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Zeitichriit für Vorgeichichte

begründef und für die Geiellichait für deufſche Vorgeichichfe

herausgegeben von

Prof. Dr. Guifak Koilinna

VII. Band 10 WURZBURG

Verlag von Curt Kabitzid Kgl. Univerfitäts-Verlagsbudihändler

1915.

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Alle Rechte, insbefondere das der Überſetzung, vorbehalten.

Druck der Königl. Univerſitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg

562330

Inhaltsverzeichnis.

Aus Muſeen und Dereinen (Einzelheiten im Sachregiſter ) Bücherbeſpre chungen. 198, Nachrichten (Einzelheiten im Sachregiſterrõ-⸗))7))j)/) 204, Almgren, Oscar: Nachruf für Gabriel Guſtafſon (mit Bild, Tafel XXXIV) Arnd, Wolfg.: Zur Sormenfenntnis der Rjökkenmöddinger-Slintgeräte (mit 3 Tafeln. I! ] Ar ] 8 Bayer, Joſef: Die Bedeutung der Mouſtérien-Station Markkleeberg bei Leipzig für die quartärchronologiſche Sragggngeendwn UU iL Bing, Juſt: Das Rivikdenkmal (mit 11 Abb.) )))))))ÿP .. Bing, Juſt: Götterzeichen (mit 14 Abb.) jj Blume, Erich: Aus der Provinz Poſen. Erwerbungen des Kaifer-Sriedrich- Mufeums zu Poſen im Jahre 1910 (mit 30 Abb. und 2 Tafeln, XXVIII, XXVIII). hagen, Joachim Otto v. d.: Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Aera (mit 16 Tafeln, in ] ðꝭ2 ĩð ae hahne, hans: hermann Klaatſch zum Gedächtnis (mit Bild, Tafel ALV)

Horter, Peter: Ein Gräberfeld der älteſten Hallſtattzeit bei Gering, Kreis Mayen,

Rheinland; Schluß (mit 3 Abb.) ĩõmnʒꝛʒ/õn))00ꝛ ³ ß ee 326 hörter, Peter: Gräber der jüngſten Hallitattzeit bei Mayen, Rheinland (mit 2 Abb.

und Malek AO VEY ck: se 2 ee er UR GS A ee BA 331 Kofjinna, Guſtaf: Die illuriſche, die germaniſche und die keltiſche Kultur der früheſten Eiſenzeit im Verhältnis zu dem Eiſenfunde von Wahren bei Leipzig

(mit 44 Abb. und 1 Karte auf Tafel ũðzedd2suess nn. 87

Koffinna, Guſtaf: Zu den vorgeſchichtlichen Eiſenbar ren 359

Kojfinna, Guſtaf: Sitzungsberichte 1915 der Zweiggeſellſchaft Berlin .. 183, 187

Koffinna, Guſtaf: NachricheeennnLLLLLLLSLSLS 204, 356

darin:

Robert dort, zum 80. Geburtstag (mit Bild) - » > 2222200. 360

Nachruf für Eduard Brennen. i 211

i Huge SONGS. es ue ee oe ee a 375

5 Johannes Kante a ye BY 387

N Alfred Schliz (mit Bild, Tafel XLIII-öVs 207, 364

8 Güſtav Stimiming 2% 2 2 2.2 ©8203 waren 209

5 Deitvidy Wiler een 209

1441 *

IV Inhaltsverzeichnis.

Seite Reeg achtte)ii)ii)i) Be Beth er a 210, 376 Niedermendiger Baſaltgeräte in Dorpommerm............. 355 Der Sonnentempel Stonehenge verſchachertre cu 357 Das Dieberg Schiflk1lk]“““““„ Sw Sa Oleg 357 Der Goldfund von Rommerau Kr. Schwetz in Weſtpreu ßen .. 359 Einſturz des Muſeums zu Leitmeritz in Nordböhmen . 359 Don deutſcher Art und RunſſuttttMknntmmntnt . 382

Cienau, M. M., Grabungen für das Lüneburger Muſeum 1912/13 (mit 5 Abb.

und 5 ofen NIN ² [[Illf .J. ee 169 Mehlis, C.: Zu den vorgeſchichtlichen Eiſenbarren (mit 2 Abb.) . ...... 338 Montelius, Oscar: Das lateiniſche Kreuz (mit 60 Abb.). . ... 2... : 281 Nabe, S., Mar: Ein eiſenzeitlicher Depotfund von Wahren bei Leipzig (mit 1 Abb.

UNO e,!“ 85 Plettke, Alfred: Urſprung und Ausbreitung der Angelſacheeen.t. .. 347 Rohr, A. v.: Nachruf für Paul Quente (mit Bild, Tafel NLVI) )) . 380 Stephan, Paul: Dorgeſchichtliche Sternkunde und Zeiteinteilung (mit 15 Abn.

und 1 Karte auf Tafeln NX X eR RO eae YG 213 Stimming, R.: Die wendiſche Zeit in der Mark Brandenburg und ihrer Um—

gebung (mit 7 Abb. und 5 Tafeln, XXIII Tc 2. 7 7ꝛꝛ ꝛꝛ 2 2200. 127 Stimming, K.: Frührömiſche Sunde aus der Mark Brandenburg und ihrer Um:

gebung (mit 7 Tafeln, XNNVII—XLHI und 1 Ratte) . 2. 2. 2 2 2020. 342 Strauch, Karl: Skelettreſte aus Steinzeitgräbern in der Uckermark... 249 Wilke, Georg: Weitere Beiträge zur heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit

CME 09 )))) «ðVd“) ee 1 Wilſer, Ludwig: Nachruf für Otto Hmmonnnnnnnn nen 364 Wolff, Karl Felix: Wer waren die Altſlabpbe nns 135 Sachregiſter (von Ernſt Snethlageo/:y))hjhj)h)õ⸗hr rr 389 Verzeichnis der Abbildungen im Text und auf den Tafeln (von Ernſt Snethlage) 409

Bücherbeſprechungen.

Ulmgren, Oscar: Die ältere Eiſenzeit Gotlands. Heft 1. Stockholm 1914 (M. Jahn) Decelette, Joſeph: La collection Millon. Antiquités préhistoriqucs et gallo- romaines (Hugo MötefindttVaAkvuiuiõyůhhhhůrum ee Dechelette, Joſeph: Manuel d'archéologie préhistorique, celtique et gallo-romaine II. Archeologie celtique ou protohistorique. Troisieme partie: Second fge du fer ou époque de la Tene. Paris 1914 (Hugo Mötefindt dd. Mötefindt, hugo: Das Diptychon consulare im Domſchatz zu Hhalberſtadt. Magde— büro 1915: (Georg Gene 2

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Band Vil. KA | Felt 1/2.

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Leitichrit für Vorgetchichte

begründet und für die Gefellichatt für deuticie Dorgeichichte

Herausgegeben pon

‘Prot. Dr, Suifal Kollinna

Band VII.

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WÜRZBURG

Verlag von Curt Kabtfzid Kgl. Univeriitdts-Derlagsbudihdndler

1915,

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Verlag pon Curt Kabitich, kgl. Univ.-Verlagsbuchhdndler in Würzburg. 0000 dd

N Illannus“ Zeitſchrift für Vorgeschichte

ee ¥ herausgegeben von Prof. Dr. Guitaf Kolfinna. ~ Jährlich etwa 3-4 Beite in zwanglofer Folge, die zulammen einen Band von etwa 26 Dru en mit ebenfoviel Tafeln und ‚reichhaltigen Textllluitrationen bilden. Einzelne Belte Und nicht kau

Bezugspreis für den Band Mk. 18.—, €inbanddecken zu Mk. 1.—. Ti Das vorliegende 1/2. Belt des VII. Bandes enthält: ? ur

I. Abhandlungen,

Wilke, Georg (keipzig). Weitere Beiträge zur Bellkunde In der Indoeuropälicen Vorzeit. Mit 39 Cextabbildungen.

v. d. Rn: 8 O. NN Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 4 |

Bing, Juſt (Bergen). oa Kivikdenkmal. Mit 11 Textabbildungen.

II. Mitteilungen.

Arnd, Weite. (Wernigerode). Zur Formenkenntnis der Klökkenmöddinger Flintgerdte. Mit Tafeln XVII—XIX.

fläbe, War (Leipzig). Sin ellen zeitlicher Depotfund von Wahren bel Leipzig. Mit Tatel XX und : 1. Textabbildung,

$82 Roffinna, e (Berlin). Die illyrifche, die germanische und dle keltlſche Kultur der frohelten Elienzeit im Verhältnis zu dem Elienfunde von Wahren bei Leipzig. Mit 44 Abbildungen Im Text und 1 Karte (Tafel XXI).

| Rampe. R. (Sr. Wulterwik). Die wendifthe Zelt in der Mark Brandenburg ung ihrer Um- wath ~~’ gebung,’~ Mit 7 Textabbildungen. (Tafel XXII XXV).

x Wolff, Karl Felix (Bozen), Wer waren die Altilawen?

III. Hus Muieen und Vereinen.

Blume, Erich 5 Aus der Provinz Polen, €rwerbungen des Kalfer Friedrich. Mufeums Polen Im Jahre 1910. -Mit. 30 Textabbildungen und Tafeln XXVII—XXVIU.

FTLienau, M. M. (Halle). Grabungen für das künebürger Muleum 1912/13, Mit 5 Texfabbil« ° ANY i | dungen und Ta el XXIX—AXXIIL. | a nares a far deutiche Vorgeihichte, Zwelggeiellichatt Berlin. Sitzungsbenchle 1915.

IV. Bücherbeiprechungen.

a * V. Nachrichten, 3 ~~ Mit. Tafel XXXIV.

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8 Erdkunde und Weltkrieg in ihren Beziehungen

33 fc erläutert und dorgettellt nebit Schilderung der Kriegsidiaupläße

RAIN N |, | von Me | Rektor B. Elemenz, 8 lulegnſtz eee X und 278 Selten mit 4 Kärtchen im Text, 11 Relief- und 1 Weltverkehrskarte.

Broich, nur Ik: 2:~, gebd. Mk, 2.40,

Bletet einen guten Einblick in dle geographifchen Verhdltniile und In die Entwickelung der heufigen LT.ultande der am Krieg. beteiligten Gegenden und Völker, In anregender Darſtellung wurden uns =). aldit nur die geographiſchen, londern audı die wlrtſchaftspolltiſchen Verhaltniſſe gektildert. Sehr gute =, „Karten ergdnzen die Bedeutung des Buches, das audı nach dem Kriege und betonders während der Ftledensverhandlungen von Wert fein wird. Das Buch biefet reichlichen Stoff zur Selbstbe⸗ lebrung, zu Vorträgen ulw. und lit auch zum lieſebuch in den ann aller Schulen geeignet.

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I. Abhandlungen.

Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit.

Don Georg Wilke, Leipzig. Mit 39 Tertabbildungen.

Schon in meinem Buche: Kulturbeziehungen zwiſchen Indien, Orient und Europa!) und dann wieder in mehreren in Berlin?), Köln?) und Leipzig gehaltenen Vorträgen habe ich darauf hingewieſen, daß für die Erörterung des Indogermanenproblems auch die Feſtſtellung des Urſprungsgebietes be- ſtimmter gemeinindogermaniſcher Vorſtellungen, die ſich in Geſtalt zahlreicher Bräuche und namentlich in der Volksheilkunde bis heute fortgeerbt haben, nicht unwichtig ſei, und es iſt mir, denke ich, auch gelungen, für eine ganze Reihe derartiger Vorſtellungen an der Hand von archäologiſchen Tatſachen die europäiſche, in letzter Linie weſteuropäiſche herkunft zu erweiſen. Aud die folgenden Ausführungen ſollen dieſem für den Archäologen, Folkloriſten und Mediziner gleich wichtigen Kapitel gewidmet ſein, und ich hoffe, daß jie als weitere Belege für die von mir bereits früher ausgeſprochenen Auf- faſſung dienen können.

Eine beſonders wichtige Rolle im Volksaberglauben ſpielen die Süße und Sußſpuren, an deren Stelle ſehr häufig auch der Schuh erſcheint. In Indien hat jemand, der zur Eſſenszeit mit ungewaſchenen Füßen in ein Haus eintritt, den böſen Blick, und er bewirkt, daß der, der gerade ißt, krank wird oder das Genoſſene erbricht und ſo lange nichts genießen kann, bis die Wir⸗ kung des böſen Auges aufgehoben iſt. Campbell und ihm folgend Selig- mann erklären dies fo, daß fic) ein böſer Geiſt unterwegs an einem Kreuz: wege an die Sohlen der betreffenden Perſon anheftet und ſie begleitet. Wäſcht

1) Mannus⸗Bibliothek Nr. 10. 2) Med. Klinik 1913, Nr. 38—40. 3) Mannus VI. 15 ff. Mannus, Bd. VII. H. 1/2. 1

2 Georg Wilke. [2

ſich nun dieſe Perſon vor Betreten des hauſes die Füße, jo weicht der Geiſt zurück. Unterläßt der Betreffende aber das Waſchen, ſo dringt der Geiſt mit ihm in das Haus ein und befällt den Eſſenden 1). Ich meine, eine viel ein— fachere Erklärung liefert uns der Emanismus: Un den Füßen haften eben ganz beſonders wirkſame Rörperemanationen man denke nur an das verfolgen der Sußſpuren durch hunde und mit dem Waſchen werden auch die Emanationen entfernt, jo daß dieſe nun nichts mehr ſchaden können.

Verwandte Anſchauungen liegen vor, wenn man in den apenniniſchen Grenzländern bei Derherung einer Kuh eine Handvoll Erde oder Staub von der Stelle, wo der vermeintliche Zauberer geftanden hat, aufhebt und der behexten Ruh auf ihren Kücken wirft 2). In ganz ähnlicher Weiſe ſchützt man in Steiermark kleine Kinder durch Abreiben mit Fußbodenſtaub aus Kirchen“) und auf Ceylon heilt man einen Kranken, indem man dreimal um ihn mit einem Gefäß herumgeht, das neben etwas Salz (ein ſehr wirk— ſames, auch ſonſt oft wiederkehrendes Zaubermittel; vgl. S. 19) und einigen Gewürznelken den Staub einer Stelle enthält, wo der krankheitbringende Zauberer ſeine Füße hingeſetzt hatte s). In Eſthland ſchüttet man heiße Afdye in die Fußſpuren, offenbar in der Abſicht, die Spuren nicht nur zu verdecken, ſon— dern zugleich auch die darin haftenden Emanationen zu vernichten, oder, modern mediziniſch ausgedrückt, die betreffende Stelle zu ſteriliſieren. In Rußland endlich wird die Sährte deſſen, den man behexen will, ausgegraben und dem Kaldun (Zauberer) überbracht, der darüber feine Zauberſprüche lieſt; wünſcht man dem zu Beherenden nur Gram an, fo verſteckt der Kaldun den Fußſohlenabdruck unter dem großen Dachbalken oder einer Oberſchwelle; wird jedoch tödliche Rache gefordert, ſo verbrennt der Kaldun um Mitternacht die Fährte im Badehauſe und der Behexte muß alsbald ſterben ).

Dieſelbe emaniſtiſche Wirkung wie den menſchlichen Fußſpuren kommt natürlich auch den Fußſpuren von Tieren zu. So ſchützt man in vielen Gegenden Deutſchlands ein auf dem Markte gekauftes Tier gegen Hexerei, indem man ein wenig Erde von der Fußſpur des erſten Schrittes, den es nach dem Kaufe gemacht hat, aufhebt und hinter ſich jenſeits der Marktgrenzen wirft 7. Und bei den Wanderzigeunern Siebenbürgens wird zum Schutze eines neu erworbenen Tieres eine Fußſpur von ihm aus dem Fußboden ausgeſchnitten und, nachdem ſie mit dem Blute des neuen Eigentümers beſpritzt iſt, mit

Seligmann, der böſe Blick und Verwandtes.

m a. O. a. O. a. O. a. O. itt. d. Wien. Anth. G. 1901 (154). ligmann, a. a. O.

3] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Dorzeit. 3

neun Haſelnußzweigen und einigen Haaren in der Nähe des Lagerfeuers in ein Loch vergraben, das dann Jorgfältig mit Erde zugeſtopft wird.

Ganz beſonders kräftig mußten natürlich die emaniſtiſchen Wirkungen ſolcher Fußſpuren ſein, die man hervorragenden Menſchen, Heroen oder Halbgöttern oder auch beſtimmten muͤthiſchen Tieren zuſchrieb. Daher der weitgehende Kult, den man mit der Fußſpur Buddhas trieb, ebenſo die Der: ehrung der angeblichen Sußjpuren des Griechiſchen Herakles, des Nordiſchen Roland, der Sonnenrinder in Sizilien uſw. ).

Wie den Fußſpuren, jo ſchreibt man auch den Schuhen, die ja gewiljer- maßen ein Refervoir der Subemanationen bilden, eine große Jauberwirfung zu. Faſt überall herrſcht der Glaube, daß Schuhe an die Türe mit den Spitzen nach auswärts geſtellt, den Hexen und ſonſtigen böſen Geiſtern den Eintritt verwehren ?). In Bayern wird empfohlen: „Wenn ſich jemand wider feinen Willen an eine Perſon des anderen Geſchlechtes mit Liebe gefeſſelt ſieht, ſo ziehe derſelbe ein Paar neue Schuhe an, gehe eine Meile weit ſehr raſch darin, daß die Füße in Schweiß geraten, ziehe nachher den rechten Schuh aus, gieße Bier oder Wein hinein und tue daraus einen Trunk, ſo wird er von Stund an geheilt ſein ).“ In Klein-Rubland ſuchen die Mädchen, um die Liebe ihres Auserwählten zu erregen, etwas von deſſen Sohle abzuſchaben, das fie dann in einem Getränk zu fic) nehmen ). Und in der Normandie läßt der Ciebhaber durch einen Schuhmacher ein Goldſtück zwiſchen die Sohlen der Schuhe feiner Braut einfügen 5). In Bengalen ſtellt man neben einem neugebauten Haus zu deſſen Schutz einen ſchwarzen Topf, einen Strohwiſch und einen alten Schuh auf ). Die Serben räuchern gegen den böſen Blick das Bettzeug des Neugeborenen mit alten Stiefeln 7), und bei den Hindus und Parſen in Bombay und Roban befeſtigt man alte Schuhe an die Frucht— bäume, damit dieſe nicht vom böſen Blick verdorben werden und gute Früchte bringen. Endlich findet ſich der Schuh auch noch vielfach als Amulett, ſo vor allem in Italien, Oberbayern und Steiermark, wo er neben der Kröte, dem Hund, dem Beil, der Leiter uſw. an den oft ſehr wertvollen ſilbernen Amulett- ketten erſcheint s) (Abb. 1).

1) Wilke, ſüdweſteuropäiſche Megalithkultur u. ihre Bez. zum Orient; Mannus⸗ bibl. Nr. 7.

2) Seligmann, a. a. O. II, 17. Allerdings kommt hierbei wohl auch noch die apotropäiſche Wirkung der Spitzen in Betracht; vgl. unten S. 15.

3) Cammert, Dolfsmed. u. medizin. Abergl. in Bayern I. 154.

4) Mitt. d. Wien. A. G. 1901, S. (134).

5) Seligmann II, 19.

s) Ebenda 41.

7) Hl. a. O. 228.

8) Muf. d. Ofterr. Der. f. Volksk. in Wien.

Einen kleinen als Amulett dienenden goldenen Schuh erwarb ich jüngſt auch neben verſchiedenen anderen Amuletten in der Gegend von Lille. 1*

4 Georg Wilfe. [4

Abb. 1. Abb. Unhängſel eines goldenen Siegel oder Anden Abb. 3. halsbandes aus Sieben— von Barenrab, Ha— Bronzeflachbeil aus dem Depotfund bürgen. J. Arneth, Gold- mipur-Diſtr. Journ. von Merſina, Klein-Ajien. v. Luſchan, und Sildermonumente. As. Soc. XLVI pl. Prähiſt. Bronzen aus Klein-Aſien; Wien 1850. XIV. Globus Ig. 1902, S. 198 Sig. 14.

Abb. 4. Supjoble mit kammartigem

Zeichen auf einem Seljen v. Gebel— Hetemar, Mor:

gan, a. a. O. 1896 Sig. 490,

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2 Abb. 5. Sußdarſtellungen auf einem Seljenbilde bei Cökeberg in Bohuslän.

Abb. 8. Miniaturgefäß a. e.

Abb. 6. Fußdarſtellung auf

dem Tragitein des N

me Petit-Mont bei Arzon:

Nortillet, Musée prehist. pl. LXV Sig. 699.

Stiefelgefäß a. e. Stedig. mit Gefäßmalerei Siedlg. m. Spiral-Mäanderker. v. Schipenitz, Ger.⸗Bez. Rolzmann, Buko— in Maͤhren; etwa nn. Sammlg. wina; R. K. hiſt. Hof-Miuj. Wien. Palliardi.

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5] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. 5

Dem menſchlichen Schuh entſpricht beim Pferd und Maultier das huf⸗ eiſen, das alſo nicht nur wie man gewöhnlich annimmt, ſeiner mondhorn⸗ förmigen Geſtalt ſeine Kräfte verdankt, ſondern die dem Pferde ſelbſt 3u- geſchriebenen Kräfte in ſich aufgeſpeichert enthält und daher ſelbſt noch in Teilſtücken, bei denen von einem an die Mondgeftalt anknüpfenden Ana- logiezauber nicht mehr die Rede fein kann, feine Wirkung entfaltet. So ſah ich kürzlich bei einer jungen Buchhalterin in der Gegend von Lille einen aus einem gefundenen Hufeijen hergeſtellten verſilberten Fingerring, den lie ſtändig als glückbringendes und unheilabwehrendes Amulett am Singer trug und von dem fie fic) weder auf mein Bitten noch gegen Der- ſprechungen trennen mochte GZuſatz während der Korrektur).

klrchäologiſch belegbar ijt dieſer Glaube {chon für ſehr frühe Zeiten. Abgejehen von den zahlloſen kultiſchen und talismaniſchen indiſchen Dar: ſtellungen (Abb. 2), begegnen wir Fußabdrücken wiederholt auf Bronze— und Rupfergeräten (Abb. 3), und in neolithiſcher Zeit ebenſowohl unter den äguptiſchen (Abb. 4) wie den ſkandinaviſchen (Abb. 5) Felſenzeich⸗ nungen, namentlich aber an den Wänden der franzöſiſchen Ganggräber und Dolmen (Hbb. 6), wo ſich nicht nur menſchliche, ſondern auch tieriſche Jußabdrücke öfter dargeſtellt finden. Auch die im Cauſitzer Jormenkreiſe ab und zu vorkommenden Stiefelgefäße dürfen wir wohl auf dieſe Dorftel- lungen beziehen, ebenſo wie einige Gefäße aus dem Formenkreiſe mit be— malter Keramik (Abb. 7) und einige noch nicht veröffentlichte Miniatur- gefäße in Form eines Fußes aus neolithiſchen Siedlungen mit Spiral-Mä⸗ ander⸗Keramik Mährens, die ich in der höchſt ſehenswerten und vorzüglich geordneten Sammlung des herrn Palliardi in Mähriſch-Budwitz geſehen habe (Abb. 8).

Endlich findet ſich eine Darſtellung von zwei Fußſohlen auch ſchon in der paläolithiſchen Paſiegahöhle in Nordſpanien (Abb. 9). Allerdings faſſen ſowohl Breuil wie Weule namentlich mit Rückſicht auf die örtlichen Ver— hältniſſe die Darſtellung iſt am Eingange der höhle angebracht dieſe Zeichen lediglich als eine primitive Bilderſchrift auf und ſie deuten die Fuß— ſohlenabdrücke als ein Verbot, die höhle zu betreten, wobei die Süße, wie bei vielen Bilderſchriften lebender Naturvölker, nur den Aft des Gehens an— deuten und auf den Nichtzutrittberechtigten zu beziehen ſein würden. Dieſe kluffaſſung wird gewiß inſoweit zutreffend fein, als es ſich um ein Zutritts= verbot handelt. Nur möchte ich die Jußabdrücke nicht auf den abzuwehrenden Fremden, ſondern auf die Perſon des Eigentümers der Höhle beziehen, deſſen Seele in emaniſtiſchem Sinne gewiſſermaßen den Abdriiden einver— leibt ijt und am Eingange der Höhle die Wacht hält. Dieſer Daritellung liegt alſo nach meiner Auffajjung der gleiche Gedanke zugrunde, wie dem nod) heute vielfach herrſchenden Brauche eine Perſon dadurch zu ſchädigen, daß man in ſeine Subjpur einen Nagel einſchlägt oder den ganzen Fußabdruck

6 Georg Wilte. [6

ausjchneidet und verbrennt. Auch bier ftedt eben in den Sußabdrücken die Seele des Betreffenden und mit der Schädigung oder Dernichtung der Ab- drücke wird auch ſeine Seele und damit zugleich auch er ſelbſt geſchädigt oder vernichtet!). |

Mit den Vorſtellungen von der Zauberwirkung der Süße, Sukabdrü de und Schuhe ſteht auch noch der Glaube an die Bedeutung des „Tretens“ und „Überſchreitens“ in Verbindung. Denn auch hierbei werden die ſpezi— fiſchen Kräfte des Schreitenden durch die Füße auf die unter ihnen liegenden Weſen oder Gegenſtände übertragen, um bald eine ſchädigende, bald eine gedeihliche Wirkung auszuüben. Unter den Tritten von Geiſtern oder

Altsteinzeitliche Inschrft aus der Masiega-Hohle bei Puente Viesgo Prov. Santander , Nordspanıen. .

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Abb. 9. Paſiegahöhle.

Zauberern, von Engeln oder Teufeln ſproſſen die mannigfachſten Zauber: pflanzen auf?). „Wenn man über ein Rind hinwegſchreitet / ſo wächſt es nicht mehr; hat es aber einer doch getan / da ſchreien ſie mit vollem Hals / man

̃ ſ—

1) Dieſen Glauben habe ich auch in Nordfrankreich wiedergefunden, das über: haupt eine wahre Fundgrube für volksmediziniſche Bräuche und Doritellungen bildet. So zeigte mir jüngſt eine ſonſt ſehr feingebildete und geiſtig ſehr gut veranlagte, aber ſtark zu Muſtizismus neigende Sranzdjin die Photographie eines Mannes, auf der fie in die Augen und die herzgegend Stecknadeln eingeſtochen hatte. Sie war feſt über: zeugt, durch dieſen früher auch in Deutſchland weit verbreiteten Analogiezauber die betreffende perſon, an der ſie ſich rächen wollte, verderben zu können. Don ver— wandten, gleichfalls in Lille herrſchenden Bräuchen, wußte mir auch herr Dr. Rigault im Muſeum in Lille zu berichten.

2) R. Meringer, Einige primäre Gefühle des Menſchen, ihr mimiſcher und ſprach— licher Ausdrud; Wörter und Sachen V.

7] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. 7

ſolle wieder zurück über fold) Kind ſchreiten 1).“ Im fränkiſchen Ries über⸗ ſchreitet der böſe Mann das Vieh und macht es krank, daß es verwirft. Das Götterroß, das den Wagen des Asfleptos zog, heilte mit ſeinem Tritte einen kraftlos gewordenen Kranken?) und bei Plutarch bitten die Frauen von Elis den Gott Dionuſos, mit ſeinem wütenden Stierfuß zu erſcheinen: 29e fow Iıövvoe, “Adetwv & vaov dyvov viv NagitEcow , vaov Ti) HO stodı Stor, Dieſen Geſang wiederholten die Frauen zweimal und ſchloſſen: „dt e tadge !* (= ſchätzbarer Stier) ).

H. v. Prott hat dieſen Stierfuß als Stierphallus aufgefaßt“), doch ijt dieſe Auslegung ſchon von Höfler, wie ich glaube mit vollem Rechte, abgelehnt worden. Der Stierfuß iſt vielmehr, wie auch aus dem Schluſſe des humnus erhellt, als wirklicher Fuß des gottgleichen Stieres aufzufaſſen, der mit feinem Fußtritte durch Überſchreiten auf die Frauen Gebärkraft ema— nieren ſollte. Dieſe Auslegung erſcheint mir um fo beachtlicher, als gerade beim Gebärakt das Treten und Überſchreiten als Jauberhandlung beſonders häufig vorkommt. In Mittelfranken darf man nicht über eine kreißende Frau ſteigen, ſonſt gebärt fie ſchwer und das Kind wird ein „Büttling“ ). Im ſüdſlawiſchen Gußlarenliede tritt der verzauberte Drache ſeiner von ihm geſchwängerten Frau mit dem Fuße auf den Leib, damit dieſe von ihrer neun Jahre bewahrten Leibesfrucht entbunden werde“), und bei den Eſthen ſteigt der Ehemann über den Leib ſeiner Frau hinweg, wenn die Entbindung nicht vorwärts gehen will 7.

In etwas abgeſchwächter Form kommt die gleiche Vorſtellung zum Aus- druck, wenn man in Mittelfranken bei ſchweren Geburten die Sprungbeine eines Hajen anwendet, die entweder als Pulver innerlich genommen oder auf der Bruſt getragen werdens). In Armenien“), in Syrien !“), in der

1) Höfler, ein alter Heiltitus; Ard. f. Geſch. d. Med. VII, 392.

) Alattos Kvgvios. OVdros dxrpari; Ewv éréyyave tov Yyordıwv...... Eel a bro ovroe Efw iveyxav, doua CetSavia tov dedv innwv zegıladvew neoi atiov “xvxAwe xal xnaranadeiv viv tois Innos xal ob ta ydvara loyved yévecdar EvFts. duéoag yevouévas bytis ESnAde (Inscr. Gr. IV, 952, 110ff.).

3) Höfler, a. a. O. 393.

4) Arch. f. Rel.⸗Wiſſ. IX, 88.

5) p. hovorka und Kronfeld, Dal. Volksmedizin. II, 562.

6) Höfler, a. a. O. 395. Hinfichtlidy der Entſtehung der Dorſtellung von ſolchen fabelhaften Spätgeburten vgl. meine Ausführungen in meiner Arbeit: Einfluß des Serual- lebens auf die Mythologie und Runſt der Indoeuropäiſchen Völker; Mitt. d. Wiener Anthr. Gel. 1912 h. 1.

7) J. Grimm, Deutſche Myth. III, 488, 21.

8) p. Hovorfa und Kronfeld, II, 562.

9) fl. a. O. 574.

10) Ebenda.

8 Georg Wilke. [8

Herzegowina), bei den Ruthenen ?), den Slowaken und anderwärts läßt man die Frau zur Beförderung der Entbindung Waſſer aus den Schuhen ihres Mannes trinken und in Serbien kriecht die Frau bei Wehenſchwäche zwiſchen den Beinen ihres Mannes durch, während dieſer gleichzeitig ſie mit ihrem Hochzeitskleide auf die Kreuzgegend jchlägt ). Endlich fei hier noch eines in Armenien herrſchenden ſehr eigentümlichen Brauches gedacht, wo ein Schimmel als Geburtshelfer auftritt. Bei ſchwerer Geburt legt man nämlich auf den Buſen einer Frau einen Haufen Gerſte und läßt dieſe von einem ungeſattelten Schimmel von der Brujt der Stau wegfreſſen ). Wenn hierbei auch nicht mehr ein Überſchreiten der Kreißenden ſtattfindet, fo iſt dabei doch bemerkenswert, daß es, wie bei den vorhin erwähnten griechiſchen Bräuchen, die Kraftemanationen eines größeren Tieres ſind, die man zur Förderung der Wehen verwendet. Dieſer Brauch erinnert übrigens noch ſehr an eine bei den Eſthen herrſchende Hochzeitsſitte: Sieht man den Bräutigam kommen, ſo beeilt man ſich, ihm den Sattelgurt zu löſen, denn das ſoll bei ſeiner künftigen Frau eine leichte Ent— bindung bewirken ).

Huch dieſe Dorjtellungen laſſen ſich nun bis in die paläolithiſche Zeit zurück— verfolgen, aus der die oft genannte

Abb. 20)... „femme au renne“ ein tupiſches Bei:

“einem Renngeweih: LangenterBasse, ſpiel dafür bildet (Abb. 10). Die Szene, die auf einem Renntierfnoden ſehr

realiſtiſch dargeſtellt iſt, führt uns eine hochſchwangere, alſo im Gebär— akt befindliche, mit halsperlen und Armreifen geſchmückte Frau vor Augen, die flach auf dem Rüden liegt und ſich mit der linken Hand an einigen längs— geſtreckten Faſern (Seil?) anzuhalten ſcheint. Über dem Bauch der Frau findet ſich eine hornförmige Einritzung, die entweder als wirkliches horn aufzufaſſen ijt und als ſolches eine apotropäiſche Bedeutung haben muß (ſ. u. S. 15 ff.), vielleicht aber auch nur den bogenförmigen Oberteil der Hütten- tür andeuten ſoll, als deren Seitenpfoſten man gewöhnlich die links befind— lichen Striche auffaßt. Über die Frau ſchreitet ein männliches Renn hinweg, das im Verhältnis zu der am Boden liegenden Frau ganz übernatürlich groß erſcheint und dadurch jedenfalls als Träger einer ganz beſonders großen Kraft gekennzeichnet werden ſoll. Im übrigen iſt die ganze Darſtellung

A... 57. A. a. O. 569. Ay a: 8,57% A. a. ©. 674, J. Grimm III, 487, 6.

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9] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Dorszeit. 9

jedoch, wie geſagt, außerordentlich realiſtiſch und es kann daher kaum einem Zweifel unterliegen, daß der Künſtler hier einen ganz beſtimmten Geburts: ritus hat darſtellen wollen.

In dieſem Sinne iſt die Darſtellung auch ſchon von R. Meringer gedeutet worden !), nur erblickt er in der handlung des Hinüberſchreitens ein Abjtreifen des auf dem Weibe ſitzenden und die Geburt hindernden Dämons, alſo den gleichen Vorgang, wie wir ihn beim Durchkriechen oder Durchziehen durch gabelförmige Afte oder Wurzeln, durch Baumlöcher, durch die Sproſſen einer Leiter uſw. und namentlich beim Wälzen vor uns haben. Indeſſen iſt dieſe Erklärung wohl kaum zutreffend. Denn einmal wird von primitiven Dölkern, wie ſchon Höfler 2) mit vollem Recht gegen die Deutung Meringers eingewendet hat, das Geburtshindernis immer nur im drinnenſitzenden Fötus geſucht, und ſogar zu einer elbiſchen Ge— ſtalt dämoniſiert. Vor allem aber ergibt ſich dies aus den vorhin ange⸗ führten mannigfachen Bräuchen, bei denen überall die unmittelbare Kraft: übertragung durch den Fuß klar hervortritt. In dieſem Sinne haben wir alſo auch die Darſtellung von der Laugerie-Basse aufzufaſſen, die gewiß nur eine talismaniſche Bedeutung hatte und beſtimmt war, die in ihr in- korporierten Geburtskräfte zu emanieren.

Ein anderer als Zauberritus wie zu bloßen apotropäiſchen Zwecken viel angewendeter Brauch bildet die Verhüllung des Körpers oder einzelner Körperteile und namentlich die Verhüllung des Geſichtes, die den Betref— fenden dem Unblick der Dämonen entziehen ſoll.

Die Verhüllung kann entweder erfolgen durch Beſtreuen oder Be— decken des Körpers oder erkrankter Körperteile mit Staub, Erde, Gips, Farbe, Schmutz uſw. So erhalten die Mädchen bei den Badagos im Nilgerrigebirge, wenn ſie das 12. Jahr erreichen, eine dichte Kruſte von Rußſchlamm an die Stirn geſchmiert ?). In den ſchottiſchen hochlanden bringt man gegen den böſen Blick an den Ohren, auf der Naſe und zwiſchen den hörnern des Diehes einen Teerfleck an. In Serbien wird dem Kind, wenn es hübſch und kräftig, und deshalb dem böſen Blick ausgeſetzt iſt, die Naſe mit Kohle beſchmiert. In Griechenland macht man hinter das Ohr des Rindes einen Fleck mit dem Ruße eines durch Rauch geſchwärzten Reſſels oder einer Bratpfanne ). Und im alten Rom und Griechenland ſteckten die Wärterinnen und Mägde einen Finger in den Schlamm, der ſich auf dem Boden der öffentlichen Bäder befand, und ſalbten damit die Stirne des Kindes, um „das ſchädliche Auge,

1) R. Meringer, Einige primäre Gefühle des Menſchen, ihr mimiſcher und ſprach— licher Ausdrud; Wörter und Sachen Bd. V, 165.

2) fl. a. O. 391.

3) Seligmann, a. a. O. II, 39.

1) Ebenda 244.

10 Georg Wilte. [10

die Bezauberung und den Neid“ abzuhalten, wie Joh. Chruſoſtomus er: zählt. kihnliche Bräuche, die fic) heute noch bei den Griechen, Rumänen und anderen Völkern finden, herrſchten früher auch in Deutſchland, jo daß der Verfaſſer der geſtriegelten Rodenphilojophie entrüſtet ausruft:

Weld) unvernünftig Weſen erdenkt das Weiber-hirn,

Daß ſie mit Dreck und Roth der armen Kinder Stirn

Beſudeln und beſchmieren für Neid und Zauberey?

Ich kann gar nicht begreifen, daß das vernünftig ſey.

In vorgeſchichtlicher Zeit gehört zu dieſer Form der Verhüllung die übrigens außer zu apotropäiſchen Zwecken auch noch beim Totenzere- moniell verwendet wird meines Erachtens die bisher noch nicht genügend erklärte Beſtreuung der Toten mit Ocker, wie wir ſie nicht nur in zahl— reichen äneolithiſchen und neolithiſchen Gräbern Südrußlands!), Siziliens, Mittel- und Oberitaliens?) antreffen, ſondern ſelbſt ſchon aus paläolithiſcher Zeit kennen?). Man hat lange Zeit gemeint, daß es ſich dabei um eine bloße Färbung der durch ein beſonderes Mazerationsverfahren von ihren Weich— teilen befreiten Knochen gehandelt habe, oder wohl gar die Rotfarbung nur als eine rein zufällige, durch die in der Graberde befindlichen Sarbitoffe hervorgerufene Erſcheinung erklären wollen. Das letzte halte ich mit Rid- ſicht auf die Stärke der Färbung bei den meiſten Knochen für völlig aus— geſchloſſen, doch erſcheint auch die erſte Deutung heute kaum mehr annehmbar. Denn wenn auch die zweiſtufige Beſtattung in vorgeſchichtlicher Zeit ohne Zweifel vielfach geübt worden iſt, ſo kann man ſich doch nur ſchwer vor— ſtellen, daß hierbei die Knochenreſte noch nachträglich künſtlich gefärbt worden ſein ſollten. Die einfachſte Erklärung bleibt vielmehr die, daß man den ganzen Körper, oder nur den Kopf oder ſonſtige Teile mit Oderpuder verhüllte, der dann ſpäter nach dem Wegfaulen der Weichteile die Rotfär— bung der Knochen bewirkte. Das Beſtreuen kann dann aber nur eine apo— tropäiſche Bedeutung gehabt haben. Man wollte eben den Toten durch die Verhüllung unkenntlich machen, ſo daß er den Blicken rachſüchtiger Dämonen entzogen war und ungefährdet ſeine Reiſe nach dem Jenſeits ausführen konnte. Daß bei der Verwendung gerade von Ocker auch noch das Rot eine wich— tige Rolle mitgeſpielt hat, brauche ich nach meinen früheren Husführungen wohl nicht erſt beſonders zu betonen ).

Eine zweite Form der Verhüllung bildet das Ein wickeln des Körpers oder einzelner Körperteile in tieriſche häute. Dieſen Brauch habe

1) Graf A. Bobrinsfoy, Notes d’archéol, russe; Rev. archéol. 1904 J, p. 2.

2) Pigorini, Silex et ossements humains peints en rouge trouves dans une sepulture dans la province de Rome; Congr, intern, d'anthr. et d'archéol. préh. Lis— bonne 1880, p. 312.

3) Diette, Les galets color. de Mas d’Azil; l’Antlır. 1896, 586.

4) Wilte, Mannus VI, 40.

11] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. 11

ich namentlich bei meiner Reiſe im nördlichen Perſien kennen gelernt, wo man ſich ſowohl bei Verletzungen als auch bei mancherlei inneren Erkrankungen in die Haut eines friſchgeſchlachteten hammels oder Kindes einwickelt. Doch finden ſich verwandte Bräuche auch noch in vielen europäiſchen Ländern!) und ebenfo laſſen ſie ſich für das Altertum nachweiſen. Der griechiſche Herakles trägt die Cöwenhaut, Dionuſos ein Fuchsgewand, der galliſche Despeter eine Wolfshaut. Zur Verhütung von Krämpfen empfiehlt Plinius das Ein- hüllen der Kinder in eine Ejelshaut?) und die keltiſchen Iren opferten zu Heilzwecken ein Schaf, in deſſen noch warmes Fell fie den Kranken einhüllten “).

Allerdings treten bei der therapeutiſchen Verhüllung in Tierfelle zur apotropäiſchen Wirkung der Derhüllung ſelbſt noch zwei weitere Momente hinzu, nämlich einmal die unter der umhüllenden friſchen und noch blutigwarmen Haut ſich entwickelnde feuchte Wärme. Die Haut wirkt alſo hier als eine Art Prießnitzumſchlag und es iſt daher höchſt⸗ [ wahrſcheinlich, daß bei dieſem heilritus 1% AY

empiriſche Beobachtungen eine weſentliche ie, £4 Rolle mitgeſpielt haben. Ein zweites noch WG . wichtigeres Moment liegt in der magiſchen }

Kraft des Tierfelles an ſich, die eben durch N das Tragen auf den Träger emaniert und 9

jo in deſſen Körper zur Wirkung gelangt.

Darſtellungen, die ſich auf dieſe Dor- Abb. 11. ſtellungen beziehen, beſitzen wir ſowohl ee aus dem klaſſiſchen Altertum, wie auch aus Mege, Dordogne. vorgeſchichtlichen Perioden in hinreichender Zahl. Ich beſchränke mich hier darauf, eine Zeichnung auf einem Kommando- ſtabe vom Abri méve in der Dordogne wiederzugeben, die offenbar einen Zaubertanz darſtellen ſoll, wie wir ihn ja in ganz ähnlicher Weiſe auch noch bei zahlreichen Naturvölkern antreffen (Abb. 11).

Eine dritte Form der Verhüllung haben wir in den Geſichtsmasken vor uns, die nicht nur bei beſtimmten Seſten und Kulttänzen zur Vertreibung des Winters, von Krankheiten, von allerhand Dämonen uſw. getragen wurden und dieſe Bedeutung, freilich ſtark abgeblaßt, noch heute in den Mohren— tänzen Englands, dem Perchtenlaufen Tirols und verſchiedenen anderen Dolfsbrauchen aufweiſen, ſondern die auch ſonſt noch vielfach zu apotropäiſchen Zwecken verwendet werden. Schreck- und Satyrmasfen als Apotropaien

1) So nach mündlicher Mitteilung des Oberſtabsarzt Biſchoff in der Sächſiſchen Oberlauſitz.

2) Plin. nat. hist. XXVIII, 19, 258.

8) Mac Culloch, The religion of ancient Cetls 259,

12 Georg Wilte. [12

findet man auf Schildern, Harniſchen, am Kopfidmud von Pferd und Men- ſchen, auf Stirnziegeln und mancherlei anderen Gegenſtänden. Man befeſtigt

Abb. 13. Goldmaste von Mukenä.

ſie an Bäumen und Weinſtöcken. Die Töpfer hängten ſie an die Ofen (Abb. 12), ebenſowie die Schmiede nach dem Zeugniſſe des Pollux allerlei „beachtens—

13] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. 13

werte Dinge“ zur Abwehr des Neides vor ihren Feuereſſen anhängten oder abbildeten ).

Eine ganz ähnliche apotropäiſche Bedeutung kommt zweifellos auch den ehedem ſehr weitverbreiteten Totenmasken zu, wie den Goldmasken von Rujundſchik und Rertſch in Südrußland, den poluchromen Tonmasken in den Gräbern Karthagos, den etruskiſchen und äguptiſchen Grabmasken, den Goldmasken von Mukenä (Abb. 13), den Gipsmasken in den ſibiriſchen Tſchudengräbern, den Kupfer: und holzmasken Perus uſw. Sie alle haben, wie es auch von den Bewohnern der Aleuten ausdrücklich berichtet wird, den Toten vor den Dämonen zu bergen, teilweiſe wohl auch dieſe ſelbſt durch ihre Scheußlichkeit abzuſchrecken.

Als Zeugnis für die Verwendung derartiger 7 Es 05 Masken in vorgeſchichtlicher Zeit können wir gewiß ö N Al manche der ebenſowohl in der Hallſtatt- und Bronze-), 7 ey, wie auch ſchon in neolithiſcher Zeit?) öfter vorkommen⸗ nn den vogelköpfigen Menſchenfiguren auffallen, wenn an oar es ſich auch im Einzelfalle meiſt nur ſchwer entſcheiden Nr D läßt, ob wir es hierbei wirklich mit maskierten Men⸗ a /

ſchen oder mit einer Darſtellung von Miſchweſen zu \ \ N

tun haben). Auch bei manchen paläolithiſchen Men: yi 2 i ſchenfiguren, die bei einem ſonſt gut dargeſtellten Kr Körper ein fratzenhaft verunſtaltetes affenartiges Ge- Abb. 14.

ſicht zeigen und von manchen deshalb geradezu als Siguren mit ſchnauzen⸗ Darſtellungen damals lebender pithekoider Menſchen ee aufgefaßt worden find, dürften wir es wohl mit ein-

fachen Maskendarſtellungen zu tun haben, die gleichfalls nur eine apotro—

päiſche oder wenigſtens Zauber-Bedeutung gehabt haben können (Hbb. 14).

Eine vierte Form der Derhüllung endlich bildet die den Kopf und das Geſicht bededende Haube. Sie findet ſich gegenwärtig beſonders als ſog. CTChruſamhäubchen, mit dem in den Nordalpen das Köpfchen des Neu— geborenen beim Taufgange umhüllt wird, und als Wöchnerinhäuberl, das einen Schutz gegen Eklampſie und Kindbettfieber bilden ſoll, früher aber auch noch bei mancherlei anderen Krankheiten, bei Epilepſie, bei Kopfweh, bei Variola uſw. verwendet wurde und noch heute an manchen heilorten (mit und ohne Quellenkult) verkauft wirds).

fluch dieſe Form der Geſichtsverhüllung läßt ſich, wie zuerſt R.Meringer

1) Seligmann II, 308.

2) hörnes, Urg. d. Kunlt.

3) Ebenda.

) Wilke, Kulturbez. zwiſchen Indien, Orient u. Europa. 5) Höfler. a

14 Georg Wilke. [14

gezeigt hat!), bis in das Spätpaläolithikum zurückverfolgen, wo wir ihr bei der oft genannten Denus von Willendorf, den beiden Frauenfiguren von Cauſſel

Abb. 15. Frauengeſtalt mit Geſichtshaube in der Grotte von Cauſſel. Gaſton Lalanne, Bas-Reliefs a figuration humaine de labri sous roche de Laussel. L' Anthropologie 1912. Bd. XXIII S. 143 Sig. 6; etwa n. Gr.

(Abb. 15 u. 21) und wahrſcheinlich auch einer Statuette von Mentone begegnen. Ebenſo ſcheinen auch die weiblichen Schädel und wohl auch Rinderſchädel

AR. Merinzer & a B, S. TOM Tt.

15] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. 15

in der Ofnethöhle einen haubenartigen Schmuck getragen zu haben. Bei einzelnen dieſer Schädel lagen bis zu 69 Stück durchbohrter Hirſchzähne und daneben noch zahlreiche Schnecken, die „kollierartig faſt um den ganzen Schädel gelegt, teils zuſammengekittet waren“ ). Endlich fanden fic) ganz gleid- artige Erſcheinungen auch noch in dem Doppelgrabe der „Rindergrotte“ von Mentone und ebenſo in der öſtlich davon gelegenen Grotte du Cavillon. Hier lagen um den Schädel des dort beſtatteten Mannes „zahlreiche durch⸗ bohrte Naſſamuſcheln und 22 desgleichen angeöhrte Augenzähne vom Edel⸗ hirſch, die ſich zumeiſt auf die Schläfen verteilten 2). Sie waren wohl einſt⸗ mals in ein Kopfneß eingeflochten, wie es heute noch in Italien getragen wird“. Ihre Parallele haben dieſe paläolithiſchen Muſchelhauben in den gleich⸗ falls aus Muſchelſchalen gefertigten Masken der nordamerikaniſchen Mounds, womit jedoch nicht gejagt ſein ſoll, daß zwi⸗ ſchen beiden räumlich und zeitlich ſo weit aus⸗ einanderliegenden Erſcheinungen ein unmittel⸗ barer genetiſcher Zuſammenhang beſtehen ſoll.

Ein weiteres ſehr weitverbreitetes Ab- wehrmittel gegen allen möglichen Zauber bilden die verſchiedenartigen Hörner, deren apo⸗ tropäiſche Wirkung wohl urſprünglich wie bei den ihnen ähnelnden Mondvierteln in der wundenerzeugenden Kraft der Spitzen liegt. In Portugal errichtet man in den Melonen⸗ beeten Stangen mit einem Ochſenhorn an der

Spitze. In Italien hängt man an den häuſern Abb. 16. rieſige Büffelhörner gegen die Jettatura auf. mann 188. 5/7 810. 5 5

In Afghaniftan und Belutſchiſtan ſetzt man

Steinbodhörner auf die Mauern der Moſcheen und Befeſtigungen. In Schleſien befeſtigt man in der Walpurgisnacht zum Schutz gegen die Hexen ein viergabeliges Ziegenbodgehörn über der Tür. Große Hörner, wie ſie die ſilberweißen Stiere Siziliens und der römiſchen Campagna liefern oder Büffelhörner ſchmücken die Schränke, Spiegeltiſche und Ka- mingehäuſe (Abb. 16). Ja ſelbſt am Körper werden in manchen Cän⸗ dern, wie in Bosnien, Bulgarien, Albanien, Andaluſien, Kleinaſien ufw., gegen den böſen Blick Hörner von Gemſen oder Böden getragen. Meiſt aber erſetzt man fie durch die horngeſtaltigen Eberhauer oder durch hörnchen aus Gold, Silber, Elfenbein, Perlmutter und anderen Stoffen, die von Kin- dern und Frauen meiſt um den Hals, von Männern an der Uhrkette getragen werden. a bei den in Oberbayern, Steiermark, Rärnthen, Bosnien

1) R. R. Schmidt, Die diluviale Vorzeit Deutſchlands, 1912, 1. Lief. S. 36 ff. 2) Obermayer, Der Menſch aller Zeiten, S. 187.

16 Georg Wilfe. [16

und anderen Ländern noch häufig zu Schußzweden getragenen Adlerflauen, Barenflauen ujw. ſpielt neben der dem betreffenden Tiere beſonders eigenen Kraft auch die Hornform eine Rolle, und ſelbſt die von mir früher behandelte, ſchon in der höhle von Gargas nachweisbare mano cornuta verdankt, wie \hon der Name bejagt, ihre Wirkung in der hauptſache wohl der horn— förmigen Geſtalt ). |

Aus den verſchiedenen geſchichtlichen (Abb. 17) und vorgeſchichtlichen Perioden ſind wirkliche Hörner oder fie vertretende Gebilde wie Eber—

Abb. 17. Terrafottaplatte von Neapel. Bull. Archéol. Napolit. N. 120. 1857.

bauer und andere Zähne, hornförmig geſchnitzte Knochen- oder Elfenbein: anhängſel, bronzene Cutuli von hörnchengeſtalt und mancherlei andere hornförmige Gegenſtände von zweifellos apotropäiſcher Bedeutung in großer Zahl betannt geworden, und ſelbſt ſchon in paläolithiſcher Zeit finden ſich ſowohl wirkliche apotropäiſche hörner natürlich ſpielt hierbei auch die beſondere Kraft des betreffenden Tieres mit wie ſie nachbildende und vertretende Stücke (Abb. 18—20). Außerdem aber beſitzen wir aus dieſer Zeit auch noch mehrere zeichneriſche Darſtellungen von hörnern, die wohl gleichfalls nur als Abwehrmittel gedeutet werden können. Neben der bereits

1) Wilke, Mannus VI, 20f.

17] Weitere Beiträge zur Heilfunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. 17

oben angeführten hornartigen Sigur über dem Leibe der femme au renne, die freilich nicht ſehr deutlich ijt und daher hier beiſeite bleiben mag (Abb. 10), findet ſich dieſes Motiv vor allem bei einer der ſchon vorhin erwähnten Relief- ſkulpturen von Lauffel (Abb. 21), die uns eine nackte Srauenfigur mit einem ſehr gut ausgeführten Horn in der rechten Hand vorführt. Daß es ſich bei dieſer Daritellung um ein Trinkhorn handelt, iſt wohl mit Sicherheit aus— zuſchließen. Was ſollte die Frau wohl auch aus ihrem Horn getrunken haben? Irgend ein Rauſchgetränk? Gewiß nicht, denn es iſt kaum denkbar, daß man dieſe ſchon in der Hurignacienzeit gekannt habe, und ſelbſt wenn dies der Fall war, ſo würde das Trinkhorn wohl kaum als Beigabe einer Frau auf— treten. Und noch viel weniger kann man es ſich als einfaches Waſſergefäß vorſtellen. Denn primitive Menſchen pflegen ihren Durſt unmittelbar an der Quelle oder am Bache zu ſtillen und ſich als Gefäß dabei höchſtens der ſchalenartig aneinandergelegten Hohlhände zu bedienen. Dor allem aber würde der Akt des bloßen Waſſer— trinkens wohl kaum dem Künitler als Motiv für die Betätigung feines Kunjt- ſinnes gedient haben.

Ebenſowenig wie als Trinkhorn kann das Horn zum Blaſen gedient haben. Denn dann würde die Spike nicht nach außen, ſondern dem Mund 2 zugekehrt ſein. Auch ſind Blashörner aus paläolithiſcher Zeit bisher noch Abb. 18. nicht bekannt geworden; obſchon wir aus dieſer Periode eine große Zahl von Knodenpfeifen und flöten beſitzen.

Es bleibt alſo nur die Annahme übrig, daß das Horn irgendwelche ſakrale oder apotropäiſche Bedeutung hat. Für dieſe Deutung ſpricht noch ganz beſonders der Umſtand, daß der Rünſtler gerade auf feine Darſtellung eine beſondere Sorgfalt verwendet hat, ein Beweis dafür, daß er gerade darauf die Augen des Beſchauers lenken wollte.

Ein höchſt merkwürdiges apotropäiſches Mittel iſt ferner der Ramm. Im Gouvernement Kiew legt man die Nabelſchnur auf einen Kamm, der dann ſpäter das Mädchen vor dem böſen Blick ſchützt ). In Franken muß man dem Leichnam eines Mannes einen Ramm, dem eines Weibes einen Faden in den Sarg legen; unterläßt man dies, ſo ſtirbt einer der nächſten

) v. hovorka und Kronfeld II, 590. Mannus, Bd. VII. 5. 1/2. 2

18 Georg Wilke. [18

Verwandten !). Wird bei den Magyaren durch dämoniſche Milchzehrer einer ſtillenden Frau die Milch „weggetragen“, ſo legt man ihr einen in warmes Badewaſſer eingetauchten Staubkamm auf die Bruſt 2). Eine ähnliche Kur empfiehlt Gerſtenbergk gegen böſe Brüſte und das „Milchſtechen“: Die Frau „ſtecke einen Kamm von Horn zwiſchen die Brüſte, jo verzehrt er die Milch; man muß ihn aber wieder abnehmen, ſobald die Stiche in der Bruſt aufhören, weil derſelbe die Brüſte, wenn er zu lange liegen bleibt, ganz

Abb. 19. Abb. 20.

verzehren würde“ ). Und in München muß die Wöchnerin einen Elfen: beinkamm an einer Schnur um den Nacken tragen“). In Oſtpreußen und im Dogtlande legt man zum Schutz gegen den böſen Blick unter das Butter— faß einen Cauſekamm, je ſchmutziger, um fo beſſer ). In Schleſien muß

1) Cammert, Dolfsmed. und mediz. Abergl. in Bayern 106.

2) v. Hovorfa und Kronfeld II, 603.

3) J. v. Gerſtenbergk, Die Wunder der Sympathie und des Magnetismus, 7. Aufl. Weimar.

4) Tammert, a. a. O. 176.

5) Seligmann II, 286.

19] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Dorzeit. 19

man einer Ruh, die gekalbt hat, in ihre erſten Tränke eine Handvoll Salz, drei Zwiebelköpfe und einen Kamm tun !). Bei den Juden in der Türkei

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Abb. 21. Srauenfigur von Laujfel mit Horn. Nach G. Lalanne a. a. O. S. 131 Sig. 1; etwa 1/s.

1) g. a. O. II, 34. 2*

20 Georg Wilke. [20

legt der Beſchwörer auf den Kopf des Kranken ein Meſſer ohne Griff oder einen Kamm, und nennt dabei die Namen von Abraham, Iſaak, Jakob und Moſes!). Und bei den preußiſchen Wenden legt man einem mit Krämpfen behafteten Kinde den Ramm eines Geſtorbenen unter den Kopf; hat man das getan, jo hört ſofort der Krampf auf 2).

Am bekannteſten find wohl die ſchönen glänzenden Meſſingkämme, die einſt neben den ſchon in meinem erſten Berliner Vortrage behandelten Hatterföpfen, dem roten Suchsſchwanze, den durch ihre Spiegelung wirkenden glänzenden Metallſcheiben, dem breiten roten Bande und noch manchen an— deren apotropäiſchen Mitteln die breiten Kummete der ſchweren Pferde unſerer Botenfuhrwerke ſchmückten, und die urſprünglich gleichfalls eine rein apotropäiſche Bedeutung hatten.

Außer in Europa findet man den Ramm als Zaubergerät auch noch im malauiſchen Kulturkreiſe und vereinzelt wohl auch in Nordafrika. Doch ſcheint er hierhin erſt von den Arabern gebracht worden zu fein, da die

5

Abb. 22—24. Miniaturfamme von Bronze. "en. Gr. a Wollishofen, Züricher See; bu. e Vallamand, ac de Morat. Munro, Les stat. lac. pl. 3, 16 u. Sig. 8, 11 u. 12

Negerfetiſchkämme meiſt ajtrale Symbole und ſonſtige Zeichen tragen, die mit Sicherheit auf arabiſche Einflüſſe hinweiſen. Im allgemeinen kann man daher wohl ſagen, daß der Ramm als Zaubergerät nur bei den indo— germaniſchen und ſolchen Völkern vorkommt, die von jenen auch ſonſt noch kulturell beeinflußt worden ſind.

Aus vorgeſchichtlichen Perioden liegen uns zunächſt eine Reihe kaiſer— und hallſtattzeitlicher Miniaturkämme von Bronze vor, die mit einer Öje zum Aufhängen verſehen und viel zu klein find, als daß fie zu einem praktiſchen Gebrauch oder als Einſteckkämme zum bloßen Haarſchmuck hätten dienen können (Abb. 22— 24). Huch haben wir mehrere Gefäße mit ſolchen An— hängekämmen; ſo ein paar hallſtattzeitliche Exemplare aus Franken und einige pomerelliſche Geſichtsurnen, bei denen der Ramm genau ſo, wie wir es oben aus Bayern und anderen Ländern kennen gelernt haben, über der Bruſt getragen wird (Abb. 25— 206).

Außerdem erſcheint ein Kamm als hängeſchmuck auch noch auf einer im Louvre befindlichen Dipylonfigur aus einem Grabe von Tanagra in Böotien,

1) a. a. O. I, 377. 2) vb. Hovorfa und Kronfeld II, 228.

21] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. >}

; Pee Dee. 8 8

Abb. 25. Abb. 26. Kamm auf einem ballitattzeitlihen Gefäß aus Franken. Geſichtsurne von Peterfik, Kr. Kol- uſ. zu Nürnberg. berg. 3. f. E. 1899 S. 152.

und zwar hier in Verbindung mit dem Hakenkreuze, mit Vögeln, mit dem Doppelbeile und mit anderen ſymboliſchen Figuren, jo daß wir ſchon aus dieſer Derbindung allein auf eine ſakrale Beſtimmung des Rammes En ſchließen dürfen (Abb. 27). u

Noch weiter zurüd liegt ein Miniaturfamm aus Ton aus einem Schachtgrabe von Mukenä, der ſchon wegen des Materiales, aus dem er hergeſtellt iſt, eine praktiſche Be— deutung nicht gehabt haben kann. Kleinere Miniaturkämme aus Kno- chen oder Elfenbein, meiſt ebenfalls mit Vogel- und anderen ſumboli— ſchen Figuren verziert, erſcheinen ferner in altäguptiſchen Gräbern und dann wiederum in den ihnen zeitlich parallel laufenden Gräbern von Los Millares in Spanien)).

Noch älter ijt ein Knochen— kamm aus einer ſteinzeitlichen Sied— lung von Gullrum in Schweden. Auch bei ihm legt die Verzierung mit einem Menſchen- und Tierkopfe die Dermutung nahe, daß er irgend welche ſakrale Beſtimmung gehabt | | habe (Abb. 28). Gleichfalls aus neo: Abb. 27.

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leg Se es 273 Tonfigur aus einem Grabe von Tanagra in lithiſcher Zeit ſind einige Miniatur— Böotien; Couvre. ?

1) Wilte: Südwejteurop. Megalithkultur u. ihre Beziehungen zum Orient.

22 Georg Wilfe. [22

kämme aus Knochen, die wohl ebenfalls nicht für den praktiſchen Gebrauch beſtimmt waren.

Endlich finden ſich aus der frühen Bronze- und der jüngeren Stein— zeit auch noch öfter eigentümliche piktographiſche Zeichen, die wenigſtens teilweiſe ſicher als Nachbil— dungen eines Rammes aufzu— faſſen ſind, und die ebenſowohl im Balkangebiete, im ägäiſchen Rulturkreiſe und in Ägypten, wie im nord- und weſteuropäiſchen

Megalithgebiete vorkommen (Abb. 29). Ja dieſe kammför— migen Zeichen erſcheinen ſogar ſchon öfter in den paläolithi— ſchen höhlen des Purenäenge— bietes (Abb. 50 und 32), und zwar hier, was noch beſonders ath. 28 bemerkenswert iſt, nicht ſelten

nach Koffinna, Mannus I Caf. X Xr. 1. in Verbindung mit Tierfiguren

und namentlich Tierſchwänzen,

wie wir dies dann in viel ſpäterer Zeit unter anderem bei einem cupriſchen Gefäße ganz genau jo wiederkehren ſehen (Abb. 31).

Abb. Kammartige dee auf einem Gefäß ae älteren Elbmegalithteramit von Walter- nienburg, Kr. Jerichow I; ½ n. Gr. Nach G. Nang oe ic a Dorgejd. eine hervorragend nat. Wiſſenſch. 2. Aufl. S. 26 Abb.

Wie ijt nun der Ramm zu feiner apotropäiſchen Bedeutung gelangt? Derjchiedene Forſcher, die allerdings die vorgeſchichtlichen Sakralkämme und die pektinoformen Marken nicht berückſichtigen, haben gemeint, daß der

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23] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. 23

Ramm dieſe Bedeutung lediglich ſeiner Eigenſchaft als Schmuckſtück des Kopfes verdanke, der ja immer für ein beſonders wichtiges Organ gegolten habe. Emaniſtiſch ausgedrückt würde das alſo heißen, daß die ſpezifiſchen Eigenſchaften des Schädels und des in ihm eingeſchloſſenen Gehirns in den Ramm emanieren, von dem ſie dann weiter auf den jeweiligen Träger ausſtrahlen.

Abb. 31. haustiere mit Kamm am Schwanz auf einem cupriſchen Gefäße; nach Cesnola-Stern.

Dieſe Deutung hat gewiß ſehr viel für ſich. Nur iſt dabei zu bemerken, daß der Schädel zu einem Seelenſitzorgan und darin liegt ja gerade ſeine eigentliche Bedeutung erſt verhältnismäßig ſpät geworden iſt, und daß ferner aus paläolithiſcher Zeit zwar zahlreiche kammförmige Zeichen, jedoch noch keine wirklichen Kämme bekannt geworden ſind. Betrachten wir uns indeſſen die paläolithiſchen kammförmigen Zeichen etwas näher, ſo ſehen wir, daß ſie faſt durchweg fünf Querſtreifen aufweiſen, ſo daß wir ſchon da⸗ durch lebhaft an eine Hand erinnert werden (bb. 50 52). Noch ſchärfer tritt

24 Georg Wilke. [24

dies bei einer pektinoformen Marke von Altamira hervor, wo ſich der Daumen deutlich von den übrigen Singern abhebt, und auch noch bei manchen jüngeren Darſtellungen gehen das Ramm- und das Handmotiv jo

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Abb. 32. Stierfigur mit kammförmigem Zeichen am Schwanze; Altamira, Spanien.

ineinander über, daß man bisweilen nur aus dem Zuſammenhange mit anderen Siguren die wirkliche Bedeutung erkennen kann (Abb. 33).

Ich möchte daher annehmen, daß die kamm— förmigen Marken urſprünglich weiter nichts be— deuteten, als abgekürzte Darjtellungen einer Hand, deren große magiſche Bedeutung wir ja früher ſchon kennen gelernt haben (Abb. 17 und 34). Als dann ſpäter der haar- und vielleicht auch Webekamm er— funden war, erblickte man in den aus der Urzeit

5 überkommenen kammartigen ſumboliſchen Zeichen, Abb. 33. 3 5 . \ Siegel von Barenrah, deren Urſprung natürlich längſt in Dergejjenbeit Hamipur-Diſtr. Journ. of geraten war, Darſtellungen von Kämmen, jo daß the As. Soc. of Bengal. 5 Vol. XLVI pl. XIV. nunmehr auch diejen die magiſche Bedeutung der ihnen ähnelnden Zeichen zugeſchrieben wurden.

Als unterſtützendes Moment mögen bei dieſem Bedeutungswechſel auch noch die genetiſchen Beziehungen, die zwiſchen hand und Ramm be— ſtehen, mitgewirkt haben. Denn die Hand ijt ja die älteſte Form des Kammes. Es iſt daher begreiflich, daß man beim Erſatz der Hand durch ein beſonderes

25] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. 25

Gerät dieſem zunächſt nicht nur die Geſtalt von jener gab, ſondern ihm zu⸗ gleich auch deren magiſche Kräfte zuſchrieb.

Schließlich mag auch noch die dem Ramme zukommende Fähigkeit, die Läufe zu beſeitigen, den Glauben an feine magiſche Kraft gefördert haben. Wie ich ſchon früher ausgeführt habe, ſtellt man fic) vielfach die krankheit⸗ erregenden Dämonen in Geſtalt von Mücken, Fliegen, Flöhen, Wanzen und Cäuſen vor. Alles, was geeignet ijt, dieſe Krankheitsdämonen zu ver⸗ treiben oder zu vernichten, muß naturgemäß eine beſondere Kraft beſitzen, und dieſe Kraft kommt nach emaniſtiſchen Vorſtellungen nicht nur durch unmittelbare Berührung, ſondern auch durch Sernwirfung zur Geltung, und ebenſo kann ſie auf den Träger des betreffenden Gerätes, hier alſo des Kammes, übergehen, jo daß die betreffende Perſon nun gleichfalls die Sabig- keit erhält, die Dämonen von ſich abzuwehren.

Da ich hier gerade nochmals von der Bedeutung der Hand geſprochen habe, möchte ich dieſe Gelegenheit benutzen, meine früheren Darſtellungen noch in einer Richtung zu ergänzen. Schon Gubernatis )) hat darauf hingewieſen, daß in manchen ruſſiſchen und indiſchen Märchen eine eigentümliche Beziehung zwiſchen hand und Hund beſteht, und ich habe dieſer Der: bindung, die übrigens auch in der Römiſchen Abb. 34.

Sage wiederkehrt, dann gleichfalls in meinem 5 an ar Buche „Kulturbeziehungen zwiſchen Indien, Kaufafus. Orient und Europa?) gedacht. Ich bin nun

in der Lage, dieſe Beziehungen zwiſchen hand und Hund auch archäologiſch belegen zu können. Es iſt dies ein Bronzeanhängſel aus der bekannten Nekropole von Roban im Kaufajus, eine Hand mit Arm darſtellend, auf dem zwei bellende hunde jtehen (Abb. 54). Es iſt mir nicht zweifelhaft, daß dieſer Darſtellung ein ganz beſtimmter, wenn auch gegenwärtig noch nicht ſicher erkennbarer mythiſcher Sinn zugrunde liegt. Ebenſo ſcheint ſich dieſe Verbindung auch in den nordiſchen Seljenzeichnungen zu wiederholen. So beſonders bei einer freilich ſehr verworrenen Figurengruppe an einem Felſen von Bada, Kirchſpiel Braſtad (Abb. 35), bei der die Arme eines Mannes in eigentümliche Tierfiguren auslaufen. Allerdings werden dieſe Tiere gewöhnlich als Pferde aufgefaßt und ſowohl von Bing wie neuer— dings auch von Roſſinna auf einen Pferdegott bezogen. Doch ſcheint mir zum wenigſten die eine, über dem Kopfe des Mannes befindliche kleinere Sigur in Anbetracht des nach rückwärts konkaven Schwanzes und ihrer Größe wohl ſicher einen Hund darſtellen zu ſollen, da das Pferd nie in

1) Gubernatis, Die Tiere in der indog. Muth., S. 361 ff. 2) fl. a. O. S. 229.

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Georg Wilfe.

Abb. 35. Selſenzeichnung von Bada, Bohuslän; aus G. Koſſinna: Die deutſche Dorgeſchichte eine hervorragend nationale Wiſſenſchaft

2. Aufl. 5. 95 Abb. 209,

27] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Dorzeit. 27

dieſer völlig naturwidrigen Form gezeichnet erſcheint. Ebenſo möchte ich die rechts von dem Manne ausgehende größere Sigur mit dem nach vorn konkaven Dorderfuß eher als Hund, denn als Pferd auffaſſen, und auch die beiden Spiralen, beſonders die am weiteſten links, ſcheinen einen auf— geringelten Hundeſchwanz darſtellen zu ſollen. Endlich findet fic) ein m. E. nicht zu verkennender Hund noch links oben, und zwar unmittelbar vor der erhobenen Hand einer kleinen Menſchenfigur, die Bing als ein— armigen Tyr, eine ſpätere Entwicklungsform der urſprünglichen Mondgott— heit, auffaßt.

Wie dieſe höchſt ſeltſame Verbindung von hund und Hand entſtanden iſt, erſcheint freilich zurzeit noch recht rätſelhaft. Da der Hund, wie ich in dem oben erwähnten Buche ausführlich dargetan habe, überall ein ganz ausgeſprochenes Unterweltstier iſt und als ſolches zur Mondgottheit in

Abb. 36. Abb. 37. Daritellung auf einem Renntierknochen von Corthet. Gefäßſcherben von Tiryns.

naher Beziehung ſteht, jo ijt vielleicht auch dieſe Verquickung auf die Der- ehrung des Mondes zu beziehen, der wohl urſprünglich überall als weib— liche Gottheit aufgefaßt wurde. Die Felſenzeichnung von Backa kann dieſe Auffaffung nur unterſtützen. Denn die dort in Derbindung mit Tieren dargeſtellten menſchlichen Figuren ſollen offenbar eine weibliche, nicht aber eine männliche Gottheit bedeuten, da ſie in dieſem Falle durch einen Phallus als ſolche gekennzeichnet worden wären, wie wir dies bei den meiſten übrigen Figuren dieſer Felſenzeichnung bemerken.

Eine bei allen indogermaniſchen Völkern häufig wiederkehrende Dor- ſtellung iſt die von elbiſchen „Milchzehrern“, die den ſtillenden Frauen die Milch wegſaugen oder „wegtragen“, und ebenſo die Milch des Mutter— viehes wegnehmen. Dieſe Dorjtellung liegt vielleicht worauf mich Herr Höfler in Tölz bei meinem Beſuche aufmerkſam machte einer von mir ſchon mehrfach behandelten höchſt ſeltſamen Kombination von Tierfiguren

28 Georg Wilke. 28

zugrunde, für die ich bisher noch keine befriedigende Erklärung habe finden können. Sowohl auf tiruntiſchen Dajen und auf Gemmen von Olympia, wie ſchon bei einer paläolithiſchen Darſtellung auf einem Renntierknochen von Lorthet, finden ſich nämlich größere Säugetiere dargeſtellt, nach deren Euter Siſche zu ſchnappen ſcheinen (Abb. 36—37). Daß ſowohl die paldo- lithiſche wie die räumlich und zeitlich ſoweit davon entfernten altgriechiſchen Darſtellungen den gleichen Gedanken ausdrücken ſollen und daß ihnen ein ganz beſtimmter muſtiſcher Sinn zugrunde liegen muß, ſteht für mich außer allem Zweifel. Ich halte es daher für ſehr wahrſcheinlich, daß wir es hier tatſächlich mit elbiſchen Milchzehrern zu tun haben.

Zum Schluſſe noch einige Worte über den heute gleichfalls noch weit— verbreiteten Knotenzauber. In Dänemark knüpft man bei Skrofuloſe und Rhachitis in den zum „Meſſen“ des Kindes dienenden Faden ebenfalls eine Sympathtefur neun Knoten und hängt ihn dann dem Rinde neun— oder dreimal 24 Stunden um, worauf er verbrannt wird ). Bei uns in Sachſen, ebenſowie in Böhmen und anderwärts macht man zur Dertrei— bung der Warzen ſoviel Knoten in einen Faden, als man Warzen hat und vergräbt ihn dann in der Erde oder unter der Dachtraufe. Und ähnliche Bräuche finden ſich auch in Rußland und ſüdſflawiſchen Ländern, doch erſcheinen ſie auch außerhalb Europas ſehr häufig. So heilt man in Rußland einen Trunkſüchtigen, indem man ihm eine zwölfmal geknotete Schnur umhängt. Die Finnen und Lappen kennen Knoten, mit denen Wind erzeugt wird, und Spuren von dieſen Bräuchen berichtet hein auch aus den öſterreichiſchen Alpenländern. Bei den Zuni werden Jauberfnoten aus vier Yuffablattern, die den Suni als Jagofetiſch dienen, auf die Sährte des verfolgten Wildes gelegt. Nach Rolfs knotete einer ſeiner Kameltreiber ſeine Rückenſchmerzen mit einem halfahalme mit Erfolg feſt, und die Kamtſchadalen machen Knoten in einen Riemen oder Faden, um die Schwangerſchaft zu verhindern.

Aus dem Altertum liegen uns Zeugniſſe über gleichartige Bräuche beſonders aus Babylonien und Ägypten vor, wo ſich dank der der Konfer: vierung jo günſtigen Bodenverhältniſſe auch wirkliche Zauberfnotenjchnüre in größerer Zahl erhalten haben?).

Aus dem vorgeſchichtlichen Mitteleuropa fehlen allerdings abgejehen von einigen ihrer Bedeutung nach nicht ſicheren Knotenſchnüren aus Pfahl— bauten unmittelbare Zeugniſſe, doch dürfen wir vielleicht gewiſſe Gefäß— ornamente, wie wir jie bejonders in der. ſchleſiſchen und böhmiſchen Gruppe der Spiralmäanderkeramik antreffen, hierzu in Beziehung bringen (Hbb. 38).

Man hat dieſes Motiv ſchon immer als Nachbildung von Knoten: ſchnüren aufgefaßt und daher geradezu als Knotenornament bezeichnet,

1) v. Hovorfa und Kronfeld, II, 693. 2) London, Britiſches Muſeum.

29] Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Dorzeit. 29

ohne jedoch über feine herkunft und Bedeutung ins reine zu kommen. Ciegt es da nicht nahe genug, dieſem Muſter und den ihm zugrunde liegenden Knotenſchnüren einen muſtiſchen Sinn unterzulegen.

Dieſe Vermutung findet noch dadurch eine gewiſſe Stütze, daß in manchen Gegenden der Knotenzauber gern in Verbindung mit Gefäßen angewendet wird, um die die Knotenſchnur herumgelegt oder in die ſie hineingetan wird. So knüpft man in der Moldau zur Dertreibung des hexenſchuſſes unter Her- ſagung einer beſtimmten Formel neun Knoten und legt dann die Schnur in eine Schüſſel mit reinem Waſſer, wobei man wiederum eine beſtimmte Formel ſpricht. In Irland legt man bei Derherung der Milchkuh einen neun— mal gefnoteten Faden, den man zuvor um ein erwärmtes, aber nicht erhitztes Hufeiſen gewickelt hat, unter das Butterfaß ). Und in Pommern läßt man vom Faßbinder eine Nadel mit geknotetem Garn unter einem Reifen des Butterfaſſes und parallel dazu anbringen; der Faden mit dem Knoten ijt

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Gefäße mit Na aus Böhmen a. Treboul, b. Kamenmoſt bei Welwarn.

dann für die Here unſichtbar und dieſe kann das Butterfaß nicht behexen 2). Es wäre alſo recht wohl möglich, daß auch die neolithiſchen Nachbildungen von den das Gefäß umziehenden Knotenſchnüren urſprünglich eine gleiche apotropäiſche Bedeutung hatten.

Die Entſtehung des Knotenzaubers hat Pfarrer Jeremias in ſeinem ſchönen Werke über altbabyloniſche Kultur?) aus einer Knotenſchrift, die der Sumeriſchen Bilderſchrift noch vorausgegangen ſein ſoll, erklären wollen. Doch iſt dem entgegenzuhalten, daß echte ſchriftartige Zeichen, die ihrerſeits wieder Abfommlinge einer noch älteren Bilderſchrift ſind, bereits im weſt— europäiſchen Paläolithikum erſcheinen und daß es daher wenig wahrſchein— lich iſt, daß dieſen an ſich ſchon ſehr frühen Schriftſyſtemen noch eine Knoten— ſchrift vorausgegangen ſei“). Auch weiſen gerade Keiljchriftterte auf eine andere Entſtehung des Knotenzaubers hin. In der Bibliothek Aſſurbanipals

1) Seligmann.

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3) A. Jeremias, Handbuch d. altorient. Geiſteskultur 299.

4) Näheres hierüber in meinem Buche: Südweſteurop. Megalithtultur und ibre Beziehungen zum Orient; Mannusbibliothek 7.

30 Georg Wilke. [30

haben ſich nämlich Inſchrifttafeln mit ſumeriſch-aſſuriſchem Text gefunden, auf denen berichtet wird, daß man einen Kranken behufs heilung binden und dann wieder entfeſſeln ſolle. Wie bei dieſem Vorgange der Kranke aus der Unfreiheit der Bindung befreit werde, ſo ſolle er auch aus den Banden der Krankheit, die ja ſeinen Körper und Geiſt gleichfalls feſſelten, befreit werden!). Es handelt ſich alſo hierbei um einen einfachen Analogiezauber, der uns vom Standpunkte des Emanismus aus ohne weiteres begreiflich erſcheint.

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39. Schnurkeramiſches Gefäß mit nebatigen, Schulterornament aus der Gegend von isleben.

Mit dem Knotenzauber hängt auch noch die apotropäiſche Bedeutung des Netzes zuſammen, deſſen Wirkſamkeit auf der großen Zahl der darin befindlichen Knoten beruht. In China läßt man die Kinder als Schutzmittel gegen böſe Einflüſſe Gürtel aus zerſchnittenen Siſchernetzen tragen, oder ver— fertigt daraus ſogar ganze Kleidungsſtücke. Ebenſo ſchützt man ſchwangere Frauen, indem man ihre Sänfte mit einem Netz umgibt. Und ähnliche Bräuche finden ſich in Rußland, wo man über das Hochzeitskleid der Braut ein Fiſch—

1) v. hovorka u. Kronfeld II, 878.

311 Weitere Beiträge zur Heilkunde in der Indoeuropäiſchen Vorzeit. 31

netz wirft, und der Bräutigam und ſeine Freunde Stücke davon am Gürtel tragen 1).

Aus vorgeſchichtlicher Zeit kennen wir außer wirklichen, zu Gebrauchs⸗ zwecken beſtimmten FSiſch⸗ und Haarnetzen Gefäßverzierungen in Nebform (Abb. 59). Und zwar finden fie ſich nur bei ſolchen Gefäßtypen, bei denen ein Tragen im Netz niemals in Frage gekommen ſein kann, nämlich bei Schnuramphoren mit Standfläche, nicht aber bei Kugelamphoren oder ſon⸗ ſtigen Gefäßen mit kugelförmigem Boden. Auch betrifft das Ornament immer nur den Hals- und Schulterteil, niemals den Bauch des Gefäßes, wie man es bei ſeiner Entſtehung aus einem Tragnetz erwarten müßte. Tech⸗ niſche Momente können alſo, wenigſtens in der neolithiſchen Keramik Mittel- europas, keinesfalls den Ausgangspunkt des Netzornamentes gebildet haben, ſondern dieſes muß entweder ein reines, wenn auch dem Netze nachgebildetes Derzierungsmotiv darſtellen, oder zugleich eben einen tieferen muſtiſchen Sinn haben. Dabei ijt noch zu bedenken, daß gerade bei primitiven Völkern Ornament und Symbol ſo häufig ineinander übergehen.

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1) Seligmann II, 229.

Neuere Funde von Steinzeitgräbern

in der Uckermark. Don J. O. v. d. hagen, Schmiedeberg. Mit Tafel I- XVI.

Seit dem Erſcheinen des von hugo Schumann im Jahre 1904 heraus- gegebenen Werkes „Die Steinzeitgräber der Uckermark“ ſind bei der ſeitens des Uckermärkiſchen Muſeums- und Geſchichtsvereins angeſtellten Er— forſchung vorgeſchichtlicher Grabſtätten und auch ſonſt, zufällig bei Boden— kulturarbeiten, einige neolithiſche Gräberfunde gemacht worden. Dieſe ver— vollſtändigen das bisher in der Uckermark nachgewieſene und veröffentlichte Material zur Erkenntnis der Megalithgräberkultur und der aus ihr hervor— gegangenen ſelbſtändigen Gruppen, vorgefunden in den großen, freiſtehenden, nur wenig in den Erdboden eingelaſſenen Steinkammern, in den bis auf die Deckplatte in der Erde liegenden Steinblockkiſten und in den kleinen, zuweilen auffallend ſchmalen, 30—50 cm unter dem hügelniveau erſchei— nenden, von Rolliteinen umſetzten Steinplattenkiſten, ſowie in den ſo— genannten Slachgräbern, teils mit Skelettbeſtattung, in nur geringer Tiefe, frei im Erdboden, zuweilen auch mit wenigen Steinen beſetzt, oder in muldenförmigen Vertiefungen, pflaſterförmig überdeckt, oder ganz von ſtarker Steinpadung umgeben, teils mit Leichenbrand, in grubenförmigen Vertiefungen, überdeckt von ſtarker, pflaſterförmiger Steinſetzung.

Soweit ſich die Beſtattungsart noch ermitteln ließ, enthielten die Stein— block⸗ und Plattenkiſten unverbrannte Skelette, liegende, vereinzelt auch ſitzende Hocker, die Slachgräber unverbrannte Skelette, liegende hocker, oder gebrannte, zerkleinerte menſchliche Knochen in ſchwärzlicher, aſchiger Erde, Leichenbrand.

Eine ausführliche Beſchreibung und Beurteilung der wenigen erhalten gebliebenen und noch beſtimmbaren Skelettreſte hat Profeſſor Dr. Strauch in Berlin bereitwillig übernommen und geliefert. Das Ergebnis wird im nächſten Hefte des Mannus veröffentlicht werden.

Mannus, Bd VII. H. 12. 3

34 J. O. v. d. hagen. 2

Die Grabbeigaben beſtehen aus Tongefäßen und Steinwerkzeugen, auch Bernſteinſchmuck kam einmal vor. Die Reramik ijt größtenteils ver- treten durch Kugelamphoren und große Töpfe in den Steinblockkiſten, kleine einhenkelige Töpfe und einen CTrichterrandbecher in den Stein— plattenkiſten, Becher mit geſchweiftem Wandungsprofil, mit Henkelöſen oder Griffzapfen, mit Furchenſtichverzierung, Zickzackbändern oder Schnur— linien in den Flachgräbern mit Stelettbejtattung, fugelamphoren- und vaſenförmige Gefäße mit reicher Winkelſtich- und Schnittverzierung neben ganz ſchlichten, ornamentloſen Näpfen in den Slachgräbern mit Ceichenbrand. Don den als Beigaben verwendeten Steinwerkzeugen ſind in den Steinblockkiſten nur einige dicknackige Seuerjteinarte und Axt⸗ hämmer aus verſchiedenen Geſteinsarten gefunden worden, in den kleinen Plattenkiſten konnten bearbeitete Steinwerkzeuge bisher nicht nachgewieſen werden, die Flachgräber mit Skelettbeſtattung enthielten gewöhnlich kleine ſorgfältig bearbeitete Arthammer oder Lanzen- und Pfeilſpitzen aus Seuerſtein, die mit Leihenbrand didnadige Arte, Meißel und Meſſer aus Seuerſtein, ſowie Arte, Keile und Hammer aus anderen Geſteinsarten, fie ſind infolge des Leichenbrandes mehr oder weniger zerſprungen, mit Riſſen durchſetzt und durch Übſprengungen deformiert.

Die Ausbeute der im folgenden beſchriebenen Steinzeitgräber befindet ſich größtenteils im Uckermärkiſchen Muſeum in Prenzlau; die Fundſtücke von Suckow ſind in der Sammlung des Majoratsherrn von Urnim auf Suckow, die von Trampe, Heinricyshof und Bruſſow in der Sammlung des Zimmer— meiſters Koofd) in Brüſſow.

Steinkammern.

Suckow (Kr. Templin).

Ungefähr 300 m von dem Eingang des öffentlichen Derbindungs— wegs von Steinhöfel nach Stegelitz in die Suckower Forſt (Jagen 12) liegt in nordöſtlicher Richtung in der Nähe des ausgedehnten Falkenbruches auf einer geringen Bodenerhebung eine jchon ſeit langer Zeit abgedeckte Stein— kammer aus hellgrauen Granitblöcken, umgeben von einer bis zu 8m Durch— meſſer ausgedehnten und noch jetzt bis 75 em ftarfen Steinpackung. Die noch in ihrer urſprünglichen Ausdehnung erhalten gebliebene Grabkammer bildet ein von Nordoſten nach Südweſten gerichtetes Rechteck. Im Lichten gemeſſen ijt fie etwa 2,5 m lang, an der offenen, ſüdweſtlichen Seite 1,5 m, an der ge— ſchloſſenen, nordöſtlichen Seite 1,25 m breit. Die nordweſtliche und ſüdöſt— liche Wand beſteht aus je zwei aufrecht geſtellten Steinblöcken, die nord— öſtliche Wand bildet nur ein ſo geſtellter Stein, an der offenen ſüdweſtlichen Seite ſteht ein abgerückter, ſchräg zum Inneren der Grabkammer geneigter Stein von geringerer Stärke als die anderen fünf Tragſteine. Die beiden länglichen Deckſteine ſind noch vorhanden; der eine liegt der Länge nach

3] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 35

zwiſchen den Tragſteinen, der andere liegt mit dem ſchmalen Ende noch auf den beiden, die öſtliche Ecke der Kammer bildenden Steinblöcken, mit dem breiten Ende auf der Steinpadung (Taf. I, Abb. 1 u. 2, Taf. II, Abb. 3 u. 4).

Alle fünf Tragſteine ſtehen aufrecht auf dem gewachſenen Lehmboden, ſie ſind ziemlich gleich hoch, etwa 1,25 m, und ſo geſetzt worden, daß die Kammer möglichſt dicht ſchließende, ebene Innenwände hatte und nach oben gleichmäßig abſchloß, aus der Steinpackung ragen ſie jetzt 50 em hervor.

Der die nordöſtliche Schmalſeite der Grabkammer bildende Tragitein iſt im Querſchnitt rechteckig, 1,55 m breit, 60 em dick, oben ſattelförmig, der fic) anſchließende nordweſtliche, im Querſchnitt rechteckig, 1,2 m breit, 60 em dick, oben flach, der daneben ſtehende, nach vorne geneigte, ebenfalls rechteckig, 1,5 m breit, 60 cm did, oben etwas gewölbt. Der vorn, an der offenen Seite der Grabkammer ſchräg abſtehende Stein iſt 90 em breit und bis 35 cm dick, feine der Kammer zugewendete Seite bildet eine Ebene, ſonſt ijt er unregelmäßig gewölbt. Der vordere Tragjtein der ſüdöſtlichen Wand, von annähernd rechteckiger Form, iſt an der Innenſeite 1 m, an der Außenjeite 1,1 m breit, 65 cm dick, oben flach gewölbt, der daneben ſtehende, von unregelmäßiger Form, 1 m breit, unten 1 m, oben 60 cm dick, außen gewölbt, oben flach. |

Der zwiſchen den Tragſteinen liegende Deckſtein hat eine glatte Unter- und eine gewölbte Oberſeite, ſeine Länge beträgt 2 m, die größte Breite und Dicke 1 m. Der zweite Deditein, im oberen Teil gewölbt, im unteren abgeflacht, ijt 1,8 m lang, bis 1,2 m breit und 75 cm dick.

Die ganze Kammer hat außen mit dem an der offenen Seite abge— rückten Stein eine Länge von 3,45 m und eine Breite von 2,8 m, ihre Höhe beträgt von der Sohle an, einſchließlich der Deckſteine 2,25 m.

Das Innere der Kammer war bei der im September 1910 angeſtellten Unterſuchung von der Sohle an etwa 50 cm hoch mit loſer Dammerde, Faſer— wurzeln und einigen Rolliteinen angefüllt. Don einem etwa urſprünglich vorhandenen Bodenpflaſter war nichts zu bemerken, auch wurden weder Sfelettrejte noch Tongefäßſcherben oder Spuren von irgendwelchen Grab— beigaben gefunden.

Das Suckower Steinkammergrab gehört nach Schumann (Steinzeit- gräben der Uckermark S. 64) zu denjenigen megalithiſchen Rundhügelgräbern der Uckermark, die eine Ubergangsform von den über Hügelniveau ange— legten Dolmen zu den unter hügelniveau liegenden großen Steinblockkiſten darſtellen. Bei dieſer Übergangsform, die in dem benachbarten Mecklen— burg und Pommern und ſchon einmal in der Uckermark, bei Dedelow, vor— kommt, liegt die Kammer halbvertieft in dem Hügel.

Melzow (Kr. Angermünde).

In dem zur Kgl. Oberförſterei Gramzow gehörenden Revier Melzow befindet ſich im Jagen 11, etwa 200 m öſtlich von dem das Dorf Melzow

3*

36 J. O. v. d. hagen. [4

mit dem zu dieſem gehörigen Ausbau verbindenden, an der Forſtgrenze entlang führenden öffentlichen Weg, auf einer bis zu 15 m aniteigenden lehmigen Bodenerhebung eine durch drei große, von der urſprünglich vor— handenen Anlage übrig gebliebene Steinblöde kenntliche, von Südweſten nach Nordoſten gerichtete, rechteckige Grabſtätte. Don der ſüdöſtlichen Wand der urſprünglich etwa 2 m langen, 1 m breiten Steinkammer ſteht noch ein der Länge nach aufgeſetzter Granitblock, 1,5 m lang, 1 m breit, 60 cm dick, aus der Hiigeloberflade noch 70 cm hervorragend, an der ſüdweſtlichen Schmal— ſeite, ſchräg nach außen gerichtet, eine dreieckige Granitplatte, an der Baſis Im lang, 85 cm hoch, bis 30 cm did. Etwa 2 m nordöſtlich von dem Stein— block der ſüdöſtlichen Wand liegt der Länge nach auf der Oberfläche eine 1,8 m lange, bis 1 m breite, bis 50 cm dicke Granitplatte, wahrſcheinlich ein Deckſtein. Don dem einſtigen Grabinhalt wurde nichts mehr aufgefunden (Taf. I, Abb. 5).

Steinblockkiſten.

Melzow (Kr. A.), Kol. Sorjt, Jagen 5.

In dem zur Kgl. Oberforjteret Gramzow gehörenden Revier Melzow liegt im Jagen 5, etwa 16 m ſüdöſtlich von dem Schnittpunkt zweier Holz— abfuhrwege, auf einer bis zu 2 m anſteigenden aus lehmigem Sand be— ſtehenden Bodenerhebung von annähernd 7 m Durchmeſſer ein rechteckiges, von Norden nach Süden gerichtetes, an drei Seiten aus Granitblöcken, an der vierten Seite aus Quarzitplatten und Rolljteinen zuſammengeſetztes, 2 m langes, 1,5 m breites, von einer Steinplatte überdecktes und bis zu dieſer von Steinpackung umgebenes Kijtengrab. Die Wände beſtehen aus je einem hellgrauen Granitblock; der weſtliche ijt 1,5 m lang, 65 em breit, bis 50 cm dick, der öſtliche, etwas nach innen geneigt, 1,45 em lang, 60 cm breit, bis 40 cm dick, der ſüdliche 90 em lang, 60 cm breit, bis 50 cm did. An der nörd— lichen Schmalſeite, dem Zugang zum inneren Raum, ſtehen aufrecht zwei bis zu 10 cm dicke Platten aus rötlichem Quarzit, die größere weſtliche iſt der kleineren öſtlichen vorgeſetzt, beide Platten reichen nicht ganz hinauf bis zum Rande der Riſte, der Zwiſchenraum ijt mit kleinen Rollſteinen aus— geſetzt. Der Deckſtein, hellgrauer Gneis, oval geformt, oben etwas gewölbt, unten flach, ijt 2,3 im lang, bis 1,15 m breit und bis 50 em dick (Taf. I, Abb. 6, Taf. II, Abb. 7 u. 8).

Der innere Raum der Riſte ijt an der Weſtſeite 1,45 m, an der Dit: ſeite 1,4 m lang, an der Südjeite 63 cm, an der Nordfeite 55 em breit und hat eine höhe von 60—65 em. Der Boden beſteht aus einer aufgetragenen Lehmſchicht. Die in ihrer äußeren Gejtalt bis auf den ſüdlichen, etwas ab— gerückten, ſchräg nach außen gerichteten Block unverſehrt gebliebene Stein— kiſte ſteht ſchon ſeit langer Zeit ausgeräumt. Bei der im herbſt 1906 vor: genommenen Unterſuchung lag über dem feſten lehmigen Bodenbelag Sand

5] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 37

und vergangenes Laub, dazwiſchen fanden fic) nur geringe Reſte von uns verzierten Scherben eines dickwandigen, gelblich-grauen Tongefäßes. .

Melzow (Kr. A.), Kgl. Forſt, Jagen 4.

Etwa 17 m ſüdöſtlich von dem das Jagen 4 von dem Jagen 8 trennenden Geſtell befindet ſich auf einer 3—4 m anſteigenden lehmigen Bodenerhebung ein Steinpackungshügel von 7—8 m Durchmeſſer, am Rande liegen mehrere große Steinblöde, in der Mitte liegt ein der Länge nach von Oſten nach Weiten geſetzter 1,25 m langer, 85 cm breiter, bis 50 cm dicker grauer Granit- block, vermutlich die ſüdliche Wand einer Steinkiſte, da dicht an der Nord— ſeite desſelben entlang, etwa 50 em von der oberen Kante des Blocks im lehmigen Sand drei graue Steinplatten horizontal nebeneinander liegen, ſie können den Bodenbelag der urſprünglichen Steinkiſte gebildet haben (Taf. I, Abb. 9). Als die nächſte Umgebung der mutmaßlichen Grabſtätte im Herbjt 1906 genau unterſucht wurde, kamen folgende, vermutlich zu dem einſtigen Grabinventar gehörende, bei der Zerſtörung der Grabſtätte aus— geworfene, unbeachtet gebliebene Gegenſtände zum Dorjchein:

Ein rötlich-gelbes Tongefäß mit etwas eingezogenem hals, gerader Standfläche und einem horizontal abſtehenden Zapfen als henkel, höhe 8,5 em, gr. Durchmeſſer 8 em, Mündungsdurchmeſſer 7,5 em, Durchmeſſer der Standfläche 5 em. Das nur wenig be— ſchädigte Gefäß lag 80 em ſüdöſtlich von dem Bodenbelag der Steinkiſte, 20 em tief in dem Abraum, und war mit hellgelbem Sand gefüllt (Taf. I, Abb. 10 a).

Ein gelblich-grauer Üxthammer aus feinkörnigem Geſtein, ſehr glatt geſchliffen, mit kurzem Schneidenteil und ſtark verjüngtem, abgerundeten Bahnende, in der Mitte eine zylindriſche Durchbohrung, die Breitſeiten gewölbt, die Schmalſeiten, von der etwas gebogenen Schneide bis 1 em über dem oberen Rand des Schaftlochs, bilden eine ſcharf abgeſetzte, ebene Fläche. Länge 10,5 cm, gr. Breite an der Schneide 4,7 cm, Dicke am Schaftloch 4,5 em, Durchmeſſer des Schaftlochs 2 em (Taf. I, Abb. 10 b). Der am Bahnende etwas beſchädigte hammer lag ungefähr 1 m nordöſtlich von dem Tongefäß im Sand.

Eine dicknackige Geradaxt aus dunkelgrauem, weißgefleckten Seuerjtein, am Bahnende etwas beſchädigt, die Breitſeiten geſchliffen, wenig gemuſchelt, etwas gewölbt, die Schmalfeiten nur gemuſchelt. Länge 10 cm, gr. Breite an der etwas gewölbten Schneide 4,5 em, die größte Dicke liegt faſt in der Mitte und beträgt 22 mm. Die Feuerſteinaxt lag 75 em nördlich von dem Arthammer (Taf. I, Abb. 10 c).

In der Nähe der Südſeite der erhalten gebliebenen Wand der Steinkiſte lagen noch mehrere rötliche und gelblich-graue Tongefäßſcherben, Seuerfteinjpane und eine flache Scheibe aus hellgrauem, quarzitartigen Geſtein, am Rand unregelmäßig abgerundet, gr. Durchmeſſer 6 em, Stärke 7 mm, vielleicht diente fie als Deckel eines kleinen Tongefäßes (Taf. I, Abb. 10 d).

Skelettreſte wurden nicht bemerkt.

Schmiedeberg (Kr. Angermünde).

In der zum Rittergut gehörenden Forſt liegt auf einem in der Nähe des nach Stegelitz führenden öffentlichen Weges befindlichen, bis zu 5 m anſteigenden lehmigen Hügel „der Eichberg“ genannt, eine in den Erdboden eingelaſſene, von Nordoſten nach Südweſten gerichtete, rechteckige Kiſte aus Geſchiebeblöcken, Platten und Rollſteinen. Sie iſt ſchon vor längerer Zeit

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abgedeckt und durchſucht worden. Die Cängsſeiten beſtehen aus je einem der Länge nach aufgeſetzten Granitblock, der ſüdöſtliche iſt 1,3 m lang, 70 cm breit, bis 40 em dick, der nordweſtliche 1,15 m lang, 70 cm breit, bis 25 cm dick; die ſüdweſtliche und nordöſtliche Schmalſeite iſt mit Rollſteinen ausge— ſetzt. Un der ſüdöſtlichen Seite des Hügels liegt eine unregelmäßig geſtaltete, über 1 m im Geviert meſſende, bis 30 cm dicke Platte aus rötlichem Quarzit, die als Deckſtein gedient haben kann.

Als die Grabſtätte im Jahre 1905 unterſucht wurde, war der 1,3 m lange, 45 cm breite, 50 cm tiefe innere Raum mit Erde und kleinen Steinen aus: gefüllt, dazwiſchen lagen geringe Rejte von einem unverbrannten, menſch— lichen Skelett, ein kleines Meſſer aus Seuerjtein und ein Scherben von einem verzierten Tongefäß. Ein Bodenbelag aus Steinplatten war nicht vor— handen. An der nordöſtlichen Schmalſeite war die Kiſte noch durch einen faſt quadratiſchen Anbau, deſſen Umfaſſungswände aus kleinen Granitplatten und Rolliteinen beſtanden, gleichſam verlängert. Dieſe kleine, bis auf die abgewälzte, daneben liegende Deckplatte unberührt gebliebene RKiſte, im Lichten gemeſſen, 50 cm lang, 45 cm breit, 50 em tief, war bis zum Rande mit lehmiger Erde angefüllt. Sie enthielt nur Beigaben: zwei zuſammen⸗ gedrückte Tongefäße, zwei Seuerjtemarte und eine durchlochte Bernſtein— ſcheibe. Don den beiden Tongefäßen ſtand das größere etwa in der Mitte der nordweſtlichen, aus einem 65 cm langen, bis 30 cm breiten Granit be— ſtehenden Wand, das kleinere dieſem gegenüber an der ſüdöſtlichen, aus einer 45 cm langen, 25 cm breiten Granitplatte und kleinen Seldjteinen auf: gejebten Wand. Neben jedem Gefäß jtedte ſenkrecht eine Seuerjteinart. Die Bernſteinſcheibe lag in mehrere Stücke zerbrochen in der Nähe des an der norweſtlichen Wand befindlichen Gefäßes. Die kleine Kiſte hatte keinen Bodenbelag aus Steinplatten.

Die ganze Grabanlage ijt 2,5 m lang und bis 1,15 m breit. Einige in der Nähe liegende größere Seldjteine können zu einem urſprünglich vor: handenen Rand der Steinpadung gehört haben (Taf. III, Abb. 11).—

Die Beigaben:

Tongefäß von lehmgelber Farbe mit dunkelbraunen Flecken, im oberen Teil rötlich-gelb, ſchwach gebrannt, höhe 24 cm, gr. Durchmeſſer 20 cm, Mündungsdurchmeſſer 8 em, Stärke der geglätteten, mit einem Überzug von feingeſchlemmten Ton verſehenen Wandung am Boden 5 mm, in der Mitte 4 mm, am hals 3 mm. Kugelampbore älterer Sorm. Am Übergang in den ſcharf abgeſetzten, geraden Hals zwei Henteldjen, deren Außenjeite flach eingefurcht iſt (Taf. III, Abb. 12 a).

Seuerjteinart, dicknackig, Querſchnitt länglich-viereckig, die Breitſeiten gewölbt, geſchliffen, wenig gemuſchelt, die Schmalſeiten größtenteils gemuſchelt, wenig geſchliffen. Der Nacken nur gemuſchelt, im oberen Teil dunkelgrau, hellgelb gefleckt, im unteren Teil faſt ganz hellgrau. Länge 155 mm, gr. Breite an der Schneide 57 mm, Breite am Nacken 28 mm, gr. Dicke nahe dem Bahnende 20 mm. Die Axt ſteckte in einer Ent—

fernung von 5 cm ſenkrecht, mit der Schneide nach unten, neben dem größeren Ton— gefäß (Taf. III, Abb. 12 b).

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Tongefäß von rötlich⸗gelber Farbe, ſchwach gebrannt, zerdrückt und ſehr mürbe, teilweiſe ganz aufgelöſt, nach den wenigen, erhalten gebliebenen Scherben eine Kugel: amphore mit zwei Henfeldjen, etwa 15 em hoch, auf dem hals und unterhalb der Henkel Gruppen von halbkreisförmigen Einſtichen, zu übereinanderliegenden Dreiecken ange— ordnet, auf der Schulter, unterhalb einer ſchwachen, anſcheinend ringsumlaufenden Leiſte Gruppen vertikal verlaufender, tief eingedruckter urchenſtichlinien, die oben und unten durch halbkreisförmige Einſtiche abgeſchloſſen find (Taf. III, Abb. 12 c). Gleichartige Ornamente befinden ſich auf einigen in der Nähe von Deſſau gefundenen Scherben und größeren Bruchſtücken von Kugelamphoren (Nachrichten über deutſche Altertumsfunde 1903, S. 90 u. f.).

Seuerſteinaxt, dicknackig, mit ſtarker Verjüngung nach dem Bahnende, Quer— ſchnitt länglich-viereckig, Breitſeiten wenig gewölbt, größtenteils geſchliffen, wenig ge— muſchelt, Schmalſeiten nur gemuſchelt, hellgrau. Länge 85 mm, gr. Breite an der Schneide 40 mm, gr. Dicke, nahe am Bahnende, 8 mm. Die Art ſteckte dicht neben dem an der ſüd— öſtlichen Wand befindlichen Gefäß ebenfalls ſenkrecht mit der Schneide nach unten (Taf. III, Abb. 12 d).

Bernſteinſcheibe, Querſchnitt länglich ſpitzoval, in der Mitte durchlocht, Durch- meſſer 70 mm, gr. Dicke 10 mm, Durchmeſſer der Durchbohrung 17 mm, vor der Beiſetzung in zwei Stücke, ein größeres und ein kleineres, zerbrochen; beide lagen 5 em voneinander entfernt in der Lehmpackung zwiſchen den beiden Gefäßen und den Feuerſteinäxten. Bei der Freilegung und Aufnahme der Stücke brach der größere Teil zweimal, der kleinere einmal durch, auch bröckelten einige kleine Stücke der von dem feuchten Lehm angegrif— fenen mit Rijjen durchſetzten Oberfläche der Scheibe an mehreren Stellen, beſonders an den Kanten ab. Un den friſchen Bruchſtellen iſt der Bernſtein in der Mitte hellgelb, an den Rändern rötlich gefärbt (Taf. III, Abb. 12 e).

Meſſer aus dunkelgrauem, faſt ſchwarzen Seuerjtein, Querſchnitt dreieckig, an der Spitze und an beiden Seitenkanten gedengelt, 55 mm lang, bis 12 mm breit, bis 5 mm ſtark (Taf. III, Abb. 12 f).

Scherben von einem lederfarbigen Tongefäß mit zwei übereinander angeordneten Reihen tief eingedrückter, vertikal gerichteter Rechtecke (Taf: III, Abb. 12 g).

Schmiedeberg (Kr. Angermünde). Etwa 220 m von der vorbezeich— neten Grabſtätte auf dem Eichberg in nordöſtlicher Richtung entfernt, liegt im Kiefernbejtand am „kflalgaſt“ eine im Herbit 1905 aufgefundene, ſchon früher geöffnete, teilweiſe noch erhalten gebliebene Steinblockkiſte. Die nord— weſtliche Wand bildet ein 1,25 m langer, 50 cm breiter, die ſüdöſtliche ein Im langer, 40 cm breiter, die ſüdweſtliche ein 70 cm langer, 25 cm breiter. Granitblock. Die nordöſtliche Wand fehlt, ebenſo der Deckſtein und ein Boden— pflaſter. Der innere Raum iſt etwa 1 m lang, 30—40 cm breit und 40 cm tief. Der obere Rand der Kijte liegt nur wenig unter der Erdoberfläche. Don der urſprünglich wohl vorhandenen Steinpackung iſt nichts mehr übrig geblieben, wahrſcheinlich iſt das Material bei der Anlage des ganz in der Nähe befindlichen Gräberfeldes aus der vorrömiſchen Eiſenzeit verwendet worden (Taf. III, Abb. 15).

Beſtattungsreſte wurden in und neben der mit Erde und vergangenem Laub angefüllten Steinblockkiſte nicht beobachtet.

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Steinplattenkiſten.

Stolzenhagen (Kr. Angermünde).

Ungefähr 750 m ſüdöſtlich von der Gabelung des öffentlichen Weges von Cüdersdorf nach Stolzenhagen und Gelmersdorf liegt auf der zum Ritter— gut Stolzenhagen gehörenden Feldmark, auf Schlag 7, eine von der Ader- beſtellung ſeit langer Zeit ausgeſchloſſene, mit Strauchwerk beſtandene und als Ablagerungsitelle von Seldjteinen dienende, lehmige Anhöhe. Etwa in der Mitte derſelben ſtießen einige, im Frühjahr 1910 mit Auswerfen von Pflan3- löchern beſchäftigte Arbeiter auf eine unter aufgeſchütteten Steinen befind— liche Steinplattenkiſte und räumten ſie aus. Nach der glaubhaften Husſage der Arbeiter war die annähernd von Norden nach Süden gerichtete, recht— eckige Kiſte mit mehreren Steinplatten bedeckt, im oberen Teil mit Lehm, im unteren mit Sand gefüllt, in der Sandſchicht lagen auf dem aus dünnen Steinplatten beſtehenden Bodenbelag die Skelette von zwei ausgewach— jenen Perſonen nebeneinander auf der rechten Körperjeite mit ſtark an— gezogenen Beinen und gebeugten Armen, das Geſicht nach Oſten gewendet, die Schädel lagen dicht an der Südwand. Irgendwelche Beigaben ſind an— geblich nicht gefunden worden, auch bei der nachträglich angeſtellten ge— nauen Unterſuchung der Grabſtätte und deren Umgebung wurde davon nichts bemerkt.

Die Wandung der an ihrer urſprünglichen Stelle belaſſenen Kiſte iſt aus ſechs ſenkrecht aufgeſtellten in den lehmigen Boden eingelaſſenen Platten aus geſpaltenem Quarzit errichtet. Die öſtliche Breitſeite bilden zwei über— einander greifende Platten von 90 und 77 cm Länge, 60 cm höhe, 6—7 cm Dicke; die weſtliche zwei etwas weniger übereinander greifende Platten von 60 und 58 cm Länge, 60 und 70 cm höhe, 5—8 em Dicke. Die beiden Schmalſeiten beſtehen aus je einer Platte, die nördliche ijt 60 cm lang, 65 cm hoch, 5 cm dick, die ſüdliche 70 cm lang, 60 cm hoch, bis 10 em dick. Im Lichten gemeſſen ijt die Kiſte bis 1,3 m lang, 60 cm breit, 40 cm tief, der in gleicher höhe verlaufende obere Rand liegt 40 cm unter der Erdoberfläche. Die Wände der Riſte ſind nicht wie bei den meiſten Steinplattenkiſten an der Außenjeite durch Steinpadung geſtützt worden, die Platten ſteckten noch 20—30 cm unter dem Niveau des Bodenbelags in dem feſten Lehm (Taf. III, Abb. 14). |

Melzow (Kr. Angermünde), Kal. Forſt, Jagen 5.

Etwa 100 m ſüdweſtlich von dem Schnittpunkt der beiden Holzabführ— wege im Jagen 5 liegen auf einer bis zu 8 m aus der Niederung anjteigenden länglichen, von Oſten nach Weiten verlaufenden, aus lehmigem Sand be- jtehenden Bodenerhebung, deren Nordabhang mit vereinzelt liegenden um: fangreichen Geſchiebeblöcken beſetzt ijt, mehrere Steinplattenfijten. Bei

9] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 41

der im herbſt 1906 erfolgten Unterſuchung waren von den neun erfenn- baren Gräbern vier mehr oder weniger zerſtört, die übrigen noch unberührt. Die Steinplattenkiſten liegen in einer von Oſten nach Weſten ſich hinziehenden nicht geradlinigen Reihe in einem Abjtand von 1—3 m, mit Ausnahme der weſtlichſten, die von der zunächſtliegenden 5 m entfernt iſt, ſie ſind verſchieden orientiert und vertieft, die Dedplatten liegen etwa 30—60 cm unter der hügeloberfläche. Die Steinplatten beſtehen größtenteils aus rötlichem Quarzit und ſind nur ziemlich ſchwach, die ſtärkſten haben einen Durchmeſſer von 20—25 cm. Die Wände der Steinkiſten ſind außen durch mehr oder weniger ſtarke Steinpackung geſtützt. Die mit lehmigem Sand angefüllten Riſten enthielten Skelettbeſtattung, liegende Hocker, als Beigaben unverzierte kleine Töpfe oder Scherben von großen, dickwandigen Tongefäßen (Taf. III, Abb. 15).

Grab 1. Unter der humusſchicht verſchobene Quarzitplatten und Rollfteine, zwiſchen dieſem geringe Rejte von dem Skelett eines ausgewachſenen Menſchen, einige Seuerſteinſpäne und Scherben von einem dickwandigen gelblichgrauen Tongefäß.

Grab 2. An der Oberfläche Reſte von einer Steinpadung und einige Quarzitplatten, die zu einer zerſtörten Steinkiſte gehört haben können. Beſtattungsreſte wurden nicht bemerkt.

Grab 3. Etwa 20 cm unter der Erdoberfläche der obere Rand von zwei aufrecht und rechtwinklig zueinander geſetzten Quarzitplatten, umgeben von Steinpackung. Neben den beiden Platten ein Teil des aus kleinen dünnen Platten beſtehenden Bodenbelags der in früherer Zeit bereits aufgedeckten und durchſuchten Kiſte. Beſtattungsreſte fanden ſich nicht.

Grab 4. Eine von Steinpackung umgebene, länglich- viereckige, von Often nach Weiten gerichtete Kiſte aus Quarzitplatten. Die beiden Deckſteine lagen 50 cm unter der Ober— fläche, die weſtliche 40 em lang, 20 cm breit, bis 7 cm dick, die öſtliche 50 em lang und breit, bis 7 em dick. Don den vier Wandplatten find die nördliche und ſüdliche bis 60 cm lang und breit, bis 7 em dick, die weſtliche bis 40 em lang und bis 5 om dick, die öſtliche Schmalſeite beſteht aus einer 25 cm langen, bis 7 em dicken Platte und aus einer kleineren und dünneren Platte. Der Bodenbelag iſt aus mehreren dünnen platten zuſammen— geſetzt. Innenraum 60 cm lang, 20 em an der Weſtſeite, 50 em an der Oſtſeite breit, 40 em tief (Taf. VI, Abb. 21). Auf dem Bodenbelag der mit Sand angefüllten Kijte be— fand ſich ein ſehr mürbes, brüchiges, auf der rechten Seite liegendes, nach Süden gewen— detes Skelett eines Kindes, liegender Hocker, zu deſſen Füßen in der ſüdöſtlichen Ecke der Kifte auf dem Bodenpflaſter ein auf der Seitenwandung liegendes, mit der Mündung dicht an der ſüdlichen Platte gerichtetes, eingedrücktes Tongefäß, in dem ſich rötlicher grobkörniger und feiner gelblicher Sand befand (Taf. IV, Abb. 16 a).

Das wieder hergeſtellte, innen und außen hellbraune Tongefäß iſt ein Trichter— randbecher, ähnlich den beiden bei Neuenfeld (Kr. Prenzlau) in einer Sandgrube ge— fundenen Gefäßen (Schumann, Steinzeitgräber, S. 42 u. 45), höhe 12 cm, gr. Mündungs- durchmeſſer 14 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 25 mm, am Anſatz des geraden, ſtark ausgelegten Haljes in gleichen Abſtänden vier kleine warzenförmige Dorjprünge, Stärke der im Bruch ſchwarzgrauen, mit Steingrus durchſetzten Wandung in der Mitte 6 mm; nach dem Boden zu verläuft die Wandung ſpitzrund (Taf. IV, Abb. 16 b).

Grab 5. Eine von Steinpadung umgebene länglich-viereckige, von Oſten nach Weſten gerichtete Kiſte aus vier Seiten- und drei Deckplatten, mit einem Bodenbelag aus

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mehreren kleinen platten. Die aus Granit und Quarzit beſtehenden Deckplatten lagen 50 em unter der Erdoberfläche, die mittelſte aus Granit überdeckte die beiden anderen beiderſeits um 10 cm, fie ſind 65—70 em lang, 45—50 em breit, 10—20 cm dick, über den⸗ ſelben lagen noch mehrere kleine Steinplatten und Rollſteine aufgeſchichtet. Die ſüd— liche und nördliche Seitenplatte, beide aus hellgrauem Granit, find etwa 1 m lang, 50 cm breit, bis 20 em dick. Die öſtliche Schmalſeite aus Quarzit ijt 40 em lang, ebenſo breit, 8 cm dick, die weſtliche, aus hellgrauem Granit, iſt 45 em lang, 40 cm breit, 12 em dick. Die vier Wände der Kilte waren außen von großen, bis zu einem Jentner ſchweren, und kleineren Steinen umpadt (Taf. VI, Abb. 22). Auf dem Bodenbelag der bis zum Rand mit hellgelbem Sand angefüllten, im Lichten gemeſſen, bis 90 em langen, 35—40 cm breiten, 40—45 cm tiefen Kiſte befand fic) ein ſchon ſtark vergangenes, auf der rechten Seite liegendes, nach Süden gewendetes Skelett von einem ausgewachſenen Menſchen, ein liegender hocker. In der ſüdöſtlichen Ecke ſtand umgeſtülpt ein mit Sand gefülltes, einhenkliges Tongefäß, deſſen Rand gegen Norden auf den Sußknochen des Skeletts, gegen Südweſten auf einem länglichen flachen Stein ruhte, der henkel berührte die ſüdliche Wand (Taf. IV, Abb. 17 a).

Das innen und außen hellbraune, etwas beſchädigte Tongefäß, deſſen geglätteter Tonauftrag an einigen Stellen des oberen Teils durch kalkhaltige Beſtandteile des Bodens hellgrau inkruſtiert erſcheint, iſt ein einhenkliger Topf mit weiter Mündung. Von der verhältnismäßig kleinen, geraden Standfläche baucht ſich die Wandung ſtark aus, etwa bis zu zwei Drittel der Gefäßhöhe und verjüngt ſich dann wenig bis zu dem ſcharf abgeſetzten kurzen geraden Hals, der breite bandförmige henkel reicht von dem Rand bis unterhalb des Halsanſatzes. höhe 12 cm, gr. Durchmeſſer 16 em, Mündungsdurchmeſſer 13,5 cm, Durchmeſſer der Standfläche 6 cm, Breite des Henkels 3,5 em (Taf. IV, Abb. 17 b).

Der als Stüßplatte für den Rand des umgeſtülpten benteltopfes dienende flache, länglich geformte Stein, hellgrauer Quarzit, Länge 7 em, Breite 3,5 em, Dicke bis zu 15 mm, kann auch irgend eine Beigabe bedeutet haben (Taf. IV, Abb. 17 c).

Grab 6. Eine von Steinpadung umgebene, länglich-viereckige, von Often nach Weiten gerichtete hijte aus vier Seitenplatten, einer Deckplatte und einem aus mehreren dünnen Steinplatten, meiſtens Quarzit, zuſammengeſetzten Bodenbelag. Die aus röt— lichem Granit beſtehende, bis 90 em lange, 50 em breite, 10 om dicke Deckplatte lag 50 em unter der Erdoberfläche. Die nördliche und ſüdliche Längswand bilden Platten aus einem hellgrauen, geſchichteten Stein, 74 bzw. 75 em lang, ungefähr 40 cm breit, 20—15 em dick. Die öſtliche und weſtliche Schmalwand bilden Platten aus rötlichem Quarzit, 65 bzw. 68 em lang, 40 em (Taf. VI, Abb. 24, unten). Der Innenraum der mit Sand gefüllten RKiſte ijt bis 74 em lang, 28 em an der Oſtſeite, 20 em an der Weſtſeite breit, 27 cm tief. Auf den Bodenplatten befand ſich ein auf der rechten Seite liegendes, nach Süden gewendetes Skelett eines noch nicht ausgewachſenen Menſchen, ein liegender hocker. Beigaben wurden nicht bemerkt (Taf. V, Abb. 18).

Grab 7. Don geringer Steinpackung umgeben, eine faſt quadratiſch angelegte Kijte aus vier Seitenplatten, einer Deckplatte und einem Bodenpflaſter. Die Deckplatte aus grauem Granit, bis 60 em lang, 50 em breit, 25 em dick, lag mit der ebenen Släche auf dem etwa 60 cm unter der Erdoberfläche befindlichen Rand der Kilte. Don den vier Wand platten iſt die öſtliche aus rötlichem Quarzit, 55 cm lang, 40 cm breit, 5 cm dick, die weſtliche ebenfalls aus rötlichem Quarzit, 35 em lang und breit, 8 em dick, die nörd— liche aus hellgrauem Granit, 55 em lang und breit, 15 em dick, die ſüdliche wieder aus röt— lichem Quarzit, 55 em lang, 35 em breit, 8 em dick (Taf. VI, Abb. 25). Der Innenraum der mit gelblichem Sand gefüllten Kifte iſt 35 em lang, 25 em an der Oſtſeite, 28 cm an der Weſtſeite breit, 50—55 em tief. Auf dem aus mehreren dünnen Quarzitplatten be— ſtehenden Bodenbelag wurden Überreſte eines auf der Seite liegenden, nach Süden ge—

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wendeten Skeletts eines Kindes als liegender Hocker beigeſetzt, und auf den Fußknochen desſelben ein einhenkliges, mit Sand und kleinen Steinen gefülltes Tongefäß gefunden (Taf. V, Abb. 19 a).

Das innen und außen gelblich-braune, hellgrau überkruſtete Gefäß ſtand in der ſüdöſtlichen Ecke der Kilte, dicht an beiden Steinplatten, ſchräg nach der nordöſtlichen Ede geneigt, der henkel ruhte auf den Fußknochen. Das Gefäß hat eine ähnliche Sorm wie das in dem Kiftengrab 5 (Taf. IV, Abb. 17 b), doch ijt der breite, bandförmige Henkel weiter ausgezogen. Höhe 8,5 em, gr. Durchmeſſer 10 em, Mündungsdurchmeſſer 8 cm, Durchmeſſer der geraden Standfläche 5 cm, Henfelbreite 3 cm (Taf. V, Abb. 19 b).

Grab 8. Don mäßiger Steinpackung umgeben, eine von Nordoften nach Südweſten gerichtete, länglich-viereckige Kijte aus vier Seitenplatten, zwei Dedplatten und einem teil: weiſe vorhandenen Bodenbelag aus kleinen Steinplatten. Der Rand der Riſte liegt 50 cm unter der Erdoberfläche. Die ſüdweſtliche Deckplatte, anſcheinend Quarzit, iſt bis 70 em lang, 37 em breit, 12 cm dick, die nordöſtliche bis 60 cm lang, 45 cm breit, 15 cm dick. Die beiden Cängsplatten, hellgrauer Granit, find etwa 1 m lang, 70 cm breit, 15 em dick. Die Platte der ſüdweſtlichen Schmalſeite ijt 78 em lang, 60 em breit, 10 em dick, die der nord— öſtlichen 60 cm lang, 65 em breit, 8 cm did. Der Innenraum hat eine Lange von Im, eine Breite von 33 cm, eine Tiefe von 60 cm (Taf. VI, Abb. 24, oben). Auf dem Boden der mit Sand gefüllten Kiſte lagen die Reſte von einem nach Südoſten gewendeten, ſehr mürben und teilweiſe vergangenen Skelett einer ausgewachſenen Perſon, liegender Hocker (Taf. V, Abb. 20).

Grab 9. Don Steinpackung überdeckt und beſonders am Ubhang des Hügels durch ſtarke Steinſetzung geſtützt, zeigten ſich mehrere Quarzitplatten ſchräg gegeneinander, dachförmig geſtellt, unter zwei größeren Platten, 74 und 55 cm lang, 53 und 40 cm breit, befanden fic) im Sand auf einer 57 em langen, 30 cm breiten Quarzitplatte, 65 em unter der Erdoberfläche, die Reſte von einem zuſammengeſunkenen Skelett eines Kindes. Die Schädelſtücke lagen oben. Der ganze Knochenhaufen erſtreckte ſich auf etwa 25 cm im Geviert, neben demſelben lagen Scherben von einem braungrauen, unverzierten Ton— gefäß, deſſen Form nicht mehr ſicher erkennbar war.

Sudow (Kr. Tremplin).

In der Sudower Forſt, Jagen 11, wurden im Jahre 1907 bei dem Ausgraben von Steinen Bruchſtücke von einem unverbrannten Skelett eines ausgewachſenen Menſchen und ein bei dieſem vorhandenes Tongefäß gefunden und abgeliefert. Wahrſcheinlich ſind dieſe Fundſtücke einer Stein— plattenkiſte entnommen.

Der einhenklige, hellbraune, gut erhalten gebliebene Topf ijt 9 cm hoch, Mündungs— durchmeſſer 8 cm, gr. Durchmeſſer der Ausbauchung 10 em, Durchmeſſer der etwas ein gewölbten Standfläche 5 em. Der bandförmige, vom Gefäßrand bis zum Umbruch reichende, in der Mitte faſt rechtwinklig umgebogene Henkel iſt 4 cm breit. Das Gefäß hat im weſent— lichen dieſelbe Form wie die in den Quarzitplattenkiſten bei Bröllin und Wollſchow (Kr. Prenzlau) gefundenen einhenkligen Töpfe (Schumann, Steinzeitgräber, S. 10 u. 59). (Taf. V, Abb. 25.) .

Dapendorf (Kr. Prenzlau).

Auf der Feldmark des Bauernhofbeſitzers Jahnke wurde im Juni 1911 bei der Ackerbeſtellung eine Steinplattenkiſte berührt und aufgenommen. Die länglich⸗viereckige, von Nordoſten nach Südweſten gerichtete Riſte be— ſtand aus vier Seitenplatten, einer Deckplatte und einem Bodenbelag aus

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kleinen dünnen Steinſcherben. Die Deckplatte aus rötlichem Quarzit iſt bis 70 cm lang, 38 cm breit, 5 cm dick. Don den Wandplatten iſt die nordweſt— liche, rötlicher Quarzit, bis 73 cm lang, 54 cin breit, 10 cm dick, die ſüdöſt— liche, ebenfalls rötlicher Quarzit, von der ein größeres Stück abgeſpalten, aber bei dem Aufbau der Kijte wieder mitverwendet worden ijt, bis 73 cm lang, 58 cm breit, 12 cm dick, die nordöſtliche aus hellgrauem Kalkſtein bis 50 cm lang, 38 cm breit, 5 em dick, die ſüdweſtliche, rötlicher Quarzit, bis 52 cm lang, 40 cm breit, 12 cm did. Innenraum 65—68 cm lang, 35—40 cm breit, 40—50 cm tief (Taf. V, Abb. 26 a).

In der mit Erde angefüllten Kiſte befanden ſich die Uberrefte von einem ſehr miirben Skelett einer noch jugendlichen Perſon, in der Nähe des Schädels, von dem ein Stück ab— geliefert worden iſt, zwei aufeinander geſtellte, mit Sand gefüllte Tongefäße. Don dieſen iſt das eine bis auf geringe Beſchädigungen am Rande vollſtändig, von dem anderen iſt nur das Stück von der Wandung mit dem henkel abgeliefert worden. Beide Gefäße, außen rötlich-gelb mit ſchwarz-grauen Flecken, innen braun-grau, find anſcheinend von gleicher Form und Größe, es find einhenklige Töpfe in Form einer Taffe mit breitem, den Mündungsrand überragenden henkel. Die Wandung iſt in der Mitte ſtark aus— gebaucht, die Standfläche etwas eingewölbt. Hobe der erhalten gebliebenen Taſſe bis zum Mündungsrand 6,5 em, bis zum oberſten Rand des henkels 8 em, gr. Durchmeſſer in der Mitte 11 em, Durchmeſſer der Mündung 9 em, der Standfläche 5 em (Taf. V, Abb. 26 b u. c).

Die Steinplattenkiſte iſt auf dem Hof des Uckermärkiſchen Muſeums in Prenzlau wieder aufgeſetzt worden.

Menkin (Kr. Prenzlau).

Mit dem Dermerk „aus einem Steinkiſtengrab auf dem Sandfelde in der Randow bei Menkin“ iſt ein in dem vorgeſchichtlichen Nachlaß des im Jahre 1909 verſtorbenen Sanitätsrats hugo Schumann in Cöcknitz vorgefundenes, im Muſeum in Stettin befind— liches Tongefäß bezeichnet. Der innen graue, außen gelblich-graue, nur am Rand etwas beſchädigte einhenklige Topf hat faſt dieſelbe Form und Größe wie das in einer Quarzit— plattenkiſte des Gräberfeldes bei hammelſtall (Rr. Prenzlau) gefundene Gefäß (Schumann, Steinzeitgräber, S. 50, Steinkiſte II) höhe, 7 em, Durchmeſſer der flusbauchung 8 cm, der Mündung 7 em, der etwas eingewölbten Standfläche 4 em, Breite des Henkels 2,5 cm (Taf. VII, Abb. 27).

Flachgräber mit Skelettbeſtattung.

Melzow (Kr. Angermünde).

Auf der Kuppe eines etwa 500 m weitlich von dem Ausgang des Dorfes Melzow gelegenen, bis 40 m von dem Waſſerſpiegel des Ober-Uckerſees ſich erhebenden, von alters her unter dem Namen „Galgenberg“ bekannten Higels wurde im Auguſt 1907 an mehreren Stellen das Dorhandenſein gleichförmiger Steinſetzung feſtgeſtellt und eine eingehende Unterſuchung der ganzen, ovalgeformten hügelkuppe vorgenommen. Während auf der nördlichen Hälfte derſelben nur vereinzelt Überreſte von früher abgeräumten Steinpadungen zum Vorſchein kamen, konnten auf der ſüdlichen hälfte 6

13] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 45

unberührt gebliebene Slachgräber mit Skelettbeſtattung, liegende Hocker, auf: genommen werden. Die Gräber lagen in zwei Reihen, in jeder drei, von Oſten nach Weiten, in einem Abſtand von 3—8 m ausgerichtet (Taf. VII, Abb. 28).

Grab 1. Ungefähr 50 cm unter der Erdoberfläche lagen auf dem natür— lichen, mit Kies durchſetzten “Lehmboden, von Randſteinen umgeben und von einer Schicht kleiner Rollſteine pflaſterartig überwölbt drei Skelette, gleichweit, etwa 75 cm voneinander entfernt. Durchmeſſer der kreisförmigen Grabanlage 4 m (Taf. VII, Abb. 29).

A. Das Skelett einer ausgewachſenen Perſon lag auf der rechten Seite mit angezogenen Beinen und gebeugten Armen, das Geſicht nach Oſten ge— wendet, auf dem Schädel ein zentnerſchwerer Stein, auf der Bruſt eine Seuer- ſteinpfeilſpitze, 75 cm öſtlich von dem Skelett wurden ein Axthammer und in deſſen nächſter Umgebung Scherben von mehreren Tongefäßen, ſowie Feuerſteinſpäne noch innerhalb der Ramdjteine gefunden.

Die Beigaben:

Mehrere Scherben von einem becherförmigen, innen und außen rötlich-gelben Tongefäß, im Bruch hellgrau, auf dem oberen Teil ein flüchtig eingezogenes Ornament aus zickzack- oder bogenförmigen Streifen zwiſchen horizontal verlaufenden Streifen von je drei parallelen Linien gebildet. Die Gefäßwandung erhebt ſich von einer kleinen geraden Standfläche, baucht ſich nach der Mitte zu aus und geht dann allmählich in den etwas eingezogenen Hals über. höhe etwa 18 cm, gr. Durchmeſſer 14 cm, Mündungsdurchmeſſer 11 cm, Durchmeſſer der geraden Standfläche 6 em (Taf. VII, Abb. 50 a4).

Randſcherben von einem innen und außen hellgelbem Tongefäß, deſſen oberer Teil mit Streifen aus je vier tief eingezogenen Linien, zickzackförmigen zwiſchen horizontalen, verſehen iſt (Taf. VII, Abb. 30 e).

Randſcherben von einem vermutlich becherförmigen, innen und außen dunkel— braunen Tongefäß, auf dem etwas eingezogenen halſe desſelben mehrere übereinander angeordnete, horizontal verlaufende Streifen vertikaler Einkerbungen (Taf. VII, Abb. 50 f).

Randſcherben von einem innen und außen dunkelbraunen Congefap, deſſen oberer Teil mit einem Ornament in Schnurtechnik, hängende Dreiecksgruppen zwiſchen horizontal verlaufenden Streifen aus je vier Linien, verziert iſt (Taf. VII, Abb. 30 g).

Pfeilſpitze aus gelblich-grauem Seuerjtein, triangulär, mit bogenförmigem Aus= ſchnitt an der Baſis, gemuſchelt, Länge 25 mm, gr. Breite 19 mm, Dicke bis 3 mm (Taf. VII, Abb. 30 h).

Arthammer aus gelblich-grauem, ſerpentinartigen Geſtein, im Querſchnitt vier— eckig, mit abgerundeten Kanten, Bahnende verjüngt, unregelmäßig abgerundet, Schaft— loch koniſch. Länge 9,5 cm, gr. Breite am Schaftloch 3,5 em, gr. Dicke 2,5 em (Taf. VII, Abb. 30 i).

B. Das Skelett einer ausgewachſenen Perſon, in derſelben Haltung wie das vorige (A.), aber auf der linken Seite liegend, nach Weſten ge— wendet, auf der Bruſt ſechs Feuerſteinpfeilſpitzen zuſammengelegt, in der Nähe des Schädels ein zerdrücktes Tongefäß.

Die Beigaben:

UTongefäß, innen und außen gelblich-grau, mehr topf- als becherförmig, ähnlich den Gefäßen in einigen Flachgräbern von hammelſtall (Schumann, Steinzeitgräber, S. 31).

46 | J. O. v. d. Hagen. [14

Vier ſummetriſch gejtellte, horizontal durchbohrte Henkel reihen vom oberen Bauch bis in den hals hinauf. Am Oberbauch und hals ein flüchtig eingeſtrichenes Linienornament: unten ein Streifen aus vier parallelen Linien, an den vier henkeln unterbrochen, unter dem Gefäßrand ein Streifen aus zwei parallelen Linien, zwiſchen beiden Streifen ein aus vier Linien beſtehendes Zickzackband. Höhe 11 em, gr. Durchmeſſer 12,5 cm, Mündungs= durchmeſſer 10 cm, Durchmeſſer der abgeſetzten Standfläche 6 cm (Taf. VII, Abb. 31 a).

Sechs Pfeilſpitzen aus gelblich-grauem Seuerjtein, triangulär, von denen fünf mit bogenformigem Ausfchnitt an der Baſis verſehen find, gemuſchelt. Länge 25—33 mm, Breite 16—20 mm, Dicke 2—3 mm (Taf. VII, Abb. 31 b—g).

C. Skelett eines Kindes, nur in einigen Bruchſtücken erhalten, der Körper lag mit gebeugten Beinen auf der rechten Seite, das Geſicht nach Oſten gewendet. In der Umgebung des Schädels lagen eine Feuerſtein— pfeilſpitze und Bruchſtücke von zwei Tongefäßen.

Die Beigaben:

Tongefäß, innen und außen gelblichgrau, ein Teil des Oberbauches und Randes fehlt, in der Form ähnlich dem Becher aus Flachgrab 8 von hammelſtall (Schumann, Stein— zeitgräber, S. 35). Auf dem etwas eingezogenen hals ein ringsumlaufendes Ornament in Furchenſtich: ein aus ſechs Linien beſtehendes Zickzackband, oben und unten eingefaßt von je drei Linien. Der Becher konnte bis auf ein Drittel des oberen Teils wieder ber: geſtellt werden, vielleicht befand ſich an der Fehlſtelle urſprünglich ein Japfen. höhe 12,5 cm, Durchmeſſer der Ausbauhung 15 cm, Mündungsdurchmeſſer 15 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 6,5 em (Taf. VIII, Abb. 32 a).

Bodenſtück mit einem Teil der Wandung eines kleinen Tongefäßes, innen und außen braungrau, gr. Durchmeſſer der Ausbauchung etwa 9 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 5 cm (Taf. VIII, Abb. 32 b).

Pfeilſpitze aus gelblich-grauem Seuerftein, triangular, mit bogenförmigem klus— ſchnitt an der Baſis, gemuſchelt, Länge 30 mm, Breite 16 mm, Dicke bis 5 mm (Caf. VIII, Abb. 32 c).

Grab 2. Unter einem leicht gewölbten Pflaſter aus Rollſteinen lagen in einer, von Norden nach Süden gerichteten, ovalen Vertiefung im gewach— jenen Boden von 1,5 m Lange und Im Breite, in Sand gebettet, etwa 50 cm unter der Erdoberfläche, Bruchſtücke von einem Skelett, deſſen Lage nicht mehr deutlich erkennbar war, vermutlich ein liegender Hocker, bei demſelben ein im oberen Geil zerdrücktes Tongefäß, drei verſchiedene Tongefäßſcherben und eine Steinaxt.

Die Beigaben:

Tongefäß, innen und außen braungrau, becherförmig, der obere Teil fehlt. Don der abgeſetzten, geraden Standfläche baucht ſich die Gefäßwandung etwas nach der Mitte zu aus, um dann ſteil anzuſteigen. Dom Umbruch an nach oben iſt es mit ringsumlaufenden, übereinander angeordneten, horizontalen Punktreihen, von denen noch drei Reihen er— kennbar find, verſehen. Gr. Durchmeſſer 9 em, Durchmeſſer der Standfläche 6em (Taf. VIII, Abb 33 a). | Randſcherben von einem innen und außen hellgelben kleinen Tongefäß mit Schnurverzierung (Taf. VIII, Abb. 33 b).

Randſcherben von einem innen und außen gelblich-grauen Tongefäß mit urchen— ſtichverzierung (Taf. VIII, Abb. 33 c).

15] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 47

Randſcherben von einem kleinen, innen und außen hellbraunem Tongefäß mit Furchenſtichverzierung (Taf. VIII, Abb. 33 d).

Axthammer aus hellgelbem, feinkörnigen Geſtein, in der Form ähnlich dem bei Skelett A (Grab 1). Länge 11 em, gr. Breite am Schaftloch 4 cm, gr. Dicke 2,3 cm (Taf. VIII, Abb. 33 e).

Grab 3. Ungefähr 60 cm unter der Erdoberfläche in einer von ſtarken, bis zentnerſchweren Randjteinen eingefaßten, von Norden nach Süden gerich— teten, ovalen Vertiefung von 1,75 m Cänge und 1,20 m Breite auf einem Bodenpflaſter aus kleinen Steinen ein auf der rechten Seite liegendes, mit dem Geſicht nach Oſten gewendetes Skelett (Hocker). Das Skelett, deſſen Schädel von kleinen Steinen unterſtützt war, lag in Sand und Ries gebettet, überdeckt von einer Schicht kleiner Rollſteine (Taf. VIII, Abb. 34). An der Oſtſeite des Skeletts, etwa in der Mitte, fanden ſich wenige Scherben von einem kleinen, ornamentloſen, gelblich-grauen Tongefäß von unbeſtimm— barer Form. |

Grab 4. In einer ovalen, von Norden nach Süden gerichteten, mulden⸗ förmigen Bodenvertiefung lagen auf dem gewachſenen Boden, von Sand und einem Pflaſter aus Rollſteinen überdeckt, 50 em unter der Erdoberfläche, geringe Überreſte von einem mürben Skelett (liegenden Hocker). Beigaben wurden nicht bemerkt.

Grab 5. Ahnliche Grabanlage wie 4 mit einem auf der rechten Seite liegenden, mit dem Geſicht nach Oſten gewendeten Skelett (liegender Hocker) (Taf. VIII, Abb. 35). In der Nähe des Schädels lag ein zerdrücktes, ſehr mürbes, großes und dickwandiges Tongefäß, innen und außen rötlich— gelb, im Bruch ſchwarzgrau, von dem nur einige Scherben aus der Mitte der Wandung erhalten geblieben ſind.

Grab 6. Ahnliche Grabanlage wie vorher mit geringen Überreſten von einem Skelett in hockender Cage. Beigaben fanden ſich nicht.

Melzow (Kr. Angermünde).

Im Jagen 4 der Kal. Sorit, etwa 30 m ſüdlich von der in dieſem Jagen befindlichen, nur teilweiſe erhalten gebliebenen Steinblockkiſte (Taf. I, Abb. 2) liegt auf einer mäßig anſteigenden Bodenerhebung eine ſchon vor langer Zeit aufgenommene Grabſtätte, wahrſcheinlich ein ſteinzeitliches Slachgrab. Bei der im Jahre 1906 vorgenommenen Unterſuchung konnte nur noch eine von Norden nach Süden gerichtete, längliche, muldenförmige Dertiefung, etwa 2 m lang, 1,25 m breit, von Randſteinen eingefaßt und anſcheinend von den im Sande aufgehäuften und umherliegenden Rollſteinen pflaſter— artig überdeckt, feſtgeſtellt werden. Sfelettrejte wurden nicht gefunden, aber einige, außen gelblich-graue, innen dunkelgraue Tongefäßſcherben und ein kleiner Arthammer aus blaugrauem Geſtein mit breitem, unregel— mäßig abgerundetem Bahnende, koniſcher Durchbohrung und etwas ver— breitertem, ſtark abgenutzten Schneidenteil. Auf beiden Breitſeiten befinden

48 J. O. v. d. Hagen. [16

ſich Einritzungen, fie Jind auf der einen Seite ſparrenförmig angeordnet. Länge (urſprünglich) 6,5 cm, gr. Breite (oberhalb des Schaftloches) 3 em, gr. Dicke (am Schneidenteil) 2,7 em (Taf. VIII, Abb. 36).

Im Jagen 11, ungefähr 100 m öſtlich von den Überreſten eines Stein— kammergrabes (Taf. I, Abb. 5) wurde im Jahre 1906 auf einer länglichen, natürlichen Bodenerhebung ein ſchon früher aufgenommenes Flachgrab unter— ſucht. Zwiſchen den regellos aufgehäuften Steinen lagen zerſtreut geringe Uberrejte von ungebrannten Menſchenknochen, eine Feuerſteinaxt, Feuer— ſteinſpäne, ein zerdrücktes Tongefäß mit Schnurornament und Scherben mehrerer Tongefäße von ähnlicher Form und Derzierungsart wie die in den Flachgräbern bei hammelſtall (Kr. Prenzlau), (Schumann, Steinzeit— gräber, S. 30 u. f.).

Die Beigaben:

Becherförmiges, innen und außen gelblich-graues Tongefäß. Auf dem etwas eingezogenen Hals zwei in Abſtänden ringsumlaufende Bänder, ein breites oben, ein ſchmales unten, beide von je zwei Schnurlinien eingefaßt und durch Schnurlinien ſchräg ſchraffiert, auf der Schulter ringsumlaufend aneinander gereihte, von einer Schnurlinie eingefaßte und ebenſo durch Schnurlinien ſchräg ſchraffierte Dreiecke. höhe 15 em, gr. Durchmeſſer 15 cm, Mündungsweite 12 cm, Durchmeſſer der geraden Standfläche 6 cm (Taf. VIII, Abb. 37 a).

Scherben von einem Japfenbecher, innen und außen gelblich-grau, der obere Teil des Bechers iſt mit folgendem Ornament verſehen: unterhalb des Randes drei boris zontal verlaufende, eng aneinander gereihte, parallele Linien, unter dieſen zwei eben— ſolche, nur etwas weiter voneinander abſtehende Linien, deren Zwiſchenraum mit Schräg— ſtrichen ausgefüllt iſt, am Japfenanſatz unterbrochen, dann folgt ein aus vier Linien be— ſtehendes Zidzadband, unterhalb des Japfenanſatzes unterbrochen, an dieſes ſchließen ſich wieder zwei Horizontallinien, deren Zwiſchenraum durch ZSchrägſtriche ausgefüllt ijt, dann folgen zwei eng aneinander gereihte Horizontallinien und als bſchluß wieder zwei horizontallinien, deren Iwiſchenraum durch Schrägſtriche, in entgegengeſetzter Rich— tung wie die vorigen verlaufend, ausgefüllt iſt (Taf. VIII, Abb. 37 b).

Randicherben von einem kleinen Zapfenbecher, gelblich-grau, unterhalb des Randes drei horizontallinien, unter dieſen ein aus vier Linien beſtehendes Zickzackband, unterhalb des Zapfens ausgeſetzt, dann eine Sone von Schrägitrichen, oben und unten von je zwei Linien eingefaßt (Taf. VIII, Abb. 57 c).

Randjderben von einem becherförmigen Gefäß, außen hellgelb, innen hell— grau, unterhalb des Randes vier Horizontallinien, in der Mitte des halſes ein aus fünf Linien beſtehendes Zickzackband (Taf. VIII, Abb. 37d).

Scherben von der dem Boden eines Tongefäßes anliegenden Wandung, außen gelblich-grau, innen dunkelgrau, mit einem aus ſechs Linien beſtehenden, horizontal ver— laufenden Jickzackband, oben und unten eingefaßt von anſcheinend drei horizontallinien (Taf. VIII, Abb. 57 c).

Randſcherben von einem rötlich-gelbem Tongefäß, auf deſſen hals zwiſchen je drei Horizontallinien ein aus drei Reiben ſparrenförmig angeordneter Einſtriche be— ſtehendes Zidzadband läuft (Taf. VIII, Abb. 37 f).

Seuerjteinart, dicknackig, Querſchnitt länglich-viereckig, Breitſeiten etwas ge: wölbt, geſchliffen und gemuſchelt, Schmalſeiten größtenteils gemuſchelt, Nacken gemuſchelt und geſchliffen, an der einen Schmalſeite und am Schneidenteil beſchädigt, hellgrau, weiß—

17] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 49

gefleckt. Länge 93 mm, gr. Breite am leicht gewölbten Schneidenteil urſprünglich etwa 50 mm, Breite am Nacken 17 mm, gr. Dicke nahe am Bahnende 19 mm (Taf. VIII, Abb. 37 g).

Im Jagen 14 der Kgl. Forſt wurden im Jahre 1907 auf der Kuppe einer Bodenwelle Überreſte eines zerſtörten Flachgrabes gefunden. Unter der Steinpackung fanden fic) Scherben von einem Tongefäß und ein Axt⸗

hammer.

Das wieder hergeſtellte Gefäß iſt ein innen und außen gelblich-grauer Becher. Don der geraden Standfläche baucht ſich die Wandung ſtark aus und geht allmählich in den etwas eingezogenen hals über. Auf dem oberen Geil des Gefäßes befindet fic) ein ringsum— laufendes, aus ſieben Reihen von Schrägſtrichen tannenzweig- oder fiſchgrätenartig an⸗ geordnetes Ornament. höhe 17 em, gr. Durchmeſſer 15 em, Mündungsweite 11 em, Durchmeſſer der Standfläche 6 em (Taf. IX, Abb. 38 a).

Der Arthammer iſt gelblich⸗grau, weißgefleckt, vierkantig, Breitſeiten gewölbt, Schmalſeiten plan, Bahnende unregelmäßig abgerundet, Schaftloch koniſch. Länge 12 cm, gr. Breite an der Schneide 5,5 em, gr. Dicke am Schaftloch 5,5 em (Taf. IX, Abb. 38 b).

Im Jagen 19 der Kal. Forſt liegt etwa 40 m nord weſtlich von dem nach der Schmiedeberg-Melzower Straße führenden Holzabfuhrweg eine Sandgrube, in der beim Abfahren von Sand im Huguſt 1908 zwiſchen kleinen Steinen ein etwa 50 cm unter der Erdoberfläche liegendes Tongefäß, ſowie ein Stück von dem unteren Teil eines zweiten Tongefäßes zum Dorſchein kamen und abgeliefert wurden. In der Nähe der Gefäße ſollen auch Überreſte von menſchlichen Knochen gelegen haben, aber mit dem Sand auf den Wagen geladen und mit abgefahren worden ſein. Demgemäß kann hier ein Slachgrab mit Skelettbeſtattung vorhanden geweſen ſein.

Das bis auf einen Teil des Randes erhalten gebliebene, innen und außen gelb— lich⸗graue Tongefäß hat die Form einer im unteren Zeil ſtark ausgebauchten Daje mit zwei horizontal durchbohrten, bandförmigen, an den Außenjeiten eingewölbten Henteln, ähnlich dem in einem Flachgrab mit Leichenbrand von Dedelow (Kr. Prenzlau) gefun— denen Gefäß (Schumann, Steinzeitgräber, S. 16). Als Ornament befinden ſich auf dem hohen, etwas geſchweiften Hhalſe unmittelbar unter dem Rand vier ringsumlaufende Reihen von halbkreisförmigen Einſtichen, auf der Schulter, unterhalb der oberen henkelanſätze, eine Horizontallinie, dann zwei Reihen von halbkreisförmigen Einſtichen und unterhalb derſelben Gruppen von vertikal verlaufenden, breiten Furchenſtichlinien. höhe 11 cm, gr. Durchmeſſer 13 cm, Mündungsweite 7 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 5,5 cm (Taf. IX, Hbb. 39 a).

Der untere Teil des zweiten Tongefäßes iſt das Bodenſtück eines innen und außen rötlich⸗-gelben, ausgebauchten Gefäßes mit einer geraden Standfläche von 5 cm Durchmeſſer (Taf. IX, Abb. 39 b).

Im Jagen 30 der Kal. Forſt waren die Fundumſtände ähnlich wie im Jagen 14. Zwiſchen und unter den Rollſteinen lagen Scherben von ver— ſchiedenen Tongefäßen und Bruchſtücke von Steinwerkzeugen:

UTongefäß, wieder hergeſtellt, amphorenförmig, innen gelblich, außen rötlich-gelb, der Tonauftrag an einigen Stellen inkruſtiert. Von einer kleinen geraden Standfläche baucht ſich die Gefäßwandung bis zur halben höhe des Gefäßes ſtark aus und verjüngt ſich dann bis zu dem ſcharf abgeſetzten, ſteil anſteigenden, nur wenig eingezogenen, kurzen

Mannus, Bd. VII. h. 1/2. 4

50 J. O. v d. Hagen. [18

Hals. In dem Winkel zwiſchen Hals und Bauch befinden ſich zwei bandförmige, an der Hußenſeite etwas eingewölbte, horizontal durchbohrte Henkel, jeder mit zwei, bis zur Mitte des Bauches ſchräg verlaufenden, plaſtiſchen Sortjaken. höhe 17,5 em, gr. Durch— meſſer 17 cm, Mündungsweite 8 em, Durchmeſſer der Standfläche 5 em (Taf. IX, Abb. 40 a). Äbnliche Gefäßformen bei einer Hoderbeitattung von Gr. Tſchernoſeck in Nordböhmen und unter den ſpätneolithiſchen Grabgefäßen von Teplig-Schönau, ſowie Hundisburg (Kr. Neuhaldensleben). (Mannus I, S. 193, Sig. 5 u. 199, Sig. 16, II, S. 71 u. 72, Abb. 42).

Randſcherben, gelblich-grau, dicht unter dem Rande eine Reihe von Dertie- fungen, kreisförmigen Einſtichen (Taf. IX, Abb. 40 b).

Randſcherben mit ähnlichem Ornament, die Vertiefungen haben die Form von Dreiecken (Taf. IX, Abb. 40 c).

Randſcherben mit einem aus kurzen, gewellten Vertikalſtrichen beſtehenden Streifen, dicht unter dem Rand (Taf. IX, Abb. 40 d).

Oberer Teil eines Arthammers mit abgeſetztem, flach gewölbten Kopf, dunkel⸗ grau, Breitſeiten flach eingewölbt, Schmalſeiten gewölbt, Schaftloch zulindriſch. Länge des Bruchſtücks 5 em, gr. Breite am Schaftloch 5,5 em, Durchmeſſer der Kopfplatte 3,5 em (Taf. IX, Abb. 40 e).

Bahnende einer Art aus hellgrauem Geſtein. Länge des Bruchſtücks 5 em, gr. Breite an der Bruchſtelle 3,5 em, gr. Dicke 2,5 em (Taf. IX, Abb. 40 f). |

Schmiedeberg (Kr. Angermünde). Forſtgrundſtück.

Grab 1. Ungefähr 25 m ſüdlich von der Einmündung des von Schmiede: berg nach Stegelitz führenden Wegs in die zum Kittergut Schmiedeberg ge— hörende Forſt liegt am Rande eines 80 jährigen Riefernbeſtandes auf einer mäßigen Bodenerhebung eine durch die an dem öſtlichen und ſüdlichen Ab— hang noch vorhandenen, halbkreisförmig liegenden 2—4 Zentner ſchweren Steinblöcke kenntliche Grabſtätte. Dieſe ijt vermutlich ſchon bei der Hufforſtung vor 80 Jahren durchſucht worden. Bei der im Jahre 1906 angeſtellten Nach— forſchung war die Mitte der Anhöhe mit regellos aufgehäuften Rollſteinen bedeckt, unter den Steinen, etwa 50 cm tief, lagen auf dem natürlichen Cehm— boden Überreſte von unverbrannten Menſchenknochen, einige Feuerſtein— ſpäne und Scherben von mehreren Tongefäßen. Dem Befund nach waren dieſe Reſte des Grabinventars nach erfolgter Aufnahme der Grabſtätte auf einen haufen geworfen und mit Erde und Steinen bedeckt worden.

Tongefäßreſte:

Mehrere Scherben von einem, innen und außen dunkelgrauen mit zwei Henfeln verſehenen, ausgebauchten Gefäß, deſſen größter Durchmeſſer 12—15 em betragen haben kann, anſcheinend eine Kugelamphore mit Schnurornament. Das Ornament beſteht aus zwei unterhalb des Halsanſatzes laufenden horizontalen Schnurlinien, von denen Grup— pen vertikaler, in Punkten endigender Schnurlinien nach unten abgehen. Unterhalb der Henkelanſätze befinden ſich mehrere halbkreisförmig angeordnete Schnurlinien (Taf. IX, Abb 41 a u. b).

Scherben von einem dickwandigen, innen gelblich-, außen braun-grauen Tongefäß mit mehreren, in Abjtänden übereinander angeordneten horizontalen Streifen aus je zwei Reihen halbkreisförmiger Einſtiche (Taf. IX, Abb. 4] c).

Scherben von einem innen und außen gelblich-grauen Tongefäß mit mehreren

in Abjtanden übereinander angeordneten horizontal verlaufenden Streifen aus je drei Reihen, im Derband geſetzter, kreuzförmiger Eindrücke (Taf. IX, Abb. 41 d).

19] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 51

Scherben von einem innen und außen gelblich⸗grauen Tongefäß mit vertikalen, tief eingezogenen, breiten Surchenftichlinien (Taf. IX, Abb. 41 e).

Scherben von einem innen gelblich-grauen, außen rötlich-gelben Tongefäß mit einer anſcheinend horizontalen Leijte, auf der ſich in Abjtanden nebeneinander halbſchräge Eindrücke befinden (Taf. IX, Abb. 41 f).

Grab 2. Auf einer 40 m ſüdlich von Grab 1 gelegenen, bis 1 m an- jteigenden, ſandigen Bodenwelle von urſprünglich 36 m Umfang der nord⸗ weſtliche Teil derjelben war vor der im Jahre 1906 erfolgten Unterſuchung diejer Stelle zu wirtſchaftlichen Zwecken abgefahren worden lagerte eine ſtarke Steinpadung. Etwa 2 m weſtlich von der Mitte derſelben fanden fic, überdeckt von einer Schicht Rollſteine, im Sand Überreſte von einem ſehr mürben, bröckeligen Skelett eines ausgewachſenen Menſchen, anſcheinend ein liegender hocker. In der Nähe der Oberſchenkel ſtand etwas ſchräg ein mit Sand gefülltes, einhenkliges Tongefäß, auf demſelben und daneben lagen Knochen und Zähne vom Elch und Wildſchwein. In der Nähe des Schädels befand ſich ein zu Scherben zerdrücktes zweihenkliges Tongefäß. Bei der Aufnahme der Steinpackung kamen noch mehrere Scherben von verſchiedenen, ornamentierten Tongefäßen zum Dorſchein.

Das einhenklige, innen und außen gleichmäßig dunkelgraue, an der einen Seite der oberen hälfte und am Rande beſchädigte Tongefäß hat die Form eines ausgebauchten, niedrigen, im unteren Teil halbkugeligen, mit einer ſchwach eingedrückten Bodendelle verſehenen Topfes. Der breite, bandförmige henkel reicht von der Ausbaudyungsmitte bis zu dem Rand des kurzen, ſcharf abgeſetzten, ſteil anſteigenden halſes. Die Tonmaſſe iſt reichlich mit zerkleinerten Granitbroden durchſetzt. höhe 9 em, Durchmeſſer der Aus= bauchung 15 em, der Mündung 15 em (Caf. X, Abb. 42 a).

Das zweihenklige, innen und außen hellgraue, aus den Scherben wieder hergeſtellte Tongefäß hat die Sorm einer Terrine mit hohem, etwas eingezogenen hals, unterhalb des Halsanjages zwei in einer Entfernung von 8 em nebeneinander angebrachte, ſchräg aufwärts gerichtete, vertikal durchbohrte Zapfen, deren oberer Rand halbrund ausge— ſchnitten iſt. Als Ornament befinden ſich auf dem Halle drei, oberhalb der Zapfen unter: brochene, horizontal laufende Bänder im Rautenſtichmuſter, das unterſte ijt etwas breiter als die beiden höher liegenden, auf der Schulter läuft, nur zwiſchen den beiden Zapfen, ein ebenſo ausgeführtes Horizontalband in derſelben Breite wie die der beiden oberen Halsbänder. Höhe 14 em, Bauchdurchmeſſer 20,5 cm, Mündungsweite 18 und 19 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 8 em (Taf. X, Abb. 42 b).

Scherben von einem dickwandigen, innen hellgrauen, außen hellbraunen Tongefäß mit einer ſchwachen Horizontalleijte (Taf. X, Abb. 42 c u. d).

Scherben von einem innen und außen rötlich-gelben, dickwandigen Tongefäß mit tief eingezogenen horizontalen Jurchenſtichlinien (Taf. X, Abb. 42 e).

Scherben von einem innen und außen hellgrauen Tongefäß mit Gruppen verti— kaler Furchenſtichlinien, unterhalb derſelben eine horizontale Reihe von Dreiecken, deren jedes aus drei Winkelſtichen gebildet iſt (Taf. X, Abb. 42 f).

Scherben eines innen hellgelben, außen hellgrauen Tongefäßes mit dicht anein— ander geſetzten horizontalen Winkelſtichreihen, unterbrochen von zwei horizontalen Reihen, im Verband geſetzter Dreiecksgruppen, jedes aus drei Winkelſtichen gebildet (Taf. X, Abb. 42 g). |

4*

52 J. O. v. d. Hagen. [20

Scherben von einem innen und außen ledergelben Tongefäß mit vertikalen breiten, flachen Furchenſtichlinien und horizontalen Winkelſtichreihen (Taf. X, Abb. 42 h).

Grab 3. Auf einer Anhöhe, 50 m nördlich von Grab 1, wurde im Jahre 1906 ein zerſtörtes Slachgrab gefunden. Zwiſchen der Steinpadung lagen einige Scherben von einem grauen Tongefäß und eine Canzenſpitze aus Seuerſtein. Skelettreſte fanden ſich nicht.

Das Tongefäß war, wie ſich aus einem Randſcherben erſehen läßt, mit Bän— dern aus rautenförmig geſtellten Winkelſtichreihen verziert (Taf. X, Abb. 45 a).

Die Canzenſpitze iſt im ganzen hellgrau, an der Spitze und an der Schaftlage dunkler, gemuſchelt und gedengelt, 12,5 em lang, 57 mm breit und bis 5 mm dick (Taf. X, Abb. 43 b).

Grab 4. Auf einer ſandigen Bodenerhebung, etwa 60 m nordweſt— lich von Grab 3, liegt der Reit einer Steinpadung, die vermutlich einem zer— ſtörten Slachgrabe angehört hat.

Es fanden ſich Scherben von einem innen grauen, außen gelblich-grauen Tongefäß von der Form eines geſchweiften Bechers mit abgeſetzter, unten eingewölbter Stand— fläche, am oberen Teil ein von dem Übergang der Husbauchung in den hals bis zum Mün— dungsrand reichendes Ornament, beſtehend aus 9 oder 10 ringsumlaufenden, dicht anein— ander geſetzten, horizontalen Strichreihen nach Urt von Sichtennadeln oder Fiſchgräten, abwechſelnd ſchrägrechts und ſchräglinks gerichtet. höhe des zuſammengeſetzten Bechers ungefähr 24 cm, gr. Durchmeſſer 16 cm, Mündungsweite 15 em, Durchmeſſer der Stand— fläche 8 em (Taf. X, Abb. 44).

Grab 5. Ungefähr 30 m nordweftlid von Grab 4 lagen unter und neben dem Keſt einer Steinpackung

Scherben von einer innen und außen rotbraunen, graugefleckten Rugelamphore, die zu einem vermutlich hier angelegten, zerſtörten Slachgrab gehört haben kann. Am Übergang des ſteil anſteigenden Halfes zur Laibung befinden ſich zwei bandförmige, 20 bis 25 mm breite henkel, auf dem hals drei, oberhalb der henkelanſätze unterbrochene Horizontalbänder im Rautenſtichmuſter. Das oberſte Band ijt ſchmaler als das mittelſte; das unterſte, in derſelben Breite wie das mittelſte, läuft nach dem halsanſatz zu noch in gleichſeitige, hängende, ebenſo gemuſterte Dreiecke aus. Eine horizontalreihe von ſolchen, eng aneinandergeſetzten Dreiecken ziert die Gefäßſchulter. höhe der wieder hergeſtellten Amphore 29 cm, gr. Durchmeſſer der Laibung 25 em, Mündungsweite 9 cm (Taf. X, Abb. 45).

Schmiedeberg (Kr. Angermünde). Sandgrube.

In der zum Rittergut Schmiedeberg gehörenden Sandgrube, weſtlich von dem an der Forſt entlang führenden Wege von Schmiedeberg nach Wil— mersdorf, fanden ſich beim Abgraben und Abfahren von Sand wiederholt ſteinzeitliche Tongefäßreſte, von einigen Rollſteinen umgeben, durchſchnitt— lich 50 em unter der humusdecke, vermutlich Beſtandteile von Sladygräbern. Skelettreſte find angeblich nicht bemerkt worden. Aus den an drei ver— ſchiedenen, etwa 2—3 m voneinander entfernt gelegenen Stellen gefundenen und abgelieferten Scherben ließen ſich folgende drei Tongefäße zuſammenſetzen.

