste von gelblicher Farbe; auf der linken Seite legen zwei, auf der rechten fünf bis sechs, die in der Nähe der Egestionsöffnung beginnen und strahlenförmig divergieren. Zwischen Ingestions- und Egestionsöffnung befindet sich das Gehirn, ein ovaler Knoten, von dem Nerven ausstrahlen. 222 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. Man fertigt einen zweiten Schnitt durch den Mantel an, bringt ihn aber nicht in Glyzerin, sondern in ein Uhrschälchen mit Jodjod- kalium. Nach 15 Minuten nimmt man ihn heraus und bringt ihn auf den ÖObjektträger in einen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure. Es tritt alsdann Blaufärbung ein, und diese Reaktion beweist, daß sich im Mantel reichlich Cellulose vorfindet. Die innere Manteloberfläche glänzt perlmutterartig und läßt sich leicht mit der Pinzette abziehen. Unter dem Mikroskop erkennt man bei starker Vergrößerung eine annähernd homogene Grundmasse, welche von vielen langen Fibrillen durchsetzt ist. Ein weiteres Präparat wird vom Hautmuskelschlauch an- gefertist. Es läßt sich ohne weiteres ein Stück desselben loslösen, welches, - Endostyl Falte des Kiemendarmes Tentakel - Ingestionsöffnung Flimmerschlinge Flimmerorgan -- Ganglion Gonade -4- - -- Papille . _ Egestionsöffnung - After - Mantel Fig. 138. Die beiden Körperöffnungen von Siye/a mit Umgebung, von innen ge- sehen. Orig. unter das Mikroskop gebracht, bei schwacher Vergrößerung zwei regel- mäßig angeordnete Muskelschichten zeigt, eine schwächere, äußere Ring- muskulatur und eine stärkere, innere Längsmuskulatur. Nunmehr wenden wir uns zur Betrachtung des Gehirnganglions. Wir schneiden an einem zweiten Exemplare dieses Organ, welches zwischen Ingestions- und Egestionsöffnung liegt, mit dem am Darm fest- haftenden Hautmuskelschlauch ab, legen es auf einen Objektträger und betrachten es unter der Lupe oder schwächsten Vergrößerung des Mikroskopes (Fig. 138). Es zeigt sich das Ganglion als längliches Gebilde, welches nach hinten zwei starke Nerven abgehen läßt. Weitere Nerven ziehen nach vorn. Unter dem Ganglion und mit ihm zusammenhängend liegt ein rundliches, drüsiges Gebilde, auf beiden Seiten vorragend, welches als „Hypophyse‘ bezeichnet wird. Endlich kann man noch vor dem Ge- hirn zwischen den nach vorn abgehenden Nerven ein zu einer Doppel- spirale eingerolltes Gebilde sehen (Flimmerorgan), welches als Ge- 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. 223 ruchsorgan (?) gedeutet wird und wahrscheinlich als Organ eines chemi- schen Sinnes wirkt. 2. Ciona intestinalis (L.). Diese äußerst häufige Form eignet sich wegen ihrer großen Durch- sichtigkeit ebenfalls recht gut zu Demonstrationen. Von möglichst kleinen (1,5 cm langen) Exemplaren werden mikroskopische Präparate gegeben, mit deren Untersuchung wir beginnen wollen. Ingestions- _ eo... Öffnung epenr PRURBUNIBDESNN FE ==. "m anr See Tentakelring --------.... 2.0... KU Flimmerschlinge ----.--.---...../- 49 - Flimmerorgan ++ Ganglion BE Augenfleck .. Egestions-; \ Öffnung Endostyl............. 1.) ... Geschlechts- öffnungen - +-Dorsale Papillen . After jseore ee ... Peribranchial- raum (Kloake) Kiemendarm --f--- -- - Enddarm Hautmuskel- -L.......... N schlaue „nenn Ösophagus zes + Magen DAtpeahühlem un Nu, Haftfäden ........... Fig. 139. Ciona intestinalis,' junges Tier. Orig. Wir wenden zunächst die schwächste Vergrößerung an (s. Fig. 139). Man sieht die langgestreckte, zylindrische Körperform; an dem einen 294 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. Körperende finden sich wurzelförmige, von Bindegewebe erfüllte Aus- läufer der äußeren Hülle, die zum Anheften an der Unterlage dienen. Das freie Körperende ist in zwei röhrenartige Fortsätze, Siphonen, ausgezogen. Am Ende des mittleren, höheren (Buccalsipho) liegt die Ingestio nsöffnung, am Ende des kleineren, seitlich davon gelegenen (Kloakalsipho) liest die Öffnung des Peribranchialraumes, die Egestionsöffnung. Rings um das ganze Tier sieht man einen feinen Saum, den Rand des Mantels. Die Ingestionsöffnung ist kreisrund und in acht Lappen ausgezogen. In den dadurch gebildeten Einkerbungen liest am Grunde je ein als Augenfleck bezeichneter Pigmentileck, und das gleiche Ver- halten zeigt auch die Egestionsöffnung, nur mit dem Unterschiede, daß hier sechs“ Lappen und sechs Augenflecke auftreten. Die Siphonen stellen sich als häutige Gebilde dar, in deren Wan- dung außen Ringmuskulatur eingebettet ist, während nach innen zu liegende Längsmuskeln weit nach abwärts ziehen. Kurz vor Beginn des Kiemendarmes sieht man im Buccalsipho eine ringförmige Ver- diekung, den Tentakelring, auf dem sich in regelmäßiger Anordnung eine Reihe von kurzen Tentakeln erhebt. Sie ragen im Leben weit in den Hohlraum des Sipho vor und bilden so eine Art Reuse, die größeren Fremdkörpern den Eintritt in die Kieme versperrt. Wir kommen nunmehr zum Beginn des Kiemendarmes, dessen weite Öffnung von einer Flimmerschlinge umzogen wird. Der Kiemen- darm stellt einen weiten Sack dar, welcher nur den hintersten Teil des Körperinnern frei läßt. Seine Wand ist aufgebaut aus einem Maschen- werk sich rechtwinklig kreuzender Leisten, an deren Kreuzungsstellen kurze Papillen ins Innere vorspringen. Die feinen, flimmernden, ovalen Kiemenspalten stehen in jedem Rechteck in zwei transversalen Doppel- reihen. Durch diese fließt das von der Ingestionsöffnung aufgenommene Atemwasser in den Peribranchialraum, der nur unter der Egestions- ölfnung als Kloake größere Ausdehnung gewinnt. Auf der ventralen (der Egestionsöflnung gegenüberliegenden) Seite liegt der ansehnliche Endostyl, dessen Tätigkeit darin besteht, Schleim abzuscheiden und die darin eingehüllten Nahrungspartikel dem ver- dauenden Darme zuzuführen. Zur Untersuchung der übrigen Organe werden größere Spiritusexem- plare gegeben, welche im Wachsbecken aus dem Mantel herausgelöst und dann unter Wasser an einer Seite aufgeschnitten und ausgebreitet werden. Der Nahrungsdarm, welcher sich an den Kiemendarm an- schließt, beginnt mit einem kurzen, engen Ösophagus, erweitert sich zum ansehnlichen Magen und zieht als Enddarm auf derselben Seite nach oben, um etwa in der Körpermitte jm After zu enden. Die Nahrungsreste werden aus der Kloake durch die Egestionsöffnung entlernt. Nach innen vom Afterdarm ziehen die Geschlechtsgänge, Ovidukt und Vas deferens, nach oben, ein gutes Stück höher als der After in der Kloake ausmündend. Diese Stelle ist auch am konservierten Tier noch an der roten Farbe kenntlich. Die Gesehlechtsorgane sind an den Präparaten der jungen Tiere noch nicht zu sehen, an den großen Präparaten findet sich das Ovar in der Schlinge zwischen Magen und Enddarm, während die Hodenschläuche dem Magen aufliegen. 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. 295 Das Herz ist zwischen Magen und Endostyl als gekrümmter Schlauch ausgespannt. Beim lebenden Tier erfolgen seine Kontrak- tionen, wie bei den anderen Tunicaten auch, in wechselnder Riehtung. Deutlicher sichtbar ist das Ganglion zwischen Ingestions- und Egestionsöffnung; es liegt der voluminösen Drüsenmasse, der „Hypo- physis“, dicht auf. Il. Salpen. A. Allgemeine Übersicht. Die pelagisch im Meere lebenden Salpen haben eine Körper- sestalt, die am besten mit einem diekwandigen Fasse verglichen wird, dessen Böden von weiten Öffnungen durehbrochen sind. Die vordere Öffnung ist die Ingestionsöffnung, die hintere, in deren Nähe die Ein- geweide zu einem Knäuel, dem Nucleus, vereinigt liegen, die Egestions- öffnung. Der Wasserstrom geht von vorn nach hinten, so dab die Tiere durch Rückstoß mit der Ingestionsöffnung voranschwimmen. Die Körperwand der Salpen besteht aus dem cellulosereichen Mantel und dem darunter liegenden Hautmuskelschlauch. Die Muskeln sind quergestreifte Ringmuskeln und umgeben den Körper reifenartig als geschlossene oder als nicht geschlossene Ringe. Der Körperhohlraum entspricht Kiemendarm + Peribranchialraum der Aseidien. Die Wandung des Kiemendarmes ist rückgebildet und zu einem schmalen Balken geworden, der von oben-vorn nach unten-hinten zieht. An diesem Kiemenbalken sitzen, in queren Leisten angeordnet, sehr starke Flimmerhaare. Von dem dorsalen Ende der Kiemen gehen zwei seitliche Flimmer- bögen aus, die das vordere Ende der Körperhöhle ringförmig umfassen. Das Nervensystem ist ein unpaarer Granglienknoten in der Mittellinie der Rückenfläche, von der Ingestionsöffnung etwa ein Drittel der Körperlänge entfernt. Von diesem Ganglion (Gehirn) strahlen Nerven nach allen Richtungen aus, innen am Mantel entlang ziehend. Mit dem Gehirn in Zusammenhang stehend und aus ihm hervor- gegangen ist der Ocellus, welcher besonderer liehtbrechender Teile entbehrt. Weiter nach vorn liegt eine tiefe, als Geruchsorgan gedeutete Grube, innen mit Flimmerhaaren ausgekleidet und mit dem Gehirn durch einen Nerven in Verbindung stehend. Auf der Ventralseite liest unter einer Furche, der Bauchfurche, der Endostyl, vorn mit den seitlichen Flimmerbögen in Zusammen- hang, hinten blind endigend. Der Darmkanal verläuft bei einigen gestreckt in der ventralen Mittellinie, bei den meisten ist er mit den übrigen Eingeweiden zu eineni Knäuel, dem Nucleus, zusammengeballt. Der Darmkanal beginnt mit einer trichterförmigen Öffnung, die in einen kurzen Ösophagus führt. Dann folgt der weite Magen und ein einfacher Enddarm. Das Herz ist ein kurzer, weiter Zylinder, am oberen Rande des Eingeweideknäuels gelegen und nach dem Endostyl zu ziehend. Es wird umgeben vom Herzbeutel. Weitere Gefäße fehlen oder es bildet sich ein netzförmig verzweigtes Lakunensystem aus. Der Kreislauf des Blutes wechselt, indem sich das Herz bald nach der einen, bald nach der anderen Riehtung hin zusammenzieht. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl, 15 296 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. Die Geschleehtsorgane finden sich nur bei einer besonderen Generation, den Kettensalpen, welche in vielen Individuen hinter- einander zu einer Kette vereinigt leben. Die andere (reneration, die aus Einzeltieren besteht, hat keine Geschlechtsorgane und erzeugt auf ungeschlechtlichem Wege am hinteren Ende einen Knospenzapfen (Stolo prolifer), aus dem nacheinander mehrere Ketten entstehen. Jede Person der Kette produziert nur ein Ei; in der Nähe des Darm- kanales bildet sich später der keulenförmige Hode. Das befruchtete ©i wächst zum geschlechtslosen Einzeltier heran. Entdeckt wurde dieser merkwürdige Generationswechsel vom Dichter A. von Chamisso (1819). B. Spezieller Kursus. 1. Salpa africana (FoRSk.). In Alkohol konservierte Exemplare der Einzelpersonen werden in kleinen Standgläsern zur Demonstration verteilt. Die vorzüglich kon- servierten Präparate, wie sie z. B. die Neapler Station liefert, gestatten einen guten Einblick in die gesamte Organisation. Am besten werden Chen Ingestionsöffnung -- --Flimmerschlinge ---- Muskulatur -- Flimmergrube ----- Ganglion Endostyl --- - -- - 4- Kiemenbalken ----- -- - Placenta --- Ringmuskeln Elaeoblast . Herz { Eingeweide- --\--- knäuel "= Egestionsöffnung Fig. 140. Salpa afrıcana, von der Seite gesehen. Orig. die Präparate gegen das Licht gehalten. Zunächst betrachte man das Präparat von einer Seite. Man orientiert sich über Ingestions- und Egestionsöffnung; erstere ist mit einer ventralen Klappe versehen. Die Ringmuskeln, neun an der Zahl, umfassen nur die dorsale Körper- hälfte. Im Innern sieht man deutlich den schräg durch den Körper 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. 297 ziehenden Kiemenbalken und auf der Bauchseite nicht minder deut- lich die Bauchfurche mit dem Endostyl. Der Eingeweideknäuel ist ein kompaktes, rundliches Gebilde am hinteren Körperende, von dem aus ein hornförmig gebogener Blindsack nach oben abgeht, der sog. Elaeoblast (wahrscheinlich ein Depot von Nahrungsstoffen). Naeclı innen davon liegt das zarte Herz. Oberhalb des Nucleus auf der Ventralseite liest ein rundliches, kompaktes Gebilde, auf einem dünnen Stiel sitzend; dieses ist die sog. „Placenta‘, der Rest eines ernährenden Organes, welches die Mutter (Kettensalpe) mit dem aus dem Ei entstehenden Embryo verbunden hat. Schwieriger läßt sich an diesen Präparaten das Ganglion mit dem kleinen Ocellus sowie die Flimmergrube sehen, die besser an mikro- skopischen Präparaten demonstriert werden. Die geschlechtliche Ketten- form dieser Salpe ist als Salda maxima beschrieben worden. 2. Salpa democratica-mucronata (FORSK.) Eine im Mittelmeer ungemein häufige Salpe ist die Salpa demo- Ingestions- ......„.— Öffnung Ingestions- öffnung Ringmuskel --(-.- Ringmuskel - Fli 2 Flimmerbogen.-------]-L- immerbogen Flimmergrube--- - -- --k---- Flimmergrube Ocellus ...../- N -X--- Ocellus Gehirn — FF N | Gehirn Ringmuskel -- /--, -- Endostyl Endostyl -/-- a " Ringmuskel " Kiemenbalken Kiemenbalken- Mantel Kette...\-. 2) ae Eingeweide-. Se eite Knäuel en Eingoweide- N - 5 knäuel Ringmuskel _..\ ... Muskel Egestionsöffnung -----\---J° Fortsetzung der ...... Leibeshöhle Körperfortsatz .-.. - Ringmuskel Egestionsöffnung KEREER "" Körperfortsatz ““ Fortsetzung der Leibeshöhle -- Körperfortsatz Fig. 141. Salpa democratica, von der Fläche und von der Seite gesehen. Orig. cratica, deren geschlechtliches Kettentier als Salpa mucronata bezeichnet worden ist. (Daher der Doppelname der Form.) 15* 2328 14. Kursus: Tunicata, Manteltiere. Die geschlechtslosen Einzeltiere werden entweder im Uhrschälchen zur Untersuchung unter der Lupe gegeben oder besser als gefärbte mikroskopische Präparate, die zunächst bei schwächster Vergrößerung betrachtet werden. An der äußeren Körperform fällt auf, daß das Hinterende in drei Zipfel ausgezogen erscheint, einen mittleren, in welchen der Eingeweide- knäuel hineinragt und zwei lange seitliche, in welche sich die Leibes- höhle schornsteinartig fortsetzt. Die Orientierung ist sehr leicht. Der vom Eingeweideknäuel schräg aufwärts steigende Strang ist der Kiemenbalken, von dessen oberem Ende die zwei Flimmerbögen abgehen, welche den Eingang zur Körperhöhle umfassen. Der Endostyl entspringt von dem ventral gelegenen Punkte, wo sich die beiden Flimmerbögen wieder vereinigen, Egestionsöffnung --; GERD Ingestionsöffnung -((4» ir, Sn ah = Stolo prolifer ee Rete Fig. 142. Kette von Salda democratica (Salpa mucronata). Vergrößert. Orig. ist vorn ziemlich breit und zieht in der ventralen Medianlinie etwa bis zur Mitte der Körperlänge. Zwischen der Gabel, welche die Flimmer- bögen bei ihrem Abgang von der Kieme bilden, liegt das Gehirn und dicht darüber der Ocellus mit seinem hufeisenförmigen Pigmentbecher, in dessen Innerem sich bei starker Vergrößerung die Sehzellen wahr-x nehmen lassen. Außerdem kommen im Ganglion pigmentlose, durch Lieht reizbare Zellen vor. Ein gutes Stück weiter nach vorn liegt die Klimmergrube und dieht neben dieser ein Tentakel. Die Ringmuskulatur zeigt bei starker Vergrößerung sehr schön die Querstreifung und regelmäßig angeordnete Zellkerne. #. Past alle größeren Individuen besitzen nun um den Nucleus herum eine eiwntümliche Spirale, die wir erkennen als zusammengesetzt aus einer Doppelreihe miteinander verbundener kleiner Salpen, die nach 14. Kursus: innen zu immer kleiner werden. vor uns und lernen dabei, dab gleich sehen werden, auf dem Wege der Knospung, also ungeschlechtlich, entsteht. Die Kette (Fig. 142) entsteht am Stolo prolifer, einer bei Embryonen bereits auf- tretenden, hakenförmigen Er- hebung dicht hinter dem Endostylende an der linken Seite, die in spiraliger Krüm- mung in den Üellulosemantel des Einzeltieres hineinwächst, eine Ausbuchtung vor sich hertreibend. An seinem Ende entstehen wulstförmige Ver- diekungen, aus denen die Tiere der Kette hervorgehen, derart, dab die entwickeltsten sich am freien Ende befinden und immer weiter geschoben werden (ähnlich der Glieder- bildung beim Bandwurm). Durch eine Öffnung des Man- tels wird dann ein Teil der Kette abgestoßen, worauf die Neubildung wieder beginnt. Tunicata, Manteltiere. 2929 E74 Wir haben hier eine „Salpenkette“ diese Kette in dem Einzeltier, wie wir Haftfortsatz Ingestionsöffnung ---- Ringmuskel --- Flimmerschlinge - -- Endostyl -k -- Flimmergrube — Gehirn Haftfortsatz - Kiemenbalken Ringmuskel az Eingeweideknäuel 229 Haftfortsatz --- -- - - - - -— Egestionsöffnung Fig. 143. Saldpa mucronata. Orig. Es werden mikroskopische Präparate von einzelnen Tieren der Kettenform gegeben (Fig. 143). Neben vielen Ähnlichkeiten mit den Einzeltieren weisen die Tiere der Kettenform doch auch Verschiedenheiten im Bau auf, von denen wir hier nur die Existenz dreier Ocellen über dem Gehirn und das Vor- handensein eines ziemlichen ansehnlichen Eies neben dem Nueleus er- wähnen wollen. Ferner sind auch die ektodermalen Haftfortsätze auf- zusuchen, mittels deren die Tiere zusammenhängen. 6 N Es RS ers I R. & iR Re « Systematischer Überblick für den fünfzehnten bis zwanzigsten Kursus. IX. Stamm. Vertebrata, Wirbeltiere. Im Gegensatz zu den Wirbellosen haben die Wirbeltiere ein inneres oder Achsenskelett, das nur bei den niedersten Formen ungegliedert (Chorda dorsalis), bei allen anderen gegliedert ist. Es sind bilateral-symmetrische Tiere mit innerer, vom Mesoderm ausgehender Metamerie, die äußerlich fehlt. Der Körper zerfällt in drei Abschnitte, Kopf, Rumpf, und Schwanz, zu denen bei den höheren noch ein vorderer Abschnitt des Rumpfes, der Hals, kommt. Das Nervensystem liegt dorsal über dem Achsenskelett und wird als „Rücken- mark“ (im Gegensatz zum „Bauchmark“ der Würmer und Arthropoden), sein vorderster Teil als „Gehirn“ bezeichnet. Das Darmrohr mit ventralem Mund und After liegt ventral vom Achsenskelett, also auf der Bauchseite. Der vordere Teil des Darmes gibt den Atmungsorganen den Ursprung (bei den im Wasser lebenden Vertebraten: Kiemen, bei den landlebenden: Lungen). An Gliedmaßen finden sich ein Paar vordere und ein Paar hintere. Bei den niedersten Formen fehlen sie noch, bei einzelnen höheren können sie wieder ver- loren gehen (z. B. Schlangen). Das Blutgefäßsystem ist im Gegensatz zu dem vieler Wirbellosen stets geschlossen. Das Herz liegt oral, ventral vom Darmkanal. Eine geräumige Leibes- höhle umgibt die Eingeweide. Bei allen höheren Formen sind ein Paar Nieren und ein Paar Keimdrüsen vorhanden, die neben dem oder im Enddarm ausmünden. Fortpflanzung nur geschlechtlich. Die Haut der Wirbeltiere besteht aus zwei Schichten, der ektodermalen Öberhaut (Epidermis) und der mesodermalen Lederhaut (Corium). Die Epi- dermis ist ein mehrschichtiges, nur bei Amphioxus einschichtiges Epithel, dessen oberste Schicht verhornen kann (Stratum corneum). Die untere, weiche Schicht, das Rete Malpighii, liefert durch fortgesetzte Teilung sämtliche Epidermiszellen. Die Lederhaut besteht aus bindegewebigen Strängen und kann verknöchern (Haut- skelett). Die innere Metamerie des Wirbeltierkörpers kommt dadurch zustande, daß von beiden Seiten des Urdarms sich seitliche Divertikel abschnüren, die Coelom- taschen. Ihr Hohlraum ist die Leibeshöhle (Coelom), ihre Wandung ist das Mesoderm. Diese mesodermalen, aufeinander folgenden, gleichwertigen Abschnitte heißen Somiten. Jeder Somit sondert sich wieder in einen dorsalen Teil, aus dem die Muskulatur hervorgeht, das Myotom, und einen ventralen Teil, an dessen Wandung die Geschlechtszellen entstehen. Nach innen von den Myotomen bilden sich die mesodermalen Sklerotome aus, in metamer angeordneten Paaren, welche sich vereinigen und ringförmig die Chorda dorsalis und das darüber liegende Rücken- mark umhüllen. In ihnen entstehen paarige Wirbelspangen, und zwar dorsale und ventrale Bogen, die Neurapophysen und die Hämapophysen. Ursprünglich sind in jedem Metamer zwei Paar Neurapophysen angelegt, von denen das hintere Paar klein bleibt und zu den Intercalaria wird. Dorsale und ventrale Bogen werden ver- einigt durch die Bildung der Wirbelkörper, welche die Chorda allmählich ver- drängen. Die Wirbelkörper sind entweder amphicoel, wenn ihre Vorder- und Hinterfläche ausgehöhlt ist, oder procoel, wenn nur die Vorderfläche zu einer Ge- lenkgrube ausgehöhlt ist, in welcher die hintere abgerundete Fläche des voraus- System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. 931 gehenden Wirbels eingelenkt ist, oder opisthocoel, wenn umgekehrt die Hinter- fläche zur Gelenkgrube wird. Auch können die Wirbel durch Sattelgelenke (Vögel) oder Ligamenta intervertebralia (Säugetiere) miteinander gelenkig verbunden sein. Die Neurapophysen umschließen, sich dorsal vereinigend, das Rückenmark; auf ihnen sitzen die oberen Dornfortsätze (Processus spinosi); die Hämapophysen sind dagegen weiter auseinander gespreizt, können sich aber im hinteren Körper- abschnitt zur Bildung eines Caudalkanals vereinigen, dem untere Dornfortsätze auf- sitzen. In der Rumpfregion kommt es zur Bildung von Rippen, entweder durch Abgliederung von den Hämapophysen (Hämalrippen der Teleostier, Ganoiden) oder durch Verknöcherung transversaler Bindegewebssepten (Lateralrippen der Selachier, Amphibien und Amnioten). Die Wirbelsäule ist ursprünglich knorpelig und verknöchert bei den höheren Formen. Die Bildung der Somiten findet auch in dem Teile des Körpers statt, welcher später zum Kopfe wird. Auch diese Kopfsomiten zerfallen in einen dorsalen und einen ventralen Teil. Aus der inneren Platte der ersteren entsteht u. a. der Schädel, während der ventrale Teil größtenteils zur Bildung der Schlundbogen verwendet wird. Auch der Schädel durchläuft wie die Wirbelsäule drei Stadien, ein häutiges, dann knorpeliges (Primordialeranium), zuletzt knöchernes (Cranium). Das Primordial- eranium ist eine Knorpelkapsel, die zu den drei höheren Sinnesorganen, Geruchs- organ, Auge und Gehörorgan, in Beziehung tritt. Der knöcherne Schädel bildet sich dadurch aus, daß in dem Knorpel des Primordialschädels Knochenteile ent- stehen: dieprimären Schädelknochen, und daß zweitens sekundäre Schädel- knochen oder Deekknochen hinzutreten, welche in der Haut entstehen und erst sekundär zu den primären Schädelknochen in Beziehung treten. Primäre Knochen der Schädelkapsel sind: 1. die Hinterhauptbeine (Oceipitalia), und zwar ein unpaares oberes (Supraocceipitale), welches sich später vielfach mit einem Deckknochen, dem Interparietale zur sog. Hinterhauptschuppe verbindet, zwei paarige seitliche (Ex- oceipitalia) und ein unteres (Basioceipitale); 2. die Keilbeine (Sphenoidea), an der Schädelbasis ein Basispenoid, ein davor liegendes Praesphenoid und zu deren Seiten die paarigen Alisphenoide und Orbitosphenoide; 3. die fünf Ohrknochen (Otica); 4. die Siebbeine (Ethmoidea). Sekundäre Knochen der Schädelkapsel sind: 1. die Schädeldachknochen: ein Paar Scheitelbeine (Parietalia), ein Paar Stirnbeine (Frontalia) und ein Paar Nasenbeine (Nasalia); 2. die Schläfenbeinknochen, und zwar Schuppenbein, Augenring- knochen und Tränenbein; 3. das Parasphenoid, an der Schädelbasis der Fische, Amphibien und Sauropsiden. Zu dem aus dem dorsalen Teile der Kopfsomiten gebildeten Schädel tritt ferner das aus deren ventralem Teile gebildete Visceralskelett der Schlund- bogen, ursprünglich mindestens neun an der Zahl, welche den vordersten Teil des Darmes umfassen. Lassen wir die beiden vordersten unbedeutenden Paare der Lippen- bogen beiseite, so ist das erste Paar der Kieferbogen. Dieser besteht jederseits aus einem oberen Stück, dem Palatoquadratum, und einem unteren, diesem eingelenkten, dem Mandibulare. Das zweite Paar ist der Zungenbeinbogen. Er zerfällt jederseits in zwei Stücke, das Hyomandibulare dorsal und das Hyoid ventral, und beide Bogenhälften werden durch ein unpaares Verbindungsstück, Basi- hyale, miteinander verbunden. Die übrigen Visceralbogen tragen die Kiemen; meist gehen die beiden letzten zugrunde, so daß nur fünf RE Dice bleiben. Mit der Verknöcherung des Visceralskeletts treten jederseits folgende Deck- knochen auf. Vor dem Kieferbogen die zahntragenden Zwischenkiefer (Prä- maxillare) und Oberkiefer (Maxillare). Auf dem Kieferbogen, und zwar auf dem vorderen Teile des Palatoquadratums, der Palatinspange: Vomer, Pala- tinum und Pterygoid, zu denen noch das Jugale, das Squamosum und das Tympanicum kommen. Der hintere Teil des Palatoquadratums verknöchert als Quadratum. Das Mandibulare lenkt sich, im oberen Teile als Articulare ver- knöchernd, ein, und es treten noch eine Anzahl von Deckknochen zur Bildung des Unterkiefers hinzu. Die paarigen Extremitäten sind mit dem Körper durch besondere Bogen verbunden. Die Vorderextremitäten (Brustflossen der Fische, Vorderbeine der Amphibien, Reptilien und Säugetiere, Flügel der Vögel) sind in den Schultergürtel 939 System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. eingelenkt. Der dorsal von der Einlenkungsstelle gelegene Teil des Schultergürtels ist das Schulterblatt (Scapula), der ventrale Teil spaltet sich in einen vor- deren und einen hinteren Ast: Praecoracoid (mit einem späteren Deckknochen, Clavieula) und Coracoid. Die Coracoide beider Seiten treten an das unpaare ventrale Brustbein, Sternum, heran, ein Derivat der Rippen, während die Clavieula mit einem kranial vom Sternum liegenden Deekknochen, dem Episternum, in Ver- bindung tritt. Die Hinterextremitäten (Bauchflossen der Fische, Hinterbeine der Amphibien, Reptilien und Säugetiere, Beine der Vögel) sind durch den Becken- gürtel mit dem Körper verbunden. Bei den landlebenden Wirbeltieren tritt der Beckengürtel mit einem oder mehreren Wirbeln, Saeralwirbeln, in Verbindung. Wie der Schultergürtel, so differenziert sich auch der Bogen des Beckengürtels in drei Stücke, das dorsale Darmbein (Ileum) und die ventralen: Schambein (Os pubis) und Sitzbein (Os ischii). Es entspricht also die Scapula dem Ileum, das Praecoracoid dem Os pubis und das Coracoid dem Os ischii. Die Extremitäten bestehen bei den Fischen aus vielen strahlenförmig aus- laufenden Reihen einzelner Skeletteile; bei allen anderen Wirbeltieren ist nur ein Hauptstrahl vorhanden, der an dem Ende mit wenigen Nebenstrahlen: versehen ist. Die Vorderextremität ist zusammengesetzt aus Oberarm (Humerus), den beiden Unterarmknochen, Radius und Ulna, hierauf einer Anzahl kleiner Knochen, der Handwurzel (Carpus) und den darauf aufsitzenden fünf Fingerstrahlen, die aus dem Metacarpus und den Phalangen bestehen. Dementsprechend sehen wir an der Hinterextremität Oberschenkel (Femur), die beiden Unterschenkelknochen, Tibia und Fibula, die Fußwurzelknochen (Tarsus) und die mit den Metatarsalia beginnenden Zehenstrahlen. Außer diesen paarigen Extremitäten existiert bei den niedersten Formen ein den Körper in der Sagittalebene umgebender Hautsaum, der meist in drei Stücke zerfällt: Rückenflosse, Schwanztlosse und Afterflosse, die als unpaare Extremitäten bezeichnet werden. Die Muskulatur entsteht größtenteils aus den Myotomen, jenen dorsalen Abschnitten der Somiten, und erfährt durch Verlagerungen und Differenzierungen, besonders indem sie zu den Gliedmaßen in Beziehung tritt, tiefgreifende Umbildungen. Im Gegensatz zu dem am Integument inserierenden Hautmuskelschlauch der Wirbel- losen setzt sich die Wirbeltiermuskulatur an das innere Skelett an. Das Zentralnervensystem liegt dorsal vom Achsenskelett, bei allen eine gegliederte Wirbelsäule besitzenden Formen eingeschlossen in dem von den oberen Wirbelknochen gebildeten Neuralkanal. Es enthält im Innern einen Kanal, den Zentralkanal, der dadurch entstanden ist, daß das Nervensystem sich aus dem dorsalen Ektoderm als eine längsverlaufende Rinne (Medullarrinne) bildet, die sich zum Rohre schließt. Die Höhlung der Rinne wird zum Zentralkanal. Um den Zentralkanal lagert sich die ganglienzellenreiche graue Substanz in Form eines liegenden Kreuzes (im Querschnitt); dazwischen liegt die aus Nervenfasern be- stehende weiße Substanz. Aus dem Rückenmark treten zu jedem Muskelsegment ein Paar Nerven (Spinalnerven) mit dorsaler (sensibler) und ventraler (motorischer) Wurzel. Jede dorsale Wurzel kommt von einem Spinalganglion her. Der vordere Abschnitt des Zentralnervensystems, das Gehirn, ist, wie die Entwicklung zeigt, aus erst drei, dann fünf Hirnblasen entstanden, Ausbuchtungen des vorderen Ab- schnittes des Medullarrohres. Diese fünf Hirnblasen liefern 1. das Vorderhirn (Großhirnhemisphären), 2. das Zwischenhirn (Sehhügelregion), 3. das Mittel- hirn (Vierhügelregion), 4. das Hinterhirn (Kleinhirn), 5. das Nachhirn (ver- längertes Mark). Der Zentralkanal des Rückenmarkes setzt sich im Gehirn fort in die Ventrikel, von denen zwei paarige in den beiden Großhirnhemisphären, der dritte zwischen den Sehhügeln und der vierte, die „Rautengrube“, im Hinterhirn und Nachhirn liegen. Das Lumen des dritten Hirnbläschens ist zu einem engen Ver- bindungskanal, dem Aquaeductus Sylvii, geworden. An den Großhirnhemi- sphären sondert sich je ein vorderer Teil als Riechlappen (Lobus olfactorius) ab, in den die eigentlichen Riechnerven (Fila olfactoria) vom Geruchsorgan eintreten. Am Zwischenhirn findet sich dorsal die Epiphyse, in deren Nähe sich bei manchen Wirbeltieren das unpaare dorsale Parietalorgan, von augenähnlicher Struktur, entwickelt. Ventral liegt die gleichfalls unpaare Hypophyse. Ferner gehen vom /Awischenhirn auf der ventralen Seite die sich kreuzenden, wie die Riechnerven als Hirnteile aufzufassenden Augennerven (N. optici) ab. Die vom Gehirn entspringenden zwölf Kopfnerven sind, von vorn gerechnet, folgende: 1. N. olfactorius, 2. opticeus, 3. oculomotorius, 4. trochlearis, 5. trigeminus, 6. abducens, 7. facialis, 8. acusticus, 9. glossopharyngeus, 10. vagus, 11. accessorius, 12. hypoglossus. Die drei bindegewebigen Hüllen, welche Gehirn wie Rückenmark umgeben, sind bei den höchst entwickelten Formen System. Überblick: Vertebrata. Wirbeltiere. 