Becherförmiges Tongefäß, innen und außen rötlich-gelb, ſchwach gebrannt, die im Bruch graue Wandung 4—5 cm ſtark. Auf dem etwas eingezogenen Hals befindet

21] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 53

ſich zwiſchen zwei, aus mehreren horizontalen, kammſtrichartig, ſchwach eingezogenen Linien beſtehenden Streifen ein in derſelben Art hergeſtelltes Zidzadband, ein gleiches läuft auf der Schulter des Gefäßes. Höhe 12 em, gr. Durchmeſſer der Ausbaudung 10,5 em, Mündungsweite 9,5 cm, Durchmeſſer der geraden Standfläche 6,5 em (Taf. XI, Abb. 46).

Becherförmiges Tongefäß, innen und außen gelblich-grau, auf dem nach der Mündung zu etwas ausladenden Halje ſieben Horizontallinien in Schnurtechnik. Höhe 12 cm, gr. Durchmeſſer der Laibung 8 em, Mündungsweite 8,5 em, Durchmeſſer der ge— raden Standfläche 5 cm (Taf. XI, Abb. 47).

Umphorenförmiges Tongefäß, innen und außen rötlich-gelb, graugefleckt. Von einer kleinen, geraden Standfläche baucht ſich die Caibung bis zur Mitte des Gefäßes ſtark aus, biegt dann ziemlich ſchroff um und verjüngt ſich bis zu dem gerade aufgeſetzten, nach der Mündung zu etwas ausladenden halſe. In dem Winkel zwiſchen Hals und Bauch ſitzen zwei kleine, horizontal durchbohrte henkel, jeder mit zwei ſchwachen, ſchräg nach unten verlaufenden plaſtiſchen Fortſätzen, wie auf dem amphorenförmigen Tongefäß aus dem Slachgrabe im Jagen 30 der Kgl. Forſt bei Melzow (Taf. IX, Abb. 40 a), Hobe 17 em, gr. Durchmeſſer 17 em, Mündungsweite 9 cm, Durchmeſſer der Standfläche 7,5 cm, Stärke der Wandung in der Gefäßmitte 5—6 mm, im Boden 10 mm (Taf. XI, Abb. 48).

Sudow (Kr. Templin). Forſtgrundſtück.

Grab 1. Im Jagen 4 der Sudower Forſt liegt 15 m öſtlich von dem die Ortſchaften Wilmersdorf und Melzow verbindenden Wege in der Nähe des Schnittpunktes dieſes Weges mit der Grenzlinie zwiſchen der Kal. Gram- zower Forſt und der Suckower Sorjt der Reit einer Steinpackung, vermut- lich zu einem zerſtörten Flachgrab gehörend.

Bei der im September 1910 angeſtellten Unterſuchung dieſer Stelle lagen zwiſchen den Steinen Scherben von einem kleinen, innen und außen hellgrauen, 8—10 em hohen Tongefäß, auf deſſen etwas eingezogenen Hals zwiſchen oben drei, unten vier hori— zontallinien ein aus zwei Linien gebildetes Zidzadband läuft. Die Linien find furchen—

ſtichartig tief eingezogen (Taf. XI, Abb. 49 a).

Innerhalb derſelben Steinpackung lag noch ein Scherben von einem, innen und außen rötlich-gelben Tongefäß mit mehreren Winkelſtichreihen (Taf. XI, Abb. 49 b).

Grab 2. Ungefähr 175 m ſüdlich von Grab 1 liegt 7 m weſtlich von demſelben Verbindungsweg Wilmersdorf-Melzow ein von Norden nach Süden gerichteter, länglicher Steinpackungshügel, bis 16 m lang, 8 m breit, 1 m hod), von ſtarken, 1—2 Zentner ſchweren Randiteinen eingefaßt; nach der Mitte zu beſteht die Steinpadung aus kopf- bis fauſtgroßen Rollſteinen. In der Mitte des Hügels befand fic) eine von allen Seiten mit Steinen umgebene Sandſchicht (Taf. XI, Abb. 50 a u. b). Die Aufnahme der anſcheinend noch unberührten, muldenförmig, bis zu 1,75 m von der hügeloberfläche in den natürlichen Sandboden vertieft angelegten Grabſtätte erfolgte im September 1910 von der Mitte der Oſtſeite aus.

Etwa 2 m weſtlich von dem äußerſten Rand der Steinpadung lagen in einer Tiefe von Im zwiſchen Steinen Scherben eines rötlich-gelben, graugefleckten, unverzierten Ton— gefäßes. Weiter nach Weiten zu, 1 m von dieſen Scherben entfernt, ſtand ebenſo tief, etwas ſchräg ein zuſammengedrückter, mit Sand gefüllter, zweihenkliger, kurzhalſiger, gelblich⸗grauer Topf. höhe desſelben 8 em, gr. Durchmeſſer 8 cm, Mündungsweite 7 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 4—5 cm (Taf. XII, Abb. 5 a).

54 J. O. v. d. Hagen. [22

Die in der Mitte der Steinpadung befindliche Sandſchicht war annähernd 2 m lang, 1 m breit, 60— 70 em hoch. Der rötlich-gelbe Sand zeigte an einigen Stellen dunklere Färbung. Dermutlich war die Beſtattung in dieſer Sandſchicht erfolgt; Skelettreſte ließen ſich nicht mehr nachweiſen.

Faſt 2 m nordweſtlich von dem henkeltopf ſteckten zwiſchen den Steinen der Packung, 80 cm unter der hügeloberfläche zwei Arthammer und eine kleine Seuerfteinart. Der größere, grünlich-graue Arthammer, mit vielen, über der ganzen Oberfläche, auch in der zyulindriſchen Durchbohrung verbreiteten, größtenteils länglich-viereckigen, gelblich-weißen Einſprengungen, iſt 15 em lang, bis 4,5 em breit und 3,5 em dick (Taf. XII, Abb. 51 b). Der kleinere Uxthammer, blaugrau, weißgefleckt, war der Länge nach ſchräg durch das zulindriſche Schaftloch geſpalten, 9,5 cm lang, am Schneidenteil 3,8 em breit, am Schaft— loch 4 em dick (Taf. XII, Abb. 51). Die Seuerſteinaxt iſt hellgrau, an den Breit- und Schmalſeiten geſchliffen, nur wenig gemuſchelt, 6,5 cm lang, am Schneidenteil faſt 2 em breit und oberhalb der Mitte 1,5 em dick (Taf. XII, Abb. 51d).

Südlich von den drei Steinäxten, in einer Entfernung von 1,5 m, lagen einige un— verzierte hellgraue Tongefäßſcherben, und 50 em ſüdlich von dieſen ſtand zwiſchen Steinen ſchräg nach Weiten geneigt, 1 m tief, ein mit Sand gefülltes, gut erhaltenes, röt— lich⸗gelbes napfförmiges Tongefäß. höhe 8 cm, Mündungsweite 12 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 7 cm (Taf. XII, Abb. 51e). Weiter ſüdlich, von dem Napf etwa 2 m entfernt, lag auch noch innerhalb der Steinpadung, 1 m tief, ein zuſammengedrücktes, mit Sand gefülltes, gelblich-graues becherförmiges Tongefäß mit einem tannen— zweig⸗ oder fiſchgrätenartigen Ornament auf dem eingezogenen hals, ganz ähnlich dem Ornament auf dem Becher des Slachgrabes im Jagen 14 der Kgl. Sorſt bei Melzow (Taf. IX, Abb. 38a). höhe 18 cm, gr. Durchmeſſer der Ausbaudyung 14 cm, Mündungs— weite 13 cm, Durchmeſſer der abgelegten, geraden Standfläche 7 cm (Taf. XII, Abb. 51 f).

Röpersdorf (Kr. Prenzlau).

Im Februar 1905 wurden in der dem Aderbürger Lindow gehörenden Kiesgrube bei Röpersdorf beim Aufladen von Abraum zwiſchen Steinen Bruchſtücke von einem, vermutlich einem Flachgrabe angehörenden Tongefäß gefunden und dem Uckermärkiſchen Muſeum überwieſen. Don Sfelettrejten an dieſer Stelle iſt angeblich nichts bemerkt worden.

Das wieder hergeſtellte Gefäß iſt ein Zapfenbecher von rötlich-gelber Farbe und trägt auf dem etwas eingezogenen Hals ein flüchtig eingeſtrichenes Linienornament, bes ſtehend aus einem von 6—8 Linien gebildeten, ringsumlaufenden, nur durch den Japfen— anſatz unterbrochenen Zickzackband zwiſchen zwei Streifen aus je 5—6 Linien. höhe 8 cm, gr. Durchmeſſer 7,5 em, Mündungsweite 8 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 5,5 em (Taf. XII, Abb. 52).

Wittſtock (Kr. Prenzlau).

Im Oktober 1905 fanden einige mit Aufladen von Ries beſchäftigte Arbeiter auf der Gutsfeldmark ein etwa 50 em unter der Erdoberfläche liegendes, mit Sand gefülltes, durch einen Tondeckel verſchloſſenes Tongefäß und in der Umgebung desſelben unverbrannte menſchliche Knochen. Das Gefäß wurde abgeliefert und gelangte in das Uckermärkiſche Muſeum, die Stelettrejte blieben zurück und gingen verloren; eine {pater angeſtellte Nach— forſchung über den Verbleib derſelben war erfolglos.

Das Gefäß hat die Form eines gehenkelten Bechers, es ijt an der Oberfläche innen und außen gelblich-grau, ſchwarzgefleckt, im Bruch grau, die Tonmaſſe iſt mit

32] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Udermarf. 55

kleinen Quarzſtücken und Glimmerblättchen, die an der Oberfläche ſichtbar find, durchſetzt. Ein Stück von der oberen Hälfte des Gefäßes und ein Teil des Deckeltandes fehlen. Don der geraden Standfläche baucht ſich die Gefäßwandung nach der Mitte zu ein wenig aus und geht allmählich in den etwas eingezogenen hals über. Diefer ijt mit 11 Reihen von Schnureindrüden verziert. Das Ornament iſt an der Anjabjtelle des einen, erhalten geblie- benen Henkels unterbrochen. Vermutlich befand fic) an der gegenüberliegenden, ausge— brochenen Wandung ein zweiter, gleichförmiger henkel. höhe 12 em, gr. Durchmeſſer und Mündungsweite 9 cm. Durchmeſſer der Standfläche 5 cm (Taf. XII, Abb. 55 a). Der flache, ſtöpfelförmige Deckel mit erhöhtem, ausladenden Rande iſt von derſelben Tonmaſſe und Farbe wie der Becher. Durchmeſſer des Deckels 6,7 em, Randhöhe 1 cm. Die ODeckelſcheibe ijt in der Nähe des Randes durchlocht; vielleicht befand ſich an dem gegen— überliegenden, abgebrochenen Stück des Deckels ebenſolches Loch, entſprechend dem zweiten, anzunehmenden henkel. Die Löcher in der Deckelſcheibe dienten offenbar zur Verbindung des Deckels mit dem Gefäß vermittelſt einer durch dieſelben laufenden, an den Henfeldjen befeſtigten Schnur, an der auch das Gefäß getragen oder aufgehängt werden konnte (Taf. XII, Abb. 55 b). Der Becher mit dem Deckel ijt aufgeführt und abgebildet worden in dem im Jahre 1909 herausgegebenen Derzeichnis der Sammlungen des Uckerm. Muf. u. Geſch. Der. S. 29.

Wollſchow (Kr. Prenzlau).

Auf dem Grundſtück des Bauerhofbeſitzers Klempnow wurden im Jahre 1908 bei der Ackerbeſtellung Flachgräber mit Sfelettbejtattung berührt und aufgenommen. Don dieſen Gräbern gelangten Bruchſtücke von zwei

Tongefäßen und drei Steinhämmer in das Uckermärkiſche Muſeum. Tongefäße.

a) Zapfenbecher, wieder hergeſtellt, innen und außen dunkelgrau. Auf dem Halje ein flüchtig eingezogenes Linienornament, beſtehend aus einem Zick— band zwiſchen horizontalen Streifen. höhe 8,5 em, gr. Durchmeſſer der Lai— bung 8,5 em, Mündungsweite 9 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 6,5 em (Taf. XII, Abb. 54 a).

b) Teile von der Laibung und dem Boden eines becherförmigen Gefäßes, innen grau, außen rötlich-gelb, auf dem etwas eingezogenen Halle ein aus Gruppen von horizontalen und ſparrenförmig angeordneten Linien, ſo— wie von vertikalen Punttreihen beſtehendes Ornament. Höhe etwa 12 bis 15 cm, gr. Durchmeſſer 14 cm, Durchmeſſer der etwas eingewölbten Stand— fläche 6 cm (Taf. XII, Abb. 54 b).

Steinhämmer.

a) Arthammer, hellgelb, graugefleckt, vierkantig, mit Facetten, verjüngtes, abgeſtumpftes Bahnende, koniſche Durchbohrung, Schneidenteil nach hinten verbreitert. Länge 13 em, gr. Breite am Schneidenteil 3 cm, gr. Dicke am Schaftloch 3,5 cm (Taf. XIII, Abb. 55 a).

c) Axthammer, hellgrau, vierkantig, verjüngtes Bahnende, koniſche Durch— bohrung, ſtark verwittert. Länge ungefähr 10 em (Taf. XIII, Abb. 55 b).

c) Arthammer, braungrau, vierkantig mit abgerundeten Kanten, ſtark ver— jüngtes, gratförmiges Bahnende, koniſche Durchbohrung. Länge 12 om, Breite 3 em, gr. Dicke unterhalb des hoch angeſetzten Schaftloches 3,7 cm (Taf. XIII, Abb. 55 c).

Trampe (Kr. Prenzlau). Auf dem „Tramper Berg“ fanden Arbeiter beim Husbeſſern von Wegen im Schlemmſand an verſchiedenen Stellen Tongefäße und Steinaxthämmer,

56 | J. O. v. d. Hagen. [24

die von dem Zimmermeijter Rooſch in Brüſſow erworben wurden. Den

Sundumjtänden nach kann es ſich um Beigaben aus Sladygräbern mit Sfelett-

beitattung handeln. Angeblich befand ſich bei einzelnen Tongefäßen je

ein Steinhammer, doch ließ ſich nicht mehr ermitteln, wie die Gefäße und

Hammer zuſammengehörten. Skelettreſte ſollen nicht bemerkt worden fein. Tongefäße.

a) Zapfenbeder, innen grau, außen rötlich-gelb, auf dem hals zwiſchen je zwei horizontalen Linien, deren Zwiſchenraum ſchräg geſtrichelt iſt, ein aus fünf Linien gebildetes Zidzadband. Der obere Linienſtreifen iſt durch den Zapfen unterbrochen, das Zidzadband läuft unterhalb des Japfens weiter, iſt hier aber horizontal gelegt. Das im Furchenſtich ausgeführte Ornament ſchließt nach unten mit einer Reihe eingeſtochener Punkte ab. höhe 10 em, gr. Durchmeſſer 11 em, Mündungsweite 12 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 6,5 em (Taf. XIII, Abb. 56 a).

b) Becherförmiges, gelblich-graues Gefäß ohne Ornament, am Rande etwas beſchädigt. höhe und Durchmeſſer der Ausbauchung 6 cm, Mündungs— weite 6,5 cm, Durchmeſſer der geraden Standfläche 4 cm (Taf. XIII, Abb. 56b).

c) Schalen- oder napfförmiges Gefäß, gelblich-grau, an der einen Seite, vom Rande abwärts ein Stück ausgebrochen. höhe 11 cm, Mündungsweite 19 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 6,5 em (Taf. XIII, Abb. 56c).

d) Zapfenbecder, innen grau, außen rötlich-gelb, auf dem hals zwiſchen zwei

horizontal verlaufenden, aus je vier Linien beſtehenden Streifen befinden ſich Gruppen von je drei vertikalen Linien. Das ſeicht eingezogene Orna— ment iſt oben und unten von einer Reihe punktförmiger Vertiefungen ein— gefaßt. Der obere Linienſtreifen iſt durch den 1,5 em abſtehenden, an der Baſis 2,5 em breiten Zapfen unterbrochen, unterhalb desſelben befinden ſich noch fünf von ſolchen punktförmigen Dertiefungen. höhe und Durchmeſſer der Ausbaudyung 12 cm, Mündungsweite 12,5 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 6 cm (Taf. XIII, Abb. 56 d).

Bruchſtück eines hellgelben, graugefleckten Bechers, auf dem Hals zwiſchen oben und unten je zwei horizontalen Punktreihen ein aus ſechs Punktreihen beſtehendes Zidzadband. höhe 9 em, gr. Durchmeſſer und Mündungsweite 8 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 4,5 em (Taf. XIII, Abb. 56 e).

) Zapfenbecher, braungrau, auf dem hals zwiſchen zwei aus je drei hori— zontalen Linien beſtehenden Streifen ein durch den Zapfen unterbrochenes Zickzackband aus vier Linien. höhe 10 cm, gr. Durchmeſſer und Mündungs= weite 15 em, Durchmeſſer der geraden Standfläche 7,5 em (Taf. XIII, Abb. 56 f).

Arthammer.

a) Dunkelgrau mit gelblichen Sleden, vierkantig mit {tart verjüngtem, abgerun— deten Bahnende und koniſcher Durchbohrung. Länge 14 cm, Breite 4 cm, gr. Dicke am Schaftloch 5,5 em (Taf. XIII, Abb. 57 a).

b) Grünlich⸗-grau mit wenigen gelblich-weißen Flecken, vierkantig mit verjüngtem, abgerundeten Bahnende, an der einen Breitſeite ein Stück abgeſprungen, koniſche Durchbohrung. Länge 11 em, gr. Breite 3,5 em, gr. Dicke am Schaft— loch 4,5 em (Caf. XIII, Abb. 57 p).

c) hellgrau, vierkantig mit verjüngtem, abgerundeten Bahnende, die Außen- fläche verwittert, zulindriſche Durchbohrung. Länge 11 em, gr. Breite an der Schneide 2,5 em, gr. Dicke am Schaftloch 3,7 em (Taf. XIII, Abb. 57 c).

D

25] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 57

d) hellgrau, vierfantig mit abgerundetem Bahnende und koniſcher Durchbohrung. Länge 9 cm, gr. Breite 2 cm, gr. Dicke am Schaftloch 5 cm (Taf. XIII, Abb. 57 d).

heinrichshof bei Stramehl (Kr. Prenzlau).

Auf einer Bergkuppe wurden beim Abfahren von Kies Sladygräber mit Skelettbeſtattung berührt. Don den Sundftüden gelangten zwei Stein hammer, die bei je einem Skelett an der rechten Seite, in der Nähe des Beckens gelegen haben jollen, in den Beſitz des Jimmermeiſters Koojd in Brüſſow.

a) Arthammer, hellgrau, ſchwarzgefleckt, vierkantig mit abgerundeten Kanten, an der Vorderſeite ein ſchwacher Mittelgrat, zulindriſche Durchbohrung, Schneidenteil nach hinten verbreitert, Bahnende abgerundet. Lange 14,5 em, gr. Breite an der Schneide 3,5 cm, gr. Dicke am Schaftloch 4 cm (Taf. XIII, Abb. 58 a).

b) Axthammer, dunkelgrau mit hellgrauen Flecken, vierkantig, die Kanten etwas abgerundet, Durchbohrung zulindriſch, Bahnende flach. Länge 10,5 em, gr. Breite 3 cm, gr. Dicke 4 em (Taf. XIII, Abb. 58 b).

Brüſſow (Kr. prenzlau).

Huf dem in der Nähe der Menkiner Grenze gelegenen Aera des Rentenguts= beſitzers Wolff wurde ein becherförmiges, unverziertes, innen graues, außen hellgelbes Tongefäß gefunden und an den Zimmermeiſter Koofd) in Brüſſow abgeliefert. Das gut erhaltene Gefäß kann nach den Fundumſtänden aus einem Flachgrabe mit Skelett- beſtattung herrühren. höhe 9,5 em, Durchmeſſer der Ausbaudung 9 em, Mündungs— weite 11,5 cm, Durchmeſſer der etwas eingewölbten Standfläche 4,5 cm (Taf. XIV, Abb. 59).

Slachgräber mit Leichenbrand.

Slieth (Kr. Templin).

Auf dem Grundftüd des Bauerhofbeſitzers Paul William in Slieth wurde im September 1906 an derjelben Stelle, wo ſchon im Juli 1903 Slach- gräber mit Leichenbrand. in größerer Anzahl aufgededt worden waren (Schumann, Steinzeitgräber d. U., S. 19 u. f.), eine damals nicht gefundene, unberührt gebliebene Grabſtätte bemerkt und freigelegt. Dieſe lag nörd— lich von dem auf dem Lageplan im Text S. 21 als „Ustrina“ bezeichneten Stelle. Unter der humusſchicht befand ſich ein von ſtarker Steinpackung eingefaßtes, ovales, 2 m langes, 1,5 m breites, horizontales Pflaſter aus Rolliteinen, unter dieſem eine 20—30 cm ſtarke Schicht dunkelgrauer, teil— weiſe ſchwarzer Erde und dann wieder ein Steinpflaſter von derſelben Hus— dehnung wie das höher gelegene. Unter dem zweiten Pflaſter lagen an zwei, etwa 30 cm voneinander entfernten Stellen auf dem natürlichen, aus an— geſchwemmtem Sand und Ries beſtehenden Erdboden, von ſchwarzer Erde umgeben, zuſammengehäuft durcheinander Scherben von verſchiedenen Ton— gefäßen, mit und ohne Ornamente, gebrannte Menſchen- und Tierfnochen, Arte, Meißel und Meſſer aus Feuerſtein mit vielen Riſſen und infolge von Brand auch ausgeplatzten Stellen. Die Einwirkung des Feuers ijt bei einem großen Teil der Tongefäßſcherben nicht zu verkennen.

58 J. O. v. d. Hagen. 26

Tongefäße:

Scherben von einem großen rotbraunen Gefäß, Wandſtärke 5 mm, an dem einen Scherben ein 15 mm vorſtehender, halbrunder Japfen.

Bodenſtücke von einem großen Gefäß, Durchmeſſer der Standfläche 12 em, 3iegel- rote Farbe, an verſchiedenen Stellen grau.

Scherben von einem ebenſo ziegelroten, graugefleckten, napfförmigen Gefäß, Durchmeſſer der Standfläche 8 em, zwei horizontal durchbohrte henkel, 1 cm unterhalb des Randes angeſetzt.

Miniatur-Tongefäß, terrinenförmig, am Umbruch ringsumlaufend ſchwache, buckelförmige Erhebungen, infolge ſtarken Brandes grau und etwas deformiert. höhe 5 cm, gr. Durchmeſſer 6 cm, Mündungsweite 5,5 em, Durchmeſſer der geraden Stand— fläche 2,5 cm (Taf. XIV, Abb. 60 a).

Randſcherben, blaugrau, Wandſtärke 5 mm, unterhalb des Randes zwei Reihen Rautenjti und darunter Winkelſtichgruppen mit eingeſchloſſenen Rauten (Taf. XIV, Abb. 60 b).

Scherben von einem kleinen, innen grauen, außen hellbraunen Gefäß, Wand— ſtärke 4 mm, mit Zickzackbändern aus je drei eingezogenen Linien und Winkelſtichreihen (Taf. XIV, Abb. 60 c).

Scherben von einem großen, innen grauen, außen hellbraunen Gefäß, Wand— ſtärke 6—7 mm, als Ornament unterbrochene Winkelſtichreihen (Taf. XIV, Abb. 60 d).

Scherben von einem großen, braungrauen Gefäß, Wandſtärke 10 mm, mit tief eingezogenen, ein Zickzack- und Rautenmuſter bildenden Linien, in der Mitte des Scherbens zwei mit einem Hohlſtab tief eingedrückte kreisförmige Vertiefungen (Taf. XIV, Abb. 60 e).

Scherben von einem großen, dickwandigen Gefäß, blaugrau, Wandſtärke 8 mm mit tief eingezogenen, ein Zickzackband bildenden Linien (Taf. XIV, Abb. 60 f).

Scherben von einem großen hellbraunen Gefäß von der Sorm einer Kugel- amphore, ein Randſcherben davon, Wandſtärke 3-5 mm, mit Rautenjtihbändern (Taf. XIV, Abb. 60 g), Scherben von der Caibung, Wandſtärke 6—7 mm, mit folgendem Ornament: am halsanſatz zwei horizontallinien, unterhalb derſelben drei Winkelſtichbänder und dann drei gekerbte Zickzackbänder, am Unterbauch Gruppen von vertikalen Linien, die Bänder find unterbrochen, der Zwiſchenraum ijt mit einem vertikal verlaufenden Bande aus horizontalen Winkelſtichreihen ausgefüllt (Taf. XIV, Abb. 60 h), ein henkelſtück, 4 cm breit, auf der Außenjeite horizontale Winkelſtichbänder (Taf. XIV, Abb. 60 i).

Steinwertzeuge.

Art aus Sandſtein, hellgrau, vierkantig mit verjüngtem, abgerundeten Bahn— ende, die Breitſeiten etwas gewölbt, am unteren Teil mehrere Stücke abgeſprungen. Lange 13 cm, gr. Breite 4 cm, gr. Dicke 2,5 cm (Taf. XIV, Abb. 60 k).

Feuerſteinaxt, hellgrau, didnadig, Querſchnitt länglich-viereckig, die etwas ge— wölbten Breitſeiten geſchliffen, die Schmaljeiten nur wenig gemuſchelt. Schneidenteil und Bahnende fehlen, auch ſonſt, namentlich im unteren Teil des Steingeräts zeigen ſich zahlreiche, durch Seuereinwirfung ausgeplatzte Stellen und entſtandene Rijje. Urſprüng— liche Länge 16—17 cm, gr. Breite 6 em, gr. Dicke nahe am Bahnende 3 cm (Taf. XIV, Abb. 60 J).

hellgraue Seuerjteinart, breitnackig, Querſchnitt länglich-viereckig, Breitſeiten geſchliffen, wenig gemuſchelt, Schmaljeiten anſcheinend nur gemuſchelt. Die Art iſt in der Mitte zerſprungen, an vielen Stellen Riſſe und Beſchädigungen. Länge 13 cm, gr. Breite 3,5 cm, gr. Dicke nahe am Bahnende 2 cm (Taf. NIV, Abb. 60 m).

hellgraue Seuerfteinart, breitnadig, Querſchnitt länglich-viereckig, geſchliffen und gemuſchelt, durch Brand ſtark angegriffen. Lange 10—11 cm, gr. Breite 4 cm, gr. Dicke 1 cm (Taf. XIV, Abb. 60 n).

27] Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. 59

Jeuerſteinaxt von derjelben Farbe und Form wie die vorbezeichnete, das Bahn— ende fehlt, an mehreren Stellen ausgeplatzt und riſſig. Länge 11—12 cm, gr. Breite 3 em, gr. Dicke 1 cm (Taf. XIV, Abb. 60 o).

Bruchſtücke von verſchiedenen im Feuer geſprungenen hell- und dunkelgrauen Seuerjteinärten.

Seuerjteinmejfer und -[pane.

Melzow (Kr. Angermünde), Kgl. Sorit, Jagen 55.

Auf dem weltlichen Abhang einer im Jagen 55 der zur Kgl. Oberförſterei Gramzow gehörigen Forſt, in der Nähe des Dorfes Melzow gelegenen An- höhe wurden im Jahre 1906 die Überreſte von fünf, etwa 1—2 m von: einander entfernt angelegten Steinpackungen feſtgeſtellt und aufgenommen. Die kreisförmige Packung vertiefte ſich allmählich nach der Mitte zu bis auf 1m. Unter der letzten Schicht Rollſteine lagen auf dem natürlichen, lehmigen Boden zerſtreut gebrannte menſchliche Knochen, Ajche mit verkohlten Hol3- teilen, Tongefäßſcherben und zerſprungene Steinwerkzeuge mit ſtarken Brand— ſpuren.

Grab 1, etwa 15 m weſtlich von der Mitte der Anhöhe. Scherben von zwei großen, gelblich-grauen Tongefäßen in Form von Näpfen und Terrinen mit bandförmigen Henfeln, ohne Ornamente. Wandſtärke 5—8 mm.

Randſcherben, rötlich-gelb, mit Zapfen. Wandſtärke 5 mm.

Randſcherben, außen gelblich-grau, innen hellgrau, auf der Innenſeite dicht unter dem Rande ein aus drei breiten Furchenſtichlinien beſtehendes Zidzadband. Wand— ſtärke bis 5 mm (Taf. XV, Abb. 61 a).

Randſcherben, rötlich⸗gelb, unterhalb des Randes gekerbte ZJickzackbänder. Wand— ſtärke 4mm (Taf. XV, Abb. 61 b).

Randſcherben, rötlich-gelb, unterhalb des Randes zwei aus je vier Furchen— ſtichlinien gebildete Jickzackbänder mit eingeſchloſſenen Rautenflächen. Wandſtärke 4 mm (Taf. XV, Abb. 61 c).

Scherben, außen rötlich-⸗gelb, innen hellgrau, tief eingeſtochene, horizontal ver: laufende Reihen von dreiedsförmigen Einſtichen, die unteren Reihen unterbrochen, von denen vertikal gerichtete, breite Furchenſtichlinien abgehen. Wandſtärke 8 mm (Taf. XV, Abb. 61d).

Scherben von der Laibung eines ausgebauchten Gefäßes, außen und innen röt— lich⸗gelb, von einer horizontal verlaufenden breiten Surchenſtichlinie gehen abwärts Gruppen von ſolchen. Wandſtärke 6 mm (Taf. XV, Abb. 61 e).

Scherben von einem gelblich-grauen Gefäß mit folgendem Ornament: oben ein horizontal verlaufendes Jickzackband aus mehreren tief eingezogenen Furchenſtichlinien, unten eine Horizontallinie, von der nach oben dicht aneinander gereihte, ſchraffierte Drei— ede, nach unten Gruppen von Dertitallinien abgehen. Das untere Ornament ijt in breiten Jurchenſtichlinien ausgeführt. Wandſtärke 3 mm (Taf. XV, Abb. 61 f).

Scherben von einem gelblich-grauen Gefäß mit einer Reihe ſchraffierter Drei— ecke. Wandſtärke 3 mm (Taf. XV, Abb. 61 g).

Art aus gelblich⸗grauem, ſerpentinartigen Geſtein, geſchliffen, vierkantig mit ver— jüngtem, unregelmäßig abgerundeten Bahnende, die Breitſeiten leicht gewölbt, im unteren Teil, nach der Schneide zu, ungleichmäßig gewölbt verlaufend, in fünf Stücke zerſchlagen

60 J. O. v. d. hagen. Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. [28

vorgefunden. Urſprüngliche Länge 19,5 em, Breite an der Schneide 6,5 em, gr. Dicke 4,5 em (Taf. XV, Abb. 61 h).

Grab 2.

Scherben von einem gelblich-grauen, gehenkelten Gefäß, Wandſtärke 4 mm.

henkelſtück von einem gelblich-grauen Gefäß, Wandſtärke 4—6 cm. Don dem breiten, bandförmigen Henkel verlaufen ſchräg nach unten zwei plaſtiſche Sortſätze, zwiſchen dieſen ein aus mehreren tief eingezogenen Linien beſtehendes Jickzackband, auf der Laibung vertikale, tief eingezogene Linien (Taf. XVI, Abb. 62 a).

Randſcherben von einem gelblich-grauen Gefäß mit zwei Zickzackbändern, beſtehend aus je vier breiten Furchenſtichlinien. Wandſtärke 4 mm (Taf. XVI, Abb. 62 b).

Randſcherben eines hellgrauen Gefäßes, nahe am Rande zwei Reihen Winkel— ſtiche, unterhalb Gruppen von Winkelſtichreihen zu hängenden, im Derband angeſetzten Dreiecken zuſammengefügt. Wandſtärke 4 mm (Taf. XVI, Abb. 62 c).

Scherben von einem rötlich-gelben Gefäß mit Winkelſtichreihen zwiſchen Hori— zontallinien, Wandſtärke 5 mm (Taf. XVI, Abb. 62 d).

Scherben von einem gelblich-roten Gefäß mit Winkelſtichreihen, horizontal, vertikal und ſchräg verlaufenden tief eingezogenen Linien. Wandſtärke bis 6 mm (Taf. XVI, Abb. 62 e).

Scherben von einem gelblich-grauen, amphorenförmigen Gefäß. Unterhalb des durch eine Horizontallinie markierten Halsanjages zwei Bänder aus je drei Reihen kreuzförmiger Stempeleindrücke, von denen Gruppen von vertikalen Linien abgehen. Wandſtärke 3—4 mm (Taf. XVI, Abb. 62 f).

Scherben eines grauen Gefäßes mit horizontal und vertikal verlaufenden Bändern aus kreuzförmigen Stempeleindrüden. Wandſtärke 4 mm (Taf. XVI, Abb. 62 g).

Art aus gelblich-grauem, ſerpentinartigen Geſtein, geſchliffen, vierkantig mit ver: jüngtem Bahnende, die Breitſeiten leicht gewölbt. Das Gerät wurde in 6—7 Stücke zer— ſchlagen vorgefunden. Urſprüngliche Länge 16 em, gr. Breite 4,5 em, gr. Dicke 3,5 cm (Taf. XVI, Abb. 62 h).

Grab 3.

Scherben von einem großen, dickwandigen, rötlich-gelben, amphorenförmigen Gefäß, vom Feuer ſtark angegriffen, als Ornament Gruppen von vertikalen Furchenſtich— linien.

Grab 4.

Scherben von einem ähnlichen Gefäß wie in Grab 3. Das Ornament beſteht aus kreisförmigen Vertiefungen, unterhalb derſelben aus einer Horizontalreihe von recht— eckigen Eindrücken in Surchenſtichmanier, dann folgen drei Horizontalreihen wellenförmiger Einſtriche und unter dieſen Gruppen vertikal verlaufender Linien. Wandſtärke 6 mm (Taf. XVI, Abb. 65).

Scherben von einem großen, napfförmigen, rötlich-gelben Gefäß. Wandſtärke bis 8 mm.

Scherben von einem großen, terrinenförmigen, gelblich-grauen Gefäß. Wand— ſtärke bis 9 mm.

Grab 5.

Scherben von einem großen terrinenförmigen, hellgrauen, mit benteln ver- ſehenen Gefäß.

Mannus Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel I.

e

90 ; a ae

3 Diakftab 1: 25 000

\ Abb. 1. Lageplan zu dem Steinkammergrab in der Suckower Forſt, Jagen 12.

Grundriß des Steinkammergrabes iu der Sudower Forlt, Jagen 12.

SO Maß tab 1:80

Abb. 5. Grundriß von dem Reſtbeſtand des Steinkammergrabes bei Melzow in der Königl. Forft, Jagen 11.

Makita’ 1: 80 Abb. 6.

Grundriß von der offenen Steinblockkiſte bei Melzow, Königl. Forſt, Jagen 5.

Abb. 9 Grundriß von der zerſtörten

Stein blocktiſte bei Melzow Königl. Forft, Jagen 4.

c

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Beigaben a—d vermutlich aus der zerſtörten Steinblocktiſte bei Melzow, Königl. Forſt, Jagen +.

von der hagen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. Curt Habitzſch. Rol. Unive Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel III.

ERS

Abb. 11.

Grundriß der Steinblockk iſte bei Schmiedeberg auf dem Eichberg in der Forft.

Beigaben a—g aus der Ste inblockkiſte bei Schmiedeberg

auf dem Eichberg in der Forſt.

Abb. 14.

Die Steinplattenkiſte bei Stolzenhagen.

a) Die geöffnete Kiſte mit den beiden

Skeletten in den angeblich vor⸗ gefundenen Lagen.

b) Der freigelegte Rand der Kiſte.

Grundriß.

in Schmiedeberg am Algaſt.

von der hagen, Neuere Sunde von Steinzeit gräbern in der Uckermark. Curt Mabitzſch, kal. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel IV.

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S Mafftab 1: 200 Abb. 15. Lageplan der Steinplattentiften auf der Anhöhe im Jagen 5 der Königl. Forſt bei Melzow.

Grab 4 im Jagen 5 der Königl. Forſt bei Melzow.

Abb. 17. Grab 5 im Jagen 5 der Königl. Forſt bei Melzow.

von der Jagen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. Curt Habitzſch, Rol. Univ. Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Jeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII.

Abb. 18. Grab 6 im Jagen 5 der Königl. Fort | bei Melzow.

Grab 7 im Jagen 5 der Königl. Forft bei Melzoww.

Steinplattenkiſte bei Papendorf.

von der Hagen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark.

Tafel V.

Abb. 25.

Beigabe aus einem Skelettgrab (wahrſcheinlich Steinplattenkiſte) im Jagen 11 der Suckower Forſt.

bei Melzow.

Curt Kabitzſch, kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Dorgeſchichte. Bd. VII. Tafel VI.

Abb. 22. Abb. 24. Steinplattenkiſte 5. Melzow, Kal. Forſt, Jagen 5. Steinplattenkiſte 6 (unten) und 8 (oben). Melz o w Kal. Sorjt, Jagen 5.

von der hagen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. Curt Kabitzich hal id, Derlaysbudh., Würzburg.

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Mannus, Jeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII.

Abb. 27. Tongefäß ans einer Steinplattenkiſte auf dem Sandfelde in der Randow bei Menkin.

Abb. 29. Lage der drei Skelette AB C in dem Flachgrabe 1 auf dem Galgenberg bei Melzoww.

Beigaben a—g zu Skelett B in Grab 1 Galgenberg bei Melzow.

von der hagen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark.

Tafel VII.

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Flachgrabe 1 auf dem Galgenberg bei Melzow.

Abb. 30. Beigaben a—i zu Skelett A in de

ge 4,

Curt Kabitzſch, Ral, Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. . Tafel VIII.

5 1. c "le Abb. 32, Beigaben a— zu Skelett C in Grab 1 Galgenberg bei Melzow. Beigaben a—e aus Grab 2 Galgenberg bei Melzow.

Abb. 36. Beigabe aus einem Flachgrab (7) im Jagen 4 der Königl. Forſt bei Melzow.

Abb. 34. Lage des Skeletts in Grab 3

Galgenberg bei Melzow. Lage des Skeletts in Grab 5

Galgenberg bei Melzow.

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Beigaben a—g aus dem Flachgrab im Jagen 11 der Königl. Forſt bei Melzow.

von der hagen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. Curt Kaibtzſch, kg. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

Mannus, Zeitſchrift für Dorgeſchichte. Bd. VII. Tafel IX.

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N Abb. 38. Beigaben a- aus dem Flachgrab im Jagen 14 der Königl. Forſt bei Melzow.

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Abb. 39. Abb. 40.

Tontefäß und Gefäßbodenftüd Beigabe aus dem Flach *

grab im Jagen 30 aus dem Flachgrab im Jagen 19 der Königl. Forſt bei Melzow. der Königl. Forft bei Melzow.

Scherben a—t aus dem Flachgrab 1 in der Forſt bei Schmiedeberg.

von der agen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. Curt Habitzſch, kal. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

Mannus, Jeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel X.

1

Abb. 42. Tongefäße und Scherben a—h aus dem Flachgrab 2 in der Forſt bei Schmiedeberg.

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Lanzenſpitze und Tongefäßſcherben aus dem Flachgrab 3 in der Forſt bei Schmiedeberg.

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Abb. 45. Kugelamphore aus dem Flachgrab 5 in der Forſt bei Schmiedeberg.

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Abb. 44. Tongefäßreſte aus dem Flachgrab 4 in der Forſt bei Schmiedeberg.

don der hagen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. Curt Kabitzſch, kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

Mannus, Zeitſchrift für Dorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XI.

46 Abb. 46—48.

Tongefäße, wahrſcheinlich Beigaben aus Flachgräbern, in der Sandgrube 48 te an der Forft zu Schmiedeberg.

Abb. 49. Tongefäßſcherben a—b aus dem zerftörten

Flachgrab 1 im Jagen 4 der Forft zu Suckow.

Abb. 50. a und d Grundriß und Profil von dem Flachgrab 2 im Jagen 4 der Forſt zu Suckow.

von der hagen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. Curt Mabitzſch, kRgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte.

Bd. VII.

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Beigaben a—f aus dem Flachgrab 2 im Jagen 4 der Forſt zu Sudow.

Zapſenbecher aus der Kiesgrube 1,

bei Nöpersdorf.

von der Hagen, Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark.

Abb. 53.

Tongefäß mit Deckel aus dem Flachgrab

bei Wittstock.

Abb. 54.

Zapfenbecher (a) und Scherben von

Tafel XII.

einem Tongefäß (b) aus Flachgräbern

bei Wolchow.

Curt Kabitzſch, kal. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

Mannus, Jeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XIII.

2 . Abb. 55.

Axthämmer a—c aus Flachgräbern bei Wolchow.

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Abb. 56. Tongefäße a—f aus Flachgräbern auf dem Tramper Berg.

Abb. 57. Axthämmer a—d aus Flachgräbern auf dem Tramper Berg.

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pb . Abb. 58. : 1. Axthämmer a und b aus Flachgräbern bei Heinrichshof.

von der Hagen, Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. Curt KHabitzſch, kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Jeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XIV.

Abb. 59.

Tongefäß aus einem Flachgrab bei Brüſſow.

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Abb. 60. Beigaben a—o aus einem Fladgrab mit Leichenbrand bei Flieth.

von der Hagen, Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermork. Curt Kabitzſch,. kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Tafel XV.

Bd. VII.

Mannus, Jeitſchrift für Vorgeſchichte.

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Curt Habitzſch, kal. Univ.⸗Derlagsbuchh., Würzburg.

don der Hagen, neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XVI.

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Beigaben a—h aus Grab 2 im Jagen 55 der Königl. Forſt bei Melzow.

Abb. 63. Scherben aus Grab 4 im Jagen 55 der Königl. Forſt bei Melzow.

don der fia gen, Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark. Curt Kabitzſch, Kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Das Kivikdenkmal”.

Deutungsverſuch von Juſt Bing, Bergen (Norwegen). mit 11 Tertabbildungen.

I. Das Grab und feine Bilder.

Wer das Kivitgrabmal im öſtlichen Schonen beſucht hat, der hat von den Umgebungen des alten Denkmals ficher einen tiefen Eindruck. Es liegt am Rande eines herrlichen Eichenwaldes und überſchaut das weite Meer und das nahe Dorf, ein einſtöckiges Idyll. Hier tit der Friede der Vorzeit ungeſtört. Der Bahnhof liegt eine halbe Meile entfernt, der Weg zum Dorfe kann von keinem Automobil befahren werden, und der Hafen läßt ſich von keinem Dampfſchiff anlaufen. Pferd und Segel ſind hier die Beförderungs- mittel wie vor tauſend Jahren. Das moderne Schirmdach des alten Grabes zeigt allein die neue Zeit an. Doch hier find die Schutzmittel vonnöten ge— weſen. Denn zwei von den acht alten Platten ſind verloren, glücklicherweiſe ſind fie im 18. Jahrhundert von Sven Lagerbring abgebildet worden. Und von den übrigen find zwei arg mitgenommen, auf der einen Nr. 5 find die Bilder ganz verſchwunden, auf der anderen Nr. 2 ſehen wir ein bemanntes Schiff, aber die Bilder oberhalb ſind verwittert.

Das Grab gehört nach den Beſtimmungen der Urchäologen der zweiten Periode des Bronzealters an etwa 1600 v. Chr. Die Bilderplatten ſtanden vier an jeder Langjeite des Grabes. Als erſtes Bild der einen Reihe der linken, wenn man ſich ſüdwärts gegen den Wald kehrt ſteht jetzt das oben- genannte Schiff (Nr. 2). Dann folgt in zwei Wiederholungen, die von einem doppelten Zickzackbande getrennt ſind, ein Pferdepaar, oben einander folgend, unten gegeneinander gekehrt (Nr. 5: Abb. 4). Dann kommt als letztes Bild der 1) Für ſprachliche Bearbeitung des Aufjakes ijt Derf. herrn Prof. Koſſinna dankbar verpflichtet.

62 Bult Bing. [2

Reihe zwei Sonnen, von Zidzadbändern umgeben (Nr. 4: Abb. 2). Doch urſprünglich ſtand vor dieſen als erſtes Bild der Reihe eine Platte, die wir jetzt nur durch die alte Zeichnung kennen und die mehrere Zeichen enthielt. In der Mitte war ein Kegel oder eine Pyramide, darunter ein leeres Schiff, an beiden Seiten zwei Speerſpitzen und zwei Beile (Nr. 1: Abb. 5).

Don den Bildern der gegenüberſtehenden Reihe ſind die auf Nr. 5 verwittert. Dann folgen auf Nr. 6 (Abb. 3) wieder zwei Sonnen, aber jede Sonne hat hier einen Mond über ſich. Die zwei letzten Platten, Nr. 7 und die verlorene Nr. 8, die wir durch die alte Zeichnung kennen, ſind aber ganz anderer Art. Sie haben nicht nur Bilder von Gegenſtänden, ſondern von Auftritten. Auf Nr. 7 (Abb. 9) ſehen wir in der Mitte das Pferdepaar gegeneinander gekehrt, oben fährt ein Wagen mit zwei Pferden und voran ſchreiten vier Männer, der eine trägt ein Schwert oder einen Stab. Unten ſehen wir einen Mann mit einem Viereck in der gehobenen Hand, ihm folgen acht Geſtalten, die ich nicht näher beſchreiben will, weil ich ſpäter beweiſen werde, daß ſie Frauen oder in Srauentracht gekleidete find. Auf der ver: lorenen Nr. 8 (Abb. 10) kehren einige von dieſen Gruppen wieder. Die acht in Frauentracht gekleideten ſtehen im Mittelfeld, je vier und vier auf beiden Seiten von etwas, das Nilsſon wohl mit Recht für einen Opferkeſſel hält. Die vier Männer, von denen der eine ein nach oben gerichtetes Schwert oder einen Stab trägt, finden wir in der unterſten Reihe zweimal wieder. Sie ſtehen da vor manneshohen hufeiſenähnlichen Gegenſtänden, deren offene Seite den Männern zugekehrt iſt. Oben finden wir den Mann mit dem Viereck. Er ſteht vor zwei Lurenblajern. Vor ihm ſtreckt ein Mann die Hände aus gegen einen großen Ring. Und in dem Ringe ſtehen zwei Männer, ſie faſſen einen Bügel an, deſſen beiden Enden von runden Klößen beſchwert ſind. Die Mitte des Bügels ruht auf einem Pfahl.

II. Deutungsverſuch: die Götterzeichen.

Die Deutung der oben beſchriebenen Bilder will ich hier im EUnſchluß an meine Derjuche, die Seljenzeichnungen von Bohuslän zu erklären, mit Berückſichtigung aller möglichen Unterſchiede unternehmen. Natürlich müſſen wir annehmen, daß die Erſcheinungen auf den beiden Gruppen von Felſen— zeichnungen im allgemeinen dieſelben ſind, doch dürfen wir nicht erwarten, daß fie mathematiſch genau übereinſtinmen. Es find gewiß verſchiedene germaniſche Stämme, die in Schonen und in Bohuslän gewohnt haben. Und wenn ihr Götterglaube im weſentlichen derſelbe ijt, mag er in einzelnen Zügen verſchieden ſein. Den Götterglauben machen wir hier ſo wie in Bohuslän zu unſerem Husgangspunkt. Die Gegenſtände, die auf der Reihe Nr. 1—4 abgebildet ſind, ſehe ich alle als Götterzeichen an.

3] Das Rivikdenkmal. 63

In Bohuslän haben wir eine Göttergruppe gefunden, die aus dem Sonnengott mit feinem Begleiter, dem Mondgott, und aus einem Pferdegott bejtcht. Das ſtimmt mit der Nachricht Cäſars von den Germanen, daß fie Sonne, Mond und Feuer verehren, überein, denn der Pferdegott, deſſen Pferdegeſtalt ihn als Windgott bezeichnen mag, iſt nachweisbar derſelbe Gott wie eine Geſtalt mit großen aufwärts gerichteten händen, die wohl als Seuerflammen zu deuten ſind. Tacitus nennt als die Götter aller Ger— manen Merkur, Mars und Herkules, d. h. Wodan, Tius und Thonar. Auch darauf deuten die Bilder der bohuslänſchen Felſenzeichnungen hin. Denn der Sonnengott tritt als hammergott auf jo wie Thonar ), ſein Begleiter iſt öfters einarmig wie Tur einhendr und der Pferdegott führt auch den Speer wie Wodan. Er kann auch mit einer Art gewaffnet auftreten, was

Abb. 1. Nedre Solberg, Skjeberg, Norwegen: Sonnengott mit hammer. Abb. 2. Kivit Nr. 4: Sonne.

ihn nachweisbar als Fruchtbarkeitsgott bezeichnet. Es ijt hervorzuheben, daß dieſe Gruppe zwar drei Götter zeigt, aber daß ſie dennoch eine Gruppe von zwei Mächten iſt, denn auf den Felſenzeichnungen bilden der Sonnen—

1) Hjalmar Lindroth hat in feiner Abhandlung En nordisk Gudagestalt i ny Belysning genom Ortsnamnen (Antikvarisk Tidskrift för Sverige Bd. 20) die Deus tung der Bilder beſtritten, die ich zum Beweis für Montelius’ Annahme, daß Thonar urſprünglich Sonnengott ſei, hervorgezogen habe. Ich kann hierüber nur ſagen, daß ſich an dieſer Deutung zweifeln läßt, wie daran glauben. Ein beſſeres Zeugnis habe ich ſpäter auf der Felſenzeichnung von Nedre Solberg, Skjeberg, Smaalenene, Nor: wegen, gefunden, die Prof. Guſtafſon abgezeichnet, aber noch nicht veröffentlicht hat. Mit feiner Erlaubnis bringe ich hier das Bild des hammergotts mit dem Sonnenrade in der anderen hand (Abb. 1). Ich glaube, daß Lindroth die Derbindung von Ull und Skädja⸗Skadi unwiderleglich nachgewieſen hat, doch verhalte ich mich zu ſeiner Deutung Ulls als Mondgott zweifelnd. Ich hoffe bei anderer Gelegenheit den Nachweis führen zu können, daß Oll (Ollerus, Ullr) eine Seitenform von Odin ijt, und daß er dem deut— ſchen Wodl, Waudl oder Wolt entſpricht.

64 Juſt Bing. [4

gott und jein Begleiter, der Mondgott, zuſammen eine Gottheit. Sie werden zuſammen mit einem Radfreuz bezeichnet. Dem Pferdegott entſpricht als Zeichen ein Ring, der um dieſes Rad gelegt iſt.

Wie ſtimmen nun zu dieſen Zeichen die Bilder des Kivikgrabes?

hier ſehen wir auf der Platte 4 (Abb. 2) die Sonne durch ein Radfreuz bezeichnet. Auf der anderen Reihe, Platte 6 (Abb. 3), ſteht aber die Sonne mit einer ſehr ſcharfen Mondſichel zuſammen. Dies iſt meines Wiſſens der einzige Fall unter den nordiſchen Felſenzeichnungen, wo der Mond ein beſonderes Zeichen hat. Sonſt werden der Sonnengott und ſein Begleiter, der Mondgott, immer zuſammen mit dem Radkreuz bezeichnet. Wenn die Spirale als Sonnenzeichen auf— tritt, ſteht als Zeichen beider Götter eine Doppelſpirale. Doch zeigt ſich hier auf dem Rivikgrabe dasſelbe Verhältnis von Sonnengott und Mondgott wie ſonſt. Der Mond tritt als Anhängſel zur Sonne auf, und zwar nur in dem einen Falle, in dem anderen ſteht die Sonne allein. Die Annahme, die ich für die bohuslänſchen Selſenzeichnungen gemacht habe, daß der kleine Be— gleiter des Sonnengottes den Mond— gott darſtellen ſolle, finde ich hier in der kräftigſten Weiſe beſtätigt.

Neben der Sonne ſehen wir hier ein Pferdepaar, neben den

Abb. 5. Rivik Nr. 6: Sonne und Mond. Sonnengöttern haben wir in Bo— huslän einen Pferdegott. Ich nehme an, daß dies verſchiedene Formen derſelben Gottheit ſind, daß dieſe Gott— heit auf der Küjte von Bohuslän in der Geſtalt eines Pferdes, auf der Oſtküſte von Schonen aber als Pferdepaar auftritt. Der Pferdegott in Bohuslän läßt ſich auch als Speergott und als Axtgott nachweiſen. Wenn ihm hier das Pferdepaar entſpricht, iſt anzunehmen, daß die Beile und die Speerſpitzen auf der verlorenen Platte 1 derſelben Gottheit zuzuſchreiben ſind. Und dann gehören ihnen wohl auch die anderen Zeichen derſelben Platte, das leere Boot und der große Regel.

Dies ſcheint von dem Boote auch durch eine andere Betrachtung glaub— lich zu werden. Denn dies Pferdepaar iſt wohl kaum von den Dioskuren zu trennen, die bei vielen indogermaniſchen Dölkern vorkommen. Bei den Griechen haben wir jie unter mancherlei Namen: Raſtor und Poludeukes

5] Das Rivikdenkmal. 65

(lat. Cajtor und Pollur), Amphion und Jethos ujw., bei den Indern als Acvinen, bei den Letten und Littauern als „Gottesſöhne“. Dieje Brüder: paare jind als Reiter gedacht und die Muthologen glauben mieijtens, daß die Tierform hier alter ijt als die Menſchenform, daß die zwei Reiter ur— ſprünglich zwei Pferde geweſen. Dieſe zwei urſprünglichen Pferde ſollten wir dann in unſerem Pferdepaar wiederfinden. Zu dieſen Dioskuren wird gewöhnlich das Brüderpaar Alcis gerechnet, die nach Tacitus von den oſt— germaniſchen Nahanarvalen als Götter verehrt wurden. Cacitus ſetzt fie mit Caſtor und Pollux gleich und erzählt, daß ihr Prieſter in Frauentracht gekleidet iſt. Spuren dieſes Kults hat Müllenhoff in dem Namen einer wandaliſchen Königsfamilie Asdingi gefunden. Er glaubt, daß es eigent— lich *Hasdingi geheißen hat, erklärt es aus gotiſch *haz3ds, altnord. haddr „Frauen— haar“ und ſetzt es mit dem Alcisprieſter in Frauentracht in Verbindung. Es ſcheint nicht, daß die Alcis als Reiter gedacht ſind, wenn es nicht aus dem Vergleich des Tacitus mit Cajtor und Pollux zu ſchließen fein ſollte. Und Cacitus ſagt ausdrücklich, daß die Alcis Jünglinge und Brüder, alſo Menſchen und keine Pferde ſind. Es iſt mir der Gedanke ge— kommen, daß vielleicht der Name Alcis auf eine Pferdeform deuten könne. Wir ſahen, daß Asdingi urſprünglich *hasdingi geheißen = SIG hat. So könnte vielleicht Alcis ein urſprüng— ne i liches *Halfis ſein. Dies wäre dann möglich En nur iR mit dem altnordiſchen hölkvir in Derbindung

zu ſetzen, das Snorre als einen dichteriſchen Ausdruck für Pferd angibt. Die Grundform wäre vielleicht *halqis (mit tiefem k), wo das tiefe q im Nordiſchen ein nachfolgendes w erzeugt, das u-Umlaut der vorhergehenden Silbe bewirken konnte, im Oſtgermaniſchen in ein gewöhnliches k zugeſpitzt wird, das lateiniſch durch c wiedergegeben wird. Wenn dieſe Entwicklung in zwei Richtungen nicht an ſich unmöglich iſt, hat man dazu die Zeit zu beliebiger Verfügung. Denn hölkvir für Pferd ijt im gewöhnlichen Altnor— diſch ausgeſtorben, es lebt nur als ein unverſtändlicher dichteriſcher Ausdruck fort, und bei den Alcis wäre der Name ein Überbleibſel eines ſonſt ver— ſchwundenen Pferdedaſeins.

Als Dioskuren hat G. Wilke gewiß mit Recht zwei Geſtalten gedeutet, die auf einem däniſchen Bronzemeſſer in einem Boot ſitzen. Damit kann man vergleichen, daß neben den Beilen und Speerſpitzen, die nach unſeren Erwägungen der Pferdepaargottheit zugehören, auf der Platte 1 auch ein leeres Boot vorkommt. Iſt unſer Pferdepaar dasſelbe wie die Dioskuren,

Mannus, Bd. VII. 5. 1/2. 5 |

66 Juft Bing. [6

gehört das Boot auch ihnen. Unſer Pferdepaar kommt auf dem Mittelfelde der Platte 7 vor, fie ſtehen da allein als Götterbild, und die Auftritte oben und unten gehören dann wohl 3u ihrem Kult. Sind nun dieje zwei Pferde diejelben wie die urſprünglichen Alcis, dann find die acht in Weibertracht im Bilde unten mit dem in Frauentracht gekleideten Alcisprieſter zu ver— gleichen. Indeſſen ijt die Verbindung mit den Alcis doch nur eine Annahme, die ich hier vorbringe, und die Felſenzeichnung kann auch ohne dieſe Der- bindung erklärt werden. Ohne die Annahme aufzugeben, werde ich im folgenden davon abſehen. Auf den Selſenzeichnungen Bohusläns ſtehen die Götter in Tiergeſtalt und in Menſchenge— ſtalt nebeneinander, oder beſſer: ſie wechſeln in einer ſolchen Weiſe, daß man ſicher ſein kann, daß die Tierform die Menſchen— form nicht ausſchließt und ebenſo die Menſchenform nicht die Tier— form. Gibt es dann demgemäß hier auf dem Rivikgrabe Zeichen, daß die Dioskuren auch in Men— ſchengeſtalt vorkommen? Ich kann zu dieſer Frage weder Ja noch Nein antworten. Wie früher gezeigt wurde, entſpricht dem bo— huslänſchen Pferdegott ein großer Abb. 5. Kivif a 1: Unten leeres Boot, oben Ring, der um das Sonnenrad ge⸗ Pyramide e von Speerſpitzen legt wird. Oben auf der Platte 8 haben wir einen großen Ring, in

dem zwei Männer ſtehen. Ich ſehe dieſen Ring als ein Zeichen der Pferdepaar— gottheit an und ich glaube, daß die beiden Männer bei einer heiligen handlung mit dem Bügel über dem Pfahl die Dioskuren darſtellen. Doch ſind ſie vor den anderen Teilnehmern der Handlung ſonſt nicht ausgezeichnet. Man kann nicht glauben, daß jie Götter und nicht Menſchen ſeien. Allein das ijt ein gewöhn— licher religionsgeſchichtlicher Dorgang, daß die Menſchen, die bei einer heiligen Handlung die Götter darſtellen, ſelbſt für Götter gehalten werden. Und nun iſt es merkwürdig, daß wir auf anderen Seljenzeichnungen dieſe Gruppe, die zwei Männer und den Ring wiederfinden, und zwar mit der Änderung, daß der Ring allmählich ſchwindet und die Männer wachſen (Abb. 6). Auf einer Seljenzeichnung von Ooͤsherred in Seeland, die fic) im Nordiſchen Muſeum in Kopenhagen findet, ſind die Männer aus dem Ring geſtiegen, ſie haben

7] Das Rivikdenkmal. 67

ihn zwiſchen ſich, und der Ring ift nur halb jo groß wie fie. Auf der Felſen⸗ zeichnung von Bardal bei Stenkjär nördlich vom Trondhjemsfjord in Nor⸗ wegen, in der jüngſten Schicht der Jeichnung, kommen die beiden Männer zweimal vor. Auf der einen Stelle haben fie den Ring zwiſchen ſich, er iſt aber kleiner und ſteht auf einem Geſtell!). Auf der anderen Stelle ſteht der eine von ihnen im vorderen, der andere im hinteren Steven eines Schiffes, und der Ring iſt einfach weggelaſſen. Hier kann man ſehen, wie die Menſchen⸗ geſtalt allmählich über das Sinnbild geſiegt hat. Allein das Kivikdenkmal zeigt nur die erſte Stufe dieſer Entwicklungsreihe, die Männer ſtellen ſicher die Dioskurengottheiten dar und es ruht über ihnen eine gewiſſe göttliche

2

Kivik. Seeland.

jo N.

Bardal. Bardal. Abb. 6. Die zwei Männer und der Ring.

Glorie. Doch die Göttlichkeit ſtammt hier von dem Gottheitzeichen, dem großen Ringe, zu dem die Männer nur hinzutreten, um die Wirkſamkeit der Gott: heiten bei der handlung zu kennzeichnen.

Überſchauen wir jetzt noch einmal die Götterzeichen des Grabes! Die große Götterdreiheit von Bohuslän finden wir hier in der Form wieder, daß ein Pferdepaar dem bohuslänſchen Pferdegotte entſpricht, und in dieſem Pferdepaare glauben wir andererjeits die indogermaniſchen Dioskuren zu erkennen, die hier wie ſonſt mit der Sonne in Verbindung ſtehen. Die Dioskuren ſind öfters als Wechſelgötter gedacht, die zuweilen ſich begegnen und mit— einander kämpfen. So kämpft der Maigraf und der Wintergraf am Mai— feſte. Der Wechſel wird teils Wechſel der Jahreszeiten, teils als Wechſel von Tag und Nacht gedeutet, vielleicht hat die Auffaſſung geſchwankt. Aud hier ſcheint das Pferdepaar Wechſelgötter zu ſein, denn auf der Platte 3 gehen ſie oben nacheinander und ſind unten gegeneinander gekehrt, was

1) das auf dem Bilde unten weggelaſſen worden iſt. 5 *

68 Juft Bing. [8

wohl jo zu deuten ijt, daß fie im allgemeinen einander folgen und zuweilen zuſammentreffen.

Fragen wir, wie die Gottheiten dargeſtellt ſind, ſo ſind die einzelnen Götter verſchieden. Die Sonne wird nur durch Jeichen dargeſtellt und die damit zuſammenhängende Mondgottheit ebenfalls. Anders iſt es mit den Dioskuren. An einer Stelle zwar findet ſich der große Ring als ihr Zeichen, doch in demſelben werden ſie durch die zwei Männer vertreten. Es ſcheint, daß das bloße Zeichen nicht ganz genügt hat. Und bei weitem überwiegt die Tiergeſtalt. Als Pferde ſind ſie auf der Platte 3 zweimal dargeſtellt, als zwei Pferde finden wir ſie im Mittelfelde der Platte 7, und oben auf der Platte ſind wohl die zwei Pferde, die den Wagen ziehen, unſer Pferde— paar. Der Götterwagen wird von den Göttern in Tiergeſtalt gezogen. In Bohuslän haben wir eine Zeichnung auf Björneröd in Tanum, wo der Wagen von Bock und Pferd gezogen wird, und da können wir auch einen Bockgott (der dem Sonnengott entſpricht) und einen Pferdegott feſtſtellen. Der Götter— wagen, von den Göttern gezogen, iſt hier von dem Pferdepaarkult übernommen und der ungereimte Dorjpann von Bod und Pferd iſt dem Dorjpann von zwei Pferden nachgebildet.

III. Deutungsverſuch: Die Auftritte.

Ehe ich es verſuchen werde, die auf den Platten 7 und 8 dargeſtellten Vorgänge zu erklären, muß ich den Beweis dafür liefern, daß die acht ſonder— baren Geſtalten, die auf Platte 8, Mitte, um den Opferkeſſel ſtehen und auf 7

unten dem Manne mit dem gehobenen Diereck folgen, 7 entweder Frauen oder Leute find, die Frauentracht tragen. 61 7 Dies kann man feſtſtellen, wenn man dieſe Geſtalten mit der Hochzeit vergleicht, die auf der Seljenzeichnung von Hog— e an hem in Tanum dargeſtellt iſt (Abb. 7). Sie iſt von holmberg Bohuslän, abgebildet, die Wiedergabe bei Baltzer iſt zwar im all— e gemeinen genauer, allein ich habe bei Unterſuchung der | Zeichnung gefunden, daß Holm bei den Srauentypus bejjer wiedergegeben hat. Es findet ſich auf der Zeichnung auch der hammer, der bei Holmberg dargeſtellt ijt, von dem aber bei Baltzer der Stiel fehlt. Der Hammer entſpricht hier dem Thorshammer, der bei den Hochzeiten gebraucht wird, wie wir es aus der Thrumskvida kennen. Wenn man die Frau auf Holmbergs Zeichnung mit unſeren acht Geſtalten vergleicht, ſieht man leicht, daß ſie Leute in Frauentracht ſind. Für den oberen Teil vergleiche man auch die Hochzeitsgruppe von Baltzer, Taf. 51—52, Nr. 2. Die Spike über dem Ropfe ijt deutlich eine Kapuze od. dgl., die zur Frauentracht des Zeitalters gehört (Abb. 8).

9) Das Kipitdentmal. 69

Man kann im allgemeinen über die dargeitellten Auftritte die Der- mutung aufitellen, daß fie religiöfer Art find. Es ſcheint dies bei anderen Seljenzeichnungen. glaublich. Allein hier, wo es ſich um die Zeichnungen eines Grabmals handelt, iſt dieſe Vermutung noch viel wahrſcheinlicher. Wir können dann hier nicht nur mit den Götterdarſtellungen der Mythologie arbeiten, wir können zum Vergleich auch die alten ſonderbaren Sitten und Gebräuche des Volkslebens heranziehen, die als Stoff der heutigen religions⸗ geſchichtlichen Forſchung eine weſentliche Rolle ſpielen.

Abb. 8. Darlös, Tanum, Bohuslän: Hochzeitsgruppen.

Was die Darſtellung betrifft, ſo ſind wir hier in einer beſonders glück⸗ lichen Cage. Wir wiſſen beſtimmt, daß auf dieſen zwei Platten 7 und 8 nur das dargeſtellt war, was wir ſehen. Der Rahmen des Bildes iſt ſicher, was er bei den Felſenzeichnungen ſonſt nur ſehr ſelten ijt. Wir haben alſo das vollſtändige Bild vor uns.

Wenn wir die Bilder auf den beiden Platten unter ſich vergleichen, können wir einen beſtimmten Unterſchied wahrnehmen. Huf Nr. 8 ſteht alles ſtill: oben ſtehen ſtill die Männer im Ring, der geſtikulierende Mann neben ihnen, die tutenden Curenbläſer und der Mann, der das Viereck, wohl ein Gong, hoch in die Luft gehoben hält. In der Mitte ſtehen die Srauen- gekleideten, vier und vier um den Opferkeſſel. Und unten ſteht der Mann

70 Juſt Bing. [10

mit dem Stab und ſtehen die drei anderen till vor dem hufeiſenähnlichen Rachen. Auf Nr. 7 ſehen wir aber überall Bewegung. Schon die zwei Pferde auf dem Mittelbild find viel beweglicher und lebendiger dargeſtellt als die auf Nr. 3. Vielleicht ijt gemeint, daß fie miteinander kämpfen, wenigſtens iſt es glaublich, daß ſie hier in irgendeiner Handlung begriffen ſind. Unten haben wir die acht Weibergekleideten, aber hier wandern ſie vorwärts nach dem Klange des Gongs, den der Mann hoch hält. Und oben ſtehen der Mann mit dem Stabe und die drei anderen nicht ſtill wie vor dem Hufeijen, fie ſchreiten voran dem Wagen, den das heilige Pferdepaar zieht. Wir dürfen alſo ſagen, daß die Auftritte, die auf Nr. 7 abgebildet find, kultiſche Um— züge darſtellen.

Wenn wir nun dieſe Auftritte mit den alten üblichen Dolfsgebrauden vergleichen ſollen, um da etwas Entſprechendes zu ſuchen, dann iſt unſer Leitfaden ein dreifacher. Das eine Motiv iſt „Pferd“, das andere iſt „Brüder: paar“ oder „Männerpaar“ und das dritte iſt „Weiber“ oder „Weiber— gekleidete“. Danach haben wir zu ſuchen, und wenn zwei davon zuſammen— treffen, dürfen wir an die Gleichheit der Auftritte glauben. Es iſt dabei zu bemerken, daß wir nicht fordern dürfen, daß die Zahlen immer dieſelben ſein ſollen. In Bohuslän haben wir einen Pferdegott, hier auf Kivif ein Pferdepaar. Und es kann ſein, daß wir ſtatt des einen oder der zwei Pferde einen ganzen Aufzug zu Pferde haben. Und umgekehrt iſt es möglich, daß wir nur einen oder zwei Männer in Frauentracht ſtatt unſerer acht treffen. Dieſer Unterſchied wird die Gleichſetzung doch nicht hindern können. Anderer— ſeits ijt in den Doltsgebräudjyen die Menſchengeſtalt der Gottheit wohl weiter entwickelt als in den Bildern der Felſenzeichnungen. Wir dürfen erwarten, ſtatt eines Pferdes oder eines Pferdepaares einen oder zwei Männer in Caubbekleidung zu finden.

Für die Erklärung des Auftrittes auf der Platte 7 wird man unter den Umzügen, die bei verſchiedenen Gelegenheiten um die Felder ſich bewegen, zu ſuchen haben. Und merkwürdigerweiſe ijt hier ein Fall zu bemerken, der mit unſerer Platte auffallende Übereinſtimmungen zeigt. Bis in die 1830er Jahre hatte man im Marktflecken Großen-Gottern bei Langenſalza eine eigentümliche Pfingſtfeierſitte, die Mannhardt in ſeinem Buche: „Wald— und Feldkulte“ (S. 440 ff.) in folgender Weiſe beſchreibt:

Am erſten Pfingſttage hüllen einerſeits die erwachſenen Burſchen, andererſeits die Knaben jedes der zwei RKirchſpiele des Dorfes für ſich einen der ihrigen in Lindenlaub als Schoßmeier ein und ſetzen ihm einen Blumen— ſtrauß als Krone auf. Zwei Fahnenträger, zwei Platzmeiſter mit Pritſchen voran, durchziehen die Burſchen beider Rirchſpiele mit ihren Schoßmeiern über Mittag auf den beſten und ſchönſten Pferden geſondert die beiden Pfar— reien, ebenſo die Knaben, die größeren auf Gäulen, die jüngeren auf bunt— bemalten Steckenpferden. Begegnen die Burſchen der beiden Kirchſpiele

11] Das Rivikdenkmal. 71

oder die Knaben einander, kämpfen ſie um die Fahne. Nach dem Umzuge werden vier Tanzplätze und Lauben für die Muſikanten hergerichtet. Dort findet am zweiten Feiertage in den beiten Kleidern der Tanz jtatt. Am Pfingſt— dienstage wiederholt ſich der Umzug, jedoch nur je im eigenen Kirchenſpiele. Dabei ſpielen dieſelben Perjonen, die Schoßmeier waren, die Hauptrolle, aber jie tragen nicht mehr das Caubgewand, ſondern zerriſſene Weiberkleider, Geſichtslarven, Körbe und Kober, und man nennt fie huren.

Die Übereinſtimmung dieſer Schilderung Mannhardts mit dem Rivik— bilde ſcheint beim erſten Blick gar nicht übergroß. Zwar erſcheinen an beiden Stellen zwei Aufzüge, Pferde im einen und Leute in Weibertracht im anderen. Doch ſind auf dem Kivifbilde nur zwei Pferde, in dem Zuge in Großen-Gottern iſt der ganze Zug voll Pferde, und um— gekehrt ſind hier nur zwei Burſchen in Weiberkleidern, auf dem Kivik— bilde trägt der ganze Zug Frauen— kleider, den vorangehenden Mann mit dem viereckigen Gong allein ausgenommen. Bei näherer Be— trachtung wird indes die Überein- ſtimmung bedeutender. Zwar haben die pferde ſich über den ganzen Zug verbreitet, doch die Zweizahl der Schoßmeier ſcheint die Erinne— rung an die Doppelgottheit zu be— wahren, trotzdem daß ſie unter den erwachſenen Burſchen und den Abb. 9. Rivik Nr. 7: Srühlingsumzüge. Knaben verteilt ſind. Dabei ijt auch die Zweizahl der Fahnen und der Plakmeijter zu beachten. Bei dem Zuge des dritten Pfingſttages gibt es Abweichungen, in der Altmark gehen an dem Tage mehrere junge Burſchen in Dermummung mit Weiber— kleidern. Und eine Nachricht vom Jahre 1224 erwähnt einen Pfingſtumzug bei Lüttich, wo alte und junge Männer in Weiberkleidern und mit raſiertem Rinn alte Spiele aufführen. So ſcheinen die Einzelheiten wieder ſich denen des Rivikbildes zu nähern. Allein die Übereinſtimmung liegt nicht nur in den einzelnen Zügen. Vor allem liegt ſie in dem Ganzen. bier wie dort ijt der ganze Vorgang derſelbe: der Zug mit Pferden am erſten Pfingſttage, ſowie der Zug mit den zwei pferden vor dem Wagen oben; das Bild der zwei Gottheiten in der Mitte entſpricht der feſtlichen Pauſe des zweiten Pfingſttages und dann folgt unten und am dritten Pfingſttage der Zug mit

72 Juſt Bing. [12

den Leuten in Weibertracht. Die drei Akte des Sejtöramas find an beiden Orten diejelben.

Die Bilder der Platte 8 ſcheinen demſelben Kultfreis zu gehören wie die Bilder der Platte 7. Oben iſt der große Ring, den ich mit dem Ringe, der auf den bohuslänſchen Seljenzeichnungen um das Sonnenrand gelegt iſt, gleichgeſetzt habe. In Bohuslän entſpricht er nachweisbar dem Pferdegotte, hier wird er alſo dem Pferdepaare entſprechen. Dann haben wir auf beiden Platten dieſelben Perſonen. Die acht Weibergekleideten von der unterſten Reihe auf Nr. 7 ſtehen auf dem Mittelfelde von Nr. 8, vier und vier, um den Opfer— keſſel. Der Mann mit dem Stabe und die drei anderen, die oben auf Nr.7 dem Wagen voranſchreiten, ſtehen unten auf Nr. 8 in zwei Wieder— holungen vor dem hufeiſen— rachen. Daher glaube ich ſchlie— ken zu dürfen, daß dieſe Auf- tritte dem Kult des Pferde— paares, der Dioskuren, ge— hören, und daß wir nach et— was Entſprechendem unter den Sitten des agrariſchen Feſtkreiſes zu ſuchen haben. Doch das Pferdepaar ſelbſt ſehen wir nicht. Das glaube ich auf die Weiſe erklären

Abb. 10. Kivit Nr. 8: Herbjtopfer. zu können, daß dies heilige Pferdepaar hier geopfert iſt.

Es iſt ja in urzeitlicher Religion häufig der Fall, daß die Dertreter der Götter und das heißt nach urzeitlicher Dorjtellung die Götter ſelbſt geopfert werden. Dieſe Sitte hat Frazer in feinem berühmten Werke „The Golden Bough mit zahlloſen Beiſpielen belegt. Und zwar haben wir von Schonen ein uraltes Zeugnis eines derartigen Pferdeopfers. In der Nähe von Uſtad iſt ein Pferdeſchädel gefunden worden, in dem ein Flintendolch jak, was wohl jetzt allgemein auf die Weiſe erklärt wird, daß das Pferd geopfert worden ijt. Im alten Rom hatte man im Herbft ein Pferde— opfer, das mit unſerem Bilde ſtimmt. Das Oktoberroß wurde geopfert und ſein Blut wurde von den Dejtalinnen aufbewahrt und fo behandelt, daß es ſich bis zur Frühlingsfeier halten könnte. Dem entſpricht die Sitte, daß bei Faſtnachtzügen Pferdeſchädel begraben oder verbrannt werden (mann—

13] Das Kivikdenkmal. 73

hardt, Wald- und Seldfulte II, 310 ff.). Und bei folden oder ähnlichen Begräbniſſen finden ſich Leute in Dermummung mit Weiberfleidern. Im Lechrain wird ein Mann in ſchwarzen Frauenkleidern auf einer Bahre getragen, ihm folgen vier Männer als Klageweiber verkleidet. Er wird beim größten Miſthaufen heruntergeworfen und ſpäter in der Miſtgrube begraben (Da⸗ ſelbſt I, 411). Strabon (VII. 2) erzählt von den Kimbern und berichtet von weisſagenden Frauen, die aus dem Blut im Opferkeſſel prophezeiten (Mogk, Germ. Mythologie 171). In Übereinſtimmung hiermit glaube ich das Mittelfeld jo erklären zu können, daß der Opferkeſſel das Blut des Pferdepaares enthält und daß die acht Weibergekleideten den Dejtalinnen in Rom, den Klageweibern im Lechrain, den weisſagenden Frauen der Kimbern, entſprechen.

Die Erklärung der Unterreihe hängt davon ab, wie man das große Hufeiſen deutet. Dabei ijt es zu 3 daß die Platte verloren iſt und daß wir alſo auf die alten ,

Zeichnungen angewieſen find. Dieſe find zwar im allge⸗ meinen zuverläſſig, doch hier, wo es ſich um die Huffaſſung eines ſonſt nicht vorkommen⸗ den Gegenſtandes handelt, iſt dies bei weitem nicht ge⸗ ig. OTe Domyerein e ee e Dex e ee i e de nen wir von dieſem hufeiſen⸗ Wikingerzeit.

ähnlichen Gegenſtande wohl

nur ſagen, daß er wahrſcheinlich kein hufeiſen iſt. Es läßt ſich alſo nur raten. Es läßt ſich hier im allgemeinen jagen, daß dieſe Reihe wahrſchein— lich einen ſpäteren Vorgang darſtelle als das Kochen des Blutes im Mittel⸗ felde. Daher bin ich auf den Gedanken gekommen, daß hier vielleicht die Reſte von den Opfertieren begraben werden. So wird bei den Lappen, deren reli⸗ giöſe Gebräuche öfters denen des nordiſchen Bronzealters entſprechen, nach beendeter Oſtermahlzeit das Damengare, Knochen, Herz, Lunge, Augen, Ohren uſw. des Opfertieres, vom Opferpriefter feierlich begraben (Sinn Magnuſen: Den förſte November 9 og den förſte Auguſt, Kopenh. 1829 S. 46 f). Im Anjdlug daran meine ich, daß das manneshohe hufeiſen einen Raden vorſtelle. In der Wikingerzeit haben wir Bilder, wo der Raden des Midgardwurmes manneshoch iſt (Abb. 11), und noch auf Bühnenbildern des Mittelalters finden wir den Eingang zur hölle als einen Drachenkopf mit gewaltigem Raden dargeſtellt. Demgemäß deute ich den Rachen als die verſchlingende Erde, die Hel, die jetzt die Reſte der Opfertiere für immer verborgen hat. Im Muſpilligedicht heißt es, daß der Rachen Hels von der Erde bis zum himmel reicht. Die vier Männer, von denen der

74 Juſt Bing. 114

eine den Stab trägt, haben die Reite des heiligen Pferdepaares zur ſchwarzen Öffnung der allverbergenden Erde geführt, fo wie fie auf Nr. 7 oben das Pferdepaar im Frühling auf die Felder hinaus geführt haben.

Es fehlt der erſte Akt des Feſtdramas. Den ſollten wir alſo in der Ober- reihe finden. Es ſcheint ein ſehr feierlicher Vorgang zu fein, denn hier ſtehen zwei Lurenbläjer und neben ihnen der Mann mit dem Diered, den ich deshalb als einen Gong gedeutet habe, weil der Mann neben den Lurenblajern ſteht. Möglich iſt es indes, daß er ein Fahnenträger iſt, doch ſcheint es mir glaub— licher, daß ſein Diered irgend ein Schallinſtrument fein ſoll. Vor ihm ſtreckt ein Mann geſtikulierend die hände aus gegen den Ring, in dem die zwei Männer mit dem Bügel über dem Pfahl ſtehen. Es ijt deutlich, daß der eigent- liche Vorgang ſich im Ringe abſpielt, er wird wohl hervorgerufen durch den Klang der Luren und des Gongs und von den Beſchwörungen des geſtiku— lierenden Mannes. Der Ring iſt das Zeichen der Gottheit und in deſſen Schutz geſchieht das wunderbare Ereignis. Dies Ereignis entſteht dadurch, daß die beiden Männer etwas mit dem Bügel über dem Pfahl vornehmen, und die am nächſten liegende Auffaſſung ijt wohl, daß fie dieſelbe drehen. Es mag unentſchieden bleiben, ob ſie den Bügel um den Pfahl drehen, oder es fo zu denken ijt, daß der Pfahl ſelbſt gedreht wird und der Bügel den Hand- griff zur Drehung bildet. Ich glaube dieſe Derhältnijje am beiten jo erklären zu können, daß hier durch Drehung „neues Feuer“ entzündet werde. Wir wiſſen von vielen Orten, daß bei großen Seuchen „neues Feuer“ oder „Not— feuer“ entzündet wurde, doch wurde es auch bei beſtimmten Jahresfeſten angelegt. Wenn man annimmt, daß ein derartiger Vorgang hier abgebildet ſei, muß zuerſt darauf aufmerkſam gemacht werden, daß eine ſo flüchtige Erſcheinung wie eine Seuerflanime in fo urzeitlicher Kunjt wie der des Bronze— alters wohl gar nicht dargeſtellt wird. Man ſieht die Männer und den Pfahl, der durch Drehung das neue Feuer erzeugt, doch ſieht man weder die Bewegung der Drehung noch die daraus entſtandene Flamme. Sie werden vorausgeſetzt, denn fie find ja nur Eigenſchaften des feſten Stoffes, und die urzeitliche Kunſt hält ſich an die feſten Stoffe. Wir hören, daß das „neue Feuer“ öfters durch gemeinjame Arbeit zweier Jünglinge erzeugt wird. Sie ſollen zwei keuſche Jünglinge ſein jo heißt es von der Umgegend halberſtadts —, es ſind in Bulgarien zwei nackte Männer im Walde, die das neue Feuer zünden. In Süddeutſchland ſollen ſie Brüder ſein oder denſelben Vornamen haben. Das erſte kennzeichnet ſie als gotterwählte Opfer oder als würdige Darſteller der Gottheiten, was tatſächlich auf dasſelbe hinauskommt. Das zweite deutet den zauberhaften Charakter des Vorgangs an. Durch das dritte ſind lie ſozuſagen dioskuriſch geprägt (ſiehe E. h. Meyer, Mythologie der Germanen, S. 334, und Srazer, The Golden Bough, 2 Ausg. III, 272 u. 300 Anm. 2). An einer Dedajtelle reiben die Acvinen Feuer mit goldenen Reibhölzern (Oldenberg: Religion der Deda 126). Der Vorgang der Seuer-

15] Das Rivikdenkmal. 75

zündung wird hier auf dem Denkmal fo fein, wie ihn Reiste im 17. Jahrhundert ſchildert: „ein ſtarker Eichenpfahl wird in die Erde feſte ge- ſchlagen und ein Loch durch dieſen geboret. In dasſelbe wird eine hölzerne Winde eingeſtecket, mit Wagenpech und Theer wolgeſchmieret und ſo lange umgedrehet, bis es nach heftiger hitze und Notzwang Feuer geben kann. Solches wird ſofort mit Materialien aufgefaßt, durch Stroh, heide und Buſchholz gemehret, bis es zu einem vollen Notfeuer ausſchläget“ (Grimm, Deutſche Mythologie (1855) S. 342). Wir haben von Leire die Nachricht Thietmars von Merſeburgs und von Upſala die Nachricht Adam von Bremens, daß Menſchen und Pferde zuſammen geopfert wurden. Es iſt alſo nicht unglaublich, daß die zwei Männer im Ring mit den zwei Pferden zuſammen geopfert worden ſeien. Es ſoll jedoch nicht verſchwiegen werden, daß gegen meine Deutung ſich von mythologilcher Seite ein weſentliches Bedenken einſtellt. Die großen Feuer zu Oſtern, am Walpurgis- und am Johannis: tage ſind von Mannhardt als Sonnenzauber erklärt worden, was allgemein angenommen iſt. Hier ſcheint dieſe Kultjitte unter eine andere Gottheit zu gehören. Dabei iſt doch zu bemerken, daß das Seuer (Dolcanus) bei Cäſar ein von der Sonne verſchiedener Gott iſt, was auf den Felſenzeichnungen Bohusläns auch der Fall zu ſein ſcheint. Da iſt nämlich der Gott mit den großen händen, die wohl Seuerflammen darſtellen ſollen, nachweisbar der— ſelbe wie der Pferdegott, der hier dem Pferdepaar entſpricht. Ich habe des— wegen bei der Mannhardtſchen Erklärung nicht ſtehen bleiben können. Und der Gedanke ijt mir gekommen, daß dieſe Feuer zu Oſtern, am Wal— purgis⸗ und Johannisabend doch wohl eher mit dem Baumkult als mit dem Sonnenkult zu verbinden ſeien. Gerade ſo wie der Geiſt der Campe erſcheint, wenn Aladin die Campe reibt, gerade jo ſprüht der Baumgeiſt, das Feuer, hervor, wenn man die Holzjtüde gegeneinander reibt oder die Stange im Coch herumdreht. Der Baum iſt die Gottheit der Vegetation, weil er der größte Vertreter der Vegetation ijt. Iſt nun das Seuer der Geiſt des Baumes, der Degetationsgottheit, dann verſtehen wir, daß an die Frühlings- und Sommerfeuer der Glaube geknüpft ijt, daß das Korn fo hoch werden wird, wie die Flamme ſchlägt, oder daß es gedeihen wird, jo weit das Feld vom Feuer beleuchtet ijt. Daher gehört das Seuerzünden zum Kult der Degeta- tionsgottheit, die hier durch das Pferdepaar vertreten wird. Freilich ſcheint die Sitte, bei dieſen Seuerfeſten brennende Räder vom Hügel herabrollen zu laſſen, auf Verbindung mit dem Sonnenkult zu deuten. Allein vom Bronze: alter an ſind dieſe Gottheiten zuſammen verehrt worden, und dann iſt es wohl glaublich, daß ihre Kulte ineinander fließen konnten.

Wir ſehen alſo auf dieſer Platte deutlich die verſchiedenen Handlungen des Seſtes. Das neue Feuer wird gezündet, der Beſchwörer ſteht daneben und die Zaubermuſik tönt. Der Reſſel mit dem Opferblute kocht und um ihn ſtehen zu beiden Seiten die acht Weibergekleideten. Dor dem Rachen der

76 Juſt Bing. 16

Erde, der die Opfer verſchlungen hat, ſtehen die Männer, die den Begrabnis- zug geführt haben, von denen der eine den feierlichen Stab trägt. Es zeigt alles die große Opferfeier des Herbites an, jo wie die Bilder auf Nr. 7 die heiligen handlungen bei der Frühlingsfeier zeigten.

Wir ſtehen am Ende dieſes Deutungsverſuches. Wir haben hier die— ſelben Götter gefunden, die wir in den Zeichnungen der bohusläniſchen Felſen vorfanden. Doch in abweichender Form. Die Sonne hat hier die Mondfichel neben ſich, während das Rad in Bohuslän als gemeinſames Zeichen für beide ausreichte. Der Pferdegott Bohusläns tritt hier in Verdoppelung als zwei Pferde auf. Doch es ſind dieſelben zwei Mächte, die die Götterwelt beherrſchen, wie in Bohuslän. Die Menſchenform dieſer Gottheiten, die doch in Bohuslän deutlich hervortritt, ſcheint hier auf der Unfangsſtufe zu ſtehen, die Tierform findet ſich nur bei dem Pferdepaar. Es ſcheint, als liege hier das hauptgewicht auf der Seite dieſer Gottheit. Ihre Sinnbilder umgeben das bemannte Schiff, und die Auftritte, die wir in Verbindung mit Aderbau-Kultfitten haben deuten können, gehören deutlicherweiſe zu ihrem Kult. Die zwei einzigen Jahresfeſte, von denen uns ein Bild bewahrt ijt, ſind Seite dieſes Götterpaares. Dabei ijt zu beachten, daß die Bilder der Platte 5 verwittert ſind. Es iſt möglich, daß ſie ſo wie Nr. 7 und 8 eine Darſtellung eines Feſtes enthalten haben, und daß dieſes Feſt ein Sonnenfeſt geweſen ijt. Denn unſere alten Quellen, 3. B. Unglingerſage Kap. 8, ſprechen von drei Jahresfeſten. hier haben wir die zwei. Wenn das dritte hier als Sonnenfeſt betrachtet wäre, würde die ganze Reihe dieſer Auftrittsbilder ſymmetriſch geordnet fein, die eine hälfte, Nr. 7 und 8, fiele dem Pferde— paare, die andere der Sonnengottheit zu. Und dies iſt um ſo wahrſcheinlicher, weil das verwitterte Bild auf der anderen Seite der Sonne und des Mondes ſteht. Wir bemerken hier, daß das Pferdepaar als Fruchtbarkeitsgötter auftritt, während auf der Seljenzeichnung von Aſpeberget die Sonnengötter vor den Uckerbau- und Diehzuchtgruppen ſtehen. Dies zeigt, daß man ſich davor hüten muß, die verſchiedenen Wirkungskreiſe der Götter als überall feſt— ſtehend zu betrachten. Mit dieſen Einſchränkungen glaube ich, daß wir hier am Rivikdenkmal ein Bild der großen germaniſchen Götter und ihrer jähr— lichen Seite vor uns haben.

Nachtrag.

Bei näherer Überlegung finde ich das Bedenken beachtenswert, das man dagegen tragen könnte, die beiden Tiere auf dem Mittelfelde der Platte 7 für Pferde zu halten. Sie haben in der Tat bedenklich kurze und dicke hälſe um Pferde zu ſein, und der Gegenſatz zu den ſchlanken langen hälſen der Pferde, die im Oberfelde vor dem Wagen gehen, iſt ganz auffallend, und zwar noch auffallender auf dem Original als auf der Abbildung Nilsſons. der

17] Das Rivikdenkmal. 77

Abbildung nach wäre es nicht unmöglich, fie für Eber zu halten. In Tacitus Germania werden göttliche Eber genannt. Don den Ajtiern an der Oſtküſte der Oſtſee heißt es c. 45: Matrem deum venerantur, insigne superstitionis formas aprorum gestant. Id pro armis omniumque tutela securum deae cultorem etiam inter hostes praestat. Die berühmten Kampfeber als Helmſchmuck finden ſich vom Dendelhelm zurück bis zum Reſſel vom Gunde- ſtrup, und fo dürfen wir hier auf germaniſch⸗keltiſche Einflüſſe bei den kiſtiern raten. Zwei Eber einander gegenüber geſtellt, jo wie auf dem Mittelfelde von Platte 7 (und wahrſcheinlich als Götterzeichen zu erklären) finden ſich auf der Urne von Borgſted (Mestorf, Altertümer pl. XLI 468) und auf dem Reſſel von Runkeby i Fünen (Undſet, Abb. 133). Allein man wird doch Bedenken haben, dieſe Erſcheinung auf die Bronzezeit zurückzu— führen, denn auf den Felſenzeichnungen wären die Eber ganz ohne Bei- ſpiel. Zur Erklärung der zwei Eber wäre die Tacitusitelle zu benutzen. Der Frühlingsumzug, ſo wie ich ihn im Anſchluß an die Pfingſtſitte von Grojjen-Gottern bei Langenſalza gedeutet habe, wäre dann (nicht den Dioskuren, ſondern) der Göttermutter geweiht, was bei einem Frühlings- umzug recht gut paſſen würde. Nach meiner Deutung der Felſenzeichnung von Aſpeberget ſtellt ſie ein Frühlingsfeſt dar, die der Frühlingsgöttin, der Iſis des Tacitus, beſonders geweiht iſt, doch iſt eben in dieſem Punkte die Deutung zweifelhaft. Ich will hier nicht entſcheiden, welche Bedenken die größten ſind, die geſchichtlichen gegen die Deutung der beiden Tiere als Eber oder die ikoniſchen gegen ihre Deutung als Pferde.

Auf der Platte 8 oben kann der Ring um die zwei Feuermacher ein— fach die Umkreiſung der heiligen Handlung bedeuten und vielleicht iſt dieſe Deutung vorzuziehen. Der Ring hier wäre dann nicht mit dem Ring um das Sonnenrad gleichzuſetzen, der in Bohuslän dem Pferdegott entſpricht. Dennoch darf man behaupten, daß die zwei Seuermader den Dioskuren entſprechen, das läßt ſich aus den angeführten Volksſitten und der Deda— ſtelle beweiſen. Aud die Zujammenitellung der Zwei-Männer- und Ring- Gruppen auf Rivik, Seeland und Bardal läßt fic) aufrechterhalten. Denn ein Ring kann jo wie Profeſſor Eitrem in ſeinem neuen Werke „Opfer- ritus und Doropfer der Griechen und der Römer“ (Kriſtiania 1915) dar⸗ getan hat in den Opferriten eine Umkreiſung bedeuten oder an die Stelle einer Umkreiſung treten. Und die Deutung der Auftritte bleibt beſtehen, wie man den Ring auch deuten mag.

Nachſchrift. Im Begriffe, die Druckerlaubnis für dieſen Bogen zu erteilen, erfahre ich durch herrn Dr. Bing, er habe von herrn Dr. A. W. Brögger in Chriſtiania gehört, die ſolange verloren geglaubten Platten des Kivifgrabes Nr. 1 (oben Abb. 5) und Nr. 8 (oben Abb. 10) hätten ſich in Kivik wiedergefunden. Beſtätigt ſich dieſe frohe Runde, ſo wird ſich jetzt feſtſtellen laſſen, inwieweit die bisher bekannten Zeichnungen der beiden wichtigen Plattenbilder naturgetreu geweſen ſind, wieweit nicht. G. K.

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II. Mitteilungen.

Zur Formenkenntnis der Kjökkenmöddinger⸗ Flintgeräte. Don Dr. Wolfg. Arnd, Wernigerode a. Harz. Mit 3 Tafeln (XVII XIX).

Der Beſtand der Rjökkenmöddinger⸗Steingeräte ſetzt ſich, in der Reihen: folge der zu ihrer Herſtellung erforderlichen kleineren oder größeren techniſchen Fertigkeit aufgezählt, aus Meſſern, Schabern, Bohrern, Schneidemeißeln, Spitzkeilen und Beilen zuſammen. Zu ihrer Anfertigung dienten rundliche, flott behauene Schlagfteine von Kinder- bis Männerfauſtgröße, die an ihren Gebrauchsſtellen vielfache Schlagnarben in Geſtalt kleinſter Abſplitterungen aufweiſen. Daß ſogenannte Amboſſe, 3—4 cm ſtarke Slinticheiben, deren künſtlich eingebuchteter Rand auf ihre Einlaſſung etwa in Lehmgrund hin= deutet, bei der Bearbeitung von Steingerät als Widerlager mitgewirkt haben, dagegen ſpricht ſchon der Mangel der erwähnten Schlagnarben. Meſſer, Schaber und ein Teil der Bohrer ſind auf Abichlagitüde zurückzuführen, d. h. auf die von der Feuerſteinknolle abgeſpalteten Späne, Klingen, Platten und ähnliche flache Stücke; während von Rernſtücken, d. h. von den derart bearbeiteten Seuerſteinknollen, die Schneidemeißel, Spitzkeile und Beile her— zuleiten ſind.

Die Kernſtücke und weitaus die meiſten Abſchläge, durch deren reich— liches Vorkommen, wo nicht durch die Muſchelhaufen ſelbſt, die Anjiedlungs- und Fundſtellen verraten werden, zeigen bei aller Verſchiedenheit in Form und Größe die durch die eigenartige Spaltbarkeit des Seuerjteins bedingte und von zweckmäßigen Schlägen hervorgebrachte Sazettierung der Oberfläche, die dem Stein das charakteriſtiſche Ausfehen verleiht, als jet er „wie Holz geſchnitzt“. Auf feiner ungegliederten Kückſeite trägt jeder Abſchlag eine die Schlagſtelle bezeichnende Wölbung, den Schlagbulbus, dem am Rern— ſtück eine höhlung entſpricht. (Dal. Abb. 1 u. 2. Der plattenförmige Abjchlag kann auch als künſtliches Bruchſtück eines Kernſtücks angeſehen werden. Die Sazettierung ijt vor der Abſpaltung erfolgt.)

80 Wolfg. Arnd. [2

Die Verwendung von ÜGbſchlägen ohne weitere Bearbeitung zum Schneiden ſteht hinter dem Gebrauch der vorgängig bearbeiteten Meſſer weit zurück. Dem Flintſpan-Meſſer, einem einfachen bſchlag von prismati— ſcher Form, wird eine ſchon im jüngeren Paläolithikum vertretene Meſſerform, ein ſegmentförmiges Meſſer mit bearbeiteten Rüden, unbedingt vorgezogen. Dieſem Meſſer liegt ein ſcharfkantiger Abſchlag von der Form einer Apfel- ſinenſcheibe zugrunde; zur Sertigitellung des Geräts iſt ſodann aus Gründen der Handlichkeit der Scheibenrand fein fazettiert oder retuſchiert worden. (Dal. Abb. 3 u. 4. Meſſer mit unverſehrter und mit abgenutzter Schneide. Am im Bilde oberen Drittel des Rüdens befindet ſich der Unſatzpunkt für die Spitze des Zeigefingers.)

Die Schaber nehmen ihrer Jahl nach die erſte Stelle ein. Von den zahlreichen Sundjtiden, die der Derfaſſer von verſchiedenen Siedlungsplätzen an der Kieler Sorde aufleſen konnte, machen die Schaber rund die hälfte aus. Abgeſehen von ſonſt unbearbeiteten Abſchlägen, die, nach ihren Ab- nützungsſpuren zu urteilen, zum Schaben verwendet ſind, ſind die Schaber in ihren einfacheren Formen bald zungen- und quadrantenförmig, bald rund oder oval, von Daumennagel- bis Handtellergröße und mit zumeiſt äußerſt ſorgfältig retuſchiertem Schaberand verſehen. Die Mehrzahl dieſer einfachen, aber charakteriſtiſchen Schaber ohne beſonderer Handhabe tit aus Übſchlägen mit gegliederter Vorder- und glatter Rüdleite, die kunſtvolleren charakteriſti— ſchen Schaber ſind aus beiderſeits glatten Scheibenabſchlägen hergeſtellt. Die Form dieſer Schaber wird durch ihre Entſtehungsgeſchichte, die ſich an der hand von Dorarbeiten und Zwiſchenſtufen verfolgen läßt, am beſten veranſchaulicht. Zunächſt wurde eine möglichſt kugel- oder eiförmige Seuer- ſteinknolle mittendurch geſpaltet. Durch einen zweiten Schlag wird von einer der Halbkugeln eine Scheibe abgetrennt. Infolge der ſchon erwähnten Eigen— tümlichkeit, daß jeder Schlag eine Wölbung hervorbringt, iſt die derart erhaltene Scheibe S-formig gewellt. Schließlich wird der Scheibenrand halbherum in kleine Felder abgeſchrägt und ſonſt nach Bedarf von der ihn bedeckenden Kruſte befreit. Neben dieſen charakteriſtiſchen Schabern finden ſich noch geſtielte Schaber und dreieckige Hohlichaber mit konkavem Schaberand. (Dal. Abb. 5—8. Der größere ſcheibenförmige Schaber läßt noch Reſte der Kruſte erkennen: ſo die kleine Delle links am Schaberand. Die Bearbeitung der Seitenränder der beiden löffelförmigen Schaber ijt gleichfalls nach Ablojung des Abjchlags vom Rernſtück erfolgt.)

Die Bohrer find teils auf Abjchläge, teils auf Rernſtücke zurückzuführen und laſſen neben wechſelnden, von zweckentſprechenden Siler-Naturgebilden bedingten Sormen zwei ſtetig wiederkehrende Formen unterſcheiden. Die ſchwächeren, aus Abſchlägen hergeſtellten Bohrer zeigen die geſchwungenen Linien der „Siſchblaſen“-Figur. Dieſe Bohrer haben mit den bisher beſchrie— benen Werkzeugen die unbearbeitete, glatte Rüdjeite gemein. Die aus Kern:

3] Zur Formenkenntnis der Rjökkenmöddinger⸗Slintgeräte. 81

ſtücken angefertigten, ſtärkeren Bohrer find, von der breiten Seite gejehen, rautenförmig und allſeitig behauen. Auf Grund ihrer herkunft wie ihrer Bearbeitung bilden die Bohrer techniſch den Übergang zu den folgenden, rundherum bearbeiteten Geräten aus Kernitüden. (Dal. Abb. 9— 12. Charak⸗ teriſtiſch für die geſchweiften Bohrer ijt die Kerbe an der Spitze auf der fon- vexen Bogenſeite.)

Zur Ausführung der Geräte aus Rernſtücken werden, wie einerſeits die unfertigen, aus irgendeinem Grunde verworfenen, andererſeits die Kruſtenreſte an den fertiggeſtellten Geräten erkennen laſſen, Slintfnollen von jeweils ſolcher Bildung verwendet, die der gewünſchten, endgiltigen Form möglichſt nahekommen. So nehmen die Schneidemeißel ihren Ur— ſprung von einer ſpitzkegelförmigen Seuerfteinfnolle. Die Baſis des Kegels wird durch zwei in ſpitzem Winkel zueinander geführte Schläge in eine bogen— förmige Schneide verwandelt und ſodann der Kegelmantel in der Richtung der Schneide ſeitlich abgeplattet. Die Schneidemeißel von dieſer Form find zierlich von Geſtalt, vorzüglich gearbeitet und charakteriſtiſch für die Kjökken⸗ möddinger⸗Stufe; ſeltener find längliche Schneidemeißel von rechteckigem Durchſchnitt. (Ogl. Abb. 13 u. 14. An dem größeren Stücke find noch ver— ſchiedentlich Kruſtenreſte zu erkennen.)

Gleichfalls tupiſch find die Spitzkeile. Sie find 10—15 cm lang, von drei- oder vieredigem Durchſchnitt, verjüngen fic) zur Spitze hin allmählich und find in der Regel ziemlich nachläſſig zubehauen. Auch ihnen liegt eine Slinttnolle von Kegelform zugrunde. (Dol. Abb. 15 u. 16.)

Die etwa 10—16 cm langen und drittels fo breiten Beile ſchließlich ſind vorwiegend von wenig ausgebildeter Form und mehr oder minder un— beholfener Arbeit. Bei den techniſch unvollkommenſten Stücken greift die Schneide augenfällig auf eine der Längsjeiten über. (Ogl. Abb. 17 u. 18.)

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Mannus, Jeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XVII.

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Abb. 13.

Arnd, Zur Sormenkenntnis der Kjökkenmöddinger⸗Flintgeräte. Curt Kabitzſch, kal, Univ.-Derlagsbuhh., Würzburg.

Mannus, Zeitſchrift für Dorgejchichte. Bd. VII. Tafel XIX.

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Abb. 18.

Arnd, Sur Sormenkenntnis der Kjökkenmöddinger⸗Flintgeräte. Curt Nabitzſch, kal Unb.⸗Vetlahsbuchh., Würzburg.

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Ein eiſenzeitlicher Depotfund von Wahren bei Leipzig. Don $. Max Näbe, 3. 3. Offizier⸗Stellbertreter C. E. B. 106, Leipzig. Mit Tafel XX und 1 Tertabbildung.

Wenige Kilometer weſtlich von Leipzig liegt auf dem nördlichen Hoch— uferrande der hier ungefähr 3 km breiten Elſter-Cuppen⸗Hlue das Dorf Wahren, bekannt durch die Rolle, die es in der Völkerſchlacht am 16. Oktober 1813 geſpielt hat. Vorgeſchichtlich iſt das Gebiet ziemlich reich an Funden. Als Einzelfunde kommen entlang der Hochufer und auch in der Aue ſelbſt vielfach Steingeräte zutage, meiſt Slachbeile, Breithaden und ſchuhleiſten— förmige Meißel, die wohl in der Mehrzahl der Spiral-Mäanderkultur an— gehören. Eine Unſiedlung dieſer ſeßhaften Aderbauer kam beim Bau der elektriſchen Bahn nach Schkeuditz bei Quasnitz, 4 km weſtlich Wahren, zutage. Auch Gräber der Schnurkeramik ſind in einer Wahrener Gärtnerei aufgedeckt worden. Die Bronzezeit iſt bis jetzt in dieſem Gebiet nur ſpärlich vertreten, was aber auf Zufall beruhen kann. Um ſo zahlreicher ſind nun Gräber— funde der Eiſenzeit, von der älteſten Lateneperiode an bis zur römiſchen Raiſer— zeit. Im Nachbarorte Cützſchena ijt ein Brandgräberfeld aufgedeckt worden, das wohl zwiſchen unſere jüngſte Bronzeperiode und die älteſte Catene- kultur zu ſetzen iſt!). Ich ſetze als bekannt voraus, daß wir eine eigentliche Hallſtattkultur in Weſtſachſen nicht haben. Bei dem ſchon erwähnten Quas— nig kam ein älteres Catènegräberfeld zutage mit Korallenfibeln und bronzenen Eimerbeſchlägen und Henkeln?). Eigentümlicherweiſe ſchließt fic) unmittel— bar daran ein Gräberfeld der römiſchen Kaiſerzeit mit Mäanderurnen, deren eine am Boden ein großes Hakenkreuz zeigt, und reichen Beigaben an Meſ— ſern, Bügelſcheren, Lanzenjpigen, Raſiermeſſern und einem Trinfhorn-

1) Noch unveröffentlicht, Sunde dortſelbſt in Privatbeſitz. 2) Dol. Jacob, Zur Prähiſtorie Nordweſt-Sachſens. Halle 1911, Abb. 209, 221. 6*

84 Mar Näbe. [2

beſchlag!). Scherben unſerer jüngſten vorgeſchichtlichen Periode, der Wenden- zeit, kommen allenthalben vor, die Wahrener Kirche ſteht ſelbſt in einem wendiſchen Wall.

Nach dieſem kurzen Überblick über die vorgeſchichtlichen Funde der Gegend, wende ich mich meinem eigentlichen Stoffe zu.

Unmittelbar ſüdlich Wahren wurde in den letzten Jahren ein großer Vergnügungspark angelegt. Hierbei wurde in der Elſteraue ein großer See, der Auenjee ausgeſchachtet. Mit mächtigen Dampfbaggern wurde zunächſt der die Aue bedeckende 1—2 m mächtige alluviale Aulehm weggeräumt und dann noch 6—8 m tief der darunter liegende diluviale Pleiße-Elſter— ſchotter ausgehoben.

Durch zahlreiche Knochenreſte, die hierbei zutage kamen, wurde ich zuerſt auf die Stelle aufmerkſam. Es handelt ſich beſonders um Reh, Kind, Pferd, Wildſchwein und ungeheuer viel Vertreter von Hhirſch, zum Teil ge— waltige Tiere. Aber auch das Mammut fehlt nicht. Als ſehr wichtig will ich noch die Auffindung einer Geweihſtange von Elch erwähnen, wohl der erſte derartige Fund in Sachſen. Die Stange ſitzt noch auf Teilen des Schädels auf und zeigt neun deutliche Einſchnitte, die nur vom Menſchen hervorgebracht ſein können, um das Geweih unterhalb der Roſe vom Schädel abzutrennen ?).

Infolge meiner Einberufung zum Militär war es mir nicht möglich, die weiteren Husſchachtungen zu beobachten, aber unſer Leipziger Paläonto— loge, Prof. Dr. Joh. Selix war ſo freundlich, das Weitere zu übernehmen. Durch ihn wurde dann auch der Eiſenfund geborgen und gelangte durch Tauſch in meinen Beſitz. Er ſteht natürlich mit den Knochenfunden in keinerlei Beziehung und wurde auch gegen Ende der Arbeiten beim Bau eines Abflub- kanales aus dem See gemacht.

Er lag in ungefähr 2 m Tiefe, alſo bereits im Schotter und ſtellt eine Eiſenmaſſe im Gewicht von etwa 314 ka dar (Taf. XX). Das Hauptſtück iſt die Hälfte einer großen Eiſenluppe. Ihre größte Cänge iſt 14 em, ihr Querſchnitt ungefähr 6 zu 8 cm. Ihr Dorhandenjein, ſowie die Tatſache, daß ſie halb aufgebraucht ijt, macht es wohl ſicher, daß wir es hier mit einem Handwerks— depot, alſo dem Beſitze eines wandernden Schmiedes zu tun haben. Es iſt wohl das erſte Mal, daß in Norddeutſchland eine vorgeſchichtliche Eiſenluppe zutage kommt. Hinweijen will ich auf die 56 Eiſenluppen der Latenezeit, die ſich als Depotfund von Weckersweiler im Muſeum zu Metz befinden )).

Ferner fanden fic) an die Luppe anorydiert vier Ringe von 4—5,5 cm Durchmeſſer. Sie find ſämtlich unverziert. Drei haben runden, einer vier: eckigen Querſchnitt. Auf den einen aufgereiht find acht kleine Eiſenringe,

1) Insgeſamt noch unveröffentlicht. Einiges bei Jacob, a. a. O. Abb. 231—250. 2) Näbe, Leipziger Kalender 1914, Abb. 2 S. 265. 3) Cothr. Jahrb. 1910, XXII, S. 489.

3] Ein eiſenzeitlicher Depotfund von Wahren bei Leipzig. 85 ein neunter hängt an dem vierkantigen Ring. Ihrer Größe nach ſind ſie wohl als Singerringe zu deuten. Huch fie find ſämtlich unverziert. Unſere volle flufmerkſamkeit erregt der große Halsring (Abb. 2). Er wiegt 230 g. Sein Querſchnitt iſt rund und er wird nach den Enden zu ſchwächer. Dieſe laufen in breite Knöpfe aus, die rechtwinklig zum Ringe umgebogen ſind.

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Abb. 2.

Der Ring iſt reich verziert. Die Verzierungen ſind wohl mit einer Punze eingeſchlagen. Sie befinden ſich nur auf der Oberſeite des Ringes. Sie be- ſtehen aus übers Kreuz gelegten Bändern, glatten oder mit Stricheln aus- gefüllten Streifen, durch die zum Teil eine Siederverzierung hervorgebracht iſt, und dazwiſchen ausgeſparten unverzierten Flächen. Die Verzierungen ſind von der Mitte des Ringes ausgehend ziemlich gleichmäßig verteilt 1).

1) Der Fund befindet ſich als Teil meiner Sammlung im Dölker-Muſeum Leipzig.

86 Mar Mabe. Ein eiſenzeitlicher Depotfund von Wahren bei Leipzig. [4

Die Unfertigungsweiſe des Ringes dürfte die folgende geweſen fein. Man zog aus der in Weißglut gebrachten Luppe eine Stange heraus, die man zunächſt rund ſchmiedete. Sodann wurden die Enden knopfartig breit gehämmert und die entſtandenen Knöpfe rechtwinklig umgebogen. Dann erſt erfolgte das Biegen des Ringes. Die Verzierungen wurden ſpäter in das weiche Eiſen eingeſchlagen.

Schwierig dürfte es ſein, den Fund in unſere vorgeſchichtlichen Perioden einzuordnen. Soweit ich unſer ſächſiſches und mitteldeutſches Material kenne, fehlen ähnliche Funde vollſtändig. Sicher weiſt die Art der Verzierung und ihre Technik auf hohes Alter und bronzezeitliche Vorbilder hin, ſo daß wir den Sund wohl noch vor den Beginn der älteſten Latenezeit ſetzen dürfen, in eben jene Bronze-Eiſenzeit, die bei uns die Stelle der Hallſtattkultur einzu⸗ nehmen ſcheint.

Denkbar iſt auch, daß der Fund bei uns nicht bodenſtändig iſt, ſondern den Beſitz eines wandernden Schmiedes darſtellt, der, aus ſüdweſtlichen kelti— ſchen Gebieten kommend, als einer der erſten das Eiſen in unſere Heimat brachte.

Tafel XX.

Mannus, Jeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII.

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Abb. 1.

Curt Mabitzſch, kal Univ.-Derlagsbudh., Würzburg.

Näbe, Ein Depotfund von Wahren bei Leipzig.

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Die illyriſche, die germaniſche und die keltiſche Kultur der früheſten Eiſenzeit im Verhältnis zu dem Eiſenfunde von Wahren bei Leipzig. Von Guſtaf Roſſinna.

Mit 44 Abbildungen im Text und 1 Karte (Taf. XXI).

Don Herrn Max Näbe wurde ich gebeten, meine Anjicht über den Sund von Wahren im Anſchluß an feine Bejchreibung im Mannus mitzuteilen.

Als Herr Näbe in Begleitung des herrn Mötefindt mich kurz vor den Oſterferien beſuchte, um mir den Wahrer Fund vorzulegen, geriet ich durch drei Umſtände ſogleich in freudige Uberraſchung. Einmal dadurch, daß ſich hier ein neuer Vertreter einer Halsringart eingeſtellt hatte, die überaus ſelten iſt, ſo ſelten, daß ſie den beiden herren noch unbekannt war, dann dadurch, daß nunmehr zum erſten Male in Oſtdeutſchland ein doppel- pyramidenförmiger Eiſenbarren zum Vorſchein gekommen war, endlich da— durch, daß ſich dieſe beiden merkwürdigen Erſcheinungen in einem einzigen Funde vereinigten, alſo gleichzeitig waren. Da ich die Halstingart ganz ſicher in den Ausgang der hallſtattzeit beſtimmen konnte, jo vermochte ich den Herren ſogleich anzudeuten, daß dieſer Sund das Alter der doppel- puramidenförmigen Eiſenbarren, die bisher der ſpäten Latene-Jeit und noch lieber der römiſchen Kaiſerzeit zugeſchrieben wurden, nach oben hinauf bis in die Hallitattzeit rücke. Unter römiſchem Einfluß kann dieſe Art Eiſen— barren alſo unter keinen Umſtänden entſtanden ſein.

1. Der eiſerne Halsring.

Sowie ich den eiſernen Halsring betrachtete, erinnerte ich mich der gleichgeſtalteten Stücke aus dem bekannten Depotfunde von der Wölmiſſe bei Schlöben im altenburgiſchen Weſtkreiſe, ſüdöſtlich bei Jena. Dieſer Fund befindet ſich in der Sammlung der Geſchichts- und altertumsforſchenden Geſellſchaft des Oſterlandes zu Altenburg und iſt in ſeinen wichtigſten Stücken

88 Guſtaf Roſſinna. [2

im Photographiſchen Album der Berliner Ausjtellung von 1880 (Sektion VI, Tafel 16 und 17) abgebildet worden. Ich erinnerte mich auch an die gleichge— ſtalteten Bronzehalstinge, die in Dänemark aus der nämlichen Zeit vorliegen.

Abb. 1. Bronze.

Abb. 2. Bronze (innerer Ring), und 3. Eiſen. Abb. 4. Eiſen. Abb. 1—4. Wölmiſſe bei Schlöben, Sachſen-Altenburg. °/s.

Da die Abbildungen des undes von der Wölmiſſe ſchwer zugänglich ſind, ſo gebe ich einige davon hier von neuem mit einer kurzen Beſchreibung. Zu dem Funde gehören:

3] die illyrifche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit uſw. 89

. 1. Drei breite gewölbte, manſchettenartige Bronze- Hlrmbänder, ab- gebildet: Altertümer u. heidn. Vorzeit II, 1, 2 Abb. 6 und 8, ebenſo bei G. Eichhorn, Tafeln zur Vor⸗ und Frühgeſchichte Thüringens. Jena 1910 Taf. III, 102, nicht getrieben nach ſüdweſtdeutſch⸗keltiſcher Art, ſondern gegoſſen nach Art der überaus ſeltenen germaniſchen Nachahmungen der ſüdweſt⸗ deutſchen Vorbilder, wie das von Ottersberg, Kr. Achim, Prov. Hannover („Merkbuch“ des Berliner Muſeums für Völkerkunde Taf. IX, 5);

2. fünf maſſive dicke und plumpe Fuß (?)⸗Ringe aus Bronze, von denen einer vier angegoſſene „Füße“ (Abb. 1), ein anderer (nur Bruchſtück) zwei derartige Füße oder Stützen beſitzt. Ich verweiſe hier auf einen ähn⸗ lichen Ring des Bonner Provinzialmuſeums aus Bacharach am Rheine, der auf der Ober⸗ wie auf der Unterſeite plumpe „zinnenartige Verzierungen“ beſitzt, die ganz den nur auf einer Seite befindlichen Stützen unſerer Ringe gleichen (Bonner Jahrbücher 1905, Bd. 113, S. 58, Sig. 29, Abb. 9);

3. ein gegoſſener Hohlwulſt von weſtgermaniſchem Typus, wie er von Aurich in Oſtfriesland bis nach Danzig verbreitet iſt, beſonders häufig aber in Noröbrandenburg und namentlich in Pommern vorkommt. Als von Norden her eingeführte Ware erſcheint er auch im benachbarten Röſtritz a. d. Eliter, nördlich von Gera, und in Oſtdeutſchland in dem illuriſchen Depot⸗ funde von Schroda, Prov. Poſen (Mannus V, 337 nebſt Tafel XXXII);

4. ein innen flacher, außen kantiger Bronzehalsring mit längsge⸗ ſtrichelten Dreiecken und abwechſelnd nach rechts und nach links gerichteten Schrägſtrichgruppen verziert, zum erſten Male abgebildet bei Eichhorn, a. a. O. Taf. III, 101, nebſt einem Bruchſtück derſelben Art (letzteres Abb. 2). Das ganze Stück endet in vorwärts gekehrte flache Knöpfe, wie der Ring aus Wahren;

5. zwei eiſerne unverzierte halsringe mit Endknöpfen von demſelben Typus wie die Bronzeringe unter Nr. 4 (Abb. 3);

6. ein eiſernes Flachbeil mit Seitenzapfen von ſpäthallſtättiſcher Art (Abb. 4), abgebildet auch bei Eichhorn, a. a. O. Taf. III, 87;

7. ein eiſerner Tüllenmeißel;

8. ein eiſernes Tüllenbeil;

9. zwei eiſerne Sicheln, abgebildet auch bei Eichhorn, a. a. O. Caf. III, 92.

Es handelt fic) bei dieſem Funde um die hallſtattperioden Reinecke III oder IV, alſo um die Zeit von 800 —650 oder von 650—500, rund aljo um das Jahr 700 oder 600. Das eiſerne Japfenbeil, der pommerſche Hohlwulſt und die Manſchettenarmbänder weiſen eher nach dem älteren, als dem jüngeren Abſchnitt hin; bei den übrigen Stücken kann man ſchwanken.

Die ähnlichen däniſchen Bronzehalsringe (Abb. 5), die wie das Wahrer Stück rundſtabig gegoſſen ſind, entweder voll oder hohl, hat S. Müller in ſeiner Ordning, Bronzealderen unter Nr. 412 abgebildet. Sie ſind von ge—

90 Guſtaf Koffinna.. Ä [4

ringer Arbeit und nur felten durch einige eingepunzte Querbänder verziert. Im ganzen kennt man davon 12 Stück, darunter drei aus einem jütländi⸗ ſchen und zwei aus einem laaländiſchen Weihegabefund (klarböger 1891, S. 256 ff.). S. Müller teilt fie feinem jüngeren Ubſchnitt der jüngeren

Abb. 5. Dänemark, Bronze. 2.

Bronzezeit zu, der teils unſerer Periode V der germaniſchen Bronzezeit (Hall⸗ ſtatt II, Reinecke), teils unſerer früheſten Eiſenzeit (= Hallſtatt III IV, Reinecke) entſpricht. Wir werden die däniſchen Halsringe ausſchließlich in

| die früheſte Eiſenzeit zu ſetzen haben, das 8. oder das 7. Jahr⸗ hundert vor Chr.

Bei der Durchſicht mei⸗ ner Fund mappen entdeckte ich noch einen kantigen eiſernen halsring mit Endknöpfen gleich dem von der Wölmiſſe. Er iſt abgebildet bei Cinden⸗ ſchmit, Alt. u. h. Vorz. Bo. I, H. VIII, Tafel V, 3 (Abb. 6) und ſoll aus Wiesbaden SS jtammen. Da die Fundver⸗

San ARS hältniſſe nicht näher beſchrie⸗ SY ben ſind und die Abbildung

Abb. 6. Eiſen (Abguß). 2's. der des Ringes von Wölmiſſe gar zu auffallend ähnlich

ſieht, kam ich naturgemäß auf den Gedanken, daß hier, wie einſt leider ſo oft im Römiſch⸗Germaniſchen Zentralmuſeum, der Fundort unrichtig an- gegeben worden fet. Das Ergänzungsheft zu Band I—IV, S. 22 (Reinecke) belehrte mich dann weiter, daß die heimat dieſes Ringes „wohl Ober⸗ heſſen“ ſei. Gründe für dieſe Vermutung, die mir nicht ohne weiteres einleuchtete, ſind indes nicht mitgeteilt worden und ſo fragte ich bei der Leitung des Römiſch-Germaniſchen Muſeums an, ob dieſer Typus in Welt- deutſchland ſonſt noch vorkäme, wovon mir bei meinen ſo genauen Muſeums⸗

5] Die illyrifhe, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit uſw. 91

ſtudien nichts bekannt geworden war!). Die freundliche Antwort von Dr. G. Behrens lautete: „Unſer Abguß iſt ſehr alt und nur ungenau, fo daß ein endgültiges Urteil nicht möglich iſt. Nur das iſt zu ſagen, daß er ein Unikum in Weſtdeutſchland iſt und bei der fehlenden Fundortsangabe vielleicht gar nicht weſtdeutſch iſt. Die koniſche ZJuſpitzung der Endknöpfe, die der Abguß deutlicher als die Abbildung zeigt, würde ja wohl dem nicht widerſprechen.“ Weiter erhielt ich durch herrn Behrens die Nachricht, daß das Urſtück des eiſernen Ringes ſich nicht im Wiesbader Muſeum befinde. Nach alledem ſcheint es mir ziemlich ſicher, daß der ſog. Wiesbader eiſerne Halsring nichts iſt als ein falſch benannter Abguß einer der beiden eiſernen Halsringe von der Wölmiſſe und demnach für uns nicht weiter in Betracht kommt.

Somit haben wir es bei den Knopfhalsringen mit einem Tupus der früheſten Eiſenzeit (Hallſtatt III.IV) zu tun, der in Dänemark nicht ganz ſelten iſt, aber dort nur in Bronze erſcheint, während er in Oſtthüringen bis jetzt an zwei Stellen nachgewieſen iſt, an der einen ſowohl aus Bronze wie aus Eiſen, an der anderen nur aus Eiſen.

Nun zu der Verzierung des Wahrer Halsringes. Näbe nennt die Derzierungsart eine altertümliche, die auf bronzezeitliche Vorbilder hin- weile. Ich weiß nicht, ob er dabei beſonders die Kreuzbänder oder das Tannenzweigmuſter im kluge hat oder beides.

Was das liegende, langgezogene Kreuz anlangt, ſo habe ich längſt feſtgeſtellt, daß dieſes Muſter innerhalb der Bronzezeit zwar ziemlich früh, aber doch nicht vor dem Ende der Periode II auftritt. Innerhalb der Periode II ijt es ein ſicheres Zeichen für meinen Abjchnitt IIc, vgl. u. a. die illyrijchen und germaniſchen Nadeln: „Die deutſche Vorgeſchichte“, Abb. 140 und 214.

In den folgenden Perioden der Bronzezeit tritt das Muſter ſehr zurück. Ein Beiſpiel für ſein Erſcheinen in Periode III bietet ein Meſſer aus Oſtrowo am Goploſee?). Ein zweites Beiſpiel ijt eine Sicherheitsnadel aus Roskow, Kr. Weſthavelland ); ein drittes ein Typus däniſcher Bein— ringe “). Erſt in Periode IV—V wird es auf germaniſchem Gebiete wieder etwas häufiger. So in Doppellinien an einem breiten Man— ſchettenarmbande aus dem Gießerfunde von Ruthen bei Lübz in Mecklen— burg (Muſ. Schwerin) und an zweien dieſem ſehr ähnlichen aus Schwa—

1) Nach einer Anmerkung, die ich vor etwa 25 Jahren, d. h. vor Beginn meiner umfaſſenden Muſeumsreiſen, niedergeſchrieben habe, ſollen halsringe vom Typus Wahren auch in Bauern vorkommen. Ich möchte aber glauben, daß dieſe Bemerkung auf einem Irrtum beruht. f

2) Kohn u. Mehlis I, 112 Abb. 58 nach Wiadomosci archeologiczke. Warſchau 1885. I, 32 Abb. 29; Univ.⸗Sammlung in Krakau.

3) Mannus VI, 184 Abb. 1.

) S. Müller, Bronzealderen 106.

92 Guſtaf Koflinna. | [6

now, Kr. Ruppin!), an den Enden von Fußringen, wie denen aus dem großen großen Depotfunde von Oldesloe in Holſtein?), ſowie an dem flachen Griffe (mit Ringende) eines Meſſers des Depotfundes aus Schwachen= walde, Kr. Arnswalde 3). In einfachen Linien erſcheint es an den Breitſeiten des vierkantigen Griffs eines Antennenſchwertes aus Kuggen, Kr. Königsberg i. Pr.“), an den Schmalſeiten eines vierkantigen Griffs eines germaniſchen Schwertes mit Nierenknauf, das auf illuriſches Gebiet hin verhandelt worden und bei herrnſtadt, Kr. Guhrau in Schleſien gefunden worden ijt?), ſowie an den meiſtenteils aus drei oder vier breiten zuſammengegoſſenen Ringen beſtehenden Halskragen, die im Mittelteile mit eng ineinander greifenden, abwechſelnd ſchräg ſchraffierten Dreiecken, an den Enden aber mit liegenden Kreuzen, ſei es zwiſchen Querfurchen, ſei es im Verein mit längslaufendem Tannenzweigmuſter, verziert find. Das Hauptverbreitungsgebiet dieſer Hals- fragen ijt das germaniſche Elbgebiet von der Saalemündung abwärts).

1) Kreismufeum in Neuruppin; Begemann, Gumnaſ. Progr. Neuruppin 1892, S. 19, Nr. 166, 167, Taf. IV. 2) Meſtorf, Atlas 332 = Fplieth, Inventar 161. 3) Baſtian und Dok, Bronzeſchwerter, Taf. III, 1. 4) Bezzenberger, Analuſen, Abb. 21. 5) Schleſiens Dorzeit, N. §. V, S. 7, Abb. 7. 6) Solcher halskragen, die der Periode IVb angehören, gibt es folgende: a) an den Enden mit liegenden Kreuzen verziert: Eichede Kr. Stormarn: 1 aus Depot (Moorfund) der Periode IVb; Muſ. Lübeck (Splieth, Inventar S. 64f.). Oldesloe Kr. Stormarn: 4 aus großem Depot in Tongefäß im Moor, Periode IVb (Splieth, a. a. O., Taf. VIII, 154 = Meſtorf, Atlas 259). Bahrendorf bei hitzacker Kr. Dannenberg: 1 aus Depot unter großem Stein der Periode IV b, nebſt Plattenfibel, hannöverſcher Sibel, 5 hohlen Beintingen (= Splieth 160), Gürtelplatte (Tutulus), 4 Scheibenknöpfen; Muſ. f. D. hamburg (Bericht f. 1904, 17f.). Bevenſen Kr. UÜUlzen: 1; Muſ. Hannover (Müller-Reimers, Vor- u. frühgeſch. Ultert. d. Pr. hannover, Taf. XI, 85). Hltmark (Kr. Gardelegen ?): 1 (Privatſammlung in Flechtingen). Naſſenheide Kr. Randow, Dorpommern: 1 aus großem Depot der Periode IVb; Muf. Stettin, Bald. Stud. 35, Taf. 4. Torſtorp Kip. Söderäkra, Län Kalmar: 1 aus Depot der Periode IVb; Muf. Stockholm 1453, 311 (Meddelanden fran Kalmar Län Sornmimesf. 1915, IX, 49 Abb. 54) *. b) mit abweichend verzierten Enden (Tannenzweigmuſter): Mennewiß bei Aken a. d. Elbe, Kr. Kalbe a. S.: 4 einzelne Ringe aus einem Depot; Muf. f. D. Berlin (Dbl. d. Berl. anthr. Geſ. 1886, 717 Abb. II. V). Burg b. Magdeburg Kr. Jerichow I, Friedhof: 1 Einzelring, ſpitz endigend, aus Depot (Muſ. Burg). f Iſterbies Kr. Jerichow I: 1 Einzelring aus Depot (?) nebſt Lanzen= ſpitze, dickem Armring und 2 Nadeln (Märk. Muf. Berlin II 18 581).

7] Die illyrifde, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 93

Auf illyriſchem Gebiet zeigen das Kreuz in Doppellinien der breite Bügel einer bronzenen Harfenfibel aus Adamowik Kr. Groß⸗Strehlitz in Schleſien, und eine bronzene Kahnfibel mit beiderſeitiger eiſerner Spiralrolle aus Grün: berg⸗Kroſſen a. d. Oder !), letztere ſicher, erſtere wahrſcheinlich ſchon der frühen Eiſenzeit angehörig.

Ganz gewöhnlich ijt das einfach- oder doppellinige Kreuz an dem internationalen Typ der ſog. Pfahlbaumeſſer, wo es auf dem Rüden, oft in vielfacher Wiederholung, angebracht wurde’).

Wir ſehen hiernach, daß das liegende Kreuz in der Bronzezeit ſtets durch einfache oder doppelte Linien dargeſtellt wird, aber faſt nie durch ein Band, d. h. durch zwei nicht zu eng aneinander geſtellte Parallellinien, deren Zwiſchenraum durch Querſtrichelung ausgefüllt ijt, wie bei dem Wahrer

Neuendorf Kr. Weſthavelland: unvollſtändiger Einzelring aus einem weiblichen Urnengrabe (Doß u. Stimming, Altert, a. d. Mk. Branden- burg Taf. IV, 6).

*) Dieſer ſüdſchwediſche Halstragen, ein Einfuhrſtück aus Norddeutſchland, gehört zu der hier aufgeführten Elbegruppe nur, ſoweit ſeine Geſtalt und die Endverzierung des Mittelringes mit liegendem Kreuz betrachtet wird. Nach der Verzierung des Hauptkörpers des Mittelringes und nach der Geſamtverzierung der beiden anderen Ringe gehört dieſer Hals— kragen zu einer Gruppe, die ich die Odergrup pe der norddeutſchen halskragen nenne, denn fie iſt nur im germaniſchen Odergebiete in Hinterpommern und in der Neumark verbreitet. Ihr Kennzeichen iſt die Verzierung der meiſt nicht ſehr breiten, ſondern eher rundſtabigen Ringe mit Gruppen von Schrägſtrichen, die in der Richtung wechſeln; ferner iſt bezeichnend für ſie, daß die Ringe meiſt nicht eng aneinander gerückt, ſondern durch ſenkrecht zwiſchen ihnen angebrachte Querſtege, einfacher oder dreigeteilter Art, verbunden ſind. Aus dieſer Gruppe kenne ich folgende Vertreter:

Kodram Kr. Ujedom-Wollin: 1 von 5 Ringen mit 5 Querſtegen; Mul. Stettin (Berliner Phot. Album II, 17; Balt. Stud. 46, Taf. III, 7).

Stargard Kr. Saatzig: 2 von je 6 Ringen mit je 3 Querſtegen; Muſ. f. D. Berlin.

Konraden Kr. Arnsmalde: 1 von 5 Ringen (Märk. Muſ. Berlin).

Schwachenwalde Kr. Arnswalde: 1 von 7 Ringen mit 5 Querſtegen; Muſ. f. V. Berlin (Baſtian u. Dog, Bronzeſchwerter III, 27).

Mandelkow Kr. Soldin: 2 ſehr zerſtörte; von je 4 Ringen; Muſ. Stettin (Berliner Ph. Album III, 6).

Kl. Drebnau Kr. Siſchhauſen; 1 Bruchſtück, mit durchbrochenem Rande, natürlich Einfuhrware von der Oder her; Pruſſia-Muſeum in Rönigs⸗ berg (Bezzenberger, Monteliusfeſtſchrift 1915, S. 142, Abb. 21; das von Bezzenberger angeführte Seitenſtück aus Schwachenwalde Taf. III, 26 gehört nicht zu dieſer Gruppe, ebenſowenig Beiſpiele von Schönebeck und Kallies).

1) Adamowiß: Schleſiens Dorz. V, Taf. XXIII, 6. Grünberg⸗Kroſſen: ebenda Taf. II, 11.

2) 3. B. Altert. u. h. Dor3. II, 8, 2, Nr. 2, 4, 15, 16.

94 Guftaf Roſſinna. | [8

Halsring. Nur bei den Manſchettenarmbändern von Schwanow (S. 91 f.) wird durch Umſäumung der Doppellinien mit Grübchen oder Punkten der Band⸗ charakter hervorgehoben, ähnlich wie bei den Zilmsdorfer Sußbändern (ſ. S. 95); die Sicherheitsnadel von Rostow hat Querſtrichelung. Erſcheint das liegende Kreuz erſt am Schluß der Bronzezeit wieder häufiger, ſo wird es außerordentlich beliebt in der unmittelbar anſchließenden früheſten Eiſenzeit oder ſpäten Hallſtatt⸗ zeit, ſowohl in einfacher oder doppelter Linienführung, wie mit Betonung des Bandcharakters. Wenig iſt dies zwar auf keltiſchem Gebiete der Fall, wo das Kreuz indes auch nicht ganz fehlt, wie der hohle Bronzehalsring von Alten⸗ rath, Siegkreis 3eigt!); deſto mehr aber auf illuriſchem und auf germaniſchem Gebiete.

Bei den Illyriern Oſtdeutſch⸗ lands zeigt ſich das eingepunzte einfache oder doppelte Kreuz an gegoſſenem

| Schmuck, wie Nadeln, Armbänder, Arm: tinge, Halsringe, und das Kreuzband mit Augenverzierung in den Winkeln ijt geradezu ein typifches Muſter an hohlen, dünnwandigen, wahrſcheinlich getriebenen Hals- und Armringen.

Als Beiſpiel einer Nadel nenne ich das Stück mit Doppelſpiralſcheibenkopf aus dem Depotfunde von Stano⸗ min, Kr. Hohenſalza (Abb. 7) 2).

Abb. 7. Stanomin Kr. Hohenjalza, Prov. Dojen. ½.

1) Mannus IV, Caf. 29, Abb. 5.

2) Nachrichten üb. d. Altert. 1899. 82 ff., Abb. 2. Unter den Nadeln dieſer Art, die ein durchaus illyrijcher Typus find, muß eine kurze Abart, die wohl nur in Gräbern vor⸗ kommt und bei der die kleinen Spiralſcheiben meiſt kantigen, auf die Kante geſtellten Draht aufweiſen, von einer langen Abart geſchieden werden, die hauptſächlich in Depotfunden und als Einzelfund vorkommt, bei der die großen Scheiben runddrahtig und in ihrem leeren Mittelpunkte zuweilen durch eingeſetzte Nietköpfe verziert ſind. Während die kleinere bart ein Gebiet erfüllt, das ſich von Breslau durch die poſenſchen Kreiſe §rauſtadt, Schmiegel, Roſten, Schroda, Obornik, Mogilno, Hohenfalza mit einem Ausläufer in den neumärki⸗ ſchen Kreis Soldin (Cübbeſee) erſtreckt, erſcheint die größere bart nur in den drei poſenſchen Kreilen Bomſt (Starfowo), Mogilno (Orchowo), Hohenſalza, mit einem Ausläufer in den uckermärkiſchen Kreis Angermünde (Greiffenberg). Dierſcheibenſpiralen begegnen uns nur im Kreiſe hobenjalza (Scharley: 1, Kl. Roluda: 3 Stück), ſowie an dem einen ucker⸗ märkiſchen Stück aus Greiffenberg (Mitt. des uckermärk. Muſ.⸗ Der. II, 86 ff. Abb.). Das

9] Die illyrifdhe, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit uſw. 95

Innerhalb des mannigfachen Urmſchmucks kommt hier der Typus der längsgerippten Armbänder des ſüdöſtlichſten Teiles der Niederlauſitz und des angrenzenden Schleſien in Betracht“), jedoch nicht in ihrem ganzen Um: fange, ſondern nur mit dem Anteil der niederlauſitziſchen Gruppe: Witzen (3), Zilmsdorf (6), Sommerfeld (22) nebſt Prittag (2). Bei dieſer Gruppe zeigen die im Guß glatt gelaſſenen rechteckigen Endflächen ein rechts und links durch mehrere Querkerben begrenztes liegendes Kreuz eingeſchlagen (Abb. 8). Zu: weilen find die Kreuzſtäbe beiderſeits von einer Punktreihe begleitet, fo bei den Zilmsdorfer Sußbändern.

Es mag erlaubt fein, die Entſtehung des Typus diejer Arm: und Sußbänder hier kurz zu erläutern. Der Typus hat in feinem Derbrei- tungsgebiete in der vorhergehenden Bronzezeit keine Vorläufer, aus denen er ſich entwickelt haben könnte, wohl aber in ſeiner eigenen Periode. Die ziem⸗ lich ſcharf eingeſchnittenen Cängsfurchen von dreieckigem Durchſchnitt zeigen dieſelbe Liebe dieſer Zeit zu ſcharfkantigem Hußeren, wie der vierkantige, auf die Kante geſtellte Draht der einfachen Spiralſcheiben⸗ und der Doppel⸗ ſpiralſcheibenkopf⸗ Nadeln, der Brillenfibeln mit mittlerer Achterſchleife und Scheibentutuli, der SIERT ate dünndrahtigen glatten ſchwediſchen Halsringe u . (Gland) und der ſchleſiſchen und däniſchen Arm- ringe (Caaland), endlich der hochſtehenden Spiral- Abb. 8. /. ſcheiben der ſpäteſten germaniſchen gedrehten Witzen e e Halsringe mit ovalen Endſchildern, ſoweit fie ſehr ö dickleibig ſind und nicht mehr in die Periode V der Bronzezeit, ſondern ſchon in die früheſte Eiſenzeit fallen (8. Jahrh. vor Chr.). Weiter kann man hier noch auf die oſtgermaniſchen jechs: und achtkantigen Halsringe (S. 111) und auf 3 vierkantige, aber auf die untere Fläche geſtellte Armringe eines ſchönen einſchlägigen Depotfundes von Abbau Karthaus in Weſtpreußen?) hinweiſen.

Auffallendfte iſt, daß beide Abarten, die kleine wie die große, ziemlich häufig in dem ent— fernten Jütland vorkommen; von den 14 Einzelfunden dieſer Art im Muſeum zu Ropen— hagen, die zwiſchen 614 und 261, cm Lange ſich bewegen, find 8 aus Jütland, 6 un— bekannter herkunft. Es finden ſich darunter auch Dierſcheibennadeln mit Nietköpfen (S. Müller, Ordning, Bronzealderen 413).

1) Dieſe meiſt ſechsrippigen Armbänder oder Fußbänder (letztere von etwas weiterem Durchmeſſer) kennen wir nur aus Depotfunden, und zwar folgender Fundorte: im Kreife Sorau aus Marsdorf (2 Stück: Sammlung Sorau), Sorau (1), Witzen (3 Arm-, 4 Fußbänder), Zilmsdorf (4 Arms, 2 Fußbänder), dieſe letzten drei Sunde im Muſeum für Völkerkunde zu Berlin (Nachr. ü. d. Alt. 1904, 48 f.); im Kreiſe Kroffen: Sommer: feld (22: Muſ. f. D. Berlin); in der Provinz Pofen: Birnbaum (2 Stück: Sammlung zu Drieſen a. d. Netze); in Schleſien: Prittag Kr. Grünberg (4: Muſ. f. D. Berlin); Mal⸗ ſchwitz Kr. Sreijtadt (3); Karlsruh Kr. Steinau (2); Krehlau Kr. Wohlau (2): letztere drei Sunde im muſeum zu Breslau (Schleſ. Vorzeit VI, 380 und N. §. IV, 41 f.).

2) Danziger Muſeumsbericht 1892, S. 18.

96 Guſtaf Koffinna. [10

Der nächſtältere Typus kantig gerippter Armbänder hat noch keine platten, rippenloſen Enden, ſondern führt die Rippung bis zu Ende durch: von ſolchen Stücken kenne ich eines aus dem Depotfunde von Orchowo Kr. Mogilno und zwei in Bruchſtücken aus Gräbern von Granowko Kr. Roſten, alle drei im Polniſchen Muſeum zu Poſen!), ſowie 2 winzige Vertreter aus dein gleichzeitigen Depotfunde von Wilkau Kr. Fiſchhauſen in Oſtpreußen ?). Tupologiſch älter iſt ein vollkommen geſchloſſenes Armband, das alſo um— laufende ſcharfe Rippung zeigt, eines Depotfundes aus der Umgebung der Stadt Poſen (Abb. 9) 3). Tupologiſch wiederum älter ijt der Einzelfund eines jo geſchloſſenen Armbandes aus Brenno, Kr. Frauſtadt in Poſen (M. f. D. Berlin, Id 1222), bei dem die Rippen völlig gerundet find und dies nicht nur außen, ſondern ebenſo auch innerhalb, ſo daß es alſo aus vier übereinander gelegten, ringförmigen Drähten beſteht (Abb. 10). Und dieſer

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Abb. 9. Poſen. ½. Abb. 10. Brenno Kr. Frauſtadt, Prov. Poſen. Etwa |»,

älteſte Typus, der aber immer noch derſelben früheſten Eiſenzeit angehört“), läßt erkennen, daß er eine Nachahmung einer niedrigen, runddrahtigen krmſpirale fein muß, entweder aus einfachem oder aus doppeltem Draht.

Ein ſolcher Typus, mit einfachem rundem Draht, kommt aber meines

1) Orchowo: Poſenet Album I, Taf. XV, 5; das Stück hat 17 Rippen und iſt außer: dem im ganzen mit einem erhabenen Rande umgeben.

2) Wilkau: Die Stücke haben 7 Rippen, abgebildet: Bezzenberger, Analyjen S. 42 Abb. 40.

3) Muſeum f. Dolferf. Berlin Id 1405; dazu gehören weiter ein ſehr maſſives, außen dreikantiges, innen flaches, engſchließendes Armband, genau wie das aus Rata] Kr. Poſen Oſt (E. Blume, Katalog der Poſener Ausftellung 1909, S. 34, Taf. 5), ein rund— ſtabiger, runder, geſchloſſener, plumper Beinring, zwei kleine und ein großer gedrehter Oſenhalsring und ein geradezu ungeheuerlich großer und plumper Wendelring mit drei— fachem Wechſel der ganz flachen Windungen und mit ganz plumpen, geſchloſſenen End— öſen (Id 1403-1407).

4) Daß der Urſprung dieſer Klaſſe nicht den geringſten Zuſammenhang mit den auf ähnliche Weiſe entſtandenen und daher ähnlich ausſehenden längsgerippten Urm— bändern der Periode I der Bronzezeit haben kann, iſt durch die Jeitverhältniſſe ohne weiteres klar, wie ich das gegen Montelius, der allerdings die eiſenzeitlichen Armbänder nur fälſchlich in die früheſte Bronzezeit ſetzte (Die Chronologie der älteſten Bronzezeit S. 36 Anm. 2 u. S. 45 Anm. 5), feſtſtellen mußte (Jeitſchr. f. Ethnol. 1912, 191 Anm. 6). Ich würde auf dieſe längſt erledigte Sache nicht noch einmal hinweiſen, wenn nicht Bezzenberger neuerdings den Derſuch gemacht hätte, unter Nichtbeachtung des von mir feſtgeſtellten Zeitunterſchiedes beide Rlaſſen von Armbändern in Zuſammenhang zu bringen (Bezzenberger, Monteliusfeſtſchrift 1915 S. 151).

11] Die illuriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit uſw. 97

Wiſſens in diefer Zeit weder auf dem illyriſchen, noch auf dem benachbarten ger- maniſchen Gebiete vor. Wir müſſen aljo den möglichſt naheſtehenden Typus der niedrigen Armjpiralen von 2—3 Umgängen aus rundem Doppeldraht nehmen, die an einem Ende die Oſe (Doppelung, Schleife), an dem anderen die beiden ſpitz zuſammengedrehten Drahtenden aufweiſen, und fie als das wahr: ſcheinlichſte Vorbild der illyriſchen geſchloſſenen gerippten Armbänder anſehen. Solche Stücke ſind in Periode V der Bronzezeit ſehr zahlreich auf weſtgermani⸗ ſchem Gebiete verbreitet geweſen, namentlich in Nordbrandenburg, Hinter: pommern und Weſtpreußen, fehlen indes auch nicht ganz auf illuriſchem Ge- biete (Abb. 11). Von den Weſtgermanen Weſtpreußens kommen dieſe Arm: ſpiralen vereinzelt noch zu den früheſten dort eingewanderten Oſtgermanen zu Beginn der Eiſenzeit.

Dieſe gehämmerten Drahtſpiralen wurden nun in der Periode V der Bronzezeit von den Weſtgermanen zugleich ſehr getreu in vollem Guß nach—

ot ae n a

Abb. 11. Übigau bei Dresden. 11. Abb. 12. Großendorf Kr. Putzig, (nach „Iſis“, Abh. 1884 II, Taf. I, 3). Weſtpreußen. .

geahmt !). Die jo entſtandenen, zunächſt noch innen wie außen, ſpäter aber nur noch außen längsgerippten Armbänder von wunderbar zartem, dünnſten Guß bleiben nun nicht mehr geſchloſſen, ſondern werden, wie das Bezzenberger ſchon gut dargeſtellt hat, neben der Oberſchleife in ſchräger Richtung durchgeſchnitten. Sie bewahren zwar im Guß die obere, in ent— gegengeſetzten Richtungen feingekerbte Schleife, die nun reiner Zierat iſt, zeigen aber darunter an beiden Seiten ein langgezogenes dreieckig zugeſpitztes Ende. Leider gibt es von dieſem Typus keine genügende Abbildung. Unſere Zeichnung (Abb. 12) ſtellt eines der beiden ſehr weiten Armbänder aus dem Depotfunde von Großendorf Kr. Putzig dar, der zu der Sammlung Blell⸗Cichterfelde gehörte und mit dieſer Sammlung in das Marienburger

1) Dieſes hat zuerſt Olshauſen erkannt (Dbl. Berl. Gef. 1886, 481); dann habe ich bei der Beſtimmung der Zeitſtellung der eiſenzeitlichen Poſener längsgerippten Arm— bänder auf die Parallele der weſtgermaniſchen Armbänder aus Weſtpreußen und Hinter: pommern mit Oberſchleife hingewieſen (Zeitſchr. f. Ethnol. 1902, 191). Neuerdings hat Bezzenberger (a. a. O.) den Großendorfer Tupus, d. h. die älteſte Abart dieſer weſt⸗ preußiſch⸗pommerſchen Urmbänder zutreffend behandelt, doch verfügt er längſt nicht über das geſamte hier einſchlägige Material.

Mannus, Bd. VII. H. 1/2. 7

98 Guſtaf Roſſinna. [12

Ordensſchloß gekommen ijt. Dieſe Abbildung ijt inſofern wenig geſchickt an⸗ gefertigt, als ſie nur eines der ſpitzen Enden zeigt, das andere aber verdeckt läßt. Wenn dieſe Armbänder paarweiſe erſcheinen, ſtehen die oberen Schleifen je eines Paares nach entgegengeſetzter Richtung, ſo daß alſo für jeden Arm eines der Armbänder feſt beſtimmt war. Zu dieſer Art gehören außer dem Großendorfer Paare noch 3 Paare aus einem Funde von Chwarznau Kr. Berent in Weſtpreußen und das Bruchſtück aus dem Funde von Kl. Drebnau Kr. Fiſchhauſen in Oſtpreußen. Dagegen läßt ſich über die genaue Beſchaffen⸗ heit des allerdings auch noch innen gerippten krmbandbruchſtückes von höken⸗ dorf Kr. Greifenhagen, das Bezzenberger dem Kl. Drebnauer gleichſtellt, nichts Beſtimmtes behaupten: es könnte auch zum Cöbſcher Typus gehören.

Sobald nun dieſe Armbänder offen wurden, ſtellte ſich raſch das Be- dürfnis nach einem ſichern Verſchluß ein. In Weſtpreußen half man ſich

Abb. 13. Cöbſch Kr. Putzig, Weſtpreußen. .

hierbei auf folgende Weiſe. Man ſchnitt die eine der beiden langen Zungen, und zwar die der Oberſchleife gegenüber liegende, gerade ab und verjah ihren Rand mit einem aufrecht ſtehenden ſehr maſſiven Stachel, auf der langen Dreieckſpitze der Gegenſeite (mit der Oberſchleife) richtete man eine ringförmige Gfe ein, die über den jenſeitigen Stachel zu greifen beſtimmt war. Dieſe Stücke haben noch die Innenrippung bewahrt. Don diefer Art ſind die beiden gegenſinnig zueinander paſſenden Armbänder von Cöbſch Kr. Putzig!) (Abb. 13) und dasjenige von Stendſitz Kr. Karthaus. Auf andere Weiſe half man ſich in Hinterpommern. Man ſchnitt hier die ent⸗ gegengeſetzte, unter der Oberſchleife befindliche Zunge gerade ab und durch— lochte ſie am Rande, während man die Spitze der gegenüber liegenden Junge zu einem kleinen Haken umbog, der in die jenſeitige Durchlochung eingreifen konnte. Solcher Art ſind die beiden Paare von Ramsberg, die an der Innen⸗ wand bereits vollkommen glatt find. Zwei kleine ſchwediſche Stücke, die zu dem Depotfunde von Dalby Kchſp. Kaſtlöſa auf Gland gehören, die bis jetzt einzigen außerdeutſchen Vertreter ?), ſcheinen mit ihrer VDerſchlußart in der Mitte der beiden Stufen Ramsberg und Cöbſch zu ſtehen, ſind aber nicht

1) Liſſauer, Altert. d. Bronzez. Taf. VII, 9, 10. 2) Muſ. in Kalmar; Meddelanden fran Kalmar Läns Sornminnesf. 1915, IX, 47 Abb. 49.

13] Die illyrifche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ufw. 99

nur innen ſchon glatt, ſondern haben auch die obere Schleife bereits voll⸗ kommen aufgegeben (Abb. 14). Die Zuſammenſetzung des Fundes von Dalby zeigt indes, daß feine Armbänder zeitlich nicht weſentlich ſpäter fallen können als die norddeutſchen Stücke. Dies iſt jedoch der Fall bei der letzten und jüngſten Abart, die durch die beiden innen glatten Stücke des undes von Kölpin Kr. Rolberg⸗Rörlin vertreten wird. Auch bei ihr ijt die Oberſchleife bereits verſchwunden, jedoch nicht ſpurlos wie bei den Dalbyer Stücken, ſondern an Stelle der Oberſchleife iſt eine einfache obere Randdurchbohrung getreten. Das iſt dieſelbe Erſcheinung, die wir ſogleich

Abb. 14. Dalby Kchſp. Kaſtlöſa, Oland. 3/1.

bei den entſprechenden Halskragen antreffen werden. Die Rölpiner Arm- bänder zeigen auch darin eine Entartung, daß bei ihnen das Derſchlußloch nicht an demſelben Ende eingerichtet iſt, wo ſich die Oberſchleife oder die ſie vertretende Durchbohrung befindet, ſondern an der Gegenſeite (Abb. 15).

Abb. 15. Etwa /. Kolpin Kr. Kolberg-Körlin, Pommern. Dieſe Zeichnung verdanke ich herrn Konfervator Stubenraud.

Nach dem Dorbilde dieſer Art Armbänder bildeten die Weſtgermanen längsgeſtreifte, zuweilen mit oberer und unterer Randrippe verſehene „Hals- kragen“, die im übrigen denſelben zarten Guß von höchſter Runſtfertig— keit zeigen. Sie find jo geſtaltet, daß ihr Verſchluß die Ramsberger mit der Cöbſcher Art vereinigt, d. h. auf einer Seite laufen fie in eine ſehr dünn- und lang geſtielte Ringdje aus, auf der andern Seite aber in einen ganz kurz geſtielten haken. Niemals aber haben fie eine obere Schleife, ſondern an ihrer Stelle an dem oberen, nun geraden Randende (wo nicht die Stelle ausgebrochen, was bei den Funden von Zimitz und Moſſin der Fall iſt) eine kleine, ſchon im Guß hergeſtellte Durchlochung, von der in den Beſchreibungen freilich faſt nie die Rede iſt, weil man ſie wohl für zufällig oder unweſentlich gehalten hat!). Ja, zuweilen iſt dieſer bei dem

1) Nur der Bericht über den Sund von Obluſch, der von Prof. Rumm herrührt, macht hier eine vorteilhafte Husnahme.

7*

100 Guſtaf Koffinna. [14

Haken⸗ und Oſenverſchluß ganz zweckloſen Durchlochung in dem Streben nach übereinſtimmender Formgebung eine entſprechende Durchlochung auf der Gegenſeite gegenübergeſetzt: ſo bei einem der Stücke aus Wuſſeken Kr. Schlawe (II 5279). Das Paar aus Wuſſeken zeigt auch inſofern ſeine ſpätere Stellung innerhalb der Halstragenreihe, als das andere linksſeitige Stück (II 5278) an der Verſchlußöſenſeite kein Oberloch aufweiſt: dieſes be- fand fic) alſo entweder an der falſchen Seite, der Hakenſeite (leider iſt dieſe Stelle ausgebrochen), oder es fehlte vollſtändig. Dies völlige Fehlen der Randdurchlochung iſt nun das wichtige Merkmal der jüngſten Abart dieſer Halskragen, nämlich zweier Paare von Parpart Kr. Schlawe (Abb. 16) und eines Paares von Bendargau Kr. Neuſtadt i. Wpr. Beide Funde ſtimmen auch darin überein, daß ſie reine Weihegaben ſind, ohne Beimiſchung anderer Gegenſtände. Trotzdem laſſen ſie ſich, abgeſehen von den tupologi⸗ ſchen Merkmalen dafür, mit Sicherheit zu den ſpäteſten Stücken rechnen, weil

S

Abb. 16. 8. Parpart Kr. Schlawe, Pommern. Dieſe Zeichnung verdanke ich herrn Ronſervator Stuben rauch.

alle 6 Stück mit dem erſt in der frühen Eiſenzeit einſetzenden Tremolierſtich⸗ muſter verziert find. Es ſtimmt durchaus zu dieſer typologifden Ableitung, wenn, wie wir gleich ſehen werden, die längsgeſtreiften halskragen zwar noch in Periode V der Bronzezeit beginnen, ſowohl in Weſtpreußen als auch in Hinterpommern, aber in ihrer Mehrzahl um faſt eine ganze Periode jünger ſind, als faſt die Geſamtheit der längsgerippten Armbänder mit oberer Schleife, und nur gleichzeitig mit den entarteten Kölpiner Armbändern.

Ich habe dieſe eben beſprochenen großen Vertreter unſeres Tupus „Halskragen“ oder ſog. Halstragen genannt. Dieſe Bezeichnung ſtammt von mir ſelbſt; ich habe ſie aber nur gewählt aus Mangel an einer beſſern. Die Stücke haben mit 15 cm Dm. ganz ſicher die Weite der Halsringe. Höchſt auffallend ijt hierbei ihr paariges Auftreten mit gegenſinniger Schluß: einrichtung, wie bei dem Sunde aus Parpart, wahrſcheinlich auch bei dem aus Bendargau (hierüber vgl. jetzt die Nachſchrift) und bei dem aus Wuſ⸗ ſeken und Obluſch, während es bei den beiden Stücken aus Jarnowitz nicht der Fall ijt und die beiden aus Zimitz am Derſchluß zu ſehr zerſtört find, um ihn deutlich zeigen zu können. Man kann ſich hier auch nicht mit der

15] Die illyrifche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit uſw. 101

Auslegung aus der Derlegenheit ziehen, als wären die eigentlichen Paare nur für den Zweck hergeſtellt, als Weihegaben verwendet zu werden. Denn dieſe in ſehr zartem Guß gearbeiteten „Halskragen“ find tatſächlich lange getragen worden, wie die vielen kleinen Slidjtellen, die man wohl an jedem von ihnen bemerken kann, beweiſen. Wir ſtehen aljo bei dieſer Art „Halskragen“ vor einer noch ungeklärten Sache.

Die Armbänder erſcheinen in den Kreiſen Kammin (4 Stück), Rolberg⸗ Körlin (2) und Greifenhagen (1) in hinterpommern, Berent (6), Karthaus (1), Putzig (4) in Weſtpreußen, Siſchhauſen in Oſtpreußen (1); die Halskragen (mit oder ohne Durchlochung) in den Kreiſen Ujedom-Wollin (2), Neuſtettin (1) und Schlawe (5) in Hinterpommern, Putzig (3) und Neuſtadt i. Weſtpr. (4) in Weſtpreußen !). Schon dieſe Verbreitung zeigt, daß wir hier keine ojtger- maniſchen Typen vor uns haben, da die Oſtgermanen bis in den Regie: rungsbezirk Stettin und an das Oderufer (Kreife Uſedom-Wollin, Kammin, Greifenhagen) nicht vorgedrungen ſind. In der Bronzezeit-Periode V gibt

1) Derzeichnis der Armbänder:

Ramsberg Kr. Kammin: 2 Paar achtrippige in einem Depotfunde (Moor: funde), zu dem 2 ganz dünne Gſenhalsringe gehören, die nur im mittleren Drittel gedreht, an den äußeren Dritteln aber vierkantig zugehämmert find; Muſ. f. Dolf. Berlin II, 5741, 5743 und 5742, 5744 (Balt. Stud. 35, 316).

hötendorf Kr. Greifenhagen: 1 Stück, das an beiden Enden verſtümmelt und nur noch durch die Oberſchleife erkennbar iſt, mit 9 Rippen, auch innen gerippt, aus einem Depot, mit Plattenfibel, Antennenſchwert, Schleifenringen uſw.; Muſ. Stettin (6. Schumann, Der Bronzefund von hökendorf. Stettin 1894, S. 3. Taf. II, 7).

Kolpin Kr. Kolberg-Körlin: 1 ganzes Stück (Abb. 15) und 1 Bruchſtück aus einem Depotfunde mit 2 Trenſen, viel Klapperringen vom Zaumzeug, einer Gubform zu Cüllenbeilen, 2 Sibeln, Eiſenmeſſer, Roheiſen uſw.; Mu). Stettin (Balt. Stud. 35, Taf. 5, Abb. 9, 10).

CTChwarznau Kr. Berent: 3 verſchieden große Paare von der Großendorfer Art, innen wie außen gerippt; darunter ein Stück (D. S. 7017) mit 15 Rippen; nebſt Nierenringen und Armſpiralen aus Doppeldraht uſw. (20. Bericht d. Danziger Pr. Muſ. 1899, 29 f.).

Stendſitz Kr. Karthaus: 1 rechtes Armband von der Cöbſcher Art, mit 15 Rippen, Muſ. Stettin (Pommer. Monatsbl. 1889, 186, Nr. 3).

Großendorf Kr. Putzig: 1 Paar, achtrippig (Abb. 12), nebſt einem dünnen glatten Oſenhalsring, einem Buckelknopf, 3 kleinen Sicheln; Schloß Marien— burg i. Wpr. (Dbl. Berlin. anthr. Geſ. 1886, 481 mit Abb. Olshauſen).

Cöbſch Kr. Putzig: 1 Paar, zehnrippig (Abb. 13), auch innen gerippt, nebſt 11 gedrehten Gſenhalsringen (wie die von Ramsberg) und 1 Möriger Schwert; Depot (Ciſſauer, Altert. d. Bronzez. Taf. VII, 9, 10).

Kl. Drebnau Kr. Fiſchhauſen: 1 Brudjtiid eines rechten Armbandes von der Großendorfer Urt, aus reichem Depot; große Jaumzeugbuckel, kleinerer Pferdeſchmuck, Halstragen, Armſpiralen, gehämmerte Schleifenſpiralringe uſw.; Pruſſia⸗Muſeum (Bezzenberger: Monteliusfeſtſchrift 1913, S. 146 Abb. 9, 149 f.).

102 Guſtaf Roſſinna. [16

es ja auch noch gar keine Oſtgermanen. Die Armbänder mit Oberſchleife fallen nun durchaus in dieſe Periode; eine Ausnahme machen nur die ganz entarteten Rölpiner Stücke, die bereits in die früheſte Eiſenzeit gehören. Dagegen fallen von den 7 Funden der geſtreiften halskragen!) nur 2 in die Periode V (Zimitz und Obluſch), die übrigen dagegen ſchon in die früheſte Eiſenzeit, das 8. Jahrhundert vor Chr., 3 wegen ihres ſonſtigen Inhalts (Moſſin, Wuſſeken, Zarnowiß), 2 wegen der Verzierung der Halstragen (Par: part, Bendargau). Wir erkennen hieraus, daß die Oſtgermanen nicht ſogleich mit Beginn der Eiſenzeit, um 800, ſondern erſt etwas ſpäter, um 750 oder gegen Ende des 8. Jahrhunderts, an der Weichſelmündung ſich gebildet haben, wofür auch andere Erſcheinungen ſprechen. Dies wichtige ſtammes— kundliche Ergebnis hatte ich ſchon 1900 in meinem Dortrage über die oſt— germaniſchen Geſichtsurnen, der leider nicht zum Druck gelangt iſt, bekannt— gegeben?). 1) Verzeichnis der halskragen:

Zimitz Kr. Uſedom-Wollin: 2 Stück, zwanzigrippig, mit Bändern von Schräg— ſtrichen verziert, beide ſtark verſtümmelt, aus einem Depotfunde, dazu 1 Halskragen mit durchbrochenem Rande, ähnlich wie aus Schwachenwalde,

Mandelkow, Kl. Drebnau, 1 Plattenfibel, 1 kleine getriebene Schale und das Bruchſtück einer zweiten (Muſ. Stralſund 1890, 175).

Moffin Kr. Neuftettin: 1 Stück (Bruchſtück) mit lang geſtielter Oſe mit Bändern von Schrägſtrichen und 5 ſenkrechten Reihen von Buckelchen am Ende, aus Depot, dazu ein Rieſenhohlwulſt weſtgermaniſcher Art; Muſ. Stettin.

Darpart Kr. Schlawe: 2 Paare, mit Tremolierjtichverzierung an den Rän— dern (Abb. 16); Muſ. Stettin 4460.