233 von außen nach innen differenziert in: Dura mater, Arachnoidea und Pia mater. Ventral von der Wirbelsäule liegen zwei mit Gehirn und Rückenmark in Verbindung stehende Nervenstränge, die mit ihren Ästen und Ganglien als sym- pathisches Nervensystem bezeichnet werden, welches die Eingeweide innerviert. Die Sinnesorgane der Wirbeltiere sind niedere und höhere. Zu den niederen gehören die Organe des Hautsinnes, welche Druck-, Tast- und Tem- peraturreize übermitteln, sowie die Organe eines chemischen Sinnes. Solche zur chemischen Prüfung der Zusammensetzung des umgebenden Mediums dienenden Sinnesorgane finden sich in der Haut als Sinnesknospen, zweitens als die ähn- lich gebauten, auf die Schleimhaut der Mundhöhle, insbesondere der Zunge be- schränkten Geschmacksorgane, und drittens als Geruchsorgane. Ob das Geruchsorgan durch Zusammentreten von Nervenendknospen entsteht, ist noch nicht ausgemacht. Mit Ausnahme der niedersten haben alle Wirbeltiere eine paarige Nase, die bei den landlebenden in den Dienst der Atmung tritt, indem sich jeder- seits eine Verbindung mit der Mundhöhle bildet: der Nasenrachengang. Höhere Sinnesorgane sind die des Gehörs und Gesichts. Die Augen der Wirbeltiere entstehen als seitliche Ausstülpungen des späteren Zwischenhirns, deren Vorder- wand sich wiederum becherförmig einstülpt. Die Innenwand des Bechers ist die Netzhaut, Retina, die Außenwand das pigmentreiche Tapetum nigrum. In der Höhlung des Bechers liegt der dioptrische Apparat: die aus dem Körperepithel abgeschnürte Linse und dahinter der Glaskörper, der bei den höheren Wirbel- tieren aus einwanderndem, mesodermalem Bindegewebe entsteht, ursprünglich aber als eine Ausscheidung der Retinazellen sich ausbildet. Zwei weitere Schichten umhüllen das Auge, die Aderhaut (Chorioidea), außen zur Iris werdend, und als äußerer Schutz die derbe Scelera, außen zur durchsichtigen Hornhaut (Cornea) umgebildet. Das Gehörorgan der Wirbeltiere, das von der ursprünglichen Anlage, die ein statisches Organ darstellt, abgesondert wird, bildet sich als Einstülpung der Haut, die zu einem geschlossenen Bläschen wird. Aus diesem Bläschen entsteht zuerst bei den Fischen das häutige Labyrinth, indem es sich in zwei Abschnitte einschnürt: Utrieulus und Saceulus, ersterer mit drei halbkreisförmigen Kanälen, in den drei Richtungen des Raumes stehend, letzterer bei den höheren Formen mit einem spiraligen, sich einrollenden Blindsack, der Schnecke. Die umgebenden Kopfknochen bilden das knöcherne Labyrinth. Bei den höheren Wirbeltieren, von den Amphibien an, kommen schalleitende Apparate hinzu: das mit dem Rachen in Verbindung stehende Mittelohr, das umgewandelte Rudiment der ersten Kiemenspalte (Spritzloch der Haie), nach außen durch das Trommelfell geschlossen. Das Trommeltell überträgt die Schwingungen der Luft auf einen Knochen (Columella), der aus dem oberen Teil des zweiten Visceralbogens, dem Hyomandi- bulare, entsteht und durch eine Öffnung des knöchernen Labyrinths an das häutige Labyrinth reicht. Bei den Säugetieren schieben sich noch zwei weitere Skeletteile, Amboß und Hammer, als Gehörknöchelehen ein, ersterer aus dem Quadratum, letzterer aus dem Articulare gebildet. Wir kommen nunmehr zu den Eingeweiden, die ventral von der Wirbelsäule in der Leibeshöhle am Gekröse (Mesenterium) befestigt sind. Der Darmtractus beginnt mit der ektodermalen Mundhöhle, auf diese folgt die bereits entodermale Rachenhöhle (Pharynx), dann der engere Ösophagus, der zum Magen führt, hierauf das Darmrohr, welches im ventral liegenden After ausmündet. Drüsige Organe am Darme sind die Leber, meist mit Gallenblase, kurz hinter dem Magen in den Darm mündend, und das nicht immer vorhandene Pankreas. Außerdem finden sich in die Mundhöhle mündende Speicheldrüsen, sowie gelegentlich Drüsen am Enddarm. In der Mundhöhle finden sich die Zähne. Die Zähne sind Integumentgebilde. Von den Zellen einer Cutispapille aus erfolgt die Bildung der festen Zahnsubstanz, des Dentins, während die darüber gelagerte Epidermis den Schmelz absondert. Der blutgefäß- und nervenreiche Rest der Cutispapille im Zahn dient zu dessen Er- nährung und heißt Pulpa. Ursprünglich über die ganze Körperoberfläche ver- breitet (Selachier), lokalisieren sich später die Zähne in der Mundhöhle und bilden sich an einer eingesenkten Epithelleiste, der Zahnleiste, nacheinander aus. Da- durch entstehen als Dentitionen bezeichnete, zeitlich nacheinander auftretende Zahnserien. Mit der höheren Ausbildung der einzelnen Zähne nimmt die Zahl der im Laufe des individuellen Lebens aufeinander folgenden Dentitionen ab. Die Atmungsorgane sind bei den im Wasser lebenden Wirbeltieren Kiemen, bei den auf dem Lande lebenden Lungen. Beide stehen mit dem Darm in Beziehung. Der vordere Teil des Darmes (Pharynx) wird zum Kiemendarm, indem ihn Spalten durchbrechen, die in kurzen Kanälen nach außen führen. Zwischen je zwei Kiemen- spalten liegen die stützenden Kiemenbogen, die Kiemen selbst sind blutgefäßreiche Blättchen in der Wand der Kiemenspalten. Bei einigen Formen treten auch aus 234 System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. Hautausstülpungen entstandene äußere Kiemen auf. Die Lungen entstehen aus einer sackartigen Ausstülpung am unteren Ende des Pharynx, die sich meist in zwei Säcke, die Lungensäcke, teilt, deren beide Äste Bronchien heißen, während das unpaare, in den Pharynx mündende Rohr, das bei den höheren Formen noch den Kehlkopf trägt, (Larynx) die Luftröhre (Trachea) ist. Bei den Fischen ent- spricht der Lunge morphologisch die Schwimmblase, die als hydrostatischer Apparat fungiert. Das Blutgefäßsystem ist vollkommen geschlossen. Vom ventralen Herzen aus geht bei den niedersten Wirbeltieren das venöse (d. h. sauerstoffarme) Blut in die nach vorn führende Kiemenarterie, die sich in eine Anzahl (ursprünglich sechs) nach rechts und links zu den Kiemen führender Äste (zuführende Arterien- bogen) abspaltet. In den Kiemen lösen sich die Bogen in Kapillaren auf, das Blut wird durch Abgabe von Kohlensäure und Aufnahme frischen Sauerstoffs gereinigt und sammelt sich in den abführenden Kiemenvenen an, die sich von den beiden Seiten her zur Aorta descendens vereinigen. Von dem vordersten abführenden Arterienbogen gehen die den Kopf versergenden Carotiden ab. Die Aorta führt das nunmehr arterielle (d. h. sauerstoffreiche) Blut nach hinten und verteilt es an die verschiedenen Organe, von wo es durch die wieder zum Herzen führenden Venen aufgenommen wird. Das Auftreten der Lungenatmung hat große Veränderungen des Blutkreislaufes im Gefolge. Durch Schwund der Kiemen fällt auch der Kiemen- kreislauf weg, indem direkte Verbindungen zwischen den ursprünglich zuführenden und ableitenden Gefäßbogen in Funktion treten. Auch die Zahl der Bogen ver- mindert sich. Der erste wird zur Carotis, der zweite zum Aortenbogen, der dritte obliteriert, und der vierte und letzte wird zur Lungenarterie. Entweder bleiben beide Aortenbogen erhalten (Amphibien, Reptilien) oder nur der rechte (Vögel) oder linke (Säuger). Der letzte Arterienbogen geht als Lungenarterie zur Lunge, von der die Lungenvene wieder das gereinigte Blut zurückführt. Gleichzeitig kommt es zu einer Scheidung des ursprünglich aus einer Vorkammer und einer Kammer bestehenden Herzens, indem erst die Vorkammer, dann auch die Herzkammer durch Septen in eine rechte und eine linke Hälfte geteilt werden. Die rechte Hälfte bleibt venös, indem in die rechte Vorkammer die Körpervenen eintreten, während die rechte Herz- kammer das venöse Blut durch die Lungenarterie der Lunge zuführt. Die linke Hälfte des Herzens ist arteriell, denn in die linke Vorkammer treten die mit arteriellem Blut gefüllten Lungenvenen; aus der linken Herzkammer geht die große Aorta hervor. Die Trennung des Herzens in. eine rechte venöse und linke arterielle Hälite erfolgt bei den Wirbeltierklassen graduell. Die Lymphgefäße sammeln die Gewebsflüssigkeit aus dem Körper, leiten sie den Venen zu und führen andererseits die vom Darme gelösten Stoffe (Chvlus) in den Blutstrom über. Auch ergänzen sie den Vorrat an Leukocyten in der Blutbahn. Die Exkretionsorgane sind die Nieren. Entwicklung.geschichtlich sind drei Generationen von Nieren zu unterscheiden: 1. Vorniere, 2. Urniere, 3. bleibende Niere. Die Vorniere bildet segmentale, mit Flimmertrichtern beginnende Kanälchen, die in den Vornierengang einmünden. Sie schwinden in der Entwicklung bald und machen der zweiten Nierengeneration, der Urniere, Platz; nur der Vornieren- gang bleibt als Urnierengang bestehen. Er teilt sich (mit Ausnahme bei den Knochen- fischen) in zwei Gänge: den Wolffschen Gang und den Mürterschen Gang. Beim männlichen Geschlecht tritt der vordere Teil der Urniere in Beziehung zum Hoden, indem von ihr auch die Geschlechtsprodukte ausgeführt werden, so daß also der Worrrsche Gang als Harnsamenleiter fungiert. Dieser Zustand erhält sich bis zu den Amphibien. Der Mürzersche Gang ist beim männlichen Geschlecht rudimentär. Beim weiblichen Geschlecht dagegen tritt die Urniere in keine Beziehung zur Geschlechtsdrüse. Der Worrrche Gang fungiert ausschließlich als Harnleiter, der Mürversche Gang dagegen wird zum Eileiter. Die dritte Generation, die bleibende Niere, entwickelt sich bei den höheren Wirbeltieren (Reptilien, Vögel, Säugetiere und Andeutungen schon bei Selachiern [S. 259]) aus dem hinteren Abschnitt der Urniere und erhält einen aus dem hintersten Abschnitte des Urnierenganges hervorgehenden Ausführgang, den Harnleiter, Ureter während der Worrrsche Gang beim Männchen ausschließlich zum Samenleiter (Vas deferens), beim Weibchen rudimentär wird. Der vordere Teil der Urniere ver- wandelt sich in den sog. Nebenhoden, beim weiblichen Geschlecht in das Epo- varium, ein rudimentäres Organ am Bierstock. Der Worrrsche Gang wird also beim Weibehen, der Mürrzersche Gang beim Männchen rudimentär. Die beiden Eierstöcke liegen in der Leibeshöhle, die reifen Eier fallen in diese hinein und werden entweder durch einen Porus abdominalis direkt oder von den System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. 235 trichterförmigen, bewimperten Öffnungen in die MüLterschen Gänge und durch diese nach außen geführt. Die beiden Hoden liegen ebenfalls in der Leibeshöhle, ihre Produkte gelangen durch die Worrrschen Gänge nach außen. Die meisten Wirbel- tiere bis herauf zu den niedersten Säugetieren sind eierlegend, andere gebären lebendige Junge, indem das Ei in den Leitungsorganen verbleibt und hier den Embryo entwickelt, oder es wird der Embryo von der Mutter ernährt durch eine abgesonderte Flüssigkeit, oder indem eine osmotische Blutverbindung (Placenta) zwischen Mutter und Embryo durch Eihülle und Eileiterwand gebildet wird. Die Wirbeltiere werden eingeteilt in 1. Acrania. 1. Leptocardii. 2. Craniota. A. Anamnia. 2. Cyelostoma. 3. Pisces. 4. Amphibia. B. Amniota. 5. Reptilia. 6. Aves. 7. Mammalia. I. Klasse: Leptocardii. Schädel und Wirbelsäule fehlen, ebenso die paarigen Extremitäten. Die Chorda dorsalis ist dauernd vorhanden. Der vordere Teil des Darmes ist Atmungs- organ: Kiemendarm; an seiner ventralen Mittellinie liegt die Hypobranchial- rinne. Die zahlreichen Kiemenspalten öffnen sich nicht direkt nach außen, sondern in einen geräumigen, durch ektodermale Einstülpung von der ventralen Seite her entstandenen Raum, den Peribranchialraum, der die vom Urdarm stammende Leibeshöhle zum größten Teile verdrängt hat. In diesen Peribranchialraum münden von der Leibeshöhle her die Nephridien. Die Leber ist als ein rechts liegender seit- licher Blindsack des Darmes ausgebildet. Die Geschlechtsprodukte entstehen in der Leibeshöhle in metamerer Anordnung. Infolge teilweiser Rückbildung sind folgende Veränderungen eingetreten: Asymmetrie durch Verschiebung der rechten und linken Somitenhälften, Verlagerung des Afters, einseitige Ausbildung der Leber, Rückbildung der Sinnesorgane, Mangel eines Zentralherzens u. a. Amphioxus. II. Klasse: Cyclostoma. Eine Wirbelsäule fehlt, ebenso die paarigen Extremitäten. Die Chorda dorsalis ist dauernd vorhanden, es können zu ihr kleine, dorsale Knorpelspangen (Neuralbogen) hinzutreten. Der knorpelige Schädel ist ganz abweichend von dem der anderen Wirbeltiere gebaut. Kiefer fehlen, und die Mundöffnung ist zum An- saugen kreisförmig eingerichtet. Die Nase ist unpaar und endigt entweder blind oder ist durch einen Gang mit dem Rachenraum verbunden. Die Kiemengänge sind zu eigentümlichen Taschen umgewandelt und meist 6—8 (bei einigen Arten be- deutend mehr) an der Zahl. Entweder öffnet sich jede Kiementasche in den Kiemen- darm und nach außen, oder es münden die inneren oder die äußeren Öffnungen in einen Sammelgang. Ein Gehirn mit fünf Hirnblasen ist vorhanden; von den Sinnes- organen sind die Gehörorgane noch sehr niedrig organisiert und bestehen aus einem Hörbläschen mit einem oder zwei halbkreisföürmigen Kanälen. 1. Ordnung: Myxinoides (Hyperotreta). Nase mit einem den Gaumen durchbohrenden Gang. Entweder mit getrennten Kiemengängen (Bdellostoma), oder die ableitenden Kanäle in je einen gemeinsamen Gang mündend. Urniere mit getrennten segmentalen Urnierenkanälchen. Myxine 236 System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. 2. Ordnung: Petromyzontes (Hyperoartia). Ohne innere Nasenöffnung. Chorda dorsalis mit Knorpelbogen. Gehirn und Sinnesorgane höher entwickelt. Die sieben Paar Kiemenbeutel münden außen ge- trennt („Neunaugen‘‘), ihre zuleitenden Kanäle sind aber innen durch je einen Kanal verbunden, der sich ventral in den Darm öffnet. Larvenform: Armocoetes, die noch keinen Saugmund und noch unter der Haut verborgene Augen hat; aus ihr entwickelt sich im vierten Jahre das geschlechtsreife Tier: Petromyzon III. Klasse: Pisces, Fische. Besitzen Wirbelsäule und Schädel mit Visceralskelett, ebenso paarige Glied- maßen (Brust- und Bauchflossen.. Atmung durch Kiemen, die entweder als bedeekte durch breite Hautbrücken voneinander getrennt sind oder als Kamm- kiemen ins Wasser ragen, durch eine verknöcherte Hautfalte, den Kiemendeckel geschützt. Als hydrostatischer Apparat dient die Schwimmblase, die bei einigen in den Dienst der Atmung tritt. Das venöse Herz besteht stets aus Kammer und Vorkammer. Durch Verknöcherungen der Haut entstehen die Schuppen, und zwar Placoidschuppen: Knochenplatten mit aufgesetzten, aus Dentin gebildeten Zähnchen; Ganoidschuppen: rhombisch oder rund, mit einer dieken, perlmutter- glänzenden Schicht (Ganoin) überzogen; Cyeloidschuppen: kreisförmig, mit konzentrischen und radiären Streifen, wie die Ctenoidscehuppen auch, deren Hinterende aber zackig abgestutzt ist. Die Nase ist paarig, die beiden Gruben enden blind, ohne in Beziehung zur Mundhöhle zu treten. Augen mit fast kugeliger Linse und eigentümlichem Einstellapparat am Glaskörper, der mit einem Muskel ver- sehenen Campanula Halleri am Processus faleiformis. Gehörorgan in Utrieulus und Sacculus getrennt; ersterer mit drei Bogengängen, letzterer mit einer Aussackung: der Lagena. Besondere Hautsinnesorgane sind die Seitenorgane zur Wahrnehmung von Wasserströmungen. 1. Ordnung: Selachii. Inneres Skelett nicht verknöchert; knorpeliges Primordialeranium ohne Deck- knochen. Lateralrippen. Haut mit Placoidschuppen besetzt. Meist fünf Paar ge- trennte Kiemengänge, deren ‚Schleimhautfalten die Kiemenblättehen bilden. Vor den Öffnungen derselben liegt bei vielen das Spritzloch, die rudimentäre erste Kiemen- spalte, zwischen Kiefer- und Zungenbogen. Der Mund ist eine quere Spalte auf der Ventralseite, von einem Vorsprung des knorpeligen Schädels überdacht. Herzkammer mit einem vorderen muskulösen Herzabschnitt, dem klappentragenden Conus ar- teriosus; dagegen fehlt das angeschwollene untere Ende der vom Herzen ausgehenden Arterie, der Bulbus arteriosus. Eine Schwimmblase fehlt. Der Darm hat eine Spiral- klappe zur Vergrößerung seiner Oberfläche. Die männlichen Geschlechtsprodukte werden durch das Nierensystem nach außen geführt. Als Begattungsorgane fungieren Teile der Bauchflossen. Befruchtung und oft auch Entwicklung der Eier innerlich. 1. Unterordnung: Squalidea, Haie. Langgestreckter Körper mit seitlichen Kiemenspalten. Kiefer mit zahlreichen Reihen von meist spitzen Zähnen. Scyllum, Spinax. 2. Unterordnung: Rajidea, Rochen. Körper dorso-ventral abgeplattet. Kiemen und Nasenlöcher auf der ventralen Seite des Körpers. Zähne meist breite Mahlzähne. Aaja, Torpedo. 3. Unterordnung: Holocephala. Oberkiefer-Gaumenapparat mit dem Schädel unbeweglich verwachsen. Kiemen- spalten unter seitlichem Deckel. Die Kiemen sind Kammkiemen. Chimaera. 2. Ordnung: Ganoides. Inneres Skelett knorpelig oder verknöchert. Primordialschädel mit Deck- knovhen, Haut mit Ganoidschuppen oder mit Knochenplatten besetzt. Kammkiemen unter einem Kiemendeckel. Schwimmblase vorhanden. Herz mit Conus arteriosus. Darm mit Spiralklappe und Appendices pyloricae. System, Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. 237 1. Unterordnung: Chondrostei, Knorpelganoiden. Haifischähnlich durch heterocerke Schwanzflosse und ventrale Lage des Mundes unter vorragendem Rostrum. Im Knorpelschädel fehlen die Deckknochen der Oberkieferreihe. a) Acipenseridae, Störe. Mit starker Hautpanzerung. Acıpenser. b) Spatulariidae, Löffelstöre. Mit nackter Haut und bezahntem Überkiefer; langes Rostrum. Spatularia. 2. Unterordnung: Euganoides. Öber- und Unterkiefer vorhanden. Rostrum fehlt. Ganoidschuppen. a) Crossopterygii. Meist rhombische Ganoidschuppen. Kiemendeckel ohne Kiemenhautstrahlen. Brustflosse aus Hauptstrahl und fiederig ansitzenden Nebenstrahlen gebildet (Archipterygium). Zolvterus. b) Lepidostei. Kiemendeckel mit Kiemenstrahlen. Zepidosteus. c) Amiacei. Echte Cycloidschuppen. Schädel wie bei den Teleostiern. Statt des rudimentär werdenden Conus arteriosus tritt der Bulbus arteriosus auf. Amia. 3. Ordnung: Teleostei, Knochenfische. Stark verknöchertes Skelett. Primordialschädel fast ganz durch Deekknochen verdrängt. Amphicöle Wirbel. Hämalrippen. Haut mit dünnen Schuppen, seltener Knochentafeln besetzt. Echte Kammkiemen unter einem Kiemendeckel. Statt des Conus arteriosus tritt der Bulbus arteriosus auf. Darm ohne Spiralklappe, dafür häufig Appendices pyloricae. Schwimmblase ursprünglich stets vorhanden. 4 1. Unterordnung: Physostomi. Schwimmblase mit Luftgang. Weiche Flossenstrahlen. Bauchflossen ab- dominal. Edelfische. Zeuciscus. 2. Unterordnung: Physoelisti. Schwimmblase ohne Luftgang. a) Acanthopteri. Brustständige Bauchflossen. Flossenstrahlen zum Teil stachelig. Zerca. b) Anacanthini. Bauchflossen an der Kehle. Flossenstrahlen weich. Gadws. c) Pharyngognathi. Die letzten rudimentären Kiemenbogen zu einem unpaaren Stück verwachsen Zadrus. 3. Unterordnung: Pleetognathi. Schwimmblase ohne Luftgang. _ Oberkiefer mit dem Schädel verwachsen. Ostracion. 4. Unterordnung: Lophobranchii. Schwimmblase ohne Luftgang. Kieferapparat röhrenförmig. Knochenpanzer, büschelförmige Kiemen. ZHippocampus. 4. Ordnung: Dipneusta. Zeitweilig lungenatmend, von fischartiger Gestalt. Brustflossen ein- oder zweireihig gefiedert. Herz mit einer Kammer und zwei Vorkammern. Nasengruben durch Nasengänge mit der Mundhöhle verbunden. Schwimmblasen lungenartig umgebildet. 1. Unterordnung: Monopneumones. Mit einem Lungensack. Ceratodus. 2. Unterordnung: Dipneumones. Mit zwei Lungensäcken. Zepidosiren, Protopterus. IV. Klasse: Amphibia, Lurche. Kopf vom Rumpfe deutlich abgesetzt. Statt der paarigen Flossen treten fünfstrahlige Extremitäten auf, die bisweilen rückgebildet sein können. Im Schädel 238 System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. fehlen stets Basioceipitale und Supraoeeipitale, die Gelenkverbindung mit der Wirbel- säule erfolgt durch die zwei Condyli oceipitales der Exoceipitalia. Das Qua- dratum verschmilzt meist mit der Gehörkapsel und trägt den Unterkiefer. Dadurch verliert das Hyomandibulare seine ursprüngliche Aufgabe und soll zu dem Gehör- knöchelchen, Columella, werden. Das Gehörorgan erhält einen schalleitenden Apparat, indem die zwischen Kiefer- und Zungenbogen gelegene ursprüngliche Kiemen- öffnung (das Spritzloch der Selachier) sich zum Gehörgang ausbildet, dessen inneres Ende, die Tuba Eustachiü, in den Rachen mündet, während das äußere durch eine Membran, das Trommelfell, verschlossen wird. Die Nasengruben sind durch Nasen- gänge (Choanen) mit der Mundhöhle verbunden. Atmung durch Kiemen oder Lungen, erstere entweder nur bei den Jugendstadien und dann durch Lungen ersetzt, oder " beide dauernd nebeneinander. Die Atmung erfolgt durch Schlucken der Luft. Herz mit einer Herzkammer und zwei Vorkammern, die rechte venöses Blut aufnehmend, die linke, bei Lungenatmung, arterielles. Das Exkretionsorgan steht auf dem Stadium der Urniere; der vordere Abschnitt hat sich beim Männchen mit dem Hoden ver- bunden. Der Urnierengang spaltet sich jederseits in zwei Kanäle: der laterale MÜLLER- sche Gang wird zum EBileiter, der mediane Worrrsche Gang zum Harnleiter, beim Männchen zum Harnsamenleiter, während bei diesem der Mürtersche Gang rudi- mentär wird. Vor dem Darm liegt eine Harnblase, entstanden als ventrale Aussackung der Kloakenwand. Mehr oder minder ausgeprägte Metamorphose. 1. Ordnung: Urodela, Schwanzlurche. Mit nackter Haut, langgestrecktem Körper, wohl entwickeltem Schwanze und kurzen Gliedmaßen. Trommelfell und Mittelohr fehlen. Die Larven besitzen drei äußere Kiemen jederseits. 1. Unterordnung: Perennibranchia. Dauernd mit drei Paar äußeren Kiemenbüscheln, mit Rudersehwanz. Protezs. 2. Unterordnung: Cryptobranchia. Die Kiemen werden rückgebildet, doch bleibt eine unter einem Kiemendeckel liegende Kiemenspalte offen. Amphiuma, Cryptobranchus. 3. Unterordnung: Cadueibranchia, Salamandrinen. Die Kiemen gehen gänzlich verloren, und die Kiemenhöhle schließt sich. Die Larven haben äußere Kiemen; dann treten beim erwachsenen Tiere die Lungen auf. Triton, Salamandra. 2. Ordnung: Anura, Frösche. Mit nackter Haut, ohne Schwanz, Rumpf verkürzt. Die zwei Paar Glied- maßen sind stark entwickelt, die größeren Hintergliedmaßen sind Spring- und Sehwimmbeine. Trommelfell und Mittelohr vorhanden. Larven mit äußeren, später mit inneren Kiemen. 1. Unterordnung: Aglossa. Mit rückgebildeter Zunge. Zrpa. 2. Unterordnung: Phaneroglossa. Mit freier, meist vorn angewachsener Zunge. Frösche, Laubfrösche, Kröten. Rana, Hyla, Bufo. 3. Ordnung: Gymnophiona, Blindwühlen. Mit Schuppendecke der Haut. Ohne Gliedmaßen; schlangenähnlich. In der Jugend ein später schwindendes Kiemenloch, im Ei meist mit drei Paar großen Kiemenbüscheln. Coeczlia. V. Klasse: Reptilia, Kriechtiere. Die Reptilien gehören wie die Vögel und Säugetiere zu den Amnioten, d. h. es bilden sich als embryonale Hüllen Amnion und Allantois aus, und die System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. 239 dritte Nierengeneration tritt auf. Kiemenatmung fehlt durchaus. Die Haut ist meist mit Hornschuppen, auch Knochenplatten versehen. Im Schädel tritt das Os trans- versum auf, eine Verbindung zwischen der Reihe der Maxillarknochen und der der Palatinknochen. Wie bei den Amphibien, so artikuliert auch hier der Unterkiefer am Quadratum, das am Schädel festgewachsen oder beweglich ist. Der Schädel ist nur durch einen unpaaren Condylus occipitalis mit der Wirbelsäule verbunden, Das Herz teilt sich in eine arterielle und eine venöse Hälfte, indem auch die Herz- kammer eine, allerdings meist noch unvollständige Scheidewand erhält, so daß das Herz zwei Vorkammern und zwei Kammern besitzt. 1. Ordnung: Sauria, Echsen. Haut mit Hornschuppen. Quadratum beweglich am Schädel befestigt. Meist vier wohl entwickelte Extremitäten. Brustbein stets vorhanden. Meist bewegliche Augenlider. Trommelfell vorhanden. Quere Kloakenspalte. 1. Geccones, 2. Crassi- linguia, 3. Fissilinguia, 4. Brevilinguia, 5. Amphisbaenia, 6. Chamaeleontes. 2. Ordnung: Ophidia, Schlangen. Haut mit Hornschuppen. Quadratum beweglich. Ohne Extremitäten. Brust- bein fehlt. Kieferapparat sehr dehnbar, da alle in Betracht kommenden Knochen am Schädel beweglich sind. Bildung von Giftzähnen durch rinnenförmige Ein- faltung eines Hakenzahnes oder auch Verwachsung der Ränder desselben zu einem Kanale. Augenlider zu durchsichtiger Membran verschmolzen. Trommelfell fehlt. Quere Kloakenspalte. 1. Angiostoma, 2. Peropoda, 3. Colubriformia, 4. Solenoglyphes. 3. Ordnung: Rhynchocephalia. Eidechsenähnlich, aber das Quadratum fest mit dem Schädel verwachsen. Doppelter Jochbogen. In das große Sternum sind Bauchrippen eingelenkt. Becken- knochen schmal und schlank; Wirbel amphicoel. SpAenodon (Hatteria). 4. Ordnung: Chelonia, Schildkröten. Körper in fester Skelettkapsel eingeschlossen, die von Hornplatten, Schild- att, überzogen wird. Quadratum fest mit Schädel verwachsen. Zähne fehlen, statt ihrer Hornscheiden auf den Kiefern. Kloake eine Längsspalte. 1. Dermochelya, 2. Diacostalia, 3. Cryptodira, 4. Pleurodira. 5. Ordnung: Crocodilia, Krokodile. Langgestreekter Körper, mit Knochentafeln gepanzert. Quadratum fest mit Schädel verwachsen. Sternum vorhanden. Ausbildung eines vollständigen knöchernen Gaumendaches. Kegelförmige Zähne in Alveolen. Herzkammern vollkommen ge- trennt, aber beider Blut mischt sich durch eine Kommunikation beider aufsteigenden Aortenbogen: Foramen Panizzae. Kloake eine Längsspalte. Crocodilus, Alligator, Gavialıs. VI. Klasse: Aves, Vögel. Mit den Reptilien verwandt, beide Klassen häufig als Sauropsiden ver- einig. Haut mit Federn bedeckt, manche Teile auch mit Hornschildern. Die Feder ist homolog der Reptilienschuppe. In Anpassung an die fliegende Lebensweise sind die Vorderextremitäten in Flügel umgewandelt. Dem Brustbein sitzt ein medianer Kiel, die Carina, auf, zur Insertion der Flugmuskeln. Die Ver- bindung des Beckens mit der Wirbelsäule ist eine sehr kräftige, da mehrere Wirbel zu den zwei ursprünglichen Sacralwirbeln treten und ein festes Knochendach für das Kreuz bilden. Ausbildung eines Gelenkes im Tarsus, Intertarsalgelenk, indem das proximale Tarsalstück mit der Tibia, das distale mit dem Metatarsus (Lauf- knochen) verschmilzt. Der Schädel besitzt wie der Reptilienschädel nur einen Condylus oceipitalis. Die Knochen sind mit Lufträumen ausgefüllt, von denen die meisten mit den von der Lunge ausgehenden Lungensäcken in Zusammenhang stehen. Das Herz weist eine vollkommene Sonderung in zwei Vorkammern und zwei Kammern auf. Die linke Seite führt sauerstoffhaltiges, die rechte kohlensäure- haltiges Blut. Körpertemperatur sehr hoch, „Warmblüter‘. 340 System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. I. Unterklasse und 1. Ordnung: Ratitae, Straußenvögel. Mangel des Flugvermögens; gering pneumatische Knochen, keine Carina, starke Laufbeine. Struthio, Caswarius, Apteryx. II. Unterklasse; Carinatae. Mit Carina auf dem Brustbein. 2. Ordnung: Rasores, Hühnervögel. Schnabel kurz, schwach gebogen. Flügel kurz, abgerundet, Sitz- und Gang- füße. Nestilüchter. Hühner. 3. Ordnung: Columbinae, Taubenvögel. Spaltfüße, Nesthocker. Tauben. 4. Ordnung: Natatores, Schwimmvögel. Schwimmfüße. Meist Nestilüchter. Gänse, Enten, Schwäne, Möven, Alken, Pinguine, Eistaucher, Scharben. 5. Ordnung: Grallatores, Watvögel. Watbeine. Teils Nesthocker, teils Nestflüchter. Störche, Kraniche, Wasserhühner, Trappen, Schnepfen. 6. Ordnung: Raptatores, Raubvögel. Kräftiger Schnabel. Raubfüße. Nesthocker. Falken, Geier, Adler, Eulen. 7. Ordnung: Passeres, Sperlingsvögel. Wandelfüße oder Spaltfüße. Nesthocker. Singvögel, Schreivögel. S. Ordnung: Seansores, Klettervögel. Kletterfüße. Nesthocker. Papageien, Kuckucke, Spechte. VII. Klasse: Mammalia, Säugetiere. Haut mit Haaren bedeckt. Die Haare werden entweder als homolog der Vogelfeder oder Reptilienschuppe oder als durch Funktionswechsel aus Haut- sinnesorganen der Amphibien entstanden aufgefaßt. Auch Reste eines Schuppenkleides kommen hier und da vor. Ausbildung von Milchdrüsen, die bei den niedersten l’ormen auf einem Drüsenfeld ausmünden. Schädel mit zwei Gelenkhöckern; die drei Hörknöchelchen (Hammer, Amboß, Steigbügel) entstehen aus umgebildeten Teilen des Visceralskelettes. Sieben Halswirbel. Das Coracoid erreicht nur bei Monotremen noch das Sternum und wird bei den anderen zum Processus coracoideus des Schulterblattes. Bezahnung ursprünglich diphyodont, d. h. aus Milch- und Dauergebiß bestehend, sekundär oft monophyodont, indem die zweite Dentition nicht zur Entfaltung kommt. Zähne meist sehr spezialisiert (Heterodontie). Die gleichartige Zahnbildung (Homodontie) mancher Säugetiere (z. B. der Zahnwale) ist eine sekundäre Anpassung. Starke Entwicklung des Großhirns, welches sich bei den höheren Formen fureht. Vollständiges Diaphragma, welches Bauch- und Brust- höhle trennt. Herz mit vier Kammern, linke Hälfte arteriell. Der rechte Aortenbogen ist verloren gegangen. Beim weiblichen Geschlechtsapparat ist entweder, wie bei den Vögeln, die Scheide noch nicht differenziert (Monotremen) oder doppelt (Marsu- pialier) oder unpaar (Placentalier). Die Monotremen sind eierlegend, die Placentalier haben ein besonderes Ernährungsorgan für den Embryo, die Placenta, ausgebildet. System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. 241 I. Unterklasse: Monotremata, Kloakentiere. l. Ordnung: Monotremata. Eierlegende Säugetiere, mit persistierender Kloake. Ganzer weiblicher Ge- schlechtsapparat paarig. Beutelknochen vorhanden. Schultergürtel mit entwickeltem Coracoid. Bezahnung rudimentär, ursprünglich wahrscheinlich multituberkular. Echidna, Ornithorhynchus. Il. Unterklasse: Marsupialia, Beuteltiere. Lebendig gebärende Säugetiere, meist ohne Placenta, aber mit Beutel, in dem die früh geborenen Jungen sich weiter entwickeln. Zwei Vaginen. Beutelknochen vorhanden. Coracoid wird rudimentär. In der Bezahnung bleibt die erste Dentition bestehen, nur der dritte Prämolar kann gewechselt werden. Unterkiefer mit haken- artigem, nach innen vorspringendem Fortsatz. I. Ordnung: Polyprotodontia. Beuteltiere mit komplettem, karnivorem Gebiß. Zahlreiche Schneidezähne (oben je fünf oder vier, unten je vier, oder drei jederseits); Eckzähne groß, konisch ; Backzähne spitzhöckerig. Dasyurus, Didelphis. 2. Ordnung: Diprotodontia. Beuteltiere mit inkomplettem, meist herbivorem Gebiß. Von Schneidezähnen findet sich nur ein sehr großer in jeder Kieferhälfte; Ecekzähne unten fehlend, oben klein; Backzähne mit Kaufläche, auf der zwei Paar Höcker oder zwei Querjoche stehen. Zhascolomys, Macropus, Phalanger. III. Unterklasse: Placentalia. Lebendig gebärend; mit Placenta. Scheide unpaar. Beutelknochen fehlen. Schultergürtel ohne ausgebildetes Coracoid, auch die Clavicula kann fehlen. Die Plarenta ist diffus oder besitzt besondere zottenreiche Stellen (Placenta cotyle- donaria) oder ist gürtelförmig (Placenta zonaria) oder scheibenförmig (Discoplacenta) oder befindet sich an einem Pole (Domoplacenta). Ein Teil der Uterusschleimhaut (die Decidua) kann sich bei der Geburt mit ablösen. I. Ordnung: Manitheria. Gebiß in Rückbildung. Rückenwirbel mit zwei Paar Gelenkflächen. Uterus zweiteilie. Vagina einfach. Placenta diffus oder zonar, ohne Decidua. Manzis, Orycteropus. 2. Ordnung: Bradytheria. Gebiß in Rückbildung. Rückenwirbel mit drei Paar Gelenkflächen. Uterus einfach. Vagina zweiteilig. Placenta scheibenförmig oder domförmig mit Decidua. Bradypus, Myrmecophaga, Dasypus. 3. Ordnung: Denticeta, Zahnwale. Schnabelförmig verlängerte Kiefer, mit vielen gleichartigen Zähnen, der ersten Dentition angehörig, während die zweite nicht zum Durchbruch kommt. Vorder- extremitäten zu Flossen umgebildet, Hinterextremitäten fehlend. Schwanz hori- zontal zur Schwanzflosse verbreitert. Nasenlöcher oben verschmolzen, Nasengänge mit weiten accessorischen Säcken. Haut ursprünglich mit Schuppenpanzer. Marin und in Flüssen. Delphinus, Physeter. 4. Ordnung: Rodentia, Nagetiere. Ein immer wachsender, wurzelloser Schneidezahn in jeder Kieferhälfte; Eck- zähne fehlen, Backzähne meist prismatisch, mit ebener Kaufläche. Zepus, Sciurus, Castor, Mus, Hvstrix. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl, 16 42 System. Überblick: Vertebrata, Wirbeltiere. 5. Ordnung: Proboseidea. Mit plumpen fünfzehigen Füßen, Carpus serial angeordnet. Gebiß mit großen ineisiven Stoßzähnen, ohne Eckzähne; Backzähne aus vielen durch Zement ver- bundenen Platten zusammengesetzt. Nase in einen Rüssel verlängert. Zlephas. 6. Ordnung: Hyracea, Platthufer. Vier- resp. dreizehige Sohlengänger mit serialem Carpus. Gebiß nagerähnlich, ohne Eekzähne. Zyrax. 7. Ordnung: Perissodaetyla, Unpaarhufer. Die Mittelzehe dominiert, die anderen bilden sich mehr oder weniger zurück. Vorwiegend Pflanzeniresser. Prämolaren von gleicher Größe wie die Molaren. Tapırus, Rhinoceros, Equus. 8. Ordnung: Sirenia, Sirenen. Im Meere oder in Flüssen lebend. Rudimentäres Haarkleid. Vorderextremi- täten zu Flossen umgewandelt; Hinterextremitäten fehlen. Schwanz zu einer hori- zontalen Flosse verbreitert. Vordere Zähne meist rudimentär. Manatus, Halicore. 9%. Ordnung: Artiodaetyla, Paarhufer. Dritte und vierte Zehe dominieren, die anderen rudimentär. Metacarpalia (resp. Metatarsalia) der dritten und vierten Zehe verschmolzen (Canon). Prämo- laren kleiner als Molaren. a) Bunodontia (Schweineartige), mit Höckerzähnen, nicht wiederkauend. b) Selenodontia (Wiederkäuer), mit halbmondförmigen Leisten der Back- zähne. Magen in vier Abteilungen zerfallend. 10. Ordnung: Mystieeta, Bartenwale. Zahnlose, stark verlängerte Kiefer. Nasengänge nicht verschmolzen, ohne accessorische Säcke. Haarkleid rudimentär. Am Gaumen zahlreiche, in zwei rand- ständige Querreihen gestellte, hornige Barten. Durch Konvergenz den Denticeten sehr ähnlich. Marin. Zalaena, Balaenoptera. Il. Ordnung: Inseetivora, Insektenfresser. Nagerähnlich; aber spitzhöckeriges komplettes Gebiß; fünfzehig. 7a/pa, Sorex, Erinaceus. 12. Ordnung: Chiroptera, Fledermäuse. Dünne, tast haarlose Flughaut. 2— 5ter Finger sehr stark verlängert. Urista stern) (ähnlich den Vögeln). Gebib insektivor. Vespertilio, Pteropus. 13. Ordnung: Carnivora, Raubtiere. Sehlüsselbein fehlt wie bei der Ungulatengruppe. Scharfe Krallen. Gebiß mit großen Ecekzähnen und ungleichen Backzähnen, von denen einer jedersejts oben und unten zum Reißzahn entwickelt ist. Ursus, Mustela, Viverra, Kelis, Hoyaena, Canis 14. Ordnung: Pinnipedia, Robben. Extremitäten zu breiten Ruderflossen umgewandelt. Prämolaren und Molaren gleichartiger. Marin. Zhoca, Otaria, Trichechus. 15. Ordnung: Prosimiae, Halbaffen. Extremitäten zum Klettern und Greifen, mit Krallen, teilweise auch mit Platt- nägeln. Augenhöhle von Schläfengrube nur unvollständig abgeschlossen. Uterus bicornis. Zemur 15. Kursus: Amphioxus. 243 16. Ordnung: Primates, Herrentiere. Extremitäten mit Plattnägeln (ausgenommen die Krallenaffen). Augenhöhle von Schläfengrube vollständig abgeschlossen. Uterus einfach, birnförmig. a) Platyrrhinae, Affen der neuen Welt, mit breiter Nasenscheidewand und drei Prämolaren. Cedws. b) Catarrhinae, Affen der alten Welt: mit schmaler Nasenscheidewand und zwei Prämolaren. Gorilla, Homo. 15. Kursus. Amphioxus. 1. Amphioxus lanceolatus (PALL.). Technische Vorbereitungen. Zur Untersuchung werden konservierte Exemplare des Amphioxus gegeben und zwar sehe man darauf, nur große, geschlechtsreife Tiere zu verwenden, die sich schon äußerlich an den beiden dicken Gonaden- reihen erkennen lassen. Es sei hier bemerkt, daß für unsere Zwecke das Material am günstigsten mit Formol zu konservieren ist. Die Tiere werden lebend in eine 3—5°/,ige Formollösung geworfen, in der sie bis zum gelegentlichen Verbrauch verbleiben können. Es werden dadurch die in Alkohol auftretenden Schrumpfungen vermieden, die äußere Körperform samt Flossensaum bleibt tadellos erhalten, die Mundeirren sind aus- gestreckt und der Körper bleibt durchscheinend. Ferner werden fertige mikroskopische Präparate verwandt. Von kleinen Exemplaren von Amphioxus lassen sich ganz vorzügliche mikro- skopische Präparate herstellen durch folgende Methode. Die höchstens 2 cm langen Tiere werden in 5°/,igem Formol konserviert, dann wird das Formol durch Alkohol von 70°/, verdrängt, welcher mehrmals ge- wechselt wird und nunmehr wird eine Doppelfärbung angewandt, indem die Präparate auf 2 Tage in eine Mischung von 1 Teil Bleu de Lyon (1°/,ige wässerige Lösung) und 8S—10 Teilen Boraxkarmin (nach GrE- NACHER) gelegt werden. Dann wäscht man anhaltend (mindestens 2 Tage) mit 70°/, Alkohol, dem ein paar Tropfen Salzsäure zugefügt sind, aus, führt in Alkohol absolutus und Nelkenöl über und macht die Präparate in Kanadabalsam fertig. Endlich werden auch noch Querschnittpräparate von Amphıoxus gegeben. A. Allgemeine Übersicht. Die Gattung Amphioxus repräsentiert nebst ein paar nahe ver- wandten Gattungen die Klasse der Leptocardier, sowie den Kreis der Acranier. Die in unserem Kurse zu untersuchende Art ist der A. lanceolatus, eine besonders im Mittelmeer sehr häufige Form. 16* 244 15. Kursus: Amphioxus. Das kleine, fischähnlich gebaute Tier weist in seiner Organisation die primitivsten Wirbeltiercharaktere auf, neben einigen anderen, die als Rückbildungen infolge der Lebensweise im Sande anzusehen sind. Schädel, Wirbelsäule und Gliedmaßen fehlen, und nur ein kontinuier- licher Flossensaum umgibt das Tier in der Medianebene. Der Aufbau des Körpers ist ein epithelialer, indem Stützsubstanzen fehlen. Die Haut ist noch ein einschichtiges Epithel wie bei den Wirbel- losen, und der Embryo trägt sogar noch ein Wimperkleid. Das Skelett wird nur durch die zeitlebens persistierende Chorda dorsalis reprä- sentiert, einen festen, elastischen, vorn und hinten zugespitzten Stab in der Hauptachse, der aus einer dorsalen Falte des Urdarms entstanden ist. Umkleidet wird die Chorda durch eine aus den Membranen der Chordazellen entstandene hyaline Hülle, die innere Chordascheide, und die mesodermale äußere Chordascheide. Über der Chorda liegt das Zentralnervensystem, das Rücken- mark, welchem vorn das Gehirn fehlt. Das Rückenmark entsteht durch Einfaltung und dorsalen Verschluß der Medullarrinne, welche ursprünglich mit dem Urdarm durch den Canalis neurentericus verbunden ist und vorn sich im Neuroporus öffnet. Das Lumen des so entstandenen Medullarrohres bleibt als Zentralkanal erhalten und zeigt vorn eine bläschenförmige Erweiterung als letzten Rest eines Hirnes; bei Embryonen ist diese Anlage deutlicher. In jedem Segmente gehen ein Paar dorsale und ein Paar ventrale Nerven ab, die ersteren teilen sich und innervieren als sensible Äste die Haut, wie als motorische die transversalen Muskeln, die ventralen Spinalnerven sind dagegen ausschließlich motorisch. Von Sinnesorganen finden wir vorn am Nervenrohr einen bei jungen Tieren größeren Piementileck, der ohne Grund als Rest eines Auges gedeutet wurde. Dagegen liegen primitiv gebaute Sehorgane im Rückenmark, ventral vom Zentralkanal, in dessen gesamter Länes- ausdehnung. Ferner findet sich eine mit eilientragenden Epithelzellen ausgekleidete Rieehgrube, welche den sieh schließenden Neuroporus umejbt, auch einzelne Hautsinneszellen sind vorhanden. Die Muskulatur besteht aus Parietalmuskeln und Visceralmuskeln. Die Parietal- oder Seitenrumpfmuskeln bestehen aus zahlreichen (bei A. lanceolatus 62) metameren Portionen, Myomeren genannt, die durch aus der äußeren Chordascheide entspringende bindegewebige Platten, Myocommata, getrennt sind. Die Myomeren entstehen aus der dorsalen Portion des Mesoderms der Ursegmente, den Myotomen. Die ventralen Visceralmuskeln sind durch eine bindegewebige Raphe in eine rechte und eine linke Hälfte getrennt. f Der Darmkanal besinnt mit einer spaltlörmigen, äußeren Oft- nung, umgeben von zwölf Knorpelstückchen, auf denen je ein Cirrus (Buececaleirrus) steht, dann folgt der eigentliche Mund mit dem Velum, ebenfalls kleinere, nach hinten gerichtete Cirren abgebend, und dann der große Pharynx, der zum Kiemendarm umgebildet ist. Zwischen den schrägen Kiemenspalten liegen elastische ehitinige Stäbe als Stützen. In der ventralen Mittellinie liest die Hypobra nchialrinne (Endo- styl), während eine dorsal verlaufende Rinne des Kiemendarmes Hyper- branehialrinne heißt. Erstere scheidet Schleim ab, in den die Nah- rung eineehüllt wird, in letzterer wird sie nach hinten befördert. Der eisentliche Darm verläuft ohne Bildung eines gesonderten Magens gestreckt nach hinten, nach vorn gibt er einen gegen die rechte 15. Kursus: Amphioxus. 245 Seite gedrückten Blindsack, die Leber, ab. Der Alter liegt nicht genau median, sondern etwas links von der Mittellinie. Das Blutgefäßsystem besitzt kein Zentralherz, wohl aber kon- traktile Gefäße, durch deren Tätigkeit das roter Blutkörperchen ent- behrende Blut in Umlauf versetzt wird. Auf der ventralen Seite unter dem Kiemendarm liegt die Kiemenarterie, von der an den Kiemen- stäben laterale Zweige aufwärts nach oben gehen, die mit kontraktilen Auftreibungen, den Bulbilli, beginnen. Es erfolgt nunmehr eine Teilung in drei Äste, die längs der Kiemenstäbe ziehen, hier durch das vorbei- streichende Atemwasser mit frischem Sauerstoff versehen werden und sich dorsal in eine rechte und linke Aorta ergießen. Hinter dem Pharynx erfolgt die Vereinigung beider Aorten zu einer nach hinten ziehenden unpaaren Aorta descendens, die Darm wie übrige Organe mit frischem Blut versorgt. Durch Venen wird es dann wieder gesammelt und in die unter dem Darm liegende Vena subintestinalis geführt, die es nach vorn zur Leber bringt; hier erfolgt eine kapillare Auflösung, dann Wiedervereinigung in eine dorsale Lebervene, die in die Kiemenarterie einmündet. Die Leibeshöhle bildet sich bei der Larve in typischer Weise vom Urdarm aus, indem sich rechts und links vom Entoderm metamere Taschen (14 an der Zahl) abschnüren, während die weiter hinten ent- stehenden durch direkte Sprossung aus den vorhergehenden abstammen. Der Hohlraum dieser Taschen ist das Cölom, ihre Wandung das Mesoderm. Rechte wie linke Taschen umwachsen den Darm ventral und sind im oberen Teil solid, im unteren hohl. Ein zwischen den dorsalen Teil (Myotom) des Mesoderms und Chorda + Nervenrohr sich einschiebendes taschenartiges Divertikel (das bei allen höheren Wirbel- tieren eine solide Wucherung darstellt) ist das Sclerotom. aus dem die äußere Chordascheide entsteht, welche bei den Uranioten durch Ver- knorpelung und Verknöcherung die Wirbelsäule liefert. Die bei der Larve noch direkt nach außen gehenden Kiemen- spalten werden beim erwachsenen Tier durch eine von der ventralen Seite ausgehende Einfaltung des Ektoderms überdeckt. Diese Ein- faltung schafft einen großen Hohlraum, den Peribranchialraum, der an einer Stelle, dem Porus abdominalis oder dem Atrium, mit der Außenwelt in Verbindung bleibt; die beiden seitlichen, in der Mitte verwachsenden Hautfalten sind die Metapleuralfalten. Durch die Ausbildung des Peribranchialraumes wird die Leibeshöhle stark verdrängt und reduziert sich auf einen schmalen, dorsal und seitlich gelegenen Raum, sowie auf Reste in den Kiemen und unter der Hypo- branchialrinne. Zwischen dem dorsalen Raum der Leibeshöhle und dem vom Ektoderm ausgekleideten Peribranchialraum existieren nun Verbindungen durch die Nieren. Diese entsprechen der ersten Nierengeneration, der Pronephros oder Vorniere der Üranioten, und stellen Kanälchen dar, an deren Wandung sich die Kiemengefäße zu einem Knäuel (Glomus) zusammenballen. Die Geschlechtsorgane werden durch zwei Reihen von seg- mental angeordneten ventralen Säckchen repräsentiert, die aber nicht im Peribranchialraum, sondern im Cölom liegen. Bei der Reife platzt die Cölomwand, und die Produkte ergießen sich in den Peribranchial- raum, um durch den Porus abdominalis nach außen geführt zu werden. 246 15. Kursus: Amphioxus. B. Spezieller Kursus. Wir legen ein konserviertes Exemplar des Amphioxus unter Wasser ins Wachsbecken und betrachten zunächst seine äußere Körperform. Das etwa 5 cm lange, etwas durchscheinende, gelblich-weiße Tierchen hat seinen Speziesnamen „lanceolatus“ von der lanzettförmigen, an beiden Enden zugespitzten Gestalt. Der Körper ist beiderseits flach gedrückt, und wir können einen schmalen Rücken und eine breitere Bauchfläche unterscheiden. Schon mit bloßem Auge sieht man die Anordnung der auf der dorsalen Körperhälfte liegenden Muskulatur in regelmäßigen, dicht aufeinander folgenden Portionen, Muskelsegmente oder Myomeren genannt. Die sie trennenden Scheidewände, die Myocommata, schimmern durch die Haut als in einem nach vorn ge- richteten Winkel zusammenstoßende Linien. Sehr deutlich sind auch die Gonaden zu sehen, kleine viereckige Pakete, meist 26 Paare an der Zahl, die in regelmäßiger Anordnung jederseits am Bauche liegen; sie sind auf beiden Seiten derart gegen- einander verschoben, daß sie alternieren. Über den ganzen Rücken verläuft ein zarter, bläulich schimmernder Flossensaum, der auch das Schwanzende umgibt und sich ein Stück auf der Ventralseite fortsetzt. Auf der Ventralseite ziehen vom Munde aus nach hinten zwei starke Hautfalten, die Metapleuralfalten (s. Fig. 144). Das Tier wird nunmehr in der Rückenlage durch zwei Paar kreuz- weise über ihm festgesteckte Nadeln fixiert. Wir sehen jetzt drei Körperöffnungen. Vorn liegt der Mund, eine längsovale Öffnung, umstellt von einem Kranze ansehnlicher Cirren. Da, wo die Gonaden aufhören, findet sich die ziemlich weite, runde Öffnung des Peribranchialraumes, der Porus abdominalis, der nicht zu verwechseln ist mit der Öffnung des Darmes, dem After, welcher noch weiter hinten liegt. Die kleine Afteröffnung befindet sich nicht in der ventralen Medianlinie, sondern liegt asymmetrisch, meist links von ihr. Die für die Systematik der Gattung wichtige Lagerung der beiden hinteren Körperöffnungen ist bei den einzelnen Arten verschieden, innerhalb derselben aber konstant. Sie wird je nach dem Segment in welchem die Öffnungen liegen, durch eine einfache Formel aus- gedrückt, der noch die Zahl der Schwanzsegmente hinzugefügt wird. So ist diese Formel bei unserem Tiere 33:48:60. Der Porus abdo- minalis liest also im 33. Segment, der After im 48. und das Schwanz- ende im 60. Segment. Die nun vorzunehmende Präparation besteht in folgendem: Der Amphroxus wird herausgenommen und mit den Fingern der linken Hand am Rücken gefaßt. Vom Munde ausgehend wird mittels der feinen Schere ein Schnitt anf der ventralen Mittellinie zwischen beiden Gonadenreihen hindurch und bis zum After geführt. Dann stecken wir mit feinen Nadeln die beiden auseinanderzulegenden Hälften der Körper- wand fest. Die Betrachtung wird unter der Lupe ausgeführt (Fig. 145). Vom Munde ausgehend kommen wir zu dem geräumigen vorderen Teil des Darmes, dem Kiemendarm, der nach hinten zu sich all- Fig. 144. 247 15. Kursus: Amphioxus. WS4—---- Mund 1 |._. Metapleuralfalte - Gonaden 374 Porus abdominalis -— Rumpfmuskulatur .... Ventraler Flossen- SER AN -- After u ZZ en von der Bauchseite. Orig Amphioxus lanceolatus, --... Mundeirren Aufgeschnittener " Kiemenkorb Kiemenkorh Hypobranchial- Bra AELDUURKGE AR OÖ Gonaden “ en ” { zug ar il PRIZE nn) / 1° RETTET TREE REEL ETTELTELILLHETTTN Na Muskulatur mn NA = > > > Ic GH 2 Darın — After Fig. 145. Amphioxus lanceolatus, Orig. von der Bauchseite aus eröffnet. 248 / we Chorda dorsalis Pigmentfleck Riechgrube - Mundeirren - Drüsiges Organ Fingerförmige Fortsätze Ringmuskel - Öffnung in den Kiemenkorb Hintere Cirren {a -—---- Kiemenkorb Einfacher Ir; 4 BE. Zweispaltiger j Kiemenstab Hi \ - Hypobranchialrinne mesgliN 7 | Hyperbranchialrinne 5 | } I nn — Chorda dorsalis u jsEUrERlErN Chordascheide IN W m = Sehorgane 12 = pa \ - Leber A) ä Rückenmark - Leber Dorsale Muskulatur -. Flossensaum . Porus abdominalis Darm .. Ventraler Flossensaum . After -..... Schwanzflosse Fig. 146. Amphioxus lanceolatus (junges Tier nach einem mikroskopischen Präpa- rat gezeichnet). Orig. 15. Kursus: Amphioxus. mählich verjüngt. Sein Auf- hau aus feinen, schräg ver- laufenden, parallelen Spangen wird ohne weiteres sichtbar. In der uns zugekehrten, ven- tralen Mittellinie des Darmes verläuft durchschimmernd ein deutlicher Strang, die Hypo- brancehialrinne. Die Spangen des Kiemendarmes, die Kiemenstäbe, gehen beiderseits von dieser ven- tralen Mittellinie aus, schräg nach vorn verlaufend und dorsal umbiegend. Auf der linken Seite des Präparates (also auf der rechten Seite des Tieres) liegt dem Darme ein langgestreck- tes, grünlichgelbes Gebilde auf, welches vorn blind endigt und hinten — da, wo der Kiemendarm aufhört, etwa in der Mitte des Tieres — in den Darm übergeht. Dieser hohle Schlauch ist die Leber. Da, wo die Leber ein- mündet, ist der auf den Kiemendarm folgende ver- dauende Darmteil ein klein wenig erweitert, dann setzt er sich als gradliniges Rohr nach hinten zum Alter fort. Schließlich sind noch die Geschleehtspakete zu betrach- ten. Sie liegen scheinbar mit Darm und Leber in der glei- chen Körperhöhle, in Wirk- liehkeit sind sie aber von einer dünnen Haut, der Wand der eigentlichen Leibeshöhle. umkleidet. Der Darm nebst Leber wird von der Unterlage ab- gelöst und entfernt. Damit ist die Chorda dorsalis freigelegt worden, ein den Körper der Länge nach durehziehender Strang, der vorn und hinten zuge- spitzt ist. 15. Kursus: Amphioxus. 249 Wir schneiden nunmehr mit der Schere eine Hälfte des den Mund umgebenden Tentakelkranzes ab und bringen das Präparat in Glyzerin auf den Objektträger. Unter dem Mikroskop sieht man, daß jeder Cirrus eine festere Achse besitzt, deren stark verbreiterte Basis mit der des folgenden Cirrus zusammenhängt, so daß ein vorn sich hufeisenförmie öffnender Ring gebildet wird. Ein starker, breiter Ringmuskel umzieht ihn. Die feste Achse eines jeden Cirrus ist umkleidet von Körperepithel.. In ge- wissen Abständen treten Gruppen längerer Zylinderzellen büschelförmig heraus, sie werden als „Geschmackskegel" bezeichnet. Wir gehen nunmehr zur Betrachtung des mikroskopischen Präpa- rates von einem jungen Tier über und wenden zur ersten Orientierung die schwächste Vergrößerung an (s. Fig. 146). Am meisten fällt der dunkler getönte Kiemendarm in die Augen, mit seiner nach hinten gerichteten, sich allmählich verjüngenden Fort- setzung, dem verdauenden Darm; darüber liegt die langgestreckte Chorda dorsalis und dorsal von dieser das Rückenmark, leicht kenntlich an der schwärzlichen, auf seiner ventralen Seite verlaufenden Pigmentierung. Über das Rückenmark hinweg ragt die dorsale Mus- kulatur. Zu äußerst lieet der Flossenraum. Mit stärkerer Ver- größerung betrachten wir die einzelnen Organsysteme und beginnen mit dem Darme. Der Mund mit dem ihn umstellenden Cirrenkranze ist leicht sichtbar. Den Bau der Cirren haben wir bereits kennen gelernt. Die geräumige Mundhöhle wird hinten begrenzt durch einen kräftigen Ringmuskel. Die von ihm umgebene Öffnung ist nach hinten von kleinen Tentakeln umstellt. Weit nach vorn in die Mundhöhle hinein ragen einige zarte, fingerförmige Fortsätze. Das Gerüst des Kiemenkorbes besteht aus zahlreichen parallelen, schräg nach vorn verlaufenden Stäben, durch deren Zwischenräume das vom Munde aus eingedrungene Wasser in den Peribranchialraum abläuft, um dann durch den Porus abdominalis nach außen zu gelangen. Eine am ventralen Rande verlaufende Ver- diekung ist die Hypobranchialrinne, eine zweite dorsal verlaufende die Hyper- oder Epibranchialrinne. Ein Teil des Kiemendarmes wird bedeckt von dem asymmetrisch liegenden Leberschlauche, der aus dem vordersten Teile des verdauenden Darmes entspringt. Der Enddarm verläuft gradlinig zum After. Die über dem Darme liegende Chorda dorsalis ist ein zylin- drischer, an beiden Enden zugespitzter Strang, vorn weit über den Mund vorragend, hinten bis in die Schwanzflosse gehend. Man unter- scheidet zwei Schichten, eine innere, aus dünnen Scheibchen gebildete, die senkrecht zur Achse der Chorda stehen, und eine äußere Hülle. die Chordascheide. Ihre dorsale Wand bildet den Boden für das Nervenrohr. Vorn reicht das Rückenmark nicht so weit wie die Chorda, sondern endigt ein Stück vorher mit einer kleinen Anschwellung, dem Gehirn, dem vorn ein früher fälschlich als Auge gedeuteter Pigment- fleck aufliest. Dorsal über dem Gehirn liegt eine kleine Hautgrube, die früher als Geruchsorgan gedeutet wurde. Zahlreiche Pigmentflecke, welche im ventralen Teile des Rückenmarks liegen, sind die „Pigment- becher“ der primitiven Sehorgane des Amphioxus. Seiten und Rücken des Körpers werden von den Ringmuskeln bedeckt, die in einzelne Myomeren zerfallen. Die trennenden Zwischen- 250 15. Kursus: Amphioxus. wände, die Myocommata, stehen mit der Chordascheide in Verbindung. Viel schwächer entwickelt ist der Bauchmuskel, der sich vom Anfang des Kiemenkorbes bis zum Abdominalporus erstreckt, und hinten die Bauchwarze bildet, die als Atemmuskel fungiert, indem sie das Wasser im Peribranchialraum bewegt. Unpaare Flossenhöhle 7717 EI Outisblatt = Nierenkanal += Peribranchialraum '-- Glomerulus = Gonade =- Seitenflossenhöhle -- .- Querer Flossenmuskel +” ve S Ventrale Oölomkanäle Subbranchialgefäß Fig. 147. Querschnitt durch die Kiemenregion des Amphioxus (nach BOVERI, aus K. C. SCHNEIDER). Der Flossensaum zerfällt in seinem Innern in eine Reihe kleiner Kästchen, die auf den Rumpfmuskeln zu ruhen scheinen, aber in viel größerer Zahl als die Körperseemente vorhanden sind. Ihre Wandungen stehen mit der Chordascheide im Zusammenhang, ihr Inneres ist ausgefüllt von einem gallertartigen, homogenen Gewebe, welches bei ganz jungen Tieren noch fehlt. Stellen wir das Mikroskop auf den and des Flossensaumes ein, so sehen wir das einschichtige Körper- epithel. Schließlich werden noch Querschnitte durch einen geschlechtsreifen Amphioxus gegeben. Das Studium derselben bestätigt und erweitert die durch die Be- trachtung der Präparate des ganzen Tieres erhaltenen Resultate. 16. Kursus: Selachier und Teleostier. 251 16. Kursus. Selachier und Teleostier. Technische Vorbereitungen. Von Haifischen werden in Alkohol oder Formol konservierte Exem- plare der kleinen Form ‚Scyliim canicula (Cuv.) gegeben, die von der zoologischen Station zu Triest zu sehr billigem Preise bezogen werden können. Von Knochenfischen wählen wir die Plötze (Zeweiscus rutilus L.) oder verwandte Weißfische. Diese werden mit Chloroform getötet und, frisch oder in einer 3°/,igen Formollösung konserviert, im Wachs- becken unter Wasser untersucht. A. Allgemeine Übersicht. Die typische Fischgestalt ist spindelförmig, seitlich etwas zu- sammengedrückt, mit allmählichem Ü bergange der drei Körperregionen: Kopf, Rumpf und Schwanz. Die Hautbedeckung besteht aus einer dünnen, schleimigen, un- verhornten ae und einer Lederhaut, welche Verknöcherungen enthält: z. B. die Hautzähnchen der Haie. Bei den Knochenfischen sind diese Verknöcherungen meist dünn und dachziegelförmig über- einander gelagert: Schuppen. Die paarigen Extremitäten treten auf als Brust- und Bauchflossen. Die anderen Flossen, wie Rücken- flosse, Schwanzflosse und Afterflosse, sind nur abgegliederte Teile einer unpaaren, median verlaufenden Hautfalte. In allen Flossen finden sich als Stützen Strahlen, die, wenn sie gegliedert sind und sich an der Spitze spalten, Weichstrahlen heißen, im Gegensatz zu den spitzen, steifen, ungegliederten Hartstrahlen oder Stachel- strahlen. Die Strahlen können bei vielen Formen niedergelegt und aufgerichtet werden. Das Skelett ist nur bei Selachiern und einem Teil der Ganoiden knorpelig, bei den Teleostiern dagegen mehr oder weniger verknöchert. Die Wirbel sind amphicöl, also bikonkav. An jedem Wirbel findet sich ein oberes und ein unteres Bogenpaar, ersteres (Neurapophysen) durch einen unpaaren Dornfortsatz geschlossen und das Rückenmark umfassend, letzteres (Hämapophysen) nur in der Schwanzregion ge- schlossen, am Rumpfe dagegen auseinanderweichend und jederseits aus zwei Teilen zusammengesetzt: Querfortsatz und Rippe (Hämalrippe). Die Rippen der Teleostier entsprechen nicht den Rippen der Selachier, Amphibien und Amnioten; diese sind durch Verknöcherung transversaler Muskelsepten entstanden (Lateralrippen). Bei manchen Ganoiden kommen beide Rippenarten gleichzeitig vor. Ein Brustbein fehlt allen Fischen. Selten tritt die Wirbelsäule in die Schwanzflosse derartig ein, daß der obere und der untere Teil derselben gleich sind (Diphycerkie). Bei manchen Fischen biegt die Wirbelsäule schräg nach oben und tritt in den dorsalen Flügel der auch äußerlich asymmetrischen Schwanzflosse ein (Heterocerkie). Das umgebogene Ende der Wirbelsäule kann 2352 16. Kursus: Selachier und Teleostier. zu einem kurzen Stück verschmelzen, so bei den Knochenfischen, und dadurch eine scheinbare Diphycerkie erzeugen (Homocerkie). Der knorpelige Urschädel, der bei den Selachiern noch dauernd existiert, ist bei den Telostieren fast völlig von den zahlreichen Deck- knochen verdrängt worden. Von primären Knochen finden sieh die vier Oceipitalia, das Alisphenoid, das Orbitosphenoid, die Otica und die drei Ethmoidea. Die Knochen der Schädelbasis sind hauptsächlich durch einen mächtigen Deckknochen, das Parasphenoid, vertreten, vor dem der ebenfalls unpaare Vomer liegt. Visceralbogen sind bis zu sieben vorhanden, von denen der vorderste, der Kieferbogen, in einem oberen und einen unteren Abschnitt zerfällt: Palatoquadratum und Mandibulare, die bei den Haien als Kauapparat gegeneinander wirken. Bei den Knochenfischen treten als Deckknochen der Oberkiefer und der Zwischenkiefer auf, welche das Palatoquadratum verdrängen und den Antagonisten des Mandibulare werden. Das Palatoquadratum wird zur Grundlage des knöchernen Gaumens. Wie schon bei manchen Haien, so schiebt sich bei den Knochenfischen der obere Teil des zweiten Visceralbogens, das Hyomandibulare, zwischen Quadratum und Schädel ein, und wird selbst zum Aufhängeapparat für den Kieferbogen. Die übrigen Kiemenbogen tragen die Kiemen, die bei den Knochenfischen (nebst einigen anderen) durch einen äußeren Operkularapparat verdeckt werden. Die Extremitäten werden von den bogenförmigen Skelettstücken getragen, die mit der Wirbelsäule nicht im Zusammenhang stehen; bei Teleostiern und vielen Ganoiden ist der Schultersürtel durch eine Reihe von Knochen mit dem Schädel verbunden. Schulter- und Becken- gürtel werden entweder als ursprüngliche Kiemenbogen betrachtet, oder es wird die Entstehung der paarigen Extremitäten aus paarigen late- ralen Hautfalten erklärt. Skelettelemente der freien Extremität sind die Flossenstrahlen, deren basale Teile allein, die Flossenstützen, knorpelig präformiert werden, während die oberen eigentlichen Flossen- strahlen bei den Selachiern aus Hornfäden bestehen. Bei den Teleostiern verknöchern beide Teile. Als Urform der Fischextremität nimmt man ein doppelt gefiedertes Blatt an, mit einer Stammreihe von Skelett- stücken und Seitenreihen: das biseriale Archipterygium (Ceratodus) Durch Verschwinden der Seitenreihen einer Seite entsteht das uniseriale Archipterygium (Selachier). Der Bau der Extremität aller höheren Wirbeltiere wird aus der Grundform des Archipterygiums abgeleitet. Die Muskulatur der Fische besteht im wesentlichen aus vier Längsmuskeln, die dureh konisch zugespitzte, bindegewebige Scheide- wände in tütenartig ineinander steckende schmale Partien (Myomeren) sesondert werden. Das Gehirn ist charakterisiert durch seine langgestreckte Gestalt, die eroßen Lobi olfactorii und das wohl entwickelte Hinterhirn. Das Vorderhirn besteht größtenteils aus den beiden am Boden der ersten beiden Ventrikel liegenden, Corpora striata genannten Ganglien; eine Hirn- rinde fehlt noch, statt ihrer findet sich nur eine epitheliale Schicht. Von den Sinnesorganen besteht die Nase aus zwei Gruben, deren Ölfnung dureh eine “Hautbrücke in eine vordere und hintere zer- lest wird. In die vordere strömt das Wasser ein, durch die hintere wird es abgeleitet. Das Auge weist einen eigentümlichen Akkommodationsapparat auf, indem an die kugelige Linse ein den Glaskörper durchsetzender Fort- satz der Aderhaut, der Processus faleiformis (bei Teleostiern), heran- tritt und zu der muskulösen Campanula Halleri anschwillt, deren 16. Kursus: Selachier und Teleostier. 253 Tätigkeit die Einstellung der Linse regelt. Eigentümliche, nur den im Wasser lebenden niederen Wirbeltieren zukommende Sinnesorgane sind die Seitenorgane, die am Kopfe in mehreren gewundenen Linien, am Körper in je einer Längslinie, der Seitenlinie, liegen und die feineren Strömungen des Wassers wahrzunehmen vermögen. Nach neuerer Ansicht sollen aus diesen Seitenorganen, die auch bei Am- phibien vorkommen, durch Funktionswechsel die Haare der Säugetiere entstanden sein. Das Gehörorgan der Fische zeichnet sich durch die drei sehr ansehnlichen Bogengänge aus. Eine Schnecke ist noch nicht entwickelt, und es ist sehr fraglich, ob die Fische überhaupt hören können und das Organ nicht nur dem Gleichgewichtssinn dient. Die Bezahnung kann sich fast auf alle Knochen der Mund- höhle und des Visceralskelettes erstrecken. Der Ersatz der Zähne ist unbegrenzt. Der Darm besitzt entweder eine vorspringende, spiralförmig ver- laufende Falte, die Spiralfalte (Selachier, Ganoiden), oder am vor- deren Teile eine oft sehr große Anzahl von Blindsäcken, Appendices pyloriecae (die meisten Knochenfische),. Leber und Milz, oft auch Gallenblase und Pancreas sind vorhanden. Die Atmungsorgane sind die Kiemen, entweder bedeckte oder Kammkiemen; bei ersteren sind die Kiemenspalten durch breite Hautbrücken getrennt, welche die einzelnen Kiemenblättchen verdecken, bei letzteren finden sich diese Hautbrücken nicht vor, dafür aber der sämtliche Kiemen überdeckende, eine verknöcherte Hautfalte dar- stellende Operkularapparat. Als hydrostatischer Apparat fungiert die (den Haien und einigen Knochenfischen fehlende) Schwimmblase, eine Ausstülpung des Darmes, die mit diesem durch einen (bei manchen Teleostiern rückgebildeten) Gang in Verbindung steht und der Lunge der höheren Wirbeltiere homolog ist. In der Schwimmblase findet sich nicht Luft, sondern es werden von umspinnenden Blutgefäßen Gase, hauptsächlich Sauerstoff, abgeschieden. Das Herz liegt weit vorn, dicht unter den Kiemen; es ist in einem Herzbeutel eingehüllt und besteht aus Herzkammer und Vorkammer. Das venöse Körperblut sammelt sich in einen Sinus venosus und tritt durch die Vorkammer in die Herzkammer ein, welche es nach vorn in die Kiemen treibt, wo es wieder arteriell wird. Als Fortsetzung des Herzens findet sich der Conus arteriosus (Selachier), der rudi- mentär werden und dem untersten Abschnitt des Arterienstammes, dem angeschwollenen Bulbus arteriosus (Teleostier) Platz machen kann. Von dem unpaaren Arterienstamme aus gehen die zuführenden Kiemengefäße an die Kiemen ab und lösen sich in ihnen in ein Ge- fäßnetz auf. Abführende Kiemengefäße nehmen dann das arteriell gewordene Blut auf und vereinigen sich, nachdem sie die großen Kopf- arterien (Carotiden) abgegeben haben, zu der nach hinten ziehenden Aorta descendens, welche die Organe mit frischem Blute versorgt. Die das venöse Blut zum Sinus venosus führenden Venen sind zwei vom Kopfe kommende Jugularvenen und zwei vom Körper kommende Cardinalvenen, die sich jederseits zu einem Gange, dem Duetus Cuvieri, vereinigen. Das Herz der Fische ist also rein venös. Die Nieren (Urnieren) liegen als langgestreckte Organe dicht unter der Wirbelsäule, und ihre Ausführgänge, die Harnleiter, münden entweder in die Kloake (Selachier, Dipneusten) oder vereinigen sich 254 16. Kursus: Selachier und Teleostier. hinter dem After zu einer häufig auf einer Papille stehenden Öffnung. Der hintere Teil der Harnleiter ist vielfach zu sogenannten „‚Harnblasen“ erweitert, die aber der Harnblase der höheren Wirbeltiere, einer ven- tralen Kloakenausstülpung, nicht homolog sind. Die meist paarigen Geschlechtsdrüsen entleeren ihre Produkte auf sehr verschiedene Weise. Bei den Teleostiern sind die Eierstöcke meist zwei hohle Schläuche, die in einer unpaaren Öffnung hinter dem After ausmünden, so daß die reifen Eier direkt nach außen gelangen, oder die Eierstöcke sind solid und die reifen Eier fallen in die Bauch- höhle und gelangen durch eine unpaare Offnung, den Porus genitalis, oder (Selachier) durch die MÜLLER schen Gänge nach außen. Die männlichen Geschlechtsprodukte der Teleostier gelangen von den Hoden in die beiden Samenleiter, die sich vereinigen und entweder gesondert hinter dem After und vor der Harnöffnung ausmünden oder sich mit der Harnöffnung ver- einigen. Bei Selachiern und Ganoiden spaltet sich der aus dem embryo- nalen Vornierengang hervorgegangene Urnierengang der Länge nach in den medialen WoLFFschen und in den lateralen MÜLLERschen Gang. Der Wourrsche Gang wird beim männlichen Geschlecht zum Samen- leiter, indem der vordere Abschnitt der Urniere, Nebenhoden genannt, sich mit dem Hoden in Verbindung setzt, während der MÜLLERsche (sang beim Männchen obliteriert. Beim Weibchen wird der MÜLLER sche Gang zum Ausführgang der Geschlechtsprodukte. In einem Abschnitte, der Uterus genannt wird, kann bei manchen Selachiern die Entwicklung des befruchteten Eies erfolgen. Der WoLrrsche Gang wird beim Weib- chen zum Harnleiter. B. Spezieller Kursus. 1. Seyllium canieula Cuv. Wir betrachten zunächst die äußere Gestalt (s. Fig. 148). Der langgestreekte Körper ist in seinem vordersten Teile dorsoventral ab- geplattet, nach hinten zu seitlich zusammengedrückt. Vorn bildet der Spritzloch 1. Rückenflosse 2. Rückenflosse Schwanzflosse re n Pe ENT RN BA (GG n ) ee IE ee ten = g —— - ” I E— SE =. n I Schwanzflosse Kiemenlöcher u Brustflossen Bauchflossen Afterflosse Fig. 148. Scyliium canicula. 9 Orig. Kopf ein breites, abgerundetes Rostrum. Hinten geht der Körper all- mählich in den Schwanz über, der in stumpfem Winkel etwas nach oben sebogen ist. Von den paarigen Flossen, welche den Gliedmaßen der höheren Wirbeltiere entsprechen, liegen die großen, dreieckigen Brust- flossen in horizontaler Lage dieht hinter dem Kopfe und sind weit voneinander getrennt, während die kleineren, etwa in der Mitte des Körpers gelerenen Bauchllossen in der ventralen Mittellinie zusammen- rücken. Beide Geschlechter lassen sich dadurch schon äußerlich leicht voneinander unterscheiden, daß sich beim Männchen an den mitein- 16. Kursus: Selachier und Teleostier. 255 ander verwachsenen inneren Rändern der Bauchflossen zwei Abschnitte derselben abgesondert haben, die von länglich konischer Gestalt sind und als Begattungsorgane (Pterygopodien) fungieren (s. Fig. 149). Betrachten wir die dem Körper zugewandte Seite dieser Organe, so sehen wir dorsalwärts eine tiefe Rinne bis zur Spitze verlaufen, in welcher bei der Begattung der Samen entlang geleitet wird. Außer den paarigen Flossen finden sich in der Mittellinie des Körpers auch unpaare vor, und zwar sind es zwei weit nach hinten liegende Rückenflossen, von denen die vordere die größte ist, dann die Schwanzflosse, welche den etwas aufwärts gebogenen Schwanzteil umgibt, und dorsal sehr niedrige, ventral bedeutend höher ist. Der ventrale Teil der Schwanzflosse ist durch eine Einkerbung in einen großen vorderen und einen kleineren hinteren, terminal gelegenen Lappen getrennt. Außerdem ist noch eine weitere unpaare Flosse, die After- flosse vorhanden, die der Medianlinie der Bauchseite, in der Seite zwischen Bauch- und Schwanzflosse, aufsitzt. Aftergegend } Pterygopodien - Flossenscheide Fig. 149. Scydlium canicula. Bauchflossenregion bei Weibchen und Männchen. Orig. Von Körperöffnungen betrachten wir zunächst den Mund (s. Fig. 150), der auf der Bauchseite, ein Stück von dem Ende des Rostrums entfernt liest. Er stellt sich dar als ein querer, stark ge- bogener Spalt, dessen Eingang mit spitzen, zarten, aber doch deutlich sichtbaren Zähnen dicht besetzt ist. Der After ist ebenso wie die Öffnung des Urogenitalsystems zwischen den Bauchflossen gelegen. Vor dem Munde liegen als zwei tiefe, zu beiden Seiten herabziehende Spalten, die Nasenöffnungen, die in ihrer Mitte durch Hautklappen überdeckt sind. Hinter den langen schmalen Augenschlitzen befindet sich jederseits ein kleines rundliches Loch, das Spritzloch, welches als die vorderste, zwischen Kiefer- und Zungenbeinbogen verlaufende, rudimentär gewordene Kiemenspalte aufzufassen ist. Die funktionie- renden Kiemenspalten liewen jederseits ein Stück dahinter als fünf vertikale Schlitze, welehe den Vorderdarm mit der Außenwelt verbinden. Das durch den Mund einströmende Wasser wird durch diese Spalten wieder nach außen befördert, nachdem es seinen Sauerstoff an die im Inneren der Spalten gelagerten, von außen nicht sichtbaren Kiemen „verdeckte Kiemen‘) abgegeben hat. 16. Kursus: Selachier und Teleostier. e\ Eee: N -Nasenloch m... Nasenklappe --- +... Seitenorgane ... Gallenblase --- Leber --„ Pancreas === Magen \UHHRRMNN übe All LU FSTERHRANE HR: N j Nitlihrl “ Spiralklappe »------- .- N a Milz -.- +... Analdrüse al! ae nunameme Urogenitalpapille BR / ’g 2 | Fe ) / "= Pori ubdominalis | / \ | I lig. 150. Scorliium canienla,. Darmtraktus. Orig. 16. Kursus: Selachier und Teleostier. 