Wuſſeken Kr. Schlawe: ein Paar gut erhaltene und mehrere zerſtörte, mit Augenverzierung an den Enden; aus einem Depot, zu dem noch ein ſehr zerſtörter Wendelring und ein Gußklumpen gehört; Muſ. f. Dölk. Berlin II 5278 —79 (Balt. Stud. 33, 318).

Bendargau Kr. Neuſtadt i. Wpr.: ein Paar, mit Tremolierſtichverzierung (wie Hbb. 16), aber durchlocht, Torfbruchfund (17. Bericht des Danziger Pr. Muſ. 1897, 56; D. S. 4559).

Zarnowitz Kr. Neuſtadt i. Wpr.: 1 Stück mit 24 Rippen und Tannenzweig— muſter am Rande nebſt 2 germaniſchen Hohlwuliten; Muſ. Danzig II 12 (Ciſſauer, Alt. d. Bronzez. Taf. VII, 10); zu demſelben Depotfunde gehören wohl: 1 vollkommen gleicher Halskragen (alſo nicht von paarigem Gegen— finn), 2 gleiche hohlwulſte, 1 Nierenring im Muſ. f. Völk. Berlin Ib 92.

Obluſch Kr. Putzig: 3 Stücke aus einem Depot, mit Tannenzweigmuſter an den Rändern, das Stück D. S. 7534 mit 19 Rippen und eingeſchlagenem ſenkrechtem Zickzack am Oberlochende, das Paar D. S. 7331—2 mit je 17 Rippen und an beiden Enden ſenkrechte Reihen von getriebenen Budel- chen, dazu ein älterer Nierenring, 2 große Brillenſpiralen, 5 Armringe uſw. (Danziger Muſ. Bericht 1899, 51f.).

2) Es war und ijt mir unverſtändlich, wie Olshauſen, der einige meiner Sund- betrachtungen, die jener Zeitbeſtimmung des Urſprungs der Oſtgermanen 1900 zugrunde

17] Die illuriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 103

Wenn wir alſo ſehen, daß bei den Weſtgermanen Urmſpiralen aus Doppeldraht zu längsgerippten offenen Armbändern werden können, die jeder Spur der einſtigen Oberſchleife verloren haben und innen vollkommen glatt ſind, ſo ſcheinen mir keine Bedenken mehr vorzuliegen, eine ähnliche, nur weit ſchnellere Entwicklung jener Armjpiralen zu den illyriſchen längs- gerippten, anfangs geſchloſſenen, dann offenen Armbändern ohne Oberſchleife anzunehmen. Dieſe Entwicklung ging, wie es bei meiner Annahme ſich von ſelbſt ergibt, zunächſt in demjenigen nördlichſten illyriichen Gebiet vor ſich, das dem germaniſchen Derbreitungsgebiet der Urmſpiralen aus Doppeldraht am nächſten liegt, nämlich in der Provinz Poſen: 1. Typus Brenno-poſen, 2. Typus Orchowo-Granowko. Die jüngſte Stufe der Entwicklung dieſer längs— rippigen Armbänder bildet dann der ſüdlichſte Zweig, die ſchleſiſch-nieder— lauſitziſche Gruppe, von der wegen feiner Kreuzverzierung uns wiederum die lauſitziſche Abteilung (3. Typus Zilmsdorf— Witzen) beſonders in Unſpruch genommen hat.

Nach dieſer, wie ich denke, nicht ergebnis— loſen Abſchweifung kehren wir zu dem liegenden Kreuz zurück und ſuchen es weiter bei den illy- tijden Arm= und Halsringen auf.

Den drahtförmigen Armringen fehlt im si en allgemeinen das Kreuzmuſter; wenigſtens zeigt kein Typus das Muſter häufiger. Doch tritt es ausnahmsweiſe auch hier auf. Ein folder Armring mit kleinen Endknöpfen, verziert durch Linien- gruppen in Abwechslung mit dem Kreuzmuſter, befand ſich auf der Aus- ſtellung des Kaiſer-Friedrich⸗-muſeums zu Poſen 1909. Er ftammte aus dem Gräberfeld von Chojno, Kr. Rawitſch!) und war wohl ähnlich einem Armring aus dem Gräberfelde von Gr. Tſchanſch Kr. Breslau?) (Abb. 17).

Unter den maſſiven rundſtabigen halsringen kenne ich nur ein ein— ziges, leider noch verſtümmeltes Stück, das hie und da über den Körper hin mit liegenden Kreuzen bedeckt iſt, hierin alſo dem Wahrer Halsring nahe:

lagen, ganz richtig wiedergibt, zu der alles auf den Kopf ſtellenden Derfebrtheit kommen konnte, zu ſagen, ich hätte die älteſten Geſichtsurnen bis in die ältere Hallitattzeit hinauf: rücken wollen (Derhandl. d. Berl. anthrop. Geſ. 1902, S. 198). Die ältere Ballitattzeit fällt bekanntlich zuſammen mit Periode V der germaniſchen Bronzezeit, alſo mit dem 10. und 9. Jahrhundert vor Chr., während ich den Beginn der Geſichtsurnen ſchon 1900 in die Zeit um 700, früheſtens 750 vor Chr. ſetzte, d. h. alſo in den Beginn der jüngſten oder früheſtens in die Mitte der jüngeren Hallſtattzeit (Reinecke III IV). Dermutlich ijt Olshauſen durch meine abſoluten Jahlen zu feinem Irrtum gekommen, indem er bei ſeinen rückſtändigen chronologiſchen Anſchauungen dieſen Zahlen nachträglich eine feljche Periodenbenennung untergelegt hat.

1) E. Blume, Katalog uſw. Poſen 1909, Nachtrag, S. 124, Nr. 2161.

2) O. Mertins, Wegweiſer d. d. Urgeſch. Schleſiens. Abb. 215.

104 | Guſtaf Koffinna. 118

kommt: es ijt auf einem früheſt eiſenzeitlichen Gräberfelde illuriſcher Kultur zu Guben⸗Chöne (Niederlaujiß) zutage gekommen, das u. a. ein eiſernes Tüllenbeil als Grabbeigabe lieferte !).

Außerdem kenne ich einen dreifachen Halsringſchmuck aus Dresden, deſſen große rundſtabigen, gerade abſchneidenden Ringe an den Enden zwi⸗ ſchen Querſtrichgruppen je zwei Kreuzbänder mit Augenornament in zwei

Winkeln und darauf folgend zwei

einfache Kreuzbänder aufweiſen (Muſ. f. Völk. Berlin IIb 760). Ebenſo enthält der große illuriſche Depotfund von Stanomin Kr. Hohenſalza?) unter den 30 ge⸗ drehten Halsringen mit langen, plattgehämmerten und zu einer breiten Oſe umgerollten Enden eine größere Anzahl, die auf dieſen breiten Endſchildern mit einem liegenden Kreuz bedeckt ſind, das in Tremolierſtich aus— Abb. 18. Stanomin Kr. Hohenjalza, Poſen. ½. geführt iſt (Abb. 18).

Dieſer Typus von Hals- ringen mit breiten Ofenenden iſt durchaus illuriſch; feine Derbreitung reicht von der oſtgaliziſch-ruſſiſchen Grenze (Huftatyn, Tarnopol) nach dem Sangebiet (Zarſzun, Sandomir), zieht ſich das linke Weichſelufer abwärts (Rielce, Miechow) bis zur preußiſchen Grenze bei Thorn und nach dem nördlichen Poſen in die Kreiſe Mogilno, Hohenſalza, Samter. Aus- läufer gehen ſüdwärts nach dem an der Tatra belegenen ungariſchen Komitate Arva, weſtwärts nach Dahlen im

Abb. 19. Qupadly Kr. Hohenſalza, Pofen. 7/8. Kgr. Sachſen, endlich auch nordwärts nach dem ger⸗

maniſchen Kreiſe Puritz in Dommern. Der Kreis Pyritz weiſt ja aus gleicher Zeit jene beiden merkwürdigen Eiſenſchwerter von Billerbeck“) auf, ſowie einen wichtigen, illuriſch, d. h. von Poſen her, beeinflußten Eiſenfund, den

1) Niederlauſitzer Mitteilungen 7, 48, Abb. 59. ) Nachrichten über deutſche Altert. 1899, 82 ff. 3) Roſſinna, Die deutſche Vorgeſchichte uſw. 2. Aufl, S. 135.

19] Die illuriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 105

aus Brietzig, zu dem u. a. ein maſſiver, ſpiraliger Fußring wie Abb. 19 und ein eiſernes Flachbeil wie Abb. 4 gehören, letzteres eine ausſchließ⸗ lich illyriſche Form, die im poſenſchen Kreiſe Samter ihre Nordgrenze erreicht. Jener erſtgenannte Puritzer Fund ſtammt aus Leine und iſt von Stubenraud) der mittleren, von Walter gar der alten Bronzezeit zuge— ſchrieben worden 1). Angeblich ſoll er von einem Skelettgrabe in der Spitze eines Hügels herrühren; doch beſteht darüber keine wiſſenſchaftliche Beobach—

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Abb. 20. Leine Kr. Puritz, Pommern. /.

tung. Jedenfalls iſt der Fund früheiſenzeitlich, wie der gedrehte Halsring mit plattgehämmerten, breiten Oſenenden (Abb. 20) und die beiden maſ— ſiven, ſpiralig übergreifenden Fußringe (Abb. 21) beweiſen: jener wie auch dieſe von echt Stanominer Typus. Die ſpiraligen Sußringe, die als Verzierung Gruppen von Querfurchen tragen, an die ſich rechts und links hohe, ineinander geſtellte gleichſchenklige Dreiecke ſchließen, und meiſt in kleine Stempelknöpfe wie bei Abb. 19, ſeltener verjüngt endigen wie bei Abb. 21, haben eigentümlicherweiſe auf illyriichem Gebiete dasſelbe

1) Pomm. Monatsbl. 1901, 107 (Stubenrauch); Mannus III, 148, 150 (Walter).

106 Guſtaf Koffinna. 20

Derbreitungsgebiet wie die eben beſchriebenen Halsringe, d. h. mit Einſchluß von Galizien (ſowie Komitat Arva) und Weſtpolen und mit Ausjchluß

Abb. 21. Leine Kr. Puritz, Pommern. J½.

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Abb. 22. Buſchen Kr. Wohlau, Schleſien. 4s.

von Schleſien, Süd- und Mittelpojen, während ſonſt Schleſien (nebſt den Kreiſen Sorau [und Kroffen) und Süd- und Mittelpofen durchaus die

21] Die illuyriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 107

Hauptgebiete der illyriſchen Typen Oſtdeutſchlands in dieſer Zeit find, da—

gegen Galizien und Polen nur ausnahmsweiſe mit hinzutreten. Getriebene hohle halsringe, die mit liegendem Kreuz verziert find

(Abb. 22), befinden ſich in den Depotfunden von Buſchen Kr. Wohlau und

Abb. 25. Buchheim A. Meßkirch Kr. Konjtan3, Baden. Yıı.

Lorzendorf I Kr. Namslau, ſowie neuerdings in einem Weihegabefunde (2) aus Adelnau); ein weiterer ſtammt aus dem Graberfelde von Grabowiec

Abb. 25. Stanomin Kr. Hohenſalza. Us.

Abb. 24. Priment Kr. Bomit, Abb. 26. Riben3 Kr. Kulm, Poſen. ?/s. Weitpreußen.

Kr. Samter?). Und die nämliche Derzierung tragen fünf Armringe eines größeren Depotfundes von unbekanntem Fundorte innerhalb der Provinz

1) Buſchen: Beitr. 3. Urgeſch. Schleſ. III, 38, Abb. 70—72 (danach unſere Abb.); Corzendorf I: Schleſ. Vorzeit VII, 197, Abb. 3; Adelnau: Mannus VII, 152 f.

2) Ceil⸗ Abbildung (gezeichnet): Derhandl. Berl. anthrop. Geſ. 1878, Bd. X, 50 f., Taf. VII, 9; Geſamtbild: Berliner Photograph. Album 1880, Sektion IV, Taf. 4 (Kaijer Ftiedr.⸗Muſ. Pofen).

108 Guſtaf Koffinna. [22

Dofjen!). Ziemlich nahe verwandt mit dem behandelten Muſter iſt das zweier gegoſſener Bronzearmbänder (Abb. 23) eines Skeletts der Hallſtatt⸗ ſtufe III (Reinecke) aus einem hügelgrabe von Buchheim A. Meßkirch, Kr. Konſtanz in Baden, die freilich nur aus Bruchſtücken rekonſtruiert werden konnten).

Als letzter illyriſcher Typus wären hier bandförmige, ſpitzzulaufende Armjpiralen zu nennen, deren beſter Vertreter wohl das Stück aus dem bekannten Ciſten⸗Depotfund von Priment Kr. Bomſt in Poſen ſein dürfte (Abb. 24). Ich kenne ſolche Urmſpiralen ſonſt aus Slupia Nowa bei Sandomir in Polen (Akademie Krakau), Kofel in Oberſchleſien, Corzendorf II Kr. Namslau, Kuttlau und Lerchenberg Kr. Glogau (dieſe vier im Muſeum Breslau), Prittag K. Grünberg (Muſ. Berlin), Zauchel Kr. Sorau (Dbl. Berl. anthr. Geſ. 1888, 565 f.), Sommerfeld Kr. Kroſſen (Muſ. Ber: lin), Stanomin Kr. Bohenſalza (Abb. 25), aN 4 Ne Orchowo (zwei Stück: Poſ. Album I, Taf. XIV

sf. WH ) 3, 4) und Wizedzin (Muf. Berlin Id 1224), ENT dieſe beiden Sunde Kr. Mogilno.

Ein Teil von dieſen Stücken hat eine Abb. 27. Hanshagen Kr. Kolberg eingepunzte Verzierung von flachen Bögen,

e die ſich in ihrer Mitte an Stellen, die durch einen eingeſchlagenen Punktkreis bezeichnet werden, mehr oder weniger nahe⸗ kommen, ja ſogar berühren, aber nicht kreuzen. Dieſer Armfpiralentypus zeigt nun in ſeinen germaniſchen Vertretern wirkliche Kreuzung der Zierbänder (Abb. 26) ſowohl bei den Oſtgermanen: Schönwieſe Kr. Marienburg (Muſ. Danzig) ?), Ribenz Kr. Kulm), Kolberg (Muf. Berlin), als auch bei den Weſtgermanen: Paſewalk Kr. Udermiinde (Muf. Stettin). Kolberg könnte an dieſem ſo frühen Punkte der erſten Eiſenzeit vielleicht noch weſtgermaniſch ſein, liegt aber in der vollen Entwicklung dieſer Periode im Gebiete der oſtgermaniſchen Steinkiſtenkultur, deren Weſtgrenze in Hinterpommern etwa durch den Lauf der Rega beſtimmt wird.

Damit ſind wir alſo auf das germaniſche Gebiet übergegangen. Alb: geſehen von den eben behandelten Armipiralen zeigen fic) hier weniger beſtimmte Typen, denen das liegende Kreuz oder Kreuzband eigentümlich iſt, als vielmehr nur Einzelerſcheinungen, bei denen dieſe Derzierungsweife beobachtet wird. Doch finden ſich darunter zum erſten Male genau ent- ſprechende Seitenſtücke zur Jierweife des Ringes aus Wahren, d. h. alfo

1) Muſ. Breslau: Beitr. 3. Urgeſch. Schleſiens. 1906, III, 40 (Seger). 2) Prähiſtor. Blätter IX, 1897, S. 82, Taf. IX, 2.

3) Bericht des Danziger Prov.-Muſ. für 1899, S. 39.

4) Derbandl. der Berl. anthrop. Gef. 1892, 471.

25] Die illyrifche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 109

Bänder mit Querſtrichelung. Ich nenne das Bruchſtück eines Urmbandes aus dem verhältnismäßig frühen Depotfunde unſerer Periode von Hanshagen Kr. Kolberg (Abb. 27) !), ferner einen Halsring mit breitgeklopften Enden

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Abb. 28. Gotland. ½.

von der Inſel Gotland?) (Abb. 28). Doch auch die einfachen Geſtaltungen des ungefüllten Kreuzbandes fehlen nicht, wie die fünf Halsfragen aus dem Sunde von Lanzenberg unweit Neumark Kr. Löbau in Weſtpreußen (öſtlich der Weichſel) (Abb. 29) zeigen; ebenjo die Sibel mit Schälchenfuß aus einem Steinkiſtengrabe von Zeblin Kr. Bublitz in Hinterpommern (Abb. 30) ).

Abb. 30. Zeblin Kr. Bublitz, Pommern. .

Endlich findet ſich auch das einfache Kreuz, und zwar an Halsringen aus der Lübeder Gegend, die den allerſpäteſten Typus der Wendelringe dar⸗ ſtellen, bei dem die ſpiraligen Windungen nur ganz leicht eingeritzt ſind (Abb. 31); fie entſtammen zwei Depotfunden von je zwei Stücken aus Alt- lübeck und aus Friedrichshof Kr. Plön).

1) Almgren, Die ältere Eiſenzeit Gotlands. Heft 1. Stockholm 1914. Taf. 2, Abb. 16.

2) Nachrichten über deutſche Altert. 1898, 17 ff., Abb. 5 (Schumann).

2) Canzenberg: Bericht des Prov.⸗Muſ. Danzig 1897, 33, Abb. 6. Zeblin: Pomm. Monatsbl. 1902, S. 142.

4) Splieth, Inventar. S. 84, Nr. 409, 416.

110 Guſtaf Koffinna. [24

Mit dem anderen Muſter, das den Wahrer Ring ſchmückt, dem Tannen⸗ zweigmuſter, können wir uns kürzer faſſen. Es findet fic) auf Hals⸗, Juß⸗

und Armringen der frühen Eiſenzeit zwar nicht ſelten, aber überwiegend in Cängsrichtung aufgeſetzt, nicht in Querrichtung. Huf einem der germani⸗ ſchen Hohlwulſte (Abb. 32) des Depotfundes von Gnewin Kr. Lauenburg

Abb. 32. Gnewin Kr. Lauenburg. Pommern. .

in Hinterpommern!) erſcheint es ſowohl in Langs- wie in Querrichtung. Die zierlichen oſtgermaniſchen achtkantigen halsringe hinterpommerns, Weſt⸗ und Oſtpreußens ihr Gebiet reicht von Köslin bis Rönigsberg⸗Cötzen

y pomm. Monatsbl. 1889, S. 162, Taf. 1, Abb. 1; Muſ. Stettin.

25] Die illyrijde, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 111

haben es als tupiſches Muſter, aber nur in Cängsrichtung, abwechſelnd mit Punktſtich⸗ oder mit Augenmufter (Abb. 53) 1). Desgleichen kenne ich es als Verzierung der Schlußwindung illyriſcher Urmſpiralen, jo bei zweien aus dem Depotfunde von Zurawia Kr. Schubin (M. f. D. Berlin) und an einem Bruchſtück dieſer Art aus Ochodza Kr. Wongrowitz in der Pro- vinz Poſen 2), wo es mit Gruppen von Querkerben abwechſelt. Ein weiterer illyriſcher Beleg ijt der eine der beiden getriebenen Hohlwulite, Fußringe

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Abb. 33. Arklitter See Kr. Gerdauen, Oſtpreußen. 7/3.

mit Stöpjelenden, aus dem genannten Depotfunde von Jurawia Kr. Schubin?), der ſowohl mit längslaufenden als auch mit zahlreichen querlaufenden Bändern von Tannenzweigmuſter bedeckt ijt, während der andere Hohlwulſt

1) Fundorte achtkantiger halsringe: Altbeltz Kr. Köslin: 9 Stück (Balt. Stu⸗ dien 28, 465; 46, Taf. II); Kolberg: 1; Belgard: 3 ſechskantige aus Zinn (Monatsbl. 1905, 22; Mannus 1911, S. 144); Schlagenthin Kr. Konitz: 1 (Liſſauer Altertümer, Taf. 9, 7); Abbau Karthaus, Kr. Karthaus: 2 aus einem großen Depot (Danziger Bericht f. 1892 S. 18); Gulbien Kr. Roſenberg: 1 (Ciſſauer Taf. 9, 5); Ribenz Kr. Kulm: 6 (Derhandl. Berl. anthrop. Gef. 1892, 469 ff.); Altpreußen: 1 (Bezzenberger, Analuſen S. 55); Samland: 1 (ebd.); Inſel im Arklitter See Kr. Gerdauen: 1 (ebd., Abb. 54, unſere Abb. 33); Cöwentinſee bei Loken: 2 ſechskantige (ebd.).

2) Zeitſchr. f. Geſch. Poſen I, 381.

3) Schlechte Abbildung bei J. Koſtrzewski, Wielkopolska. Poſen 1914, S. 99, Nr. 318; Muſ. f. Dölkerk. Berlin II, 5992.

112 Guſtaf Koffinna. [26

(II 11219) wie die meilten feiner Art einfache leichte Querrippung auf: weilt!).

Nach anderen Richtungen hin, z. B. was die Nadeln angeht, auf deren Schaft das Tannenzweigmuſter von der frühen Bronzezeit an mit Vorliebe geſetzt wurde, und auch jetzt wiederum erſcheint, ſo an den Doppelſpiral— ſcheibennadeln, ſo will ich hierauf nicht näher eingehen und nur auf das ſehr häufige Vorkommen des Muſters an jeder Art Ringſchmuck in der Bronze: zeit hinweiſen.

Die ganze Verteilung der Muſter auf dem des Wahrer Ringes, ihre Trennung durch kürzere glatte Wulſte, die wiederum durch ſcharfe Einker— bungen begrenzt werden, entſpricht durchaus dem Stile der frühen Eiſen—

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Abb. 34. Namslau, Schlefien. U.

zeit Mitteleuropas im allgemeinen und des illuriſchen Oſtdeutſchland im beſonderen. Stabförmige Hals-, Arm- und Fußringe wurden damals all: gemein in Oſtdeutſchland an den Enden oder über den ganzen Rörper hin in der genannten Weiſe geſtaltet. Als ein ganz beliebig gewähltes Beiſpiel ſeien hier die Armringe des Namslauer Depotfundes (Abb. 34) oder der im Innern der Abb. 22 (oben S. 106) wiedergegebene Urmring von Buſchen angeführt).

Es iſt vollkommen ausgeſchloſſen, daß der Wahrener Eiſenring einer anderen Zeit angehören kann, als der ſpäten Hhallſtattzeit, der früheſten

1) Die weiteren Fundorte dieſer getriebenen, leicht quergerippten Sußwulſte, deren Enden ineinander geſteckt ſind, ohne Nietitift, aber zum Teil mit abgeſetztem Stöpiel, liegen in Schleſien, Poſen, Brandenburg und Weſtpreußen. Lorzendorf Kr. Namslau II: 2 (Schleſ. Dorz. VII, 526), Brabnau Kr. Bromberg: 2 GJahrbuch des Mekedijtrifts 1886, 10, Nr. 55—58; Muſ. Bromberg); Provinz Brandenburg (wahrſcheinlich im äußerſten Südoſten der Niederlauſitz): 1 mit Stöpſelende (Muſ. f. Dölkerk. Berlin If 5228); Slatow in Weſtpreußen: 2 (Danziger Bericht 1900, S. 35); Altbukowitz Rr. Berent: 2 mit Stöpſel— ende (ebd. 1899, Abb. 11, 12). Die vier Stücke aus Weſtpreußen ſind natürlich illuriſche Einfuhr in oſtgermaniſches Gebiet. Auch halsringe dieſer Art gibt es aus Schleſien: Corzen⸗ dorf I Kr. Namslau (Schleſ. Dorz. VII, 197, Abb. 3) und harlsruh Kr. Steinau (ebd. S. 205). 2) Schleſ. Dorz. N. S. IV, 40, 43 (Seger).

27] Die illyrifche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 113

illuriſchen und germaniſchen Eiſenzeit. Denn wenn Bronze⸗Halsringe mit liegendem Kreuzbandmuſter auch in der oſtgermaniſchen Latenezeit vor⸗ kommen, das Muſter ſelbſt auch noch in der römiſchen Kaiſerzeit und noch ſpäter bei den Germanen beliebt iſt, ſo iſt eben die ganze Geſtalt und Derzierungsweije des Halstinges von Wahren nur in der früheſten Eiſenzeit

Abb. 55. Etwa ¼. Abb. 56. Etwa ½.

Abb. 37. Etwa ½.

möglich geweſen. Auch nur damals, wo das Eiſen als Rohſtoff noch mehr geſchätzt wurde, als es ſehr bald danach ſchon der Fall war, wurden Schmuck— ringe aus Eiſen gefertigt. Später kehrte man für Schmuckſachen wieder zur Bronze zurück, die ja ſelbſt in der frühen Eiſenzeit gegenüber dem Cijen- ſchmuck unendlich überwiegt.

Wir haben die Seitenſtücke zu dem Ring von Wahren als Ganzes wie in ſeinen Einzelheiten teils auf illuriſch⸗oſtdeutſchem, teils auf germaniſch⸗nord⸗ oſtdeutſchem (nebſt däniſch⸗ſkandinaviſchem) Gebiete, und zwar hier ſowohl in weſt⸗ wie in oſtgermaniſcher Kultur, gefunden. Die Germanen hängen in dieſer Zeit, wie ſchon früher, ſehr viel enger mit den oſtdeutſchen Illyriern zuſammen, als mit den Kelten in Weſtdeutſchland, was ich ſchon öfter hervor—

Mannus, Bd. VII. H. 1/2. 8

114 Guſtaf Roſſinna. [28

gehoben habe!). Schon dieje Verhältniſſe zeigen, daß der Fund von Wahren bei Leipzig und wahrſcheinlich auch noch der von der Wölmiſſe zum illuriſchen Kulturfreije gehören.

Aud) ſonſt ſpricht alles dafür, daß in der frühen Eiſenzeit die Saale der Grenzfluß war, der die Kelten von den Illyriern in Mitteldeutſchland ſchied, während in der älteren Bronzezeit die Kelten auch noch an der Elſter geſeſſen hatten (Periode II), die Illyrier aber erſt in Periode III mit den Kelten hier Sühlung gewannen. Es macht hier natürlich nichts aus, daß manche in der frühen Eiſenzeit ſicher keltiſchen Orte wie Giebichenſtein, Halle, Dürrenberg, Kl. Rorbetha dicht am öſtlichen Ufer dieſes Sluffes liegen. Der Oberlauf der Saale, der ja ſehr ſtark nach Weſten abbiegt, wird noch etwas weiter oſtwärts überſchritten. Ein Mittel, die Oſtgrenze der Kelten in Oſtthüringen feſtzulegen, bilden die Sfelettgraber mit Halsringen der entwickelten Wendel— ringart (Abb. 35, 36) und mit Steigbügelarmringen (Abb. 57). Es iſt auf⸗ fallend, daß wir zu dieſer Zeit und in dieſem Gebiete ſo gut wie aus— ſchließlich ſolche Stelettgräber antreffen oder wenigſtens mit Sicherheit be— ſtimmen können, die offenbar weibliche Beſtattungen bergen. Die zugehörigen Männergräber ſcheinen merkwürdigerweiſe der Beigaben zu entbehren und find daher, ſoweit fie einzeln vorkommen, nach Zeit und Kulturzugehörigkeit unbeſtimmbar. Sie offenbaren ſich nur dort, wo ſie in enger Gemeinſchaft mit Frauengräbern auftreten, wie z. B. zu Oſchersleben, Silſtedt und Tar— thun. Ich führe die wichtigſten dieſer Skelettgräber an (vgl. die Karte):

I. Nördlich des harzes.

1. Oſchersleben, Raffinerie: 4 Skelette, davon eines mit 7 ge: perlten und gekerbten Armringen, einem halsring und Bronzeblechgürtel.

2. Silſtedt Kr. Wernigerode: 2 Skelette, wovon eines einen dreimal wechſelnden Wendelring, 2 dünne Drahtarmringe, ein verziertes Bronze— ſcheibchen und zwei ſcheibenförmige Bernſteinperlen trug.

3. Tarthun bei Egeln a. d. Bode Kr. Wanzleben: 3 Skelette, Mann, Frau, Mädchen; nur letzteres mit Beigaben, nämlich einem flachen ſpäten Wendelring und 14 gebudelten und gekerbten Steigbügelringen.

4. Zwiſchen Pr. Börnecke und Hecklingen bei Staßfurt Kr. Uſchers— leben: Skelett mit eng parallel geriefeltem Halsring mit verzierten flachen hafenenden.

5. Weſtdorf ſüdlich bei und Kr. Uſchersleben: Skelette ohne Beigaben (Zeit?) neben Urnengräbern der früheſten Eiſenzeit.

6. Welbsleben, dicht ſüdlich bei Weſtdorf (Nr. 5), Mansfelder Ge— birgskreis: Skelett mit drei gebuckelten und gekerbten ſpitzen Urmringen.

7. Stedten bei Schraplau, Mansfelder Seekreis: Wendelring und 9 ovale, ſchwachgerippte Armringe (Skelett nicht bezeugt).

1) 3. B. Die deutſche Vorgeſchichte uſw.? S. 156.

29] Die illyriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eifenzeit ufw. 115

II. Im Saaletale.

8. Giebichenſtein (jetzt Stadtkreis Halle a. d. S.): ungezählte Skelette mit Wendelringen und Steigbügelarmringen.

9. Halle a. d. S. Kloſterſtraße: Sfelettrejte, dabei 6 meiſt geriefelte Halsringe, 4 Steigbügelarmringe, dicke lange Nadel mit ſtark wulſtigem Halfe und eine ſolche mit ſenkrechter Hohlſpiegelſcheibe, Schildohrringe, Bern: ſteinperlen.

10. Merſeburg: Skelette ohne Beigaben; drei weibliche mit Beigaben, darunter zwei geſchloſſene Drahtarmringe mit 3 x 4 kleinſten Querwülſten, eine Nadel mit großer ſenkrechter Hohlicheibe und 3 Schildohrringe.

Abb. 58. Theißen, Kr. Weißenfels. ½1.

11. Dürrenberg a. d. S. Kr. Merſeburg: 1. ein Skelett mit Wendel- ring und dünnem, flachen Armband; 2. ein Skelett mit Wendelring und neun Steigbügelarmringen.

12. Kl. Korbetba a. d. S. Kr. Merſeburg: Skelette mit flachen Wendel⸗ ringen, zwei dicken ovalen Ringen, vier dünnen Steigbügelarmringen, zwei Schildohrringen, eiſerner Nadel.

15. Theißen Kr. Weißenfels, ſtark abbiegend ach Oſten bis in die Nähe von Zeitz: flacher Wendelring mit dreifachem Wechſel und ein ſehr ſtarker, geperlter Steigbügelarmring (Abb. 38); Skelett unbezeugt.

14. Gr. Jena a. d. Unſtrut, gegenüber Naumburg a. d. S., Kr. Naum— burg: zwei dünne, zwei dicke Steigbügelarmringe, ein Armring mit vier fünffachen Knotenſtellen, drei Schildohrringe, zwei lange Nadeln mit dickem Ropf; Skelett unbezeugt.

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116 Guſtaf Koffinna. [30

15. Bad Sulza a. d. Ilm nahe der Mündung in die Saale, Kr. Apolda: Skelett mit drei Steigbügelringen.

16. Flurſtedt a. d. Ilm bei Apolda: mehrere Skelette; bei einem ein flacher, ſchwerer Wendelring, sechs Urmringe, drei rundſtabige, gerade abſchneidende Singerringe, große hohle Bronzeſcheibe auf Eiſenblech =Tladel- kopf einer abgeroſteten Eiſennadel, vier ringförmige Bernſteinperlen.

17. Dierzehnheiligen, zwiſchen Apolda und Jena: Skelett mit einem geſchloſſenen Armring, den abwechſelnd drei einfache und drei doppelte Schwellungen zieren, lange Bronzenadel mit ſenkrechtem Hohlſpiegelſcheiben— kopf und halsbiegung. | 18. Thierſchneck (Aue) Grafſch. Camburg, zwiſchen Graitſchen und der Grenze des Kreiſes Weißenfels bei Schkölen, alſo öſtlich der Saale: Grab— hügel 3 enthielt in der Weſthälfte ein Skelett mit reichlichen Beigaben: ein geſchloſſener, rundſtabiger Fußring, zwei hohle getriebene (?), an den Enden durch ein übergenietetes Blech geſchloſſene Urmringe, ein geſchloſſener Urm— ring mit dreifachen Wulſten an fünf Stellen, zwei dünne Blecharmbänder, Ohrringelchen, ein Fibelreſt, drei Gefäße und zerſtreute Scherben.

19. Saalfeld: vier offene, reich verzierte halsringe mit Endknöpfen in der Art derer, aus welchen die oberpfälziſchen Halsfragen der ſpäteſten Hallitattperiode beſtehen. Skelett unbezeugt.

20. Wöhlsdorf bei Ranis Kr. Ziegenrück: Skelett, dabei“ein dünner, gedrehter Halsring mit haken- und Gſenende und eine Paukenfibel.

Dieſe Aufzählung der öſtlichſten Stelettgräber der ſpäten Hallſtattzeit, alſo des 7. und 6. Jahrhunderts vor Chr. im ſächſiſch-thüringiſchen Grenz— gebiete, die weit vollſtändiger und genauer iſt als alle bisherigen Nachrichten über dieſe Fundgruppe, ſoll wegen der Wichtigkeit dieſer Kulturerſcheinung baldigſt erſetzt werden durch die Veröffentlichung eines mit genauen Belegen über die Aufbewahrung und die literariſchen Mitteilungen verſehenen Derzeich— niſſes ſämtlicher Stelettgräber dieſer Art aus ganz Mitteldeutſchland nördlich des Mains bis an die deutſche Weſtgrenze, das ich ſeit Jahrzehnten ausgearbeitet habe, das aber in dieſer Abhandlung wegen der Fülle des Stoffes keinen Raum finden kann. Zur Deranſchaulichung des merkwürdigen Ineinandergreifens germaniſcher und keltiſcher Siedelungen des 7. und 6. Jahrhunderts im Oſtharz— und Saale-Gebiet habe ich die Rrügerſche Karte der Germaniſchen Gräber: felder!) durch Eintragung der keltiſchen Sfelettgraber bereichert (Taf. XXI).

Die thüringiſche Grenzgruppe dieſer Sfelettgraber, über deren hohe ſtammeskundliche Bedeutung ich mich ſchon vor vielen Jahren und mehr als einmal ausgelaſſen habe?), zeigt, daß die Saale, abgeſehen von dem

1) Mannus V Taf. ANNI.

2) Beiträge zur Geſch. d. deutſch. Sprache u. Lit. 26, 1901, 285. Rorreſp.-Bl. d. deutſch. anthrop. Geſ. 1907, 58. Dal. auch E. Wahle: Jahresber. f. d. Vorgeſch. d. ſächſ.⸗ thür. C. 1911, X, 127 ff.

31] Die illuriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eifenzeit uſw. 117

hochgelegenen Kreiſe Ziegenrück, nur an einer Stelle, und zwar in einer Linie von Camburg a. d. Saale nach Zeitz a. d. Elſter oſtwärts überſchritten wurde. Denn den beiden Sundjtiiden von Theißen, über die man freilich nicht das geringſte Nähere weiß, wird man doch eine gewiſſe Geltung nicht abſprechen dürfen. Sonſt iſt das ganze Elſtertal, ſoweit es aufwärts vor⸗ geſchichtliche Siedelungen überhaupt aufweiſt, von keltiſchem Einfluſſe frei. Die Gegend von Halle erweiſt ſich in dieſer Zeit als eine Dreivölkerecke. Wir müſſen den Fund von Wahren dem illuriſchen Volke zuweiſen und werden auch nicht fehlgehen, wenn wir den Fund von der Wölmiſſe

Abb. 39. Darren des Muſeums zu 55 i. Elſ. (nach R. Sorrer). a. Kolmar i. Elſ. (Nr. 4851). b. Oberbergheim.

bei Schlöben, obwohl er fic) der Saale ſchon ſtark nähert, demſelben illuri— ſchen Kulturgebiet zuweiſen. Der nächſte keltiſche Grenzort nach Weſten hin wäre hier Vierzehnheiligen zwiſchen Jena und Apolda, falls wir nur auf die Gräber ſehen, die ja vorläufig hier allein die kennzeichnenden Merk— male für die Kulturgebiete uns erkennen laſſen. Oſtwärts von Schlöben aber findet ſich nichts mehr, was auf die keltiſche Urt hinwieſe.

2. Der Spitzbarren aus Eiſen.

Über dieſe wichtigen Zeugnijje einheimiſcher Roheiſenerzeugung iſt ver— hältnismäßig viel geſchrieben worden; doch, wie das ſtets in unſerer Wiſſen— ſchaft der Fall iſt, weit zerſtreut. Namentlich ſind es C. Mehlis und Ludwig Beck, die dieſem Stoffe ihre andauernde Hufmerkſamkeit zugewandt haben ). Ferner wären R. Forrer, namentlich für das Elſaß?), und J. B. Keune’) für Lothringen zu nennen.

1) Mehlis: Studien zur älteſten Geſch. d. Rheinlande. Leipzig 1885, VI, 10, 36; VII, 11 f., 1888, X, 107 f: Globus 1886, Bd. 49, 347 ff.; Korreſp.⸗Bl. d. deutſch. anthrop. Geſ. 1883, X, 147 ff.; Korreſp.⸗Bl. d. Weſtd. Zeitſchr. f. Geſch. u. K. 1888, 179; Mitteil. d. hiſtor. Der. d. Pfalz VI, 41; XI, 10. Kosmos, Zeitichr. f. Entwicklungsgeſch. u. einheitl. Weltanſch., herausgegeb. v. B. Detter, Stuttgart 1885, Jahrg. VII, Bd. 13, S. 148 ff., Abb.; Enzuklopädie der Naturwiſſenſchaften, Lig. 51, S. 512. Bed: Annalen des Der. f. Naſſauiſche Altert. 14, 318 ff., Taf. 6; Geſchichte des Eiſens. Braunſchweig 1884 oder (2. Titelausgabe) 1891, Abt. I, S. 533; Feſtſchrift des Rom.-German. Zentralmuſeums zu Mainz 1902, S. 5 f.

2) Jahrbuch der Geſ. f. Lothr. Geſch. u. altert. 1906. 18, 54, 75 f.

3) Ebd. 1910. 22, 489 ff.; VII. Bericht d. röm.⸗germ. Komm. S. 225.

118 Guſtaf Koffinna. [52

Unterſchieden werden bei den Eiſen-Rohluppen zwei Formen (Abb. 39): eine ſehr kurze und dicke, die zugleich ſchwerer im Gewicht iſt, und eine andere, in lange Spitzen ausgezogene, meiſt weniger dicke und weniger ſchwere, von durchſchnittlich etwa 6—8 em Stärke. Die erſte kurze Art iſt durchſchnittlich etwa ½, die zweite !/, m lang und das Gewicht der Geſamtheit ſchwankt zwiſchen 10 und 3 kg, beträgt bei der erſten, dicken Art im Durchſchnitt 7 ke. Doch gibt es Übergänge, die ſich in der Mitte zwiſchen beiden Arten halten.

Abb. 40. Roblenz. 2. Lange von der Mitte bis zu dem einen erhaltenen Stielende: 1. = 12cm; 2. = 10 em; ganze Länge alſo nur 25 und 20 cm. Gewicht: 1. = 170g; 2. = 102 g.

Die dickere Art wird von manchen für älter gehalten, als die langgezogene. Früher ſetzte man alle Stücke in die Latinezeit. Forrer jedoch meint, daß die meiſten Stücke, beſonders die kurze, dicke Art, erſt der römiſchen Kaijer- zeit angehören dürften, da ihr Gewicht in runden Zahlen am beiten durch Vergleich mit römiſchen Pfunden ſich ausdrücken laſſe (19 oder 20 Pfund).

Ich laſſe nun ein Verzeichnis der Barren folgen, das in der Haupt- ſache durch ſorgfältigere Citeraturausnutzung, daneben auch durch neue Nach— richten aus einigen Muſeen (Bern, Dürkheim, Gießen, Karlsruhe, Roblenz, Speier, Trier, Zürich), denen hierfür gedankt ſei, zwar gewiß noch längſt keine Dolljtandigfeit erreicht hat, aber immerhin das bisher weitaus reich—

33] Die illyriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 119

haltigſte geworden iſt. Beſonders hervorheben muß ich die ausführlichen Mitteilungen über das Roblenzer Grab und die trefflichen Zeichnungen dazu, die ich der CLiebenswürdigkeit des herrn Tiefbauamtsvorſteher A. Günther verdanke. Starke Bedenken habe ich wegen der Ungaben über die Rhein⸗ pfalz, die ſich in erſter Reihe auf die zahlreichen Arbeiten von Mehlis ſtützen, namentlich auch auf die Erläuterungen zu ſeiner prähiſtoriſchen Karte der Pfalz (Studien 3. alt. Geſch. d. Rheinlande VIII. Leipzig 1885, S. 18— 683). Für einen beträchtlichen Teil der dortigen Angaben über Funde von Eiſen⸗ barren laſſen ſich aber in den pfälziſchen Sammlungen keine entſprechenden Belege auffinden trotz der unermüdlichen hilfsbereiten Unterſtützung, die mir

Abb. 41. Roblenz.

herr Konjervator Dr. Sprater und noch in letzter Stunde auch herr Gum⸗ naſiallehrer hemmerich in Bad Dürkheim nach dieſer Richtung liehen, wo⸗ für ich ihnen hier meinen Dank ſage. Ich habe die alten Angaben von Mehlis jo gut oder fo ſchlecht es ging, mit dem Tatbeſtande der jetzt vor⸗ handenen Funde zu vereinigen geſucht.

Rheinprovinz (8).

Koblenz, Kaiferin-Alugufta-Ring: 2 an je einem Ende abgebrochene und nun etwa / m lange, alſo ſehr kurze, dabei aber außer⸗ ordentlich dünne und leichte Stücke (587, 588) (Abb. 40, 1—2), aus einem provinzialrömiſchen frühen Brandgrabe, das zu einem bei der Stadterweiterung 1900 1903 freigelegten Gräberfelde ge- hört, das von Augujtus bis in den Beginn der Regierungszeit Domitians reicht (vgl. Mannus III, 24 Taf. VII). In dem Grabe fanden ſich weiter: 1. weißgraue Urne mit leichter Einziehung unter dem profilierten Rande; vom halſe ausgehend in großen Dreiecken wabenartig geordnete Kniffe, in den Zwiſchenräumen ebenſolche kleinere Dreiecke (zerbrochen) (Abb. 41 b); 2. breitbauchi⸗

120 Guſtaf Koffinna. 134

ger gelber henkelkrug mit Standring, 181/, cm hoch, 14,2 cm Durch⸗ meſſer (Abb. 41 a); 3. kleiner, ſchwarzer Krug mit glattem Boden (Hals und Henkel abgebrochen), 10 em hoch (Abb. 41d); 4. ſchwarzer Teller mit Standring und ſchräganſetzendem, nach außen überhän⸗ gendem Rand, ohne Stempel: 3,3 cm hoch, 25½ em Durchmeſſer (Abb. 41e); 5. 2 Münzen: Caligula, Kopf; ſitzende Deſta (VES ITA, S—C); 6. profilierte Bronzefibel (Abb. 410); 7. Schale einer eiſer⸗ nen Hangelampe (verdrückt), 14,5 cm lang (Abb. 42, 3); 8. runder Hohlmeißel (abgebrochen), 16 cm lang (Abb. 42, 4); 9. ſchmales

Abb. 42. Koblenz. '/s.

Beil mit weitem Schaftloch, 15 cm lang (Abb. 42, 5); 10. kleines, ſchadhaftes Eiſenmeſſer, 15 cm lang (Abb. 42, 6); 11. Eiſennägel (Muſ. Koblenz 577—589).

Trier, weitere Umgebung: 1, Länge 30cm, Gewicht 2kg (Muſ. Trier).

Gonzerath Kr. Bernkaſtel: 1, Länge 46 cm (Muſ. Trier 17969; §. Hettner, Ill. Führer 1903, S. 121) ein 2. beſchädigt, noch 32 cm lang, Gewicht noch 1,75 ke.

Büſchfeld Kr. Merzig: 1, Länge 40 cm (Privatbeſitz; Abguß tm Muſ. Trier 12502).

Ebernburg Kr. Kreuznach: 1 (Muſ. Wiesbaden), 1857 angeblich auf römiſchem Pflaſter gefunden.

Niederkleen Kr. Wetzlar: 1 langer, 25 cm tief in der Erde gefunden (Muſ. Gießen: Abb. 43).

Naſſau (2). Steinmühle bei Wiesbaden: 1 (Muſ. Wiesbaden). Platte bei Wiesbaden: 1 (Muſ. Wiesbaden).

35] Die illuriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 121

Hefjen-Darmitadt (99). Starkenburg (5). Fundort unbekannt: 3 (Muſ. Darmitadt). Griesheim bei Darmſtadt: 2 (1 Muſ. Darmſtadt; 1 halblanger, 34 cm. Abb. 44 Muſ. Gießen). Rheinheſſen (94). Niederolm Kr. Mainz: 1 (Altertums-⸗Muſ. d. St. Mainz). Dautenheim Kr. Alzey: 1 (Altertums-Muf. d. St. Mainz). Flonheim Kr. Alzey: 2 (Ultertums⸗Muſ. d. St. Mainz). Wonsheim Kr. Alzey: 1, gefunden beim Umroden eines Weinberges (Muſ. Worms).

<---495em--->

Abb. 45. Niederkleen Kr. Wetzlar, Rheinprovinz.

Bechtheim Kr. Worms: 60 (davon 32 im Altertums-Muj. d. St. Mainz).

Monzernheim Kr. Worms: 26, zwiſchen 48—55 cm lang, durchſchnitt— lich 5 kg ſchwer; Abb. bei Bed, Geſch. d. Eiſens I, 533, Abb. 113; Naſſ. Annalen 14, Taf. VI, 1 (Altertums-Muſ. d. St. Mainz); außerdem 3 (Muſ. Worms: Weſtd. Zeitſchr. f. G. u. K. 1890, 295).

Rheinpfalz (34).

Bockenheim Be3.-A. Frankenthal: 1 (wo jetzt?).

Studernheim Bez.⸗A. Frankenthal: 1, etwa 55—60 cın lang (früher

Muſ. Dürkheim).

Deidesheim Be3.-A. Frankenthal: 2 längliche (früher Muſ. Dürkheim; Mehlis, Studien 10, Taf. II, 15).

Forſt Be3.-A. Frankenthal: 3 (früher Muſ. Dürkheim), angeblich 3u- ſammen gefunden mit Latène-Gefäßen.

Limburg bei Dürkheim Be3z.-A. Frankenthal: 1 kurzer, etwa 19 cm lang, und 2 lange, der eine, Nr. 3747, etwa 31 cm lang, der andere, Nr. 1839, etwa 46cm lang und 5% kg ſchwer (Muſ. Dürkheim; Mehlis: Studien 7, S. 11f.; Abb. im Kosmos 1883, Bd. 15, 148), angeblich im Umkreiſe einer Sundjtatte aus der Latenezeit.

Wachenheim bei Dürkheim Be3.-A. Frankenthal: 1 (früher Muſ. Dürk⸗ heim). |

122 Guſtaf Kofjinna. [36

Woogtal bet Weiſenheim a. C. Bez.⸗FHl. Frankenthal: Depot von 6 (davon 4 Muj. Dürkheim 2872—75, davon einer 42 cm lang, 7 cm breit, 2!/, kg ſchwer, ein anderer, 47 cm lang, 7 cm breit, kg jchwer: Rorr.⸗Bl. Weſtd. 3|. 1888, 179).

Neuſtadt a. H.: 1 kurzer (Muf. Speier).

Speier, Umgebung: 1 langer (Muſ. Speier; Samml. Wernz).

Schifferſtadt Be3.-A. Speier: 1 langer (Muſ. Speier).

Eifenberg Be3.-A. Kirchheimbolanden: 1 (wo jetzt?).

höcherberg bei höchen Be3.-A. Homburg: 1 (wo jetzt?).

Langwieden Be3.-A. Homburg: 1 langer (Muſ. Speier, 1912 erworben).

Candſtuhl, Fleiſchhackerloch, Bez.⸗Fl. Homburg: 1 (Samml. Burg Sickingen bei Landſtuhl).

e- 31 >

Abb. 44. Griesheim bei Darmſtadt.

Ramſtein bei Landjtuhl Bez.⸗Hl. Homburg: 1 langer (Muſ. Speier).

Knopp Be3.-A. Zweibrücken: Depot von 9 langen (Muſ. Speier, 1913 erworben).

Baden (18).

2( Heidelberg: 2; nach Mehlis, angeblich im Derein mit römiſchen Fundſtücken.)

Renchen A. Achern: Depot von 13 kurzen, je etwa 7 kg ſchwer (davon 2 Muſ. Karlsruhe: 23,5 und 25,5 em lang, Gewicht 6,400 und 7,440 kg; E. Wagner, Fundſtätten und Funde im Großherzogt. Baden II, 3; mit Abb.)

Offenburg, Umgegend: 1, Länge 25 cm, Gewicht 7,800 kg (My). Karlsruhe, erworben 1880).

Donaueſchingen: 1 kurzer (Muſ. Donaueſchingen).

Bruggerhalde A. Donaueſchingen: 1 kurzer (Muſ. Donaueſchingen).

Württemberg (19).

Ulm: 1 langer (Privat).

Oſterſtetten O.-Hl. Ulm: 3 (Muſ. Ulm).

Birkenhof bei Gächingen, ®.-A. Urach: 9, davon 1 langer (Muſ. Stutt⸗ gart; abgeb.: Führer durch die Staatsſammlung vaterländiſcher Altertümer in Stuttgart. 1908. Taf. XII, 9); 6 (Sammlung zu Reut- lingen); 2 (Sammlung des Herzogs von Urach); vgl. P. Gößler,

37] Die illuriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit ujw. 123

Die vor: u. frühgeſchichtlichen Altertümer des Oberamts Urach. Stuttgart 1909. S. 164 f. Fundort unbekannt: 6 (Muſ. Stuttgart). Bayern (rechtsrheiniſch), Schwaben (3). Wörnitzſtein Bez.⸗A. Donauwörth: 1 kurzer, 27 cm lang; 3,880 ky

ſchwer (Münch. Nat.⸗Muſ. E. l. J 1921, Kataloge IV, 109, Nr. 682).

Pfeifhof, Gem. Auhaujen, Be3z.-A. Nördlingen: 2 (VII. Jahresbericht

d. hiſtor. Der. im Rezatkreis f. 1856, S. 18).

Lothringen (60). Föſchen Kr. Saarburg: 1 kurzer, 32,5 cm lang, 6, 4:9 cm dick (Privat,

1910).

Wedersweiler Kr. Saarburg: 56 längliche (Muſ. Metz; Jahrb. d. Geſ.

f. lothr. Geſch. 1910, 489, Taf. I, 3).

Buſchborn Kr. Bolchen: 1 länglicher (Muſ. Mek). Dannecourt Kr. Chateau-Salins: 1 fehr dünner (Muſ. Metz). Doncourt bei Gravelotte (Franz. Lothr.): 1 kurzer (Muſ. Metz; VII. Bericht d. röm.⸗germ. Komm. S. 224, Abb. 123). Elſaß (45). Döllerdingen Kr. Jabern: 1 länglicher (Muſ. Straßburg). Krautergersheim Kr. Erſtein: 3 ſehr kurze (Muſ. Straßburg). Oberbergheim Kr. Rappoltsweiler: Depot von 32, davon 1 lang: licher, vgl. Abb. 39 b (Muſ. Straßburg). Kolmar: 9 kurze; val. Abb. 39a (Muſ. Straßburg). Schweiz (45). Kanton Solothurn:

Commiswil: 2 aus dem Moore (heierli, Vorgeſch. d. Schweiz,

S. 321). Kanton St. Gallen:

Wil: 1 von 44 cm Länge und 7,635 kg Gewicht (Candes-Muſ.

Zürich 11771). Kanton Zürich:

Seldimoos bei hedingen: 10 kurze, 24—29 cm lang, Gewicht 4,680; 4,950; 5,530; 5,900; 6,080; 6,130; 6,220; 6, 230; 6,310; 6,460 (Candes⸗Muſ. Zürich 2380).

Cetten bei Wipkingen: 1 ſehr langer, 69 cm lang; 4,780 ke ſchwer (Candes⸗Muſ. Zürich 2287); wohl dasſelbe Stück, das Forrer (Urgeſch. des Europäers S. 479) als aus der Limmat ſtammend erwähnt.

Kanton Bern:

Belmund bei Nidau: etwa ein Dutzend (Heierli, a. a. O.), davon 3 im Landes⸗Muſ. Zürich 2379: 29—34 cm lang; 5,320, 5,530 und 6,690 kg ſchwer.

124 Guſtaf Koſſinna. 1.38

Biel: 1, angebraucht, daher nur 18 em lang, 8,4 und 8,2 breit, Gewicht 5,85 kg (Muf. Bern D 249). N Nidau am Bieler See: 1 (Muſ. Bern 13829). Schwadernau bei Biel: 1, Länge 35,5 cm, Breite 8,6: 8, 1 cm, Ges wicht 7 kg (Muſ. Bern). Aus der Aare bei Berken: 15 Stück (davon 2 Muſ. Bern 22871—2, Länge 26 und 27,5, Breite 8,5: 6,4 und 7,6: 6,5, Gewicht 5,5 und 5,2 kg; 2 Muſ. Frankfurt a. M.). Fundort unbekannt: 1, länglich leiſtenförmig, Länge 36,5 em, Breite 4,8: 3 em, Gewicht 2,7 kg (Muf. Bern 19091). Wir kennen nun alſo aus der Rheinprovinz 8, Naſſau 2, heſſen-Darm— ſtadt 99, Rheinpfalz 34, Baden 18, Württemberg 19, Bauern (rechtsrheiniſch) 3, Lothringen 60, Elſaß 45, Schweiz 45, zuſammen 335, einſchließlich des Fundes von Wahren 334 Stück, d. h. mehr als dreimal ſoviel, wie Beck vor einem Jahr— zehnt aufführen konnte. Davon ſind 285 Stück auf linksrheiniſchem Gebiete und nur 49 auf rechtsrheiniſchem zutage getreten. Beck verzeichnet noch 2 Stück aus Abbeville, die im Nationalmuſeum zu St. Germain bei Paris liegen )). Das Stück von Ebernburg wurde früher als ſehr wichtig angeſehen, weil es das einzige fei, das eine Zeitbeſtimmung geſtatte, da es auf einem römiſchen Pflaſter gelegen habe, als es gefunden worden ſei. Man konnte ja, wenn dieſe Angabe Dertrauen verdient, daraus ſchon annehmen, daß noch zu provinzialrömiſcher Zeit ſolche Rohluppen hergeſtellt worden ſeien. Streng erwieſen wird dieſe Tatſache aber erſt durch den wichtigen Koblenzer Grabfund. Aber der Fund von Wahren zeigt, daß bereits in der ſpäten Hall- ſtattzeit, alſo im 8. oder ſpäteſtens im 7. Jahrhundert ſolche Rohluppen her— geſtellt und verhandelt wurden. Das Wahrer Stück iſt eines von der kurzen, dicken Art. Der Querſchnitt der noch erhaltenen Hälfte beträgt freilich nur 6 zu 8 cm, aber ihre Länge auch nur 14 em, Jo daß wir mit einem vollſtändigen Stücke von nur 28 em Länge zu tun haben. Wenn das Gewicht des Geſamt— fundes ko beträgt und man etwa ½ kg auf die Ringe rechnet, jo blieben 3 ke für die halbe Luppe übrig. Das ganze Stück würde alſo etwa 6 kg ge— wogen haben, was zu der kürzeren Art gut ſtimmt. Wir können alſo nach dieſem Befunde der Anjicht zuſtimmen, daß die kurze Abart ein hohes Alter für ſich in Unſpruch nehmen kann. Ob fie noch in der Latene= oder gar in der Naijerzeit üblich war, wiſſen wir nicht. Wie weit die lange Abart zurückgeht, wiſſen wir bis jetzt noch nicht. Jedenfalls zeigen die kleinen, dünnen Stücke des Koblenzer Grabfundes, daß zur Kaiſerzeit ſehr ſchlanke Eiſenbarren vorkommen. Die Beſchränkung der Sunde von Rohluppen im Deutſchen Reiche und in der Schweiz auf das obere und mittlere Rheingebiet bis zu Lahn und Moſel

1) Naſſ. Annalen 14. Taf. VI, 2.

59] Die illyriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur d. früheſten Eiſenzeit uſw. 125

abwärts zwingt uns vorläufig zu dem Schluß, daß das Wahrer Stück Ein⸗ fuhrware vom Rheine her iſt. Nun haben wir ſchon geſehen, daß der Aus⸗ tauſch von Waren oder Gerätformen in der früheſten Eiſenzeit engere, und zwar wechſelſeitige Beziehungen der Germanen und der Illyrier in Oſt⸗ deutſchland erkennen läßt, während dieſe Beziehungen zwiſchen Germanen und Kelten in Welt: und Süddeutſchland damals weit ſchwächer erſcheinen. Es widerſtrebte mir daher, eine Entlehnung eines keltiſchen Wortes isarnon „Eiſen“ durch die Germanen in dieſer Zeit anzunehmen !). Jetzt ſcheint eine ſolche Annahme nicht mehr ſo ſchwierig. Die Germanen verkehrten in der früheſten Eiſenzeit zwar weniger mit den Relten, aber ſie kauften dennoch ihre Rohluppen, um daraus ihre Geräte und Waffen ſich herzuſtellen. Wir brauchen nun nicht mehr anzunehmen, daß etwa ein uns unbekanntes illyri- ſches Lehnwort für Eiſen, das die Germanen in der mittleren oder frühen Hallſtattzeit (S germanifche Bronzezeit Per. V und IV) aufnahmen und das ſpäter ausſtarb, erſt in der Latenezeit, im 4. Jahrhundert vor Chr., als der keltiſche Einfluß auf die Germanen, wenigſtens auf die Saale- und Elb⸗ germanen, ziemlich ſtark wurde, durch ein neu aufgenommenes keltiſches Lehnwort, eben isarnon = germaniſch isarno oder isarna, verdrängt und erſetzt worden wäre. Vielmehr wird das keltiſche Cehnwort bereits in der früheſten Eiſenzeit, alſo ſpäteſtens im 8. Jahrhundert vor Chr. von den Germanen aufgenommen worden ſein.

Wir dürfen, glaube ich, ſchließlich die hoffnung hegen, daß auch auf germaniſchem Gebiet, 3. B. in dem durch reiche, frühe Eiſenfunde bemerfens- werten Kreiſe Pyritz in hinterpommern (oben S. 104 f.) oder in dem be— nachbarten Kreiſe Kolberg-Körlin, wo der große, aus dem 8. Jahrhundert vor Chr. ſtammende Fund von Rölpin ja auch ein Stück Roheiſen barg (. oben S. 101, Anm. 1), Sunde von Eiſenluppen in Doppelpyramiden= form ſich einmal einſtellen werden.

Mit dieſem frohen Ausblick will ich meine Betrachtungen über die Bedeutung des Wahrer Eiſenfundes ſchließen.

nachſchrift.

Aus einer leider zu ſpät eingelaufenen Sendung von Skizzen aus dem Danziger Provinzialmuſeum erſehe ich, daß die beiden „Halskragen“ von Bendargau Kr. Neuſtadt i. Wpr. kein Paar ſind und daß ſie entgegen meiner Angabe (oben S. 100) in Übereinſtimmung mit allen übrigen „Halskragen“, ausgenommen das Paar von Parpart (Abb. 16), eine obere Randdurch— lochung haben; ja der Rand läuft bei ihnen ebenſo wie dem Paare von

1) Deutſche Vorgeſchichte uſw.? S. 136.

126 - Guftaf Koſſinna, Die illuriſche, d. germaniſche u. d. keltiſche Kultur ujw. [40

Obluſch am Ende nicht gerade ab, ſondern macht eine Ausbtequng um das Oberloch herum, in Erinnerung an das Bild der alten Oberſchleife der Armbänder. Bei dem 3. Stück aus Obluſch, ebenſo bei den Stücken aus Zimitz, Jarnowitz (Berliner Stück) und Wuſſeken läuft dagegen der Rand, wie oben (S. 99) bemerkt worden iſt, am Ende ganz gerade ab. Die Stücke von Bendargau müſſen alſo trotz ihrer Tremolierjtich-Derzierung eine ziem— lich frühe Stellung innerhalb unſerer „Halskragen“ einnehmen.

Bei dem Danziger Stück aus Jarnowitz iſt das eine obere Randende mit der urſprünglichen Durchlochung abgebrochen und dafür etwas tiefer eine neue Durchlochung hergeſtellt worden. Diejer Umſtand ſcheint es zweifelhaft zu machen, ob die obere Randdurchlochung der „Halstragen” tatſächlich nur ein herkömmlich wiederholtes Überlebſel der Oberſchleife der Armbänder geweſen iſt oder ob fie nicht daneben doch auch einem nützlichen Gebrauch gedient hat.

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Die wendiſche Seit in der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. Don R. Stimming, Gr. Wuſterwitz. Mit 7 Tertabbildungen und 5 Tafeln (XXII XXVI).

Dem Prähiſtoriker muß es auffallen, daß die Wenden, ein ſlawiſcher Dolfsjtamm, welche am Ende des erſten Jahrtauſends n. Chr. Geb. die Mark Brandenburg bewohnten, obgleich an Zahl nicht gering, im Vergleich zu den Bewohnern früherer Jeitabſchnitte, der Nachwelt fo wenig Überbleibjel hinterlaſſen haben. Wenn auch ſchriftlich für die ältere ſlawiſche Zeit Ceichen⸗ brand bezeugt wird, ſo iſt mir aus meines Vaters und meiner langjährigen Ausgrabungstatigfeit kein Fall dieſer Beſtattungsweiſe bekannt geworden, viel⸗ mehr nur die in der jüngeren ſlawiſchen Epoche Ritus gewordene Skelettbe⸗ ſtattung. Neben dem in ausgeſtreckter Rückenlage, nur zweimal in Seitenlage, beigeſetzten Leichnam, deſſen Kopf nach Ojten gerichtet iſt und mit dem Geſicht nach oben zeigt (Spuren von Holzteilen, Sargreſten oder Steinſetzungen ließen ſich nicht nachweiſen), fanden ſich auf dem Schulacker zu Großwuſterwitz (Kr. Jerichow II) 250 m ſüdlich vom Kirchturm meiſtenteils in der hüftgegend ein roh gefertigtes, ſcharf gebranntes Gefäß mit den charakteriſtiſchen wen— diſchen Verzierungen. Im ganzen wurden in den Jahren 1892-1895 zwanzig Skelette bei den Abräumungsarbeiten freigelegt, ein Teil der dazu gehörigen Gefäße iſt in dem vorgeſchichtlichen Teil des Büchleins „Großwuſterwitz einſt und jetzt“, welches zur Feier des 750 jährigen Beſtehens des Dorfes im Jahre 1909 von Herrn Paſtor Eckſtädt verfaßt worden ijt, von mir ab- gebildet und beſchrieben worden. In Rietz (Kr. Zauch-Belzig) wurde 600 m nördlich vom Kirchturm eine einzelne Skelettbeiſetzung nebſt der unter Nr. 57 abgebildeten Urne freigelegt, die Skelettreſte waren vergangen. Am Nordende von Großwuſterwitz auf der Wöhrde, die ſich am See- ufer hinzieht, finden ſich ſlawiſche Siedlungen, ebenſo an der Einfluß— ſtelle der Havel in den Plauer See bei Neuendorf (Kr. Weſthavelland). In dieſen Siedlungen finden ſich 20—30 cm unter der Ackerkrume 2 bis 2,50 m lange, 1,75—2 m breite und 1,20—1,50 m tiefe, annähernd vier⸗

128 R. Stimming. [2

eckige Brandgruben, dieſelben find mit ſchwarzer Branderde angefüllt, zwiſchen dieſen findet man verſchieden große Stücke von grobem Lehm— bewurf, an denen man deutlich die Abdriide von Stroh- und Schilfhalmen oder Holziparren erkennen kann, kleine Stücke von Holzkohle, zahlreiche Knochenabfälle von Pferd, Rind, Schwein, Reh und Ziege, Fiſchſchuppen und ⸗gräten. Dazwiſchen eine große Unzahl von Gefäßſcherben mit dem charakteriſtiſchen ſlawiſchen Muſter, nur ſelten gelingt es, aus denſelben ein Gefäß wieder herzuſtellen. Aus derartigen Siedlungen von Großwuſterwitz ſtammen drei Gefäße (67, 69, 82) und drei Urnen von dem ſchon er— wähnten Neuendorf (51, 58, 65). Als Einzelfunde ſind die drei Gefäße aus Brandenburg a. h. (60, 68, 83), je ein Gefäß von Schermen b. Burg (Kr. Jerichow I) (53), Brielow (Kr. Weſthavelland) (59), Tuchheim (Kr. Jerichow II) (80) und der Deckel aus Hohenfercheſar (Kr. Weſthavelland) (56) anzuſehen. Das Gefäß 79 wurde an der Fahrtbrücke des Großwuſterwitzer Sees aus— gebaggert, muß alſo beim Silchen oder Jagen über Bord gefallen ſein. In den Jahren 1895/96 wurden beim Pritzerber Brückenbau zu Kufſchüt— tungszwecken eine Anhöhe 300 m ſüdweſtlich vor der Brücke auf Sohrder Gebiet (R. Weſthavelland) abgetragen, hierbei wurden ſechs Trichtergruben, welche mit Brandaſche, tieriſchen Knochenreſten, Siſchſchuppen und Rohlenreſten an— gefüllt waren, freigelegt. Ungefähr in der Mitte eines jeden mit ſchwarzer Erde angefüllten Trichters in einer Tiefe von 30—40 cm fand ſich je ein mit dem Boden nach oben gekehrtes Gefäß (im ganzen ſechs; 2, 3, 20, 33, 39, 42). Jeder Trichter (I, 1) hatte die Form eines an der Spitze abgerundeten Regels, ſein oberer Durchmeſſer betrug 1 m, feine höhe 1—1, 20 m; ein— gebettet war derſelbe in gelbem, von vier bräunlichen Schichten durch— ſetztem Sande, die Umriſſe hoben ſich infolgedeſſen ſehr ſcharf ab; die Abſtände zwiſchen den einzelnen Trichtern ſchwankten zwiſchen 3—7 m. Die oberſte Schicht eines jeden Trichters beſtand aus ſchwarzer Brandaſche mit Rohlenſtückchen vermiſcht, dann folgten Knochenabfälle von Rind, Schwein und Reh ſowie Siſchſchuppen, am Boden des Trichters lagen walnußgroße Steine, vereinzelt ein Stück gebrannter Lehm. Bei näherer Prüfung der Knochenabfälle fanden ſich eine Anzahl von bearbeiteten Knochen- und Geweihſtücken, welche ein fettdurchtränktes, gelbliches oder bräunliches Ausfehen beſitzen, hin und wieder mit ſchwärzlichen Flecken verſehen. Vorwiegend find die Gelenk— enden von Röhrenknochen mittelgroßer Säugetiere zu Gegenſtänden verarbeitet, und zwar die Gelenkenden des ganzen unteren Schienbeinknochens (Tibia) zeigen Nr. 8, 11, 28, 30, 31, 37, 38, 41, 43, ihre Länge ſchwankt zwiſchen 7 bis 12 cm. Zweimal iſt der Schienbeinknochen geſpalten verwendet worden (15, 40), während Nr. 9, 10, 19, 44 den unteren Abjchnitt des Schienbein— knochens in der Epiphuſenlinie zur Schau tragen. Vom oberen Ende des Schienbeinknochens rührt Nr. 18 von 14,6 cm Länge her und von demſelben Knochenteil eines Dogels Nr. 14 (8,5 em lang). Als zugeſpitzter Mittelfuß—

3] Die wendiſche Zeit in der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. 129

knochen iſt Nr. 21 anzuſehen; das proximale Gelenkende des Ellenbogenbeins tritt bei 12, 29 und 34 auf, die Länge wechſelt von 10,3 bis 13,8 cm. Aus geſpaltenen Röhrenknochen find 13 und 17 gefertigt, letzterer 12,5 cm lang. Don einer Rothirſchſproſſe (Cervus elaphus) ſtammt 22 bei einer Länge von 13,2 em; von einer Rehbockſtange (Cervus capreolus) 16 und 35, 12 und 8,7 em lang. Alle dieſe Geräte ſind als Bohrer oder Pfriemen auf— zufaſſen, dieſelben zeigen zum Teil eine ſtarke Abnutzung an ihren zu— geſpitzten Enden, ein Zeichen ihres langen Gebrauches. Als Werkzeuge der hausfrau finden ſich drei 7,5 bis 8,6 cm lange Nähnadeln (6, 7, 24) mit ovalem Ghr, eine Form, welche bei den Naturvölkern (Eskimos) noch heute anzutreffen ijt. Zum Haarputz oder zum Rämmen diente der 13,4 cm lange Knochenkamm (23), welcher aus zwei 8 mm breiten Querſtücken beſteht, zwiſchen denen durch fünf eiſerne Niete die gezähnten Knochenplatten befeſtigt ſind. Außerdem ein 2,6 cm hoher Fingerring aus Röhrenknochen (25), welcher mit je einem Bande von mit der Spitze ein— ander zugekehrten Dreiecken, einem Bande von S⸗förmigen Verzierungen und einem doppelten Schlangenlinienbande verziert iſt. Ebenfalls zu den Schmuckſtücken gehört der 7,5 em lange, 5 em breite, mit zwei ausgeſprungenen Bohr: löchern verſehene Anhänger aus Bernſtein (45).

Aus ſchwarzgrauem, ſchieferartigen Ge- abb. 1. Roßdorf, Kr. Jerichow II. ſtein beſteht das Steinbeil (26) mit aus- geſprungenem Bohrloch von 14,5 cm Länge, 3 em Breite und 1,2 cm Höhe, aus grauem Granit die beiden Reibeſteine (49, 50).

Aus gebranntem Ton beſtehen die drei 15 bis 14 cm hohen Webe— ſteine (46, 47, 48) mit zulindriſchem Bohrloch im oberen Drittel, der eine von ihnen (48) zeigt am oberen Ende unregelmäßige Punktverzierung, und die drei Spinnwirtel. Erſterer (4) aus grauglaſiertem Ton zeigt Doppelkegel— form und beſitzt auf jeder Seite vier konzentriſche Ceiſten; während der Wirtel (5) auf beiden Seiten glatt gerieben oder geſchliffen iſt, weiſt der letzte (27) eine zehnpfennigſtückgroße Delle um das Coch auf der einen Seite auf. Ebenfalls aus Ton beſtehen die ſtarkwandigen Gefäße, es wurde hierzu ein grobkörniger Lehm verwandt; die Aukenfeite ijt mehr oder weniger ſorg— los hergeſtellt, ihre Farbe geht vom Rotgelben zum Braungelben über, ſie ſind ſtets henkellos; nur einmal fand ich im August 1911 in Roßdorf (Kr. Jerichow II) ein einhenkliges didwandiges Gefäß von plumper Sorm mit einer Tupfenreihe auf der Bauchhöhe, drei Horizontalſtrichen und einem Bande von Schrägſtrichen am oberen und unteren Bauchteil (Textabb. 1).

Die Verzierungen ſind unregelmäßig und ohne Sorgfalt ausgeführt. Die meiſten von den abgebildeten Gefäßen (32) ſind aus freier . gefertigt;

Mannus, Bd. VII. H. 1/2.

150 R. Stimming. ra

nur acht find mit Hilfe der Drehſcheibe hergeſtellt (3, 60, 61, 63, 68, 75, 80, 86), die letzteren find als ſpätſlawiſch anzuſehen, außerdem weiſen diejelben eine größere Unzahl von wagerechten Rillen auf, reifenartig um das Gefäß gezogen, der hals iſt kurz eingezogen, der Rand ſcharf profiliert, die Ton⸗ maſſe ijt feiner und ſchärfer gebrannt. In den Boden des Gefäßes einge: preßte Zeichen (fog. Fabrikmarken) tragen 2, 39, 66, und zwar eine zen⸗ trale, 1,5 bis 1,7 im Durchmeſſer haltende, kreisrunde Dertiefung zwei Gefäße aus Fohrde, eins aus Großwuſterwitz; während zwei Brandenburger Gefäße (60, 68) am Boden je zwei konzentriſche, aufgelegte Kreisleiſten tragen.

Die meiſten Gefäße beſitzen einen verſchieden großen Boden, der untere Bauchteil ſteigt ſteil empor, der Bauch ſpringt nur wenig vor, der Halsteil verjüngt ſich wiederum und geht in den etwas nach außen ausladenden Rand über (vgl. nebenſtehende Abb. 2). Hin und wieder iſt der Hals ſcharf abgeſetzt (3, 51, 63, 65, 72, 75, 80, 83, 84, 86), die Becher⸗ form mit weitem Rande tritt bei drei Ge⸗ fäßen (52, 54, 85) auf, völlig halslos mit nach innen gebogenem Rande erſcheinen 55, 61, 76, 81, napfförmig 74, 77, die Geſtalt unſeres heutigen Würfelbechers beſitzt 82, mit drei horizontalen Querleiſten geſchmückt. Der Deckel 56 aus Hohenfercheſar zeigt einen abgeſchrägten Knauf und iſt innen ausgehöhlt; er iſt verziert mit einer doppel⸗ ten horizontalen Wellenlinie, eingefaßt von

Abb. 2. Gefäßprofile. zwei punktierten Bandſtreifen. Der mit

einem vieleckigen Knopf verſehene Deckel von Neuendorf (Kr. Weſthavelland), an der Unterſeite maſſiv, iſt nach der Schauſeite durch ſtrahlenförmig verlaufende Striche eingeteilt.

Die wenig ſorgfältig ausgeführten Derzierungen ſind meiſtenteils auf dem Halsteil der Gefäße angebracht, der Bauchteil zeigt nur vereinzelt ſpär⸗ liche und einfache Husſchmückung. Einfache unregelmäßige Schräg- und Cängsſtriche zeigt 85, zwei- und dreifache 54 und 64, furchenſtichähnliche, jedoch gröber ausgeführte, dreifache Cängs⸗- und Schrägſtriche beſitzt 2, während 75 zwei⸗, drei⸗ und vierfache ſenkrechte Striche trägt, eingefaßt von einem Bande von Horizontallinien. Ein Band von einfachen Schrägſtrichen findet ſich auf 3, 62, 83, desgleichen von zweifachen Schrägſtrichen auf 76. Ein Syftem von dreifachen, ſchrägen, unregelmäßig ſich kreuzenden Linien be⸗ ſitzen 42, 51, 57, während die hälfte des Gefäßes 79 mit demſelben Ornament verſehen iſt, zeigt die andere Hälfte unterbrochene, vierfache Gradſtrichelung. Ein Suſtem von drei⸗ und vierfachen halbbogen, welche durch drei- und

5] Die wendiſche Zeit in der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. 131

vierfache ſenkrechte Striche halbiert jind, tragen 20 und 39, mit einem drei⸗ und einem vierzinkigen Werkzeuge hergeſtellt.

Zweifache, ſenkrechte Wellenlinien beſitzt 71, vierfache Nr. 33; abwechſelnd dreifache Wellenlinien und dreifache ſenkrechte Strichverzierung Nr. 72.

Eine unregelmäßige, horizontale Wellenlinie zeigt 62, eine doppelte horizontale 65, 66, 78, drei bis vier horizontale Wellenlinien 69. Zwei doppelte horizontale Wellenlinien zeigt 81 und eine vierfache überein ander 86, eine mit einem ſechszinkigen kammähnlichen Inſtrument ausgeführte Ornamentik findet ſich bei 74 in unregelmäßiger Bogenform. Ein Band von ſchräggeſtellten Fingernageleindrücken erſcheint bei 65, 68, eine unregelmäßige Punktreihe bei 52, 55. Fünf horizontale Parallellinien am halfe und oberen Bauchteil beſitzt 85, deren acht 86, zwölf zeigt 60, vierzehn 75. Auf der Bauchhöhe finden ſich bei 51 zwei, bei 39 und 42 drei, bei 33 und 73 vier und bei 78 ſechs horizontale Parallelſtriche.

Der untere Bauchteil zeigt zwei Parallellinien bei 81, neun bei 3, zwölf horizontale un⸗ regelmäßige Wellenlinien trägt 65. Gänzlich unverziert iſt der kleine Napf 77 mit Fußandeu⸗ tung; gerauht ſind die beiden Gefäße 67, 70, nur am Bauche gerauht 64.

Vergeſſen ijt noch das Mu⸗ ſter des Gefäßes 84, beſtehend Abb. 3. Neuendorf, Kr. Weſthavelland. aus vierfachen, ſenkrechten Stri⸗ chen, dreifachen ſenkrechten Wellenlinien und vierfachem ſenkrechten Tan— nenzweig⸗ oder Siſchgrätenornament, von je einer ſenkrechten Punkt— linie eingefaßt. Eine einfache Querleiſte mit Singernageleindrüden auf der Bauchhöhe verſehen tragen drei Gefäße (66, 78, 84), eine dreifache Quer- leiſte 72. Die Gefäßhöhe ſchwankt zwiſchen 7,2 bis 24,8 em, der Randdurch— meſſer zwiſchen 7,6 bis 22,4 cm, der Bodendurchmeſſer zwiſchen 4,4 bis 12,8 em, die Wandſtärke von 0,5 bis 1 em.

Sämtliche Verzierungen find mit einem Holz- oder Knochenſtäbchen oder mit einem mehrzinkigen Werkzeug oder Ramm ohne große Sorgfalt, daher ſehr unregelmäßig eingeritzt. | In den Trichtergruben von Fohrde fanden ſich von Eiſen: ein haken— förmiges, 23,5 cm langes Reißmeſſer (32) (ähnlich unſerem heutigen Holzhaken), deſſen Stiel zur beſſeren Befeſtigung ſeitlich umgebogen iſt, eine 30 cm lange, grobgezähnte Säge (36) mit 3 em breitem Blatte und ein gerades, geſtieltes, 12,7 cm langes Meſſer (26 a). Aus der Neuendorfer Siedlung am Havelge-

9*

132 R. Stimming. [6

münde ſtammt die dreieckige, durchbrochene eiſerne Pflugſchar (87) mit fonfaver Biegung, deren Befeſtigungsloch am Holzgeſtell ausgebrochen ijt (Textabb. 3).

Aus einer ſlawiſchen Wohnſtätte am Havelufer bei dem Dorfe Bahnitz (Kr. Jerichow II) rühren her die ſchmale, gebogene, 36 cm lange Säge (88)

88.1 E.

Abb. 4—6. Bahnitz, Kr. Jerichow II.

mit feinen ſchräggeſtellten Zähnen, die 40 em lange, 3,8 em breite Sichel oder Senſe (89) von Eiſen und eine etwas ſchmalere 35,5 cm lange, 2 em breite Sichel (90) aus demſelben Stoffe (Textabb. 4—6).

In Neuendorf und Großwuſter⸗ witz fanden ſich in den Siedlungen mehrere hufeiſen (91; auffallend iſt ihre geringe Größe, ſie ſpricht alſo für eine kleine Pferderaſſe, Abb. 7). Die Tragfläche iſt verhältnismäßig breit (bis 3 eim), fie zeigt verſchieden viele Nagellöcher, in einigen derſelben ſitzen noch die abgebrochenen Huf: nägel. Die Stollen laufen ſpitz zu, Abb. 7. 91. / E. ein Griff läßt ſich nicht wahrnehmen.

7] Die wendiſche Zeit in der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. 133

Schläfenringe, ſowie ſonſtige Beigaben von Bronze fehlten gänzlich, desgleichen wurden in keinem Gefäß weder eine Münze noch hackſilber ge— funden. Im Jahre 1910 fand der Candwirt Wiere in Dieritz (Rr. Jerichow II) eine kleine mit parallelen Horizontalitrichen verzierte Urne (ähnlich Nr. 61, nur etwas runder im Bauchteil geformt), welche 125 Silbermünzen von der Größe eines Zweimarkſtückes, herrührend vom Erzbiſchof Friedrich von Magdeburg (1142 —52), enthielt; das Gefäß nebſt einigen Münzen befindet ſich im Kreismufeum zu Genthin (Kr. Jerichow II).

Faſſen wir das Ergebnis dieſer Funde zuſammen, ſo ſehen wir: die Wenden (Slawen) bewohnten vom 8.— 12. Jahrhundert nach Chr. unfere heimatliche Scholle, ſie lagen der Jagd und Fiſcherei ob, zugleich betrieben lie den Aderbau, wie Pflugſchar und Senſe beweiſen, und Viehzucht, da— neben verſtanden fie das Zimmerhandwerk, was aus den Sägen und dem Meſſer hervorgeht, die Frauen verfertigten Gewebe (Spinnwirtel, Webe— ſteine), verſtanden mit der ſtarken knöchernen Nadel umzugehen und fertigten die Gefäße an (Ceinweberei, Töpferei).

Charatterijtijd) für die Slawen ſind: rohe, ohne Sorgfalt hergeſtellte Gefäße mit eigentümlichen unregelmäßigen Verzierungen, horizontale und vertikale Wellenlinien (Burgwalltypus), häufigere Verwendung der Dreh— ſcheibe bei der Töpferei, ſpärliche Beigaben aus Stein, Bernſtein, Knochen, Geweih, Ton und Eiſen, Siedlungen oder Wohnſitze in nächſter Nähe der Slüffe und Seen, Skelettbeſtattung, wenigſtens für die ſpätere Epoche, daneben Brand-, Abfall- oder Trichtergruben angefüllt mit Brandaſche, Küchenabfällen, Gefäßen und deren Scherben. Die frühere germaniſche Bevölkerung (Germanen) iſt zum größten Teil nach Weſten und Süden abgezogen, ein kleinerer hat ſich mit den flawiſchen Eindring— lingen allmählich vermiſcht, ihnen als Cehrmeijter in den verſchiedenen Hand- werken und Künjten dienend.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXII.

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wendiſche Niederlaſſung bei Sohrde. Areal des herrn Paul Meſenberg.

Stimming, Wendiſche Zeit in der Mark Brandenburg. Curt Kabitzſch, Ral. Univ.⸗Derlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Zeitjchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXIII.

Wendiſche Niederlaſſung bei Fohrde. Areal des herrn Paul Meſenberg.

Stimming, Wendiſche Zeit in der Mark Brandenburg. Curt Kabitzſch, gl Axio. perſags buch. Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXIV.

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Wendiſche Niederlafjung bei Fohrde. Areal des herrn Paul Meſenberg.

Stimming, Wendiſche Zeit in der Mark Brandenburg. Curt Kabigih kal. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg. Digitized by GIBTTE

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXV.

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Gefäße aus wendiſcher Zeit von verſchiedenen Sundpläßen.

Neuendorf 51, 58, 65; Großwuſterwitz (Kirche) 52, 54, 55, 61, 63, 64, 66, 67, 70; Wöhrde 62, 60; Rietz 57; | hohenferdyejar 56; Brandenburg a. h. 60, 68; Schermen 55; Brielow 59.

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Stimming, Wendifche Zeit in der Mark Brandenburg. Curt Kabitich, kGl. Univ uchh., Würzburg. ra Digitized GRRE

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXVI.

72. U. T.

81.7 T.

Gefäße aus wendiſcher Zeit von verſchiedenen Fundͤplätzen.

Großwuſterwitz (Kantorader) 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 81, 84, 86; (Wöhrde) 82; (Sahrtbrüde) 79; Tuchheim 80; Brandenburg a. 5. 85; Möſer (Weinberg) 85.

Stimming, Wendiſche Zeit in der Mark Brandenburg. Curt, Kabiticl kal, Ya Derlagsbuchh., Würzburg.

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Wer waren die Altjlawen? Don Karl Felix Wolff (Bozen).

„Der Begriff des Slawijden, der für den Linguiſten jo einheitlich und felt um- ſchrieben daſteht, hat für den Anthropologen etwas überaus Unbeſtimmtes, ja Ratfel- volles und Unzugängliches. Slawiſch iſt überhaupt kein anthropologiſcher Begriff; aber ein Begriff, an dem der Unthropologe

nicht vorbeigehen darf, dem er nur auf anderem Wege nahekommen muß als der Cinguiſt.“ | Dr. §riedrid) Schiff.

Die flawiſche Dölferfamilie erjtredt ſich über ein ungeheueres Gebiet und bunter als in irgend einer anderen Sprachgemeinde iſt bei den Slawen das anthropologiſche Raſſenbild. Der Ruſſe des Waldai-Gebietes ijt groß, blond und kurzköpfig („Waldai⸗Typus“ der ruſſiſchen Anthropologen); der Rujje des Rjäſan⸗CTambow⸗Gebietes ijt klein, brünett und langköpfig („Rjäſan⸗ Typus” der ruſſiſchen Anthropologen); der Bewohner Kleinrußlands ijt klein, brünett und kurzköpfig; der Montenegriner iſt auch brünett und kurzköpfig, aber hochgewachſen. Und ſo geht es fort: es gibt keine Einheitlichkeit der Raſſe in der flawilchen Sprachgemeinde!

Es muß aber doch einmal ein Stammvolk gegeben haben, das all dieſen, anthropologiſch jo verſchiedenen Menſchen die flawiſche Sprache brachte. Ein ſolches Stammvolk hat ſich in der Tat archäologiſch nachweiſen laſſen. Aus der Zeit vom 7. bis zum 12. Jahrhundert n. Chr. finden wir in Ofterreich, Mittel⸗ und Norddeutſchland Gräber, die ſich in ihren Beigaben durch die ſog. Schläfenringe kennzeichnen. Huf Grund der von Wocel und Sophus Müller zuerſt ausgeſprochenen Annahme weiſt man dieſe Gräber den Alt— ſlawen zu.

Der anthropologiſche Befund hat nun ergeben, daß die Altſlawen einen in körperlicher Hinjicht ziemlich einheitlichen, mit ganz beſtimmten

136 Karl Selir Wolff. [2

Merkmalen verſehenen Menſchenſchlag daritellen; es waren hochgewachſene Leute mit langgebautem Schädel. Aus byzantinischen und arabiſchen Quellen wiſſen wir, daß fie vorherrſchend blond waren. Carl Toldt!) fand unter 169 Altſlawenſchädeln aus Norddeutſchland nur 18 brachukephale, alle übrigen waren dolichokephal oder meſokephal. Derſelbe Forſcher unterſuchte auch 118 Altſlawenſchädel aus verſchiedenen Teilen Gſterreichs?) und kam dabei zu einem ähnlichen Ergebniſſe: 39°, waren dolichofephal, 52,59% meſokephal und nur 8,5% brachukephal. Hyperbradhytephale und Planotzipitale fehlten gänzlich. Die hälfte gehörte in die Indexgruppe 74—77.

Die klltſlawenſchädel zeigen alſo große Ahnlichkeit mit den germaniſchen Reihengräberſchädeln. Bei ſolchen fand Eder?) 64,8 % Dolichokephale, 31,5% Meſokephale und 3,7% Brachykephale. Deshalb ſagte R. Virchow auf dem Unthropologenkongreß zu Nürnberg im Jahre 1887, daß man auf Grund der äußeren Erſcheinung nicht angeben könne, ob man den Schädel eines Altjlawen oder eines Germanen vor ſich habe. Immerhin hat ſich bei Betrachtung ganzer Reihen ergeben, daß die Altjlawen weniger dolichoid ſind als die Germanen; das laſſen die oben angeführten Ziffern erkennen, zu denen ergänzend bemerkt fei, daß der höchſte Cängen-Breiten-Index eines öſterreichiſchen Altſlawenſchädels 83,55 betrug, der höchſte ebenſolche Index eines Reihengräberſchädels aber nur 82,14.

Wichtiger als dieſer kleine Unterſchied im Index iſt aber das Ergebnis der von Alfred Schliz nach feiner verfeinerten kranioſkopiſch-tupologiſchen Methode vorgenommenen Unterſuchung ). Nachdem ſchon andere Forſcher, insbeſondere Toldt, das mehr oder weniger lang ausgezogene, kegelförmig zugeſpitzte hinterhaupt und das allmähliche Unſteigen des Scheitels von dem Bregma an nach hinten bis über die Ohr-Scheitelebene hinaus als charakteriſtiſch für die Altſlawenſchädel erkannt hatten, ſtellte Schliz noch verſchiedene andere Merkmale feſt, die er in ihrer Geſamtheit als „fin— niſche“ bezeichnete. Zu dieſen finniſchen Eigenſchaften rechnet er: „Die ſchwache Modellierung der Schädelkapſel, die flache Ausbildung des Inion— und Lambdawinfels, der in gleichmäßigem hohem Bogen erfolgende Unſtieg der Stirn nach der noch hinter dem Bregma liegenden Scheitelhöhe, die flachen, fonfluierenden Superziliarwülſte, die eingebogene, ftatt eingekerbte Naſen— wurzel, die gerade Flucht der Naſenbeine, der ſchräg von hinten nach vorn mit ſtumpfem Rieferwinkel laufende Unterkiefer mit ſpitzem Kinn und die

1) Rorreſpondenzbl. d. Deutſch. Geſellſchaft f. Anthropologie, Ethnologie und Urgeſchichte, Jahrg. 1911.

2) Mitteilungen d. anthropol. Geſellſchft in Wien, 42. Bd., Jahrg. 1912. „Die Schädelformen in den öſterreichiſchen Wohngebieten der Altſlawen einſt und jetzt.“ ) Crania Germaniae meridionalis occidentalis, Freiburg i. Br., 1865.

4) Bericht über den Anthropologenkongreß zu Weimar im „Rorreſpondenzbl. d. Deutſch. Geſellſchaft f. Anthropologie, Ethnologie und Urgeſchichte“, Jahrg. 1912.

3] Wer waren die Altſlawen? 137

in der Sutura zygomatico-maxillaris vorſpringenden Wangen, welche dem Geſichte den Ausdrud „breiter Backenknochen“ geben“.

Später ſagte Schliz in derſelben Derjammlung:

„Die Ihnen vorgelegten Beobachtungen glaube ich bis jetzt in der Solgerung zuſammenfaſſen zu können, daß wir für unſer deutſch-ſlawiſches Gebiet ganz wohl imſtande ſind, an beſtimmten Merkmalen in der Mehrzahl der Salle einen altſlawiſchen Schädel von einem altgermaniſchen Reihengräberſchädel zu unterſcheiden und daß dieſe Merkmale mit großer Wahrſcheinlichkeit auf die Zumiſchung eines zweiten Rajjen- beſtandteils zurückzuführen ſind.“

Endlich bemerkte Schliz, daß wir nicht imſtande ſeien, beim finniſchen oder beim uralaltaiſchen Typus auf die urſprünglichen Komponenten zurück— zugehen, weil wir jie nicht in Reinexemplaren beſäßen; zwei dolichokephale Komponenten hätten fic) mit einem aſiatiſchen oder europäiſchen brady- kephalen Faktor gemiſcht.

Prof. Matiegka aber meinte, die Unſicht, daß die alten Slawen mit den übrigen Ariern einen gemeinſamen Tupus, ausgezeichnet durch hohen Wuchs, langen oder mittellangen Schädel und helle Hugen- und Haarfarbe, beſaßen, werde in neueſter Zeit wohl von der Mehrzahl der europäiſchen Unthropologen geteilt.

Aus alledem geht hervor, daß die Altjlawen gleich den Germanen der nordeuropäiſchen Raſſe angehörten, dak fie aber in Oſteuropa vor und während der Dölferwanderungszeit eine Beimiſchung erfahren hatten, welche ihren Cängen-Breitenindex etwas erhöhte und außerdem die von Toldt und Schliz hervorgehobenen ſekundären Merkmale bedingte. Wenn wir alſo feſtſtellen wollen, wer die Ultſlawen geweſen ſeien, jo müſſen wir zunächſt dieſe Beimiſchung anthropologiſch zu beſtimmen trachten.

Daß in den ganzen Oſten Europas, etwa bis zur Elbe und bis in die Alpen, etwas mongoliſches Blut hereingeſickert iſt, ſcheint mir unzweifel— haft und ich ſchreibe dieſer Beimiſchung auch eine ſtarke pſuchologiſche Ein— wirkung auf den Volkscharakter zu; hingegen ſcheint mir die morphologiſche Ein— wirkung verſchwindend gering; das Fehlen der Mongolenfalte bei den Lappen und die ſtarke, ganz unmongoliſche Behaarung der Bewohner Mittel- und Südrußlands, deren Außeres weit mehr an die Aino als an die Mongolen erinnert, laſſen erkennen, daß ſelbſt bei dieſen öſtlichen Dölkern die mongoliſche Beimiſchung nur äußerſt ſchwach geweſen ſein kann. Wenn dies für die Cappen und Rujjen gilt, fo gilt es in noch höherem Maße für die Altjlawen, die ja der nordeuropäiſchen Raſſe körperlich nahe geſtanden haben. Mit Recht betont Schliz, daß die Beimiſchung, welche die Altjlawen von den Ger: manen unterſcheidet, auch bei Sinnen und Turko-Tataren, d.h. im vorliegenden Salle bei nordweſtaſiatiſchen Völkern, nachweisbar iſt. Wir werden alſo den Kern dieſes Elements im mittleren Rußland zu ſuchen haben. Catſächlich

138 Karl Felix Wolff. [4

finden wir hier in dem bereits erwähnten Rjäjfantypus einen anthropo- logiſchen Faktor, der ſehr wohl geeignet erſcheint, die übereinſtimmenden körperlichen Eigentümlichkeiten der Sinnen, Tataren und Altflawen zu be⸗ dingen ). Gerade dieſer Typus ijt, wie Tſchepourkovsky ausdrücklich bemerkt, ein Überbleibſel der primitiven Bevölkerung Rußlands.

Nun will mir ſcheinen, daß dieſer kleinwüchſige, brünette Rjäſantypus mit ſeiner zur Platurrhinie neigenden Naſe und ſeinem Durchſchnittsindex von 79 kein anderer ſei, als der von Schiff?) in Böhmen nachgewieſene platyrrhine Meſokephale oder Subbradyyfephale, eine Vermutung, die übrigens auch Schiff angedeutet hat (ebendort, S. 275 u. 279). Ferner ſtimme ich Schiff durchaus bei, wenn er feinen platyrrhinen Subbrachykephalen für nahe verwandt mit dem Typus I von Reche hält?). Reche charakteriſiert dieſen Typus wie folgt“): „Er ijt meſo- bis brachyfephal, brachuſtenokephal, meſoproſop, meſorrhin bis platyrrhin und ſcheint zur Prognathie zu neigen ... Charakteriſtiſch iſt ferner, daß die Wangenbeine nach vorn vorſpringen; das Geſicht zeigt alſo das, was man beim Lebenden wohl als „vorſpringende Backenknochen“ bezeichnet .. .. Bei den bandkeramiſchen Schädeln des Typus I findet fic) ſodann eine Eigentümlichkeit, die, ſoviel ich weiß, bisher überhaupt noch nicht bei europäiſchen Schädeln feſtgeſtellt wurde, nämlich „ſchaukelnde“ Unterkiefer, eine Form, auf die Stahr („Über den Maori- Unterkiefer und fein Vorkommen an Ägypterichädeln”, Anatom. An3., 1906) zum erſtenmal aufmerkſam gemacht hat und die nach feiner Meinung Merk⸗ mal einer niederen Rafje üt...... Mit feiner platten, vorn aufge- blähten, breiten Naſe, ſeiner an afrikaniſche Formen erinnernden Stirn, ſeiner Neigung zur Prognathie, ſeinem niedrigen, breiten Geſicht mit etwas vorſpringenden Backenknochen, den ſchaukelnden Unterkiefern und noch mancher anderer Eigenſchaft paßt er ſo gar nicht in den europäiſchen Formenkreis hinein. Vielleicht haben wir ſeine Derwandten im Süden und Südoſten zu ſuchen, vielleicht hängt er auch mit den Kleinwüchſigen von Schweizersbild zuſammen.“ |

Und nun gehe ich noch einen Schritt weiter und verknüpfe dieſen oſt— europäiſchen Typus, der heute noch am reinſten im Rjäſangebiete anzutreffen iſt, mit dem ſteinzeitlichen Pfahlbau-Typus Mitteleuropas, insbeſondere des Rheingebietes. In feiner ſchönen Arbeit „Die vorgeſchichtlichen Schädel—

1) Ethume Tſchepourkovsky, „Anthropologiſche Studien“, „Archiv für Anthros pologie“, 58. Bd., Jahrg. 1911.

2) Friedrich Schiff, „Beiträge zur Kraniologie der Czechen“, „Urchiv für Ans thropologie“, 59. Bd., 1912.

3) Rorreſpondenzbl. d. Deutſch. Geſellſchaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeſchichte, 1912, S. 91.

4) Dr. O. Rede, „Zur Anthropologie der jüngeren Steinzeit in Schleſien und Böhmen“, „Archiv für Anthropologie“, 35. Bd. 1909.

5] Wer waren die Altilawen? 139

typen der deutſchen Länder in ihrer Beziehung zu den einzelnen Kulturkreiſen der Urgeſchichte“ jagt Schliz von jenem Typus 1): „Als gemeinſame Grund— form (der ſieben Michelsberg⸗Pfahlbau⸗Schädel) können wir allen die Birn⸗ form mit ſchmaler Stirn, ſchwach gewölbten Seiten und breitem, rundem Hinterhaupt zuweiſen. Die Norma lateralis zeigt ganz ſteil anſteigende Stirn über kleinen Superziliarwülſten.“ Schliz betont dann die „gleich— mäßige runde Modellierung“ und die Platurrhinie. Als Cängen-Breiten⸗ Indices gibt er an: 77,40, 78,74 und 80,59, „in allen drei Fällen aber lediglich durch Ausweitung der Seiten, bei ſonſt in allen anderen Merkmalen mit den Cangköpfen übereinſtimmendem Bau“ (35. Bd., S. 255). Im zweiten Teile ſeiner Abhandlung jagt Schliz noch beſtimmter: „Tupiſch ijt die Birn⸗ form des Schädelgrundriſſes mit ſchmaler Stirn und weitem, rundem hinter⸗ haupt, die ſteil anſteigende rundgewölbte Stirn, das Unſteigen der Stirnkurve über das Bregma hinweg bis zur Scheitelhöhe und die runde Kurve des Hinter: hauptes, das ſchmale, aber niedere Geſicht und die breite Naſe.“ Schliz bemerkt dann, daß auch die ſpätneolithiſchen Schädel aus dem Caibacher Moor hierher gehören und fügt hinzu: „bei allen iſt die Modellierung eine glatte“ (Bd. 37, S. 205). Ebendort gibt Schliz eine Abbildung, die erkennen läßt, daß der betreffende, in der Norma verticalis rundbogig abgeſchloſſene Pfahlbauſchädel gleichwohl in der Norma lateralis eine Zuſpitzung des Hinter⸗ kopfes zeigt, wie man fie in ganz ähnlicher Weiſe an den Schädeln der Altſlawen beobachten kann.

Wir haben alſo bei der Pfahlbauraſſe und bei den Altſlawen eine ganze Reihe gemeinſamer Merkmale, die auch durch örtliche Derande- rungen nicht ausgelöſcht werden konnten, jo 3. B. die glatte Modellierung, das allmähliche Unſteigen des Scheitels bis weit nach rückwärts, die flachen Superziliarwülſte und die Platyrrhinie, die, nach Toldt, auch bei den Alt- ſlawen vorherrſcht. Dieſe Merkmale, die der nordeuropäiſchen Raſſe fremd ſind, hat Schliz als „finniſche“ bezeichnet. In ſeiner eben angeführten Arbeit (Bd. 37, S. 215) begründet er dies wie folgt. Er zieht drei Sinnen: ſchädel, zwei Tatarenſchädel, zwei Kirgiſenſchädel und die Diagramme eines Lapplanders zum Vergleich mit den weſteuropäiſchen Rurzköpfen heran und ſtellt feſt: „Übereinftimmend zeigen Finnen, Tataren und Lappländer die Birnform des Schädelgrundriſſes mit ſchmaler, gewölbter Stirn, gleich— mäßig, in nahezu gerader Flucht divergierenden Seiten und kreisbogen— formigem Hinterhauptsabſchluß ohne eigentlichem Ausbau der Tubera parie- talia. In der Mittellinie folgt auf einen vorn hohen, nach hinten ſich ver— ſchmälernden Unterkiefer mit ſchräg aufſteigendem Ajt und ſpitzem Kinn ein hoher, vorgebauter Oberkiefer mit langem, ſpitzem Naſenſtachel, langer Naſe und ſeicht eingebauchter Naſenwurzel. Die Stirn beginnt mit plattem,

1) Archiv für Anthropologie, 35. u. 37. Bd.

- 140 Karl Felix Wolff. [6

in der Mitte konfluierendem Superziliarwulſt und läuft dann in gleichmäßig rückwärts laufendem Bogen bis zum Bregma. Meiſt läuft die Kurve ohne merkliche Unterbrechung im gleichen Bogen weiter über die Scheitelhöhe bis zum Lambda, wo ſich dann ein engeres Hinterhaupt anſchließt. Ein Finnen- und ein Catarenſchädel zeigen leichte Abflachung der Kurve vor dem Bregma, im ganzen jedoch ſind alle dieſe Schädel ſehr ſchwach model— liert .. . . Die Kirgiſen unterſcheiden ſich von dieſem Geſamtbau nur durch breitere und flachere Stirne, der Lappländer durch noch ausgeſprochenere Birnform des Grundriſſes mit ganz ſchmaler Stirn.“ Schliz ſchließt mit den Worten: „Dieſe Übereinſtimmung der finniſch-lappiſchen Bevölkerung mit den ſomatiſchen Merkmalen der nordaſiatiſchen Nomaden ſcheidet ſie ſcharf von der weſteuropäiſchen Brachyfephalie, der die Schädel der Grenelle— raſſe von Nordfrankreich über Belgien, Mecklenburg, Dänemark bis nach Skandinavien angehören. Die unbehauſten „Sennen“ des Tacitus waren wahrſcheinlich ſchon Brachukephale aſiatiſchen Urſprungs.“

Ich komme nun allerdings zu einem ganz anderen Schluß. Ich ſage nämlich: in den Großruſſen des Rjäſan-Tambower Gebiets und in der einſt mit ihnen zuſammenhängenden Ainobevölterung, ferner in Schiffs böhmi— ſchem platyrrhinem Meſokephalen, in Reches Typus I und in dem neolithi— ſchen Pfahlbau-Tupus der um die Alpen gelegenen Gebiete ſteckt ein ein— heitliches, kleinwüchſiges, dolichokephales, brunettes und platur— rhines Rajjenelement, das man paſſenderweiſe mit den ruſſiſchen Anthro— pologen Rjäſantupus nennen wird, weil es dort noch heute verhältnis— mäßig rein erhalten iſt. Es hat auch von dort feinen Ausgang genommen und ſich am Ende der Eiszeit quer durch Mitteleuropa bis in das Rheintal ausgebreitet. Wo es ſich mit Kurztöpfen vermiſchte, entſtand der „birnför— mige Schädelgrundriß“, wie ihn in übereinſtimmender Weiſe die Pfahl— bauleute, die Finnen, Lappen und Cataren zeigen.

Seit der epochemachenden Arbeit des Profeſſors Guſtaf Roſſinna über den „Urſprung der Urfinnen und der Urindogermanen“ ) halte ich es für bedenklich noch von aſiatiſcher herkunft der Finnen zu ſprechen, denn der Kern der Finnen, der anthropologiſch aufs engſte mit dem allerdings ſprachlich ſlawiſierten Waldaitypus zuſammenhängt, iſt ein hochgewachſener, blonder, langgeſichtiger, ſchmalnaſiger und brachykephaler Menſchenſchlag, der durchaus an die Grenelleraſſe (Schliz' weſteuropäiſche Brachukephalie, meinen „Juratypus“) erinnert und auch jedenfalls von Weſten herzuleiten iſt. Er hat ſich in Kußland mit dem Rjäſantupus natürlich vielfach gemiſcht und dieſer Miſchung verdankt er jene Merkmale, die Schliz als „finniſche“ bezeichnet. Berührungen zwiſchen dem finniſchen Kernvolke und den aſiatiſchen Nomaden erachte ich aber nur inſoferne für beſtehend,

1) Mannus, Zeitſchrift der Geſellſchaft für deutſche Vorgeſchichte, 1909 u. 1910.

7] Wer waren die Altſlawen? 141

als finniſche Schwärme über den Ural und durch die kaſpiſche Dölferpforte in Alien eingedrungen fein mögen. Ebenſo werden wohl auch die Rjdjan- leute ſich mit den benachbarten Ajiaten oft vermiſcht haben. Mit einem Worte, ich glaube nicht, daß die Finnen oder die weſtaſiatiſchen Turkbölker die Träger der von Schliz feſtgeſtellten und als „finniſch“ oder „uralaltaiſch“ be— zeichneten Merkmale ſeien, ſondern ich glaube, daß echte Finnen und echte Uſiaten einander urſprünglich ganz fremd waren, daß fie aber ihre heutigen, übereinſtimmenden Merkmale von dem zwiſchen ihnen ſeßhaften Rjäſantypus empfangen haben.

Genau dasſelbe gilt dann auch natürlich für die Altjlawen. Sie gehörten urſprünglich der nordeuropäiſchen Rajje an. Aber im Oſten Europas vermiſchten fie ſich mit Leuten vom Rjäſantypus und empfingen fo jene ſekundären Merkmale, durch welche ſich ihre Skelette von jenen der Germanen unterſcheiden. Ganz ähnliche Merkmale kann man heute auch dort beobachten, wo von Slawen oder Sinnen keine Rede iſt, wo ſich aber nachweislich eine Vermiſchung der nordeuropäiſchen Langköpfe oder der weſteuropäiſchen Kurzköpfe mit der alten Pfahlbauraſſe vollzogen hat. Das iſt 3. B. im Boden— ſeegebiet und im Elſaß der Fall. Ganz deutlich ſieht man bei ſolchen Leuten die zur Platurrhinie neigende kurze Naſe, die ſchwache Modellierung der Schädelkapſel, den in gleichmäßigem Bogen erfolgenden Unſtieg der Stirn nach der weit hinten liegenden Scheitelhöhe und die ſchwach entwickelten Superziliarwülſte. Wenn es ſich um Kurzföpfe handelt, jo genügt ein Blick von oben, um den birnförmigen Schädelgrundriß zu erkennen, ja, bei Leuten aus der Nordſchweiz ſah ich oft eine ſo extreme Birnform, daß man ſchon von Trigonokephalie ſprechen konnte; mit ihrer ſchmalen Stirn, ihrem kleinen Wuchs und ihrer dunklen Haar- und Augenfarbe erinnerten dieſe Leute lebhaft an die Lappen. Ich zweifle auch nicht im geringſten daran, daß jie mit den Kleinwüchſigen vom Schweizersbild zuſammenhängen; der Ryajan- typus muß eben ſchon ſehr frühzeitig am Rande des Eiſes nach Welten vor— gedrungen ſein.

Nur etwas fehlt in unſeren Gegenden gewöhnlich, was bei den Alt— ſlawen nachweisbar iſt: Die Erſcheinung der „vorſpringenden Backen— knochen“. Dieſe Erſcheinung gehört aber auch gar nicht zu den urſprüng— lichen Eigenſchaften des Pfahlbau-Rjäſan⸗Tupus; fie iſt von ihm vielmehr erſt erworben worden durch Vermiſchung mit dem breitgejichtigen klein— ruſſiſchen Kurzkopftypus. Dieſer durchaus ſelbſtändige Tupus, der von Kleinrußland bis nach Brandenburg in geſchloſſenen Mengen vorkommt (von mir „Sudetentypus“ genannt, weil ich ihn dort am reinſten angetroffen habe), kennzeichnet fic) durch hochgradige Brachukephalie, kleinen Wuchs, dunkle haar⸗ und Augenfarbe, zur Platyrrhinie neigende Naſe und breites Geſicht mit vorſpringenden Backenknochen. Von den Mongolen unterſcheidet er ſich durch das Fehlen der Mongolenfalte und durch die ſtarke Behaarung.

142 Karl Selix Wolff. [8

Als ſich die Vorfahren der Altſlawen mit dem Rjäſantupus vermiſchten, war auch dieſer ſchon längſt nicht mehr rein, ſondern er beſaß einen klein⸗ ruſſiſchen Einſchlag. Daher die vorſpringenden Backenknochen und die Neigung zur Meſokephalie, ja Subbrachukephalie, wodurch ſich die Altſlawen von den Germanen unterſcheiden.

Soviel über den nicht nordeuropäiſchen Raffenanteil der Altjlawen. Nun zu ihrem nordeuropäiſchen Grundſtock. Allgemein wird angenommen, daß UAltſlawen und Urſlawen anthropologiſch ein und dasſelbe, oder daß die Altjlawen unmittelbare Nachkommen der Urjlawen geweſen ſeien. Die Urſlawen ſind jener Teil des indogermaniſchen Urvolkes, der ſich von den übrigen Indogermanen abtrennte und die urſlawiſche Sprache ent— wickelte. Die Urſlawen nahmen dauernden Aufentbalt in der „ſlawiſchen Urheimat“. Als ſolche bezeichnet Müllenhoff in feiner „Deutſchen Alter— tumskunde“ das große Gebiet am mittleren und oberen Dnjepr, mit Aus- ſchluß der nordweſtlichen Candſchaften und der Karpatenausläufer, „ein voll— ſtändiges Binnen- und Flachland, nach allen Seiten hin vom Meere abge— ſchloſſen und im Inneren ohne Mannigfaltigkeit und ſonderliche Derſchieden— heiten in der Geſtaltung und Beſchaffenheit“. Hier verlebten die Slawen in geſchichtsloſer Jurückgezogenheit, indem jie Viehzucht und etwas Ackerbau trieben, mindeſtens zwei Jahrtauſende. Da die Ausbreitung der Indoger— manen aus vielen Gründen allgemein etwa um 2000 v. Chr. angeſetzt wird und die Slawen erſt im 6., früheſtens 5. Jahrhundert n. Chr. aus ihrer Urheimat gegen Weſten vorzudringen beginnen, fo iſt die Zeit der Seßhaftigkeit mit zwei Jahrtauſenden noch kurz bemeſſen. Man nimmt alſo an, daß die Slawen während dieſer ganzen, ungeheuer langen Zeit ihre urſprüngliche Rörper— beſchaffenheit (abgeſehen von einigen ſekundären Merkmalen) bewahrt hätten. Man hält es für möglich, daß die Slawen nach Jahrtauſenden bei ihrem Wiedererſcheinen in Mitteleuropa noch immer im großen und ganzen den Rajjentypus ihrer Urväter gezeigt hätten. Dieſe Möglichkeit halte ich aber für ausgeſchloſſen und zwar aus folgenden Gründen.

Die „Urheimat“ der Slawen deckt ſich in der hauptſache mit dem heutigen Kleinrußland. Die Bewohner dieſer Gegend zeichnen ſich, wie ſchon oben bemerkt, durch eine hochgradige Kurzköpfigkeit aus; dabei ſind ſie kleinwüchſig, jo daß jede Urverwandſchaft mit der nordeuropäiſchen Rajje ausgeſchloſſen erſcheint. Die Kleinruſſen ſind aber auch keine Tataren, ſie müſſen alſo un— mittelbar von jener Urbevölkerung abſtammen, die vor dem Erſcheinen der indogermaniſchen Slawen, d. h. am Ende des 3. oder am Anfang des 2. vorchriſtlichen Jahrtauſends, in den Rarpaten- und Sudetenländern, ſowie im ſüdweſtlichen Polen und Rußland ſeßhaft war. Inmitten dieſer brachu— fephalen Bevölkerung haben ſich die Urſlawen als Eroberer und Herren niedergelajjen und unter ihr die urſlawiſche Sprache verbreitet.

9] Wer waren die Altilawen? 143

Kann nun ein dolichokephales Eroberervolk in ſolcher Lage ſeine Dolicho— kephalie durch zwei Jahrtauſende bewahren? Die Slawen ſelbſt mögen uns hier als Beiſpiel dienen. Wir kennen die Altſlawen aus dem 7. bis 12. nachchriſtlichen Jahrhundert. Wie wir oben geſehen haben, waren ſie über— wiegend dolichokephal und meſokephal. Aber jchon die altchriſtlichen Schädel aus Böhmen, welche Prof. Matiegka unterſuchte !), zeigen folgende Inder: verteilung: 0,5% Ultradolichokephale, 4,5% Huperdolichokephale, 27,2% Do: lichokephale, 42,2% Meſokephale, 18,1% Brachukephale, 5,5% Huperbrachu— kephale und 2,0% Ultrabrachukephale. Demgegenüber fand der genannte Forſcher bei rezenten Schädeln aus derſelben Gegend: 0,0% Ultradolicho— kephale, 0,0% Huperdolichokephale, 1,0% Dolichokephale, 13,5% Mefo- kephale, 56,5% Brachyfephale, 26,3% Huperbrachukephale, 2,7% Ultra- brachyfephale. Toldt ſtellte unter 300 rezenten Schädeln aus Böhmen und Mähren folgendes Verhältnis feſt: 1,3% Dolichokephale, 18,3% Meſokephale, 57% Brachukephale und 23,4% Huperbrachykephale; und unter 93 rezenten Slowenenſchädeln: 2,1% Dolichokephale, 21,5% Meſokephale, 48,4% Brachu⸗ kephale und 28% Hyperbradyyfephale 2).

Mit der Dölkerwanderungszeit hat ſich alſo bei den Slawen eine völlige Umkehr von der Dolichokephalie zur Brachyfephalie vollzogen. Genau fo iſt es bei den Germanen. Die Germanen der Dölkerwanderungszeit waren ſogar, wie ſich aus den Reihengräbern ergibt, noch dolichokephaler als die Altjlawen; trotzdem gibt es heute deutſche Gebiete mit einem Durchſchnitts— index von 85, 86 und mehr. Dieſe Erſcheinung läßt ſich nach meiner Auf- faſſung nur jo deuten, daß die langköpfigen Eroberer in einer kurz— köpfigen Urbevölkerung körperlich aufgegangen ſind. Im Laufe eines Jahrtauſends war die völkiſche Einebnung vollzogen. Die Mitglieder der herrſchenden und wohlhabenden Kreiſe wurden ſorgfältig beſtattet und ihre Skelette ſind uns erhalten geblieben, während wir bezüglich der armen Hörigen aus früherer Zeit nur auf Dermutungen angewieſen find. So ſehen wir denn in alter Zeit faſt nur Cangköpfe, dann erſcheint plötzlich ein geringer Hundertja von Kurzföpfen und ſchließlich überwiegen dieſe. Das die große Mehrheit bildende Urvolk hat raſſenmäßig geſiegt!

Auf dem bereits erwähnten Unthropologentage zu Weimar im Jahre 1912 äußerte Prof. Matiegka, er glaube, daß der Einfluß der Dolferwan- derungs⸗Zuflüſſe ganz temporär und beſchränkt war. Und Prof. Anfer- mann ſagte: „Im allgemeinen dürfte es ſo ſein, daß die anſäſſige Bevölke— rung unterworfen wurde und die neuen Einwanderer die herrſchende Klaſſe

1) Korreſpondenzbl. d. Deutſch. Geſellſchaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeſchichte, Jahrg. 1912, S. 86.

2) Mitteilungen der Unthropologiſchen Geſellſchaft in Wien, 42. Bd. 1912, S. 272 u. 274.

144 Karl Selir Wolff. [10

bildeten. Nun jtellte die herrſchende Klaſſe auch die Krieger, während die Unterworfenen Aderbau trieben und für die Unterhaltung der herren zu ſorgen hatten. Die Folge davon war wieder die, daß die herrſchende Klaſſe durch die Kriege allmählich aufgerieben wurde. Das ſcheint mir die ein— fachſte Erklärung für das Verſchwinden der Germanen in Süddeutſchland und der langköpfigen alten Slawen in Gſterreich zu fein, beſonders, als fie an Zahl von vornherein ſicher geringer waren, als die von ihnen unterjochte Bevölkerung.“

Geheimrat v. Cuſchan wies auf ganz ähnliche, in ihren Urſachen klar erkennbare, nämlich auf Dermiſchung zurückzuführende, körperliche Derände— rungen bei den Kurden hin.

Wahrſcheinlich haben alle hier angeführten Umſtände, nämlich geringe Anzahl der Eindringlinge, Dermifchung mit der Urbevölkerung, ſtärkere Ver— luſte der Oberſchichte im Kriege und wohl noch anderes mitgewirkt auf jeden Fall aber ſtehen wir vor der Tatſache, daß ſowohl die Germanen, wie auch die Slawen im Derlaufe von kaum eineinhalb Jahrtauſenden kurzköpfig geworden ſind —, ſelbſtverſtändlich nur dort, wo fie eine kurzköpfige Urbevölke— rung antrafen, denn im Rjäſan-Tambower Gebiet ſind die Slawen heute noch langköpfig oder wenigſtens meſokephal. Die Tiroler Deutſchen ſind heute viel brachykephaler als die Deutſchen der Wiener Gegend und doch erfolgte die Germaniſierung beider Gebiete durch Baiwaren; der Unter— ſchied in den Schädelindices kann alſo nur durch körperliche Verſchiedenheit der Urbevölkerungen bedingt ſein; oder mit anderen Worten: das Behar— rungsvermögen der körperlichen Eigenheiten iſt bei einer boden— ſtändigen Bevölkerung ſo groß, daß dieſe Eigenheiten auch bei fremden Ein— dringlingen nach 1—114 Jahrtauſenden die herrſchenden werden.

Und nun frage ich, ob es möglich iſt, die Ultſlawen, die wir aus Grä— bern des frühen Mittelalters kennen, für raſſenmäßig nahezu unveränderte Nachkommen der Urjlawen zu halten! Über 2000 Jahre lang haben die Urſlawen inmitten einer brachykephalen, brünetten und kleinwüchſigen Be— völkerung gewohnt und da ſollten ihre Nachkommen noch immer blond, groß und dolichokephal geblieben ſein? Eine ſolche Annahme widerſpricht allen Erfahrungen der Anthropologie. Wären die Altjlawen, die in der Dölferwanderungszeit von Rußland nach Mitteleuropa vorrückten, Nach— kommen der Urjlawen geweſen, jo hätten ſie die körperliche Eigenheit der Kleinruſſen oder der Rjäſanleute zeigen, d. h. kleinwüchſig, brünett und brachukephal oder kleinwüchſig, brünett und dolichokephal ſein müſſen. In Wirklichkeit aber war ihr Tupus abgeſehen von einigen ſekundären Merk— malen jener der nordeuropäiſchen Rajje. Dieſer Widerſpruch läßt ſich nur durch die Annahme umgehen, daß kurz vor Beginn der geſchichtlichen Dölker— wanderung ein zweiter Einbruch nordeuropäiſcher Menſchen in die ſlawiſche Urheimat erfolgt ſei. Sie verbrachten hier nur einige Jahr—

11] Wer waren die Altſlawen? 145

hunderte, eigneten ſich die ſlawiſche Sprache an, erwarben durch Dermiſchung etliche ſekundäre Merkmale des Rjäſan- und Kleinruſſen⸗Typus und über: nahmen dann die Führung für den Wanderzug nach Weſten.

Wer ſollen nun dieſe Nordeuropäer geweſen fein, die vor der Dolter- wanderungszeit in die ſlawiſchen Gebiete Rußlands eindrangen? Ich will nicht weiter verhehlen, daß ich dabei an die öſtlichen Germanenſtämme denke, und zwar vorzugsweiſe an die Baſternen, Goten und Gepiden.

Nach Prof. Roſſinna ) überſchreiten die von Schweden ausgehenden Oſtgermanen in der frühen Eiſenzeit (etwa um 800 v. Chr.) die Oſtſee und ſetzen ſich an der Weichſelmündung feſt. Don dort verbreiten ſie ſich gegen Süden und Südoſten, bis ſie mit den Römern zuſammenſtoßen. Die erſten Oſtgermanen, die in das Licht der Geſchichte eintreten, find die Baſternen oder Baftarner; ſchon im zweiten vorchriſtlichen Jahrhundert kämpfen Baſternen als makedoniſche Söldner gegen die Römer; auch Mithridates von Pontus hatte Baſternen in feinen Heeren.

Später erſcheinen die Goten und Gepiden ?). Im zweiten nachchriſtlichen Jahrhundert erfüllen fie das ganze weſtliche Rußland, ſelbſtverſtändlich nicht als ein Maſſenvolk, ſondern als eine dünne Schichte von Eroberern. Die ſlawiſchen Stämme verfallen der Herrſchaft dieſer Germanen, ohne daß man von namhaften Kämpfen hört. Wären die dortigen Slawen fo tüchtige Leute geweſen, wie die ſpäter in Mitteleuropa einrückenden „Altſlawen“, dann hätten die Germanen gewiß nicht ſo leichtes Spiel mit ihnen gehabt. Allein die Urflawen müſſen damals ſchon längſt völkiſch eingeebnet geweſen fein und ſo ſtand den Germanen eine Bevölkerung gegenüber, die körperlich und raſſenpſuychiſch keinen anderen Charakter gezeigt haben kann, als den der heutigen Kleinruſſen und Rjäſanleute. Auf dieſer Grundlage erwuchs das große Reich des Ermanarik, das 575 dem Anſturme der ebenfalls unter germaniſchen Führern ſtehenden hunnen erlag. Ein Teil der Goten fand den Untergang, andere Teile wurden verſprengt, Rejte von ihnen müſſen aber trotzdem wenn nicht alle Erfahrungen der Völkerkunde trügen ſollten in den ſlawiſchen Gebieten ſitzen geblieben fein. Don hunnen und Avaren bekämpft und gedrückt, ohne jede Verbindung mit anderen Germanen das Leben und Los der Slawen teilend, gingen dieſe Goten abgeſehen von einigen abgeſchiedenen Splittern auf der Krim und auf Taman in der Maſſe der fie umgebenden Slawen auf und nahmen die flawiſche Sprache an. Allein ihr Cebensgeiſt und ihre Tatkraft waren noch nicht erloſchen und jo

1) „Die herkunft der Germanen“, Würzburg, Rabitzſch, 1911.

2) Die neueſten Forſchungsergebniſſe bezüglich der einzelnen Stämme und Wande— rungen der Oſtgermanen findet man jetzt bei Gu ſtaf Roſſinna: „Die deutſche Dor— geſchichte, eine hervorragend nationale Wiſſenſchaft“, zweite Auflage, Würzburg, Kabitid), 1914, S. 138 ff.

Mannus, Bd. VII. H. 1/2. 10

146 Karl Selir Wolff. Wer waren die Altſlawen? [12

wurden fie die Führer der großen ſlawiſchen Bewegung, welche im 5. und 6. Jahrhundert über Mitteleuropa hereinbrach. Germaniſches Blut ſei es nun baſterniſches, gepidiſches oder gotiſches hatte die Slawen erneuert und ihnen jene Kraft eingeflößt, deren ſie zum Kampfe mit den Weſtvölkern bedurften.

Das ijt die Stammesgeſchichte der Altjlawen.

Allein durch den Auszug der tapferſten und unternehmendſten Männer verfielen die in Rußland zurückbleibenden Slawen wiederum in Schwäche und jo wurde ihr Land und Volk nach kurzer Zeit eine leichte Beute der normän— niſchen Waräger. Es wiederholte fic) derſelbe Vorgang. Aud die Waräger verſanken in der Maſſe ihrer hörigen und als ſie den Mongolenſturm über— dauert hatten, war von germaniſcher Überlieferung keine Spur mehr bei ihnen vorhanden. Wohl aber lebte in ihren jlawijierten Nachfahren noch die Tat— kraft zum Ausbau des großen ruſſiſchen Staates und zum Angriff auf Mictel— europa.

Zuſammenfaſſung. Die Altſlawen waren Nordeuropäer, und zwar Oſtgermanen, welche die jlawijde Sprache angenommen und durch kurze (etwa zwei Jahrhunderte währende) Vermiſchung mit Leuten vom rjäjani- ſchen und kleinruſſiſchen Typus beſondere, in Oſteuropa weit verbreitete ſekundäre Merkmale erworben hatten. In ähnlicher Weiſe vollzog ſich ſpäter die Slawiſierung der Waräger.

Il. Aus Muſeen und vereinen.

Aus der Provinz Poſen. Erwerbungen des Kaijer-Stiedrich-Mufeums zu Poſen im Jahre 1910). Don f Erich Blume. Mit 30 Textabbildungen und 2 Tafeln (XXVII., IXXVIII).

Vorbemerkung: Im folgenden werden die Erwerbungen mit Ausnahme der bereits von

der Hlusſtellung im Jahre 1909 übernommenen Sammlungen (Reder 1910: 8—25, Zindler

1910: 31—284, Gumnaſium Hobenjalza 1910: 267—272 und des Märkiſchen Muſeums

zu Berlin) *) aufgeführt. Als Abkürzungen gelten: G. = Geſchenk, MBI. = Mefßtiſchblatt, Sig. = Sammlung.

I. Altefte Kulturen. (Älteres Neolithikum.)

1. Dembſen, Kr. poſen⸗Weſt. 1910: 624. Seuerſteinſchaber (Abb. J). Unterſeite mit einem Schlage abgeſprengt. Schlagmarke undeutlich, aber vor: handen. Oberſeite zum größten Teil mit der natürlichen Kruſte des Seuerjteins bedeckt. Die ſchwächere Kante iſt ſteil retuſchiert. Das ganze Stück liegt bequem in der hand. Es wurde am 22. Oktober vom Derfaller in der ab— geſtochenen Geſchiebemergelwand 75 em tief in unberührter Lagerung feſt— ſitzend gefunden, an der Straße, die vom Dorfe zum Eichwald führt und dabei in den Abbang zur Wartheniederung einſchneidet. Dermutlich handelt es

1) Dgl. die früheren Berichte Blumes über die Erwerbungen aus den Jahren 1908, 1909 I (Mannus I, 137 ff.; I, 303 ff.) und 1909 II (Mannus III, 289 ff.). Den nachgelaſſenen Bericht über 1910 hat Dr. Walther Schulz-Minden in halle a. 8. (gegenwärtig im Felde auf dem polniſchen Kriegsſchauplatz ſüdlich der Weichſel) in Rein— ſchrift hergeſtellt und der heraus geber druckfertig gemacht. G. R.

2) Dal. Ausftellung im Kaijer-Sriedrih-Mufeum vor- und frühgeſchichtlicher Alter: tümer aus dem Gebiet der Provinz poſen. Poſen 1909.

10*

148 Erich Blume. 2

ſich dabei um einen Böſchungseinſturz aus alter Zeit, der das Stück in den Geſchiebemergel brachte. An diluviale herkunft ijt jedenfalls nicht zu denken.

2. Johannisdorf, Kr. hohenſalza. Braunſcher Ader (ſandiges Ge⸗ biet) 1910: 858. Feuerſteinnukleus von 19½ cm Cängendurchmeſſer, der größte, der mir aus der Provinz Poſen bekannt iſt (Ceihgabe), und 1910: 859 bis 861 kleinere Feuerſteinnuklei, Abſpliſſe, Kantenſpäne und Schaber. G. von Lehrer Niepel, J.

3. Laſſek⸗Cuban, Kr. Poſen-Weſt. Wüſte. An anderer Stelle als die jüngeren Funde (1910: 266). Spanmeſſer aus Feuerſtein, deſſen Spitze wie ein Griffdorn durch en herausgearbeitet ijt. G. von Betonmeiſter Sider, Cuban.

Abb. 1. '/2. Dembjen, Kr. Poſen-Weſt. Abb. 2. /. Latfowo, Kr. Hohenſalza. 1910 : 624. 1910 : 359.

4. Catkowo, Kr. hohenſalza. Höhe 3. 1910: 359. Seuerfteingerät (Abb. 2). Fund vom Derfalfer am 2. IX. 1910.

5. Netzekanal gegenüber Strehlau, Lfr. Bromberg. 1910: 684. hirſchgeweihhacke vom Typus Mannus II, 221 Abb. 1. Im Sommer 1910 ausgebaggert. G. von Seminarlehrer D. Torka, Nakel.

6. Rosfo, Kr. Silehne. Pawliks Berg (in den Netzewieſen). 1910: 665, 666. Schaber und Schlagſtücke aus Feuerſtein. hierher? Geſammelt vom Derfajjer am 25. X. 1910.

II. Indogermaniſche Zeit. (Jüngeres Neolithikum und älteſte Bronzezeit.)

7. Golencin, Kr. Poſen-Oſt, Fundſtelle I. 1910: 259. Ein Scherben, lieben Splitter und Bruchſtücke aus Feuerſtein. 1910: 264. Fünf Scherben, Spanmeſſer und Abfälle aus Seuerjtein. 1910: 688—690. Randjderben

3]

Aus der Provinz Pojen. 149

mit verwaſchener Schnurverzierung (?), andere Scherben und Seuerjtein- ſchlagſtück. Geſammelt von W. Thamm, Poſen.

8. Jerka, Kr. Kojten. Feiferſcher Acker. 1910: 350, 351. Zwei Randſcherben, einer mit hängenden Eindrücken. G. von Ritterqutspadter Lo- renz, J.

9. Johannis- dorf, Kr. hohen— ſalza. Ader von Karl Hammermeiſter (jan= diger hang zur Wie- ſenniederung). 1910: 863—868. Nuklei, Ab⸗ ſpliſſe, Späne, Scha— ber aus Seuerjtein und Scherben. G. von Lehrer Niepel, J.

10. Königs- ruh, Kr. Obornik. 1910: 324. Durchbohr⸗ tes artartiges Stein- gerät mit gerundeten Kanten und gerunde- ter ſtumpfer Schneide, am Nacken halb jo nied- rig als an der Schneide, 10 cm lang (Pflug: ſchar?). G. von Lehrer Regulski, Eitel- felde bei Schoffen.

11. Caſſek-Cu⸗ ban, Kr. Poſen⸗ Weit. Wüſte. Don der bekannten Siedelungs— jtelle (vgl. Mannus I, S. 138, 5). 1910: 245

Abb. 3. 4. Pakoſch, Kr. Mogilno. 1910: 625.

bis 256. Pfeilſpitzen aus gemuſcheltem Seueritein, Scherben, Reib-, Klopf-, Polier= und Schleifſteine. Geſammelt von stud. phil. E. Wahle und W.

150 Crich Blume. [4

Thamm, Pojen. Zwei Wohnſtellen wurden in der Zeit vom 20. bis 23. Juni und am 1. Juli durch E. Wahle und W. Thamm unterſucht. Die Ergebniſſe ſind noch nicht verarbeitet. 1910: 260. Scherben. G. von Betonmeiſter Ficker, Cuban.

12. Mamlitz-hauland, Kr. Schubin (MBI. 1651). 1910: 238. Bronzenes Randbeil von „norddeutſchem Typus“ (Jeitſchr. f. Ethn. 1904, 545 Abb. 13, Dar. Aa), 13 cm lang, mit kräftig entwickelten Rändern und ſtark nachgeſchliffener Schneide. Patina abgeſcheuert. G. von Schloſſer— meiſter Albert Meiſter, Strelno.

Be

—— a A —-—-—⁊̃ =e md.

9 Abb. 5. Paulstal, Kr. Schubin. 1910: 686 u. 87. Abb. 6. Rosfo, Kr. Kupferoberarmringe. Silehne. 1910: 662.

13. Pakoſch, Kr. Mogilno. Beim Auswerfen eines Baumloches von etwa 80 cm im Quadrat, im Dorgarten des Diſtriktsamtsgehöftes wurden 60—80 cm tief ſteinzeitliche Scherben gefunden, zwiſchen denen das Erdreich „wie von Aſchenreſten geſchwärzt“ war. 1910: 625—627. Ein kugliges Ton- gefäß mit einem erhaltenem Paare ſenkrecht durchbohrter Öfen und hängen— den Doppelſtichreihen auf der Schulter ließ ſich, wie Abb. 3 u. 4 zeigen, aus etwa 70 Scherben wieder zuſammenſetzen. Der abgeſetzte Boden fehlt ganz. Erwähnt Mannus II, 91 unter Ur. 72. G. von Diſtriktskommiſſar Schubert, P.

14. Paulstal, Kr. Schubin. 1910: 686, 687. Zwei ovale geſchloſſene Kupferringe im Torf zuſammengefunden, von 13 cm Durchmeſſer, nicht ganz gleich groß (Abb. 5). Sie bilden eine Dorſtufe zu den offenen ovalen Oberarmringen der älteſten Bronzezeit! G. von Lehrer Wojahn, Veronika.

5] Aus der Provinz Poſen. 151

15. Poſen, Stadtkreis (?). 1910: 244. Unvollendete ſteinere Pflug- ſchar (?). Gefunden am friſch aufgeſchütteten Wege längs der Schrodaer Kreisbahn, zum Gemeindebezirk Kommenderie gehörig. Der Boden wurde entnommen aus dem Stadtgebiete an der Chaujjee nach Kobylepole. MBI. 1929. G. von f Landmeſſer Sander, Poſen.

16. Poſen, Stadtkreis. 1910: 601. Randſcherben mit zwei Reihen von Fingernägeleindrücken und tiefem Griffzapfen. Gefunden auf einem Sandhaufen an der Böſchung des Kernwerfs nahe der Chauſſee zum Schil— ling (ob in primärer Cagerung?). G. von Otto Gläſer, Poſen.

17. Rosko, Kr. Filehne. Pawliks Berg (in den Netzewieſen). 1910: 662. Rupferdolch; blattdachförmig gebrochen, Griffdorn vierkantig, am Ende meißelartig. Alter? !), Abb. 6. G. von Hauptlehrer Nowak, R.

.

1910: 1026 1910: 1027 1910: 1025 Abb. 7. Schönrode, Kr. Wirſitz.

18. Rybojadel, Kr. Meſeritz. 1910: 239. Feuerſteinbeil, didnadig, ziemlich flach, nur 7,7 cm lang, allſeitig geſchliffen. Fundſtelle nicht bekannt. 1910: 240. Steinbeil, didnadig, 9,5 cm lang. Gefunden auf einem Lehmfahr— weg von R. nach Schierzig-Meſeritz auf dem Gelände des Beſitzers hämmer— ling (MBI. 1922). Don derſelben Stelle Seuerjteinabjplijje und ein Scherben 1912: 438. G. von Lehrer B. Beil, R.

19. Schönrode, Kr. Wirſitz, Nr. 17. 1910: 1020-1050. Reſte von mindeſtens drei Skeletten, ſchnurverzierte henkeltaſſe, ſchnurverzierter Hentel- krug, halbkugliger Tonnapf (Abb. 7) und drei Scherben aus einem Sfelettqraber- felde in der Kiesgrube. Das Gräberfeld wurde 1911 ohne weitere Ergebniſſe vom Derfajjer unterſucht. Manche Sundjtüde wurden in Privatbeſitz verſtreut.

20. Solac3, Kr. Poſen-Oſt. Sunditelle III. 1910: 257, 258. Meſſer, Splitter und Bruchſtücke aus Seuerjtein. 1910: 265 ein Scherben und drei Seuerſteinſtücke. Geſammelt von Thamm, Poſen. Fundſtelle IV. Diele Sundjtüde geſammelt von W. Thamm.

1) periode V der Bronzezeit, vgl. den Sund von Rajunda (Upplands Fornminnes— föreningens Tidſkr. XXVII, 245, Abb. 52). 6. K.

152 Erich Blume. 16

5

21. Solac3, Kr. Pojen-Ojt. Krahnſches Grundſtück. Bei der Siede— lungsgrabung (vgl. Nr. 38) wurden folgende wohl neolithiſche Stücke gefunden: 1910: 389 Abſpliß aus Seuerſtein, 393 Schlagjtüd aus Feuerſtein, 394 Reibunter- lage aus Stein, 397 Reibjtein, 425 Seuerjteinnufleus, 582 Feuerſteinſchaber.

22. Warthe, etwa 2 km unterhalb Owinsk, Kr. Poſen-Oſt. 1910: 314. Streitart aus ſchwarzem Geſtein mit dachförmiger Brechung der Bahn, die über den gerundeten Nacken läuft (Abb. 8 u. 9). Die Schneide iſt von einem Arbeiter modern zugeſchliffen worden. Beim Baggern ge— funden. G. der Kgl. Waſſerbauinſpektion, Pojen. Andere Fundorte dieſes Typus in RSM. ſind: 118 Michalowo, Kr. Goſtun. 1899: 854 Gra- nowfo, Kr. Kojtin (Slg. Halas). Hh. G. 1680 Jankowice, Kr. Poſen-Weſt (ſtark verkürzt) Torf⸗ fund mit einer anderen zuſammen (?). 1901: 434 Piontkowo, Kr. Po⸗ ſen-Oſt (Ropfbruchſtück. Slg. Röhler). 1903: 162 Rogajen, Kr. Obornik

(Ropfbruchſtück Slg. Knoop). Ferner Golen— zin, Rr. Poſen-Oſt, Sundjtelle IV (Kopf: bruchſtück).

25. Wojtoſtwo, Rr. Schrimm. Ziegelei.

Abb. 8. 9. Warthe bei Owinsk. Über dem Grabe vom

1910: 314. Ende der Bronzezeit

(vgl. Nr. 39) zwei ſtein⸗

zeitliche Scherben (1910: 927). Amtliche Unterſuchung am 27. VII. 1910.

24. Zalejie, Kr. Jarotſchin. 1910: 595. Querbeil aus Feuerſtein, ſchwach gebogen, jetzt nur noch 11,4 cm lang, ſoll urſprünglich ſpitz am Ende geweſen ſein (aljo ſpitznackig?). Gefunden an der Kiesgrube. G. von Lehrer Glowacki, 3.

25. Zerkwitz, Kr. Jarotſchin. 1910: 241. Zulindriſch ſchräg durch— bohrtes Steingerät von 1214 cm Lange und jchief liegender Schneide (Pflug— ſchar?). Gefunden beim Pflügen auf dem jandigen Gelände des Stifters zwiſchen Weg nach Rusko und Obra. G. von Landwirt Karl Franke, 3.

III. Illyriſche Kulturgruppen. Seit der 2. Periode der Bronzezeit bis in die älteren Latenejtufen.

26. Adelnau. Aus einem alten Teichboden in der Nähe der Stadt ſtammt ein aus zwei bronzenen Halstingen (1910: 1031, 1032) beſtehender

7 Aus der Provinz Poſen. 153

Depotfund, über den Johannes Richter in der Breslauer Zeitung Nr. 255 vom 15. IX. 1910 berichtet hat. Beide ſind aus Blech zuſammengebogen, und der Derſchluß wird fo bewirkt, daß das eine verjüngte Ende in das andere eingeſteckt wird. Die Verzierung bilden abwechſelnd ſenkrecht und wagerecht geſtellte Ciniengruppen und liegende Rauten, in die Punktkreiſe geſetzt ſind; die Rippen zwiſchen den Linien ſind mitunter gekerbt. Der erſte Ring hat 25,7 em Durchmeſſer und zeigt gegenüber der Derſchlußſtelle eine unverzierte Bronzebinde, die um den Ring wohl als Reparatur gelegt iſt. Der andere Ring iſt bereits in alter Zeit gebrochen und durch nicht mehr erhaltene Nieten ausgebeſſert worden, er hält nur 23,1 cm im Durchmeſſer. Ankauf durch Vermittlung des Schleſiſchen Muſeums für Kunjtgewerbe und Altertümer in Breslau. [Offenbar früheſte Eiſenzeit. ©. K.]

27. Bentſchen, Kr. Meſeritz. Bei der Zuckerfabrik ſind zwei Grä— berfelder dieſer Kulturgruppe zerſtört worden; das eine (ältere) liegt im Wäldchen, das andere an der Stelle der Fabrik, bei deren Anlage es zer— ſtört wurde. Don beiden ſtammen, ohne im einzelnen ſtreng getrennt werden zu können, die keramiſchen Rejte 1910: 956— 1013 (über 50 Ton- gefäße und viele Scherben). Nr. 957/8 ſind zwei Buckelurnen der altejten Abb. 10. Bentſchen, Kr. Meſeritz. weſtlichen (poſen-brandenburgiſchen 1910: 1044. oder „lauſitziſchen“ im engeren Sinne) Untergruppe, die erjte, ein henkelkrug mit dem illyriſchen Budeltypus, die zweite mit „internationalen Buckeln“. Nr. 1910: 1012 ſteht ziemlich ver— einzelt mit ſeinem graphitierten Hals (Abb. 10), da dieſe jüngeren kerami— ſchen Typen im Weiten der Provinz nur wenige Parallelen haben. Die Sunde wurden vom Fabrikdirektor Blumenthal geſchenkt.

28. Birnbaum. Gräberfeld an der Bismarckſäule. 1910: 277308. Zweiunddreißig Tongefäße etwa aus der vierten Periode der Bronzezeit. 6. von Major de Rege, Dresden. Auf demſelben Graberfelde wurden bei Anlage des Platzes zur Bismardjäule im Jahre 1900 Sunde gemacht, und dort von G. Minde-Pouet vom 19.—21. Juli, 19.—24. Huguſt und 16.—22. September amtlich Ausgrabungen veranſtaltet, die ein reiches Er— gebnis hatten (1900: 236—371 einhundertſechsunddreißig Tongefäße, 372 bis 377 ſechs Steinbeigaben, 378—417 Bronzen, 418—422 Perlen). Dgl. auch hiſtoriſche Monatsblätter für die Provinz Pojen 1900, S. 130 f.

154 Erich Blume. [8

29. Bnin, Kr. Schrimm. 1910: 242. Zwanzig Scherben u. a. ge— ſammelt am 1. V. von Prof. Bordling, Poſen, und Derfafjer auf einem Sie: delungsplatze. MBl. 2065.

30. Gora, Kr. Jarotſchin. höhe 2. 1910: 696/7. Scherben und bronzene Schwanenhalsnadel mit fugligem Kopfe aus einem Grabe (Nr. 1). 1910: 699— 711 b Reramik und Metallbeigaben aus einem PANES G. von Martin Schultze, Bromberg.

31. Gora, Kr. Schrimm. 1910: 363. Kleiner Stein mit Geſichts— darſtellung in Form vertiefter Rillen (Abb. 11). G. von Gumnaſiaſt Kono- pinski, Schrimm. Angeblich zuſammen mit 1910: 651—657, zwei ge— raden Nadeln, die eine mit flachkegligem Ropfe, die andere dreimal ein— geſchnürt, Singerjpirale und drei anderen Ringjtüden aus Bronze und einer blauen Emailperle. Von demſelben Gräberfelde ſtammt wohl die plumpe henkelſchale 1910: 602. G. von Oberlehrer Dr. theol. Noruskiewicz, Schrimm.

32. LCaſſek-Cuban, Kr. Poſen-Weſt. Wüſte. 1910: 872. Drei Scherben von einem doppelkoniſchen Tongefäße mit wagerechten Rillen über den Umbruch. Amtliche Unterſuchung im Juni 1910.

35. Liſſowki, Kr. Poſen-Weſt. Graber- feld in einem Sandrücken mit Wäldchen nördlich

Abb. 11. Gora, Kr. vom Dorfe. Drei Gräber wurden am 27. IV. 1910 Schrimm. 1910: 363. vom Derfajjer amtlich unterſucht, die im Abjtande von 1,65 und 1,35 m von Süden nach Norden auf: einander folgten. I. In reinem Sande 35 cm tief: doppelkoniſch gerundete Urne mit reinem Leichenbrande, bedeckt mit Zipfelſchale. Unten an der Urne lag ein alt abgejchlagener Fußgefäßboden. II. Frei im Boden 40 cm tief, über einer 35—40 cm im Durchmeſſer haltenden Branderdeſchicht, die Scherben verſchiedener Gefäße enthielt und zwei Stückchen Leichenbrand (!), drei Gefäße ohne Leichenbrand nebeneinander: Zweiörengefäß, Napfſchale, gerauhter Topf mit kleiner henkeltaſſe. Das ganze Grab ijt alſo mehr eine ſumboliſche Beſtattung, in der an Stelle der Knochen nur Branderde bei— geſetzt wurde. Es iſt das einzige Mal, daß mir Branderde in einem ſolchen Grabe begegnete. III. Srei im Boden 50 cm tief Ceichenbrand mit Scherben ohne weiteren Schutz. Daneben zwei Beigefäße umgekehrt, ein großer ge— rauhter Topf und eine Buckelhenkeltaſſe. Darüber lagen urſprünglich noch zwei kleinere Gefäße, ein zulindriſches und eine Schale. Huch dieſer Grab— typus ſteht noch vereinzelt! Alle drei Gräber gehören etwa der vierten Periode der Bronzezeit an. Außerdem wurden viele Scherben aus Stellen geſammelt, die von Raubgräbern zerſtört worden waren.

9] Aus der Provinz Poſen. 155

34. Rosko, Kr. Silehne. 1910: 912—925. Bronzedepotfund, der bei Ausgrabungen auf dem Gräberfelde ſüdlich des Dorfes (vgl. Nr. 35) von Lehrer Wienke, Rosko, entdeckt und geſchenkt wurde. In einem doppel— koniſchen Tongefäße, das auf einer Steinunterlage ſtand, lagen vier Beile und neun Sicheln (Abb. 12 bis 15). Unter den Beilen iſt das erneute Zuſammentreffen des „weit- europäiſchen“ Abſatzbeiles (A «/? Variante) mit drei Lappenbeilen (mittelſtändiger Typus A « zweimal und A 5) mit Freude zu verzeichnen. Die Abſatzbeile ſind mehrfach in der Provinz Poſen vertreten (vgl. Lij- ſauer, Zeitſchr. f. Ethn. 1905, 813 Nr. 165—170 u. a.) 1), während die Abb. 12. Rosko, Kr. Silehne. 1910: 912. Tupenkarte für die Cappenbeile nur | einen Parallelfund aus der Nachbarſchaft verzeichnen kann (Ciſſauer, Zeit: ſchr. f. Ethn. 1906, 855 Nr. 18), dem ſich jetzt noch das Stück aus Grotnik,

1910: 915 1910: 916 1910: 914 1910: 915

Abb. 15. Rosfo, Kr. Silehne.

) Der Fundort „Schwerin a. W.“ bei Nr. 169 ijt zu verbeſſern in „Gegend von Neuenburg (Weſtpr.)“, denn dorther ſtammt der Fund, der über Bromberg in das Stet— tiner Muſeum kam.

156 Erich Blume. [10

Kr. Sraujtadt (Ausit. Poſen 1909 Nr. 1710 auf Tafel VI), zugeſellt. Die in Depotfunden des nordweſtlichen Poſen beliebten und ſonſt auch vereinzelt

1910: 920 1910: 919 1910: 916 1910: 917 Abb. 14. Kosko, Kr. Filehne.

1910: 921 1910: 922 1910: 923 1910: 924 1910: 925 Abb. 15. Rosko, Kr. Silehne.

11] Aus der Provinz Pofen. 157

auf Gräberfeldern auftauchenden Knopflicheln find hier in mehreren Arten vertreten. 1910: 917—919 haben Kreisabſchnittform. Die beiden erſteren zeigen noch den unbearbeiteten Rohguß, während die letzte gut gegoſſen und geſchärft ijt. Nr. 920 u. 921 in Hyperbelform, bei dem Rohguß der erſten ſchimmern die Modellierſpuren an der Wachsform noch deutlich durch. Bei der anderen iſt die Spitze leicht geſchweift; ſie zeigt auch drei Wülſte unter— halb des Knopfes. Der Gußzapfen ſaß bei ihr ausnahmsweiſe auf dem Rüden, während die acht anderen am Knopf gebrochen ſind. Mitten auf dieſer Sichel iſt auch ein Eindruck in den Gratkonturen erhalten, der dadurch entſtand, daß eine unvorſichtige hand das weiche Wachsmodell an dieſer Stelle mit dem Daumen berührte. Die vier letzten Sicheln endlich (Nr. 922 bis 925) haben geſchweifte Form und ſind alle geſchärft, bei den letzten iſt das Modell recht flüchtig gearbeitet worden.

35. Rosko, Kr. Filehne. Dom Gräberfelde ſüdlich des Dorfes (val. Ausit. Poſen 1909 Nr. 488 —506 u. v. a.) 1910: 661. Sehr ungeſchickt ge— knetetes kleines Tonnäpfchen, wie von Kinderhand, von 3,1 cm größtem Durchmeſſer. G. von Hauptlehrer Nowak, R.

1910: 926. Einige Scherben. G. von Lehrer Wienke, R.

36. Ryu bojadel, Kr. Meſeritz. 1910: 245. Zweiöſiges Buckelgefäß. 628. Scherben. 869. Große Schale. 888 —897. Reſte verſchiedener Tongefäße, einige verſchlackt, alles Formen, ausgeſprochen der älteſten, weſtlichen Gruppe der Cauſitzer Keramik angehörend (vgl. Mannus IV, 77). Sie ſind gefunden bei Abholzung eines Wäldchens bei Beſitzer Trompa nahe der Schierzig- Haulander Grenze (Ml. 1922). G. von Lehrer B. Beil, R. Dom ſelben Gräberfelde ſtammen 1912: 394—396, drei Tongefäße, während andere noch in Privatbeſitz ſind. Die meiſten wurden an einer zerſtörten Stelle ge— funden, vielleicht einem abgetragenem Grabhügel, nur wenige wurden nahe einem erhaltenen flachen hügelgrabe ausgegraben.

37. Schlehen, Kr. poſen-Weſt. 1910: 606—617. Zehn Tongefäße, darunter das Gefäß Mannus IV, Taf. X Abb. 27, ein Scherben und ein Eierſtein, gefunden auf einem Gräberfelde beim Kusſchachten einer Kies- grube. G. von Anſiedler Pfeifer, Schl.

38. Solacz, Kr. Poſen-Oſt. Krahnſches Grundſtück. Amtliche Aus: grabung im März und April 1910 auf einem Siedelungsplatze etwa der vierten Periode der Bronzezeit mit zahlreichen Pfoſtenlöchern und zwei ſteinausge— legten mutmaßlichen Brennöfen für Tongefäße. Ein Schnitt durch den einen wurde in Gips gefaßt und im Muſeum aufgeſtellt. Funde 1910: 566—379, 4022, 408°, 410, 421, 426, 43031, 435, 460—473, 502—507, 509 555, 539 569, 571, 591/72. Die bronzezeitlichen Siedelungsreſte waren teil— weiſe durchſetzt mit Siedelungsreſten aus der römiſchen Raiſerzeit. Dal. Nr. 67.

158 Erich Blume. (12

39. Wojtoſtwo, Kr. Schrimm. Gräberfeld auf der Lompajchen Ziegelei. 1910: 274—276. Drei Tongefäße. G. von Probſt Becker, Schrimm.

1910: 928— 951. Funde aus einem Steingrabe (?) vom Ende der Bronze: zeit. Unter einer lockeren Steinlage von 1,30 X 2,70 m lagen 23 Tongefäße ohne jeden Leichenbrand, von denen ein Budelgefäß Mannus IV, Taf. XI Abb. 45 dargeſtellt wurde. 1910: 929 ijt eine Ständerſchale und 1910: 949 iſt ein bemalter Scherben. Das Grab iſt wiedergegeben in Abb. 16 u. 17 (Taf. XXVII, XXVIII). Ferner find erhalten: 1910: 928 über dem Grabe gefundene Scherben, und 1910: 952—955 Scherben, Leichenbrand und zwei Mahlſteinbruchſtücke aus zerwühlten Gräbern. Amtlihe Unterſuchung durch W. Thamm am 27. VII. 1910.

40. Jerkow, Kr. Jarotſchin. 1910: 836—845 b. Scherben von einem Siedelungsplatze der jüngeren Bronzezeit. G. von Martin Schultze, Bromberg.

41. Jerkwitz, Kr. Jarotſchin. 1910: 676. Randfcherben einer ge- glätteten ockerfarbenen „Urne“ mit Fingernägeleindrücken, die gefunden wurde bei einem Erweiterungsbau der Erziehungsanſtalt. G. von Schüler Heinz Kroll, Poſen.

IV. Germaniſche Kulturgruppen.

A. Weſtgermaniſche (5. Periode der Bronzezeit bis zur mittleren Catène— zeit. Etwa 1000 150 v. Chr.).

42. Bentſchen, Kr. Meſeritz. Mit den Funden aus der Bronzezeit, die beim Bau der Zuckerfabrik gemacht worden waren, wurde auch das in Abb. 18 wiedergegebene zweiöſige Gefäß als Geſchenk des Fabrikdirektors Blumenthal, B., eingeliefert. (1910: 1014.)

43. Dembſen, Kr. Poſen-Weſt. Südlich von Eichwald an der Straße nach Cuban wurden bei Abtragung zweier durch eine Senke getrennter ſandiger Bodenſchwellen vereinzelte Urnengräber gefunden. 1910: 596. Urne mit kugligem Bauch, rötlichbräunlich, gerauht, mit eingezogenem geglättetem kurzem Halje, innen noch etwas Leichenbrand haftend. G. von heinrich Hintz, Inhaber des Tief- und Betonbaugeſchäfts T. Neukrantz, Poſen. Zu beiden Seiten der Senke fanden fic) auch dunkle Kulturſchichten, von denen die weſtliche der Zeit der Gräber angehörte. Pfoſtenlöcher wurden hier nicht beobachtet. 1910: 597. Dier Scherben daraus, geſammelt vom Derfajjer am 15. XII. 1910.

44. Eitelfelde !), Kr. Obornik, Nr. 7. 1910: 325 —350. Eiſerne

1) Früher Potſzanowo Dominium. Schon Schwartz, Nachtrag zu den Materialien für die prähiſtoriſche Kartographie der Prov. Poſen I, 9 verzeichnet ein Steingrab mit Urnen.

13] Aus der Provinz Pofen. 159

Schmudringe mit aufgereihten bronzenen Spiralen und blauen Glasperl⸗ reiten. Aus einem Steinkiſtengrabe. G. von Lehrer Regulski, E.

45. Eitelfelde, Kr. Obornik, Nr. 10. Auf zwei Hügeln dieſes Grund⸗ ſtücks, etwa 100 m voneinander durch eine Senke getrennt, lagen zwei zeitlich aufeinander folgende Teile eines Gräberfeldes, die Derfaller am 26. Huguſt 1910 unterſuchte.

A. Auf dem weſtlichen Hügel wurden verſuchsweiſe vier zerſtörte Stein⸗ gräber freigelegt, drei mit rechteckiger Kammer, das vierte kreisrund angelegt. In der Nähe ſollen früher Steinkiſtengräber mit weißinkruſtierten tannen⸗ zweigverzierten hochhalſigen ſchwarzen Gefäßen zerſtört worden ſein. 1910: 347, 348. Mahlſteinbruchſtück und Scherben.

B. fluf dem öſtlichen hügel wurden wenigſtens ſieben mehr oder weniger zerſtörte freie Urnengräber und zwei Glok⸗ kengräber feſtgeſtellt, von denen eines vom Derfaffer freigelegt wurde. 1910: 332 bis 346. Funde daraus, 3. T. G. von An: ſiedler Gottlieb Bank, E.

46. Eitelfelde, Kr. Obornik. Nr. 13. 1910: 351. Urne mit ſchräggekerbtem Halsanſatze und drei Knopfpaaren aus einem Glockengrabe. G. von Anfiedler Jahnſch, E.

1910: 604 Urne (2), eiförmig, ge⸗ glättet, mit leicht abgeſetztem halſe, am nn cr wre PS > Anja zwei gefnidte Ojen. G. von Lehrer Klichowski, E. Hbb. 18. 1 Meſeritz.

47. Gora, Kr. Jarotſchin. Hobe 1.

1910: 692—694. Scherben, Leichenbrand, Gürtelhakenbruchſtücke (2) und gewölbter Knopf mit angeſchmiedetem Oſenpaar (im Feuer patiniert) aus Eiſen, ſowie Hülfe aus drei ſchmalen Bronzebändern von 1,1 cm Länge, zu⸗ ſammengedrückt. Aus einem Steinkiſtengrabe. 833—834 Scherben.

höhe 3. 1910: 715—721. Keramik aus Grab 4. 722— 730. Keramik und Beigaben aus Grab 6. 731—735. Reramik und Beigaben aus Grab 7. 736. Eiſerner Meſſerdorn aus Grab 10. 737—751. Reramik und Beigaben aus Grab 11. 752/53 Urne und Schlacken aus Grab 12. 754 Holzkohle aus Grab 13. 756— 758 Keramik aus Grab 15. 759 765. Keramik aus Grab 16. 768—769. Reramik aus Glockengrab 18. 770 —772 Keramik aus Glocken⸗ grab 19. 775/ Beigabe und Urne aus Grab 20. 777—819. Funde aus Grab 21. 820—824 Keramik. G. von Martin Schultze, Bromberg.

48. Gora, Kr. Schrimm (?). 1910: 658 und 659 unregelmäßig kuglige Bronzeperle und Bronzeanhänger wie Ausit. Pojen 1909 Nr. 801 auf Taf. XII. G. von Oberlehrer Dr. Noruskiewicz, Schrimm.

160 Erich Blume. [14

49. Jerka, Kr. Roſten. Feiferſcher Ader. 1910: 353—358. Scherben, Salzdedel und Leichenbrand der Steinfijtenzeit. Ein abweichendes Gefäß noch im Beſitze des Geſchenkgebers Rittergutspächters Lorenz, J., aus einem Steinfammergrabe, das drei Urnen enthielt. Möglicherweiſe handelt es ſich hier um ein illyriſch-germaniſches Übergangsfeld.

50. Cengen, Kr. Pleſchen. 1910: 882— 886. Deckelurne und Urne mit Deckſchale, ſowie einzelne Schale aus einem Steingrabe, das bei der Be— ſtellung des Ackers gefunden wurde. G. von Anjiedler Franz Schledde, L.

51. R3adfowo, Kr. Kolmar. 1910: 910-911. Rejte zweier ſchwarzer Urnen aus einem Steinkiſtengräberfelde. Don demſelben: Mannus J, S. 140 Nr. 32. G. von Lehrer Wienke, Rosto.

Abb. 19. Wahlſtadt, Lkr. Bromberg. 1910: 648.

1910: 649 1910: 650 Abb. 20. Wahlſtadt, Lkr. Bromberg.

52. Wahlſtadt (fr. Woynowo), Ckr. Bromberg. 1910: 648-650. Depotfund von drei Bronzehalsringen, bereits Ausit. Poſen 1909 Nr. 2618 bis 2620. Leibgabe von Baumeiſter Röſewitz, Pojen. Der Fund beſteht aus einem echten Wendelringe mit dreimaligem Wechſel der Drehung; die Enden laufen flach aus und find ineinander gehakt und außen mit ausge— zogenen und punktierten Linien verziert, und zwei gleichen Wendelringen mit nachgeahmter Drehung (Spirallinien), ebenfalls dreimal wechſelnd, die Enden find abgeflacht und außen mit Hoftüpfeln und punktierten Linien verziert (Abb. 19 u. 20).

53. Winiary, Kr. Poſen-Oſt (2). Die beiden Stücke wurden in auf: gefahrener Erde an der Rernwerkmühle zu Poſen gefunden. Die Erde ſoll einer Kiesgrube zwiſchen den Chaujjeen nach Solacz und Winiary nordweſt—

15] Aus der Provinz Poſen. 161

lich vom Kernwerf entnommen fein. 1910: 322, 323. Henkeltaſſe und über: branntes Bruchſtück eines Siebgefäßes aus Ton. Die Löcher find von außen nach innen durchgeſtochen und bilden auf der Innenſeite wulſtartig erhöhte Ränder. G. von Erich Theuer, Poſen.

53. Igierzunka, Kr. Neutomiſchel. 1910: 30. Urnenreſt, außen gerauht, innen ſchwärzlich. Gefunden auf einem Platze mit hiſtoriſchen Stelettgräbern. G. von prakt. Arzt Dr. Otto Lüders, Neuſtadt b. P.

B. e (älteſte Eiſenzeit bis jüngere Kaiſerzeit. Etwa 800 v. Chr. bis 350 n. Chr.).

55. Dalki, Kr. Gneſen, Nr. 43. Am 8. November 1910 wurde ein großes Steinkiſtengrab zerſtört, nachdem es bereits dem RSM. gemeldet worden war, jo daß Verfaſſer bei der amtlichen Unterſuchung am folgenden Tage nur noch Trümmer ſammeln konnte. Die Oſtwand der Kammer be— ſtand aus einer großen Platte von 80 em höhe und 1 m Breite. An der Süd— ſeite ſcheint der nur mit Kopfſteinen verſchloſſene Eingang geweſen zu fein. Die größte Tiefe wurde durch den Stein der Oſtwand mit 1,15 m erreicht. Das Grab hatte wenigſtens 10 Tongefäße enthalten.

56. Dembſen, Kr. Poſen-⸗Weſt. 1910: 619 —622. Scherben und Tierknochen aus einer Abfallgrube aus der römiſchen Kaijerzeit. Sie liegt am Abhange zur Wartheniederung weſtlich vom Eichwald. Geſammelt von W. Thamm und Derfajjer. Aus derſelben Grube: Mannus III, 295 Nr. 36.

57. Gora, Kr. Jarotſchin (2). 1910: 849. Bräunliche Urne, doppel⸗ koniſch gerundet mit ausgeprägter Stehfläche und ausladender Mündung, gerauht, zum Rande geglättet. Kaiſerzeit. G. von Martin Schultze, Bromberg.

58. Hartfeld, Kr. Mogilno. 1910: 605. Urne, weitbauchig mit ab- geſetztem Halje, auf der Schulter ſechs Knopfpaare, enthielt Leichenbrand und eine eiſerne Schwanenhalsnadel mit bandförmig ausgehämmertem und aufgerolltem Kopfende, und Refte von blauen Glasperlen und bron— zenen Ringen. Beim Pflügen gefunden. G. von Anfiedler W. Schmidt, h.