257 Die Haut ist oben von rötlichgrauer Farbe und mit zahlreichen rundlichen, schwarzbraunen Flecken bedeckt, unten weiß. Sie laßt sich, besonders auf der Rückenseite, sehr rauh an. Das rührt von zahl- reichen winzigen Hautverknöcherungen, den Plakoidschuppen her, die aus einer knöchernen Platte und darauf sitzenden feinen, drei- spitzigen, nach hinten gerichteten Hautzähnchen bestehen. Die Plakoidschuppen lassen sich gut zur Anschauung bringen, wenn man ein Stückchen Rückenhaut herausschneidet und in einem Reagenz- glase mit Kalilauge kocht. Der Rückstand wird mit Wasser ausgewaschen und auf einem Objektträger unter Glyzerin untersucht. Doch genügt es auch schon, wenn man mit dem starken Messer der Haut entlang führt und die so herausgerissenen Plakoidschuppen auf einen ÖObjektträger bringt und mit schwacher Vergrößerung betrachtet. Wir gehen nunmehr zum Studium der inneren Anatomie über. Mit der großen Schere oder dem starken Messer wird in der ven- tralen Mittellinie ein Schnitt geführt von der Höhe des Bauchflossen- bis zu der des Brustflossenansatzes.. Dann macht man von den beiden Endpunkten dieses Längsschnittes vier transversale Schnitte, zwei vor dem Bauchflossenansatz, zwei vor dem Brustflossenansatz. Die dadurch entstehenden beiden Klappen der Körperwand werden dann durch zwei weitere seitliche Längsschnitte abgetragen. Es liegen nunmehr die Baucheingeweide frei. Das ganz vorn befindliche umfangreiche Organ, welches auf gelbbraunem Grunde schwarz marmoriert ist, und nach hinten zu zwei seitliche Lappen ent- sendet, ist die Leber. Heben wir die in der Mittellinie gelegene Portion des linken Leberlappens etwas in die Höhe, so wird die Gallenblase sichtbar und mit ihr die im einzelnen schwierig zu ver- folgenden Gallengänge, die in den Anfangsteil des Darmes ein- münden. Das große, die Bauchhöhle fast in ihrer ganzen Länge durch- ziehende Gebilde ist der Magen. Er besteht aus zwei „U förmig mit- einander verbundenen Schenkeln, von denen der linke (im Präparat und der Abbildung also der rechte) die Fortsetzung des Osophagus ist und als weiter Sack erscheint, während der aufsteigende rechte Schenkel ein enges Lumen hat. An seinem vorderen Ende geht er in den Darm über, der als ziemlich weites Rohr auf der rechten Seite geradlinig nach hinten verläuft. Dem hinteren Ende der sackförmigen linken Magenabteilung sitzt die Milz breit auf, ein braunroter, nach hinten spitz zulaufender Körper, der mit einem schmalen Fortsatz dem aufsteigenden Schenkel des Magens folgt. Zwischen letzterem und dem Darm liegt als schmales Band das Pancreas. Schneidet man aus der Darmwand ein größeres |Fenster aus und wäscht das Darmlumen gut aus, so wird eine in engen spiraligen Win- dungen verlaufende Schleimhautfalte, die Spiralklappe, sichtbar, die eine Vergrößerung der resorbierenden Darmoberfläche bewirkt. Ein kleiner diekwandiger Anhang an der dorsalen Seite des End- darmes ist die Analdrüse. Es wird nunmehr der Darmtractus samt Leber oben und unten abgeschnitten und vorsichtig von seiner Änheftung abgetrennt. Man achte darauf, daß die Leber dicht an ihrem Ligament abgeschnitten wird. Dadurch wird das Urogenitalsystem sichtbar (s. Fig. 151). Haben wir ein Weibchen vor uns, so fällt zunächst ein auf der rechten Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl, 17 258 16. Kursus: Selachier und Teleostier. Seite, aber nahe der Mittellinie liegender gelbweißber Körper auf, der durch ein dorsales Mesenterium fixiert ist. Größere und kleinere rund- liche Eier, die in ihm liegen, lassen ihn als das Ovarium erkennen. Mündung der Müllerschen Gänge Eileiter-—---- === = Ösophagus = Urniere ‚ („Mesonephros‘‘) Ösophagus-------- 7 Nidamental-,_ organ Urnierengang mare (Wolffscher | ] Gang) „-- Nierenläppchen ---„,,Metanephros‘‘ MEBDERARATIIÄNDDINRKIRFINTAHLONAAAN ARTEN HR TTEH . Harnleiter Auenenmmne (W olffscher i Gang) Aufhänge- \ band des - Eierstockes - - ---- ---Harnblase ==. - „Eileiter Enddarm After Ureterpapille >, Uretermündung Eileiter- mündung £ " _ Porus Kloake »,abdominalis Fig. 151. Geschlechtsorgane (A), reifes Ei im Eileiter (A,) und Exkretionssystem (B) eines Weibchens von Soyllium canicula. Orig. Bei vorliegender Art, wie bei der Gattung Seyllium überhaupt, ist es unpaar, bei fast allen anderen Selachiern dagegen paarig. Das Ovarium wird von seinem Aufhängeband abgeschnitten und herausgehoben. Dadurch werden die beiden sehr stark entwickelten Eileiter (Mürrerschen Gänge) gut sichtbar als zwei in Abschnitte geteilte köhren, die sieh oben und unten vereinigen. Oben vereinigen sie sich in einem Bogen, in dessen Mitte sich eine unpaare Öffnung entdecken 16. Kursus: Selachier und Teleostier. 259 läßt, durch welche die reifen Eier aus der Leibeshöhle, in die sie aus dem Ovarium hineingeraten sind, in die Eileiter eintreten. Etwas weiter nach hinten erweitert sich jeder der beiden Gänge zu einem rundlichen Körper, dem Nidamentalorgan, das im wesentlichen aus zwei Gruppen von Drüsen besteht. Die vordere weiße Partie ist die Ei- weißdrüse, die hintere rötliche die Schalendrüse, deren drüsige Wandungen eine hornige Eischale absondern. Es folgt darauf ein langer, sehr erweiterungsfähiger Abschnitt, in dem gelegentlich ein reifes Ei liegt. Heben wir ein solches Ei heraus, so sehen wir an jeder der vier Ecken, in welche die Schale ausgezogen ist, einen hornigen, spiralig zusammengedrehten Faden, der nach der Eiablage zur Befestigung des Eies an irgend eine Unterlage zu dienen hat. Schneidet man eine Ei- schale vorsichtig auf, so sieht man den Embryo darin liegen. Nach hinten zu vereinigen sich die beiden MÜLLERschen Gänge zu einem gemeinsamen Ausführungsgang, der in der dorsalen Wand der Kloake mit weiter Öffnung mündet. Unter den Eileitern liegen fast in der ganzen Länge der Bauch- höhle, dorsal vom Peritoneum, die Nieren als lange, schmale, bräun- liche Körper. Ihr vorderer Abschnitt zeigt noch ähnlichen Bau wie beim Embryo, und besteht aus segmental angeordneten, durch Wimpertrichter mit der Bauchhöhle verbundenen Nierenläppchen, ihr hinterer Teil da- gegen ist breit und kompakter. Auf den Nieren liegt jederseits ein dünner Kanal: die beiden WoLrrschen Gänge, die beim weiblichen Geschlecht als Harnleiter fungieren. Hinten erweitern sie sich zu zwei sogenannten „Harnblasen“ und vereinigen sich zu einer gemeinsamen Ausmündung in der Kloake. Der hintere Abschnitt der Niere wird als „Metanephros‘, der vordere als „Mesonephros“ bezeichnet, wobei zu beachten ist, daß es sich nur um einen Ausdruck der Lagebeziehungen und nicht um eine Homologisierung mit den Nieren der Amnioten handelt. Der Metanephros hat jederseits einen eigenen Ausführgang, den „Ureter‘“ (nicht zu homologisieren mit dem Ureter der Amnioten), der mit mehreren Öffnungen in die Harnblase einmündet. Beim Männchen finden sich folgende Verhältnisse des Urogenital- systems. Die Hoden sind zwei weibliche, lange Körper, die vorn ver- schmolzen sind und durch ein zartes dorsales Aufhängeband in ihrer Lage gehalten werden. Ihre sehr zarten Ausführgänge (Vasa effe- rentia) treten in den vorderen Abschnitt der Niere, den „Meso- nephros“, auch „Worrrscher Körper‘ genannt, ein, der die Ge- schlechtsprodukte in die beim Männchen ausschließlich als Samenleiter dienenden Worrrschen Gänge weiter leitet. Jeder WoLrFrsche Gang erweitert sich hinten zu der Vesicula seminalis, neben der nach außen und ventralwärts ein Blindsack liegt. Der hintere Teil der Niere („Metanephros‘‘) entsendet Ausführgänge, die sich im Ureter vereinigen. Der Harn gelangt in einen vom hintersten Teil des neben der Vesicula seminalis gelegenen Blindsackes gebildeten Abschnitt, den Urogenital- sinus, deren jeder hinten mit “dem der Gegenseite verschmilzt. Die Ausmündung erfolgt in der Kloake auf einer Urogenitalpapille. Wir gehen nunmehr zur Anatomie der Brusteingeweide über. Es wird auf der ventralen Seite eine Schicht der Körperwand nach der anderen durch vorsichtig geführte Flächenschnitte abgetragen. Das Herz wird durch Aufschneiden und Abtragen des mittleren Teiles des Brustgürtels, sodann durch vorsichtiges Öffnen des das Herz umgebenden verknorpelten Herzbeutels freigelegt. 109 2650 16. Kursus: Selachier und Teleostier. An dem nunmehr vor uns liegenden Herzen fällt zunächst ein median liegender diekwandiger Abschnitt auf, der sich nach vorn in ein großes Blutgefäß fortsetzt; es ist die Herzkammer. Sie verlängert sich in eineninnen mit Reihen von Klappen versehenen Conus arteriosus, der einen Teil des Herzens selbst darstellt. Unter der Herzkammer Mündung der Müllerschen Gänge Urniere Urniere:--- ee D&D BT nl -- ----—--... z (,„Meso- nephros‘') Vasa \ efferentia”" Samenleiter --- (Wolffscher Gang) ==... Blindsack Sn =. = Samenblase Mündungdes -* Samenleıters Urogenital- papıllaı nenne je Ureter- mündung Porsus _ abdominalis ">, Urogenital- sinus i Aufgeschnit- | ---— tenes Ptery- N 7 \ gopodium 1 ) | TROK:. G fan EN Fig. 152. Geschlechtsorgane (A) und Exkretionssystem (B) eines Männchens von Scyllium canticula. Orig. liegt die große, 'dreieckig geformte Vorkammer, die jederseits unter der Herzkammer vorragt. Heben wir diese Teile vorsichtig in die Höhe, so sehen wir darunter einen dünnwandigen großen Sack liegen, den Sinus venosus, welcher das venöse Körperblut sowie das Blut aus einer Lebervene empfängt und durch eine mediane Öffnung an die Vorkammer abgibt. Wenn man das große, vom Herzen abgehende 16. Kursus: Selachier und Teleostier. 961 Blutgefäß, die Aorta ascendens, weiter nach vorn verfolgt und die seitlich abgehenden Äste herauspräpariert, sieht man, daß diese Äste zu den Kiemen verlaufen. Das aus dem Körper stammende venöse Blut gelangt ins Herz und von diesem durch die aufsteirende Aorta und deren Äste, die Kiemenarterien, in die Kiemen, wo es durch Abgabe von Kohlensäure und Zufuhr frischen Sauerstoffs gereiniet wird. Das frische, sauerstoffreiche Blut wird aus den Kiemen durch abführende Gefäße, die Kiemenvenen, dem dorsal liegenden Hauptgefäßsystem der Aorta descendens zugeführt, die den Körper versorgt. Kiemen- _ arterien Eingang --zur Kiemen- tasche Vordere Aartans- ............. Halbkieme cendens .... Hintere Halbkieme Herzvor- kammer Wand Herz- ------. des Kiemen- kammer sackes Fig. 153. Scyllium canicula. Herz und Kiemen. Orig. Durch die schiehtenweise erfolgte Abtragung der ventralen Körper- wand sind auch die Kiemen freigelegt worden. Man sieht die vom Vorder- darm nach außen ziehenden fünf Kiemenspalten, deren äußere Öffnungen wir schon bei der Betrachtung der äußeren Körperform konstatiert haben, In diesen Spalten liegen an den Wandungen weiche, stark mit Blut- gefäßen erfüllte Schleimhautfalten: die Kiemen. Das durch den Mund einströmende Wasser streicht an den Kiemen vorbei, durch die Kiemen- löcher nach außen, und gibt auf diesem Wege den Sauerstoff der im 962 16. Kursus: Selachier und Teleostier. Wasser enthaltenen Luft an das die Kiemen füllende Blut ab. Die vorderste Kiemenspalte, das Spritzloch, enthält keine Kieme, wie man sich leicht durch Aufschneiden der Spalte überzeugen kann, sondern nur einige als Kiemenrudimente zu deutende schmale Falten. An ihrer Basis sitzen die Kiemen knorpeligen Spangen, den Kiemenbögen auf. Ein Querschnitt durch die hintere Körperregion, etwa in der Höhe der vorderen Rückentlosse, zeigt uns zunächst die Anordnung der Rumpf- muskulatur. Die Muskulatur erscheint in konzentrischen Ringen angeordnet, die dadurch entstehen, daß die Myotome tütenartig ineinander gesteckt sind. Ferner wird die knorpelige Wirbelsäule sichtbar, welche einen gallertigen Rest der Chorda ie dorsalis einschließt. Die dorsal vom Wirbelkörper ausgehenden nee Neuralbogen umfassen das Rückenmark. Ein senkrecht den Neuralbogen aufsitzender Knor- Amerulaı: pelstrahl dient zur Stütze der Rückenflosse. Die beiden ven- tralen Hämalbogen umfassen Neuralbogen = = zwei quer durchschnittene Blut- gefäße. Das obere, als quer- Nervenrohr gerichteter Spalt erscheinende, Rest der ist die Schwanzarterie, die Chorda dorsalis hintere Fortsetzung der Aorta Schwanzarterie descendens. Das darunter lie- SER sende, von mehr dreieckigem Querschnitt, ist die Schwanz- vene. Einen genaueren Ein- NEE blick in den Aufbau der Wirbel- säule erhält man, wenn man sie mit dem starken Messer ein Fig. 154. Querschnitt durch Scyliium canzeula, Stück weit in der Längsrichtung in der Gegend der vorderen Rückenflosse. Orig. spaltet. . Schließlich sind noch das Gehirn und die Sinnesorgane zu untersuchen. Die Haut der Dorsalseite des Kopfes wird vorsichtig abgezogen und dann durch flache Schnitte mit dem Skalpell die Schädelhöhle eröffnet. Es wird das Gehirn sichtbar, das durch behutsame Präparation gänzlich freigelegt wird. An der Hand der nebenstehenden Abbildung (s. Fig. 155) lassen sich die einzelnen Abteilungen des Gehirns feststellen. Beginnen wir von vorn, so sehen wir seitlich die mächtig entwickelten Lobi olfae- torii, von denen die Riechnerven an die beiden Geruchsorgane heran- treten. Zwischen ihnen liest das Vorderhirn, dessen beide Hemi- sphären unvollkommen voneinander getrennt und ziemlich klein sind. Der sich daran schließende Hirnabschnitt ist das verdeckte Zwischen- hirn, von dem die Lobi optici ausgehen, dann folet das Mittelhirn, hierauf das große, ovale Kleinhirn und schließlich das ins Rücken- mark übergehende Nachhirn, zwischen dem als tiefe Grube ein Ven- trikel sichtbar wird. 16. Kursus: Selachier und Teleostier. 263 Von den Sinnesorganen betrachten wir zunächst das Geruchs- organ. Es stellt sich dar als ein jederseits vorn am Kopfe liegender großer Sack, der im Innern zahlreiche Schleimhautfalten aufweist. Um das Auge zu studieren, nehmen wir es aus der Augenhöhle heraus. Es wird zunächst rings um das Auge ein Hautschnitt geführt, der zwischen Spritzloch und Auge hindurch und im übrigen in etwa 1 cm Snsunruner anne Trigeminusast *----- Geruchsorgan Lobus olfactorius -\--.--. Vorderhirn .....Mittelhirn -+-- Hinterhirn ı ‘ i x Bogengänge Gehörkapsel Nachhirn Labyrinth Bogenglinge, durchschnitten Fig. 155. Gehirn und Sinnesorgane eines jungen Scyllium canıcula. Orig. g 8 Jung 2 g Abstand vom Lidrande zu erfolgen hat. Von diesem Schnitt aus wird die Haut nach dem Auge zu abpräpariert, bis wir hinter die Lider und in die Augenhöhle kommen. Mit der kleinen Schere gelangen wir hinter den Bulbus und durchschneiden die Augenmuskeln und die Sehnerven. Nunmehr läßt sich das Auge aus seiner Höhle herausnehmen. Mit Scherenschnitten werden die Lider vom Augenbulbus abgetrennt. Es lassen sich zunächst die sechs Augenmuskeln wahrnehmen, vier gerade und zwei schiefe, dann die Selera, die sich nach vorn in die Cornea fortsetzt. Auf der Cornea liert die dünne, sich leicht ablösende Conjunctiva, und durch sie hindurch sieht man die Iris 364 16. Kursus: Selachier und Teleostier. mit spaltförmiger, horizontal gerichteter Pupille. Auch den heran- tretenden Sehnerven können wir feststellen Um das Innere des Auges zu studieren, teilen wir es durch einen Schnitt (entweder mit dem Skalpell oder der Schere), der vertikal dicht neben der Augenachse geführt werden muß, in zwei ungleiche Hälften. Wir sehen jetzt die kugelige, sehr große Linse, dahinter den Glaskörper, die weibliche Retina die beim lebenden Tier mit einem glänzenden Tapetum bedeckte schwarze Chorioidea, welche nach vorn zu in das Corpus eiliare und darauf in die Iris übergeht, sowie die knorpelige Selera und die quer durchschnittene Cornea. Die Linse ist durch die vom Corpus eiliare zum Linsenäquator ziehende Zonula Zinnii befestigt. Ventral befindet sich am inneren Rande des Corpus eiliare eine Papille desselben, welche den stark von Pigment verdeckten Linsenmuskel trägt, die sogenannte „Campanula Halleri“, Ein Processus faleiformis, wie er bei den Teleostiern vorkommt, ist nicht vorhanden. Am schwierigsten zu präparieren sind die Gehörorgane. Man kann sich damit begnügen, durch vorsichtig geführte Flächenschnitte die verhältnismäßig großen Bogengänge des Utrieulus, insbesondere den horizontalen, zur Anschauung zu bringen. 3 Musculus Corpus eiliare---....... 2 $ u reetus superior Zonula Zinnii - Selera Iris Cornea Chorioidea Pupille - Retina Sehnerv Linse Linsenmuskel Musculus “ rectus inferior Fig. 156. Querschnitt durch ein Auge von Scyllium canicula. Orig. 2. Leueiscus rutilus (L.). Äußere Körperform. Der meist gegen 20 em lange Fisch be- sitzt einen seitlich zusammengedrückten Körper, dessen Farbe auf dem Rücken blaugrünlich, auf den Seiten und dem Bauche silberig ist. Von den paarigen Extremitäten liegen die Brustflossen weit vorn, dieht hinter dem Kopf, die Bauchllossen etwa in der Mitte der Körperlänge, näher zusammenstehend als die Brustflossen. Von unpaaren Flossen steht auf dem Rücken die Rückenflosse, mit ihrem Vorderende etwa in der Mitte der Rückenlinie beginnend, hinten findet sich die Schwanzflosse und ventral die dieht hinter dem Alter besinnende Alterllosse. Sämtliche Flossen sind mehr oder weniger rot gefärbt; in Rücken- und Schwanzilosse wird die rote Färbung meist durch eine schwarze Piementierung verdeckt. 16. Kursus: Selachier und Teleostier. 265 Der ganze Körper ist mit Schuppen bedeckt, nur der Kopf ist frei davon. Die dachziegelförmig übereinanderliegenden Schuppen stehen in Reihen, und sind nach hinten sanft abgerundet. Auf der Mitte jeder Seite verläuft von vorn nach hinten eine deutliche Linie, die Seiten- linie, in welcher sich gewisse Sinnesorgane, die Seitenorgane, be- finden. Oberhalb dieser Seitenlinie liegen 7—S Längsreihen von Schuppen, entlang der Seitenlinie 40—44 Querreihen und unter der Seitenlinie 3—4 Längsreihen. Man drückt das in folgender Formel aus: 7-8 | 40-44 | 3—4. Diese Schuppen bilden übrigens nicht die äußere Hautbedeckung, sondern liegen unter einer sehr zarten schleimigen Schicht: der Epi- dermis. Hebt man eine Schuppe vorsichtig mit der Pinzette hoch, so kann man sich leicht davon überzeugen. Am spitz zulaufenden Kopfe sehen wir eine kleine, fast wage- rechte Mundspalte, darüber zwei ansehnliche tiefe Gruben, die Nasen- gruben, deren jede durch eine annähernd senkrechte Scheidewand in zwei Nasenlöcher geschieden ist. Seitlich liegen die großen, runden, flachen Augen. Hinten befinden sich zu beiden Seiten des Kopfes zwei halbmendförmige Platten, die Kiemendeckel. Sie verdecken eine Spalte, und wenn wir einen Kiemendeckel etwas hochheben, so sehen wir darunter die Kiemen liegen. Schon äußerlich bemerken wir, dab die Kiemendeckel aus mehreren Platten zusammengesetzt sind, welche für die Systematik der Fische von Wichtigkeit sind. Auf der Bauchseite sehen wir jederseits drei Spangen liegen, die Kiemenstrahlen, welche die sich an die Kiemendeckel anschließende Kiemenhaut stützen. Ein Charakter von systematischer Wichtigkeit ist schließlich noch die Zahl der Flossenstrahlen in jeder Flosse. Diese Flossenstrahlen sind einfach gegliederte oder verzweigte, von denen die ersteren stets vor den letzteren stehen. Man schreibt das in Formeln so, daß die Zahl der einfach gegliederten Flossenstrahlen von der der verzweigten durch einen senkrechten Strich getrennt wird. So gelten für ansere Art folgende Formeln: R 3.|9—-11; Br 1|15; B1-2 |8; A 3 | 9-11; S. 19. Unmittelbar vor der Afterflosse liegen drei Öffnungen, der After und, auf einer Papille, Geschlechtsöffnung und Harnleitermündung. Der Fisch wird nunmehr in das Wachsbecken unter Wasser gelegt. Mit der Schere schneiden wir, vom After beginnend, den Leib bis zu den Kiemenstrahlen auf, führen dann einen zweiten Scherenschnitt vom After auf der linken Seite schräg nach vorn bis zur dorsalen Begren- zung der Leibeshöhle, die etwa in der Höhe der Seitenlinie liegt, und einen gleichen Scherenschnitt hinter dem Kiemendeckel schräg nach hinten. Die dadurch entstandene Klappe wird alsdann durch einen Scherenschnitt, der die Seitenlinie entlang geführt wird, abgetrennt. Es ist empfehlenswert, gleich ein vollständiges-Präparat vom Fische anzu- fertigen. Zu diesem Zwecke legen wir die Wirbelsäule und die Dorn- fortsätze durch Abtragung der dorsalen Muskulatur frei. Dann gehen wir zur Präparation des Kopfes über. Der Schnitt auf der Medianen der Ventralseite wird nach vorn bis zur Unterkieferspitze weitergeführt, und ebenso ein nicht zu tiefer Schnitt, der nur eben den Knochen durch- [So 66 16. Kursus: Selachier und Teleostier. trennt, auf der Medianen der Dorsalseite bis zur Oberkieferspitze. Vor- sichtig wird alsdann die ganze Seitenwand des Kopfes abgehoben. Das Resultat dieser Präparation ist in Fig. 157 dargestellt. Wir orientieren uns zunächst über die Lagerung der einzelnen Organe. Das große gaserfüllte Organ, welches den dorsalen Teil der Leibeshöhle einnimmt, ist die Schwimmblase. Wir sehen, daß sie in einen vorderen kleineren und einen hinteren größeren Abschnitt zerfällt, die beide zu- sammenhängen. Dorsalwärts von der Schwimmblase liegen dicht unter dem Rücken die langgestreckten Nieren, deren vorderstes Sıück als „Kopfniere“ bezeichnet wird; ventralwärts von ihr zieht ein breites, flaches Band von vorn nach hinten: die Gonade. Die im Ovarium liegenden Eier zeichnen sich durch sehr deutliche Keimbläschen aus. Ventralwärts davon liest vorn, in eine Schlinge eingekrümmt, der Darm, in seinem vorderen Teile umgeben von drei Leberlappen, von denen der srößte sich auf der Ventralseite des Darmes entlang zieht. Zwischen der Darmschlinge und dem vorderen Teil der Schwimmblase. in der Nähe des ersten Leberlappe ns, liest die Milz. Diese Bauchein- geweide werden nach vorn zu eingeschlossen von der senkrecht auf- steigenden Wand des Peritoneums. Davor liegt ventral das Herz, hinten oder mehr seitlich überdeckt von dem großen Sinus venosus; es besteht aus einer Vorkammer und einer Kammer, welche nach vorn den großen Bulbus arteriosus entsendet, aus dem die vier Paar Kiemenarterien an die Kiemen herantreten. Die deutlich sichtbaren Kiemen liegen in ihrem oberen hinteren Teile einer Muskelmasse auf, welche die Schlundknochen überdeckt. In der Mundspalte sehen wir eine Erhebung des Mundhöhlenbodens, die sogenannte „Zunge“. Dorsal von den Kiemen und vom großen runden Auge haben wir die geräumige langgestreckte Schädelhöhle geöffnet, in welcher das Gehirn sichtbar wird. Ein langer, nach vorn ziehender Nervenstrang ist der Rieehnerv. Die einzelnen Abschnitte des Gehirns lassen sich leicht feststellen. Durch einen Flächenschnitt öffnen wir ein Auge und finden darin eine ansehnliche Linse, die in Anpassung an das Sehen im Wasser Kugel- form besitzt. Wir legen nunmehr die Eingeweide vorsichtig auseinander. Der Darm wird mit der Pinzette bei der vorderen Schlinge erfaßt und unter Abpräparieren des zarten Aufhängebandes herausgelegt, ohne ihn ab- zuschneiden. Dann werden die Gonaden abpräpariert, und hierauf wird die Schwimmblase vom hinteren freien Ende aus herausgehoben. Das Vorderende der Schwimmblase ist von einer starken häutigen Kapsel umgeben. Wir sehen nunmehr auch den Gang, welcher die Schwimmblase mit dem Ösophagus verbindet. Dieser Gang tritt in die hintere Hälfte der Schwimmblase, dicht hinter der Einschnürung ein. Vom Darm sehen wir den aus dem Muskelkegel hinter den Kiemen hervortretenden Ösophagus in den geräumigeren, gestreckten Magen übergehen. Dann bleibt der Darm bis zum After ungefähr gleich weit. Auch die drei Leberlappen sind jetzt deutlicher sichtbar, unter dem oberen liegt die etwas dunkler gefärbte Milz, unter dem rechten die ihre Umgebung gelb färbende Gallenblase. Auf und zwischen den Eingeweiden befindet sich eine gelblich- weiße Masse mit vielen sehr kleinen, stark glänzenden Fettröpfchen, die auch in der Umgebung des Gehirns vorkommt. 16. Kursus: Selachier und Teleostier. 267 Mundöffnung -- Lobus olfactorius Zunge Auge Kiemen Gehirn Arterienbulbus Herzkammer ..—_ Schlundkopf Vorkammer, darunter Venensinus Vordere Bauchfellwand =" Darm 1. Leberlappen N -Kopfniere \ u >1.......Schwimmblase 2. Leberlappen + 7 Hode +----- 3. Leberlappen Bauchflosse . After ._ Geschlechtsöffnung _..... Harnleiteröffnung Harnblase - Afterflosse - Fig. 157. Anatomie von Zeueiscus rutilus g. Orig. 268 16. Kursus: Selachier und Teleostier. Die Gonaden, auf unserer Abbildung Fig. 157 die Hoden, ver- eneern sich nach hinten zu etwas und münden gemeinsam dicht hinter dem Alter. Durch die Wegnahme der Schwimmblase haben wir die Nieren freigelegt, die-als zwei langgestreckte Organe dicht unter der Wirbelsäule verlaufen. Die von ihnen ausgehenden Harnleiter weisen seitliche Ausstülpungen, die sog. Harnblasen, auf und münden dicht hinter den Mündungen der Geschlechtsgänge auf der gemeinsamen Papilla urogenitalis. Mit den Fingern nehmen wir einen der unteren Schlundknochen heraus und reinigen ihn von der ansitzenden Muskulatur. Diese unteren Schlundknochen sind nichts anderes als das fünfte Paar der Kiemenbogen, welche aber keine Kiemen tragen, sondern mit Zähnen besetzt sind, deren Anordnung für die Systematik von Wichtiekeit ist. Die vier vorderen Kiemenbogen tragen an ihrem äußeren kon- vexen Rande die Kiemen. Dorsalwärts treten sie an die paarigen oberen Schlundknochen, die zum vierten Kiemenbogenpaar gehören, heran. Mit dem starken Messer schneiden wir den Fisch hinter der Leibes- höhle quer durch, und betrachten den erhaltenen Querschnitt genauer. Zunächst fällt ins Auge die mächtige Muskulatur, aus einzelnen Portionen bestehend, deren jede konzentrische Schichtung zeigt. Dorsale und ventrale Rumpfmuskulatur sind deutlich geschieden. Die konzen- trische Streifung kommt dadurch zustande, daß der Querschnitt mehrere ineinander steckende Muskelkegel getroffen hat. Diese Muskelkegel sind die tütenartig ineinander steckenden Myomeren, die durch die Myo- commata voneinander getrennt sind. In der Mitte des Schnittes liegt die Wirbelsäule, die man mit Messer und Nadeln herauspräparieren kann. Der weiße Strang, welcher von den oberen Bogen umfaßt wird, ist das Rückenmark. Von der Vereinigung der Neuralbogen gehen die oberen Dornfortsätze aus. Die unteren oder Hämalbogen umschließen einen Kanal, den Caudalkanal, in welehem wir zwei Gefäße, eine Arterie und eine Vene, verlaufen sehen. Auch der Vereinigung der Hämalbogen sitzen untere Dorn- fortsätze auf. ös wird nunmehr eine Schuppe von ihrer Unterlage entfernt und unter dem Mikroskop bei schwacher Vergrößerung betrachtet. Eine solche Schuppe erweist sich als eine rundliche Platte, die am hinteren freien Rande etwas gezähnelt ist. Vom Zentrum strahlen eine Anzahl Furchen radial aus, besonders nach vorn und nach hinten. Außerdem findet sieh eine konzentrische Streifung zahlreicher, dem Schuppenrande parallel laufender Leisten. Auf dem nicht von der vorhergehenden Schuppe bedeekten Teil finden sich sternförmig ver- ästelte Pigmentzellen, sowie zahlreiche, in den Regenbogenfarben schillernde, aus Guanin bestehende Kristalle. 17. Kursus: Amphibien. 9659 17. Kursus. Amphibien. Technische Vorbereitungen, Eine Anzahl Exemplare des überall häufigen braunen Grasfrosches werden gesammelt und kurz vor Beginn des Kursus in einem verschlos- senen Glasgefäß mit etwas Chloroform getötet. A. Allgemeine Übersicht. Ihre Organisation weist die Amphibien hauptsächlich auf das Leben am Lande hin. An Stelle der vielstrahligen Fischflossen ist das fünf- strahlige Gangbein getreten, und die Kiemenatmung macht der Lungenatmung Platz. Eine besonders scharf ausgeprägte Organisation besitzt die Ordnung der Anuren oder Batrachier, zu denen der in diesem Kurse zu behandelnde Grasirosch. gehört. Während die Urodelen, zu denen die Molche gehören, noch einen langgestreckten Körper mit langem Schwanze besitzen, ist bei den Batrachiern der Körperbau ge- drungen, und ein Schwanz fehlt vollkommen. R Wir beschränken uns in dieser „allgemeinen Übersicht‘ auf den Bau der Anuren, speziell der Frösche. Die Haut der Frösche ist nackt und mit schleimabsondernden Drüsen versehen, welche sie schlüpfrig machen. Ein Hautskelett, welches den ausgestorbenen Panzerlurchen noch zukam, und welches sich bei der noch jetzt lebenden Ordnung der Coecilien in Form von Schuppen erhalten hat, fehlt den Fröschen. Von dem inneren Skelett des Frosches betrachten wir zunächst den Schädel. Es bleibt an ihm ein beträchtlicher Teil des ursprüng- lichen Primordialeraniums erhalten. Wir sehen demgemäß von knorpeligen Schädelteilen die Nasenkapsel, den Alisphenoidknorpel, die (Gehörkapsel, mit der das Quadratum, der hintere Abschnitt des Palatoquadratum, verschmolzen ist, während der vordere Abschnitt desselben, die Palatinspange, weit nach vorn bis zur Nasenkapsel reicht, und ferner findet sich auch an den Stellen noch Knorpel, wo sonst das Basioceipitale und Supraoceipi- tale liegen, so daß die beiden Knochen hier fehlen. Von primären Knochen findet sich vorn ein unpaarer Knochenring, das Sphenethmoid, während bei Urodelen Orbito- und Alisphenoide vorkommen können, ferner in der Ohrgegend ein Knochen, das Pro- oticum, und im Hinterhaupt die beiden Exoceipitalia, mit je einem Condylus oceipitalis. Deckknochen sind, von vorn angefangen, die Nasalia, die mit den Scheitelbeinen verwachsenen Stirnbeine, Frontoparietalia, sowie auf der Basalseite das große Parasphenoid. Hierzu kommt nun noch das Visceralskelett. Auf dem Quadrat- knorpel, welchem der Unterkiefer eingelenkt ist, liegt das Squamosum; die Palatinspange trägt drei Belegknochen jederseits: Vomer, Pala- tinum und Pterygoid, und davor die Kieferreihe mit Prämaxillare 270 17. Kursus: Amphibien. und Maxillare. Vom Maxillare zieht zum Quadratum als Verbindung das Jochbein, Jugale. Die Wirbel sind bei den Batrachiern vorn ausgehöhlt: procöl, während sie bei den Urodelen opisthocöl und bei den niedersten Formen derselben, den Perennibranchiaten, wie bei den Coecilien vorn und hinten ausgehöhlt, amphicöl, sind. In den Beekengürtel ist ein Wirbel, der Saeralwirbel, mit einbezogen. Bei den Batrachiern folgt auf diesen ein langer, säbelförmiger Knochen, das Os coceygis, welches die Schwanzwirbelsäule repräsentiert. Den Batrachiern fehlen die Rippen, die bei den Urodelen vor- handen sind. Der Schultergürtel besteht aus einer gebogenen Platte jederseits, dem Schulterblatt, das mit dem Brustbein durch das Präcoracoid (auf dem als Deckknochen sich die Clavicula bildet) und das Coracoid verbunden ist. Das Brustbein besteht aus dem oralen Episternum und dem caudalen Sternum, beide an ihren freien Enden mit verbreiterten Knorpelplatten und auch durch Knorpel- masse voneinander getrennt. Die Vorderextremität ist gegliedert in Oberarm (Humerus), Unterarm (Radius und Ulna), Handwurzel (Carpus) und die Fingerstrahlen, stets nur vier an der Zahl. Der Beekengürtel wird zusammengesetzt aus dem dorsalen langen Darmbein (lleum) und dem ventralen, noch einheitlichen Scham- Sitzbein (Isehiopubis). An den langen Hintergliedmaßen finden sich fünf Zehen. Das Gehirn ist langgestreckt, die fünf Hirnteile sind deutlich unterscheidbar, das Vorderbein ist ziemlich groß, das Hinterbein da- gegen nur eine quer vor der Rautengrube gelagerte Lamelle. Von den Sinnesorganen hat besonders das Gehörorgan eine Umwandlung durch Ausbildung eines schalleitenden Apparates erlitten. Das Spritz- loch der Selachier wird zu einem Gange, der als Tuba Eustachii in den Rachen ausmündet, während ein anderes Ende sich zur Pauken- höhle erweitert, die nach außen durch das Trommelfell abgeschlossen wird. Ein Knochen, die Columella, die aus dem Hyomandibulare ent- standen sein soll, setzt sich einerseits an das Trommelfell, andererseits an eine Olinung des häutigen Labyrinthes, das Foramen ovale, an und übermittelt die das Trommellfell treifenden Schwingungen der Luft. Die Amphibien haben sowohl Kiemen wie Lungen, sind also „Doppelatmer“, entweder das ganze Leben hindurch (Perennibran- chiaten), oder es funktionieren in der Entwicklung zuerst die Kiemen, später die Lungen. Auch diese können verschwinden, und die Atmung wird dann ausschließlich von der Haut oder dem Pharynx übernommen. Die Kiemen sind äußere Anhänge, die bei den Batrachierlarven bald durch ‚innere Kiemen‘ ersetzt werden, die aber nicht denen der Fische homolog, sondern aus dem ventralen Teil der äußeren Kiemen ent- standen sind und von einer Hautlalte, dem Operculum, überdeckt werden. Die Lungen sind zwei sacklörmige Organe, deren Ausführ- gang, die kurze Luftröhre, bei den Batrachiern Stimmbänder erhält. Die Laute können noch verstärkt werden durch Ausstülpungen des Mundhöhlenbodens, die Schallblasen, welche als Resonatoren wirken. Die Atmung erfolgt durch Einschlucken der Luit. Entsprechend der Doppelatmung ist auch der Blutkreislauf komplizierter. Während bei den Fischen das Herz aus einer Kammer und einer Vorkammer besteht, ist bei den Amphibien eine Trennung der Vorkammer in zwei eingetreten, eine linke und eine rechte. Die linke 17. Kursus: Amphibien. 