59. Rempen. In der Kiesgrube des Fuhrwerkbeſitzers C. Pezalski am hang der höhe mit dem Bismarckturm ſüdweſtlich der Stadt, unmittelbar an der Bahnſtrecke nach Namslau, wurden zehn Bernſteinperlen (1910: 1035) nahe bei Skelettreſten gefunden, die aber nicht einheitlich ſein dürften (1910: 1034 —37). Vielleicht handelt es ſich 3. T. um Skelettgräber der jüngeren Kaijerzeit. G. von Gymnaſialprofeſſor Dr. Heintze, K.

60. Königsruh, Kr. Obornik (früher Smolary-Hauland). Amtliche Unterſuchung durch W. Thamm am 17. XII. 1910.

Mannus, Bd. VII. H. 1/2. 11

162 Erich Blume. [16

Grab I. bereits zerſtörtes rechteckiges Steinkiſtengrab aus geſpaltenen Platten mit 10 Urnen (nach Angabe des Beſitzers), von denen zwei mit Schalen, die übrigen mit flachen Steinen zugedeckt geweſen ſein ſollen. Eine bräun⸗ liche Urne, eiförmig, mit einer Reihe kleiner Tupfen unter dem Halsanſatze, mit Leichenbrand, Bronze: und blauen Glasperlreſten und einer geraden Eiſennadel, deren Kopf bandförmig eingerollt war, und ein gewölbter Salt- deckel wurden gerettet (1910: 629—631). Sonſt nur noch einzelne Scherben (1910: 632—641). Grab II. Kinderglodengrab (1910: 642— 643). Un: vollſtändig. Grab (?) III. Tongefäß ohne Leichenbrand. Grab (?) IV. Umgeſtülptes leeres Tongefäß. (III u. IV ungenügend beobachtet durch den Lehrer). 1910: 644. Scherben. Grab V. Großes Steinkiſtengrab mit etwa 25 Urnen in den ſiebziger Jahren zerſtört.

Abb. 21. 1. Selchowhammer, Kr. Silehne. Abb. 22. ½. Selchowhammer, Kr. Filehne. 1910: 902. | 1910: 903.

61. Tatkowo, Kr. Hohenjalza. Höhe 3. 1910: 360—362. Scherben, gerauht, geglättet (Randjtiide mit henkel), einer ſchwarz. G. von Land⸗ ſchaftsrat v. Buſſe, L.

62. Catkowo, Kr. hohenſalza. M. Schultze ſchenkte die Jundſtücke der Unterſuchung eines hausgrundriſſes mit neun Pfoſtenlöchern, vornehm⸗ lich zahlreiche große Bewurfſtücke. Die mitgefundenen Scherben, die Ded- platte eines Dreilagenkammes aus Knochen ſcheinen die Anlage in das 5.0. Jahrhundert n. Chr. zu ſetzen. Doch bleibt ihre Kulturzugehörigfeit noch unſicher.

65. Rokutow, Kr. Pleſchen. 1910: 678—683. „In einer Urne“ gefunden: eingliedrige Fibel mit umgeſchlagenem Juße, Achjenjdnalle mit rechteckigem Rahmen und rechteckiger Riemenkappe mit zwei Nieten, Quer: ſtab eines Knochenkammes mit breit geſchlagenen Enden, Pfriem, Meffer- klinge mit beiderſeits abgeſetztem Griffdorn, kurze Speerſpitze, alles aus Eiſen und im Feuer patiniert (Stufe B jgr. + C nach Blume „Die germaniſchen

17] Aus der Provinz Pofen. 163

Stämme” Mannusbibliothet 8). G. von Schornſteinfegermeiſter Pätzoldt, pleſchen. Weiteres „Aus dem Poſener Lande” 1911, S. 253, Nr. 7. 64. Selchowhammer, Kr. Silehne. 1910: 898—907. Catene⸗ funde: wenigſtens vier eiſerne Gürtelhaken, bandförmig mit nach innen ge- bogenen Enden, zwei eiſerne Latenefibeln (Abb. 21 u. 22) [Abbildung bei

Abb. 25. Selchowhammer, Kr. Silehne. Abb. 24. Selchowhammer, 1910: 261. Kr. Filehne. 1910: 262.

Beltz, Zeitſchr. f. Ethn. 1911, 816 Nr. 405 und 404. Die eine fälſchlich unter den Spätlatenetypen, die andere, unbeſtimmt, hat eine Parallele in der Latenefibel von Grotnik, Kr. Sraujtadt, RSM. 1909; 571 = Poſen 1909 Nr. 2647], Reſte dreier Gefäße, von denen eines das Mäandermotiv einer gebrochenen Doppel⸗ linie zwiſchen zwei ausgezogenen Strichen zeigt, Leichenbrand und Holzkohle. G. von Beſitzer R. Steinke, S.

65. Selchowhammer, Kr. Silehne. 1910: 261— 263. Braune Urne, doppelkoniſch gerundet mit aufgebogenem Rande, in der eine bronzene Sibel mit 3meilappiger Rollenfappe vom Typus Almgren, Abb. 40/41, und die bronzene Adjen- app. 25. Selchowhammet, ſchnalle, Blume „Die germaniſchen Stämme“ Man⸗ Kr. Silehne. 1910: 263. nusbibliothek Nr. 8 Abb. 52, lagen (alſo Stufen B jgſt. + C) (Abb. 23, 24, 25). Don Beſitzer Rach, S. Dal. andere Sunde dieſer Zeit Husſt. Poſen 1909 Nr. 1594— 1632 mit Abb.

66. Smardow, Kr. Oſtrowo. 1910: 235—237. Schwarze Urne mit vier Knopfpaaren auf der Schulter, braune Gſenſchale, ſchwarze Henkeltaſſe aus einem Steinkiſtengrabe dicht am Bartſchbruche, wo früher ſchon viel zerſtört wurde. G. von Lehrer W. Krüger, Sm.

11*

164 | Grid) Blume. [18

67. Solac3, Kr. Poſen-Oſt, Krahnſches Grundſtück. Rejte einer oſtgermaniſchen Siedelung aus der römiſchen Kaiſerzeit, 3. T. mit älteren vermengt. Da wo ſie getrennt lagen, ließ ſich eine ſchwarze germaniſche Kulturſchicht ohne Pfoſtenlöcher feſtſtellen mit rechteckigen Steinherden, von denen im ganzen acht feſtgeſtellt wurden. Zu einem gehörten die Reſte dreier Eiſenſchmelzanlagen. Ferner wurde ein wohl in dieſe Zeit gehöriges kreis— rundes Pflaſter mit Reiten vom Lehmbelag ausgegraben und 3. T. in das Muſeum gebracht.

Sunde. 1910: 380—388, 390, 391b, 395, 396, 398—401, 403—407, 411?, 413—419, 423, 427, 8, 432 —434, 436—453, 474499, 508, 556 —538, 570, 573—581, 584, 586, 593.

68. Solacz, Kr. Poſen-Oſt. 1910: 315—320. Don einem Gräber: felde nahe dem Schulhauſe: Tonſchale mit drei knopfartigen Randerhöhungen an einer Stelle, Canzenſpitze, Meſſer und Latenefibel (Beltz, Zeitjichr. f. Ethn. 1911) aus Eiſen. Sibel zur Gruppe Almgren V, 8 gehörig (Stufe B jaſt.) und eine andere eingliederig mit umgeſchlagenem Fuße (Stufe C), beide aus Bronze mit Silberbelagſpuren. G. von Lehrer Conn, 8.

69. Studſin, Kr. Kolmar. 1910: 908 und 909. Kleine ſchwarze Geſichtsurne, doppelkoniſch mit hohem Oberteil und Deckel in Form eines abgerundeten Kegels. Das Geſicht war durch Naſe und Augenpunkte ange— deutet. Darunter abwechſelnd ſchräg geſtellte lange Strichgruppen zwiſchen Parallelen; dasjelbe Motiv auf dem Deckel. Ferner Scherben einer Geſichts— urne; Naſenvorſprung zwiſchen Augentreijen, darunter Nadeldarſtellung, am abgeſetzten Hals der Urne. Der Abjaß iſt geſäumt mit kurzen Schrägſtrichen, von denen dreifache ebenſo geſäumte Liniengruppen ausgehen. In den Tiefritzungen manchmal noch Reſte weißer Einlage. Beide Gefäße aus einem Steinkiſtengrabe mit vier Urnen. G. von Lehrer Wienke, Rosto.

v. Slawiſche Zeit (6.—12. Jahrh.)

70. Bentſchen, Kr. Meſeritz. 1910: 1017. Tonnapf mit Drehtupfen, plumpe Arbeit mit einer Rille unterhalb des Randes, aus der Zeit vor 1000 n. Chr. (Abb. 26 u. 27). Vielleicht gehören hierzu die Skelettreſte 1910: 1018.

71. Krone a. d. Brahe, Ckr. Bromberg. 1910: 312. Scherben und Tonklumpen aus einer Grube, die nach Mitteilung des Sinders mit Ton aus: gelegt war. G. von Brauereidirektor Th. Schemel, Krone.

72. Dembſen, Kr. Poſen-Weſt. Bei den unter Nr. 43 genannten Erdarbeiten im Winter 1910/11 wurde am öſtlichen Rande der Senke eine ſlawiſche Rulturſchicht beobachtet, aus der einige Scherben (1910: 598) vom Derfajjer geſammelt wurden. Der Schnitt durch eine Herdjtelle wurde photo- graphiert (Abb. 28). Don dieſer herdſtelle ſtammen Scherben (Randjtüd, Bodenteil mit ausgeprägter Marke, alſo 11.—12. Jahrh. n. Chr.), Knochen—

19] Aus der Provinz Pojen. 165

reite, Tonbewurf und Holztohle (1910: 645—647). Auf der höhe diejer Bodenſchwelle wurde der Oberftein einer handmühle (1910: 599) gefunden und von dem Bauunternehmer H. Hink, Poſen, geſchenkt.

Abb. 26. 27. Bentſchen, Kr. Meſeritz. 1910: 1017.

Abb. 28. Dembſen, Kr. Poſen-Weſt.

75. Golencin, Kr. Poſen-Oſt. Fundſtelle IV. 1910: 600. Scherben. Geſammelt von W. Thamm, Poſen. 174. Golencin, Kr. Poſen-Oſt. Sunditelle I. 1910: 691. Drei ſpät— ſlawiſche Scherben. Geſammelt von W. Thamm, Poſen.

166 Erich Blume. 20

75. Gora, Kr. Jarotſchin. Schwedenſchanze. 1910: 856. Drei ſpät⸗ ſlawiſche Scherben, ein Bewurfſtück. G. von Martin Schultze, Bromberg.

76. Großdorf, Kr. Birnbaum. 1910: 313. Gefäßſcherben von einer frühmittelalterlich-ſlawiſchen Siedelung. Amtlihe Unterſuchung durch Wahle.

77. Grunziger heidemühle, Kr. Meſeritz. Schloßberg, der aus einer ſteil ins Obratal vorſpringenden Landzunge beſteht, die durch Wall und Graben nach der Landfeite abgeſchützt ijt. Ein Einſchnitt, der bei der amtlichen Unterſuchung durch den Derfaſſer am 2. Januar 1910 in den Wall weſtlich vom Zugange gemacht wurde, ergab das (Abb. 29) abgebildete Profil.

Als Geſchenk des herrn Rittmeijters Büttner, Grunzig, gelangten von den Funden bei Anlage des Schnittes in das Muſeum einige ſlawiſche Scherben (1910: 1—5), Tierknochen, wohl vom Rinde (1910: 6), und Holzkohlenreſte,

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Abb. 29. Grunziger Heidemible.

die nach der Beſtimmung von Prof. Pfubl-Pofen von einer Nadelholzart (Sichte, Cärche oder Tanne, nicht Kiefer oder Wacholder) ſtammen (1911: 7).

78. Kr3ywagura, Kr. Wreſchen. Auf den Schiefen Bergen aus einer Siedelungsſtelle 1910: 870/1. Spätſlawiſches Tongefäß und Scherben mehrerer anderer. G. von Lehrer Dobrogowsfi, Grabowo.

79. Ciebuſch, Kr. Schwerin a. W. 1910: 349. Scherben mit jechs- facher Wellenlinie zwiſchen parallelen Linien. Gefunden bei Arbeiten des Dampfpflugs. G. von Rittergutsbeſitzer Merckel, L.

80. Noskow-Buden, Kr. Jarotſchin (?). 1910: 847/8. Slawiſche Scherben, Bewurfſtück und Knochen. G. von Martin Schultze, Bromberg.

81. Oberpritſchen, Kr. Frauſtadt. 1910: 321. Bronzener ſilber— plattierter Schläfenring aus einem Skelettgräberfelde. G. von Auguit Pelz, O.

82. Pawlowfe, Lfr. Bromberg. 1910: 309, 310. Wellenverziertes Tongefäß aus der Zeit vor 1000 (Abb. 50) und Schlittknochen von dem Ge— lände, auf dem die Sfelettgraberbeigaben Ausſt. Poſen 1909 Nr. 229 —240 = KSM. 1909: 29—40 gefunden wurden. Die beiden Stücke lagen dicht—

21] Aus der Provinz Poſen. 167

beieinander in Reſten von Siedelungen an einem höhenrücken in Ries. 6. von Strommeiſter Cüdtke, Suchsſchwanz.

85. Rosko, Kr. Filehne, Pawliksberg (in den Netzewieſen). 1910: 668—671. Spätſlawiſche Scherben aus einer Rulturſchicht geſammelt am 25. X. 1910.

84. Siedlemin, Kr. Jarotſchin. Gut Rudunk. Auf dem ſlawiſchen Siedelungsplatze (vgl. „Aus dem Poſener Lande“ 1911, 341, Nr. 16; 391, Nr. 8; 440, Nr. 11: S. 595, Nr. 39) wurden am 25. Oktober 1910 durch W. Thamm zwei Gruben (Nr. IV und W unterſucht, aus denen Stein⸗ und Bodenproben, Scher⸗ ben und Bewurfſtücke mitge⸗ bracht wurden (1910: 873 bis 881). Der ſtark abgeplattet ku⸗ gelige Spinnwirtel 1910: 878 aus violettem Schiefer wurde von Pfarrer Gibaſiewicz, Si., geſchenkt.

85. Wirſitz. Spibberg. 1910: 26—29. Slawiſche Scher⸗ ben, z. T. verziert mit Wellen⸗ linien und Einſtichen eines vier⸗ zinkigen Geräts. G. von Tijd- lermeiſter Otto Roprecht, W. Abb. 30. Pawlowke, Ltr. Bromberg.

86. Wzionchow, Kr. 1910: 309.

Koſchmin (oder Malgow).

1910: 854. Slawiſche Schulterſcherben, gefunden auf einem ſandigen Platze, auf dem Steine und Scherben vom Winde ausgeweht waren. G. von Martin Schultze, Bromberg (von Oberamtmann Dräger, Rojztow).

87. Zerkow, Kr. Jarotſchin. Burgberg. 1910: 855. Jehn ſpät⸗ flawiſche Scherben. G. von Martin Schultze, Bromberg.

VI. Unbeſtimmte Zeit.

88. Bergenhorſt, Kr. Kolmar. 1910: 675. Oberer Stein einer Handmühle, als Schwelle eingemauert. G. von stud. rer. nat. Richard Arndt, Schneidemühl.

89. Stöwen, Kr. Kolmar. In einer Sandgrube bei Beſitzer Radtke neben Holßfohlen 1910: 674: oberer Stein einer handmühle.

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Mannus, Zeitſchrift für Dorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXVII.

Abb. 16. Wojtoſtwo, Kr. Schrimm.

Blume, Aus der Provinz Pofen 1910. Curt Uabitzſch, kg line Perlagzbuchh., Würzburg. n 8100 6/408 1 9

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Tafel XXVIII.

Bd. VII.

Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte.

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Curt Habinid, Rak Hd O MIELE chh., würzburg.

Blume, Aus der Provinz Pojen 1910.

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Grabungen für das Lüneburger Muſeum 1912/13.

Kurzer Bericht von M. M. Lienau. Mit 5 Tafeln (XXIX —-XXXIII) und 5 Textabbildungen.

A. Grabungen 1912. 1. Kolthagen, Ldfr. Lüneburg, „Dewels Heide” (Hofbeliger Fuhrhop).

Unterſucht wurden 6 Grabhügel der Bronzezeit. a) Grabhügel 1. Bronzeperiode II. Vergangenes Skelett. Dieſer Hügel iſt eingehend veröffentlicht worden in Mannus V, 3 8. 195/197 (daſelbſt Taf. XIV Abb. 1/2). b) Grabhügel 2, enthielt bereits durchwühlte Steinpackungen. e) Grabhügel 3, Grabform der Bronzeperiode II. Vergangenes Skelett. Sonſt nur Scherbenfunde über der Grabanlage. Über den Opferplatz ſiehe Mannus V, 3 S. 216, 6 (daſelbſt Taf. XIII Abb. 6). d) Grabhügel 4, Bronzeperiode III. Vergangene Skelette. Eingehender erwähnt in Mannus V, 3 S. 213, 3 (daſelbſt Taf. XVI Abb. 2 u. 6). e) Grabhügel 5, Bronzeperiode II. Vergangene Skelette. Aud) dieſer Hügel ijt eingehend beſchrieben in Mannus V, 3 S. 197/205 (daſelbſt Textabb. 1/4 u. Taf. XII Abb. 3, Taf. XIV Abb. 3, 4, 5). f) Grabhügel 6. Grabform der Bronzeperiode II. Vergangenes Skelett. Sonjt keine Funde.

2. Zeltberg bei Lüneburg. (Pachtland, Gräfl. Schwiechel'ſches, des Herrn Hofbeſitzers Herm. Garben, Ochtmiſſen bei Lüneburg.)

Es wurden unterſucht 56 ſehr kleine und flache Grabhügel. Größter Durchmeſſer 5,50 m bei 0,60 m höhe, kleinſter Durchmeſſer 2 m bei 0,20 m höhe. Die meiſten Hügel hatten 3 m Durchmeſſer bei 0,35—0,40 m Hohe. Zeitſtellung etwa 2—300 nach Chr.

170 M. M. Lienau. [2

Die Urnen, wie auch der loje liegende Leichenbrand waren ohne Steinſchutz. Don den 36 Hügeln enthielten: 9: Je eine Urne mit Leichenbrand, zentral ſtehend. Zweimal lagen im Leichenbrand Tierknochen (Mannus V, 3 S. 218 Anmerf. 10). 6: Zentralen Leichenbrand, bisweilen mit einigen Scherben. 1: Ziemlich flach einen unverbrannten Knochen, unbeſtimmbar ob vom Menſchen oder Tier. 1: Einen Tierzahn. 19: Nichts oder nichts mehr (alſo in erſter Linie wohl vergangene Skelette). Don Urnenfriedhöfen „Cangobardiſcher Zeit" ſtehen im Liine- burger Muſeum (Muſeum des Bardengaus): (1. Riefte, 100 oder 50 vor Chr. bis 200 nach Chr. 2. Nienbüttel (nur wenige Funde, ſonſt hannover), 100 oder 50 vor Chr. bis 200 nach Chr.

3. Bahrendorf (Lüneburg und hamburg), 50 vor Chr. bis 250 nach Chr.

4. Weſterſunderberg, Chr. Geb. bis 200 nach Chr.

5. Bolterſen, Chr. Geb. bis 300 nach Chr. (einige Gräber darüber

hinaus, bis um 500 nach Chr.).

6. Rebenstorf, Chr. Geb. bis 300 nach Chr.

5 1 kleine hügel, 200 nach Chr. bis 300 nach Chr.

Don den Nahrendorfer Funden hat das Lüneburger Muſeum nur Zeichnungen ausgeſtellt, die Funde ſelbſt ſtehen bei einem Kaufmann in Nahrendorf.

9. Heiligenthal, 200 nach Chr. bis 350 nach Chr.

Nach dem Lüneburger Katalog ſtammen die heiligenthaler Sunde aus drei großen Grabhügeln. Nach den neueſten Er: kundigungen ſcheint es dem Berichterſtatter möglich, ſogar wahr— ſcheinlich, daß es ſich um natürliche rundliche Erhöhungen ge— handelt hat.

(NB. Dor allen Zahlen iſt „etwa“ zu denken.)

Nach archäologiſchen ZJeugniſſen müſſen die Langobarden um 300 nach Chr. ſpäteſtens ausgezogen ſein unter Jurücklaſſung ſehr kleiner Volksreſte (man beachte in Schrank 18 der Lüneb. vorgeſchichtl. Muſ.⸗ Abteil. das faſt völlige Derſiegen der Sunde nach 300 nach Chr.) —, wenn man nicht annehmen will, daß die zurückgebliebenen Langobarden ſo beſtattet haben, daß wir ihre Gräber nicht mehr auffinden können. Dieſe Annahme wäre immerhin eine geſuchte.

Von den genannten Friedhöfen ſcheidet „Rebenstorf“ als „lango— bardiſcher Begräbnisplatz“ wahrſcheinlich aus, weil Rebenstorf (nach „ham— merſtein, der Bardengau“) ſchon außerhalb des von hammerſtein ermittelten

In Übereinſtimmung mit Jahn-Breslau

3] Grabungen für das Lüneburger Muſeum 1912.15. 171

langobardiſchen Gebietes liegt, aber auch, weil es, wie „Darzau“ (Muſeum hannover) und „Weſterſunderberg“, keine Waffen führt. Dielleicht ge- hören Rebenstorf, Darzau, Weſterſunderberg einem Dolfsjtamme an, über dem die Langobarden als herren ſaßen. Fraglich iſt es auch aus dieſem Grunde (dem Fehlen der Waffen unter den Grabbeigaben), ob Zelt: berg, Nahrendorf, Heiligenthal den Langobarden zuzurechnen find, vielmehr jedoch deshalb, weil dieſe drei Friedhöfe erſt um 200 nach Chr. beginnen und ſich in Anlage und auch Inhalt (jedenfalls auch im „Inhalt“ der Jeltberg) von den unter 1. bis 6. angeführten Begräbnisplätzen unter: ſcheiden.

Alle 9 (mit Darzau 10) Friedhöfe gehören der „Langobardiſchen Zeit“, aber dem „Cangobardiſchen Stamme“ mit Sicherheit nur Rieſte, Nien— büttel, Bolterſen, Bahrendorf an. In den (wenigen) Gräbern, die Bolterſen nach 300 nach Chr. aufweiſt, können wir mit Recht zurückgeblie— bene Langobarden vermuten.

3. Stelle, Kreis Winſen a. d. Lube „im olen Corp” (Kornhändler Guſt. Meyer).

Ein Grabhügel, am Rande einer größeren Grabhügelgruppe liegend. Der Hügel enthielt einen großen zentral liegenden hufeiſenförmigen Stein- ring. Innerhalb desſelben lagen Bruchſtücke einer „Hannov. Fibel“, Bronze: periode III, zwiſchen einem Häufchen verbrannter Knochen, die nicht be— ſtimmt werden können auf ihre herkunft, ob vom Menſchen oder Tier.

Am Rande des Steinrings befanden ſich verbrannte Knochen (noch nicht auf ihre Provenienz unterſucht) mit Beigaben aus dem 5. oder 6. Jahr: hundert nach Chr.: Riemenenden, Schnallen, Beſchlag von Pferdezaumzeug.

Wie ſchon eben „unter 2., Zeltberg“ bemerkt: verſiegen die Sunde im „Bardengau“ (wie übrigens, wenn auch 112—2 Jahrhunderte ſpäter, faſt überall in Norddeutſchland, aber auch bis zu einem gewiſſen Grade in Dänemark) nach 300 nach Chr. bis etwa über 700 nach Chr. hinaus. Was wir aus dieſen Jahrhunderten der Leere kennen, die alſo im „Bardengau“, der einen großen Teil des heutigen „Regierungsbezirkes Lüneburg” umfaßt, erheblich früher als im übrigen Hannover einſetzen, ſtammt, ſoweit ich die Funde überſehen kann, in der Hauptſache aus Nachbeſtattungen in älteren größeren Grabhügeln. So die Sunde von „Underlingen“ (Muſ. Hannover), „Euendorf“ (Muf. Lüneburg) u. a.

Eine Ausnahme machen die augenſcheinlich vom ſüdgermaniſchen Ges biete beeinflußten Reihen-Skelettgräber von Rosdorf-Göttingen. Man ver— gleiche Lüneb. Muſ. Bl. Heft 7 S. 230,231.

Dieſe Fundleere im „Bardengau“ würde alſo zu ſetzen ſein zwiſchen den „Auszug der Langobarden“ (vgl. Lüneb. Muſ. Bl. Heft 8 S. 338/339)

172 M. M. Lienau. [4

mit etwa anderen unter ihrer Herrſchaft ſtehenden Stämmen um 300 nach Chr. unter Zurücklaſſung ſehr geringer Dolfsrefte (nachweisbar in „Bolterſen“, ſiehe vorſtehend 2.) und den „Einzug der Sachſen“ in größerer Zahl von ihren Sitzen an der unteren Elbe im Dreieck zwiſchen Kuxhaven, Bremerhaven und Harburg. Es ijt alſo ſehr wahrſcheinlich, daß die Sachſen in nennens- werter Zahl erſt zur Zeit Karls des Großen in den Lüneburger Bezirk kamen, um das linke Elbufer längs der Lüneburger heide gegen die von Karl d. Gr. zur Hilfe gerufenen Wenden zu verteidigen. Der Einwand: ſowohl die 3u- rückgebliebenen Langobarden, wie auch die Sachſen hätten in den zur Rede ſtehenden Jahrhunderten der Leere ihre Toten ſo beſtattet, daß wir die Begräbniſſe heute nicht mehr finden können, entbehrt vorläufig der Be- gründung. (Bei den ſeefahrenden Sachſen wird freilich eine Verſenkung der Toten ins Waſſer häufig geweſen ſein und eine ſolche Sitte könnte ja auch von den landbewohnenden Stammesgenoſſen angenommen worden ſein.)

Nun weichen freilich die ſpäteren hügelgruppen (aus der Zeit 2—350 nach Chr.) von heiligental, Zeltberg, Nahrendorf von den ſonſtigen langobardiſchen Friedhöfen ab. Sie ſtellen alſo völkerkundliche Fragen, die auch ein früheres Eindringen ſächſiſcher Elemente in unſeren Bezirk umſchließen können. Der „Jeltberg“ mit feinen ſehr eigentümlichen Sund- verhältniſſen ſtellt auch Fragen über die Beſtattungsſitten nach 300 nach Chr.

4. Hhügelgruppe Wellendorf⸗Nateln, Kreis Ülzen.

a) hügel 1, Wellendorf-Tateln (Gemeinde) (Hofbeſ. Harms). Steinzeitlich mit reichen Funden. Dieſer Hügel ijt eingehend beſchrieben worden in der „Mannus-Biblio— thek Nr. 13, Grabformen der Lüneburger Gegend.“ b) Hügel 2. Nateln (Hofbej. Harms). Bronzeperiode II/III. Glasperlen. Bronzering mit Ovalen. Die Beigaben lagen getrennt in häufchen verbrannter Knochen, die noch nicht auf ihre Provenienz beſtimmt ſind. c) Hügel 3. Nateln (Hofbej. Harms). Wahrſcheinlich Bronzeperiode II wegen „hängeſpiral-ähnlichem“ Bronze— ring (Textabb. 1), der in der Schädelhöhlung von Skelett 1 gefunden wurde. Es handelt ſich bei dieſem Hügel um zwei Skelette, die an) Mund auf Mund ſchräg übereinander lagen (vgl. Lüneb. Muf. BI. Heft 7 S. 203 unter Addenstorf, hügel 4“; hier lagen 450 4 aber die Skelette beide mit dem Geſicht nach oben). Dom nateln. ie oberen weiblichen Sfelette (1), das aljo auf dem Leibe lag, war nur der Schädel ohne Unterfiefer erhalten, vom unteren, auf dem Kücken liegenden, wahrſcheinlich männlichen Skelette (2) Wirbel: ſäule, Subfnoden und der Unterkiefer.

5] Grabungen für das Lüneburger Mujeum 1912/13. 173

Schon im Feldbuche habe ich genaue Bemerkungen über die verzerrte Cage des Skeletts (ich glaubte damals an nur ein Skelett) gemacht. Erſt nach längerer Zeit, bei Unterſuchung der Zähne durch Dr. med. Philipp, Lüneburg, ſtellte es ſich heraus, daß es ſich um zwei Skelette handelt. Beim unteren Skelett (2) konnten mit Sicherheit eine, mit Wahrſcheinlichkeit zwei weitere Jahnextraktionen konſtatiert werden.

Das obere weibliche Skelett (mit dem „hängeſpiralähnlichen“ Bronze— ringe) gehört nach Unterſuchung durch Hofrat Schliz zur „Hunjetitzer“ Raſſe. Es handelt ſich um eine Frau von 60—70 Jahren.

d) Hügel 4, Nateln, hofbeſ. Harms.

Ohne Sunde. Der Grabform nach wahrſcheinlich Bronzeperiode III.

c) hügel 5, Nateln, Hofbeſ. Harms.

Ohne Sunde. Aud die Grabform bot keinen chronologiſchen Anhalt.

5. Harmstorf, Kreis Bleckede, hofbeſ. h. Brockmann. Früheiſenzeitliches Urnenfeld. „Schwantes-Stufen IIa, b“. 6—400 vor Chr.

6. Katemin a. d. Elbe, Kreis Bleckede, Schuhmacher Soltau. Früheiſen— zeitliches Urnenfeld, „Schwantes-Stufen IIa, b“. 6—400 vor Chr.

B. Grabungen 1913. 1. Deutſch⸗Evern, Ldkr. Lüneburg, Plantagenbeſitzer Soltwedel.

Aufdedung einer ſteinzeitlichen Werkſtatt.

Die großenteils klingenförmigen Artefakte (eine Auswahl auf Tafel XXIX) ſind ſämtlich unretuſchiert und unbenutzt. Die am Ufer der Ilmenau liegende Werkſtatt muß alſo in Eile verlaſſen worden fein. Die Funde lagen ganz flach und auf einem Raum von nur 114 m im Quadrat gedrängt beieinander. Die meiſten Sunde wurden geſichtet 0,18 m unter der Oberfläche (Heide) bis zur Tiefe von 0,25 m unter Oberfläche. Wenige Stücke lagen bis 0,45 m unter Oberfläche. Die Fundſchicht beſtand aus hellgrauem Sande. Im ganzen wurden 61, meiſt größere Klingen, ein Nukleus-Reſt und viele kleine Abfälle gefunden.

Nach Dr. R. R. Schmidt, Tübingen, handelt es ſich um das Doll: neolithikum. An dieſer Stelle ſei noch einmal herrn Dr. R. R. Schmidt herzlichſter Dank abgeſtattet.

Ganz in der Nähe dieſer Werkſtatt wurden ſchon in früheren Jahren von herrn Soltwedel Streufunde kleineren Kalibers gemacht, die nach Dr. R. R. Schmidt gleichfalls dem Vollneolithikum zuzurechnen ſind.

174 : M. M. Lienau. 6

2. Garlstorf, Kreis Winſen a. d. Lube, Gutsbeſitzer Jagau.

a) Unterſuchung eines Grabhügels beim Gutshofe. Der Grabform nach Bronzeperiode II.

Dies Grab ijt veröffentlicht worden in der „Mannusbiblio— thek Nr. 15, Grabformen der Lüneburger Gegend“.

b) Reſte eines Urnenfeldes. Montelius V/VI.

c) Es wurde aus einer Bodenkammer des Gutshauſes eine Budel- urne mit Bronzebeigaben in das Lüneb. Muſeum als Ge— ſchenk des herrn Jagau gerettet.

Es gelang dem Berichterſtatter, die Fundumſtände genau feſtzuſtellen,

da zwei zuverläſſige Jeugen des undes noch leben.

Es handelt ſich um einen niedrigen Grabhügel von 11 m Durchmeſſer und 0,60 m höhe im Gutsgarten dicht beim Gutswohnhauſe. Außer der Budelurne mit den Beigaben wurden etwa je 4—5 m von ihr entfernt noch zwei andere Urnen ſpäteren bronzezeitlichen Charakters gefunden, die alſo als Nachbeſtattungen anzuſprechen ſind. Die Bronzen lagen teils im Leichenbrand der Budelurne, teils, in einem Abjtande von höchſtens 0,25 m von der Urne, um ſie herum.

Es handelt ſich um eine „Hannov. Fibel“ der III. Bronzeperiode und um 7 Bronzeringe (3. CT. Bruchſtücke) mit Ovalen. Auch die Bronzeringe gehören ausgeſprochen in die III. Bronzeperiode (Hbb. 2a).

Die Budelurne gehört nach Koffinna zum „illyriſchen Typ” (Abb. 2b).

Unſere Urne hat ÜUhnlichkeit mit der von Koffinna in Mannus V, 3 auf Tafel XXVI unter 5. abgebildeten des Gräberfeldes in Wilhelmshöhe bei Uſch, welches Koſſinna etwa in die Zeit von 1100 —900 vor Chr. jest.

Ich würde die Buckelurne von Garlstorf demnach unter Berück— ſichtigung der Beigaben in den Schluß der III. Montelius-Periode, alſo um 1100 (nach Koflinna um 1250) vor Chr. datieren.

Soviel ich weiß, iſt aus der III. Periode eine zweite Buckelurne in der Provinz Hannover nicht gefunden wurden.

3. Glienitz a. d. Elbe, Kreis Dannenberg (Beſitzer Bonatz).

Kleines Urnenfeld im anſteigenden Elbufer aus den letzten Jahr— hunderten vor Chr.

Zum Teil ftanden die Urnen in oder unter größeren Steinpflaſtern, jedoch in von frühzeitigeren (Schwantes Il a‘h) Steinpflaſtern abweichender Weije. Dies Urnenfeld bietet den Schwantes-Stufen gegenüber chrono— logiſche Unſtimmigkeiten, während die ſonſtigen Grabungen des Der— faſſers die Schwantes-Chronologie beſtätigt haben.

Die in Glienitz vorkommende , Sibel mit offenem Nadelhalter“ und die „Kand-Verdickungsleiſten“ an den Urnen müßten das Urnenfeld in

7)

Grabungen für das Lüneburger Muſeum 1912/13.

Abb. 2a. ?/s. Garlstorf (ſiehe Urne Abb. 2).

Abb. 2b. Garlstorf. 1/1.

175

176 M. M. Lienau. 18

„Schwantes IV“, 150 vor Chr. bis Chr. Geb., ſtellen. Dem widerſprechen aber die Urnentypen vielfach, die zu „Sschwantes II/III“ gehören.

Beſondere Schwierigkeiten bietet z. B. Grab 4, deſſen Ton-Situla noch einen Halswulſt zeigt. |

Das Glieniger Urnenfeld zeigt auch, wie ſich die „Situla“ ſehr wohl aus heimiſchen Formen entwickeln kann, worauf Knorr aufmerkſam ge— macht hat.

Das Glienitzer Feld umfaßt nur 17 Gräber, die ſich alſo kaum über größere Zeiträume verteilen, womit man ja bei zahlreichen Gräbern die chrono— logiſchen Unſtimmigkeiten erklären könnte.

4. Ramelsloh, Kreis Winſen a. d. Cuhe, heidejtüd Kröbroch (Hofbeſitzer Maak).

a) Einige ziemlich zerſtreut lie— gende Urnen-Reſter. Jeitſtellung 600 bis 400 vor Chr. (Schwantes IIa / b).

Unter den Urnen befindet ſich eine mit einem „Maltheſerkreuz“ (Textabb. 3).

Das Maltheſerkreuz iſt nach Montelius ein Sonnenjymbol. Es kommt ſchon auf ſteinzeitlichen Kult- gefäßen des Latdorf-Bernburger Stils vor. Ob hier eine Überlieferung oder

Abb. 3. Rathelstoh. / Neubelebung vorliegt, kann vorläufig nicht entſchieden werden.

b) Ein Grab, ovaler Steinſarkophag, mit vergangenem Skelett und ohne Beigaben unter einer kleinen natürlichen Bodenerhebung. Die Grab— form der ovalen Steinjarfophage mit Skelett gehört in die Bronze— periode III, wohl hauptſächlich in IIIa.

Dies Grab ijt in der „Nannusbibliothek Nr. 13, Grabformen“, ver— öffentlicht worden. Ä

5. Oldendorf bei Amelinghaujen, Landkreis Lüneburg (Beſitzer: der Orts- vorſteher).

Ein Grabhügel ohne Beigaben mit Grabform der II. Bronzeperiode.

Ferner wurden im Jahre 1913 „Megalith-Gräber“ inventari— ſiert, hauptſächlich im Kreije Bleckede und im Landfreije Lüneburg.

Es konnte ferner mit Sicherheit nachgewieſen werden, daß das viel— umſtrittene hünenbett im Klederwalde bei Harburg vollkommen

9] Grabungen für das Lüneburger Muſeum 1912/13. 177

korrekt wieder hergeſtellt worden ijt auf Deranlajjung des Herrn Regierungs: rates Meyer, früher Lüneburg. Es ijt abgebildet (ohne Ortsangabe) bei Schwantes „Aus Deutſchlands Urzeit“, 2. Auflage, Abb. 64/65.

Urſprünglich hat dies Hiinenbett jedoch wahrſcheinlich eine zwei oder dreifache Steinumfriedigung gehabt. Jetzt ſteht alſo noch der innere Kern mit der Kammer und zwei Wächtern. |

Leider hat man dieſem wundervollen Denkmal ein gut Teil Stim: mung in übertriebener Fürſorge dadurch genommen, daß man es mit einer geradlinigen Baumanlage umgeben hat.

Um ſolche Male muß ſich der Wald als Mantel legen. Wie leicht könnten viele der überall verfallenden herrlichen Steinzeitdenkmale durch Aufrichten der Steine, unter ſachkundiger Leitung, wieder hergeſtellt werden, wenn unſere maßgebenden Regierungsitellen nicht man muß als Fachmann das harte Wort gebrauchen in oſtentativer Weiſe die Germania libera vernachläſſigten. Das wird hoffentlich nach dem Kriege endlich anders. Ich empfehle z. B. eine Beſichtigung der beiden leicht in Ordnung zu bringenden, jo ſtimmungsvollen Hünenbetten beim Forſthauſe Schieringen, Halteſtelle der Kleinbahn Dahlenburg⸗Bleckede, Kreis Bleckede, Bezirk Lüne- burg. Man leſe auch Mannusbibliothek Nr. 13, Seite 2.

Don beſonderer Wichtigkeit iſt noch ein Baggerfund, der im Winter 1912/13 bei Lüneburg am linken Ilmenau-Ufer bei der Saßfabrik des Herrn Senators Reichenbach aus Anlaß der Errichtung einer Kaimauer für einen Cagerſchuppen gemacht wurde. Die ausbegaggerten Funde verteilen fic auf ein Terrain von 40 m Lange zu 9 m Breite; fie kamen aus einer Tiefe von 1,20—2 m.

Es handelt ſich um 14 Geweihſtücke, davon 11 mehr oder weniger bearbeitet, 1 durchlochte Steinaxt (dieſe wurde in der gleichen Tiefe 6 m von einem ſchön bearbeiteten Geweihſtück gefunden), 1 hirſchſchädel (der vordere Teil unterhalb der Augenhöblen fehlt; wahrſcheinlich hat man die Zähne als Schmuck verwendet), 1 Stierhorn (noch nicht beſtimmt, aber anſcheinend vom „Ur“), 1 linker menſchlicher Oberſchenkelknochen von einem muskulöſen, etwa 1,70 m großen Menſchen (nach Oberſtabsarzt a. D. Dr. med. Harmſen, Lüneburg), 1 Stück Holz mit Schnittfläche und ſchließlich etliche Gefäßſcherben, von denen einige mit Sicherheit der Steinzeit an— gehören.

Tafel XXX Abb. 1 gibt eine kleine Auswahl der Funde: oben links eine große, oben rechts eine kleine hacke. Bei der großen Hacke ijt eine Stange (nad) links greifend) zum Griff hergerichtet (abgekürzt) worden, während eine zweite (ſenkrecht unter der „Roſe“) bis auf einen kleinen Stubben abge— ſchnitten worden iſt, um bei der Verwendung des Geräts als Hade nicht zu hindern. Unten links ſieht man einen Scherben mit „Randferben ausge:

Mannus, Bd. VII. H. 1/2. 12

178 M. M. Lienau. [10

ſprochen ſteinzeitlichen Charakters (ſteinzeitlicher Technik)“. Das ſchön ge⸗ glättete Stück (rechts in der Mitte), deſſen Spitze (rechts) abgeflacht iſt, dürfte „als Druckſtock“ gedient haben. Es trägt vielleicht (eingeritzte) Eigentums⸗ zeichen.

Ich bringe jetzt auf Taf. XXX Abb. 2 und Taf. XXXI Funde aus einer Steinkammer „auf dem Weißen Berge bei Glienitz a. d. Elbe, Kreis Dannen⸗ berg (Hofbeſitzer Griebe)“. Die Steinkammer, welche nach der Beſchreibung klein („duſſen“-ähnlich) geweſen ijt, wurde vom Beſitzer im Jahre 1898 zer— ſprengt (vgl. Mannusbibliothek Nr. 15, S. 6, Abſ. 23. Damals wurden die Steinbeile (Taf. XXXI) ins Lüneburger Muſeum eingeliefert. Bei einer Nachprüfung des Platzes, auf welchem die Steinkammer geſtanden hat, durch den Berichterſtatter im Jahre 1913 wurden die ſteinzeitlichen Scherben (Taf. XXX Abb. 2) gefunden.

Zum Schlufje bringe ich einen hausgrundriß und Sunde aus einer mittelalterliden Siedlung aus dem 12. und 13. Jahrhundert nach Chr. vom „Rneterberge bei Dahlenburg, Kreis Bleckede“ (vgl. Lüneb. Muſ. Bl. Heft 7 S. 208 / und Heft 8 S. 343/44).

Die Grabungen wurden in den Jahren 1909 1911, auf Anregung des herrn Lehrers Baumgarten in Dahlenburg, gemacht. Da auf dem Gelände fortwährend Ries abgefahren wurde, ſo geſtaltete ſich die Urbeit ſehr ſchwierig und es handelt ſich um einen ganz beſonderen Glückszufall, daß noch ein ungeſtörter hausgrundriß zu Papier gebracht werden konnte. Die Funde befinden ſich im Lüneburger Muſeum Schrank 23 u. 24. Wenige Funde ſtehen in der Dahlenburger Schule, darunter allerdings gut erhaltene Töpfe (Situationsſkizze ſiehe Textabb. 4).

Die Siedlung auf dem „RKneterberge“ (Textabb. 4) gehört augenſchein— lich zu der „alten Burg"), die nach Angabe des herrn Hauptlehrers Menke-Dahlenburg auf dem Gelände des alten Kirchhofes (Textabb. 4) gelegen haben ſoll, woſelbſt ja noch heute die alte Schloßkirche ſteht. Auf Grund der Siedlungsfunde iſt Berichterſtatter zu dem Ergebnis ge— kommen, daß dieſe dem XII. und hauptſächlich dem XIII. Jahrhundert angehören müßten. Da nun unſere Siedlung durch Feuer zerſtört iſt, ſo darf man vielleicht vermuten, daß es ſich um die gleichzeitig mit der Burg?) zerſtörten Behauſungen der Leute handelt, die ſich dicht neben der Burg unter ihrem Schutze niedergelaſſen hatten. Waffen ſind nicht gefunden

1) Nachrichten über „die Dalen(m)burg“ findet man bei „von hammerſtein, der Bardengau, 8. 71. 72. 504“ und in „den Jahrb. f. Meckl. Geſchichte und Altertumskunde, XXVII, S. 127. 128. 150.“ (Cetzteren hinweis verdanke ich herrn Geh. Ardivrat Grotefend, Schwerin.)

2) Dann würde aljo die Burg etwa um 1500 zerſtört worden fein.

11] Grabungen für das Lüneburger Muſeum 1912/13. 179

worden, aber mehrfach Hufeijen, ferner ein Sporn und ein Armbruftbolzen. Aljo die Armbrujt führten die Bürger.

Bevor ich auf den Hausgrundriß zu ſprechen komme, gebe ich auf Taf. XXXII (Abb. 1/2) einige Sunde von anderen Wohnſtätten der Siedlung, und zwar auf Abb. 1: eine Sichel, eine Campe (kellenförmig), ein Webſtuhl⸗ gewicht, einen Sporn, zwei Schlüſſel, eine Gabel alles aus Eiſen bis auf das

Neuer Kirchhof

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Flecken Dahlenburg

Abb. 4. Dahlenburg.

tönerne Gewicht —, ferner auf Abb. 2: oben in der Mitte (links) eine runde Kinderflapper aus Ton, rechts ein Hufeijen mit ovalen Durchlochungen, ſonſt verſchiedene Gefäßbruchſtücke !), fo oben in der linken Ecke einen Gefäßdeckel mit Griff. Ein in der Siedlung gefundener nichtabgebildeter Gefäßrand trägt noch das altflawiſche Wellenornament.

1) Saft ſämtliche Gefäße (Gefäßbruchſtücke) find grau und gut gebrannt. 12*

180 M. M. Lienau. [12

| Nun bringe ih den hausgrundriß auf Abb. 5. Es handelt ſich um Wohnſtätte 9.

Aus der Legende geht alles Nähere hervor. Hus den Beobachtungen ergibt ſich, daß es ſich um ein „Schwellen“-Haus mit Cehm-Sadwert-Wanden handelt, welches durch Feuer zerſtört wurde. Das haus beſteht aus zwei durch eine Wand getrennten Räumen. Da, wo Türen eingezeichnet fin), wurden Tür⸗Zubehöre gefunden. Die Fußböden beſtanden aus Lehmtenne mit darüber befindlichem Feldſteinpflaſter. Der primitive Herd, in verſchiedene Rochlöcher gegliedert, erinnerte an vorgeſchichtliche Herde. In Raum II,

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Abb. 5. Dahlenburg, Kr. Bleckede, „Rneterberg“. hausgrundriß. Stätte 9.

1. Sladjsraufe. 2. Stück eines Bronzekeſſels. 3. Gefäßrand mit Ausguß. 4. Teil eines

Cava⸗Mahlſteins. 5. Verkohlte Früchte (Erbſen?). 6. Bronzeſchmuck, eiſ. Schnalle, ver—

kohlte Früchte (Erbſen?) 7. Hufeifen. 8. Eiſ. Schnalle. 9, 10, 11. 3 Töpfe (ſogen.

„Bauopfer“) unter der Cehmwand zwiſchen Raum I und II. Geſamtlänge des

Haujes (ausſchließlich des Dorraums III) 6,25 m. Lange von Raum I: 2,50 m, von Raum 11: 3,75 m. Breite des hauſes „im Mittel“: 3 m.

von dem man durch eine Tür ins Freie gelangte, ſcheint Dieh geſtanden zu haben. Die Tierknochen in Raum I ſind wohl als Herdabfälle aufzufaſſen. In der Nähe des herdes lag der Mahlſtein (4 X), im Herde die Eiſenteile einer Flachsraufe und Bruchſtücke eines Bronzekeſſels.

Die Abbildungen auf Taf. X XXII Abb. 1 rühren bis auf den mit Rillen und Strichen verzierten Scherben (unten in der Mitte) ſämtlich von der Wohnſtätte 9 her, und zwar die drei Gegenſtände ganz links (von oben nach unten) aus Raum I. Der oberſte Gefäßſcherben zeigt einen Tüllen— Ausguk, der unterſte Gegenſtand ijt das Bruchſtück eines Mahlſteines aus rheiniſcher Lava (Legende 4 X). Solche Mahlſteine kommen auch häufig in „Haithabu“, zerſtört um 1050 nach Chr., vor. Die übrigen Gegenſtände ſtammen alle aus Raum II, nämlich: eine Schnalle (Legende 8), ein Schlüſſel (Bronze), ein kreuzförmiger Schmuck aus Bronze (Legende 6), ein Hufeijen-

13] Grabungen für das Lüneburger Mufeum 1912.13. - | 181

reft mit ovalen Durchbohrungen (Legende 7), ein Schuppen-Gefäßſcherben mit dünner gelblicher Glaſur, ſchließlich ganz rechts Zubehöre von der aus Raum II ins Freie führenden Haustür. Oben das Raſtenſchloß, oval mit oberem faſt geradlinigen Abſchluß.

Abgebildet auf Taf. XXXII Abb. 1 iſt nur eine kleine Auswahl der Funde aus Wohnſtätte 9.

Ganz beſonders wichtig war der Fund von drei Töpfen unter der Raum I von Raum II trennenden Wand. Es handelt ſich um ſogenannte „Bau- Opfer“, die im Mittelalter häufig, wahrſcheinlich gebräuchlich find und die (nach hauptlehrer Menke, Dahlenburg, Kreis Bleckede) in der Dahlen— burger Gegend noch heutigen Tages fortleben. Beſonders unter den Ein— gangsſchwellen von Diehjtällen, aber auch unter den Krippen werden kleine Schalen mit Getreidekörnern eingemauert.

Was nun unjere „Bauopfer-Töpfe“ betrifft (Taf. X XXII Abb. 2), fo entſpricht (von links nach rechts) Topf 1 dem „der Legende“ 10, Topf 2 (in der Mitte) dem „d. L.“ 11, Topf 3 dem „d. L.“ 9.

Topf 1 („L.“ 10) enthielt Lehm und angefohltes Holz.

Topf 2 („C.“ 11) enthielt ein unregelmäßig geformtes Stück grün patinierter Bronze, von der Größe eines Fünfmarkſtückes.

Topf 3 („L.” 9) war mit „organiſcher“ Erde angefüllt, hatte wahr: ſcheinlich alſo Getreide oder ſonſtiges Derzehrbares enthalten. Am Rande dieſes Topfes lag ein Topfſcherben (anderer Herkunft).

Dieſe „Bauopfer“ ſollten den Bewohnern und dem Diehbeſtand des Hauſes Glück bringen oder Unglück abwenden.

Neuerdings wurde auch in Lüneburg beim Neubau eines hauſes in der Straße „am Berge“ ein Bauopfer, aus zwei Töpfen beſtehend, gefunden, welches dem XIV. Jahrhundert nach Chr. angehören dürfte. Dieſe Töpfe ſtehen in Schrank 21 der Lüneburger vorgeſchichtlichen Abteilung.

Uber „Bauopfer“ befindet ſich in der Zeitſchrift der Berliner Anthro- pologiſchen uſw. Geſellſchaft eine längere Abhandlung von Profeſſor Sartori, Dortmund.

Als letzte Arbeit für die vorgeſchichtliche Abteilung des Lüneburger Muſeums hat Berichterſtatter, mit freundlicher Unterſtützung durch Herrn cand. phil. Slebbe, Lüneburg, die „Vorgeſchichtlichen Sundjtellen“ auf der „Geologiſchen Karte des Regier.-Bezirkes Lüneburg“, welche Herr Oberlehrer Dr. Konrad Olbricht, jetzt Breslau, ſchon vor längerer Zeit entworfen und freundlichſt geſchenkt hatte, mittelſt verſchiedenfarbiger Fähnchen eingetragen.

Möge die vorgeſchichtliche Abteilung des Lüneburger Mus ſeums, unter der Obhut von G. Schwantes-hamburg, eine im wiſſenſchaftlichen Sinne gedeihliche Weiterentwicklung durch—

182 M. M. Lienau. Grabungen für das Lüneburger Muſeum 1912/13. 14

machen. Aber auch der Dank für die Herren, die vor mir ſich für die Abteilung intereſſiert und für ſie gewirkt haben, muß an dieſer Stelle ausgeſprochen werden, vor allem der Dank für meinen unmittelbaren Vorgänger herrn Gymnaſialpro— feſſor a. D. Th. Meyer, derzeitigen Vorſitzenden des Muſeums⸗ vereins für das Sürftentum Lüneburg. Meine Herren Dor: gänger haben den Acker hergerichtet, ohne den eine Saat für mich unmöglich geweſen wäre. Mögen meine Nachfolger reich— liche Gelegenheit zur Mahd finden.

Berichtigung.

In Mannus bibliothek 13 (Lienau, Grabformen) muß es heißen S. 32., 3. 9: Jahrtauſends (ſtatt Jahrhunderts) und entſprechend S. 42., vorletzte 3.: um 500 (ſtatt 50) vor Chr. |

Mannus, Zeitjchrift für Dorgejchichte. Bd. VII. Tafel XXIX.

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Deutſch-Evern. ½.

Siemau, Grabungen für das Lüneburger Mujeum 1912/1913. Cunt gt(abitzſch. I Aihin)-Deflagsbuhh. Würzburg.

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Mannus, Zeitichrift, für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXX.

Abb. 1. Lüneburg. ½.

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Abb. 2. Glienitz a. d. Elbe. Faſt '/ı.

dien au, Grabungen für das Lüneburger Muſeum 1912/1913. Curt Kabitzſch, kal. Alitiv,.sDerlagshudh., Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Dorgeſchichte. Bod. VII. | Tafel XXXI.

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Glienig a. d. Elbe. 3/1,

dienau, Grabungen für das Lüneburger Muſeum 1912/13. Curt Kabitzſch, gl. ‘Univ Derldgshudh., Würzburg.

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Mannus, Zeitichrift für Dorgejchichte. Bd. VII. Tafel XXXII.

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Abb. 1. Dahlenburg. ½.

Abb. 2. Dahlenburg. */s.

Ciena u, Grabungen für das Lüneburger Mujeum 1912 1913. Curt Mabitzſch (kg. Univ. ⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII.

Abb. 1. Dahlenburg.

Tafel XXXIII.

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Abb. 2. Dablenburg.

cienau, Grabungen für das Lüneburger Mujeum 1912/1913.

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Curt. Kabigich kalo Unt. Derlagsbuchh., Würzburg.

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Geſellſchaft für deutſche Vorgeſchichte. Zweiggeſellſchaft Berlin.

Sitzungsberichte 1915. Don Guſtaf Roſſinna.

Die 2. Kriegsſitzung fand am 6. Sebruar im großen hörſaal der Kgl. Bergakademie ſtatt. Sie wurde ausgefüllt durch einen ebenſo reizvollen als zeitgemäßen Lichtbild⸗ Vortrag unſeres Mitgliedes des Kal. Bezirksgeologen Dr. heß v. Wichdorff (Berlin): Maſuren, Land und Leute.

Das alte Königsberger Scherzwort „Wo ſich aufhört die Kultur, fängt fi) an zu leben Maſur“ hat nach den Ausführungen des Vortragenden ſeit dem Anfang dieſes Jahr: hunderts feine Berechtigung verloren. Die Sürſorge der preußiſchen Regierung hat da- für geſorgt, und die ſehr anſtellige Bevölkerung iſt allen Maßnahmen der Behörde mit Verſtändnis entgegengekommen. Schon in den ſiebziger Jahren erörterte der Landrat von Marggrabowa die Frage, wie das Land zu heben ſei; früh erfaßte die „Maſuriſche Dampfer⸗ Kompagnie“ den Wert der hohen landſchaftlichen Schönheit des Gebietes und führte ihm beſonders im letzten Jahrzehnt, dank der beſſeren Verkehrsmittel, einen Strom von Wanderern zu. Es lohnt, die verſchwiegenen Reize der waldumkränzten Seen und Moore, die weiten Wälder, die im Frühling mit Blumen wunderbar geſchmückten Wieſen— flächen zu beſuchen und dem Zauber friedlichen Kleinſtadtlebens ſich hinzugeben. Nament- lich Freunde des Waſſerſports ſuchen das ſeenreiche Gebiet in ſteigender Jahl auf. Es gehört keine eingehende Renntnis des Tier- und Pflanzenlebens dazu, um die ganz eigenen Reize landſchaftlicher Bilder gerecht zu würdigen, welche in Maſuren im Frühjahr die dichte Beſetzung der Ufer mit der gelben Schwertlilie und der weißen Calla bietet, neben dem ſcheinbar unergründlichen tiefſchwarzen, moorigen Gewäſſer, und es tut der Pracht der Srühjahrsflora nur geringen Eintrag, daß fie meiſt nur kurz ift, dafür wird fie aber ſtets in üppigſter Entfaltung geſehen. Eigenartig wirkt auch der die Ufer häufig ſäumende Eibenbaum (Taxus baccata), für deſſen Erhaltung, als er auszuſterben drohte, man ſich im 17. Jahrhundert eifrig bemüht hat, weil er einen gut zuſtutzbaren Parkbaum abgibt. Während dies aber an vielen Stellen in Europa geſchah, hatte man es in Maſuren nicht nötig; denn hier lebte die „wilde“ Eibe in unverkürzter Schönheit weiter. Noch in vielen maſuriſchen Forſten, 3. B. in der Borker heide, begegnet man ihr mit ihren blaugrünen, glänzenden Nadeln in achtungswerten Beſtänden. Nicht fo hoch als andere Nadelhölzer, wild nur als Unterholz vorkommend, ſtrebt die Eibe bis auf höchſtens 7 m in die höhe, aber Torheit iſt es, an ihr drohendes Husſterben aus keinem anderen Grunde zu glauben, als weil ſie angeblich keine Frucht trage. In der Borker heide kann man ſich von den prächtig

184 III. Aus Muſeen und Dereinen. [2

rot gefärbten Früchten des Baumes überzeugen. Die Beſtandsverminderung der Eibe erklärt ſich einfach daraus, daß ihr Holz ſehr nützlich iſt und, im frühen Mittelalter zumal, ſeiner hohen Biegſamkeit halber als Bogenholz, namentlich nach England, ſtark ausge— führt wurde. Nach 1780 wird durch einen Schriftſteller das Eibenholz als für den Drechſler zur Herftellung von Löffeln und zu Schrankeinlagen beſonders geeignet bezeichnet. Doch Maſuren und ſeine ſtillen Seen bergen auch noch manche andere Seltenheiten der Pflanzen— welt, die anderswo in Deutſchland wohl auch einſtmals reichlich vorhanden waren, aber je ſeltener fie wurden, um fo mehr zur vollſtändigen Ausrottung reizten und früher noch nicht die eifrigen Naturfreunde fanden, die jetzt hin und wieder öffentlich zum Schutz dieſer oder jener unſere Slora bereichernde Pflanze gegen unverſtändige Verwüſtung aufrufen. So wird man erfreut ſein, dem ſchönen Straußfarn, der ſeit 1890 von den höhen des Thüringer Waldes bei Oberhof bis auf das letzte Exemplar durch Sommerfriſchler ent— führt worden iſt, in Maſuren wieder zu begegnen, und in welcher ſchönen Entfaltung! Hoffentlich bleibt es jo, wofür die Ausficht günſtig ijt, weil die Fundorte nicht nur ziem— lich abgelegen ſind, z. B. im Schwalgtal am Gaſthof zum „Waldkater“, ſondern weil der Straußfarn hier auch ſeine Ausrottung ſelbſt durch ſtarke Verbreitung und baumartigen Wuchs erſchwert. Um bezeichneten Ort erfüllt er zu tauſenden das ganze Tal und bietet in ſeinen mannigfaltig veräſtelten Formen eine der ſchönſten landſchaftlichen und bota— niſchen Erſcheinungen. Im übrigen weiß auch Maſuren von auf ſeinem Boden erfolgten Ausrottungen pflanzlicher Beſonderheiten zu erzählen. So beſaß noch 1595 Caspar hennen— berger in Oppen bei Wehlau nach Bericht der Chronik eine tauſendjährige Eiche von ſolcher Größe 27 Ellen im Umfang —, daß man im hohlen Baum herumreiten konnte. Bez zeichnend iſt, was die Chronik vom Schickſal des Baumes berichtet: Da Jedermann ſich in ſeiner Rinde durch Einſchneiden des werten Namens zu verewigen wünſchte, verdorrte die im Übermaß beanſpruchte Rinde und trug die Laſt des Baumes nicht länger. Zu den lieblichſten Erſcheinungen der maſuriſchen Slora gehört auch der „Pfaffenhütchen“- oder Spindelbaum (Evonymus europaea) genannte, bis 6 m hohe Strauch, der bald nach der Schneeſchmelze ſchon feines grünes Laub treibt, um die Zeit der Obſtblüte ſich mit kleinen, grünlich weißen Blüten bedeckt und bald nachher prächtig rot gefärbte Beeren entwickelt, die aufplatzend eine orangefarbene Samenmandel zeigen. Im ſpäteren tief purpur— farbenen dauerhaften Laubſchmuck bietet der oft große Sladen an den Schluchten be— deckende Strauch einen ſehr erfreuenden Anblick. Endlich ſei noch zweier Schmuckquellen gedacht, denen ſich die Ufer aller Seen in herrlichſter Uppigfeit rühmen können, die eine ſogar oft als ein hindernis für das Beſchauen der Seen geſcholten, die andere mehr zu dem ſtill beobachtenden als zu dem ſchauluſtigen Menſchen ſprechend. Schmuckquelle ! iſt die Sumpfrohrzone längs der Ufer, 20—50 m breit, erfüllt von Schilf, Binſen, Waſſerroſen, Mummeln und den vielfältigen, meiſt zierlichen, dem Sumpf entſproſſenden zarteren Blumen und Blüten. Prachtſtücke dieſer Schmuckquelle findet man namentlich in den zahlreichen, allmählich der Derlandung verfallenden Buchten. In ſolche Seebucht hineinzuſchauen, zu beobachten, wie ſich die Uferpflanzen in Vorbereitung der Derlandung verankern, iſt ein eigenartiger Genuß. Schmuckquelle 2 will bei Kahnfahrten unter der Oberfläche des Waſſers geſucht werden, wo die „Urmleuchtergewächſe“ unterſeeiſche Wieſen bilden, die unverändert im ſchönſten hellgrün prangen. Die Urmleuchtergewächſe ſind Aryptogamen, Algen, und das Grün dieſer hier vertretenen Gattung der ausgedehnten Algenflora, der Chloroſpermen, ijt ganz unverfälſchtes Chlorophyll, wenn man es eine Fälſchung zu nennen wagen darf, daß andere Algenarten durch Miſchung von Chlorophull mit verſchiedenen anderen Sarbitoffen ein anderes, zweifellos oft recht ſchönes Ausjehen von der Natur empfangen haben. Algen find für ihren Aufbau auf Kalk angewieſen; 50% ihres Ge— wichts beſteht aus dieſem Urſtoff und bei ihrem Abſterben (3. B. auch beim Trocknen der nur untergetaucht gedeihenden Gewächſe) bleibt dieſer in Geſtalt von Kalkröhrchen zurück.

3] III. Aus Mufeen und Dereinen. 185

Die Unterwaſſerflora iſt zugleich von hoher Wichtigkeit für die Tierwelt, in ihr laichen die Siſche. Algen verfaulen nicht beim Abjterben außerhalb ihres Elements; wie bei Cuftabſchluß, bilden ſich Kalkablagerungen, nichts weiter. Es folgt hieraus, daß auch die Algen ein ganz allmähliches Derlanden bewirken. Wo ſie wachſen, wird der Waſſerſpiegel flacher, von 112 m Minimalwaſſerſtand ab begann die Derlandung in den Formen der hochmoorbildung.

Es bleibt noch von der Tierwelt Maſurens zu berichten. Ju ihr ftellen Hafen, Rebe, Dachſe und Süchſe den wichtigſten und bedeutendſten Beitrag. Beſonders ſieht man kaum irgendwo ſoviel Rehkitzchen, die ſich ſonſt tief im Walde verſteckt halten. hirſche gibt es wenig, den Forſt um Sorquitten ausgenommen. Elche ſind faſt ausgeſtorben; im herbſt kommen fie von der KRuriſchen Nehrung wohl herab bis Königsberg, aber bis Maſuren ver— irren ſie ſich nicht. Der ſonſt ſo wohlgeſinnte Maſur hat zumeiſt über Wilddieberei und Siſchdiebſtahl von alters her recht freie Rechtsanſchauungen; trotz aller Aufficht bezieht et fein Sleijd) recht oft aus dem Sorſt. Der Wolf wird als Überläufer aus Rußland angeb— lich häufig (2) beobachtet, man hört wenigſtens jährlich etwa 2 bis 3 mal, es fei einer ge— leben oder geſchoſſen worden. Ein Berliner Landforſtmeiſter, der vor 8 Jahren dienſt— ſich nach Johannisburg kam, hatte das Jagdglüd, vier Stunden nachdem er dem Eiſen— bahnzug entſtiegen, einen ſtarken Wolf zu erlegen. Er verdankte das ſeiner waidmänniſchen Erfahrung, welche aus der Unruhe der jungen Rehe auf Unweſenheit des Raubtieres ſchloß. Für die verhältnismäßige Seltenheit des Wolfes kann der Vortragende aber bezeugen, daß er auf ſeinen Streifereien durch Maſuren zu allen Jahreszeiten nur einmal einen aus— gewachſenen Wolf geſehen hat.

Doch, jo unterbrach ſich an dieſer Stelle der Vortragende, es könnte nach dem bisher Mitgeteilten ſo ſcheinen, als erſchöpfe ſich das Intereſſe für Maſuren in ſeiner ſchönen Flora und ſeiner zahlreichen Fauna, während der Menſch doch den begründetſten Unſpruch hat, daß über ihn berichtet werde. Bei der Schilderung der Siedelungen und der Land— bewohner erregte zunächſt eine große Reihe ſchöner Lichtbilder ein ſchmerzliches Bedauern, weil jie zum Teil die Zujtände nach dem ruſſiſchen Einfall und der von dieſen Wilden ge— übten Mordbrennerei wiedergaben; doch die hoffnung auf die Auferftehung Maſurens im früheren Glanze erweckten im Geiſte der Zufchauer neben den gezeigten Bildern ſolche ſogar von höherem Glanze, weil man der Zuverſicht leben darf, daß dem Lande manche beſondere Guttat zugewandt werden wird, um die durchlebte Schreckenszeit vergeſſen zu machen. Es bleibe daher künftig zu zeigenden Bildern vorbehalten, das wieder auferſtandene Maſuren zu zeigen, und es ſei in Kürze hier nur erwähnt, welcher Art die Gegenwarts— oder Jüngſtvergangenheitsbilder waren, unter denen natürlich auch ſolche ſich befanden, die der Jerſtörung letzter Monate entgangen ſind: 1. ein maſuriſches Dorf; 2. häuſer landesüblicher Art mit kleinen Vorgärten im Schmuck roter Malereien; die Dächer an den Siriten verziert durch ſich kreuzende ſogenannte Reithölzer; 3. der Ceinauer See bei Ortels— burg Frauen klopfen Wäſche; 4. See mit Boot „Seelenverkäufer“ zur Aufnahme der Siſcher und ihres Sanges; 5. ein ſtattliches Rittergut, von einem mächtigen Jaun umgeben; 6. eine hofanlage, holzhaus mit Schnitzereien verziert; 7. ein ſchlichtes Schulhaus; 8. ein moderniſiertes, d. i. von Ziegeln gebautes Dorf, doch das einzige vorhandene holzhaus ijt das bei weitem hübſcheſte; 9. heide- und Seenbilder; 10. 2 Maſuren, richtige Typen der ländlichen Bevölkerung; 11. die Stelle einer vorgeſchichtlichen Ausgrabung Gräber: felder, Urnen, Bernſteinſchmuck, Silberſchmuck, häufig gefundene eiſerne Waffen; 12. der Goßlershauſer Burgberg, daneben ein verlandeter See; 13. das Städtchen Rothfließ; 14. der Krodfee; 15. 5 Bauern mit holzſchuhen (Schlorren); 16. Schule in Ceinau; 17. Walls fahrer von heiligenlinde (gehört ſchon nach dem angrenzenden katholiſchen Ermland, denn die Maſuren find evangeliſch). Die Bilder hatten dem Vortragenden Anlaß ge— geben, gelegentlich von den Eigenſchaften der Maſuren zu berichten. Junächſt iſt ihr Sleiß,

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ihre große Handgeſchicklichkeit (3. B. in der Holzſchnitzerei), ihr Ehrgeiz, voranzukommen, beſonders bei den Landleuten, ihre wirtſchaftliche Tüchtigkeit zu loben. Daß fie der Trunt: ſucht ergeben, iſt nicht zutreffend; in ganz Oſtpreußen liebt man, entſchuldigt durch das Klima, einen kräftigen Trunk, vermeidet zumeiſt aber ein Übermaß. Im weiteren brachte der Redner eigene Beobachtungen und Zeugniſſe früherer Beobachter zur Geltung: Über das „Land der 1000 Seen“ ſchrieb 1584 Caſpar Hennenberger: „Wo gibt es anderswo ein Cand mit dieſen ſchönen Seen, wie unſer Preußen? Wo ſind ſie ſo maleriſch und geeignet über das Land verteilt, entlang dem baltiſchen höhenrücken, womit ihre Nützlichkeit für das umgebende Gebiet zuſammenhängt? Ihre Schönheit iſt der Wechſel bei verſchiedener Witterung. In heißer Sonne ſpiegelblank, find jie dem Aufiteigen von Dunſtwolken, von dunklen Wetterwolken unterworfen und häufig in wildem Aufruhr. Fiſcher können manch— aml kaum die Ufer noch erreichen. Sit das Glück gut, fo kommt zuerſt ein Vorbote, ein ſcharfer Sturmwind (die ſogenannte Eilung), der jeden See in Wallung bringt. Prächtig Jind die rot-goldenen Reflexe bei Sonnenuntergang mit folgender violetter Särbung, wenn die Schatten des Waldes aufs Waſſer fallen.“ So zutreffend dieſe Schilderung, fo bleibt der Zuſtand der Seen doch recht wechſelvoll. Orkane ſind ſo ſelten nicht, ihre Stärke hängt mit dem kontinentalen Klima zuſammen, ja es gibt kräftige Wirbelſtürme, die in den Wäl— dern die Bäume umreißen, in den Dörfern die Dächer abdecken. Die Tiefe der Seen iſt recht verſchieden. Die langgezogenen (bei 200 m Breite bis 11km Länge) Rinnenjeen ſind die tiefſten und werden deshalb von den Dampfergeſellſchaften gern benutzt. Die tiefſten Seen, wie der 50 m und darüber tiefe Spirdingfee, find die fiſchreichſten, hier finden ſich auch die ſelten vorkommenden Maränen, die wandern und den tiefſten Ge— wäſſern den Vorzug geben. Über die Entſtehung der Seen iſt noch nichts bekannt; vermut⸗ lich entſtanden fie nach Spaltung des Eiſes beim Ubſchmelzen der Gletſcher, die einſt das Land bedeckten. Dies iſt für die Rinnenſeen wahrſcheinlich, welche durch Schmelzwaſſer ausgehöhlt ſein mögen. Don den Bewohnern Maſurens iſt zu ſagen, daß die Städter aus allen Teilen Deutſchlands ſtammen. Die das Land kultivierenden Ordensritter brachten die Ceute aus ihrer heimat mit, andere kamen als Kaufleute, noch andere wurden, zu— mal nach Peſtzeiten, als Anfiedler ins Land gerufen. Anders ijt, abgeſehen von eingewan— derten Salzburgern und Pommern, die herkunft der Dörfler. Sie ſtellen einen polniſchen Dolfsftamm dar, der vollſtändig in germaniſche Art aufgenommen wurde, ſeit 1525 auch evangeliſch iſt. Die Stadtbewohner ſind behäbig, lieben bei allem Sleiß eine gewiſſe Be— haglichkeit, ſind voll Liebe für das deutſche Heimatland. Zwar haben fie ihre Stecken— pferde, und häufig finden ſich Sonderlinge unter ihnen. Gutmütig und guter Geſinnung, gleich ihnen, ſind auch die eigentlichen Maſuren, vielleicht etwas verſchmitzter und leicht ſchadenfroh, doch ſehr anſtellig und pfiffig. Ein Bauer prellt den anderen gern, liebt aber auch harmloſe Späße. Beide Bevölkerungsteile ſind gute, königstreue Staatsbürger, fleißige Jeitungsleſer. Strebſam in feinem Beruf, ſchickt der Bauer den Sohn ſicher auf die landwirtſchaftliche Fortbildungsſchule. Überhaupt iſt das hier vorhandene Maß land— wirtſchaftlicher Intelligenz ſehr ſchätzenswert. Rührend iſt die Kinderliebe bei beiden Bevölkerungsteilen. Hiermit hängt auch zuſammen, daß an alten Gebräuchen, einſchließ— lich der Erntefeſte, an Tanzſitten uff. ſtreng feſtgehalten wird. Das ſogenannte Waſſer— gießen iſt ein unausrottbarer Scherz bei allen Erntefeſten. Es beſteht darin, daß bis zum Beginn des Tanzes um die Erntekrone die Mägde alle Gefäße, deren ſie habhaft werden können, mit Waſſer füllen, um es den Knechten über den Kopf zu gießen. Eigentümlich iſt auch die Sitte, ſich bei Lebzeiten den Sarg anzuſchaffen. Gewöhnlich ſtehen auf dem Boden der Kirche 40 ſchwarze leere Särge mit dem Namen des ſpäteren Inhabers. Wird ein Platz leer, findet ſich ſofort Erſatz. Wunderlich iſt, daß das Saatgetreide im Sarge des Samilienvaters aufgehoben wird. Das Baumaterial der häuſer war früher ausſchließ— lich Holz, in älteren Zeiten wurden Blockhäuſer gebaut, während jetzt Verſchalung, oft mit

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Schnitzerei am Giebel, vorgezogen wird. Die Dächer ſind mit Schilf gedeckt, und in der oben erwähnten Weiſe am Firſt verziert. Die Giebelzierate ſind häufig ſehr ſchön, und viel Wert wird darauf gelegt, im hauſe ſchön geſchnitzte Tiſche und Bänke zu haben. Noch iſt zum Preiſe der Maſuren zu ſagen, daß die Militäraushebung den höchſten Prozent— ſatz Dienſttauglicher ergibt, was auch erklärt, daß hohes Alter in Maſuren oft vorkommt, was beſonders von der Landbevölkerung gilt (nach der „Nordd. Allg. Zeitung“).

* * *

Die 3. Kriegsſitzung fand Sonnabend den 8. Mai 1915 wieder in dem alt: gewohnten Raume, im Großen hörſaale des Muſeums für Meereskunde, ſtatt.

Eröffnet wurde die außerordentlich ſtark beſuchte Derſammlung durch eine An: ſprache des Dorjigenden, Prof. Dr. Koſſinna, die etwa folgenden Wortlaut hatte:

„Unſere Gäſte wundern ſich vielleicht, daß eine ſtreng wiſſenſchaftliche Geſellſchaft wie die Geſellſchaft für deutſche Vorgeſchichte ihre Sitzungen während des Krieges als „Kriegsſitzungen“ bezeichnet. Wer ſich darüber wundert, kennt unſere Geſellſchaft nicht. Der Ausdrud „Kriegsſitzung“ bedeutet für uns nicht nur eine Sitzung während des Krieges, ſondern hat auch ſeine volle innerliche Berechtigung. Wenn auch in der Form ſtreng wiſſen— ſchaftlich, iſt die Geſellſchaft in ihrem ganzen Inhalt, mag ſie wollen oder nicht, eine her— vorragend nationale. Denn die Wiſſenſchaft, die ſie treibt, iſt eben eine hervorragend nationale, wie ich durch mein zu Beginn des Krieges in 2. Auflage erſchienenes bekanntes Buch genügend erwieſen zu haben glaube. Dies Buch zeigt, welche für unſere gewöhn— liche Schulweisheit überraſchende und geradezu unbegreiflich hohe Ziviliſation und auch Kultur in den älteſten Zeiten ſeit der Steinzeit Europa gegenüber dem Orient, und Nord- europa, vor allem Deutſchland, unſere germaniſchen Vorfahren, vor Südeuropa gehabt haben. Dies gilt zum Teil noch für die frühgeſchichtliche Zeit, und jo konnte in unſerer erſten Kriegsſitzung in ausgezeichneter Weiſe gezeigt werden, durch welche Kriegskunſt und mit welch vorzüglicher Bewaffnung, freilich nicht Verteidigungs-, ſondern nach deut— ſcher Art faſt ausſchließlich Angriffsbewaffnung, die Siege unſerer altgermaniſchen Vor— fahren über die Römerheere erfochten wurden: von den Kimbernfampfen an bis zur vollen Eroberung des Römerreiches.

Man braucht nicht einmal Vorgeſchichtsforſcher oder Altertumsforſcher zu fein, um in dieſem Kriege auf Schritt und Tritt das herrliche Bild altgermaniſcher Kriegs: zeiten vor ſich auftauchen zu ſehen. Ja, man braucht dazu nicht einmal Deutſcher zu ſein.

Es iſt ſeinerzeit bekannt geworden, wie ein italieniſcher Journaliſt, der im November unſere Schützengräben bei Toul beſucht hatte, im höchſtem Maße erſtaunt war, dort und in ganz Lothringen unter unſeren Soldaten immer wieder dem „modernen Arminius”, den er in den deutſchen Großſtädten fo wenig geſehen hatte, zu begegnen, jenen „RKoloſſen mit langen blonden oder rötlichen Bärten und großen, hellblauen Augen“. Das gilt aber nicht nur für unſere äußere Erſcheinung, ſondern viel mehr noch für unſer inneres Weſen. Immer wieder von neuem treibt es uns unwiderſtehlich zum alten heldentume zurück, und wenn für unſer Volk die Stunde der Rot ſchlägt, jo erwacht in uns ſelbſt das altger— maniſche heldentum, wie wir es kennen aus den furchtbaren und doch ſo großen Rämpfen der Völkerwanderung. Es leben auf die alten Hochziele dieſer helden: Ehre und Treue, die alles bedeuten, während der Tod nichts iſt. Still und unbeugſam ging damals und geht heute dies heldentum feine Pflichtwege, ſieht im Kampfe ums Daſein die höhe des Lebens und erwehrt ſich bis zum letzten Atemzuge kämpfend der Übermacht oder unter— liegt mit Cachen oder wenigſtens mit dem Lächeln, wie es jetzt wieder auf den Lippen der gefallenen Jünglinge in Flandern ſo oft beobachtet wurde, jenes Cächeln, das den letzten Gedanken der Gefallenen auf den Zügen feſthielt: Süß iſt es, für das Daterland,

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für das Volkstum zu ſterben. Es ift tein Zufall, daß das vor wenigen Jahren entſtandene Wort der Nibelungentreue ſogleich zum geflügelten Worte geworden iſt.

Eine wahrhaft epiſche Tapferkeit iſt es genannt worden, wie unſere akademiſche Jungmannſchaft bei Dirmuiden mit dem Geſang „Deutichland, Deutſchland über alles“ in den Tod ſtürmte, und dasſelbe gilt von den unſterblichen Matroſen der „Gneiſenau“, die in der Seeſchlacht bei den Saltlandsinfeln fic) nicht auf das engliſche Schiff retten wollten, ſondern mit den Tönen desjelben Liedes lieber der eiſigen Umarmung des Meeres ſich überlieferten, als daß ſie ihr ſinkendes Schiff verließen. Solche Meldungen klingen wie ein altes Heldengedicht.

Die zahlloſen Seitenſtücke, die unſer Tun und Weſen im jetzigen Kriege an altger— maniſchem heldentum findet, ſollen von mir einmal in einem beſonderen Vortrage be— leuchtet worden.

Aber die ganze vorgeſchichtliche Entwicklung Europas iſt von größter Bedeutung für das Verſtändnis des heutigen Weltkrieges, ſowohl für ſeine Entſtehung, wie für die furcht— bare, geradezu beſtialiſche und teufliſche Art, wie dieſer Krieg von unſeren Gegnern vor— bereitet wurde und wie er geführt wird. Man muß dazu die Dorgeſchichte aller beteiligten Völker, vor allem ihre Raſſenzuſammenſetzung kennen. Auch dieſer Stoff wäre eine reiche Aufgabe für einen beſonderen Vortrag.

Ich will heute, wo wir uns mit Frankreich beſchäftigen werden, nur noch kurz von einer Raſſe reden. Don der mittelländiſchen, jener kleinwüchſigen, dunkelfarbigen, lang— ſchädeligen Raſſe, deren paläolithiſche Ahnherren wir in den diluvialen Skeletten von Cro— Magnon erkennen müſſen. Das ijt ja eine der ſchon altausgebeuteten Sundftätten jenes kulturgeſchichtlich jo wunderbaren Dezeretales, in das uns der Vortrag des heutigen Abends führen wird.

Jene mittelländiſche Raſſe verbreitete ſich in der Epoche, da wir die Eiszeit hatten, über die Küjten des weſtlichen Mittelmeeres und über ganz Nordafrika. Don dort iſt fie, als Nordafrika ſpäter zum großen Teil Wüſte wurde, nach Südeuropa zurückgeflutet und hat ſich in gewaltigem Zuge nicht nur Italien, ſondern auch Frankreich und ſogar Eng— land erobert. Damals mußte jene andere, blonde, höher gewachſene Rajje aus Nord— frankreich weichen und das Oſtſeegebiet aufſuchen, die in Skandinavien zum Indoger— manenvolke wurde. Jene Indogermanen, die zu allen Zeiten die Träger vornehmer Rittergelittung und eines ruheloſen Kulturfortichrittes geweſen find. Indogermanen haben {pater ganz Europa unterworfen und ſitzen oder ſaßen hier früher überall als Herren— ſchicht, als Grundbeſitzer, Kriegsadel uſw. Aber die große Maſſe der andersraſſigen Unter— bevölkerung blieb ebenfalls überall beſtehen. Und nicht nur das: fie gewann im Laufe der Jahrtauſende ganz allmählich die von der ausgeſtorbenen Siegerraſſe verlaſſene Herrenjtellung zurück. Und fo erkennen wir, wie nach dem Ausfterben der nordiſchen Herrenſchicht in Italien ſchon längſt, aber auch in Frankreich und in neuerer Zeit ſelbſt in England die ſüdliche, dunkelfarbige Raſſe, die alten Mittelländer, allmählich wieder zum Einfluß, ja zur herrſchaft gelangt ijt. Daher der blinde Hak der Romanen gegen uns, deren ihnen überlegene Eigenart ſie nicht verſtehen, noch weniger ſich anzueignen imſtande ſind. Ihr eigenes Weſen ijt aber das eines Herdenvolfes mit demokratiſchen, ja anarchiſtiſchen Neigungen. Der römiſche Unthropologe Sergi, dem der Typus der mittel— ländiſchen Rajje als der körperlich vollendetſte erſcheint nun, wer die Italiener kennt, wird dazu lächeln ſchildert doch den echten Mittelmeermenſchen, namentlich Süd— italiens, als den geborenen Anarchiſten, der ſich in keine geſellſchaftliche Ordnung füge. Die Überlegenheit Norditaliens über Süditalien ſtamme daher, daß in Norditalien die ſogenannte alpine Rurzkopfraſſe überwiege, und weil die lange öſterreichiſche Herrſchaft dort die Bevölkerung mehr an mitteleuropäiſche Derhältniſſe gewöhnt habe! Wenn nicht ein Cyrann die Mittelmeerraſſe zum gefügigen Herdenvolfe mache, überlaſſe ſich jeder

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jeinen wilden, verbrecheriſchen Trieben. So urteilt ein durchaus national geſinnter Ita— liener. Dabei iſt dieſe Raſſe ſtark theatraliſch veranlagt und beſeelt von lächerlicher Eitel- keit, ſo daß ſie, an ſich leichtgläubig und kritiklos, ein Opfer jeder hohlen Phraſe wird, wenn dieſe nur ihrer Eitelkeit ſchmeichelt. Das haben wir ja ſoeben in Genua erlebt, wo die geſchwollenen Tiraden eines Schwätzers und Dichterlings wie d’Annunzio den Leitſtern für die Politik eines ganzen Volkes bilden.

Bei den Franzoſen kommt zu der Sucht der Selbſtvergötterung noch der Wahn ihrer Unbeſiegbarkeit und der Glaube an ihre geiſtige Überlegenheit. Daher bei ihnen der ewige Gegenſatz zwiſchen ihrer beiſpielloſen Verblendung und der tatſächlichen Wirt- lichkeit. Sie leben ſtändig in einer Phantaſiewelt, die eine geradezu kindliche Neigung zur Schönfärberei ihnen vorgaukelt.

Auch in der franzöſiſchen Wiſſenſchaft führen jetzt Dichter das große Wort, wie in Italien bei der Politik. Der Dichter Moritz Barrès entflammte im Januar ganz Paris und Frankreich durch einen Hufſatz im „Echo de Paris“ mit dem packenden Titel „Der Kampf um die Ajde der Toten“, der den Fall „Otto hauſer“ behandelte. Zuerſt wurde da in Anlehnung an mein Buch höhniſch feſtgeſtellt, daß die verdammten Deutſchen auf Grund der Ergebniſſe der Vorgeſchichte über alle Völker Europas ſich erheben wollten. Neuerdings geſchehe das ſogar auf dem Gebiete der diluvialen, paläolithiſchen Archäologie (wo Frankreich freilich urſprünglich alleinherrſchend war, aber nur deswegen, weil es in ſeinem Boden aus dieſer Zeit den reichſten Stoff hat, Deutſchland dagegen verhältnis— mäßig wenig Stoff. Und trotzdem jetzt ijt auch für dieſe älteſte Periode der Vorgeſchichte die deutſche Forſchung wie überall an die Spitze gekommen). „Da kam vor 16 Jahren“, ſagt Barrés weiter, „ein ſogenannter Schweizer Archäologe namens hauſer ins Dezeretal, ein großer Srefjer und fürchterlicher Säufer, dabei ein vollkommener Ignorant, der nur durch fein vieles aus Deutſchland ihm zugeſteckte Geld feine Ausgrabungen ermöglichte, nur deutſche Gelehrte dabei zu Rate zog und alles Ausgegrabene nach Deutſchland ver— kaufte“ (was nicht wahr ijt), herr Hauſer hat tatſächlich die deutſche Wiſſenſchaft darum bevorzugt, weil er von ihr die beſte Husnutzung feiner epochemachenden neuen Sunde erwarten durfte; eine Erwartung, worin er ſich nicht getäuſcht hat. Frankreich war früher nicht und iſt in den letzten Jahrzehnten ſchon gar nicht mehr in der Lage geweſen, ſo viel Geld für die Wiſſenſchaft aufzubringen, wie herr Haujer an einer Stelle es getan hat.

Wir aber konnten ihn für feinen ungeheuren Koftenaufwand entſchädigen, indem wir ihm die beiden berühmten Skelette abkauften.

Der flufſatz von Barres ſchließt mit dem Satze: „Welch ein Symbol eine Raffe von Spionen, die ſich auf eine Rajje von Ravalieren ſtürzt, um fie ihrer Urkunden, ihrer Ahnen zu berauben!“

Dasſelbe traurige Beiſpiel einer entfeſſelten Barbarei zeigten die Reden in den Sitzungen der franzöſiſchen Geſellſchaft für Vorgeſchichte in Paris, gehalten zur Begrün— dung des Kusſchluſſes der deutſchen Mitglieder aus dem deutſchen Reiche und Gſterreich— Ungarn aus dieſer Geſellſchaft. „Deutſch“ bier rein im völkiſchen Sinne gedacht. Ich habe mich glücklicherweiſe nicht darunter befunden, unter dieſen „boches“, wie es heißt, dieſen „Abnormitäten, dieſen Monſtra ohne Menſchlichkeit, deren Rulturſtufe wir ver: gebens ſuchen würden, ſtiegen wir ſelbſt die Stufenleiter menſchlicher Entwicklung herab bis zum Pithekantropos“. Denn mich hatten, abgeſehen von der beiſpielloſen Dürftig— keit des wiſſenſchaftlichen Inhalts der Verhandlungen und Deröffentlichungen der fran— zöſiſchen Geſellſchaft, die politiſchen hetzereien Frankreichs gegen unſer Volk ſchon vor Jahren zum Austritt aus jener Geſellſchaft veranlaßt.

Die politiſche Lage in Europa war für mich der Grund, weshalb ich eine im Jahre 1913 geplante internationale Tagung für Vorgeſchichte in Köln verhindert habe. Denn

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wie hätte ich noch 1915 franzöſiſchen oder engliſchen Gäſten auf deutſchem Boden Schmeiche— leien ſagen können. Unmöglich.

Nicht nur Regierung, Heer, gemeines Volk haben in Frankreich im allgemeinen ihre Unkultur und ihre niedrige Denkweiſe enthüllt, ſondern, wie Sie ſehen, auch die ge— bildeten Stände, ſogar die Vertreter der Wiſſenſchaft.

Sür dieſes entartete Volk voll Unkultur und raſſenmäßigem, daher ewigem Haſſe gegen uns haben wir nur Derachtung übrig und hoffentlich beim Friedensſchluß eine ver— nichtende Strafe!“

Nach dieſer durch ungewöhnlich ſtarken Beifall der Derſammlung belohnten Ans ſprache hielt unſer Mitglied, der Archäologe Otto hauſer (Baſel), den durch zahlreiche Lichtbilder erläuterten hauptvortrag: Aus den Sundſtätten des diluvialen Menſchen im Dezeretal. :

Gerade heute, da eiſenbewehrt die Angehörigen verſchiedener Raſſen in den Titanene kampf gezogen find, liegt vielleicht ein eigener Reiz darin, hinabzuſchauen in jenes uns endlich tiefe, weite Neuland, das Jahrhunderttauſende hinter uns liegt, und wo ſich all— gemach uns mehr und mehr lichte Stellen zeigen, die wir raſtlos bemüht ſind, in Beziehung zu den Fragen nach dem Urſprung, nach der herkunft unſerer Art zu bringen.

Was ich Ihnen mit vielen Bildern vorführen will, ſtellt, wie Sie wohl wiſſen, das Ergebnis eigenen Schaffens dar, es ſind ſozuſagen ſelbſtbehauene Bauſteine am großen Gebäude der Menſchheitsentwicklung, Bauſteine, auf denen, wie ich beſtimmt hoffe, kom⸗ mende Geſchlechter weiterbauen können. Wir werden im Laufe der Ausführungen ſehen, wie ſich des Eiszeitmenſchen Werkzeuge und Waffen entwickelt, wie ſich notwendiger— weiſe mit den Veränderungen der Tier- und Pflanzenwelt ſeine ſeeliſchen Regungen, ſeine geiſtigen Anlagen, umgeſtaltet haben.

Einwandfrei haben frühere Unterſuchungen erwieſen, daß ſchon zur Eiszeit in Mittels europa verſchiedene Menſchenraſſen gelebt haben, die in ihrer ganzen Art ſich fo vollſtändig voneinander verſchieden erweiſen, daß keine Ableitung der einen aus der anderen mög— lich wäre.

Wir wollen hier nicht die Frage der Derwandtichaft von Menſchen und Menſchen— affen berühren, wir ſtellen lediglich feſt, was einer meiner Stelettfunde, der Ucheulmenſch von Le Moustier, dargetan hat in bezug auf einen gewiſſen Zuſammenhang der Neander— talraſſe, zu der jenes Skelett gehört, mit den Gorillas; wir ſtellen feſt: daß dieſer alte foſſile Menſch und der Gorilla wahrſcheinlich ſehr früh getrennte Zweige eines gemeinſamen Stammes ſein dürften, deſſen Urgruppe in den höheren Primaten, den herrentieren, zu ſuchen ijt. Ein gleiches gilt wohl für meinen zweiten Foſſilfund, den Aurignacmenicen, in ſeinen Beziehungen zum Orang. Wie wir ſehen werden, habe ich dieſe beiden Ur— menſchenſtämme in einer meiner Forſchungsſtätten (in Combe Capelle-Montferrand du Perigord) vereinigt zuſammen gefunden, d. h. das beinahe vollſtändig erhaltene Skelett des einen und die primär an der gleichen Stelle abgelagerten Kulturen aus den früheren Mouſtérien.

Aus dem körperlichen Aufbau meiner beiden großen Foſſilfunde geht unwiderleglich hervor, daß wir bei der Einwanderung der urgeſchichtlichen Nomaden nach Europa, je mit einem großen Weſt- und Oſtſtrom rechnen dürfen. Auf dem Entwicklungswege, viel— leicht nahe dem Urſprungsgebiet dieſer Sonderung in Weſt- und Oſtgruppe, müſſen Spal⸗ tungen ſtattgefunden haben, die nach Klaatſch einerſeits zur Hervorbringung primi— tiver Menſchenraſſen führten, andererſeits aber Menſchenaffen in die Erſcheinung treten ließen.

Die Zeugniſſe der menſchlichen Frühgeſchichte gehören weitentlegenen Erdperioden

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an und davon kommen heute für uns das Tertiär und das Diluvium beſonders in Betracht.

Aus dem erſteren kennen wir foſſile Menſchenreſte noch nicht; wohl aber haben wir merkwürdig geformte Steinfunde, denen wir, zum Teil wenigitens, beabſichtigte Form- gebung („intentionelle“ Bearbeitung) durch Menſchenhand nicht abſprechen können. Ich ſelbſt habe vor 10 Jahren ſchon in der Auvergne, am Puy Boudieu bei Aurillac, unter einem mächtigen Baſaltband und unter vulkaniſcher Uſche hunderte von Steinen ergraben, die zweifellos von Menſchenhand zugeſchlagen und benützt worden find. Steine, Werts zeuge dieſer Art nennen wir jetzt Eolithen, Zeugen aus den Tagen der Morgenröte der Menſchheit. Sie ſind ein untrüglicher Beweis dafür, daß der Urmenſch ſchon ſehr lange vor der Zeit gelebt hat, die ich zum eigentlichen Ausgangspunkt meiner Forſchungen im Tale der Dordogne gemacht habe.

Wenn wir die feinen morphologiſchen Derjchiedenheiten meiner beiden Skelette verfolgen, fo tritt uns überwältigend die Tatſache vor Augen, daß es ungeheurer Zeit⸗ räume bedurfte, um ſolche ſicher nachweisbaren Umwandlungen des Knochenbaues hervor- zubringen.

Zum Quartär oder Diluvium, der „Sintflut“ der alten Gelehrten, gehören alle die- jenigen Jeitepochen, die ich mit meinem Spaten im Boden Südweſtfrankreichs wieder zum Daſein erwecken konnte.

Dieſes Diluvium zerfällt nun in verſchiedene Abſchnitte und die Lagebeziehungen der einzelnen Entwicklungsſtufen werden gekennzeichnet durch die verſchiedenen Ab- lagerungen der Gletſcher, die damals im bejonderen Mittel- und Nordeuropa bedeckt hielten. In den Alpen und Pyrenäen zeigen ſich dieſe Trennungslinien deutlich und laſſen ſtufenweiſe eine viermalige Vereiſung des Landes erkennen; zwiſchen dieſen Eiszeiten lag jedesmal eine Zwilcheneiszeit, mit wärmerem Klima und dementſprechend veränderter Tierwelt. In Norddeutſchland entſpricht dem eine dreimalige Dereiſung.

Glücklicherweiſe blieb gerade das Gebiet, das ich für meine Arbeiten gewählt, das Land vom Nordfuß der Pyrenäen bis gegen Lyon hin von der Dereifung befreit; wir haben es dafür freilich viel ſchwieriger, die Ablagerungen, welche durch die Anjiedelungen des Menſchen, d. h. feine Werkzeuge und Rüchenabfälle geſchaffen wurden, nach den Bei— ſpielen der nördlichen Vergletſcherungen zu beurteilen. Für Aufitellung einer ſchematiſchen Zeitfolge können nur die Tierüberreſte wegleitend fein, die wir als Überreſte der menſch⸗ lichen Nahrung und des Jagderfolges in den Behauſungen vorfinden.

Gabriel de Mortillet in Paris hat als erſter die Sunde der 60er und 70 er Jahre hier in eine Zeitfolge gereiht und ijt dabei fo vorgegangen, daß er die ſich leicht voneinander unterſcheidenden Tupen nach ihren Fundorten benannt hat. So kam er zu der älteſten Periode des Diluviums, dem Chelléen, nach dem Fundort Chelles im Dep. Seine et Marne, einer Periode, die durch das Vorkommen großer, noch roh behauener Fauſtkeile charakte- riſiert wird; als zweite Stufe treffen wir das Adheuleen von St. Acheul an der Somme an, mit bereits verfeinerten Saujtfeilen und dem erſtmaligen Vorkommen eines Schab— inſtrumentes. Im klaſſiſchen Mouſtéèrien von Le Moustier, im Tale der Dezere, ſehen . wir die erſten Spitzen. Die Siedelung Solutré bei Macon gab dem Solutréen den Namen und kennzeichnet ſich durch das Vorkommen von ganz hervorragend ſchön gearbeiteten Canzen⸗ und Pfeilſpitzen; dieſe lorbeerblattförmigen Geräte und die kleineren Kerbſpitzen kann ich mir nur als Waffe denken und tatſächlich fallen ihre Urformen zeitlich zuſammen mit dem gewaltigen Beſitzergreifen des Candes durch die eingangs erwähnte Oſtgruppe, die Leute vom Aurignactypus; denn unmittelbar vor der Periode des Solutréen ſchiebt ſich eine Kulturftufe ein, die Mortillet noch nicht gekannt hat, das Aurignacien, jo genannt nach dem Fundort Aurignac in der haute-Garonne. In dieſer Zeit, alſo dem Aurignacien,

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lebte der Vertreter meines zweiten großen Sundes. Er brachte eine ganz neue Kultur mit ſich, fertig entwickelt, und was ihn vor allem weit über die geiſtige Stufe der früheren Urweltvölker erhebt, das iſt ſeine Fähigkeit, auf Knochen und Steinen Zeichnungen aus— zuführen. Sein erſtes Erſcheinen aber war mit Kampf verbunden, er fand an den be— wohnbaren Slußläufen ſchon eine alteingeſeſſene Bevölkerung, ganz urzeitliche Leute, mit faſt tieriſchem Geſichtsausdruck und von ſchwerem, plumpem Körperbau, die Ge— noſſen des Adeulmenjden; in der ſofortigen Umwandlung feiner Werkzeuge zu ſcharfen Waffen haben wir den Beweis dafür, wie unmittelbar er den Dernichtungskampf auf— genommen hat; der Sieg und der endgiltige Beſitz des Landes blieb ihm, als geiſtig Höher: ſtehendem.

Als letzte Kulturgruppe des Diluviums kennen wir die Magdalenienleute, fo be— zeichnet nach Funden der Grotte von La Madeleine, am Oberlauf der Dezere, zwiſchen Le Moustier und Les Eyzies. Während dieſer Periode tritt nun die Bearbeitung des Steinmateriales weſentlich zurück zugunſten der Bearbeitung von Knochen bei einer ganz hervorragenden KRunſtbetätigung. Aus dieſer Zeit ſtammen die herrlichen Wandmalereien, die zierlich geſchnitzten Renntierfnodyen und Geweihſtangen.

Die für meine Unterſuchungen in Frage kommenden Siedelungen gehören den Zeit- räumen von der zweiten Zwiſcheneiszeit bis und mit der vierten Eiszeit an. Die neueften Urbeiten von Dr. Wiegers auf der von mir ſchon 1905 in Ungriff genommenen Station La Micoque haben ſeit 1912 den Nachweis erbracht, daß wir der allgemein bis jetzt be— kannten Zeiteinteilung neu einfügen dürfen den Sondertyp von Micoquien, einer dem klaſſiſchen Moufterien vorgelagerten, warmen 3eitabjchnitt.

Mit der Aufzählung der für jede dieſer Epochen charakteriſtiſchen Tierwelt will ich Sie hier nicht behelligen; ich will nur anführen, daß beiſpielsweiſe das Renntier vom kalten Mouſtérien über und während vier großer langer Erdperioden bis zum Schluß der Diluvialzeit, alſo wohl während mindeſtens 40000 Jahren gefunden wird. Die Derſchieden⸗ heit der Tierwelt kennzeichnet aber immer recht deutlich die einzelnen Stadien der Klima: ſchwankungen.

Die großen Tiere, die wir in den Zeichnungen der höhlenbewohner bewundern, find in einem unbeſtreitbaren Zuſammenhang mit den jeweiligen Erdperioden, ſie bilden für uns alſo gewiſſermaßen einen Zeitmeſſer, der unmöglich täuſchen kann. Alle zeichneriſchen Daritellungen jener Zeit geben in ſtreng realiſtiſcher Auffaſſung, rein phuſioplaſtiſch, lebens- wahr und nicht etwa durch Traumvorſtellung beeinflußt, diejenigen Tiere wieder, die dem körperlichen Huge des höhlenbewohners „greifbar“ waren. Eine Parallelerſcheinung zu den Tierzeihnungen habe ich im Juli 1914 feſtgeſtellt, indem es mir gelungen ijt, end— giltige Beweiſe einer beginnenden Jeichenſchrift zu entdecken. Wir dürfen heute mit aller Beſtimmtheit jagen, daß mindeſtens die Urweltſtämme des Dezeretales für ſich und untereinander ein Derſtändigungsmittel außerhalb ihrer Sprache beſeſſen haben.

Es wird freilich ein hartes Stück Urbeit werden, dieſe Schriftzeichen einer Deutung näher zu bringen; aber ich denke, gerade ein großer Fund vom Monat Juli des vergangenen Jahres gibt ſichere Richtlinien. Dereinzelt hat man wohl ab und zu in Ausgrabungen auffallende Jeichen auf Knochenſtücken gefunden, man deutete fie als Eigentumsmarken, als Kalender, als Zeichen für erlegtes Wild uſw.

Seit 2 Jahren verfolgte ich ein ganz beſtimmtes Vorkommen gewiſſer künſtleriſch hervorragender Sunde, in bezug auf ihre Lage, in meiner größten Station, und ich habe dann als Erfolg meiner Erfahrungen, im vergangenen Juli, an einer beſtimmten Stelle den Spaten eingeſetzt und bin zu einem ganz außerordentlichen Ergebnis gekommen.

Ich habe nämlich die erſte paläolithiſche Hheiligtumsſtätte gefunden. Nirgends zeigte ſich bislang etwas Ahnliches in all den Siedelungen der ganzen Gegend. Wir kennen

11] III. Aus Mufeen und Dereinen. 193

wohl Grotten mit Wandzeichnungen, von denen wir annehmen, daß man dort die Jagd: tiere habe bannen wollen, aber es fehlen an jenen Stätten alle urſprünglichen Werkzeuge, während an dem von mir bloßgelegten Platz das ganze paläolithiſche Heiligtum fo uns wiedererſteht, wie es vor etwa 25000 Jahren verlaſſen worden iſt. Zu jener Zeit muß eine ſtarke Erderſchütterung den kbſturz vieler überhängender Felsdächer hervorgerufen haben und dieſem Umſtand verdanken wir es, daß wir nun alles unberührt ſo vorfinden, wie die Ceute es damals fluchtähnlich verlaſſen haben. Ich räumte den alten Felsſchutt weg, legte einen Selsblod von etwa 480 m? beiſeite und fand nun in einem Ilm langen Oval eine große Menge behauener Steine aufgeſtellt. Sie faſſen den ganzen Platz ein, in deſſen Mitte hoch aufgeſchichtet Schädel und Hornet verſchiedener Urwelttiere liegen. In der Mitte des Platzes liegt ein wunderbarer Schmuck aus durchbohrten und verzierten Kno-z chenſtücken, aus Perlen von Bergkriſtall, daneben ein unverſehrter Seuerherd und große Schalen aus Stein herausgemeißelt. Auf dem Boden daneben fanden ſich einige ganz ſelten große §Feuerſteinmeſſer, einige der berühmten ſogenannten „Rommandoſtäbe“ mit Gravuren. Ich unterſuche die den Platz einfaſſenden Steine und entdecke zu meiner großen Freude auf etwa 20 davon die herrlichſten Tierdarſtellungen, ja einzelne find ſogar auf Vorder- und Rückſeite mit Tieren geziert, andere aber erweiſen ſich als wahre Meiſter— werke der Skulptur, Tiere bis zu einem Meter Länge aus dem Stein gemeißelt; nahe den großen Opferſchalen hebe ich Knochen mit den beſprochenen Zeichen. Die Wichtigkeit dieſes Sundes erhöht ſich noch dadurch, daß aus dreien der Steine menſchliche Geſtalten mit unverkennbarer Steatopugie gemeißelt ſind. An der gleichen Stelle ent— decke ich auch das erſte paläolithiſche holz. Ich habe alles das photographiſch und topo— graphiſch aufgenommen da kam der Krieg.

Dem an mich ergangenen Wunſche Folge gebend, will ich an dieſer Stelle kurz dem Werdegang meines Werkes einige Worte widmen und des ſchickſalsſchweren Endes meiner Urbeit gedenken, damit Sie ein franzöſiſches Stimmungsbild bekommen aus jenen geſchicht— lich denkwürdigen erſten Huguſttagen 1914. 5

Am 4. April 1898 betrat ich zum erſten Male jenen Teil Südweſt-Frankreichs, wo mir ſpäterhin in mühevoller Arbeit wiſſenſchaftlich bedeutende Ergebniſſe zu erreichen vergönnt wär.

In meinem Aufjaß in der „Umſchau“ vom 23. I. 1915 habe ich auf den Tiefitand franzöſiſcher Diluvialforſchung zu Beginn meiner Tätigkeit hingewieſen und die Schwierig: keiten betont, denen der Aufbau meines Werkes im fremden Lande notwendigerweiſe begegnete.

Die erſte Periode meiner Urbeit ſchloß gewiſſermaßen mit der Entdeckung des Homo Mousteriensis vom Jahte 1908.

Dieſer erſte bedeutende Stelettfund lag unweit der Stelle, die ich 10 Jahre früher zum Ausgangspunft meines Werkes genommen; was ich damals, am 4. April 1898, im Dörfchen Le Moustier wie eine Offenbarung geahnt, wurde zur glänzenden Tatſache am 8. Auguſt 1908, als ich meinem hochverehrten Freunde Profeſſor Dr. Klaatſch-Breslau das Schädel— ftelett des Homo Mousteriensis, des Acheul-Menſchen von Le Moustier, enthüllte. Dank— erfüllt gedenke ich der Kommiſſion deutſcher Gelehrten, die zu dieſem denkwürdigen Er— eignis von der Unthropologenverſammlung zu Frankfurt a. M. herreiſten und die dann, kritiſch mein Werk prüfend, in einem umfangreichen Protokoll mir ihre Anerfennung zollten.

Tatkräftig ſetzte ich meine Arbeit fort; es galt wichtige Stationen des Aurignacien und Magdalenien zu unterſuchen; außer den gewöhnlichen Seuerſteinwerkzeugen fanden ſich wertvolle Zeichnungen, Knochengeräte und Schmuckgegenſtände.

Mannus, Bd. VII. H. 1/2. 15

194 III. Aus Mufeen und Dereinen. [12

In einem recht weltverlorenen Seitentäldyen der Dordogne reizte mich die Nach— prüfung einer von den Franzoſen als unfruchtbar aufgegebenen Niederlaſſung. hier in Combe Capelle-Montferrand du Perigord habe ich zum erſten Male einwandfrei die Schichtenfolge fünf verſchiedener Siedelungsepochen feſtgeſtellt und dann am 26. Augujt 1909 den Homo Aurignacensis Hauseri, den zu einer anderen Raſſe der Steinzeit gehörigen Hlurignac-Menſchen, entdeckt. Am 11. September 1909 fand wiederum gemeinſam mit Profeſſor Klaatſch die hebung des ausgezeichnet erhaltenen Sfelettes ſtatt. Damit trat zu den alten Menſchenraſſen vom Neandertal- und Cro Magnon-Cypus eine neue, die Raſſe von Aurignac, mit außerordentlich wichtigen Einblicken in den Entwicklungsgang der Menſchheit. Zum zweiten Male jah ich alſo mein zähes Ausharren von großen Er: folgen gekrönt.

Mit dem Jahre 1910 traten zu meinem Wirkungskreiſe noch die großen Unſiedelungen der Laugerie intermédiaire und Laugerie haute. Hier habe ich die verworrene franzöſiſche Schichtenauffaſſung des Solutréen klargeſtellt; ich war an der Unterſuchung eines unbe— kannten Horizontes ungewöhnlicher Steinwertzeuge. z—4 m mächtig ſtehen die herrlichſten Profile; eine ununterbrochene Schichtenfolge von 250 m Länge bietet Ausblicke auf die Siedelungsverhältniſſe zwiſchen Solutréen und Magdalénien. Hier fand ich, wie bereits erwähnt, das erſte altſteinzeitliche holz. Un anderer Stelle legte ich kürzlich Ubereinander— lagerungen von Acheuléen-Mouſtérien-Hurignacien frei, wie wir fie charakteriſtiſcher noch nie vorher zu beobachten Gelegenheit gehabt haben.

Zum dritten Male gelang mir im Juli 1914 eine Entdeckung von großer Tragweite; ich ſah ſie ſeit 2 Jahren kommen, habe ihre Spuren zäh verfolgt und ſchließlich den Spaten da eingeſetzt, wo es fein mußte. Kulturgeſchichtlich bedeutender als meine Stelettfunde, gewinnen wir durch dieſen Sund Einblicke in die ſeeliſche Entwicklung des Diluvialmenſchen, feiner Kunit, feiner Zeichenſchrift, feines Kultes, die alles, was wir Ähnliches kennen, in den Schatten ſtellen.

Da kam, ſagte ich, der Krieg.

In toller Flucht habe ich das Cand verlaſſen müſſen, das mir wie eine zweite heimat ans herz gewachſen war. Wo ich beinahe zwei Jahrzehnte meines Lebens verbracht, mein Gut und den Schweiß meines Ringens geopfert, da verſtand man mich mit einem Male nicht mehr; wo ich geglaubt hatte, Liebe geſät, Derſtändnis für Recht und Kultur verbreitet zu haben, da ſtanden fie vor mir die Gascogner des Cyrano von Bergerac, die menteurs und bretteurs, die Lügner und Aufſchneider; da, wo ich, der mit zäher Arbeit der denkenden Menſchheit Rulturwerte geſchaffen, wo ich, der ich der faulen, fataliſtiſchen Bevölkerung Derdienſt und Fremdeninduſtrie aus einem Nichts mühſelig herausentwickelt habe da ſah ich mich urplötzlich verſetzt in ein Narrenhaus, umgeben von ſinnloſen Beſtien, die meine einfache Behauſung ſtürmen wollten, mein armſeliges Leben forderten.

Ich erkenne des einzelnen Phuſiognomie nicht wieder, eine höllenangſt ſtiert aus aller Augen, fie fühlen den deutſchen Stahl ſchon im Leibe; ihr Empfinden iſt in dieſem erſten Augenblid des Schreckens richtiger als einige Stunden ſpäter, da die ſchamloſe Lügen— preſſe in Tätigkeit trat; es iſt pſuchologiſch höchſt reizvoll geweſen, zu beobachten, wie überall im erſten Augenblid der Mobilmachungsbekanntgabe das ganze Dolk zur lebloſen Maſſe wurde; ich glaubte nicht, daß der temperamentvolle Südfranzoſe derart beſtürzt werden könnte; in jener erſten Stunde, da konnten fie alle das Ungeheuerliche ihrer Schick— ſalswendung noch nicht faſſen, die Gewißheit, fort zu müſſen von der Scholle, die ſie ſo leicht ernährt hatte, und in den Krieg für wen? für eine nichtswürdige Regierung? Das raubte ihnen den Verſtand. Die qualvolle Rube der Leute war unerträglich, fie wirkte geradezu erſtickend. Aber nicht umſonſt hängt in der kleinſten Wirtſchaft des entlegenſten Dörfchens ein Unſchlag der Deteranenvereine und ihrer Satzung, und das trägt in weithin leuchtenden

13] III. dus Mujeen und Dereinen. 195

Buchſtaben ſeit 44 Jahren die Aufichrift: Oublier....jamais. Dergeſſen niemals! Daß die glimmende (ſche des Hafjes nie ganz zum Derlöſchen gekommen iſt, dafür hat in jeder Ortſchaft irgendein Hetzer geſorgt und in den ſüdlichen Provinzſtädten find ja bis 1914 Revandyedentmäler errichtet worden, zu deren Einweihung jtets ein bis zwei Miniſter ſich herbemühten; dann iſt in zwei⸗ bis dreitägigen Feſten die Seele des Volkes gründlich genug verpeſtet und edlere Regungen find ſuſtematiſch im Reime erſtickt worden. Bei uns in der Hauptitadt der Dordogne, in Perigueur, hat Briand ein ſolches Standbild 1911 enthüllt, ein Standbild der rachelechzenden Stanzöfin, die mit flatternden Haaren, auf— geriſſenem Mund die mit Seitengewehr bewaffnete Rechte nach Oſten ſchwingt.

Am 15. September 1913 hatte Poincaré dort einen Kranz niedergelegt. Zu dieſem Oublier—jamais find die Leute dann auch raſch geführt worden in die Wirtshäuſer: alles ſchrie nach Abſinth und dann kam ſchleichend, ſchleppend Begeiſterung. In immer höherem Maße fühlte ſich jeder als Patriot; gewaltige Mengen Abjinth auf 6—700 Einwohner und die Stimmung war da, um Abſchied zu nehmen von Weib und Kind, von Herd und Hof, noch in die Taſche eine Flaſche, denn Berlin durfte man doch ohne Rauſch nicht be— treten. Wie ſie ſich's ausmalten, dieſe Reiſe nach Berlin! dieſe irregeleiteten großen Kinder!

Um 4 Uhr am 1. Augujt war die Mobilmachung bekannt gegeben; ich weiß heute, daß ſchon vom 25. Juli ab Kriegsmaterial und Mannſchaften in den auffallend vermehrten Eilgüterzügen abbefördert worden ſind.

Gegen 7 Uhr abends ſchien für den Haupthetzer des Dorfes, den Lehrer Peyrony, der Augenblid gekommen, fic) des einzigen Fremden im Ort zu erinnern; er und der Ab- ſinth taten feine Schuldigkeit auch bei den Weibern, und im Rate dieſer huänen wurde beſchloſſen, daß ich ermordet werden ſollte. Ein braver handwerksmann kam heimlich, mich zu warnen. Der Bürgermeiſter war nicht anweſend und ohne amtlichen Abſchied und Übergabe meines Eigentums in ſeinen Schutz mochte ich mich nicht heimlich wie ein Dieb flüchten. Meine Behauſung wurde belagert, die Treppe von johlendem Gelichter beſetzt; ich höre, daß ich am frühen Morgen, wenn die erſten Jungen abzureiſen hätten, als Verräter büßen müßte. VDergeſſen war das Gute, das die Leute ſeit Jahren unmittel- bar und mittelbar durch mich genoſſen hatten; vergeſſen vor allen Dingen meine Zu— gehörigkeit zu einer neutralen Nation; die ſeit 1910 regelmäßig wiederkehrenden Derdächti— gungen meiner Perſon durch den „Matin“ und andere franzöſiſche Preßorgane fanden nun ihren Widerhall. Ich ließ die Leute auf mein Zimmer bitten, mit der Juſicherung, es ſtünde der Ausführung ihres Vorhabens, da ich ohne jede Waffe fei, ſchon am gleichen Abend nichts im Wege; meine kalte Ruhe ſchien ihnen aber doch nicht angenehm. Gegen 3 Uhr morgens ließ ich mein Automobil unbemerkt in ſicheren Gewahrſam fahren, denn einige der Kerls zeigten die Abjidt, mir den Wagen in Brand zu ſtecken. Gegen 9 Uhr vormittags kam endlich unſer Bürgermeiſter und Generalrat angefahren, mitten in die trunkene Menge hinein; beſchwichtigende Worte, Hinweije auf meine Papiere, die mich als Schweizer auswieſen, halfen ihm nichts, er konnte die toll Gewordenen nicht beruhigen: noch könne er ſeine ſchon vor übermäßigem Hbſinthgenuß ganz tollen Leute vielleicht noch eine Stunde zügeln, doch da fie immer weiter tränken, müſſe er ſchon jetzt jede Derant- wortung ablehnen; zwei Mitglieder des Gemeinderates bewachten das haus, ſie trieben uns zu größter Eile; nur die allernotwendigſten Kleider konnten wir zuſammenraffen, unmöglich war es, aus dem 2 km entfernten Muſeum und Archiv auch nur ein Stück zu retten; man ließ meinen Wagen vorfahren, der Bürgermeiſter ſtellte ſein eigenes Automobil als Schutz davor, umarmte mich inmitten der gröhlenden Menge, Pfiffe ertönen, Geſchrei, „Pruſſien“, „espion“ ein letzter Gruß an treu Gebliebene, Tränen bei den Dernünftigen Slüche bei anderen der treue Motor rattert ich ſchalte um die „vierte“ ſauſend gefolgt vom Wagen des Bürgermeiſters, der mich deckt vorbei an all den vertrauten

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196 III. Aus Mufeen und Dereinen. (14

lieben Stätten, wo 16jährige Tatkraft der denkenden Menſchheit Kulturbilder von unver⸗ gleichlicher Größe geſchaffen, vorbei an meinen geliebten Arbeitsplätzen, an meinem Mus ſeum zur Dorfgrenze, wo der Wagen des Ortsvorſtehers abbiegt, wo ſein Schutz auf— hört, ein letztes Grüßen, letztes Tücherſchwenken zurückgelaſſen alles, was man in hartem Kampfe errungen zerſchmettert die ſchönſten Hoffnungen, umſonſt die vielen Mühen, durch jahrelange Aufklärung das Volk zu fördern, umſonſt die Opfer an Jugend und Gut der Unverſtand hat geſiegt, die Brutalität mein Werk bezwungen!

Und das alles fo nahe am hart erſtrittenen Ziele: zwölf Tage vor Übernahme und Bekanntwerden meiner letzten großen Entdeckungen.

Nach 9 Uhr abends ſichten wir die Lichter von Clermont-Ferrand, eine halsbrecheriſche Abfahrt ins Tal beginnt und um wenigſtens 40 der allergefährlichſten, rechtwinkligen Kurven, hinab zu der hellerleuchteten Stadt. Nach einer Stunde münden wir auf dem herrlichen Platz mit dem Orgetorix-Denkmal; wir erjtarren über das Schauſpiel, das ſich uns bietet! Der große Platz, im Lichte vieler Bogenlampen, iſt erfüllt von Tauſenden von Spaziergängern aber kein Laut, ein geſpenſterhaftes Wogen der ſchwarzen Menſchen⸗ maſſe, Kommen und Gehen, hin und her kein Ton ijt hörbar, wie ein ungeheurer Leichen— zug flutet es über den Platz. Entſetzen packt einen ob des grauſigen Anblids dieſer völlig verſteinerten Tauſende.

Die Sabrt an den Ufern des Ain hinan nach Mantua und Bellegarde gehört zu den ſchönſten Partien, die ich je gemacht, eigenartiger noch als viele Päſſe der Pyrenäen. End- loſe Serpentine führen vorbei an gähnenden Abgründen, immer höher und höher, die Dörfchen im Tal entſchwinden den Blicken, die Kirchtürme erſcheinen nur noch als winzige Spitzchen, jeder Laut erſtorben; hier oben Bergfriede unter uns das aufgewühlte, zuckende Menſchental mit ſeinem Weh und Leiden!

Endlich Bellegarde, die Grenzſtadt nur einige 20 Kilometer noch von heimat— licher Erde! Die Straße durch ſtarke Drahtſeile geſperrt, jede Gaſſe bewacht und ohne beſondere Grenzpäſſe der Geheimpolizei für jedermann verboten. Ich werde zum Spezial— Polizeikommiſſär befohlen, der mir nach eintägigem Warten ſchließlich den Paß zum Der- laſſen des Landes ausſtellt; mein Automobil wird kurzerhand beſchlagnahmt, irgendeine Quittung darüber auszuſtellen weigert man ſich, es ſei nach dem Kriege Sache meines Geſandten, nach dem Wagen zu ſuchen! Mit Mot und Mühe erreiche ich ſchließlich mit der Eiſenbahn nach mancherlei Abenteuern die Schweizer Grenze: ich war in Freiheit!

Wenden wir uns nunmehr wieder zu wiſſenſchaftlichen Fragen, zu meinen Grabungen und Forſchungen in dieſem Teile Südfrankreichs.

Das Tal der Dordogne iſt eines der charakteriſtiſchen franzöſiſchen Erofionstäler, die es gibt; die mächtigen Waſſer aus dem Zentralplateau haben nach und nach das Tal herausgenagt, eingeſchnitten, wir haben auf Grund der verſchieden gelegenen Kultur: horizonte im Ober- und Unterlauf der Dezere berechnet, daß es ungefähr 1700000 Jahre wird bedurft haben, um das Tal jo einzuſchneiden, wie es ſich heute unſeren Blicken zeigt. Die großen Waſſer haben in Strudeln ſich an den hohen Felswänden gerieben und Halbhöhlen herausgemahlen. Und wie die erſten Urweltnomaden ins Tal kamen, da fanden ſie einen fiſchreichen Sluß, Wälder auf den höhenzügen mit viel Wild und vor allem, ſich von ſelbſt wohnlich darbietende Behauſungen; denn das letzte Viertel der großen Waſſer hat wenige Meter über dem höchſten Stand des Slufjes, an beiden Ufern, halb: höhlen ausgewaſchen, und unter dieſen haben ſich die Menſchen ſofort mit richtigem Gefühl diejenigen ausgewählt, die gegen Süden und Often offen lagen, aber geſchloſſen waren gegen die rauhen Nord- und Weſtwinde. Bei der Feſtſtellung meiner Grabungsarten habe ich mir dieſe Tatſache ſofort zunutze gemacht und immer erſt mit meinem Rompaß die geographiſche Cage einer jeden Stelle feſtgelegt und bin dadurch auch nie in meinen Dorausjegungen getäuſcht worden. ö

15] III. Aus Mujeen und Dereinen. 197

Damit können wir nun übergehen zur Betrachtung der eigentlichen Sundjtellen, zu meinen Ausgrabungen und ihren Ergebniſſen.

[hier folgte eine Vorführung zahlreicher Cichtbilder.]

In Umrißzeichnung gleichſam nur haben wir ſoeben einen viele Jahrhunderttauſende umfaſſenden Jeitraum unſerer Entwicklungsgeſchichte geſehen; wir können uns nur vorſtellen, welcher Zeiten es bedurfte, um über den zur ſogenannten Neandertalraſſe gehörenden Ucheulmenſchen von Le Moustier hinweg den Menſchen der Pfahlbauten werden zu laſſen. Wir ſehen dieſe, der ſogenannten jüngeren Steinzeit angehörige Be— völkerung im Beſitz vorgeſchrittener Fähigkeiten, fie kennen Töpferei und Weberei; unter den Tieren begegnen wir ſchon dem gezähmten und gezüchteten Rind, Geräte und Sämereien weiſen auf regelrechten Ackerbau, auf eine ſeßhafte Bevölkerung hin, die auch in ihrem Seelen— leben nur wenig noch gemein hat mit jenen Urweltnomaden der Dordognetäler. Und trotzdem ijt es merkwürdig, wie ein großer Kulturbeſitz verloren gegangen ift: die Fähig— keit zur darſtellenden Kunſt, und wie dagegen ein anderer von meinem Acheulmenſchen bis zur jüngſten Zeit fic) erhalten hat: die Kenntnis des Feuers und feiner Verwendung. Gerade in dieſem Beſitz liegt wiederum ein nicht hoch genug anzuſchlagender Unterſchied zwiſchen Menſch und Menſchenaffen. Kein Tier iſt mit dem Feuer jo vertraut, daß es das— ſelbe zu unterhalten oder gar zu erzeugen fähig wäre. Es bleibt wohl immer ein Rätjel, auf welchem Wege der urzeitliche Menſch ſich zuerſt die Gewalt über das Feuer angeeignet hat. Blitzſchlag und vulkaniſche §euererſcheinungen dürften unmittelbar zur Erhaltung des einmal geſchaffenen Feuers hinübergeleitet haben.

Spuren des Feuers und ſeiner Verwendung zur Bereitung des Sleiſches von erlegten großen Urtieren gehen zurück bis zu meinem Acheulmenſchen. Die vielen ihn umgebenden angebrannten Knochen können nicht anders gedeutet werden, als daß die Überlebenden ihrem im Jünglingsalter abgeſchiedenen Mitmenſchen Nahrung mitgegeben haben auf ſeine Codesreife. Damit aber gelangen wir ſofort zu weiteren Schlüſſen: zur Beſtattung, ich möchte beinahe ſagen zur rituellen Beerdigung und zum Glauben an ein Weiterleben oder zur Furcht davor.

Die Furcht, der einmal Geſtorbene könnte in vielleicht feindlicher Geſtalt wieder in die Erſcheinung treten, offenbart ſich dadurch, daß die meiſten der vorgeſchichtlichen Skelettfunde bedeckt, gewiſſermaßen verwahrt ſind mit unverhältnismäßig großen und ſchweren Steinen oder Steinplatten; es iſt das ſchwerlich bloß wegen des Schutzes vor wilden Tieren geſchehen. Die Sitte dieſer Steinbededung hat ſich Jahrtauſende erhalten und iſt ſchließlich auf unſere Zeit gekommen, in der Form von Erinnerungszeichen, Ehrendenk— malen, als Grabſtein, dem wir freilich längſt eine weſentlich andere Bedeutung geben.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß meine beiden Foſſilſkelette regelrecht beſtattet worden find: beim Adeulmenjchen geht das hervor aus der Schlafſtellung, die man dem Kopf des toten Jünglings auf einer Art Steinkiſſen gegeben hat, und aus den Beigaben; beim klurignacmenſchen daraus, daß im natürlichen Felſen für die Kreuzbeinregion eine Vertiefung beſonders ausgehauen worden war, außerdem zeigte ſich die Leiche in Ruhe— lage beigeſetzt, ein linker Mittelfußknochen war durchbohrt, ſicherlich zum Zwecke eines Umſchnürens der beiden unteren Gliedmaßen, d. h. um dem Toten ein Wiederkommen unmöglich zu machen.

Eine bevorzugte Stelle innerhalb der höhlenwohnung bildete den engeren Be— ſtattungsplatz. Beim Ucheulmenſchen aus Le Moustier lag das Skelett noch innerhalb des Selsſchutzdaches, und zwar zufällig derart, daß das den Kalkfelſen paſſierende Sickerwaſſer direkt auf den Leichnam träufelte. Durch dieſen Vorgang wurde der verweſende Leimſtoff der Knochen durch Kalkwaſſer erſetzt und die Bewahrung des wertvollen Fundes geſichert.

Der flurignacmenſch muß in feiner Horde eine beſonders angeſehene Stellung inne— gehabt haben, auf ſeine Lagerung und Beſtattung iſt offenbar große Sorgfalt verwendet

198 IV. Bücherbeſprechungen. [16

worden, und als ganz beſonders wertvollen Schmuck dürfen wir die Halstette aus 12 Meer: muſcheln anſehen, aus nassa reticulata, einen Schmuck, der uns zugleich verrät, daß die Raſſe der Oſtgruppe Sinn für Sammeln von Naturgegenſtänden beſaß und daß ihre höhere geiſtige Faſſungskraft fie ſchon zum Ausdrud einer gewiſſen Geſchmacksrichtung geführt hatte.

Dagegen wurde der Mouſtierjüngling ſchmucklos beſtattet; aber man gab ihm je eines der beiden ſchönſten Werkzeuge mit, die ſein Volk damals überhaupt zu fertigen wußte, einen Sauſtſchläger und einen Schaber.

Es müſſen in jenen fernen Zeiten gewaltige Naturveränderungen ſtattgefunden haben, und damit ijt eine ungeheure Kraftentfaltung des höchſten CLebeweſens hand in hand gegangen. So allein iſt die Entwicklung des Gehirns vom Tertiarmenjden zum Künitler der figürlichen Werke meines zuletzt entdeckten paläolithiſchen „Heiligtums“ zu erklären.

IV. Bücherbeſprechungen.

Joſeph Deéchelette, La collection Millon. Antiquités préhistoriques et gallo-romaines. Ouvrage publié avec la collaboration de MM. labbe Parat, le Dr. Brulard, Pierre Bouillerot et C. Drioton. Paris. Derlag Paul Geuthner. 282 Seiten. 58 Tertabbildungen. 46 Tafeln.

Eine Veröffentlichung guter geſchloſſener Sunde aus Privatbeſitz ijt von vornherein ein lohnendes Unternehmen, das allſeitig mit großer Sreude begrüßt zu werden pflegt; denn die Privatſammlungen vor- und frühgeſchichtlicher Altertümer find in unjerer Zeit ſo zahlreich geworden, daß es ſchwer hält, ſie alle zu überſchauen, und das Bedürfnis ſich immer mehr und mehr fühlbar macht, ſuſtematiſch einmal alle Privatſammlungen durch genaue Kataloge zu erſchließen. Bei uns in Deutſchland iſt in dieſer Beziehung bisher noch ſo gut wie nichts geleiſtet worden, und das vor kurzem erſchienene, im folgenden zu beſprechende Werk, das eine große franzöſiſche Privatſammlung uns erſchließt, regt vielleicht bei uns zu Urbeiten in gleichem Sinne an.

In Dijon befindet ſich im Beſitze des herrn Millon eine Sammlung von Funden aus allen prähiſtoriſchen Zeiten, von der Steinzeit an bis zur galliſch-römiſchen Zeit. Die Mehrzahl der Sunde ſtammt aus Bourgogne und der Nachbargegend; die Sunde find alſo nicht, wie man es in den Privatſammlungen jo oft antrifft, aus aller herren Länder zuſammengerafft, ſondern fie ſind zum weitaus größten Teil von dem Beſitzer felber geſammelt oder ausgegraben, wodurch die Sammlung natürlich an wiſſenſchaftlicher Be— deutung beträchtlich gewinnt. Nur wenigen Gelehrten war dieſe prächtige Sammlung bisher bekannt; in der Literatur war aus ihr ſo gut wie nichts veröffentlicht. Jetzt hat ſie der eifrige Sorjdher J. Dechelette im Derein mit einigen anderen Cokalforſchern einer muſtergültigen Bearbeitung unterzogen, deren Ergebnis wir vor uns liegen haben: ein prächtiger Textband von 282 Seiten und ein Tafelanhang von 46 Tafeln, die zwar alle in Autotypie hergeſtellt ſind, aber auch in dieſer Form das Beſte leiſten, was in dieſer Reproduftionsart geboten werden kann, und den Tafeln, die von deutſchen Verlegern geliefert werden, völlig ebenbürtig find; im allgemeinen ſtehen ja die franzöſiſchen Ab-

17] IV. Bücherbeſprechungen. 199

bildungen auf einer recht geringen höhe, ganz beſonders diejenigen der Zeitichriften (3. B. des Bulletin de la société prehistorique francaise).

Über die Geſamtanlage des vorliegenden Werkes und den Inhalt ift kurz folgendes zu ſagen: In einem Vorwort gibt zunächſt Dͤchelette einen Überblick über die Geſchichte der Sammlung und über das Juſtandekommen dieſer Deröffentlichung. Das Werk ſelbſt iſt in fünf Hauptteile geteilt. Der erſte Teil des Werkes umfaßt die Steinzeit. Hier behandeln der Abbé parat und Dr. Brulard die paläolithiſchen Sunde von Othe (Yonne et Aube) S. 3—33 Taf. I*—XI und daran anſchließend die übrigen in der Sammlung befindlichen Sunde aus neolithiſcher Zeit, von denen die Mehrzahl aus der Auvergne und Cöte d'or ſtammt, S. 35—43 Taf. XII—XV; beide Abſchnitte bieten wenig Neues.

Der zweite Hauptteil, der die Bronzezeit behandelt, gliedert ſich in folgende zwei Abſchnitte: 1. Sunde verſchiedener herkunft, zum größten Teil aus Bourgogne bearbeitet von Pierre Bouillerot, S. 47—65 Taf. XVI XX. 2. Ein bronzener „Sphäroid“, leider von einem unbekannten Fundort, beſchrieben von Dr. Brulard, S. 67—70 Taf. XXI. Dieſes letztere Gerät, durch Vergleichsfunde in die Periode IV datiert, gehört zu einer nur in Frankreich vorkommenden Gruppe von Geräten, die beſonders von Saint Denat ftudiert find (Compte rendu des Congrés internationaux d’archéologie et d’anthro- pologie. Monaco 1906, II. S. 278. Dergl. dazu Déchelette, Manuel II, 1, S. 301), und die als Kultgeräte gedeutet werden; gerade das Eremplar der Sammlung Millon weiſt einige Beſonderheiten auf, die die früheren Deutungen erſchüttern.

Der dritte Teil behandelt die erſte und zweite Stufe der Eiſenzeit. In ihm begegnen wir einer Beſchreibung zweier Gräber von Chamouilley (Haute Marne) aus der Seder von Bouillerot (S. 73—77 u. Taf. XXII XXIII). Weiter folgt die Beſchreibung eines Tumulus von Camp Rougeuax, commune de Courcelles (Haute Marne) von Dechelette, S. 79—86 Taf. XXIV-XXVII, dann aus der Seder von Bouillerot die Beſchreibung von 7 Gräbern von Semoutiers (Haute Marne), S. 87 100 u. Taf. XXVIII. Zu guter Letzt kommt ein Tumulus von La Motte-Saint-Valentin (commune de Cour- celles, Haute Marne), befchrieben von Déchelette, S. 101—151 u. Taf. XXIX bis XXXIV. Reiche Beigaben der Stufe Latene I, darunter ein bronzener Stamnos und ein attiſcher Kantharos des 5. Jahrhunderts (wie Rodenbach, Kheinpfalz; Altertümer unſerer heidniſchen Vorzeit, Bd. III heft 5 Taf. 1) machen dieſen letzteren Fund beſonders wichtig. |

Der vierte Teil behandelt latènezeitliche und galliſch-römiſche Sunde, hauptſäch— lich Waffen, aus dem Flußbette der Saoͤne bei Chalon; in die Würdigung dieſer Sunde haben ſich Déchelette und Drioton geteilt (S. 155—189 Taf. XX XV XL, XIII u. XLVI). Daran ſchließt ſich ein Exkurs von Dechelette über gewiſſe eiſerne Nadeln aus der Gallierzeit, die wie die vor wenigen Jahren erſt von Svoronos richtig gewürdigten dseAioxoe des Königs Pheidon von Argos (vgl. Revue belge de Numismatigue 1909 S. 115) als Vorläufer der Münzen gedient haben; aus Deutſchland wird u. a. der Sund von Beilngries (bauer. Pfalz, vgl. Korreſpondenzbl. für Anthropologie 1906 S. 128) in dieſen Zufammenhang gezogen. Weiter iſt hier die Beſchreibung zweier Funde aus der Römerzeit zu nennen, die aus der Seder von Dédelette ſtammt (S. 245—262 Caf. XLIII—XLVI); beſonders wichtig ijt der Teil eines römiſchen Diſierhelmes aus Bronze.

Den fünften Teil des Werkes nehmen galliſch-römiſche Sunde von verſchiedenen Orten ein (S. 265— 270); es find nur ein Goldrädchen von Balesme (Haute-Marne) und eine Bleiröhre mit römiſchem Stempel von Darois (Cote d'or).

Daß dem Werke ein Verzeichnis der Ortsnamen und der erwähnten Schriftiteller beigefügt iſt, verſteht ſich von ſelbſt.

200 IV. Bücherbeſprechungen. [18

Wir begrüßen die franzöſiſchen Forſcher zu dieſer wertvollen Deröffentlichung, und wir wünſchen, daß wir noch mehr derartig prächtige Werke erhalten. Vielleicht ge⸗ winnen dadurch die deutſchen Sorſcher die Anregung, ähnliche Werke in Deutſchland zu ſchaffen, wo wir gleiche Beſchreibungen von Privatſammlungen leider überhaupt nicht aufzuweiſen haben.

Wernigerode. Hugo Mötefindt.

Joſeph Deéchelette, Manuel d’archéologie préhistorique, celtique et gallo-romaine. II. Archéologie celtique ou protohistorique. Troisième partie: Second age du fer ou époque de La Tene. Paris 1914. S. 913—1693. Abb. 385—786. Taf. IX—NIII.

Noch ijt tein Jahr ſeit dem Erjcheinen des Hallitattbandes der großen franzöſiſchen Vorgeſchichtsenzuklopädie vergangen, da überraſcht und erfreut uns ihr Derfajjer bereits mit einem weiteren bedeutend umfangreicheren Bande. Wir können nicht umhin bei diejer Gelegenheit dem emſigen Sleige des herrn Déchelette unſere Bewunderung und vollſte Anertennung auszuſprechen. Wenn man ſich einmal zuſammenſtellt, was Déde= lette ſeit dem Jahre 1900 an beſonderen Werken veröffentlicht hat ich erwähne außer den nunmehr fünf Bänden des Handbuches nur noch die Vases ceramiques de la Gaule romaine (2 Bde. Paris 1904) und die Überſetzung des Werkes von Pic: Le Hradischt de Stradonitz en Bohéme (Leipzig 1908) —, jo kommen ſchon dadurch weit über 3000 Druck- ſeiten zuſammen; nicht mitgerechnet ſind dabei die zahlreichen Abhandlungen in den fran— zöſiſchen Zeitſchriften, z. B. in der Revue archéologique. Mögen auch die großen Werke in jahrzehntelanger Urbeit vorbereitet ſein (anders ſind ſie ja überhaupt nicht denkbar), ſie ſind ſämtlich dem neueſten Stande unſerer Wiſſenſchaft angepaßt und die neueſte

Literatur, auch des Auslandes, findet ſich bei jedem einzelnen punkte in weitgehendem

Maße berückſichtigt. Wer da aus eigener Erfahrung weiß, was für eine zeitraubende

und mühſelige Arbeit es iſt, ſich über die einheimiſche und ausländiſche in Betracht kommende

zerſtreute Zeitſchriftenliteratur jährlich auf dem Laufenden zu erhalten, der wird eine be—

ſondere Genugtuung darüber empfinden, daß in dieſem neuen uns Anfang Juli 1914

zu Geſicht gekommenen Bande z. B. der Jahrgang 1915 unſeres Mannus ebenſo wie die

einzelnen Lieferungen des hoopsſchen Reallerifons noch verwertet find.

Doch nun zu dem neuen Bande ſelber. Er behandelt diejenige Epoche, welche die Sranzoſen als zweite Eiſenzeit anjehen, die Latenezeit. Die Anlage des Bandes iſt folgende: Ein allgemeiner Überblick über den Begriff Latene führt zu einer Schilderung der wich— tigſten Sundſtätten (Ca Tene, Stradonitz u. a. m.); daran ſchließen ſich Abſchnitte über das Befeſtigungsweſen, Wohnungsbau und das Beſtattungsweſen. Der Abſchnitt Beſtat— tungsweſen leitet über zu einer eingehenden Behandlung der Beigaben, zunächſt der An— griffs- und Derteidigungswaffen und all deſſen, was damit in Juſammenhang ſteht (3. B. Streitwagen, Pferdegeſchirr), dann der Kleidung und des Schmudes, des Toilettengerätes; weiter bejondere Abjdnitte über Amulette, Bernſtein, Roralle, Glas, Gold und Silber. Erſt dann folgen eine Reihe von Kapiteln über Geräte aller Art, über die Bronzegefäße und die Keramik; daran ſchließen ſich Juſammenfaſſungen über Kunft und KRunſtgewerbe, Ausführungen über das Münzweſen, Handel und die Keltendarſtellungen bilden den Abſchluß des inhaltreichen Bandes. Als Unhang iſt eine ZJuſammenſtellung der bisher bekannten griechiſchen, italiſch-griechiſchen und etruskiſchen Funde aus der hallſtatt- und erſten Stufe der Latenezeit in dem Gebiete nördlich der Alpen beigegeben; außerdem natürlich ein gutes, ſorgfältig ausgeführtes Inhaltsverzeichnis; daß das Werk in Aus- ſtattung und Aufmachung den früheren Bänden gleichkommt, braucht eigentlich nicht beſonders erwähnt zu werden.

19] IV. Bücherbeſprechungen. 201

Die Unordnung und Gliederung des gewaltigen, in diefem Bande verarbeiteten Stoffes ijt im allgemeinen als recht gut und wohl überlegt zu bezeichnen. Die Übſchnitte über Gold und Silber ſowie über die Derwendung der Koralle und des Bernſteins hätte ich jedoch lieber hinter dem UÜbſchnitt über die Emailtechnik geſehen, denn logiſch gehören fie in den Zuſammenhang des Runſtgewerbes; ebendort hätte auch der Übſchnitt über die Ornamentik untergebracht werden müſſen.

Daß ein Spezialforſcher an einem ſo großen Werke inhaltlich immer etwas auszu— legen finden wird, ijt natürlich von vornherein klar. So iſt mir 3. B. aufgefallen um nur einen derartigen punkt zu erwähnen —, daß die Geſichtsurnenkultur erſt in dieſem Bande behandelt wird. Außerdem find auch die Angaben über die Derbreitung der Ge— ſichtsurnen nicht ganz einwandfrei. Wenn als Hauptgebiete „Pomeranie, la province de Posen et Silesie“ genannt werden (S. 1504), ſo hätte dabei doch auch unbedingt die Provinz Weſtpreußen erwähnt werden müſſen, aus deren weſtlich der Weichſel gelegenen Teile überhaupt ſtatiſtiſch die meiſten Geſichtsurnen bekannt find. Das Tafelwerk von Conwentz (das weſtpreußiſche Provinzialmuſeum 1880— 1905, Danzig 1905) ſcheint Dechelette nicht bekannt geworden zu fein, und ebenſo werden die amtlichen Berichte über die Derwaltung der naturgeſchichtlichen, vorgeſchichtlichen und volkskundlichen Samm— lungen des weſtpreußiſchen Provinzialmuſeums in Danzig (ſeit 1880) ihm entgangen ſein (übrigens nicht weiter verwunderlich, da ſie ſelbſt in Berlin einzig und allein in der Bibliothek der anthropologiſchen Geſellſchaft vorhanden ſind!), aber die einſchlägigen Arbeiten namentlich von Olshauſen (Derhandl. Berliner Geſellſchaft 1899, S. 129) hätte Dechelette hier erwähnen müſſen!

Doch das ſind alles nur Kleinigkeiten gegenüber der Geſamtleiſtung. Wer das Buch einmal in die hand genommen hat, wird es mit Freude leſen und gern wieder zu ihm greifen. Wir wollen wünſchen, daß Dechelette ſein Lebenswerk möglichſt bald zu einem Abjchluß bringt, und wir ſehen mit großen Erwartungen den folgenden Bänden des Handbuchs entgegen!).

Wernigerode. hugo Mötefindt.

Oscar Almgren. Die ältere Eiſenzeit Gotlunds nach den in Statens hiſtoriska Muſeum, Stockholm, aufbewahrten Funden und Ausgrabungsberichten im Auftrage der Kunal. Ditterhets hiſtorie och Antifvitets Akademien. Heft 1. Stockholm 1914. 56 Seiten, 20 Tafeln und 100 Textabbildungen. Preis 10 Kr.

Das Stockholmer hiſtoriſche Reichsmuſeum hat ſeit langer Zeit eine zuſammen— faſſende Veröffentlichung der reichen und zum großen Teil von Fachleuten planmäßig gehobenen Eiſenzeitfunde Gotlands vorbereitet. Nunmehr liegt der erſte Teil dieſes Tafelwerkes vor, der die Zeit vom Beginne des Eiſenalters bis zur Mitte der römiſchen Kaiſerzeit (um 200 n. Chr.) umfaßt. Der Stoff iſt chronologiſch und tupologiſch bis in die Einzelheiten aufs genaueſte verarbeitet, wie es ja bei einem Forſcher wie Almgren, deſſen Sibelwerk die Grundlage der verfeinerten Chronologie der Kaiſerzeit bildet, ſelbſt— verſtändlich ijt. Den Text begleiten eine reiche Anzahl ausgezeichneter und gut geord— neter Abbildungen, die dem Lefer ſchnell einen klaren Überblick über die wichtigeren Sund— arten jeder Zeitſtufe geben.

1) Anmertung bei der Korreftur: Dieje Erwartungen ſind inzwiſchen durch den Tod des Derfaſſers durchkreuzt worden, und es ſcheint wenig hoffnung auf einen Ubſchluß des Werkes, wenigſtens augenblicklich, zu beſtehen.

202 IV. Bücherbeſprechungen. [20

Almgren folgt in der Einteilung des behandelten Zeitraums der von Montelius eingeführten Zählung, nach der die vor dem Beginne unſerer Zeitrechnung liegende Eiſen— zeit in die Stufen 1 bis 3 zerfällt. Die Stufe Montelius 4 (ältere römiſche Kaiſerzeit) kann Almgren in zwei klar getrennte Unterſtufen zerlegen, ſo daß jedem nachchriſtlichen Jahrhundert ein feſt umriſſener Rulturabſchnitt entſpricht (Stufe 4,1 = 1. Jahrhundert n. Chr.; Stufe 4,2 = 2. Jahrhundert n. Chr.).

Die älteſte Stufe (1) iſt in Gotland nicht ſehr ſtark vertreten. Den Hauptteil der Sundftüde bilden Schmuckgegenſtände (Kropfnadeln, Halsringe u. a.), die vielfach rein gotländiſches Gepräge haben. Auch in allen ſpäteren Jeitſtufen, in denen fic ſtarke kul— turelle Einflüſſe aus verſchiedenen Richtungen her nachweiſen laſſen, fällt trotzdem die ſtarke heimats⸗Färbung der gotländiſchen Formen auf, ein Umſtand, der durch die ab— geſchloſſene Einheit, den eine alleinliegende Inſel trotz allen Verkehrs bildet, erklärlich iſt. Die 2. eiſenzeitliche Stufe fehlt in Gotland faſt völlig; erſt mit der Spät⸗Catenezeit (Stufe 3) ſetzt eine reich vertretene Kulturgruppe ein, die ſich dann in lückenloſer Entwicklung bis in die ſpätere Eiſenzeit fortſetzt.

Unter den Schmuckſachen ſtehen an erſter Stelle die Fibeln. Sie weiſen in der Stufe 3 mancherlei Derwandtſchaft mit norddeutſchen Stücken auf, bilden ſich aber häufig rein lokal fort (beſonders die Gruppe mit falſcher Spirale). Mit dem Beginne der Kaiſer— zeit macht ji eine Einwirkung aus dem markomanniſchen Böhmen geltend (Augen- fibeln), während die Sibeln des 2. Jahrhunderts meiſt aus Oft: oder Weſtpreußen einge— führt find. Die Art des gotländiſchen Gürtelverſchluſſes weicht von der im übrigen Ger— manien verbreiteten Form ab. Während die Germanen ſonſt in der Spät-Lateneèzeit den Gürtel mit einem metallenen Gürtelhaken, in der Kaiſerzeit mit einer Schnalle ſchloſſen, tritt der Gürtelhaken unter den gotländiſchen Funden der Stufe 3 ganz zurück, und kommt die Schnalle erſt im Derlaufe des 1. Jahrhunderts n. Chr. häufiger in Gebrauch. An ihrer Stelle treffen wir in Gotland eigenartige Gürtelringe an, deren Bedeutung und Form— entwicklung Ulmgren in einer Weiſe aufgedeckt hat, wie es nur eine mit liebevoller Sorg— falt durchgeführte Bearbeitung auch unſcheinbarer, ſpröder Gegenſtände und Einzelheiten erreichen kann. Das eine Gürtelende lief in eine Beſchlagplatte aus, an der ein Ring hing, durch den das andere Gürtelriemenende durchgezogen und dann verknotet wurde (vgl. Textabb. 7). Dorftufen zu dieſen Gürteltingen finden fic) in Schleswig, ihre weitere Aus- bildung während der Stufen 3 und 4, iſt jedoch rein gotländiſch. Da, ähnlich wie bei dem Derſchluß mit einer Schnalle, das eine Gürtelende frei endigte, ging man in Gotland ſchon in der Spat-Laténezeit zur Verwendung einer metallenen Riemenzunge über, die das freie ende abſchloß. Im übrigen Germanien konnte man zum Gebrauch einer Riemen— zunge erſt nach dem Abſterben des Gürtelhakens (d. h. erſt in der älteſten Kaiſerzeit) ge⸗ langen. Wie das Dorkommen der Gürtelringe in Gräbern des 1. Jahrhunderts n. Chr. zeigt, ijt dieſes Derſchlußſtück hauptſächlich der Frauentracht eigentümlich !). Am Ende der Stufe 4,1 verſchwinden die Gürtelringe und machen dem Derſchluß mittelſt Schnallen Platz. Waren daher die Gürtelſchnallen im 1. Jahrhundert noch nicht allzu häufig und ohne große Verſchiedenheit in der Form, fo trifft man in 4,2 auf zahlreiche und mannig— faltige Entwicklungsarten. Die Riemenzungen bleiben naturgemäß auch nach dem Ab— kommen der Gürtelringe in Gebrauch. Ulmgren weiſt die allmähliche Entwicklung ihrer profilierten Enden nach und betont den im 2. Jahrhundert n. Chr. auftretenden Über: gang der Dollformen in verkümmerte flache Formen, die aber die Umriſſe der alten

1) Übrigens find auch die Gürtelhaken faſt ausſchließlich in Frauengräbern ge— funden worden, vgl. Roſtrzewski, Die oſtgermaniſche Kultur der Spätlatenezeit, Ber— liner Diſſertation 1915 S. 42.

21] IV. Bücher beſprechungen. 203

Sormen noch ziemlich getreu wiedergeben. Eine ähnliche Übertragung vom Körperlichen ins Flächenhafte ſcheint mir ſchon im 1. Jahrhundert vorzukommen, wenn auch nicht an ein⸗ und demſelben Gegenſtande und in fo unmittelbarem Zujammenhange. Die am Beginne der Kaiſerzeit auf den verſchiedenſten Beſchlagplatten ſo häufig vorkommen⸗ den Arten geſchweifter, „vaſenartiger“ Formen, von denen auch Almgren auf Taf. IX Abb. 131—132 einige abbildet, möchte ich von Dollformen wie Taf. IX Abb. 137 ableiten. Die Slachformen durchlaufen während der beiden erſten Jahrhunderte n. Chr. eine lange Entwicklungsreihe, die ſich am geſchloſſenſten an den Schildfeſſelformen darſtellen läßt, wie ich es in einer im Druck befindlichen Arbeit über die germaniſche Bewaffnung in der älteren Eiſenzeit verſucht habe. Dieſe Geſtaltungen ſind trotz ihrer Unſcheinbarkeit von großer Bedeutung, da ſie ungemein häufig von Römern und Germanen verwendet wurden, wo immer an Gegenſtänden Nietplatten vorkamen, und da fie wichtige Mittel zur genaueren Jeitbeſtimmung darſtellen!). Eine andere Art weiblichen Schmuckes bilden kleine Bronzebuckelchen, die meiſt als Beſatz von hauben dienten. Sie kommen in Gotland ebenſo wie die Gürtelringe nur innerhalb der Stufen 3 und 4,1 vor.

Auf die Bewaffnung geht Almgren nur bei der Stufe 3 ein. Die einſchneidigen Schwerter und Scheidenbeſchläge und eine verzierte Canzenſpitze bezeugen den ſtarken Einfluß, den Nordoſtdeutſchland damals auf Gotland ausübte. Die Waffen der Kaiſer— zeit ſollen im 2. Heft im Zuſammenhange behandelt werden. Bei den Geräten fällt auf, daß halbrunde (Rafier:) und geſchweifte Meſſer in Gotland erſt im 2. Jahrhundert n. Chr. nachzuweiſen ſind, während ſie ſonſt bei den Germanen ſpäteſtens ſchon in der Stufe 3 vertreten find’). Übereinſtimmend mit Oſtgermanien ijt das Aufkommen von Knochen- kämmen und Holzkäſtchen mit metallenen Beſchlägen, Schloß und Schlüſſel in der Stufe 4,2.

An Gefäßen finden ſich in den Stufen 3 und 4,2 eingeführte Bronzegefäße und ein Glasbecher. Die Reramik hat teilweiſe wenig hervorſtechende Züge, 3. T. iſt fie in Sorm und Derzierung höchſt eigenartig. häufige Grabbeigaben ſind zuſammengenähte Holzſchachteln, deren Nähte mit harz ausgeſchmiert wurden. In Brandgräbern haben ſich nur Reſte von dieſer harzdichtung erhalten. Auch das in nordweſtdeutſchen Urnen— feldern als Grabbeigabe ſo vielfach angetroffene „Räucherharz“ ſtammt offenbar von ſolchen Schachteln. Kleine Metallbeſchlagſtücke, die bisweilen noch Holzreite umſchließen, deuten außerdem noch auf das Vorkommen von gedrechſelten Holzichalen hin. Die Metallbeſchläge der kaiſerzeitlichen Trinkhörner fallen durch die Mannigfaltigkeit ihrer Sormen auf. Chro— nologiſch wichtig iſt u. a. der Unterſchied in der Art ihrer Cragfetten. Sie beſtehen in Got-

1) Wegen der vaſen⸗ und rautenförmigen Geſtalt der Nietplatten möchte ich auch den Trinkhornmundbeſchlag (Taf. XVIII Abb. 278) noch ins 1. Jahrhundert n. Chr. ſetzen, während ihn Almgren der Stufe 4,2 zuzählt. Der auf Taf. XV Abb. 257 abgebildete Bronzegegenſtand „dürfte nach Almgren am wahrſcheinlichſten als Gürtelhaken zu deuten fein; alſo ein letzter Ausläufer jener alten Befeſtigungsart“. Nach der Abbil- dung möchte ich in ihm vielmehr ein Knebelglied zur Befeſtigung der Kinnfette ſehen, wie fie in dieſer Form an ſpätkaiſerzeitlichen Pferdegebiſſen vorkommen. Dol. 3. B. Kleinwangen, Kr. Querfurt, Götze-höfer-Iſchieſche, Taf. XIX Abb. 280; Georgen: dorf, Kr. Steinau, Mertins Wegweiſer, Abb. 298; Oſtrowek, Kr. Strelno, Pojener Album, Heft IV Taf. LXVII Abb. 20; Smaland, Schweden, Montelius, Sveriges Sorntid Abb. 297.

) Die Annahme Almgrens: „Die Scheren, die in Mitteleuropa ſchon in der La— tenezeit allgemein vorkommen, erſcheinen auf germaniſchem Gebiet wohl erſt am Anfang der römiſchen Eiſenzeit“ (S. 20) entſpricht nicht den Fundergebniſſen. Auch bei den Ger— manen iſt die Schere in der Spätlatenezeit eine ganz geläufige Grabbeigabe.

204 V. Nachrichten. [22

land während der Stufe 4,1 völlig aus Bronze; erft ſpäter ſchieben fic) zwiſchen die Bronze glieder lederne Zwiſchenſtücke ein.

Die Grabformen der drei hauptſtufen 3 bis 4,2 find ziemlich gleichartig. Unter Hügeln, die meiſt Hein und flach, nur im 2. Jahrhundert n. Chr. größer find, liegen die Reſte der Leiche. Leichenverbrennung und Rörperbeſtattung find gleichzeitig im Gebrauch. Bei den Brandgräbern wird der Leichenbrand in einer ebenen Brandſchicht ausgeſtreut, die entſprechend den hügeln in Stufe 4,2 an Größe zunimmt. Bei der Rörperbeſtattung wird die Leiche in eine Grube gelegt, die mit einer Steinſchicht bedeckt, oft ſogar mit Kalt- ſteinplatten als echte Steinkiſte ausgekleidet wird. Unter den größeren hügeln der Stufe 4,2 wird die Steinkiſte oft nicht mehr in den Erdboden eingeſenkt, ſondern auf der urſprüng— lichen Erdoberfläche aufgeführt. Das Skelett liegt gewöhnlich mit dem Kopfe nach Norden oder Nordoſten gerichtet. Im übrigen beſteht keine Regelmäßigkeit: Rücken- und Seiten- lage, ſelbſt Cage auf dem Bauche kommt vor. Bald ſind die Skelette geſtreckt, bald ihre Gliedmaßen mehr oder weniger angezogen. Echte Hoderlage iſt jedoch nicht beobachtet worden. Am Ende der Stufe 4,2 tritt eine neue Grabform auf: Slachgräber, bei denen der Leichenbrand in einer Brandgrube niedergelegt wird, in die eine über die Erdober— fläche hinausragende Steinplatte, ein Vorläufer der ſpäteren Bildjteine, geſetzt wird.

Sür die an Gotland geknüpften ethnologiſchen Fragen iſt das Aufkommen der Körperbejtattung auf dieſer Inſel von beſonderer Wichtigkeit. Obwohl ſchon am Beginne der Eiſenzeit (in Stufe 1) Stelettgräber auftreten, ſtehen dieſe nicht im JZuſammenhange mit den ſpäteren, da einmal in der Stufe 2 Gräber überhaupt fehlen und dann in der Stufe 3 nur Btandgräber nachgewieſen worden find. Erſt am Beginne der Kaiſerzeit finden ſich in Gotland ähnlich wie in vielen anderen Gegenden Germaniens wieder Rörper— beſtattungen, deren Entſtehung Almgren in der Fortſetzung ſeiner Arbeit zu behandeln gedenkt.

Das Almgrenſche Werk iſt nicht allein ein ausgezeichneter Führer durch die eiſen— zeitliche Kultur Gotlands, ſondern wird wegen der Bedeutung, die dieſe Inſel für die germaniſche Rulturgeſchichte beſitzt, auch der deutſchen Sorichung als zuverläſſiges hand— buch ſehr erwünſcht ſein.

Breslau. M. Jahn.

V. Nachrichten.

Das 40 jährige Jubiläum unſeres Mitgliedes des Geheimrats Dr. Lemde als Dorligender der Geſellſchaft für pommerſche Geſchichte und Altertumskunde im November 1913 gab Mitgliedern dieſer Geſellſchaft Anlaß, zu bleibender Erinnerung an ihren Dor— ſitzenden eine Marmorbüſte desſelben anfertigen zu laſſen. Dieſe Büſte des herrn Lemde ijt nunmehr fertig geitellt, inmitten der von ihm geſchaffenen Altertumsjammlung im neuen Stadtmuſeum zu Stettin aufgeſtellt und am 12. Mai d. J. in kleinem Kreiſe und in aller Stille enthüllt worden. Möge ſich der verehrte Jubilar an dieſer Ehrung noch lange Jahre erfreuen.

Todesfälle.

Im Jahre 1914 ijt unſer Mitglied der Kgl. Ofonomierat S. Jaffé auf Sandfort bei Osnabrück verſtorben.

Am 6. Februar 1915 ſtarb nach kurzem, ſchwerem Krankenlager unſer Mitglied der praktiſche Arzt Dr. med. Karl haake in Braunſchweig. Er war ein unermüdlicher

Mannus, zZeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXXIV.

Gabriel Guſtafſon 16. April 1915

| Curt E 008 fe „Derlagsbuhh., Würzburg.

gitized

25] V. Nachrichten. 205

Erforſcher vorgeſchichtlicher Jundſtätten, inſonderheit Wohnſtätten, in feinem Braunſchweiger Heimatlande, das er Sonntag für Sonntag forſchend durchwanderte. Das überaus reiche Ergebnis dieſer Sammlungen kann man im Städtiſchen Muſeum zu Braunſchweig be— wundern. Beſonders beſchäftigte ihn auch die Technik der Feuerſteinbearbeitung und es gelang ihm, mit einem von ihm erfundenen kleinen Holzhämmerchen kleine Seuerjtein- geräte recht artig herzuſtellen, was 1904 bei der Anthropologenverjammlung zu Greifs— wald vielfach beſtaunt wurde. Dann wandte er ſich der paläolithiſchen Kultur zu, erwarb hier achtungswerte Kenntniſſe und entwickelte eine große Tatkraft als Sammler franzö— ſiſcher Diluvialgeräte. So wurde er ein ſtändiger Beſucher der Derſammlungen der fran— zöſiſchen prähiſtoriſchen Geſellſchaft und wohnte auch im Derein mit anderen Mitgliedern unſerer Geſellſchaft der Aufdedung des Homo Mousteriensis Hauseri bei. In den letzten Jahren hatte er infolge eines Beinleidens vielfach gekränkelt. Dennoch wird ſein Tod vielen ſeiner Freunde unerwartet gekommen fein.

Am 22. April 1915 verſchied zu Berlin-Cichterfelde nach ſchwerem Krankenlager im Alter von 43 Jahren unſer Mitglied Dr. heinrich Pohl, Hauptichriftleiter der Ber— liner Zeitung „Die Poſt“. Er ſtammte aus Mühlheim a. d. Ruhr, war zuerſt dort Gym- naſiallehrer, leitete von 1903 bis 1910 die „Aheiniſch-Weſtfäliſche Zeitung“ und übernahm dann, als die „Pojt“ in einen neuen Verlag überging, ihre Hauptidriftleitung. Er hat es verſtanden, dem Blatte in ſteigendem Maße eine geachtete Stellung zu erringen. Er war ein Mann von glühender Daterlandsliebe, von aufrechter Entſchiedenheit und von untadeliger Geſinnung. Unbeirrt durch die wechſelnden Meinungen des Tages ging er den Weg, den er als richtig erkannt hatte. Eine tiefe Tragik liegt darin, daß dieſer Mann, der in unerſchütterlicher Seftigfeit die Ziele des Weltkrieges für unſer Volk hoch ſteckte, wie kein Zweiter, die Früchte unferer Siege nicht mehr ſehen, ja nicht einmal die letzten entſcheidenden Siege, die uns die Zukunft bringen muß, erleben durfte.

Am 1. Mai 1915 entſchlief ſanft im 85. Cebensjahre unſer Mitglied Schulrat Dr. Kaphahn in Graudenz, der Dorſitzende der Graudenzer Altertumsgeſellſchaft, der mich noch zu Oſtern 1914 in voller Rüſtigkeit und Geiſtesfriſche beſucht hat und damals die Veröffentlichung des koſtbar ausgeſtatteten Srauengrabes von Selnowo bei Graudenz bewirkte (Mannus VI, 212 f.). . G. K.

Gabriel Guſtafſon F (Tafel XXIV).