271 Vorkammer empfängt das Blut von den Lungen (sobald diese funk- tionieren), führt also arterielles Blut, die rechte nimmt das venöse Blut der Körpervenen auf. Aus dem aus der Herzkammer entspringenden Arterienstamm zweigen sich ursprünglich jederseits vier Arterien- bogen ab, von denen die drei vorderen bei den Larven zu den Kiemen gehen. Hier wird das Blut gereinigt und sammelt sich in den ab- führenden Kiemenvenen an, welche in die beiden Aortenbogen über- gehen, die sich zur Aorta descendens vereinigen. Der letzte, vierte Arterienbogen gibt jederseits einen Ast an die Lunge ab, die Lungen- arterien. Sobald bei der Metamorphose die Kiemen schwinden, geht natürlich auch der Kapillarkreislauf in ihnen verloren, und das Blut strömt nunmehr durch eine bereits bei den Larven vorhandene zweite, direkte Schließung in die abführenden Gefäße. Der erste Arterienbogen wird jederseits zur Carotis, welche den Kopf versorgt, die zweiten Bogen vereinigen sich zur Aorta descendens und heißen Aortenbogen, die dritten werden mehr oder minder rudimentär, und die vierten sind die Lungenarterien, von denen bei den Anuren ein starker Ast als Arteria cutanea zur Haut geht, in welcher eine intensive Blutzirkulation und Atmung stattfindet. Die Sonderung der beiden Blutarten ist zwar sehr unvollkommen, doch ist durch Klappen im Trunecus arteriosus dafür gesorgt, daß das arterielle, von der linken Vorkammer in die Herzkammer eintretende Lungenblut in die beiden ersten Arterienbogen geht, während das von den Körpervenen durch die rechte Vorkammer dem Herzen zugeführte Blut in den vierten Bogen (Arteria pulmonalis) eintritt. Der Darmtraetus. Die Zähne der Batrachier sind sehr klein und können sich außer auf den Kiemen auch noch an Knochen der Mundhöhlendecke, so dem Vomer, finden. Die Zunge ist meist vorn festgeheftet und kann dann vorgeschnellt werden. Die kurze, weite Speiseröhre führt in einen schräg gestellten Magen, von dem aus das Duodenum allmählich in den Dü nndarm übergeht. Der Enddarm ist weiter und mündet in die Kloake ein. Leber, Gallenblase und Pancreas sind bei den Fröschen vorhanden. Das Urogenitalsystem zeigt noch einfache Verhältnisse. Die Nieren sind Urnieren. Beim Männchen tritt der vordere Teil der Urniere mit dem Hoden in Verbindung, während der hintere Teil Harn ab- sondert. Es existiert demnach für männliche Geschlechtszellen und den Harn ein gemeinsamer Gang, der Harnsamenleiter. Der Harn- samenleiter entsteht durch Spaltung des ursprünglichen Urnierenganges in zwei Längskanäle, den Mürrterschen Gang und den Worrrschen Gang. Ersterer wird beim Männchen rudimentär, und der Worrrsche Gang wird zum Harnsamenleiter. Beim Weibchen fehlt die Beziehung der Niere zur Gonade. Aus dem traubigen Eierstock gelangen die Eier in den mit weiter Öffnung versehenen Eileiter, welcher von dem MÜLLER- schen Gang gebildet wird, während der Worrrsche Gang beim Weibchen nur zum Harnleiter wird. Die Harnblase ist eine ventrale Ausstülpung der Kloakenwand und unterscheidet sich also dadurch sehr wesentlich von der Harnblase der Fische, die nur eine Erweiterung des Harnleiters darstellt. Die Eier werden meist als „Laich“ ins Wasser abgelegt, vereint zu Schnüren oder Klumpen. Die kugelige Gallerthülle, welche jedes 372 17. Kursus: Amphibien. Ei umgibt, wirkt wesentlich als Schutz gegen Gefressenwerden wie Eintrocknen und das in jedem Ei enthaltene schwarze Pigment zur besseren Aufnahme der Sonnenwärme. Die Metamorphose erfolgt bei den Fröschen in der Weise, dab die aus dem Ei entstandenen Kaulquappen, welche ursprünglich drei Kiemenbüschel und einen langen Ruderschwanz besitzen, erstere durch innere Kiemen ersetzen. Dann sprossen die paarigen Extremitäten hervor und die Lungen legen sich an. Mit dem Übergang zum Land- leben gehen dann auch Ruderschwanz und innere Kiemen verloren, und die Kaulquappe bildet sich zum fertigen Frosch aus. In Deutschland kommen vier Arten Frösche vor, ein grüner: der Wasserfrosch (Rana esculenta L.) und drei braune. Einer davon hat einen gefleckten Bauch, der Grasirosch (Rana muta LAur.), von den beiden anderen mit ungeflecktem Bauch, dem Moorfrosch (Rana arvalis Nırss.), und dem seltenen Springfrosch (Rana agılis Tmom.) zeichnet sich der letztere durch sehr lange Hinterbeine aus. B. Spezieller Kursus. Rana muta Laur. (R. temporaria auct.), der braune Grasfrosch. Wir legen den Frosch ins Wachsbecken unter Wasser und be- trachten seine äußere Körperform. Die Färbung ist bei den einzelnen Individuen recht verschieden- artig; besonders die Oberseite wechselt von hellen Farben bis zu dunklem Braun, während die Bauchseite gelblich und leicht gefleckt ist. Ein sroßer dunkler Fleck findet sich jederseits hinter dem mit goldglänzender Iris versehenen Auge. Weniger distinkte Flecke bedecken den ganzen Rücken wie die Extremitäten, auf den Hinterbeinen sich zu queren Bändern ordnend. An der Seite linden sich Wärzchen und Hautdrüsen. Die Haut ist schlüpfrig und läßt sich überall in Falten hoch- heben. Dieses lose Aufliegen rührt davon her, dab sich unter ihr große, mit Lymphe gefüllte Hohlräume, die sogenannten Lymphsäcke, aus- dehnen. Ein solcher Lymphsack läßt sich leicht demonstrieren, wenn man einem Frosche die Rückenhaut mit einem Scherenschnitt öffnet. Diesen Rückenlymphsack durchziehen Hautnerven, und an der Innenseite der Haut breiten sich eine Hautarterie und eine Hautvene aus. Am Hinterende des Rückenlymphsackes liegen zu beiden Seiten des Steißbeines zwei kontraktile Lymphherzen; zwei andere finden sich zu beiden Seiten der Wirbelsäule. Der verhältnismäßig kurze, gedrungene Rumpf ist weich, da er nicht von Rippen gestützt wird, und geht nach vorn in den dreieckig zugespitzten Kopf über. Ein Schwanz fehlt vollkommen und tritt nur in der Entwicklung des Frosches auf. Die beiden Vorderextremitäten sind kurz, und die Hand ist stark nach vorn gewendet, ähnlich wie bei den Säugetieren. Sehr viel größer sind die Hinterextremitäten, !die zum Springen und Schwimmen verwandt werden. Dementsprechend ist auch ihre Muskulatur stark entwickelt, und die Zehen sind durch eine Schwimmhaut verbunden. - 17. Kursus: Amphibien. 973 Der Mund ist eine große Spalte; öffnen wir diese, so erblicken wir die auf dem Unterkiefer liegende und in ihm ganz weit vorn angewach- sene fleischige, zweizipfelige Zunge, welche zum Erfassen der Beute herausgeschleudert wird. Der Schleim in der Mundhöhle wird von Drüsen am Gaumen abgesondert, beim Vorschnellen der Zunge ven diesem abgestreift und dient zum Festkleben der aus Insekten be- stehenden Beute. Fassen wir mit dem Finger in den Mund hinein, so fühlen wir an den Oberkieferrändern zahlreiche Zähnchen, während der Unterkiefer zahnlos ist. Außerdem finden sich in der Mundhöhle noch Zähnchen an den Pflugscharbeinen; zu beiden Seiten liegen zwei Öffnungen: die Choanen. Vorn an der Schnauzenpsitze liegen die beiden kleinen, durch Klappen verschließbaren Nasenöfinungen. Die großen, rundlichen Augen können von einem unteren durchscheinenden Augenlid, der Niekhaut, überzogen werden, während das kleinere obere Augenlid festgewachsen ist. Hinter dem Au ge liegt eine kreisrundeMembran, das Trommelfell, welches den Eingang in das Gehörorgan verschließt. Die Kloakenöffnung liegt am Hinterende des Rumpfes, etwas auf die dorsale Seite gerückt. Schon aus der Betrachtung der äußeren Körperform läßt sich erkennen, ob wir ein Männchen oder ein Weibchen vor uns haben. Finden sich nämlich am Daumen der Vorderextremität schwielige Ver- diekungen, so haben wir ein Männchen vor uns. Diese Daumen- schwielen, welche besonders zur Zeit der Brunst deutlich hervortreten, werden bei der Umklammerung des Weibehens zum Festhalten benutzt. Wir schreiten nunmehr zur Sektion. Man schneidet die Bauch- decke von der Symphyse bis zum Kinn auf, führt seitliche Schnitte durch die Haut des oberen Teiles der Extremitäten und steckt die Hautlappen mit Nadeln im Wachsbecken fest. Eine andere sehr leichte und schnelle Methode der Abhäutung ist folgende. Zunächst wird mit der Schere ein Schnitt rings um den Hals, einige Millimeter hinter dem Trommelfell, gemacht, was sehr leicht geht, wenn man mit der Pinzette in der anderen Hand die Haut hochhebt, und dann wird der ganze Körper abgehäutet. Man kann das durch eine einfache Prozedur zu- stande bringen, indem man den Kopf mit einer Hand faßt, die Rücken- haut mit der anderen mit einem Tuche ergreift und nunmehr mit einem kurzen Ruck die gesamte Haut abzieht. Man hüte sich davor, daß die in den Lymphsäcken enthaltene Flüssigkeit in die Augen spritzt. Wir haben damit ein Präparat hergestellt, an dem sich die Mus- kulatur sehr schön überschauen läßt. Wir wollen uns folgende größere Muskeln merken. Betrachten wir die Ventralseite des Rumpfes, so sehen wir die Brustregion bedeckt mit starken Muskeln; es sind das, von vorn angefangen, der M. sternoradialis, dann der M. peetoralis in zwei Portionen, während eine dritte Portion desselben von der In- sertionsstelle am Oberarm schräg nach unten zum Bauche zieht. Der Bauch wird überzogen von dem großen M. reetus abdominis, leicht kenntlich durch fünf zackige Inseriptiones tendineae. Der Rücken ist von einer Fascie, der Fascia dorsalis, bedeckt, unter welcher die Rückenmuskeln durehsehimmern. Zu beiden Seiten der Mittellinie des Rückens liegen der M. longissimus dorsi, sich ans Hinterhaupt an- setzend, und seitlich von diesem, um die Seiten herumgehend, der M. obliquus externus. Die wohl ausgebildete Muskulatur der Extremi- täten ist hier nieht zu behandeln. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 18 274 17. Kursus: Amphibien. (Näheres findet man in ECKER-WIEDERSHEIM-GAUPP, Anatomie des Frosches. Braunschweig 1896 —1904). Wir stecken nunmehr den Frosch mit durch die Extremitäten ge- führten Nadeln im Wachsbecken fest, präparieren die Muskeln der Brust ab und legen damit den Schultergürtel frei. In der Medianlinie liest oval das Episternum, das durch ein knorpeliges Zwischenstück mit dem eigentlichen, knöchernen Sternum verbunden ist; an dieses schließt sich eine breite, knorpelige Endplatte, der Schwertfortsatz (Processus xiphoideus) an. Zu beiden Seiten setzen sich an das Brustbein je zwei kleine Knochen an, von denen der vordere das Präcoracoid, der hintere das Coracoid darstellt, und die jederseits an das Sshulterblatt herangehen (s. Fig. 158). Die Weiterpräpa- ration erfolgt in der Weise, daß der Schul- nm. 4. Episternum terzürtel beiderseits Praecoracoid Oo nahe demOberarm durch- Scapula schnitten und vorsichtig, um das Herz nicht zu verletzen, entfernt wird. . Gelenkpfanne Dann schneidet ar zul “für den Humerus einem Medianschnitt die Haut der Kehlgegend in der Mittellinie bis vorn hin auf und entfernt - Sternum sie samt darunterliegen- der Muskulatur. Hierauf wird die das Herz über- an ziehende feine Haut, 5 der Herzbeutel, auf- Fig. 158. Brustbein und Schultergürtel des Gras- geschnitten und ent- frosches. Orig. fernt, und endlich wird ein Schnitt in der Me- dianlinie des Bauches bis zum Schambein hin geführt und die auf die Seite gelegte Körperwand mit Nadeln festgesteckt (s. Fig. 159). "= Coracoid In der Kehlregion haben wir durch unsere Präparation eine zarte, aber große Knorpelplatte freigelegt: den Zungenbeinkörper oder die Copula. Vorn setzen sich zu beiden Seiten an die Copula zwei dünne, sekrümmte Knorpelspangen an, die oberen Zungenbeinbogen oder Hyoidbogen, während zwei andere, von hinten abgehende Knorpel- spangen, dieunteren Zungenbeinbogen oder Branchialbogen sind. Nach hinten von der Copula liegt in der Medianlinie der Kehlkopf; zu beiden Seiten des Hinterendes der Copula liegen kleine traubige Drüsen, als Schilddrüse, Thyreoidea bezeichnet. Vorn sehimmert die Zunge dureh; schneiden wir die darüber liegende Haut ab, so sehen wir sie als stumpf-zweizipfeliges Organ vorn angewachsen. Beim Männ- chen liegen seitlich von der Zunge zwei als Aussackungen der Mund- schleimhaut entstandene Schallblasen, die als Resonatoren fungieren und beim Männchen des Wasserfrosches nach außen hin vorschwellen können. Das Herz ist ein konischer Körper, dessen im Präparat schräg nach links caudalwärts gerichteter, spitz zulaufender Teil die Herzkammer 17. Kursus: Amphibien. 275 darstellt, die schon durch ihre hellere Farbe von den beiden davor liegenden dunkelblauroten Vorkammern unterschieden wird. Von der Herzkammer geht der Truncus arteriosus aus, der sich in zwei starke Arme verzweigt, deren jeder sich wieder in zwei Äste gabelt. Wenn wir das Herz etwas in die Höhe heben, so sehen wir auf der dorsalen Seite den Sinus venosus liegen, in welchen zwei Blutgefäße von vorn, „..-.— Durchschimmernde Zunge „. Oberer Zungenbeinbogen Thyreoidea ...„—_.-— Zungenbein Unt. Zungenbeinbogen Kehlkopf., DIN 1.3. Arterienbogen \++-:+-""""" Truneus arteriosus -- ++" H 2 BL ---...... Vorkammer Herzkanımer ------ +" g; R y a "—- Lunge -—- Eileiter Rechter Leberlappen ..-... 4 Leber Eierstock -- -- Magen Gallenblase----""" | Nr “= Pancreas Eileiter-----""""" KEN --Enddarm --+Haroblase Harnblase ---------+--+--- +++: Fig. 159. Anatomie eines weiblichen Grasfrosches. Orig. ein drittes großes von hinten einmünden. Zu beiden Seiten des Herzens liegen die ansehnlichen Leberlappen, unter deren medianer Verbindung die dunkelgrüne Gallenblase liest. Oberhalb der Leberlappen, mehr im Innern verborgen, finden sich die beiden dünnwandigen Lungen- säcke, die in den dicht hinter der Zunge gelegenen Kehlkopf ein- 18* 276 17. Kursus: Amphibien. münden. Die Lungen fungieren außer als Atmungsorgane auch noch als hydrostatische Apparate beim Schwimmen. Der im Präparate rechte (also eigentlich der linke) Leberlappen ist größer als der andere und besteht aus zwei Teilen, einem mehr seitlich gelegenen und einem zum Teil von ersterem überdeckten medianen. Schlagen wir diesen großen Leberlappen etwas nach innen, so erblicken wir darunter den ansehn- lichen links gelegenen Magen (s. Fig. 160), der von dem sehr aus- dehnungsfähigen Osophagus durch eine seichte Einschnürung abgesetzt ist. Die Fortsetzung des Darmtractus, das Duodenum, biegt wieder nach der Medianlinie zu ein. In ihm liegen quergerichtete halbmond- förmige Falten, die den Nahrungsbrei stauen können. Legen wir die Leberlappen nach vorn um, so erblieken wir zwischen ihnen eine rund- lich-ovale, dunkelgrüne Blase, die Gallenblase. Aus den beiden groben Leber — Leber Ductus hepatiei >-----------= Duetus eystiei — Ductus hepatiei Ductus choledochus "" => Gallenblase ------ — Fe Pancreas Leber. --—-- R e Sn ZA---.--. Ductus wirsungianus Ligamentum hepato- ................N duodenale Abgeschnittener .__.....------... N Darm _ Magen Ductus choledochus Duodenum --:- ---- ---------------- Fig. 160. Panereas und Gallenblase des Frosches (nach ECKER). Leberlappen entspringen je drei bis vier kurze Lebergänge, Ductus hepatici, welche mit den aus der Gallenblase austretenden Ausführungs- gängen, den Ductus eystici, zur Bildung eines gemeinsamen Ganges, des Duetus eholedochus, zusammentreten. Der Duetus choledochus tritt in das Duodenum ein, im oberen Teil seines Verlaufes umgeben von einem dünnen, gelbbraunen, unregelmäßig gelappten Drüsengebilde, dem Panereas. Der Ausführgang des Pancreas, der Duetus wirsun- ejanus, mündet in den Duetus choledochus ein, der also bei seiner Ein- mündune in das Duodenum die Sekrete aus Leber, Gallenblase und Pancreas aufgenommen hat. Ein rosa bis rotbraun gefärbter rundlicher Körper unter dem Duodenum, den man sich leieht sichtbar machen kann, wenn man den Darm etwas umlegt, ist die Milz. Der Dünndarm macht mehrere Windungen und geht dann in den stärkeren Enddarm (Diekdarm) über, der, sich allmählich verjüngend, in die Kloake eintritt. Über dieser liegt die große Harnblase, die aus zwei großen, zarthäutigen, 17. Kursus: Amphibien. 277 an der Basis zusammenhängenden Lappen besteht und als eine Aus- stülpung der ventralen Kloakenwand zu betrachten ist. Wir führen eine mit Wasser getüllte Pipette in die Kloake und spritzen deren Inhalt ein; die Harnblase schwillt alsdann auf und wird dadurch im ganzen Umfange deutlicher sichtbar (Fig. 159). Fig. 159 zeigt uns den Situs viscerum eines weiblichen Tieres. Wir können an einem solchen die Geschlechtsorgane zum Teil ohne weitere Präparation betrachten. Die von der Leber größtenteils be- deckten Ovarien liegen zu beiden Seiten der Medianlinie als dunkel pigmentierte Organe. Mächtig entwickelt sind die in viele Windungen gelegten darmähnlichen Eileiter, deren unterer sackartig erweiterter Ab- schnitt, der sog. „Uterus“, die dunklen Eier deutlich durchsehimmern läßt. Um diese Organe besser sehen zu können, heben wir den Darm mit seinen Anhängen, Leber usw., ab. Wir schneiden den Darm oben und unten ab, und sehen bei vorsichtigem Abheben, daß er durch ein dorsales Mesenterium aufgehangen ist, welches mit der Schere durch- schnitten werden muß. Nunmehr liegen die weiblichen Geschlechtsorgane vor unseren Augen (Fig. 161). Die paarigen Ovarien sind zur Brunstzeit (im Früh- jahr) mächtig entwickelt. Durch innere Kammerung erscheinen sie ge- lappt, und die pigmentierten reifenden Eier schimmern durch die Wan- dung hindurch. Zwischen beiden Ovarien treten dunkelgelbe, finger- förmige Läppchen hervor, die in ihrer Gesamtheit den „Fettkörper“ darstellen. Sie sind dem Vorderrande der Ovarien angewachsen und enthalten Reservestoffe, die kurz vor der Brunstperiode verbraucht werden. Die Eileiter öffnen sich dicht an der lateralen Wand der Lungen in trichterförmigen Ostien. Im Frühjahr sind die Eileiter sehr ansehn- lich und quellen beim Aufschneiden der Bauchhöhle sogleich heraus. Der als „Uterus“ bezeichnete untere Abschnitt der Eileiter ist bei geschlechtsreifen Exemplaren sehr stark angeschwollen und läßt durch seine dünne, häutige Wand die dunkel pigmentierten Eier hindurch- schimmern. In den Wandungen der Ovidukte wird von Drüsen die Gallerthülle abgeschieden, welche jedes Ei umgibt. Gelegentlich findet man auch in der Leibeshöhle einzelne Eier, aber noch ohne Gallerthülle; sie gelangen dorthin durch Platzen der Wand einer Kammer des Ovariums und werden von temporär auf- tretenden Streifen von Flimmerepithel zu den Mündungen der Eileiter befördert und von ihnen aufgenommen. Die Eileiter münden auf je einer Papille in der Kloake. Wir entfernen nunmehr auch die Geschlechtsorgane. Die Ovarien sind mittels dorsaler Mesenterien aufgehangen, welche durchschnitten werden müssen. Es werden die Nieren sichtbar, längliche, zu beiden Seiten der Wirbelsäule gelagerte, flache Organe von "rotbrauner Farbe. Seichte Einschnitte bewirken eine oberflächliche Lappung. Ein auf der Ventral- seite jeder Niere liegender schmaler goldgelber Körper ist die Neben- niere. An der Außenseite der Nieren verläuft jederseits der Harn- leiter als weiblicher Strang. Beide Harnleiter münden in die Kloake ein. Wir gehen nun dazu über, auch bei einem männlichen Exemplare die Geschlechtsorgane zu präparieren, indem wir in gleicher Weise die darüber lagernden Organe, den Darm mit seinen Anhängen, entfernen. 17. Kursus: Amphibien. [80] —1 [0,-) Die männliehen Gesehlechtsorgane (Fig. 162) bestehen aus einem Paar gelblicher Hoden, welche symmetrisch zu beiden Seiten der Wirbelsäule liegen und dorsalwärts mit Bändern (Mesorchien) befestigt sind. Ihre Form ist rundlich-oval. Vorn ist ihnen jederseits der Fett- körper angewachsen, der aus größeren oder kleineren dunkelgelben Drüsenbüscheln besteht. Schneiden wir ein Mesorchium in der Mittel- linie auf, so sehen wir in ihm feine weißliche Kanäle verlaufen, welche vom Hoden aus in den oberen Teil der Niere eintreten. Das sind die „.- Kehlkopf -" Ösophagus ...Ostium tubae _ Band . Fettkörper -- Eierstock Aufhängeband der Eierstöcke .. Eileiter Niere Uterus Harnblase Harnleiter Gelenkkopf des Femur Mündung der Harnblase ' Mündung der Eileiter Öffnung der Harnleiter Fig. 161. Die weiblichen Geschlechtsorgane eines Grasfrosches. Die Kloake ist auf- geschnitten. Orig. Ausführeänge der Hoden, die Vasa efferentia. Ein an dem medialen Nierenrande verlaufender Längskanal nimmt die Vasa efferentia auf und gibt seinerseits zahlreiche Kanälchen in die Niere ab. Die Aus- führung des Samens wie des Harns besorgt der jederseits am lateralen Nierenrande zur Kloake verlaufende Urnierengang, der also hier zum Harnsamenleiter wird. 17. Kursus: Amphibien. 2379 Am unteren Ende jedes Urnierenganges findet sich eine sackartige Erweiterung: die Vesicula seminalis. Die Ausmündung erfolgt in die Kloake. Mit der starken Schere wird jetzt das Becken durchschnitten und dadurch die Kloake sichtbar gemacht, die seitlich von der Mittellinie aufgespalten wird. Beim Männchen liegt dorsal die gemeinsame Mündung der beiden Harnsamenleiter, in der ventralen Kloakenwand die Öffnung der Harn- blase, während wir beim Weibchen außer dieser dorsal die unpaare Mündung der Ovidukte und dahinter die paarigen Harnleiteröffnungen erblicken. Wir entiernen die Nieren und erblieken jetzt die Wirbelsäule, auf der ein großes Blutgefäß nach hinten zieht; vorn teilt es sich in zwei Äste. Diese beiden Äste entspringen als Aortenbogen jederseits vom Truncus arteriosus, biegen nach hinten um und bilden die Radix aortae. &g 9 dr 5 Radix aortae N ...... Wirbelsäule enden Fettkörper ren. Hode Mesorchium, darunter . j Vasa efferentia -— —. Harnsamenleiter Arteria urogenitalis Harnsamenleiter Vena cava inferior Fig. 162. Die männlichen Geschlechtsorgane eines Grasfrosches. Orig. Der linke Aortenbogen kommuniziert mit dem rechten nur durch eine kleine Öffnung und geht dann zum Darm ab. Der rechtsseitige Aorten- bogen bildet die median verlaufende Körperaorta, die sich kaudal in zwei in die Hinterbeine ziehende Äste gabelt (Arteriae iliacae com- munes). Die weitere Untersuchung des Blutgefäßsystems beginnen wir mit dem Herzen. Den aus der Herzkammer tretenden Truncus arteri- osus sehen wir jederseits sich in zwei Stämme teilen, deren jeder drei Äste abgibt. Der oberste Ast, der erste Arterienbogen, ist die zum 380 17. Kursus: Amphibien. Kopfe ziehende Arteria carotis, der zweite Arterienbogen ist der Aorten- bogen, der letzte Arterienbogen geht als Arteria pulmonalis zur Lunge und gibt vorher noch einen starken Ast, die Arteria eutanea, zur Haut ab. Vom Venensystem können wir uns den großen Venensinus sicht- bar machen, wenn wir das Herz nach vorn umschlagen. Drei Venen treten in diesen Sinus ein, die Vena cava inferior von hinten und die beiden Venae cavae superiores, welche das venöse Körperblut dem Herzen zuführen. Aus dem Sinus venosus tritt es in die rechte Vor- kammer. Die linke Vorkammer empfängt die zu einem Stamm ver- einigten Lungenvenen, welche das in den Lungen arteriell gewor- dene Blut zum Herzen bringen. In der Herzkammer vereinigt sich also das venöse Blut der Körpervenen mit dem arteriellen Blut der Lungenvenen, so daß der Körper durch die Arterienbogen gemischtes Blut empfängt. Nach Entfernung der Nieren sieht man zu beiden Seiten der Wirbelsäule symmetrisch gelagerte weiße Konkretionen, die Kalksäcke, Riechnerv Lobus olfactorıus Trennungsfurche Vorderhirn -------- Epiphyse------ Zwischenhirn..-- Mittelhirn ------- Hinterhirn 4 Nachhirn- »-- Rautengrube -—- 8 E 81 Am Gehirn sehen wir folgende Abschnitte (Fig. 163) Vorn liegt das paarige Vorderhirn, nach vorn zu durch eine flache Depression von den großen Lobi olfactorii getrennt. Die hinteren Ränder der Großhirnhemisphären begrenzen den darauf folgenden kleineren Hirn- abschnitt, das Zwischenhirn, dem ein rundlicher Körper, die Epi- physe, aufsitzt. Es folgt darauf der dritte Hirnabschnitt, das paarige Mittelhirn, der breiteste Abschnitt des Gehirns überhaupt, den Vier- hügeln des menschlichen Gehirns entsprechend. Der vierte Abschnitt, das Hinterhirn (Kleinhirn), ist nur eine querliegende Platte, welche die Rautengrube des fünften Abschnittes, des Nachhirns, begrenzt. Wir schneiden nun vorsichtig von hinten nach vorn zu die vom Gehirn ausgehenden Nerven ab, nehmen es heraus und legen es in ein Uhrschälchen, um auch seine Ventralseite zu betrachten. Vom Lobus olfactorius gehen jederseits die Nervi olfaetorii mit zwei Wurzeln nach vorn. Auf der Ventralseite des Zwischenhirns sehen wir vorn die Kreuzung der Augennerven (Chiasma nerv. optic.). Darunter findet sich ein nach hinten gerichteter Lappen, das Tuber einereum, mit der mittels des Infundibulums daran hängenden Hypophysis. Die letztere bedeckt die Ventralfläche des Mittelhirns. Auf die sichtbar werdenden Hirnnerven sell hier nicht weiter einge- gangen werden. Der Enddarm wird abgeschnitten und sein Inhalt in ein Uhr- schälchen ausgequetscht. Schon mit bloßem Auge sieht man ein Gewimmel von kleinen weiblichen Körperchen zwischen den grünen Nahrungsresten. Bringen wir einen Tropfen der Flüssigkeit auf den Objektträger, so sehen wir schon bei schwacher Mikroskopvergrößerung zahlreiche Infusorien herumschwimmen: die Opalina ranarum (Fig. 164). Ihr bis 0,5 mm langer Körper ist stark abgeplattet, von annähernd ovalem Umriß, mit einer stärker ausgebauchten Seite und hinten etwas abgerundeter als vorn. Mit stärkerer Vergrößerung sehen wir eine deutliche Längs- streifung, die von Muskelfibrillen herrührt. Zahlreiche scheibenförmige Körperchen sind die Kerne dieser vielkernigen Form. Durch Zusatz von etwas verdünnter Essigsäure werden sie noch viel deutlicher, als sie schon im Leben ist. Mund, After und kontraktile Vakuole fehlen, ebenso die Nahrungsvakuolen, da Opalina nur flüssige Nahrung auf- nimmt. Man rechnet die Opalinen zu den Holotricha, und zwar stellen sie primitive Formen dieser Ordnung dar, welche durch eine Art von Generationswechsel möglicherweise einen Übergang von den Ciliophoren zu den Plasmodromen vermitteln. Sie gelangen in den Mastdarm des Frosches, indem sie als eingekapselte junge Tiere bereits von den Kaul- quappen aufgenommen werden. Ursprünglich haben die jungen Tiere nur einen Kern, der durch fortgesetzte Teilung in eine größere Anzahl zerfällt. Will sich der Praktikant ohne Aufwand von Zeit und Mühe ein Dauerpräparat von Ofalina machen, so verfahre er folgendermaßen: Ein Tröpfchen der die Infusorien enthaltenden Flüssigkeit wird auf einem Objektträger ausgebreitet und dieser ein paarmal über die Flamme ge- zogen, so daß die Flüssigkeit eintrocknet. Die leidlich gut fixierten Opalinen kleben nunmehr am Öbjektträger fest und werden mit einem 282 18. Kursus: Reptilien. Tropfen Hämatoxylinlösung übergossen. Nach einiger Zeit spült man das Hämatoxylin mit destilliertem Wasser ab und kann nun entweder Glyzerin zufügen und das Deckglas auf das Präparat decken oder dieses nacheinander mit 45-, 70-, 96°/,igem und absolutem Alkohol behandeln, mit Nelkenöl aufhellen und in Kanadabalsam einschließen. Außerdem sind aus dem Darme des Frosches noch zwei weitere Ciliaten zu erwähnen, das häufigere Dalantidium entozoon und der seltene Nyctotherus cordiformis, beide zu den Heterotrichen gehörig. Einen anderen Parasiten trifft man gelegentlich in der Harnblase an, einen Trematoden: Polystomum integerrimum Run». Auf den Ob- jektträger unter schwache Vergrößerung gebracht, zeigt das ziemlich lebhafte Tierchen folgenden Bau. Der eiwas quergerunzelte, ovale Körper ist platt und trägt hinten einen rundlichen, ebenfalls platten Anhang, die Schwanzscheibe, auf deren Bauchfläche sich jederseits drei große Saugnäpfe befinden. Außer diesen finden sich noch andere An- heftungsorgane in Gestalt von Häkchen, von denen die vier hintersten besonders deutlich sind. Ein weiterer Parasit findet sich in der Lunge. Zerzupft man ein Stück der Lunge auf dem Objektträger, so werden gelegentlich kleine, schlanke Würmehen von 3—4 mm Länge zum Vorschein kommen, die lebhafte schlängelnde Bewegungen ausführen. Diese Form ist das zu den Nematoden gehörige Rhabdonema nigrovenosum Ru». (s. S. 87), Das Tier ist ein Zwitter, und die Jungen verlassen den Frosch durch den Darmkanal, um freilebend zu einer zweiten, viel kleineren Gene- ration (Rhabditis) zu werden, die getrenntgeschlechtlich ist und einen anderen Bau hat. Wir haben hier also eine Form der Heterogonie vor uns- 18. Kursus. Reptilien. Technische Vorbereitungen. Diesem Kurse legen wir als Objekt die gemeinste unserer Eidechsen, die Zacerta agılıs L., zugrunde. Die Tiere werden kurz vor dem Kurse in einem Glase mit etwas Chloroform getötet. Die Untersuchung ge- schiehtfim Wachsbecken. A. Allgemeine Übersicht. Die Reptilien sind Amnioten und unterscheiden sich schon da- durch scharf von den zu den Anamnia gehörigen Amphibien, mit denen sie im älteren System vereinigt wur den. Zur Charakteristik der Amnioten, zu denen außer den Reptilien auch noch die Vögel und Säugetiere zählen, gehört der Besitz eines ‚Amnion“. Das Amnion stellt eine schützende, mit Flüssigkeit gefüllte, embryonale Hülle dar. Dazu kommt noch die Allantois, eine Ver- längerung der Harnblase des Embryos, welche zahlreiche Blutgefäbe enthält und der Respiration dient. Ferner tritt bei den Amnioten die Urniere samt Ausführgängen nur noch embryonal auf und wird durch die dritte Nierengeneration, die bleibende Niere (Metanephros), ersetzt. b 18. Kursus: Reptilien. 285 Kiemen finden sich weder bei Erwachsenen noch bei Embryo- nen vor. Der Körper der Reptilien ist im allgemeinen langgestreckt, der Kopf ziemlich deutlich vom Rumpfe durch einen Hals abgesetzt, der Schwanz vielfach drehrund, und die Gliedmaßen sind verhältnis- mäßig klein. Auch bei den Reptilien kommen wie bei den Anamnia Ver- knöcherungen der Lederhaut vor, die bei den Krokodilen und Schildkröten zu einem festen Knochenpanzer werden können. Als eine Neuerwerbung durch Anpassung an das Leben in der atmo- sphärischen Luft ist die Verhornung der Epidermis anzusehen, welche sich in der Bildung der Hornschuppen äußert. Vielfach finden sich Horn- und Knochenschuppen gleichzeitig vor, bei anderen Reptilien sind aber die letzteren verloren gegangen, und es bleiben nur die Horn- schuppen übrig. Durch Häutung können diese im Zusammenhang abgestreift und durch neue ersetzt werden. Hautdrüsen fehlen den Reptilien. Das Skelett ist meist stark verknöchert. Nur die ältesten Formen (Rhynchocephalen) haben noch die ursprünglichen, amphieölen Wirbel, die meisten dagegen procöle. Die Wirbelkörper sind meist durch Ge- lenke miteinander verbunden. Vielfach tritt eine Sonderung der Wirbel- säule ein, und wir unterscheiden: Hals-, Brust-, Lenden-, Kreuz- und Schwanzwirbel; doch geht diese Sonderung bei Schlangen und vielen Eidechsen wieder verloren. An sämtlichen Wirbeln, mit Ausnahme der Schwanzwirbel, können Rippen vorkommen. Der erste Halswirbel, der Atlas, stellt nur einen Knochenring dar, sein Wirbelkörper ist mit dem des zweiten Wirbels, des Epistro- pheus, verwachsen und bildet den Zahnfortsatz, um den sich der Schädel samt Atlas zu drehen vermag. Der Schädel besitzt nur einen Condylus oceipitalis, der sich in einer Gelenkfläche des Atlas bewegt und die Nickbewegungen ermöglicht. Auch der Schädel ist meist stark verknöchert, und das noch bei den Amphibien ziemlich ausgedehnt persistierende Knorpel- eranium wird fast völlig verdrängt. Das Quadratbein ist bei Croeodiliern, Rhynchocephalen und Cheloniern fest mit dem Schädel verbunden wie bei den Amphibien, bei den übrigen Reptilien beweglich. Vor dem Quadrat- bein liegt die Palatinreihe: Pterygoid, Palatinum und Vomer (der un- paar sein kann), nach außen und parallel zu ihr die aus Maxillare und Prämaxillare bestehende Kieferreihe. Beide Reihen sind hinten, zwischen Maxillare und Pterygoid, durch einen den Reptilien ausschließlich eigentümlichen, nur den Schildkröten fehlenden Knochen, das Os trans- versum, verbunden. Der Schultergürtel ist dem der Amphibien ähnlich; er fehlt den Schlangen vollkommen. Ein Brustbein fehlt den Schildkröten und Schlangen. Das Becken wird von drei Knochen, dem lleum, Pubis und Ischium, gebildet; die beiden letzteren verbinden sich durch eine doppelte Symphyse. Das Ileum verbindet sich mit den Querfortsätzen der Sacralwirbel (meist zwei an der Zahl). Auch das Becken fehlt den Schlangen meist völlig. Die freien Extremitäten sind kurze Gehfüße; sie können bei den Schlangen und schlangenähnlichen Eidechsen völlig verloren gehen. An der hinteren Extremität ist das Sprunggelenk in den Tarsus hinein 284 15. Kursus: Reptilien. verlegt (Intertarsalgelenk), so daß die proximale Reihe der Tarsalia mit dem unteren Ende des Unterschenkels, die distale Reihe mit den Metatarsalia fest verbunden ist. Das Gehirn ist meist klein, doch erreichen, bei den Crocodiliern besonders, Vorderhirn wie Kleinhirn eine höhere Stufe der Ausbildung. Die Nasenhöhlen weisen jederseits eine vorspringende Falte, die Nasenmuschel, auf, und die Choanen münden meist vorn in der Mundhöhle; nur bei den Krokodilen münden sie weit hinten, von dem aus Pterygoid, Palatinum und Maxillare gebildeten harten Gaumen ver- deckt. Am Auge finden sich bei Eidechsen und Schildkröten vorn in der Selera ein aus Knochenplatten gebildeter Seleroticalring, der den Schlangen und Krokodilen fehlt. Die beiden Augenlider sind bei den Schlangen und einigen Eidechsen zu einer durchsichtigen Platte verwachsen. Eine Nickhaut findet sich ebenfalls meist vor. Sehr merkwürdig ist bei manchen Eidechsen das Vorkommen eines dritten, unpaaren Auges, des Scheitelauges, das mit der Epi- physe in Verbindung steht. Es findet sich auch” dementsprechend eine Ötinung der verschmolzenen Parietalia, das Foramen parietale, vor. Die Bezahnung fehlt nur den Schildkröten und wird hier durch Hornscheiden auf den Kiefern ersetzt. Die Reptilienzähne sind meist konisch und entweder den Knochen aufgewachsen oder in Alveolen eingesenkt (Krokodile). Bei Schlangen und Eidechsen finden sie sich außer auf den Kiefern oft auch noch am Palatinum und Pterygoid. Bei den Giftschlangen sind gewisse grobe Oberkieferzähne rinnenförmig eingelaltet (Furchenzähne) oder diese Rinne hat sich völlig zu einem Kanal geschlossen (Röhrenzähne); in sie ergießt sich das "Sekret von Giftdrüsen. Die Zunge ist kurz und plump bei Schildkröten und Kroko- dilen, lang und zweispaltig bei den Eidechsen und Schlangen. Die Speise- röhre ist besonders bei den Schlangen sehr erweiterungsfähig. Bei den Krokodilen ist der etwas schräg gestellte Magen be- sonders stark entwickelt. Die Atmung geschieht ausschließlich durch Lungen. Der vordere Teil der oft langen Luftröhre ist zu einem Kehlkopf umgewandelt, der bei den Krokodilen wie einigen Eidechsen Stimmbänder besitzt. Meist gabelt sich die Luftröhre in zwei kurze Bronchien, die in die beiden Lungensäcke eintreten. Diese sind in verschieden hohem Maße in Fächer abgeteilt. Bei den Schlangen ist nur eine Lunge, die rechte, entwickelt, während die linke rudimentär ist. Die Atmung ge- schieht durch Bewegungen der Rippen, bei den Schildkröten durch Kontraktionen eines muskulösen Diaphragmas in der Leibeshöhle. Mit der ausschließlichen Lungenatmung ist auch die Trennung der beiden Herzhälften in eine linke, arterielle und eine rechte, venöse vollständiger geworden, indem auch die Herzkammer eine, allerdings noch unvollständige Scheidewand erhält. Nur bei den Krokodilen sind auch die Herzkammern völlig geschieden, doch kommt es auch bei ihnen noch zu einer teilweisen Mischung des arteriellen und venösen Blutes, indem die beiden von den Herzkammern abgehenden Aorten- bogen miteinander durch das Foramen Panizzae kommunizieren. Ein anderer wesentlicher Unterschied gegenüber den Fischen und Amphibien findet sich darin, daß der vom Herzen abgehende Arterien- ‚stamm nieht einheitlich ist, sondern infolge des Fehlens des rudimentär gewordenen Conus arteriosus und des Auftretens innerer Scheidewände 18. Kursus: Reptilien. 