Am 16. April 1915 verſchied in Kriſtiania der dortige Univerſitätsprofeſſor für vorgeſchichtliche Archäologie und Direktor des hiſtoriſchen Muſeums der Univerfitat, Dr. phil. Gabriel Adolf Guſtafſon im Alter von 61 Jahren. Ein ſchweres Leiden (Lungen: krebs) hatte ihn ſeit einem halben Jahre ans Krankenlager gefeſſelt.

Guſtafſon war von Geburt Schwede, und zwar Gotländer; er war in Disby am 8. Auguft 1853 geboren. Schon in feinen Schuljahren erweckten die zahlloſen Alter: tümer feiner Heimatinjel bei ihm eine lebhafte Neigung zu archäologiſchen Studien. Als Student begann er daſelbſt 1877 für das Nationalmuſeum zu Stockholm Ausgrabungen von Gräberfeldern, die er dann faſt alljährlich bis 1888 fortſetzte. Über eine Reihe dieſer Ausgrabungen hat er in der Antikvarisk Tidſkrift (Bd. VIII und IX) ausführlich berichtet. Aud in Bohuslän hat er in dieſer Zeit vorgeſchichtliche Denkmäler unterſucht und be— ſchrieben.

In Upſala, wo er feine Univerſitätsſtudien betrieb, war er 1881—1889 Aſſiſtent am Muſeum für nordiſche Altertümer; als ſolcher erteilte. er auch den erſten Unterricht in dieſem Jache, der an dieſer Univerſität vorgekommen iſt. Er führte einen zähen Rampf um das Recht, das Lizentiateramen in vorgeſchichtlicher Archäologie abzulegen, was ihm endlich 1889 geſtattet wurde, da hans Hildebrand als Examinator wirkte. So kann

206 V. Nachrichten. 24

Guſtafſon mit Recht als ein Bahnbrecher des vorgeſchichtlichen Studiums an der größten ſchwediſchen Univerſität bezeichnet werden. Selbſt konnte er nicht ſeine Tätigkeit an dieſer Univerſität fortſetzen, da er nach Norwegen berufen wurde; aber durch ihn war in Upſala das Intereſſe für die Vertretung der Vorgeſchichte im Univerſitätsunterricht erweckt worden und die jetzt eingerichtete Profeſſur kann alſo letzterhand auf ſeine grundlegende Wirkſamkeit zurückgeführt werden. In dankbarer Erinnerung hat ihn ſeine alte Alma mater 1907 zum Ehrendoktor ernannt.

1889 kam alſo Guſtafſon nach Norwegen, um nach Coranges Tod die Stelle als Konjervator an der archäologiſchen Abteilung des ſtädtiſchen Muſeums in Bergen einzunehmen, und von da an widmete er ſich der norwegiſchen Ultertumsforſchung. Im Weitlande Norwegens fand er ein reiches Feld für ſeine Husgrabetätigkeit, und die Sʒamm⸗ lungen wurden von ihm nach einem Umbau des Muſeums neugeordnet. Mehrere muſter— giltige Sundberichte hat er in dieſer Zeit in Bergens Muſeums Aarbog veröffentlicht.

Im Jahre 1900 wurde er nach Oluf Ryghs Tod deſſen Nachfolger als Univerſi— tätsprofeſſor und Muſeumsdirektor in Kriſtiania. Hier erwarteten ihn noch größere Aufgaben, die ſeine Derdienite in vollem Lichte hervortreten ließen. Erſtens galt es einer ganz neuen Aufſtellung der reichen Sammlungen in einem neuen Gebäude, und dann kam 1904 die Ausgrabung des berühmten Wikingerſchiffes von Oſeberg. Bei dieſer viel erfordernden Arbeit und noch mehr bei der überaus ſchwierigen Konfervierung der vielen teich verzierten hölzernen Sundjtiide konnte Guſtafſon ſeine ganze Meiſterſchaft als Ausgräber und Muſeumstechniker entfalten; und die wunderbare Märchenwelt der Dor- zeit, die jetzt im Oſebergſaale des Muſeums in voller Wirklichkeit unſeren Augen ſich er⸗ öffnet, wird zugleich das ſchönſte Denkmal für den Mann ſein, der ſie mit unendlicher Ge— duld, Scharfſinn und Geſchick aus den Trümmern aufgerichtet hat. Zu einer Veröffent- lichung des großartigen undes wurde ihm dagegen die Zeit nicht vergönnt. Einige vor- läufigen Mitteilungen und Bilder davon konnte er indeſſen ſchon 1906 in feiner Arbeit „Norges Oldtid“ bringen, in der er zum erſtenmal eine zuſammenfaſſende und gemein— verſtändliche Darſtellung der vorgeſchichtlichen Kultur Norwegens gab. Diejes Werk war ſeine bedeutendſte Schrift. Er gehörte zu den Gelehrten, die viel forſchen aber nicht viel ſchreiben, weil fie nur das Allerbefte bringen wollen. Zu feinen letzten Deröffent- lichungen gehört fein Beitrag in den Opuscula Oscari Montelio dicata (1913), wo er über einen ſchönen Grabfund mit römiſchen Gefäßen, den er mit ſeinen Schülern im ſüdöſtlichen Norwegen gemacht hatte, vorläufig berichtete, ſowie fein Aufſatz „Me— galitiske graver i Norge“ in der Seſtſchrift an Karl Rugh (Oldtiden 1914). Alle ſeine Arbeiten ſind durch ſachliche Ruhe und Klarheit ausgezeichnet.

In ſeinen letzten Jahren wandte ſich ſein wiſſenſchaftliches Intereſſe wieder ſeiner nie vergeſſenen Heimatinjel Gotland zu. Nebſt feinem Landsmann und Fachgenoſſen §. Nordin und dem Zeichner O. Sörling wollte er ein großes Tafelwerk über die merk— würdigen gotländiſchen Bildſteine aus der Eiſenzeit herausgeben. Für dieſen Zweck be— ſuchte er mehrmals in ſeinen Ferien Gotland, und die ſchon hergeſtellten zahlreichen Zeich— nungen waren ihm zugeſandt worden; er hatte noch auf die Zeit gehofft, da er ſie bear: beiten könne.

Die norwegiſche Zeitung Tidens Tegn ſchreibt in ihrem Nachrufe von Guſtafſon treffend: „Er war ein ſtiller Mann von etwas ſteifem Weſen, der aber für den, der ihn recht kennen lernte, feine eigene warme Lurik beſaß“. Und weiter: „Was Guſtafſon mit der Konjervierung und Aufitellung des Oſebergfundes geleiſtet hatte, übertraf bei der lang erſehnten Eröffnung der Ausitellung ſelbſt die kühnſten Erwartungen. Hier hatten alle ſeine Talente, ſeine Geduld, ſeine Gemütsruhe, feine Gelehrſamkeit, feine Verachtung aller Haſcherei und endlich ſeine ſtille Lyrik ſich kriſtalliſiert und waren zum Genie geworden.“ Oscar Almgren.

25] V. Nachrichten. 207

Alfred Schliz. +.

Am 30. Juni 1915 ftarb 3u Heilbronn unjer Mitglied Hofrat Dr. med. Alfred Schliz, Stadtarzt und Vorſtand des hiſtoriſchen Dereins zu Heilbronn. Geboren am 18. Sept. 1849 zu heilbronn, ſtudierte er von 1867 ab an ſechs Univerſitäten Medizin, machte den Feldzug von 1870/71 mit, wurde 1872 Arzt zu heilbronn und 1895 Hofrat. Seit 1899 Vorſtand des hiſtoriſchen Vereins feiner Vaterſtadt entwickelte er von da ab eine äußerjt vielfeitige, wiſſenſchaftlich wertvolle Tätigkeit ſowohl durch die Begründung der archäologiſchen Sammlung des hiſtoriſchen Vereins, die er durch unermüdlich be— triebene Ausgrabungen aufs reichſte vermehrte, als auch durch eine ungemein fruchtbare ſchriftſtelleriſche Ceiſtungsfähigkeit. Seine Schriften bewegen ſich ſowohl auf dem Ge— biete der vorgeſchichtlichen Archäologie wie der vorgeſchichtlichen Anthropologie, vielfach auf beiden Gebieten zugleich. Die wichtigſten ſeiner archäologiſchen Schriften ſind:

Die Bevölkerung des Oberamts Heilbronn. heilbronn 1899.

Die Entwicklung der Erd- und Seuerbeitattung in der Bronze- und hallſtattzeit der Heilbronner Gegend (Schriften des Hiftor. Der. 3. Heilbr. heft 6). Heilbronn 1900.

Das ſteinzeitliche Dorf Großgartach. Stuttgart 1901.

Die Siedelungsform der Bronze- und hallſtattzeit (Sundberichte aus Schwaben IX, 1901, 21—36).

Laténe-Sladgqraber im württembergiſchen Unterland (ebenda X, 1902, 13—32).

Die alamanniſchen Gräberfelder des Schwabenlandes (ebenda XI, 1905, 21—62).

Der Bau der vorgeſchichtlichen Wohnungen (Mitteil. d. Wiener anthropolog. Geſ. 33, 1903).

Fränkiſche und alamanniſche Kunittätigteit im frühen Mittelalter (Schriften d. hiſtor. Der. beilbr. heft 7). Heilbronn 1904.

Die galliſchen Bauernhöfe der Srühlatene: Zeit im Nedargau (Sundberichte aus Schwaben XIII, 1905, 30—57).

Das römiſche öffentliche Badegebäude bei Weinsberg (ebenda XIV, 1906, 47—62).

Die Sammlungen des Hijtorijden Mufeums. heilbronn 1906.

Der ſchnurkeramiſche Kulturkreis (Zeitſchr. f. Ethnol. 1906, 312ff.).

Neue Grabfunde aus der Kultur der Schnurkeramik in Südweſtdeutſchland (Rom.-German. Rorreſp.⸗Blatt 1908, 69— 75).

Beiträge zur Kulturbewegung der Bronze- und hallſtattzeit in Württemberg. Stuttgart 1908 (Württ. Dierteljahrshefte f. Landesgeſch. N. S. XVII, 421-457).

Die Frage der Zuteilung der ſpitznackigen, dreieckigen Steinbeile in Südweſtdeutſchland (Korreſp.⸗Bl. d. d. anthropol. Geſ. 1908, 92—96).

Heilbronner Urgeſchichtsforſchung und ihre Ergebniſſe für das hiſtoriſche Muſeum. Heilbronn 1909.

Urgeſchichte Württembergs. Mit einer erdgeſchichtlichen Einleitung von E. Sraas. Stuttgart 1909.

Neolithiſche Candfiedlungen der Pfahlbauzeit bei Heilbronn (Röm.⸗ German. Rorreſp.⸗ Blatt 1909, 17— 23).

Die Syjteme der Stichverzierung und des Linienornaments innerhalb der Bandkeramik (Präh. Jeitſchr. II, 1910, 105— 144).

Ausgrabungsbericht über die ſteinzeitlichen Wohnſtätten in Großgartach (ebenda III, 1911, 258—250).

Siedlungsweſen und Rulturentwicklung des Neckarlandes in vorgeſchichtlicher Zeit. Seſtſchrift. heilbronn 1911.

Die Keramik der nord⸗ und weſtalpinen ſteinzeitlichen Pfahlbaukulturen und ihre Zeit— ſtellung (Monteliusfeſtſchrift 1915, 19—36).

208 V. Nachrichten. [26

Ganz oder wenigitens überwiegend anthropologiſch find folgende Schriften:

Schulkinderunterſuchung zum Zwecke der Raſſenbeſtimmung. 1900.

Künſtlich deformierte Schädel in germaniſchen Reihengräbern (Archiv f. Anthropol. 1905, N. §. III, 192-204).

Die ſteinzeitlichen Schädel der Schweriner Ultertumsſammlung (ebenda 1908, N. §. VII, 276—286).

Die vorgeſchichtlichen Schädeltypen der deutichen Länder in Beziehung zu den einzelnen Kulturfreijen der Urgeſchichte (ebenda 1908, N. §. VII, 239—267; 1910, N. §. IX, 202—251).

Die diluviale Vorzeit Deutſchlands von R. K. Schmidt, unter Mitwirkung von E. Koten und A. Schliz. Stuttgart 1912 (1913). (Darin von Schliz: S. 229 —256 III. Anthro- pologiſcher Teil.)

Beiträge zur prähiſtoriſchen Ethnologie. I. Remedello-Adlerberg-Straubing. II. Die Grabhügel auf dem Gute Maritzun (Präh. Jeitſchr. 1912, IV, 36—67; 1913, V, 114-157).

Die Schädel der Nekropole von Nikolajewska am Dnjepr (ebenda 1913, V, 148—157).

Die Doritufen der nordiſch-europäiſchen Schädelbildung (Archiv f. Anthropol. 1914, N. S. XIII, 169— 201).

War auch nicht alles, was Schl. geſchrieben hat, gleichmäßig tief erarbeitet, ſondern manches mit „leichter Feder“ hingeworfen, ſo zeichnete ſich doch alles durch weiten Blick und ſelbſtändige Gedanken aus. Denn er hatte ſich bald nach ſeinen erſten Anfängen über den beſchränkten Geſichtskreis eines Provinzialarchäologen zur Hobe mitteleuropäiſcher, ja zuweilen europäiſcher Betrachtung emporgerungen. Dieſen großen Vorzügen traten aber auch nicht unerhebliche Mängel gegenüber. Junächſt fehlte ihm, wie den meiſten heutigen Vorgeſchichtsforſchern, zumal ſolchen, die erſt in höherem Alter mit unſerem Sache be— ginnen, die ſtrenge Schule in europäiſcher Chronologie und ſo ſah er oft Einflüſſe einer Kultur auf eine andere, wo entweder überhaupt keine ſolche Einflüſſe beſtanden oder wo jie in umgekehrter Richtung gelaufen ſind. Und fo wurde es ihm möglich, nicht nur an eine Gleichzeitigkeit faſt ſämtlicher neolithiſcher Kulturen in Südweſtdeutſchland zu glauben, ſondern auch die eine Kultur einer Herrenbevolferung eines Ortes, die andere einer gleich— zeitig daneben wohnenden Bauernbevölkerung zuzuſchreiben. Zeigt ſich hierbei eine ganz unzuläſſige Übertragung heutiger Kultur- und Wirtſchaftsunterſchiede auf vorgeſchicht— liche Zuftände, jo kam bei Schl. noch eine leicht bewegliche Phantaſie hinzu, die ihn Dinge ſehen ließ, die für eine ruhige Beobachtung gar nicht vorhanden waren. Zu der bewunderns— werten Willenskraft, mit der er von ſeinem von Kränklichkeit im letzten Jahrzehnt ſtark heimgeſuchten Körper anhaltend fo bedeutende geiſtige Urbeitsleiſtung abtrotzte, kam auf der anderen Seite eine gewiſſe Schwäche, wenn er es auf alle Weiſe vermied, Fehler ſeiner Auffajjung und Darſtellung, die er unter dem Einfluß von Mitforſchern als ſolche erkannt hatte, nunmehr offen einzugeſtehen; vielmehr liebte er es ganz unbefangen in gleitender Form zu der neuen Lehre überzugehen. Solches geſchah ſelbſt auf ſeinem ureigenſten Ge— biete, der vorgeſchichtlichen Anthropologie. Dem jahrelangen, ſehr lebhaften Briefwechſel mit ihm verdanke ich auf dieſem Gebiete manche Belehrung. Über auch hier vertuſchte er gern ſeinen Meinungswechſel, ſo, wenn er meine Beurteilung des Skeletts von Plau in Mecklenburg als eines der Anculuszeit gegen feine frühere ganz andere Beurteilung eintauſchte. Bei der fo wichtigen Stage des Derhältniſſes des Cro-Magnon-Raſſe zur nordeuropäiſchen Langfopfralje, wo wir doch ſeit Aufdedung des Combe-Capelle-Skelettes nur dieſes in eine gewiſſe nähere Beziehung zur nordiſchen Raſſe ſetzen (Mannus II, 170), den Cro-Magnon-Menſchen dagegen als Ahnherrn lediglich der mittelländiſchen Raſſe anzuſehen vermögen ſelbſt bei dieſer wichtigen Frage wollte Schl. brieflich fic nicht erinnern, den Cro-Magnon-Menſchen zu einem der hauptahnen des Nordeuropäers

27] v. Nachrichten. 209

gemacht zu haben, was er doch nod) 1908 und 1909 mit größter Sicherheit ausgeſprochen hatte. Im übrigen ſind ſeine Urbeiten und Erkenntniſſe auf dem Gebiete der vorgeſchicht— lichen Anthropologie entſchieden ſeine größte Ceiſtung; er nahm auf dem Gebiete nach— eiszeitlicher Anthropologie dieſelbe führende Stellung ein, die Klaatſch auf dem Gebiete der Diluvialarchäologie inne hat. Manche meiner anthropologiſch durchgebildeten Freunde beſtreiten die Richtigkeit der Schlizſchen Urbeitsweiſe und alſo auch ihre Ergebniſſe. Nach meiner Überzeugung indes hat Schl. hier geradezu epochemachend gewirkt und wenn ich auch ſtark dazu neige, in den großen Gedankengängen der vorgeſchichtlichen Raſſenforſchung wie auch ſchon in manchen Einzelheiten den neuen Erkenntniſſen von Rarl Felix Wolff in Bozen den Vorzug zu geben, ſo wird es für mich doch ſtets ein Gegenſtand tiefen Be— dauerns bleiben, daß es Schl. nicht mehr vergönnt war, die große Aufgabe des letzten Jahrzehnts ſeines Lebens, die Ableitung des frühgeſchichtlichen germaniſchen Schädels von feinen erreichbar älteſten vorgeſchichtlichen Dorſtufen, ganz durchzuführen. G. R.

heinrich Willers +.

Im Juli d. J. iſt der Bibliothekar an der Kgl. Bibliothek zu Berlin Dr. heinrich Willers nach jahrelanger Kränklichkeit im Alter von 44 Jahren verſchieden. Geboren zu klgermiſſen in der Provinz hannover am 30. Sept. 1870 ſtudierte er zu Bonn und Göttingen klaſſiſche Philologie und Archäologie und trieb beſonders Münzſtudien. Nach einem mißlungenen Verſuch, am Berliner Münzkabinett angeſtellt zu werden, gelang es ihm 1897 eine hilfs— arbeiterſtelle am Reſtnermuſeum zu Hannover zu erhalten. Dort verfaßte er die Abhand— lung zur Münzenkunde „Serrati im freien Germanien“ (Numismat. Jeitſchr. 51. Wien 1900) und vor allem die wichtige Arbeit „Die römiſchen Bronzeeimer von hemmoor“ (Hannover 1901). Nachdem er dann eine Zeitlang größere Reifen unternommen hatte, erhielt er 1903 eine Stelle als Hilfsarbeiter an der Univerſitätsbibliothek zu Bonn, wo— ſelbſt er im Jahre 1906 fic) gleichzeitig als Privatdozent für klaſſiſche Archäologie habili— tierte. 1907 wurde er Bibliotheksaſſiſtent, dann Hilfsbibliothefar; 1914 wurde er nach Breslau verſetzt und 1915 als Bibliothekar nach Berlin. Seine ſpäteren Werke ſind: Neue Unterſuchungen über die römiſche Bronzeinduſtrie von Capua und von Niedergermanien (Hannover 1907); Geſchichte der römiſchen Rupferprägung vom Bundesgenoſſenkrieg bis auf Kaijer Claudius (Hannover 1909); Beſchreibung römiſcher Altertümer, geſammelt von Konful Karl Anton Nießen, 3. Bearbeitung 2 Bde. (mit S. Coeſchcke, Köln 1911); Verzeichnis der Schriften Karl Juſtis (Bonn 1912); Studien zur griechiſchen Kunſt (Leip- zig 1914).

Wenn auch das Derhältnis des Derſtorbenen zur Dorgefchidyte mehr nur ein äußer— liches genannt werden muß, inſofern es ſich darauf beſchränkte, daß er nur einem verein zelten Teil des Inhalts der germaniſchen Gräber der Kaijerzeit den hauptſächlichſten Stoff für ſeine beiden Werke über die getriebenen Bronzegefäße der campaniſchen Induſtrie der Latenezeit und frührömiſchen Epoche, ſowie der niederrheiniſchen Induſtrie in der ſpätrömiſchen Epoche entnahm dieſe beiden Werke ſelbſt werden unbedingt noch für lange 3eit einen unentbehrlichen Beſtandteil der literariſchen Rüſtkammer des deutſchen Vorgeſchichtsforſchers bleiben. G. K.

Guſtav Stimming +.

Am 25. Juli entſchlief ſanft nach kurzem Krankenlager im beinahe vollendeten

84. Lebensjahre Gujtav Stimming, zu Großwuſterwitz, wohin er ſich vor etwa einem

Jahrzehnt aus feinem alten Wohnſitz Brandenburg a. B. zurückgezogen hatte, um den Reft

ſeines Lebens bei feinem Sohne, dem praktiſchen Arzte Richard Stimming, unſerem Mit—

gliede, zu verbringen. Bekannt iſt er in unſerer Wiſſenſchaft durch ſein umfangreiches Mannus, Bd. VII. H. 1/2. 14

210 V. Nachrichten. 28

Werk „Vorgeſchichtliche Altertümer aus der Mark Brandenburg“, Berlin 1887, zu dem A. Voß eine Einleitung ſchrieb. Jahrzehnte hatte er ſich ſuſtematiſchen Ausgrabungen in der Weiſe gewidmet, daß er im Havellande und in den weſtlich daran grenzenden Kreijen der Provinz Sachſen Ader, in denen er vorgeſchichtliche Gräberfelder feſtgeſtellt hatte, ſo lange pachtete, bis die Gräberfelder vollſtändig ausgebeutet worden waren. So brachte er allmählich eine Sammlung zuſtande, die längſt zu den größten Privatſammlungen Deutſchlands gehören würde, hätte er nicht zu verſchiedenen Malen große Beſtände davon an das Muſeum für Völkerkunde in Berlin verkauft, in deſſen unzugänglichen Katakomben fie freilich ſobald keine Auferſtehung feiern werden. Erſtaunlich war insbeſondere der Reichtum der Sammlung an germaniſchen Mäanderurnen und an früh ⸗-neolithiſchen Knochengeräten. Leider ijt von alledem nur ein kleiner Teil in dem genannten Werke der Wiſſenſchaft zugänglich gemacht worden. Die für eine Fortſetzung dieſes Werkes be— ſtimmten Tafeln habe ich ſeit langen Jahren in Zeichnung geſehen, doch ſcheint die heraus- gabe des Werkes auf Schwierigkeiten geſtoßen zu ſein. Möge daher unſer Mitarbeiter R. Stimming Sohn fleißig fortfahren, in Jeitſchriften-klufſätzen die Schätze der väter— lichen und ſeiner eigenen Sammlung nach und nach zu veröffentlichen. G. K.

Kriegsnachrichten.

Zu den 43 von mir namhaft gemachten Mitgliedern unſerer Geſellſchaft, die im Felde ſtehen oder in der heimat Kriegsdienſte leiſten (Mannus VI, 346 f., 403) und von denen 4 bereits den heldentod geſtorben ſind, ſind weiter hinzugekommen:

44. Stud. arch. Georg Girke (Berlin): war Landſturmmann in Südpolen, dann

erkrankt lange im Lazarett zu Oppeln, gegenwärtig zur heimat beurlaubt.

45. Dr. Alfred hennig (Meißen): im Felde.

46. Profeſſor Dr. Rlingholz (Berlin): im Felde.

47. Stud. arch. Georg Cechler (Berlin): in Ausbildung bei der Sliegerabteilung

zu Adlershof bei Berlin.

48. Dr. Joh. Richter (Poſen): im Felde.

49. Schriftſteller Karl Selin Wolff (Bozen): im Felde an der Südtiroler Grenze.

50. Stiftsdame Sri. A. v. Auerswald: am Rejervelazarett in Kyriß.

Andauernd gute Nachrichten aus dem Felde erhielt id) von Korpsarzt Generalarzt Dr. Wilke und Hauptmann und Adjutant Prof. Dr. Paape (bisher zu Peronne in Nord— frankreich, jetzt abkommandiert nach Oſtende), die beide mit bewundernswerter geiſtiger Spannkraft mitten im Kanonendonner unfere Wiſſenſchaft fördern und für die Derbrei— tung der Teilnahme an ihr zu wirken vermögen; weiter von Hauptmann Prof. Dr. Suhſe (Picardie); von Offiziersſtellbertteter Mar Mabe (Leipzig), der jetzt den bes deutungsvollen Eiſenfund von Wahren bei Leipzig im Mannus veröffentlichen konnte (oben S. 82 ff.); von Leutnant Dr. Eberhard Faden (Derdun), Leutnant Dr. Gärte, der vor Lomza das Eiſerne Kreuz fic) erworben hat, Dizefeldwebel Studioſus Paul Dräger, der in den Kämpfen an der Lorettohöhe ſich das Eiſerne Kreuz erworben hat, zum Leutnant gewählt worden iſt und nunmehr in den Argonnen ſteht; vom Gefreiten Dr. Walther Schulz-Minden, der in der Senne Offiziersausbildung erhält; von Ge— freiten Dr. Ernſt Wahle, der als Pionier in Straßburg i. E. Offiziersausbildung erhält; von dem freiwilligen Pfleger Fritz CLiſſauer in Slandern; endlich von Schriftſteller Karl Selix Wolff, deſſen Briefe wie ſtets die Gegenwart mit der Vorzeit der Germanen und Indogermanen verbinden und eine Hülle wiſſenſchaftlicher Betrachtungen im Anſchluß an den Krieg enthalten; die Nachricht von feinem Ubmarſch als Standſchütze an die Tiroler Grenze gab er mir mit den Zeilen:

29] V. Nachrichten. 211

Als freier Schütze zog ich aus An unſeres Landes Mark; Und was mir auch begegnen mag, Mein Wille bleibt von Tag zu Tag Unwandelbar und ſtark. Serner kann ich berichten daß Paul Quente als Dizefeldwebel der Lichterfelder Gardeſchützen mit einem Mannſchaftsanzug an die Front nach dem Wasgau gegangen iſt. Glücklicherweiſe haben wir diesmal kein Mitglied durch den mörderiſchen Krieg verloren. Leider aber haben zwei Fachleute die nicht unſere Mitglieder waren, den heiligen Aod für das Daterland ſterben müſſen: im Frühjahr ift als Kriegsfreiwilliger gefallen der Germaniſt Studioſus Wilhelm Art, der 1915—1914 ein eifriger Teilnehmer meiner Dorlefungen und Übungen geweſen war und von wärmſter Begeiſterung für die Wiſſen— ſchaft der deutſchen Dorgeſchichte ſich hatte erfüllen laſſen; desgleichen der Muſeums— direktor Dr. Brenner aus Wiesbaden.

Eduard Brenner 7.

Am 3. April iſt Mufeumsdireftor Dr. Eduard Brenner aus Wiesbaden, der als Kompagnieführer an den blutigen Rarpathenkämpfen teilnahm, infolge eines Bauch— ſchuſſes verſchieden. Mit herzlichem Bedauern gedenken wir dieſes trefflichen Mannes von herzgewinnender Liebenswürdigfeit, der unſerer Geſellſchaft bei ihrem Beſuche des Römiſch⸗Germaniſchen Jentralmuſeums in Mainz nach ÜGbſchluß der Coblenzer Tagung im Auguft 1911 im Verein mit Dr. Behn die Schätze dieſer einzigartigen Anjtalt in jo vor— trefflicher Weiſe vorzuführen und zu erläutern wußte. Don Haufe aus reiner Philologe, Germaniſt, fand er das Glück, ſeiner brennenden Liebe zu ſtrenger Sachforſchung durch Übertritt in die Reihe der germaniſchen Dorgeſchichtsforſcher nachgehen zu können. Karl Schumacher erkannte die Begabung und die Willenskraft dieſes Jüngers und ebnete ihm die Wege, die ihn zu raſcher, vielſeitiger Durchbildung im neu erkorenen Fache führten. So wurde Brenner, zumal als geborener Wiesbader, der gegebene Mann, um gerade in der Zeit unſeres Beſuches in Mainz als bevorzugter Anwärter für die damals freigewordene Stelle des Direktors des Candesmuſeums naſſauiſcher Altertümer zu Wiesbaden ange— ſehen und auch gewählt zu werden. Leider war ihm hier eine nur dreijährige Wirkſam— keit vergönnt. Zum Hauptgebiete ſeiner Forſchung hatte er die von der ſtrengeren Wiſſen— ſchaft bisher fo ſtiefmütterlich behandelte Merowingerzeit gewählt. Das zeigte ſchon fein Beitrag zu einem der letzten Hefte der „Altertümer unſerer heidniſchen Dorzeit“ (Band V, 422—431, nebſt Taf. 72: Dorfräntiihe Sunde aus Wiesbaden) aus dem Jahre 1911; noch viel mehr aber ſeine umfangreiche und tiefgreifende Abhandlung „Der Stand der Sorjchung über die Kultur der Merowingerzeit“, Bonn 1914 (aus: VII. Bericht der römiſch— germaniſchen Rommiſſion über die Fortſchritte der römiſch-germaniſchen Forſchung im Jahre 1912, S. 253—350), worin er u. a. dem bisher nur von Remke vertretenen, wenig beifällig aufgenommenen Derſuche folgt, die übliche Jeitbeſtimmung durchgängig um etwa ein Jahrhundert jünger anzuſetzen. Wir können nur ſchmerzlich bedauern, daß nun— mehr einer der ſo wenigen neueren Erforſcher der Merowingerzeit dahingegangen iſt. Brenner ſtand erſt im 39. Lebensjahre.

In der Frankfurter Jeitung (20. 4. 1915) fand ſich folgende Mitteilung über den Gefallenen (von M. E.): „Seine kurze, unter wenig günſtigen Derhältniſſen ſehr ge— hemmte Tatigfeit wird in Wiesbaden unvergeſſen bleiben. Gelang es doch dem rührigen Direktor, der mit ſeiner liebenswürdigen Perſönlichkeit, ſeinem beſcheidenen Weſen und ſeinem friſchen, unverwüſtlichen humor ſich überall Freunde gewann, bereits im erſten Jahre ſeines Wirkens das Muſeum um rund 670 Inventarnummern zu bereichern. Dar—

14*

212 V. Nachrichten. [30

unter befanden ſich die durch Cuthmer zuerſt in die Literatur eingeführte ſchöne Madonna aus Oberauroff, eine intereſſante Pieta des frühen 15. Jahrhunderts aus Camp a. Rh., ſchöne Stücke der Weſterwälder Keramik, Trachten, Kunitgewerblidyes und in der archäo— logiſchen Abteilung ſteinzeitliche Wohngrubenfunde und fränkiſch-merowingiſche Waffen. Es war eine Freude zuzuſehen, wie die in erbärmlichen Räumen das Depot beſtand zum Teil aus einem offenen Schuppen! untergebrachten Sammlungen unter der energie: vollen Ceitung wuchſen. Das Jahr 1915 ſollte aus dieſen prähiſtoriſchen Zuſtänden die Erlöſung bringen. Der Muſeumsneubau ſteht nahezu fertig. Die Altertumsſammlung iſt bereits umzugshalber geſchloſſen. Am 1. April erfolgte die ſeit langem als nötig er— wieſene endgültige Trennung der Muſeumsleitung von dem Altertumsverein. Nun. mußte einem ſtrebſamen Leben in dem Augenblick, wo ſich die Zukunft freundlicher zu geftalten ſchien, der Tod ein Ziel ſetzen!“

Don dem Direktor der Großherzoglichen Sammlungen für Altertums- und Dölter: kunde zu Karlsruhe, Geheimrat Ernſt Wagner, Exz., erhielt ich folgende tief erregende Mitteilung über „den Schrecken, den uns das robe [franzöfiicye] Bombenattentat [auf Karlsruhe am Morgen des 14. Juni] bereitet hat. Dor unſerem Muſeumsgebäude fiel eine Bombe nieder, die auf einem Flügel, der das Naturalienkabinett beherbergt, wohl alle Senjter eingeſchlagen, aber ſonſt glücklicherweiſe keinen Schaden getan hat. Dorgeftern 23. 5.] fanden dann Schieferdecker, die auf unſerem Dache zu arbeiten hatten, ganz zu— fällig noch unter meinem Altertümerflügel im Schieferdach ein Coch und auf der oberen Gewölbefläche eine nicht krepierte ſchöne franzöſiſche Bombe, die dann vom Militär un— ſchädlich gemacht wurde. Alfo find wir im ganzen noch gut weggekommen.“

Wir können die Verwaltung der Großh. Sammlungen zu dieſem Glück im Unglück, wenn man die ſchurkiſche Barbarei der Franzoſen fo nennen will, die es hauptſächlich auf die Königin von Schweden abgeſehen hatte, nur von herzen beglückwünſchen. G. K.

Beileidsbezeigung an herrn Landeskonſervator Anthes in Darmſtadt.

Seit herrn Anthes das Amt eines Landeskonſervators für das Großherzogtum heilen zugefallen iſt, bemüht er fic) augenſcheinlich, auch zur Vorgeſchichte in ein Der: hältnis zu kommen. Zeugnis dafür legen einige erſte Derjuche ab, auf dieſem ihm ; neuen Gebiete literariſch ſich zu betätigen. So hat er im VII. Bericht d. röm.⸗germ. Kommilfion (für 1912), Srantfurt a. M. 1915 S. 152 ff. über den Zuwachs des Landes: muſeums in Darmſtadt berichtet. Unter den wichtigen germaniſchen Funden des 1. Jahrh. nach Chr. aus Nauheim Kr. Großgerau weiſt er auf die Augenfibeln hin und beſonders auf „eine große, mit Gold- und Silbereinlage“, die in Abb. 72 in / nat. Größe dargeſtellt wird.

Wenn von germaniſchen Sibeln die Rede iſt, jo haben die römiſch-germaniſchen Gelehrten ſogleich das Wort „Augenfibein‘ bei der hand. Die vielen anderen Arten germaniſcher Sibeln der Kaijerzeit ſcheinen fie nicht zu kennen. Die abgebildete Nau— heimer Sibel iſt nicht nur ein ſchönes Stück, ſondern auch dadurch wichtig, weil ſie zu den hauptſächlich im Elbgebiet verbreiteten, alſo ſwebiſchen Sibeln gehört, die am Rhein bisher kaum vorgekommen find. Es iſt eine Sibel mit zweilappiger Rollenfappe, keine „flugenfibel“. Man ſieht, es wird herrn Anthes nach mehrjährigem Bemühen immer noch jehr ſauer, der allererſten Anfangsgründe in der Dorgeſchichte herr zu werden. Statt alſo die Jünger der Dorgeſchichte, auf die er einen äußeren Zwang auszuüben in der Lage iſt, von meinem Unterrichte abzuhalten, wie er es tun ſoll, ſollte er lieber ſelbſt meinen Unterricht aufſuchen. G. K.

Verlag von Eurt Kabigich, kgl. Univ.- Verlagsbuchhändiler in Würzburg. Tl bibli th KR rororo herausgegeben von rororo annuus I 10 E Prof. Dr. Guitaf Kolfinna.

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% Der Subikriptionspreis tritt ein, wenn auf die Sammlung abonniert wird oder von den bereits vorliegenden . auf einmal beitelit werden. Einbanddecken für [dmtliche Bände in gleichmäßiger Ausitattung lind

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Verlag von Eurt Kabitzich, kgl. Univ.-Verlagsbuchhdndler in Würzburg.

7 Md . erausgegeben vo IMannusbibliothek u ar. wu No. 9. Die deutiche Vorgeichichte, eine hervorragend nationale

_ Willenichaft. Von Profeffor Dr. Guitaf Koffinna. 16 Bg. mit 456 Abb. im Text und auf 50 Tafeln. 2. itark vermehrte Auflage. Einzelpreis broic.

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An der Hand eines reihen Bildermaterials wird uns vom Verfaſſer nachgewieſen, daß die landläufige Schilderung der alten Germanen als „Barbaren“, wie fie leider auf unſeren Schulen noch geiibt wird, eine grobe Entſtellung und eine im nationalen Sinne beſchämende Tatſache iſt. Wir ſtaunen, was unſere Vorfahren alles geleiſtet haben, wenn wir Koſſinnas Beweiſe durch die zahlreichen Abbildungen ſehen: reizvoll find beſonders auch die bildlichen Darſtellungen alter Ger: manent in Skulpturen der damaligen Zeit, die uns nach Originalen oder aus fetten zugänglichen Werken hier geboten werden und uns die edle Art unſerer Urväter, oft im Gegenſatz zu anderen Völkerſtämmen, vor Augen führen. Nebenher bietet uns das Buch eine leicht verſtändliche Einführung in die junge Wiſſenſchaft der Vorgeſchichte überhaupt, es iit mit, Begeiſterung für unſer deutſches Volkstum geſchrieden und verdient von allen geleſen zu werden, die es angeht. Auch der. ſtrenge Fachmann dürfte dabei auf feine Rechnung kommen, da das Buch zahlreiche neue Forſchungsergebniſſe zum 1. Mal bekannt macht. Die 2. Auflage bietet ſoviel Neues, daß fie auch für Beſitzer der 1. Auflage unentbehrlich iſt.

No. 10. Kulturbeziehungen zwifchen Indien, Orient u. Europa. Von Dr. Georg Wilke. 17 Bogen mit 216 Abbildungen im Text. Einzel- preis Mk. 12.--, Subikriptionspreis Mk. 9.60**. Geb. je Mk. 1.50 mehr.

Vertalfer fucht an der Hand zahlreidıer archdologifcher Tatiachen Kulturſtrömungen nachzuweifen, dle fich von der Nordoiteke des Mittelmeeres bis an die Geltade des Ganges und Bramaputra eritrecken.

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No. 12. Der germaniiche Goldreichtum in der Bronzezeit. Von Profeſſor Dr. Guitaf Kolfinna. I. Der Soldfund von Meffingwerk bei Eberswalde und die goldenen Kultgefäße der Germanen. Mit 17 Tafeln und 24 Textabbildungen. Einzelpreis Mk. 5.—, subikripfionspreis Mk. 4.—**. Gebunden je Mk. 1.50 mehr.

Der Eberswalder Goldfund zeigt, was altgermaniſche Kunſtfertigkeit geletitet hat. Verfaſſer bietet in dem Bande mehr als eine einfache Fundbeſchreibung. Er ermittelt genau die Zeitſtellung dieſer Gefäße und bewelft ihre aottesdtenit- liche Beſtimmung. Durch eine Gegenüberſtellung der bisherigen Goldfunde aus der Bronzezeit führt er endlich den Beweis, daß die große Mehrzahl dieſer Goldgefäße und gerade die kunſtvollſten in ganz Europa germaniſche Arbeit geweſen find.

No. 13. Über Megalithgräber und fonitige Grabformen der küneburger Gegend. Von III. III. lrlendu. IV und 41 Seiten

mit einer Karte, 30 Tafeln und 5 Textabbildungen. Einzelpreis Mk. 5.—, Subikriptionspreis Mk. 4.— *. Gebunden je Mk. 1.50 mehr.

No. 14. Die germaniichen Stämme und die Kulturen zwilcten Oder und Palfarge zur rSmifdien Kailerzeif. Von Dr. Erich Blume-Pofen. II. Teil: Beilagen, Fundzulammenitellungen, Regiſter der Fundorte, per- zeichnis der Abkürzungen. Herausgegeben von Pfarrer III. Schultze- Fahrenwalde. Umfang etwa 12 Bogen. Einzelpreis etwa Mk. 7.—, Subikriptionspreis etwa Mk. 5.600“. Gebunden je Mk. 1.50 mehr.

Der II. Teil enthält die Beilagen, Fundzuſammenſtellungen, Abkürzungs- und Bilder-Verzeichnis. Das Werk des unter ſo tragiſchen Umſtänden aus dem Leben geſchiedenen Verfaſſers findet hiermit ſeinen Abſchluß.

als flo. 15 erfcheint nach Beendigung des Krieges:

Oitdeutichland in jungneolithiicher Zeit, ein prählitoriic geographiſcher Verſuch. Von Dr. Ernit Wahle-Delitich. IX u. 216 Seiten

mit 4 Tafeln und 2 Karten. Einzelpreis etwa Mk. 8.—. Subikriptions- preis etwa Mk. 6.40°*. Gebunden je Mk. 1.50 mehr.

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Verlag von Curt Kabigich, kgl. Univ.-Verlagsbuchhändler in Würzburg. III bibli th R vovovo herausgegeben von rororo annus I 10 E Prof. Dr. Guitaf Kollinna.

In Vorbereitung:

Nr. 16.

Die Bewaffnung der Germanen

Von Dr. phil. Martin Jann. Etwa 15 Bogen mit etwa 250 Abbildungen im Text.

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Nr. 17.

Die oitgermanildıe Kultur der Spätlatènezeit

Von Dr. 3. Koltrzewski, Poien.

Etwa 16 Bogen mit 242 Abbildungen im Text.

Einzelpreis broschiert etwa Mk. S—, Subskriptionspreis broschiert eıwa Mk. 6.40. Gebunden je Mk. 1.50 mehr.

Die vor- und frübgefchichtlichen == Alltertümer Thüringens.

Im Auftrage Thüringlicher Geichichtsvereine und willenichaftlicher Korporationen mit Unteritigung der Staatsregierungen von Preußen, Sachen. Weimar, Sadıiien-Coburg- Gotha, Schwarzburg-Rudolitadt und Sciwarzburg-Sondershaulen herausgegeben von

Prof. Dr. H. Sötze Sanitätsrat Dr. P. Zichieiche Prof. Dr. P. Höfer

Berlin-Großlichterfelde Erfurt Wernigerode Mit 2% tichtdrucktafeln und einer archdologiſchen Karte. Preis brosch. Mk. 20.—, gebd. Mk. 22.—.

Im Text gibt zunächſt Zſchieſche Auskunft über die Entſtehung des mühevollen Unternehmens, dann Götze eine ausführliche und ſehr leſenswerte Überſicht über die Vor⸗ und Frühgeſchichte Thüringens. Als Kern des Werkes folgt hierauf das von den drei Autoren bearbeitete Fundverzeichnis (400 S.), ein von Höfer verfaßtes wertvolle? Literaturver- zeichnis (43 S.), Ortsregiſter und Tafelerläuterung. Die vorzüglich ausgeführten Lichtdrucktafeln beruhen zum größten Teil auf eigens für das Werk hergeſtellten photographiſchen Aufnahmen und gewähren einen vollen Überblick über den Reichtum Thüringens an höchſt bemerkenswerten Funden aus allen alten Kulturperioden Europass. Die drei Autoren haben eine Muſterarbeit geliefert, auf welche fie ſelbſt und das Land, dem fie gewidmet tft, ſtolz ſein können.

„Rorrespendenzblatt 4. deutsch. Geschichts- und Altertumsverelne“.

Verlag von Curt Kabigich, kgl. Univ.-Verlagsbuchhdndler in Würzburg.

Wichtig für neue Mitglieder und neue Abonnenten.

„Illannus“ Zeitſchrift für Vorgeſchichte

herausgegeben von Prof. Dr. Guitaf Koffinna.

3ährlih etwa 3—4& Helle in zwanglofer Folge, die zuſammen einen Band von etwa 26 Druckbogen mit ebenioviel Tafeln und reichhaltigen Textillultrationen bilden. Einzelne Hefte find nicht käuflic. Bezugspreis für den Band Mk. 18.— , Einbanddecken ; zu Mk. 1.—.

Der vorangehende VI. Band (1914) bietet:

1. Wiſſenſchaftliche Vorträge auf der 5. Tagung der Geſellſchaft für

Deutſche ee in Röln.

Roffinna, G ; en Germanifcher Goldreihtum in der Bronzezeit. Mit 20 Textabbildungen und Tafel 1/11.

Wilke, G. (Leipzig). Mythifche Vorftellungen und fymbolifche Zeichen aus indoeuropdilcher Urzeit. Mit 43 Textabbildungen.

Günther, A. (Coblenz). Die iteinzeitlihen Kulturen am Mittelrhein.

Roehl, Be (Worms). Ältere und jüngere Spiralmdanderkeramik. Mit 53 Textabbildungen.

Baupt, A e Das Holz als maßgebender Stoff germanilder Kunitbetdtigung. (Kurzer

Auszug). Mötefindt, BH. (Wernigerode). Die Ergänzung der Weichteile an vorgeſchichtlichen Schädeln. Mit 3 Abbildungen. Quente, 170 i Ein germanikhes Dorf bel Kyritz. Mit Tafel III VII und 2 Text- abbildungen. Wilſer, C. (Heidelberg). der Brakteat von Srumpan und die Runenfrage. Mit Tafel VIII. Profé, O. (Köln). Vorgeſchichtliche Jagd. Mit 3% Textabbildungen. 2. Außerer Verlauf der Tagung. Berlcht von G. Roffinna.

I. Abhandlungen.

Bing, J. (Bergen). Sermaniſche Religion der ältern Bronzezeit. Mit 33 Textabbildungen.

Bing, J. (Bergen). Der Götterwagen. Mit 15 Textabbildungen.

Gärte, W. (Königsberg i. Pr.). Die iymboliihe Verwendung des Schachbrettmulters im Altertum. Mit 33 Textabbildungen.

Häusler, R. (Kaiwaka). Die Ausgrabungen beim Schweizersbild.

Hörter, P. (Mayen). Die Bafaltlava-indultrie bei Mayen (Rheinland) in vorrömiicher und rd» miſcher Zeit. Mit 10 Abbildungen im Text und auf & Tafeln.

Koſſinna, G. (Berlin). Neue Goidgefdke aus Frankreich. Mit einem Anhang: Herr Schuchhardt und die Wahrheit. Mit 15 Abbildungen und 3 Tafeln.

II. Mitteilungen. Bezzenberger, A. (Königsberg). Ein Ornament der ipäten Bronzezeit. Mit & Textabbildungen. Gagel, C. (Berlin-Dahlem). Die altiteinzeitlihe Funditelle Markkleeberg bei Leipzig. Günther, A. (Coblenz). Eine Germanen-Statuette aus Urmitz. Mit 2 Abbildungen. Kalliefe, H. (Berlin). Ein Higelgrab von Schedbojewit bei Hohentalza. Mit 6 Textabbildungen. Kaphahn, Dr. (Graudenz). Skelettgrab in Selnowo, Kreis Graudenz. Mit x Abbildungen. Mente, BH. (Lüchow). Ein Depotfund der jüngeren Bronzezeit aus dem hannoverſchen Wendlande. Mit 22 Textabbildungen und Tafei IX. Quilling, F. (Homburg). Miltenberger Teutonenſtein. Schulz, W. (Halle). Deutungsverfuch einer Fellenzeicinung. Mit 1 Textabbildung. Stimming, R. (Großwulterwig). Machtrag über Fibelformen der Bronze- und Clienzelt in der Mark Brandenburg und in der Provinz Sachien. Mit 13 Textabbildungen. Wilcke, M. (Zeit). Eine ſteinerne Armichugplatte aus der Flur Gofek. Mit 3 Textabbildungen. Wilcke, M. (Zeit). Hoch einmal das Gräberield Wilhelmshöhe bei Ulich, Prov. Pofen. Mit Taf. X, XI. Wilcke, M. (Zeit) und Mötefindt, B. (Wernigerode). Funde aus provinzialrdmilcher Zeit vom Kdmmereihdizchen bei Weißenfels. Mit 13 Abbildungen. Wolff, K. F. (Bozen). Die Urheimat der Indogermanen.

III. Aus Mufieen und Vereinen.

Bufje, BH. (Woltersdorf). Beſichtigung des vorgelchichtlidien Gräberfeldes bei Diensdorf am Schar. mützelſee.

Roffinna, G. (Berlin). Sitzungsberichte der Berliner Zweiggefell{chaft.

Husflug nach Eberswalde und Freienwalde.

£ienau, M. (Frankfurt a. O.). Bericht über die willenihaftlihe Ordnung und Vermehrung der vorgeihichtlihen Abteilung des Mufeums für das Füritentum Lüneburg.

1. Sitzungsberichte 191%. 2. Ausflug der Berliner Zweiggelellſchaft nach dem Scharmützellee, am 28. Juni 191%. Mit 5 Textabbildungen.

IV. Bücherbeiprechungen. V. Nachrichten.

Von den Bänden I- IV find nur noch knappe Vorräte vorhanden.

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. 81 3— Bette in zwanglofer Folge, die zulammen elnen Band von etwa 26 Druckbogen | m . ebenfopjel: ‚Tafeln und ‚reichlichen Textilluitratlonen bilden, Sinrelne Seite find. nicht käuflich, -

5 BER 3 Bergsee für den Band Mk. 18.—, Einbanddeken zu Mk. 1. 2 4

IE Band (IV und 363 Seiten mit 17 Tafeln und 278 Textabbildungen). Preis Mk. 16.— “Di. Band av und 354 Seiten mit 31 Tafeln und 131 Textabbildungen). Preis. Mk. 16.— a ‘Band (IV und A489 Seiten’ mit 5% Tafeln und 253 Textabbildungen). Preis ‘Mk. 18.—

| 8 tH». Band ( V und 305 Seiten mit 33 Tafeln und 196 Textabbildungen). Preis Mk, 18.—

| 7% VI. re 1 * und 120 Selten mit 18 Tafeln und 302 Textabbildungen). Preis Mk, 18.—

. cS ee \ I. Ergänzungsband:

| benen über die J. Bauptperlammlung zu Bannoper 1909, 1V und 107 Seiten mil 3 Tafeln und 3 Abbildungen im Text. Preis Mk..4.—, Einbanddecke Mk. 1.—+, | Dorzugsprels the te poe der Sefellichait und Abonnenten des Mannus Mk. 3.—. |

5 | 22 I. Band av und 350 Seiten mit 38 Tafeln und 221 Cextabbildungen), Preis. Mk: 16,— .

II. Ergänzungsband:

15 Bericht über die II. ‘Baupfoeriammiung zu Erfurt 1910. 91 Seiten mit 5 Tafeln. und 158, Abbildungen im Text. »— Preis Mk, 3.50, Einbanddecke Mk. 1.—.. Vorzugspteis für Mit ie der, Seſellſchalt und Abonnenten des Mannus Mk. 2.80.

Fk = : 855 Berichte über dle welteren Sauptveriammfungen ericieinen ab Bd. IV Im lant felbit.

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Gesellschaft für Deutsche Vorgeschichte.

8 Der Mitgliedsbeitrag der Selellſcholt kr deuticte Vorgelhichte beträgt 12 Mk,

. für Illitglteder der Berliner Zweiggeiellihaft-2 Mk. mehr; ; ag ‚Einzahlung‘ desielben.hat an den Perſag von Curt Kabirzsch, Kgl. Univ. «Derlagsbuchhändler, ie 2 Würzburg, tudwigitrahe 23 f zu erfolgen. * i 1 Deuanneldungen sowie Abmeldungen ini suseder an den por

e ee ‘Dr 6 Kossinna, Berlin-Lichterfelde, Karlstrasse ı9 oder an. den Scagmei iter der Gelell«

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a: erm Ernst Snethlage, Berlin NW, Quiowitrake 123 zu_riciten;

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händler, Würzburg, Ludwigittaße, 23 ½.

| 53 ulw. find nut an den erahsyeber, Serrn Professor | Manse Vorlagen Dr. G. Kossinna, Berlin-Lichrertelde, Karlitraße 10

~~ elnzuliefern (Einſchrelben ). -Manuikripte ſollen möglidit ‚einielfig beichrieben tein, Zeſdi- nungen -reptodüktionstählg ausgeführt unter vermeldung von Bleiffiftitridien oder mit Blelitikt

ſichwarz gehalten fein: millet. Graue Striche eriduseren die Wiedergabe,

| he ‚Bezugspreis des Mannus im Buchhandel beträgt Mk. 18.— tür den Band;

bel Abnahme der ganzen bisher erſchlenenen Reihe wird ein Dore x 5 els. zugeltanden, Ferner fel auf die beiden Ergänzungsbände (Preis. Ik. 3.— und 80) aufmerklam gemacht, Towie auf die Einbanddecken zum Preiie von Mons 1.— (fit

| Ar fame ‚Bände noch 8 |

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e Bande | VI und Ergänzungsband I u. II können neu eintretende Mitglieder

und Abonnenten noch nadıbeziehen, Man wende fict an den Ver.

er bei Abnahme der ganzen Reihe nach 7 der tellwelle nur nocht geringen Vote en Vorzugspreis. elnizelen läßt,

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ausgeführten. Schaftierungen, Am beiten geeignet lind Federzeichnungen, dle jedoch tief )

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© Shalt: Einfeihung, Die Gelahren der Kultur. ‚Alkoholismus, Die Gefstledhts |

Dle Zuberkuloie, ~ Selſteskrunkheiten. Rückgang der Sebuttenzahl. Sdugtin beben e e ges Wohlitandes. Zunahme Mer Zivllifation, ae 5 Kur Schlutbetrachtung. yn

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pon Obere 8. Fritze, Meiningen (Mitglied der Gefellich, f. a eae) = 8°, 118 u. 28 Seiten mit 53 Abbildungen im Text. Preis’ MR 3. “A N CF,

Gonderdruck aus „Neue: Beiträge zur Geidiidite deulſchen Hltertums“, ‚heraus | De 3. gegeben von dem Fennebergicken altertumsforictenden Verein in Meiningen) ~~

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von Curt Kabitzid Univeriitäts«Verlagsbudihänd!

ausgegeben von Dr. Guitaf Koflinna

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ge Verlag von Curt Kabltzich, 10 Univ. Dertgsbucihänder in Würzburg.

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Zahtlich 31 Beile in zwangloſer Folge, die zulammen einen Band von etwa-26 Druckbogen mit ebenloplel Tafeln und reichhaltigen Textabbildungen bilden. Einzelne Hefte find nidu käuflich.

Das vorliegende 3/%, Belt des VII. Bandes. enthält;

I. Abhandlungen. .

| PER: a Gelen Vorgeldtiditlidie Sternkunde und Zeiteinteilung; Mit 13 Cextabblldungen 1 Karte (Tafel XXXV).

Strauch, pe (Berlin), Skelettrelfe: aus Steinzeilgräbern in der Uckermark. (Zur Abhandlung „Neuere Funde von Steinzeitgräbern in der Uckermark" Mannus VII, S. 33 u. .)

Bing, Juſt (Bergen, Norwegen). Götterzeichen. Mit 14 Textabbildungen. Montelins, Oscar (Stockholm). Das lateiniſche Kreuz. + Mit 60 Cestabbildungen.

II. Mitteilungen.

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:

Barer, Zoſef (Wien). Die Bedeutung der Moulférien-Station Markkleeberg bel. Helpzlg far dle

quartärdıronologildıe Frage.

örter er (Mayen). Ein Gräberleld. der älteſten Sallitaftzeit bel Gerin Kreis Magen, pre rad (Schluß.) Mit 3 Textabbildungen. “1

Börter, 3 (Mayen). Gräber der Jüngiten Hallitattzeit bel Mayen, ‚Rheinland. mit . Texte abbildungen und 1 Tafel (XXX VI),

mehlis, 5 ee a, B.). Zu den vorgeihlcitlichen Eiienbarren (Spigbarren), ‘mit 2 Cast. dungen.

PR N 3 (Berlin). Zu den vorgelchichtlidten Elfenbarren:

nee re ie (Sroß-Wulterwiß). Frührömikdte- Funde aus der Mark Granites any 1

gebung. Mit 7 Taleln (XXXVII-XLII) und 1 Karte.

Plettke, Alfred (+). Unpraog und Ausbreitung der Angeliahien, © = = =. 20° i

III. Bicherbeiprechungen. Mit 1 Cextabbildung.

IV. Nachrichten, 8 *

Mit 3 Cateln (XLIV—XLV}),

Im Frühjahr erlchien:

Kriegsgeographie

iSrdhunite und Weltkrieg in. ihren Beziätiniken i

_ erläutert und dargeltellt nebit Schilderung der Kriegsichaupläße : nr von Rektor B. Elemenz, Iıtegnit Mit 17 Kärtchen und Abbildungen im Text, 12 Reliefkarten, 1 Pine en und 7 Bildertafeln, 2. umgearbeitete und erweiterte Beige 1. 9 | Sebd. Ik, 4.—.

Bieiet einen guten Einblick in die geographiſchen Verhdltnifie und in die Entwidielung da indent Zufände der am Krieg befeiligten Gegenden und Volker, In anregender Daritellung wurden uns

nicht nur die geographlihen, fondern auch die wlrtſchaltspolltiſchen Perhaltniſſe geldulldert Sehr gute nde |

Karten ergänzen dle Bedeutung des Buches, das auch nach dem Kriege und beſonders währe

Friedensverhandiungen von Wert leln wird, Das Buch bietet reichlicben Stoff Seren, SER lebrung, zu Vorträgen ulw, und lit auch zum Leiebuch in den Oberklailen-aller

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I. Abhandlungen.

Vorgeſchichtliche Sternkunde und Seiteinteilung.

Don Regierungslandmeſſer Stephan, Pofen.

Mit 13 Textabbildungen und 1 Karte (Taf. XXXV).

I. Die Steinkreiſe zu Odry in Weſtpreußen und ihre Vermeſſung !).

Mächtige Steinſetzungen in England und der Bretagne überliefern uns die Kunde von mathematiſchen und aſtronomiſchen Kenntniffen eines auf hoher Kulturftufe ſtehenden vorgeſchichtlichen Volkes. Den Schlüffel zum VDerſtändnis ihrer Sprache haben uns der Ajtronom Lodyer in feinem Werke „Stonehenge“ 2) und Korvettenkapitän Devoir im Mannus I gegeben.

Wir brauchen aber gar nicht ins Ausland zu gehen, um ſo ſchöne Seft- ſtellungen zu machen. Daß auch der heimiſche Boden, richtig befragt, Spuren von alter Sternfunde in Steinmarken und Steinviſieren im Innern von Grabhügeln enthüllen kann, das leſen wir in M. Lienaus Abhandlung „Über ſtelenartige Grabſteine ...“ der Lüneburger Heide (Mannus V, 120). Sind daſelbſt jedoch die Anzeichen naturgemäß ſpärlich und unſicher, ſo ſoll im folgenden eine deutſche Stern- und Zeitenwarte beſchrieben werden, die den Vergleich mit den weſteuropäiſchen wahrlich nicht zu ſcheuen braucht.

Daß es auch in Deutſchland und zwar hauptſächlich in Weſtpreußen Steinkreiſe gibt, wird mancher erſt in Profeſſor Koſſinnas Indogermanen— Abhandlung (Mannus II, 59) geleſen haben. So ging es mir. Der Zufall führte mich in die Gegend der größten Anlage zu Odru im Kreiſe Ronitz, und mir kam der Gedanke, daß auch hier Sternkundige den Plan des eigen— artigen Denkmals entworfen haben könnten. |

1) Ein kürzerer Bericht über die Meſſung ijt in der Sachzeitjchrift „Der Landmeſſer“ 1915, Heft 8 erſchienen. 2) London, Macmillan. 1906. mannus, Bd. VII. H. 3. 15

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Abb. 1. Umgebung von Odry. Nach der Generalitabstarte 1:100000 auf den ungefähren Maßſtab 1:115000 verkleinert.

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3] Stephan. Dorgeſchichtliche Sterntunde und Zeiteinteilung. 215

Bei einer archäologischen Unterſuchung in den 70er Jahren hat Dr. Lijjauer in jedem Kreis ein Grab gefunden mit Ajche, Kohlen und ge— brannten Menſchenknochen, ohne Urne. Er hat kurz darüber in den Schriften der Danziger Naturforſchenden Geſellſchaft (R. §. III, 3, S. 16) berichtet. Eine Skizze eines Oberförſters, die einem Kufſatze v. Hirjchfelds „Die Steindenkmale der Vorzeit“ in der Zeitſchrift des Hiſtoriſchen Dereins Marien: werder 1877 beigefügt iſt, gab auch zu weiteren Schlüſſen nicht Anlaß. Nur eine ſehr genaue Vermeſſung konnte Klarheit ſchaffen, und ein zuſtimmendes Schreiben des herrn Profeſſor Koſſinna beſtärkte mich in meinem Plan, eine ſolche auszuführen. Die Meſſung erfolgte vom 21. bis 23. Mai 1914.

Odry liegt in einer einſamen Gegend an der Nordoſtgrenze des Kreiſes Konig am rechten Ufer des Schwarzwaſſerfluſſes. Das Denkmal befindet ſich in der Nordweſtecke des ſtaatlichen Kiefernforſtes, der ſich nördlich von Odry in der Richtung auf Miedzno hinzieht, und zwar dicht am Schwarzwaſſer. Ein Weg von Odry nach Miedzno führt durch den ſüdlichſten Kreis hindurch. Odry ijt auf 13 km Chauſſee und Waldweg von der Station Czerſk und 10 km Landweg von der Station Long der Strecke Berlin Konitz —Dirſchau zu erreichen. Der zuſtändige Oberförſter, der die Erlaubnis zur Vermeſſung erteilte, wohnt in Cig, dicht bei Czerſk. Der Revierföriter ijt der hegemeiſter Kaiſer zu Ooͤry, der ein außergewöhnliches Derſtändnis für die Steine hat und dem es wohl auch zu verdanken iſt, daß ſie nicht längſt verpflaſtert ſind. Die Kreisflächen und ſchmale Wege zwiſchen dieſen find ausgerodet.

Die ſichere Beſtimmung der Nordrichtung war für die Vermeſſung hauptbedingung. Eine Rompaßmeſſung wäre zu ungenau geweſen. Da aſtronomiſche Inſtrumente nicht zur Derfügung ſtanden, war der AUnſchluß der Meſſung an das trigonometriſche Netz der militäriſchen Candesaufnahme ein zwar etwas umſtändlicher, aber ſicherer Weg. Zwei günſtig gelegene Dreieckspunkte wurden durch einen über die Kreiſe geleiteten Theodolit— Polygonzug verbunden. Die Einzelaufnahme geſchah durch Meſſung der mit hilfe des Prismas beſtimmten rechtwinkligen Abſtände von den Polugon— ſtrecken oder von hilfslinien aus ganz nach Art der Kataſtervermeſſungen. Es wurde jeder vorhandene Stein ohne Kückſicht darauf, ob er zu einem Kreiſe zu gehören ſchien oder nicht, bis auf 5 ein genau aufgenommen, und zwar ſo, daß außer der höchſten Spitze!) auch der ſehr verſchieden große Grund— riß zur Darſtellung kommen konnte. Aud) die höhe der einzelnen Steine wurde gemeſſen. Unterſchieden wurde zwiſchen unberührt aufrecht ſtehenden, umgefallenen und ſolchen Steinen, bei denen es unſicher iſt, ob ſie durch Menſchenhand oder von Natur an ihre Stelle gekommen find. Die Steine ſind mit folder Genauigkeit aufgenommen, daß fie als Husgangspunkte für ſpätere Meſſungen benutzt werden können. Eine Aufnahme der höhen—

1) Nur auf der Urkarte dargeſtellt.

216 Stephan. [4

unterſchiede des Geländes war leider aus Mangel an Zeit nicht möglich. Die zahlreichen zwiſchen den Kreiſen verſtreuten Hügel, die erſt im Laufe der Meſſung als künſtliche erkannt wurden, ſind nur ganz ungefähr durch Ermittelung der höhe und der Durchmeſſer beſtimmt. Die Lage des Schwarz⸗ waſſerfluſſes, gegen den das ſonſt ziemlich flache Gelände auf etwa 5 m ſteil abfällt, iſt nur an einer Stelle beim Kreis VII durch Meſſung ermittelt. Die Kartierung der Urkarte erfolgte im Maßſtab 1: 400, der alle Einzelheiten deutlich erkennen läßt. (Eine Karte in gleichem Maßſtabe iſt beigegeben.) Die Netzlinien des Planes beziehen ſich auf rechtwinkelig⸗ſphäriſche Roordi⸗ naten mit dem Nullpunkt Heinridsthal bei Konitz. Sie decken fic) infolge- deſſen nicht genau mit den vier himmelsrichtungen, ſondern zeigen um 24 Minuten, „die Meridiankonvergenz“, zu weit nach rechts.

Die Steine des Denkmals ſind Findlingsblöcke, wie ſie die Gletſcher der Eiszeit ins Land gebracht haben. Sie ragen 0,10 m bis 1,10 m über den Erdboden empor. Bei einigen iſt an ihren glatten Seitenflächen deutlich die Abjpaltung von größeren Blöcken wahrnehmbar. Irgendwelche ſorgfältigere Bearbeitung iſt nicht nachzuweiſen. Außer vielen einzeln oder in Gruppen ſtehenden Steinen kann man auf der Karte mit Sicherheit 10 Kreiſe feſt⸗ ſtellen, deren Eigenſchaften in folgender Zuſammenſtellung aufgeführt ſind:

Jetzt Urſprüng— Durchſchnitt— Kreisdurchmeſſer durch— Kreis lid) liche Entfer— (Innenkreis) ſchnittlichefſ mittel⸗ ur vorhandene nung der | Meter: in Einhei- hohe der iteine Anzahl der Umring- | >teine von- uin Meter? ten pon | Steine ſteine leinander in m maß 1,154 m | in em | 15 29 3,58 33,1 29 55 at II 18 18 (+1) 2,84 16,25 14 45 12 (liegt) III 16 3,65 18,60 16 70 1 (l) [V 20 22 (+1) „93 27,96 24 65 | V 24 25 (+1) 4,58 52,10 28 70 1 VI 19 20 2,56 15,05 13 0 1 (D VII 16 18 1.05 23,20 20 50 2 VIII 8 20 4,02 25,60 22 40 2 (liegen) [X 7 24 (?) 1,96 15,0 13 25 Ei X 10 20 (?) 4,50 27,40 24 40 1 (l)

II. Ein vorgeſchichtliches Längenmaß.

Daß wir ſorgfältig abgezirkelte Kreiſe vor uns haben, das beweiſen uns die auf der Karte konſtruierten Kreislinien, die ſich recht genau dem Innen⸗ rande der Steine anſchmiegen. Bei den Kreiſen II, III, IV und VI tritt das beſonders deutlich in die Erſcheinung. Daher iſt der Schluß geſtattet,

5] Vorgeſchichtliche Sternkunde und Zeiteinteilung. 217

dak fic) die alten Baumeiſter zum Aufzeichnen einer Schnur bedienten, die wohl um einen Mittelpfahl herumgeführt wurde.

Sehr regelmäßig find auch die Spannungen zwiſchen den einzelnen Umringſteinen innegehalten. Der mittlere Fehler zwiſchen den auf der Karte abgegriffenen Steinentfernungen und dem Soll beträgt z. B. beim Kreis V nur + oder 9 cm, beim Kreis I, der am unregelmäßigiten zu ſein ſcheint, + oder 23cm. Da die Blöcke zum Teil ſehr ſchwer find, war es eine tüchtige Ceiſtung, fie jo genau an die gewollte Stelle zu bringen. Für einzelne Ab- weichungen ijt der Grund ſicher nicht in einer Ungenauigkeit der urſprüng— lichen ÜUbſteckung, ſondern in natürlichen oder mutwilligen Veränderungen im Laufe der Jahrtauſende zu ſuchen. Huch hat bei der archäologiſchen Unter- ſuchung Liffauer bedauerlicherweiſe verſchiedene Steine umſtürzen laſſen. Er berichtet, um die Größe der Blöcke anſchaulich zu machen, daß die ein— mal umgeſtürzten Steine von acht Arbeitern nicht wieder von der Stelle gerückt werden konnten.

Die Größe der Kreisdurchmeſſer iſt ganz verſchieden. Da man die Steine wohl nicht auf die vorgezeichnete Kreislinie ſelbſt, ſondern um dieſe nicht zu zerſtören, von außen heranſetzte, haben wir von Innenrand zu Innen— rand zu meſſen, und da ergeben ſich die Maße 15,0 m bis 35,1 m. Junächſt ſcheint es, als ob ſie planlos gewählt ſeien. Stellt man die Jahlen jedoch der Größe nach geordnet zuſammen, ſo zeigt ſich deutlich, daß beſtimmte Maßeinheiten darinſtecken.

Die Durchmeſſer ſind folgende:

15,0 15,05 16,25 18,60 23,20 25,60 27,40 27,55 32,1 35,1 m eee Die Unterſchiede ſind: 1,20 2,35 4,60 2,40 1,80 4,60 1,00 m alſo etwa 1,15 oder das N 2 fache oder 4 fache davon. 1,15 ift in den ganzen Durchmeſſern rund: 13 14 16 20 22 24 28 29 mal entbalten. Umgekehrt ergibt die Leilung der Durchmeſſer durch dieſe Zahlen: 1,154 1,158 1,161 1,162 1,160 1,164 1,142 1,148 1,146 1, 141 m

im Durchſchnitt 1,154 m.

Somit ſteht feſt, daß die Erbauer ein ganz beſtimmtes Maß anwandten, das 1,154 m lang war. Das ijt aber ſicher nichts anderes als 4 Suk zu 28,85 cm, was der Größe des unbekleideten Fußes eines ſtattlichen Mannes entſpricht. Aber auch das Dierfache von 1,154 m, alſo 4,616, muß eine Maßeinheit geweſen fein; denn 1 Kreis hat 4, einer 5, zwei haben 6 und einer 7 ſolcher „Ruten“. Danach hätten wir eine Rute = 4 nennen wirs „Stäbe“ = 16 Sug = 4,616 m. In Zukunft müßten alſo vorgeſchichtliche Anlagen nach dieſem Maß gemeſſen werden.

218 Stephan. [6

Nachträglich leſe ich zu meiner Überraſchung im Kapitel „Maßver— gleichung“ in Jordans Dermeſſungskunde, daß bis zur Einführung des Metermaßes in Hannover eine 16teilige Rute von 4,674 m, in Mecklenburg eine ſolche von 4,656 m Lange in Gebrauch war. In dieſen Landesteilen hat ſich alſo durch die Jahrtauſende hindurch dasſelbe Maß erhalten. Es iſt jetzt nur 4 bis 6 cm größer als das vorgeſchichtliche,

Auch in arithmetiſcher Hinficht ijt die §eſtſtellung der 16-Teilung wichtig, die alſo alter ijt als die Zehnerteilung, die man im Hinblick auf das natürliche Vorkommen der Zahl 10 an Fingern und Zehen als die urſprüngliche anſah. Eine weitere Unterteilung des Jußes in 16 Teile, nämlich 4 „Handbreit“ zu 4 „Fingerbreit“, finde ich übrigens für die Deutſchordensritterzeit an— gegeben bei Roedder, „Geſchichte des Dermeſſungsweſens Preußens“ (Zeit— ſchr. f. Vermeſſungsw. 1907 S. 855).

III. Sonnenviſuren.

Sind die Durchmeſſer ſo genau gemeſſen, ſo darf man ſchließen, daß auch alles übrige Maß und Zweck hat. Im Kreisinneren befinden ſich ent: weder zwei Mittelſteine (Kreis VII und VIII, bei letzterem liegend), oder es ijt nur einer vorhanden (Kreis II bis VI und X), oder gar keiner (Kreis I und IX). Es iſt wohl aber anzunehmen, daß urſprünglich jeder Kreis wenig— ſtens einen Mittelſtein gehabt hat, wie auch von hirſchfeld (a. a. O.) nach den vorgefundenen Spuren ſchließt.

Die Kreiſe II, IV und VI haben im Innern flache Hügel, die in der Mitte etwa 0,50 bis 0,75 m hoch ſind. Die übrigen find eben. Es iſt eigen— artig, daß die auf der Karte feſtgeſtellten Kreismittelpunfte nie genau auf einen Stein treffen, ſondern, wo zwei Mittelſteine ſind, zwiſchen dieſe, wo einer iſt, neben ihn. Sie ſollten alſo aus irgend einem Grunde frei bleiben.

Die Kreiſe ſind, wie ſchon ein flüchtiger Blick auf die Karte erkennen läßt, zu je 3 oder 4 in 3 Reihen angeordnet. Sollten wir nicht darin Kicht— linien, etwa nach Sonnenaufgangspunkten, erblicken dürfen? Es ergäbe lid dann auch für die zwei Mittelſteine die Erklärung als Viſierkimme, für die freien Mittelpunkte neben den einzelnen Steinen als Beobachterplätze. Machen wir den Verſuch!

Die aus der Karte ermittelte Richtung von Kreis IV aus zwiſchen dem Steinviſier des Kreiſes VII hindurch hat einen Winkel von 48° 10’ von Norden nach Oſten, die Richtung von Ill nach I in letzterem dürfen wir vielleicht auch urſprünglich ein Steinviſier vermuten hat ein Azimut von 43° 39’ (von Süden nach Oſten). Die dritte Reihe, die der zwei Steine des Kreiſes VIII wegen in der Richtung I—VIII zu beobachten wäre, hat ein Azimut von 22° 48’ (von Norden nach Welten).

7] Vorgeſchichtliche Sternfunde und Zeiteinteilung. 219

Iſt unfere Annahme richtig, jo entſprächen die angegebenen Winkel den tatſächlich am natürlichen Horizont beobachteten Richtungen. Um aber die theoretiſchen Dijuren zu erhalten, müſſen wir einige Reduktionen vor— nehmen. |

Da iſt zuerſt zu beachten, daß der ſcheinbare Horizont ſicher nicht mit dem wahren (aſtronomiſchen) Horizonte übereinſtimmte. Eine unmittelbare Beobachtung iſt natürlich jetzt in den dichten Wäldern nicht möglich. Eine Ein— wägung der höhen bis an den Horizont wäre zu zeitraubend. Es blieb daher. nur der Husweg übrig, die höhenunterſchiede aus den Geländekurven der ziemlich alten Meßtiſch⸗klufnahme zu ermitteln. Die Eintragung der drei Richtungen in letztere ſowie auch in die Generalſtabskarte (ſiehe Abb. Nr. 1) zeigt, daß der Platz recht gut gewählt war; denn man hatte eine für ſo welliges Gelände beträchtliche Fernſicht. Die Richtung IV- VII trifft erſt bei 6 km, die von III über I hinaus bei 1,6 km, die von I über VIII hinaus bei 5 km auf den natürlichen Horizont. Die höhenwinkel, für Augenhöhe eines Be— obachters berechnet, betragen der Reihe nach 3, 34, 4 Minuten.

Zweitens iſt bei Sternviſuren am Horizont die Strahlenbrechung zu berückſichtigen, infolge deren das Bild höher erſcheint, als es in Wirklich— keit ſteht.

Drittens iſt zu bedenken, ob man als „Sonnenaufgang“ das Erſcheinen des oberſten Sonnenrandes oder der halben Scheibe oder aber das Daſein des ganzen Sonnenballes angenommen hat. Ich möchte mich, ohne freilich zwingende Gründe dafür angeben zu können, für das letztere entſcheiden.

Danach wären die beiden zuerſt genannten Richtungen wie folgt zu verändern:

Richtung IV- VII Iii—I

Beobachtetes Hzimult 48° 10’ 43° 39’

höhenwintel. . . . . 2. 2 1... 3 34

Sonnenhalbmeſſtv W 16’ 16’

zufammen .. 19 50

Refraktion nach Beſſel 31’ 26’

folglich wahre höhe der Sonne. . 12“ | +24 ſomit das Azimut, bezogen auf den

wahren Horizont 48° 35’ 44° 25’

im Mittel 46° 30°

Die Berechnung des Sonnenaufgangs zu den Sonnenwenden für unjere Gegend geographiſche Breite = 53°54’ mit dem in Jordans „Aſtro— nomiſcher Zeit- und Ortsbeſtimmung“ für das Jahr 1877 angeführten Dekli— nationswert 23° 27’ ergibt 473“ von Norden nad) Often für Mittſommer und entſprechend 47931’ von Süden nach Oſten für Mittwinter.

220 Stephan. [8

Nun iſt ja infolge der Deränderungen der Efliptifichiefe die Sonnen- deflination und damit ihr Aufgangspunft im Laufe der Jahrtauſende Schwan: kungen unterworfen, die aber nur gering ſind. Sie find von Ajtronomen bis in weit zurückliegende Zeiten berechnet, und Lodyer hat danach feine Datierung der Erbauung der Stonehenge vorgenommen.

Etwa aus unſeren Sonnenviſuren Schlüſſe auf die Entſtehungszeit des Odryer Denkmals zu ziehen, geht nicht an bei dem immerhin beträchtlichen Unterſchied von 4 Grad zwiſchen den beiden gefundenen Azimuten, die doch theoretiſch gleich ſein müßten. Dieſe Abweichung wird jedoch hinreichend erklärt durch die ungenaue Ermittelung der höhenwinkel, vielleicht auch durch Veränderungen des natürlichen Horizontes im Laufe der Jahrtauſende, nicht zum wenigſten aber durch die Schwierigkeit einer genauen Feſtlegung des Sonnenaufgangspunktes mit bloßem Auge. Auch läßt ſich nicht mit Sicherheit behaupten, daß der Beobachter gerade im Mittelpunkt der Kreiſe IV und III geſtanden habe. Die Ronſtruktion des Kreifes VII läßt 3. B. auch die Möglichkeit zu, daß die Sehachſe die auf der Karte mit Pfeil ver— ſehene punktierte Linie war, die rückwärts verlängert, auf Hügel 11 treffen würde. Der oben angenommene Mittelwert von 46° 30’ würde ganz ungefähr auf die Zeit um 1700 v. Chr. paſſen.

Nur das können wir als ſicher hinnehmen, daß man über Kreis VII hinaus den Mittſommer-, über I hinaus den Mittwinter-Sonnenaufgang beobachtete.

IV. Eine Sternviſur und danach Datierung auf 1760 v. Chr. (2)

Bei weitem günſtiger für einen Datierungsverſuch wäre es, wenn wir die Dijur nach einem Stern fänden. Ein Stern läßt ſich viel ſchärfer beobachten als die blendende Sonnenſcheibe. Die Zweifel, ob ganz oder halb oder nur am oberſten Rande, fallen bei ihm weg. Er ijt infolge des Wanderns des Frühlingspunktes auf der Ekliptik in feinen Stellungen viel größeren Ver— änderungen unterworfen als die Sonne, alſo wären Schlüſſe auf die Ent: ſtehungszeit viel ſicherer.

Sur unſere dritte Richtung von I nach VIII mit dem beobachteten Hzimut 22°48’ (von N. nach W.), dem infolge des höhenwinkels von 4’ und der Refraftion von 34’ ein wahres Azimut von 23°53’ entſpricht, kann nun aber die Sonne nicht in Frage kommen, ſondern nur ein Stern und zwar, da die Richtung nach Weſten neigt, nur der Untergang eines ſolchen. Es wird natürlich ein möglichſt heller und wohl auch ein ſolcher ſein, der in der Ajtronomie oder in den Mythen der alten Völker eine Rolle ſpielt. Nach Dankwortts Sterntafeln, abgedruckt in der Vierteljahrsſchrift der Aſtronom. Geſellſchaft 1881, Heft 1, kommen für uns in Frage Urkturus (q im Bootes) und Capella (gc im Suhrmann), und zwar entſpricht unſere Richtung einer

9] Vorgeſchichtliche Sterntunde und Zeiteinteilung. 221

Deklination, welche Arfturus ums Jahr 350 v. Chr., Capella dagegen ums Jahr 1760 v. Chr. hatte. Selbſt als Laie in vorgeſchichtlichen Fragen darf ich wohl behaupten, daß 350 als Entſtehungszeit ausſcheidet. Steinzeit⸗ funde in den Gräbern. Somit wäre alſo, wenn die Dorausſetzungen richtig ſind, mit 1760 die ungefähre Entſtehungszeit der Kreije und ſomit für Deutſch— land die erſte abſolute Datierung für jo frühe Zeiten gefunden. Zu völlig ſicheren Jeitbeſtimmungen würde zweifellos die vergleichende Unterſuchung möglichſt vieler derartiger Denkmäler aus allen in Frage kommenden Ländern führen.

Beim Betrachten dieſer dritten Richtung auf der Generalſtabskarte können wir übrigens die bemerkenswerte Feſtſtellung machen, daß ſie in ihrer Mitte auf einer Strecke von etwa 800 m Länge von der Grenze des Kreijes Berent begleitet wird, der ſich hier in einem Zipfel weit in den Konitzer Kreis hinein erſtreckt. Da liegt der Gedanke nahe, daß die Diſuren örtlich bezeichnet waren, wohl um ſie von Baumwuchs frei zu halten, und daß dieſe Schneiſen als Eigentumsgrenzen verwandt wurden. Wenn man die betreffenden Flurkarten durchforſchen würde, ſo könnte vielleicht Klarheit über dieſe Frage herbeigeführt werden. |

LCockyers Werk „Stonehenge“, von dem ich bis dahin nur den Grund— gedanken kannte, wurde mir durch die Güte des Herrn Geodäſie-Profeſſors von hammer zu Stuttgart überſandt, dem ich von den Ergebniſſen der Meſſung Mitteilung gemacht hatte. Ich ſehe daraus, daß für England außer anderen Sternen auch Urkturus und Capella feſtgeſtellt ſind. Lodyer deutet ſie als „Warner“, als Sterne, deren Auf- oder Untergang kurz vor einem beſtimmten Sonnenaufgang erfolgte und den Prieſter mahnte, daß es Zeit ſei, mit den Vorbereitungen zur Feier des Tages zu beginnen. Die in Lodyers Werk abgedruckten graphiſchen Tafeln ergeben übrigens für unſere Capella-Dijur eine etwas abweichende Jahreszahl, nämlich 1680, zufällig dasſelbe Jahr, das Lodyer allerdings mit der ausdrücklichen Angabe eines mittleren Fehlers von + oder 200 Jahren aus der Sonnenviſur von Stone: henge erſchloſſen hat. Auch bei Devoir ijt in dem beigegebenen Schema eine Richtung von 24° von N. nach W. verzeichnet, jedoch ohne Erklärung.

Eine Notiz, daß Capella „sigmun pluviale“ genannt wurde, weil „ſein Untergang während der Morgendämmerung für die Griechen und Römer in einer ſehr ſtürmiſchen Zeit erfolgte“ (nach Eudoxus in dem Kalender beim Geminus ſieben Tage vor der Winterſonnenwende), finde ich bei Ideler, Unterſuchungen über den Urſprung und die Bedeutung der Sternen— namen. Berlin 1809, S. 93.

Warum mag der Stern „Capella“ und das Sternbild „Suhrmann“ heißen? Ohne mir in muthologiſchen und ſprachwiſſenſchaftlichen Fragen itgend ein Urteil erlauben zu können, möchte ich nur die Aufmerfjamfeit auf folgendes lenken: Capella bedeutet, ebenſo wie die arabiſche Bezeichnung

222 Stephan. [10

des Sterns „die Ziege“ !). Auf alten Sternkarten wird der Fuhrmann (auriga) mit der Ziege im Arm dargeſtellt?) (Abb. 2), welcher der Stern Capella angehört. Das Altertum jab im Fuhrmann den atheniſchen König Erich⸗ thonius, welcher zuerſt in den panathenäiſchen Spielen mit einem Dier- geſpann fuhr und deshalb von Jupiter unter die Geſtirne verſetzt wurde ?). In ihm lebte nad) Krauſe (a. a. O.) das Andenken an den Lenfer des Sonnen⸗ wagens, zugleich Wege-, Handels- und Grenzgott, hermes-Irmin fort. Und da ſehen wir, daß die Ziege, die wohl als das älteſte Haustier gilt, ebenſo wie dem indiſchen Herd- und Opfergott Agni?) (vergl. agnus und agnus dei?), ſo auch dem hermes ſowohl wie dem Irmin heilig war. Und an den her⸗men und Men⸗hirn und Irminſäulen floß als Opfer Ziegenblut. Sollte nicht der zwiſchen oder bei den heiligen Steinen herabfallende Stern von der an gleicher Stelle als Opfertier bluten⸗ den Ziege den Namen erhalten haben? In der deutſchen Tierjage heißt die Ziege „Hermen“ und noch heute in Weſtfalen „Hiärmen“ s).

Außer den durch die drei Kreis⸗ reihen feſtgelegten Viſuren laſſen fic noch andere nachweiſen. So bildet die Verbindungslinie zwiſchen Kreis V und III und ihre Derlängerung über einen großen, liegenden Stein hinweg bis Hügel 17 die genaue Nord⸗-Südrich⸗

5 2 tung, die zwiſchen VIII und IV, fowie arten. (Ha Kraufe, Uuistoland) g zwiſchen IN und III die Of- weſtrich⸗ tung, alſo die nach den Huf- und Unter: gängen der Sonne zur Zeit der Tag- und Nachtgleichen. Dieſelbe Richtung ſcheint, wenn auch weniger genau, durch die vier Steine am Oſtrande der Anlage in Verbindung mit dem größten Block zwiſchen Kreis II und III bezeichnet zu werden. Letzterer muß wohl die Bedeutung eines Beobachtungs- mittelpunktes gehabt haben; denn er ſteht auch in der Linie III—I und zu⸗ gleich mit feinen beiden Nachbarſteinen in der Linie IV- X.

Daß die Mittelpunkte der mittleren Kreiſe jeder Linie nicht genau in der Geraden liegen, ſondern einmal links und einmal rechts hinaus, hat ſicher einen beſtimmten Grund, den ich nicht anzugeben vermag. Aud) in England kommt die gleiche Anordnung vor, und Lodyer nimmt an, die

1) Ideler, a. a. O.

2) Ernſt Kraufe, Tuijfoland. Glogau 1891, S. 286.

3) Ideler, a. a. O.

) Karl Schirmeiſen, die ariſchen Göttergeſtalten. Brünn 1909, S. 218. 5) Rrauſe, Cuiſkoland. S. 262.

11] Vorgeſchichtliche Sternfuride und Zeiteinteilung. 223

einzelnen Kreiſe ſeien in verſchiedenen Jahrhunderten angelegt und es kämen ihnen daher verſchiedene Sternenazimute zu. Dem widerſpricht aber, daß die Kreiſe zu Odry, wie wir noch deutlicher ſehen werden, ſicher nach ein: heitlichem Plane zu gleicher Zeit angelegt ſind. Dielleicht ſollte dieſe An— ordnung nur bewirken, daß die Hauptviſur frei blieb. |

Es iſt übrigens nicht ausgeſchloſſen, daß die Stellen am fernen Hori— zonte, an denen man die Auf- und Untergänge beobachtete, ebenjo wie zum Teil bei den britiſchen Denkmälern, noch durch beſondere Steinmarken be— zeichnet waren.

Die Richtung von III über I hinaus um 11 km verlängert, ſtößt faſt genau auf den ehemaligen Standort des Steinkreiſes zu Böſenfleiſch (ſ. Abb. 1). Es liegt jedoch weſtlich vom Dorfe Odry ein Höhenrücken dazwiſchen, der eine gegenſeitige Sicht ausſchließt. Denkbar iſt aber, daß auf dieſem Berge ein Steinvilier ſtand, das von Odry III aus in der Richtung auf den Mitt: winteraufgang, von Böſenfleiſch aus jedoch auf den Mittſommeruntergang benutzt wurde.

v. Kalender !).

Welchen Zweck haben aber die einzelnen Kreiſe gehabt? Daß im Alt— deutſchen das Jahr mit einem Ring verglichen wird, jares umbehring, könnte ein Fingerzeig fein für ihre Bedeutung als Kalenderfreije. Aber durch ihre Steineanzahl vermögen ſie ſelber eine ſichere Antwort zu geben.

Kreis VII hat 18, Kreis VI 20 Steine. Die fehlenden ſind dabei natürlich mitgerechnet. 1820 = 360. Danach hätten wir 18 Monate zu 20 Tagen. Da die indogermaniſche Woche fünf Tage hatte?), kämen damit auch wieder unſere „vier Wochen“ heraus. Die beiden nächſten Kreiſe mit 23 und 22 Steinen zeigen uns, daß man das Jahr noch genauer zu beſtimmen verſtand. Setzt man nämlich an Stelle von zwei der 20tägigen Monate zwei unregelmäßige zu 23 und 22 Tagen ein, jo hat man 365 Tage.

Der Gebrauch des eigenartigen Kalenders dürfte wohl ſo zu denken ſein: hatte der Obſervator der Sternwarte den Beginn des Jahres zu einer der beiden Sonnenwenden feſtgeſtellt, jo ſteckte er ein Zeichen an den erſten Monatsſtein des Kreiſes VII und zugleich ein ſolches an den erſten Cages- ſtein des Kreiſes VI. Tag für Tag wurde das letztere um einen Stein weiter gerückt, bis der King herum war und mit dem Beginn des zweiten Monats der zweite Monatsſtein ausgeſteckt wurde. 16mal wurde das regelmäßig wiederholt, beim 17. Monat ſprang man jedoch auf Kreis V, beim 18. auf

1) Dieſes Kapitel ijt im Gedankenaustauſch mit Herrn Reg.-Candmeſſer Sif her in Poſen entitanden, dem ich auch ſonſt manche Anregung verdanke.

2) Schurtz, Urgeſchichte der Kultur. 1900, S. 652. Roſſinna, die deutſche Vorgeſchichte uſw. 2. Aufl. 1914, S. 96.

224 Stephan. [12

Kreis IV über. Die beiden zuletzt genannten Kreije haben in der Mitte je eines ihrer gleichen Abjchnitte noch einen überzähligen Stein. Der könnte ſogar für Schaltjahre Bedeutung haben.

Schaltmonate von 23 und 22 Tagen kommen auch in der älteſten römi⸗ ſchen Chronologie vor, dienen dort aber zum Husgleich zwiſchen Mond- und Sonnenjahr. Nun iſt nur die Teilung des Jahres gerade in 18 Monate etwas ſonderbar, obwohl ja 18 und 20 diejenigen Faktoren von 360 find, die ſich am meiſten gleichen. Aber es gibt eine Parallele dazu, zwar nicht in der alten Welt, wohl aber bei den Azteken in Mexiko. Auf Grund von hum— boldts Unterſuchungen ſagt Cerſch in feiner „Chronologie“ 1899, S. 31: „Eine ganz eigene Form des Jahres von 365 / Tag war das mexpikaniſche Sonnenjahr, beſtehend aus 18 Monaten von je 20 Tagen und 5 Ergänzungs- tagen Der bekannte große mexikaniſche Kalenderſtein, abgebildet in von Schweiger-Lerchenfeld, Atlas der himmelskunde, und bei Schurtz (a. a. O. S. 632) zeigt einen in 20 Felder eingeteilten Ring und der „Mexi⸗ kaniſche Jahresring“, ohne Quellenangabe nebſt dem Kalenderſtein im „Neuen Buch der Erfindungen“ I, 1876 dargeſtellt, zeigt einen 18teiligen Kreis. Die Ethnologen mögen entſcheiden, ob die wunderbare Übereinſtimmung mehr als zufällig iſt.

Die 18 Monate laſſen ſich aber nicht zwiſchen die 4 durch die Kicht— linien bezeichneten Jahrespunkte der Sonnenwenden und Nachtgleichen ein— reihen. Dieſem Mangel ſollte wohl Kreis III abhelfen, der ja einen Durch— meſſer von 16 Stäben und 16 Ringjteine hat und ſomit vielleicht 16 Jahres- teile bezeichnen ſoll. Nach Cerſch!) hat auch der germaniſche Norden zur Runenzeit ein 16 monatiges Jahr gekannt. Da 16 Monaten je 22 oder 23 Tage entſprechen würden, ſo iſt offenbar Kreis III abſichtlich zu den Kreiſen IV und V in Beziehung geſetzt. Kreis II hat wieder 18 Steine mit einem Zwiſchenſtein. Kreis J hat 29 Steine und verkörpert wohl ſicher den Mond— umlauf. Da es ſolcher „Mondmonate“ im Jahr. 12 oder 13 geben müßte, ſuchen wir vergeblich nach einem entſprechenden Kreis mit dieſer Steine— anzahl. Nun ſtehen aber ſüdöſtlich vom Kreis II drei unberührte Steine, die ſich ſehr wohl zu einem Kreis mit 12 Steinen vereinigen ließen. Sein Mittelpunkt würde, ganz wie zu erwarten, dicht ſüdweſtlich der Dijur liegen, fein Durchmeſſer 415 Ruten groß fein. Wir hätten dann auch in dieſer Reihe vier Kreiſe wie in den beiden andern. Wie wir in der Reihe VII—IV das reine Sonnenjahr haben, fo könnte dieſe zweite das Mondjahr mit feiner Abſtimmung auf das Sonnenjahr darſtellen. Obwohl die Annahme der 16 Jahresteile bei Kreis III jo einleuchtend ijt, könnten andererſeits auch die Kreife III und II Schaltmonate zum Zwecke der ge— nannten Abjtimmung bezeichnen. Ich begebe mich zwar hier auf ſchwan—

1) A. a. O. S. 61.

13] Vorgeſchichtliche Sternkunde und Zeiteinteilung. 225

kenden Boden, will jedoch den Gedanken durchführen: In vierjährigem Turnus, wie er ſo häufig in den Chronologien vorkommt, wohl weil alle vier Jahre das Sonnenjahr mit einem vollen Tag endigt, hätten wir 29x 12 = 348 + 18 (Kreis II) + 348 + 16 (III) + 348 + 19 (II mit Zwiſchen— ſtein) + 348 + 16 (III) = 1461 Tage in vier Jahren, oder 3651/, Tage in einem Jahr. Doch hierüber könnte ja ſchon eine Unterſuchung des Bodens nach den Standlöchern der vermuteten Kreisſteine Klarheit verſchaffen.

Die dritte Reihe mit 20, 24 (?) 20 Steinen weiß ich nicht zu erklären. Dielleicht ſollte ſie Perioden von ganzen Jahren zählen.

haben wir in der erſten Richtung das Sonnenjahr, in der zweiten das Mondjahr, in der dritten die Dijur nach dem während der Morgenröte unter— gehenden Stern, fo ſcheint der hinweis auf die von Bing!) feſtgeſtellte Götter: dreiheit Sonne, Mond und Morgenröte nicht überflüſſig.

Daß man ſich in vorgeſchichtlichen Jeiten mit mathematiſchen Kreis— operationen befaßte, iſt nichts Neues. Man betrachte nur die Genauigkeit, mit der die Kreije und Spiralen der wundervollen bronzezeitlichen Gürtel— platten und anderer Schmuckſtücke abgezirkelt ſind, die wohl eine Unterſuchung vom mathematiſchen Geſichtspunkt aus verdienten. So darf uns die Ge— nauigkeit der Kreisteilungen nicht überraſchen. Bei Kreis VII iſt ſicher erſt der Durchmeſſer abgeſteckt, der rechtwinklig zur Dilierlinie liegt und durch die zwei Mittelſteine ſowie zwei Umringſteine markiert wird. Dann hat man wohl mit hilfe des ſechsmal auf der Kreislinie abgetragenen Halbmeſſers ein regelmäßiges Sechseck gebildet und die Unterteilung der Abſchnitte in je drei Teile vielleicht durch Probieren bewirkt. Cantor ſagt in ſeiner „Ge— ſchichte der Mathematik“, daß dieſe Sechsteilung als bewußt geometrijche Arbeit bei den alten Babyloniern außer Zweifel geſetzt ſei. Unſer ſteinernes Urchiv belehrt uns, daß auch unſeren Vorfahren dieſe Kenntnis zu eigen war. Bei den Kreijen, deren Steinezahl durch vier teilbar iſt, wäre ja die Abitedung der vier Quadranten und dann deren weitere Teilung durch Probieren möglich. Bei den übrigen muß man jedoch eine Meſſung des Umrings und danach die Beſtimmung der Übſchnitte annehmen. Warum ſollten die Erbauer aber nicht verſtanden haben, die Kreisabſchnitte zu er: rechnen? Zu welchem Zwecke hätten ſie auch ſonſt die Durchmeſſer ſo genau abgemeſſen? Ein beſtimmtes Derhältnis zwiſchen Anzahl der Steine und Lange der Durchmeſſer konnte nur bei den Kreiſen I und III nachgewieſen werden, bei denen Zahl der Steine und Unzahl der „Stäbe“ des Durchmeſſers gleich ſind. 0

Für die Wahl der Abſtände der einzelnen Kreiſe voneinander konnten keine Grundſätze gefunden werden. Es fällt nur auf, daß die Linie IX

1) Mannus VI, 158.

226 Stephan. [14

= JV—V = 21 Ruten, ferner die Entfernung III = I—IX iſt. Aud ift bemerkenswert, daß die beiden Kreiſe IV und X, die je 6 Ruten Durch— meſſer haben, 6 x 6 = 36 Ruten voneinander entfernt ſind.

VI. Trilithen. Hügel. Erdtrichter.

Don den außerhalb der Kreiſe ſtehenden Steinen find ſchon einige erwähnt. Die bereits genannte Karte des Oberförſters weiſt ſüdlich von den Kreijen II und III eine ſchöne Trilithenreihe auf, in der 11 Dreiſteine wie nach der Schnur gerichtet ſtehen. Es fanden ſich jedoch draußen erſt nach langem Suchen ſüdlich von I] unterm Moos verſteckt drei Gruppen von je drei kümmerlichen, nur bis 25 cm hohen, aber ſicher künſtlich geſetzten Steinen und weiterhin ſüdlich von III auch größere Steine, dieſe aber faſt alle liegend. Es iſt wohl möglich, daß eine Säuberung des Waldbodens vom Moos noch mehr Steine zutage fördern würde. Die einzelnen Gruppen haben oſt⸗weſtliche Richtung. Eine Derbindungslinie über die vier erhaltenen Gruppen würde der Linie 1V großer Block zwiſchen III und II M gleich— laufend ſein.

Ciffauer hat nach dem angeführten Grabungsbericht bei drei unter— ſuchten Gruppen Urnen mit gebrannten Knochen dicht neben dem Mittel— ſtein „genau nach Oſten“ gefunden, bei einer Gruppe Knochenreſte ohne Urnen, bei zwei Gruppen jedoch gar nichts. Der einzige größere erhaltene Dreiſtein befindet ſich am Oſtrande. Die Steine find 30 bis 60 em hoch, je vier Fuß voneinander entfernt. Dicht dabei mit ſechs Suß Zwiſchenraum ſteht ein vierter Stein. Ein aufrechter 60 cm hoher Stein öſtlich von VIII kann in Verbindung mit drei liegenden Steinen zu einem weiteren Kreis gehört haben. Die drei Steine zwiſchen II und III waren ſchon erwähnt. Der mittelſte iſt ein gewaltiger 0,75 m hoher Block. Der weſtliche hat einen ſcharfen Grat, der in Verbindung mit der glatten Seite des kantigen Steines ſüdöſtlich von II genau nach dem Mittelpunkte von J zeigt. Der öſtliche Stein iſt nur 15 em hoch.

Zwiſchen II, IX und X ſtehen und liegen zahlreiche Steine herum, die ſich keiner Figur einfügen. Hier muß die Zerſtörungswut früherer Zeiten arg gehauſt haben.

Ahnlich wie Stonehenge von Grabhügeln umgeben iſt, ſo zeigt auch unſere Karte 18 Hügel in der Nachbarſchaft der Kreiſe. Sie müſſen wohl Liſſauer nicht aufgefallen fein, da er fie ſonſt ſicher erwähnt hätte. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß ſich im dichten Riefernwald verſteckt noch mehr befinden. Reiner von ihnen iſt in eine der Hauptvijuren hineingebaut, wohl aber ſtehen zwei vor dem Anfang einer ſolchen Richtung, nämlich Nr. 10 vor III—I, 11 vor IV- VII. Sollte man fie dahin geſetzt haben, damit von ihnen aus die Richtungen zu überſehen waren? Die höhe der hügel iſt 0,50 m

15] Vorgeſchichtliche Sternfunde und Zeiteinteilung. 227

bis 2 m, ihr Durchmeſſer 8 bis 20 mm. Nr. 1, 2 und 8 find anſcheinend aus= gebeutet, die übrigen wohl noch unverſehrt. Auf 4 und 17 befinden ſich Steinhaufen. Auf 5, 8, 9 und 13 ſind in der Mitte kleine Gruben. Hügel 18 - hat außer einem Mittelſtein drei nebeneinander liegende Steine am Abhang und drei Steine im Norden, Weiten und Süden am Fuß des hügels. Letztere können ſehr wohl zu einem Kreiſe gehört haben. Auch am Fuße der m 6, 10, 14 und 17 jtehen einzelne Steine.

Südweſtlich vom Kreiſe I befindet ſich ein recht regelmäßig e Erdtrichter von etwa 6 m Tiefe und 50 m oberem Durchmeſſer. Er könnte ja als Strudelloch aus der Gletſcherzeit zu gelten haben. Es iſt aber auch möglich, daß er künſtlich iſt und wie die „Mare“ in der Bretagne und in Lothringen als Wohngrube und den Sternkundigen als Behauſung ge— dient hat.

Um zu ſehen, ob im Polksbewußtſein irgend eine Erinnerung an die große Bedeutung der alten Sternwarte haften geblieben wäre, fragte ich verſchiedene Einwohner aus. Das Ergebnis war ſehr ſpärlich: „O, die hüner— gräber ſind noch von alten Zeiten, wohl aus der Franzoſenzeit. Ein Kirchhof ſoll da geweſen ſein, auch eine Kirche. Die iſt verſunken. Das Coch ſieht man noch (der genannte Trichter). Manchmal hört man die Glocken läuten.“

VII. Andere Steinkreiſe Weſtpreußens.

Das Werk Dr. Liſſauers über „Die Prähiſtoriſchen Denkmäler der Provinz Weſtpreußen“ 1887 weiſt wohl 18 Orte auf, an denen es früher Steinkreiſe gab. Meiſt beſchränkt ſich der Bericht auf die kurze Angabe, daß die „Hügelgräber und Steinkreiſe“ jetzt zerſtört ſind, und wo er bezüglich der Grabungen ausführlicher iſt, bringt er keine oder unſichere Zahlenangaben. Don hirſchfeld beſchreibt in der angeführten Arbeit neun weſtpreußiſche Steinkreiſe und führt meiſt auch Jahlen an für Durchmeſſer oder Umring— ſteine. Das Beiſpiel von Odry zeigt jedoch, daß nur die noch vorhandenen Steine gezählt wurden, ohne die Cücken zu berückſichtigen.

Sehen wir, was ſich danach für unſere Unterſuchungen verwerten läßt.

1. Trzebcz, Kreis Kulm!) (Abb. 3a u. b). Das Denkmal beſtand aus drei konzentriſchen Kreiſen, die drei nebeneinanderſtehende Mitteljteine ein— ſchloſſen. In der Mitte fand ſich unter einem Steinpflajter ein Grab, das Bernſteinperlen und Gefäßbruchſtücke mit horizontalen Strichzonen und Zick— zacklinien enthielt. Der Durchmeſſer des Außenkreiſes betrug 15 m. Das

1) Ciffauer, a. a. O. S. 31. v. hirſchfeld, a. a. O. Die Maße und Zahlen find nach den Angaben v. Hirſchfelds gebracht, die auch mit deſſen Lageplan übereinſtimmen. Der im Mannus II, 66 Abb. 20 b wiedergegebene Grundriß weiſt eine abweichende Steineanzahl auf, iſt wohl aber nur als Schema zu betrachten.

228 Stephan. [16

find nach dem für Odry gefundenen Urmaß 52 vorgeſchichtliche Sug = 13 „Stäbe“ (Kreis VI und IX zu Ddry find ebenfo groß).

Abb. 5a. Steinkreis I von Irzebcz (Grundriß). Maßſtab 1:150. (Nach v. hirſchfeld, Zeitſchr. d. hiſt. Der. Marienwerder 1877).

(Querſchnitt.) Maßſtab 1: 150. n = Bernſteinkorallen.

Abb. 5b. Steinkreis I von Irzebcz. P = Steingerät (Kugel). m = Tongefäße.

Der Außenfreis hatte 52 Steine, aljo gerade fo viel, wie der Durch— meſſer Fuß. Der nächſte Kreis ſoll aus 25, der innere aus 11 Steinen be- ſtanden haben. Dann kamen die drei Mittelſteine. Wäre nur eine Ände-

17] Vorgeſchichtliche Sternfunde und Zeiteinteilung. 229

rung erlaubt, nämlich anſtatt 25 die Zahl 28 zu ſetzen, jo möchte ich folgende Deutung vorſchlagen, die durch ſpätere Beiſpiele noch erhärtet werden wird: 28 Tage hat ein „Mondmonat“. 52 ijt die Anzahl der Monate in vier Jahren, 52x28 = 1456. Alle vier Jahre aber einmal anſtatt 28 einen unregel— mäßigen Monat von 11& 5 = 33 Tagen geſetzt, gäbe fünf Tage mehr, alſo 1461 in vier Jahren oder 5651 / Tage im Jahr. Danach würden wir in Tr3ebc3 einen Mondkalender haben, abgeſtimmt auf das Sonnenjahr. Ich finde in den Berichten über dieſes hochwichtige Denkmal nirgends die Bemerkung, daß es zerſtört ſei. Es iſt alſo nicht ausgeſchloſſen, daß es noch beſteht.

Für Seefeld im Kreis Carthaus iſt eine ähnliche jetzt verſchwundene Anlage von mehreren konzentriſchen Kreifen um drei Mitteljteine bezeugt, leider ohne weitere Angaben’). | 2. Neben einem Steinviered von ungefähr 65x11 m Seitenlänge be-

fand ſich bei Trzebcz noch ein zweiter Kreis. Er hatte nur 4 m Durchmeſſer und ſechs Steine. Nimmt man anſtatt 4 m eine Länge von 3,46 m an, was wohl angeht, wenn man ſtatt von Mitte zu Mitte, wie wohl gemeſſen ſein wird, von Innenrand zu Innenrand mißt, ſo hätten wir einen Durchmeſſer von 12 Fuß. Danach hätte hier der halbmeſſer 6 Sup, ebenſoviel wie der Kreis Steine hat. Die Jahl 6 könnte Teile des Jahres bezeichnen.

3. Blandau, Kreis Kulm (Abb. 4). Nach v. hirſchfeld befand ſich hier ein Steinkreis von 26 Steinen, je 1 m voneinander entfernt, und 15 m Durch— meſſer. Eine der drei angegebenen Jahlen iſt ſicher falſch; denn 26 Steine müſſen bei 15 m Durchmeſſer je 1,80 m Abſtand voneinander haben. Da 15 m = 52 vorgeſchichtliche Suß find, jo hat hier wieder der Halbmeſſer ſoviel Fuß wie der Kreis Steine. Mit 26 könnte die Unzahl der Monate in zwei Jahren gemeint fein. In der Mitte hat in einem Steinhaufen ein Mittel- ſtein geſtanden. In dem Haufen fanden ſich zwei Urnen mit Ajde und Menſchenknochen. Etwa 30 cm tiefer lag im loſen Sande ein Skelett. In der Nähe des Kinnes fand ſich eine Münze (Theodofius!). .

4. Böſenfleiſch, Kreis Koniß?). Ein Steinkreis wurde 1841 durch Baurat Erdmann vermeſſen: 24 Steine, in der Mitte drei Steine um einen Mittelſtein. Der Durchmeſſer iſt zu 29,5 m ermittelt worden. Das wären 102 Fuß = 251/, „Stäbe“ (oder waren es 26 Stäbe und dementſprechend 26 Steine?). 2443 = 72 könnte wohl die Anzahl der fünftägigen Wochen im Jahre bedeuten; denn 5x 72 = 360.

5. Groß⸗Cinichen, Kreis Dramburg Reg.-Bez. Köslin ?). Einer von zahl— reichen zerſtörten Kreiſen hatte 15,69 m Radius, alſo 31,38 m Durchmeſſer = 109 Sug = 27 „Stäbe“ mit 23 Steinen. (Vergl. Kreis V zu Odry mit 23 Steinen und einem Durchmeſſer von 28 „Stäben“ .)

1) Ciſſauer, 8. 45. 2) vb. hirſchfeld, a. a. O. Mannus, Bd. VII. H. 3. 16

230 | Stephan. [18

Sind die Deutungen im einzelnen natürlich wenig ſicher, in ihrer Ge⸗ ſamtheit beſtätigen fie nur das für Odry Gefundene. Zur Erklärung des Vorkommens ſowohl zwei⸗ als vierjähriger Perioden braucht man nur daran zu denken, daß ſowohl in Griechenland wie anderwärts die Jeitrechnung ſich vielfach nach den Seiten, den „feſten Zeiten” richtete, alſo nur hier alle zwei, dort alle vier Jahre ein Seft anzunehmen.

a [8 LA Morden (b

Abb. 4. Steinkreis von Blandau. (Aus: Zeitſchr. d. hiſt. Der. f. d. Reg.⸗Bez. Marienwerder 1877.)

Wie die Kreiſe zu Odry gerade an der Stelle liegen, wo der Schwarz— waſſerfluß faſt rechtwinklig auf die Grenze zwiſchen den Kreiſen Konitz und Berent ſtößt, ſo liegen auch viele der anderen Steinkreiſe an hervorragenden Grenzpunkten zwiſchen zwei politiſchen Kreiſen oder gar an einem Dreiort. So ſtoßen dicht bei Böſenfleiſch die drei Kreiſe Konitz, Tuchel und Preußiſch⸗ Stargard zuſammen, Luttom liegt da, wo die Brahe die Grenze zwiſchen den Kreiſen Konitz und Cuchel ſchneidet, Blandau und Trzebcz liegen an

19] Vorgeſchichtliche Sternkunde und Zeiteinteilung. 231

der Kulmer Kreisgrenze und Gr.⸗Cinichen und Kremerbrud) auf pommer: ſchem Gebiet, dicht an der Grenze Weſtpreußens.

Da unſere Kreisgrenzen meiſt uralt ſind, muß wohl irgendwelche Be— ziehung zwiſchen Grenze und Steinkreis vorliegen, ſei es nun, daß die Kreiſe, um mehreren Stämmen zugleich als Sternwarte, Feſtplatz und Derfammlungs= ort zu dienen, in die Nähe vorhandener Grenzen gelegt wurden, oder daß man bei Neubildung von Grenzen die Steinkreiſe als Marken annahm.

Einige Ortsnamen ſcheinen mir von den Steinkreiſen hergeleitet werden zu können. So liegt gegenüber dem Denkmal zu Odru, auf dem anderen Schwarzwaſſerufer, die Förſterei Grenzort. Der polniſche Name dafür Uroſze bedeutet neben Grenze auch Zauberei durch böſen Blick. Böſenfleiſch, polniſch Zlemienjo, weiſt ſicher auch auf den Jauberſpuk hin, mit dem ſpätere Zeiten die Kreije umwoben haben. Der „Teufelsſtein“ !) bei Belno im Kreiſe Schwetz wor urſprünglich auch mit einem Steinkreis umgeben. Beachtenswert er- ſcheint mir auch der Name Belno. Er iſt wohl auf die urſlaviſche Wurzel beln zurückzuführen, von der man ſowohl belena = Biljenfraut, Raſerei ermedendes Jauberkraut (bei Plinius apollinaris), als auch Belenos, den Namen des keltiſchen Cichtgottes, der Apollo gleichgeſtellt wird, ableitet.

VIII. Die engliſchen Steinkreiſe.

Steht nun die Tatjache feſt, daß die deutſchen Steinkreiſe ſinnreiche Ralendarien bilden, fo liegt die Frage nahe, ob nicht auch die britiſchen, unter den gewonnenen Geſichtspunkten betrachtet, in neuem Lichte erſcheinen. Lodyer, der die engliſchen Steinkreiſe ſehr gründlich vom aſtronomiſchen Standpunkt aus unterſucht, wendet leider der Zahl der Steine und Größe der Durchmeſſer keine weitere Beachtung zu. Außer feinem Werke ſtand mir nur ein Aufja von Profeſſor Hammer zu Stuttgart „Über die Ge— nauigkeit einiger antiker Abitedungen“?) zur Derfügung. Nach Deröffent— lichung der Ergebniſſe meiner Vermeſſung in der Fachzeitſchrift „Der Cand- meſſer“ wurden mir jedoch zwei Arbeiten zugeſandt, eine von Dermeſſungs— inſpektor Albrecht über „Dorgejchichtlidye Baudenkmäler bei Merrivale in Südengland und ihre aſtronomiſche Deutung“, „Das Großſteindenkmal Ave— bury in Südengland“ und „Stonehenge“, erſchienen im „Weltall”?) und eine kürzere von P. Kable „Über Abjtedung und geometriſche Beziehungen einiger Bauten aus alter Zeit“). Beſonders die Abhandlung von Albrecht

1) b. hirſchfeld, a. a. O. 2) Zeitſchrift für Dermeffungswefen. 1911. 3) „Weltall“, Verlag der Treptow-Sternwarte. Berlin 1914, heft 5, 6, 15, 14, 15, 1915, Heft 1—9. Leider erfuhr ich zu gleicher Zeit, daß herr Albrecht in einem Feldlazarett verſtorben iſt. 4) Allgemeine Dermeſſungs-Nachrichten. Liebenwerda, Reiß 1915, Nr. 20. 16*

232 Stephan. [20

mit ihren zahlreichen Plänen und Abbildungen gibt für unſere Unterſuchungen dankenswerte Unterlagen. Auf die bedeutende Arbeit von G. Wilke „Süd— weſteuropäiſche Megalithkultur und ihre Beziehungen zum Orient“ !) machte mich Herr Profeſſor Koſſinna aufmerkſam. An zahlreichen Kulturparallelen wird darin die Derwandtichaft der Megalithbauten der alten Welt und der Weg ihrer Entwicklung vom Weſten nach dem Oſten überzeugend nachge— wieſen. Huch werden wiederholt die aſtronomiſchen und mathematiſchen Fragen erörtert. Sehen wir zu, was uns die Jahlen der britiſchen Stein— ſetzungen zu ſagen haben. |

1. „The Hurlers“. Drei Kreije ſtehen in einer Reihe. Der mittelfte liegt nur um 12 ½ Fuß weſtlich von der Verbindungslinie der beiden anderen. Codyer gibt die Durchmeſſer in engliſchen Fuß und die Steineanzahl an:

Durchmeſſer in

|

engl. Suk Stäben Ruten nördlicher Kreis 110 (112?) 28 7 28 großer Mittelkreis 155 (132?) 35 854 35 ſüdlicher Kreis 105 (104?) 26 6, | 26

Verändert man die Sußanzahl nur ganz wenig Zahlen in Klammer fo bekommt man eine runde Unzahl von „Stäben“ oder gar Ruten, und das Auffallendjte ijt, daß ſtets die Steinezahl gleich der Zahl der Stabe iſt.

Die Kreisſteine überliefern uns, daß der Monat 28 Tage hatte. 26 ſolcher Monate gab es in zwei Jahren. Alle vier Jahre trat an Stelle eines der regelmäßigen Monate ein unregelmäßiger zu 33 Tagen. Alſo 26x 28 + 25 28 + 33 = 1461 Tage in vier Jahren, oder 365 / in einem Jahr. Und nun vergleiche man hiermit die Steinſetzung zu Trzebcz. Jetzt erſcheint die Annahme, daß der zweite Kreis 28 ſtatt 25 Steine haben müſſe, wohl berechtigt und man muß über die Derwandtichaft beider Anlagen ſtaunen.

2. Stanton Drew. Wiederum find hier drei Kreiſe zu einer Gruppe vereinigt. Die beiden äußeren bilden jedoch mit dem mittleren einen Winkel. Aud) hier gibt Codyer Durchmeſſer in Fuß und Anzahl der Steine an. Die entſprechenden Zahlen find:

Durchmeſſer in

engl. Fuß Stäben Ruten el nördlicher Kreis 97 (96?) 24 6 8 großer Mittelfreis 367 (360?) 90 22 30 ſüdlicher Kreis 145 (144?) 36 9 12 Es bedarf wieder nur einer unbedeutenden Verbeſſerung Zahlen

in Klammer um runde Stäbe oder Ruten zu erhalten. Und ſelbſt der

1) Mannus-Bibliothek Nr. 7. Würzburg, Kabitich 1912.

21] Vorgeſchichtliche Sternfunde und Zeiteinteilung. 233

angenommene Unterſchied von 7 Juß beim Mittelfreis erjcheint gering im Verhältnis zur Länge (noch nicht zwei aufs Hundert), beſonders wenn man annimmt, daß Lodyer wohl von Steinmitte zu Steinmitte gemeſſen hat, während, wie wir geſehen hatten, die Innenränder maßgebend waren.

Die Steine verhalten ſich hier zu den Stäben ſtets wie 1: 3.

Sind die Kreiſe zu Stanton Drew eine Kalenderanlage, dann hatte das Jahr 12 Monate, der Monat 30 Tage. Alle zwei (?) Jahre wurde eine Schaltzeit von acht Tagen eingeſchoben, ſo daß man ein Jahr zu 364 Tagen hatte. Das wäre eine im Vergleich z. B. mit der älteren römiſchen immer noch ſehr ſchöne Beſtimmung der Jahreslänge.

Abb. 5. Modell der urſprünglichen Geſtalt des Stonehenge. (Nach „Weltall“ Jg. 15 heft 1/2.)

3. The Tregaſeal Circles. Codyer gibt den Durchmeſſer zu 69 (64 (?) = 4 Ruten) Fuß an, die Unzahl der Steine zu 28 (Mondumlauf?).

4. Stripple Stones. Nach Codyer 148 Fuß (144 (2) = 9 Ruten) Durch⸗ meſſer und 16 Steine (16 Monate?).

5. Standing Stones of Stennes. hammer gibt a. a. O. S. 582 „ungefähr 340 engliſche Suk” als Länge des Durchmeſſers an. 336 Fuß wären 21 Ruten. Urſprünglich waren es feiner Vermutung nach 60 Steine und er meint, „daß wir hier vor einer neuen merkwürdigen Anwendung der 60-Teilung des Kreiſes ſtehen“. Rönnten nicht mit 60 Steinen die Tage zweier Monate gezählt worden ſein. Vielleicht war in der Nähe ein zweiter Kreis, der mit ſechs Steinen 6x 60 = 360 Tage bezeichnete?

6. Stonehenge. Die bisherigen Ergebniſſe berechtigen den Derjudh, auch das Dunkel zu durchdringen, das noch immer die vielumſtrittenen beiden größten Anlagen in England, Stonehenge und Avebury, umgibt. Ein voll:

234 Stephan. [22

endetes Runſtwerk in Grundriß und Aufbau, wirkt Stonehenge überwältigend auf den Beſchauer (ſ. Abb.5). Im Außenring des Rundbaues tragen behauene Pfeiler von 3,80 m höhe!) einen fortlaufenden Kranz von 1, 10 m ftarfen Auflagefteinen. Mit Steinzapfen und Dertiefungen iſt ein regelrechter Der: band hergeſtellt. Das Geſtein ijt eine Sandjteinart, Sarfen genannt. Blau- liches Geſtein, eine Art Diabas, iſt das Material des zweiten Kreijes von etwa 1,80 m hohen Säulen. Da es in England nicht anſteht, nimmt man an, daß die Erbauer die Blöcke als ſeltene Geſchiebe der Eiszeit ſammelten oder gar aus der Bretagne herüberholten. In Hufeijenform, das Ganze wuchtig überragend, ſchließen ſich nach innen fünf Trilithen an, von den beiden äußeren, die mit Deckſtein 5,8 m hoch ſind, über die nächſten mit 6,3 m bis zum mittelſten zu der gewaltigen höhe von 7,9 m anjteigend. Sie be— ſtehen wieder aus Sarſen. Den vierten Ring bilden wiederum Blauſteine von 2,30 m Höhe. Meiſt wird er auch für hufeiſenförmig gehalten. Da aber die erhaltenen Steine auf einem wirklichen Halbtreisbogen liegen und nur ein Stein abſeits ſteht, iſt es nicht ausgeſchloſſen, daß es ein Kreis war. Im Innern liegt zwiſchen dem Mittelpunkt und dem größten Trilithen der „Altarſtein“. Er iſt lang und ſchmal, 4,6 m x 1,1 m.

Die Hufeijengejtalt gibt dem Denkmal eine (lchſe, die ja bekanntlich durch Lodyer als die Richtung nach dem Sonnenaufgangspunkt zur Sommer: | ſonnenwende ums Jahr 1680 v. Chr. beſtimmt iſt?). Und noch heute wall: fahren die Umwohner in der Morgendämmerung des Johannistags dahin, um den Sonnenaufgang zu erwarten.

Die Richtlinie war, nach einem Plane von Aubrey aus dem Jahre 1666 zu ſchließen s), wohl durch ein Diſier von zwei Steinreihen außerhalb des Rundbaues noch beſonders feſtgelegt. Jetzt ſind davon nur der liegende „Schlachtſtein“ und der dahinter ſtehende „Aſtronomiſche Stein“ vorhanden.

Eine ſehr genaue Aufnahme von Stonehenge liegt dem Plan zugrunde, der 1902 auf Tafel VII von Band LVIII der „Archacologia”, Condon, von der Society of Antiquaries veröffentlicht iſt. Sein Maßſtab iſt 1: 227. Eine Wiedergabe im Maßſtab 1: 386 findet ſich in dem angeführten Aufjak von hammer S. 585. Die Abbildung 6 iſt danach gezeichnet. Mit erſtaunlicher

1) Die höhenangaben find dem Kufſatz von Albrecht entnommen.

2) Eine klare, gemeinverſtändliche Entwicklung der Berechnungsweiſe gibt Prof. Biereye in heft 32/33 der „Saalburg“, Mitteilungen der Vereinigung der Saalburg— freunde 1914, in ſeinem Auffag: „Wie fand Codyer das Jahr der Erbauung von Stonehenge auf aſtronomiſchem Wege?“ Er kommt bei ſeiner Rechnung auf „das Jahr 1750 v. Chr.“ ohne auf den von Cockuer angegebenen mittleren Sebler von + oder 200 Jahren einzugehen. Ich verdanke die Juſendung herrn Prof. Dr. Galle vom Geodätiſchen Inſtitut zu potsdam. Da die Drucklegung ſchon begonnen hat, kann ich hier nur kurz auf dieſe Arbeit hinweiſen.

3) Wiedergegeben bei Albrecht, „Weltall“. 1915, S. 11.

23] Vorgeſchichtliche Sternfunde und Zeiteinteilung. 235

Genauigkeit find die Steine an die ficher mit peinlicher Sorgfalt abgezirkelten Kreiſe herangeſetzt. Die größte Abweichung, die ſich bei den gewaltigen Pfeilern des Augenrings erkennen läßt, beträgt wenig mehr als ein Sub

Stehende Steine C' Umgefallene Steine O Ergänzte Steine

Abb. 6. Plan von Stonehenge. Maßſtab 1:386.

(1. ſtehender Stein rechts von der Nordrichtung). Es iſt richtig, wenn hammer ſagt, daß die Hinaufichaffung der Deckſteine auf ihre Unterlagen, die dem Beſchauer wohl die ſchwierigſte Arbeit geweſen zu ſein dünkt, „vergleichs⸗ weiſe einfacher war, als dieſe Standpfeiler genau an dem gewollten Ort vertikal zu ſtellen“. Die nach dem Grundriß konſtruierten Mittelpunkte der

236 Stephan. [24

drei Kreije fallen nicht zuſammen, ſondern liegen 1 bis 2 Fuß auseinander. Ob darin eine Abjicht liegen mag, weiß ich nicht anzugeben.

Die Unzahl der Steine des äußeren Kreiſes war unbedingt 30. So wird fie auch überall angegeben. Für den zweiten Kreis finde ich nur einmal eine Zahl genannt, und zwar bei Ulbrecht („Weltall“ 1915, S. 8), „wahre ſcheinlich 50“. Betrachtet man aber in der Abbildung den Winkel zwiſchen Nordlinie und Achje, der vier Steine des Hußenkreiſes, dagegen aber minde— ſtens ſechs Steine des zweiten Ringes einſchließt, ſo leuchtet ſchon ein, daß 30 viel zu wenig ijt. Bei Ermittelung der vorhandenen Abjtande nach dem Grundriß und ihrer Verteilung auf den ganzen Kreis, und zwar bei wieder— holten Verſuchen, komme ich immer wieder auf die Zahl 48. Un der 5-Zahl der Trilithen iſt wohl trotz der Skizze Aubreys, die zwei weitere ergänzend andeutet, nicht zu zweifeln. Der beſtehende Halbbogen des innerſten Kreiſes hat beſtimmt 11 Steine gehabt, dem Dollkreis kämen alſo 22 zu. Iſt der Ring offen geweſen, jo waren es vielleicht einige weniger. Albrecht gibt „ungefähr 17“ an!). Vieles ſpricht dafür, daß der Altaritein ein aufrecht— ſtehender Mittelſtein war: ſeine geringe Breite, die rauhe Oberfläche, die ihn zum Altar ungeeignet erſcheinen läßt. Vielleicht iſt er beim Sturz des großen Trilithen umgeworfen. Da er ſicher nicht zur hälfte, ſondern nur etwa ½ bis 1/, feiner Länge in der Erde geſtanden haben wird und fic) beim Fall um dieſe Stelle drehen mußte, ſo iſt nach dem Grundriß klar, daß er nicht in der Achsrichtung geſtanden haben kann, ſondern ſeitlich davon. So ließ er alſo die Difierlinie frei. |

Was jagen uns nun die Zahlen? Die fünf Trilithen können die fünf Tage der Woche verkörpern, entſprechend den damals bekannten fünf Pla— neten. Dielleicht galten fie den Erbauern als Leerthrone für die Wochen: götter. Die 30 Steine bezeichnen die Unzahl der Monatstage. 48 ſolcher Monate bilden eine vierjährige Periode, jedoch nicht ganz, ein Schaltmonat von 22 Tagen muß zum Schluß eingefügt werden, um vier Jahre vollzu—

machen. 30x48 + 22 = 1462. nz = 365!/, Tage für ein Jahr.

Unwillkürlich denkt man bei einer vierjährigen Periode zuerſt an die griechiſche Olympiade. Und die vorgeſchichtliche „Rennbahn“, als welche die mit Wällen eingefaßte, 2700 m lange und 100 m breite Straße !/, Stunde nördlich von Stonehenge wohl allgemein gedeutet wird, fordert zu weiteren Vergleichen mit den olumpiſchen Spielen heraus. Da iſt es doch mehr als Zufall, daß auch dieſe (nach Ideler, hiſtoriſche Unterſuchungen über die aſtronomiſchen Beobachtungen der Alten, Berlin 1806, S. 352) um die Zeit der Sommerſonnenwende?) gefeiert wurden, daß fie fünf Tage dauerten und

1) Daſelbſt S. 9. 2) Nach Cerſch, „Chronologie“, S. 79 haben fic) allerdings Unger, Niſſen und Mommſen „für einen ſpäteren Anſatz ausgeſprochen“ ob mit Recht?

25] Vorgeſchichtliche Sternkunde und Zeiteinteilung. 237

ſich ſtets abwechſelnd im 49. (vergl. 48 + 1 Schaltmonat) und 50. Monat, dieſe allerdings zu 29 und 30 Tagen gerechnet, wiederholten. Sollten wir aljo in Stonehenge die monumentale Jahresuhr erbliden dürfen, die den Erbauern die Wiederkehr ihrer fünftägigen Feſtſpielzeit anzeigte? Sonnen— verehrung und andere religiöſe Handlungen könnten ſelbſtverſtändlich trotz— dem in dem Bau ſtattgefunden haben.

In dem berühmten Bericht über den merkwürdigen Apollotempel im Huperboreerlande, womit ja wohl zweifellos Stonehenge gemeint ijt, jagt Hekatäus von Abdera (4. Jahrh. v. Chr.), daß die Bewohner ihren Lichtgott

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Abb. 7. Die urſprüngliche Anſicht von Avebury nach Stufeley. (Nach „Wiltshire Magazine“ Bd. IV 1859. ,

den ganzen Tag durch immerwährende Lobgejänge preijen. Er nennt den Tempel oparooecd7jg und nicht xvxdoerd7j¢, wie man für „kreisrund“ erwarten jollte, und Prof. Shuchhardt!) nimmt an diejer für ein Bauwerk unmög— lichen Kugelgejtalt Anjtoß. Nun ijt ja wohl Hefatäus nicht gerade Mathema— tiker geweſen und er könnte, wie wir das auch zuweilen tun, eben mit „rund wie eine Kugel“ nichts weiter als „kreisrund“ gemeint haben. Aber oyaig« hat doch noch eine beſondere Bedeutung. Legen wir die zugrunde, jo leſen wir: „Der Tempel ſieht aus wie eine Sphäre, ein himmelsglobus, ein Kalendarium.“

1) „Stonehenge“, Prähiſtoriſche Zeitſchrift 1910, S. 337.

Be 3

8 anil

238 | Stephan. [26

Im Hinblick auf die Baſaltkreiſe, die kümmerlich erſcheinen gegenüber den künſtleriſch ausgeführten Sarſenringen, hat man zwei Bauperioden angenommen. Aber abgeſehen davon, daß die überaus genaue Hbzirkelung des Aukentreifes über die beſtehenden inneren Kreiſe hinweg techniſch recht ſchwierig auszuführen geweſen wäre, ſo findet der Größenunterſchied wohl ſchon dadurch eine Erklärung, daß das Zunächſtliegende und darum Wichtigſte, alſo die Wochen- und Monatstage am größten dargeſtellt wurden, ebenſo wie an unſeren Uhren der Minutenzeiger größer iſt als der Stundenzeiger, an den Abreibfalendern die Tagesnummer weithin ſichtbar erſcheint und ganz klein die Angabe des Monats dabeiſteht. Der Durchmeſſer des Auken- kreiſes hat 96 engliſche Fuß, alſo 6 Ruten !).

7. Avebury. Weniger durch künſtleriſche Betonung als durch gewaltige Flächenausdehnung wirkt das 28 km nördlich von Stonehenge gelegene Avebury. Ein Steinkreis von 400 m?) Durchmeſſer ſchließt im Innern zwei Doppelringe ein. Zwei Steinalleen von je etwa 2300 m Cänge führen vom hauptfreis nach SO. und SW. und wenigſtens eine von ihnen endete wieder in einem doppelten Steinkreis.

Don Lageplanen aus früheren Zeiten, die das Bild des faſt gänzlich zerſtörten Bauwerks annähernd bewahrt haben, ſind am bemerkenswerteſten die von Aubrey aus dem Jahre 1666 und die von Stufeley von 1724. So wenig zuverläſſig die Aufnahme Aubreys erſcheint, die ein ganz verzerrtes Bild ergibt, um jo größere Sorgfalt muß man der Meſſung Stufeleys zu— ſprechen, der genau unterſcheidet zwiſchen ſtehenden, umgefallenen Steinen und den nachweisbaren Standörtern der verſchwundenen (Abb. 8).

Beginnen wir unſere Betrachtungen mit dem Doppelkreis am Ende der Kennett-Avenue, dem ſogenannten Sanctuarium. Stufeley gibt für den klußenkreis 40, für den inneren 18 Steine als urſprünglich vorhanden an, während Abrey nach einem Dermerk auf ſeiner Skizze anſcheinend 22 und 15 noch vorfand. Unter der Zahl 22 ſteht 37, womit er wohl die ehemalige Geſamtzahl meint. Wir haben aber keinen Grund, an Stufeleys Angaben zu zweifeln; denn: 18 Monate zu 40 Tagen = zwei Sonnenjahre gibt eine ſchöne Cöſung, die der bei Odry VII und VI gefundenen ähnlich iſt und auch an die mexikaniſche Zeiteinteilung erinnert. Die Durchmeſſer der Kreije ſollen nach Stukeley rund 44 und 15 m geweſen fein, das wären 9 und 3 Ruten.

1) Im „pietätvollen“ England ijt, der Tägl. Rundſchau vom 16. Okt. 1915 zu— folge, Stonehenge in dieſen Tagen meiſtbietend verſteigert worden.

Die Kreife zu Odru hingegen find ſeit 1875 unter ſtaatlichem Schuß, und Ge— heimrat Conwentz will ſich jetzt von neuem um die Sicherung bemühen.

2) Nach Albrecht, 1914, S. 188. v. hirſchfeld, a. a. O. gibt 502 m, Sor⸗ ters Reallexikon 455 m an.

27]

Vorgeſchichtliche Sternfunde und Zeiteinteilung. 239

_ Stehender Stein. = _. Umgeftürzter Stein. © Stelle eines fortgenommenen Steins. = Höhlung, in der einſt ein Stein geſtanden hat.

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+ Ergänzte Steine

Abb. 8. Stufeleys Plan der Hauptanlage von Avebury aus dem Jahre 1724. Nach „Wiltshire Magazine“ Bd. IV 1858.)

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240 Stephan. | [28

Für den großen Außenring der Hauptanlage ijt nur einmal eine be- ſtimmte Zahl angeführt, nämlich 100 (bei Albrecht, 1914, S. 195). Da aber in unſeren Betrachtungen bisher nie das Dezimaljyjtem vorgekommen ijt, halte ich dieſe Zahl für unwahrſcheinlich. Eine Refonjtruttion nach Stu— keley und Hoare (j. Abb. 9) weiſt 99 Steine auf, und daß dieſe Zahl wirklich auf Vermeſſung beruht, zeigt uns der plan Stukeleys (Hbb. 8), der die Stellen von 95 Steinen nachweiſt. Eine Cücke genau im Norden, eine in der Einmün— dung des Baumwegs nach Kennett und zwei links davon ergeben die Plätze für weitere vier Steine (in Abb. 8 durch Kreuze bezeichnet). So werden es

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Abb. 9. Urſprüngliche Anſicht der hauptanlage von Avebury nach Stufeley und Hoare. („Wiltshire Magazine“ 1859.)

wohl tatſächlich 99 Steine geweſen fein. Derſchiedentlich wird für die Doppel— ringe im Innern des großen Kreiſes angegeben, daß ihre KRußenkreiſe je 30, die Innenkreiſe je 12 Steine gehabt hätten. Sollten aber wirklich zwei ganz gleiche Anlagen nebeneinander beſtanden haben? Die genannte Refon- ſtruktion zeigt zwar beide Male 30 und 12. Auf Stufeleys Plan zählt man unter Berückſichtigung der Lüden ebenfalls für beide Innenkreiſe 12, für den ſüdlichen Außenkreis 30 Steine. Der nördliche Außenring hat 27 nachgewieſene Standorte. Nördlich von dem einzigen ſtehenden Stein der Oſtſeite ijt jedoch eine größere Tücke und auch im Süden ſcheint ein Stein zu fehlen, ſo daß eine große Wahrſcheinlichkeit für 29 vorhanden iſt.

Im Innern des nördlichen Doppelkreiſes befinden ſich nach Stufeleys Plan zwei Steine (Steinviſier?), im ſüdlichen Doppelkreis iſt der Standort

29] Vorgeſchichtliche Sternfunde und Zeiteinteilung. 24]

für einen Stein angegeben. Ein einzelner Stein ſteht noch ſüdlich von dieſem Kreis. Er heißt wunderbarerweiſe „Ring Stone“ und ſteht mit Mittelſtein und Steinviſier der Kreiſe in einer Linie. Welche Sternviſur iſt damit ge— meint?

Was beſagen die Zahlen? Daß mit 29 der Mondumlauf, mit 12 die Anzahl der Monate im Jahr bezeichnet wird, iſt einleuchtend, ebenſo daß 30x12 eine arithmetiſch bequeme Einteilung des Sonnenjahres darſtellt. Was ſollen aber die 99 Steine bedeuten? Mit 99 Jahren iſt nichts anzu— fangen, wohl aber geben 99 Monate eine befriedigende Erklärung.

Sowohl 29x12 = 348, als auch 30X12 = 360 weicht von der wirk⸗ lichen Jahreslänge beträchtlich ab. Das mußte die alten Chronologen darauf bringen, die Monate mit abwechſelnd 29 und 30 Tagen ſolange weiterzu— zählen, bis Monatsende und Jahresende wirklich zuſammenfielen und das iſt nach 99 Monaten der Fall; denn damit ſind acht volle Jahre gezählt.

49x 29 = 1421

50x 30 = 1500

99 Monate = 2921 Tage in acht Jahren 3651/, Tage im Jahr.

Und nun vergleiche man hiermit, was vorhin über die olympiſchen Spiele geſagt wurde: „abwechſelnd im 49. und 50. Monat (zu 29 und 30 Tagen)“.

Alber eine noch genauere Parallele aus der griechiſchen Chronologie iſt bei Ideler angeführt!). Er zitiert Geminus: „Juerſt bildeten fie (die alten Griechen) die achtjährige Periode (Oxractryols), welche aus 99 Monaten, unter welchen drei eingeſchaltete, und 2922 Tagen beſtand . . ... Für Avebury hatten wir nur einen Tag weniger: 2921 gefunden. Sollte der 2922. etwa durch den „Ringſtein“ bezeichnet werden?

Jdeler ſtellt feſt?), daß die Aſtronomen Meton und Eudorus, die im 5. und 4. Jahrh. v. Chr. lebten, ſowie auch die Dichter und Schriftſteller über den Landbau ſich auf alte Kalender und „alte Sphären“ bezogen, die den aſtronomiſchen Daten nach auf weitentfernte Zeiten, ja bis ins 15. Jahrh. v. Chr. zurückzuführen ſeien, „und da man unmöglich vorausſetzen kann, daß die Griechen ſchon damals im Beſitz aſtronomiſcher Renntniſſe und Be— obachtungen waren, fo iſt man genötigt, jene alten Kalender den Ägyptern und Chaldäern beizulegen“. |

Uns iſt jetzt viel wahrſcheinlicher, daß die Griechen, ebenſo wie nach dem Zeugnis des Homer und heſiod ihren Lichtgott Apollo, fo auch ihren Kalender und die Zeitrechnung aus unſeren nordiſchen Cändern bezogen. Die beiden von der Hauptanlage Aveburys ausgehenden gewundenen

1) a. a. O. S. 185. 2) Daſelbſt S. 336 und 337.

242 Stephan. [30

„Feſtſtraßen“, in denen manche die Nachbildung von Stierhörnern oder „Mondſumbole“ zu erblicken glauben, paſſen jo gar nicht zu den ſonſtigen Grundriſſen, die doch nur gerade Linien und Kreiſe, oder höchſtens einmal eine hufeiſenform aufweiſen. Da ijt es denn wichtig, daß Wilke!) bei ſeinen örtlichen Unterſuchungen feſtgeſtellt hat, daß der Baumweg nach Kennett zweimal knickt, alſo aus drei geradlinigen Strecken beſteht (Abb. 10). Er weiſt auf die genau gleiche Anordnung der langen Steinreihen von Carnac in der Bretagne hin. Ich möchte hier auch die Derbindungslinien der Kreis⸗ mittelpunkte der drei Reihen zu Ooͤry zum Vergleich heranziehen, die auch erſt nach rechts, dann nach links knicken. Vielleicht bringen eingehendere Unterſuchungen aller drei Abjtedungen noch Licht in dieſe Frage.

fodyer glaubt, für die von Süd-

Avebury . weſten kommende Straße die Richtung re . > nad) dem Sonnenaufgang 3u Beginn des = 1 Maijahrs, für die ſüdöſtliche die Ridy-

tung nach dem Stern q Centauri, dem „Warner“ beim Sonnenaufgang am No— 1 ö vemberfeſt annehmen zu können. Die ge: a naue Dermeſſung der ſpärlichen erhal- 1 tenen Reſte iſt auch hier Grundbedingung HE aller Forſchung. Was id) hier über Stonehenge und se Avebury als Kalendarien ſagte, ijt üb- “..Overton Hill rigens nicht völlig neu. So hat D. John SR Smith bereits 1771 gejchrieben: „Der Abb. 10. äußere Kreis des Tempels (Stonehenge) beſteht aus 30 Pfeilern, dieſe multipliziert mit den 12 Zeichen des Tierkreiſes, ergeben 360. Das ſind die Tage des alten Sonnenjahres“. „Der innere Kreis iſt der Mondmonat. Zwilchen ihm und der großen Ellipſe ſoll die Form des Mondes, wenn er ſechs Tage alt iſt, zu erkennen fein.“ Außer den fünf Trilithen hätten noch zwei kleinere beſtanden, die zuſammen die ſieben Planeten darſtellen ſollten ).

Und über Avebury berichtet CL. Bowles?) im Hermes Britannicus (1828), die Steine des Nord- und Südkreiſes ſeien Darſtellungen der Monate, Jahre, Tage und Stunden, eingeſchloſſen in den Kreis der Ewigkeit, und Rev. Edm. Duke?!) ſchreibt, die Sonne fei durch den ſüdlichen Doppelkreis, der Mond als Satellit der Sonne durch den nördlichen Steinkreis der Haupt- anlage dargeſtellt. Die 30 Steine der Außenfreije ſeien die Monatstage,

West- Ken nett

1) Wilke, a. a. O. S. 165. 2) Ulbrecht, „Weltall“. 1915, S. 70. 3) Ulbrecht, 1914, S. 228.

31] Dorgeichichtlihe Sternfunde und Zeiteinteilung. 243

die 12 der Innenkreiſe die Monate im Jahr, der eine Stein im Sonnenkreis bezeichne ein Jahr, die drei Steine im Mondkreis die drei Jahreszeiten, der Ringftein ſtelle einen Gnomon dar.

Ihre richtigen Auslegungen wurden zuſammen mit den falſchen als phantaſtiſch bezeichnet und wenig beachtet.

Am Schluß des Abſchnitts 3 war die Dermutung ausgeſprochen, daß man die Steinſpannungen zu errechnen verſtand. Jetzt, wo wir den Kreis unſerer Betrachtungen erweitert haben, können wir dieſe Frage wieder auf— nehmen.

Die Anzahl der Umringſteine verhält ſich bei

Oory J und III zu der Unzahl der Stäbe des Durchmeſſers wie 1: 1 The Hurlers I bis III 0 SO : A Trzebcz I 5 Fuß N Trzebcez II * se N ay, N A 1 12 Blandau a 8 5 ane Stanton Drew Ibis III 1 Stäbe ee

Der Kreisumfang ijt bekanntlich = da, wobei d die Maßeinheiten des Durchmeſſers und u eine Zahl = 3, 14159 bedeutet. Iſt die Unzahl der gleichen Kreisabſchnitte = a und die Lange eines jeden = b, fo ijt b = . Macht man nun, wie bei Odry I uſw d = a, fo iſt klar, daß ſtets die famt- lichen Steinſpannungen = n = 3, 14159 Einheiten fein müſſen. Die alten Baumeiſter können dies Maß auch durch Verſuche gefunden haben, indem

ſie die einfachſte Teilung des Kreiſes in vier Teile wählten und deſſen Durch— b

meſſer vier Einheiten groß machten: 2 ſo hatten ſie das Maß b, das für

alle Kreiſe gilt, bei denen Unzahl der Steine und Anzahl der Durchmeſſer— einheiten übereinſtimmten.

Rätjelbaft bleibt noch, nach welchen Grundſätzen die Teilung bei Stone— henge, Avebury und Odru II, IV bis X erfolgt ijt.

Da die Durchmeſſerlängen der britiſchen Unlagen in engliſchen Fuß ausgedrückt find, die doch mit 30,48 em um 1,63 cm größer find als der ge— fundene deutſche vorgeſchichtliche Fuß, und ſie trotzdem durch vier und meiſt auch 16 teilbar ſind, jo müſſen wir auch für vorgeſchichtliche Zeiten für Eng: land einen etwas größeren Fuß als für Deutſchland annehmen. Die 16-Teilung der Rute iſt auch für England ſehr wahrſcheinlich.

Wilke macht (a. a. O. S. 27 und 119) auf die von Lewis!) gefundenen Maßverhältniſſe der engliſchen ſowie äguptiſchen Steinkreiſe aufmerkſam, deren Durchmeſſer ſtets genau ein Vielfaches einer äguptiſchen Elle fein ſoll.

1) Lewis, Prehistoric Remains in Cornwall; Journal of the Anthropol. In stitute, Vol. XXV, No. 1, 1885.

244 Stephan. [32

Das läßt fih infofern mit unſerem Maß in Übereinſtimmung bringen, als die alte königliche Elle in Ägypten 52 bis 53 cm, alſo 2 Fuß groß war !).

IX.

Es wird eine lohnende Aufgabe fein, auch andere Teile Deutſchlands auf ſolche Überreſte von Kalenderanlagen hin zu unterſuchen. Auf einige will ich hinweiſen?). Bei v. hirſchfeld werden noch folgende Steinkreiſe genannt: 1. in der Geishecke bei Wiesbaden, 2. bei Bilkheim (Reg.-Bez. Wiesbaden), 3. bei helmſtädt, 4. auf Amrum, 5. auf Sylt. Kahle erwähnt (a. a. O. S. 230) einen Doppelring um eine Grabanlage bei Tensfeld in Holſtein.

Sorrer bildet in feinem Reallexikon einen Miniaturfreis ab, den er auf dem Odilienberg unterhalb des einſt vorhandenen Steinkreistempels gefunden hat. Er beſteht aus wohl fünf konzentriſchen Kreiſen kleiner Sand— ſteinpflöcke und hat nur 1,70 m Durchmeſſer. Sein Außenring ſcheint 72 Steine (fünftägige Wochen im Jahr) zu haben.

Für Oſtpreußen gibt Hollad in den Erläuterungen zur vorgeſchicht— lichen Überſichtskarte von Oſtpreußen (Glogau 1908, S. LIV) Steinkreiſe zu Groß-Censk und Grodtken an.

In der polniſchen Literatur, die mir Herr Dr. Roſtrzewski, Poſen, zugängig machte, ſind auch verſchiedene Steinkreiſe beſchrieben, mehrfach in der Nachbarſchaft von Steindreiecken. Sie liegen größtenteils in Weſtpreußen, aber auch auf ruſſiſchem Gebiet, bis in die Gegend von Comſcha.

Einer Anlage in MRitteldeutſchland, den Mannusleſern aus Bd. II, S. 232 ff. bekannt, ſcheinen auch aſtronomiſche Abfichten zugrunde zu liegen. Es iſt das berühmte Seddiner Rönigsgrab. In einem beſonderen Aufjaß im „Weltall“, 14. Jahrg., Heft 19, behandelt Albrecht dieſe Frage. Ich will kurz das anführen, was in den Rahmen unſerer Unterſuchungen fällt.

Aus einem Lageplan, den der Geologe Dr. Solger 1909 aufgenommen hat, ſchließt Albrecht, daß die runde Grabkammer in etwa 17 m Entfernung vom Hügelmittelpunft liege und der Durchmeſſer der kreisförmigen Stein— ſetzung am Hügelrande etwa 150 m betrage. Er folgert, daß bei Annahme eines Fußmaßes von 28 em Lange ſich für Halbmeſſer und Exzentrizität als Dervielfältigungszahlen ungefähr 200 und 60 ergeben, und weiſt dabei auf die eigentümliche Rechnungsweije der Kelten und n nach Zwanziger-Einheiten hin.

Hier hat Albrecht etwas ſehr abgerundet; denn 65 m (Halbmeſſer) durch 28 cm geteilt, gibt doch 232. 17 durch 0,28 iſt allerdings 61. Unter

1) hammer, Geſch. d. Candmeffung in Ägypten. 3. f. Dermeſſungsw. 1908. S. 382. 2) Dielleicht finde ich Gelegenheit, ausführlicher darauf zurückzukommen.

33] Vorgeſchichtliche Sternkunde und Zeiteinteilung. 245

Zugrundelegung des zu Ooͤry gefundenen Maßes von rund 29 cm hätten wir genau 28 Ruten für den Durchmeſſer und, falls man die ſchwer be⸗ ſtimmbare Exzentrizität zu 18,5 ſtatt 17 m annehmen darf, 4 Ruten für dieſe.

Albrecht jagt, daß die Linie vom Mittelpunkt über die Grabkammer hinweg ein Azimut von 135° (von N. über O.) habe, alſo dem Aufgangs- punkt der Mittwinterſonne entſpreche, in entgegengeſetzter Richtung be⸗ trachtet, nach Mittſommer⸗Untergang zeige. Auch eine Orientierung der Grabkammer durch die Linie von ihrem Mittelpunft über die Mitte ihres Zugangs mit 24° von N. nach O. hält Albrecht für möglich.

Abb. 11. Sigurenſtein von der Kuppe des Pfingſthügels (Northumberland). ar Größe nach G. Tate. (Krauſe, Trojaburgen.)

Seine Anficht iſt durchaus wahrſcheinlich. Nur müßten an Ort und Stelle genauere Meſſungen angeſtellt werden. War der Steinkreis am Hügel: rande etwa ein Kalenderfreis? Jit der Hügel erſt nachträglich aufgeſchüttet?

So dürften ſich auch anderwärts ähnliche Anlagen finden. Auch die Sagen, die ſich 3. B. in der Provinz Sachſen an einzelne Steine knüpfen, können zum Teil ſehr wohl ihren Urſprung in der früheren aſtronomiſchen Bedeutung derſelben haben. So wird!) von einer Laterne erzählt, die ſich auf den Stein zubewegt und dort verſchwindet, und von Wagen, die daſelbſt in den Grund fahren untergehender Stern und Sonnenwagen?

1) Größler, Altheilige Steine in der Provinz Sachſen. Halle, Hendel 1896. Mannus, Bd. VII. H. 3. 17

246 Stephan. [34

Vielleicht fällt bei weiteren Unterſuchungen auch neues Licht auf die rätfelhaften Bilderſteine in England, natürlich anſtehende Blöcke oder auch Menhire und Kreisſteine, auf denen in tauſendfacher Wiederholung kon⸗ zentriſche Kreiſe dargeſtellt ſind. Dieſe ſtehen oft zu 3 oder 4 in einer Reihe und ihr „Radius“ kann recht gut ein Überreſt der Difur fein.

Bilderſteine und Trojaburgen erweiſen ſich dann vielleicht als ſum⸗ boliſche Nachahmungen der Steinfreije aus einer Zeit, in der man den eigent⸗ lichen Zweck nicht mehr kannte und nur von der Beziehung zur Sonne, zu beſtimmten Feſttagen und zum Wetter wußte.

Es iſt klar, daß die Steine hauptſächlich durch ihre Zahl und die Stellung zueinander Aufichlüffe geben. Ein einmal umgeworfener Stein hat, ſelbſt wenn er wieder „ganz genau“ an feine Stelle geſetzt wird, den größten Teil feines Wertes als Urkunde verloren. Das wird man bei künftigen Ausgra- bungen berückſichtigen, auch bezüglich der Hügel, die ſehr wohl Beobachtungspunkte und auch Richtungspunkte fein können.

Einleuchtend ijt ferner, daß nur die ge- naueſte Vermeſſung ſichere Schlüſſe geſtattet. Denn ſelbſt die Skizze eines Malers, wie ſie dem Bericht Dr. Ciſſauers beigefügt ijt, geſtattet keine Erörterung mathematiſcher , Fragen. (Sie iſt andererſeits aber wegen der

Abb. 12. Darſtellung von damals wohl vorhandenen

e von Korton-Mor '/,,. ſechs Dreiſteinen zwiſchen den Kreiſen doch (Tad cer Done: Abb 35. ani“ nicht wertlos.) (Abb. 13.) ö Der Dorgeſchichtsforſcher hat ſich ja meiſt die Sertigfeit in kleineren Aufnahmen angeeignet. Neben den fo zahl⸗ reichen Gebieten, die er beherrſchen muß, iſt es aber nicht zu verlangen, daß er größere Vermeſſungen ausführen ſoll. Da möchte ich, jo wie Devoir im Mannus I die Lehrer zur Mitarbeit aufruft, die Aufmerffamfeit auf einen anderen Beruf lenken.

Es gibt in Deutſchland Tauſende von geprüften und vereideten Land: meſſern, die als Kataſterkontrollöre, Regierungslandmeſſer, ſtädtiſche und Privatlandmeſſer, in einigen Staaten als Geometer, faſt in jedem Städtchen zu finden find. Man ziehe dieſen Beruf zur Mitarbeit heran. Der Land: meſſer iſt auch Kenner und Derwabrer alter Slurfarten, die dem Vorgeſchichtler oft willkommene Aufichlüffe geben, er kommt bei ſeinen Arbeiten in die entlegenſten Winkel der Gegend und iſt in ſteter Berührung mit der Cand- bevölkerung. Die Bodenarbeiten bei Wege- und Tiefbauten fördern viele Sunde zutage. Er würde durch ſeine Mitarbeit gern einen Teil des Schadens wieder gutmachen, den er wider ſeinen Willen oft bei Wegebauten, Land⸗

35] Vorgeſchichtliche Sternfunde und Zeiteinteilung. 247

Ff) oe * 9 0 2 5 9 0 Oo 2 |

Abb. 13.“ Die Cromlechs und Trilithen bei Odry (Skizze des Malers Stryowsti). (Schriften der naturforſchenden Geſellſchaft in Danzig. Neue Folge III, 3. 1874.)

17*

a2 JI v HAS

248 Stephan. Dorgeſchichtliche Sternkunde und Zeiteinteilung. [36

umlegungen und Parzellierungen den Bodenaltertümern der Heimat 3u- fügen muß. \

Noch viele Rätjel bleiben ungelöſt. Wie ſind die Graber in die Kreiſe gekommen? Iſt es derſelbe Braud) geweſen, nach dem wir jetzt noch die Toten in unſeren Kirchen beiſetzen? !) Dafür ſprächen ja die zwei Beſtattungen übereinander in Blandau?), Bordzichows) und Münſterwalde!) und die Tat- ſache, daß es Kreije ohne Beſtattung gibt“). Was für ein Volk hat die Stein⸗ ſetzungen erbaut?

Doch das alles mögen die Vorgeſchichtsforſcher entſcheiden. Einen Schritt vorwärts in der Erkenntnis haben uns die Kreije zu Odry gebracht. Mögen dieſe Jeilen zu weiteren Unterſuchungen anregen.

1) Dergl. W. Paſtor, Zeitichrift für Ethnologie. 1910, S. 963. 2) Tiſſauer, a. a. O. S. 148.

3) Daſelbſt S. 155.

4) Daſelbſt S. 158.

6) Rrauſe, Auiſkoland. S. 74.

durch Pfeil

Job sie von Natur oder N ten

e in em

eumeyer, Buch⸗ und Steindruckerei, Poſen.

Skelettreſte aus Steinzeitgräbern in der Uckermark beſchrieben und beurteilt von Prof. Dr. Strauch.

(Zur Abhandlung „Neuere Sunde von Steinzeitgräbern in der Uckermark“ Mannus VII, S. 35 ff.)

Stolzenhagen. Steinplattenkiſte.

Skelett A.

Dom Skelett ſind vorhanden: 4 Röhrenknochenreſte, 1 Schädel, ein kleiner Reſt vom Oberkiefer und die rechte hälfte vom Unterkiefer.

Die Röhrenknochen erweiſen ſich als die beiden Oberſchenkel und beiden Schienbeine.

Dieſe Knochen ſind zwar recht defekt, vor allen Dingen fehlen an jedem einzelnen entweder die oberen oder die unteren Gelenkenden, ſo daß ſie eine ſichere Meſſung nicht zulaſſen, und damit ein Schluß auf die geſamte Körper: länge des Individuums nicht ſicher zu ziehen iſt.

Aber immerhin, beſonders beim Danebenlegen entſprechender Der: gleichsknochen, haben die gefundenen Oberſchenkelknochen eine Länge von 455 mm und die Schienbeine eine ſolche von 375 mm.

Dies ergibt nach Toldt ungefähr eine Körperlänge von 170 em.

Allgemein fei weiter hervorgehoben, daß die Oberſchenkel, wenn fie auch ſchlank und gar nicht plump erſcheinen, ſo doch überaus kräftig geweſen ſein müſſen, wofür die ſtarke und deutlich hervorſpringende ſogenannte Muskelleiſte, rauhe Linien u. dgl. ſowohl am Oberſchenkel, wie am Unter: ſchenkel ſprechen.

Daraus iſt ein Rückſchluß auf gute und kräftige Muskulatur und ſtraffe Anjpannung der Muskeln im Leben möglich.

250 Straud). [2

Der Schädel. f

Es läßt ſich nur das Längenmaß des Schädels mit 196 num nehmen; da ein großer Teil der rechten Seitenfläche fehlt, iſt die Breite nicht beſtimm— bar, ein genauer Index deshalb nicht zu berechnen, aber unzweifelhaft iſt dieſer Schädel ein ausgeſprochener Langfopf.

Die kleinſte Stirnbreite (direkte Entfernung der einander am meiſten genäherten Punkte der halbkreisförmigen Linien an der Stirn) beträgt 94 mm.

Die Hugenbrauenwülſte ſpringen nur mäßig vor. Es fällt auf, daß zu den ſtarken Knochenleiſten an den unteren Gliedmaßen nur die Muskelleiſten am Hinterhaupt ziemlich ſchwach ausgebildet find.

Der Schädel macht nach dieſen Maßen und in ſeiner ganzen Bildung einen ſchönen, ebenmäßigen, man kann jagen, edlen Eindruck.

In bezug auf die Altersbeſtimmung ijt bedauerlich der Mangel der Zähne, denn ſowohl die Reſte vom Oberkiefer wie vom Unterkiefer ſind jo defekt, daß nicht einmal mit Sicherheit geſagt werden kann, daß dieſelben zu dieſem Schädel gehören. Man iſt ſomit nur auf die Beſchaffenheit der Nähte angewieſen, und in der Ridtung ijt hervorzuheben, daß die Nähte faſt völlig verſtrichen ſind, ſomit der Schädel einem älteren Individuum, wohl über 50 Jahre, angehört haben mag.

Zu erwähnen iſt noch, daß in der Gegend des linken Scheitelbeinhöckers ſich eine 95 mm lange, 19 mm breite, flache Vertiefung findet, und eine ähnliche, aber kleinere, am linken Stirnbeinhöcker, in deren Tiefe zum Teil die Schwammſubſtanz ſichtbar wird. Dieſe Vertiefungen find wohl während des Lebens entſtanden und mögen vielleicht durch irgendeine mit Knochen— ſchwund einhergehende Erkrankung in Zuſammenhang geſtanden haben

(Syphilis?). Stolzenhagen. Steinplattenkiſte.

Skelett B.

Vom Skelett ſind vorhanden:

ein Schädel und drei defekte Röhrenknochen.

Was zunächſt den Schädel betrifft, ſo macht derſelbe durch ſein Eben— maß, durch feine ſchöne ſchlanke Form einen geradezu edlen Eindruck. Er zeigt auf den erſten Blick, daß er in ausgeſprochener Weiſe ein Langſchädel iſt und zwar ein ſolcher, wie man ihn in dieſer Wohlgeſtalt und in dieſem Eben— maß nur ſelten antrifft.

Seine größte Länge beträgt 188 mm, ſeine größte Breite 155 mm. hieraus ergibt ſich als Längen-Breiten-Index 71,8 (ausgeſprochener Dolicho— cephalus),

3] Skelettreſte aus Steinzeitgräbern in der Uckermark. 251

Die größte Stirnbreite, die in der größten Breite der Kranznaht liegt, beträgt 108 mm; die kleinſte Stirnbreite, die direkte Entfernung der einander am meiſten genäherten Punkte der halbkreisförmigen Linien an der Stirn, beträgt 98 mm.

Wenn auch die Schädelgrundfläche teilweiſe fehlt, ſo iſt ſie doch in den hinteren Abſchnitten erhalten und vor allem iſt das Hinterhauptlod in feinem ganzen Umfang noch vorhanden.

Es läßt ſich alſo auch die höhe des Schädels meſſen, d. h. der Abitand von der Mitte des vorderen Randes des großen Hinterhauptloches bis zum Bregma (Schnittpunkt der Kranznaht und Pfeilnaht). Dieſes Maß beträgt 156 mm.

Aus dieſer Länge und dieſer höhe ergibt ſich ein Längen-höhen-Index von 72, 34. :

Wenn ſchon ohne Meſſung dieſer ſchöne Schädelreſt weder als befonders flach noch als beſonders hoch imponiert, ſo beweiſt dieſer genau ermittelte Cängen⸗höhen⸗Index, daß er zu den ſogenannten Orthocephali gehört.

Die Augenbrauenwiiljte ſpringen nur in der Gegend der Naſenwurzel etwas vor, ſonſt ſind ſie flach und ſchön geſchwungen.

Die Schädelnähte ſind faſt überall noch deutlich erhalten. Wenn ſie auch an den ſeitlichen Enden der Kranznaht und im Beginn des hinteren Drittels der Pfeilnaht etwas zu verſtreichen anfangen, ſo läßt ſich doch aus ihrer Beſchaffenheit der Schluß ziehen, daß ſich der Menſch befunden hat ungefähr in einem Alter um das 45. Lebensjahr herum.

Aud) daß die Nähte nirgends irgendwie Schaltknochenbildung oder ſonſtige fluffälligkeiten darbieten, zeigt, daß das Individuum eine ungeſtörte und gute Entwicklung durchgemacht hat.

Die Muskelleiſten an der hinterhauptſchuppe find nur mäßig ſtark entwickelt, haben alſo offenbar einer nur mäßig ſtarken Nackenmuskulatur zum Anſatz gedient.

Der Cängendurchmeſſer des großen Hinterhauptloches (Baſion-Opisthion) beträgt 34 mm, der Querdurchmeſſer 30 mm.

kin den Bruchſtücken der Röhrenknochen ſind die kräftigen, gut aus— gebildeten Muskelleiſten als die Anſatzſtellen der Muskeln und Sehnen be— merkenswert. Bei dem jo ſehr defekten Zuſtand der Röhrenknochen iſt die Körperlänge des Individuums nicht zu ermitteln.

Was das Alter betrifft, ſo handelt es ſich nach der Beſchaffenheit der Knochen und der Schädelnähte anſcheinend um einen erwachſenen Menſchen, vielleicht um das 40. Jahr herum. Das Geſchlecht iſt, wie meiſt, mit Sicherheit nicht zu beſtimmen.

Jedenfalls war es eine gut gewachſene ſchlanke Perſönlichkeit.

Das Fehlen von Schaltknochen, die Gleichmäßigkeit und, man möchte ſagen, edle Form des Schädels, das Fehlen jeglicher Entartungszeichen oder

252 Straud). [4

Zeichen von Minderwertigkeit des Individuums deuten auf eine durchaus geſunde, gleichmäßig und gut entwickelte Perſönlichkeit.