985 in drei direkt vom Herzen entspringende Gefäße zerfällt. Eines dieser Gefäße tritt von der linken Herzkammer aus, die beiden anderen von der rechten. Das von der linken Herzkammer entspringende Gefäß gibt vorn einen sich gabelnden Stamm, die Carotiden, an den Kopf ab und vereinigt sich dann mit dem entsprechenden Gefäß, welches von der rechten Herzkammer kommt, zur Aorta. Das dritte Gefäß, welches ebenfalls von der rechten Herzkammer entspringt, teilt sich in die beiden Lungenarterien. Vergleichen wir die vorliegenden Verhältnisse mit den bei Fischen und Amphibien gefundenen, so stellen die Carotiden das erste Paar Arterienbogen dar, die beiden Aortenbogen das zweite Paar und die Lungenarterien das vierte Paar, da bereits bei den Amphibien das dritte Paar verschwindet. Wir verfolgen nunmehr den Kreislauf des Blutes etwas näher. Der rechte, etwas größere Vorhof empfängt das Blut aus den Körper- venen und gibt es an die rechte Herzkammer ab, von wo es durch die Lungenarterien den Lungen zugeführt wird. Außerdem aber entspringt aus der rechten Kammer der linke Aortenbogen, welcher also venöses Blut führt. Aus den Lungen wird das arterielle Blut durch die in den linken Vorhof mündenden Lungen- venen dem Herzen zugeführt und tritt in das große Gefäß, welches den Carotiden und dem rechten Aortenbogen den Ursprung gibt. Die Carotiden führen demnach rein arterielles Blut, der Kopf wird also mit rein arteriellem Blute versorgt. Von den beiden zur Aorta zusammen- tretenden Aortenbogen führt nur der eine (rechte) arterielles Blut, der andere dagegen venöses, so daß also, auch abgesehen vom Foramen Panizzae, das Blut der Aorta gemischt sein muß. So ist es also bei den Reptilien noch nicht zu einer völligen Scheidung des arteriellen und venösen Kreislaufes gekommen. Die Bluttemperatur der Reptilien ist noch abhängig von der Temperatur der Umgebung; sie gehören zusammen mit Fischen und Amphibien zu den „Kaltblütern“, im Gegensatze zu den „warmblütigen“ Vögeln und Säugetieren. Nur bei Embryonen findet sich die Urniere mit dem Urnieren- gang; sie wird ersetzt durch die dritte Nierengeneration, die bleibende Niere mit dem Ureter. Die Urniere wandelt sich beim Männchen zum Nebenhoden um, der mit dem Hoden in Verbindung tritt, während der Urnierengang (Worrrsche Gang) zum Samenleiter wird und in die Kloake einmündet. Beim Weibchen fehlt der Zusammen- hang der Gonaden mit der Urniere, die als rudimentärer „Nebeneier- stock“ erscheint. Als Eileiter fungieren die mit einem weiten Ostium beginnenden Mürrerschen Gänge, die getrennt in die Kloake einmünden. Eine Ausstülpung der ventralen Kloakenwand stellt die Harnblase dar, welche Schlangen und Krokodilen fehlt. Die Begattungsorgane sind bei Eidechsen und Schlangen paarige vorstülpbare Hohlschläuche, bei Krokodilen und Schildkröten dagegen unpaare solide Körper; auf ihnen entlang läuft in einer spiraligen oder längsverlaufenden Rinne der Samen. Meist legen die Reptilien Eier; nur einige Schlangen und Eidechsen gebären lebendige Junge, indem die befruchteten Eier bis zum Aus- & schlüpfen des Embryos in den Eileitern zurückbehalten werden. Ur& sprünglich sind die Reptilien Landtiere; die aquatile Lebensweise, wel viele von ihnen führen, ist später angenommen worden. 286 18. Kursus: Reptilien. B. Spezieller Kursus. Lacerta agilis L.. die Zauneidechse. Die äußere Körperform unserer Eidechse weicht nicht wesent- lich von der eines Salamanders ab. Der spitz zulaufende dreieckige Kopf ist mit dem Rumpfe durch einen wenig distinkten Halsabschnitt verbunden. Der Schwanz ist fast drehrund und länger als der ganze übrige Körper. Von den kurzen Extremitäten sind die hinteren ein wenig größer und wie die Vorderextremitäten mit fünf Zehen versehen; die Enden der Zehen tragen feine Hakenkrallen. Die Haut ist mit Hornschuppen bedeckt, die am Kopfe zu größeren Schildern werden und eine streng gesetzmäßige, für die Systematik wichtige Lage einnehmen (s. Fig. 165). Die Grundfarbe des Rückens ist graubraun oder grün, der Schwanz ist stets braun, und ebenso findet sich auf der Medianlinie des Rückens ein brauner Streifen. An den Seiten des Rumpfes ziehen Längsreihen weißer, dunkel umränderter Flecken Fig 165. Kopf von Zacerta agılis, von der Seite und von oben. Orig. (Augenfleeken). Die Bauchseite ist gelblich oder grünlich mit vielen kleinen schwarzen Flecken, die nach den Seiten zu größer werden. Der Mund ist eine lange, fest verschließbare Spalte. Vorn am Oberkiefer finden sich zwei rundliche Öffnungen: die Nasenlöcher. Hinter den Augen finden sich jederseits in einer Vertiefung das schwarze Trommelfell. Die Kloakenöffnung stellt eine Querspalte dar, weshalb auch die Eidechsen zusammen mit den Schlangen und Rhynehocephalen als Plagiotremen den anderen, mit einer Längsspalte versehenen Reptilienordnungen gegenübergestellt werden. Zwischen Männchen und Weibchen finden sich folgende äußere Unterschiede. Die Farbe der Männchen ist an Seite und Bauch grün, der Weibchen dagegen an den Seiten bräunlichh am Bauche weiß- lich. Auch sind die Wejbehen schlanker, jedoch im Frühling dick- bauchiger. Über die Anordnung der Schilder des Kopfes orientieren die beiden beigefügten Abbildungen (s. Fig. 165). Die Halsgegend wird ventral nach hinten abgeschlossen durch eine Reihe krausenartig vor- tretender größerer Hornschuppen, die als Halsband bezeichnet werden. 18. Kursus: Reptilien. 287 Ein größeres Schild liegt auch vor der Kloakenöffnung: das After- schild. Auf dem Schwanze sind die Schilder gekielt und wirtelförmig angeordnet. Bei vielen Exemplaren ist der Schwanz in seinem hinteren Teile stummelförmig und scharf von dem vorderen Teile abgesetzt. In diesen Fällen handelt es sich um eine Regeneration des leicht an einer präformierten Stelle abbrechenden Schwanzes. An den Hinterextremitäten finden sich auf der Unterseite des Oberschenkels eine Anzahl größerer Schilder, aus denen gelbe Pfröpfe ragen: die Sehenkelporen, die beim Männchen viel stärker entwickelt sind als beim Weibchen. Wir öffnen den Mund und erblicken auf dem Boden der Mund- höhle die schwärzliche, vorn in zwei Spitzen auslaufende Zunge. An ihrem hinteren, eingebuchteten Rande liegt der Kehlkopf. Auf dem Mundhöhlendache springt ein von der Nasenscheidewand gebildeter Kopf vor, zu dessen beiden Seiten die Schlitze der Nasen- gaumengänge liegen. Öber- wie Unterkiefer sind mit Zähnen be- setzt, die auf niedrigen Knochensockeln seitlich an den Kieferrändern in einer Reihe stehen (pleurodontes Gebiß). Weitere, den Flügelbeinen aufsitzende Zähnchen sind an unserem Präparate nicht zu sehen, da sie zu tief in der Schleimhaut verborgen sind. Die Eröffnung der Leibeshöhle geschieht in folgender Weise. Dicht neben der Medianlinie des Bauches wird ein Scherenschnitt von dem Analschild an nach vorn geführt. Dieser Schnitt muß ganz oberflächlich geschehen, damit das darunter liegende schwarze Bauchfell nicht ver- letzt wird. Über den Brustkorb hinweg wird der Schnitt bis zum Unter- kieferwinkel geführt. Die zur Seite geklappte Haut wird mit Nadeln fest- gesteckt. Dann schneidet man mit einem zweiten Medianschnitt das Bauchfell von hinten her auf, durchtrennt den Brustkorb, indem man die Rippen an ihren Ansätzen an das Brustbein abschneidet, durch- schneidet das Brustbein selbst und präpariert rechts und links den Schultergürtel vollkommen ab, um Herz und Lungen freizulegen. Ebenso wird auch das Becken durchschnitten und abgetragen (Fig. 166). Wir betrachten zunächst die Eingeweide der Brusthöhle. Das Herz liegt in der ventralen Mittellinie unterhalb des Brustbeines und ist von einem dünnwandigen Herzbeutel umgeben. Es lassen sich drei Abteilungen des Herzens unterscheiden, von denen die beiden vorderen die Vorkammern sind. Die. Herzkammer läuft spitz konisch zu. Zwischen beiden Vorkammern, teilweise durch sie verdeckt, zieht der von der Herzkammer entspringende Truneus arteriosus nach vorn. Wir machen ihn deutlicher sichtbar, indem wir den Herzbeutel vorsichtig abtragen. Zunächst ist zu bemerken, daß die scheinbar einheitliche Herz- kammer durch eine unvollkommene Scheidewand in zwei Ventrikel zerlegt wird. Der bei Fischen und Amphibien einheitliche Arterien- stamm ist hier durch Scheidewände in drei einzelne Gefäße zerlegt. Der aus dem linken Ventrikel stammende rechte Arterienstamm ent- sendet nach vorn die beiden gemeinschaftlichen Carotiden zur Ver- sorgung des Kopfes und der Vordergliedmaßen und biegt dann als rechter Aortenbogen nach hinten um, sich mit dem aus dem rechten Ventrikel kommenden linken Arterienstamm, dem linken Aorten- bogen, zur Aorta descendens vereinigend. Die vom rechten Ven- 288 18. Kursus: Reptilien. PB Thyreoidea Rechte Carotis ..___ _.... Linke Carotis Thymus hymus_.__ ?___.L. Aortenbogen R. Aortenbogen ...___ L. Vorkammer .....Herzkammer Rechte Lunge .--.-------- ll Lebervene ------ Fa ur unge N Gallenblase.------------ Magen ---- - --.Pancreas Dünndarm 1" 2... Eierstock Diekdarın Harnblase --- Mündung des Enddarmes in die"; Kloake Mündung Mündungen Kloake Mündungen Eileiter der Harnblase der Harnleiter der Eileiter Fig. 166. Anatomie einer weiblichen, geschlechtsreifen Zacerta agilis. Orig. 18. Kursus: Reptilien. 289 trikel entspringende Lungenarterie liegt auf der Dersalseite des Herzens und ist in unserem Präparate nicht sichtbar. Von Venen imponiert die große, aus dem vorderen Leberlappen austretende Lebervene, die zusammen mit anderen Venen einen großen, auf der dorsalen Fläche der Vorkammern liegenden Sinus bildet. Dieser venöse Sinus öffnet sich mit einer Spalte in die rechte Vorkammer. Hinter dem Herzen liegen die beiden Lungensäcke von lang- gestreckter Gestalt. Von dem großen Hohlraum des Inneren gehen zahlreiche kurze Ausstülpungen aus, die wiederum mit noch kleineren besetzt sind. Man sieht diesen Bau durch die Wandung der Lunge hindurchschimmern. Zwei kurze Bronchien führen in die Trachea, welche aus einer großen Anzahl unvollständiger Knorpelringe besteht und geradlinig nach vorn zieht, um sich hinter der Mundhöhle durch den Kehlkopf zu öffnen. Zu beiden Seiten der Trachea, etwas oberhalb des Herzens, finden sich zwei kleine Drüsen, die Thymus, während die Thyreoidea ein Stück weiter kopfwärts der Trachea aufliest. Weiter vorn liest das Zungenbein, aus einem unpaaren Mittelstück und drei jederseits davon ausgehenden Bogen bestehend. Vom Darmtractus sehen wir den von der Trachea überlagerten Pharynx, von triehterförmiger Gestalt. Er geht in den langen, geraden Ösophagus über, der in den spindelförmigen Magen einmündet. Der Magen tritt zwischen den beiden Lungen hervor, zieht auf der linken Seite nach hinten und krümmt sich nach der Medianen zu ein. Hier liegt eine breite, flache Drüse von heller Farbe: das Panereas. Die ansehnliche Leber ist schon an ihrer rotbraunen Farbe leicht kenntlich; vorn schiebt sie sich zwischen die Lungen ein, hinten ist sie zweizipfelig und amfaßt die birnenförmige Gallenblase, welche das von- den Gallengängen aus der Leber zu ihr hingeleitete Sekret aufnimmt und durch den innerhalb des Pancreas verlaufenden Duetus choledochus ausführt. Der Dünndarm macht mehrere Windungen und geht dann in den wurstförmigen Diekdarm über, der in die Kloake ausmündet. Vom Urogenitalsystem fallen bei dem uns vorliegenden träch- tigen Weibchen zunächst die großen Eier auf, welche zu beiden Seiten des Bauches in zwei Reihen angeordnet sind. Schauen wir genauer zu, so finden wir sie in zwei langgestrec kten, dünnwandigen Schläuchen liegen, den beiden Eileitern. Aus der Tiefe leuchten zwei zitronen- gelbe Drüsen von ovaleı Gestalt hervor, in denen kleinere Eier ver- schiedener Größe durchschimmern, die beiden Eierstöcke. Wir machen uns die Verhältnisse deutlicher sichtbar, indem wir die Eileiter aufschneiden, die großen Eier daraus entfernen, die Kloake der Länge nach aufspalten und den Enddarm etwa !/, cm vor seiner Ausmündung abschneiden und zur Seite legen, Es zeigt sich, daß die Eierstöcke in keiner direkten Beziehung zu den Eileitern stehen. An der Innenseite der Eierstöcke zieht sich jederseits ein länglicher Körper von goldgelber Farbe entlang, welcher Nebenniere genannt wird. Die reifen Eier gelangen in die Leibes- höhle, werden von den langen, schlitzförmigen Triehtern der Eileiter aufgenommen und in diesen mit festen Schalen versehen. Die Ausmündung der Eileiter in die Kloake erfolgt auf deren dorsaler Seite in zwei Öff- nungen (s. Fig. 166). Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 19 290 18. Kursus: Reptilien. An unserem Präparate sind auch die Nieren sichtbar, welche als zwei langgestreckte hellrote Körper zu beiden Seiten der Mittel- linie in der Kreuzbeingegend liegen. Die von den Nieren ausgehenden kurzen Harnleiter öffnen sich direkt in zwei feinen Offnungen in die Kloake. Noch ist die Harnblase zu erwähnen, welche als zarthäutiger Sack in die ventrale Kloakenwand mündet und einen Rest der em- bryonalen Allantois darstellt. Beim Männchen liegen die Verhältnisse des Urogenitalsystems fol- sendermaßen (s. Fig. 167). Die Hoden liegen an der gleichen Stelle wie die Ovarien als zwei kleine, eiförmige, weiße Gebilde, die durch eine Mesenterialfalte befestigt sind. ı Daneben findet sich am äußeren Rande der gleiche Rudimentärer Müllerscher Gang Nebenniere--------- ---.Nebenhode Hode------—.. ---Hode Niere--.___ ="=-------«Niere Harnblase --------- -— . Enddarm ..._ Mündung der Harnsamenleiter Penis. --- "U -- Kloakenöffnung Fig. 167. Harn- und Geschlechtsorgane eines Männchens von Zacerta agilıs (nach LEYDIG). goldgelbe Körper wie bei den Weibchen wieder, den wir als Neben- niere bezeichnet haben, und dieht daneben liegen jederseits die großen - durchscheinenden, aus verschlungenen Kanälchen bestehenden Neben- hoden (,Urnieren‘‘), deren Ausführgänge, die Samenleiter (die ur- sprünglichen „Worrrschen Gänge“), in die dorsale Wand der Kloake ausmünden, nachdem sie sich kurz vor der Ausmündung mit den beiden Harnleitern vereinigt haben. Beim Männchen finden sich zwei Begattungsorgane, welche in der Ruhelage als hohle Schläuche in der Schwanzwurzel liegen, und nach außen vorgestülpt werden können. Um das Gehirn freizulegen, durchschneiden wir im Nacken die Muskulatur und tragen von diesem Schnitte aus die Schädeldecke ab. Das in der Schädelhöhle freiliegende Gehirn zeigt gegenüber dem der Amphibien eine Weiterentwicklung, indem die Großhirn- 19. Kursus: Vögel. 291 hemisphären das Mittelhirn teilweise überdecken. Die beiden Groß- hirnhemisphären verlängern sich vorn in die Lobi olfaetori. Das Zwischenhirn ist vom Großhirn überdeckt und trägt auf seiner Dorsalseite die Epiphyse, die von dem rudimentären Scheitelauge getrennt ist, während sie bei Hatteria mit ihm in Verbindung steht. Das Mittelhirn ist durch eine Längsfurche in die beiden Cor- pora bigemina gespalten. Das Kleinbirn begrenzt mit seinem Hinter - rande die Rautengrube. Das Nachhirn geht allmählich in das Rückenmark über. 19. Kursus. se Technische Vorbereitungen. Am bequemsten lassen sich von größeren Vögeln Tauben beschaffen. Diese werden vor Beginn des Kursus in einem zugedeckten Gefäße mit Chloroform getötet und im Wachsbecken untersucht. A. Allgemeine Übersicht. In ihrer inneren Organisation den Reptilien in vielen Punkten ähnlich und daher mit ihnen auch zur Gruppe der Sauropsiden ver- einigt, zeigen die Vögel doch besonders durch die Anpassung an das Fliegen so große und einheitliche Umformungen, daß sie als eigene Klasse der Wirbeltiere aufzufassen sind. Fast alle Organsysteme sind von der Flugbewegung beeinflußt worden, am intensivsten Skelett und Integument. Nur wenige Stellen der Hautdecke der Vögel weisen noch einen an die Reptilien erinnernden Bau auf, so die Füße, welche meist mit Hornschildern oder Horntafeln bedeckt sind, die den Horn- schuppen der Reptilien gleichen. Ferner ist auch der Schnabel von einer harten Hornscheide umzogen, der gesamte übrige Körper aber von Federn bedeekt. Die Federn sind kompliziert gebaute Horn- gebilde, welche in sackförmigen Vertiefungen der Haut sitzen. Man kann zwei Hauptformen der Feder unterscheiden, die Deck- oder Konturfeder und die Flaumfeder oder Dune. An der Deckfeder sehen wir folgende Teile: die Achse der Feder bildet der Kiel, eine Hornröhre, die aus zwei Teilen, der proximalen, in die Haut eingesenkten Spule und dem die Seitenäste tragenden Schafte, besteht. Schaft und Äste zusammen bilden die Fahne. Die Äste sind biserial an- geordnet, selbst wieder gefiedert, und die sekundären Strahlen greifen mit Randhäkchen fest ineinander, so daß bei aller Leichtigkeit eine große Festigkeit der Fahne erzielt wird. Häufig findet sich an dem Über- gang des Schaftes in die Spule ein zweiter kleiner Schaft, der After- schaft, mit der weniger ausgebildeten Nebenfahne. Die Dunen sind weicher, ihr Sebaft ist oft rudimentär, und die langen Äste mit ihren, der Randhäkchen entbehrenden, sekundären Strahlen entspringen dann nebeneinander von der Spule. Die Nebenfahne der Dunen ist oft stärker als die Hauptfahne. Durch Verkümmerung der Fahne können die haar- oder borstenförmigen Fadenfedern entstehen. 19* 299 19. Kursus: Vögel. Es entsteht nun die Frage, als was diese komplizierten Horn- gebilde aufzufassen sind. Die Entwicklungsgeschichte zeigt, daß die Federn den Reptilienschuppen homolog sind. Die erste Anlage der Feder ist wie die der Reptilienschuppe eine Cutispapille, nur wächst bei der Feder der hornige, von der Epidermis gebildete Überzug zu einem langen Fortsatz aus. Erst später senkt sich die Federanlage in die Haut ein. Nach vollendeter Entwicklung schrumpft die geläßreiche Cutispapille ein und bildet die in der Spule liegende „Federseele‘“. Die Dunen treten als Jugendkleid auf und werden später von den Deckfedern überdeckt. Die Deckfedern stehen in bestimmten Bezirken, den Federfluren, welche dureh die federlosen oder nur Dunen tragenden Raine abgegrenzt sind. Ihre vollkommenste Ausbildung weisen die Deckfedern in den Schwungfedern der Flügel und Steuerfedern des Schwanzes auf. Die Schwungfedern sitzen dem vorderen Teil der Vorderextremität in einer Reihe auf; die des Unterarmes heißen Arm- schwingen, die der Hand sind die Handschwingen. Gesondert von letzteren findet sich am ersten Finger ein kleiner Federkomplex, der Eckflügel (Alula). Am Oberarm sitzende Deekfedern bilden den Schulterfittich, welcher zusammen mit anderen, kürzeren, dachziegelförmig über- einanderliegenden Deckfeldern die Schwungfedern an der Basis überdeckt. Alljährlich im Herbst werden die Federn gewechselt: Herbst- mauser; manchmal tritt auch eine „Frühlingsmauser“ ein. Bei einer Anzahl Arten tragen die Männchen zur Fortpflanzungszeit ein farbenprächtigeres „Hochzeitskleid“. Von Hautdrüsen findet sich nur die große zweilappige Bürzel- drüse oberhalb des Schwanzes, deren Sekret zum Einölen des Ge- fieders dient. Die Wirbelsäule zeigt die bereits bei den Reptilien unterschiedenen Regionen. Besonders lang ist der sehr bewegliche Hals mit einer oft sroßen Zahl von Wirbeln. Die Brustwirbel sind fester miteinander verbunden, und diese Region ist starrer und kürzer. Außer den zwei ursprünglichen Sacralwirbeln treten auch noch davor und dahinter gelegene Wirbel durch Verschmelzung in die Bildung des großen festen Kreuzbeines ein, und nur einige Schwanzwirbel bleiben frei beweglich, während die hintersten zur Bildung eines senkrecht nach oben stehenden Knochens: Pygostyl, verwachsen, der die Steuerfedern trägt. Die Wirbel der Vögel sind in der Regel durch „Battelgelenke“ miteinander verbunden. Der Vogelschädel zeigt im wesentlichen den Aufbau des Rep- tilienschädels; er weicht von ihm besonders ab durch die starke Ver- erößerung der Gehirnhöhle, wie durch das Fehlen des Os transversum. Auch die Vögel besitzen nur einen Condylus oceipitalis; das Quadratbein ist sehr beweglich. Stark entwickelt sind die Zwischen- kiefer auf Kosten der klein bleibenden Oberkiefer. Der Oberschnabel wird von oben nach unten zu bewegt. Die meisten Knochen des Schädels sind pneumatisch und ihre Lufträume stehen mit Nasenhöhle und Gehörgang in Zusammenhang. Auch die übrigen Teile des Vogelskeletts sind mehr oder minder pneumatisch, indem mit den Lungen zu- sammenhängende Luftsäcke in sie hineintreten. Die Halswirbel tragen kurze Rippen, die bei den erwachsenen Vögeln mit den Wirbeln verschmelzen; von den Brustwirbeln zum Brustbein gehen größere Rippen, die aus zwei in Intereostalgelenken 19. Kursus: Vögel. 293 gegeneinander beweglichen Stücken bestehen. Eine besondere Festig- keit erlangt der Brustkorb, indem vom Hinterrande jedes oberen Rippen- stückes sich ein Fortsatz, Processus uneinatus, über die folgende Rippe legt. Das Brustbein der Vögel ist sehr groß und breit und bei allen fliegenden Formen in der Medianlinie mit einem vorspringenden Kamm, der Carina, versehen, an die sich die Flugmuskeln anheften. Der Schultergürtel ist sehr fest gebaut. Vom säbelförmigen Schulterblatt geht vorn das lange Coracoid zum Vorderrand des Brust- beines, während die beiden (nur den Straußenvögeln und einigen anderen Formen fehlenden) Schlüsselbeine zum Gabelknochen, der Furcula, verschmolzen und mit dem Brustbeinkamm durch ein Band ver- bunden sind. Die Vorderextremität der Vögel ist zum Flügel umgewandelt und am langen Vorderarm die Ulna stärker als der Radius aus- gebildet. Das Handskelett ist sehr rückgebildet, im Carpus finden sich nur zwei kleine Carpalknochen; vierter und fünfter Metacarpus sind geschwunden, und von den anderen ist der zweite am längsten. Auch die Phalangenzahl reduziert sich. Der Daumen trägt mitunter eine Kralle. Der Beckengürtel ist ebenfalls stark ausgebildet, da beim Gehen die ganze Last des Körpers auf den hinteren Extremitäten ruht. An das große dachförmige Kreuzbein setzen sich die langen, damit ver- wachsenen Darmbeine an, und die ventralen Beckenknochen, Scham- und Sitzbein, treten nicht ventral zusammen (Ausnahme: Straub), so daß das Becken median offen ist. Der Oberschenkel ist kurz, am langen Unterschenkel ist die Tibia viel stärker entwickelt als die Fibula. Das untere Ende der Tibia ist mit den proximalen Tarsalia verwachsen, während die distalen Tarsalia mit den Metatarsalien zu einem langen Knochen, dem Lauf- knochen, zusammentreten. Es bildet sich also mitten im Tarsus das Laufgelenk (Intertarsalgelenk) aus. An das Vorderende des Laufes setzen sich die Zehen an, von denen die fünfte stets fehlt. Am Nervensystem ist zu beachten, daß — entsprechend der relativ hohen Intelligenz der Vögel — das Gehirn hoch ausgebildet ist. Das Vorderhirn weist große Hemisphären auf, und am Hinterhirn ist der mittlere Teil, der sog. „Wurm“, stark ausgebildet. Wie bei den Reptilien, so findet sich auch bei den Vögeln nur eine echte Nasenmuschel vor, zu der noch zwei weitere Falten treten können. Das hoch entwickelte Auge ist dem der Reptilien ähn- lich, trägt vorn einen Seleroticalring, und in den Glaskörper ragt von hinten her ein starker Fortsatz, Peeten, ein. Zu den beiden Augen- lidern tritt noch vom inneren Augenwinkel her die Niekhaut. Das Trommelfell des Hörorganes lieet am Grunde eines kurzen äußeren Gehörganges; wie bei den Reptilien, so findet sich auch bei den Vögeln ein Gehörknochen — die Columella. Sämtlichen lebenden Vögeln fehlen die Zähne, während aus- gestorbene Formen (,„Zahnvögel‘) sie noch besaßen. Die Hornzähne am Schnabelrande einiger Vögel (z. B. Säger) sind Epidermisgebilde. Die Zunge ist meist schmal und hart. Bei den meisten Vögeln er- weitert sich der Ösophagus zu einem Kropf, der als Reservoir für die aufgenommene Nahrung dient. Am Magen unterscheiden wir Vormagen oder Drüsenmagen und Muskelmagen, der bei Körner- 294 19. Kursus: Vögel. [ressern zu einem Kaumagen wird, indem sich in ihm ein horniger Überzug ausbildet. Leber und Pancreas sind vorhanden und münden in das Duodenum ein. Am Übergange des Dünndarmes in den Enddarm finden sich zwei Blinddärme. An der Hinterwand der Kloake mündet eine Drüse unbekannter Funktion: die Bursa Fabricii. Die Luftröhre ist gewöhnlich lang und mit zwei Kehlköpfen versehen, von denen der obere, der Larynx, keine Stimmbänder be- sitzt; die Töne werden von dem unteren, dem Syrinx, erzeugt, der an der Übergangsstelle der Trachea in die beiden Bronchien gelegen ist. Die schwammigen Lungen liegen der dorsalen Wand der Leibes- höhle an, und von ihnen gehen fünf Paar umfangreiche Ausstülpungen, die Luftsäcke, aus, welche sich in der Leibeshöhle, im Skelett und unter der Haut hinziehen. Der Bau der Vogellunge ist noch kompli- zierter, als der der Säugetierlunge. Jeder der beiden Bronchien tritt in eine Erweiterung das „Vestibulum“ ein, von dem aus ein gerad- liniger Kanal, der „Mesobronchus“, durch die Lunge zieht, um in den abdominalen Luftsack einzumünden. An Vestibulum und Meso- bronchus sitzen fiedrig angeordnete, vorwiegend an der Oberfläche der Lunge verlaufende Seitenäste, die in rechtem Winkel zahlreiche feine Kanäle, die häufig anastomosierenden „Lungenpfeifen“ abgeben. Die von diesen wiederum in rechtem Winkel abgegebenen Queräste, die Branchioli, lösen sich in zahlreiche sehr enge, vielfach verzweigte und anastomosierende Röhrchen auf, die zusammen mit den dazwischen liegenden feinsten Blutkapillaren, als schwammige Wandung der Lungen- pfeifen das respirierende Lungenparenchym bilden. Das Blutgefäßsystem der Vögel ist dem der Reptilien durch- aus ähnlich, weist aber einen bedeutungsvollen Fortschritt dadurch auf, daß die beiden Herzkammern vollkommen voneinander geschieden sind. Der venöse Blutkreislauf ist also von dem arteriellen vollkommen ge- trennt. Die Vögel besitzen im Gegensatz zu den wechselwarmen Rep- tilien eine hohe, Eigenwärme des Blutes. Ein weiterer Unterschied gegenüber den Reptilien findet sich darin, daß der linke Aortenbogen verloren gegangen ist und nur der rechte die Aorta bildet. (Bei den Säugetieren ist umgekehrt der rechte verloren gegangen und der linke allein vorhanden.) Auch der Urogenitalapparat der Vögel schließt sich eng an den der Reptilien an. Die Nieren sind meist dreilappige Gebilde dieht neben der Wirbel- säule; ihre Ausführgänge münden getrennt in die Kloake; eine Harn- blase fehlt den Vögeln mit Ausnahme des Straußes. Der rechte Eierstock ist meist völlig geschwunden, und nur der linke funktioniert, und ebenso ist von den als Eileiter fungieren- den Mürverschen Gängen nur der linke entwickelt. Der Eileiter nimmt mit seinem weiten Ostium die großen do.terreichen Eier auf, und hier im Eileiter werden sie auch befruchtet. Langsam herabrückend wird das Ei mit einem von Drüsen der Eileiterwand sezernierten Stoffe, dem „Eiweiß“, dann mit einer dünnen Schalenhaut versehen und selanet alsdann in den unteren erweiterten Abschnitt des Eileiters, der als „Uterus‘‘ bezeichnet wird. Hier erhält das Ei die äußere Kalkschale. Die Hoden sind beide entwickelt und liegen vor den Nieren. Die Samenleiter münden getrennt in die Kloake. Bei manchen 19. Kursus: Vögel. 295 Formen ist ein Penis an der Vorderwand der Kloake vorhanden, der in einer mit spongiösem Gewebe ausgekleideten Rinne den Samen leitet. Alle Vögel legen Eier, zu deren Entwicklung Wärme nötig ist, die meist durch Bebrüten erzeugt wird. B. Spezieller Kursus. Die Haustaube, Columba domestica (L.). Wir betrachten zuerst die äußere Körperform. Der eiförmige Körper ist mit Federn bedeckt. Die zu Flügeln umgewandelten V order- extremitäten tragen gleichfalls Federn, während die Hinterextremi- täten nur in ihrem oberen Teile befiedert sind, in ihrem unteren dagegen einige quergestellte Hornschilder besitzen und an der Rückseite netzförmig gefeldert sind. Am Kopfe, der durch einen schlanken Hals mit dem Rumpfe verbunden ist, sehen wir vorn den von zwei hornigen Kiefern gebildeten Schnabel, mit Ober- und Unterschnabel. Ersterer überragt mit der Spitze den letzteren ein wenig. Zu beiden Seiten des Oberschnabels finden sich zwei Spalten, die Nasenlöcher. Die Basis des Oberschnabels ist bedeckt von einer weichen, gekörnelten, wulstig vorgewölbten Haut, der Wachshaut. Die runden Augen sind von einem nackten Hautringe umgeben. Um die große Pupille zieht sich eine zinnoberrote Iris. Im inneren (vorderen) Augenwinkel findet sich die Nickhaut, welche über die Oberfläche des Auges hinweg gezogen werden kann. Hinter dem Auge liegt eine unbefiederte Membran das Trommeliell. An den Beinen sehen wir drei nach vorn gerichtete Vorderzehen und eine in gleicher Höhe wie die Vorderzehen eingelenkte nach hinten gerichtete Hinterzehe. Die Zehen sind niemals durch dazwischen aus- gespannte Hautlappen verbunden, und der Fuß wird daher als „Spalt- fuß“ bezeichnet. Am Ende jeder Zehe findet sich auf ihrer Dorsal- seite ein kurzer, hakenförmig gebogener Nagel. Die Federn sind von zweierlei Art. Die Oberfläche bedecken die größeren steiferen Konturfedern, während die gekräuselten, kleinen, weichen Flaumfedern darunter liegen. Die Konturfedern der Flügel und des Schwanzes sind besonders groß. Erstere heißen Schwungfedern, letztere Steuerfedern. Breiten wir einen Flügel aus, so lassen sich schon äußerlich folgende Abschnitte en an 10 lange Federn, die Handschwingen, sind an der Hand be- festigt. Es folgen dann etwa 11—15 Armschwingen, die am Unter- arm sitzen, und nach innen von diesen der kleinere Schulterfittich. Dachziegelartig liegen den Schwungfedern kleinere Konturfedern auf, die als Deckfedern bezeichnet werden. Eine kleine, abgesonderte Portion, die dem rudimentären Daumen aufsitzt, ist der Eckflügel. Am Schwanze sind 12—16 Steuerfedern vorhanden. Wir rupfen eine Feder aus und betrachten sie genauer. Es lassen sich an ihr zwei Teile unterscheiden, ein Achsenteil und die seitlich daran ansitzenden Äste. Der Achsenteil zerfällt in einen unteren Abschnitt, die Spule (Calamus), welche in eine Haut- einstülpung eingesenkt ist, und den Schaft ae Die seitlichen Äste tragen wieder Nebenäste, die mittels feiner Häkchen zusammen- haften. 296 19. Kursus: Vögei. Es wird eine spitz ausgezogene Glasröhre in den Kehlkopf ein- geführt und Luft hineingeblasen, wodurch die Luftsäcke gefüllt werden, dann wird die Taube gerupft, indem ihr die Federn in der Längsrichtung der Federstellung mit kurzem Ruck ausgerissen werden. Wir sehen nunmehr, daß die Deckfedern in regelmäßiger An- ordnung der Haut inserieren, in sog. „Fluren‘“ (Pterylae), zwischen denen sich federlose Stellen, die „Raine‘“ (Apteria) hinziehen. Es wird nun die Taube in das Wachsbecken mit der Bauch- seite nach oben, unter Wasser gelegt und mittels starker Nadeln, die durch Flügel, Beine und Schnabel gesteckt werden, befestigt. Mit dem Skalpell schneiden wir die Haut in der Medianlinie dicht neben dem Kamme des Brustbeins auf und führen den medianen Schnitt sowohl nach hinten bis zur Kloake, als auch nach vorn, den Hals ent- lang bis zum Schnabel. Dann wird die Haut seitlich abpräpariert und mit Nadeln festgesteckt. Von den Muskeln dominiert der fast die ganze Brust bedeckende Musculus pectoralis major, von dreieckiger Gestalt. Vorn zweigt sich ein kleines schmales Muskelbündel in die Haut ab, der Haut- brustmuskel. Wir schneiden den großen Brustmuskel jederseits von der Carina durch und heben ihn ab. Ebenso wird das gesamte Brustbein in fol- gender Weise abgehoben: es wird eine Schere am hinteren Rande ein- geführt und vorsichtig ein Schnitt bis za den Rippen geführt. Die Rippen selber werden in den Sternocostalgelenken, die' man leicht fühlen kann, durchschnitten; dann schneidet man jederseits bis zum Schulter- gürtel und löst hier das Brustbein aus den Gelenken heraus. Alsdann läßt es sich unter stetem Abpräparieren von der Unterseite abheben. Das Abdomen öffnen wir durch einen einfachen bis zur Kloake geführten Medianschnitt. Von den Brusteingeweiden imponiert besonders das große Herz, welches in der Mittellinie liegt und eine konische Form besitzt. Mit der Schere entfernen wir das Perikard. Ein dünner, gelber Fettbelag trennt die beiden diekwandigen Herz- kammern von den beiden dünnwandigen Vorkammern. Aus der linken Herzkammer treten drei an der Wurzel zusammenstoßende Gefäße heraus, die rechte und die linke Kopfarmarterie und die nach hinten umbiegende Aorta. Die beiden Kopfarmarterien teilen sich wieder, indem sie nach oben die den Kopf versorgende A. carotis abgeben; der andere Ast, die A. subelavia, setzt sich, nachdem sie einen Zweig in die Brustmuskeln abgegeben hat, in die A. axillaris und A. brachialis fort. Drei große Venenstämme bringen das venöse Körperblut in die rechte Vorkammer zurück. Vom Lungenkreislauf sehen wir die beiden am vorderen Ende der rechten Herzkammer entspringenden, direkt zu den Lungen tretenden Lungenarterien, während die beiden Lungenvenen sich im Herz- beutel zu einem in die linke Vorkammer mündenden Stamm ver- einigen (s. Fig. 168). Unter dem Herzen, dicht hinter dem dünnen, rudimentären Zwerch- fell, liegt die braune Leber, die in einen größeren rechten und einen kleineren linken Lappen zerfällt. In ihrem oberen Teile bildet sie die Unterlage für das Herz. Der rechte Leberlappen zeigt auf der Dorsal- seite tiele Rinnen, die von Eindrücken des Dünndarmes herrühren; 19. Kursus: Vögel. 