Nach dem allgemeinen Eindruck, nach der Schlankheit und dem grazilen Bau des Schädeldadhes ijt vielleicht eher an ein weibliches Individuum zu denken.

melzow. Kal. Forſt. Jagen V.

Steinplattenkiſte 4.

Das Grab 4 Jagen V enthält Knochenreſte eines kindlichen Individuums.

Es liegen vor Rejte von platten Knochen des Schädels, von Röhren: knochen, Rippen und Gliedmaßen- und Rieferreſte.

Eine ungefähre Beſtimmung des Alters laſſen allein die Gliedmaßen— knochenreſte zu und zwar vor allem der Reit des rechten OGberſchenkelbeins, welcher mit einer Länge von 180 bis 190 mm dem ungefähren Alter eines Individuums von 3 bis 312 Jahren entſpricht.

Ein Kind im Alter von 3 bis 31% Jahren hat durchſchnittlich eine Körper: länge von etwa 90 cm. Es paßt mithin dieſe Altersbeftimmung zu der Lange der lichten Weite der Steinkiſte mit 60 em, da ja das Skelett als Hocker darin gefunden ſein ſoll.

Huch was ſonſt an Gliedmaßenknochen noch vorhanden iſt und Meſ— ſungen zuläßt, ſtimmt ungefähr mit dieſem ermittelten Alter überein.

Die Beckenknochen zeigen deutlich, daß eine noch vollſtändige knorpelige Verbindung zwiſchen den einzelnen Knochen des Beckengürtels beſtand.

Auch unter den Kippenknochenreſten ijt vor allem das rechte Schlüſſel— bein charakteriſtiſch, und auch deſſen Maß mit etwa 70 num ſtimmt zu dem ermittelten Alter von 3 bis 315, Jahren.

Die Schädelknochenreſte als ſolche find überaus defekt, haben die Be— ſchaffenheit der Knochen von Rindern in zartem Alter, ſie zeigen nirgends eine Verletzung oder ſonſt irgend etwas Charakteriſtiſches.

Die vorgefundenen Zähne ſind die eines Milchgebiſſes, und in dem einen Unterkieferteil ſieht man den einen Backzahn noch nicht ganz durchgebrochen. Die vorhandenen Zähne find alle ſoweit geſund und zeigen keinerlei beſondere Abfauung.

Steinplattenkiſte 5.

Aus Grab 5 liegen vor zahlreiche Trümmer von Gliedmaßenknochen, vom Becken, Schulterblättern, Rippen, Schädeldachknochen und Rieferreſte. Von den Röhrenknochen iſt am beſten erhalten ein linkes Oberſchenkelbein. Alle Knochenreſte gehören nur einem Individuum an, und um über das Alter desſelben ungefähr einen Anhalt zu gewinnen, läßt allein das linke Oberſchenkelbein eine Meſſung zu; da aber das untere Gelenkende gänzlich

5] Skelettreſte aus Steinzeitgräbern in der Uckermark. 253

fehlt, jo iſt auch dieſe Seftitellung zunächſt nur ſehr unvollkommen ausführbar und würde die Länge des vollſtändigen Knochens 40 em betragen. Dies würde ungefähr einem Alter von 20 Jahren entſprechen.

Mit dieſer Feſtſtellung ſtimmt auch das Maß des rechten Oberarmbeins überein, welches mit einer ungefähren Länge von 28 cm zu derſelben Alters- ſtufe heraufreicht, und das der einen Elle von 21 em.

Die Knochenleiſten an den Gliedmaßenknochen find, wenn auch deutlich angelegt, jo doch nicht ſtark ausgebildet und laſſen immerhin einen Rückſchluß, bei Berückſichtigung der Jugend, auf eine ſtraffe und gute Muskulatur zu.

kin den Oberarmbeinen fällt auf und iſt hervorzuheben, daß am rechten Oberarmbein an ſeinem Ellenbogenteil die Grube des Rollhügels, die zur Aufnahme des Ellenbogenfortſatzes dient, auffallend tief iſt.

Die Knochenſchicht ijt bier jehr dünn und am rechten Oberarmbein iſt hier ein rundliches Coch, das ſogenannte Foramen supratrochleare, es iſt ein Coch von 4 mm Durchmeſſer.

Am linken Oberarmbein iſt das gleiche zu beobachten, nur iſt hier das Lod) rundlicher und von drei Knochenbälkchen ſenkrecht durchzogen.

Dieſer Befund iſt anatomiſch wichtig und ich verweiſe auf das bei Beſchreibung der Knochenreſte aus dem Grabe Galgenberg 5 bei Melzow näher hierüber Ungeführte.

Durch die drei Knochenbälkchen, welche ſich durch das Coch am linken Oberarmbein hindurchziehen, erweckt es allerdings hier den Anfchein, als ob doch dieſe Cochbildung auf Uſur durch übermäßige Bewegungen im Ellen— bogengelenk (Durchdrücken des Armes) zurückzuführen ſei. Dies aber würde bei dem zweifellos jugendlichen Alter des Individuums auch wiederum auf: fallend und ſelten ſein.

Die Reſte der platten Knochen (Schädeldach, Schulterblatt) bieten nichts Beſonderes dar. Sie ſind ſtark mit feſt anhaftenden erdigen Teilen kruſtiert und klingen, durcheinandergeſchüttelt, wie Porzellanſcherben, ein Klang, den man häufig bei Knochen beobachtet, bei denen jede Spur organiſcher Subſtanz zer— ſtört ijt durch Verwitterung, oder wenn fie dem Seuer ausgeſetzt geweſen ſind.

Anhaltspuntte, wie lange die Funde in der Erde gelegen haben, laſſen ſich auch durch dieſe Beobachtung nicht ermitteln.

Was die Kieferreite betrifft, jo zeigt der Unterkiefer, der in zwei Teile zerbrochen iſt, 14 bleibende Zähne.

Der dritte Mahlzahn jederſeits iſt noch nicht durchgebrochen. Die Jähne ſind durchweg geſund, wenig abgekaut und auch dieſer Befund unterſtützt durch die Anzahl und Beſchaffenheit der Zähne das aus den Röhrenknochen ermittelte Alter.

Aud) die rechte hälfte des Oberkieferbeins gehört zu dieſem Unter: kiefer, denn auch er zeigt die entſprechenden 7 Oberkieferzähne von der gleichen Beſchaffenheit.

254 Strauch. l

Die in der Streichholzſchachtel befindlichen Zähne gehören kaum zu dieſer Leiche, denn mehrere Zähne waren noch gar nicht zum Durchbruch ge— kommen und ſtellen kindliche Zähne dar.

Dem ermittelten Alter des Individuums, von dem die Knochenreſte aus Grab 5 ſtammen, ungefähr 20 Jahre, würde durchſchnittlich eine Körper: länge von etwa 170 cm entſprechen, die aljo wohl vereinbar ijt mit der angeb— lichen Länge von 90 cm in der lichten Weite der Steinkiſte, wenn, wie es hieß, das Skelett in Form eines liegenden Hoders aufgefunden wurde.

Steinplattenkiſte 6.

Aus Grab 6 liegen nur ſpärliche Reſte von Röhrenknochen und zwei Wirbelreſte vor.

Von den Röhrenknochen ſind zwei als die Mittelſtücke vom rechten und linken Oberſchenkelbein beſtimmbar.

Da die oberen und unteren Gelenkenden jederſeits fehlen, ſo iſt die Länge dieſer Beine nicht ſicher zu meſſen, ungefähr ſind aber die Längen auf 380 bis 400 mm zu ſchätzen und ſomit das Alter des Individuums anzu— nehmen auf 15 bis 20 Jahre.

An der hinteren Fläche der Oberſchenkelbeine find die ſogenannten Muskelleiſten ſehr kräftig hervorragend und ſtark ausgebildet.

Dieſer Befund ſpricht für ſtark ausgebildete, ſtraffe Muskulatur und iſt bei einem ſo jungen Individuum (kaum 20 Jahre alt) höchſt auffallend.

Die anderen Röhrenknochenreſte ſind durch Baumwurzeln vielfach durchwachſen, auseinandergeſprengt und unbeſtimmbar.

Die Wirbelreſte zeigen nichts Beſonderes.

Die vorhandenen Zähne zeigen gleichfalls jugendlichen Charakter und ſind wenig abgekaut.

Steinplattenkiſte 7.

Grab 7 birgt die Knochenreſte eines Kindes im Alter von etwa 3 Jahren.

Das Alter geht hervor aus den Maßen der beiden Oberſchenkelbeinreſte, ungefähr 170 mm Lange.

Auch ſtimmt die Zartheit der übrigen Knochen mit dieſem Alter durchaus überein, desgleichen der Reſt der kleinen Darmbeinſchaufel.

Das eine flache Knochenſtück der Schädelkapſel zeigt an dem der Naht- ſtelle gegenüberliegenden Rande eine auffallende Glätte, wie abgerollt oder abgegriffen, und hat wiederum einen auffälligen, porzellanſcherbenartigen Klang.

Außerdem finden ſich dann noch Rippenrejte, Wirbelreſte und ver— einzelte Schädelkapſelreſte.

Der in der Streichholzſchachtel befindliche Jahn iſt ein Milchbackenzahn, der vielleicht vor kurzem erſt durchgebrochen war.

7] Stelettrejte aus Steinzeitgräbern in der Uckermark. 255

Da aus dem Begleitſchreiben hervorgeht, daß die Länge der Steinkiſte 35 cm betragen hat, jo würde der durchſchnittlichen Länge eines 3 Jahre alten Kindes von ungefähr 85 bis 95 cm der Innenraum des Grabes nur entſprechen, wenn die Hoderitellung hier eine ſehr ausgeſprochene war.

Steinplattenkiſte 9.

fluch dieſes Grab enthält die Rejte eines kindlichen Skeletts ähnlich wie Grab 7.

Es finden fic) Reſte von Rippen, Wirbeln, Gliedmaßenknochen, Beden= knochen und Kopftnoden.

Die Reite find ſtark defekt, genauere Maße deshalb kaum zu nehmen, nur aus dem einen Schienbein läßt ſich bei einer Länge von 140 bis 150 mm auf ein Alter von etwa 3 Jahren ſchließen. |

Bedeutſam ijt, daß das Stirnbein dieſes kindlichen Schädeldaches bei guter Modellierung und Form bereits eine faſt völlige Derknöcherung der beiden Stirnbeinhälften zeigt.

Dieſe Verknöcherung ijt. individuell, bisweilen ſchwankend, macht ſich aber im 2. oder 3. Lebensjahr bemerkbar und zwar derartig, daß die Der— knöcherung in dieſem Alter meiſt vor ſich geht; nur knapp über der Naſen— wurzel bleiben noch Reſte der Naht, gewöhnlich bis gegen das 4. Lebensjahr, bemerkbar, und auch hier ijt noch eine Andeutung der Naht über der Naſen— wurzel, ungefähr auf eine Länge von 7 mm, bemerkbar.

Melzow. Galgenberg Flachgrab 1.

Skelett A.

Es liegen vor außer dem Schädel nebſt Unterkiefer ſehr defekte Glied- maßenknochen, andere Röhrenknochen, Wirbelſtücke und ein Oberfieferteil.

Die Gliedmaßenknochen zeichnen ſich insgeſamt aus durch einen be— ſonders ſtarken und wuchtigen Bau. Sie haben ſehr kräftige und vorſpringende Mustelleiften, ſcharfe Kanten und dicke Knorren.

Der einzige Knochen, der, wenn auch ſehr ſtark defekt, doch eine gewiſſe Meſſung zuläßt, iſt das rechte Oberſchenkelbein, deſſen Geſamtlänge mit ungefähr 450 mm auf einen erwachſenen Menſchen ſchließen läßt.

Gerade an dieſem Knochen find an der hinteren Fläche die Knochen: leiſten zum Unſatz der Sehnen und Muskeln beſonders ſtark ausgebildet.

Aud) die Reſte des Schienbeins zeigen eine auffallende Breite von faſt 5 em.

Wie ſtarkknochig das Individuum geweſen iſt, iſt ferner beſonders erkenntlich auch aus dem Umfang und der Maſſigkeit und Breite des linken Oberarmbeins, bei dem die Rauhigkeit an der äußeren Fläche des Mittel—

256 Strauch. [8

ſtücks geradezu zu einem dicken gewundenen Knorren oder Wulſt ausgebildet ijt, jo daß man von dieſem, der die Anſatzſtelle des großen Schultermuskels, des ſogenannten dreieckigen Muskels, darſtellt, auf eine mächtige Muskulatur des Oberarms und des Schultergürtels rückzuſchließen berechtigt iſt.

Die Reite von den übrigen kleineren Gliedmaßenknochen, vom Schulter: blatt, der Knieſcheibe, die Wirbelreſte find, ſoweit der ſtark defekte Zuſtand Schlüſſe zuläßt, ohne Beſonderheiten.

Der zu dieſen Reiten gehörige Schädel tft leider an beiden Seiten- flächen eingedrückt geweſen und die Refonitruftion hat die völlige Wölbung nicht ganz wieder herzuſtellen vermocht; deshalb war eine genaue Meſſung der „größten Breite“ nicht möglich. Aber aus der ganzen Bildung der faſt völlig erhaltenen Scheitelbeine zu ſchließen, iſt der Schädel ſicher nicht breit geweſen und ſtellt mit einer Länge von 199 mm einen fo ſchönen, tupiſchen Langfopf dar, wie man ihn nur ſelten beobachtet.

hierzu paſſen auch die ermittelten Maße der Stirn, nämlich die größte Stirnbreite mit annähernd 117 mm, die kleinſte Stirnbreite mit 95 mm.

Nach ſeinen Nähten zu urteilen, iſt der Schädel der eines erwachſenen Menſchen geweſen in der höhe ſeiner Entwicklung, vielleicht um das 30. bis 40. Lebensjahr herum.

Die Augenbrauenwülſte ſpringen oberhalb der Naſenwurzel etwas hervor, vermögen aber nicht den Eindruck des Ebenmaßes und der edlen Sorm der Stirn und des Schädels zu ſtören.

Leider fehlt der größte Teil der Schädelgrundfläche und des Geſichts— ſchädels, aber aus den noch vorhandenen Reiten ſcheint das Geſicht eher etwas niedrig als hoch geweſen zu ſein.

Das hinterhauptbein zeigt mäßig ſtarke, halbkreisförmige Muskellinien, die mithin nur einer mäßig ſtarken Nackenmuskulatur zum Anſatz gedient haben mögen.

Verletzungen, die das Leben bedrohten, zeigt der Schädel nicht, ebenſo keinerlei Mißbildung oder ſonſtige Auffälligkeiten.

Ob der Schädel einem Mann oder einem Weib angehört hat, war nicht zu ermitteln.

Der zu dem Schädel offenbar paſſende Unterkiefer iſt dem ganzen Schädelbau entſprechend mehr ſchlank und leicht, nicht maſſig ee dabei doch kräftig, mit kräftigen Raumuskelanſatzſtellen.

Die Breite des Unterkieferaſtes beträgt 31 mm. Die Breite des Unter: kiefers am Winkel Unterkieferwinkelbreite oder ſogenannte untere Geſichts— breite beträgt 99 mm.

Das Rinn ſprang im Leben gewiß etwas leicht vor.

Im Unterkiefer befinden ſich 15 wohlerhaltene Zähne. Dieſelben ſind mäßig kräftig, zeigen aber deutlich Abfauung.

9] Skelettreſte aus Steinzeitgräbern in der Uckermark. | 257

Der linke, mittlere Mahlzahn zeigt an feiner Außenfläche eine rundliche, 4 mm lange, 3 mm breite, flache Vertiefung. Ob dieſelbe, die ja noch eben unter dem Jahnfleiſchüberzug gelegen haben muß, von einer Karies (Zahn- fäule) herrührt, kann nicht entſchieden werden.

Der mittlere rechte Mahlzahn iſt ſchon vor dem Tode ausgefallen, und an den beiden hinteren Mahlzähnen rechts und links finden ſich ebenfalls an der Außenfläche, dicht unterhalb des Jahnfleiſchüberzuges je eine kleinere, rundliche Vertiefung, ähnlich wie die am linken mittleren Mahlzahn.

Zu dieſem Unterkiefer paßt dem Gebiß nach und nach der ganzen Bildung und dem Erhaltungszuſtand der dabei liegende Teil des Jahnfortſatzes des Oberkieferbeines mit 10 Zähnen, die in bezug auf Form und Abfauung den Unterkieferzähnen gleichen.

hierzu kommen noch die drei Zähne, die in dem beigepackten Knochen: ſtück ſtecken, welch Knochenſtück zum Oberkieferreſt gehört, jo daß 15 Ober⸗ kieferzähne vorliegen.

In der Jahnreihe fehlt der erſte linke obere Mahlzahn und zeigt die Beſchaffenheit des Jahnfortſatzes an dieſer Stelle, daß dieſer Zahn ſchon lange vor dem Tode ausgefallen ijt, denn die Jahnzelle iſt ganz geſchwunden, atrophiſch.

Melzow. Galgenberg Flachgrab 1.

Skelett B.

Dom Skelett B aus Grab 1 Galgenberg liegen vor außer einigen ſpär⸗ lichen Reſten flacher Schädeldachknochen und Wirbelreſten kleine Rippen: bruchſtücke und eine Anzahl von Röhrenknochen von Gliedmaßen: drei Hand- wurzelknochen und zwei Singerglieder, außerdem ein Stück des linken Schlüſſel⸗ beins, ferner ſieben Bruchſtücke von größeren Röhrenknochen, von denen ſich nur das linke Oberſchenkelbein noch annähernd zuſammenpaſſen und meſſen läßt. Hußerdem ein Teil der linken hüftgelenkpfanne.

Die Länge des Oberſchenkelbeins entſpricht mit ungefähr 42 cm der eines erwachſenen Menſchen, über 24 Jahre.

Zu dieſer Altersbejtimmung ſtimmt auch der Bau und die Beſchaffenheit der übrigen Knochen.

Auch die noch vorhandenen Schädelknochenreſte, ſoweit fie noch Naht— ſpuren an ſich tragen, zeigen, daß dieſe Nähte gar nicht verknöchert waren, dieſe Schädelknochen alſo auch zu dem ermittelten Alter paſſen würden.

Eines der Schädelknochenſtücke zeigt ein eigenartiges, zerfreſſenes Aus- ſehen, wie man es bei Knochenfraß am Schädel findet, meiſt auf Suphilis beruhend, an der Außenfläche. Aber auch an der Innenfläche find einzelne derartige unregelmäßige, flache Vertiefungen, die es immerhin möglich machen, daß dieſelben auch nur eigenartige Verwitterungserſcheinungen ſind.

258 Straud. [10

Melzow.

Galgenberg Slachgrab 2.

Von den Reſten aus dem Grabe 2 auf dem Galgenberg ſind nur vor— handen drei Röhrenknochen von unteren Gliedmaßen, nämlich von beiden Oberſchenkelbeinen und ein Schienbein, außerdem das untere Gelenkende des rechten Oberſchenkelbeins, das durch beſonders große Mächtigkeit der Entwicklung und Breite und Tiefe der Kniekehlengrube auffällt.

Sie gehörten zweifellos einem voll erwachſenen Menſchen, wahrſchein— lich einem Manne, an. Näheres über das Alter läßt ſich aber bei dem defekten Zuſtand nicht gut ſagen.

Melzow.

Galgenberg Flachgrab 3.

Aus dem Grabe 3 auf dem Galgenberg liegen vor außer der Schädel— kalotte, dem Unterkiefer, einzelnen Bruchſtücken der Schädelgrundfläche und des Geſichtsſchädels eine größere Unzahl von Röhrenknochenreſten der oberen und unteren Gliedmaßen, ferner Wirbelreſte und der Reſt eines Schulter— blattes, ſowie die beiden defekten Schlüſſelbeine.

Die Knochen ſind insgeſamt kräftig mit mäßig ſtarken Muskelleiſten, und gehörten nach den Maßen, ſoweit ſich ſolche nehmen ließen, einem un— gewöhnlich großen Individuum an.

Das Oberſchenkelbein hat im Leben eine Länge von faſt 47 bis 48 cm gehabt, würde aljo einem Individuum von beinahe 180 em Körperhöhe entſprechen.

Die Schienbeinknochen ſind etwas platt und ſehr ſcharfkantig, das rechte hat eine Länge von 36 em, weiſt alſo auch ſeinerſeits auf eine beträchtliche Rörperlänge hin.

Die neben den Röhrenknochen befindlichen Gelenkfortſatzreſte und Reſte des Bedenfnodyens, des hüftbeinknochens, laſſen beſtimmte Schlüſſe nicht zu, ebenſo nicht die vielen, kleineren Knochenſtücke, die den oberen Glied- maßen anzugehören ſcheinen.

Der linke Schlüſſelbeinreſt zeigt mit einer Geſamtlänge von ungefähr 140 mm, daß die große Entwicklung des Individuums mehr eine Längen- entwicklung war, daß aber der knöcherne Bruſtkorb jedenfalls nicht beſonders weit ausladend und breit geweſen iſt.

Was die Ropfſkelettreſte betrifft, jo läßt die Schädelkalotte nur die größte Lange meſſen, 195 mm, während die größte Breite durch das Fehlen der rechten Schädelhälfte nur ſchätzungsweiſe mit 140 mm ermittelt werden kann. Es würde dies einem Index von 71,8 entſprechen.

Es gehört alſo der Schädel in ausgeſprochener Weiſe zu den ſogenannten Cangſchädeln.

11] Skelettreſte aus Steinzeitgräbern in der Uckermark. 259

Die Nähte am Schädel ſind deutlich erkennbar, es iſt aber die Pfeilnaht nur noch in Reiten vorhanden, ſonſt bereits verſtrichen.

Die Hugenbrauenwülſte treten faſt gar nicht hervor und das Schädeldach hat eine wohlgebildete, edle, ſchlanke Form. |

Aud) die Warzenfortſätze beider Schläfenbeinreſte find von ſchlanker Bildung.

Irgendwelche ſogenannte Entartungszeichen, Abnormitäten oder Miß— bildungen weiſen die Ropffkelettreſte nicht auf.

Der Oberkiefer iſt ſchlank und leicht gebaut, nicht derb, das Kinn ſpringt in geringem Maße vor.

Die in die Jahnzellen eingeſteckten, zum Teil eingeleimten Zähne ſcheinen mir nicht ganz ſicher ſo in der Weiſe hinein zu gehören, wie ſie ein— geſetzt ſind, beſonders ſcheinen die rechten Mahlzähne, vornehmlich der hintere, im Leben ausgefallen geweſen zu fein, wofür die Beſchaffenheit der Zahn: zellen zu ſprechen ſcheint.

Die Zähne find jo defekt und zum Teil verwittert, daß über ihre Ab- kauung ſicheres nicht geſagt werden kann. ö

Im ganzen ſind die vorhandenen Zähne, auch die des Gberkieferreſtes, ſchlank und zart.

Am Oberkiefer ſcheinen fie etwas mehr abgekaut zu ſein wie am Unter: kiefer, jedenfalls ijt das ganze Gebiß durch die Dürftigkeit der Zahnentwicklung auffallend, beſonders im Hinblick auf die große Perſönlichkeit, und hieraus, wie aus dem grazilen, ſchlanken Knochenbau, möchte ich eher auf ein weib— liches Individuum ſchließen.

melzow.

Galgenberg Sladgrab 5.

Aus dem Grabe 5 auf dem Galgenberg liegen vor eine größere Anzahl von Wirbel⸗ und Rippenreften, an denen nichts Beſonderes zu bemerken ijt, ferner Rieferreſte, Teile des knöchernen Beckenrings und vor allem lange Röhrenknochen.

Don dieſen ſind am bemerkenswerteſten die beiden Oberarmbeine, von welchen das linke durch fein Längenmaß von annähernd 300 mm Rück⸗ ſchlüſſe auf das Alter des Individuums zuläßt. Dasſelbe iſt dementſprechend auf ungefähr 20 Jahre zu ſchätzen.

Aber die beiden Oberarmbeine ſind noch in anderer Beziehung wichtig, ſie bieten nämlich beide, das linke mehr wie das rechte, eine beſonders tiefe obere Rollhügelgrube dar, und eine ovale, quergeſtellte Durchlöcherung dieſer Grube, ein ſogenanntes Foramen supratrochleare.

Dieſe Lochbildung am unteren Gelenkende eines OGberarmbeins ijt keineswegs zunächſt etwa entſtanden durch poſthume Derlegungen dieſer

260 Straud). [12

Stelle, denn die Ränder des Coches find glatt und gleichmäßig, auch wohl nicht dadurch entſtanden, daß bei übermäßiger Beugung und Streckung des Armes im Leben der Hhakenfortſatz einerſeits und der Kronenfortſatz anderer: ſeits des Ellenknochens gegen dieſe Grube andrückte, den Knochen allmählich verdünnte und ſchließlich die Stelle atrophiſch machte, ſondern man muß ſie wohl als eine Defektbildung anſehen.

In den anatomiſchen Werken iſt nicht allzu viel darüber niedergelegt; aber nach R. Wiedersheim findet man dieſe Durchlöcherung „häufig bei niederen Menſchenraſſen, 3. B. bei ſüdamerikaniſchen Völkern, den Weddas, bei letzteren in ungefähr 58%, bei Skeletten aus der Steinzeit, bei Anthropoiden (Gorilla, Orang und niederen Uffen)“.

Ich ſelbſt habe ſie bei gemeinſchaftlich mit Profeſſor Götze ausgeführten Unterſuchungen von Knochenreſten eines ſteinzeitlichen Ganggrabes bei Rimbed, Kreis Warburg häufig beobachtet, und dann im Jahre 1909 an ägypti- ſchen Knochenreſten aus den Felſengräbern am weſtlichen Nilufer bei Uſſuan.

Beſonders ftarfe Muskelleiſten find an den Knochen dieſes Grabes nicht bemerkbar, überhaupt machen die Knochen einen ſchlanken, mäßig kräftigen Eindruck.

Was die Kieferreſte betrifft, jo liegt vor ein faſt vollſtändiger Unter: kiefer und der Zahnfortſatz des Oberkieferbeins.

Die Zähne in dieſen Knochenreſten find recht gut erhalten und faſt voll- ſtändig, d. h. im Unterkiefer finden ſich bis auf den linken Eckzahn ſämtliche Zähne (15).

Die Jähne ſind mäßig kräftig und mäßig ſtark. Sie zeigen im Gebiet der Schneidezähne, der Backenzähne und der erſten Mahlzähne eine deutliche Abfauung, während die zweiten Mahlzähne jederſeits erheblich geringer abgekaut ſind, und die Weisheitszähne, offenbar erſt ganz kurz durchgebrochen, an ihrer Kaufläche noch ſehr wenig gebraucht find.

Die Oberkieferzähne find, wie die des Unterkiefers, alle wohlgebildet und alle geſund.

Die vorhandenen Zähne zeigen bis auf die zweiten Mahlzähne eine deutliche, wenn auch nicht übermäßig ſtarke Abkauung.

In bezug auf die Altersbeſtimmung des Individuums iſt der meiſte Wert auf die beiden Weisheitszähne zu legen.

Das Auftreten der ſogenannten Weisheitszähne ijt ja individuell ver: ſchieden, fie treten aber nicht vor dem 16. und nur ſelten nach dem 30. Cebens⸗ jahr auf. ö

Jedenfalls ſpricht das Vorhändenſein beider Weisheitszähne und die geringe Abfauung derſelben nicht gegen das aus der Länge des Oberarmbeins geſchloſſene Alter des Individuums, ungefähr 25 bis 30 Jahre.

Anhaltspuntte dafür, ob das Individuum männlich oder weiblich war, ergeben die Knochenreſte nicht.

13] Skelettreſte aus Steinzeitgräbern in der Uckermark. 261

Zuſammenfaſſung.

Stolzenhagen.

Skelett A gehörte einem Individuum von ungefähr 170 cm Körper: länge und einem annähernden Alter von 50 Zahren an, das einen, wenn auch ſchlanken, jo doch überaus kräftigen Knochenbau beſeſſen hat und auch eine ſtraffe, kräftige Muskulatur, die fic) allerdings hauptſächlich auf die Musku— latur der Gliedmaßen, weniger auf die des Nadens, erſtreckte.

Der Schädel ijt ein ausgeſprochener Cangfopf von ebenmäßiger, edler Sorm mit ſchmaler Stirn. Die Augenbrauenwülſte ſpringen nur mäßig hervor.

Es iſt nach dem Befunde an den Schädelknochen möglich, daß das In— dividuum in den letzten Jahren ſeines Lebens an einer knochenfraßähnlichen Krankheit gelitten hat.

Dom Skelett B lagen nur geringe Reſte zur Unterfuchung vor, immerhin ließ ſich erkennen, daß der Ropf ein beſonders ſchön geformter, ſchlanker Langfopf war. Der Kopf war mäßig hoch, die Augenbrauenwülſte ſprangen nur gering vor.

Die Statur war gut gewachſen, ſchlank, das Individuum war ungefähr 40 bis 50 Jahre alt.

vielleicht handelte es ſich um ein Weib.

Melzow, Kgl. Forſt, Jagen V.

Grab 4 enthielt ein Kind im Alter von 3 bis 31½% Jahren.

Grab 5 enthielt einen jugendlichen Menſchen im Alter von ungefähr 20 Jahren mit einer wahrſcheinlich trotz der Jugend ſtraffen und guten Mus— kulatur.

Aud) hier zeigen die Oberarmbeine die gleiche merkwürdige Defekt— bildung in Form eines Foramen supratrochleare wie die aus Grab 5 vom Galgenberge bai Melzow.

Grab 6 dieſer Sundftelle enthielt ein Individuum von 15 bis 20 Jahren, das für ſein Alter ſicher ſehr ſtarke und kräftige, ſtraffe Muskulatur gehabt hat.

Grab 7 barg ein Kind von etwa 3 Jahren.

Grab 9 enthielt ebenfalls die Reſte eines kindlichen Skeletts.

Trotzdem die Knochenreſte ſehr ſtark defekt find, ijt nach den ſpärlichen Maſſen, die genommen werden konnten, und nach der Beſchaffenheit der Stirnnahtreſte auf ein annäherndes Alter von 3 Jahren zu ſchließen.

Galgenberg bei Melzow.

Im Grab 1 gehört von den beiden Skeletten Skelett A einem erwachſenen Menſchen in der Blüte feiner Jahre an, vielleicht im Alter von 30 bis 40 Jahren.

Mannus, Bd. VII. 5.3. 18

262 Strauch. Skelettreſte aus Steinzeitgräbern in der Uckermark. [14

Ob es ein Mann oder ein Weib war, ließ ſich nicht ermitteln.

Das Individuum war ſtarkknochig, die Gliedmaßen waren von be— ſonders kräftigem und wuchtigem Bau, die Gliedmaßenmuskulatur war ſtärker als die Nackenmuskulatur, ſicher kräftig und ſtraff.

Das Individuum trug einen ſchmalen, tupiſchen Cangkopf von edler, ſchöner Form, ſchmaler Stirn. Die Hugenbrauenwülſte ſprangen nur wenig hervor, auch das Kinn ragte nur leicht vor. Das Geſicht war eher etwas niedrig als hoch.

Seine Zähne waren wohl erhalten bis auf geringe Veränderungen an den Mahlzähnen.

Was das Stelett B betrifft, jo gehörte auch dieſes einem erwachſenen Menſchen, jedenfalls im Alter von über 24 Jahren an.

Nach dem Befund des Schädels iſt nicht ausgeſchloſſen, daß das Indi— viduum an einer Knodjenerfranfung des Schädeldaches gelitten hat.

Über das Geſchlecht iſt ſicheres nicht feſtzuſtellen.

Aud das Grab 2 barg einen voll erwachſenen Menſchen, bei dem aber die Reſte nicht hinreichen, um ſicheres über das Alter und das Geſchlecht zu jagen.

Grab 3 barg einen beſonders ſchlanken, hochgewachſenen Menſchen mit einer Körperlänge von annähernd 180 em und mit einem nicht allzu breit und weit ausladenden Bruſtkorb. Seine Muskulatur war nur mäßig ſtark entwickelt.

Sein Schädel war ein ausgeſprochener Langſchädel von einer ſehr wohlgebildeten, ſchlanken, man kann jagen, edlen Form.

Das Rinn ſprang nur in geringem Maße vor, die Augenbrauenwilite faſt gar nicht.

Die Zähne waren nicht beſonders kräftig, ſondern mehr von zartem Bau und etwas dürftig.

Nach allem ſcheint es ſich hier eher um ein Weib gehandelt zu haben.

Die Knochenreſte in Grab 5 gehörten einem Individuum von 25 bis 30 Jahren an, das ſchlank, mäßig kräftig gebaut war, auch in ſeiner Muskulatur gewiß nicht über das Mittel hinausragte.

Es hatte gute, wohlerhaltene, kräftige, geſunde Zähne.

An beiden Oberarmbeinknochen iſt hervorzuheben eine eigenartige, vielleicht als ſogenanntes Entartungszeichen aufzufaſſende Defektbildung in Geſtalt eines Foramen supratrochleare jederſeits.

Über die Körpergröße und über das Geſchlecht ließ ſich nichts ermitteln.

ee 1 Götterzeichen“. Von Dr. Juſt Bing, Bergen (Norwegen). Mit 14 Textabbildungen.

In der neuen Ausgabe ſeiner „Deutſchen Vorgeſchichte“ handelt Pro⸗ feſſor Koſſinna von den Göttern der Felſenzeichnungen und ſpricht dabei die Überzeugung aus, daß dieſe Götter nicht nur die älteſten germaniſchen Götter ſind, ſondern daß ſie in die indogermaniſche Periode hinaufreichen, wo die Germanen ſich von der indogermaniſchen Dölfereinheit noch nicht ausgeſondert hatten ?). Sprachlich zeigt ſich dies Husſcheiden in der bekannten, von Jakob Grimm entdeckten Lautverjchiebung. Ich werde im folgenden ein paar Beiſpiele geben, die zeigen mögen, daß Profeſſor Roſſinna in ſeiner Annahme recht hat.

I

Arel Olrik hat nachgewieſen, daß es in der Religion der Lappen Er⸗ ſcheinungen gibt, die auf die alte nordiſche Religion, doch nicht auf die der

b. 1 u. 2. Waralden Olmau.

Wikingerzeit, ſondern auf die des Bronzealters zurückweiſen. Bei den Lappen findet ſich ein Fruchtbarkeitsgott Waralden Olmay, der dem „Deraldar god“

1) Für ſprachliche Bearbeitung des Aufjaßes iſt Derfafjer herrn Profeſſor Koffinna dankbar verpflichtet. 2) Die deutſche Dorgeſchichte eine hervorragend nationale Wiſſenſchaft. 2. Auflage. Würzburg 1914 S. 86. 18*

264 Juft Bing. [2

entſpricht; fo haben die Sviar den Srey genannt. Auf einem Runebom vom 18. Jahrhundert hat diefer Waralden Olmay in der rechten Hand eine Hacke und zur linken Seite einen krummen Strich mit Jacken. Dies Bild iſt eine Abänderung eines älteren Bildes, das im Strichſchema in Rudbeds

Abb. 5. Kinnekulle, Schweden: Mann mit großer Hand und Art.

Atlantica erhalten iſt. Da iſt die linke hand in ein Renngeweih verwandelt; wir erkennen durch das jüngere Bild, daß gemeint iſt, die Rechte halte eine Hacke. Dies Bild finden wir auf einer Seljenzeichnung von Kinnefulle wieder.

Abb. 4. Bada, Braſtad, Bohuslän: Abb. 5. Hoitlyde, Tanum, Bohuslän: „Skomakaren“. Die Hochzeit.

Hier hält die eine hand eine Art, die der Hacke entſpricht, die andere iſt dünn, aufwärts gehoben, mit langen geſpreizten Fingern, jo daß wir verſtehen können, daß dieſe Hand im Laufe der Zeit einer Zeit von etwa 2500 Jahren als ein Renngeweih aufgefaßt worden iſt. Es iſt dies das einzige Mal, wo wir eine ununterbrochene Überlieferung von den Bildern der Selfen- zeichnungen bis zu denen einer ſpäteren Zeit verfolgen können.

3] Götterzeichen. 265

Es zeigt ſich indes, daß die geſpreizte erhobene hand und die Art zwei verſchiedene Beſtandteile ſind, die in eine Göttergeſtalt verſchmolzen. Denn auf einer Seljenzeichnung von Braſtad in Bohuslän haben wir eine Geſtalt, „Skomakaren“ (der Schuſter) genannt, wo die Axt einer der erhobenen ge— ſpreizten hände beigefügt iſt. Und wir haben öfters einen Gott mit erhobenen Händen ohne Axt. Die Axt hat Georg Wilke als Fruchtbarkeitszeichen ge— deutet, und dieſe Deutung ſtimmt mit der Geltung des lappiſchen Waralden Olmay, der Fruchtbarkeitsgott ijt. Ja, dieſe Bedeutung können wir auf den Felſenzeichnungen wiederfinden. Auf zwei Felſenzeichnungen, der von Hvitlucke und der von Stora Hoghem finden wir den Artmann über einem Liebespaar ſtehen. Früher hat man dies jo erklärt, daß das Liebespaar von einem Beſerker überfallen wird. Nach dem vorhergehenden wird es aber jo aufzufaſſen fein, daß hier eine Ehe dem Artgott, dem Gotte der Fruchtbar— keit, geweiht iſt. Dieſer Mann mit der Art iſt alſo der Fruchtbarkeitsgott. Das ijt unſer Ausgangspunkt.

Auf einer Felſenzeichnung von Foſſum in Tanum ſehen wir in der Mitte das Bild eines Schiffes, auf deſſen Dorderjteven ein Mann mit einer Art hervorſpringt und einen Mann mit einem Bogen wegjagt. Sie ſind beide größer als die übrige Mannſchaft des Schiffes, die wie ge— wöhnlich nur durch Striche wiedergegeben iſt. abb. 6. Soffum, Canum, Deshalb mögen ſie Götter darſtellen, und ich Bohuslän nehme an, daß der Mann mit der Axt hier der i Artgott, der Fruchtbarkeitsgott ijt. Sein Gegner mann. mag denn auch ein Gott ſein, aber welcher? In Snorres Edda wird Ull als Bogengott genannt, und er iſt da ein tupiſcher Wintergott. Freilich wird nicht geſagt, daß er der Gott des Winters iſt, allein ſeine klusſtattung ijt winterlich; er iſt z. B. Ski-Gott. Mit Sfien und mit Bogen iſt auch die Göttin Skadi ausgerüſtet; fie ijt die Gattin des Frucht- barkeitsgottes Njörds. Doch die Ehe iſt eine gegenſätzliche Ehe; nur neun Nächte bleibt Njörd in Skadis heim im Gebirge, nur neun Nächte bleibt Skadi in Njörds Heim an der See. Nun hat man nachgewieſen, daß der Name Skadi männlichen Geſchlechts ijt, und daß Njörd wörtlich der Göttin Nerthus bei Tacitus entſpricht. Wir können alſo auch hier auf eine ältere Stufe zurück— ſchließen, wo Skadi, der Bogengott, der Sfigott, der Wintergott, der Gatte der Nerthus (Njörd), der Sruchtbarfettsgottin war. Mit dieſem Bogengott, Wintergott möchte ich den Bogenmann gleichſetzen, der auf der Felſenzeich— nung von Sojjum vom Artmann weggejagt wird. Der Wintergott wird vom Fruchtbarkeitsgotte fortgetrieben.

Nun ſehen wir dieſen Wintergott mit ſeinem Bogen auch auf einem Ehebild ſtehen, ſo wie wir den Fruchtbarkeitsgott ſahen. Doch er ſteht in

266 Juft Bing. [4

einem gewiſſen Abſtand und vor ſich hat er eine Grube, die Montelius als das Zeichen für eine Opferhandlung nachgewieſen hat. Nun iſt es ganz unmöglich, daß die Ehe dem Winter, der Kälte, der Unfruchtbarkeit geweiht werden ſoll. Das Verhältnis muß umgekehrt ſein. Die Opfergrube wird vor den Gott geſetzt, damit er ſich innerhalb dieſer Grenze halten ſoll. „Bis hierher und nicht weiter!“ Es iſt alſo ein böſer Gott, ein Unhold. Wenn man die Opfergrube neben ihm ſieht, muß der Sinn dabei ſein: „Do ut absis“. „Ich opfere dir, damit du dich entferneſt.“ Gerade ſo wie bei dieſer Ehe

Abb. 7. Darlös, Tanum, Bohuslän: Hochzeitsgruppen, im hintergrunde links der Bogenmann.

ſteht auch auf der Felſenzeichnung von Ajpeberget der Bogenmann, der Winter gott, mit der Opfergrube vor ſich im äußerſten Winkel der Gruppe, die Acker⸗ bau, Viehzucht uſw. unter dem Schutz der Sonnengötter darſtellt. Der Sinn iſt derſelbe. Es wird dieſem Unglücksgotte Opfer gebracht, damit er ſich fernhalte.

Die nordiſche Geſtalt, die dieſem hier geahnten Seljenzeichnungsgott entſprechen ſoll, ijt ſowohl bei UII wie bei Skadi verblichen und ziemlich be- deutungslos. Blicken wir aber weiter hinaus, werden wir in der vediſchen Religion eine merkwürdige Übereinſtimmung finden. Da haben wir einen Gott Rudra, der Bogenſchütze iſt. Don den Rudrageſängen ſagt Oldenberg: Ihr Inhalt, der ſich immer gleich bleibt, iſt Angſt vor den Geſchoſſen des

5] Götterzeichen. 267

fürchterlichen Bogenſchützen und Bitte, daß er Leute und Vieh mit Seuchen und Tod verſchone und feine wunderbaren heilmittel ſchenke. Er ſteht in einer Sonderſtellung unter den Göttern, man fürchtet ſich, ihn zu bitten, ſich zu nahen, ſo wie man die freundlichen Götter bittet. Das Wort, womit man ihm Gaben bringt, kann durch „abfinden“ überſetzt werden. Man gibt ihm feinen Teil, damit er ſich entferne (Oldenberg: Religion der Veda 216—218).

Man fieht: die Übereinſtimmung mit dem Bogenmann der Felſen⸗ zeichnungen iſt auffallend. An beiden Stellen ein böſer Gott, ein Unhold, deſſen Waffe der Bogen iſt. Un beiden Stellen die Eigentümlichkeit, daß man ihm opfert, damit er ſich fernhalte.

S_ mul) I

Abb. 8. Aſpeberget, Tanum, Bohuslän: Ackerbau- und Viehzuchtsgruppe.

Als Bindeglied zwiſchen Rudra und dem nordiſchen Gotte tritt der Apollon der hellenen ein. Wenn er im erſten Buche der Ilias ſeine Pfeile über das Heer der Achäer ſchießt, daß die Leute von der Peſt überfallen werden, entſtammt er ſicherlich derſelben Wurzel wie der vediſche Rudra.

Vielleicht dürfen wir auf einen Zuſammenhang von Sfadi und Apollon ſchließen. Njörd hat nur neun Nächte im Gebirge bei Sfati aushalten können. Er klagt: „Der Wölfe Geheul {chien mir böſe zu ſein neben dem Schwanen— geſang.“ Ich glaube aus dieſem Derje ſchließen zu können, daß der Schwan das Tier Njörds und der Wolf das Tier Skadis geweſen. Nun ijt aber bekanntlich der Wolf, Adxog, das Tier Apollons, der davon Adxıos und Avxeios genannt wird.

Wir haben hier bei den verſchiedenen indogermaniſchen Völkern einen böſen Gott, der die weſentlichen Beſtandteile eines Teufels in ſich birgt.

268 Juſt Bing. [6

Im Süden bringt er Seuche und Tod, im Norden hat man gefühlt, das eigent- liche Unglück fet der Winter, daher ijt er hier zum Wintergotte geworden. Doch mit der urſprünglichen indogermaniſchen Geſinnung iſt der Gedanke eines Teufels unverträglich. Daher geht überall die Entwickelung dieſes Gottes darauf hinaus, ihn wenn ich ſo ſagen darf göttertafelfähig zu machen. Die vediſchen Inder wiſſen, daß, wenn ſeine Geſchoſſe Peſt und Tod bringen, fo ijt er auch Herr der Seuchen und beſitzt kräftige Heilmittel dagegen. Dieſer Gedanke iſt beim griechiſchen Apollon überwiegend ge— worden. Apollon ſchießt Peſt über die Achäer in der urſprünglichen Ilias, aber ſonſt iſt Apollon der heilende, der ſühnende, der reinigende Gott ge— worden. Und man iſt ſeit dem Altertum geſchäftig, es wegzuerklären, daß das Tier des reinen Gottes der Wolf, des Menſchen Feind, ijt. Im Norden iſt der Wintergott durch ſeine Ehe mit der Fruchtbarkeitsgöttin in den Kreis der guten Götter gezogen. Freilich weiß man noch, daß die Ehe eine gegen— ſätzliche iſt, man weiß, daß Skadi zu den Jotnen gehöre. Doch hat dieſe Ehe die Kraft gehabt, die urſprüngliche Bedeutung zu verwiſchen: Als die Frucht— barkeitsgöttin Nerthus zum Gotte Word geworden, hat Skadi ſich fügſam in eine Göttin verwandelt. Und die Bedeutung des böſen Wintergottes ijt fo verblichen, daß Arel Olrik Skadi für eine Sondergöttin der Jagd hält, und man kann nicht behaupten, daß dies für die Wikingerzeit unrichtig iſt, wenn man auch ſehen kann, daß Skacli urſprünglich in einen anderen Kreis gehörte.

Auf den Felſenzeichnungen ſehen wir, daß man ſich gegenüber dieſem Unglüdsgotte auf verſchiedene Weiſe verhalten hat. Man ſetzt die Opfer- grube vor ihn, man opfert ihm, damit er ſich fern halte, ſo wie die vediſchen Inder ſich mit ihrem Rudra „abfinden“. So auf der Uſpebergszeichnung. Allein auf der Soſſumzeichnung verjagt der Artmann den Bogenmann. Man möchte dies mit den Frühlingsſitten zuſammenſtellen, daß „der Sommer“, „der Maigraf“ „den Winter“ überwindet, daß man „den Tod hinaustreibt“. In dieſen Gebräuchen faßt man den „Tod“ als die verſtorbene und verwelkte Pflanzenwelt des vorigen Jahres, der von dem jungen Grün verdrängt wird. Wenn wir aber nach dem Foſſumbilde den Tod mit dem Unglücksgott, dem Rudra der Inder, gleichſetzen, wird die Bedeutung dieſes Frühlingsgebrauches viel derber. Im Frühling hat man die Macht des Lebens ſo gewaltig gefühlt, daß man meinte, der Fruchtbarkeitsgott könne den böſen Gott der Seuche und des Winters verjagen, und man könne mit ſeiner hilfe „den Tod aus— treiben“. Dies mag jedoch zweifelhaft ſein. Indeſſen glaube ich, daß wir hier auf den Selſenzeichnungen den alten indogermaniſchen böſen Gott wieder: gefunden haben, von dem der Bogen Ulls oder Skadis ein verſteinertes Über: bleibſel iſt. Er ſtimmt namentlich mit dem indiſchen Rudra in der Art ihres Wejens und in der Art ihres Kultus überein. Wir haben alſo hier ein Stück des alten gemeinſamen Götterglaubens der Indogermanen wiedergefunden.

7] Götterzeichen. 269

x II.

Schwieriger wird indes eine ſolche Gegenüberſtellung, wenn wir nicht die Geſtalt des Gottes, ſondern nur ſein Zeichen oder ſein Tier wiederfinden, und das wird der häufigſte Fall ſein. Wir müſſen es dann als ein in ver⸗ ſchiedene Verbindungen eingekettetes Glied ſuchen, es findet ſich bei Göttern verſchiedenen Namens und verſchiedener Art und Geſtalt.

Auf den Felſenzeichnungen finden wir einen Pferdegott, der als Pferd dargeſtellt wird oder als ein Mann mit einem Pferde im Gefolge oder mit einem Pferdekopf ausgezeichnet. Auf einer Zeich⸗ Ab pee cg ums nung laufen ſeine Arme in Pferde aus. Auf den Bohuslän: Gott mit Pferde, Selſenzeichnungen entſpricht er dem Gotte mit den top auf dem Phallos und großen Händen. Er führt den Speer, aber er führt un een e auch die Art. Daher können wir ihn in zwei ver: ſchiedenen Richtungen weiter verfolgen. Die Axt führt zum Fruchtbarkeits⸗ gotte, dem Waralden Olmay der Lappen, dem Deraldar god der Spiar, dem Srey. Der Speer führt zum Odin, der ja der beſondere Speergott iſt.

2

= a.

N

4 oz = = . =: If: . i= = A=

Abb. 10. Bos Utmark, Tanum, Bohuslän: Speergott mit Art, von Pferd begleitet und von Speerfampfern umgeben.

Das Pferd gehört dem Odin. Er reitet ja fein Pferd, den Sleipnir. Namentlich in den Winterſtürmen glaubte man, Odin reite an der Spitze ſeines grauſigen Gefolges, der Oskorei. Er iſt der wilde Jäger, der der „Windesbraut“, dem kleinen Wirbelwinde vor dem Gewitter, nachjagt. Doch auch auf eine andere Weiſe iſt das Pferd mit Odin verbunden. Odin iſt der Gott der Fruchtbarkeit des Feldes, man ließ die letzte Garbe für Odins Pferd ſtehen. In abgeänderter Form finden wir feinen Namen in den deutſchen Ausdrüden für Erntearbeit „Wodlmähe“ und Erntefeſt „Wodlbier“. Den Speer führt Odin als Todesgott und vielleicht davon abgeleitet als Kriegsgott. Man warf den Speer über die Feinde und rief: „Odin hat Euch alle“ (Odinn & far alla); damit hatte man fie dem Tode geweiht.

Srey ijt der beſondere Fruchtbarkeitsgott der nordiſchen Götterwelt. Bekanntlich ijt fein Tier der Sarren Gullinbyrftir. Doch meint man, daß dieſer

270 Juſt Bing. [8

Sarren Sreys vom „Sonargaltr“ hergeleitet ijt, der im nordiſchen „julegris“ wiederkehrt, und daß er urſprünglich mit Frey keine Derbindung hat. Es ſcheint, daß das Pferd dem Frey geheiligt war. Wir können das Pferd Freu⸗ fakſe in der Saga Hrafnkells Sreysgodis nennen. In chriſtlicher Zeit iſt Srey durch St. Stephan erſetzt worden, der nur, weil er der Nachfolger Sreys ijt, der Schutzpatron der Pferde geworden iſt. Am Stephanstage, dem zweiten Weihnachtstage, war Wettfahrt mit Pferden, an denen man nachher eine Aderlaſſung vollzog, die vielleicht ein Überbleibjel eines früheren Pferdeopfers ijt. Der Waralden Olmay, der dem Deraldar god, dem Srey der Spiar, gleichgeſetzt ijt, geht auf den Artgott und zugleich auf den Gott mit den großen Händen der Felſenzeichnungen zurück. Sonit ijt die nordiſche Form des Srey waffenlos. Wenn Freu den Bele mit bloßen Händen oder mit hirſch⸗ hörnern erſchlägt, kann man dies auf den händegott ohne Axt der Seljenzeichnungen zurückführen, wo die hände zu hirſchhörnern geworden, gerade ſo wie die eine hand mit den geſpreizten Fingern auf der Felſen⸗ zeichnung von KRinnekulle zum Renn⸗ tiergeweih bei dem Waralden Olmay geworden iſt. Nun hat Profeſſor Koſſinna angenommen, daß der 2. heilige Olav ſeine Art als Nachfolger sene dhe und Rebetzer De kern. dre Füße. Dies milrbe born auf enden in Pferden. eine Form zurückführen, wo Freu eine Art tragen ſollte, jo wie der Waralden Olmay es tut. Wir werden indes das Pferd zum Leitmotiv bei der folgenden Unterſuchung nehmen.

Richten wir den Blick weiter hinaus, treffen wir zuerſt auf den Mars der Römer. Er iſt Kriegsgott, doch hinter dem Kriegsgotte können wir einen Fruchtbarkeitsgott entdecken. Er wurde durch Umzüge und beſonders durch Wettfahrten im Frühling (März) und im herbſt (Oktober) gefeiert. Bei der Herbjtfeier wurde das Handpferd des ſiegenden Wagens dem Mars „ob fru- gum eventum“ geopfert. Man nannte es „das Oktoberpferd“, jein Blut wurde von den Deftalinnen für eine Feier des folgenden Frühlings, die Palilien, aufbewahrt. Speer und Schild waren dem Mars geheiligt. Bei der Kriegs⸗ erklärung ließen die Römer die Prieſterſchaft der Setialen ausziehen und einen Speer über die Grenze des Seindeslandes werfen. Erinnern das Oktober⸗ pferd, die Wettfahrt und das Opfer des ſiegenden Pferdes an die Wettfahrt mit nachfolgendem Opfer für Frey am Julfeſte vom Opfer iſt jetzt nur das Aderlaſſen übrig —, jo erinnert der Speerwurf der Setialen an den

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Speerwurf, womit man die Seinde dem Odin weihte und damit dem Tode übergab. Denn der Speerwurf der Fetialen iſt gewiß eine urſprüngliche Derfluchungshandlung, nicht nur eine ſymboliſche Kriegserklärung. Und zwar iſt Mars der Kriegsgott und der Speer iſt ihm geheiligt. Allein die Setialen ſind Jupiters Prieſterſchaft, nicht die des Mars. Nun find wir aber ſo glücklich, dieſe Sitte als einen alten Speerzauber nachweiſen zu können, der von den Göttern, ſie mögen Mars, Jupiter oder Odin heißen, unabhängig it. Im 2. Samuelsbuche Kap. 23 Ders 8 ff. ſteht ein Verzeichnis der helden Davids, und als erſter wird hier Joſeb Baſebeth, der Tachmonit, der Führer der Leibwache genannt, der über 800 Feinde auf einmal den Speer warf, fo daß fie umkamen. Bier treffen wir dieſen Speerzauber frei und unabhängig, der ſonſt an Jupiter, Mars oder Odin geknüpft ijt. Wir können damit diefen Speerwurf aus unſerer Unterſuchung ausſcheiden.

Wir treffen auch das Pferd mit dem Fruchtbarkeitsgotte verbunden beim Poſeidon der Hellenen und beim Agni der Inder.

Agni ijt in der Deda der Seuergott. Doch ijt er zugleich Fruchtbarkeits⸗ gott. Man ſtellte ſich das Feuer als einen ftarfen, reinen und weiſen Gott dar, der ſeinen Freunden Ruhm, Nahrung aus ihren heerden, kräftige Nachkommen und außerdem Geiſtesgaben ſchenkte. Mit Agni iſt das Pferd verbunden. Wenn „neues Feuer“ gezündet wird, führt man ein junges Pferd vor. Während der Zündung wandte man ſich gegen es und und ſagte: „Mit Agni zuſammen werde geboren, o Agni” (Oldenberg: Religion der Deda 77 und 103). Man glaubte alſo, daß das Pferd eine Derkörperung des Feuers wäre, und doch ſchien dabei angedeutet zu ſein, das Pferd ſei urſprünglich vom Seuer verſchieden. Dies läßt ſich damit vergleichen, daß auf den Felſenzeichnungen der Pferdegott (der Windgott) und der Gott mit den großen Händen (der Seuergott) als dieſelbe Gottheit aufgefaßt wird.

Der Poſeidon der hellenen iſt der Meeresgott und als Meeresgott fährt er mit Pferden. Doch finden ſich bei Homer Stellen, wo er als Sturm— gott aufgefaßt iſt und „der ſcharfen Winde furchtbaren Sturm erweckt“ (Od. 5, 295; 7, 272; 11, 400 und 407). Doch neben dem Poſeidon des Meeres haben wir einen Poſeidon auf feſtem Lande. Sein Tier iſt vorzugsweiſe das Pferd, er wird Pferd⸗Poſeidon (II. Zuntog) genannt. Er ijt Fruchtbarkeits- gott, er wird mit weiblichen Sruchtbarfeitsgottheiten wie Demeter und Athene zuſammen verehrt. Juweilen hat er auch mit ihnen Streit. So mit Athene in Athen und anderswo in Attika. Die Athener zogen den Olbaum Athenes dem Pferde Poſeidons vor.

So haben wir denn bei verſchiedenen indogermaniſchen Völkern einen Fruchtbarkeitsgott gefunden, deſſen Tier das Pferd ijt. Zuweilen ijt ſein Opfertier das Pferd, und ich muß dann daran erinnern, daß nach der Meinung der Religionsforſcher das Tier oder der Menſch, der dem Gotte geopfert wird, urſprünglich als eine Verkörperung des Gottes aufgefaßt wird. Der Gott

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ſelbſt wird geopfert, während er noch jung und friſch ift, damit er nicht alt und kraftlos werden ſoll; jo wie es mit vielen Beiſpielen von Frazer im Werke The Golden Bough dargeftellt ijt. In einigen Formen (Odin, Pos ſeidon) ſcheint dieſer Gott ein Sturmgott zu fein, man hat gemeint, der Wind führe die Fruchtbarkeit herbei. Noch ſagt der deutſche Bauer: „Ohne Wind verſcheint das Korn.” In einigen Fällen ſcheint der Pferdegott mit dem Seuergott gleichgeſetzt zu ſein (jo mit dem Agni und mit dem Gotte mit den großen händen der bohuslänſchen Felſenzeichnungen); doch ijt ihre Einheit nicht urſprünglich; mitten in der. Gleichſetzung kann man einen Unterſchied wahrnehmen.

Bei einigen dieſer Götter iſt der Pferdegott ein Totengott, 3. B. bei Odin. Dabei iſt zu beachten, daß das Pferd überhaupt ein Totentier iſt. Man denke an den nordiſchen „Helheit“ (Pferd der hel), der ſicher älter ijt als die Göttin Hel. Der Teufel hat ſeinen Pferdefuß, weil er vom Totenpferde abſtammt. Die Geiſter der Verſtorbenen werden öfters als Pferde gedacht. Man gelangt hier zu einem Totenkult, der älter ijt als die Götter. Allein dabei iſt zu beachten, daß man ſich auch vorgeſtellt hat, daß die Seelen der Derjtorbenen im Winde (fo in der nordiſchen Oskorei) oder wiederum im Feuer (jo in den römiſchen Penaten) weiter gelebt haben. Das Problem zieht mit, wenn man auch von der Götterwelt zu anfänglicheren Dorſtellungskreiſen zurückgeht.

Poſeidon ſteht in einem gewiſſen Gegenſatz zu Athene; als Fruchtbar— keitsgottheiten ſtehen ſie im Wettbewerb miteinander. Athene ſcheint mit dem Baumkult verknüpft; ihr Baum iſt der Ölbaum, der beſondere attiſche Baum. Doch der Baum iſt nicht das Zeichen der Pallas Athene; das iſt der Schild, und es wird mit ihrem Namen das Palladion genannt. Wir werden im folgenden den Schild als Gotteszeichen und ſeinen Gebrauch bei religiöſen Sitten unterſuchen.

III.

Chadwick hat in ſeinem Buche „The Origin of the English Nation“ die Erzählung vom Streite herbeigezogen, den die Mönche vom Kloſter Abingdon mit den Steuereinnehmern in Oxford um ein Stück Land zur Zeit Rönig Edmunds (um 870 n. Chr.) hatten. Der Streit wurde auf die Weiſe geſchlichtet, daß die Mönche mitten in die Themſe einen Schild ausſetzten, auf den eine Garbe gelegt und darüber ein brennendes Wachslicht gejegt ward. Er trieb um das Candſtück, das jo dem Kloſter zuerkannt wurde.

Wir haben hier vor uns eine alte religiöſe Sitte. In der engliſchen Rönigsreihe wird genannt Scyld (Schild), der Sohn des Scef (Garbe). Der däniſche Rönig Skjold (Schild) kam als kleines Kind in einem Schiffe ans Land getrieben. Das hat alles mit dem geſchichtlichen Rönigsgeſchlecht nichts zu tun. Wie Arel Olrik nachgewieſen hat, ijt der Korngeiſt als Stamm—

11] | Götterzeichen. 273

vater des Volkes und damit des Rönigshauſes, angenommen worden. Aud ijt nicht urſprünglich der Zweck der Sitte Land zu erwerben; Chad wick ver: gleicht mit Recht die Hochſitzſäulen mit den Thorsbildern, die die erſten Cand— nämsmänner auf Island in die See warfen, um da Land zu nehmen, wo ſie hintrieben.

Daß man die letzte Garbe als heiligtum betrachtet, davon hat man viele Beiſpiele. Sie iſt Kornkönigin, Kornmutter. Der Geiſt der Fruchtbarkeit verläßt den nach und nach abgemähten Ader; fein letzter Aufenthalt wird die letzte Garbe, darin wird er bewahrt. Sie wird als heiligtum bis zum neuen Jahre aufgehoben, das Korn davon wird von allen Leuten im Hofe als ſakramentale Mahlzeit verzehrt. Man hat auch Zeugnis von der religiöſen Bedeutung des Schildes. Chadwick nennt das römiſche ancıle, das im Mars⸗ tempel aufgehängt wurde und Athenes Schild Palladion. Im Norden find Schilde gefunden, die nach Montelius zum religiöſen Gebrauch und nicht zum Kriegsgebrauch gedient haben müſſen. Mit ſolchen Schilden vergleicht Chadwick den Stjold, der als Gefjons Gatte genannt wird. Gefjon ijt Göttin der Fruchtbarkeit, und mit dieſer Gottheit iſt alſo der Schild verbunden. Weiter haben wir Ull, der Schildgott (skjaldar Ass) genannt wird, und der Schild wird „Ulls Schiff“ genannt. Von dieſen Zuſammenſtellungen Chadwids werde ich hier ausgehen.

Ich beginne mit dem letzten. Ull oder Gll (Ollerus bei Saxo) iſt ein vielumſtrittener Gott. Doch entſpricht ſein Name unverkennbar dem deutſchen Wodl, Waul oder Wolt. Dies ijt in Süddeutſchland der Ernteruf. Wenn die letzte Garbe eingefahren wird, ruft man dreimal „Waul“. In dieſem Gotte haben wir alſo der Schild und die Garbe verbunden.

In Atlatvida D. 32 werden Eide, bei „Ulls Ring“ geſchworen, genannt. Daß Ull einen Ring hat, hört man ſonſt nirgends, es ſteht völlig einzig da. Allein in ſeiner Edda jagt Snorre (Skaldskaparmäl Kap. 46), daß auf den alten Schilden ein Ring (baugr) gezeichnet war, daher iſt „King“ kenning für Schild. Ich glaube nun, daß „Ulls Ring“ hier nichts als „Ulls Schild“ be— deutet. Und daß „Ring“ dem Schilde gleichbedeutend iſt, erklärt mir eine Stelle, die Mannhardt (eitſchr. f. Ethnologie VII. 289 —291) in einem anderen Zuſammenhange herbeigezogen hat. Wie die Religion der Lappen weiſt auch die der Finnen auf die nordiſche zuweilen zurück. Und im muthiſchen Epos der Finnen, in der Kalevala, ſteht vom Panu, dem Seuergotte, daß er das Feuer „in des goldnen Ringes Mitte in des Rupferfelſens Innere“ hinauf zum Himmel tragen ſoll. Das Feuer in einem Ringe zu tragen iſt ſinnlos, und noch unſinniger wird es, wenn man den Ring als des Kupfer: felſens Inneres bezeichnet. Nehmen wir aber die Erklärung Snorres zu hilfe und deuten wir alſo den Ring hier als einen Schild, jo läßt es ſich begreifen, daß man die Mitte des hohlen Schildes als des Kupferfelfens Inneres be— zeichnet. Das Sonnenfeuer ſoll im Schilde zum himmel gehoben werden.

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Das iſt, wie Mannhardt erklärt, das Wachbild von dem, was auf der Erde mit dem Feuer geſchieht. Er bemerkt auch, daß im Littauiſchen das heilige Feuer panu heißt, jo wie der finniſche Seuergott. Doch iſt panu nicht das gewöhnliche Wort für Feuer, es iſt ein feierliches, religiöjes Wort. Daß man die Sonne als Feuer btrachtet, ijt ſelbſtverſtändlich und uralt. Es findet ſich im Deda wieder, wo die Sonne eine von den Erſcheinungsarten des Feuer⸗ gottes Agni ijt (Oldenberg S. 108). Indeſſen ijt Agni urſprünglich der Seuergott. Wie alt dieſe kluffaſſung ijt, fie ijt dennoch nicht urſprünglich. Zwar hat man eine Reihe indogermaniſcher Mythen, wo das Feuer vom Himmel herabgeholt wird, doch ſtehen denen andere zur Seite, die von der irdiſchen Geburt Agnis reden. Und wenn das Sonnenfeuer im Schilde (Ringe) zum Himmel gehoben werden ſoll, dann iſt dieſe Dorjtellung ſicher eine vergrößerte Wiedergabe jener anderen, wonach das „neue Feuer“, das irdiſche heilige Feuer im Schilde gebracht oder getragen wurde. So tragen die Deitalinnen das neue Feuer im ehernen Sieb.

Wird denn ſonſt irgendwo eine Verbindung des Schildes und des Feuers angedeutet? Ja, wenn wir die von Chadwick herbeigebrachte Erzählung von Abingdon genauer betrachten, glaube ich, daß man da eine Spur davon finden kann. Ein Ding hat man hier nicht in Betracht gezogen: die bren— nende Kerze. Freilich mag ſie chriſtlichen Urſprungs ſein, ſie mag ein Zeichen des Kloſters ſein. Doch mag ſie auch aus dem heidentum herſtammen, ſie mag ein heiliges Feuer bedeuten. Wenn ſie mit der Garbe zuſammen vor— kommt, können wir ſie mit den heiligen Seuern vergleichen, die bei feierlichen Gelegenheiten, am Oſterabend, und in der Walpurgisnacht oder St. Johannis- nacht angezündet werden, damit es reiche Ernte gebe. Dies hängt mit dem Sruchtbarkeitskult zuſammen; es knüpft fic) an die Johannisfeuer der Glaube, daß das Korn ſo hoch werden ſoll, wie die Flammen ſchlagen oder daß es auf den Feldern gedeihen ſoll, die vom Feuer beleuchtet werden. Jetzt bez trachtet die Forſchung nach dem Vorgange Mannhardts dieſe Sitte als einen Sonnenzauber; wenn man das irdiſche Feuer zündet, ſtärkt man das himm⸗ liſche, die Sonne wird kräftiger leuchten und ein gutes Jahr geben. Freilich gibt es bei dieſen Feuern Sitten, die auf eine Verbindung mit dem Sonnen: kult deuten. Doch glaube ich, daß eine nähere Erklärung ſich finden läßt. Als religionsgeſchichtliche Erſcheinung entſteht das Feuer immer bei Zündung des „neuen Feuers“. Jedes Feuer im Dorfe wird gelöſcht und man erzeugt das neue, reine, kräftige Feuer, indem man holzſtücke gegeneinander reibt oder einen Holzſtock um und um im Lode eines unterliegenden Brettes herumdreht. Das Feuer wird dermaßen aus dem Holze heraus geboren. Es ſpringt hervor, Jo wie der Geiſt der Lampe es tut, wenn Aladdin die Lampe reibt. Die Erſcheinung des Feuers gehört demnach zum Baumkult, der über die ganze Welt verbreitet iſt. Allein der Baum iſt wieder heilig, weil der Geiſt des Pflanzenwuchſes in ihm wohnt. Der Baum iſt der höchſte, der immer

13] Götterzeichen. 275

fortgeſetzte Pflanzenwuchs. Als Geiſt des Holzes wird das Feuer der Geiſt des höchſten Wachstums.

Man muß hier ſich gegenwärtig halten, daß wir von den Götterzeichen und nicht von den Göttern reden. Die Götterzeichen ſind gewiß älter als die Göttergeſtalten, und göttliche Zeichen verſchiedenen Urſprungs können in eine Gottesgeſtalt verſchmolzen werden. Der oben erwähnte Ull, der Bogengott, ſtammt ſicher anderswoher als Ull, der Schildgott, den wir jetzt beſprechen. Bleiben wir aber bei den göttlichen Zeichen, von denen hier die Rede iſt, dann ſcheinen ſie um eine heilige handlung einen Kreis zu bilden, über die wir allerdings leider nicht klar werden können. Die Garbe und der Schild ſcheinen zuſammen zu gehören. Wenn wir annehmen, daß Waul, deſſen Namen man beim Einfahren der letzten Garbe dreimal ruft, derſelbe iſt wie Ull, der Schildgott, finden wir beide bei ihm vereinigt. Der Schild oder der gleichbedeutende Ring führt uns zum Feuer, das Feuer wieder zum Baum als Fruchtbarkeitsgott.

Daß der Schild im Feſtkreiſe des Aderbaues Platz hatte, erſehen wir aus dem Aufzuge der Salier mit dem heiligen Schilde im März bei den Römern. Doch in den Aderbaugebräuchen der jetzigen Völker iſt der Schild ſelbſtver— ſtändlich verſchwunden. Dagegen findet ſich auch außerhalb der Frühlings- und Sommerfeuer eine Sitte, die anzudeuten ſcheint, daß Feuer und Frucht— barkeit ſich entſprechen. In Dänemark im 17. Jahrhundert wird die Sitte bei der Ausjaat erwähnt, daß man mit Feuerzeug Feuer über das Saatforn ſchlägt oder Gluten darüber werfen ſollte, damit es im Korn keine verbrannten Ähren gebe. Die Sitte ijt uralt, doch die Erklärung trifft kaum den urſprüng— lichen Gedanken. Gewiß hatten die Römer gegen Kornbrand das Mittel, auf dem Ader Spreu zu verbrennen, allein das Saatkorn des Jahres ver: brannten jie nicht. Wenn das Saatkorn Feuer fangen ſollte, iſt gewiß der urſprüngliche Sinn der, daß das Feuer, der Geiſt der Fruchtbarkeit, in die Saat des künftigen Jahres hineindringen ſoll. Man kann damit vergleichen, daß bei den Cappen Eheleute auf die Weiſe getraut werden, daß man über ſie mit Flint und Stahl Feuer ſchlägt. Die Saat da, das neue Ehepaar hier werden dem Feuer, dem Geiſte der Fruchtbarkeit geweiht.

Bei den nordiſchen Völkern findet ſich keine Gottheit und keine Wythe, die dem entſprechen. Geſtalten wie Ull, der Schildgott, ſind nur Namen und andere Fruchtbarkeitsgötter, wie Frey und Njord, ſcheinen mit dem Feuer nichts zu tun zu haben. Gehen wir aber zu den Felſenzeichnungen zurück, finden wir Zeugniſſe, die darauf hindeuten, Der große Mann mit der Art, der über dem Ciebespaar ſteht, iſt gewiß nicht, wie holmberg meinte, ein Berſerker, der den Nebenbuhler in einer Schäferſtunde überfällt. Er iſt der Fruchtbarkeitsgott, dem die Ehe des Paares geweiht wird, und er trägt die Art, das Fruchtbarkeitszeichen, wie der lappiſche Fruchtbarkeitsgott Waralden Olmay feine Hacke trägt. Dieſe Geſtalt iſt nachweisbar dieſelbe wie „der

276 Juſt Bing. [14

Gott mit den großen händen“, deſſen große erhobene hände ihn mit der „rhododaktylos Eos!“ beim homer, mit dem Feuer auf dem himmel und mit dem Tefchub mit den flammenden Fingern, dem Blitzgott der hettiter, dem Feuer aus dem Himmel, in Verbindung bringt, und der im Kaufafus ſich wieder findet, freilich wiſſen wir da nicht, was die Geſtalt bedeutet. Derfagen uns hier die Mythen der germaniſchen Völker, jo reden die Felſen⸗ zeichnungen deutlich genug.

Wie beim Bogengott der Felſenzeichnungen bekommen wir auch hier bei der vediſchen Religion die Antwort. Der Seuergott, der auch Fruchtbar⸗ keitsgott iſt, wird im indiſchen Agni wiedergefunden. Agni iſt nicht nur das göttliche Feuer des herdes, wie die griechiſch⸗römiſche Heſtia⸗Veſta. In Agni bedeutet Feuer etwas viel Umfaſſenderes. Er gibt Ruhm und Nahrung, kräftige Nachkommenſchaft, Geiſtesmacht. Bei hochzeiten betet man ihn an,

Abb. 12. Brecke, Braſtad, Abb. 13. Bronzefigur Bohuslän: Göttergruppe, rechts aus Raukaſus mit großen Abb. 14. Teſchub, der Gott mit großen händen. Händen. Blitzgott der Hetiten.

daß er den Schoß der Braut ſegne und ſie zur Mutter lebender Kinder mache. Doch Agni iſt nicht nur auf der Erde, er wird auch im Himmel geboren, die Sonne und auch der Blitz ſind ſeine Erſcheinungsformen. Ja, er wird auch aus dem Waſſer geboren. Darmeſteter und nach ihm Oldenberg haben hier gewiß die richtige Erklärung gefunden, wenn ſie an die alte Verbindung „Waſſer und Pflanzen“ erinnern, die ſchon in indo⸗iraniſcher Jeit feſter Hus⸗ druck geworden iſt. Aus dem Waſſer find die Pflanzen geboren, Agni iſt der Geiſt der Pflanzen und deshalb wie ſie aus dem Waſſer geboren. Es iſt für dieſen Feuergott eigentümlich, daß die Mythen weniger von ſeinen Taten, als von ſeiner Geburt reden. Aus dem himmel als Sonne und Blitz geboren, aus dem Waſſer geboren, wodurch er mit dem Apam Mapat, dem „Waſſer⸗ kind“, einer urſprünglich ganz verſchiedenen Gottheit, gleichgeſetzt wird, ſcheint dieſer Gott alles Lebendige zu durchdringen. Auch ſeine Geburt aus den zwei Reibhölzern wird erwähnt, doch ſcheint ſie in den Mythen weniger hervor⸗ tretend. Es muß betont werden, daß man neben dieſen Mythen von der

15] Götterzeichen. 277

Geburt Agnis auch andere hat, wo das Feuer und ſein Gott Agni vom Mataris van, dem indiſchen Prometheus, vom himmel herabgeholt wird.

Wie der griechiſche Apollon zwiſchen dem Bogengott der Felſenzeich— nungen und dem Rudra der Inder die Brücke bildet, glaube ich, daß wir hier ein entſprechendes Zwiſchenglied in der griechiſchen Athene haben. Wir ſahen, daß ſie im Streite mit Poſeidon als Fruchtbarkeitsgöttin auftrat und den Gl— baum als Gabe darbot. Sie ſollte demgemäß mit dem Baumkult der indo— germaniſchen Völker Verbindung haben, und mit dem Baumkult haben wir früher den Kult des Feuers in Verbindung geſetzt. Daß Athene in der älteſten griechiſchen Literatur als Seuergöttin gefaßt wurde, dürfte aus einer Stelle in Hheſiods „Werke und Tage“ hervorgehen (D. 430). Der Bauer ſoll fein Wagenrad für die Frühlingsarbeit ausgebeſſert haben, ſo bringt er es zu „Athenes Knecht“ (dudoo ‘AIrvaing). Allein „Athenes Knecht“ iſt hier der Schmied, und weſſen, welcher Gottheit Knecht ſollte er wohl ſein als des Feuers? Dieſe KHuffaſſung, daß Athene Seuergottin fet, läßt ſich in vielen Zügen ihrer Geſtalt wiederfinden. Zuerſt in ihren ſcharf leuchtenden klugen, fie ijt die „eulenäugige“, die „gewaltig blickende“ (Aavxwrus, öl- depans, d&vdeoxs).

Die Geiſteseigenſchaften, die dem Agni beigelegt werden, kehren bei Athene in kräftiger Ausprägung wieder. Agni ift ein reiner und weiſer Gott, Athene ijt die jungfräuliche Göttin der Weisheit. Wie die Mythen mehr von der Geburt Agnis als von ſeinen Taten reden, ſo iſt auch für Athene der Muthus von ihrer Geburt der am meiſten hervortetende. Und dies iſt um ſo auffallender, weil Uthene im Zeitalter des griechiſchen Epos eine ſehr hervortretende Göttin iſt; man denke nur an die Rolle, die fie in der Ilias und der Oduſſeée ſpielt.

Die Muthe von Athenes Geburt ijt eine der dunkeln Fragen in der griechiſchen Mythologie. Der Hauptmythus gilt der Geburt Athenes aus dem Zeus. Wenn dabei hinzugefügt wird, daß jie aus dem Ropfe des Zeus geboren wurde, bringt man dies mit ihrem Zunamen Kranaa, Afria uſw. in Verbindung, die bezeichnen ſollen, daß fie auf Bergeshöhen angebetet und gefeiert wurde. In ſpäteren Quellen, nicht bei heſiod und in dem homeriſchen Humnus, wo die Sage zuerſt vorkommt, wird erzählt, daß Hephaiſtos, Pro— metheus oder Hermes durch einen Artichlag den Kopf des Zeus öffnet. Don dieſen find die beiden erſten Gottheiten ſolche, die mit dem Seuer in Verbindung ſtehen, und die Axt, die im Muthus urſprünglich fein ſoll, iſt Fruchtbarkeitszeichen. Man wäre verſucht: Zeus den Dater Athenes mit dem Baum⸗ZJeus, Zeus endendros oder dendrites, der in der griechiſchen Götterwelt vorkommt, gleichzuſetzen. In Dodona ſtand feine heilige Eiche, die urſprünglich die Gottheit ſelbſt war. Allein in der griechiſchen Mythen— welt haben die olumpiſchen Götter geſiegt, wir haben keine Andeutung auf eine Verbindung zwiſchen Athene und dem Baum-Zeus. Für die Hellenen

Mannus, Bd. VII. h. 3. | 19

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ſteht es feſt, daß der Zeus, aus deſſen Kopfe Athene geboren wurde, der himmliſche, der olympilche Zeus ſei. Die Forſcher, die auf die Seuernatur Athenes aufmerkſam geweſen ſind, haben die Athene in dieſem Muthus als den Blitz angeſehen, der aus der Gewitterwolke geboren wird, oder das hellwetter, das aus der dunklen Wolke geboren wird, wenn der Donner los— bricht. Freilich ſcheint die letztere Erklärung einem lucus a non lucendo bedenklich nahe zu kommen. Man muß ſich alſo damit begnügen, auf die himmliſche Geburt Agnis hinzuweiſen, nach der Sonne und Blitz Agnis Ver- körperungen, die Erſcheinungen der Seuergottheit find.

Allein wir haben Reſte eines ganz abweichenden Muthus von der Geburt Athenes in ihrem alten Zunamen Tritogeneia. Schon im Altertum wurde dies als „die Meeresgeborene“ erklärt. Doch ijt dieſer Zuname der: maßen alt und unverſtändlich, daß ſie ſogar im homeriſchen humnus, der ihre Geburt aus dem Ropfe des Zeus ſchildert, Tritogeneia genannt wird. obſchon Triton, der Vater Tritogeneias, ein Meergott und keineswegs mit Zeus gleich iſt. Wo es einen Fluß gibt, der Triton heißt, iſt natürlich der Slußgott als Vater Athenes ausgegeben worden, doch hat dies weder im Altertum noch bei den Wythologen Vertrauen gefunden. Deshalb ſteht dieſer Zuname Athenes als ein Rätjel. Es ſcheint mir, daß man in dieſer Tritogeneia, der aus dem Meere oder aus dem Waller geborenen Athene ein hübſches Seitenſtück zum „Waſſer-gni“ der Inder haben könnte. Dann aber würde die Erklärung dieſer aus dem Waſſer geborenen Feuergottheit dieſelbe fein wie bei dem Agni: aus dem Waſſer erwachſen die Pflanzen, aus dem Waſſer wird geboren der Geiſt des Baumes, der Geiſt der Frucht- barkeit, das Feuer. Wir befinden uns alſo in der unleugbar ſeltſamen Lage, daß wir Athene als Seuergöttin dadurch erweiſen, daß fie aus dem Waſſer geboren ijt. hält dies aber Stich, fo tit das Feuer, das Athene darſtellt, nicht nur das Feuer des Schmieds, oder des Blitzes, es iſt auch der Feuergeiſt als Fruchtbarkeitsgottheit. Wir würden alſo hier die nächſtliegende Erklärung dafür finden, daß Athene als Fruchtbarkeitsgöttin mit Poſeidon in Wett⸗ bewerb tritt, und ferner dafür, daß ſie in dieſer Stellung mit dem Baume in Verbindung ſteht, daß der Olbaum ihr geheiligt ijt, fo fie ihn den Athenern als Gabe darbieten kann.

Wir haben bei germaniſchen Dölfern eine Derbindung zwiſchen dem Schilde und verſchiedenen Fruchtbarkeitserſcheinungen gefunden. Schild mit Garbe darauf ſetzten die Abingdonmonde in die Themſe, Scyld (Schild), Sohn des Scef (Garbe), wird in der engliſchen Königsreihe genannt, Skjold war der Gatte der Fruchtbarkeitsgöttin Gefjon, Ull iſt der Schildgott und ſein Name kehrt wahrſcheinlich in dem „Waul“ wieder, das die ſüddeutſchen Bauern beim Einfahren der letzten Garbe rufen. Ferner iſt hinzuzufügen der Aufzug der römiſchen Salier mit dem Schilde im März. Wenn nun Athene den Schild als ihr beſonderes Zeichen führt, kommt dies als weiteres Glied

17] Götterzeichen. 279

dieſer Reihe hinzu. Die Verbindung zwiſchen dem Schilde und der Frucht— barkeitsgottheit iſt augenfällig, obſchon ihre Art und Bedeutung noch im Dunkeln liegt. Beim Schild der Athene ijt zu bemerken, daß es immer alyıc Geißfell genannt wird, und daß die Aigis auch dem Zeus als Beigabe gehört. Gruppe in ſeiner „Griechiſchen Mythologie” und Eitrem in feinem neuen Buche über „Die Opferriten der Griechen und der Römer“ haben bier auf den alten Regenzauber, daß man ein Fell ſchüttelt, um Regen zu bekommen, aufmerkſam gemacht. Allerdings ſcheinen weder Athene, noch der Schild ſonſt etwas mit dem Regen zu tun zu haben, doch ſtammt vielleicht die Aigis von dieſem alten Regenzauber. Wie dem auch fei, der Schild ſpielt im Fruchtbarkeitskult eine bedeutende Rolle, und er iſt eine Beigabe, die für die Natur der Athenegeſtalt beſtimmend geworden iſt. Durch den Schild ijt Athene die Alalfomene, die Wehrgöttin geworden, und dadurch nimmt ſie ihre führende Stellung im griechiſchen heldengeſange ein. Durch dieſe Verbindung von Fruchtbarkeit, Feuer und Schild, durch die Juſammenſtellung mit dem vediſchen Agni, wo Feuer und Fruchtbarkeit ſich entſprechen, glaube ich eine Erklärung von weſentlichen Seiten der Athenegejtalt erreicht zu haben.

Wir ſtehen am Schluß dieſer Unterſuchung. Wir haben zwei ver- ſchiedene Fruchtbarkeitskulte gefunden: einerſeits den Pferdekult, d. h. Kultus des Windes, andererſeits den Baumkult und damit ferner zuſammen— hängend den Seuerfult. Sie find ſchon in ſehr früher Zeit vereinigt. Auf den Felſenzeichnungen in Bohuslän ijt der Windgott (der Pferdegott) und der Seuergott (der Gott mit den großen händen) nachweisbar derſelbe. Bei der Feuerzündung wird in den Deden ein Pferd vorgeführt und man jagt: „Mit Agni zuſammen werde geboren, o Agni!“ Das zeigt, daß dies dieſelbe Gottheit, und wieder doch nicht dieſelbe ijt. Daß fie aber urſprünglich ver- ſchieden waren, dafür haben wir ein Zeugnis in dem Streit Poſeidons mit Athene.

Wir haben dieſe Religionen über die ganze indogermaniſche Welt vom Norden bis zum Indus als Glieder verſchiedener Göttergeſtalten mit ver— ſchiedenen Namen gefunden. Ich ſage ausdrücklich: als Glieder. Denn man glaube nicht, ich meine bewieſen zu haben, daß Odin, Frey, Mars, Poſeidon und Agni, daß Ull und Athene derſelbe Gott ijt. Hinter den Götter⸗ lagen und den Göttergeſtalten habe ich nach Rultſitten, Kultgegenftänden, Kulttieren (meiſtens Opfertieren) geſucht, deren Zuſammenhang über die indogermaniſche Welt reicht, und die Glieder des Wind- und Feuerkults bilden, in dem ſo viele Göttergeſtalten zum Teil aber auch nur zum Teil ihren Urſprung haben. Gemeinſame indogermaniſche Göttergeſtalten gibt es wohl, fo glaube ich nachgewieſen zu haben, daß der indiſche Rudra und

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280 Juft Bing. Götterzeichen. [18

der Bogengott der Seljenzeichnungen derjelbe Gott iſt. Doch in der Regel Jind die Göttergeſtalten der verſchiedenen Völker verſchieden und aus vielen Beſtandteilen verſchiedenen Urſprungs zuſammengeſchmolzen. Ja, wider— ſtreitende Beſtandteile können in ihnen zuſammengewachſen ſein (ich erinnere an den Bogengott und den Schildgott in Ull). Die Einheit der indogermani⸗ ſchen Religion wird alſo nicht in den Göttergeſtalten zu finden ſein; aber ſie läßt ſich vielleicht in den Götterzeichen und damit zuſammenhängend in den urſprünglichen Rulthandlungen finden. Alſo nicht gleiche Götter, ſondern gleicher Götterkult, oder wenn man will, gleiche magiſche Hand- lungen. Es iſt die Aufgabe dieſer Unterſuchung geweſen, rückwärts zu ſuchen und einzelne gemeinſame Punkte dieſer urſprünglichen indogermaniſchen Religion zu finden.

Das lateiniſche Kreuz“.

Don Oscar Montelius.

Mit 60 Tertabbildungen.

Nicht ſelten können wir die Erfahrung machen, daß eine Sache, die uns ſehr einfach zu ſein ſcheint, ſich tatſächlich als ſehr verwickelt erweiſt.

So verhält es ſich mit einer Frage, die in den Augen der meiſten Leute ſo ausreichend klar iſt, daß man es kaum der Mühe wert findet, ſie in Worte zu faſſen, mit der Frage: „Woher hat das Kreuz, das wir in unſeren Kirchen, auf unſeren Gebetbüchern, auf der Zi der Biſchöfe ſehen, ſeine jetzige Geſtalt bekommen?“

Wenn dieſe Frage vorgelegt 1 würde, erhielte man wahrſcheinlich die übereinſtimmende Antwort: „Daher, weil es ein Abbild des Kreuzes iſt, an dem Chriſtus ſeinen qualvollen Tod erlitt.“ Der Untwort würde vielleicht ein Lächeln folgen in dem Gedanken an die Einfalt der Frage und die Leichtigkeit ihrer Beantwortung.

Trotzdem könnte Grund genug vorhanden ſein, zu unterſuchen, ob denn die Antwort wirklich richtig iſt.

Bei den Kreuzen, die wir heute gewöhnlich hier zu Lande ſehen, iſt der untere Teil des Stammes, d. h. der Teil, der unterhalb der Kreuzarme ſich befindet, bedeutend länger, als der obere Teil. Ein ſolches Kreuz wird „lateiniſch“ genannt, dagegen pflegt man die Benennung „griechiſch“ den— jenigen Kreuzen zu geben, bei denen der Oberteil und der Unterteil des Stammes die gleiche Länge haben. Das „griechiſche“ Kreuz wird zuweilen „gleicharmig“ genannt, weil alle vier Teile desſelben gewöhnlich gleich lang ſind (Abb. 3), was jedoch nicht immer der Fall ijt; manchmal find nämlich die Seitenarme kürzer als der Ober- und Unterteil des Stammes, welch letztere untereinander gleich lang ſind (Abb. 12).

1) Die Abhandlung iſt zuerſt in ſchwediſcher Sprache erſchienen in Nordisk tid- skrift for vetenskap, konst og industri. 1907, S. 1—34. Stockholm. Die deutſche Über: ſetzung rührt her von Guſtaf Roſſinna und Ernſt Snethlage.

282 Oscar Montelius. | [2

Was die Benennungen „griechiſche“ und „lateiniſche“ Kreuze anlangt, jo darf ich vielleicht darauf hinweiſen, daß die erſteren nicht auf den griechi⸗ ſchen, morgenländiſchen Teil der Chriſtenheit eingeſchränkt ſind und daß ebenſo⸗ wenig die letzteren dem abendländiſchen Teil eigentümlich find. Beide Kreuz⸗ formen kommen gleich zahlreich vor im morgen- wie im abendländiſchen Teile.

Das Studium des Kreuzſumboles bietet viel Reizvolles und viel Über: raſchungen, wenn man die Geſchichte dieſes heiligen Zeichens von ſeinem erſten Urſprung her bis auf unſere Tage zu verfolgen ſucht.

In zwei Aufjagen, von denen der erſte, falls man nur auf ſeinen Titel ſieht, jeden Zuſammenhang mit der Kreuzgeſchichte ſcheinbar vermiſſen läßt, habe ich den Urſprung des griechiſchen Kreuzes zu entwickeln gefudht.

Aus dem erſten Aufjaß, überſchrieben: „Das Rad als religiöſes Sinn— bild in vorchriſtlicher und chriſtlicher Jeit“ !) ergibt ſich, daß das Rad eins der Symbole der Sonne und des Sonnengottes war, daß dieſes Symbol hierfür bereits lange vor dem Eintritt des Chriſtentums zur Bezeichnung der Göttlichkeit angewendet wurde, endlich daß es bei den Chriſten ſchon ſeit älteſten Zeiten die nämliche heilige Bedeutung gehabt hat. Dies als Symbol angewendete Rad hat entweder 4, 6 oder 8 Speichen.

In dem anderen Aufſatz, über das „Sonnenrad und das chriſtliche Kreuz“?) haben wir geſehen, daß die Speichen des vierſpeichigen Rades allmählich aus dem Radreifen fic) löſten, daß dieſer Reifen ſchließlich fort— fiel, worauf die Speichen allein übrig blieben, die ein griechiſches Kreuz bildeten, endlich daß dieſe Entwicklung nicht nur in chriſtlicher Jeit vor ſich ging, ſondern auch lange vor Christi Geburt, woher ſich ergibt, daß dieſes Kreuz, das als eine Eigentümlichkeit unſerer Religion angeſehen wird, als heiliges Symbol angewendet wurde ſchon mehr als ein Jahrtauſend, bevor das Chriſtentum auftrat.

Die erſten Chriſten behielten die von den Dätern ererbten Symbole der Göttlichkeit bei, das Rad wie das gleicharmige Kreuz, wahrſcheinlich ohne eine Ahnung davon zu haben, daß das letztere urſprünglich nur die vier Speichen im Rade waren. Innerhalb der chriſtlichen Kirche können wir dann dieſelbe Entwicklung verfolgen, wie ſie ſchon mehr als ein Jahrtauſend früher ſtattgefunden hatte: die vier Speichen löſen ſich aus dem Radreifen und bilden ein gleicharmiges Kreuz. Eine ſolche Wiederholung iſt nicht ohne Seitenſtück in der Entwicklungsgeſchichte.

Zu unſerer Überraſchung finden wir ſo, daß das griechiſche Kreuz mit Chriſti Kreuz oder nur mit Chriſtentum urſprünglich nichts zu tun hat.

1) Prometheus. Illuſtrierte Wochenſchrift über die Sortichritte in Gewerbe, Induſtrie und Wiſſenſchaft, herausgegeben von Dr. Otto N. Witt. XVI. Jahrgang. Berlin 1904/1905. 2 Mannus, Bd. I, S. 55 f. und 169 f.

Abb. 1. Die Speichen noch mit dem Rad- reifen verbunden. Schweden.

Das lateiniſche Kreuz. 283

Abb. 2. Die Speichen frei; Abb. 5. Die Speichen die abwärts laufende länger frei, ein gleicharmiges als die aufwärts gewendete. Kreuz bildend. Markuskirche in Venedig. Schweden.

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Abb. 5. Cateiniſches Kreuz in einem Reifen. Moſaik. Ravenna.

284 Oscar Montelius. [4

Aber folches kann von dem lateiniſchen Kreuz wohl nicht gejagt werden?

Um auf dieſe Frage Antwort zu erhalten, müſſen wir uns die ver: ſchiedenen Kreuzesformen, beſonders innerhalb der älteren Periode der chriſt⸗ lichen Zeit, etwas näher anſehen.

Betrachten wir da zuerſt die vierſpeichigen Räder, bei denen die Speichen ihre alte Sorm verloren haben (Hbb. 1), und diejenigen, bei denen die Speichen vom Reifen ſich zu löſen beginnen (Abb. 3), jo bemerken wir, daß alle Speichen bei den erſteren gewöhnlich dieſelbe Länge haben, daß dies aber nicht ſtets der Fall iſt bei den letzteren Rädern, bei denen die abwärts laufende Speiche länger ſein kann, als die aufwärts gewendete. hierfür haben wir ein Bei— ſpiel in dem Abb. 2 wiedergegebenen Symbol; der Unterſchied in der Länge der beiden Speichen iſt freilich ganz gering, aber doch merklich; der Reifen iſt noch unverändert. In Abb. 4 bilden die vier Speichen dagegen bereits ein lateiniſches Kreuz, und der Reifen verwandelt ſich in einen Blätterkranz.

Ein deutliches lateiniſches Kreuz ſehen wir auch in Abb. 5, wo der Reifen noch viel von ſeiner urſprünglichen Geſtalt bewahrt hat; an der Stelle, wo die Arme ſich kreuzen, ſitzt ein Medaillon, das das Bruſtbild des Gekreuzigten zeigt.

Betrachten wir nun die von den Reifen gänzlich befreiten und nur für ſich vorhandenen Kreuze, ſo begegnet uns dieſelbe Erſcheinung. Bei vielen ſolchen Kreuzen ſind alle vier Teile durchweg gleich lang. Bei einigen ſind die wagerechten Teile, die Arme, etwas kürzer als die ſenkrechten, der Stamm (Abb. 12). Bei anderen iſt der untere Teil des Stammes länger als der obere; in gewiſſen Fällen iſt der Unterſchied noch ganz unbedeutend (Abb. 55); in anderen tritt er immer mehr hervor.

Eine ſolche allmählich ſtattfindende Verlängerung des unteren Teiles des Stamnies iſt eine der Arten, aus denen das lateiniſche Kreuz entſteht.

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Eine andere Urt der Entſtehung zeigt ſich in Abb. 6—15.

Nicht ſelten ſehen wir, jo auf dem in Abb. 6 abgebildeten däniſchen Grabſteine, ein auf einem Stabe ruhendes vierſpeichiges Rad. Im Anfang haben die Speichen ihre richtige Länge, indem fie an der inneren Kante des Reifens endigen, und der Keifen iſt ſo gezeichnet, daß er das Rad und deſſen ſenkrecht ſtehende Speiche von dem Stabe trennt. Dann ändert ſich dies. Auf einem anderen däniſchen Grabſtein (Abb. 7) gleich wie der erſtere aus dem Unfang des Zeitraumes, den wir hier im Norden das Mittelalter nennen können wir beides, Speichen und Reifen, erkennen, obgleich der letztere nicht durchaus kreisrund iſt und das Rad nicht mehr vom Stabe trennt, indem die abwärts laufende Speiche ſich außerhalb des Keifens fortſetzt und unmittelbar in den gleich breiten oder gleich ſchmalen Stab übergeht; auch die anderen drei Speichen gehen etwas über den Reifen hinaus. Der letztere iſt faſt ebenſo breit wie die Speichen. Abb. 8 zeigt ungefähr das—

5] Das lateiniſche Kreuz. 285

Abb. 6. Grabſtein. Abb. 7. Grabſtein. Dänemark. Abb. 8. Holzkreuz. Dänemark. Gotland.

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Abb. 9. Steinkreuz. Abb. 10. Grabſtein. Abb. 11. Grabſtein. Gotland. Schottland. Schottland.

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286 Oscar Montelius. [6

ſelbe Verhältnis: Alle Speichen gehen über den Reifen hinaus und die abwärts laufende ſetzt ſich unmittelbar in den gleich breiten Stab fort, wodurch das Ganze die Geſtalt eines lateiniſchen Kreuzes erhält. Hierin gleichen einander der Stein Abb. 7 und das Holzkreuz Abb. 8; der Unterſchied liegt eigentlich nur darin, wenn man von der etwas unregelmäßigen Form des Reifens auf dem Stein abſieht, daß der Reif des holzkreuzes bedeutend ſchmaler iſt als der Stamm und die Urme, während dieſe auf dem Stein nur wenig breiter ſind als der Reif. Der verwendete Stoff iſt nicht ſelten die Urſache, daß der untere Teil eines ſolchen Kreuzes derjenige Teil, der dem Stabe entſpricht breiter iſt als die übrigen Teile (Hbb. 9).

Ein anderes Beiſpiel für dieſelbe Entwicklung haben wir in den beiden hier wiedergegebenen ſchottiſchen Grabſteinen.

Auf dem erſteren Stein (Abb. 10) können wir noch das von einem Stabe getragene Rad herauserkennen, obwohl der Reif feine urſprüngliche Geſtalt verloren hat und die Speichen über die äußere Kante des Reifens hinausgehen, indem ſie über ihm liegen und ihn teilweiſe verdecken. Eine Querlinie zwiſchen der Oberkante des Stabes und dem abwärts laufenden Ende der Speiche ergibt deutlich, daß wir tatſächlich einen Stab vor uns haben, der ein Rad trägt mit vier ungefähr gleich langen Speichen, oder ein griechi— ſches Kreuz, das ſich noch nicht von dem Reifen gelöſt hat.

Auf dem anderen Steine (Abb. 11) findet ſich keine Scheidelinie mehr zwiſchen Stab und Rad. Es iſt kein griechiſches Kreuz auf einem Stabe; es ijt ein lateiniſches Kreuz. Der Radreifen ijt nicht verſchwunden, aber er hat ſeine urſprüngliche Bedeutung verloren.

Die herkunft des lateiniſchen Kreuzes aus einem auf einem Stab ſitzenden griechiſchen Kreuz erweiſt ſich oftmals auch deutlich beim Dergleich mit ſolchen Symbolen, die ſich bereits völlig von dem Reifen gelöſt haben, Jo daß ſich kein Reſt von dem Radreifen mehr vorfindet.

Ein ſolches griechiſches Kreuz auf einem Stab ſehen wir auf einem im 5. Jahrhundert verfertigten Moſaikbilde, das die Wölbung im Baptiſterium San Giovanni zu Ravenna ſchmückt (Abb. 14). Hier wird uns vor Augen geführt, wie Johannes der Täufer durch die Taufe im Jordan Jeſus zu ſeinem heiligen Berufe weiht, während der heilige Geiſt in Geſtalt einer Taube auf des letzteren Haupt herniederſchwebt; die letzten Buchſtaben im Fluß— namen ſind abgefallen. Johannes trägt in ſeiner linken hand einen Stab mit einem Kreuz, deſſen Stamm einen faſt gleich langen Oberteil wie Unterteil hat; es iſt aljo „gleicharmig“, wenn auch die wagerechten Teile etwas kürzer als die ſenkrechten ſind. Undere Bilder des Täufers zeigen in ſeiner hand einen Stab, der ein vollkommen gleicharmiges Kreuz trägt.

Allmählich wuchs dieſes Kreuz mit dem Stab zuſammen, ſo daß das Ganze die Form eines lateiniſchen Kreuzes erhielt, deſſen wir uns von mehreren Darſtellungen Johannes des Täufers erinnern (Abb. 15).

287

Das lateiniſche Kreuz.

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Ravenna.

Abb. 15. Elfenbein.

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Abb. 14. Moſaik.

Abb. 15. Malerei von Fra Angelico.

Ravenna.

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Abb. 12. Elfenbein. Ravenna.

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288 Oscar Montelius. [8

Im 5. Jahrhundert wurde ein prächtiger Thron für einen Erzbiſchof angefertigt, der mit künſtleriſch geſchnittenen Elfenbeinplatten !) geſchmückt iſt. Eine dieſer Platten (Abb. 12) ſtellt den Augenblick bei der Hochzeit zu Kana dar, wo Chriſtus den Wein in Waſſer verwandelt. Er trägt in ſeiner linken Hand ein kleines griechiſches Kreuz, das auf einem Stabe befeſtigt iſt; des Kreuzes unterer Teil iſt gleich dem oberen und ſcheidet ſich deutlich von dem Stab. Auf einer anderen zu demſelben Thron gehörenden Elfenbeinplatte (Abb. 13), die Chriſti Unterredung mit dem ſamaritiſchen Weibe am Brunnen darſtellt, trägt er ebenfalls einen Stab, der oben in ein Kreuz endigt, aber hier iſt die Scheidung zwiſchen Kreuz und Stab fortgefallen. Daher hat das Ganze die Geſtalt eines lateiniſchen Kreuzes ?).

Aud) in unzähligen anderen Fällen als den eben genannten können wir dieſelbe Derſchmelzung des Kreuzes mit dem Stab, auf dem es ſitzt, beobachten. Oft iſt es deutlich erkennbar, daß wir ein griechiſches Kreuz auf einem Stabe vor uns haben. Bisweilen iſt die Grenze zwiſchen dem Kreuz und dem Stabe weniger in die Augen fallend. Vielfach findet man an Stelle des Stabes mit dem griechiſchen Kreuz ein lateiniſches Kreuz, indem die eben genannte Grenze gänzlich fortfällt.

Daß in dieſen Fällen das lateiniſche Kreuz tatſächlich aus einem Stabe mit einem griechiſchen Kreuz entſtanden und an deſſen Stelle getreten iſt, geht klar daraus hervor, daß die äußeren Umſtände ſtets dieſelben ſind: Es iſt Chrijtus, der einmal das eine Symbol und ein anderes Mal das andere trägt; es iſt ein Kaiſer, der auf der einen Münze einen Stab trägt, der in ein griechi— ſches Kreuz endigt, und auf einer anderen Münze ein lateiniſches Kreuz trägt.

* * *

Die lateiniſchen Kreuze, die wir eben betrachtet haben, ſtammen ſämtlich aus der chriſtlichen Zeit.

1) Man hat gewöhnlich angenommen, daß dieſer Thron, auf dem in einem Mono— gramm der Name Maximianus zu leſen iſt, für den Erzbiſchof dieſes Namens in Ravenna gearbeitet worden iſt, der im Jahre 555 ſtarb. Kürzlich hat man indeſſen darauf aufmerkſam gemacht, daß die Arbeit älter zu ſein ſcheint und daß der Name ſich wahrſcheinlich auf den Erzbiſchof Maximianus von Konftantinopel bezieht, der in der erſten hälfte des 5. Jahr— hunderts lebte. i

2) Der nahe Zuſammenhang des griechiſchen Kreuzes mit dem vierfpeichigen Rad (der ſogenannten „Kreuzglorie“) zeigt ſich auf einer dritten Elfenbeinplatte von dem— jelben Throne. hier ſehen wir Chriſtus mit den fünf Broten und zwei Fiſchen fünftauſend Menſchen ſpeiſen. Mit der einen Hand ſegnet er die Brote, mit der anderen die Fiſche; er kann alſo nicht den Stab mit dem Kreuz in einer der hände halten. Da hat man das vierſpeichige Rad hinter ſein Haupt geſetzt, um auf dieſe Weiſe ſeine Göttlichkeit zu zeigen. Auf den Bildern, wo er ein Kreuz trägt, hat er keine „Kreuzglorie“, weil er einer ſolchen dort nicht bedarf.

9] Das lateiniſche Kreuz. 289

Bereits vor dem Auftreten des Chriſtentums treffen wir indeſſen ein Symbol derſelben Geſtalt wie das lateiniſche Kreuz an. Dies Symbol hat jedoch einen ganz anderen Urſprung als das Kreuz, das wir im vorher⸗ gehenden kennen gelernt haben.

Abb. 16. Bronzeaxt. Cupern. Abb. 17. Relief. Kleinaſien.

Im Innern Kleinaſiens ſehen wir auf Denkmälern, die von den hittitern oder Hetheern, wie fie in den Schriften des Alten Teſtaments ge- nannt werden, herſtammen, ein Gottheitsſumbol, deſſen Husſehen Abb. 17 zeigt. Es iſt eine doppelſchneidige Axt auf einem langen Schaft, der ſich oben über der Oberkante des Schaftloches fortſetzt.

Abb. 18. Münze (Anfan des 3. Jahrhunderts nach Chr.). Phönizien.

Eine auf Cupern gefundene Bronzeaxt zeigt über dem Schaftloch eine Sortſetzung des Schaftes, die in einem Stück mit der doppelſchneidigen Klinge gegoſſen iſt und in einem runden Knopf endigt. Sie ijt in Abb. 16 wieder: gegeben; der Schaft iſt auf der Zeichnung durch zwei punktierte Linien an- gegeben. Dieſe Bronzeaxt mit einem Schaft von derſelben Länge, wie der Abb. 17 wiedergegebene, hat durchaus dasſelbe Husſehen, wie die Axt auf dem hittitiſchen Denkmal.

290 Oscar Montelius. [10

Dieſes nun in Frage ſtehende Symbol reicht in weit entlegene Zeiten zurück.

Tauſend Jahre vor Chriſti Geburt, vielleicht noch früher, ſehen wir eine ſolche doppelſchneidige Axt in der hand von Götterbildern in Klein— alien. Es iſt der Sonnengott mit der Waffe der doppelſchneidigen Art, dem Blitz —, die er im Kampfe gegen ſeine und des Lichtes Feinde ge- braucht!).

Ein kreuzförmiges Symbol von demſelben Ausjehen wie Abb. 17 treffen wir auf Münzen an, die im Morgenlande in den Jahrhunderten dicht vor oder dicht nach dem Anfang unſerer Zeitrechnung geprägt find, aber alle aus heidniſcher Zeit herſtammen. Ein ſolches Kreuz erſcheint hinter dem Bruſtbilde der Ajtarte auf Münzen, die in den puniſchen Städten Nord: afrikas im letzten Jahrhundert vor Chr. geprägt ſind, und hinter dem Pferde auf Münzen Karthagos. Ahnliche Kreuze finden fic) als Attribute der Aftarte auf Münzen Sidons und anderer phöniziſcher Städte, die in der römiſchen Kaiferzeit geprägt ſind. Ein Kreuz derjelben Geſtalt ſehen wir auch als Gottheitsiymbol auf der phöniziſchen unter Caracallas Herrſchaft geprägten Münze, die in Abb. 18 wiedergegeben iſt.

Dieſes „lateiniſche Kreuz“ hat alſo mit dem Chriſtentum nichts zu tun, wenn wir auf ſeinen Urſprung ſehen. Er iſt unſtreitig heidniſch. Aber als Symbol der Göttlichkeit kann dies Zeichen ebenſo wie das Rad von dem Heidentempel in die chriſtliche Kirche verſetzt fein.

Das Kreuz, das wir oft in der hand von Engeln auf römiſchen Münzen aus der Zeit kurz nach der Bekehrung Ronſtantins ſowie auf Münzen aus ſpäterer Zeit (Abb. 19) ſehen, hat jo große Ahnlichkeit mit den eben erwähnten, daß wahrſcheinlich irgend ein unmittelbarer Zuſammenhang zwiſchen ihnen beſteht.

Wie das Rad und das gleicharmige, griechiſche Kreuz war dies lateiniſche Kreuz ein Symbol zuerſt des Sonnengottes, dann der Göttlichkeit an und für ſich. In der Zeit, in der das Chriſtentum entſtand, ſah man indeſſen in dem einen Zeichen ebenſowenig wie in dem anderen etwas heidniſches. Daher konnten die chriſtlichen Nachkommen des Volkes, welches ſeit uralten Zeiten dieſe beiden Symbole verehrte, ſie als heilige Zeichen beibehalten. Die Chriſten ſahen in ihnen nur Symbole des Göttlichen, und wir müſſen uns gegenwärtig halten, daß der Chriſten Gott derſelbe war wie der Jehovah der Juden.

Bei den Chriſten finden wir alſo in den lateiniſchen Kreuz— formen, eigentümlich genug, die beiden uralten Symbole des Sonnengottes wieder, das Rad und die Art.

* * *

1) Montelius, Solgudens yxa och Tors hammare in Svenska Fornminnesföreningens tidskrift. 10. Band, S. 277.

11] Das lateiniſche Kreuz. 291

Noch ein heiliges Zeichen, aber von ganz anderem Urſprung als eins der eben genannten, ſteht in jo nahem Zuſammenhang mit dem lateiniſchen Kreuz, daß es hier mit einigen Worten erwähnt werden muß.

Als Symbol des göttlichen Lebens tragen Ägyptens Götter ſchon ſeit der Zeit des alten Reiches ein Zeichen (Abb. 21), deſſen Ausjehen, wenn nicht ein Teil von der Hand bedeckt ijt, Abb. 20 zeigt. Auch im weſtlichen Alien kommen frühzeitig heilige Zeichen vor, die bald ganz dieſelbe Geſtalt wie die äguptiſchen haben, bald eine ähnliche, obwohl die Öfe rund iſt, nicht länglich, und das Kreuz vergleichsweiſe klein (Abb. 24).

Abb. 20. Ägypten. Abb. 21. Agupten. Abb. 22. Chriſtusmonogramm.

kluf Münzen, die in Judäa für den unmittelbar vor dem Beginn unſerer Zeitrechnung herrſchenden König Herodes geprägt ſind, ſehen wir ein Zeichen

Abb. 25. Münze Abb. 24. Kleinaſien. Abb. 25. Münze des Herodes. Konitantins des Großen.

(Abb. 23), das ſich von den ſoeben genannten äguptiſchen einzig darin unter— ſcheidet, daß die Oſe nicht ſummetriſch, gleichmäßig rund auf beiden Seiten, ſondern unſummetriſch, nur auf einer Seite rund iſt. Hierdurch erhält das Symbol die Geſtalt eines Kreuzes mit einem Bogen an dem Teil des Stammes, der oberhalb der Kreuzarme iſt.

In chriſtlicher Zeit, beſonders in den erſten Jahrhunderten, treffen wir dies Zeichen ſehr oft an (Abb. 22). Es iſt da ein Symbol Chriſti. Auf einer für Konftantin den Großen geprägten Münze (Abb. 25) nimmt es denſelben Platz ein wie auf der aus der Zeit des Herodes.

292 Oscar Montelius. [12

Daß dies ein Symbol feiner Göttlichkeit war, vergaß man indeſſen ſehr ſchnell, und man gab da, wie in ſo vielen anderen Fällen, eine durchaus unrichtige Erklärung für den Grund feiner Anwendung. Man ſagte, daß dieſes „Monogramm“ aus den zwei griechiſchen Buchſtaben zuſammengeſetzt fei, die die erſten im Namen XPISTOS (Chriſtos) find. Das griechiſche R hat allerdings, wie bekannt, die Geſtalt P, alſo dieſelbe Geſtalt wie das lateiniſche P. Aber der griechiſche Buchſtabe, der von den Römern mit Ch wiedergegeben wird, hat nicht dieſelbe Geſtalt wie das lateiniſche Kreuz, ſondern wie X. Schon dies zeigt, wie unrichtig die gewöhnlich gegebene Erklärung des Zeichens ijt, und eine Unterſuchung des geſchichtlichen Zu: ſammenhanges beſeitigt jeden Zweifel darüber, daß die richtige Erklärung eine ganz andere iſt, nämlich die vorher oben angegebene.

Gleichwie die „Kreuzglorie“ (das Rad) und das Kreuz iſt dieſes heilige Zeichen nicht urſprünglich chriſtlich. Gleich dieſen beiden iſt es ein Symbol der Göttlichkeit, ein Symbol, das bereits weit vor dem erſten Auftreten des Chriſtentums ſehr alt war.

Das fragliche Symbol ſehen wir nicht ſelten zwiſchen zwei Lämmern, die ſich gegen dasſelbe wenden. Anfangs iſt die De jo ſtark gerundet wie auf Abb. 22. Dann erhält ſie eine andere Geſtalt und tritt weniger hervor (Abb. 26). Oft ſehen wir an Stelle dieſes Symbols ein lateiniſches Kreuz zwiſchen den beiden Cämmern, die ſich auf die eben genannte Art gegen das Heilige wenden (Abb. 27).

Gewiß kann man nicht ſagen, daß in dem auf Abb. 22 wiedergegebenen Symbol der Urſprung zu ſuchen iſt für die Geſtalt, die jetzt das lateiniſche Kreuz genannt wird, wir haben ja geſehen, wie dies auf andere Weiſe entſtanden iſt —, aber es iſt offenbar, daß dieſe beiden heiligen Zeichen einander ſo nahe ſtanden, oder richtiger ſo nahe gekommen waren, daß man ſich be— rechtigt halten konnte, das eine an Stelle des anderen zu benutzen. Bei— ſpiele hierfür bieten die Abb 28—30, wo ein Symbol der fraglichen Art durch ſeine Größe und ſeinen Platz wie ein Kreuz wirkt.

Wie an einem Kreuz hängt zuweilen von den Armen ein Alpha und ein Omega, eine Unſpielung auf Chriſti Wort: „Ich bin das Alpha und Omega (A und O), der Anfang und das Ende“, weil dieſe beiden Buchſtaben, wie bekannt, der erſte und der letzte im griechiſchen Alphabet ſind. Zuweilen (Abb. 29) ſtehen dieſe beiden Buchſtaben auf den „Kreuzarmen“.

* * *

Es zeigt ſich alſo, daß wie das griechiſche Kreuz auch das lateiniſche Kreuz urſprünglich nichts mit Chriſti Kreuz oder mit dem Chriſten— tum zu tun gehabt hat.

Aber wenn nun beide, das griechiſche und das lateiniſche Kreuz, auf die Weiſe entſtanden find, wie im vorhergehenden geſchildert ijt, fo liegt die

13] Das lateiniſche Kreuz. 293

Abb. 26. Sarkophag (derſelbe wie Abb. 30). Ravenna.

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Abb. 30. Sarkophag. Ravenna.

Abb. 29. Sarkophag. Rom. Mannus, BO. VII. h. 3. 20

294 Oscar Montelius. [14

Frage nahe: Wie verhalten ſich da dieſe Symbole zu dem Kreuz, an welchem Chriſtus den Tod erlitt? Hat die Geſtalt, die das bei der Hinrichtung ver— wendete Kreuz hatte, einige Ähnlichkeit entweder mit dem, das wir das griechiſche Kreuz nennen, oder mit dem, das wir das lateiniſche Kreuz nennen? hat dieſes Strafwerkzeug auch beigetragen zu der Geſtalt, welche die beiden letztgenannten erhielten? Oder hat das Ausjehen dieſer Symbole irgend einen Einfluß auf die Geſtalt gehabt, in welcher Chriſti Kreuz jetzt gewöhnlich abgebildet wird?

Um dieſe Frage beantworten zu können, müſſen wir zunächſt unter- ſuchen, welche Geſtalt die von den Römern bei der Hinrichtung von Sklaven und Miſſetätern benutzten Kreuze gehabt haben.

Dieſe Kreuze beſtanden aus einem Stamm und einem Querholz. Das letztere kann befeſtigt geweſen ſein entweder an der Spitze des Stammes oder mehr oder minder nahe dieſer. War das Querholz ſo weit abwärts vom oberen Ende des Stammes befeſtigt, daß das Ganze die Geſtalt hatte, die wir jetzt ein lateiniſches Kreuz nennen, fo war gewiß die Ahnlichkeit mit dem Symbol, das wir jetzt betrachtet haben, ſehr groß, aber dieſes Symbol iſt doch nicht dadurch entstanden, daß es das Bild vom Kreuze Chriſti wieder: gibt. Es hat einen ganz anderen Urſprung.

Der im Neuen Teftament gebrauchte Ausdruck, der in unſerer Über: ſetzung mit Kreuz wiedergegeben wird, gibt keinen Hufſchluß über den Platz des Querholzes. In den griechiſchen Texten wird nämlich das Wort oravods angewandt, das eigentlich nur Pfahl bedeutet. Die lateiniſche Überſetzung hat das Wort crux!), aber es jagt uns auch nichts über das klusſehen; es bedeutet nur Murtergerät.

Daß die römiſche erux nicht dieſelbe Geſtalt gehabt haben kann wie das griechiſche Kreuz, iſt indeſſen ſchon aus dem Grunde offenbar, daß dieſe Geſtalt ſich durchaus nicht für eine Kreuzigung eignet. Der Teil des Stammes, der unterhalb der Kreuzarme ſich befindet, iſt ja viel zu kurz im Verhältnis zum Rörper des Gekreuzigten.

1) Das ſchwediſche Kors ijt dasſelbe Wort wie das lateiniſche crux, bloß mit einer Umſtellung des r, fo daß dieſes, welches urſprünglich vor dem Dokal ſtand, hinter dieſem kommt. Im Isländiſchen heißt es kross und im Deutſchen Kreuz, alſo mit r noch an ſeinem richtigen Platz. Wenn wir nun das Wort Kreuz hören, werden unſere Gedanken auf die Geſtalt gelenkt, die man von je mit Chriſti Kreuz verband, und da die ſchwediſche und deutſche Sprache keine verſchiedenen Ausdrüde für die römiſche crux, an der die MRiſſe— täter den Tod erlitten, und für das chriſtliche Kreuz haben, iſt es ſchwierig, die Fragen zu behandeln, mit denen wir uns jetzt beſchäftigen, ohne in Unklarheit und Mißverſtänd— niſſe zu geraten. Ich wende deshalb hier, beſonders an den Stellen, wo Mißverſtändniſſe entſtehen könnten, den Ausdrud crur an, wenn von dem römiſchen Strafwerkzeug die Rede iſt, und den Ausdrud Kreuz, wenn von derjenigen Geſtalt die Rede iſt, die man dem Kreuze Chriſti zu geben pflegt.

15] Das lateiniſche Kreuz. 295

Daß die crux nicht dieſelbe Geſtalt gehabt haben kann wie das lateiniſche Kreuz, geht aus allen Aufflarungen hervor, die wir aus klußerungen gleich— zeitiger Verfaſſer und aus gleichzeitigen Abbildungen erhalten.

Aus ihnen erfahren wir, daß die römiſche crux ungefähr dieſelbe Geſtalt hatte wie der lateiniſche Buchſtabe T. Entweder ſaß alſo das Querholz ober— halb des oberen Endes des ſenkrechten Pfahles, was wohl das natürlichſte war, und was dem ſchrecklichen Gerät am leichteſten die nötige Stärke ver— lieh. Oder auch das Querholz war ganz nahe dieſem Ende befeſtigt, wie bei dem Abb. 50 wiedergegebenen Kreuze. Es lag ja auch gar keine Ver— anlajjung vor, daß man das Kreuz hätte unnötig hoch machen ſollen dadurch, daß man den Stamm weit oberhalb der Arme ſich fortſetzen ließ. Irgend eine Stütze für den Kopf kam nicht in Frage, und die im Evangelium Johannis erwähnte „Überſchrift“, die angab, wer der Gekreuzigte war, konnte auf einer beſonderen, ſchmalen Stütze befeſtigt werden, in der Weiſe wie Ubb. 50 zeigt.

Schon in dem Brief, als deſſen Derfajjer der mit den Hpoſteln gleich— zeitige Barnabas genannt wird, leſen wir, daß der Buchſtabe T einer crux gleicht, und ſpäter, um 200, ſchreibt Tertullian, daß der griechiſche Buch— ſtabe Tau (T) und das römiſche T dieſelbe Form wie die crux haben. Das griechiſche T war, wie wir wiſſen, gleich dem römiſchen. Andere Derfaljer aus den erſten Jahrhunderten nach dem Anfang unſerer Zeitrechnung äußern ſich freilich über die crux in ſolcher Weiſe, daß deſſen Stamm zuweilen etwas oberhalb des Stammes hinausgeragt haben muß, aber wenn das Querholz ganz nahe dieſem Ende befeſtigt war, jo war der Dergleid) mit den oben genannten Buchſtaben dennoch berechtigt.

Andere Verfaſſer vergleichen die crux mit einem Unker oder einem Schiffsmaſt. Auf Abb. 32 ſehen wir, wie der Anker in den älteſten chriſt— lichen Jeiten mit ſeinem Querarm an dem oberſten Ende abgebildet wird; war dies nicht der Fall, ſaß der Querarm ganz nahe dieſem Ende, ſo konnte man deshalb auch da von der Ähnlichkeit mit einem T reden. Dieſelbe Geſtalt hatte gleichfalls ein Maſt mit der Raa, woran das Segel ſaß. Wenn die Raa am Topp gehißt war, wie auf Abb. 31, war die T-Sorm in die Augen fallend.

Die Ahnlichkeit in der Form zwiſchen einer crux und einem T wird auch dadurch bewieſen, daß man an vielen Orten in den Malereien der Kata— komben und auf anderen bildlichen Darſtellungen aus den erſten Zeiten der chriſtlichen Kirche ein offenbar heiliges Zeichen antrifft, das dieſelbe Form hat wie der Buchſtabe T und das wir zuweilen, fo in der Abb. 33 wiedergegebenen Inſchrift, an dem Platze ſehen, wo man ein Kreuz hätte erwarten können.

Daß die crux tatſächlich T-Sorm gehabt hat, wird auf unwiderlegliche Weiſe offenbar durch eine eingeritzte Zeichnung, die um 1850 oder bald danach auf einer Wand aufgedeckt wurde in einem der Räume das ſo—

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296 Oscar Montelius. [16

Abb. 31. Jonas und der Fiſch (ſiehe 5, 300). Handſchrift in der Vatikaniſchen Bibliothek.

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Abb. 33. Ratakombeninſchrift. Abb. 34. Schmähfruzifir. Palatin. Rom.

17] Das lateiniſche Kreuz. f 297

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Abb. 36. Sarkophag.

Abb. 55. Silber, vergoldet. Raiſer Juſtinus II. (566-578).

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Abb. 39. Sarkophag. Arles.

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Abb. 38. Ölflafhe. Monza.

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298 Oscar Montelius. [18

genannte Pädagogium innerhalb des kaiſerlichen Palaſtes auf dem Pala— tiniſchen Hügel in Rom (Abb. 34). Der Teil der mit Stuck bekleideten Wand, auf der die Bilder eingeritzt waren, wurde abgelöſt und kann jetzt im römiſchen Museo Kircheriano beſichtigt werden, das im früheren Jeſuitenkollegium ſeinen Platz erhalten hat, nachdem infolge der Ereigniſſe des Jahres 1870 der Palaſt, das Collegio Romano, in den Beſitz des Staates übergegangen iſt.

Die Zeichnung, die ſich aus dem Anfang des 3. Jahrhunderts herſchreiben dürfte und offenkundig bezweckt, die Chriſten zu ſchmähen, zeigt einen ge— kreuzigten Mann mit einem Eſelskopf. Das Kreuz iſt durchaus T-förmig; der Stamm reicht nämlich nicht höher als bis zum Querholz. Die Tafel mit der im Evangelium erwähnten „üÜberſchrift“ ijt angedeutet; fie iſt auf einer beſonderen Stütze angebracht, die nicht die Fortſetzung des Stammes ausmacht, ſondern auf der einen Seite an dieſem ſteht.

Die Erinnerung an dieſe urſprüngliche Kreuzform lebte, wie wir ſehen werden, sehr lange fort.

Ebenſowenig wie das griechiſche bietet alſo das lateiniſche Kreuz irgend ein Abbild der crux, woran Chriſtus den Tod erlitt. Urſprünglich hatte die crux eine andere Geſtalt, und diejenige Geſtalt, in der wir fie zu ſehen gewohnt ſind, hat ſie erſt durch Einwirkung eines anderen Zeichens erhalten, nämlich des Symbols der Göttlichkeit, deſſen Urſprung wir bis zu Zeiten zurückverfolgen können, die weit hinter Chriſti Geburt liegen.

Einige Umſtände ganz anderer Art dürften indeſſen dazu beigetragen haben, daß die lateiniſche Kreuzform die gewöhnliche bei der Darſtellung des Vorgangs auf Golgatha wurde.

Der eine iſt, daß die Stütze, die die Tafel mit der Überſchrift trug, leicht mit dem Stamm des Kreuzes zuſammenſchmolz, weil die erſtere ihren Platz in der Fortſetzung des letzteren hatte, wie in Abb. 50 und 51.

Der andere iſt, daß, wie bereits bemerkt, das griechiſche Kreuz ſich nicht für die Darſtellung der Kreuzigung eignete, weil der untere Teil des Stammes zu kurz war. Man mußte deshalb dieſen Teil um ſo viel länger machen, als er bei dem lateiniſchen Kreuz iſt.

Wo nicht der Gekreuzigte, ſondern allein ſein Kreuz dargeſtellt werden ſollte, behielt man auch ſehr lange die griechiſche Kreuzform bei. So haben, wie wir früher geſehen !), die Kreuze, mit denen unſere, der Schweden, Dor: fahren durch Unsgar und ſeine Nachfolger bekannt wurden, nicht die lateiniſche, ſondern die griechiſche Geſtalt. Es war das griechiſche Kreuz, das auf den ſchwediſchen Runenſteinen im 11. Jahrhundert gezeichnet wurde.

1) Mannus, Bd. I, S. 60 und 61.

19] Das lateiniſche Kreuz. 299

weil Chriſti Kreuz, anſtatt wie die römiſche erux einem J zu gleichen, ſeine nun gewöhnliche „lateiniſche“ Geſtalt durch Einwirkung des Gottes- ſumbols erhielt, ijt es richtig, wenn der Kiinjtler die Kreuze der beiden zu— gleich mit Chriſtus getöteten Übeltäter die T-Geftalt beibehalten ließ. In der Renaiſſancezeit wurde der Vorgang auf Golgatha oft ſo dargeſtellt, daß auf Chriſti Kreuz der Stamm hoch über das Querholz hinausreichte, aber auf den Kreuzen der Mörder mit dieſem abſchloß. Wir finden dasſelbe bei dem viel älteren Urbild zu Abb. 48.

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Schriften, die aus den erſten Jahrhunderten der Kirche ſtammen, be- richten, daß man bei den Chriſten überall das Kreuzſumbol jah; es war auf der Stirn der Gläubigen gemalt, es war auf ihren Kleidern und häuſern angebracht.

Die eine und die andere Probe dieſer „Kreuzſumbole“ hat ſich bis in unſere Tage erhalten. So gibt es, um nur ein paar Beiſpiele anzuführen, eine Glasmalerei, die uns einen Mann mit einem griechiſchen Kreuz auf der Stirn zeigt; auf einer Wandmalerei aus einer der römiſchen Katakomben ſehen wir einen anderen Mann mit einem Hakenkreuz auf feinem Kleid; ein Frauengewand iſt mit dem kreuzähnlichen, ſogenannten Monogramm geſchmückt. Da alles, was zur Kirche gehört, ſich gewöhnlich lange in un— veränderter Geſtalt erhält, kann es nicht Derwunderung erregen, daß man auf Prieſtergewändern in viel ſpäterer Zeit, als die hier in Frage kommende, griechiſche Kreuze, oft mehrere in einer Reihe, ſieht.

Wir hören auch, daß die Griechen in den erſten Jahrhunderten das Kreuz anbeteten.

Aber hierbei müſſen wir darauf Gewicht legen, daß in dieſen erſten Jahrhunderten noch nicht die Rede iſt von einer Anbetung des Kruzifixes, das den an das Kreuz genagelten Chriſtus zeigt, ſondern nur des Kreuzes oder des Kreuzſumbols.

Man ſcheute nämlich, wenigſtens in Europa die in dieſer Beziehung minder bekannten Derbaltnijje aus dem Morgenlande ſcheinen etwas anders geweſen zu ſein (Abb. 42 und 45) während mehrerer Jahrhunderte davor zurück, Chriſtus am Kreuz abzubilden !).

1) Allerdings hat man (Svenska Fornminnesföreningens tidskrift, 8. Band, Seite 283) wegen einiger eigentümlicher Züge in dem oft erwähnten Schmähbild vom Palatin (Abb. 34) in ſcharfſinniger Weiſe verſucht zu zeigen, daß die Chriſten bereits in den allererſten Jahrhunderten der Kirche Chriſtus am Kreuz abgebildet haben. Aber die angeführten Gründe find nicht ſtark genug, um zu beweiſen, daß ſolche Darftellungen bereits im Abendland zu finden waren. Das Schmähbild verrät ja durch ſeine griechiſche Inſchrift, daß es nicht von einem Abendländer eingeritzt war.

300 Oscar Montelius. [20

Die gräßliche Todesitrafe, die mit dem Wort Kreuzigung bezeichnet wird, eine Strafe, deren Scheußlichkeit mehr als anderes die Barbarei des wegen ſeiner geiſtigen Bildung hochgeprieſenen „klaſſiſchen“ Volkes offenbart, wurde in Südeuropa hauptſächlich bei der Hinrichtung von Sklaven ange— wendet. Wir können da verſtehen, daß man, wie ein und der andere gleich— zeitige Verfaſſer andeutet, den heiden nicht im Bilde zeigen wollte, wie der Gott, den man anbetete, am Kreuze hingerichtet worden war. Wahrſcheinlich jedoch war noch ein anderer Grund vorhanden. So viel lebte von der klaſſi— ſchen Bildung und von der Art, wie die klaſſiſche Jeit die Dinge ſah, noch genug während Jahrhunderte bei den Chriſten fort, daß ſie, wenn möglich, ſolche Darſtellungen vermieden, die durch ihre Gräßlichkeit allzu ſehr ihren Schönheitsſinn zurückſtoßen mußten

Wohl wurde Chriſtus zeitig im Bilde dargeſtellt, aber nicht als ge— kreuzigt, ſondern in ſumboliſcher Geſtalt: als ein Lamm, als der gute Hirte, der von ſeiner Herde umgeben iſt, oder der auf ſeiner Schulter das verlorene und wiedergefundene Lamm trägt, als Daniel in der Löwengrube, als Orpheus vor den Tieren auf dem Felde ſpielend, oder unter einer anderen Derflei- dung. Oft kehrt das Bild von Jonas wieder, wie er vom „Fiſch“ verſchluckt und nach drei Tagen wieder „ans Land ausgeſpieen“ wird (Abb. 31), was ja nach dem Evangelium Matthäi (12, D. 40) ein Vorbild von Chriſti Tod und Auferjtehung war.

Noch weit über die Mitte des erſten Jahrtauſends unſerer Zeitrechnung, als das Chriſtentum bereits lange völlig die anerkannte Religion des römiſchen Reiches geworden war, ſcheute man ſich unmittelbar und auf eine der Wirk— lichkeit entſprechende Weile den am Kreuze feſtgenagelten Chriſtus abzu— bilden. Man zog es vor, wenigſtens in den meiſten Fällen, ſeine Todesart nur anzudeuten, bald dadurch, daß man auf den Teil des Kreuzſtammes, von dem die Urme auslaufen, ein Medaillon mit ſeinem Bruſtbild ſetzte (Abb. 5) oder ein Lamm als ſeinen Vertreter (Abb. 35), bald dadurch, daß man ein Lamm vor das Kreuz ſtellte (Abb. 30), bald dadurch, daß man über die Spitze des Kreuzes fein Bruſtbild (Abb. 38), fein von einem Kranz um: gebenes „Monogramm“ (Abb. 36) oder nur einen Kranz (Abb. 39) ſetzte, bald dadurch, daß man ein Alpha und ein Omega von den Armen des Kreuzes herabhängen ließ (Abb. 26), bald dadurch, daß man ihn ſtehend abbildete ohne irgend ein Kreuz aber mit ausgebreiteten Armen zwiſchen den beiden gefreuzigten Übeltätern (Abb. 41). Auf dem letztgenannten Bilde find feine Arme allerdings ausgeſtreckt, aber nicht derartig, als wenn er gekreuzigt worden wäre: er hält die Oberarme feſt am Rörper und nur die Unterarme ſind ausgeſtreckt. Abb. 40 zeigt nicht nur Chriſtus, ſondern auch die beiden Übeltäter in dieſer für einen Gekreuzigten unmöglichen Stellung.

Die Urbilder zu Abb. 58 und 41 ſind zwei in der Kathedrale der nord— italieniſchen Stadt Monza aufbewahrte, mit griechiſchen Inſchriften ver—

21] Das lateiniſche Kreuz. 301

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Abb. 40. Agupten.

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Abb. 44. Monza. Abb. 45. Monza.

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302 Oscar Montelius. [22

ſehene Glflaſchen, die nebſt mehreren anderen an derfelben Stelle verwahrten Koſtbarkeiten der langobardiſchen Königin Theodolinda gehört haben ſollen, die am Ende des 6. Jahrhunderts lebte.

In dieſen beiden Darſtellungen find die Sonne und der Mond auf jeder Seite des Hauptes Chriſti abgebildet. Dies verdient unſere Hufmerkſamkeit, teils deshalb, weil ſich Gleiches auf unzähligen anderen Darſtellungen von Chriſti Opfertode (wie Abb. 45, 47 und 48) wiederfindet, teils deshalb, weil die Sonne und der Mond in derſelben Weiſe in zahlreichen Abbildungen des Mithrasopfers wiedergegeben zu werden pflegten, was beweiſt, wie weit verbreitet die Verehrung dieſes perſiſchen Sonnengottes in der römiſchen Welt während der erſten Jahrhunderte unſerer Zeitrechnung war.

Ungefähr dieſelbe Stellung wie auf der zuletzt erwähnten Ölflafche hat Chriſtus auf dem Bild, das hier Abb. 37 wiedergegeben iſt. Er iſt dar— geſtellt auf einer in holz geſchnittenen Tür aus dem 5. Jahrhundert, die ſich noch an ihrem urſprünglichen Platz in der damals erbauten, der heiligen Sabina gewidmeten Kirche in Rom befindet. Mit den in der eben beſchrie— benen Weiſe ausgeſtreckten Armen ſteht Chriſtus zwiſchen den beiden Übel— tätern, mit dem Haupte fie überragend. Über die Finger hinausragend ſehen wir bei jeder hand das Ende des Kreuzarmes, im übrigen ſieht man nichts vom Kreuz!). Alle drei Männer find nadend; nur die hüften find von einem ſchmalen Jeugſtück umgeben, das vorn herabhängt.

Aud) nach der Mitte des erſten Jahrtauſends kommen freilich ſum— boliſche Darſtellungen der Kreuzigung vor, das Urbild zu Abb. 35 ijt aus der letzten Hälfte des 6. Jahrhunderts aber im Abendland ſowohl wie im Morgenland werden die der Wirklichkeit entſprechenden eu) ſchnell allgemein.

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Die älteſten bisher bekannten Darſtellungen der Kreuzigung ſehen wir wenn wir das Schmähkruzifix nicht mitrechnen auf kleinen geſchnittenen Steinen (Abb. 42 und 43).

Der eine von ihnen (Abb. 42) ijt bei Kuſtendſche in Rumänien gefunden worden nebſt anderen geſchnittenen Steinen, die vielleicht aus den drei erſten Jahrhunderten ſtammen. An beiden Seiten des Kreuzes (wie auf Abb. 43) ſtehen die zwölf Jünger, was in ſpäterer Zeit nicht der Fall iſt. Da das Bild ſo klein und der Stein außerdem beſchädigt iſt, kann nicht mit Sicherheit geſagt werden, welche Geſtalt das Kreuz hat; möglicherweiſe ſehen wir über Chriſti Haupt einen kleinen Teil der „Tafel“. Das mit griechiſchen Buch—

1) Nach der Zeichnung zu urteilen, ſehen wir allerdings über dem Ropf des rechts von Chriſtus ſtehenden Mörders etwas, das der Spitze des Stammes eines Kreuzes ähnelt. Aber da über den beiden anderen Köpfen fic) nichts Ahnliches befindet, iſt es wahrſcheinlich nur eine Zufälligteit.

23] Das lateiniſche Kreuz. 303

ſtaben geſchriebene Wort „IXO Y“ (Ichthys, Siſch) die als heilig an⸗ geſehenen Unfangsbuchſtaben der fünf griechiſchen Worte, die bedeuten „Jeſus Chriſtus, Gottes Sohn, der Erlöſer“ verrät den griechiſchen, alſo nicht abendländiſchen Urſprung des Bildes.

Außer den in Abb. 38 und 41 abgebildeten Glflaſchen beſitzt die Kathe⸗ drale zu Monza ein ovales, mit griechiſcher Inſchrift verſehenes Medaillon mit einer Darſtellung der Kreuzigung (Abb. 44). Das Kreuz ſcheint T-förmig zu ſein.

In der Kathedrale zu Monza wird auch ein goldener Anhänger ver- wahrt, auf dem der an das Kreuz genagelte Chriſtus abgebildet iſt (Abb. 45):

Abb. 46. Elfenbeinrelief. Brittiſches Muſeum.

an einem Kreuz von lateiniſcher Form ſieht man Chriſtus, der ein langes, faſt bis zu den Füßen reichendes Kleid anhat. Die Füße, die ebenſo wie die Hände von je einem Nagel durchbohrt find, ſtützen ſich auf ein breites Sub- brett, der Körper iſt gerade, die Arme wagerecht, das bärtige Haupt aufrecht und die Augen offen. hinter dem Haupt ſehen wir eine Glorie ein viel- ſpeichiges Rad oder eine ſtrahlende Sonne und oberhalb des Hauptes eine kleine Tafel mit drei griechiſchen Buchſtaben, IC X, die den Namen des Gekreuzigten vorſtellen. Über dem Kreuz leuchten Sonne und Mond, und unter den Armen des Kreuzes find in griechiſcher, ſtark verkürzter Schrift die Worte zu leſen, die Chriſtus vom Kreuze herab zu Maria und Johannes ſprach: „Siehe, das iſt dein Sohn“ und „Siehe, das iſt deine Mutter“.

Don dieſem Kreuz, das einen Holzſplitter, der angeblich vom Kreuze Chriſti ſtammen ſoll, einſchließt, wird angegeben, obwohl wahrſcheinlich un⸗ richtig, daß es vom Papſt Gregor dem Großen der Rönigin Theodolinda

304 Oscar Montelius. [24

geſchenkt worden fei. Es verrät bereits durch feine griechiſchen Inſchriften, daß es keine abendländiſche Arbeit iſt.

In der morgenländiſchen Kirche lebte der Typ, den das Monzakruzifix uns kennen lehrt, während des ganzen Mittelalters fort und lebt dort jetzt

Abb. 47. Handſchrift. Ende des 9. Jahrhunderts.

noch fort. Wahrſcheinlich war er ganz frühzeitig im Morgenlande vorhanden, wenn wir auch noch nicht ſagen können, wann er dort entſtand.

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In der abendländiſchen Kirche kommen realiſtiſche Darſtellungen der Kreuzigung erſt ſpät vor. Auf die fremdartige herkunft des palatiniſchen

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25] Das lateiniſche Kreuz. 305

Schmähbildes iſt bereits hingewieſen, im übrigen iſt es ja ganz anderer Art als das, wovon jetzt die Rede iſt.

In der Sammlung von Lebensläufen der Päpſte, die unter dem Namen liber pontificalis bekannt iſt, werden keine plaſtiſchen Kruzifixe früher als unter dem mit Karl dem Großen gleichzeitigen Leo III, alſo um 800, erwähnt. Aus der ganzen vorhergehenden Zeit haben ſich auch kaum andere Daritel- lungen der Kreuzigung erhalten als die weiter unten behandelte Elfenbein- ſchnitzerei im Brittiſchen Muſeum (Abb. 46) und, wenngleich das Kreuz ſelbſt dort nicht zu ſehen iſt, die Tür in S. Sabina (Abb. 37).

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Abb. 48. Handſchrift. Ende des 10. Jahrhunderts.

Betrachten wir nun die bis auf unſere Tage erhaltenen abendländiſchen Darſtellungen der Kreuzigung, fo finden wir, vielleicht mit einem ge- wiſſen Erſtaunen daß das Kreuz oft, weit öfter als man ſich gewöhnlich vorſtellt, T-förmig iſt, fet es, daß das Querholz am oberen Ende des Stammes litt oder ſehr nahe an dieſem befeſtigt ijt. Wir finden Kreuze dieſer Art in ſo gut wie allen Jahrhunderten von der Mitte des erſten Jahrtauſends bis zu der Zeit nach der Reformation. Dies bemerkenswerte Verhalten zeigt, mit welcher Zähigkeit die Überlieferung von der Geftalt, die die crux tatſächlich hatte, fortlebte.

Ein jetzt im Brittiſchen Muſeum aufbewahrtes Elfenbeinrelief, wahr⸗ ſcheinlich aus dem 5. Jahrhundert, zeigt uns Chriſtus an das Kreuz genagelt und Judas Iſchariot an einem Baume hängend (Abb. 46). Das Kreuz iſt

306 Oscar Montelius. [26

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Abb. 50. Malerei von Giotto. Anfang des 14. Jahrhunderts.

| 27] Das lateiniſche Kreuz. 307

wahrſcheinlich T⸗förmig und die „Überſchrift“ auf einer Tafel eingeritzt, die auf einer beſonderen, rechts vom Haupte befeſtigten Stütze angebracht zu ſein ſcheint; dieſe Anordnung wäre ja überflüſſig geweſen, wenn der Stamm des Kreuzes dieſelbe Form wie bei dem lateiniſchen Kreuz gehabt hätte. Auf einem anderen, mit dem Urbild von Abb. 46 zuſammengehörenden und gleichfalls im Brittiſchen Muſeum verwahrten Elfenbeinrelief ſehen wir

Abb. 51. malerei des Sra Angelico da Sieſole. Erſte hälfte des 15. Jahrhunderts.

allerdings Chriſtus ein lateiniſches Kreuz tragen, aber es beweiſt nicht, daß res der Doritellung des Rünſtlers das Kreuz, an dem Chriſtus ftarb, diefe

Geſtalt gehabt hat. Das Relief zeigt nämlich, wie Chriſtus, während Pilatus eine Hände wäſcht, von ihm weggeführt wird an Petrus vorbei, der ſoeben ſeinen Meiſter verleugnet hat; ein Weib zeigt auf Petrus, über deſſen Haupt ein Hahn erſcheint. Chriſtus iſt alſo noch innen im Palaſte des Pilatus, und

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308 Oscar Montelius. [28

das Kreuz auf feiner Schulter kann folglich nicht das ſein, das er ſpäter nach Golgatha trug. Es iſt dasſelbe Merkmal der Gottheit, das wir Abb. 15 ſehen.

Abb. 52. Malerei des Berthel Bruun. Zwiſchen 1520 und 1530.

29] Das lateiniſche Kreuz. 309

In einer Handſchrift des 9. Jahrhunderts, die aus dem durch die Cebens- beſchreibung des Ansgarius bekannten Kloſter in Korvey herſtammt, findet lid) eine Miniaturmalerei, die Ehrijtus an einem Kreuz vorſtellt, über deſſen T-Sorm kein Zweifel herrſchen kann (Abb. 47).

Eine andere Handſchrift vom Ende des 10. Jahrhunderts zeigt eben— falls die Kreuzigung (Abb. 48). Chriſti Kreuz hat allerdings die lateiniſche Geſtalt, aber die Kreuze der zwei Übeltäter ſind T-förmig. Während Chriſtus mit Nägeln an ſeinem Kreuz befeſtigt iſt, hängen die beiden anderen zum Tode Verurteilten mit den Armen über das kurze Querholz. Dieſes Bild gleicht alſo ſowohl in bezug auf die Geſtalt des Kreuzes als auch die ver— ſchiedenen Kreuzigungsarten vielen Bildern aus der Kenaiſſancezeit.

In einer der vielen Kirchen in Köln befindet ſich ein Kreuz aus Kupfer, an welchem der Gekreuzigte hängt (Abb. 49). Das Rupferkreuz hat lateiniſche Geſtalt, aber das Kreuzigungsbild ſelbſt, das von Silber iſt, zeigt den in ein langes, faſt bis zu den Füßen reichendes, mit Armeln verſehenes Gewand

Abb. 55. Oberer Teil des Kreuzes Abb. 52. Die Tafel ſitzt an einer ſchmalen Stütze, die mit zwei Nägeln befeſtigt iſt.

gekleideten Chriſtus an einem T-förmigen Kreuz befeſtigt. Dieſes Silber- kreuz gehörte urſprünglich nicht zum Kupferfreuz, ſondern ijt erſt ſpäter an demſelben befeſtigt worden, was dadurch bewieſen wird, daß das erſtere einen Teil der auf dem letzteren eingravierten Verzierungen verdeckt. Beide Kreuze ſtammen aus dem 12. Jahrhundert.

Ein von Giotto, alſo im Anfang des 14. Jahrhunderts, gemaltes Kreuz (Abb. 50) iſt beinahe T-förmig, indem der Stamm nur wenig über das Quer: holz hinausreicht; die Tafel iſt auf einer ſchmalen Stütze befeſtigt.

In der erſten hälfte des 15. Jahrhunderts malte Sra Angelico da Siefole das Kreuz, das Abb. 51 wiedergegeben iſt. hier reicht der Stamm oben nicht über das Querholz hinaus. Die Cafel ſitzt an einer ſchmalen Stütze.

Solche Kreuze, entweder völlig oder faſt T-förmig, ſehen wir oft auf Kunſtwerken aus den letzten Menſchenaltern des Mittelalters und aus der Renaiſſancezeit (Abb. 52).

Bis Ende dieſer Zeit lebte alſo die Erinnerung an die Geſtalt fort, die die crux urſprünglich gehabt hatte.

Ein Umſtand zieht unſere Hufmerkſamkeit beſonders an, daß, wenn das Kreuz T-förmig iſt, die Tafel mit der Überſchrift auf einer beſonderen,

Mannus, Bd. VII. Hh. 3. 21

310 Oscar Montelius. [30.

ſchmalen Stütze ſitzt, die dort nicht ſelten, wie ſich zeigt, mit zwei Nägeln befeſtigt iſt (Abb. 53).

Auf dem palatiniſchen Schmähkruzifix (Abb. 34) zeigt ſich eine abn- liche Unordnung, aber dieſes Bild wurde erſt um die Mitte des 19. Jahrhun— derts entdeckt und war feit der Jerſtörung des Raiſerpalaſtes im Schutt ver:

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Abb. 54. „Strigla-Kreuz“ von Silber; 16. Jahrhundert. Schonen.

borgen geweſen; im übrigen beſteht die Ungleichheit zwiſchen diefem Kreuz und dem ſoeben genannten darin, daß die Tafel auf dem letzteren in der Fort— ſetzung des Stammes, dagegen auf dem Schmähkruzifix wie wahrſcheinlich auch auf dem ſehr alten, Abb. 46 wiedergegebenen Elfenbeinrelief zur Seite des Stammes ſitzt.

Die Gleichheit, die in dieſer hinſicht zwiſchen dem palatiniſchen Kreuz und dem vom Schluß des Mittelalters ſich findet, kann alſo nicht damit erklärt werden, daß das letztere dem erſteren nachgebildet iſt. Sie muß darauf be— ruhen, daß die Erinnerung an die T-Gejtalt des Kreuzes, die durch die Über:

31) Das lateiniſche Kreuz. 311

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D J Abb. 56. Silberkreuz; Abb. 57. Silberkreuz; f 10. 740 (Birte. 11. Jahrhundert. Biörtö

Birfa). Schweden. Abb. 55. Zeichnung auf einem Runenftein, die König harald Blau⸗ zehn in Dänemark um die Mitte es 10. Jahrhunderts zum Ge⸗ dächtnis ner et König Gorm und RöniginzCyra, einritzen ließ. Jellinge, Jütland.

Abb. 58. Silberkreuz; Abb. 59. Silberkreuz; 11. Jahrhundert. 11. Jahrhundert. Schweden. Schweden. 21*

312 Oscar Montelius. [32

Abb. 60. Kruzifix aus Holz und emailliertem Kupfer; 12. Jahrhundert.

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33] Das lateiniſche Kreuz. 313

lieferung und durch die alten Schriften bewahrt worden war, ſo ſtark war, daß man an dieſer Geſtalt feſthielt trotz der Schwierigkeit, die Tafel anzu— bringen, die nach dem Bericht der heiligen Schrift ihren Platz über dem Haupte Chriſti haben ſollte.

Die Form eines T haben auch viele als Schmuckſtücke in Schweden nach der Reformationszeit getragenen Silberkreuze, die ſogenannten „Strigla= kreuze“ (Abb. 54). Auf einigen von ihnen iſt das Bild des Gekreuzigten mehr oder minder deutlich wiedergegeben, auf anderen findet es ſich nicht!).

** 4 *

Auf den meiſten abendländiſchen Darſtellungen der Kreuzigung, die aus dem ſpäteren Teil des erſten Jahrtauſends und den nachfolgenden Zeiten herſtammen, hat indeſſen das Kreuz entweder die lateiniſche oder, obwohl ſeltener, die griechiſche Geſtalt.

Ein kleines, in einem Grabe auf Björkö (Birka) gefundenes Silber: kreuz aus dem 10. Jahrhundert iſt griechiſch; das Bild des Gekreuzigten iſt in Filigranarbeit ausgeführt (Abb. 56).

Andere in Schweden gefundene Silberfruzifire aus den nächſtfolgenden Jahrhunderten zeigen faſt gleiche Kreuze (Abb. 57—59). Bisweilen tit Chriſtus an das Kreuz gebunden, nicht mit Nägeln befeſtigt (Abb. 59). Manchmal, wie auf einem Runenjtein bei Jellinge in Jütland (aus der Mitte des 10. Jahrhunderts) iſt er als Gekreuzigter abgebildet, ohne daß das Kreuz ſelbſt zu ſehen iſt (Abb. 55).

Obſchon in manchen Beziehungen ein Einfluß aus dem Morgenlande oder ein Juſammenhang mit ihm im Weſten zu fpüren iſt, jo finden wir doch gewiſſe Verſchiedenheiten zwiſchen den griechiſch-orientaliſchen und den abendländiſchen Kruzifixen. Ich werde bloß ein Beiſpiel anführen. Das Sußbrett, das ſelten im Morgenlande fehlt, kommt in der Zeit vor dem Ende des elften Jahrhunderts alſo vor dem erſten Kreuzzug nur ausnahms— weile in Europa vor. Es findet ſich auf keinem der Abb. 46—48 wieder⸗ gegebenen Bilder.

In vielen anderen Beziehungen zeigen jedoch die abendländiſchen Kreuzigungsbilder eine große EUhnlichkeit mit den morgenländiſchen.

Wie auf den ſpäteren ſehen wir auf den in dieſen Jahrhunderten aus— geführten abendländiſchen oft Maria und Johannes auf jeder Seite am Kreuze ſtehen, zuweilen mit einer Inſchrift, die auf das oben angeführte Wort Chriſti zu ihnen hindeutet; nicht ſelten ſteht am Kreuz auch „Conginus“, der mit feiner Lanze Chriſto in die rechte Seite ſticht, und ein anderer Kriegs— knecht, der ihm einen mit Eſſig getränkten Schwamm reicht, um feinen Durſt

1) Man hat angenommen, daß die „Striglakreuze“ irgend einen Juſammenhang mit Tors hammer haben, aber dies beruht auf einem Mißverſtändnis.

314 Oscar Montelius. Das lateiniſche Kreuz. [34

zu lindern. Auf beiden Seiten von Chriſti haupt ſind die Sonne und der Mond dargeſtellt; manchmal in menſchlicher Geſtalt; Chriſtus ijt barhauptig ohne Rönigskrone noch Dornenkrone, und hinter dem Haupte ſehen wir gewöhnlich die „Kreuzglorie”, das vierſpeichige Rad, das das Symbol feiner Gottheit ijt; an der Spitze des Kreuzes ſitzt die „Tafel“ mit Jesus Nazarenus Rex Iudacorum, voll ausgeſchrieben oder nur mit den Anfangsbuchſtaben INRI ausgedrückt.

Oft iſt Chriſtus in dieſer Zeit ſtehend dargeſtellt, mit geradem Rörper, gekleidet in ein langes, bis faſt zu den Füßen reichendes Gewand oder mit einem kürzeren Rod um die hüften, mit wagerechten Armen, aufrechtem haupt und offenen Augen; manchmal ſehen wir weder an den Füßen noch an den händen irgendwelche Nägel. Bisweilen hängt jedoch der Körper geneigt, und das Haupt iſt herabgeſunken.

Nach Beginn der Kreuzzüge, im 12. Jahrhundert, zeigt ſich ein Ein⸗ fluß des Morgenlandes, der ſich unter anderem darin verrät, daß das Fuß⸗ brett nunmehr ganz allgemein vorkommt.

Eine Neuheit, die wir öfter antreffen, ijt, daß Chriſtus eine Rönigs⸗ krone trägt (Abb. 60). Er ſteht auf dem Sußbrett, aufrecht, mit geraden Armen, hochgehaltenem, gekröntem Haupt und offenen Augen. Es iſt der lebende, vom Kreuz herab die Welt beherrſchende Rönig!

In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters, von dem 13. an, wich jedoch dieſer Typ infolge einer gänzlich abweichenden Auffafjung und Weltanſchauung einem ganz anderen Chriſtustup, der in den älteren Zeiten nur ausnahmsweiſe vorkommt. Das Fußbrett verſchwindet; die Füße ſind gewöhnlich übereinandergelegt und von einem einzigen Nagel durchbohrt. Die ganze Rörperlaſt ruht auf den von Nägeln durchbohrten händen; die Arme und der ganze Körper werden hierdurch gebogen; das Haupt iſt geneigt und die Augen find geſchloſſen. An Stelle der Königskrone ſehen wir eine Dornenkrone. Es iſt nicht mehr der lebende Weltkönig. Es iſt der tote, am Kreuz hängende Derjöhner.

II. Mitteilungen.

Die Bedeutung der Mouſterien⸗Station Markkleeberg bei Leipzig für die quartärchronologiſche Frage).

Don Dr. Joſef Bayer, Kuſtosadjunkten am k. k. naturhiſtoriſchen hofmuſeum und Privat- dozenten an der Univerjität in Wien, derzeit an der Siid-Weft-Sront (Tirol) )).

Inhalt: Da die Sunde von Markkleeberg zweifellos dem Alt- und Mittel-Moufterien ange⸗ hören, die geräteführenden Schotter von Markkleeberg aber ebenſo zweifellos gegen Ende

der vorletzten Zwiſcheneiszeit abgelagert wurden, iſt 1. Das Alt- und Mittel-Moujterien die Kultur der Schlußzeit des Mindel—

Riß⸗Interglazials,

2. Der Kältehorizont des Jung-Mouſtérien der Riß-ECiszeit gleichzuſetzen,

3. Die hierauf folgende Periode gemäßigten Klimas während des Mittel-Huri— gnacien die letzte (Riß-Würm⸗) Zwiſcheneiszeit und

4. Der auf fie folgende letzte Kältehorizont während des Jung-Hurig nacien, Solutréen und Magdalénien die letzte Eiszeit.

Mit der altſteinzeitlichen Sundjtelle von Markkleeberg bei Leipzig haben wir einen neuen, ungemein wertvollen Feſtpunkt für die Diluvial-Chronologie gewonnen, weil hier ganz ſicher beſtimmbare Geräte in unzweifel— haft ſicherer geologiſcher Lagerung angetroffen wurden, fo daß es alfo möglich wird, die Kulturftufe, welcher die Funde von Markkleeberg angehören, einem beſtimmten geologiſchen Übſchnitt zeitlich gleichzuſetzen.

1) Don der im erſten Doppelbeft dieſes Bandes (S. 569ff.) erſchienenen „Mitteilung“ Curt Gagels ſandte ich im Frühjahr 1915 einen Rorrekturabzug an Dr. Joſef Bauer, der damals ſeit langem als Oberleutnant an der Südtiroler Grenze ſtand. Es lag mir daran, die vielen irrigen Auffaffungen Gagels durch eine ſogleich angehängte Entgeg— nung des Angegriffenen, des Urhebers desjenigen diluvialgeologiſchen und diluvialarchäo— logiſchen Syſtems, zu dem ich ſelbſt mit aller Entſchiedenheit mich bekenne, widerlegt zu ſehen. Die andauernd ſtürmiſchen Ereigniſſe des erſten Kriegsjahres auf dem Südtiroler Rampfplatz haben Bauer aber erſt jetzt die Möglichkeit frei gegeben, durch Fl eines kürzeren Auffakes meinem Wunſch zu entſprechen. G.

. 316 Joſef Bayer. [2

Wie K. h. Jacob und C. Gäbert in ihrer Schönen Schrift!) überzeugend darlegen, gehören die Sunde nach erſterem dem Mouſtérien und nach letzterem dem letzten Abſchnitt des Mindel-Riß-Interglazials an.

Aber Jacob, welcher am Schluſſe der genannten Schrift die Einordnung der Markkleeberger Urtefakte in die prähiſtoriſchen und geologiſchen Stufen des Eiszeitalters verſucht, kommt hierbei nicht zu dem allein möglichen Schluß, das Mouftérien von Markkleeberg dem Ende der Mindel-Riß-Zwiſcheneiszeit gleichzuſtellen, ſondern er verſucht, anſcheinend beeinflußt durch die Schule Boule-Breuil-Obermaier-R. R. Schmidt, die Sachlage mit dem Chrono: logiefyftem der Genannten in Einklang zu bringen.

Da nun das Mouſtérien nach Anficht dieſer Forſcher erſt in die Schluß— zeit der letzten Zwiſcheneiszeit oder in die letzte Eiszeit fällt, ſtellt es Jacob als möglich hin, daß der Geſchiebemergel mit den erratiſchen Blöcken über den artefaktführenden Elſter-Pleiße-Schottern nicht die Ablagerung der vorletzten (Riß⸗) Eiszeit ſei, wie dies übereinſtimmend alle Geologen behaupten, ſondern daß er von einem „Eisvorſtoß“ der letzten Eiszeit herrühren könnte.

Das iſt deshalb nicht möglich, weil einmal das Inlandeis in keinem Abichnitt der Würm-Eiszeit die Leipziger Bucht überhaupt erreichte, zum andern nicht, weil fic) über dem die Funde führenden Schotter von Markklee— berg bedeckenden Geſchiebemergel weiter im Norden ganz klar ausgeprägt erſt das letzte Interglazial vorfindet, welches die rißglazialen von den würm— glazialen Ablagerungen ſcharf trennt. Da Gäbert zu dieſer Unſicht Jacobs nicht weiter Stellung nimmt, ſondern ſich mit der geologiſchen Feſtlegung der Sunde begnügt, ohne weitere Schlüſſe abzuleiten, jo bleibt das fo einfache und naheliegende Hauptergebnis Moujterien =: Ende des vorletzten Inter: glazials in der erwähnten Schrift eigentlich unausgeſprochen. Nun hat bald nach ihrem Erſcheinen auch C. Gagel zu Markkleeberg Stellung ge— nommen 2).

Leider vermißt man auch in feiner Abhandlung dieſe einzig mögliche Schlußfolgerung, und zwar aus folgendem Grund: Während er das geologiſche Urteil Gäberts über Markkleeberg als „vom geologiſchen Standpunkt aus ſchlechthin einwandfrei begründet und durchaus überzeugend“ findet und ihm Markkleeberg mit Recht als ein Feſtpunkt erſcheint, „von dem alle weitere archäologiſche Datierung in Deutſchland ausgehen muß“, verweiſt er ander— ſeits auf die ganz verſchiedene Ultersbeſtimmung der Geräte von Markkleeberg durch die Urchäologie, als Beweis dafür, wie berechtigt ſein gegen die Prä—

1) Die altſteinzeitliche Fundſtelle Markkleeberg bei Leipzig. Deröffentl. d. ſtädt. Muſeums f. Völkerkunde zu Leipzig. h. 5, 1914.

2) Die altſteinzeitliche Sundjtelle Markkleeberg bei Leipzig. Gedanken eines Geologen über den gegenwärtigen Stand der paläolithiſchen Sorſchung, Mannus Bd. VI. 1915, S$. 569 577.

3] Die Bedeutung der Mouſtérien⸗Station Markkleeberg bei Leipzig uſw. 317

hiſtorie ſchon immer gehegtes Mißtrauen fei. Catſächlich liegen drei ver— ſchiedene Altersbejtimmungen vor: R. R. Schmidt ſieht hier ein Chelléen, ſpäteſtens ein Früh⸗klcheuléen 1), $. Wiegers ein Acheuléen ?), wogegen h. Breuil, h. Obermaier, D. Commont und K. Jacob mit aller Be— ſtimmtheit ein gut ausgeprägtes Mouſtérien erkennen. Somit käme alſo das geſamte Altpaläolithikum als möglich in Betracht.

Dieſe Uneinigkeit, findet Gagel, iſt „bei dem Gewicht der auf beiden Seiten ſtehenden Namen in jedem Fall ein ſchlechtes Unzeichen für die Zu— verläſſigkeit der Archäologie und ihrer Methode“.

Dieſe Derallgemeinerung hat keine Berechtigung. Weil der eine oder andere Prähiſtoriker oder ſonſt jemand, der zu ſein es ſich einbildet, hin und wieder unrichtig urteilt, kann man doch nicht gleich behaupten, daß die ganze Urgeſchichtsforſchung ſchwankend und wertlos ſei.

Das beweiſt auch der vorliegende Fall; denn überprüft man ihn, ſo wird man gewahr, daß an der Derſchiedenheit der Ergebniſſe nur die unrichtigen Methoden ſchuld ſind, welche zur Ultersbeſtimmung benützt wurden. Sowohl bei Schmidt als auch bei Wie gers war hierfür in erſter Linie der geologiſche Befund maßgebend: Da Schmidt Markkleeberg für letztinterglazial hielt er hat ſich mit Geologie nie eingehender befaßt und in feinem Chrono— logieſyſtem als die Kulturen der letzten Zwilcheneiszeit das Chelléen und Acheuléen erſcheinen, verſetzte er die dortigen Funde in dieſe Rulturſtufen. Dieſe Methode ijt unzuläſſig, weil fie auf der unzutreffenden Dorausſetzung beruht, daß fein Chronologieſyſtem, welches dasſelbe ijt wie dasjenige Boules u. a., richtig ſein muß. Gegen dieſen Trugſchluß ſpricht nicht nur die geo— logiſche Cage, ſondern auch die Tierwelt und die Form der Geräte.

Wiegers erkannte wohl richtig mit Gäbert und Gagel die geologiſche Stellung Markkleebergs am Ende des vorletzten Interglazials, da aber in feinem Chronologieſuſtem dieſe Stelle das ältere Acheulcen (ſ. Acheuléen I) einnimmt, verſetzte er auch die Markkleeberger Funde in dieſe Stufe. | Bei der Unzulänglichkeit feiner typologiſchen Kenntniffe hielten ihn die klaſſiſch ausgeprägten Mouftier-Typen davon nicht ab, von der Tierwelt nicht zu reden, die fo zuſammengeſetzt ijt wie nie im Alt-Adjeulden. In beiden Fällen erfolgte demnach die archäologiſche Beſtimmung nicht auf typologifcher Grundlage, ſondern auf Grund von Chronologieſyſtemen, deren Unhaltbarkeit längs von mir erwieſen wurde 3). Daher war auch das Er— gebnis falſch.

1) R. R. Schmidt, Die diluviale Vorzeit Deutſchlands, S. 260. 2) F. Wiegers, Über das Alter des diluvialen Menſchen in Deutſchland. Zeitſchrift der Deutſchen geolog. Geſellſchaft, Bd. 65, Jahrg. 1913, Monatsbericht 11.

3) Die Chronologie des jüngeren Quartärs. Mitt. d. präh. Kommiſſion der kaiſ. Alad. d. Wiſſenſchaften, Wien 1915. Bd. II. h. 2.

318 Joſef Bayer. [4

Die Uneinigkeit der Forſcher bezüglich einer so „reichen Sunditelle mit zahlreichen guten Geräten“ wie Markkleeberg beweiſt alſo nicht, wie Gagel glaubt, ein Derjagen der Diluvialarchäologie, fondern nur die Un⸗ wendung falſcher Methoden, die mit der Archäologie ſelbſt nichts zu tun haben.

Wer die Typologie der Diluvialkulturen kennt, ſieht das Sundmaterial von Markkleeberg als ein ausgeſprochenes Schulbeiſpiel an. Breuil, Ober— maier, Commont und nach dieſen Jacob haben es bereits ganz richtig beſtimmt und ich ſtimme ihnen vollkommen bei, wenn ſie urteilen wie folgt: Nach dem Grad der Rollung und Patinierung laſſen ſich drei Horizonte unter⸗ ſcheiden:

Die am meiſten gerollten und am meiſten patinierten Stücke ſind am roheſten zugeſchlagen und haben die primitivften Formen !); fie ſtellen eine „Unterſtufe“ dar. Hierher gehören u. a. der diskoide Nukleus (Taf. I Abb. 1) und das Fauſtkeilbruchſtück (Taf. VII Abb. 13), Formen, die dem älteſten Moufterien, möglicherweiſe noch da dem Fauſtkeil die Spitze fehlt, iſt, wie auch Jacob vermerkt, eine ganz genaue Beſtimmung nicht möglich dem ausgehenden Acheuléen angehören. Alle Stücke zeigen die dem Alt⸗ paläolithikum eigentümliche tiefe Patina und hellgelbe bis dunkelbraune Farbe.

Zu einer „Mittelſtufe“ werden weniger plumpe Abſpliſſe mit geringerer Rollung und Scheuerung gerechnet, die aber immerhin noch tief patiniert ſind. Hier treten ſchon die Klingenformen mehr in den Vordergrund und es erſcheint bereits mehrmals die für das reine Mouſtérien tupiſche Baſalretuſche ).

Unter den Geräten, die ſich ſchon durch geringe oder gar keine Rollung und Scheuerung, hauchfeine Patina und daher hellere Farben gegenüber den eben beſprochenen als jünger zu erkennen geben und zur Unterſcheidung einer „Oberſtufe“ berechtigen )), fallen die jetzt längeren und dünneren pris- matiſchen Klingen von regelmäßigerer Geſtalt auf. Zur Altersbeftimmung dieſes Niveaus genügt im übrigen der Hinweis auf die klaſſiſch ſchönen Hand— ſpitzen (Taf. XXIV, Abb. 68 und beſonders 69), die für die Blütezeit der Mouftier-Kultur bezeichnend find. Der Tupenſchatz der Geräte von Markkleeberg läßt demnach unzweifelhaft erkennen, daß dieſe Kulturftatte dem Alt: und Mittel-Mouſtérien angehört. Zu dieſem archäologiſchen Ergebnis ſtimmt ausgezeichnet die mitgefundene Tierwelt mit Eleph. primigenius, Rhinoceros tichorhinus und Equus, eine Tiergeſellſchaft, die auch ſonſt ſtets das Mouſtérien begleitet.

Die geologiſche Cage hat C. Gäbert ſo überzeugend klargelegt, daß, wie ſchon betont, kein Zweifel darüber beſtehen kann, daß er mit der Geſamt—

1) Siehe die ausführlichen Erläuterungen Jacobs: H. a. O. S. 15.

2) fl. a. O. S. 17.

3) fl. a. O. S. 18; übrigens wird dieſe Dreiteilung auch durch einige ihrer Sund- tiefe nach beſtimmte Sunde beſtätigt (S. 13).

5] Die Bedeutung der Mouſtérien-Station Markkleeberg bei Leipzig uſw. 319

heit aller Geologen recht hat, wenn er die gerätführenden Schotter an das Ende des vorletzten Interglazials ſtellt.

Beide Ergebniſſe führen ſonach zu dem ſicheren Schluß: Ult- und Mittel-Moufterien entſprechen dem Ende des vorletzten Inter— glazials, d. i. dem Anfang der Rißeiszeit. Macht man mit dieſem feſt— ſtehenden Ergebnis die Probe auf die verſchiedenen Chronologie— ſyſteme, jo beſteht fie einzig und allein mein Chronologieſuſtem, das, wie ich ausdrücklich betonen möchte, nicht unter Berückſichtigung Marf- kleebergs, ſondern lange vor deſſen Bekanntwerden entſtanden iſt ). Während die Ubereinſtimmung in dieſem Fall fo genau iſt, als man nur wünſchen kann 2), läßt ſich das Ergebnis mit den anderen Chronologiefyftemen von Pend, Obermaier, Wiegers und Schmidt, die Jacob in ſeiner Schlußbetrach— tung nebeneinander anführt, nicht in Einklang bringen 3). Denn nach Dend fällt in die Schlußzeit des Mindel-Riß-Interglazials das Acheuleen, während das Mouſtérien die Kultur des Hobheftadiums der Riß-Eiszeit und mit der Antiquus-Sauna die des letzten Interglazials darſtellt. Noch weiter entfernt ſich die Chronologie Obermaiers von dem vorliegenden Ergebnis, da hier das Alt-Moufterien erſt am Ende des letzten Interglazials und das Jung⸗Mouſtérien in der letzten Eiszeit erſcheint. Ebenſowenig ſtimmt Wiegers Anſicht mit Acheuléen unmittelbar vor und während der Rik-Eis- zeit, einem warmen Moufterien in der letzten Zwiſcheneiszeit und einem kalten zu Beginn der letzten Eiszeit. Nach R. K. Schmidt gehört überhaupt das ganze Mouſtérien erſt in die letzte Eiszeit. Diesbezüglich habe ich wieder⸗ holt darauf hingewieſen, daß in das höheſtadium der Riß-Eiszeit nur das Jung-Mouſteérien fällt, während Alt: und Mittel-Mouftcrien ein noch ziem- lich gemäßigtes Klima aufweiſt, wenn auch das Herannahen der Rißeiszeit fauniſtiſch nicht zu verkennen iſt. |

Hat ſomit das Ergebnis von Markkleeberg meine Einreihung des Alt- paläolithikums vollauf beſtätigt 2), fo gelangt man mit Zuhilfenahme der

1) Das geologiſch⸗archäologiſche Verhältnis im Eiszeitalter, Vortrag am 13. VIII. 1911 auf der paläethnologiſchen Konferenz in Tübingen, abgedruckt Zeitichr. f. Ethnologie, H. 1, 1912, S. 1—22.

2) Dies gilt insbeſondere von der Tabelle am Schluſſe meiner „Chronologie des jüngeren Quartärs“, aus der das Verhältnis der einzelnen Kulturftufen zu den geologiſchen Abichnitten klarer erſichtlich iſt als aus den gekürzten ſchematiſchen Darſtellungen in meinen anderen Arbeiten.

2) Mein Chronologieſuſtem war offenbar Jacob nicht bekannt, ſonſt hätte er deſſen volle Übereinſtimmung mit Gäberts und feinen Ergebniſſen ſicher als Beweis für die Richtigkeit der letzteren angeführt.

) Bei der erwieſenen Stellung des Mouſtérien kann das Adheuleen und Chelleen natürlich nur dem vorletzten Interglazial angehören, da zwiſchen beiden Stufen keine Eiszeit liegt, ſondern vom Chelléen bis zum Mouſtérien während einer archäologiſch ganz geradlinigen Entwicklung der allmähliche Klimawandel von einer warmen Zwiſcheneiszeit zu einer Eiszeit durch die Tierwelt deutlich gekennzeichnet erſcheint.

320 Jofef Bayer. [6

trotz Gagels Einſpruch zweifellos völlig ſicher bewieſenen archäologifch- paläontologiſchen Abfolge !), die in jedem neuen Kufſchluß immer wieder beſtätigt wird, auch zur ſicheren Einreihung des Jungpaläolithikums.

Die Periode gemäßigten Klimas während des Mittel-Aurignacien kann nur das höheſtadium des letzten Interglazials fein, während Jung-Auri- gnacien, Solutréen und Magdalénien dem Anfang, höheſtadium und un klingen der letzten Eiszeit entſprechen.

Wendet man dieſes unzweifelhaft ſichere Ergebnis auf die deutſchen und öſterreichiſchen Fundplätze an, fo erhält man von ihrem Altersverhältnis folgendes nebenſtehende Bild 7.

Man ſieht hier, daß die Funde von Taubach gleich denen Markkleebergs vorletztinterglazial, aber älter als dieſe ſind. Das beweiſen die noch dem Acheulcen angehörenden Formen der Steinwerkzeuge von Taubach, und die dortige Tierwelt, die mit der bekannten Antiquusfauna des vorletzten Inter— glazials übereinſtimmt, während das Klima der Kultur von Markkleeberg für den Altelefanten bereits unerträglich kalt war; er war ihm damals ſchon längſt nach Süden ausgewichen, ohne je nach Mitteleuropa wieder zurück— zukehren. Damit ſind wir wieder bei der Streitfrage angelangt, ob es eine Wiederkehr der ſog. Antiquusfauna im letzten Interglazial gibt. Ich ſage darauf nochmals nein!

Wer hier zu einem anderen Ergebnis kommt, ſetzt ſich einfach über ganz ſichere Ergebniſſe der Diluvialarchäologie hinweg, über das vorhin erwähnte flare Derhältnis zwiſchen Rulturſtufen und Tierwelt. Das ijt aber ebenſo ein „Feſtpunkt“ wie das Mouſtérien von Markkleeberg oder das Profil von Nixdorf, da es ſich in weitem Bogen von Spanien durch Frankreich, Deutſchland und Gſterreich-Ungarn bis nach Rußland an hunderten Profilen . Üübereinjtimmend feſtſtellen ließ und es auch demgemäß von allen be— rufenen Vorgeſchichtsforſchern als richtig anerkannt wird. Wenn Gagel alſo die von Roken für das Neckargebiet aufgeſtellte Saunenabfolge, Taubach und Rirdorf als „glänzende“ Widerlegung meiner „zum mindeſten ſehr unvorſichtigen Behauptung“ anführt, ſo erwidere ich:

1. Über das Diluvialprofil des Nedartales ijt Bräuhäuſer entgegen Koken zu einem Ergebnis gekommen, das mit unſerem allgemein anerkannten übereinſtimmt.

2. TCaubach weiſt wohl den Altelefanten in Maſſen auf, gehört aber dem Adjeuléen an, wie die altſteinzeitliche Typologie lehrt, und damit dem vorletzten Interglazial. Fehlen hier auch ſicher datierbare glaziale Ab-

1) Siehe J. Bayer, „Identität der Achenſchwankung Pends mit dem Riß-Würm— Interglazial“. Mitteil. d. geolog. Geſellſch. Wien I. II. 1914, S. 196.

*) Ich wähle hier nur einige wichtige Profile aus, danach ergibt ſich ja auch die Deutung der übrigen.

321

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Die Bedeutung der Mouſtérien-Station Markkleeberg bei Le

7]

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322 Joſef Bayer. [8

lagerungen, wie fie in Marffleeberg vorhanden find, jo fommt man dod durch Vergleich des Taubacher Profils mit den Cößprofilen auch geologiſch zu obigem Ergebnis: Der Cöß und die Gehängebildungen gehören dem Beginn der letzten Eiszeit und der letzten Zwiſcheneiszeit an, während die Erofions- diskordanz der Riß-Eiszeit und der „Pariſer“ dem „älteren Cöß“, alſo dem Ende des Mindel-Riß-Interglazials entſpricht. Die Tuffe mit ihrem Acheu- leen nehmen dann eine Stellung im vorletzten Interglazial ein, wie ſie auch nach allen anderwärtigen Beobachtungen dem ÜUcheuléen zukommt; Taubach eignet ſich daher nicht zur Beleuchtung der letztinterglazialen, ſondern der vorletztinterglazialen Tierwelt.

3. Als dritten Punkt mit letztinterglazialer Antiquusfauna nennt Gagel Rirdorf. Don den Antiquus-Reften von Kixdorf darf man falls überhaupt ſolche dort vorkommen und nicht eine Verwechslung vorliegt annehmen, daß fie aus dem älteren Interglazial ſtammen, alſo auf ſekundärer Lager: ſtätte liegen, wie des öfteren auch die Paludina diluv. im letzten Inter— glazial erſcheint.

Eine weitſchweifige Erläuterung zur Einreihung des Jungpaläolithikums in das Eiszeitalter iſt nach Feſtlegung des Altpaläolithikums nicht nötig, da ſie ſich von ſelbſt ergibt. Um ſo erſtaunlicher iſt es, wie Gagel das Profil von Thiede!) mißverſtanden hat.

Die Altersbeſtimmung iſt auch hier durch die Reihenfolge der Cöß— und Lehm-Horizonte gegeben, die mit derjenigen der rheiniſchen und öſter— reichiſchen Cößprofile übereinſtimmt. Nur wird ſie hier noch weſentlich durch eine reiche Sauna erleichtert, deren Auffammlung Nehring zu danken iſt.

In dem etwa in der Mitte des Profils liegenden Horizont „Cößähn— liches Diluvium” mit Kieſenhirſch, Löwe und Hyäne ijt unſchwer meine „Göttweiger Verlehmungszone“, d. i. das letzte Interglazial zu erkennen, und zwar nicht allein durch das Ablagerungsmaterial ſelbſt und durch die Tierwelt, ſondern auch durch einige daſelbſt gefundene Geräte, die ebenſo dem Mittel-Aurignacien angehören, wie die im ſelben geologiſchen Horizont mit derſelben Tierwelt gefundenen Steinwerkzeuge von Achenheim und Willendorf. Gerade im letztgenannten Fundort iſt dieſer Horizont ſo deutlich als Interglazial ausgeprägt Waldfauna, gemäßigte Condylienfauna mit Hehx pomatia uſw. —, daß auch der gleichartige Horizont von Thiede nur ſo gedeutet werden kann, während die Lemminge an der Baſis des Profils von Thiede den Horizont der Riß-Eiszeit bezeichnen?). Mitten in das

1) A. Nehring, Über Tundren und Steppen der Jetzt- und Vorzeit uſw. Berlin 1890, S. 153.

2) Nimmt man fie, wie Gagel a. a. O. S. 372, als Vertreter der Würm-Eiszeit an, wird allerdings der jüngere Cöß poſtglazial und meine Behauptung, daß die Mikrofauna erſt nach beendeter Cößablagerung einbricht, als „völlig falſch“ erwieſen.

9] Die Bedeutung der Mouſtétrien⸗Station Markkleeberg bei Leipzig uſw. 323

Profil von Thiede fällt alſo das letzte Interglazial. Daß dem fo ift, beſtätigt auch ein vergleichender Blick auf Rixdorf.

Dort lagert zwiſchen der jüngſten und mittleren Grundmoräne dieſelbe Säugetierfauna des Mittelaurignacien, wie im Horizont der „Göttweiger Derlehmungszone” in den Cößgegenden an der Somme bei Amiens, längs des Rheins, in allen Cößgegenden Gſterreich-Ungarns und weiterhin gegen Oſten. Da Nixdorf zweifellos dem letzten Interglazial angehört, ijt alſo bewieſen, daß die Blütezeit des Aurignacien in die letzte Zwiſchen— eiszeit und nicht in die Nacheiszeit fällt.

Mit dieſer Altersbeſtimmung der Cößſtationen iſt natürlich auch die der ſchwäbiſchen höhlenprofile gegeben. Als beſtes Beiſpiel dient das reiche Profil des Sirgenſtein, wo ſich mit einem jüngeren Mouſtérien der unmittelbare Unſchluß an Markkleeberg ergibt und alle Kulturen bis zum Azilien vorliegen. Daß hier vom Mouſtérien an die Kulturen nicht von der „Höhe der letzten Dereifung” aufeinanderfolgen, wie Gagel mit Kofen annimmt, ſondern von der vorletzten Eiszeit über ein Interglazial hinweg zur letzten Eiszeit in die Nacheiszeit, geht aus der Stellung des Mouſtérien von Markkleeberg hervor. Aber Gagel ſchwört zu ſehr auf Roken, als daß er deſſen Urteil über die Altersſtellung der ſchwäbiſchen Höhlenprofile für unrichtig halten könnte. So wälzt er die Schuld für die Unſtimmigkeit, die darin beſteht, daß „dieſelbe Mouſtérien-Rultur einmal auf der höhe der letzten Eiszeit, das andere Mal am Schluß der vorletzten Zwiſcheneiszeit, alſo durch eine ganze Eiszeit und eine Zwiſcheneiszeit davon getrennt, vor— kommen“ ſoll, auf die vorgeſchichtliche Archäologie ab, und zwar mit folgender Begründung !): Da dies nicht möglich iſt, muß alſo ein Fehler vorliegen, und zwar muß er der Archäologie zur Laſt fallen, denn die Geologie kann nicht gefehlt haben, da bezüglich der geologiſchen Stellung Markkleebergs und auch der ſchwäbiſchen höhlenfunde alle Geologen einig ſind. Von der „Kritik Bauers“ gegen letztere glaubt Gagel abſehen zu können, da er mich „nicht als maßgebend in geologiſchen Fragen betrachten kann, über die ich kein aus eigener Wiſſenſchaft und Urbeit herrührendes, begründetes Urteil“ habe.

Statt ſich einzugeſtehen, daß nur meine geologiſche Beſtimmung der ſchwäbiſchen Höhlenprofile mit dem Ergebnis von Markkleeberg übereinſtimmt und zu prüfen, ob denn nicht doch Kokens und Schmidts Altersbeſtimmung irrtümlich iſt, geht er über meine Arbeiten einfach geringſchätzig hinweg ). Mir ſcheint es, als ob das einzig richtige ſachliche Urteil darüber, wer wirklich

1) fl. a. O. S. 373.

2) Übrigens widerſpricht ſich ja Gagel mit ſeinen eigenen Worten: Da ich, wie er ſelbſt jagt, der einzige bin, der gegen Rokens geologiſche Altersbeftimmung der ſchwäbiſchen höhlenprofile Einſpruch erhebt, ſetzt dies doch „eigene Arbeit und Wiſſen— ſchaft“ voraus!

324 Joſef Bayer. [10

„maßgebend“ ijt, doch nur aus dem Ausgang des vorliegenden Streitfalles gewonnen werden wird, und ich weiß nicht, ob es Gagel nicht einmal bedauern wird, den Abſtand zwiſchen ſeinem Urteil und der Wirklichkeit durch die Schärfe der Kritik ſo beſonders herausgeſtrichen zu haben.

Dies gilt insbeſondere auch in bezug auf die Cößaltersfrage. Die heute faſt allgemein verbreitete Anficht die auch Gagel vertritt —, daß der jüngere Cöß poſtglazial ſei, kann ebenfalls nach Markkleeberg nicht mehr aufrecht erhalten werden. Denn die mit dem Jung-Mouſtérien vergeſellſchaftete „untere Nagetierſchichte“ kennen wir nun als rißeiszeitlichen Horizont, über dem zwei Abteilungen des jüngeren Cöß vom letzten Interglazial von- einander getrennt folgen. Da erſt auf der oberen Abteilung des jüngeren Cöß die ſogenannte „obere Nagetierfchicht” liegt!), die das Aquivalent der Würm⸗Eiszeit darſtellt, fo liegen mithin die beiden Abteilungen des jüngeren CdR zwiſchen den beiden höheſtadien der Riß- und der Würm⸗Ciszeit ). Aus der Sauna ergibt ſich weiter, daß die untere Ablagerung des jüngeren Cöß in der ausklingenden Riß-Eiszeit, die obere während des Heran— nahens der letzten Eiszeit gebildet wurde ). Die Cößbildungszeiten find alſo nicht die höheſtadien der Eiszeiten, ſondern die Übergänge.

Wenn man dagegen einwenden wollte, daß die kleinen Knochen der Cemminge uſw. im Cöß überſehen worden fein könnten, fo iſt es eben die Urchäologie, die in unzweifelhafter Weiſe lehrt, daß fie in ihrer Haupt- maſſe nicht darinnen liegen und meine obige Cößaltersbeſtimmung richtig iſt: Auch die beiden Kulturen, mit denen die Nager überall maſſenhaft zuſammen erſcheinen, liegen nirgends im Cöß“).

Wenn Gagel von „gleichbleibendem Charakter von Sauna und Jung— paläolithikum in den höhlenlehmen und im jüngeren Cöß“ ſpricht?), jo ſetzt er ſich über die auch von Roken und Schmidt angedeuteten Unterſchiede in der Tierwelt während des Aurignacien, Solutreen und Magdalenien hinweg, die ausdrücklich eine Rlimamilderung während des Mittel-Auri- gnacien feſtſtellen, die jie mit Pencks chenſchwankung in Beziehung bringen.

1) 3. B. in Langenaubach.

2) Dieſe Nagetierſchichten können nicht zufällig in irgend einer Zeit entſtanden fein, da fie immer nur mit den gewiſſen beiden Kulturen vorkommen. Da dieſe Tierwelt aber ausgeſprochen arktiſch iſt, können ſie nur die höheſtadien zweier Eiszeiten bezeichnen.

3) Eine entſprechende Stellung nimmt auch der fog. „ältere Cöß“ ein, denn auch das Acheuléen bezeichnet feiner Tierwelt gemäß keine Eiszeit, ſondern deutlich den Uber— gang vom Mindel-Riß-Interglazial zur Riß-Eiszeit.

4) Wenn in Piedmoſt in den jüngſten Teilen des Jungaurignacienlöß, im Niveau des Alt-Solutréen, einzelne Lemminge vorkommen, wie C. Masta feſtgeſtellt hat, fo ſind ſelbe lediglich als die erſten Vorboten des herannahenden höheſtadiums der Würm⸗ Vereiſung anzuſehen, in großen Maſſen erſcheinen fie aber erſt im Alt-Magdalenien.

5) H. a. O. S. 374.

11] Die Bedeutung der Moujterien-Station Markkleeberg bei Leipzig ufw. 325

Wie ich gezeigt habe, fällt aber letztere eben mit dem letzten Interglazial zuſammen 1).

Nur zur Verwirrung, nicht aber zur Klärung der Chronologiefrage kann es führen, wenn man längſt abgetane Einwürfe, wie den, daß die Diluvial- kulturen in den verſchiedenen Ländern jeweils verſchieden waren, zur Cöſung von ſcheinbaren Unſtimmigkeiten heranzieht. Auch dies wird von Gagel und Wiegers verſucht, indem beide an der Gleichwertigkeit und Gleich— altrigkeit der paläolithiſchen Kulturen in Frankreich und Deutſchland zweifeln ). Demgegenüber braucht man nur auf die vollſtändige Übereinſtimmung der franzöſiſchen Profile mit denen auf deutſchem und öſterreichiſchem Boden zu verweiſen, wo überall dieſelben Kulturen in derſelben geologiſchen Lagerung angetroffen werden?). Kleine örtliche Derſchiedenheiten kommen wohl vor, ändern aber an der Tatjache der Gleichartigkeit der jeweiligen Kulturen nichts. Bezüglich der genetiſchen Beziehungen zwiſchen den Diluvialkulturen lehrt die Typologie der Stein- und Knochengeräte und für das Jungpaläolithi— kum auch der Verlauf der Kunſtentwicklung, daß eine im großen und ganzen innig verknüpfte Entwicklungsreihe vorliegt, denn in jeder Stufe ſind die Anjage für die charakteriſtiſche Ausprägung der folgenden bereits gegeben. Daß es, wie zu allen Zeiten, auch damals Kulturmittelpunfte und kulturarme Gebiete gegeben hat, ijt ſelbſtverſtändlich, iſt aber doch nur eine quantitative und nicht qualitative Derjchiedenheit, die man nicht!) als Beweis gegen die Gleichſetzung der Kulturen in Frankreich und Deutſchland anführen kann.

Da Gagel von ſo vielen unrichtigen Dorausſetzungen ausgeht, ſieht et ſich bei feiner Beſprechung der „Probleme der Diluvialgeologie“ 5) natür- lich vor eine Menge ihm unentwirrbar ſcheinender Rätjel geſtellt, die fic) auf Grund meiner Ergebniſſe reſtlos löſen laſſen. Das hoffe ich in dieſer Jeit— ſchrift nach Rückkehr aus dem Felde zeigen zu können.

Im Felde Perſen Südtirol am 5. April 1916.

1) J. Bauer, Identität der Achenſchwankung Pends mit dem Riß-WürmInter— glazial, Mitt. geol. Geſ. Wien I. II, 1914.

2) fl. a. O. S. 375.

3) Z. B. die Profile von Amiens, Adyenheim und Willendorf.

) Wie Gagel a. a. O. S 376.

5) C. Gagel, „Probleme der Diluvialgeologie“, Brancafeſtſchrift 1914, S. 124 ff.

Mannus, Bd. VII. E. 3. 22

Ein Gräberfeld der älteſten Hallſtattzeit bei bering,

Kreis Mayen, Rheinland. (Schluß.) Don Peter Horter, Mayen. Mit 3 Tertabbildungen.

Bei unſeren letzten Ausgrabungen im herbſt 1912 ijt die Südweſtecke des Feldes der Witwe A. Martini aus Kebhrig nicht umgegraben worden, weil wir nach dieſer Richtung acht Tage ohne Ergebnis gegraben hatten.

A

C

Abb. 1. ½ natürliche Größe. a und e aus Grab 56. b aus Grab 58.

Durch verſchiedene Umſtände wurden wir nun doch veranlaßt, auch dieſe Ecke des Feldes noch zu durchſuchen. Über unſere früheren Grabungen dortſelbſt ſiehe Mannus Bd. IV, S. 95 ff. und Bd. V, S. 307 ff.

Grab 56. 14 m in ſüdweſtlicher Richtung von Grab 46 ſtießen wir auf eine Schiefer— plattenſetzung in Eiform von 4,20 m Lange und 3,00 m größter Breite. Die Steinſetzung beſtand aus 28 Platten von unregelmäßiger Geſtalt, nur einige

2] Ein Gräberfeld der älteften Hallftattzeit bei Gering, Kr. Mayen, Rheinland. 327

größere (etwa 50x30 em) find etwas behauen. Nachdem die Einfaſſung feſtgeſtellt worden war, wurde das Innere der Plattenſetzung durchſucht.

8 & \ w 7. 8 \ N . > 2 4 Abb. 2.

100 cm von den Einfaſſungsplatten auf der Weſtſeite ſtand 90 cm tief eine zerdrückte Urne mit vier Hoblrillen auf der ſchwach gefnidten Schulter und

22

328 | | Deter Hörter. [3

Rillen auf der Innenſeite des Randes, wie ſchon oft gefunden. Die Urne war mit einer großen Schüſſel von etwa 40 em Durchmeſſer zugedeckt. Die⸗ ſelbe iſt von etwas edigerer Geſtalt als die früher gefundenen. Auf der Innenwandung find konzentriſche Hohlrillen eingezogen (Textabb. 1c). Im Innern der Urne ſtanden auf den Leichenbrandreſten drei Schalen, zwei Stücke eines Tonringes und ein Stück gebogenen Bronzedrahts. Die kleinſte Schale von 14 cm Durchmeſſer bei 5 em höhe hat ein bisher nicht gefundenes Randprofil (Textabb. 1a).

Srandsielle je) ag

Steinsetsungen 4

Abb. 3. Die beiden Selder der Ww. A. Martini Kehrig. Die hier nichtverzeichneten Gräber liegen mehr nach Nordoſten zu.

Grab 57.

Nach Weſten zu, genau an die erſte anſchließend, fand ſich eine zweite Schieferplattenſetzung derſelben Geſtalt, nur etwas kleiner: 4,00 * 2,87 m. Die Platten ſtanden etwas unregelmäßiger als beim erſten Grab, aber in derſelben Tiefe: 50 cm.

Auch hier fand ſich vom Weſtende 120 cm entfernt, 70 cm tief in einer Brandſchicht ſtehend das Grab. Unter einer kumpenförmigen Schüſſel von 26 cm Durchmeſſer und 8 em höhe ſtanden ineinander zuerſt drei kleine Schalen von ſchon oft gefundener Geſtalt in einer Schüſſel von derſelben Art

4] Ein Gräberfeld der älteſten Halljtattzeit bei Gering, Kr. Mayen, Rheinland. 329

wie die als Deckel verwendete. In der unterſten Schüſſel lagen Leichen= brandreſte, aber auch in der umgebenden Brandſchicht fanden ſich verbrannte Knochen. Unter dieſer Schüſſel lagen noch eine gebrochene Scheibenkopf— nadel, ein Armband aus dünnem Bronzeblech, wie abgebildet Mannus Bd. V, S. 310, und ein gebogener Bronzedraht. Durch den Rompaß wurde feſt— geſtellt, daß beide Steinſetzungen in der Richtung von Weft nach Dit ftanden, nur ein wenig nach Süden gerichtet (ſiehe Abb. 2 und Lageplan). Erinnert lei hier an meine Vermutung, daß wir es mit abgetragenen hügelgräbern zu tun haben. Mannus Bd. IV S. 95 ff. |

Obſchon eine ſolche Grabanlage bisher nicht gefunden wurde, zeigt doch der gehobene Grabinhalt, daß beide Gräber in dieſelbe frühe Hallftatt- zeit gehören, wie die 44 anderen in dieſem Felde gehobenen Gräber.

Grab 58 und 59.

Nachdem das Feld nun foweit vollſtändig unterſucht worden war, wurde auf einem im Often anſtoßenden Felde von Franz Rüber aus Kehrig, wo früher ſchon einige Brandſtellen gefunden waren, noch einmal ein Derjud) gemacht. Zwiſchen den beiden Feldern führt ein etwa 150 cm breiter Feld— weg. Don dieſem Wege an wurde erſt in einer Entfernung von 2414 m nach Oſten zu ein Brandgrab gefunden. Don dieſem in derſelben Richtung 2014 m weiter fand fic) ein zweites Grab. Die bei beiden Gräbern gefundenen Gefäße ſind von derſelben Geſtalt wie die im Felde der Witwe Martini ge— hobenen. Nur in Grab 58 fand ſich eine bisher nicht vorgekommene kleine Schale (Abb. 1b).

Grab 60.

Zwiſchen Grab 58 und 59 fand ſich wieder eine bisher nicht gefundene, eigentümliche Grabanlage. In einer Tiefe von 40 cm ſtieß unſer Arbeiter auf eine etwas behauene Schieferplatte von 60x30 cm. Nach Hebung der Platte fand ſich ein zerdrückter, unverbrannter Schädel nach Often gerichtet, aber etwas nach Norden ſchauend, wahrſcheinlich durch den Druck der auf— liegenden Platte. Der Schädel war leider ſo mürbe, daß er nicht mehr ge— hoben werden konnte. Nur einige Zähne konnten noch erhalten werden. Nachdem mir unſer Arbeiter von dem merkwürdigen Funde berichtet hatte (alle bisher gehobenen Gräber ſind Brandgräber), begab ich mich ſofort ins Ausgrabungsfeld, um das Grab genau zu unterſuchen. Ich konnte nach— folgendes feſtſtellen. Nach Oſten zu vom Schädel lagen auf eine Länge von 115 cm hier in gleicher Tiefe noch vier kleine unbehauene Schieferplatten von etwa 2025 cm; dann ftanden hier zwei ähnliche Platten aufrecht, etwas nach dem Schädel zu geneigt. Es folgten in derſelben Kichtung noch zwei Platten von ungefähr derſelben Größe. Oberhalb des Schädels nach Weiten zu fanden fic) in derſelben Tiefe auch zwei Platten. Die dem Schädel

330 peter Horter. [5

zunächſt liegende war etwas behauen und hatte ungefähr dieſelbe Größe wie die auf dem Schädel liegende. Die Länge des ganzen von Weft nach Oft gerichteten Plattenbelags betrug 2,40 m. Ich ließ nun unterhalb des Platten- belags die Erde bis zum gewachſenen Boden genau unterſuchen und auch in der Länge und Breite verſchiedene Schnitte anlegen. Aber da der humus hier 60 em tief war, ließ ſich nicht feſtſtellen, ob hier urſprünglich für ein ganzes Skelett die Erde ausgehoben war oder nicht. Aud) fand ſich trotz ſorgfältigſter Unterſuchung der ausgehobenen Erde nicht der geringſte Knochen- ſplitter mehr vor, wohl aber einige Hallſtattſcherben und ein paar em unter dem Schädel ein Tonring in drei nahe zuſammenliegenden Stücken, wie einige Stücke in Brandgrab 56.

Es hat alſo den Anſchein, als fei hier nur der Schädel beſtattet worden, wie dies ja auch ſchon anderwärts öfter beobachtet wurde. Allerdings ſcheint der Plattenbelag auf ein ganzes Skelett zu deuten, aber dieſe waren doch wieder zu klein, um einen Körper zu bedecken.

Der unter dem Schädel gefundene Tonring hat 7 cm äußeren und 31½ cm inneren Durchmeſſer bei em Dicke; derartige Geräte ſind nach Mitteilung von herrn Rademacher jun. in Süddeutſchland und am Neuenburger See öfter gefunden worden und wurden gewöhnlich als Gefäßunterſätze be— zeichnet. Aber dieſe Beſtimmung ſcheint mir doch zweifelhaft.

Allerdings kommen einige Becher mit ſpitzem Boden vor, was ja auch in römiſcher und fränkiſcher Zeit der Fall iſt, ohne daß bei dieſer ſolche Ton— ringe gefunden werden. Ich kann mir auch nicht denken, daß, wenn man einen ſolchen Becher ſtellen wollte, man erſt einen Tonring herbeiſuchen ſollte, da man doch den abgeplatteten Boden zur Genüge kannte. Sollte der King nicht eher als Amulet zu deuten ſein und vielleicht ein Sonnenrad darſtellen, da die Gräber 56—57 und 60 alle auf einen Sonnenkult deuten? Ich erinnere nur an die Richtung der Steinkreiſe und des Plattenbelags bei dem eben beſchriebenen Grabe. Was ſoll überhaupt ein ſolcher Ring bei einem Grabe wie Nr. 56, das keine ſpitzen Becher aufzuweiſen hat, und erſt bei Grab 60, das überhaupt keine Gefäße als Beigaben hat.

Nachdem nach mehrtägiger Arbeit nur mehr ein zerſtörtes Grab ge— funden wurde, von welchem noch ein Stück von einer Schüſſel mit vier Reihen Kerbichnitt und ein Bronzedrahtring von 4 cm Durchmeſſer gehoben wurde, haben wir hier die Grabungen eingeſtellt.

Alle bisher veranſtalteten Grabungen bei Gering-Rehrig wurden zu— ſammen mit dem anthropologiſchen Derein Röln unternommen. Die Funde wurden gräberweiſe geteilt: die eine hälfte kam ins Rölner prähiſtoriſche Muſeum, die andere in das Muſeum zu Mayen.

Gräber der jüngſten Hallitattzeit bei Mayen, Rheinland.

Don Peter hörter, Mayen. Mit 2 Textabbildungen und 1 Tafel (XXXVI).

Wie bekannt, führte in römiſcher Zeit ein Hauptverfehrsweg von Trier durch die Eifel über Mayen, von hier aus in ungefährer Richtung der alten Andernacher Straße nach Andernach an den Rhein.

Nach den bisher vom Altertumsverein Mayen in der Nähe des Oft: bahnhofes auf beiden Seiten der Straße gemachten Grabfunden der älteren und jüngeren Hallſtattzeit ſcheint dieſe aber auf einer ſchon vorhandenen älteren Straße angelegt worden zu ſein.

In merkwürdiger Weiſe führte dieſelbe auf der Nordoſtſeite, bevor ſie durch den Bahnbau vor einigen Jahren verlegt wurde, dicht an dem von Lehner in den Bonner Jahrbüchern, Heft 119, beſchriebenen Erdwerk der Pfahlbaukultur vorbei und ſtellte vielleicht in ungefährer Richtung der heutigen Coblenzer⸗Straße eine Verbindung mit dem großen Erdwerk bei Urmitz dar.

Don den vielen rechts und links dieſer Straße in der Nähe von Mayen ſchon aufgedeckten Brand- und Sfelettgrabern der Hallitattzeit will ich für jetzt nur vier Sfelettgraber der jüngſten Hallſtattzeit näher beſchreiben, die allem Unſcheine nach zuſammengehören.

Die Fundſtelle liegt ungefähr 114 km von Mayen, da wo der Feldweg nach dem Dorfe Betzing von der Hauptſtraße abzweigt, in dem dadurch ge— bildeten ſpitzen Winkel.

Das erſte Grab, das beim Abfahren von Sand zu Bauzwecken ent— deckt wurde und vom Altertumsverein auf das ſorgfältigſte unterſucht worden iſt, war ein Kindergrab, denn die urſprünglich ausgehobene Grube hatte nur eine lichte Länge von 1,50 m, eine Breite von 0,65 m und eine Tiefe von 0,95 m bis zur Sohle des Grabes. Steinſetzung war nicht vorhanden. Auch vom Skelett waren durch den lockeren Sandboden nur noch einige Schädel: und Armknochen und einige Kinderzähnchen vorhanden. Über der Stirne

332 peter Horter. [2

lag ein eiſerner Halter von 15 cm Lange, an dem zu beiden Seiten je drei Bronzeringe von 2 cm Durchmeſſer herabhingen. An jedem dieſer Ringe waren 8 bis 10 kleine Bronzekettchen mit blauer Glasperle am Ende be- feſtigt. Da viele zerbrochene Perlen dabei gefunden wurden, ijt anzunehmen, daß an jedem Rettchen eine Perle befeſtigt war (Textabb. 1). Am rechten Oberarm und am linken Unterarm lagen ein eiſerner Armring von 71, und 6 cm Durchmeſſer. Am rechten Unterarm ein dünner unverzierter Bronze⸗

Abb. 1. Zu Grab 1. Kindergrab-Kopfihmud in ½ Gr.

Armring, noch in den Urmknochen ſteckend. In der Halsgegend lag eine Reihe dünner länglicher Bronzehülſen, darin non Teile einer durchgehenden Schnur (Abb. 1 Tafel XXXVI).

Das zweite Grab (Srauengrab?) lag in ſüdweſtlicher Richtung 4,50 m vom Grab ! entfernt und war das Grab eines Erwachſenen. Es hatte eine lichte Länge von 2,50 m, eine Breite von 0,95 m und eine Tiefe bis zur Sohle von 1,20 m, in der Richtung von Weſt nach Oſt. Das ganze Grab war mit ziemlich ſchweren Bajalt-Lava-Steinen umſetzt und überwölbt. Wie im Innern aufgefundene Holzreſte beweiſen, lag das Skelett, von dem auch nur wenig mehr erhalten war, in einem holzſarg oder ausgehöhlten Baumſtamm,

3) Graber der jüngſten Ballitattzeit bei Mayen, Rheinland. 2333

denn Nägel waren trotz ſorgfältigſter Unterſuchung nicht zu finden. Dom Kopfende des Grabes 30 cm entfernt, ſtand eine mit Punkt- und Strichver⸗ zierung verſehene, glänzend ſchwarze Schale (Textabb. 2 b). Etwa 8 cm weiter unterhalb lagen rechts und links je zwei Spiralarmbänder von 10 cm Durchmeſſer; in der halsgegend ein 8 cm langes Eiſenſtäbchen und eine Pinzette aus Bronze; in der Bruſtgegend ein Bronzegegenſtand in der Form

Abb. 3.

eines kleinen hufeiſens mit aufgebogenen Enden. 42 em unterhalb der Spiralbänder lagen rechts und links je fünf maſſive, tiefgerillte Bronze- Armringe, noch an den Armknochen ſteckend. Dazwiſchen eine ganze Partie kleiner, hohlgetriebener Bronzeplättchen mit umgebogener Spitze, wahr: ſcheinlich zum Gürtelſchmuck gehörend (Abb. 2 Tafel XX XVI). Am Fußende ſtand die Urne (Textabb. 2 a).

In ſüdlicher Richtung, nur 1,70 m entfernt, fand fic) ein drittes Grab von nur 1,30 m lichter Länge und 0,50 m Breite in der Richtung von Weſt

334 peter Hörter. [4

nach Oft, ohne Steinſetzung. Dom Skelett waren nur noch drei Rinderzähnchen übrig. Als Beigabe diente eine Halskette, aus Bronzeringen und hülſen zuſammengeſetzt und mit blauweißer Perle als Anhänger (Textabb. 3).

In derſelben Richtung 5,50 m entfernt fand ſich zuerſt eine 2 m lange und 0,65 m breite Grube, die nichts enthielt als mit Holzkohlen vermiſchte Erde. 0,30 m weiter fand fic) das eigentliche (vierte) Grab von 2,25 m Lange und 0,70 m Breite im Lichten. An der Seite der Brandgrube ſowie an Kopf und Fuß war das Grab nur mit einzelnen Steinen umſetzt; dagegen war die andere Seite ganz mit Steinen belegt. Auch über dem Grab zeigten

Abb. 4. Klappenbledy aus Grab 3.

ſich nur einzelne Steine. Im Innern der Steinſetzung fand ſich wieder auf dem Boden und den Seiten eine vermoderte Holzſchicht ohne Nägel.

Dom Kopfende des Grabes 25 cm entfernt lag um die noch vorhandenen Schädelknochen ein vierfach gewundener ſogenannter Totenkranz aus Bronze von 33 cm Durchmeſſer. An den mit haken verſehenen Enden lagen in der Schultergegend dreieckige Bronzebleche mit eingeſtanzten Rillen und Kreiſen (Textabb. 4), unten mit je einer Reihe anhängender Klapperblechen. Ein drittes Bronzeblech lag unter dem oberen Teile des Kranzes (Abb. 3 Tafel XXXVI).

In der Halsgegend lagen zwei maſſive, mit wechſelnden Drehungen verſehene halsringe (Textabb. 5a), ſowie ein unverzierter bronzener von 15½ cm Durchmeſſer, und ein eiſerner Ring derſelben Größe. In der Bruſt⸗ gegend lag ein eiſerner Nagel und in der Gegend der Unterarme auf jeder

5] Graber der jüngſten Halljtattzeit bei Mayen, Rheinland. 335

Seite vier gerillte Armringe, wie in Grab 2 (Textabb. 5b). Zu Füßen ſtand eine Urne mit Grätenmuſter, ein Napf mit Punkt⸗ und Strichver⸗ zierung und ein unverzierter Becher (Textabb. 2c, d, e). ö Nach der Lage des Totentranzes zu urteilen wurde dieſer auf dem Kopf getragen und nicht, wie bisher faſt allgemein angenommen wurde, am halſe.

Abb 5. Zu Grab 3. ¼ Gr.

Wie aus dem Fundbericht zu erſehen iſt, ſind alle anderen Schmuckſtücke dort gefunden worden, wo dieſe auch getragen wurden und ich wüßte nicht, weshalb man hier eine Ausnahme gemacht hätte. Er lag im Halbkreis um die von der Bronze grün gefärbten Schädelreſte; das oben angegebene Maß des Durchmeſſers ijt fo zu verſtehen, daß die beiden Endhaken 33 cm von— einander lagen. Uls Kranz rund zuſammengelegt beträgt der Innendurch— meſſer etwa 21 cm, alſo ungewöhnlich groß. Un den Endhaken lagen die beiden dreieckigen Zierbleche, eines noch im haken hängend, das andere ein

336 Peter Hörter. (6

paar Zentimeter von den anderen Endhaken. Mithin war der Kranz nicht geſchloſſen wie ein Halsring, ſonſt hätte doch nicht an jedem Endhaken ein ſolches Jierblech gehangen. Man kann deshalb annehmen, daß der Kranz ſo um den Ropf gelegt wurde, daß über jeder Schulter ein Zierblech hing und das dritte über der Stirn. Das iſt aber auch zu bedenken, daß ein ſolcher beinahe 4 em dicker Wendelring mit ſogenannter echter Drehung, wegen der ſcharfen Kanten ein höchſt unbequemer Halsſchmuck geweſen wäre, ſelbſt wenn er auf einer Stoffunterlage gelegen hätte. Etwas anderes iſt dies mit den beiden anderen, ſogenannten imitierten Wendelringen (Textabb. 5 a), welche ja auch in unſerem Grabe am halſe gefunden wurden.

Leider wurde ja in früherer Zeit die Lage der Beigaben in den Gräbern ſelten beobachtet, was ja auch bei dem in den 80 er Jahren des vorigen Jahr— hunderts hier in Mayen gefundenen, jetzt im Bonner Provinzialmuſeum befindlichen Totenkranze der Fall war.

Man weiß nur, daß er hier gefunden wurde. Aber in neuerer Zeit iſt das beſſer geworden und ſo ſteht im Katalog des Birkenfelder Muſeums S. 50 zu leſen. (Daß die Wendelringe als Totenkränze um den Kopf getragen wurden, beweiſen neuere gut beobachtete Gräber Mayen und Windecken.) Der in einem Frauengrab gefundene Windecker Totenkranz befindet ſich im Muſeum Hanau und ijt, wie mir Herr Prof. G. Wo lf freundlichſt mitteilte, ebenfalls am Kopf gefunden worden. Aud) hier waren die Stirnknochen von der Bronze grün gefärbt.

Es ſcheint nun, daß die Totenkränze verſchieden getragen wurden, als Kranz, wie eine Krone auf dem Kopf, vielleicht von Frauen (Windecken), oder aber wie der unſerige, fo um den Kopf gelegt, daß die Zierbleche nach unten über der Schulter hingen, vielleicht bei einem höher geſtellten Manne; allerdings nur bei Feſten und Opfern. Leider konnte bei uns das Geſchlecht nicht feſtgeſtellt werden, da das Skelett nur noch da erhalten war, wo dieſes mit der Bronze in Berührung kam ).

1) Anm. des Herausgebers. Wie ich dem herrn Derf. ſchon angekündigt hatte, muß ich mich durchaus gegen feine Anficht erklären, die „Totenkränze“ wären ein Kopf: ſchmuck geweſen. Solch ein Ropfſchmuck, fo getragen, wie der Derf. es ſich vorſtellt, wäre wohl das Übenteuerlichſte, was man ſich für mitteleuropäiſche Zuftände der Vorzeit zu denken vermöchte. Die Wendelringe im allgemeinen ſind teils durch tupologiſche Betrach— tungen, teils durch die Urt und die Stellen ihrer Abnutzung, teils durch zahlreichſte Beob— achtungen bei Grabfunden unwiderleglich als halsſchmuck erwieſen. Wenn gerade die „Totenkränze“ man mag dieſen wunderlichen Namen für die eine der beiden beſonderen rheiniſchen Abarten der Wendeltinge ruhig beibehalten ein paar Mal in ſolcher Lage beobachtet wurden, daß fie erſt nachträglich auf das haupt der Deritorbenen gelegt worden ſein müſſen, ſo iſt das doch ohne weiteres erklärlich bei der Beſchaffenheit dieſes Bronze— halsidymudes, der bei der Liegeftellung feines Trägers durch den auflagernden Kopf, Nacken oder Kücken nur zu leicht gefährdet war. Ich werde auf dieſe Ungelegenheit zurück— kommen, ſobald ich die verſchiedenen Arten der Wendelringe der früheſten Eiſenzeit insgeſamt zu behandeln Zeit und Raum finde.

Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXXVI.

Hhörter, Gräber der jüngſten Hallſtattzeit bei Mayen, Rheinland. Curt Kabitzſch, kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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7] Gräber der jüngſten Halljtattzeit bei Mayen, Rheinland. 337

Die auf demſelben Felde noch weiter aufgefundenen fünf Sfelettgraber aus derſelben Zeit hatten alle nur geringe Beigaben und lagen bis auf einzelne Steine frei in der Erde. Da nun die vier beſchriebenen ſich ſowohl durch den Grabbau, als auch durch ihren reichen und einheitlichen Bronzeſchmuck und ihre Keramik auszeichneten, fo glaube ich annehmen zu dürfen, daß wir es hier mit zuſammengehörigen Gräbern einer hervorragenden Familie zu tun haben.

Zum Schluß will ich nicht unterlaſſen, dem Beſitzer des Seldes, Herrn Wirt Schüller, für Überlaſſen der ſchönen Funde 5 das use Mujeum den Dank des Dereins auszuſprechen.

Su den vorgeſchichtlichen Eiſenbarren (Spigbarren)” vgl. Mannus VII, 1/2, S. 117 ff. 1. Don Prof. Dr. C. Mehlis, Meuftadt a. h. Mit 2 Tertabbildungen.

Unter den Eiſenbarren aus der Rheinpfalz, die ſämtlich ſeinerzeit vom Verfaſſer dieſer Zeilen geſichtet und beſchrieben wurden (vgl. „Studien zur älteſten Geſch. der Rheinlande“, III., VI., VII., X. Abt.), iſt einer von Studernheim, Bezirksamt Frankenthal von hervorragender Wichtigkeit.

Abb. 2.

Er gehört zu der vom Derfaſſer als Doll barren bezeichneten Gattung und mißt 57 cm in der Länge (Abb. 1). Der Mittelteil iſt verhältnismäßig kurz und dick; deſſen Geſtalt wie ſtets eine doppelte vierſeitige Pyramide. Dieſer erſcheint nach links und rechts mit ſtarker Verjüngung ausgezogen, bis an jedem Ende zwei löffelartig gebildete Endſtücke erſcheinen (Abb. 2). Der Verfaſſer hat wohl mit den Muſeen in Donaueſchingen, Mainz, Straß— burg, Heidelberg, Bern, Zürich u. a. O. über 100 Stück ſolcher Eiſenbarren

1) Dieſe kommen ſchon zu Maſſen im Palafte der Aſſuriſchen Könige zu Niniveh vor (um 800 v. Chr.), wie Bed: Geſchichte des Eiſens, Abteil. I, S. 134—138 mit Ab- bildung S. 135 nachgewieſen hat.

2] C. Mehlis. Zu den vorgeſchichtlichen Eiſenbarren (Spitzbarren). 339

beſichtigt und zum Teil vermeſſen, aber der Studernheimer ſteht mit ſeinen Schlußlappen einzig da.

Fragen wir nach dem Zwecke dieſer techniſchen Bildung, jo bietet fich uns als wahrſcheinlichſte Cöſung dieſer berechtigten Frageſtellung die Hilfeleiſtung für den Transport dieſer Eiſenbarren dar. Obwohl die rheini⸗ ſchen Gallier und von dieſen geht die Heritellung und Derfrachtung aus den zweirädrigen Wagen = carrus kannten !)), werden fie wohl für die Saumwege des Innern von Oſtgallien und Südweſtgermanien den Transport durch Saumtiere Pferd oder Mauleſel vorgezogen haben. Die Laſt der Eiſenbarren konnte nur links und rechts des Rückens der Lajttiere d. h. der Sattelſtelle mittelſt einer feſten (Holz? Weidengeflecht?) Trag⸗ bahre untergebracht werden.

Die Befeſtigung der einzelnen Barren unter ſich und mit der Trag⸗ bahre konnte nur durch hanfſtricke zur Ausführung kommen. Gerade aber für dieſe Bindung leiſteten die vorſpringenden Schlußlappen den beiten Be: helf, indem fie zwiſchen ihnen und dem Mittelftiide geſchlungen und ver⸗ knotet wurden.

Eine Reihe dieſer Dollbarren ſcheint nach vorhandenen Abbrudftellen und Umbiegungen (vgl. Mannus a. a. O. S. 121, Abb. 43, rechts!) gleich- falls mit ſolchen Schlußlappen verſehen geweſen zu ſein. Der Transport der ohne Verjüngung hergeſtellten halbbarren (vgl. Mannus a. a. O. S. 117, Abb. 39) fand ſicherlich in gleicher Weiſe ſtatt; nur war die Bindung bei dieſer „Saſſon“ ſchwieriger. Wahrſcheinlich waren dieſe auf die Tragbahre ſenkrecht nebeneinander geſtellt.

Een ee

2. Don Guſtaf Roſſin na.

Ich laſſe hier meine ſeit mehr als Jahresfriſt geſammelten Nachträge zu meiner Statiſtik der Eiſenbarren folgen:

Ninivehb. Was das von Mehlis oben erwähnte Dorfommen der Spitzbarren in Niniveh anlangt, fo fand ſich bei der Unterſuchung des Palaſtes von Rorſobad in einer Webenfammer ein großer Dorratsraum, der den königlichen Kriegseiſenſchatz enthielt. Die dort aufgeſpeicherten Eiſengeräte hatten ein Gewicht von 160000 Kilo und beftanden meiſt aus 32—48 cm langen Spigbarren, die nicht weit von einer ihren beiden Spitzen für das Auf- hängen durchbohrt find. Dal. Victor Place, Ninive et l’Assyrie. Paris 1867; Perrot und Chipiez, Histoire de l' Art. II. Chaldée et Assyrie, S. 720; §. Parenteau, Inventaire archéologique. Nantes 1878, S. 19, Taf. VIII, 3.

Rheinpfalz (S. 121ff.). Prof. Mehlis, im vorigen Jahre lange

1) Dgl. C. Diefenbach: Origines Europaeae, S. 283 —284.

340 G. Roſſinna. [3

ſchwer erkrankt, konnte bei Abfalfung meiner Abhandlung nicht um KHuskunft befragt werden über den Derbleib einiger in feinen KAufſätzen erwähnten pfälziſchen Spigbarren, die in der Sammlung der Pollichia in Bad Dürkheim ſich nicht vorfanden. Sie mußten daher in meiner Statiſtik Dorficht halber als „früher im Muſeum Bad Dürkheim“ befindlich bezeichnet werden. Mehlis hat daraufhin mir die Mitteilung gemacht, daß eine vom ktusſchuß der Pollichia im Kriegsjahre beſchloſſene Umordnung der Sammlung nicht habe zum Abjdlug gebracht werden können, weil der Kujtos Böhm ins Feld gerückt ſei. Deshalb lägen die Eiſenbarren von Deidesheim, Forſt, Wachenheim nicht am richtigen Platz. Der oben von Mehlis behandelte Barren von Studernheim dagegen ſtände als ſein Privateigentum in ſeiner Wohnung. Fraglich bleiben ſomit nur noch die von Mehlis früher erwähnten Einzel— funde aus Bockenheim, Eiſenberg, höcherberg, ſowie die beiden Stücke aus heidelberg. Nachträglich habe ich gefunden, daß das Stück von Deidesheim außer in den angeführten „Studien“ auch in den Prähiſtoriſchen Blättern 1906, S. 87 f. von Mehlis abgebildet worden iſt.

Württemberg (S. 122). Mehlis weiſt mich darauf hin, daß aus Unterlenningen Ob.-HUmt Kirchheim u. T. neuerdings ein Spigbarren einer Kirchheimer Privatſammlung bekannt geworden ſei, vgl. Mayer, Bilder aus Kirchheims Vergangenheit, 1913, Taf. I, 4 (übrigens auch erwähnt im VIII. Bericht der Röm.-German. Rommiſſion, Frankfurt a. M. 1915, S. 94). Für Württemberg ſteigt damit die Anzahl der Eiſenluppen auf 20.

Bayern (rechtsrheiniſch), Schwaben (S. 123). Nachträglich fand ich ein Stück erwähnt als gefunden beim Bahnbau Nördlingen-Wemding B.-A. Donauwörth, in einer Tiefe von 0,60 m und zwar bei Deiningen— Kloſterzimmern B.-A. Nördlingen (Beiträge 3. Unthrop. u. Urgeſchichte Bayerns 1904, XV, 178 Weber). Aus dem rechtsrheiniſchen Bayern kennen wir jetzt alſo 3 Stück in 3 Funden, die alle aus der Gegend von Nördlingen und Donauwörth ſtammen.

Schweiz (S. 123). Mehlis verweiſt auch auf eine Stelle in Genthes bekanntem, heute völlig entwertetem Buche „Der etruskiſche Tauſchhandel“? (1874, S. 89), wo er von den Schweizer Eiſenbarren handelt und ſagt: „Demnach fanden ſich dieſe bisher nur in den offenen Tälern der Weſt- und Nordſchweiz und im Rheintale, nie aber in den römiſchen Nieder— laſſungen. Zu Nidau bei Bern lagen an einer Waldſtelle 13 Stück“ (in meiner Statiſtik ſchon aufgeführt, S. 125).

Srankreich (S. 124). Eines der beiden von mir erwähnten Stücke des Moorfundes von Abbeville (Somme) fand ich beſprochen und abgebildet durch Gabr. de Mortillet in Materiaux pour Phistoire de ’homme, Bd. IV, 1868, 5. 591 f., Abb. 139, 140; beide liegen im Muſeum zu St. Germain. Einige weitere franzöſiſche Stücke find behandelt von §. Parenteau in ſeinem bereits erwähnten Buche Inventaire archéologique, S. 19, nebſt

4) G. Roſſinna. Zu den vorgeſchichtlichen Eiſenbarren (Spitzbarren). 341

Tafel VIII, Abb. 1, 2. Abb. 1 bringt eine unſerer Abbildung des Stückes von Niederkleen (S. 121, Abb. 43) ſehr ähnliche Zeichnung eines im Muſeum zu Avrandes (Manche) aufbewahrten Eiſenbarrens unbekannten Fund— orts. Abb. 2 ſtellt eines, wohl das einzig gerettete, im Muſeum zu Nantes befindliche, der 8 Stücke des Depotfundes von St. Molf bei Guérande (Loire Inférieure) dar, der in den ſiebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ent— deckt wurde. Das abgebildete Stück iſt 28 em lang und hat ein Gewicht von Kilo. Beide Abbildungen Parenteaus, nebſt einer dritten (Korfobad), find wiederholt in einem Auflage von Daubrée Exploitation des métaux dans la Gaule: Revue archéol. 1881, I, S. 336 ff., beſonders S. 341, Abb. 24 bis 26. Einen vierten franzöſiſchen Fund endlich machte Decdelette befannt, ein Stüd aus dem Saonebette in Chalon von 32 cm Lange und 2,9 Kilo Gewicht (La collection Millon, S. 262 f. und Abb. 56).

Oſterreich. Die Entfernung von Wahren bei Leipzig nach den nächſt— gelegenen Fundorten doppel⸗puramidenfönniger Eiſenluppen, d. i. Wetzlar a. d. Lahn und Nördlingen, nördlich der Donau, beträgt das nicht geringe Maß von 40 deutſchen Meilen. Ich habe mich nun inzwiſchen noch bemüht, das dem Fundorte Wahren weit näher gelegene Böhmen nach ſolchen Eiſenluppen zu durchforſchen; leider ohne Erfolg. Einen einzigen Fundort konnte ich indeſſen doch aus Geſamt⸗Oſterreich ermitteln; er liegt in Mähren, alſo noch weiter entfernt von Wahren als Wetzlar oder Nördlingen. Es iſt die berühmte Buèiſkala-höhle, paläolithiſch und hallſtättiſch gleich reich an Sunden, die hier zu nennen ijt. Wankel fand hier im Hintergrunde der Dorhalle eine große Schmiedeſtätte, die neben manchem anderen „viele Stücke Luppen= eiſen, Eiſenbarren“ enthielt (Bilder aus der mähriſchen Schweiz, 1882, S. 415). Das ijt aber auch die einzige illyriſche Sundftätte hallſtättiſcher Eiſenluppen. Aber nicht bloß dieſerhalb iſt die mähriſche höhle von beſonderer Bedeutung für unſeren Gegenſtand, ſondern auch deswegen, weil ſie von neuem be— ſtätigt, daß die Spitzeiſenbarren in Mitteleuropa ebenſo im 8. Jahrhundert verbreitet geweſen find, wie es in Aſſyrien der Fall war. Wahrſcheinlich be— finden fic) die mähriſchen Eiſenluppen jetzt im Wiener Naturhiſtoriſchen Hofmuſeum; geſehen freilich habe ich fie dort nicht.

Ich ſchließe mit dem Wunſche, daß der nächſte Arbeiter auf dem Ge— biete der Eiſenluppen ebenſo weit über mich hinauskommen möge, wie ich über meine Vorgänger fortgeſchritten bin.

Die gleichfalls reichlichen Nachträge zu meiner Abhandlung im 1. Doppel: hefte dieſes Bandes, die ich über die illyriſche und bejonders über die germaniſche Kultur Nordoſtdeutſchlands im Übergange von der Bronzezeit zur Eiſenzeit zu machen hätte, muß ich auf das nächſte Heft ver— ſchieben, da ich mit der Aufklärung über eine Unzahl wichtiger Punkte von einem nordoſtdeutſchen Muſeum im Stiche gelaſſen worden bin.

Mannus, Bb. VII. h. 3. 23

Frührömiſche Sunde aus der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung.

Von R. Stimming, prakt. Arzt in Groß-Wuſterwitz. Mit 7 Tafeln (XXXVII-XLIII) und 1 Karte.

Als mein Dater im Jahre 1886/87 das Gräberfeld auf dem Kruſeberg bei Kl. Kreuz, Kreis Weſthavelland, freilegte, fanden ſich auf einem ver: hältnißmäßig kleinen Raume (ungefähr 15 qm groß) nahe beieinander ſtehend 25 Gefäße (Nr. 1—23) aus der frührömiſchen Raiſerzeit in einer Tiefe von 45 cm. Die Gefäße waren, wie es zur damaligen Zeit Sitte war, ohne Deckel und ohne Steinpackung in keiner beſtimmten Unordnung in freier Erde beigeſetzt. Der Kruſeberg, auf der Generalſtabskarte Cangmathenberg genannt, liegt öſtlich von dem Fuchsbruch ungefähr in der Mitte zwiſchen Havel und Beetz-See an den ausgedehnten Wieſenflächen der Dörfer Weſeram, Saringen und Mötzow und beherbergt auf ſeinem Südoſtabhange ein größeres Gräberfeld, welches der Bronzezeit und der darauf folgenden Eijenzeit ans gehört, von mir deswegen als gemiſchtes Gräberfeld bezeichnet; mitten zwiſchen dieſen Gräbern fanden ſich auf dem zweiten Drittel des flach ab— fallenden Abhanges, wie bereits erwähnt, die wenigen frührömiſchen Urnen.

Vier Gefäße (60 cm tief) desſelben ZJeitabſchnittes (Nr. 26—29) fand mein Dater und ich 1898 in Großwuſterwitz, Kreis Jerichow II, auf einem kleinen Begräbnisplatz der Eiſenzeit, 1900 m ſüdlich vom Kirchturm, am Ausgange der Mahlenzienerſtraße gelegen, und 1905 erbeutete mein Vater an dem Feldwege von Brielow nach hohenferſcheſar, Kreis Weſthavelland, an den Ausläufern des urnenreichen Gallberges, 2000 m ſüdöſtlich von dem Kirchturm des zuletzt genannten Dorfes, mit der Sonde zwei frührömiſche Gefäße (Nr. 24 und 25) in einer Tiefe von 1 m, im ganzen alſo 29 Urnen der frührömiſchen Periode. Bemerkenswert iſt, daß der Gallberg ſechs Gräberfelder in ſich birgt, welche mehrere 100 m voneinander getrennt liegen, und zwar am Weſtabhange ein ſehr ausgedehntes Gräberfeld der Bronzezeit (B), am Südabhang ein mittelgroßes der Eiſenzeit (E), im Nord— weiten zwei große Begräbnisſtätten der ſpätrömiſchen Kaiſerzeit (K), im Nordoſten bisher die beiden frührömiſchen Gefäße (_]) und im Norden ein Gräberfeld der Dölferwanderungszeit (V).

2] Frührömiſche Sunde aus der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. 343

Da in der Mark frührömiſche Funde vereinzelt daſtehen, will ich die— ſelben einer Beſchreibung unterziehen.

Beim Anblick der Zeichnungen iſt auffallend die Ähnlichkeit der Form ſämtlicher Gefäße, daher unterlaſſe ich eine genaue Beſchreibung jedes ein— zelnen Gefäßes, um nicht durch Wiederholung zu ermüden. Auf dem ſchmalen Boden ſitzt der ſtark ausladende Bauch, verſehen mit einem kräftig abgeſetzten, niedrigen Halje, welcher einer ſtarken, weiten, ſteilen Mündungsrand trägt. Die Gefäßhöhe ſchwankt von 9,2, 14,8, 16,0, 20,0, 23,0 bis 26,4 em, der Randdurchmeſſer von 8,8, 12,8, 14,0, 16,4, 24,0 bis 29,6 cm, der Boden-

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durchmeſſer von 4,0, 5,6, 6,5, 7,2, 8,0 bis 10,4 em. Fußandeutung beſitzen Nr. 19 und 28, einen völlig ausgeſprochenen Fuß (Becherform) Nr. 23; einen kleinen henkel, vom Rande zum oberen Bauchteil verlaufend, zeigen die Gefäße Nr. 13, 17, 29, drei Knäufe am oberen Bauchteil hat Nr. 5, andere Derzierungsweijen als Henfelerjat fehlen. Dorherrſchend ijt die ſchwarze Farbe der Gefäße: von 29 gefundenen ſind 26 ſchwarz, nur drei vom Kruſe— berg (Nr. 5, 13, 18) ſind braun gefärbt. Don dieſen drei Gefäßen iſt Nr. 5 etwas höher als die übrigen, der Bauchteil iſt gerauht, Nr. 15 weiſt zwei Horizontallinien am oberen Bauchteil und darunter Einteilung in Felder auf, deren Füllungen mit Schrägſtrichen winkelförmig zueinander geſtellt ſind; ohne jede Verzierung iſt Nr. 18. Ebenfalls unverziert ſind ſechs ſchwarze 23%

344 R. Stimming. [3

Gefäße (Nr. 11, 12, 16, 22, 24, 25), während die übrigen 18 ein flach ein: gedriidtes, abwechslungsreiches Punktornament zur Schau tragen, zum Unterſchiede von dem tiefer eingedrückten Mäander des dritten Jahrhunderts. Daß es ſich um RKädchentechnik bei den Punktreihen handelt, kann einem ſorgfältigen Beobachter nicht zweifelhaft ſein, denn wie wären die ſauberen und regelmäßig ausgeführten Muſter anders herzuſtellen geweſen? Aus freier Hand mit hilfe eines knöchernen oder hölzernen Stäbchens laſſen ſich auch von dem fortgeſchrittenſten Topfformer nicht derartige Ornamente herſtellen.

Das Gefäß Nr. 21 ſchmückt eine dreifache Horizontallinie und ein Zick— zackband, der untere Bauchabſchnitt ijt gerauht. Die einfache Punktreihe tritt auf bei Nr. 1, 26, 28, die beiden letzten von der Führungslinie begleitet, die Punktreihen bei der Urne 26 beſtehen aus einer Reihe kleinlinſengroßer, flacher Eindrücke. Die zwiefache Punktreihe findet ſich bei den übrigen ver— zierten Gefäßen, und zwar verziert den oberen Bauch- oder Halsteil von Nr. 2 ein Band von Schrägitrichen, von je einer Horizontalpunktreihe begrenzt, während das FSiſchgrätenmuſter bei Nr. 9, 15, 20 vertreten ijt. Das einfache Zickzackband tragen Nr. 3, 9, 10, 14, 20, das doppelte zeigt Nr. 2; ſchraffierte, hängende Dreiecke Nr. 1. Ein Band von halbbogen, mit der offenen Seite nach dem Boden gekehrt, tragen 4, 7, 14, 15; ein Band von ſich kreuzenden Punktreihen (Rautenform) Nr. 25, 28. Das Stufenornament iſt bei Nr. 6, 7, 8, 23 veranſchaulicht, den einſeitigen und zwar nach rechts umgelegten Mäander ſ zeigt Nr. 3, nach links umgelegt 14, den doppelſeitigen Mäander oo (von mir als T-Sorm bezeichnet) Nr. 1, 2, 3, 4, 9, 15, 17, 20, 27, derſelbe findet ſich in zweifacher Anordnung (übereinander) bei Nr. 10 und unter ſich verbunden bei Nr. 19 und 26. hängende Z förmige Verzierungen beſitzt Nr. 27. Der untere Bauchteil zeigt einfache Keldyein: teilung bei 14 Gefäßen (Nr. 1, 2, 3, 4, 6, 7, 9, 14, 15, 17, 19, 20, 23, 27), abwechſelnd ſchraffierte Seldereinteilung bei Nr. 2 und RKelcheinteilung unter: brochen von ſpitzwinkeligen, halb bis zum Boden reichenden Dreiecken bei Nr. 10.

Angefüllt waren die Gefäße mit den verbrannten und zerſchlagenen menſchlichen Gebeinen, in den oberen Schichten dieſer Knochenreſte meiſt unter den Schädelknochen lagen die etwaigen Beigaben, beſtehend aus Stein, Ton, Knochen, Bronze, Eiſen und Harz.

Aus Sandſtein beſteht der 18 cm lange, 5—6 cm breite, 2,5 cm ſtarke, rechteckige Schleifſtein (240), der wegen feiner Größe in ½ der natürlichen Größe gezeichnet ijt, ebenſo die 25 cm lange, eiſerne, krumm gebogene Schere aus demſelben Gefäß; alle übrigen Beigaben find von meinem Dater in natür— licher Größe, alle Gefäße in / derſelben dargeftellt worden. Der Schleifſtein iſt auf beiden Breitſeiten ſtark abgeſchliffen, ein Zeichen ſeines längeren Gebrauchs.

Aus Knochen find die zierlichen 5,5 bis 8 em langen, 2 mm ſtarken Nadeln (1c bis Ih, 18% bis 18, 181 bis 180 uſw.) gefertigt; dieſelben zeigen verſchieden geſchnitzte Köpfe: einen runden Ropf (10), einen doppelkegel—

4] Srührömiſche Sunde aus der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. 345

förmigen (4c) oder einen mehrfach gerieften Kopf (le, 2b uſw.). Ferner ein gebogenes, mit einem feſtgenieteten Bronzeblech verſehenes Knochenſtück (12a), wohl als Reſt eines Kammes anzuſprechen.

Aus Bronze ſind die Sibeln (Gewandnadeln), die einfache Nadel mit kugligem Kopf (15 b), die Halskette (17 b), der maſſive Ring (25 b), der Hals⸗ ring (12d), der Armring (18) und die Schnalle mit hufeiſenförmigem Bügel und viereckigem Gürtelblech (19c) gefertigt. Die Sibeln zeigen die Spät⸗ Lateneform, einige beſitzen einen vollen, andere einen durchbrochenen Nadel— halter, bei den eiſernen Stücken iſt dieſe Derzierungsweiſe durch den ent- ſtandenen Roft nicht. mehr feſtzuſtellen, ausgenommen das Exemplar 24a.

Eine untere Sehne und vier Spiralwindungen (Ulmgren 15) zeigen die eiſernen Fibeln 2e, 3b, 11a, 13a, 13b, 17e, 18h, 26a. Einen vollen Nadelhalter, obere Sehne, Sehnenhafen und zweilappige Stützplatte (Hlm— gren 19) weiſen die Bronzefibeln 10a, 17a, 17c, 25a, 25% auf, einen durch— brochenen Nadelhalter (Almgren 44) 4d, 5a, 9a, 11b, 18g, 20a, 20h, 20i, bei den beiden Stücken 11b und 20i ijt die Nadel aus Eiſen gefertigt. Der Nadelhalter zeigt ein längliches Diered und ein rundes Coch CIO bei 9a und 11b, ein ebenſolches Diereck umgeben von zwei Cöchern O0 H O bei 18a, je drei ſtufenartige Verzierungen its | ml tragen 4d, 20a, 20h, 201. Als Augenfibel mit ſchönen Seitenknöpfen und ſtufenförmig durchlöchertem Nadelhalter (Almgren 54) zeigt ſich 1a und 1c, als ebenſolche mit geſchlitzten Augen und vollem Nadelhalter (Alingren 45) die mehr oder weniger gut erhaltenen Sibeln 3a, 8b, 84, 100, 194, vereinzelt iſt die eiſerne Sibel 24u mit um den Bügelkopf gewundener, oberer Sehne (ähnlich Almgren 102) und die Scharnierfibel mit grader Nadel 68g (Almgren 242), beſtehend aus dünnem, ge— bogenem Bronzeblech, vollem Nadelhalter, kugligem Bügelende und dreifacher Strichverzierung auf dem Bügelrücken. Ebenfalls aus Bronze gefertigt iſt die Spiralrolle mit drei Windungen 165, der Nadelhalter nebſt abgebrochener Nadel 16d und der Nadelhalter nebſt unterem Bügelteil 21k, alle drei Stücke ſtammen von zerbrochenen Sibeln. Die Schnalle ijt nur einmal (196) aus Bronze vertreten. Einem zerbrochenen Halsringe gehört das 7 cm lange, mit Cängs⸗ und Schrägſtrichen verzierte Bronzeſtück 12d an, ebenfalls ein Bruchſtück von einem Urmringe iſt 18 b, welches als Ornament zwei neben: einanderſitzende, kuglige Anſchwellungen trägt. Aus ſtarkem, vierkantigem Bronzedraht beſteht der 2,5 im Durchmeſſer haltende, maſſive Ring 25 b, desgleichen aus dünnerem, rundem Draht die mit fugligem Kopf verſehene Nadel 15 b, ein Bruchſtück eines zweiten Exemplars 150 und die 7 em lange, zerbrochene Schmucknadel mit mehrfach gegliedertem, durchbrochenem Kopfe (180). Schließlich beſteht aus demſelben Material die Halskette 17 b, die aus 32 hohlgetriebenen Blechperlen (1) und ebenſo vielen, achtförmig gebogenen, dünnen Drahtöſen (2) zuſammengeſetzt ijt; als Derſchlußſtück dient ein größerer Bronzering.

346 R. Stimming. [5

Aus Eifen find außer den acht bereits beſchriebenen Sibeln die Meſſer hergeſtellt; gerade, geſtielte Meſſer von 7,5—11,7 cm Lange find 9c, 19b, 23a, als gebogene, geftielte Meſſer von 9,2—12,6 cm Lange mit kugligem Griffende treten 2a, 5e, 14b, 15a, 19a, 20b, 21e auf, mit durchbrochenem Stielende 10b, mit verziertem Kopfe 4a und 6a. Rurzgeſtielte, 9,3—9,8 cm lange Meſſer mit hakenförmig umgebogenem Griff find Ik und 24b, erſteres mit Querriefelungen an der oberen Grifffante und einem Teil des Meſſer— rüdens. Zu erwähnen find noch die beiden eiſernen zerbrochenen Nähnadeln 20k, 21d und die 25 cm lange, kräftige Schere, welche bei der Beiſetzung abſichtlich gebogen worden iſt, um dieſelbe in das mittelgroße Gefäß (24) hineinlegen zu können.

Aus Harz beſtehen die kleinen unregelmäßig fenen, braunſchwarzen Stücke 11, 2d, 140, 17d, 21e.

Überbliden wir das Reſultat dieſer frührömiſchen Funde, fo ſpringt zuerſt das zerſtreute Auftreten der drei Sundjtellen in die Augen, alsdann die geringe Unzahl der Fundſtücke (im ganzen 29 Gefäße), ferner das Auf: treten der Gefäße zwiſchen Gräbern, welche einem anderen Jeitabſchnitt (Bronze- oder frühe Eiſenzeit) angehören. Bemerkenswert ijt das Dorberr- ſchen der ſchwarzen Gefäße (26:3), das flach eingedrückte, in Kädchen— technik ausgeführte ein-oder . Punktreihenornament, hin und wieder von einer Führungslinie begleitet, das erſte Auftreten des Mäander— muſters, die große Ubereinſtimmung in der kurzen, gedrungenen Gefäß: form mit ſteilem, niedrigem Mündungsrande. Charakteriſtiſch ſind die ſchlanken Anochennadeln (auf dem Kruſeberg beſchränkt), die Spät-Catène⸗ fibeln mit vollem oder durchbrochenem Nadelhalter, die ſchönen Augen- fibeln, die Scharnierfibel und die geſtielten, gebogenen, eiſernen Meſſer. Waffen fehlen gänzlich, die unverzierte Bronzeſchnalle iſt nur einmal ver— treten, eiſerne Schnallen fehlen vollſtändig.

Erwähnenswert iſt der Mangel an Glas, welches in der Latänezeit bereits häufig in Geſtalt von perlen (zuſammen mit den bekannten kegel— förmigen Ohrringen) gefunden wird, desgleichen das gänzliche Sehlen von Silber und Gold. Letztere beiden Metalle ſind häufig in der ſpätrömiſchen Epoche vertreten.

Die Zeitſtellung dieſer geſchilderten frührömiſchen Funde ſetze ich in das erſte nachchriſtliche Jahrhundert, als jüngſtes Gefäß ſpreche ich wegen ſeiner tiefer eingedrückten Punktreihen den Becher (23) an. Als Derfertiger der Gefäße und Beigaben ſind mit Sicherheit die Weſtgermanen anzu— nehmen, wenn auch zugegeben werden muß (vergleiche die Sührungslinie), daß dieſelben vielleicht einiges in der Technik und Derzierungsweiſe den Oſtgermanen abgelauſcht haben mögen; an Einfuhr aus ſüdlichen Ländern iſt nicht zu denken.

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Stimming, Frührömiſche Funde aus der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung.

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Krufeberg bei Kl. Kreuz, Kr. Weſthavelland. Maßſtab: Urnen / (nur 2 und 4: ½), Beigaben 2/, n. Gr.

Curt Kabitzſch, Kal. Univ.»Derlagsbudyh.,, Würzburg.

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| Krufeberg bei KI. Kreuz, Kr. Weſthavelland.

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| Stimming, Frührömiſche Funde aus der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. Curt Kabigich, kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XXXIX.

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Krujeberg bei Kl. Kreuz, Kr. Weſthavelland. Maßſtab: Urnen ¼ (nur 10: ½), Beigaben ¼ n. Gr.

Stimming, Frührömiſche Funde aus der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. Curt Kabitzſch, kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Jeitſchrift für Dorgefchichte. Bd. VII. Tafel XL.

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| Krufeberg bei Kl. Kreuz, Kr. Weſthavelland. Maßſtab: Urnen !/, Beigaben 2/, n. Gr.

| Stimming, Frührömiſche Funde aus der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. Curt Kabitzſch, kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XLI.

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| Kruſeberg bei Kl. Kreuz, Kr. Weſthavelland. Maßſtab: Urnen ¼ (nur 22: ½), Beigaben / n. Gr.

i Stimming, Stilhrémijdhe Sunde aus der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. Curt Kabitzſch, Kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh. Würzburg

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Stimming, Frührömiſche Funde aus der Mark Brandenburg und ihrer Umgebung. Curt Kabigid, kgl. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XLIII.

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Urſprung und Ausbreitung der Angeljadjen.

Don Alfred Plettke (f).

In der frührömiſchen Kaiferzeit waren die Germanen auf deutſchem Boden in zwei große Stammfamilien, die Oſt- und Weſtgermanen, ge— ſchieden. Die Weſtgermanen, die Stämme weſtlich der Oder umfaſſend, trennten ſich wieder in die Stammverbände der Herminonen an der Elbe von Hamburg bis nach Böhmen hinein, der Iſtwäonen in Weſtfalen bis zum Rhein und der Ingwäonen an den Küſten der Nordſee und in Schleswig⸗ Holſtein.

Die folgenden Husführungen ſollen nun der Stammfamilie der Ing— wäonen gewidmet ſein, wobei ich zunächſt verſuchen werde, die Sitze der einzelnen Stämme auf Grund der Schriftſtellernachrichten und der archäolo— giſchen Bodenfunde in der frührömiſchen Kaiſerzeit feſtzuſtellen. Sodann werde ich an Hand der Archäologie die Ausbreitung dieſer Stämme in den folgenden Jahrhunderten ſowohl im Binnenlande als auch über See verfolgen.

Nachdem Tacitus in ſeiner Germania die Semnonen als Hauptvolk der Sweben genannt hat, fährt er in ſeiner Aufzählung mit den Langobarden fort und nennt darauf die ſieben Stämme, die zur Opfergemeinſchaft der Nerthusvdlfer gehören. Wenn wir mit Müllenhoff annehmen, daß Tacitus feine Stämme in woblgeordneten geographiſchen Reihen vorführt, jo müſſen die Langobarden der nördlichſte Ausläufer der Sweben geweſen ſein. Die Sitze der Langobarden werden allgemein an die Ufer der unteren Elbe in den ſpäteren Bardengau und ins Lauenburgiſche verlegt. Nach Tacitus folgen auf die Cangobarden die Reudigner, die wohl ohne Zweifel mit den Sachſen des Ptolemäus gleichzuſtellen ſind. Als Nachbarvolk der Sachſen nennt Ptole- mäus die Dapodeivor, ein Stamm, der nach Möller in Bagdıyoı zu ändern

1) Dieſer Aufjaß ijt die Niederſchrift eines Lichtbilder-Dortrages, den der Derf. unmittelbar nach beſtandener Doktorprüfung im Auguft 1914 zu halten gedachte. Der Ausbruch des Krieges hat die Ausführung dieſes Vorhabens vereitelt. Durch einige Änderungen hoffe ich den ſtellenweiſe recht flüchtig gehaltenen Dortragsentwurf zu einem lesbaren Aufſatz geſtaltet zu haben, der unſeren Leſern ſchon darum nicht une willkommen fein wird, weil die Deröffentlichung der Doktorarbeit des Verfaſſers über den gleichen Gegenſtand in nächſter Zeit noch nicht zu erwarten iſt. G. R.

348 Alfred plettte. | [2

iſt. Der Grenzfluß zwiſchen beiden Stämmen iſt der XalOοο̃ nétasog. Wichtig für die Beſtimmung der Grenze zwiſchen Ingwäonen und Herminonen iſt die Feſtlegung des Aadoöoog. Zeuß, Seelmann, Weiland verſtehen darunter die Trave, Müllenhoff und Möller die Eider oder Halerau, Much die Warnow. Ein ſehr wichtiges Zeugnis für die Sweben in Oſt— holſtein iſt das angelſächſiſche Widͤſidlied, wo erzählt wird, daß Offa die Grenze gegen die Myrgingen am Sifeltore beſtimmte, „die fürder behielten Engle und Swaefe, jo wie fie Offa erfochten“. Nach Möller hießen die Myr- gingen altgermaniſch Marvingoz. Aus Marving entſteht Mauring-, Maurung. In das Mauringerland ziehen nach Paulus Diaconus die Langobarden vom Scoringerland. Ich glaube wir gehen nicht fehl, in Oſtholſtein weben, und zwar Langobarden, anzunehmen.

Auch archäologiſch find Sweben in Oſtholſtein nachzuweiſen. Als Kenn: zeichen für ſwebiſche Kultur hat Koſſinna Urnen mit RKädchen-Mäander⸗ verzierung nachgewieſen. Mäanderurnen in Käcdchentechnik finden ſich im ganzen Elbgebiet von hamburg bis nach Böhmen hinein. Mäanderurnen treten nun auch noch in Oſtholſtein nördlich von hamburg auf, fehlen aber völlig in Weſtholſtein und Schleswig. Dieſes Mäanderurnen-Gebiet in Oſt⸗ holſtein wird im Weſten von einer Linie begrenzt, die ſich von Pinneberg bei hamburg über Segeberg nach Malente bei Eutin hinzieht. Don größter Bedeutung iſt es nun, daß mit dieſer Grenze der obere Lauf der Trave, die vielleicht mit dem Grenzfluß Xalodoos gleichzuſetzen iſt, zuſammenfällt. Neben den Mäanderurnen findet ſich in dieſem Gebiet ein hoher topfförmiger Urnentypus mit breitem ausladendem Rand, entweder mit zwei henkeln am Rande oder unterhalb deſſelben oder mit drei ſchnuröſenartigen Henfeln in der höhe der größten Weite. Es ſind durchweg ſehr grobe dickwandige Gefäße, die auf dieſem Gebiete ſehr zahlreich ſind. Nach dem bei hamburg gelegenen Friedhof Fuhlsbüttel möchte ich die keramiſche Stilart Oſthol— ſteins den Zduhlsbütteler Stil nennen. Einen ähnlichen Typus, den Wotenitz⸗ Jameler Stil, hat Beltz für den benachbarten Teil von Mecklenburg be— ſchrieben. Die Grenzlinie des Fuhlsbütteler Stils iſt gleichzeitig die Grenze zwiſchen den Stammfamilien der herminonen und Ingwäonen.

Ojtlid) der Grenzlinien Pinneberg, Segeberg, Malente folgt nun ein breites, völlig fundleeres Gebiet. Auch dieſer Umſtand muß uns in der Un— nahme einer wichtigen Grenzlinie in dieſer Gegend beſtärken. Wir wiſſen nämlich, daß die Germanen es liebten, ihr Gebiet mit öden Grenzſtrichen, Marken genannt, zu umgeben. Jenſeits dieſes öden Grenzgebietes fehlen Mäanderurnen völlig, dafür tritt aber eine andere keramiſche Stilart auf, nämlich weitmundige Schalen mit kleiner Standfläche mit vorherrſchender Strichverzierung, die ich den Bordesholm=-Nottfelder Stil nenne. In Weſtholſtein müſſen nach Ptolemäus die Sachſen geſeſſen haben, die er auf dem Nacken der kimbriſchen Halbinſel anſetzt. Der wichtigſte Friedhof in

3] Urſprung und Ausbreitung der Angelſachſen. 349

dieſem Gebiete iſt der von Bordesholm. Denſelben keramiſchen Typus finden wir in Südjchleswig. Hier ſitzt in der Candſchaft Angeln der Stamm der Angeln.

Nordſchleswig zeigt wieder durch eine keramiſche Sondergruppe, die namentlich auf dem Friedhof Ober⸗Jersdal vertreten iſt, und die ich deshalb Ober⸗Jersdaler Stil nenne, eine Sonderſtellung. Dieſelbe Kultur findet ſich auch auf dem benachbarten Fünen und in Jütland. In Nordſchleswig iſt ſie wohl den Warnen zuzuſchreiben, die Tacitus als Nachbarvolk der Angeln nennt. Der Ober⸗Jersdaler Stil zeigt viel oſtgermaniſche Anklänge. In - Ober-Jersdal ijt ja auch eine verzierte Canzenſpitze gefunden worden. In Jütland und Fünen treten Urnen mit oſtgermaniſcher Mäanderverzierung auf (Cinienmäander).

Schleswig-Holjtein muß in der frührömiſchen Kaiferzeit außerordent— lich dicht beſiedelt geweſen fein. Wir finden hier eine große Zahl von um- fangreichen Friedhöfen. Im Gegenſatz hierzu ſcheint das Gebiet ſüdlich der Elbe, das Land der großen und kleinen Chauken, ſpärlich beſiedelt geweſen zu fein. Nur wenig Friedhöfe mit einer kleinen Anzahl von Gräbern find aus dieſem Gebiet bekannt. Die vorhandene Reramik ſchließt ſich an den Bordesholm⸗Nottfelder Stil an. Dieſe Armut an Funden iſt verwunder— lich, da uns die Römer die Chauken als mächtiges Volk ſchildern. Gleich— zeitig ſind uns aber eine ganze Reihe von Nachrichten überliefert, die auf ein Derlajjen ihrer Sitze, vor allen Dingen auf ein Weſtwärtsdringen dieſes Stammes ſchließen laſſen. Im Binnenlande verdrängen fie die Amfiwaren, Chajuaren und Angriwaren aus ihren Sitzen. häufig hören wir von chaufi- ſchen Seeräubern an der Küſte Galliens.

In der jüngeren Kaijerzeit fließen die Quellen über unſere nord— weſtdeutſchen Stämme ſehr ſpärlich. Aber es muß, wie wir ſehen werden, an Hand des archäologiſchen Materials möglich ſein, den Entwicklungsgang der einzelnen Stämme weiter zu verfolgen. Wir beginnen wieder mit der Behandlung Schleswig⸗-holſteins.

hier finden wir, daß in dem Gebiet der Ungeln und Sachſen, alſo des Bordesholm⸗Nothfelder Stils, die Mehrzahl der Friedhöfe in der früh: römiſchen Kaiſerzeit beginnt und ſich ohne Unterbrechung bis in die ſpäte Kaiſer⸗ und Völkerwanderungszeit hinein fortſetzt. hieraus können wir auf Fortdauer der Siedlung in dieſem Gebiete ſchließen. Ganz anders liegen die Derbältniffe in dem als ſwebiſch erkannten Gebiet nördlich von Hamburg. Hier enden alle großen Friedhöfe wie Fuhlsbüttel, Segeberg u. a. um 200. In Hannover find die Friedhöfe der frühen Raiſerzeit von den ſpäteren örtlich getrennt. Die Friedhöfe der ſpätrömiſchen RKaiſerzeit dieſes Gebietes ſchließen ſich in ihrer Kultur an diejenige des alten Sachſengebietes an. Dieſe Verhältniſſe möchte ich als einen Siedlungsabbrud) und ein Einwandern neuer ſächſiſcher Dolfsteile deuten. Nach Bremer müſſen die Langobarden ſpäteſtens um 160 ihre Wohnſitze im Lauenburgiſchen verlaſſen haben, da

350 Alfred Plettke. [4

jie zur Zeit des Markomannenkrieges neben den Markomannen an der Grenze von Pannonien ſtanden. Allerdings glaube ich, daß ein Teil des ſwebiſchen Stammes in Oſtholſtein ſitzen geblieben ijt, und zwar im nördlichen Teile dieſes Gebietes, im Fürſtentum Lübed und im Kreije Oldenburg. Hier ſetzen ji nämlich eine Reihe von Friedhöfen bis in die jüngere Kaiſerzeit fort. Aud) ſchließt ſich die Keramik dieſer Friedhöfe vielmehr an tupiſch ſwebiſche Gräberfelder wie Dahlhauſen an.

Im Warnengebiet in Schleswig ſcheinen die meiſten Friedhöfe im Laufe des 5. Jahrhunderts ihr Ende zu erreichen. In Fünen ſetzen ſie ſich dagegen bis in ſpätere Zeit fort.

Im Gebiete ſüdlich der Elbe glaubten wir auf Grund der Funde und der geſchichtlichen Nachrichten eine allmähliche Entvölkerung annehmen zu müſſen. Es iſt nun von größter Wichtigkeit, daß keiner dieſer frührömiſchen Friedhöfe fic) in die jüngere Kaiſerzeit hinein fortſetzt und umgekehrt be- ginnen alle Gräberfelder der jüngeren Kaiſerzeit ſchon um 200 n. Chr. Es ſind alſo die Friedhöfe der älteren und jüngeren Kaijerzeit örtlich voneinander getrennt und doch muß das Ende der frührömiſchen Fundplätze und der Beginn der ſpätrömiſchen faſt genau auf denſelben Zeitpunkt fallen. Mit denſelben keramiſchen Typen, mit denen die Friedhöfe der Stufe B enden, nämlich weitmundigen Schalen mit und ohne Standfuß, beginnen die ört— lich von ihnen getrennten Gräberfelder der jüngeren Kaijerzeit. Solche Sußurnen gehören in die Zeit um 200 n. Chr. Dieſe archäologiſchen Der: hältniſſe möchte ich ethnographiſch als eine Verdrängung der letzten Teile der chaukiſchen Bevölkerung durch einen einwandernden Stamm deuten. Dieſer Stamm müſſen die in der älteren Kaiſerzeit in Weſtholſtein ſitzenden Sachſen geweſen ſein. Dieſen Sachſen iſt nun eine außerordentlich kennzeichnende Kultur eigen. Beſonders zeigt fic) dies wieder bei der Keramik. (Hier ſollte an der Hand von Lichtbildern eine Darſtellung der tupologiſchen Entwicklung der Geſtalt und Derzierungsweile der Urnen folgen von den weitmundigen des 3. Jahrhunderts bis zu den Buckelurnen des 5. Jahrhunderts.)

Die ſächſiſchen Friedhöfe ſind am zahlreichſten in dem Gebiet zwiſchen Elb⸗ und Weſermündung. Allein im Regierungsbezirk Stade kann ich 45 Fried— höfe nachweiſen. Dabei weiſen viele dieſer Gräberfelder Tauſende von Gräbern auf. Funde, die in das 3. Jahrhundert gehören, ſind noch verhältnis— mäßig ſpärlich; ſehr zahlreich werden die Funde des 4. und 5. Jahrhunderts. Wir müſſen annehmen, daß der Sachſenſtamm um 200 mit verhältnismäßig geringer Mannſchaft die durch Huswanderungen ſtark geſchwächten Chauken unterworfen hat, worauf das Derjchwinden des Chaukennamens und das Auftommen des Sachſennamens ſchließen läßt. Im 4. und 5. Jahrhundert hat ſich der Sachſenſtamm in dem neu eroberten Gebiet ſo ſtark vermehrt, daß ſchließlich auch die neue heimat zu eng und eine Auswanderung nötig wurde.

5] Urſprung und Ausbreitung der Angelſachſen. 351

Mit dem als ſächſiſch erkannten Material muß es möglich ſein, die verbreitung des ſächſiſchen Stammes in Nordweſtdeutſchland zu erſchließen. Auf der Sundfarte ſehen wir, daß ſächſiſche Friedhöfe in dem Elb-Weſer⸗ gebiet am häufigſten ſind, daß ſie bei Stolzenau an der Weſer den ſüdlichſten Punkt ihrer Verbreitung erreichen. Südlich der Porta Weſtfalica, etwa bis zum Südrande des Teutoburger Waldes, finden wir ſchon eine von der ſächſi— ſchen Kultur ſtark abweichende Sundgruppe, deren Keramik wir als Delt- heimer Stil bezeichnen können. Die Träger dieſer Kultur find nach Schulz Minden die Angrivarier. Der ſüdliche Zipfel von Oldenburg gehört eben: falls nicht zum ſächſiſchen Gebiet, ſondern ſchließt ſich dem Deltheimer Stile an. Das Gebiet der Cherusker, das Land öſtlich der Leine, ſchließt ſich an ſwebiſche Friedhöfe der Altmark an, mit ihren bezeichnenden Schalenurnen. hierher gehören die Friedhöfe von Limmer bei Hannover, Algermiffen Kr. Hildesheim, Merdorf, Quern, Watenſtedt im Braunſchweigiſchen. Sächſiſche Friedhöfe finden ſich ferner noch in Oſtfriesland und Holland bis zur Zuider-See.

Sehr bemerkenswert iſt ein Vergleich des Derbreitungsgebietes ſächſi— ſcher Fundorte mit dem der ſächſiſchen Mundarten. Bremer unterſcheidet Nordniederſächſiſch, Oſtfäliſch, Engriſch und Weſtfäliſch. Die nordnieder- ſächſiſche Mundart iſt am reinſten ſächſiſch. Sie wird von einer Linie be— grenzt, die genau mit der Grenzlinie ſächſiſcher Friedhöfe übereinſtimmt. . Aud) Peßler hat ſchon die Wichtigkeit dieſer Linie erkannt, indem er darauf hinweiſt, daß auf dem von dieſer Linie umſchloſſenen Gebiet die älteſten haus— typen, das jog. Kübbungshaus und das Slettdielenhaus, vorkommen. Zwar umfaſſen die Derbreitungsgebiete dieſer haustypen ein etwas weiteres Ge— biet. Doch erlangt dieſe Linie dadurch ihre Wichtigkeit, daß ſie ein Gebiet umſchließt, auf dem gleichzeitig Kübbungshaus, Slettdielenhaus, nordnieder- ſächſiſche Mundart und Urnenfriedhöfe vom ſächſiſchen Stile vorkommen. Peßler nennt dieſes Gebiet das Land reinſten Sachſentums. Ich möchte nun glauben, daß die Sachſen zur Zeit der Urnenfriedhöfe bis zu dieſer Linie vorgedrungen ſind. Alles Gebiet außerhalb dieſer Linie iſt erſt in ſpäterer Zeit erobert worden. Das Gebiet der oſtfäliſchen Mundart, in dem wir ſwebiſche Schalenurnen verbreitet fanden, iſt erſt 551 ſächſiſch geworden. Das Gebiet der engriſchen Mundart fällt mit dem Gebiet des Deltheimer Stiles zuſammen. Auch die weſtfäliſche Mundart iſt, wie alle anderen ſächſi— ſchen außerhalb der nordniederſächſiſchen Mundart, ein Miſchdialekt. Nach Bremer laſſen einige Eigentümlichkeiten auf eine fränkiſche (d. h. iſtwäoniſche) Urbevölkerung ſchließen. Auch das Dierjtänderhaus Peßlers kommt nur in Gebieten vor, in denen wir eine Miſchbevölkerung annehmen müſſen.

Wenn uns die archäologiſchen Funde ermöglichen, die Ausbreitung des Sachſenſtammes im nordweſtlichen Deutſchland zu verfolgen, ſo muß es auch möglich ſein, mit hilfe der Archäologie die Überwanderung der Angeln, Sachſen und Jüten nachzuweiſen. Junächſt beſchäftigt uns der Zeitpunkt

352 Alfred Plettke. [6

des Beginnes der Überwanderung. Der befte Jeitmeſſer find immer die Sibeln. Ich möchte zwei bejonders wichtige Gruppen herausgreifen, die kreuzförmigen und gleicharmigen Sibeln. (Bier ſollte an der hand von Lidtbildern eine Darſtellung der typologijden Entwicklung beider Sibel- arten und ihre zeitliche Beſtimmung gegeben werden.)

Die früheſten Sibeln dieſer Arten ſind in die Mitte oder in die zweike Hälfte des 5. Jahrhunderts zu ſetzen. Von beſonderer Bedeutung iſt hier der Fund von Dorcheſter.

Wichtig ijt, daß die kreuzförmigen Sibeln in England ihre Hauptver- breitung im Angeln gebiet haben und auch auf dem Feſtland in Schleswig: Holjtein am häufigſten find, während die gleicharmigen Sibeln eine Charakter- form für das Gebiet zwiſchen Elb- und Weſermündung ſind und ſich in England auf die ebenfalls ſächſiſchen Candſchaften Bedfordjhire und Cambrid- geſhire beſchränken. Tupiſch ſächſiſch ſind auch die Scheibenfibeln mit ver— tiefter ſchalenförmiger Scheibe und mit ſpiralförmigen plaſtiſchen Rankenorna— menten, deren Urſprungsformen ebenfalls auf den Regierungsbezirf Stade beſchränkt find. Schon häufig ijt auf die große Übereinſtimmung der angel— ſächſiſchen Keramik in England mit derjenigen in Hannover hingewieſen worden. Die früheſten Formen, die in England auftreten, find engmündige LCoöpfe mit vorherrſchender Strichverzierung, der Charafterform des 4. Jahr: hunderts. Weit häufiger werden die Typen des 5. Jahrhunderts, die Buckel— und Stempelurnen mit und ohne Standfuß. Seltener treten weitmündige Urnen mit ſcharfem oder rundlichem Umbruch und Urnen mit rundlichem Unterteil und ſtark erweitertem Hals auf.

Alle bisher beſprochenen angelſächſiſchen Funde aus England ſtammen aus den Landſchaften nördlich der Themſe. Eine ganz andere Kultur herrſcht im Gebiet ſüdlich der Themſe. Während in Nordengland Leichen- und Brand— beſtattung herrſcht, finden fic) in Kent nur Skelettgräber. Urnen von ſächſi— ſchem Typus, wie Buckelurnen, kreuzförmige Fibeln, gleicharmige Fibeln fehlen bis auf ganz vereinzelte Funde völlig. Dagegen tritt eine Keramik von völlig fränkiſchem Gepräge auf. Die Metallgegenſtände werden ganz von ſüdgermaniſchem Geſchmack beherrſcht. Beſonders kennzeichnend ſind mit Siligran und Granaten beſetzte Scheibenfibeln, die wiederum nördlich der Themſe fehlen. Von Fibeln mit rechteckiger Kopfplatte iſt eine Form mit einem kreuzähnlichen Ornament auf dem Fußſtück beſonders häufig, die ſonſt nur in Frankreich vorkommt.

Die große Mehrzahl der Funde in Rent aus angelſächſiſcher Zeit weiſt nach dem gegenüberliegenden Frankreich oder Belgien. Wir müſſen auf Grund der Archäologie den Schluß ziehen, daß die Beſiedler Kents vor ihrer

Überwanderung nach England in Frankreich oder den Niederlanden geſeſſen haben.

7] Urjprung und Ausbreitung der Ungelſachſen. 353

Nach Beda find die germaniſchen Befiedler Kents Jüten geweſen. Da nun die Bewohner dieſer Landjchaft eine angelſächſiſche Mundart ſprechen, iſt es völlig ausgeſchloſſen, daß ſie mit den däniſchen Jüten in Juſammen— hang zu bringen ſind. Ein den Jüten ähnlich benannter Stamm wird uns in einem Briefe Theodeberts an Juftinian um 540 genannt, nämlich die Euten am Niederrhein oder an der flandriſch-franzöſiſchen Küſte. Dieſer Name deckt ſich nach Jordan mit einer altengliſchen Namensform von Bedas Jüten, nämlich Yte im Widſidhliede. (Nach Möller dagegen wären dieſe Namen nicht gleichzuſetzen.)

Ten Brink, Much und Jordan nehmen an, daß Jüten und Euten dieſelben Namen ſind, und daß der Jütenname von den in Jütland zurück— bleibenden Dolfsteilen der alten weſtgermaniſchen Jüten auf die däniſchen (nordgermaniſchen) Eroberer übertragen worden iſt.

Das Kentiſche hat nun enge Beziehungen zum Frieſiſchen. Der Brief Theodeberts läßt die Euten am Niederrhein oder in deſſen Nähe vermuten. Nach Hoops muß ein Teil der Angelſachſen vor der Überwanderung nach England in Nordbrabant, Weſtflandern und Nordfrankreich geſeſſen haben, weil nur hier die heimat der großen Maſſe von Lehnwörtern, beſonders ſolcher des Obſt⸗ und Gartenbaues, geſucht werden kann. Auch find in dieſem Zuſammenhang die Niederlaſſungen der Sachſen an der nordfranzöſiſchen Küſte zu erwähnen. |

Danach ſcheint mir folgende Annahme geſichert. Im Laufe des 2. Jahr: hunderts iſt ein Teil der weſtgermaniſchen Jüten aus Jütland ausgewandert (darauf läßt die auffallende Armut an Funden gerade aus dieſer Zeit in Jütland, die ſchon Almgren erwähnt, ſchließen) und hat ſich am Nieder— rhein niedergelaſſen. hierbei nahm der Stamm ſprachlich Beſtandteile des Srieſiſchen auf und geriet in kulturelle Abhängigkeit von den benachbarten Franken. Mit dem Beginn des 5. Jahrhunderts zogen ſie nach England und beſiedelten Kent. Die Geſchichte der Jüten Kents zeigt uns alſo ein Beiſpiel, daß ein Volk ſeine Sprache bewahren, aber feine Kultur einbüßen kann. In England, wo dieſes Volk als herrſchende Schicht auftritt, lag natürlich kein Grund vor, die einmal angenommene Kultur wieder aufzugeben.

Ich glaube gezeigt zu haben, daß die Urchäologie wohl befähigt iſt, die Stammesverhältniſſe, vor allen Dingen in frühgeſchichtlicher Zeit, auf: zuhellen. Die Bodenfunde zeigen uns in dem vorliegenden Falle nicht nur Bilder der äußeren Kultur, ſondern ſie laſſen uns auch in die Geſchichte, die großen Schickſale des Niederſachſenvolkes hineinſehen.

354 III. Bücherbeſprechung. 11

Ill. Bücherbeſprechung.

Hugo Mötefindt: Das Diptychon consulare im Domſchatz zu Halberftadt. Sonder— abzug aus „Abhandlungen und Berichte aus dem Muſeum für Natur- und Heimatkunde in Magdeburg“ 3. Band, 1. heft Magdeburg 1915 46 Seiten, 2 Tafeln.

Es iſt kein neuer Stoff, der in der vorliegenden Abhandlung vor uns ausgebreitet wird. Die Überſicht der Arbeiten über das halberſtädter Doppeltafelbild, die Mötefindt gibt, weiſt eine große Zahl von Titeln auf. Und doc find fo viele Fragen, die mit dieſem

Geſchenke eines Ronſuln verknüpft ſind, noch ungelöft, ja 3. T. gar nicht oder kaum ange—

ſchnitten. Mötefindt ſtellt zum Vergleiche auch die wichtigſten Arbeiten über die Elfen—

beindiptuchen zuſammen und wendet ſich dann den Einzelheiten des Halberſtädter Stückes zu. Bei der Beſchreibung werden zunächſt die mittleren Streifen mit dem Bilde des

Konfuln und feiner Begleiter beſprochen. Die reiche Tracht der Römer gibt uns wichtige

KUnhaltspunkte für die Zeitſtellung des Runſtwerkes. Die oberen Darſtellungen find leider

an den oberen Kanten ſtark beſchnitten. Wir ſehen neben zwei ſitzenden Männern (ans

ſcheinend Kaijern) rechts und links eine weibliche Geſtalt, deren haupt von einem Nimbus umgeben iſt. Die Frauen werden als Sinnbilder der Städte Rom und Ronſtantinopel aufgefaßt, Mötefindt ſchließt ſich dieſer Deutung an. Die Roma hat außer dem Nimbus noch einen Strablenfran3 um ihr Haupt, fie ijt als Sonnengottheit gedacht. Die Konitantis nopolis könnte als Mondgöttin vorgeſtellt ſein !). Neben den Genien halten kaiſerliche

Leibgardilten Wacht. Wenn dieſe Krieger meiſt als Germanen ausgegeben werden, fo

muß gejagt werden, daß man außer dem langen Lodenhaare an dieſen Wächtern nichts

als ausgeſprochen germaniſche Tracht bezeichnen kann. Die Leibwache der Kaiſer beſtand in den drei erſten nachchriſtlichen Jahrhunderten aus Germanen; für die ſpätere Zeit find wir nicht fo gut über die ſtammliche Zuſammenſetzung der ſoldatiſchen Umgebung des

Kaifers unterrichtet. Der Krieger mit Schild und Speer iſt bis ins neunte und zehnte Jahr-

hundert hinein die übliche Darſtellungsweiſe des fürſtlichen Trabanten. Die Freunde

germaniſcher Vorgeſchichte haben ſeit alters beſonders den unteren Bildftreifen mit ihren

Schilderungen germaniſchen Lebens ihr Hugenmerk zugewendet. Wir erblicken dort je

zwei Gruppen eines Mannes und einer Stau. Der vordere Buchdeckel zeigt die Nichtrömer

als Gefangene, das andere Deckelbild führt den der Gefangennahme voraufgehenden Zuſtand der Freiheit vor. Mötefindt ſpricht von dieſen beiden Phaſen nicht und ſtellt die Geſtalten der unteren Streifen ohne nähere hinweiſe nebeneinander. Wir dagegen finden in der rechten Gruppe der Dorderſeite die linke Gruppe des hinteren Deckels wieder und in der Frau der rechten Gruppe der Rüdjeite die Frau der linken Dordergruppe. Zu dem Mann vorn links in der Ede und zu dem Nichtgermanen mit der phrugiſchen Mütze fehlen die Gegen: ſtücke. Die Einzelheiten find unglücklicherweiſe infolge der ſtarken Abnukung gerade der unteren Streifen nicht ganz klar. Mötefindt irrt jedoch, wenn er (Seite 29) von dem

Manne in der linken Ecke des hinteren Deckels ſagt: „Ober- und Unterſchenkel ſind nackt“.

Er hat Züge überſehen, die das Original und auch die Abbildung einwandfrei aufweiſt.

Es liegt unzweifelhaft eine Hoje vor, wie die Längsfalten am Oberſchenkel dartun. Das

Beinkleid reichte ſicher bis über das Knie, wie aus den Falten in der rechten Kniekehle

hervorgeht. Unterhalb des Knies verläuft eine Querrinne über das Bein. Dieſe Linie

kann einen Hoſenabſchluß vorſtellen (d. h. wir hätten eine Kniehoſe vgl. Abb. 1) oder

1) Hat doch die Hauptſtadt am Boſporus ſchon im Altertum den Mond im Stadt— zeichen.

2] III. Bücherbeſprechung. 355

ein Kniegürtel ſein (d. h. wir hätten eine kniegebundene oder eine zweiteilige Knöchelhoſe ogl. Abb. 2). Da beim Original am Schienbein oder an der Wade keine Falten entdeckt werden konnten, liegt anſcheinend eine Kurzhofe (von der Sorm der über die Kniee reichenden römilchen Bracca) vor. Eine ſichere Entſcheidung läßt der Erhaltungszuſtand der Schnitzerei nicht zu. Eine Durcharbeitung der Darſtellungen der Nichtrömer (insbeſondere der Ger⸗ manen) in der Kleinkunſt und in den großen Bildwerken des Jeitabſchnittes vom Jahre 350 bis zum Jahre 550 würde hier Klarheit bringen. Bei den Oſtgermanen des Südens!) kommen (wie wir an anderer Stelle nachweiſen werden) zu Beginn des fünften Jahr- hunderts lange Hofen mit Kniegürtel und lange Kniehoſen mit angenähten Wadenbein⸗ lingen vor. Etwa um die Mitte des gleichen Jahrhunderts beginnt man zu trennen in Wadenbeinlinge und Kurzhojen und zu den Kniehoſen Stutzen zu tragen. Beim halber⸗ ſtädter Diptuchon haben wir anſcheinend eine der früheſten Abbildungen einer Kniehofe ohne Stutzen. Die beiden Frauen find gekleidet in lange, ärmelloſe hemdröcke, die unter⸗ halb der Bruſt gegürtet ſind. Die Befeſtigung auf den Schultern erfolgt ſoweit wir am Originale ſehen konnten nicht mehr wie in den erſten nachchriſtlichen Jahrhunderten

Abb. 1. Albb. 2.

Cinke Eckfigur des unteren Bildſtreifens der hinteren Platte des Halberftädter Doppel: tafelbildes.

durch Sibeln, ſondern die Enden des Hemdrockes find auf den Schultern zuſammengenäht, jo daß ein Halslod) und Armellöcdher entſtehen. Eine der beiden Germaninnen hat ihr Ge⸗ wand um das Kopflody herum mit einer breiten Borte geziert. Was Mötefindt meint mit feinen Worten (S. 30): „ein reiches Geſchmeide vielleicht nur eine Gewandverzierung fällt über die Bruſt und bis auf den Gürtel herab“, iſt uns unverſtändlich. Denn die Elfenbeintafel zeigt nur die kräftigen Falten des hemdkleides, die infolge der Gürtelbindung vom Schulterteil des Rodes ausgehen. Bei der Feſtſtellung der Entſtehungszeit berückſichtigt Mötefindt nur die Mittelbilder. Unter Hinzufügung neuer Beweisgründe ſtützt er die Anſicht Grävens, der das Kunftwerf in die Jahre 428—449, d. h. in die Zeit Dalentinians III. ſetzt. Innerhalb dieſer zwei Jahrzehnte denkt Mötefindt im einzelnen an die vierziger Jahre. Wir möchten, wenn die Gewandung des Ronſuls und ſeiner Be— gleiter es möglich erſcheinen laſſen, das Tafelbild in die fünfziger Jahre rücken wegen der Tracht des Germanen und wegen der Geſtalt des Skramaſax.

1) Für „Oſtgermanen“ möchten wir die dargeſtellten Perſonen trotz des anſcheinend weſtgermaniſchen Skramaſax halten. Das Skramaſam iſt ſtiliſtiſch nicht in das Geſamtbild eingefügt.

356 IV. Nachrichten. [1

Die Urbeit Mötefindts bringt die für gedeihliche künftige Arbeit unvermeidliche Zuſammenſtellung der bisherigen Forſchungen. Meiſt kommen die bisherigen Bearbeiter zu Worte, ohne daß der Derfaffer zu ſchwebenden Fragen ſelbſt Stellung nimmt. Solche Sammelarbeit und Feſtſtellung des erreichten Standes der Erkenntnis iſt wenig dankbar, aber unbedingt notwendig. Mötefindt hat die Aufgabe, die er ſich ſetzte, gelöſt. Seine Ausführungen und nicht zuletzt die beiden vortrefflichen Abbildungen des Halberftädter Konſulartafelbildes können und werden den Ausgangspunkt zu einer abſchließenden Arbeit über das Diptychon des Domſchatzes zu Halberjtadt bilden.

Berlin. Georg Girke.

IV. Nachrichten.

Don Guſtaf Koffinna.

Niedermendiger Bajaltgeräte in Dorpommern?

Zu der Abhandlung von Pp. Hörter, die Baſaltlava-Induſtrie bei Mayen (Man: nus VI, 285 ff.) bringe ich folgenden, von unſerem Mitgliede Prof. Dr. E. Walter in Stettin herrührenden Nachtrag (Balt. Studien, N. $. XIX, S. 278) hier zum Wieder- abdruck:

„In die Hallftattzeit und römiſche Zeit [und noch ſpäter, G. K.] verlegt eine neue Unterſuchung den Beginn einer regelmäßigen Ausfuhr von Baſaltlava-Geräten aus Mayen, doch wird von einem Export bis in unſere Gegenden nichts berichtet. Trotzdem erinnerten mich die dort Taf. XIV, Nr. 9, abgebildeten Mörſer an einige ähnliche Stücke im älteren Bejtand unſerer Sammlung; es iſt ein Mörſer mit flacher Aushöhlung, Wildberg [Kr. Greifswald] 1865 gezeichnet, ein ähnlicher mit größerer Vertiefung, Inv. Nr. 3000 [nach Pomm. Monatsblätter 1891, S. 78, Nr. 6 ijt dieſer „Mörſer aus poröſem Geſtein (Schlacken— ſtein), 8—10 cm Durchmeſſer, 11½ em hoch, nebſt wendiſchen Scherben auf einem Gute in der Nähe von Loitz“ Kr. Grimmen gefunden worden. G. R.] und ein Stempel mit kurzem Quergriff, Inv.-Nr. 2254, von Groß-Rieſow [Kr. Demmin]. Sie find von anſcheinend gleicher rauher Geſteinsmaſſe, ſonſt zeitlich nicht beſtimmbar. Doch führt eine danfens- werte Notiz bei Baier (Die vorgeſch. Altertümer des Prov. Muſeums. Stralſund 1880 S. 29) weiter, die mich ſchon früher auf einen Zuſammenhang gebracht hatte; Mörſer und Keule ſind nämlich auch in Dorpommern gefunden, einmal ſogar in einem Grabe, ebenſo ein Reibſtein, und alle werden als rheiniſche Importſtücke angeſehen, nachdem Prof. Roſe ein gleichartiges Stück der Schweriner Sammlung als Niedermendiger (bei Mayen) Lava beſtimmt hatte. Auch im Berliner Muſeum wird eine Keule von Divitz, Kr. Franzburg, erwähnt. Endlich enthielt die hagenowſche Sammlung einen Mörſer von Gr.-Rakow, Kr. Grimmen (Balt. Stud. 1885, Bd. 16, S. 67). Der Kreis des vorgeſchichtlichen Exports von Cavageräten ſcheint ſich alſo doch beträchtlich zu erweitern.“

Don den Mörſern und Keulen aus Baſaltlava ſagt hörter ausdrücklich, daß fie ſich zeitlich bisher nicht genau haben beſtimmen laſſen; es find bei derartigen Funden bisher ſowohl römiſche als fränkiſche Gegenſtände gefunden worden (S. 295); mit der Hallſtattzeit dagegen ſcheinen fie nichts zu tun zu haben. G. K.

2] IV. Nachrichten. 357

Der Sonnentempel Stonehenge verſchachert!

Die „nationalſtolzen“ Engländer haben es zuwege gebracht, das gewaltigſte Denkmal europäiſch-nordiſcher Vorzeit, den Sonnentempel Stonehenge bei Avesbury in Südengland, wie eine Trödelware meiſtbietend zu verſteigern! Ihr Krämerſinn hat dieſes „vornehmſte Altertumsdentmal“, wie die „Times“ den Sonnentempel nennt, ſchon jahrelang recht merkwürdige Dinge erleben laſſen. Als 1901 der damalige Beſitzer, Sir Edmund Antrobus, um von den Beſuchern ein Eintrittsgeld erheben zu können, den äußeren der beiden Stein— kreiſe mit einem Drahtzaun umzog, hätte die engliſche Regierung gern dieſes wichtige nationale Denkmal angekauft, fand aber den geforderten Preis von 50000 Litrl. (1 Mill. M.) übertrieben. Es folgte, um die Regierung geſchmeidiger zu machen, die Drohung, die Steine nach Amerika zu verkaufen. Aufs neue hat Stonehenge die Offentlidteit beſchäftigt, als im September 1915 das nationale Denkmal zur Verſteigerung ausgeſchrieben wurde. Die Beſitzer, die aus den Eintrittsgeldern in den letzten Jahren 6400 M., ſeit dem Kriege aber faſt gar nichts mehr eingenommen hatten, verlangten jetzt bloß noch einen Mindeſtpreis von 200000 M. Der Derjuch, dieſe für das nationale Empfinden Englands doch recht beſcheidene Summe durch eine Sammlung im ganzen Lande aufzubringen, mißlang. Auch die zur Hilfe gerufene National-Truſt-Geſellſchaft fand in Anbetracht der durch den Krieg bedingten außergewöhnlichen Verhältniſſe den Preis von 200000 M. übertrieben. So iſt denn Stonehenge am 21. September bei einer zu Salisbury abgehaltenen öffentlichen Derfteigerung für 132000 M. (6600 Cſtrl.) in den Beſitz eines herrn übergegangen, der den Kauf ſelbſt als Kapitalsanlage bezeichnete, und von dem man „hofft“, daß er das nationale Denkmal erhalten werde. So ſieht in Wahrheit die engliſche „Pietät“ aus, die ſich über die Reimſer Kathedrale und die Bibliothek von Löwen jo wunderſchön entrüſten kann! (Tägl. Rundſchau.)

Der Krieg hat eben die letzte Maske hinweggezogen vor den verbrecheriſchen Nei— gungen jenes Händler: und Inſelvolkes, deſſen ſchrankenloſe Raubfucht nur noch von ſeiner Begabung zu einer beiſpielloſen Heuchelei übertroffen wird.

Das Oſeberg⸗Schiff.

Wenige vorgeſchichtliche Entdeckungen, ſelbſt in dem hieran ſo überwältigend reichen germaniſchen Norden, haben ein derartiges allgemeines Aufjehen erregt, als das im Jahre 1904 zutage gekommene Wikingerſchiff von Oſeberg mit ſeiner märchenhaft prächtigen Ausftattung, in dem Kriſtiania das bedeutendſte Rulturdenkmal aus jener großen Zeit germaniſcher nordiſcher Geſchichte beſitzt. In der ſchwierigen Ausgrabung des Schiffs— ganzen und in der vielleicht noch ſchwierigeren Konſervierung der unzähligen hölzernen, großenteils reich verzierten Sundjtiide zeigte unſer Mitglied Univ.-Prof. Dr. Guſtafſon in Kriſtiania, dem wir im vorigen Jahre einen leider vorzeitig nötig gewordenen Nach— ruf widmen mußten, feine unerreichte Meiſterſchaft. Das Oſebergſchiff ſelbſt mit ſeinem wunderbaren Dorderfteven war ſchon lange für die Beſichtigung zugänglich. Der große Oſebergſaal des Muſeums aber, der die geſamte Kusſtattung des königlichen Luſtfahr— zeuges und Grabſchiffes birgt und den ich gerade ein paar Tage vor der Eröffnung unter Guſtafſons Führung bis ins kleinſte ſtudieren konnte, wurde erſt 1912 der Allgemeinheit zugänglich: er übertraf ſelbſt die kühnſten Erwartungen, die man von Guſtafſons Können gehegt hatte. Aber immer noch wartete die wiſſenſchaftliche Welt vergebens auf das Werk, das den Fund wiſſenſchaftlich ſchildern und bewerten ſollte. Es galt, hierzu einen für Norwegen großen Geldbeitrag beim Reichstag durchzudrücken. Bis dahin wachte Guſtafſon, der dieſes Werk andauernd vorbereitete, eiferſüchtig über dem Kieſenſchatz

Mannus, Bd. VII. hl. 3. 24

358 IV. Nachrichten. [3

photographiſcher Aufnahmen und Zeichnungen des Sundes. Und fo iſt er darüber hinweg⸗ geſtorben. Nun ſetzte das akademiſche Kollegium in Kriftiania einen Ausfhuß ein, in deſſen hände die Ausarbeitung des Werkes gelegt wurde. Der Ausſchuß hat die Unge⸗ legenheit jetzt ſoweit gefördert, daß der Plan des Werkes feſtgeſtellt werden konnte. Es wird ein Werk großen Stiles werden und vier, vielleicht ſelbſt fünf Bände umfaſſen. Für die erſten drei Bände ijt der genaue Plan feſtgelegt worden. Im erſten Bande wird Pro— feſſor A. W. Brögger eine Überſicht über die Geſchichte der Ausgrabung geben, während Prof. Haakon Schetelig die Schilderung des Oſeberg-Schiffes, ſowie eine Unterſuchung über die altnordiſchen Begräbnisgebräuche in der jüngeren Eiſenzeit, beſonders die Schiffs- begräbniſſe, beitragen wird. Der zweite Band wird die Beſchreibung des ganzen übrigen undes enthalten, während im dritten Bande die Ornamentik des Oſeberg-S undes im Zuſammenhang mit der ganzen Geſchichte der nordiſch-germaniſchen Schmuckformen den Gegenſtand der Behandlung bildet. Für die in den beiden Schlußbänden zu erörternden Einzelfragen hat der Husſchuß ſich die Mitwirkung einer Reihe von norwegiſchen Forſchern geſichert. Schon im September dieſes Jahres ijt die Sertigſtellung des erſten Bandes zu erwarten; bis zum herbſt 1917 ſoll das Werk bis zum dritten Bande gefördert ſein. Es wird in norwegiſcher Sprache abgefaßt, jedoch wird jedem Bande eine kurze Zuſammen— faſſung des Inhalts in fremder Sprache beigefügt werden. Mit Rückſicht auf den reichen Abbildungsitoff wird fic) der Preis des Werkes recht hoch ſtellen, für weitere Kreife ſoll ein volkstümliches Buch verfaßt werden, an das jedoch erſt nach Fertigſtellung des Haupt- werkes gegangen werden kann.

Über das Oſeberg⸗Schiff ſelbſt hat Prof. Dr. haakon Schetelig, unſer Mite arbeiter, anfangs Mai dieſes Jahres in der Jahresverſammlung der norwegiſchen Geſell— ſchaft der Wiſſenſchaften einen feſſelnden Vortrag gehalten, von dem wir im folgenden einen gedrängten Auszug geben:

Das Oſeberg-Schiff übertrifft an Wert auch das 1880 ausgegrabene Gokſtad-Schiff, inſofern es im Gegenſatze zu jenem vollkommen erhalten und auch die Grabausſtattung im großen und ganzen gerettet und aufbewahrt worden iſt. Auf Grund eingehender Unterſuchungen konnte nun Prof. Schetelig über die Beſtimmung und die Geſchichte des Oſeberg-Schiffes ſehr wertvolle Mitteilungen machen, die helle Streiflichter auf das Dunkel der Wikingerzeit überhaupt werfen. Das Oſeberg-Schiff iſt bekanntlich als Grab— ſchiff bei einem fürſtlich ausgeſtatteten Frauenbegräbniſſe um die Mitte des 9. Jahr— hunderts zur Verwendung gelangt. Prof. A. W. Brögger glaubt, daß die in dem Schiffe begrabene Frau Königin Aaja, die Mutter Halvdans des Schwarzen, geweſen fei; in jedem Salle aber iſt es eine ſehr hochſtehende Frau geweſen, die mit dem Oſeberg-Schiff zu Grabe getragen worden iſt. Ebenſo gewiß iſt, daß das Schiff nicht nur ihr Grabſchiff geweſen iſt. Denn das Oſeberg-Schiff weiſt mannigfache deutliche Spuren von Gebrauch und Ab— nützung ſowie auch ſolche von Ausbefferungen auf, und ebenſo iſt durch viele Spuren ſicher— geſtellt, daß das Schiff einmal eine Beſatzung an Bord gehabt hat. Auf der anderen Seite fehlten an der Ausitattung des Schiffes, als es zum Grabſchiffe benutzt wurde, bereits zahlreiche Gegenſtände. Die dreißig Ruder, die man an Bord gefunden hat, waren da— mals, als das Begräbnis ſtattfand, völlig neu und anſcheinend in aller Halt hergeſtellt. Dasſelbe ſcheint für den Maſt zu gelten. Der Schlüſſel zu dieſen mannigfachen Wider— ſprüchen liegt in dem Alter des Oſeberg-Schiffes, das ſich am beſten aus dem Stile ſeiner Schnitzereien erkennen läßt. Danach ſcheint es ungefähr im Jahre 800 n. Chr. gebaut und um 850 als Grabſchiff benutzt worden zu ſein, ſo daß das Fahrzeug etwa ein halbes Jahrhundert im Gebrauche geweſen wäre. Aller Wahrſcheinlichkeit nach hat das Schiff vor der Verwendung bei der Beiſetzung noch lange als Veteran außer Dienſten geſtanden; vielleicht hatte Königin Aaja den alten Segler fic) für die letzte Fahrt bereits lange voraus bereit geſtellt. In hohem Grade wahrſcheinlich iſt, daß das Schiff von vornherein zum per—

4] IV. Nachrichten. 359

ſönlichen Gebrauche für die vornehme Srau erbaut worden iſt, der es nachher als Begräb— nisſtätte gedient hat. Es gehört ſeinem Typus nach zu der befonderen Klaſſe von Sabr- zeugen, deren ſich die Wikinger bei ihren Rüſtenfahrten bedienten, und war alſo nicht für große Fahrt über See beſtimmt. Während das Gokſtad-Schiff einem Manne gehört hat, gehörte das Oſeberg⸗Schiff einer Frau, und wir beſitzen daher in dieſen beiden Fahrzeugen vortreffliche Typen für das Keiſeſchiff eines Wikingerkönigs und einer Wikingerfürſtin.

Diele Darlegungen des norwegiſchen Forſchers beweiſen, welch große Bedeutung die wiſſenſchaftliche Unterſuchung der Wikingergrabſchiffe für die geſamte nordiſche Alter: tumskunde beanſpruchen kann.

Der Goldfund von Kommerau Kr. Schwetz in Weſtpreußen.

Einen außerordentlich wertvollen Fund hat die Graudenzer Altertums- und Muſeumsgeſellſchaft bei Kommerau (Kr. Schwetz) gemacht und dem Städtiſchen Muſeum überwieſen: zwei goldene Singerringe und ein prachtvolles goldenes Armband. Die Ringe haben zuſammen ein Gewicht von etwa 40 g, während der Armſchmuck etwa 160 g wiegt. Die Ringe find 12 mm breit und haben in der Mitte ihres Umfanges ein ſehr zier— lich gearbeitetes Muſter. Sie gleichen den Ringen, die aus zwei Eheringen zuſammen— gelötet ſind, wie fie von Witwen oder Witwern zuweilen getragen werden. Es iſt aller: feinſte Arbeit. Der kleinere hat eine Weite von 21 mm und paßt etwa an den Goldfinger, der größere eine von 25 mm und paßt an den Zeigefinger einer mäßig großen Männerhand.

Ein Prachtſtück allererſten Ranges iſt der Armring. Er beſteht aus einer dreimal gewundenen Spirale, die an beiden Enden in einen Schlangenkopf ausläuft. Der Kopf hat zwei Augen und geht auf einer Länge von 12 cm in ein 8 mm breites Band über, das den Rücken der Schlange darſtellt. In außerordentlich feiner und ſauberer Arbeit ſind darauf Schlangenſchuppen dargeſtellt. Zwiſchen den Schlangen an beiden Seiten befindet ſich ein 26 em langer, im Durchmeſſer runder Goldreifen. Die Breite der Schlangen beträgt, wie bereits erwähnt, 8 mm, die des Reifes 4 mm. Die Geſamtlänge des Urm— ringes beläuft ſich auf 52 cm. (Graudenzer Geſellige.)

Die Sundjtüde gehören jedoch nicht der Bronzezeit an, wie es in den Zeitungen hieß, ſondern entſtammen einem ſteinumſetzten Doppelgrabe des 4. Jahrhunderts nach Chr., worin neben dieſem weiblichen Schmuck auch Mannesbeigaben, wie Bronzeſporen, ſich fanden. Der Typus von Goldarmbändern, zu dem das Rommerauer gehört, iſt faſt aus— ſchließlich in schweden gefunden worden (vgl. Koffinna, Die deutſche Vorgeſchichte?, S. 166 ff.), doch kennen wir auch dorther keinen, der mit dem weſtpreußiſchen Stück ganz übereinſtimmte; es iſt alſo doch nicht ausgeſchloſſen, daß wir es hier mit einheimiſcher Arbeit zu tun haben.

Prof. hermann Günther, der Dorſitzende der Graudenzer Altertumsgefellichaft, der das Grab freigelegt und den Sund dem Graudenzer Muſeum zugeführt hat, wird dem— nächſt eine ausführlichen Bericht darüber veröffentlichen.

Einſturz des Muſeums zu Leitmeritz in Nordböhmen.

Das altehrwürdige, berühmte Rathaus der Elbeſtadt Leitmeritz aus dem Jahre 1559, das 1852—55 erneuert und 1911 im Innern mit großen Roſten neu herge— richtet worden iſt, um im zweiten Stockwerke das Bauamt, im erſten das neugegründete Stadtmuſeum aufzunehmen, iſt am 19. April 1916, nachdem die Aufitellung der Samm— lungen ungefähr beendet worden war, aus noch unbekannter Urſache im mittleren Teile

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360 IV. Nachrichten. [5

vom Erdboden bis zum Dade in ſich zuſammengeſtürzt. Erhalten blieb vom Gebäude der Dachturm, das wertvolle Stiegenhaus mit ſeinen ſteinernen Treppwangen und der herrliche alte Schöffenjaal mit kunſtvoller Holztäfelung und frei hängender kaſſet— tierter Decke, die zu dem Beſten gehören, was von deutſcher Renaiſſance auf uns gekommen iſt (Täfelung und Decke ſind inzwiſchen abgetragen und geborgen worden, da der Schöffen— ſaal mit ſeiner alten Wandmalerei leider doch dem Untergange geweiht iſt). Schwer be— ſchädigt wurde das bekannte Gemälde von §. Rrauſe „die Auswanderung der deutſchen Studenten aus Prag“. Dernichtet wurde die frühmittelalterliche und kirchliche Abteilung des Stadtmuſeums, die wertvolle Glasſammlung, zum größten Teile auch die Münz— ſammlung. Dagegen iſt die vorgeſchichtliche Sammlung faſt vollſtändig erhalten geblieben, darunter der Depotfund von RKundratitz bei Leitmeritz, die Rieſenurnen von Webrutz und die dem Muſeum erſt kürzlich überwieſene vorgeſchichtliche Sammlung des Nordböhmiſchen Exkurſionsklubs. Don den Bronzen fehlt, wie mir Herr heinrich Unkert ſchreibt, wahrſcheinlich nur ein einziges Stück, ein kleiner Ring von geringer Be— deutung.

Nobert Dorr (mit Bildnis).

Am 4. September 1915 feierte der Alteſte der deutſchen Vorgeſchichtsforſcher, unſer Mitglied Profeſſor Dr. Robert Dorr in Elbing, Dorligender der Elbinger Altertumsgeſell— ſchaft und Kuſtos des Städtiſchen Muſeums daſelbſt, feinen 80. Geburtstag, wozu ihm durch unſeren Vorſtand ein herzliches Glückwunſchtelegramm überſandt worden iſt. Wenige Wochen vorher hatte ich in dem trauten heim des Jubilars und ſeiner hochverehrten muſik— kundigen hausfrau einen unvergeßlich ſchönen Tag verleben dürfen. Ich ſtaunte dabei nicht nur über die beiſpielloſe körperliche Rüſtigkeit, ſondern erquickte mich noch mehr an der geiſtigen §riſche und der kraftſprühenden, mannhaft deutſchen Geſinnung meines Wirts, der im Derein mit ſeiner liebenswürdigen Gattin nicht müde wurde, die Schönheiten und Altertümlichkeiten der einſtigen hanſaſtadt wie des Städtiſchen Muſeums mich aus— giebigſt genießen zu laſſen.

Geboren am 4. September 1835 als Sohn eines Hofbelißers zu Fürſtenau bei Tiegen— hof im Elbinger Werder, durchlief Dorr zunächſt die höhere Bürgerſchule in Elbing, widmete ſich dann auf dem väterlichen Gute der Landwirtſchaft, ging aber ſehr bald trotz des Ein— ſpruchs ſeines Vaters unter Überwindung größter äußerer hemmniſſe nach Elbing zurück zum Beſuche des Gumnaſiums, das er 1857 mit dem Keifezeugnis verließ. Er ſtudierte dann in Königsberg unter Schubert, Gieſebrecht, Lehrs, Friedländer Geſchichte und alte Sprachen, promovierte 1861 mit einer Diſſertation aus der Geſchichte des deutſchen Mittelalters und wirkte von 1862 bis 1902 als Lehrer am Elbinger ſtädtiſchen Realgumna— ſium. 1871 heiratete er; ſeine Tochter wurde die Frau des Profeſſors Semrau, des Mufeumsleiters in Thorn.

Don bejonderer Bedeutung wurde für uns die Tätigkeit Dorrs, als er, nicht zu lange nachdem der als Vorgeſchichtsforſcher gleichfalls hochverdiente Dr. Anger 1883 von Elbing nach Graudenz übergeſiedelt war, im Jahre 1884 als Angers Nachfolger Vorſitzender der Elbinger Altertumsgeſellſchaft wurde und damit ein Ehrenamt übernahm, das er ohne Unterbrechung bis auf den heutigen Tag noch bekleidet. Er ſtellte in rühmenswerter Weitſicht die Elbinger Geſellſchaft ſogleich in engſte Fühlung mit dem Danziger Provinzial: mujeum und hob damit nicht nur das Innenleben, ſondern auch den wiſſenſchaftlichen Wert aller Arbeiten der Elbinger Geſellſchaft um ein Bedeutendes. Andauernde Über: nahme der Hauptvortrage in der Geſellſchaft, Leitung der Ausgrabungen im Geſamt— gebiete des Stadt- und Land-Kreijes Elbing, Bearbeitung der Sundftiide und emſigſte ſchriftſtelleriſche Wirkſamkeit auf dem Gebiete der geſamten Vor- und Frühgeſchichte des

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Nogatlandes bezeichnen den Inhalt der reichen Tätigkeit Dorrs. Beſondere Teilnahme ſchenkte er in feinen Schriften, deren Verzeichnis unten folgt, der neolithiſchen Zeit, den Steinkiſtengräbern der jüngeren Bronzezeit (richtiger früheſten Eiſenzeit) und der ſpät⸗ merowingiſchen bis frühkarolingiſchen Periode, während der das Elbinger Land kulturell und ſtammlich mit Oſtpreußen zuſammen geht (Silberberg bei Lenzen, Benkenſtein⸗§reiwalde). Möge der hochverehrte Jubilar ſich noch eines langen heiteren Lebensabends erfreuen, einen Friedensſchluß erleben, der dem deutſchen Volke einen feiner Begabung, feinen Leiltungen und feinen ZJukunftsaufgaben entſprechenden Machtzuwachs in Weft und Oft und die ihm gebührende Weltſtellung bringt, und unſerer Wiſſenſchaft noch weiterhin mit ſeiner Kraft dienen.

Robert Dorr.

verzeichnis der Schriften von Robert Dorr.

De bellis Francorum cum Arabibus gestis usque ad obitum Karoli. Dissertatio. Regimonti Pr. 1861. 62 S. 8°.

Über die hiſtoriſchen Schriften Einhards. Programm der Elbinger Realſchule 1866. 4°.

Twöjchen Wieſſel on Noacht. Plattdietſche Gedichte. Elbing 1862. 82 S. 8°. 2. verm. Aufl. 1897. 148 S. 8°.

Der deutſche Krieg im Jahre 1866 von h. v. B. Elbing 1866. 4. umgearb. und verm. Aufl. 1867. 403 S. 8°.

Über das Geſtaltungsgeſetz der Feſtlandsumriſſe und die ſummetriſche Lage der großen Candmaſſen. Liegnitz 1873. 160 S. 8°.

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Der Antikritiker, Organ für literariſche Verteidigung. (Redigiert von R. Dorr, Elbing.) I. Jahrg. Nr. 1—4. Liegnitz 1875 77. 8.

Chronik der St. Johannis-Coge Constantia zur gekrönten Eintracht im Oriente Elbing zu Weſtpreußen. Zur erſten Säkularfeier am 7. Nov. 1873. Danzig 1875. 74 S. 8°.

Freimaureriſche Seftreden, gehalten in den Jahren 1872—1882 in der St. Johannis- Loge Constantia zur gekrönten Eintracht im Oriente Elbing. Danzig 1885. 95 S. 8°.

Shakeſpeare, De loſtgen Wiewer von Windſor int Plattdietſche äwerſett. Met 'nem Därword von Klaus Groth. Liegnitz 1877. 136 S. 8°.

Beiträge zur Einhardsfrage. Neues Archiv. X (1885), S. 243—307. Nachtrag, S. 477—489.

Kurzer Abriß der Geſchichte des Elbinger Realgymnafiums zur 50 jährigen Jubel- feier der Anſtalt. Elbing 1891.

Eine praktiſch ausführbare Cöſung des Problems der beliebigen Wintelteilung. A. Beſchreibung des Winkelteilungsverfahrens ohne Anwendung eines beſonderen Injtru- ments. B. Beſchreibung zweier für das Deutſche Reich patentierter Winkelteilungs⸗ inſtrumente. Mit 2 Nachträgen. Elbing 1893, 95. 22 S. 80.

Die Kreislinie und die Seite des kreisgleichen Quadrats annähernd darſtellbar durch goniometriſche Funktionen. Ein Beitrag zur Quadratur des Kreiſes. Elbing 1894. 3 S. 8°.

Cadinen, Illuſtrierter Führer. Danzig 1900. 60 S.

Elbing, Neuer illuſtrierter Führer. Danzig, A. W. Kafemann, 1901. 118 8. 2. Aufl. 1910.

Berichte über die Tätigkeit der Elbinger Altertumsgejellidyaft in den Schriften der naturforſchenden Geſellſchaft zu Danzig. 1885-1915.

Der Burgwall bei Cenzen. Ebd. 1887. 13. S. 8°, mit 2 Taf.

Überfiht über die prähiſtoriſchen Sunde im Stadt- und Landkreiſe Elbing. Zwei Beilagen zu den Programmen des Elbinger Real-Gymnajiums. 1893/94. Elbing. 90 S. 4°. Mit 1 Fundkarte.

Die Gräberfelder auf dem Silberberge bei Lenzen und bei Serpin Kr. Elbing aus dem V.— VII. Jahrh. n. Chr. G. Mit 5 Tafeln und 7 Tertfiguren. Seſtſchrift der Elbinger Altertumsgejellichaft zur Feier ihres 25 jährigen Beſtehens. Elbing 1898. 27 S. 4°.

Kurze Geſchichte der Elbinger Altertumsgeſellſchaft (1873—1898). Elbing 1898. 48 S. 8°.

Die jüngſte Bronzezeit im Kreiſe Elbing (mit 1 RKartenſkizze im Text u. 1 Taf.⸗Abb.). Beilage zum Oſterprogramm 1902 der Oberrealſchule zu Elbing. 39 S. 8°.

Sührer durch die Sammlungen des ſtädtiſchen Muſeums zu Elbing. Elbing 1903. 139 S. 8°.

Mikroſkopiſche Saltungsformen. Ein phuſikaliſches Experiment. Mit 4 Tafeln und 31 Tertfiguren. Danzig 1904. 76 8.

Verzierungen auf neolithiſchen Scherben der Elbinger Umgegend, in „Mitteilungen des Coppernicus-Dereins für Wiſſenſchaft und Kunft zu Thorn“. 15. Heft, Nr. 1. März 1907, mit 3 Seiten Abb. S. 2— 10.

Der Elbinger Münzenfund vom 4. Juni 1910. Ebd. 19. Heft, Nr. 2. Juni 1911. S. 21—45.

Der Bronzedepotfund von Lindenau, Kr. Marienburg. Ebd. 21. heft, Nr. 1. 1915. S. 14—25 u. 1 Caf.

Das vorgeſchichtliche Gräberfeld von Benkenſtein-Freiwalde Kr. Elbing (7001150 n. Chr.). Ebd. 22. Heft, Nr. 1. Mit 2 Taf.-Abb.u.1 Plan. S. 2—26. März 1914.

Aus der Dergangenheit des Oſtſeebades Kahlberg. Elbing, C. Meißner (Carl Pederſon) 1914. 36 8.

8] IV. Nachrichten. 365

Unſer Mitglied, mein Schüler Georg Girke aus Berlin, hat während der Zeit, da er, faſt ein Jahr lang, geſundheitshalber vom Kriegsdienſte befreit war (er ſteht ſeit Mai 1916 wiederum im Selde bei Derdun), am 25. November 1915 feine Doktorprüfung beſtanden unter Einreichung einer umfangreichen, überaus fleißigen und trefflichen Schrift über „die Kleidung der Germanen in der vorgeſchichtlichen Zeit“.

Unſer Mitglied Dr. Nils Äberg aus Norrköping, der im Winter 1910—11 aud) mein Zuhörer geweſen ijt, Verfaſſer der trefflichen Schriften:

Studier öfver den yngre Stenaldern i Norden og Däſteuropa. Norrköping 1912 (Doktor⸗Diſſertation).

Kalmar Läns Stenälder. Kalmar 1913.

Kalmar Cans Bronsälder. Kalmar 1915.

De nordista Stridsyrornas Tupologi. Stockholm 1915. hat ſich im Dezember 1915 als Dozent für vorgeſchichtliche Archäologie an der Univerſität Upſala habilitiert. Neuerdings hat er die treffliche Schrift „Die Steinzeit in den Nieder⸗ landen“, Upſala 1916, veröffentlicht, ſowie eine Abhandlung ,,Stridsyror med Dubbelholk“, in der die ſchöne, oft reich verzierte hannöverſche Abart der doppelſchneidigen durch— lochten Streithämmer (Amazonenärte) behandelt wird, die mit ober- und unterſeitiger Tülle verſehen iſt und einmal (Dahlem) auch in Kupfer gearbeitet erſcheint (vgl. meine „Deutſche Vorgeſchichte“ 2, Abb. 105).

Am 26. Februar 1916 vollendete unſer Ausihußmitglied? hermann Buſſe in Woltersdorf bei Berlin ſein 70. Cebensjahr. Unſer Dorſtand ſandte dem um die Dorge— ſchichte der Mark Brandenburg hochverdienten Grabungsforſcher, der auch unſerer Berliner Zweiggeſellſchaft bei ihren Ausflügen in die weitere Umgebung öfters ein trefflicher Führer geweſen iſt (Mannus V, 133 Gielsdorf 1912; V, 220, 392 Scharmützelſee 1914) und in unſeren Sitzungen mit manchem Vortrage über die Schätze ſeiner reichen vorgeſchichtlichen Sammlung zu Worte gekommen iſt, ein herzliches Glückwunſchtelegramm. In feinem Dankſchreiben hob herr Buſſe hervor, wie unſer Glückwunſch nebſt den zahlreichen übrigen, die ihm von nah und fern, ſelbſt aus dem Felde von Oſten und Weiten her zugegangen ſeien, ihm ein neuer Anfporn wäre, ſeine Tätigkeit auf dem Gebiete der heimatlichen Dor- geſchichte auch fernerhin fortzuſetzen. Es ſei hier kurz hinzugefügt, daß die Grabungen Buſſes hauptſächlich den Kreiſen Niederbarnim, Beeskow-Storkow und Lebus zugute ge- kommen find. Sie erſchloſſen uns das rieſenhafte Gräberfeld von Wilmersdorf, Kr. Bees⸗ kow, weiter die von Woltersdorf und vom Großen Reiherwerder bei Tegel Kr. Nieder: barnim, Gielsdorf Kr. Oberbarnim, dieſe alle bronzezeitlich; Schmetzdorf Kr. Jerichow II, veröffentlicht Mannus IV, 235, latène-zeitlich, deſſen Ausbeute dem Provinzialmuſeum zu Halle a. S. überlaſſen wurde; Wilhelmsau, Kr. Niederbarnim, ſpätkaiſerzeitlich (Man⸗ nus V, 59). Zu erwarten ſind noch Deroffentlichungen über die beiden großen bronzezeit— lichen Gräberfelder vom Scharmützelſee Kr. Beeskow-Storkow, nämlich Diensdorf, von deſſen 1000 Gefäßen 460 wiederhergeſtellt werden konnten, und Radlow, wo 515 Ge— fäße feſtgeſtellt und 260 bis jetzt wiederhergeſtellt werden konnten. Endlich ſteht noch eine Deröffentlichung Buſſes über ein Gräberfeld von Rüdersdorf Kr. Niederbarnim in Ausficht. Möge der Jubilar, deſſen unverminderte Rüſtigkeit und unverminderten Schaffens— drang ich noch kürzlich bei einem Beſuche in ſeinem behaglichen Candhauſe mit Freude be— obachtet habe, ſeiner Cebensaufgabe noch lange in voller Geſundheit ſich hingeben können.

364 IV. Nachrichten. [9

Am 22. März 1916 beſtand unfer Mitglied, der bekannte Schweizer Vorgeſchichts⸗ forſcher Otto Haujer bei der philoſophiſchen Sakultät der Univerſität Erlangen die Doktor⸗ prüfung auf Grund einer eingereichten Abhandlung über eine feiner im Dézéretale in der Dordogna belegenen Ausgrabungsitätten, nämlich La Micoque. Die Abhandlung iſt jetzt als Buch erſchienen: La Micoque, Die Kultur einer neuen e Leipzig, Veit u. Co., 56 S. mit 13 Abb., 7 Tafeln u. 3 Plänen.

Dem leider zu früh heimgegangenen vielfach bahnbrechenden Anthropologen Dr. Alfred Schliz habe ich bereits im vorjährigen Doppelhefte (oben S. 207 ff.) einen aus⸗ führlichen Nachruf gewidmet. Nachträglich bringe ich die Wiedergabe eines in meinen Mappen inzwiſchen aufgefundenen Bildes des Forſchers (Taf. XLIV) und hole dies um ſo lieber nach, da ich in den anthropologiſchen Fachblättern nirgends ein ſolches bemerkt habe. Das Bild ftellt Schliz in feiner Tätigkeit als archäologiſchen Vorgeſchichtsforſcher dar und zwar ruht er auf dem Grund eines der von ihm aufgedeckten, mit gewaltigem Steinſatz von Um und darüber hohen Sindlingsblöden ausgeſtatteten Hügelgräber der Periode II der Bronzezeit am Schweinsberg, rechtes Nedarufer, bei heilbronn (Hügel II, Grab III), deſſen Skelett in einer Schicht mit verziegelter Oberfläche gelegen hatte. Es iſt ein Mannes⸗ grab, das auffälligerweiſe 2 Gewandnadeln enthielt, deren eine am Ropfe, die andere an der rechten Schulter lag, außerdem am Becken einen mit ſtarken Nietennägeln verſehenen Dolch, deſſen vergangener Griff noch 8 Bronzenägel hinterlaſſen hatte, endlich ein präch— tiges Ubſatzſtreitbeil. Das benachbarte, ganz ähnlich gebaute Hügelgrab enthielt ein Frauen- ſkelett mit 2 Radnadeln, 2 Armſpiralen, 2 maſſiven Handgelenkringen, einem in Spirale ſcheiben endigenden Sußring und einem dreifachen Bernſteinperlen-halsband und gehört genau der Periode IIe an. (Dal. Schliz, Der Entwicklungsgang der Erd- und Seuerbes ſtattung in der Bronze- und Hallſtattzeit in der Heilbronner Gegend. heilbronn 1900. S. 91 u. Taf. A.)

Am 17. Oktober 1915 ſtarb im Alter von 71 Jahren zu Schaffhauſen Dr. Jakob Nüeſch, bekannt durch feine Entdeckung und ſeine wiſſenſchaftlich leider nicht einwand— freie Ausbeutung der Magdalénien-Unſiedelung am Schweizersbild-Selſen bei Schaff- hauſen.

Otto Ammon F.

Oft genug kann man hören, die Anthropologie fet ein Tummelplatz für nicht Sach— verſtändige, wo jeder, auch ohne die nötige fachwiſſenſchaftliche Vorbildung, glaube mit— ſprechen zu dürfen. Das iſt bis zu einem gewiſſen Maße richtig, hat aber auch ſein Gutes, da gerade die eigentlichen, durch eine zoologiſche und anatomiſche Schule gegangenen Fach— männer meiſt zu ſehr am rein Stofflichen kleben und den Menſchen, „die Krone der Schöp— fung“, kaum anders behandeln als eine beliebige Tiergattung, nach Abſtammung, Der- wandtſchaft, Stellung im „Suſtem“, Artenbildung u. oͤgl., dabei aber vergeſſen, daß er infolge ſeiner geiſtigen Fähigkeiten nicht nur eine Urgeſchichte, ſondern auch eine Geſchichte hat. Auch Ammon, deſſen Gedächtnis dieſe Zeilen gewidmet find, gehörte als Anthropo= loge ſtrenggenommen nicht zum „Sach“, wie überhaupt fein Lebenslauf und Bildungs» gang ein eigenartiger, ungewöhnlicher war.

Als Sohn eines Kaufmanns am 7. Dezember 1842 in Karlsruhe geboren, widmete er ſich, entſprechend feiner hervorragenden Begabung für alles Mathematiſche und Tech— niſche, zunächſt dem Ingenieurberuf und trat nach Beendigung ſeiner Studien an der

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Mannus, Zeitjchrift für Vorgeſchichte. Bod. VII. Tafel SERIE

Alfred Schliz ijt gelagert auf dem Grunde eines Hiigelgrabes, den ein gewaltiger Steinſatz von Findlingsblöcken umgibt.

Das Hügelgrab befand ſich am Schweinsberg bei heilbronn und enthielt ein männliches Skelett mit Beigabe zweier Gewanonaoein, eines Dolches nebſt Griſfbeſchlägen und eines Siveitabjajbeiles der Periode II der Bronzezeit.

Koſſinna, Alfred Schliz. Curt Kabitzſch, kgl. Univ.-Derlagsbudh., W

10] IV. Nachrichten. 365

Techniſchen Hochſchule feiner Daterſtadt in den badiſchen Staatsdienſt, dem er ſechs Jahre lang, von 1863—69, zuerſt beim Bahnbau, dann als Kulturingenieur angehörte. So hoch er dieſe Tätigkeit ſchätzte, fo Gutes er darin leiſtete, ganz genügte jie doch nicht feinen viel⸗ ſeitigen Neigungen, insbeſondere ſeinem Drang nach ſchriftſtelleriſcher Wirkſamkeit. Im Jahre 1869 erwarb er, eine günſtige Gelegenheit benützend, die RKonſtanzer Zeitung, aus der er, als Eigentümer und Schriftleiter zugleich, ein angeſehenes, in Baden und den Nachbar- ländern vielgeleſenes Blatt zu machen wußte. Ein ſchmerzhaftes Leiden veranlaßte ihn, 1883 dieſer anſtrengenden Tätigkeit zu entſagen und die Zeitung zu verkaufen; er zog ſich darauf nach Karlsruhe zurück, wo er von der Jugend her noch mancherlei Beziehungen hatte. Sein lebhafter Geiſt ließ ihm aber keine Ruhe, und er wandte ſich, kaum erholt, mit friſchem Eifer allerlei Ciebhabereien zu, die ihn mehr und mehr in Anjprudy nahmen und bald feine Zeit wieder vollſtändig ausfüllten. „Noch nie hat Herr Ammon ſoviel ge- arbeitet wie feit ſeiner Inruheſetzung“, ſagte damals ein geiſtreicher Vertreter der Preſſe. Zunächſt waren es außer politiſchen meiſt archäologiſche Fragen, die ihn beſchäftigten, vor allem, was bei ſeinem früheren Beruf begreiflich, die Römerſtraßen, bei deren Hufſuchung und Verfolgung er Erfolge von bleibendem Wert zu verzeichnen hatte. Dem gerade damals aufs neue entbrannten Streit um die Urheimat der Indogermanen wandte er feine volle flufmerkſamkeit zu und ſtellte ſich bald mit Entſchiedenheit auf die Seite der— jenigen, die, noch in verſchwindender Minderheit, die ariſchen Wanderungen, zuletzt die germaniſchen, aus der nordeuropäiſchen, durch Langfopf, helle Farben und hohen Wuchs gekennzeichneten Menſchenart (Homo europaeus Linnaei) hervorgehen ließen.

Angeregt durch die lebhaften Derhandlungen über ſolche Dinge in wiſſenſchaft— lichen Vereinen und auf der 1885 in Karlsruhe tagenden Anthropologenverſammlung, rief er, vor keiner Mühe und Enttäuſchung zurückſchreckend, die Anthropologiſche Kommiſſion ins Leben, die es ſich zur Aufgabe gemacht hatte, die leiblichen Merkmale der badiſchen Bevölkerung zu erforſchen und der neben höheren Militärärzten auch der Schreiber dieſer Zeilen angehörte; Ammon ſelbſt, die Seele und treibende Kraft des Ganzen, nannte ſich beſcheiden nur „Schriftführer“. Im Laufe der Jahre, bis 1895, dehnten ſich dieſe Unterſuchungen auf ungefähr 28000 Soldaten und Wehrpflichtige, ſowie 2000 Schulen aus. Die bedeutſamen Ergebniſſe ſind niedergelegt in dem von Ammon bearbeiteten, durch zahlreiche Karten, Kurren und Tabellen erläuterten, für andere derartige Unternehmungen vorbildlich gewordenen Werke „Zur Anthropologie der Badener“ (Jena 1899), dem ſich nur die treffliche, von Retzius und Sürjt herausgegebene Anthropologia suecica (deutſche Ausgabe 1902) an die Seite ſtellen kann und die dem VDerfaſſer den Ehrendoktor der medi— ziniſchen Fakultät der Univerſität Sreiburg i. B. eintrug.

In unermüdlicher Arbeit hatte er ſich die für die Unthropologen unentbehrlichen entwicklungsgeſchichtlichen und anatomiſchen Renntniſſe angeeignet, doch war ihm von ſeinem erſten Beruf her die Neigung geblieben, alles in mathematiſche Formeln bringen zu wollen, was in der belebten Natur doch nicht immer angeht und ihn zu der m. E. ein- ſeitigen Auffaffung geführt hatte, daß einzig und allein der „Ausleſe“, nicht auch der erb— lichen Übertragung von Anpaſſungen, jeder Entwicklungsfortſchritt zu danken fei. Der erwähnte Ausdrud war für ihn geradezu zum Zauberwort geworden, das ihm jede Schwierig- keit zu überwinden und alle Tore des Verſtändniſſes zu öffnen ſchien. Dieſe Anjchauungen, die eine Zeitlang vorherrſchend waren, jetzt aber von der Mehrzahl der Forſcher aufgegeben ſind, treten überall in ſeinen Schriften hervor und bedürfen manchmal der Berichtigung. Im übrigen war er aber in anerkennenswerter Weiſe beſtrebt, aus den Lehren der Natur— wiſſenſchaft die Schlupfolgerungen für Staat und Geſellſchaft, wie für die Geſchichte zu ziehen.

Aus feinen zahlreichen Werken ſeien hervorgehoben „Der Darwinismus gegen die Sozialdemokratie“ (1891), „Die natürliche Auslefe beim Menſchen“ (1893), die ins Sran- zöſiſche und Engliſche überſetzte „Geſellſchaftsordnung und ihre natürliche Grundlage“

366 IV. Nachrichten. [11

(1895, 3. Aufl. 1900), die gekrönte Preisſchrift „Die Bedeutung des Bauernſtandes für den Staat und die Geſellſchaft“ (1906) und endlich die ſchon genannte „Anthropologie der Badener“. Seine Überzeugung, daß ein geſunder Bauernſtand die Grundlage jedes blühen⸗ den Staatsweſens bilden müſſe, iſt wohl heutzutage Gemeingut aller einſichtigen Politiker geworden. Dabei war er ſtets als Zeitungsſchreiber tätig und verſorgte verſchiedene Tages⸗ blätter mit Nachrichten politiſcher und wiſſenſchaftlicher Art. Während des Krieges hatte er feine unermüdliche Seder in den Dienſt des Roten Kreuzes geſtellt. Er war ein be⸗ geifterter Daterlandsfreund, und feine hoffnung auf einen endgültigen Sieg der deutſchen Waffen war trotz der Überzahl unſerer Gegner unerſchütterlich, weil begründet auf ſeiner Schätzung des guten Kerns unſeres Volkes und ſeiner verhältnismäßig günſtigen Blut— miſchung.

lm 14. Januar 1914, bald nach ſeinem 73. Geburtstage, machte infolge eines Schlaganfalls ein ſanfter Tod dem Schaffen des bis zu ſeinem letzten Tage unermüd— lich tätigen Mannes ein Ende. Ehre ſeinem Undenken!

. Dr. Ludwig Willer.

Hermann Klaatſch zum Gedächtnis. Mit Bildnis (Tafel XLV).

Um 15. Januar 1916 ſtarb, kaum 53 jährig, nach kurzer Krankheit in Eiſenach unſer Mitglied Prof. Dr. med. Hermann Klaatſch, Prof. der Anatomie, Anthropologie und Ethnologie an der ſchleſiſchen Friedr. Wilh.-Univerſität zu Breslau.

Die vielfachen Beziehungen zur Ur- und Dorgeſchichte der Menſchheit laſſen es nicht überflüſſig erſcheinen, auch im Mannus feine Lebensarbeit in Umriſſen darzuſtellen !); zudem war Klaatſch eine für ſeine Zeit kennzeichnende Erſcheinung, deren Werte bewußt und unbewußt noch weithin wirken werden und wirken ſollen!

Die Hauptlebensdaten von Klaatſch find kurz folgende:

Geburtstag am 10. März 1863 in Berlin. Sohn und Enkel berühmter Berliner Ärzte. Jugendjahre in Berlin. Studienjahre in Heidelberg und Berlin bis zum Doktor⸗ und Staatsexamen der Medizin 1885. Aſſiſtentenzeit in heidelberg bis zur Habilitation 1890. 1895 Ertraordinariat für vergleichende Anatomie. Seit 1899 Vorträge auf den Jahresverſammlungen der deutſchen Unthropologiſchen Geſellſchaft. 1904—1907 auſtra⸗ liſche Reife. 1907 etatmäßiges Ertraordinariat in Breslau mit Lehrauftrag für Anatomie, Anthropologie und Ethnologie. Dorjteher der Ethnologiſchen Sammlungen. Begrün— dung des Muſeums für Anthropologie. Examinator für Anthropologie. 1912 Lehrauftrag für topographiſche Anatomie. Stellvertretender Vorſitzender der ärztlichen Prüfungse kommiſſion. 1914 Eröffnung des Anthropologiſchen Muſeums. Todestag 15. I. 1916.

Klaatſch war von Jugend auf mit jeder Faſer feines Weſens Naturforſcher, vom Geiſte der großen Arbeiter, Förderer und Entdecker des „beginnenden Zeitalters der Natur: wiſſenſchaften“. Arzte als Vorfahren von väterlicher und mütterlicher Seite, die Jugend in den naturwiſſenſchaftlichen Kreiſen des geiſtigen und vornehmen Berlin der 70er Jahre wieſen ihn auf dieſe Bahn; ſtarke, auch perſönliche Einflüſſe bedeutender akademiſcher Lehrer (Waldeyer, Gegenbauer) ließen ihn fein Endziel früh erkennen, das übrigens ur-

1) Einige wichtigſte Belege für das zu Sagende gebe ich im folgenden in Form von Hinweijen auf die Vorträge Klaatſchs auf den Jahresverſammlungen der Deutſchen anthrop. Geſellſch. (Berichte im Rorreſpondenzbl. d. Deutſch. anthrop. Geſellſch.) und auf andere möglichſt leicht zugängliche Literatur. Eine Bibliographie iſt von Breslau aus in Dor- bereitung.

Mannus, Zeitſchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XLV.

Hahne, Hermann Ulaatſch zum Gedächtnis. Curt Mabitzſch, Ral. Univ.⸗Verlagsbuchh., Würzburg.