297 unter dem linken Lappen liegt z. T. der Muskelmagen. Eine Gallen- blase fehlt. Klappen wir den rechten Leberlappen nach oben um, Ösophagus .................. Thymus_._ 2 d Carotis FE 5M: sterno-trachealis Linke Kopfarmarterie A. subelavin -"" Syrinx ” = Aa eg .._.. Linker PR GE 7 Leberlappen? Vorkammer lappen Rechter abdo- _, minaler Luft- Hl. 3 E N sack M MR 4 I, 9 Yemen Linker A / u == abdominaler Luftsack Duodenum -----4---- ST Pancreas „———f-- Kloaken- öffnung Fig. 168. Anatomie der Haustaube. Orig. so sehen wir die beiden von ihm ausgehenden Gallengänge, von denen der eine in den aufsteigenden, der andere in den absteigenden Ast des Duodenums mündet. Zwischen diesen beiden Ästen liegt das weißrote 298 19. Kursus: Vögel. Pancreas, von dem zwei Ausführgänge sich in den aufsteigenden Ast des Duodenums, unweit der Einmündung des einen Gallenganges be- geben, ein dritter weiter oben ins Duodenum einmündet (Fig. 169). Wir schneiden nunmehr die Leber ab und nehmen sie heraus. Dadurch wird der Darmtractus deutlicher sichtbar. Wir fangen bei dessen Untersuchung vom Schnabel aus an, indem wir die Mund- winkel ein Stück weit aufschneiden. In der langen und weiten Mund- höhle liegt die schmale hornige Zunge, die nach hinten zu zwei seit- liche, eine Drüse (die Hinterzungendrüse) umfassende Ausläufer bildet. Ein langer schmaler, von kurzen Papillen begrenzter Schlitz am Gaumen stellt die hintere Nasenöffnung (Choane) dar. Da- Drüsenmagen ne Gallengänge == Kaumagen SA y Dünndarm ------ es) Ee — Ob. Ausführgang " des Pancreas Untere >= Ausführgänge des Pancreas ----Pancreas Blindsäcke "des Dünndarmes -- Duodenum -... Enddarm Fig. 169. Darmtractus der Taube. Orig. hinter finden sich die Öffnungen der Eustachischen Röhren. Ganz hinten liegt die von dicken Lippen umstellte Stimmritze. Der triehterförmige Sehlund erweitert sich zu einem großen häutigen Sack, dem Kropf, von dem aus der Schlund zum Drüsen- magen zieht. Vom Kropf ist zu merken, daß bei den Tauben während der Brutzeit bei Männchen wie Weibehen krümelige, käsige Massen in ihm entstehen, mit welchen die Jungen geatzt werden. Der Drüsen- magen oder Vormagen ist sehr diekwandig und sondert aus zahl- reichen Drüsen ein Sekret ab; seinem Hinterrande ist die kleine, ab- geplattete Milz angeheltet. Auf ihn folgt der Muskelmagen, der außerordentlich fest ist und einen Sehnenüberzug aufweist. Von der dorsalen Fläche des Muskelmagens entspringt das Duodenum, welches eine das Panereas umfassende Schlinge bildet; dann folgt der Dünn- darm in zahlreichen Falten, an dessen Ende sich zwei kurze seitliche Blindsäcke finden. Das Reetum mündet in die weite Kloake ein, 19. Kursus: Vögel. 299 die sich in einer quer gelagerten, von einem Rinemuskel umfaßten Spalte öffnet (s. Fig. 170). Die Untersuchung des Respirationssystems beginnt mit dem oberen Kehlkopf, der sich durch eine Längsspalte in die Nasenhöhle öffnet. Er bildet, durch Knorpelringe gestützt, eine feste Kapsel. Die von ihm abgehende Luftröhre ist ebenfalls von zahlreichen Knorpelringen umgeben und erweitert sich am hinteren Ende zu dem unteren Kehl- kopf oder Syrinx, in welchem allein die Töne erzeurt werden. Zwei kleine Muskeln, welche sich an die Trachea inserieren (s. Fig. 168), Abgeschnittener sopbagus 2 ZN N 2420440. Syrinx - Bronchus Nebenniere ..........-- Ovarium Nerv. ischia- dieus Aorta de- asus --—— Harnleiter „I - Oridukt """Bursa Fabrieii " Kloake PR 5 BR un nn: == fr} wE- un & SEM 8. 8 a8e 52 3 ERS 8 2 Sa: Fig. 170. Weiblicher Urogenitalapparat einer jungen Taube. Orig. sind die M. sterno-tracheales. Die beiden kurzen Bronchien, in welche sich die Luftröhre gabelt, treten in die Lungen ein. Die Lungen sind unansehnliche Gebilde, etwa von Gestalt dreiseitiger Pyramiden. Von ihnen gehen die Luftsäcke aus, welche wir schon vor Beginn unserer Untersuchung durch Aufblasen sichtbar gemacht haben. Diese Luft- säcke wirken wie Blasebälge, indem sie gleichzeitig mit den Lungen durch Heben und Senken des Brustkorbes ausgedehnt und verkleinert werden. Beim Fliegen sind diese Respirationsbewegungen nicht nötig, da durch die Tätigkeit der Flügel allein eine derartig wechselnde Kom- pression und Ausdehnung von Luftsäcken bewirkt wird. Durch diese Blasebalgbewegungen wird durch die Lungen ein ganz erhebliches Quantum von Luft getrieben, dessen Sauerstoff beim Durchstreichen ausgenutzt werden kann. Die Bauverhältnisse der Vogellunge sind sehr viel komplizierter als die der Säugetierlunge (s. pag. 294). 300 19. Kursus: Vögel. Von Drüsen am Halse bemerkt man die Thymus als langes, schmales, gewundenes Band und dahinter, dicht an der Luftröhre, die rotbraune Thyreoidea, jederseits zwischen der Caro.is und Subelavia gelegen. Die Nieren sind ansehnliche Körper, die hinter den Lungen be- ginnen und jederseits in drei Portionen zerfallen. Sie werden von dem Bauchfell überzogen und liegen also außerhalb der Bauchhöhle. Die Harnleiter SUED nee. auf der ventralen Fläche und münden in die Kloake ein. Vor den Nieren liegen die rundlichen, gelblichen Neben- nieren. Betrachten wir zunächst die Geschlechtsorgane eines Männchens, so fallen die großen, wurstförmigen Hoden besonders ins Auge, von 4 B =; Lobus olfactorius- Lobus olfactorius Vorder- hirn Vorderhirn 2 'Thalam. opt. — Hypophyse — _ Infundi-— bulum |Hinterbirn Nachhirn - Nachhirn = Spinalnerv Medulla oblong. — a 2 Spinalnerv Fig. 171. Gehirn der Haustaube (uach WIEDERSHEIM). 4 dorsale, 3 ventrale Ansicht. denen der rechte etwas kleiner ist. Ihre Ausführungsgänge, die Vasa deferentia, verlaufen neben den Harnleitern und münden ebenfalls in die Kloake ein. Beim Weibchen ist nur der linke Eierstock vorhanden, da der rechte fast völlig verkümmert; er stellt ein traubiges Gebilde dar. Der Eileiter haftet der Körperwand an und beginnt mit einem weiten, trichterförmigen Ostium; er hat einen geschlängelten Verlauf, erweitert sich im unteren Abschnitt zum Uterus und mündet seitwärts vom linken Ureter in die Kloake. Bei jungen Tieren (s. Fig. 170) ist diese Dilferen- zierung noch nicht ausgeprägt. Es bleibt uns nun noch die Untersuchung der Kloake übrig. Die ventrale Kloakenwand wird durch einen Scherenschnitt ge- öffnet. Man erblickt alsdann die seitlichen Mündungen der Harnleiter, beim Männchen die auf Papillen sitzenden Mündungen der Samenleiter, beim Weibchen links die Mündung des Bileiters (s. Fig. 170). 20. Kursus: Säugetiere. 301 In die Kloake mündet auch eine eigentümliche Drüse, die Bursa Fabricii, ein. Wir gehen nunmehr zur Präparation des Gehirnes über. Der Schädel wird am Hinterhaupt mit einer starken Schere geöffnet und Stück für Stück abgetragen. Dann löst man das Gehirn auf der Dorsal- seite los, indem man von hinten nach vorn präpariert und die abgehenden Nerven möglichst weit von ihrem Ursprunge abschneidet. Es lassen sich zunächst die fünf Hauptceile des Gehirns fest- stellen (Fig. 171). Die beiden Hemisphären des Vorderhirnes bilden zusammen eine herzförmige Figur, vorn ist ihnen jederseits ein kleiner Lobus olfactorius vorgelagert. Vom Zwischenhirn sehen wir nur am hinteren Rande des Vorderhirnes median die kleine, kaudalwärts um- gebogene Epiphyse liegen, seitlich treten die Sehhügel des Mittelhirnes zutage. Das Hinterhirn (Kleinhirn) weist eine mächtige Entwieklung des quergefalteten Mittelstückes auf, welches dorsal die Rautengrube des Nachhirnes völlig bedeckt; ventral erscheint dieses als eine durch eine mediane Längsfurche geteilte Masse, die vom Rückenmark durch eine Querfurche abgegrenzt ist. Über die Hirnnerven orientieren die vorstehenden Abbildungen. 20. Kursus. Säugetiere. Technische Vorbereitungen. Wir benutzen zum Studium der Säugetiere als Beispiel das Kanin- chen, und zwar nehmen wir dazu ein erwachsenes Exemplar, welches in einem großen Gefäß durch Chloroform getötet wird. Dann wird es auf einem Sezierbrett auf den Rücken gelegt, und seine ausgebreiteten Glieder werden mit Bindfaden an seitlich am Brett angebrachten Schrauben befestigt. A. Allgemeine Übersicht. Die Säugetiere sind die am höchsten entwickelten Wirbeltiere. Ihr Name besagt, daß sie ihre Jungen vermittels Milchdrüsen säugen. Da aber die niedersten Formen (Monotremen) keine Zitzen besitzen und daher das Säugen unterbleibt, wäre es richtiger, sie nach einem allgemeineren, nur ihnen zukommenden Charakter als „Haartiere“ zu bezeichnen. Die Haut der Säugetiere ist nämlich durch den Besitz eines Haarkleides ausgezeichnet; wo dieses fehlt, ist es nur rudimentär geworden. Die Haare werden aufgefaßt als entweder den Schuppen der Reptilien und den Federn der Vögel homolog, oder als durch Funktions- wechsel aus den Hautsinnesorganen niederer Wirbeltiere entstanden. Der Bau eines Haares ist folgender. Es besteht aus einem elastischen, zylindrischen Haarfaden, dem Schaft, und einem in die Haut ein- 302 20. Kursus: Säugetiere. vesenkten Teile, der Haarwurzel. Das Haar wird umkleidet von einer Schicht langgestreckter, verhornter Epithelzellen, dem Oberhäutchen, unter dem die Rindensubstanz und zu innersı die Marksubstanz liest. In den unteren, zwiebelförmig angeschwollenen Teil der Haar- wurzel tritt von unten her eine blutgefäßführende Cutispapille, die ringsherum umhüllt wird von einer Hauteinsenkung, dem Haarbalg. Der epitheliale Teil desselben bildet die innere und die äußere Wurzel- scheide, die von dem bindegewebigen Teile umhüllt werden. An den Haarbalg herantretende, glatte Muskeln (Arrectores pili), welche von der Cutisoberfläche kommen, vermögen das Haar aufzurichten. Ferner münden in den Haarbalg Talgdrüsen von traubigem Bau ein. Die Haare stehen in Haarfluren und treten auf als feinere Wollhaare und stärkere Grannenhaare. Letztere können sieh zu Borsten und Stacheln umwandeln. Durch starke Innervation zeichnen sich die vorn am Kopfe, besonders an der Oberlippe stehenden Tast- haare (Vibrissae) aus. Als weitere Hautbedeckung finden sich bei manchen Säugetieren Hornschuppen, denen der Reptilien ent- sprechend, und auch Hautknochen kommen, besonders stark ent- wickelt, bei fossilen Formen, hier und da vor. Horngebilde sind die Krallen, Hufe und Nägel. Inder Haut finden sich tubulöse Schweiß- drüsen und alveoläre Talgdrüsen, letztere fast stets in Verbindung mit den Haarbälgen. Besonders spezialisierte Hautdrüsen sind die Milehdrüsen, welche die Milch zur Ernährung der Jungen absendern. Sie leiten sich von denselben indifferenten Drüsengebilden der Haut her wie die Schweißdrüsen und haben frühzeitig eine divergente Ent- wicklung eingeschlagen. Die Mammarorgane können wir uns folgender- maßen entstanden denken. Die Säugetiervorfahren hatten zur Bebrütung der Eier Brütorgane, ähnlich wie die Vögel. Diese paarigen Brütorgane wandelten sich in Drüsenfelder um, auf welchen die Milehdrüsen aus- mündeten. Indem die Brütorgane die Ausbreitung der Hautmuskulatur verhinderten, entstand ein muskelfreies medianes Bauchhautfeld, das unter dem Einfluß des Brütens als nachgiebigere Stelle sich einsenkte und zu einem Lagerplatz für das Ei: den Beutel, wurde. Die Zitzen entstanden als Hauterhebungen, welche die Ausführgänge der Milch- drüsen aufnahmen. Der Schädel ist wie der der Amphibien durch einen doppelten Condylus oceipitalis mit der Wirbelsäule verbunden. Die Weiter- bildung des Schädels ist in mehrfacher Hinsicht erfolgt. So sind Hirn- und Gesichtsschädel fester verbunden, und ersterer erlangt mehr und mehr das Übergewicht über den letzteren. Durch Verschmelzung ver- schiedener Knochen — des Petrosum (entstanden aus drei Otica), des Squamosum und des Tympanicum — ist das Schläfenbein (Tem- porale) entstanden, welches nunmehr die Paukenhöhle umschließt. In dieser liegen die zu den Gehörknöchelehen umgebildeten oberen Teile der beiden Visceralbögen. Das Quadratum ist zum Amboß (Ineus) geworden, der Steigbügel (Stapes) soll der Columella entsprechen und aus dem Hyomandibulare entstanden sein, und als drittes Gehör- knöchelchen fungiert das Gelenkstück des Unterkiefers der niederen Wirbeltiere, das Artieulare, welches sich in den Hammer (Malleus) verwandelt hat. Das ehemalige Unterkiefergelenk zwischen Quadratum und Articulare ist also zum Amboß-Hammergelenk geworden, und der Säugetierunterkiefer, der aus einem den Meckerschen Knorpel er- setzenden Deckknochen, dem Dentale, besteht, bildet ein neues Gelenk 20. Kursus: Säugetiere. 303 mit dem Squamosum des Schläfenbeines. Ein weiterer Charakter des Säugetierschädels ist das Zurücktreten der Knochen der Palatinreihe: Vomer, Palatinum, Pterygoid, gegenüber den davor liegenden Maxillar- knochen: Maxillare und Intermaxillare (Prämaxillare). Die Wirbel der Wirbelsäule sind in fünf Regionen: Hals-, Brust-, Lenden-, Kreuzbein- und Schwanzwirbel unterschieden. Die Zahl der Halswirbel beträgt sieben (mit einigen Ausnahmen). Die Brustwirbel haben starke Dornfortsätze und tragen die Rippen, die sich meist mit zwei Köpfen, Tubereulum und Capitulum, inserieren. Ins Kreuzbein treten ursprünglich zwei Wirbel ein, ihre Zahl erhöht sich aber durch weitere Verschmelzungen mit Lenden- oder Schwanz- wirbeln. Am Schultergürtel ist das Coracoid nur bei den Mono- tremen ein selbständiger, zum Brustbein reichender Knochen; es wird bei den anderen Säugern rudimentär und erscheint als Processus eoracoideus des Schulterblattes. Die Clavicula kann sekundär schwinden (Ungulaten, Denticeten, Sirenen, Mysticeten, Carnivoren usw.). Die drei Knochen des Beekengürtels verwachsen frühzeitig jederseits zu einem einheitlichen Hüftknochen, und die Schambeine jeder Seite treten zu einer Symphyse zusammen. Zur Stütze des Beutels finden sich bei Monotremen und Marsu- pialiern die beiden stabförmigen Beutelknochen, die man auf die Epipubes der Reptilien zurückführt; den Placentaliern fehlen sie. Das Gehirn der niederen Formen schließt sich an das der Rep- tilien an, bei den höheren Formen kommt es zu einer starken Aus- bildung der Großhirnhemisphären, welche alle übrigen Gehirnteile mehr oder minder verdecken. Es bildet sich ferner eine Verbindung beider Hemisphären durch den Balken (Corpus callosum), und der graue Hirnmantel legt sich bei den höheren Formen in Falten, die gesetz- mäßig gelagert sind. Im Kleinhirn entwickeln sich die Seitenteile zu den ansehnlichen Kleinhirnhemisphären; unter dem Kleinhirn liegt der Pons Varoli als starkes Kommissurensystem. Durch die starke Ent- wieklung einzelner Hirnteile ist eine dreifache Kniekung der Hirnachse: Nackenbeuge, Brückenbeuge und Scheitelbeuge eingetreten. Von Sinnesorganen finden sich in der Haut die Tastkörperchen, auf der Zunge dienen verschieden gestaltete Papillen als Träger der becherförmigen Geschmacksorgane. Am Auge sind oberes und unteres Augenlid ausgebildet. Die Nickhaut ist rudimentär geworden. Dreierlei Drüsen stehen mit dem Auge in Verbindung: die Mersomschen, die HaARrDERsche und die Tränendrüse. Am Gehörorgan ist die Schnecke hoch ausgebildet; ein äußeres Ohr ist meist vorhanden. Das Geruchsorgan erhält eine äußere Nase. Die untere Muschel, das Maxilloturbinale, ist meist stark verästelt (Raubtiere) oder eingerollt (Ungulaten). Die Riechschleimhaut breitet sich auf den Riechwülsten (Ethmoturbinale) aus. Vielfach steht die Nase mit Hohlräumen im Stirnbein, Oberkiefer und Keilbein in Ver- bindung. Das Gebiß der Säugetiere ist meist heterodont, d. h. die Form der Zähne ist verschieden (Schneidezähne, Eekzähne, Backzähne); wo einhomodontes Gebiß auftritt (z. B. Denticeten), ist es als sekundäre Rückbildung aus einem heterodonten aufzufassen. Ferner sind die Säugetiere diphyodont, d. h. es treten zwei Reihen von Zähnen auf, von denen die spätere (Dauergebiß) die erste (Milchgebiß) ersetzt. Die 304 20. Kursus: Säugetiere. im Milchgebiß vorhandenen, als Prämolaren bezeichneten Backzähne werden ebenfalls gewechselt, und dahinter treten außerdem neue Back- zähne, die Molaren auf, die trotz ihres späteren Erscheinens im wesent- lichen der Milchzahnserie oder ersten Dentition angehören und keine Nachfolger haben, da das embryonale Material für diese mit zur Bildung der Backzähne verwandt worden ist. An die zahlreicheren Zahnreihen der niederen Wirbeltiere erinnern die Spuren zweier weiterer Dentitionen von denen die eine, die prälacteale, vor dem Milchgebiß auftritt die andere nach dem Dauergebißb. Die Bezahnung der einzelnen Säuge- tiere ist ihrer Lebensweise aufs genaueste angepaßt; die Zahl der Zähne ist bei den älteren Säugetieren größer als bei den jüngeren Gruppen; die Mehrzahl der Placentalier hat ursprünglich 44 Zähne aufzuweisen. Die Mundöffnung wird von Hautfalten, den Lippen, begrenzt; auf dem Boden der Mundhöhle liegt die muskulöse Zunge; nach hinten wird die Mundhöhle abgegrenzt durch das Gaumensegel, von dessen Mitte bei den Primaten das Zäpfchen (Uvula) herabhängt. Von Speicheldrüsen, die ihr Sekret in die Mundhöhle ergießen, sind zu nennen: Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis), Unterkieferdrüse (Glan- dula submaxillaris) und Unterzungendrüse (Glandula sub- lingualis). Am Übergang der Schlundhöhle liegen die beiden Man- deln (Tonsillen). Die Sehlundhöhle (Pharynx)g geht in die Speise- röhre (Ösophagus) über, welche das Zwerchfell durchsetzt und in den Magen eintritt. Am Magen unterscheidet man einen Cardia- und einen Pylorusteil. Komplizierter ist der Magen der Wiederkäuer, der aus vier Abteilungen besteht, von denen die zwei ersten Pansen und Netzmagen heißen. Aus letzterem steigt die Nahrung wieder zur Mundhöhle und gelangt, nachdem sie wiedergekaut worden ist, zum zweiten Male in den Magen, nunmehr in dessen dritte und vierte Abteilung: Blättermagen und Labmagen, von denen der erstere fehlen kann. Am Darm unterscheiden wir Dünndarm und Diekdarm, an der Übergangsstelle beider den Blinddarm, welcher bei den Pfilanzen- fressern besonders groß ist. In den oberen Abschnitt des Dünndarmes münden oft vereinigt die Ausführgänge von Leber und Pancreas. Die Leibeshöhle der Säugetiere wird durch eine transversale mus- kulöse Scheidewand, das Zwerchtell (Diaphragma), vollkommen in Brusthöhle und Bauchhöhle geschieden. In der Brusthöhle liegen außer Herz und Ösophagus auch. die Atmungsorgane, oral mit dem Kehlkopf beginnend; seine Öffnung, die Stimmritze, ist durch den vorspringenden Kehldeckel (Epiglottis) verschließbar (beim Herabgleiten von Nahrung in den En Die Trachea gabelt sich in die beiden Bronchien, die sich innerhalb der Lunge strauch- artig verzweigen und dann Queräste abgeben, die sich wiederum dicho- tomisch in die letzten Enden des luftleitenden Bronchialbaumes, die Bronchioli, teilen. An die glattwandigen Bronchioli setzen sich die respirierenden Hohlräume der Lunge an, in Gestalt baumartig verzweieter Kanalsysteme, der Alveolarbäumchen, deren Wand aus zahlreichen kleinen, kugelig-polyedrischen Nischen, den Lungen- alveolen, besteht. Die Atmung erfolgt im wesentlichen durch Kon- traktion des in die Brusthöhle vorgewölbten Zwerchfelles; dadurch wird die Brusthöhle ein größerer Raum, die Lungen dehnen sich nunmehr aus, und es strömt frische Luft in sie hinein (Inspiration), beim Er- schlalfen des Zwerehfelles wird der Brusthöhlenraum wieder verkleinert, 20. Kursus: Säugetiere. 305 es ziehen sich die elastischen Lungen zusammen, und die Luft entweicht (Exspiration). Das Herz besteht aus zwei Kammern und zwei Vorkammern. Das aus dem Körper zurückströmende Blut tritt durch eine vordere und eine hintere Hohlvene in die rechte Vorkammer und durch diese in die rechte Herzkammer ein, von wo es durch die Lungenarterie in die Lungen gelangt. Von hier kehrt es gereinigt durch die Lungen- venen zur linken Vorkammer, aus dieser zur linken Herzkammer zurück und durchläuft den großen Körperkreislauf, indem es durch den von der linken Herzkammer entspringenden linken Aortenbogen in die Körperaorta eintritt. In diesen Körperkreislauf schiebt sich in der Leber der venöse Pfortaderkreislauf ein. Die roten Blutzellen der Säuge- tiere zeichnen sich durch den Verlust ihrer Kerne aus. Die Säugetiere sind wie die Vögel Warmblüter mit konstanter Körpertemperatur. Das Urogenitalsystem schließt sich bei den niedersten Formen an das der Reptilien an, entwickelt sich aber innerhalb der Säugetier- klasse bedeutend weiter. Die älteste Gruppe, die der eierlegenden Mono- tremen, besitzt noch eine Kloake, die bei den meisten Marsupialiern und allen Placentaliern verloren geht, indem der sich ausbildende „Damm“ (Perineum) den Urogenitalsinus vom Enddarm trennt. Ein der vorderen Wand des Urogenitalsinus eingelagerter schwellbarer Körper, der Geschlechtshöcker, wird beim männlichen Geschlecht zum Penis, der außer bei den Monotremen vom Sinus urogenitalis durchsetzt wird. Die Hoden verlagern sich meist aus der Bauchhöhle, indem sie in peritoneale Bruchsäcke eintreten (Descensus testieulorum); sie können bei manchen nach der Geschlechtstätigkeit zurücktreten, bei anderen nicht. Die Samenleiter (Wourrschen Gänge) münden in den Sinus urogenitalis, dessen Aussackung die Harnblase darstellt, in welche die beiden Ausführgänge der bleibenden Niere, die Ureteren, eintreten Beim weiblichen Geschlecht bleiben die beiden in Eileiter und Uterus gegliederten MürtErschen Gänge entweder getrennt (Mono- tremen), oder sie verwachsen auf eine kürzere oder längere Strecke. Diese Verwachsung beginnt am kaudalen Ende der Gänge, das sich zur Vagina, dem Begattungskanal, differenziert. Bei den Marsupialiern münden die Vaginen getrennt in den Sinus urogenitalis, bei Placen- taliern sind *ie zu einem unpaaren Gange vereinigt. Der als Uterus bezeichnete mittlere Abschnitt der Mürrerschen Gänge zeigt alle Übergänge von völliger Trennung (Uterus duplex) bis zu partieller (Uterus bicornis) oder totaler (Uterus simplex) Verschmelzung, die sich aber niemals auf die oral vom Uterus gelegenen Eileiter erstreckt. Nur die Monotremen sind eierlegend, bei den Beutlern ver- weilen die Embryonen nur kurze Zeit im Uterus und werden sehr klein geboren, um ihre Weiterentwicklung im Beutel durchzumachen; bei den Placentaliern aber kommt es durch Entwicklung von Zotten an Chorion und Allantois, welche sich in die Schleimhaut des Uterus einlagern, zur Bildung der Placenta, des Ernährungsorganes für den Embryo, und die Jungen bleiben länger im Körper der Mutter und kommen verhältnismäßig vollkommen zur Welt. Die Mehrzahl der Säugetiere ist terrestrisch, einige führen eine grabende Lebensweise unter der Erde, eine größere Zahl aus ver- schiedenen Gruppen hat sich dem Wasserleben in verschieden hohem Grade angepaßt, andere sind Flattertiere. Kükenthal, Zool. Praktikum. 6. Aufl. 20 ----- Oberlippe --Nagezähne Muse, mandibulae Epiglottis... Kehlkopf. =. Tr ll\V A VIRUS 000... Inter- us A \\n& ; 9, ı1//V )) | Ve nn kiefer- N eu a I drüse Se — Muse, nn E masseter D A. U —Z N \\ ze DS ) EI/Hi \ 8% SH Vorderbein ER Thyreoidea ... N er x Pa A N Ti - Trachea N Jugularvene = "= Linke Carotis R. Subelavia "= Linke Subelavia techte Carotis =” ı SH B-77 FINE RN N Tl + ——- Lungenarterie ER { ! -L. Vorkammer Aorta ° | R. Vorkammer z N 1. . Lunge BR Horkammer z .. Durchschnittener ß - x Brustkorb \ L. Herzkammer ...... Zwerchfell [ Leber ==-F | N t------- Leber ER | \ - I Magen [ee ee Nebenniere -... Niere 1 Harnleiter....-....... -—--—. Harnleiter Muse. PSOaS . Bauchaorta h. > % NR -... Untere Hohlvene Uterus ---..... IN "L--. \ \ / AN \ nm. Bierstock Mündung des . Eileiter rechten Uterus in die Scheide Harn- blasen Mündung des - linken Uterus in die aufgeschnit- tene Scheide Scheide .. Becken NY N Be N A ER AP RN t Wn - - fi ne = . * Weibl Geschlochte- e% N Fig. 172. Anatomie eines a: Se 7 weiblichen Kaninchens. Rx (Der Darm ist entfernt te) SI, worden.) Orig. EN ? After 20. Kursus: Säugetiere. 307 B. Spezieller Kursus. Das Kaninchen, Lepus eunieulus (1). Es wird zunächst die äußere Körperform betrachtet. Der ge- samte Körper ist mit Haaren bedeckt, die von zweierlei Art sind: feine, wollige Unterhaare und steifere, längere Grannenhaare. An der Öberlippe finden sich zu beiden Seiten kräftige, lange Tasthaare. Wir sehen, daß das Kaninchen, welches ein Halbsohlengänger ist, an der Vorderextremität fünf Finger besitzt, die sämtlich mit Nägeln versehen sind, die Hinterextremitäten dagegen haben nur vier Zehen. Am Kopfe sehen wir die gespaltene Oberlippe, sowie die oberen, gerieften und unteren, glatten, meißelförmigen Nagezähne. Hinter den oberen steht ein zweites Paar Schneidezähne, die Stiftzähne heißen. Zwischen den Nagezähnen und den Mundwinkeln schlägt sich die be- haarte Haut der Oberlippe nach innen um, ein für die Nagetiere charakte- ristisches Merkmal. Hinten liegt der After und kurz davor die Urogenital- öffnung. Beim Weibchen finden sich rechts und links von der Bauch- linie die Zitzen. Wir beginnen mit der Sektion, nachdem wir mit einem nassen Schwamme die Haare auf der ventralen Mittellinie angefeuchtet und ° rechts und links zur Seite gelegt haben. Zunächst wird ein medianer Hautschnitt gemacht, der vom Becken bis zum Kinn führt und den Nabel auf der linken Seite umgeht. Dann wird die Haut rechts und links von der Unterlage mittels eines Skalpellstieles abzedrängt. Haben wir ein Weibehen vor uns, so sehen wir unter der Haut die drei bis fünf Paar mächtigen, flach ausgebreiteten Milchdrüsen liegen. Es wird nunmehr in der Mitte des Bauches die Bauchdecke mittels Pinzette etwas hochgehoben und mit der Schere angeschnitten. Dann führt man einen Medianschnitt längs der weißen, sehnigen Linea alba nach aufwärts und abwärts, um die Bauchhöhle zu öffnen. Um ein An- schneiden der darunter liegenden Organe zu vermeiden, erscheint es zweckmäßig, mit den Fingern der anderen Hand die Bauchdecke vor der Schnittführung hochzuheben. Hinten schneiden wir bis zur Scham- beinsymphyse auf, vorn bis zum unteren Rande des Sternums. Die nun- mehr frei daliegenden Baucheingeweide machen wir uns deutlicher sicht- bar, indem wir vom unteren Rande des Sternums aus zwei weitere seit- liche Schnitte längs der Rippenenden führen (Fig. 172). Die Baucheingeweide liegen nunmehr in ihrer natürlichen Lagerung vor uns. Die obere Begrenzung der Bauchhöhle bildet eine sich konisch einwölbende, starke, muskulöse Membran, das Zwerchfell, welches die Bauchhöhle von der Brusthöhle vollkommen scheidet. Den Hohlraum welcher dorsal vom Zwerchfell und kaudal vom Brustbein liegt, füllt ein ansehnliches. braunrotes, in mehrere Lappen zerfallendes Organ aus, die Leber. Heben wir den rechten oberen Leberlappen vorsichtig hoch, so sehen wir darunter die Gallenblase liegen. Mit ihrem unteren Rande bedeckt die Leber zum Teil den Magen. Der Magen ist ein weiter, quergelegter Sack, mit kleinerer vorderer und größerer hinterer Krümmung. An seinem hinteren Rande heftet sich eine Bauchfell- duplikatur an, die meist sehr fettreich ist und sich verschieden weit über die Darmschlingen erstreckt, das Netz (Ömentum). 90* 308 20. Kursus: Säugetiere. Im Präparate meist etwas rechts vom Magen (also eigentlich links), liegt die Milz als langgestrecktes braunrotes Organ. Unterhalb des Magens befindet sich der sehr lange, in vielen Windungen sich kreuzende Dünndarm, teilweise überlagert von dem mächtigen, graugrünen Blinddarm, während der Diekdarm in seinem oberen Teile leicht kenntlich ist durch seine zahlreichen Einkerbungen, zwischen denen Aus- sackungen, die Haustra, liegen. Schließlich ist noch die Harnblase sichtbar, die, wenn sie prall gefüllt ist, eine bedeutende Gröbe erreicht. Um einen genaueren Einblick in den Bau der Baucheingeweide zu erhalten, heben wir den Darm vorsichtig heraus, indem wir vom Mast- darm aus beginnen und die ihn befestigenden Mesenterien durchschneiden. Dann wird der Darmkanal am Mastdarm wie am Duodenum mit einem Faden unterbunden, um ein Ausfließen des Darminhaltes zu verhindern, abgeschnitten und auf einen Teller gelegt. Folgen wir nochmals, am Duodenum beginnend, dem Darmver- lauf, so sehen wir das Duodenum eine bogenförmige Schlinge bilden, in deren Mesenterium eine glatte traubige Drüse, das Pancreas, liest. Die Ausführgänge der einzelnen Läppchen sammeln sich in einem Gange, dem Ductus pancreaticus (auch D. wirsungianus genannt), der in den aufsteigenden Schenkel der Duodenalschlinge einmündet. Seine Mündung liegt weit ab von der Mündung des gemeinsamen Gallenganges, welcher unweit des Austrittes des Duodenums aus dem Magen in das Duodenum eintritt. Der Blinddarm, der sich nach vorn bis zum Masen hinzieht, ist von ganz enormer Größe und endigt hinten in einem fleischigen dünneren, rötlich gefärbten Anhange, dem Wurmfortsatz. Der durch msllöre Querfasern stark eingeschnürte Diekdarm geht allmählich in den Enddarm über. Durch Wegnahme des Darmes haben wir das Urogenitalsystem freigelegt, zu dessen kurzer Betrachtung wir nunmehr übergehen wollen. Die Nieren sind zwei bohnenförmige Körper von dunkelblauroter Farbe. Ihre Oberfläche ist glatt und von einer Hülle, der Nieren- kapsel, umgeben. Beide Nieren sind etwas asymmetrisch gelagert, indem die linke mehr schwanzwärts und seitwärts links liegt als die rechte, welche in ihrem oberen Teile von einem Leberlappen überdeckt wird. Der Harnleiter entspringt jederseits vom inneren Rande der Niere, da, wo sie eine seichte Einbuchtung (Hilus) bildet und beginnt mit einer trichterförmigen Erweiterung, dem Nierenbecken. Wir machen uns diese Verhältnisse klar, indem wir eine Niere von ihrer Unterlage abpräparieren und die Nierenkapsel abziehen. Der Harnleiter verläuft jederseits auf dem Psoasmuskel zur Harn- blase, in welche er einmündet. Die Harnblase eibt beim Weibehen eine kurze Harnröhre ab, die in den Scheidenvorhof eintritt, während beim Männchen der Blasenhals in den Urogenitalkanal einmündet. Noch sind die Nebennieren zu erwähnen, die als gelbe, rund- liche Körper nach innen zu vom oberen Nierenrande liegen. Die rechte unmittelbar am oberen Nierenrande, die linke weiter davon entfernt, der Mittellinie nahe. An unserem weiblichen Exemplare finden wir die Ovarien als zwei abgeplattete, eiförmige Körper dem Psoasmuskel aufliegend und 20. Kursus: Säugetiere. 309 durch ein breites Band festeeheftet. An der Oberfläche des reifen Ovariums sieht man die Graarschen Follikel als Bläschen vorspringen. Der Eileiter beginnt mit einem weiten, mit dem festheftenden Band (Liga- mentum latum) verbundenen Trichter und tritt jederseits in etwas geschlängeltem Verlaufe in den Uterus, welcher zweiteilig ist. Die beiden ansehnlichen Hörner des Uterus münden getrennt in die Vagina ein, Es laßt sich das leicht sichtbar machen, wenn wir mit der Schere die vordere Wand des oberen Teiles der Vagina aufschneiden. Es zeigen sich alsdann zwei vorragende, krausenförmig gefaltete Papillen, auf denen die beiden Uteri ausmünden (s. Fig. 172). Die Vagina verläuft als weites Rohr caudalwärts, in ihrem hinteren Teile in den Scheidenvorhof (Sinus urogenitalis) eintretend. An der Grenze der eigentlichen Scheide und des Vorhofs mündet die Harn- röhre ein. In den Endabschnitt der Scheide münden zwei Paar Drüsen, die den Üowperschen und den Präputialdrüsen des Männchens ent- sprechen. Es wird nunmehr die Scheide der Länge nach aufgespalten. Während die Schleimhaut der Scheide in Längsfalten gelegt ist, ist der durch etwas vorspringende Querfalten getrennte Vorhof glatt. Die weibliche Geschlechtsöffnung ist eine weite Spalte mit einer festen, ziemlich großen Clitoris, die fast ebenso lang ist wie der Penis des Männchens, weshalb bei lebenden Tieren die Unterscheidung der Ge- schleehter nicht immer ganz leicht ist. Wir gehen nunmehr zur Untersuchung eines männlichen Tieres über. Die Hoden liegen bei jungen männlichen Tieren an der dorsalen Wand der Bauchhöhle und wandern vor der Geschlechtsreife durch den Leistenkanal in den Hodensack, der durch ein Paar muskulöse Ausstülpungen der Bauchwand gebildet wird. Schneiden wir den Hodensack auf, so sehen wir in ihm die Hoden als langgestreckte, ab- gerundete Körper liegen. Da der Leistenkanal offen bleibt, so ist die Möglichkeit vorhanden, daß die Hoden einem Strang — dem Guberna- culum Hunteri — entlang in die Bauchhöhle zurücktreten, was aber unter normalen Verhältnissen beim Kaninchen nicht eintritt. Am dorsalen Rande jedes Hodens liegt der Nebenhode (Epidi- dymis), aus dem Worrrschen Körper (Urniere) entstanden, dessen Kanälchen zu den Vasa efferentia werden. Vorn schwillt der Körper des Nebenhodens zum Caput epididymidis an, nach hinten bildet sich die stark verschlungene Cauda epididymidis, von welcher der Samen- leiter (Vas deferens) abgeht. Die beiden Samenleiter verlaufen nach vorn, durch den Leistenring in die Bauchhöhle eintretend, überbrücken die beiden Ureteren und treten von der dorsalen Seite her am Blasen- grund in den Urogenitalkanal ein. Wir lösen nunmehr mit der Schere die Hoden von ihrer Unterlage los und klappen sie nach vorn. Darauf entfernen wir die der ventralen Seite des Beckens aufliegende Muskulatur, legen die Schambeinsymphyse frei und kneifen mit einer Knochenzange die Scham- und Sitzbeine jeder- seits von der Schambeinsymphyse durch. Dann heben wir den abgetrennten media-on Beckenteil heraus, indem wir sorgfältig die beiden Corpora cavernosa penis von der Hinterfläche des Sitzbeins lostrennen. Um alle dorsal vom Urogenitalkanal gelegenen Teile sehen zu können, durch- schneiden wir die Bänder, welche den Canalis urogenitalis, sowie das Rectum gemeiusam umhüllen, und ziehen Urogenitalkanal samt Blase zur Seite. 