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12] IV. Nachrichten. 367

ſprünglich auch das des Daters, eines Schülers von Johannes Müller, war, die verglei— chende Anatomie. Das trat bereits in feiner erſten wiſſenſchaftlichen Arbeit (über Mammaldrüſen, 1883 als Aſſiſtent Waldeyers während der Studienzeit in Berlin) hervor.

‚Die großen Fragen der Stammesgeſchichte bildeten von vornherein den Hinter: grund ſeiner Studien, wie eine frühe Arbeit über die „Grundzüge der Lehre Darwins“, ſowie eine ſtändige Beſchäftigung mit der Stammesgeſchichte der wirbelloſen und der Wirbeltiere während ſeiner erſten Dozentenzeit zeigt. ?

Seit Ende der 90er Jahre trat Klaatſch mehr und mehr mit größeren Zielen und auf neuen eigenen Wegen gehend in die Gffentlichkeit: die vergleichende Anatomie des Menſchengeſchlechtes unter Betonung der Präziſierung der Kaſſenunterſchiede des foſſilen und rezenten Menſchen mittels neuer Stagejtellungen und unter Anwendung neuer Methoden wurde zu feiner eigenſten bedeutungsvollen Lebensarbeit. Deren Er: gebnis war {don bald eine neue Abſtammungslehre und Urgeſchichte des Menſchen, die er bereits 1899 bei ſeinem erſten, infolge des geradezu umſtürzleriſchen Eindruckes faſt dramatiſch geftalteten Auftretens als „Anthropologe“ in den Grundzügen hingeſtellt hatte !).

Die Stammesgeſchichte des Menſchen zu ſchreiben iſt nach den Grundſätzen der heutigen Entwicklungslehre gleichbedeutend damit, „die Schickſale zu ergründen, die jeder Teil unſeres Körpers ſeit den älteſten Zeiten des Lebens auf der Erde durchgemacht hat... Unſer Organismus beſteht aus Einrichtungen, die zu verſchiedenen Zeiten von unſeren Vorfahren erworben und vervollkommnet wurden, während andere zurückgingen und verſchwanden.“

Unter den heutigen Säugern ſtehen die Halbaffen und Affen dem Menſchen in der Organiſation ihres Körpers noch am nächſten, weshalb jie Linné im Suſtem der Zoologie mit den Menſchen als „Primaten“ zuſammenfaßte; als die Lebeweſen, die an der Spitze aller anderen ſtehen.

klnatomiſch erweiſt ſich dieſe Gruppe nun aber nicht als am meiſten „entwickelt“, das heißt einſeitig ſondergeſtaltet, ſondern im Gegenteil bewahrt ſie viele Zuſtände von den gemeinſamen Urahnen (Primatoiden), die unter den erſten Säugern geweſen ſein müſſen: ſie zeigen „primitive“ und „indifferente“ Organformen, aus denen die der anderen Säuger-Derwandten als „ſpezialiſiert“ herleitbar find, die alſo wenig verändert jogar aus dem allen Säugern gemeinſamen Ahnenzuſtand überkommen ſind. Und wiederum der Menſch hat gegenüber den Affen und Halbaffen die primitiveren Juſtände in vielen Dingen beibehalten, zumal an den Extremitäten und dem Gebiß; das Gehirn iſt dagegen ſein „ſpezialiſiertes“ Organ!

„Spezialiſierung“ iſt ein Fortſchreiten auf einſeitiger Bahn, darum zugleich ein Nichtmehranderskönnen, eine Erſtarrung in der Anpaſſungsfähigkeit der ſpezialiſierten Organe, häufig mit Derlujt an Lebenskraft und allgemeiner Anpaſſungsfähigkeit ver: bunden, wenn die ſpezialiſierten Organe vorwiegend den ganzen Organismus beherrſchen. So können die Tierverwandten nicht mehr auf unſere Entwicklungsbahn einſchwenken trotz aller urverwandten Anklänge an unſere „höheren“ „geiſtigen“ Fähigkeiten und der Menſch wird nicht mehr vom Gehirntier zum Rörpertier werden können, trotz aller Urzeit— erinnerungen in feiner Einzelentwicklung, in Kückſchlagserſcheinungen und Züchtungs— fähigkeiten.

Dor dem Gehirn, das offenbar noch längſt nicht „zu Ende ſpezialiſiert“ ijt (wie etwa Mammutſtoßzähne und Tierhufe als Anpaſſungserſcheinungen) tritt mehr und mehr

1) Lindau 1899. Rorreſpondenzbl. 99, S. 154 ff. Halle 1900, S. 145 ff. Metz 1901, S. 99 ff. u. S. 102 ff. hier das denkwürdige ſiegreiche Ringen mit Dirchow um die Anerfennung des Meandertalers !

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im Verlauf der Stammesgeſchichte des Menſchen alles „Tieriſche“ zurück und zeigt „zurück⸗ gebliebene“ Ausprägung oder Derlujte, die wieder ihre Gründe im „Nichtgebrauch“ haben. Als Erklärung 3. B. für den Verluſt des Haarkleides ſetzt Klaatſch gemäßigtes Klima der „Urheimat“ voraus. Daß nicht ein grobes körperliches Machtmittel, ſondern das Gehirn als Sitz feinerer Beobachtung und höherer „Intelligenz“ das ſpezialiſierteſte, den Dorfahren- zuſtänden unähnlichſte menſchliche Organ iſt, erklärt er u. a. durch Abwefenheit körper⸗ gewaltiger Feinde und Wettbewerber; er hat an einen „jetzt unter Ozean und Eis be⸗ graben liegenden“ frühtertiären Erdteil dabei gedacht, deſſen Trümmer das jetzige Auftralien und Südafrika ſind, wo eingeborene Raubtiere fehlten und noch fehlen.

Auf körperlicher Nichtſpezialiſierung, der „Primitivität“, beruht aber die hohe Entwicklungsfähigkeit der Menſchheit, die ihre Säugerverwandten, zumal auch die Halb- affen und Affen, eingebüßt haben infolge ihrer längſt erreichten Sonderanpaſſung. Keiner dieſer Verwandten kommt alfo als „Vorfahrenform“ des Menſchen in Betracht, fie find Seitenzweige im Säuger- „Stammbaum“, deſſen geradlaufende Zentrallinie zum Men⸗ ſchen führt. Dieſe Betrachtungsweiſe muß natürlich auch auf „geiſtige und ſeeliſche“ Dinge ausgedehnt werden, wodurch wieder das Derjtändnis „des Menſchengeiſtes und der Menſchenſeele vertieft werden wird“. |

Bis auf die Wurzel der Säugetiere führt nach Klaatſch der Zuſtand der wichtigſten Rörperorgane des Menſchen zurück; ſo knüpfte er dann den Menſchen direkt dort an und jah zunächſt alle, auch die anderen Primaten als ſeitlich abgewichene Afte neben der eigent⸗ lichen Stammhalterlinie „Menſch“ an.

Den ſtarken, zum größten Teile von philoſophiſcher und extrem theologiſcher Seite herkommenden Widerſtand gegen feine neue Lehre überwand Klaatſch Schritt für Schritt unter ſtändig erweiterter und vertiefter Darlegung feines Tatſachenmaterials, der Er⸗ gebniſſe feiner exakten Arbeit. Grundſätzlich verband er aber kühn und genial Tat⸗ ſachen zu Arbeitshypothefen und großen Linien, die ihm als Brücken über noch be— ſtehende Erkenntnislücken dienten, denn ihm blieb, wie allen großen Forſchern, „ohne die Verwertung vermittels Gedankenoperation die einfache Tatſache ein völlig gleich— gültiger und wertloſer Ballaſt“ (Halle 1900). Wenn durch ſpätere Beweiſe aus eigener oder fremder Arbeit ſich dann ſolche Cücken ſchloſſen, war Klaatſch hochbeglückt, denn nicht die hupotheſen waren fein Ziel, ſondern die Tatſachen, denen zuliebe er gern alle Kon- ſtruktionen fallen ließ, was er allerdings nicht oft nötig hatte. Arbeiten und Überlegungen mit Klaatſch waren unvergeßliche Erlebniſſe von nachhaltiger Wirkung!

Mit Luſt folgte man immer ſeinen außerordentlich gründlichen und doch in kleinen und großen Zügen weitblickenden Spezialforſchungen, die im Rahmen ausgedehnter Spezialkenntniſſe auch der Arbeiten von „Kollegen!“ immer zu allgemeinerer, fortge— ſchrittener Erkenntnis führten. Charakteriſtiſch war es, wie Klaatſch in ſeinem Vortrag (Halle 1900, S. 145) über den „kurzen Kopf des Musculus biceps femoris und feine morphologiſche Bedeutung“ dieſen an ſich heute unbedeutenden Muskel an feiner Nerven= verſorgung als Rudiment eines in der Säugerurzeit noch ſelbſtändigen Muskels nachwies, der beim Menſchen beſſer erhalten iſt, als bei anderen heutigen Säugern: einer der Beweiſe für die geradlinige Anknüpfung des Menſchen an die Säugerwurzel.

Die Feſtſtellung der ſpezifiſch menſchlichen Merkmale in der menſchlichen Vorfahren— reihe (Metz 1901, S. 99 u. 102) befeſtigte Klaatſchs Dorftellung, daß der menſch nicht aus einer vierbeinigen Wirbeltier- bzw. Sduger-Sorm entſtammt, daß gerade feine fünf— fingerige Greifhand ein ihm mit den anderen Primaten und Halbaffen gemeinſames uraltes Erbe iſt, das auf ein handweſen als gemeinſame Stammform hinweiſt. Der Daumen beſonders ijt ſeit dem Beginn des Candſäugerſtammbaumes von allen den anderen Gliedern dieſer Urverwandten des Menſchen, den Huftieren, Jehengängern, Sliegern, Schwimmern, ganz oder faſt ganz verloren. Auch die Affen haben Neigung zum Daumenverluſt. Nur

14] IV. Nachrichten. 369

der Menſch behielt die alte fünfſtrahlige hand bei und vervollkommnete fie ohne „Speziali⸗ ſierungsverluſt“. ;

Andererfeits ift auch ein primatenähnlicher Greiffuß bei den gemeinſamen Säuger- vorfahren der Affen und Menſchen vorhanden geweſen, zu dem Nachklänge noch bei Kindern, armlos geborenen Menſchen und „Naturvölkern“ zu beobachten ſind, und den die meiſten Säuger ebenfalls verloren: durch Ausbildung ihrer Hufe und anderer Spezialiſierungen. Don der gemeinſamen Wurzel der Primaten geht auch hier die Linie zum Menſchen unter - Verſtärkung der erſten Zehe zur Stütz- und Großzehe, wie fie ſonſt nirgends auftritt. Ihre Fixierung (in Oppoſitionsſtellung) führt zur Bildung des Sußgewölbes. Der Menſchen— fuß iſt wie kaum ein anderer Teil des knöchernen Rörperſkeletts ausſchließlich „menſchlich“. Die Affen bildeten Greif: und Kletterfüße anderer Art aus.

Erklärung dieſer unterſchiedlichen Entwicklung ijt die Annahme einer grundſätz— lichen Derfchiedenheit der Lebensweile der „Menſchen“ und der „Affen“ in der Primaten= Urzeit. Im Gegenſatz zu dem Greifklettern der Affen im Urwald ſteht nach Klaatſch das von Schötenſack in hinblick auf das Auftralier-Klettern auch für die Frühzeit des Menſchen als ſtändige Gewohnheit vermutete Steigklettern. Die Auftralier umfaſſen mit ge— falteten händen beim Klettern den Baum und ſtemmen die nackten Füße mit den Sohlen gegen den Stamm und ſchieben abwechſelnd hände und Füße aufwärts (wie die Tele- graphenarbeiter, die mit Steigeiſen und Steiggurt ähnlich verfahren). Bei ſehr dicken Bäumen dienen geflochtene Schlingen als Verlängerung der Armfchlinge.

Das vorwiegende Dorhandenſein hoher, für das Menſchendaſein wichtiger Einzel— bäume mit glattem Stamm in der Urheimat hätte den „Menfchen‘‘ zum Steigfletterer werden laſſen. Schötenſack vermutete deshalb die Menſchheitswiege in Auftralien mit feinen Eukaluptusbäumen, auf denen leichtjagbare Beuteltiere ſowie Dogelnefter und Honig zu holen ſind.

„llufrecht“ gehen zwar auch Affen, Ränguruhs und andere Säuger, aber ohne die typilche menſchliche Balancierung des ganzen Körpers, die ermöglicht wird durch die Knidung (Lordofe) der CTCendenwirbelſäule nach hinten; dieſe ijt nach Klaatſch beim Menſchenklettern erworben, das alſo eine Dorjtufe zum wirklichen aufrechten Gang des Menſchen war. Ware dieſer direkt auf Dierfühigteit oder Vierhändigkeit gefolgt, ſähe der Suß heute anders aus: die Mittelpartie würde wohl die Hauptſtütze geworden fein. Das aufrechte Gehen und Laufen führte dann zur freien Balancierung des Kopfes, was auf die Gebirnentfaltung und beſonders die Ausbildung des beobachtenden Umherblickens von weſentlichem Einfluß fein mußte und weiter zum Freiwerden des Kebltopfes von der Umklammerung ſtarker halsmuskeln, die den Kopf bei den Tieren in feiner Stellung halten, und fo zur Husbildungsmöglichkeit der menſchlichen Sprache.

Die Unterſuchungen zur Entwicklungsgeſchichte des Gebiſſes der Säuger be— feſtigte Klaatſchs Anſichten. Auch hier zeigen die übrigen Säugergruppen tupiſche Speziali— ſierungen, wie Raubtier-, Reiß- und Eckzähne, Nagerſchneidezähne, Huftierbadzähne, die alle aus einer indifferenten Urform herleitbar ſind, der das Primatengebiß noch naheſteht. Der Menſch aber, dem auch hier alle Extreme fehlen, weiſt die im Tertiär (Eozän) noch allen Landfäugern eigentümliche Vierhöckerigkeit der Backzähne noch ziemlich reinerbalten auf, zumal im Milchgebiß; und reiner noch in den foſſilen Rajjen als in den lebenden; am reinſten bei dem homo heidelbergenſis, dem älteſten Menſchenfoſſil vom Beginn des Diluviums. Auch in der Geſichtsbildung, zumal der Form der knöchernen Augenhöhle, erweiſt ſich der Menſch primitiver als die andern Primaten.

In allen Entwicklungseinzelheiten fab Klaatſch alſo immer wieder beſtätigt, daß die Linie von den Urſäugern zum Menſchen geraderen Verlauf hat, als 3. B. ſelbſt die zu dem Affen, die das Ergebnis einer ſekundären Abweichung iſt: trotz aller Blutsver—

370 IV. Nachrichten. [15

wandtſchaft alſo keine Affenabſtammung und auch nicht Abſtammung von vierfüßigen Säugervorfahren, ſondern von Handtieren und Kletterern noch unbekannter Art.

Eine erſte großzügige, feſſelnde Juſammenfaſſung ſeiner Anſichten iſt ſeine „Ent— ſtehung und Entwicklung des Menſchengeſchlechts“ (Kramers Weltall und Menſch⸗ beit, Bd. 2, 1903) 1), die ihm zuſammen mit feinen glänzenden Keiſevorträgen ſchnell weite „Popularität“ verſchaffte. Geradezu apoſtelhaft hinreißend wirkten oft dieſe Vor⸗ träge und haben manchen zur Anthropologie und Urgeſchichte geführt, aber natürlich auch Jeitungskrieg und Hak erzeugt, wenn er tapfer in Weſpenneſter geſtochen hatte!

Der freien Extremität widmete Klaatſch jahrelange Stelettitudien in den anthro— pologiſchen und zoologiſchen Sammlungen Europas und in wertvollen Arbeiten legte er ſeine dabei neugewonnenen reichen Erfahrungen nieder ?).

Dieſe Extremitätenunterſuchungen waren für Klaatſch die erſte Betätigung auf einem großen neuen Arbeitsfelde innerhalb der vergleichenden Anatomie des Menſchengeſchlechts, nämlich dem Studium der modernen Rafjenvariationen als einem neuen Mittel, „das Geheimnis der Gliederung des Menſchengeſchlechts bei ſeiner Husbreitung über die Erde verſtehen zu lernen“. Neue weitgreifende Frageſtellung konnte Klaatſch auf Grund reicher Kenntniffe der vergleichenden Anatomie den Anſichten älterer Forſcher gegenüber— ſtellen und neue Unterſuchungsmethoden waren die Folge feiner unermüdlichen prakti— ſchen Arbeit am Material.

Beſonders auch an die Fortbildung der von Schwalbe ausgebildeten Arbeitsweile, mittels Kurven ſtatt der Meßzahlen die Eigenart des Schädels des Menſchen zu faſſen und darzuſtellen, ging Klaatſch heran (Dortmund 1902, S. 133) und gewann bald die Überzeugung, daß erſt damit die wiſſenſchaftliche Kraniologie beginne. Seinen Arbeiten legte er ſogleich ein neugewonnenes Rurvenſuſtem zugrunde, das er durch Derbefferung des von Liſſauer vorgeſchlagenen Diagraphen durchführte. Schwalbes Glabella-Inion-horizont blieb zunächſt auch für ihn die Grundlage der Schädelanalyje. 1908 erwies er die Bedeutung des von ihm erprobten Glabella-Cambda-horizontes hamys und der meiſt rechtwinklig darauf ſtehenden Baſion-Bregma-Cinie, ſowie eines parallel und ſenkrecht zu dieſen Grundlinien geſtellten Kurvenſyſtems. Die „Zytlogra= phie der hirnkapſel“ (Poſen 1909, S. 83) war ein letztes methodiſch ſehr wichtiges Ergebnis dieſer Neuerungen. Don hier fand er neue Schlüſſel zur hirnentwicklung der alten und neuen Menſchheit, deren ſinnfälligſte Schädelformdifferenzen er durch Differenz in der Entfaltung des Scheitel- und Stirnhirnes erklärte.

Dem Ausbau feiner „Kranio-Morpbologie und KRranio- Trigonometrie“ widmete er ſich beſonders nach feiner Auftralienreife?).

In der Kampfzeit feiner erſten Erfolge als Anthropologe war bereits einmal die Auffindung diluvialer Menſchenreſte (Krapina 1901) feiner, mit Schwalbe gemeinſam beſonders gegen Virchow verfochtenen Überzeugung von dem Daſein der diluvialen Neanderthal-Raſſe, die ſich zunächſt im weſentlichen nur auf die lückenhaften Sunde von Neanderthal und Spy?) ſtützte, eine ſtarke Rechtfertigung geweſen. Auf der Hobe

e

1) In der noch nicht alle hier auch aus ſpäteren Arbeiten zuſammengefaßten Tat- ſachen und Unſichten vertreten wurden.

2) Das Gliedmaßenſkelett des Neanderthalmenſchen. Unatomenkongreß 1901. Die wichtigſten Variationen am Skelett der freien unteren Extremitäten des Menſchen. Merkel und Bonnets „Ergebn. d. Anat. u. Entwicklungsgeſch.“ 1901. Anthropologen- kongreß Metz 1901, a. a. O. Dortmund 1902, S. 153. Später in verſchiedenen Arbeiten.

3) Frankfurt 1908, S. 112, und beſonders Ard). f. Anthr. N. §. VIII, ſowie Derh. d. Anatomenverſamml. Berlin 1908.

4) Lindau, Halle, Metz, a. a. O. Zeitichr. f. Ethn. 1902. Derh. S. 392.

16] IV. Nachrichten. 371

feiner Arbeiten zur vergleichenden Anatomie der foſſilen und lebenden Menſchenraſſen waren ihm wieder Diluvialmenſchenfunde zu wichtigſten Markſteinen feiner Sorſchung und Lehre geworden; ſo der Unterkiefer von Mauer (Homo Heidelbergensis 1908), das älteſte bisher gefundene Menſchenfoſſil, zu deſſen Würdigung er Schötenſackt!) den Weg wies, ſowie der Homo Mousteriensis?) (1908) und der Homo Aurignacensis von Combe Capelle (1908) 3), die er beide auf des Sinders (Haujer) Veranlaſſung hob und bearbeitete.

Es würde viel zu weit führen, die zahlreichen Sejtitellungen auch nur annähernd hier darzulegen“), mit denen Klaatſch das exakte Wiſſen vom diluvialen Menſchen be— reicherte und die vielen Fragen und Antworten, die er für die vergleichende Anatomie und die Abftammungslehre in dieſen Tatſachen fand: Der „Urmenſch“ der foſſilen Neander— thalraſſe iſt in vieler Beziehung höher, d. h. vom Urzuſtand gemeinſamer Hhnen fortent— wickelt, als ſelbſt der lebende Aujtralier; deshalb ſchon iſt er kein Homo primigenius, von dem alle anderen Menſchen abſtammten; er iſt in der Zuſammenſtellung feiner körper— lichen Merkmale ein Sonderzweig. Seine kihnlichkeiten mit anderen foffilen und lebenden Raſſen beruhen teils auf Urverwandtſchaft, teils auf Folgen gleichgerichteter Weiterent— wicklung gemeinſamen Erbes. Die Kurignacraſſe iſt ebenfalls ein ſelbſtändiger Zweig neben der Neanderthalraſſe: gleichalt, aber weiterentwickelt zum modern-menſchlichen hin. Als Sundftüd liegt der eigentliche „Urmenſch“ bisher nicht vor; ſeine Beſchaffenheit iſt auszurechnen, wie ſeit Cuvier manche Dorfahrenform aus ihren Nachkommen rekon— ſtruiert ijt. Bei dieſen Nachweiſen betonte Klaatſch wie immer ſcharf die Notwendigkeit, bei anatomiſchen Vergleichen den ganzen Erſcheinungskomplex der Arten und Variationen zu berückſichtigen. Die alleinige Berückſichtigung 3. B. der fliehenden Stirn führt zu anderen „Derwandtſchaften“, wie die der Extremitätenformen. Das Trennende muß in der ver— gleichenden Anatomie gelegentlich mehr betont werden, als das Einigende, das im Anfang dieſer Wiſſenſchaft vorherrſchend gewürdigt wurde. Reiner war wie Klaatſch mit Wiſſen und Können für dieſe Forſchung ausgerüſtet, und ſelbſt wenn vielleicht dieſe oder jene feiner Arbeitshypothejen ſpäterem Wiſſen nicht ſtandhalten mag, die Erfolge ſeiner Arbeit werden beſtehen bleiben, auch für unſere Wiſſenſchaft als Merkſteine.

In der letzten Zeit ſeines Lebens hat Kl. ſich übrigens auch mehr und mehr neben den urgeſchichtlichen mit den vorgeſchichtlichen Raſſen beſchäftigt und hier wäre, zumal im Austauſch mit den Urbeiten von Schliz, viel Wertvolles zu erwarten geweſen.

Ein weiteres neues Urbeitsgebiet auf dem Wege zur Erkenntnis der Entwicklung des Menſchengeſchlechtes hatte fic) für Klaatſch aus der Anregung, die er bei feinen Reijen, bejonders in Paris und Brüſſel, aus dem Studium der Kultur des Urmenſchen und der primitiven lebenden Raſſen ſchöpfte, aufgetan. Die Frage der primitiven Stein— geräte (Worms 1903, S. 102) hielt ihn dann dauernd gefeſſelt: zunächſt in den nicht glücklichen Gedankengängen und Arbeitsmethoden Rutots, ſpäter auch hier auf eigenen Wegen, ausgehend von der formreichen auſtraliſch-tasmaniſchen Steinkultur ?). Klaatſch verdankt die deutſche Wiſſenſchaft zumindeſt den ſtarken Unſtoß zu der ſeitdem ein— ſetzenden deutſchen diluvialarchäologiſchen Sorſchung. Die erſten heftigen

1) Der Unterkiefer des Homo Heidelbergensis. 1908. Dazu Klaatſch, Jeitſchr. f. Ethn. 1908, S. 998.

2) Homo Mousteriensis Hauseri. Ard. f. Anthrop. N. §. VII. 1909.

3) Homo Aurignacensis Hauseri. Präh. Zeitſchr. 1910.

4) Zuſammenfaſſungen bieten Klaatſchs Berichte in Merfel-Bonnets „Ergebn. d. Anat. u. Entwicklungsgeſch.“ 1904 u. 1908. In allen Vorträgen und Arbeiten Klaatſchs Einzelheiten und Überſichten.

5) Zeitſchr. f. Ethn. 1908, S. 407.

372 IV. Nachrichten. [17

Wellen dieſer Anregung machten fic) ſofort bemerkbar (Greifswald 1904, S. 85, Salzburg 1905, S. 49 uſw.), während Klaatſch in den Jahren 1904 bis Anfang 1907 von Europa fern auf ſeiner faſt dreijährigen Forſchungsreiſe nach Huſtralien und den umliegenden Inſeln war. |

Diefe Reife unternahm Klaatſch, weil er die Wichtigkeit der primitiven Raſſe der eingeborenen Kuſtralier für die Stammesgeſchichte der Menſchheit erkannt hatte und des- halb, nach eigenen Geſichtspunkten vorgehend, noch möglichſt viel anatomiſches Material und unmittelbare Beobachtungen an den Lebenden ſammeln wollte: vor der völligen Vernichtung der Aujtralier durch die engliſche Kolonialfultur, der ſchon die ebenſo wichtigen Tasmanier, ohne wiſſenſchaftlich ausgebeutet zu fein, zum Opfer gefallen waren.

Seine Reijeergebnijje (Straßburg 1907, S. 73 und Zeitſchr. f. Ethn. 1906, 1907) waren infolge feiner unglaublichen Arbeitsfähigkeit, trotz Gefahren und Krankheit, außer- ordentlich reich. Schon in Auftralien ſtellt er eine erſte Veröffentlichung fertig !); nach ſeiner Rückkehr hat er unabläſſig an der Ausnutzung feiner infolge von Ausdauer und Sindig- keit außerordentlich reichen Sammlungen gearbeitet, die den Hauptſchatz ſeines Breslauer Unthropologiſchen Ruſeums und wertvolle Beftandteile anderer Sammlungen (Berlin, Leipzig) bilden und ihm noch für Jahre Stoff zu eigener Forſchung und für Arbeiten ſeiner Schüler geliefert hätte. Klaatſch konnte als Beſtätigung feiner früheren Annahmen die Auftralier als eine körperlich und kulturell auf ſehr primitiver Stufe beharrende Menſchen— gruppe erweiſen, die ſchon bald nach Entſtehung der Gattung Menſch (im Tertiär) ab⸗ gezweigt und geſondert entwickelt fein muß. Somatiſche Beziehungen zu verſchiedenen lebenden und foſſilen Raſſen und zu Affen erklären ſich als Urverwandtſchaftszeichen. Als „Variation“ der Art „Menſch“ iſt der Auftralier älter als die Neanderthalraſſe, feine Mundbildung 3. B. knüpft an präanthropoide Zuſtände an (Schnauzenbildung).

Der in vielen Einzelheiten, zumal in der Steinbearbeitung urzeitliche Kulturzu— ſtand der Auftralier gab Klaatſch erneuten Anlaß zur Beſchäftigung mit den älteſten Rulturzuſtänden der Menſchheit. Gerölle und kunſtloſe Steinabſchläge bilden bis heute einen Hauptteil der Gerätſchaften der Auftralier, was dem hupothetiſchen europäiſchen, eolithi— ſchen oder archäolithiſchen, für den Tertiärmenſchen bereits anzunehmenden Kulturzujtand entſpricht. Rotmalen der Leichen, lebenswahre Darſtellung von Tieren, ſowie Hand- und Fußbilder an Felſen zu „Zauberzwecken“ (bannen!) erinnern an Vorkommen im europäilchen Paläolithikum und find wohl Folgen von Konvergenzentwidlung. Das liebe— volle Eingehen auf „geiſtige und ſeeliſche Probleme der Menſchheit“, das übrigens ſehr weſentlich zum Bilde feiner Perſönlichkeit gehört, fand auf feiner Auftralierreije reichen Cohn in zahlloſen wertvollen Beobachtungen zur Stammesgeſchichte des Geiſtes und der Seele des Menſchen. Klaatſchs letzte große Arbeit behandelt die Beziehungen zwiſchen Anthropologie und Kriminaliftit; hier zog er viele Folgerungen aus feinem ſtetigen Be— mühen, auch die pſychiſchen Probleme in das große Bild der Menſchheitsent— wicklung einzubeziehen.

Von den Ergebniſſen der Neubearbeitung der diluvialen Menſchenreſte nahm die letzte bedeutungsvolle Forſchungsperiode Klaatichs ihren Anfang. Er hatte das Vor— handenſein zweier nebeneinander lebender diluvialer Menſchenraſſen nach— weiſen können, zu deren einer u. a. die Sunde von Ce Mouſtier, Spy, Krapina zum Teil, Corréze und Neanderthal gehören, zur anderen die von Combe-Capelle (H. Aurignacensis), Galley Hill, Brünn, Krapina zum Teil u. a., und aus deren Fortentwicklung und Kreuzung ein Teil der ſpäteren Menjchbeit erklärbar iſt. Bei der Neanderthalraſſe iſt der plumpe

1) Some Notes on scientific travel amougst the black population of tropical Australia in 1904, 5, 6. Dorleſung bei der Jahresverſamml. der Australasian Assoc. for the Advanc. of Science. Adelaide. T, 1907.

18] IV. Nachrichten. 373

Bau des Skelettes auffallend; der Gehirnſchädel iſt lang, breit und niedrig und hat mächtige bogenförmige Überaugenwülſte, großes Geſicht, runde Augenhöhlen, breite Naſe, mächtig entwickelte Mundpartie, fliehendes Kinn, gelegentlich geradezu ſchnauzenartige Bildung der Geſichtsregion. Die Rörper-Stehhöhe war etwa nur 160 em, ſeine Statur unterſetzt, die Proportionen von Arm und Bein durchaus der moderner Menſchen entſprechend, nur der Unterſchenkel ziemlich kurz. Aufrechter Gang und die Sprache waren ſicher vorhanden, dazu große Muskelkraft und geiſtige Fähigkeiten, die jedoch gemäß der engen Stirn im Gebiet der höheren Intelligenz gering, im Gebiet des Beobachtungsſinnes infolge guter Entfaltung des hinteren Großhirnes ſtark ausgeprägt war. Die Kultur war eine niedrige Jägerkultur, wohl ohne Runſtſinn und beſonderen Schmucktrieb (Mouſtier-Stufe Weſt⸗ europas). Die Neanderthalraſſe war offenbar ſchon vor der Eiszeit in Europa weit ver— breitet.

Ihr erwuchſen Konkurrenten in den Vertretern der Hurignacraſſe, die ganz anders organiſiert war. Ihr Bau iſt grazil, elegant, die Gliedmaſſen ſind ſchlank, die Unterſchenkel lang und ſchmal. Nicht an Körpergröße und Kraft, aber an Intelligenz war fie der Neander— thalraſſe ſicher überlegen, was die ſchöngewölbte Stirn mit mäßigen Überaugenwülſten zeigt. Der Schädel ijt typijch dolichozephal, hoch, Sehr lang und auffällig ſchmal, das Geſicht niedrig, im ganzen den lebenden Europäern gleich, das Kinn jedoch noch ziemlich fliehend. Ihre Kultur (weſteuropäiſche Aurignacitufe) ijt überall jünger als die Mouſtierſtufe und techniſch vollkommener; fie zeigt Schmuck- und Kunjttrieb mit ſtarken künſtleriſchen Cei— ſtungen, echte Begräbniſſe und auch in ihrer Fortentwicklung viele Züge hoher entwick— lungsfähiger Intelligenz. Schon im Diluvium find Kämpfe (Krapina) und Kreuzungen (Cro⸗Magnon) nachweisbar.

Der Unterkiefer von Mauer erwies ſich als „prä-neanderthaloid“, der Pithe c- anthropus als ein Weſen, nicht Menſch, nicht Affe, aber verwandt den Kurignac-Men— ſchen, Jeuge eines heute erloſchenen Primatenzweiges.

Das Juſammenvorkommen der Neanderthalgruppe mit der Antiquusfauna, die ihrerſeits zur Sauna Afrikas Beziehungen hat, andererjeits die der Aurignacraſſe mit der Mammutfauna, deren Beziehungen nach Alien weiſen, hatte Klaatſch zu Dermutungen über die herkunft der beiden Raſſen geführt, die beſtärkt wurden durch exakt nach— weisbare anatomiſche Beziehungen der Neanderthalgruppe zum afrikaniſchen Menſchen und der Aurignacgruppe zum ſüdoſtaſiatiſchen. Schon 1902 hatte er beobachtet, daß zwiſchen dem Neanderthaler und dem Gorilla anatomiſche Gleichungen aufſtellbar waren. Eine Anregung durch Melchers, der bei vergleichend-anatomiſchen Studien Ans klänge zwiſchen Afrifaneger und Zujtänden bei Gorilla und Schimpanſe, andererſeits zwiſchen öſtlichen Menſchenraſſen und aſiatiſchen Anthropoiden hatte nachweiſen können (Zeitgeijt 1910, 20. 2), führten Klaatſch zu ſeinen letzten glänzenden Arbeiten über „Menſchen— raſſen und Menſchenaffen“ (Köln 1910, S. 91), in denen er jene Gleichungen auf Grund exakter Unterſuchungen ausgearbeitet und zur Grundlage eines neuen großzügigen Vorſtoßes auf dem Gebiete der vergleichenden Anatomie gemacht hat.

Der Urprimatenſtamm erſchien demnach ausgehend von einer unbe— kannten Urform zweigeteilt in einen aſiatiſchen „orangoiden“ Oſtzweig (H. Aurigna- censis, ſüdaſiatiſche und indoneſiſche Raſſen) und einen afrikaniſchen gorilloiden Weit: zweig (Neanderthaler, Neger; Aujtralier als frühabgetrennter Sonderzweig). Jeder dieſer beiden Zweige hatte einen Affen- und einen Menſchenaſt, die ſich aber in beiden Zweigen ſchon ſehr frühzeitig bald nach ihrer Abzweigung vom Säugerſtamm getrennt haben müſſen, worauf die geradlinigere Entwicklung des Menſchheitstypen hindeuten. Beide großen Gruppen wurden natürlich urſprünglich durch vermittelnde Zweige ver— bunden: Afrika und Aſien ſind ja endgültig erſt im Tertiär getrennt! Schimpanſe und Gibbon find am Affenſtammbaum ſolche Mittelglieder, Pithecanthropus ein foſſiles Beiſpiel. Die

Mannus, Bd. VII. h. 3. 25

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Aufteilung der Menſchheit und Affengruppen von dieſen Annahmen aus und die Be— arbeitung vieler aus feinen früheren Annahmen entſtehenden neuen Fragen ſollte Gegen— ſtand weiterer Urbeiten ſein, ſo auch die Stellungnahme zu der Erſcheinung, daß trotz der durchgehenden Zweiteilung des Primatenſtammes in beiden Zweigen echte Menſchen entſtanden und zugleich alle „Menſchen“ primitiver blieben als alle Affen. Wichtig für uns iſt, daß Klaatſch die „Europäer“ keineswegs als Einheit anſieht, und vorläufig Anjchluß an die Aurignacraffe für die Germanen annimmt, ſtarkes Überleben der Neander⸗ thalraſſe dagegen im Süden Europas.

Durch Waldeyers Vorgang war die Weichteilforſchung in die deutſche anthro— pologiſche Forſchung einbezogen. Durch Klaatſchs Arbeit über die „Stammesgeſchichtliche Bedeutung der menſchlichen hirnrinde“ (Heilbronn 1911, S. 81) wurde ſie ein großes Stück gefördert. Auch hierbei erhielt die Annahme der getrennten Oſt- und Weſtformen und der nahen Verwandtſchaft zwiſchen den Menſchen und Affen dieſer Zweige neue Stütze, ebenſo aber auch Klaatſchs grundlegende Anſicht über die Stellung der Menſchheit innerhalb der Säugetier- und Wirbeltierwelt: Neuerwerbung und Derlujte zeigt auch das Hirn als Zeugniſſe feiner Stammesentwicklung, und wiederum bietet der Menſch in ſeiner vergleichsweiſe geringen Rückbildung des Riechhirnes innerhalb der Primaten= gruppe dieſelbe Urſprünglichkeit wie im Verhalten feiner Extremität, ſeines Gebiſſes uſw.

Don der hirnforſchung führten Klaatſch feine Unterſuchungen dann über Berück— ſichtigung anatomiſcher Zuſammenhänge zum Geſicht und infolge von Anregungen aus Arbeiten über entwicklungsgeſchichtliche Zuſammengehörigkeit von Naje und Mund zu Unterſuchungen über die Entwicklung des Säugetiermechanismus und deſſen Be— deutung für die Stammesgeſchichte der Säuger und zuletzt wieder im beſonderen des Men— ſchen (Weimar 1912, S. 114). Klaatſch erwies die menſchliche „Schnauze“ als Überreſt der urſprünglichen harmoniſchen Zuſammengehörigkeit von Naſe und Mund, die im Anfang des Säugerſtammes Regel war und mit der völligen Nachvornverlegung der Augen direkt zum Urprimatenzuſtand geführt haben muß. Wie immer flojjen ihm in reicher Fülle neue Probleme und Einzelerkenntniſſe über die Abſtammungsfrage aus der innerhalb eines großen Gedankens aufgeführten exakten Forſchung zu: in dem Lippenſaum it der Menſch (in Spuren auch gewiſſe Affen) mit dem Marſupialiern verknüpft. (ihnliche Beziehungen beweiſt der Kremafter als urſprünglicher Compressor mammac. Der Descensus testiculorum, dem er ſchon 1900 (Zentralbl. f. Morphologie) eine anatomiſche Urbeit gewidmet hatte, und die Epiglottis gaben ſich ihm als Erbe aus dem Vormarſupialſtadium zu erkennen. Die viel erörterte Frage der Riefergelenk-herkunft, die Bedeutung des Säuger-Diaphragmas, endlich überraſchende Zuſammenhänge zwiſchen Zitzenform und Mundform legte er in feinem letzten großen Rongreß— vortrag in Weimar 1912 vor.

Klaatſchs Arbeitsweiſe zeichnete ſich überall durch größte Dielfeitigfeit und Vielgeſtaltigkeit aus, die für gewiſſe wiſſenſchaftliche Kreife nicht immer gerade bequem waren und bei ſeinen Gegnern vielen Zorn erregte, ihm ſelbſt manches Mißverſtandenſein einbrachte. In aller Fülle ſeiner Arbeiten war aber immer der große einheitliche Zug und die geniale Wegſicherheit zum großen Ziele. Aus dem Bewußtſein der Not- wendigkeit größtmöglichen exakten Wiſſens floß ihm die Kraft unermüdlicher Arbeit, aus der naturnotwendigen Großzügigkeit und Klarheit feines Denkens folgte der Trieb und die Sähigkeit zu lehren, anzuregen, mitzureißen. Aus dem Reichtum ſeiner vornehmen Perſönlichkeit erklären ſich viele Erfolge, die reiner Derftandesarbeit nicht zuteil werden.

Bei ſeinem unerwarteten Tod ſtand Klaatſch mitten in voller Arbeit. In ſeiner band lag die Löſung einer großen Unzahl auch für unſere Wiſſenſchaft wichtigſter Jor—

20] IV. Nachrichten. 375

ſchungen, und daß er aus unſeren Keihen geſchieden ijt, ijt ſeinen Freunden ein kaum faß— barer Gedanke! Ein ſo Junger, trotz ſeiner 55 Jahre ein Sucher und Seher zugleich Arbeiter und Kämpfer Führer und immer Lernender ein raftlos Suchender, der die Türen der Erkenntnis aufriß mit ſchnellem Griff und heißer Sehnſucht zum Wiſſen. Grimmig Feind allem Kleinlichen, Erſtarrten und Derbobrten, das er ungeduldig und mit ſcharfen Waffen bekämpfte, wenn es fein mußte auch als David gegen Goliath Ritter ohne Furcht und Tadel, unerbittlich und unbeirrbar, kampfbereit gegen alles Unwahre, Boshafte, Ungerechte.

Die äußere Schale mag nicht jedem gefallen haben, der Kern war ein treues gol— denes herz, ein ganzer, ein prachtvoller Menſch mit befreiendem humor kindlich in Liebe und Freundſchaft: ein Jugendlicher durch und durch. Begnadet und dennoch oder deshalb vielfach hart mitgenommen vom Leben. Er war ein Kind vornehmer kulturgewohnter Kreiſe und doch ein Naturmenſch, ein Sohn feiner Zeit und ihrer Wider— ſprüche. Für feine Wiſſenſchaft ein Dollgerüfteter, für ihre neuen Wege ein unerſetzlicher Pfadfinder, dem die alte Frage, „was der Menſch ſei und woher er kommt“, manchen Zipfel ihres Schleiers laſſen mußte und dem neben bleibenden Erkenntniswerten tauſend Anregungen und Wegweiſungen in der Wiſſenſchaft vom Menſchen für immer zu danken ſind. Dem jungen, zaghaften und durch Mißerfolg und Mißgunſt entmutigten Freunde rief Klaatſch einmal in unvergeßlicher Freundſchaftsſtunde ermunternd zu: „Man muß immer Millionär ſein“ —. Und zum Reichtum führt Arbeit und wieder Arbeit in feinem Sinne, die immer Werte ſchafft, neidlos ſein kann, hoffnungsfroh und kraftbewußt, und die deshalb vornehm und gerecht macht und ſomit reich auch im höchſten Sinne. Und reich war Klaatſch in allen Dingen des Charakters und Geiſtes: ein Schaffer und Geber, ein wertvoller deutſcher Mann!

halle, Oſtern 1916. Hans Hahne.

Hugo Jentſch +.

Am 1. Juni 1916 iſt im Alter von 76 Jahren unſer Mitglied, der Direktor des Stadt— muſeums zu Guben, Prof. Dr. Hugo Jentſch, der treffliche Kenner der Vor- und Srüh— geſchichte der Niederlauſitz, geſtorben. Er war geboren am 20. Septbr. 1840 zu Luckau in der Niederlauſitz, widmete ſich dem Gumnaſiallehrberuf, den er zu Guben ausübte, ſchrieb 1875 über die Ariftotelifche Rhetorik, 1877 über Joh. Franck, fand aber fein eigent- lichſtes Tätigkeitsfeld in der Erforſchung der Dorgeſchichte ſeines Heimatsgebietes, der Niederlauſitz, die er überaus fleißig und erfolgreich durchführte ſowohl durch eigene Aus= grabungen und Anſammlung der Altertümer in dem von ihm gegründeten Muſeum zu Guben, als durch Begründung der Niederlauſitzer Geſellſchaft für Anthropologie und Altertumstunde (1885), deren Dorfißender er zeitlebens geweſen iſt, endlich auch durch eine fruchtbare ſchriftſtelleriſche Betätigung auf dieſem Gebiete. Zu nennen ſind hier außer ſeinen zahlreichen Beiträgen zu den Verhandlungen der Berliner Geſellſchaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeſchichte (ſeit 1876 ununterbrochen) beſonders die Gumnaſialprogramme von Guben (1885—92), in denen er den Geſamtbeſtand der vor— geſchichtlichen Altertiimer des Stadt- und Landkreiſes Guben vorführte. Aus der großen Zahl feiner Abhandlungen in der von ihm geleiteten Dereinszeitjchrift, den „Niederlauſitzer Mitteilungen“ ſeien nur genannt „Die Tongefäße der Niederlauſitzer Gräberfelder“ (1895), „die Gräberfunde von Sadersdorf und die jüngſte Germanenzeit der Niederlauſitz“ (1896), die „Steinzeit der Niederlauſitz“ (1900). Auch verfaßte er eine „Geſchichte des Gum— naſiums zu Guben“ (1907). Mit Jentſch erliſcht die Wirkſamkeit des letzten und be— deutendſten jener heimatbegeiſterten Begründer der Niederlauſitzer Vorgeſchichtsforſchung,

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376 IV. Nachrichten. 21

unter denen die Kreisphuſiologen Dr. Siehe (Kalau) und Dr. Behla (Ludau), ſowie die Pajtoren Krüger (Cieberoſe) und Böttcher (Nieder-Jeſer), endlich Rektor Dr. Weineck (Cübben) die bekannteſten Namen waren.

Kriegsnachrichten.

Bei der allgemeinen Metallabgabe für den Krieg im Frühjahr 1916 wurde in Kolberg ein vor etwa drei Jahren in der Nähe Kolbergs bei Peterfitz gefundener und bisher unbeachtet gebliebener Ring einer genaueren Prüfung unterzogen. Es zeigte ſich dabei, daß der etwa 1880 g ſchwere Ring (ein halsring), deſſen Durchmeſſer 20:22, 5 em beträgt, aus einer Goldlegierung beſteht mit 722 Teilen Seingold und 250 Teilen Sein— ſilber. Er ijt ungemein reich verziert durch Stempeleinſchlag von Dreiecken und halb- monden mit erhabenen Innenpunkten, außerdem, was bei dieſer Urt germaniſcher Gold— halsringe frühmerowingiſcher Zeit bisher noch nicht beobachtet worden iſt, mit zwei Tier— köpfen, einem Raubvogel- und einem Schlangenkopf, die an den Enden des Zierbandes ſich befinden. Näheres über das ſeltene Stück ſoll demnächſt gebracht werden.

Am 17. Dezember 1915 wurde die Feſtung Metz von franzöſiſchen Fliegern mit Bomben beworfen und dabei leider auch das ſtädtiſche Muſeum getroffen. Muſeums— direktor Prof. Dr. Keune ſchreibt mir darüber: „Die Derwüſtung durch Sliegerbomben hätte viel ſchlimmer ausfallen können, wenn nicht allerlei günſtige wenigſtens für die Sammlungen günſtige Umſtände gewaltet hätten. Denn nur eine Bombe kleineren Kali— bers hat das Muſeumsgebäude getroffen, während eine Unzahl anderer und teilweiſe ſchwererer Geſchoſſe in der nächſten Umgebung niedergingen. Dann wurden nicht die neuen Slügel getroffen, die das Koftbarfte umſchließen, ſondern ein alter Slügel, und end— lich ijt die Bombe nicht in der Sammlung, ſondern in der darunter gelegenen Kaſtellan— wohnung geplatzt, wo der Schaden hauptſächlich angerichtet wurde. Immerhin iſt auch der der Sammlung zugefügte Schaden recht ſchmerzlich, wenn auch nicht unerſetzliche Werte vernichtet ſind.“

Im Juli 1916, während des Großangriffs der Sranzojen und Engländer am nordfranzöſiſchen Teile unſerer Weſtfront (Somme), iſt die dicht hinter unſeren Schützen— graben gelegene Stadt Peronne von den Franzoſen furchtbar beſchoſſen worden; am 18. Juli ſchlug ein Volltreffer in den Hauptjaal des ſehr wertvollen, im Rathauſe untergebrachten Mufeums. Näheres ijt noch nicht bekannt, inſonderheit nicht, ob die wunderbaren merowingiſchen Grabfunde des Muſeums gelitten haben oder gar vernichtet worden ſind.

Was die perſönlichen Kriegsnachrichten anlangt, ſo kann ich wiederum mit beſonderer Genugtuung und Freude auf die erhebenden Eindrücke hinweiſen, die mir ein reger Briefwechſel mit einem Teile der im elde ſtehenden Mitglieder und befreundeten Sachgenoſſen, inſonderheit meiner Schüler, in ſteter Erneuerung gebracht hat.

Beſonders ausführliche Nachrichten erhielt ich wiederum von Studioſus Felix Liſ— ſauer, der nach wie vor in Flandern bei den Lazarettzügen als Pfleger tätig ijt und ſich die Rote-Kreuz-Medaille verdient hat, demnächſt aber einer Einberufung zum Landſtur m entgegenſieht; der Krieg hat Liſſauer zur Übfaſſung luriſcher Gedichte über Eindrücke

22] IV. Nachrichten. 377

und Stimmungen im Felde angeregt, die wert erſcheinen, im Drucke einem weiteren Kreiſe bekannt zu werden; ö

ebenſo von Leutnant Dr. Ernſt Wahle, den das badiſche Verdienſtkreuz und neuer: dings auch das Eiſerne Kreuz ſchmückt, und der nach einem heimatsurlaub, wobei er auch mir einen eintägigen Beſuch widmete, jetzt in der Champagne ſteht; er hat dort Gelegenheit gehabt, die Ausgrabung eines merowingiſchen Friedhofes zu beginnen, der bei St. Etienne, 3 km hinter der Front, liegt und bei Erdarbeiten angeſchnitten worden iſt. Vorläufig find 12 Gräber geſichtet, davon 2 bereits ausgegraben worden; die Ausbeute beſteht, abgeſehen von den menſchlichen Knochen, in 2 ſchönen Gefäßen und 1 eiſernen Gürtelſchnalle; wichtig iſt der Fund ſowohl nach ſeiner Lage im Gelände als auch deswegen, weil die Champagne bis 486 zum gallo-römiſchen Reiche des Suagrius gehörte und erſt danach fränkiſches Neu— land wurde; der Friedhof muß alſo um 500 fallen und wird vielleicht zeigen, ob hier da— mals Berührungen der fränkiſchen und ſpätrömiſchen Kultur ſtattfanden;

von Leutnant Dr. Walter Schulz-Minden, der mich ebenfalls bei feinem heimats— urlaub auf einen Tag beſucht hat, gegenwärtig an der Oſtfront bei Kobylnit, gleich nörd— lich am Narotſchſee (öſtlich von Wilna), ebenfalls Inhaber des Eiſernen Kreuzes;

von Karl Selig Wolff (Bozen), der nur zur Erholung von übermäßigen An: ſtrengungen an der Südtiroler Front vorübergehend in feinem heimatsorte Bozen militäriſchen Dienſt tut und die freie Zeit, ſoweit feine Geſundheit es geſtattet, zu ſchriftſtelleriſcher Tätigkeit auf dem Gebiete der vorgeſchichtlichen Raſſenforſchung ausnutzt;

weiter nenne ich Leutnant Paul Dräger, der den ſerbiſchen Feldzug mitgemacht hat und nun wiederum in der Champagne ſteht;

Leutnant Dr. Alfred Hennig (Meißen), in der Champagne;

Hauptmann Prof. Dr. Paape, der im herbſt 1915 von Oſtende nach Jakobſtadt an die Dünafront übergeſiedelt iſt;

Hauptmann Prof. Dr. Fuhſe (Braunſchweig), der an einer Etappe im Weiten (Rumigny) Dienſt tut und wegen Deröffentlichung einer ſchon im Februar 1914 dem Mannus übergebenen großen Arbeit über die eiſenzeitlichen Urnenfelder in Braunſchweig öfters mit mir in Verbindung trat;

desgleichen Univ.-Prof. Dr. Netolitzky (Tſchernowitz), der mir eine für das nächſte Mannusheft beſtimmte Abhandlung über das Rätjel der Hirje ſandte und im November 1915 als Chefarzt des 4. Ulanenregiments nach Krasnik in Polen ging, nachdem er die Tatra, Przemuſl und Lemberg mitgemacht und in voller Geſundheit überſtanden hatte; gegen— wärtig iſt er an der Südtiroler Front;

Leutnant und Rompagnieführer Dr. W. Gärte (Königsberg i. Pr.), der mir von der Oſtfront her Mitteilungen ſandte.

Studioſus Georg Cechler (Halle), der im Winter 19145 mein Schüler wurde, nachdem er ſich als Infanteriſt im Selde eine herzerkrankung zugezogen hatte, wurde, wie ſchon früher gemeldet, während des Sommerſemeſters 1915 wieder einberufen und ging zur Sliegerſchule nach Adlershorjt; im September wieder zur Infanterie zurückverſetzt, erkrankte er bald von neuem, kam nach langer Erholungspauſe im Garniſondienſt Sebruar 1916 von neuem zu den Sliegern nach Döberitz, um ſchon im März als Slieger an die Sront nach Verdun geſchickt zu werden. .

Studioſus Joh. Zirfel aus Bernburg, der 1914—1915 mein Schüler war, meldete mir im Sebruar 1916 vom Truppen-Übungsplatz Altengrabow aus feine Einberufung und kürzlich feine Antunft hinter der Weſtfront.

Umtsgerichtsrat Tummeleu in Freienwalde a. O., deſſen kleine vorgeſchichtliche Sammlung aus dem Gräberfelde von Wilhelmshöhe bei Uſch unſere Geſellſchaft bei dem Ausfluge des Jahres 1912 beſichtigte und ich im Verein mit ihrem Beſitzer (Mannus V, 319) beſchrieben habe, ſandte mir im November 1915 als Hauptmann eine Keihe guter

378 IV. Nachrichten. [23

Photographien römiſcher und merowingiſcher Sunde aus dem Muſeum zu Namur, wo da— mals fein Standort war.

Unſer Vorſtandsmitglied Generalarzt Dr. Wilke (Leipzig) hat als Korpsarzt des 19. Armeekorps im Weſten das Eiſerne Kreuz 1. Kl. erhalten, wie ich aus einem von ihm mir überſandten Bildnis erſehe.

Don unſerem Mitgliede Leutnant Prof. Serdinand Bork (Königsberg), Führer einer Flottille der Seftungsbootsabteilung Königsberg auf der Memel, zuerſt in Tilfit, dann in Kowno, erhielt ich im November 1915 jo bemerkenswerte Nachrichten über die für uns wichtigen Verhältniſſe Weſtlitauens, daß ich einiges davon hier mitteile; Prof. Bork ſchreibt:

„Ich fand hier in Kowno ein kleines Muſeum vor, deſſen Wert auf dem vor— geſchichtlichen und volkskundlichen Teile beruht. Mit einem lächerlich geringen ſtaat— lichen Beitrage hat der Leiter es verſtanden, in höchſt achtungswerter Weiſe das jetzt Be— ſtehende zu ſammeln und die Denkmäler der Vergangenheit zu retten. Einige von ſeinen Ausgrabungen hat er, der Litauer, in einer in Warſchau erſcheinenden Zeitichrift in pol— niſcher Sprache veröffentlicht, der einzigen, die er ſchreibt. Was er mir über ſeine Aus- grabungsmethode an der hand von Zeichnungen und Photogrammen gejagt hat, macht einen günſtigen Eindruck. Als Künjtler er ijt Maler iſt er bemüht, auf die Orna— mentik zu achten und fie mit dem jetzigen Beſtande zu vergleichen. In dieſem abgelegenen Winkel hat ſich manches Altertümliche lebend erhalten.“ „Ein ſehr ſchöner Fund des Muſeums iſt ein Schürzenbeſatz aus kleinen rautenförmigen Bronzeblechplättchen (mit gebudelter Verzierung). Beachtenswert iſt, daß heute die Schürzen in gleicher Weile durch Stickerei verziert werden. Die Muſter ſind die gleichen, wie die der Bronzeplättchen.“ „Die Kownoer Sammlung enthält eine Menge von Funden aus der jüngeren Steinzeit. Mir fiel ein hammer mit in Stein nachgeahmter Gußnaht auf. Es ſind ferner Funde aus dem Mittelalter da, die ihre genauen Gegenbilder im Pruſſia-muſeum zu Königsberg haben, z. B. in den Sunden von Andullen. Es handelt ſich u. a. um je zwei durch mehrere Retten miteinander verbundene Einſtecknadeln. Auf die Ketten find Spiralen geſtreift. Ferner find mir mehrere Hufeifenfibeln aufgefallen.“ „Die Urnen und Beigefäße find verſtändnisvoll wieder hergeſtellt, dergeſtalt, daß ſich die Ergänzung durch hellere Sarbe abhebt. Eine Urne {chien mir die Lateneform zu haben, auf einer anderen glaubte ich das Mäanderornament zu ſehen.“ [? G. R.] Im ganzen hat man den Eindruck, daß das baltiſche Kulturland nicht Litauen, ſondern Oſtpreußen war. Die Sunde des Kownoer Muſeums ſind ihrem Werte nach, d. h. nicht dem wiſſenſchaftlichen nach, recht ärmlich. Die Sibeln Litauens verſchwinden geradezu neben dem Reichtum Oſtpreußens. Genau jo iſt es heute. Die Stadt Rowno mit ihren mehr als 80000 Einwohnern iſt armfelig gegen- über dem reichen und prächtig ausgebauten Tilſit. Die Straßen von Kowno find geradezu borſintflutlich, die modernen häuſer erbärmlich. Nur wenige Rejte älterer Zeit find ſchön, aber leider vielfach verhunzt. Gegenüber dieſer vollſtändigen Urmſeligkeit fallen die prunk— vollen Kirchen, die man ſelbſt in den jämmerlichſten Dörfern findet, aus dem Rahmen. Der Ruſſe hat keinen Wirklichkeitsſinn, keinen Sinn für feinere Ausgeftaltung des Lebens. In ſeiner Seele ſteht das Wörtchen Nitichewö eingegraben, Gleichgültigkeit gegen alles iſt ſein Lebensinhalt. Das Menſchenleben gilt hier nichts, weil man gar nicht imſtande iſt, Lebenswerte zu ſehen. Stirbt ein Menſch, fo wird er eingeſcharrt. Man betrinkt ſich dabei und vergißt den Toten gründlich. Rein gepflegtes Grab, keine in Stand erhaltene Kirchhofsmauer ijt mir auf meinen ruſſiſchen Fahrten aufgefallen. Sogar der deutſche Rirchhof in Kowno zeugt davon, daß die Seele der hieſigen Deutſchen vom ruſſiſchen Nitſchewo angekränkelt iſt. Selbſt in Libau iſt mir eine gewiſſe Rückſtändigkeit gegenüber den oſt— preußiſchen Derhältniljen aufgefallen, trotzdem Libau ein Juwel iſt. Im Hafen ſah ich

24] IV. Nachrichten. 379

3. B. nur 2, und zwar recht altertümliche Cadekräne, während Königsberg, das eine nicht beſonders günſtige Lage hat, dieſen Mangel durch den Seefanal ausgeglichen hat und feinen hafen durch Anlage eines rieſigen Siloſpeichers, des größten in ganz Deutſchland, eines Rühlhauſes, zahlreicher Elevatoren, Exhauſtoren und modernſter Cadefrane zu bedeutender Höhe hinaufgeſchraubt hat. Es iſt ſicher kein Zufall, daß die Königsberger Seitungsbootsabteilung, nachdem die Feſtung nicht mehr bedroht war, in weiter Ferne Stationen anlegte und ſelbſtändig arbeitete. In Libau und Windau ſind unſere Dampfer zu finden und den Memelſtrom hinauf bis Kowno. Wir haben über 2 Millionen Mark durch Organiſierung der Flößerei geborgen. Die ruſſiſchen Dampfer, die Sie in Cilſit geſehen haben [bei meiner oſtpreußiſchen Reife im Auguft 1915, unmittelbar nach der Eroberung Rownos, G. K.], konnten nur mit unſerer hilfe jo raſch in Betrieb genommen werden, wie es geſchehen iſt. Wir haben alle entbehrlichen Mannſchaften und alles ent⸗ behrliche Schiffsperjonal hergegeben, damit fie den Verkehr aufnehmen konnten, ehe die Eiſenbahnbrücke bei Kowno wiederhergeſtellt worden war.“ Über den Kownoer Muſeums— leiter ſchreibt Prof. Bork noch: „Er will nüchtern das, was er findet, beſchreibend feſthalten und ſich von Theorien freihalten. Wiſſenſchaftlich iſt er ein Eingänger, der den Unſchluß an die deutſche Wiſſenſchaft verpaſſen mußte, weil er ausländiſchen Geſellſchaften nicht bei— treten durfte. Aber trotz ſeines Alters hat er den glühenden Wunſch, nach dem Kriege mitzumachen. Meines Erachtens kommt es jetzt darauf an, in dem eroberten Lande, das wir ſicher nicht mehr aus unſerer hand laſſen werden, in aller Stille friedliche Eroberungen zu machen.“

Ende des Jahres 1915 erhielt ich mehrfache Schreiben von unſerem neuen Mit: gliede Oberleutnant d. R. Karl Lüdemann, der an der Oſtfront im Eiſenbahnbau tätig ijt; ſchon vor mehr als einem Jahrzehnt hatte er in der Altmark Ausgrabungen gemacht und veröffentlicht, war dann aber durch ſeine Berufspflichten auf lange Jahre hin der Vorgeſchichte völlig entfremdet worden. Und nun hat ihn während des Krieges der zu— fällige Fund von vorgeſchichtlichen Reiten in der Erde und dann beſonders die dadurch ange— regte Cektüre meiner „Deutſchen e von neuem zum begeiſterten Jünger unſerer Wiſſenſchaft gemacht.

Um dieſelbe Zeit erhielt ich von unſerem alten Mitgliede Oberapotheker Rade (Römhild) einen begeiſterten Brief, worin er ſchildert, wie er im Felde (Weſten) in den heften des Mannus und in der Mannusbibliothek immer wieder Stärkung und Erholung findet; auch er fand vorgeſchichtliche Reſte, fo bei Sfierniewice in Polen eine Ringburg; wie andere (ſo Ceutnant Dräger aus Serbien) betont auch er, daß das Tongeſchirr in Oſt— europa, beſonders in Polen, nach Form und Verzierung (Singertupfen u. dgl.) außer: ordentlich an vorgeſchichtliche Gefäße erinnere. Bemerkenswert zu hören iſt es, wie oft unſere Truppen 1914/15 den Standort gewechſelt haben; Kade ſchreibt: im Auguft (1914) waren wir mit in Belgien, kamen dann nach Oſtpreußen während der erſten Schlacht an den maſuriſchen Seen. Hierauf fuhren wir nach Krakau, überſchritten die ruſſiſche Grenze und machten hindenburgs Zug über Kielce und Opatow an die Weichſel mit. Von da ging es zurück über Petrifau, dann durch Pojen hindurch; am 15. November (1914) wieder nach Polen hinein über Dombi, Kolo nach Lodz zu, von da an die Rawfa, dann nach Skier— niewice, wieder ſüdlich zwiſchen Rawa und Tomaſzow. Anfang Juli (1915) wurden wir wieder verladen und kamen bei Mlawa wiederum nach Polen. Bei der großen Offenſive durchbrach unſere Diviſion bei Gruduſk die Ruſſenſtellung; wir rückten mit ihr bis Pultuff, dann über Rozau an die Warſchau-petersburger Bahn, nach Bialyftof und Grodno. Hier ſagten wir dem ruſſiſchen „Dreck“lande Lebewohl und find ſeit Anfang Oktober (1915) in Frankreich.

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Zum Schluſſe habe ich noch die ſchmerzliche Pflicht, unſeren Mitgliedern wiederum die traurige Mitteilung von dem heldentode zweier meiner Schüler zu machen.

Kunjtmaler Paul Quente, vor einer Reihe von Jahren Schöpfer des reichhaltigen heimatmufeums der Prignitz zu Heiliqengrabe, das er kraftvoll und unermüdlich be— reicherte und durch Begründung und ſichere Ceitung eines Muſeumsvereins ſicherte, deſſen Mitgliederſchaft nach Tauſenden zählt, verdient um unſere Wiſſenſchaft auch durch ſorg— fältige Ausgrabungen und fleißige ſachgemäße Deröffentlidyungen, zielbewußt in ſeinem Streben, unſerer Wiſſenſchaft in vollem Maße Herr zu werden, drei Semejter lang bis zu feiner Einreihung in unſere Kriegerſcharen Teilnehmer meiner Übungen und Vor— leſungen, im Juli 1915, wie im vorigen Hefte gemeldet worden iſt, als Dizefeldwebel und Führer eines Mannſchaftszuges nach dem Wasgau geſandt, wurde dort nach wenigen Monaten am 15. Oktober 1915 ein Opfer ſeines vorwärtsſtürmenden, todesverachtenden heldenmutes. Große Hoffnungen einer erfolgreichen wiſſenſchaftlichen Zukunft ſanken mit ihm in das Grab.

Der andere dahingeraffte liebe Schüler iſt hans hanſen aus Riel, von Geburt Däne, von herzen und Sinnen aber Volldeutſcher, Alldeutſcher, ein echter Germane in ſeiner blühenden Erſcheinung und ſeinem hinreißend friſchem Weſen, in ſeinem Denken, Wollen und Arbeiten. Wie bewunderten wir ſeine unvergleichlich geſchickte klusgräber— hand am Tage unjeres Sommerausfluges (Mannus VI, 392 f.), jenem verhängnisvollen letzten Sonntage im Juni 1914, da bei der nächtlichen heimkehr vom Ausfluge die ent— ſetzliche Kunde vom Morde des öſterreichiſchen Thronfolgerpaares zugleich die Über— zeugung vom nahen Ausbruche des Weltkrieges uns aufdrängte! Das Kieler Muſeum hatte gehofft, in hanſen ſpäter eine willkommene Kraft gewinnen zu können. Nun hat ſein Tod in den fernen Gebirgen Serbiens auch dieſe Hoffnung zerſtört.

Endlich ijt mir noch die Kunde zugegangen von dem Tode des Dr. Anajtas Tſchi— lingirow, Muſeumsaſſiſtenten in Sofia in Bulgarien. Don der bulgariſchen Regierung zu vorgeſchichtlichen Studien nach Berlin entſandt, iſt er, abgeſehen von der Unterbrechung durch den bulgariſch-türkiſchen und den anſchließenden Balkankrieg, während deſſen er ſich der Krankenpflege in der heimat widmete, vom Winter 1911/12 bis zum Eingreifen Bulgariens in den Weltkrieg mein Schüler geweſen. Leider ſetzte ſeine ſchwache Ge— ſundheit feinem großen Sleiße zu ſtarke Schranken entgegen, als daß er über den ihn erdrückenden Stoff der europäiſchen Vorgeſchichte jo bald hätte herr werden können. Die großen Erfolge ſeines Daterlandes hat er noch erleben dürfen; nun deckt auch ihn die heimatliche Erde.

paul Quente +, Mit Bildnis (Taf. XLVI). geboren 29. Mai 1887 zu Weißenfels a. S., gefallen am 15. Oktober 1915 am hartmanns— weilerkopf als Dizefeldöwebel im Garde-Schützen-Bataillon.

„Kehre ich nicht zurück, Heil und Sieg dem Daterlande !“

In dieſer Geſinnung hat ſich Paul Quente losgeriſſen von ſeiner ihm ſehr lieben Arbeit, der Erforſchung der Vergangenheit feiner Wahlheimat, der Prignitz. In dieſer Geſinnung hat er ſein Leben vollendet in echt germaniſchem Geiſte, dem ſeine Forſchung galt. Mit Wonne faßte er das Germanenſchwert (Rhone-Tupus), das die Gunſt des Ge— ſchicks Weihnachten 1915 in ſeine hand legte. Er lebte der Überzeugung, daß es bald gelten werde, den Geiſt, der dieſes Schwert geſchweißt, im Kampfe zu bewähren, wie der Artikel „Die Prignitz (Dahlhauſen)“ in ſeinem Muſeumsheft Nr. 5, 1914 zeigt. f

Mannus, Zeitjchrift für Vorgeſchichte. Bd. VII. Tafel XLVI.

paul Quente Oktober 1915 auf dem Hartmannsweilerfopf im Ober-Elſaß.

gefallen am 15.

Dis, Würzburg.

v. Rohr, Paul Quente.

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26] IV. Nachrichten. . 381

Beim Ausbruch des Krieges ſtellte er ſich ſofort im Wunſche, als Kriegsfreiwilliger einzutreten. Ein herzfehler, der ihn zum Landſturm ohne Waffe verſchlagen hatte, wurde Urſache ſeiner Derwerfung. Immer aufs neue bat er um einen Poſten im heere, bis er endlich im Sebruar 1915 bei den Garde-Schützen ankam. Noch in der Zeit feiner militäriſchen Ausbildung beſuchte er die Univerſität, ſonderlich die Vorträge des Herrn Profeſſor Koſſinna. Die Vorgeſchichte der Germanen, das Graben nach den Wurzeln des Stammes, dem er angehörte, war ihm wichtig wie ſein Wachſen und Gedeihen in den Stürmen der Gegenwart.

Er war Thüringer von Geburt, in Berlin aufgewachſen. Don einer Wanderung durch die Inſel Rügen zurückkehrend, kam der junge, hochbegabte Maler in ſeinem 20. Lebens- jahre nach der Prignitz, nach dem Kloſter zum heiligengrabe, wo er ſeine dort angeſtellte Mutter, eine geborene Spiegel, beſuchte. Heiligengrabe ſprach ihn als heimat an und hielt ihn feſt. In der Abtiffin des Kloſters fand feine erwachende Seele volles Derjtändnis nach jeder Richtung, in der ſie nach Entfaltung ſtrebte. Der Maler hatte ſchon früher einen väterlichen Freund und Mäzen gefunden in herrn Edmund Schmalfuß-Falken- ſtein, Doigtland. Wir finden Paul Quentes Arbeiten, Studien und Bilder vielfach mit Sp. F. gezeichnet in Dankbarkeit gegen die Mutter und den Falkenſteiner Sabritherrn. 1907/08 ſtudierte er ein halbes Jahr bei Geheimrat Bracht-Dresden und ſchloß ſich im Frühjahr 1908 mit einer größeren Anzahl Schüler Brachts Studienreiſe nach der Rhön und Eifel an (Rhein). Bracht war es, der den ſchlummernden Archäologen in ihm weckte, welcher, als innere Kämpfe ſeine junge Seele erſchütterten und dem Sonnen- und Lidt- maler den Pinſel für eine Zeitlang aus der hand nahm, die Oberhand in ihm gewann. heiligengrabe, die Prignitz wurde der Ankergrund für Paul Quente. Unter dem Schutze der Abtifjin, der er Sohn wurde, entwickelte er fic) zu dem Manne, von dem der Landes: direktor von Winterfeld in feinem Beileidstelegramm an die Abtiſſin in bezug auf feine Muſeumstätigkeit ſagt: „Die Provinz trauert mit Ihnen um den zielbewußten, hoch— begabten Leiter. . ..“ Er durchforſchte den Boden feiner Wahlheimat, er gründete und pflegte das heimatmuſeum der Prignitz zu Heiligengrabe, er gewann ſich Mitarbeiter aus allen Schichten des Volkes und weckte den Gemeinſinn in den geſchloſſenſten Kreiſen. „Geſchenkt von Arbeiter jo und jo“, von „Lehrer, Bauer, Büdner, Rittergutsbefiger, Paſtor, Stiftsdame“, fo find die Schauſtücke in feinem Muſeum ausgezeichnet und ſprechen ihre eigene Sprache. Bauern haben auf ihren Grundſtücken ſelbſt mit hand angelegt beim Graben. Der Geiſt hat mehr gewirkt als das Geld, gewiß eine bemerkenswerte Erſcheinung in dieſer Zeit. Die Fachſchrift hatte dem jungen Archäologen, der aus Geiſtes Vollmacht das Werk angriff, ihre Spalten geöffnet, er war als Mitglied der Unthropologiſchen Geſell— ſchaft und bald darauf der Geſellſchaft für deutſche Vorgeſchichte aufgenommen worden und hielt verſchiedentlich Vorträge in deren Derſammlungen. Die Geſellſchaft für deutſche Vorgeſchichte gab ihm ſogar Gelegenheit, bei fernen hauptverſammlungen als Redner mitzuwirken. Je tiefer er aber eindrang in ſeine Wiſſenſchaften, um ſo mehr wurde er ſich der Tücken bewußt, die er auszufüllen hatte, deſto klarer wurde ihm, daß der geordnete Weg zu einem bekannten Ziel Erſparnis fei. Er errang ſich das Recht, an der Univerſität zu hören, und tat Fleiß in Kunſt und Wiſſenſchaft mit germaniſcher Gründlichkeit dem Germanengeiſte, bis er das Schwert ergreifen durfte im Germanengeiſte: „Wenn ich nicht wiederkehre, Heil und Sieg dem Daterlande!“

„In utrumque paratus Arte et Marte.“

H. v. Rohr.

382 IV. Nachrichten. [27

„Von deutſcher Art und Runſt.“

In meinem Buche „Die deutſche Vorgeſchichte uſw.“? ſprach ich in der Einleitung von der bedauerlichen Tatſache, daß die zünftige KRunſtwiſſenſchaft und natürlich ebenſo die Kreiſe unſerer Gebildeten noch vollkommen unberührt ſeien von der Erkenntnis einzelner weniger, tiefer blickender Sorjcher, daß unſere mittelalterliche Kunſt großenteils eine Weiterführung wichtiger Beſtandteile des von der zünftigen Wiſſenſchaft als „bar⸗ bariſch“ verſchrieenen merowingiſchen Stils fei, daß insbeſondere der gotiſche Kunſtgeſchmack nur verſtanden werden könne, wenn man ihn als kräftige klußerung der noch ungebrochenen altgermaniſchen Art mit den Schöpfungen der Vorzeit in enge raſſenmäßige Verbin— dung bringe.

Dieſe Verbindungen im einzelnen genau aufzudecken und im Zufammenhange nachzuweiſen, dünkt mich eine Aufgabe, die des Schweißes einer völkiſch gerichteten Wiſſen⸗ ſchaft in hohem Maße wert ſei. Vorbedingung dafür iſt natürlich die Beherrſchung der Sormenſprache der germaniſchen Frühgeſchichte und zugleich des Mittelalters. Einen Anfang in dieſer Richtung macht unſer Mitglied Dr. Franz Bock, Profeſſor der Runſt— geſchichte an der kal. Akademie zu Poſen, der ſich ſeit Jahren ſchon in recht bemerfens- werter Weiſe über dieſe Dinge geäußert hat. Ich hebe hervor ſeine Anſchauungen über das Weſen deutſcher Runſt, die tief in unſerer Art begründet liegt; über die höhepunkte der deutſchen Kunft, die er in der Zeit der deutſchen Spätgotik (Plaſtik und Grünwald, der bedeutendſte aller deutſchen Maler überhaupt) und in der großen deutſch-holländiſchen Blüte des Nordiſchen Barock ſieht, der Rembrandt angehört; ſowie über den durchaus germaniſchen Charakter der geſamten Gotik. ö

Trefflich und lehrreich war nach dieſer Richtung ſein Buch „Die Neuordnung der Kaljeler Gallerie“ (Marburg 1912), ebenſo feine Abhandlung „Die Gotik und die deutſche Kunſtwiſſenſchaft“, ein Beitrag zum Kampfe um die deutſche Runſt (1915; Sonderdruck aus der Zeitichrift „Heimdall“, 16 8.).

Ganz neuerdings hat ſich Bock wiederum über dieſe großen, für unſer Volk un— zweifelhaft größten, Fragen der RKunſtgeſchichte des Altertums und Mittelalters in vor— trefflicher Weile ausgelaſſen, als er die Ausftellung „Kunft im Kriege“ im Kaiſer-Sriedrich⸗ Muſeum zu Pojen einer eingehenden Würdigung unterzog (Poſener Tagblatt vom 8. und 9. Juli 1916). Die hier ausgeſprochenen Gedanken ſind für unſere Wiſſenſchaft wichtig genug, um, teilweiſe wenigſtens, hier wiedergegeben zu werden. Bock ſchreibt über die Abteilung „Grabmäler und Denkmäler“:

Die in prächtigen Photographien ausgeſtellten Grabdenkmäler und Graburnen von hermann Obrift in München find, abgeſehen von Metzner und einigen wenigen anderen, das Beſte in der umfangreichen Abteilung Grabmäler und Denkmäler, obwohl das entwicklungsgeſchichtlich ſchon die Kunjt von geſtern iſt. Auf das Problem, das hier liegt, werden wir gleich kommen. Obriſt hat ſich dadurch einen dauernden Namen in der Geſchichte der deutſchen Runſt geſichert, daß er in der großen, ſchöpferiſch-modernen und nationaldeutſchen Hufſchwungs bewegung der neunziger Jahre als Erſter die völlig verkommene Grabmalskunſt mit ſchöpferiſcher Kraft und Eigenart wieder erneuert hat. Ungeſichts des heute um ſich greifenden, geradezu kulturſchädlichen Wahnes, daß mit „Or— ganiſation“ allein alles getan und gemacht fei, muß man daran erinnern, daß wohl zunächſt einmal Künjtler neue, künſtleriſch gute Grabmalskunſt ſchaffen mußten, ehe andere Leute eine Grabmalskunſtbewegung organifieren konnten. Was wir in Obriſts Werken vor uns ſehen, hat den eigenen, neuen Stil, den die bildende Runſt, zumal die Baukunſt und die Plaſtik, durch das ganze 19. Jahrhundert, von 1750—1890, nicht beſeſſen haben. Und ganz von ſelbſt iſt dieſe ſchöpferiſche, urſprüngliche Kunft auch nach Weſen und Stil eine deutſche Runſt. Dieſe freie, nicht ſchroff von der Natur fi ſondernde,

28] | IV. Nachrichten. 383

ſondern oft allmählich in fie überfließende §ormenſprache, dieſe Linien, dieſes Maleriſche und Bewegte und leiſe Phantaſtiſche und Schmuckfrohe das alles ijt ein echter und urſprünglicher Ausdrud unſerer künſtleriſchen Phantaſie und Begabung. Nichts iſt darin, etwa in der Art der akademiſchen Romantiker oder der „gotiſchen“ Denkmäler Schinkels, aus gelehrtenhafter Reflexion nachgeahmte Gotik, aber dieſe Kunft iſt voll von innerer Weſensverwandt— ſchaft mit der Gotik, wie ja auch die beſte Baukunſt der Bahnhofshallen und Brücken und Warenhäuſer und Waſſertürme in der aufſteigenden Periode (1890 bis 1905) dieſe heimliche Gotik in ſich hat. Das iſt der beſte Geiſt und die beſte Uhnenſchaft, die wir unſerer wahrhaft zeitgenöſſiſchen Kunjt nur wünſchen können. Denn die Gotik (die nicht „franzöſiſch“ iſt, wie eine enge und veraltete Kunſtphiloſophie lange behauptet hat) iſt, außer Rembrandt, das Größte und Eigenartigſte, was unſere germaniſche Raſſe bisher in der bildenden Runſt überhaupt geſchaffen hat. Man erkennt es ja deutlich aus dem Halle der Italiener, die dieſe unſere große Kunft im 16. Jahrhundert mit dem Schimpf— namen „Barbarenkunſt“ denn das ſollte das Wort „gotiſch“ urſprünglich heißen belegt haben, wie in dieſem Kriege Sranzoſen, Italiener, Portugieſen, verwelſchte Belgier und Schweizer und ihr Blut ſchändende, verkrämerte Engländer uns und unſere Art „barbariſch“ ſchimpfen.

Aud) in der Cinienſprache von Metzners hervorragender großer Kriegerfigur ſteckt die innere Weſensverwandſchaft mit der Gotik, wie in ſeiner ganzen Runſt. Wohl iſt der Individualſtil Mekners ein ganz anderer als der Obriſts, wohl ijt der ganze Stil vom Naturalismus zur Stiliſierung übergegangen und tektoniſcher geworden, aber geblieben iſt ihm die ſchöpferiſche Kraft und Urſprünglichkeit, und damit von ſelbſt der deutſche Stil. Dieſe CLinienſprache, dieſe ſchwere, im Gegenſatz zu franzöſiſcher Eleganz derbe, wuchtige, kraftvolle §ormenſprache und dieſes mächtige, verhaltene ſeeliſche Leben find echt deutſch. So deutſch wie die anderen Weſenszüge in Obriſts Kunft, denn unſere größte Blütezeit, unſere (Spät-) Gotik, zeigt uns alle dieſe Dinge vereint und beiſammen; genau wie Rembrandts Stil. Metzner iſt ſicher einer der größten Bildhauer, die Deutſchland-Gſterreich je beſeſſen hat. Und wo find die großen Aufträge an dieſen Künjtler und die öffentlichen Denkmäler von feiner hand im denkmalreichen Deutſchland? Gott ſei Dank, daß wenigſtens im Leipziger Völkerſchlacht— Denkmal von Schmitz und Metzner endlich einmal ein wirkliches deutſches National— denkmal zur Tat geworden iſt.

Leider iſt nun aber heute der Geſamtzuſtand der Baukunſt, des Runſtgewerbes (Goldſchmiedekunſt 3. B.), der Plaſtik und eines Teiles der Malerei und Graphik (Buch— ſchmuck z. B.) von der Art, daß ein Metzner nicht nur durch ſeine individuelle Eigenart und Größe einſam faſt herausragt, ſondern durch ſeinen Stil, ſeine ſchöpferiſch-nationale Richtung an ſich. Unter dem, was man hier ſieht, gehen nur einige Grabdenkmäler von hellmer, hoſeus, Bernouilli, de Jonge und Sritz Schumachers ausgezeichnetes Dresdener Krematorium auf einer Straße mit Metzners Kunſt.

Die große Maſſe der übrigen Grabdenkmäler dagegen bewegt ſich grundſätzlich, nach Weſen und Wert, auf einem ganz anderen Wege, nämlich auf derſelben Derfalls- bahn eines ſchlimmen neuen Akademismus, der ſich ſchon ſeit etwa zehn Jahren in ſteigendem Maße wieder überall breit macht, unter der durchaus falſchen und irreführenden Behauptung, „modern“ zu ſein. In Wahrheit hat es durch das ganze 19. Jahrhundert, ja ſchon ſeit dem Ende der italieniſchen Renaiſſance, in Europa keinen ſchlimmeren Tod— feind jeder lebendigen zeitgenöſſiſchen und nationalen Kunft gegeben, als eben diejen Rlaſſizismus. Es ijt wahrhaftig ein Jammer, ſehen zu müſſen, wie alle dieſe Künftler

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vom Geiſt von 1914 jo rein gar nichts verſpüren. Vielmehr wiederholt ſich genau das künſtleriſche Elend von vor 100 Jahren, wo auch, trotz der Sreiheitstriege, nach 1815, ſtatt der eigenen, deutſchen und zeitgenöſſiſchen Form, die ſchlimmſte künſtleriſche Reaktion des akademiſchen Klaſſizismus erſt recht Trumpf wurde. Was wir hier ſehen, dieſe Säulen (u. a. einen glatt nachgeahmten helleniſtiſchen Tempelbau!) und Pilaſter und flachen Giebel, Obelisken und Römerhelme fortwährend begegnet dieſes Motiv, ſelbſt bei einem Hogg dieſer Reliefitil, dieſe Körperauffaſſung, dieſer Rhythmus der Dekoration, mit einem Wort dieſe ganze Formenſprache iſt das völlige Gegenteil der neuen, ſtarken, urſprünglichen und weſensechten deutſchen Kunſt, die wir, unter Ausfchaltung aller fremden Einflüſſe, auch derer des toten Griechentums, durch und nach dieſem Kriege erhoffen. Mit dieſer Kunſt bildet man ſich ein, dem Auslande Achtung abzugewinnen und kulturelle Welteroberungen zu machen?! Das Meiſte iſt ja glatte Wiederholung be— kannter helleniſtiſch-römiſcher und klaſſiziſtiſcher Typen, ein unfruchtbarer, charakterloſer Afademismus aus zweiter und ſogar dritter hand. Es iſt traurig, wie auch ein Albin Müller, ein Endell geſunken find. Man vergleiche das jo ſtark an deutſche Brunnen— tupen des 16. Jahrhunderts angelehnte Kriegerdenkmal von Müller mit Obriſts Werken daneben und man hat den ganzen Verfall vor Augen. Woher kommt wohl die Friſche und Wärme in Obriſts Werken und dieſe leichenhafte, öde Eiſeskälte an der ganzen Wand der Klaſſiziſten? Muß ſich denn immer in Deutſchland das alte Elend wiederholen, daß unſere Künſtler, auch große, an der Klippe der Stiliſierung und Tektoni— ſierung ſcheitern? Dieſe Künjtler ſelbſt freilich und ihre literariſch-journaliſtiſchen Partei— gänger ſind überzeugt, mit dieſem kläglichen Griechennachahmertum auf dem einzig wahren heilswege zu fein und die vorhergehende Phaſe der Runſt, wie fie hier Obriſt vertritt, „überwunden“ zu haben. Zeitlich ja, aber ſachlich-künſtleriſch und im Werte mit nichten! Don jeher war die Verblendung über den eigenen Niedergang ein bezeichnendes Merkmal für die Künjtler ausgeſprochener Derfallsperioden. Der nieder: ländiſche Maler Mander ließ im 16. Jahrhundert den ſchönen Satz drucken, daß er und ſeine Genoſſen „den rohen und plumpen barbariſchen“ Stil durch „den rechten und ſchönen antiken“ erſetzt hätten. Mit dem erſten iſt die große, herrliche gotiſche Blütekunſt des 15. Jahrhunderts, 3. B. der Genter Altar, gemdint, mit dem zweiten die Kunſt eines Goſſaert und Orley, Scorel und heemskerck und Cornelius van Haarlem, in der heute die internationale Kunſtwiſſenſchaft einſtimmig einen böſen, minderwertigen Verfall erkennt. Es ijt auch heute leider nicht überflüſſig, daran zu erinnern, daß am Anfang des 19. Jahrhunderts die theoretiſchen Apoſtel des Klaſſizismus, ein Windel: mann und Ceſſing, einen Rembrandt und hals als „Affen der gemeinen Natur“ und ihre Kunft als „Rotmalerei“ geſchmäht und verdammt haben. Unſere Neuklaſſiziſten von heute und ihre journaliſtiſchen helfer nennen die deutſche Kunjt von 1860 —1905 „wild“ und wähnen, fie damit abgetan zu haben. Genau jo fand ſchon die echt akademiſche Althetit eines Sandart im 17. Jahrhundert einen Rubens „zu extravagant und liberal“ und ſeine Formenſprache nicht „korrekt“ genug. Und mit denſelben ſoziologiſchen und ethiſchen Schlagworten und im ſelben Zirteltanz wie in Winckelmanns Tagen nennen dieſe heutigen Klaſſiziſten ihre Kunft „vornehm“ und „edel“; und das große, ſelbſt urteilsloſe Publikum läßt ſich nur zu ſehr damit einfangen, beſonders wenn dazu noch die üblen Zeitphraſen „großzügig“ und „monumental“ nicht fehlen. Als wenn es auf alle dieſe Kriterien ankäme! Der entſcheidende Punkt iſt vielmehr dieſer. Auf die erſte Entwickelungsphaſe der neuen deutſchen Kunjt, ſeit 1890, die noch unter der Führung der Malerei ſtand und außerdem naturaliſtiſch war, weil jeder wirkliche neue Anfang in der Runſtentwickelung naturaliſtiſch ſein muß, und dekorativ, weil das tief in unſerer künſtleriſchen Veranlagung jtedt, folgte um 1905 eine zweite Phaſe, in der die Bau— kunſt allmählich die Oberhand bekam und alles zur Tektoniſierung und Stiliſierung drängte.

30] IV. Nachrichten. 385

Aber nun verſagte die Hauptſache, nämlich die ſchöpferiſche Kraft, eine eigene und neue ſtiliſierte und architektoniſierte Formenſprache zu ſchaffen. Aus künſtleriſcher Schwäche fiel man vielmehr wieder ab in die ſchlimmſte künſtleriſche Reaktion, den Klaſſi— zismus. Das iſt nicht „Sortichritt“, nicht lebendige, organiſche Weiterentwickelung, ſondern Stillſtand und Kückſchritt. Durch gedankenloſe Überſpannung der Forderungen: material— gerecht und zweckmäßig kam man dazu, innerſte Weſens- und Grundzüge unſerer deutſchen Kunjt zu erwürgen. Die Schmuckfeindſchaft und der echt keltiſche Rationalismus in dieſer Kunft find durchaus undeutſch, und die Gotik be— weiſt uns ja, daß Materialgerechtigkeit, auch im Steinbau, kein abſolutes und entſcheidendes Kriterium für Wert und Geſundheit der Kunft iſt. Aber immerhin, mögen dieſe Rünſtler von einem gewandelten Sehen und Empfinden aus auf unbedingte Einfachheit und Schlichtheit ausgehen gut; aber wenn ſie dann, wie hier, nicht fähig find, eine eigene neue Form für ihr Empfinden zu ſchaffen, fo ijt ihre Runſt ſchlecht und charakterlos, mag ſie noch ſo „großzügig“ und anſpruchsvoll auftreten und ſich mit theoretiſcher Begriffsverwirrung umgürten.

Daß das Streben nach ſchlichter Einfachheit nicht zum akademiſchen Klaſſizismus führen muß, wenn eben die nötige Geſtaltungskraft vorhanden iſt, beweiſen hier nament— lich die in der Mehrzahl ſelbſtändigen Entwürfe, die das Wiener Muſeum für Kunft und Induſtrie ausſtellt. Beſonders die Verwendung der mit Unrecht in der Allgemein— heit verachteten und faſt vergeſſenen Materialien des Holzes und Eiſens erweiſt ſich auch hier als ſegensreich, weil das älteſte und gigenſte Material unſerer deutſchen Plaſtik, das holz, und das modernſte, das Eiſen, gleichermaßen einen gewiſſen Schutz bieten gegen das Abgleiten in den Afademismus. Daß auch bekannte und berühmte Namen nichts für die Qualität beweiſen, zeigen hier die frühgriechiſcher Plaſtik nachgeahmten Denkmäler von Elkan, oder Behrens’ auch ſchon klaſſiziſtiſches Hagener Krematorium oder die Arbeiten von Kreis. Sein minderwertiger, charakterloſer Entwurf zum Bis marck— denkmal am Rhein halb Pantheon, halb Theoderichsgrabmal wird hoffentlich nach dieſem Kriege nicht zur Ausführung kommen, denn das wäre wahrlich keine Bismarck⸗Ehrung und kein „Nationaldentmal“, ſondern eine Derewigung künſtleriſchen Niederganges. An einer „Walhalla“ und einem Niederwalddentmal haben wir wahrlich genug. Auch hier kann man ſehen, wie Kreis aus Schwäche, nachdem ſeine künſtleriſche Zeugungskraft erſchöpt war, zur Griechennachahmung gekommen iſt. Und daneben durften die beiden Veteranen des Akademismus, Seidl, der immer noch feinen ſüddeutſchen Barock nachahmt, und Hildebrand, der kalte, reflektierende Nachahmer von Antike und Michelangelo und Quattrocento, einer der Däter des ganzen neuklaſſiziſtiſchen Übels, natürlich nicht fehlen. Es iſt zu bedauern, daß nicht zum Vergleich einige haupt— werke aus dem herrlichen Reichtum ſpätgotiſcher deutſcher Grabdenkmäler aus dem 15. Jahrhundert, z. B. von Riemenſchneider oder dem jungen Diſcher, ausgeſtellt ſind, wie ſie damals durch ganz Deutſchland hin geſchaffen wurden. Dann würde jeder Laie ſehen können, daß dieſe Kunft hier nach Weſen und Stil ganz un— deutſch iſt. Soviel haben wir in den letzten 25 Jahren durch klare Unterſcheidung der Blütezeiten und der Derfallzeiten unſerer Kunſt, und überhaupt durch die Fortſchritte der kunſtwiſſenſchaftlichen Methode doch allmählich gelernt, daß wir wiſſen, wie die bei allem Wechſel der Zeitſtile dauernden Weſenszüge unſerer Kunft ausſehen. Genau ent— gegengeſetzt als das hier! Nur auf den tiefſten punkten der ganzen Entwide - lungsbahn der deutſchen Runſt, um 1550 und um 1800, jah die entartete Kunjt in Deutſchland fo aus, wie dieſe pſeudomoderne. Andererſeits lehrt uns aber die höchſte Blütezeit unſerer deutſchen Runſt, daß der Einwand hinfällig iſt, den heutigen Steinmetzen, fern von den KRunſtmittelpunkten, dürfe man nur ſolche ganz ein— fachen ſchematiſchen Vorbilder geben, wie dieſe neuklaſſiziſtiſchen; in der künſtleriſchen

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Richtung der Obriſt und Metzner könnten fie nichts leiſten. Als wenn nicht früher, ſo⸗ lange die europäiſchen Länder überhaupt einen Stil hatten, noch im Rokokko und erſt recht in unſerer Spätgotik, eine Einheit der Formenſprache alle Kunft in den Grundzügen verbunden hätte, von Nürnberg oder Köln oder Lübed bis in die kleinſten Neſter! Große Rünſtler, wie Riemenſchneider, arbeiteten für ganz kleine Orte, und der Einfluß der führenden Künftler reichte bis in den letzten Winkel. Auch hier muß man ſich doch endlich freimachen von der falſchen fluffaſſung des 19. Jahrhunderts, die zwiſchen angeblicher „hoher“ Kunft und angeblichem „handwerk“ unter- ſcheiden wollte. Es wäre wahrhaftig nur ein Glück für Deutſchland, wenn Denkmals— entwürfe von Metzner und Obriſt hundertmal im Lande ausgeführt würden, aber traurig und ſchlimm iſt die Perſpektive, daß man dieſe undeutſche und minderwertige Kunft nun in vielen Ausführungen über Deutſchland verbreiten will.

Aud) die Geſamtentwürfe von Rriegerfriedhöfen bewegen ſich auf einer Der- fallslinie, die von unſerer eigenen Art wegführt. Auch hier bringt die Herrichaft der Bau— kunſt (was an ſich gar nicht notwendig wäre) im ZJuſammenhang mit den klaſſiziſtiſchen Tendenzen eine fo ftarfe Stiliſierung und Schematiſierung des Gartens mit ſich, daß man dem Gartenſtil des Louis XIV. bedenklich nahe iſt. Als die holländiſche Runſt der zweiten hälfte des 17. Jahrhunderts noch zu Lebzeiten von Rembrandt, Hals, Vermeer und Ruisdael, wieder verfiel, predigte Caireſſe, ein Geſinnungsgenoſſe der heutigen Klaſſiziſten, die „rohe“ und „ungebildete“ holländiſche Kunſt könne nur durch den Ans ſchluß an die akademiſch⸗-klaſſiziſtiſche hofkunſt Ludwig XIV. das heil erlangen. Damit ſteht es auf einer Cinie, wenn heute der vielſchreibende, durch ſeinen literariſchen Stil blendende Journaliſt Scheffler, der im Bunde mit einem Meier-Gräfe an der plan⸗ mäßigen Verkleinerung Menzels arbeitet, das hochbedeutende Leipziger Dölkerſchlacht— denkmal ein „formloſes Ungeheuer“ nennt, ohne ſo elementare Dinge zu ſehen und zu wiſſen, daß es nicht nur die eine Form der Griechen gibt, ſondern daneben, mit dem ſelben Rechte und Werte, auch noch die anderen der Germanen, Chineſen, Agupter, Araber uſw. Dem Gartenſtil der romaniſchen Völker, der Italiener und Franzoſen, ſetzte das germaniſche England am Anfang des 19. Jahrhunderts unſeren, den nordiſchen Gartenſtil entgegen, der mit einer nur wenig ſtiliſierten, freieren Natur und mit krummen Linien, im Grunde mit maleriſchen Bildern arbeitet, ganz in harmonie mit unſerem Städtebauſtil, von dem unſere Neuklaſſiziſten, unter großen Worten, auch mit aller Macht fortſtreben. Nur die Friedhofsentwürfe von Maaß (Lübeder Anlage) nähern ſich hier dieſem unſerem eigenen Ideal.

Eine beſondere Bemerkung verdient noch der haigerſche Entwurf, der einen Baum in einem Steinring zeigt. Dieſes neue und echt nordiſche Motiv hat Bejtelmeyer in dem preisgekrönten Entwurf zum rheiniſchen Bismarck (der aber nicht ausgeführt werden ſoll!) geſchaffen. Haiger entlehnt das nun nicht nur, ſondern er vergriechelt es noch in bezeichnender Weiſe, indem er aus Beſtelmeyers Steinpfeilerkreis halb dori— ſche, halb toskaniſche Säulen macht. Dieſer Säulenſchwindel an allen Ecken und Enden allein kennzeichnet die Entartung dieſer Kunft (ſiehe Gotik und wirklich moderner Eiſen— bau), und ebenſo die bezeichnende Einzelheit, daß faſt durchweg an dieſen Denkmälern deutſcher Krieger und noch mitten in dieſem Kriege um Deutſchlands Daſein die Inſchriften und die Taten in lateiniſchen Buchſtaben und Jahlzeichen zu ſehen ſind! Auch dieſes aus der Unfähigkeit, aus der wahren deutſchen Überlieferung, aus der guten Tradition der ſpätgotiſchen deutſchen Schrift das iſt unſere Fraktur eine eigene neue und zugleich wieder deutſche Schrift zu ſchaffen. Dieſe armſelige, planmäßige Nach— ahmung des Fremden beweiſt auch hier, daß das ganze Gerede von Tradition eine Selbſt— täuſchung und Irreführung ijt. Das Biedermeier, das die Künftler heute nachahmen und mit dem die unwiſſende Oberflächlichkeit bis in die Friſur hinein einen Kultus treibt,

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ift eine ſchlechte Überlieferung, denn es ift ja in der hauptſache ſelbſt nur eine Periode des akademiſchen Klaſſizismus vor hundert Jahren. Um 1890 ſchrieen die akademiſchen Renaiſſanciſten Jeter über den angeblichen „Bruch mit allen Traditionen“, als unſere neue Kunſt endlich in Raſſe und Natur die Urquellen wiedergefunden hatte, und heute behaupten die Neuklaſſiziſten dasſelbe, die gar keine Ahnung haben, wo die wahren nationalen Überlieferungen in der deutſchen Kunjt zu finden find. Ein Volk, das feine Sprache aufgibt, gibt ſich ſelbſt auf, und ein Volk, das feine Schrift aufgibt, ijt auf dem Wege dahin. Es war wahrhaftig ein trauriges Erlebnis, daß in dieſem Kriege gewiſſe Gelehrte und Künſtler mit allen Mitteln (und leider mit Erfolg, denn die Behrensſche Unziale wird ja doch auch eine fremde Sorm ſein) dagegen gearbeitet haben, daß die in deutſcher Sprache verfaßte Inſchrift am Deutſchen Reichstagsgebäude in deutſcher Schrift gemeißelt würde. Es ijt ſchlimm, daß noch mitten im Kriege, während unſere Heerführer und Truppen fo Großes tun, hinten im Lande eine ſolche Deutſchtumsverleugnung, wie dieſe Kriegsgrabmalskunſt, entſtehen und im Lande herumreiſen kann.

Johannes Ranke +.

Unmittelbar vor Druckabſchluß dieſes Bandes erreicht mich die Kunde, daß der Münchener Anthropologe Geh. Hofrat Univ.-Profeſſor Dr. med. et phil. h. c. Joh. Ranke am 26. Juli 1916 kurz vor Vollendung feines 80. Lebensjahres in Solln geſtorben iſt.

Er war am 23. Auguft 1856 zu Thurnau bei Kulmbach in Oberfranken als Sohn des ſpäteren Münchener Oberkonſiſtorialrats Sr. Heinrich Ranke, der ein Bruder des Berliner Geſchichtsforſchers Leopold v. Ranke war, geboren; ſtudierte in München, Berlin, Paris, promovierte 1861, habilitierte ſich 1863 an der Univerſität München, wurde 1869 außer- ordentlicher, 1886 ordentlicher Profeſſor, und als ſolcher Inhaber des erſten und bis vor kurzem einzigen ordentlichen Lehrſtuhls für Anthropologie in Deutſchland, 1889 zugleich Direktor der neubegründeten prähiſtoriſch-anthropologiſchen Staatsſammlung und des , anthropologifchen Inſtituts. 1882 wurde er Ehrendoktor der Münchener philoſophiſchen Fakultät, war ordentliches Mitglied der tgl. baueriſchen Akademie der Wiſſenſchaften, Dorfigender der Münchener Geſellſchaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeſchichte und Herausgeber ihrer Zeitſchrift, der „Beiträge zur Anthropologie und Urgeſchichte Bayerns“ (ſeit 1877), jahrzehntelang Generalſekretär der Deutſchen anthropologiſchen Geſellſchaft und als ſolcher Herausgeber des „Korreſpondenzblattes“ dieſer Geſellſchaft, Mitherausgeber des „Archivs für Anthropologie“.

Von ſeinen zahlreichen Schriften nenne ich nur die hauptſächlichſten auf dem Gebiete der Stammes⸗Unthropologie:

„Die Schädel der altbayerijden Bevölkerung“ 1—3 (Beiträge 3. Unth. u. Urg. Bayerns I. 1877; II. 1879; III. 1880; X. 1892).

„Zur Statijtif und Phuſiologie der Körpergröße der bayerischen Militärpflichtigen“ (ebd. III. 1850).

„Beiträge z. phyf. Anthropologie der Bayern. Die Körperproportionen“ (ebd. VIII. 1880).

Zuſammengefaßt wurden ſeine kleineren Schriften neu herausgegeben u. d. CT.: „Beiträge zur phuſiſchen Anthropologie der Bayern“. 2 Bde. München 1892.

„Schädel der bayeriichen Stadtbevölkerungen. I. Srühmittelalterlihe Schädel und Gebeine aus Lindau‘ (ebd. XII. 1898 und Sitzungsber. math. phuſ. Kl. tgl. bauer. Atad. d. Wiſſ. XXVII, S. 1— 192).

„Unthropologiſch-vorgeſchichtliche Beobachtungen im Gebiete der deutſchen und öſter— reichiſchen Alpen“. Beilage zur Zeitſchr. d. Deutſch. u. Öjterr. Alpenvereins. 1881 (207 S.).

388 IV. Nachrichten. [33

„Somatiſch-anthropologiſche Beobachtungen“. 1889 (in A. Kirdyhoffs Anleitung 3. deutſch. Landes= und Dolksforſchung S. 329—380).

„Erinnerung an die vorgeſchichtlichen Bewohner der Oſtalpen“ (Zeitſchr. d. Deutſch. u. Ofterr. Alpenvereins 1899, S. 1-17).

Ins Gebiet der vorgeſchichtlichen Urchäologie ſchlagen die beiden Schriften:

„Die vorgeſchichtliche Steinzeit im rechtsrheiniſchen Bayern“ (Beitr. 3. Unthr. u. Urg. Bau. III. 1880);

„Die akadem. Kommiſſion f. Erforſchung d. Urgeſchichte und die Organiſation der urgeſchichtlichen Forſchung in Bayern durch König Ludwig I. Feſtrede 28. März 1900“. München 1900.

Am bekannteſten wurde Ranke durch ſeine zweibändige Anthropologie „Der Menſch“ (Cpz. 1886—87; 2. Aufl. 1894), die allerdings in dem für uns wichtigſten Abjchnitt, der vor- und frühgeſchichtlichen Anthropologie, Jahrzehnte lang auf vollkommen veralteten Standpunkte zurückgeblieben war, ein Mangel, der auch in der neueſten, 3. Auflage (1911 bis 12) des Werkes nicht ausreichend beſeitigt worden iſt. Noch rückſtändiger erſcheinen Rantes Anſchauungen in feinem Anteile an helmolts „Weltgeſchichte“.

Sachregiſter.

Aar (Sluß) bei Berfen (Kt. Bern), eiſerne Spitzbarren 124.

Aaja, im Oſeberg-Schiff beſtattet 358.

Abbau Karthaus (Kr. Karthaus, Weit: preußen), oſtgermaniſcher Depotfund, vierkantige Armringe 95

achtkantige halsringe 111.

Abbeville a. d. Somme, eijerne Spigbarren 124, 340.

Äberg, Nils, Habilitation 363.

Schriften 363.

Abri Mege (Dordogne), Zeichnungen von Tiermasten 11.

Abjaßbeil von Rosto, gefunden mit Cappen- beilen 155.

Achenheim (Lfr. Straßburg i. Elſaß) dilu— viale eae 321, 322.

Acheul |. S

EN 18122194, 197, 198, 317—322,

Adeul Menſch von Le Mouſtier 192, 193. Art der Bejtattung 197, 198. Acvinen 74.

Adamowiß 8 eee bronzene Harfenfibel 95.

Addenstorf (Kr Ulzen), Hiigelgrab der Bronzezeit mit eigenartiger Skelett- lagerung 172.

Adelnau (Rr. Adelnau, Poſen), getriebene toes der früheſten Eiſenzeit 07

52 Agni 222, 271, 272, 274, 276—279. Agupten, Zauberknoten 28. Symbol des göttlichen Lebens 291. Aigis 279. Aino 137, 140. A über das Seddiner Königsgrab

alcis, deutung des Namens 65. Alcispriefter, Sea 65, 66, 690 735. Algermiſſen a Hildesheim), ſwebiſcher | Sriedhof 3 Almgten, über aut an Funden in Jute land im 2. Jahrhundert nad) Chr. 353. Alpine Raſſe 188. Altamira (Spanien), Siguren mit ſchnauzen⸗ formigen Geſichtern 13.

Mannus, Bd. VII. H. 3.

Altamira, 2 lauten mit fammartigem Zeichen 22.

Altbelg (Kr. Röslin), oſtgermaniſche acht⸗ kantige halsringe 111

Altbutowig (Kr. Sußwulſte 112.

eat ge) hohler Bronzehals⸗ ring 9

Altmarf Chk Ortsangabe), bronzener Halstragen der IV. Bronzeperiode 92.

Altilawen 135 ff.

Ammon, Otto, f Nachruf 364.

Schriften 365.

Amphorenförmige Tongefäße aus Stein— N der Uckermark von Melzow

"Berent), quergerippte

von Schmiedeberg 53.

andere Fundorte 50.

Amrun, Steinfreije 244.

Amfiwaren 349.

Anderlingen (Kr. u. Sunde aus 300 bis 700 nach Chr. 171.

Andullen (Kr. Memeln), frühmittelalter- 55 Funde, Einſtecknadeln mit Retten

An 349. Überwanderung nach England 351, 352. Enge a en: Urſprung un Ausbreitung

l 349, 351.

Anfermann, über Schädelveränderung bei den Germanen 143.

Ansgar 298, 309.

Anthes, über Augenfibeln 212.

Antiquusfauna 320, 373.

Untennenſchwert, von hökendorf 101.

von Kuggen 92

Apam Napat 276.

Apollon 267, 268, 277.

Apollotempel im Huperboreerlande 237.

Urklitter See (Kr. Gerdauen), oſtgermani— ſcher achtkantiger halsring 111.

Armbänder, längsgerip 155 oh Periode I der Bronzezeit 96 4.

der frubeften Gijerelt, De es und Entſtehung des f.

längsgerippte mit Oberſchleife 97.

26

390

Armbänder, längsgerippte, Weiterentwick— lung 98 ff.

mit liegenden Kreuzen verziert 95, 108, 109.

manſchettenartige, getriebene, keltiſcher Art 89.

gegoſſene, germaniſche Nachahmun— gen 89.

Urmringe, mit der Verzierung des liegen= den Kreuzes 105.

von Eiſen, aus Grab der hallſtattzeit von Mauen 332.

der frührömiſchen Eiſenzeit in Branden= burg 345.

Urmſpiralen aus Doppeldraht der Bronze— periode V, Verbreitung 97.

bandförmige, ſpitzzulaufende der frühe— ſten Eiſenzeit 108.

mit Tannenzweigmujter 111.

Arva (Komitat in Ungarn), gedrehte Hals ringe mit breiten Ojenenden 104.

ſpiralige Subringe 106.

Asdingen 65.

Aliatiiche Nomaden, Raſſenmiſchung mit Europäern 141.

Astlepios 7.

Ajpeberget (Canum, Bohuslän), Felſen— zeichnungen 76, 77, 266, 268.

Ajfurien, ena en 341.

|. auch Korjobad, Niniveh.

Ajtier 77.

Athene 271, 272, 277, 278, 279.

Atlatoida 273.

Auerswald, A. v., Kriegsnachricht 210.

Augenfibeln, aus frührömiſcher Zeit in Brandenburg 345, 546.

falſche Bezeichnung 212.

Aunjetiger Raſſe, Stefett von Wellendorf- Nateln 173.

Aurignac (Haute-Garonne) 191.

Aurignacien 191, 192, 194, 315, 320—324, 575.

Hlurignac-Raſſe 190—192, 194, 197, 208, 571, 375, 374.

Aurid), Hoblwulit 89.

Aujtralier-Rajje 371—373.

e Steinkultur 371,

Auvergne, Eolithen 191.

Avaren 145.

Avebury (England), Steinkreiſe 238.

ande (Manche), eiſerner Spigbarren

Art, Wilhelm, f im Kriege 211.

Art, geſchliffene, aus Serpentin, von Mel— zow 59, 60.

aus Sandſtein von Slieth 58.

aus Stein, durchlochte, aus der Ilmenau bei Lüneburg 177.

mit dachförmiger Brechung der Bahn von Owinsk und anderen Fund— orten in Dojen, Sondertyp 152.

j. aud Beil. :

Sachregiſter.

Artgott 64, 265, 268 270, 275, 277. Arthammer aus Steinzeitgräbern der Ucker— mark von Hheinrichshof 57.

von Melzow 37, 45, 47, 50.

von Sudow 54.

von Trampe 56.

von Wollſchow 55.

Azilien 321, 323.

Aszteten, Kalender 224, 238.

Bacharach a. Rhein, Bronzering mit Stützen (zinnenartigen Verzierungen) 89. Bada (Brajtad, Bohuslän), Felſenzeich— nungen 25, 265.

Baden (Ght.), eiſerne Spitzbarren 122.

Bahnitz (Kr. Jerichow II), eiſerne Sicheln, ſlawiſche 152.

Bahrendorf (Kr. Dannenberg), Depot fund der Bronzeperiode LV b 92.

Urnenfriedhof der römiſchen Kaiſerzeit 170, 171.

Baiwaren 144.

Bandkeramik, Schädelbau der Bevölkerung 158.

Bardal bei Stenkjär (Norwegen), Seljen- zeichnungen 67, 77.

Bardengau 170, 171, 347.

Barrès, Moritz, Angriff gegen Otto Haujer 189.

Baſaltgeräte, Ausfuhr aus dem Rheinland 550.

Baſternen, aufgegangen in den Altjlawen 145

Baumkult 272, 274, 277, 279.

Bayer, Joſeph, Kriegsnachricht 315.

Bayern (hKar.), eiſerne Spitzbarren 125.

Baxenrah (hamipur-Dijtr., Indien), Siegel mit Fußfigur 4 Abb. 2.

Siegel mit kamm- oder handförmigen Figuren 24. . Bechtheim (Kr. Worms), eiſerne Spitz—

barren 121. Beck, Cudwig, über Roheiſenerzeugung 117, 124

Beda, Bericht über die Jüten 355.

Bedfordſhire (England), gleicharmige Si— beln 552.

Behla, lauſitzer Sorfder 376.

Beile, aus Stein von Glienitz 178.

der Rjökkenmöddinger 79, 81.

eiſernes, der römiſchen Kaiſerzeit von Koblenz 120.

Bilder am Kivikdenkmal 62.

als Zaubermittel 3.

f. auch Abjagb., didnadige B., Sladıb., Lappenb. |

Beinringe, hohle, der Periode IV von Bahrendorf 9.

Belenos, galliiher Gott 231.

Belgard (Pommern), oſtgermaniſche jecdhs= kantige Halsringe aus Zinn 111.

Belgien, Grenelle-Raſſe 140.

Sachregifter.

Belmund bei Nidau (Kt. Bern), eiferne Spitzbarren 125.

Belno (Kr. Schwetz), Steinkreis 231.

Bendargau (Kr. Neuſtadt i. Wpr.) Hals: kragen der früheſten Eiſenzeit mit Tre— molierſtich 100, 102, 125, 126.

Bentſchen 5 Meſeritz), illuriſche Gräber⸗ felder 155.

weſtgermaniſches zweiöſiges Gefäß 158.

flawiſches Tongefäß 164.

Bergenhorſt (Rr. Kolmar), handmüble 167.

Berten f. Aar.

Bernouilli, Entwürfe zu Grabdenkmälern 383

Stein einer

Bernſtein, Scheibe aus Steinzeitgrab von Schmiedeberg 39.

Anhänger aus wendiſcher Zeit 129.

Berſerker, beſtrittene Deutung einer Selſen— zeichnung 275.

Beſtattungen innerhalb von Steinkreiſen 248.

Beſtattungsarten, verſchiedene, auf Got— land 204.

nördlich und ſüdlich der Themſe zu angelſächſiſcher Zeit 352.

9 (Kr. Ulsen), brongener halstragen der Periode IVb 92.

Bezzenberger, über Regen der Draht⸗ 1 in Guß in Bronzeperiode V

Biel (kt. Bern), eiſerner Spitzbarren 124.

Biereye, über die Zeitbeſtimmung für Stone— henge 254.

Bilderſteine mit Kreiſen 246.

Biltheim (Rb3. Wiesbaden), Steinkreis 244.

Bilierbeck (Kr. Puritz), Eiſenſchwerter der frühen Eiſenzeit 104.

Bing, über Deutung einer Selſenzeichnung

ö als Pferdegott, von Wilke beſtritten 25.

über die germanilche Götterdreiheit 225.

Birka |. Björkö.

Birkenhoß bei Gächingen (O.-A. Urach), eiſerne Spitzbarren 122.

Birnbaum (Prov. Pam: langsgerippte Armbänder 95 Anm. 1.

illuriſches Gräberfeld aus has IV. Bronzeperiode 153.

ares (Schweden), Silberkreuz, Siren

13 Björneröd N Bohuslän), Felſen—

zeichnung 6 Blandau (Kr. Kulm), Steinfreis 229, 243, 248.

Bnin (Kr. Schrimm), Scherben eines illuri— ſchen Siedelungsplatzes 154.

Bock, Franz, über deutſche Kunit 382 ff.

Bodenheim (Bez.⸗H. Srankenthal), eiſerner Spitzbarren 121, 540.

Bockgott 68.

Bodenſesge bier Raſſenmerkmale 141.

Bogengott 265, 268, 275—277, 279, 280.

Böhmen, törperliche Merkmale der jetzigen Bevölkerung 138.

| |

391

Bohrer aus Seuerftein, der Rjökkenmöd— dingerzeit 79, 80.

aus Knochen, ſlawiſche 129.

Bohuslän, Deutung der Selſenzeichnungen 25, 62 ff., 205 ff.

Bolterſen (Ltr, Ciineburq), Urnenfriedbof der römiſchen Raiſerzeit 170, 171. Bombenwürfe auf das Muſeum zu Karls

tube 212. zu Metz 376. u Peronne 376 Bordeshofm (Lkr. Kiel), Friedhof der früh— römiſchen Kaiferzeit 349. Bordesholm-Nottfelder Stil 348, 349. en ſtedt (Rr. Eckernförde), Urne mit bern 77. Bork, Serdinand, Kriegsnachricht 378. Bordzichow (Kr. Pr. Stargard), Steinkreis mit Beſtattung 248. 9 (Kr. Ronitz), Steinkreis 223, 229

Böttcher, Aale Forſcher 376.

Boule, über Diluvial— Chronologie 316, 317.

Brachufephalie ſ. Raſſefragen.

Brahnau (Rr. Bromberg), quergerippte Sußwulſte 112.

Brandbeſtattung, nördlich der Themſe zu angelſächſiſcher Zeit 352.

Brandenburg n quergerippte Supe wuljte 112 Anm. 1.

frührömiſche Bun. 342 ff.

wendiſche Sunde 127 ff.

Dortommen des Sudetentypus (Raffen- fragen) 141.

zu un A d. Havel, ſlawiſche Ton: gefäße 1

min (Bohuslän), Selſenzeichnung 25,

Bräubäufer, über das Diluvialprofil des Yedartales 320.

Bremer, über Auswanderung der Lango— barden aus dem Cauenburgiſchen 349.

über die ſächſiſchen Mundarten 351.

Brenner, Eduard, + im Kriege, Nachruf 211.

Brenno (Kr. Srauſtadt), längsgeripptes Armband der früheſten Eiſenzeit 96.

Breuil, B., über Markkleeberg 317.

Deutung paläolithiſcher Supbilder 5.

Brielow (Kr. Weſthavelland), ſlawiſches Tongefäß 128.

Brietzig (Rr. Puritz), Eiſenfund nit Sub- ring und Flachbeil 105.

Brillenfibel 95.

Brillenſpiralen von Obluſch 102.

Britiſches Muſeum, Elfenbeinrelief, Kreu— zigung 505, 507.

Brögger, A. W., über das Oſeberg-Schiff 558.

Bröllin (Kr. Prenzlau), e Topf aus einer Plattentijte 45.

Bronzezeit, Sunde im Rbz. Eüneburg 169 f.

Funde in der Provinz Poſen 148 ff.

26*

392 Sachregiſter.

Bronzezeit, verzierungsweiſe des liegen- den langgezogenen Kreuzes 91 ff.

klrmſpirale aus Doppeldraht in Bronze: periode V 97 ff.

germaniſche Götter 61 ff., 265 ff.

Bruggerhalde Ss Donaueſchingen), eiſerner Spitzbarren 122.

Brünn, diluviales Skelett 372.

Brüſſow (Kr. Prenzlau), ſteinzeitliche Slach— gräber 57.

Bruyn, Berthel, Malerei, Kreuzigung 309. Buchheim (Kr. Konſtanz), Bronzearm— bänder der III. Hallitattitufe 108. Buckelurnen, illuriſcher Tup, Sund von

un einzige in der Provinz Hane nover 1 des 5. Jahrhunderts nach

in England 352. zn Kult feiner Fußſpuren 3. Burg (Kr. Jerichow I), halsfragen der IV. Bronzeperiode 92. wendiſcher, in Wahren bei Leip= 84.

Buſchborn (Kr. Bolchen), eiſerner Spitz⸗ barren 123.

Buſchen (Kr. as, getriebener hohler au a

Armring mit ‚glatten Wuliten 112.

Büfchfeld 5 erzig), eiſerner Spiß- barren 1

Buſſe, 1 70. Geburtstag 363.

Schriften 363.

Buciſtala⸗Höhle (Mähren), Eiſenbarren 341.

Cambridgeſhire, gleicharmige Sibeln 352.

Campbell, über Zaubermittel 1.

Carnac (Bretagne), Steinreihen 242.

Cäſar, Bericht über die Götter der Ger— manen 65, 75.

Cavillon ſ. Grotte du C.

Chadwick, über alte Gebräuche in England 272-274.

Chalon, eiſerner Spitzbarren 341.

Ehaloufos, Grenzfluß zwiſchen herminonen und Ingwäonen 548.

Chaſuaren 349.

Chauken 349, 350.

Chelles (Dep. Seine et Marne) 191.

Chelléen 191, 317, 319.

Cherusfer 351.

Chojno (Kr. Rawitich), drahtförmiger Urm⸗ ring mit liegenden Kreuzen 105.

Chriſtus, Darſtellung der Kreuzigung 292 ff.

Chriſtusmonogramm 291, 292.

Chwarznau (Kr. Berent), längsgerippte Armbänder mit oberer Schleife 98, 101.

Combe Capelle-Montferrand du Perigord Moufterienichicht 190

Skelett des Aurignac- Menſchen (Homo Aurignacensis) 190, 194, 208, 372.

Commont, D., über Marttleeberg 317, 318.

Corrèze, Neanderthalraſſe 372. Cro-Magnon, Diluviale Skelette 188. Cro-⸗Magnon-Raſſe 188, 194, 208, 373. Cromlechs |. Steinkreiſe.

Dahlen (Kgr. Sachſen), gedrehter halsring mit breiten Oſenenden 104

Dablenburg (Kr. Bleckede), haus und Sunde auf dem Kneterberge aus dem 155 und 15. Jahrhundert nach Chr. 7

Dahlhauſen, ſwebiſches Gräberfeld 350.

Dalby (Kſp. Kaitlöja auf Gland), längs⸗ erippte Armbänder 98.

Dalti (Kr. oſtgermaniſches Stein kiſtengrab 161.

Dänemark, 1 ‚hal ıinge ähnlich dem

eiſernen von Wahren

bronzene Beinringe mit liegenden Kreuzen 91

Graökeine mit Kreuzen 284, 285.

Grenelle-Raſſe 140.

Darmeſteter, über Agni 276.

ae (Kr. e . er römiſchen Kaiſerzeit 171.

Dautenheim (Kr. Alzey), eiſerner Spitz⸗ barren 121.

Dedelow (Kr. Prenzlau), Steinkammergrab 35.

ſteinzeitliches Slachgrab 49.

Deiningen-Kloſterzimmern (Bez.⸗fl. Nörd⸗ lingen), eiſerner Spitzbarren 340.

Deidesheim (Be3.-A. Frankenthal), eiſerne Spitzbarren 121, 340.

Dembſen (Kr. poſen⸗ Weit), Feuerſtein⸗ ſchaber 147.

weſtgermaniſche Urnengräber 158.

ek aus der römiſchen Kaiſer⸗

zei

ſlarwiſche Herdſtelle und Scherben 164.

Demeter 271.

Despeter, Deutung ſeiner Wolfshaut 11.

Deſſau, Kugelamphore 39.

Deutſch⸗Evern (Ltr. Lüneburg), ſteinzeit⸗ liche Werkſtatt 173.

Deutſché Runſt 382 ff.

Dicknackige Steinbeile aus Gräben der Ucker— mark 37, 38, 39, 48, 54, 58.

von Rybojadel 151.

Diensdorf (Kr. Beeskow-Storkow), bronze— zeitliches Gräberfeld 363.

Diluvium 190 ff., 315 ff., 570 ff.

Dionuſos, Deutung des Stierfußes +

des Fuchsgewandes 11.

Dioskuren 64 f. 77

Dipulonfigur mit Kan 20.

Divitz (Kr. dranzburg), Mörſerkeule 356.

Dodona, Eiche 277 5

Dolichokephalie i. Ralfefragen.

Dolmen, Supbilder 5

Donauefdingen (Baden), eiſerner Spitz⸗ barren 122.

Sachregiſter.

Doncourt bei Gravelotte (Sranzöſiſch-Coth⸗ ringen), eiſerner Spitzbarren 125.

Doppelaxt als göttliches Symbol 289, 290.

Doppelkoniſches Tongefäß von Laſſek— Luban 154.

von Liſſowski 154.

von Rosto 154.

Doppelſpiral-Scheibenkopfnadeln, barten und Verbreitung 94, 95.

Dorcheſter (England), Sund des 5. Jahr hunderts nach Chr. 352.

Dordogne, Grabungen Otto hauſers 189 ff.

Dorr, Robert, 80. Geburtstag 360.

Schriften 361.

Dräger, Paul, Kriegsnachrichten 210, 377, 379

Drehſcheibe, bei ſlawiſchen Gefäßen 130.

Dresden, dreifacher halsringſchmuck mit Kreuzbändern 104.

Dürrenberg a. d. Saale (Kr. Merſeburg), keltiſche Skelettgräber 114, 115.

Eber, am Kivikdenkmal und anderen Alter— tümern 77.

Ebernburg (Kr. Kreuzburg), eiſerner Spitz— barren 120, 124.

Ecker, Unterſuchungen an Reihengraber- ſchädeln 156.

Edda 265, 273.

Eichede (Kr. Stormarn), halskragen der IV. Bronzeperiode 92.

Eider = Chalouſos 348.

Eiſen, Depotfund von Wahren 84 ff., 87 ff.

Arm: und halsringe von Mauen 332, 554.

Schmuckringe von Eitelfelde 158.

Luppen und Barren 84, 117 ff., 338 ff.

Sibeln, Meſſer, Nähnadeln, Ringe, Schere aus frührömiſchen Gräbern in Brandenburg 544, 345, 340. Beil, Campe, Meißel, Meſſer aus früh— römiſchen Gräbern in Koblenz 120. hufeiſen, Meſſer, Pflugſchar, Sägen, Siheln aus wendiſchen Gräbern in Brandenburg 151, 152.

Wortſtamm 125.

Eiſenberg (Be3.:d. Kirchbeimbolanden) eiſerner Spigbarren 122, 540.

Eiſenzeit, früheſte, illuriſche, germaniſche und keltiſche Kultur 87 ff.

Urnenfelder von Harmstorf und Kate— min 175.

Eisleben, ſchnurkeramiſches Gefäß mit netz— artigem Schulterornament 31.

Eiszeiten 191 ff., 315 ff.

Eitelfelde (Kr. Obornik), weſtgermaniſche eiſerne Schmuckringe 158.

weſtgermaniſche Gräber 159.

Eitrem, über Opferriten 77, 279.

Elch, Knochen in ſteinzeitlichem Grab von Schmiedeberg 51.

Geweihſtange mit Einſchnitten von Wahren 84.

395

Elſaß, eiſerne Spitzbarren 123.

heutige Raſſenmerkmale 141.

Elſter, Grenzfluß der Kelten 114.

von keltiſchem Einfluſſe frei 117.

England, Einwanderung der Ungeln, Sach— ſen und Jüten 351 ff.

Engle 348.

Golithen 191, 371.

Eos 276.

Ermanarik 145.

Euten 353.

Eyendorf (Kr. Winſen a. d. Cube), Sunde aus 300 bis 700 nach Chr. 171.

Faden, Eduard, Kriegsnachricht 210.

ns 191, 198, 318.

eldimoos bei hedingen (Kt. Zürid)), eiferne Spitzbarren 123.

Selir, Joh., Berger des Wahrener Eiſen—

fundes 84.

Sellenzeihnungen, ſkandinaviſche, Deus tungen 5, 62 ff., 204 ff.

Sennen 140.

Setialen 270, 271.

Feuer, erjte Derwendung durch den Mens ſchen 197.

f. auch Notfeuer.

Seuergott 271 ff.

Seueriteingeräte, 79 ff.

der Rjökkenmöddinger

aus der Provinz Pofen 147 ff.

aus dem Rabz. Lüneburg 173, 177, 178.

aus der Uckermark 34 ff.

Sibel mit 3weilappiger Rollenfappe von Nauheim 212.

von Selchowhammer 163.

Sibeln als Zeitmeſſer der Einwanderung ermaniſcher Stämme in England 552.

f auch flugenf., Brillenf., gleicharmige F., Hannöverſche §., Harfenf., hufeiſenf., Rahnf., kreuzförmige §., Latenef., Plat— tenf., Scheibenf.

Fingernageleindrücke an ſteinzeitlichem Ge— fa von Pojen 151, Nr. 16.

am Gefäß von Zerkwitz 158.

an flawijhen Gefäßen 131.

Singerringe, eiſerne, von Wahren 85.

aus Rnochen, Jlawijcher 129.

Singertupfen, an jetzigen polniſchen und ſerbiſchen Gefäßen, ähnlich den an vor— geſchichtlichen 379.

Sinnen, Raſſenmerkmale 156 ff.

Religion 273.

Flachbeil, eijernes, illuriſche Sonderform 89, 105.

von der Wölmiſſe 89.

von Brietzig 105.

Flachgräber, jteinzeitliche in der Uckermark, mit Skelettbeſtattung 44 ff., 255 ff.

mit Leichenbrand 57.

Slatow (Weſtpreußen), quergerippte Suß— wulſte 112.

394

Slieth (Kr. Templin), ſteinzeitliche Slach— gräber 57.

nn (Kr. Alzey), eiſerne Spitzbarren

Slurſtedt (Kr. Apolda), keltiſche Sfelett- gräber 116.

Sohrde (Kr. Weſthavelland), wendiſche Niederlaſſung 128 ff.

ſ. auch Gallberg.

Forrer, R., über Roheiſenerzeugung 117.

Sorit (Bez. H. Frankenthal), eiſerne Spitz⸗ barren 121, 340.

Söfhen (Kr. Saarburg), eiſerner Spiß- barren 123.

Foſſum (Tanum, Bohuslän), Felſenzeich— nung 265, 268.

Sra Angelico da Sieſole, Malerei, Kreuzi— gung 509.

Frazer, über Opferriten 72, 272.

Srey 264, 269, 270, 275, 279.

Sriedrichshof (kr. Plön), Wendelting, aller⸗ ſpäteſter Tupus 109.

Frieſiſche Sprache, Beziehungen zum Ken: tiſchen 355.

Fruchtbarkeitsgötter 263, 265, 268—271, 274-279.

Fuhlsbüttel (bei hamburg), Friedhof der

frührömiſchen Kaiſerzeit 348, 349.

Fuhlsbütteler Stil 548.

Subje, Franz, Kriegsnachrichten 210, 377.

Fünen, Oberjersdaler Stil und oſtgermani⸗ ſcher Mäander 349.

Fürſt, Herausgeber der Anthropologica suecica 365.

Sußbänder, längsgerippte der früheſten Eiſenzeit 95.

Sußbilder, als Zaubermittel 1, 5 ff.

bei den kluſtraliern 372.

Fußring, ſpiralig übergreifend der frühen Eiſenzeit 105.

berbreitung 106.

mit Stöpſelende und Cannenzweig— muſter 111.

Gäbert, C., über Markkleeberg 516, 317, 318.

Gagel, C., über Markkleeberg 310— 518, 320, 323—525.

Galgenberg |. Melzow 44 ff., 255 ff., 261.

Gallberg bei Sohrde (Kr. Weitbavelland), Gräberfelder der Bronze-, Eiſen-, Kate ſer-, Dölterwanderungszeit 542, 343.

Galley Bill, diluviales Skelett 572.

Ganqaraber, Fußbilder 5.

Garlstorf (Kr. Winjen a. d. Cube), Sunde der Bronzezeit 174.

Gärte, W., Kriegsnachrichten 210, 377.

Gebel— hetemar (Agupten), Sellenzeichnung, Suploble und Ramm 4 Abb.

Gefjon 275, 278.

Geishecke ſ. Wiesbaden.

Geminus, Bericht über achtjährige Pe- rioden bei den Griechen 241.

Sachregiſter.

Georgendorf (Kr. Steinau), ſpätkaiſerzeit— liches Pferdegebiß 203 Anm. 2.

Gepiden, aufgegangen in den Altſlawen 145.

Gering (Kr. Mayen), Gräberfeld der älte— ſten Ballitattzeit 326.

en Beziehungen zu den Illuriern und Relten 115 ff., 125

Derbaltnis zur Aurignacralje 374.

Unterſcheidungsmerkmale gegen Altjlawen 142.

Übergang von der Dolicho- zur Brachy- kephalie 145.

aufgegangen in den Altſlawen 145.

Geſichtsmasken, als Zaubermittel 11.

Geſichtsurnen, Zeitbejtimmung 102 Anm. 2.

von Studlin 164.

Geweihſtücke, Baggerfund aus der Ilmenau bei Lüneburg 177.

vom Elch, mit Einſchnitten von Wahren 84.

Giebichenſtein (Stadtkr. Halle a. S.), kelti— ſche Skelettgräber 114, 115.

Giotto, Malerei, Kreuzigung 309.

Girke, Georg, Doktorprüfung 365.

Kriegsnachricht 210.

Gleicharmige Sibeln 352.

Gleicharmiges Kreuz 281 ff.

Glienitz a. d. Elbe (Kr. Dannenberg), Funde aus einer Steinfammer der Steinzeit 178.

der vorrömiſchen Eiſenzeit 174. Gnewin (Kr. Lauenburg, Pommern), Hohl— wulſt mit Tannenzweigmuſter 110.

Gockſtadt-Schiff 358, 359.

Gold, Sund von Kommerau 359.

Halsring von Deterfiß, 376.

Golencin (Kr. Poſen-Oſt), Seuerfteingerate

148.

dte

durchlochte Art mit pala aes Bre: chung der Bahn 152 Nr. 22.

ſlawiſche Scherben 165.

Gonzerath (Kr. Berntaitel), eiſerne Spitz— barren 120.

Gora (Kr. Jarotſchin), Sunde, illuriſche 154.

weſtgermaniſche 159.

oſtgermaniſche 161.

ſlawiſche 166.

Gora (Kr. Schrimm), Sunde, illuriſche 154.

weſtgermaniſche 159.

Gorm 311.

Goten, e e in den Altilawen 145.

Gotik 385 ff.

Gotland (Inſel), Armring der früheſten Eiſenzeit mit liegenden Kreuzen 109.

ältere Eiſenzeit 201.

Grabkreuze 285.

Göttweiger Derlehmungszone 322, 323.

Grabowiec (Kr. Samter), getriebener hobler Halsring 107.

Granowko (Kr. Kojten), durchlochte Stein— = mit dachförmiger Brechung 152

Paice:

Sachregiſter.

Granowko (Kr. Koſten), längsgeripptesAlrm= band der früheſten Eiſenzeit 96, 105.

Greiffenberg (Rr. Angermünde), Nadel mit Doppel- und Vierſcheibenſpiralen 94 Anm. 2.

Grenelle-Raſſe 140.

Griechen, Urſprung ihrer Zeitrechnung 241.

Griechiſches Kreuz 281 ff.

Griesheim (bei Darmitadt), eiferne Spitz— barren 121.

Grodtten (Oſtpreußen), Steinkreis 244.

en. (Kr. Birnbaum), ſlawiſche Scher— en 166.

Gropendorf (Kr. Putzig), längsgerippte . mit oberer Schleife 97, 98, 10

tee (Kr. Langenſalza), Pfingſt— feierſitte 70, 77.

sa Jena (Kr. Naumburg), keltiſches b 115. Groß "Kiefow (Kr. Demmin), Mörſer—

ſtempel 356 9 a (Kr. Neidenburg), Steintreis

Groh gun (Kr. Dramburg), Steinkreiſe

Groß len (Kr. Grimmen), Mörjer 356. Groß Tſchanſch (Rr. Breslau), drahtför— miger Urmring mit liegenden Kreuzen

103. Groß Tſchernoſeck (Nordböhmen), vaſen— förmiges Gefäß der Steinzeit 50. Groß Wuſterwitz (Kr. Jerichow II), früh— römiſche Urnen 342. ſlawiſche Sunde 127, 128, 152. a, (Kr. Sraujtadt), Cappenbeil 155

34.

Grotte du Cavillon bei Mentone, hauben— artiger Schmuck aus Muſcheln und zu bei einem paläolithiſchen Ste: et

Gruben, auf ffandinavifden Felſenzeich— nungen, Deutung 268.

Gruppe, über den Schild der Athene 279.

Grünberg-Kroſſen a. Oder, Kabnfibel 95.

Grunziger heidemühle (Kr. Meſeritz), jlawi- ſcher Wall und Scherben 1606.

Saber Chine, illyriſches Gräberfeld der früheſten Eiſenzeit mit rundſtabigem Halsring mit liegenden Kreuzen 104.

Gubernatis, über Beziehungen zwiſchen hand und hund 25.

Gulbien (Kr. Rojenberg), achtkantiger Halsring 11

Gullinbyritic 269.

Gullrum (Schweden), Knochenkamm 21.

Günther, A. (Jütland), Keflel 77.

Sn Berichte über Eiſenrohluppen

Gürtelringe der Latenezeit in Gotland 202. Dorjtufe in Schleswig 202.

Guſtafſon, Gabriel, f Nachruf 205.

Ausgraber des Oſeberg⸗ Schiffes 357.

nch

|

395

Haake, Karl, f Nachruf 204.

Halerau = Chalouſos 348.

Halle a. d. Saale, keltiſche Stelettgräber 114, 115.

Dreivölterede, Illurier 117.

Hals, Stanz 383, 386.

Halsfragen der jüngeren Bronzezeit, aus zuſammengegoſſenen Ringen mit lie genden Kreuzen verziert, Aufzählung der Sunde 92.

längsgeitreifte, weſtgermaniſche 99 f.

Aufzählung der Sande 102 Anm. 1.

Halsringe, mit liegenden Kreuzen verziert

Germanen, Kelten,

mit Endknöpfen 88 ff.

gedrehte, mit een e 104 ff. getriebene, hohle 1

e mit breitgeklopften Enden 109

oſtgermaniſche e 111.

Wendelringe 96 Unm. 3, 109, 114 ff., 160, 334 f.

halsring, eiſerner, verzierter von Wahren 85,

eiſerner unverzierter von Mayen 334.

goldener, verzierter aus frühmerowingi— ſcher Zeit von Peterfitz 576.

Hallitattzeit, Gräberfeld bei Gering 326 ff.

bei Mayen 351 ff.

Roheiſenluppen 87, 124.

Zeitbeſtimmungen 89, 90, 102 Anm. 2.

hammelitall (Kr. Prenzlau), ſteinzeitliche Tongefäße 44, 45, 46.

Hammer, über genaue Abjtedung der eng— liſchen Steinkreiſe 251, 253, 235.

Dammergott 63.

handbilder, als Jaubermittel 24.

bei den Aujtraltern 372.

händegott 269—272, 275, 276, 279.

handmüblen, obere Steine, in der Provinz Poſen 167 Nr. 88 u. 89.

Hannover, Provinz, Friedhöfe der römi— ſchen Kaiſerzeit, Stil der Reramik und Dauer 349, 350.

Vergleich mit England 352.

hannöverſche Sibel von Bahrendorf 92.

von Garlstorf 174.

von Stelle 171.

Hanjen, hans, f im Kriege, Nachruf 380.

Hanshagen (Kr. Kolberg), Armband der Be Eiſenzeit mit liegenden Kreuz zen 10

Harald Baden Runenſtein 311.

harfenfibel, von Adamowik 93.

Harmstorf 105 nd): früheiſenzeitliches Urnenfeld 175.

Hartfeld (Kr. Mogilno), oſtgermaniſche Urne und Schwanenhalsnadel 161. har; in Gotland und nordweſtdeutſchen

. 205.

in frührömiſchen Sunden in Branden—

burg 346.

396

Hauben, in paläolithifcher Zeit, als Jauber— mittel 14.

Haus, niederſächſiſche Tupen 351.

Pfoſtenhaus von Latfowo 162.

Schwellenhaus von Dahlenburg 178, 18

0. Haujer, Otto, Doktorprüfung 364. 1 in der Zweiggeſellſchaft Berlin 190. Hedlingen (Kr. Ajchersleben), keltiſches Stelettgrab 114. Beiligenthe eiſerner Spitzbarren 122, 340. eiligenthal, Urnenfriedhof der römiſchen aiſerzeit 170, 171, 172. Heinrichshof bei Stramehl (Kr. Prenzlau) ſteinzeitliche Slachgräber 57. hefatäus von Abdera, Bericht über den Apollotempel im Hhuperboreerlande 237. Hel 73, 272. Hellmer, Entwurf von Grabdenkmälern

385.

l Steinkreis 244.

emmerich, Bericht über Roheiſenfunde 119

9 Alfred, Kriegsnachrichten 210, 377.

ephaiſtos 277.

Herakles, Deutung feiner Löwenhaut 11.

hermen, deutſcher Name für Ziege 222.

Hermes 222, 277.

Herminonen 347.

Herodes, Münze 291.

Herrnitadt (Kr. Gubrau), germaniſches Bronzeſchwert mit Hierentnauf 92.

Heſiod 277.

heß von Wichdorff, Vortrag in der Zweig— geſellſchaft Berlin 185.

hellen (Großherzogtum), barren 121.

Heſtia 276.

Hetiter, Blitzgott Teſchub 276.

Doppelaxt 289.

Hirjdfeld, v., über Steinkreiſe 215, 227, 244.

Hoderberq bei Höhen (Bez.⸗Hl. Hombura, Rheinpfalz), eiſerner Spitzbarren 122, 340

eiſerne Spitz—

Hocker, in Steinzeitgräbern der Uckermark 55, 40 ff., 252, 255.

Höfler, Deutung des Stierfußes des Dio— nuſos 7

der Frau mit dem Rentier von Laugerie Baſſe 9.

von Fiſchen als Milchzehrern 27.

hoghem (Tanum, Bohuslän), Felſenzeich— nung 68, 265.

hobenfercejar (Kr. Weſthavelland), flawi— ſches Tongefäß 128.

|. auch Gallberg.

Hohenſalza (Kreis), gedrehte Halsringe mit breiten Oſenenden 104.

Hoblwulft von weſtgermaniſchem Tupus, Verbreitung 89.

Sachregiſter.

Hohlwulft von weſtgermaniſchem Typus, von der Wölmiſſe, Kojtrig und Schroda 89

von Moſſin und Zarnowitz 102.

mit Tannenzweigmujter von Gne— win und Zurawia 110, 111.

quergerippter von Jurawia 111.

quergerippte, Aufzählung der weiteren Fundorte 112.

Holſtein, Sige der Langobarden und Sachſen 348, 349, 350.

Derbreitung der Mäanderurnen 348.

Hotendorf (Kr. Greifenhagen), Depotfund der V. Bronzeperiode, darunter langs- geripptes Armband mit oberer Schleife

98, 101. Holland, altſächſiſche Friedhöfe 351. Holmberg, Deutung von Seljenzeichnung 275

Holz, aus valäolithiſcher Zeit 193.

Homo Aurignacensis 194, 371.

Homo Heidelbergensis 369, 371.

Homo Mousteriensis 193, 371.

Hoops, über Ungelſachſen 353.

Horner, als Zaubermittel 15.

Horton Mor, Stein mit Zeichnung einer Trojaburg 246.

Hofeus, Entwurf von Grabdenkmälern 383.

Hufeijen, ſlawiſches 132.

als Zaubermittel 5.

Hufeiſenfibel im Mufeum zu Kowno 378.

Hund, als Zaubertier, Beziehung zur Hand 5

25.

deutung Wilkes auf Felſenzeichnung von Bada 25.

Bundisburg (Rr. Neuhaldensleben), vaſen— förmiges ſpätneolithiſches Gefäß 50.

Hunnen 145.

Hufiatyn (Galizien), gedrehter Halsring mit breiten Ojenenden 104.

Hvitlyde (Tanum, Bohuslän), Felſenzeich— nung 265.

Illurier, Beziehungen zu den Germanen und Kelten 115 ff., 125.

Illuriſche Kultur 87 ff., 155 ff.

Ilmenau (Sluß), Baqgerfund der Steinzeit bei Lüneburg 177.

Indogermanen, Ausbreitung 142, 188.

Götterglaube 268, 280.

Indogermaniſche Kultur, Sunde in der Provinz Poſen 148.

Ingwäonen 347, 548.

Irmin 222.

Iſis 77.

Island, Thorsbilder 273.

Iſraeliten, Speerzauber 271.

Iſterbies (Rr. Jerichow 1), Fund der IV. Bronzeperiode, darin halstragen mit Tannenzweigmuſter 92.

Iſtwäonen 347.

Sachregiſter.

Jacob, K. H., über Markkleeberg 316—319.

Jaffe, S., f 204.

Jahr, Beziehung der Unzahl der Steine in den Steinkreiſen zur Jahresberechnung nach Monaten und Tagen 223 ff., 229, 232, 233, 236 ff., 241.

Jankowice (Kr. Poſen-Weſt), durchlochte Steinaxt mit dachförmiger Brechung der Bahn 152 Nr. 22.

Jellinge Jütland), Runenſtein mit ge— kreuzigtem Chriſtus 315.

Jentſch, 5090 F Nachruf 375.

Schriften 375.

Jeremias, über Knotenzauber 29.

Jerka (Kr. Roſten), Scherben mit hängenden Eindrücken 149.

Scherben der Steinkiſtenzeit 160.

Johannisdorf (Kr. Hobenjalza), Seuerſtein— geräte 148, 149.

Johannisfeuer 274.

Jonge, de, Entwurf zu Grabdenkmälern 3

Jordan, über die Euten 353.

Jotnen 268.

Julfeſt 270.

Jupiter 271.

Jüten, Überwanderung nad) England 351, 3

= Guten 353.

Jütland, bronzene Knopfhalsringe 90.

Nadeln mit Doppel- und Dierſcheiben— ſpiralköpfen 94 Anm. 2.

Ober⸗Jersdaler Stil und oſtgermani— ſcher Mäander 349.

Abwanderung der Jüten 355.

Kade, Kriegsnachricht 579. habnfibel, von Grünberg-Kroſſen a. d. Oder 93. Kalender, Beziehung zu den Steinkreiſen 3

Kalevala 275.

Kallies (Kr. Dramburg), bronzener hals— kragen 95 unter Kl. Drebnau.

Kamm, als Zaubermittel 17, 20.

aus Knochen, jlawijcher 129.

Raphahn, f 205.

Karlsruh (Kr. Steinau), längsgerippte klrm— bänder 95 Anm. 1.

quergerippte Halsringe 112 Anm. 1.

Karlsruhe (Baden) Bombenattentat 212.

Karthago, Tonmasten 13.

ünze mit Kreuz 290.

Rarthaus ſ. Abbau RK.

Katemin a. d. Elbe (Kr. Bleckede), früh: eiſenzeitliches Urnenfeld 175.

Keile der Rjökkenmöddinger 79, 81.

Kelten, Beziehungen zu den Germanen und Illuriern 115 ff., 125.

e Kultur der früheſten Eiſenzeit 87 ff.

397

Kemfe, über Jeitbeſtimmung der Mero— wingerzeit 211.

Kempen in Poſen, Bernſteinperlen 161.

Reune, J. B., über Roheiſenerzeugung 117.

Keune, Bericht über den Bombenwurf auf das Metzer Muſeum 376.

Kielce (Polen), gedrehter halsring mit breiten Oſenenden 104.

Kieler Sörde, Rjökkenmöddinger Slint- geräte 80.

Kimbern, Opferfult 73.

Kinnetulle (Deitergötland), Felſenzeich— nung 264, 270.

ae chriſtliche, in wendiſchem Burgwall 8

Kirgiſen, Schädelform 140.

Rivik (Schonen), Grabdenkmal der Bronze: zeit 61 ff.

Rjökkenmöddinger Slintgeräte 79 ff.

Klaatſch, Hermann, f Nachruf 566.

Unterſuchung über die Abſtammung des Menſchen 190, 193, 194, 367 ff.

Klapperbleche der hallſtattzeit von Mayen 334, 355.

Kleckerwalde bei Harburg, Wiederherſtel— lung des hünenbettes 176.

Klein Drebnau (Kr. Fiſchhauſen), Depot- fund der V. Bronzeperiode, darin langs- geripptes Urmband mit oberer Schleife 98, 101.

halskragen der Periode IVb der Bronzezeit mit durchbrochenem Rande 95, 102 unter Zimitz.

Klein Koluda (Kr. Hohenjalza), Nadel mit Vierſcheibenſpiralenkopf 94 Anm. 2. Klein Rorbetha a. d. Saale (Kr. Merſe—

burg), keltiſche Skelettgräber 114, 115.

Klein Kreuz (hr. Weſthavelland), früh- römiſches Gräberfeld auf dem Kruſe— berg 342. |

Klein Wangen (Kr. Querfurt), ſpätkaiſer⸗ zeitliches Pferdegebiß 205 Anm. 1.

Klingholz, Kriegsnachricht 210.

Kloſterzimmern ſ. Deiningen. .

Knochen, Nadeln aus frührömiſchen Grä— bern in Brandenburg 544, 540.

Fingerring, Bohrer oder Pfriemen, Näh— nadeln aus flawiſchen Funden bei Sohrde 128, 129.

Knopp (Bez.⸗fl. Zweibrücken), eiſerne Spitz— barren 122.

Knotenzauber 28.

Koban (Raukaſus), Bronzehand mit hunden

Koblenz (Stadt), Gräberfeld der römiſchen Kaijerzeit, darin eiſerne Sprgbarren, Beil, Meißel, Lampe 119, 124.

Kodram (Kr. Uſedom-Wollin), Halstragen der IV. Bronzeperiode 93.

Koten, über die Tierwelt des Diluviums 520, 325, 524.

Kolberg (Stadt), bandförmige Armſpirale

der früheſten Eiſenzeit 108.

398

Kolberg (Stadt), oſtgermaniſcher achtkan⸗ tiger Balsting 111.

Kolberg-Körlin (Kreis), frühe Eijenfunde 125.

Koltbagen (Ckr. Lüneburg), Grabhügel der Bronzezeit 169.

Kolmar (Elſaß), eiſerne Spitzbarren 123.

Kolpin (Kr. Rolberg-Rörlin), Depotfund der früheſten Eiſenzeit, darin längs— gerippte Armbänder 99, 100, 101, 125.

RKommandoſtäbe, neuer Fund 193.

Kommerau (Kr. Schwetz), Goldfund des 4. Jahrhunderts nach Chr. 359.

Königsruh (Kr. Obornik), axtartiges Stein— gerät 149.

oſtgermaniſche Gräber 162.

Konraden (Kr. Arnswalde), Halskragen der IV. Bronzeperiode 95.

Konitantin der Große, Münzen mit Kreuz 290, 291.

Korfobad, eiſerne Spitzbarren 359, 341.

Korvey, Miniaturmalerei, Kreuzigung 309.

Kofel (Oberſchleſien), bandförmige, ſpitz— zulaufende Urmſpirale 108.

Roſſinna, Anſprache in der 3. Kriegsſitzung 187

über die Buckelurne von Garlstorf 174.

über germaniſche Götter 270.

über Selſen sene nung von Bada 25.

über das Kivitdentmal 76.

7 Rädchentechnik der Weſtgermanen

348.

über die Oſtgermanen 145.

über die Urfinnen 140.

Röſtritz a. d. Elſter, hohlwulſt 89.

Kowno (Litauen), Muſeum 378.

Krapina (Kroatien), diluviale Menſchen— knochen 370, 372, 373.

Krautergersbeim (Kr. Erſtein), eiſerne Spitz— barren 125.

Rrehlau (Kr. Wohlau), längsgerippte Urm— bänder 95 Anm. 1.

Kreife auf Steinen in England 246.

ſ. auch Steinkreiſe.

Kremerbrud) (Kr. Rummelsburg, Pome mern), Steinkreis 231.

Kreuz, liegendes, langgezogenes als Zier— muſter 91 ff.

lateiniſches 281 ff.

gleicharmiges, jog. griechiſches 281 ff.

Malteſerkreuz auf einer Urne von Ras melsloh 176.

Kreuzförmige Sibeln 352.

Kreuzglorie 288 Anm. 2, 292.

Kreuzigung, Daritellungen 500 ff.

Kriegsnachrichten 210, 376.

Krim, Gotenrejte 145.

Krone a. d. Brahe (Ltr. Bromberg), ſlawi— ſche Scherben 104.

Kröte, als Zaubermittel 3.

Krüger, Laulißer Forſcher 376.

Krujeberg |. Klein Kreutz.

Fall le

Sachregiſter.

Kr3ywagura (Kr. Wreſchen), ſlawiſche Ke- ramik 166.

Rugelamphoren von Deſſau 39.

von Schmiedeberg 38, 39, 50, 52.

Kuggen (Kr. Königsberg i. Pr.), Antennen- ſchwert 92.

Kujundſchik (Südrußland), Goldmaske 15.

Rundratitz (Böhmen), Depotfund 360.

Rurzköpfe, bei den verſchiedenen Raſſen

uropas 135 ff.

Kupfer, Oberarmringe von Paulstal 150.

Ruſtendſche (Dobrudſcha), geſchnittener Stein, Kreuzigung 302.

Kuttlau (Kr. Glogau), bandförmige Urm— ſpirale der früheſten Eiſenzeit 108.

Laaland, Armringe der früheſten Eiſenzeit 5

95. Knopfhalsringe der früheſten Eiſenzeit 90

Caibacher Moor, ſpätneolithiſche Schädel 159. Ca Madeleine an der Dezere (Dordogne), erſte Sunde des Magdalénien 192. Ca icoque (Dordogne), paläolithiſche Funde, danach die Benennung Mico— quien 192, 364.

Lampe, eiſerne, der römiſchen Kaiſerzeit von Koblenz 120.

Candſtuhl (Bez.⸗Hl. Homburg, Kheinpfalz), eiſerner Spitzbarren 122.

Cangtöpfe, Hurignacienraſſe 375.

bei ff. verſchiedenen Raſſen Europas 135 ff.

in den Steinzeitgräbern der Uckermark 250, 256, 258, 261, 202.

Langobarden 170—172, 347—349.

Cangwieden (Bez.-Hl. Homburg, Rhein: pfalz), eiſerner Spigbarren 122.

Canzenberg (Kr. Löbau in Weſtpreußen), Batetoicen mit Kreuzband 109.

Canzenſpitze, aus Seuerjtein von Schmiede— berg 52.

oſtgermaniſche verzierte von Ober-Jers— dal 549.

Lappen, Götter und Kulte 75, 263, 269, 275, 275.

Raſſenmerkmale 157, 159, 140, 141.

Cappenbeile von Rosko, gefunden mit Ab- ſatzbeil 155.

Caſſek-Cuban (Kr. Pojen-Weit), ſteinzeit⸗ liche Funde 148, 149.

doppelkoniſches Tongefäß 154.

Catdorf-Bernburger Stil, Malteſerkreuz 176.

Cateiniſches Kreuz 281 ff.

Latenefibeln von Selchowhammer und Grotnik 165.

ſpäteſte in frührömiſchen Gräbern in Brandenburg 345, 546.

Catènezeit, Gräberfunde bei Leipzig 85.

Roheiſenluppen 84, 118, 124.

Dochelettes Buch 200.

Sachregiſter.

Latfowo (Kr. Hohenſalza), Seuerfteingerate 148

oſtgermaniſche Scherben und hausüber— reſte 162.

Lauenburg (LCandſchaft), Langobarden 349.

Laugerie baſſe, Zeichnung der Frau mit dem Kentier 8, 17.

haute, paläolithiſche Anſiedlung 104.

. paläolithiſche Anſiedlung

94.

Lauſſel, Srauengeftalten in Stein mit Ge—

a En und born 14, 17.

Lechler, Georg, Kriegsnachrichten 210, 377.

Leichenbrand in Steinzeitgräbern der Uder: mart 33, 57 ff.

in älterer flawiſcher Zeit 127.

Leine (Kr. Puritz), Fund der frühen Eiſen— zeit mit gedrehtem halsring mit breiten Oſenenden und ſpiraligem Fußring 105.

Leipzig (Umgegend), vorgeſchichtliche Funde 83

Leiter, als Zaubermittel 3, 9.

Leitmeritz (Böhmen), Einſturz des Muſeums 359.

Cemcke, Jubiläum 204.

Lemminge 322—324.

Le Mouſtier (Dordogne), erſte Sunde des Moufterien 191.

Fund des Acheulmenſchen, Homo Mou- steriensis 190, 193, 372.

Lengen (Kr. Pleſchen), weſtgermaniſche Sunde 160.

Lerchenberg (Kr. Glogau), bandförmige

rmfpirale der frühen Eiſenzeit 108.

Lerſch, über Jahreseinteilung bei den Ger: manen 224.

Les Eyzies 192.

Leſſing, über Rembrandt und hals 384.

Tetten bei Wipkingen (Kt. Jürich), eiſerner Spitzbarren 125.

Liebuſch (Kr. Schwerin a. W.) flawiſche Scherben 166.

Limburg bei Dürkheim (Be3.-A. Franken— thal), eiſerne Spitzbarren 121.

Limmer bei hannover, ſwebiſcher Friedhof 551.

Lindroth, über Ull und Skadi 65 Anm. 1.

Liſſauer, über Steinkreiſe in Weſtpreußen 215, 217, 226, 227, 246.

Diagraph 370.

Liffauer, Fritz, Kriegsnachrichten 210, 376. Liſſowki (Kr. Poſen-Weſt), illuriſche Graber der IV. Bronzeperiode 154. Literaturnachweiſe der Schriften von berg

365.

von Ammon 365. von Bock 382.

von Brenner 211. von Bulle 363.

von Dorr 361.

von Guſtafſon 206. von Jentſch 375. von Klaatſch 366 ff.

| ! |

399

Literaturnadweife der Schriften von J.

Ranke 387.

von Schliz 207.

von Stimming 210.

von Willers 209.

über Sunde von Robeijenluppen 117,

350 ff.

über Anlage der Steinkreiſe nach aſtro—

nomiſchen Geſichtspunkten 251, 234,

236, 257, 243.

über die zeitliche Stellung der diluvialen Sunde von Markkleeberg 316 ff.

Löbſch (Rr. Putzig), Depotfunde der V. Bronzeperiode, darin längsgerippte Armbänder mit oberer Schleife und Dornverſchluß 98, 101.

ee engliſche Steinfreife 220—222, 251

“er

Coitz (Rr. Grimmen), Mörſer nebſt wendi— ſchen Scherben 356.

Cökeberg (Bohuslän), Seljenzeichnung, Suß— darſtellungen 4.

Commiswil (Kr. Solothurn), eiſerne Spitz barren 125.

Lorthet, Rentierknochen mit Rentieren und Silben 28.

Corzendorf (Kr. Namslau), getriebener dohler halsring 107, 112 Anm. 1. Cos Millares (Spanien), Miniaturkämme

21

Cöß 321—324.

Lothringen, eiſerne Spitzbarren 125.

Cöwentinſee bei Loken, oſtgermaniſche ſechskantige halsringe 111.

Cübbeſee (Kr. Soldin), Doppelſpiral-Schei— benkopfnadel 94 Anm. 2.

Cübeck, Wendelring, allerſpäteſter Tupus 109.

Cüdemann, Karl, Kriegsnachricht 379.

. (Regierungsbezirk), Grabungen 160 ff

Zeitbeſtimmung des Einzugs der Sachſen 172.

Lüneburg (Stadt), Baggerfund der Stein— zeit 177.

Curenbläſer, am Kivikdenkmal 62, 69, 74.

Luſchan, v., über Schädelveränderung der Germanen 144.

Lüttich, Pfingſtgebräuche 71.

Cuttom (Kr. Ronitz), Steinkreis 250.

Cützſchena bei Leipzig, Brandgräber der frühen Eiſenzeit 85.

Mäanderurnen, weſtgermaniſche in der Mark Brandenburg 354, 346.

Verbreitung 348.

oſtgermaniſche in Jütland und Fünen 549. |

Maadalénien 192, 194, 315, 320, 321, 524.

a en Ortsangabe), Stiefelgefäß 4 Abb. 8

Maigraf 67, 268.

400

Malente (Sürjtentum Lübed), nördliche Grenze der Mäanderurnen 348.

Malſchwitz (Kr. Freiſtadt), längsgerippte Armbänder 95 Anm. 1.

Malteſerkreuz an Urne von Ramelsloh 176.

Mamlitz⸗hauland (Kr. Schubin), bronzenes Randbeil 150.

Mammutfauna 373.

Mandelfow (Kr. Soldin), Halskragen der jüngeren Bronzezeit 93, 102.

Mannhardt, über Opfer und Kulte 70, 72, 75, 273, 274.

a bei Leipzig, diluviale Sunde 315 ff.

Mars 270, 271, 272, 279.

Marsdorf (Kr. Sorau), längsgerippte Arm- bänder 95 Anm. 1.

Masten, als Zaubermittel 13.

aus Gold von Kertid), Myfenä 13.

aus anderen Stoffen 13.

Majuren, Land und Leute, Dortrag 183.

Matarisvan 277.

Matiegta, über Altilawen 137.

Meſſungen an Schädeln in Böhmen 143. Mauer bei heidelberg, Unterkiefer des Homo Heidelbergensis 371, 575.

Mauringerland 348.

Mayen (Stadt), Gräber der jüngſten Hall- ſtattzeit 551 ff.

Mecklenburg, Grenelle-Raſſe 140.

Wotenitz-Jameler Stil 348.

Meerdorf (Braunſchweig), ſwebiſcher Fried— hof 351.

Megalithgräber, Fußbilder 5.

Mehlis, über Roheijenfunde 117, 119, 338.

Melchers, über Menſchen und Menſchen— affen 373.

Melzow (Rr. Angermünde), Gräber der Steinzeit 55, 36, 57, 40 f., 44, 47, 59, 252 ff., 261.

Menbirs 222, 246.

Menkin (Kr. Prenzlau), ſteinzeitliche Stein— plattenkiſte 44.

Mennewitz (Kr. Kalbe a. S.), Halstragen der IV. Bronzeperiode 92.

Menſchenaffen 190, 373.

Menſchenopfer 271.

Mentone, Statuette mit Geſichtshaube 14.

haubenartiger Schmuck bei paläolithi— ſchem Skelett 15.

Menzel 386.

Meringer, K., über Hauben als Zauber: mittel 15.

über die Frau mit dem Renntier von Laugerie baſſe 9.

Merowingerzeit, Goldhalsring von Peter— fitz 576.

Friedhof zu St. Etienne 377.

Jeitbeſtimmung 211.

Stil, Beziehungen zur Gotik 382.

Merſeburg, keltiſche Skelettgräber 115.

Rujundſchik,

Sachregiſter.

Merſina (Kleinaſien), Bronzeflachbeil mit Fußabdruck 4 Abb. 3.

Meſſer, aus Seuerjtein, der Rjökkenmöd⸗ dinger 79, 80.

von Schmiedeberg 39.

von Laſſek-Cuban 148.

aus Bronze, mit liegenden Kreuzen ver⸗ ziert 91, 92, 93.

aus Eiſen der römiſchen Kaiſerzeit von Koblenz 120.

aus der Umgebung von Bran— denburg a. d. Havel 346.

ſlawiſche von Sohrde 131.

Metz, Bombenwurf auf das Muſeum 376.

Metzner, das Weſen und die Ridytung feiner Runſt 382 ff.

Michalowo (Kr. Goftyn), durchlochte Stein- axt mit dachförmiger Brechung der Bahn 152 Nr. 22.

Michelsberg, Schädel der Pfahlbau-Raſſe 159

Micoquien 192.

Midgardwurm 73.

Miechow (Polen), gedrehter Halsring mit breiten OGſenenden 104.

Mittelländiſche Raſſe 188, 374.

Mogilno (Kreis), gedrehte Halsringe mit breiten Oſenenden 104.

Möller, über Pharodeinoi und Chalouſos 347, 348.

über die Euten 353.

Mond, Darſtellungen am Rivikdenkmal 62, 64

auf Kreuzigungsbildern 302, 314.

Mondgottbeiten 27, 65, 64.

Mongolenfalte 137, 141.

Mongoliſche Beimiſchung in der europäi— ſchen Bevölkerung 157.

Montelius, über Zeitſtellung längsgerippter Armbänder 96 Anm. 4.

über Grubenbilder als Zeichen für Opferbandlung 266.

über Schilde zum reliöſen Gebrauch 275.

Monza, Sachen mit Kreuzen 297, 501.

Monzernheim (Kr. Worms), eijerne Spitz— barren 121.

Möriger Typ, Schwert von Cöbſch 101.

Mortillet, Einteilung des Diluviums 191.

Moſſin (Kr. Neuſtettin), Depotfund der früheſten Eiſenzeit, darin Halstragen und hohlwulſt 99, 102.

Mouſtérien 194, 315 