310 20. Kursus: Säugetiere. Es liegt nunmehr der Urogenitalkanal frei vor uns, und wir sehen ihn dorsal von der Symphyse in den Penis eintreten. Nach vorn setzt er sich in den Hals der Harnblase fort. Die beiden Samenleiter verlaufen auf der dorsalen Seite der Blase, zwischen dieser und einem medianen Sack, der früher als Uterus masculinus (Vesieula prostatica) be- zeichnet wurde, jetzt aber als zweizipfelige Samenleiterblase auf- sefaßt wird, und münden getrennt, ventral von der vorderen Wand dieser Blase. ur | u ni “-- L. Harnleiter u. --Gubern. Hunteri Vena cava inferior... ORAL en R. Harnleiter Vas deferens Ns N S = Kopf des Neben- N &, „—-——/, Enddarm Vas deferens . Kopf des Nebenhodens hodens 022 a Ri OEL... Ampulle des Ampulle des Vass _ ____NN> 4 = Vas deferens deferens GGG. —----- Hode Hode Leistenring - Be Sie Harnblase Hode im Leistenring ... Vas deferens -——-...... —- -- Hode im Leistenkanal Schwanz des Neben- ____.__... hodens Geöffneter Hodensack =“ ha [ Hodensack Schwellkörper M. ischio-cavernosi Schwellkörper - Vorhautdrüse Penis Fig. 173. Geschlechtsorgane eines jüngeren männlichen Kaninchens. Orig. 8 Jung Ss Die klein bleibende Prostata mündet an der Collieulus se- minalis genannten Stelle, an welcher auch die beiden Samenleiter und die Samenleiterblase eintreten. In ihrer Nähe liegen seitlich am Urogenitalkanal noch als dünnwandige Schläuche auftretende Drüsen. Will man die Ausmündungsstellen der Vasa deferentia und der Samenleiterblase zur Anschauung bringen, so schneide man den Uro- genitalkanal von der ventralen Seite her auf. An der Stelle, an welcher der Urogenitalkanal in den Penis ein- tritt, liegen die beiden Cowrperschen Drüsen. 20. Kursus: Säugetiere. sıl Der Penis ist ein langgestrecktes, vorn zugespitztes (Gebilde. Er wird seiner ganzen Länge nach vom Urogenitalkanal durchbohrt. Seine dorsale Wand ist sehr gefäßreich und wird gebildet vom Corpus spongiosum, welches sich nach vorn zuspitzt ohne eine eigentliche Eichel zu bilden, während sich an seiner ventralen Wand zwei Schwellkörper (Corpora cavernosa) vorfinden. Eine lose, den freien Teil des Penis umgebende Hautfalte ist das Praeputium. Auch Präputialdrüsen sind vorhanden. Zwischen Vorhaut und Mastdarm finden sich auber- dem noch andere Drüsen, die Anal- und Inguinaldrüsen. Nachdem wir so die Anatomie der Baucheingeweide beendet haben, gehen wir zu der der Brusteingeweide über. Wir öffnen die Brusthöhle, indem wir das Zwerchfell unter dem hinteren Rande des Brustbeins aufschneiden und mit der starken Schere rechts und links vom Brustbein einen Schnitt nach vorn führen, dabei die Rippen zerschneidend.. Am vorderen Ende wird dann das Brust- bein abgeschnitten und abgehoben. Hierauf gehen wir weiter kopfwärts und spalten die Halsmuskeln auf, um die Trachea freizulegen. Es zeigt sich nunmehr folgende Lagerung der Organe. Die ze liegt frei in der Brusthöhle, der linke "Lungenflügel ist zwei- lappig, der rechte ist in drei Lappen zerfallen, von denen der untere nochmals geteilt ist. Das Zwerchfell, welches Brust- und Bauchhöhle trennt, ist dünn und besitzt eine ausgedehnte, sehnige Mittelscheibe (Centrum tendineum). Etwas ventral von der Mitte des Centrum tendineum liegt die Durchtrittsstelle der Vena cava inferior, dorsal von dieser tritt der Ösophagus hindurch und dicht vor der Wirbelsäule die große Körperaorta. Links und dorsal von der Aorta findet sich der Duetus thoracicus, ein dünnwandiges, die Brusthöhle durch- ziehendes Rohr, welches in das Gebiet der linken vorderen Vena cava einmündet, und durch Aufnahme von Lymphgefäßen das Lymphgefäß- system mit dem Venensystem in Verbindung setzt. Die beiden hellıoten Lungenflügel umschließen das mediane, mit der Spitze nach rechts weisende Herz, über dem sich Reste de, bei jungen Tieren größeren Thymus nebst Feitablagerungen bef’nden. Umgeben wird das Herz selbst vom Herzbeutel, einem dünnwandigen Sacke. Der Herzbeutel wird vorsichtig abpräpariert und dadurch das Herz samt den abgehenden Gefäßen freigelegt. Die Gestalt des Herzens ist kegelförmig. Aus der linken Herz- kammer entspringt die Körperaerta, die sich nach links wendet und an der Wirbelsäule als Aorta descendens nach hinten verläuft. An der vorderen Krümmung entspiingen von der Aorta zwei große Arterien der Truneus anonymus und die Subelavia sinistra. Der Truncus anonymus teilt sich weiter in die beiden gemeinsam, längs der Trachea zum Kopfe ziehenden Carotiden und in die Subelavia dextra. Beide Subelavien treten in die Vorderextremitäten ein. Von der rechten Herzkammer geht die Lungenarterie ab, die sich an_der Stelle, wo die Bronchien von der Trachea abzweigen, in zwei Äste für die beiden Lungenflügel spaltet. Aus der Lunge zurück wird das arterielle Blut durch zwei Lungenvenen der linken Vorkammer des Herzens zugeführt. Die Körpervenen verlaufen im allgemeinen neben den Arterien und vereinigen sich zu drei großen Hohlvenen, die in die rechte Vorkammer einmünden. 312 20. Kursus: Säugetiere. Die Trachea ist ein langes. durch dorsal nieht geschlossene Knorpelringe gestütztes Rohr, welches sich in der Brusthöhle in die beiden zu den Lungen gehenden Bronchien teilt. Vorn geht die Trachea in den Kehlkopf hinein, der ventral und seitlich die Car- tilago thyreoidea (Schildknorpel) erkennen läßt, während caudal davon die ringförmige Cartilago cerieoidea (Ringknorpel) liest. Wir spalten nunmehr Trachea samt Kehlkopf durch einen ventralen Längsschnitt. Vorn am Kehlkopf sehen wir alsdann ventral und an beiden Seiten eine große Knorpelplatte liegen, die Epiglottis, welche wie ein Deckel über die Mündung des Kehlkopfes gezogen werden kann. Ferner bemerken wir, daß die Cartilago erieoidea auf der dor- salen Seite stark erweitert ist, und daß ihr die beiden Arytaenoid- Knorpel aufsitzen. Zwischen Fortsätzen dieser beiden und der Car- tilago thyreoidea spannen sich die beiden Stimmbänder aus. In die dorsale Rinne der Trachea eingebettet liegt der Ösophagus, welcher sich wie der Kehlkopf im hinteren Rachenraume öffnet. Vor dem Kehlkopf finden sich zwei Speicheldrüsen die Unter- kieferdrüsen (Gl. submaxillares), und gleich davor die beiden Unter- zungendrüsen (Gl. sublinguales) während unterhalb des Kehlkopfes der Trachea die rotbraune, zweilappige Schilddrüse (Gl. thyreoidea)aufliest. Wir gehen nunmehr zur Untersuchung des Kopfes über und be- trachten zunächst Mundhöhle und Rachenhöhle, die wir uns sichtbar machen, indem wir vom Mundwinkel aus die Backe jederseits durch- schneiden. Von außen wird die Mundhöhle begrenzt durch die Lippen, die nichts anderes als Hautfalten sind. Zur Seite liegen die Wangen, die auf der Innenseite einen Streifen behaarter Haut tragen. Die Mund- höhle stellt ein hinten sich erweiterndes Gewölbe dar, dessen Dach von einer dieken in Querfalten gelegten Schleimhaut überzogen wird. Vorn stehen im Ober- wie Unterkiefer je zwei meißelförmige Schneide- zähne, von denen die oberen eine mittlere Längsfurche aufweisen. Die Vorderseite der Nagezähne ist mit Schmelz überzogen, der, wie bei der Hasenfamilie überhaupt, auch auf der Rückseite in einer dünnen Schicht vorhanden ist. Bei den übrigen Nagern fehlt er hier, und das ist der Grund, weshalb diese immerwachsenden Zähne (welche also bleibend eine offene Pulpahöhle haben) sich fortwährend abschleifen, dadurch die gleiche Größe behalten und stets scharf bleiben. Hinter den oberen Schneidezähnen liegen zwei kleinere rundliche Schneidezähne, die nur der Hasenfamilie eigentümlich sind. Sie entsprechen den dritten In- eisiven, die großen Nagezähne den zweiten, während die ersten verloren sesangen sind. Ein weiter Zwischenraum trennt die Schneidezähne von den Back- zähnen, von denen sich oben sechs, unten fünf befinden. Ihre Kronen sind durch eindringende Schmelzlamellen quergefaltet. Dicht hinter den kleinen Schneidezähnen des Oberkiefers liegen zwei feine Längs- spalten, die Nasengaumeneänge, welche die Mundhöhle mit der Nasenhöhle verbinden. Mit der Lupe können wir auf der Oberfläche und den Seiten der fleischigen Zunge verschieden geformte Papillen unterscheiden.. Im vorderen Teile und besonders an der Spitze der Zunge dichter stehend finden sich kleine weiße Tastpapillen auf ihr; seitlich von den letzten 20. Kursus: Säugetiere. 313 Molaren liegen zwei ovale Papillae foliatae, während weiter hinten zwei kleinere Papillae circumvallatae vorkommen. Diese Ge- schmackspapillen werden vom N. glossopharyngeus innerviert. Auf die Mundhöhle folgt die oben vom weichen Gaumen begrenzte Rachenhöhle. Der weiche Gaumen endet hinten im Gaumensegel, welches zwei seitliche Gaumenpfeiler entsendet. Hier liegen die beiden deutlich sichtbaren Tonsillen, die Iymphatische Apparate darstellen. Von Speicheldrüsen haben wir bereits die Gl. sublinguales und submaxillares kennen gelernt. Exartikulieren wir auf einer Seite den Unterkiefer und präparieren die Muskulatur ab, so finden wir zwei weitere Speicheldrüsen. Vorn und unter dem Augapfel liegt jederseits die Gl. infraorbitalis und hinter der Gelenkfläche des Unterkiefers die Gl. parotis, deren Ausführungsgang, der Ductus stenonianus, sich vorn in die Backenschleimhaut öffnet. Schließlich gehen wir zur Untersuchung des Gehirnes über, und präparieren es folsendermaßen aus der Schädelhöhle heraus. Der Kopf wird mit dem starken Messer vom Rumpfe abgeschnitten und Haut und Muskulatur vom Schädel abpräparier. Am schnellsten kommt man zum Ziele. wenn man einen Medianschnitt von der Nase zum Hinterhauptsloch und einen zweiten, senkrecht darauf stehenden Sehnitt führt und die vier Zipfel abpräpariert. Ist die Schädelkapsel freigelegt, so wird sie mit der Laubsäge rings herum aufgesägt. Man geht dabei vom Hinterhauptsloche aus und führt jederseits den Säge- schnitt nach vorn, dicht über dem Auge hinweg... Beide Schnitte werden vorn durch einen transversalen Sägeschnitt verbunden, und dann ver- sucht man, unter Einführung des starken Messers in die Schnittrinne das abgesägte Schädeldach abzuheben. Beim Sägen wie beim Abheben ist große Vorsicht nötig, um nicht ins Innere der 'Schädelkapsel einzu- stechen und das Gehirn zn verletzen. Ist die Schädelkapsel aufgehoben, so liegt das Gehirn, in seine Häute eingehüllt, frei da. Wir schneiden nun vorsichtig die Dura mater auf und ziehen sie soweit als möglich mit der Pinzette zur Seite. Die Weiterpräparation erfolgt vom Hinterhauptsloche aus. Mit einer Knochen- zange erweitern wir die Öffnung zu beiden Seiten des hinteren Hirn- abschnittes und führen vorsichtig den Stiel des Skalpells unter die Basis der Medulla oblongata. Die austretenden Nervenäste werden mit einer feinen Schere oder einem dünnen Skalpell möglichst entfernt von ihrem Ursprung durchtrennt. Größere Schwierigkeiten bildet die Gegend der Schädelbasis, welche als Sella tureica die Hypophyse aufnimmt. Vor allem hat man hier Zerrungen zu vermeiden. Sind erst die Augen- nerven durchschnitten, so kann man vorsichtig das Gehirn herausklappen und nach dem Abschneiden der Geruchsnerven in ein Gefäß mit schwachem Alkohol gleiten lassen. Eine wohl zu beachtende Regel ist die, niemals das Gehirn selbst mit Fingernägeln oder Instrumenten zu berühren. Sogleich nach beendeter Herausnahme sind die Hirnuhäute, auch die Pia mater, völlig zu entfernen. Wir beginnen mit der Betrachtung der Oberseite des Gehirnes. Das Vorderhirn ist stark entwickelt, die beiden Großhirnhemisphären sind aber noch glatt und zeigen noch nicht die für alle höheren Säuge- tiere charakteristischen Furchen und Windungen. Vorn geben sie die beiden ansehnlichen Riechlappen ab, aus denen die beiden Riech- nerven austreten, hinten überdecken sie das Zwischenhirn fast völlig. 314 20. Kursus: Säugetiere. Vom teilweise ebenfalls überdeekten Mittelhirn sieht man die Vier- hügelregion und die dem vorderen Paare der Vierhügel aufliegende Zirbeldrüse, welehe zum Zwischenhirn gehört. Das Hinterhirn (Klein- hirn) ist deutlich in drei Abschnitte geteilt, einen mittleren, unpaaren, den Wurm, mit acht Querfalten und die beiden Kleinhirnhemisphären. Es schließt sich weiter nach hinten das schmale Nachhirn (Medulla oblongata) mit der Rautengrube an. Ven der Basalseite aus sieht man folgendes. Die beiden Großhirnhemisphären zeigen hier An- deutungen einer Furchung, von denen eine als Syuvısche Spalte be- zeichnet werden kann. Zwischen beiden Großhirnhemisphären liest als rundlieher Körper die Hypophyse, aus einem vorderen und hinteren Lappen bestehend. Vermittels des Hirntriehters (Infundibulum) sitzt | sie der eiförmigen Anschwellung des grauen Höckers (Tuber einereum) auf. Vor der Hy pophyse sieht man die Kreuzung der Sehnerven. | A B Riechlappen Riechlappen ’ Vorderhirn __ Vorderhirn Mittelhirn ci Crura eerebri Zirbel- drüse sg 7 \ DE Kleinhirnhemisph. Wurm’ Nachhirn U Medulla Fig. 174. Gehirn des Kaninchens (aus WIEDERSHEIM). 4 von der Oberseite, B von der Unterseite. Vom Mittelhirn erblieken wir die beiden Hirnschenkel (Crura cerebri), welche den Vierhügeln aufliegen. Das Kleinhirn weist auf der Basalseite eine mächtige, quere Kommissur zwischen beiden Klein- hirnhemisphären auf, die Brücke (Pons), welche das Nachhirn um- schlinet. In der Medianlinie wird sie von einer Längesfurche durch- zosen. Das Nachhirn verschmälert sich nach hinten zu, um in das Rückenmark überzugehen. Es zeigt auf der Basalseite eine Längsrinne, an deren beiden Seiten Anschwellungen liesen. Sehließlieh sind noch die 12 Hirnnerven unter Zuhilfenahme der Abbildung Fig. 174 B aufzusuchen. Die 12 Hirnnerven, ven denen die beiden ersten Teile des Gehirnes selbst sind, sind folgende: 1. N. ol- laetorius, 2. optieus, 3. oculomotorius, 4. trochlearis, 5. trigeminus, 6. abducens 7. facialis 8. acustieus 9. elossopharyngeus, 10. vagus, 1. accessorius Willisii, 12. hypoglossus. Abdomen 193. Acanthometra 22. Acephalocyste 84. Achromatin 6. Achsenstrahl 21. Achsenzylinder 10. Acranier 243. Aectinosphaerium 20. Actinula 48. Adambulacralplatten 127 Adradien 59. Aestheten 150. Afterfeder 291. Afterfeld 120. Aleyonium digitatum 66. Allantois 282. Alula 292. Alveolarbäumehen 304. Ambulacralfurche 119. Amboß 302. | | Ambulacralplatte 122. Ambulacralsystem 119 Ammoniten 172. Amnion 282. Amöben 17. Amöboide Bewegung 6. Amphibien‘ 269. Amphidisken 39. Amphineuren 147. Amphioxus 243. Ampullen 120. Ampullenkanal 127. Analeirren 117. Analdrüse 257. Anemonia sulcata 69. Angelglied 206. Anneliden 102. Anodonta 165. Antennendrüse 190, 199. Anthomeduse 56. Anthozoa 63. Aorta abdominalis 171. Aorta cephalica 171 Aorta descendens 234. Apex 154. Appendices pyloricae 253. Apteria 296. Aquaeductus Sylvii 232. Register. Arachnida 211 Arachnoidea 233 Aranea diadema 211. Arcella 19. Archipterygium 237, 252. Armschwinge 292. | Arrectores pili 302. Branchiobdella astaci 200. Branchiopoden 190. Bronchioli 294. ‚ Brückenbeuge 303. Bryozoen 89. ‚ Bucealeirrus 244. \ Buccalsipho 224. Arthropoda, Systematischer | Bucephalus 168. Überblick 182. Artieulamentum 149. Articulare 231. Arytaenoid-Knorpel 312. Ascaris megalocephala 98. Aseidien 217. Ascontypus 34. Aspidochiroten 139. Asterias rubens I. 123. Asteroidea 122. L Atax 168. Atlas 283. Atrium 245. Aurelia aurita 60. Aurikeln 136. Avicularien 87. Axialorgan 126. Badeschwamm 41. Balantidium entozoon 282. Basalia 132. Basihyale 231. Basis 154. Baucheirren 109. Bauchsaugnapf 75. Bauchwarze 250. Beutelknochen 303. Bindegewebe 8. Birgus latro 189. Bivium 121. ‚ Blättermagen 304. Blasenwurm 78. Blastula 29. Bürzeldrüse 292 ' Bulbilli 245. | Bursae 120. ı Bursa Fabricii 294. Calamus 295. Campanula Halleri 252, 264. Campanularia flexuosa 52 Campanulariiden 57. ‚ Canalis neurenterieus 217, 244 Cannostomen 62. Capitulum 303 ‚Cardia 304. ‚ Cardo 201. ‚Carina 293. \ Carotiden 234, 287. ‚ Carpus 232. ‚ Carterius stepanowi 39. Cartilago cricoidea 312. | Cartilago thyreoidea 312. ‚Caryophyllaeiden S0. Cathammalplatten 54. | Centrosoma 5. Centrum tendineum 311. Cephalothorax 189, 212. | Cerearien 76. Cerei 206. ‚ Cerebraleirren 117. Cerebralganglien 75. Cestoden 78. Chaetognathen 9. ‚ Chaetopoden 109. Cheliceren 187, 213 Bojanussche Organel44,162 | Chiasma nerv. optie. 281. Bombus 209. Borstenwürmer 10%. Bothriocephaliden S0. Bothryoide Gefäße 108. Branchialsipho 144, 161. Chiastoneurie 143, 153. | Chiton 148. ‚ Chitonen 146. ‚ Chloragogenzellen 111 \Choane 298 316 Chorda dorsalis 216, 248. Chorioidea 233, 264. Chromatin 6. Chromosomen 7. Chylus 234. Ciliaten 24. Cinclides 64. Ciona intestinalis 223. (irren 89. Cladoceren 190. Clava squamata 51. Clavieula 232. Clitellum 111. Clitoris 309. Cnidoeil 45. Codoniidae 56. Coelenterata, scher Überblick 29. Cölom 86. Coenenchym 65. Collieulus seminalis 310. Collozoum inerme 23. Columba domestica 295. Columella 154, 270. Condylus oceipitalis 283. Conjunetiva 263. Conus arteriosus 253, 260. Coracoid 232. Cordylophora laeustris 50. Corium 230. Cornea 233, 269. Corpora cavernosa 311. Corpus callosum 303. Corpus ceiliare 264. Corpus spongiosum 311. Coxa 202. Cowpersche Drüse 310. Cristatella mucedo 91. Crura cerebri 314. Crustacea 188. Ctenoidschuppe 236. Ötenophorae 70. Cutieula 7. Cutieularskelett 65. Cyeloidschuppe 236. Cyste 16. Cystid 90. Cytopharynx 26. Damm 305. Daphnide 190. Darmdivertikel 124. Daumenschwielen 273. Deckepithel 7. Deckfeder 291. Deckgläschen, Reinigen 4 Dentriten 9. Dentin 9, 233. Dentition 233, 303. Depressores infundibuli 173. Dermalporen 36. Descensus testieulorum 305. Deutomerit 23. Diaphragma 92, 304. 244, Systemati- Register. Dibranchiata 168. Difflugia 19. Diphycerkie 251. | Diplogaster longieauda 101 Discomedusen 60. Diseoplacenta 241. Dissepiment 88, 113. Distomum hepaticum 76. Distomum lanceolatum 76. Domoplacenta 241. Dotterstock 73. Drüse 7. Drüse, grüne 199. Drüse, Harnersche 303. Drüsenepithel 7. Duetus choledochus 276. Duetus Cuvieri 253. Ductus eystiei 276. Ductus hepatiei 276. Duetus stenonianus 313. Duetus thoraecieus 311. Duetus wirsungianus 276. Dune 291. Duodenum 276. Dura mater 232. Echinodermata 122. Echinodermata, Systemat. Überblick 119. Echinoidea 130. Echinokokken 4. Echinorhynchus phus 200. Echinus eseulentus 131. ° Eckflügel 292. Eetoprocten 90. Eingeweidesack 142. Einleitung 1. Eiweißdrüse 80. Ektoderm 29. Ektoplasma 15. Elaeoblast 227. Elytren 80, 110. Embryo, sechshakiger 78. Endopodit 182, 189. öndostyl 216, 218. 224. öntoconcha mirabilis 141. Entoderm 29. öntodermlamellen 54 Entomostraken 190. Entoplasma 15. öntoproeten 90. Ephemeridenlarve 211. Ephippium 193. üphydatia 39. Ephyra 60. Epibranchialrinne 249. Epididymis 309. Epiglottis 304. Epimerit 23. Epigyne 214. Epiphragma 154. Epiphyse 232, 281. Epipodit 182, 189. Episternum 232, polymor- | Epistom 92. | Epistropheus 283. Epithelgewebe 7. Epithelmuskelzelle 46. Ethmoidea 231. Ethmoturbinale 305. Euglena 17. Euplectella 41. Eustachische Röhre 298. Exkretionsporus 99. Exopodit 182, 189. Extracapsulum 22. Exumbrella 54. Facettenauge 182, 189. Fahne 291. Fascia dorsalis 273. Faserknorpel 8. Feder 291. Federfluren 292. Federraine 292. Ferse 209. Fibula 223. Fierasfer acus 141. Finne 78 Flagellaten 17. Flaumfeder 291. Flimmerbewegung 6. Flimmerbögen 225. Flimmerepithel 7. Flimmerorgan 222. Flußkrebs 193. Flußmuschel 162. Foramen ovale 270. Foramen Panizzae 284. Foramen parietale 284. Foraminiferen 19. Frontalia 231. Frosch 272. Fühlereirren 118. Füßchenkanal 127. Funiculus 87, 91. Fureula 293. Furchungsprozeß 29. Fußblatt 42, 64. Gabelstücke 135. Gallertgewebe 8. Ganglienzelle 9. Ganoidschuppe 236. Gasterostomum fimbriatum 168. Gastralfilament 60. Gastraltaschen 59. \ Gastralwülste 59. \ Gastrogenitalmembran 60. Gastrovaskularhöhle 69. Gastrovaskularsystem 29. Gastrula 29. Gefäße, bothryoide 108. ‚ Geißelbewegung 6. Geißelepithel 7. Geißelkammer 34. Gelatinelösung zur Verlang- samung der Bewegung mikroskopischer Tiere 17. Gemmulae 39. Genitalplatten 130, Geodia 41. Geschmackskegel 249. Gewebe, 5, 7. Glandula infraorbitalis 313. Glandula parotis 304, 313. Glandula sublingualis 304, 312. Glandula submaxillaris 304, 312. Glochidium 167. Glomus 245. Glossae 201, 207. Gnathobdelliden 108. Gonophoren 43. Gonothek 50. Graarsche Follikel 309. Grannenhaar 302. Grasfrosch 272. Gregarine 116. Gregarina blattarum 23. Greifhaken 93. Griffel 206. Großhirnhemisphären 232. Grüne Drüse 199. Grundlamellen 9. Gubernaculum Hunteri 309. Haare 301. Haarbalg 302. Haarflur 302. Hämalbogen 260. Hämalrippen 231, 251. Hämapophysen 230, 251. Haftglied 206. Haftscheibe 75. Halteren 202. Hammer 302. Handschwinge 292. Harpersche Drüse 303. Hartstrahlen 251. Hauptdarm 54. Haustaube 295. Hautmuskelschlauch 73. Haversıschen Kanäle 9. Haversiıschen Lamellen 9. Heectocotylus 171. Heliozoen 20. Helix pomatia 155. Heterocerkie 251. Heterodontie 240. Hilfsmittel 1. Hinterhirn 232, 281. Hinterzungendrüse 298. Hirnnerven 314. Hirudineen 102. Hirudo medicinalis 103. Hörbläschen 171. Hörgrübchen 193. Holothuria tubulosa 139. Holothurioidea 137. Homocerkie 252. Homodontie 240. Hornschwamm 41. Register. Hüftglied 202. Humerus 232. ı Hummel 209. ‚ Hyalinknorpel 8. Hyalonema 41. Hydra 43. Hydrant 48. ‚ Hydroidpolypen 41. , Hydromeduse 53, 54. ‚ Hydrorhiza 51. Hydrotheken 52. Hyoid 231. Hyomandibulare 231. \ Hyperbranchialrinne 244. Hypobranchialrinne 216, 220, 244. ‚ Hypodermis 99. , Hypopharynx 201,207, 211. ‚ Hypophyse 222, 232, 281 | leum 232. ‚ Ineus 302. ‚ Inframarginalplatten 129. | Infundibulum 281. Inguinaldrüse 311. Inseriptiones tendineae 273. Insekten 200. ) Instrumentenkasten 1. Integripalliaten 161. Interambulacra 120, 132. Intercalaria 230. Intercellularsubstanz 8. Intercostalgelenk 292. Internodien 59. Investibulum 294. Iris 264. Kalkkörperchen 82. Kalkring 121, 141. Kaninchen 307. Kauladen 206. Kesersche Organe 165. Kehldeckel 304. Kelch 42. Keratin 34. Kern 6. Kernkörperchen 6. Kernmembran 6. Kernsaft 6. Erpulne (6 \ Kerona pedieulus Kieferfühler 213. Kiefertaster 206, Kiel 291. Kiemenbalken 228. Kiemenbäume 138, 139. Kiemenbläschen 129. Kiemendarm 220, 233. Kiemendeckel 236. Kiemensäckchen 191. Kiemenstäbe 248. Kinn 206. 28, 47. 213. Intertarsalgelenk 284, 293. Kleinhirn 232, 281. ‚ Kloakalhöhle 164. Kloakalsipho 144, 161, 224, ' Kloakenrohr 38. Knochengewebe 8. ' Knochenzelle 9. | Knopf 49. Knorpelgewebe 8. Knospung 16. Körbchen 209 Kometenform 123. Konjugation 15. Kontraktile Vakuolen 16. Konturfeder 291. Kopfnerven 232. Kopulation 16. Korallentiere 63. Kranzdarm 59. Krebsaugen 198 Krebstiere 188. Kreuzspinne 211. Kristallkegel 192. Kristallstiel 161. Kubisches Epithel 7. Labmagen 304. Labyrinth 233. Lacerta agilis 286. Lateralrippen 231, 251. Laterne des Aristoteles 230, 135. Laufknochen 293. Laurerscher Kanal Leberhörnchen 192. Leberschläuche 123. Leekzunge 201. Lemnisken 87. Lepus cuniculus 307. Leptocardier 243. Leptomeduse 57. Leueiseus rutilus 264. Leucontypus 34. Liebespfeilsack 155, 159. Ligamenta intervertebralia 231. Ligamentum latum 309 Liguliden 80. Linin 6. Linse 265. Liriope eurybia 58. Literatur über mikroskop Technik 5. Lobi olfactorii 223, 281. Lophophor 90. Lumbriecus hereuleus 110. Lungenalveolen 304. ‚ Lungensäcke 214. ‚ Lymphgefäße 234. Lymplhherzen 272. Lymphzelle 111. 76. Madreporenplatte 119. Malleus 302. Mammarorgan 302. Mandel 304. Mandibulare 231. Magenzähne 198. Mantel 142. Mantelfalte 154. Mantelhöhle 142. - Mantelsaum 160. Manteltiere 217. Marginalia 122. Marginaltaschen 59. Markschicht 20, 82. Markstränge 147. Mauerblatt 42, 64. Maxsillare 231. Maxillipalpen 187, 215. Maxilloturbinale 303. Medullarrinne 217, 232. Medullarrohr 217 Meduse 43, 53. Medusoide Gonophoren 43. Mentum 201. MEIBomsche Drüse 303. Mesenterialfilament 64. Mesenterium 194, 233. Mesobronchus 294. Mesoderm 29. Mesodermwulst 49. Mesoektoderm 33. Mesothorax 201. Metacarpus 232. Metapleuralfalten 245, 246 Metatarsalia 232. Metathorax 201. Metazoa 29. Milehdrüsen 302. Mikroskop 1. Mikrosomen 5. Miracidium 76. Mitose 7. Mittelhirn 232. Molaren 304. 2 Mollusca, Systemat. Über- blick 142. Monactinelliden 38. Monoeystis tenax 24, 116. Mücke 211. Mürterscher Gang 234, 254. Mürtersches Gesetz 23. Mundrohr 54. Mundscheibe 64. Mundsegel 164. Muscheln 160. Museulus longissimus dorsi Dis} Museulus obliquus externus 273. Musculus peetoralis 273. Musculus peetoralis major 296 Museulus reetus abdominis 273 Musculus sternoradialis 273 Muskelfahne 66. Muskelgewebe 9. Myelin 10 Myocommata 244, 250. Register. Myomeren 244. Myoneme 16. ı Myotom 230, 244. Myxospongien 34. Nachhirn 232, 281. Nackenbeuge 303. Nackenfurche 195. Nahrungsvakuolen 16 Nasalia 231. Nauplius 182, 190. Naupliusauge 189. Nausitho@ punctata 62. Navicula 116. NEEpHAMsche Tasche 171. Nebenauge 192. Nebenfahne 291. Nebenhode 309. Nematoden 96. Nephridium 88, 103. Nephrostom 113, 156. Nereis pelagiea 117. Netz 307. Netzmagen: 304. Nervengewebe 9. | Nervus ischiadieus 280. | Neuralbogen 260. \ Neurapophysen 230, 251. Neurillemm 10. Neuron 9. Neuroporus 217, 244. Nesselkapsel 45. Nesselzelle 45. Nierensack 167. Nierenspritze 156. | Nidamentalorgan 259. Notum 201. Nuclein 6. Nucleus 6. Nucleolus 6. Nyetotherus cordiformis 282. Obelia geniceulata 57. Obiektträger, Reinigen 4. Oceipitalia 231. Ocellarplatten 130. Ocellus 225. Odontoblasten 9. Ohrspeicheldrüse 304. \ Oligochäten 110. Omentum 307 ÖOncosphaera 78. \ Ootyp 78. Opalina ranarum 28, 281. Opereulum 154. | Opisthobranchier 154. Urganellen 15. Orthoneurie 143, 153. Oscarella lobularis 36. Os coceygis 270, Oseulum Os ischii 232. Osphradien 142. Os pubis 232. Nidamentaldrüse 172, 175. Ossein 8. Osteoblasten 8. Os transversum 283. Otiea 213. Palatinum 231. ‚ Palatoquadratum 231. \ Palpus labialis 201. Palpus maxillaris 201. Pancreas 170. ı Pansen 304. Papillae foliatae 313. Papilla urogenitalis 268. Paraglossae 201. Paramaecienfalle 14. Paramaecienzucht 14. ‚ Paramaecium aurelia 24. ' Paramoeba eilhardi 18. Paranuclein 6. Parapodien 109, 118. Parasphenoid 231. Paraxondrüse 123, 126. Parietalia 231. ‚ Paritealorgan 232. \ Paxillen 122. | Peeten 293. Pedalganglien 142, 147. Pedalstränge 147. Pedes spuriüi 195. Pedicellarien 122. Pellieula 25. Pericard 142, 147. Pericardialdrüse 178. Pericardialsinus 203. Perichondrium 8. Periderm 48. Perineum 305. Periproct 120, 130. Peristom 130. Peristomialeirren 118. Peritoneum 116. Perlen 161. Perlmutterschicht 161. Perradien 59. Pflasterepithel 7. Pfortaderkreislauf 305. Phacellen 62. Phagoeytäre Organe 97. Phyllopoden 190. Pia mater 233. Pigmentbecher 249. | Pigmentzellen 8. Pilidium 86. Pinnulae 120. Placenta 241, 227, 305. Plakoidschuppen 236, 257. Plastogamie 16. Plathelminthes 73. Platodes 73. Plattenepithel 7. Plattwürmer 73. Pleurae 201. Papillae eircumvallatae 313. Peribranchialraum 216, 245. Periplaneta orientalis 203. Er aralkanglien 147. Pleurobrachia pileus 70. Pleurovisceralstränge 147. Plexus brachialis 280. Plexus ischio- coceygeus 280 Porısche Blase 123. Polplatten 71. Polychäten 110. Polypid 90. Polystomum integerrimum 282. Pons Varoli 303. Porifera 33. Porus abdominalis 245. Porus genitalis 254. Postabdomen 187. Potamobius astacus 193. Praecoracoid 232. Praemaxillare 231. Praemolar 304. Praeputium 311. Praerhipidoglossum 146. Primordialeranium 231. Prismenschicht 161. Processus coracoideus 303. Processus faleiformis 252. Processus spinosus 231. Processus uncinatus 293. Processus xiphoideus 274. Proglottiden 79. Propodium 143. Prosobranchier 154. Prosopygier 90. Prostata 159, 310. Prothorax 201. Protomerit 23. Protoplasma 5. Protopodit 182. Protozoa 14. Protozoa, Systemat. Über- blick 11. Psammospongien 34. Pseudonavicelle 24, 116. Pseudonavicelleneyste 116. Pseudohämalkanal 130. Pterygoid 231. Pterygopodien 255. Pterylae 296. Pulpa 233. Pupille 264. Pylorus 304. Quadratum 231. Räderorgan 85. Radialkanäle 54. Radialplatte 132. Radialtuben 35. Radiolarien 22. Radius 232. Radula 147, 154. Randbläschen 58. Randlappen 59. Rana muta 272. Rana temporaria 272. Raphe 244. Register. Rautengrube 232, 281. Receptaculum seminis 76 Redie 76. | Rektaldivertikel 126. Renoperikardialkanal 147. Reptilien 282. Rete Malpighii 230. Retina 233. Retractor penis 159. Rhabdonema nigrovenosum 282. Rhabditis 282. Rhabditis teres 101. Rhachis 101, 295. Rhodeus amarus 168. Rhynchobdelliden 103. Rhyncehocephalen 283. Riechgruben 171. Riechlappen 232, 313. Rindenschicht 20, 82. Ringelwürmer 102. Ringkanal 54, 64, 123 Rippengefäbe 72. Rippenquallen 70. Rostellum 79. Rostrum 193. Rotulae 135. Rückeneirren 109. Rückenporen 111. Saceulus 233. Sacralwirbel 232. Säugetiere 301. Sagitta bipunctata 9. Salpa africana 225, 226. Sareolemma 9. Sarsia eximia 56. Sattel 111. Saugwürmer 75. Sauropsiden 291. Scapula 232. Schaft 291, 295. Schalenauge 148. Schalendrüse 190. Scheitelaufsatz 57. Scheitelauge 284. Scheitelbeuge 303. Schenkelring 202. Schilddrüse 274. Schloßband 163. Schmetterling 210. Schnecke 146, 151, Schornstein 36. Schulp 180. \ Schulterfittich ‚ Schuppe 19. | Schwämme 33. Scuwannsche Scheide 10. | Schweißdrüsen 302. , Schwimmblase 236. Schwungfeder 292. | Selera 263. \ Seleroticalring 284. Sclerotom 230. | Scolex 79. Sceutum 201. 233. 292. 319 Seyllium canicula 254. Seyphistoma 59. Sceyphomedusen 53, 59. , Seyphopolypen 59. Sechshakiger Embryo 78. Seeigel 130. Seesterne 122. Seewalzen 137. Sehhügelregion 232. Segmentalorgane 104. Selachier 251. Sella tureica 313. Semostomen 60. Sepia offieinalis 172, Septen 64. Simocephalus vetulus 190. Sinnesepithel 8. Sinupalliaten 161. Sinus venosus 260. Sipho 143. Siphonoglyphe 64. Sklerosepten 65. Spadix 48. Spermatophorentasche 171, 178. Sphenethmoid 269. Sphenoidea 231. Spieula 66, 87, 98. Spinalganglion 232, 280. Spinalnerv 232, 280. Spindelmuskel 152. ‚ Spinnapparat 214. Spinnentiere 211. Spinnfeld 215. ‚ Spinnröhre 215. Spinnwarze 214 Spiraculum 143. Spiralfaden 208. Spongilla 36, 39. Spongin 34. Spongoblasten 41. Sporenbildung 16. Sporoblasten 24. | Sporocyste 76. Sporozoen 23. Sporozoit 24. Spritzloch 233. Spürorgane Sb. Spule 291, 295. Squamosum 231. Stämme des Tierreiches 10. Stapes 302. Stativlupe 2. Statoblasten 87, 91. Steigbügel 302. Steinkanal 119. Stemmata 182 Stentor 28. Sternalkanal 199. Sternum 201, 232. Steuerfeder 292. Stichopus regalis 141 Stielglied 206. Stigmata 185. Stilette 45. ‚ Stipes 201 320 Stirnauge 189. Stolonen 50. Stolo prolifer 226. Stratum corneum 230. Strobila 59. Stützgewebe 8. Stützlamelle 42. Stützmembran 7. Styela plicata 218. Subeutieula 99. Subeutieularschicht 79. Subdermalräume 37. Subgenitalhöhle 60. Subgenitalsaal 60. Submentum 201. Subneuralgefäß 117. Subumbrella 54. Süßwasserschwamm 36. Supramarginalplatten 129. Sycandra raphanus 34. Sycontypus 34. Syrvische Spalte 314. Synapta digitata 141. Syncoryne eximia 56. Syrinx 294. Taenia 80. Taenia echinococeus 84. Taeniiden 80. Täniolen 59. Talgdrüsen 302. Tapetum 264. Tapetum nigrum 233. Tarsus 232. Tasthaar 302. Taube 295. Teiehmuschel 162, 165. Teilung 16. Tegmentum 149. Teleostier 251. Telson 196. Tergum 201. Terminalfühler 123. Tetrarhynchiden 80. Thalamophoren 19. Theonella 41. Thymus 289. Thyreoidea 274, 289. Tiara pileata 57. Tiaridae 57. TIEDEMANN sche chen 123. Tibia 232. Tintenbeutel 170. Körper- Register. Tintenfische 160, 168. Tonsillen 304. Tornaria 89. Tränendrüse 303. Tracheenkiemen 211. Tracheenlungen 187. Trachymeduse 58. Trematoden 75. TREMBLEyscher Umkeh- rungsversuch 47. Trichoeysten 25. Trichodina pedieulus 47. Triehter 71, 103. Triehterklappe 178. Trivium 121, 138. Trochanter 202. Trochophora 89, 110. Trochospongilla 39. Truneus anonymus 311. Tuba Eustachii 270. Tuber einereum 281. Tubereulum 303. Tubularia larynx 48. Tunica externa 218. Tunica interna 218. Tunicata 217. Tunicata, Systemat. Über- blick 216. Tympanicum 231. Typhlosolis 113, 167. Ulmariidae 60. Ulna 232. Umbo 154. Umbrella 54. Unio 162. Unterkieferdrüse 304. Unterkinn 206. Unterzungendrüse 304. Urdarm 29. Urmund 29. Urniere 234. Uropoden 195. Uterus bicornis 305. Uterus duplex 305. Uterus masculinus 310. Uterus simplex 305. Utrieulus 233. Uvula 304. ‚Vasa Malpighii 185, 202. ‚ Velarlappen 61. ‚ Veligerlarve 142, 155. Druck von Ant, Kimpfe, Jenu, Velum 54, 164. Vena subintestinalis 242. Verlängertes Mark 232. Vermes 85. Vertebrata, Systemat. Über- | blick 230. Vesicula prostatica 310. , Vesieula seminalis 259. , Vierhi 2, 147. Visceralskelett 231. Vögel 291. Vomer 231. Vorderhirn 232, 281. Vorhöhle 167. Vorniere 234. Vorticella 26. ‚ Wachsbecken 1. Wachshaut 295. Wasserlunge 121, 138. Weichstrahlen 251. Wimperepithel 7. Wirbel 163. Worrrscher Gang 234, 254. Wollhaar 302. ' Wurm 85, 293. ' Wurmfortsatz 308. Zäpfchen 304. Zahnfortsatz 283. Zahngewebe 9. Zahnleiste 233. ‚, Zauneidechse 286. Zelle 5. Zellenmund 17. Zellmembran 6. Zellorgane 15. Zentralkapseln Zoea 183, 190. Zone 150. Zonula Zinnii 264. ‚ Zoochlorella parasitica 37. | Zooeeium 90. ı Zooxanthellen 22. | Zungenkegel 58. , Zwerchfell 304. , Zwergmännchen 85, 183. ‚ Zwischenhirn 232, 281. | Zwischenkieferstück 135. , Zwitterdrüse 155. ‚ Zylinderepithel 7. Ir 2. nn a ar QL Kükenthal, Willy Georg 47 Leitfaden für das 92 zoologische praktikum Biological 6. umgearbeitete aufl. & Medical PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY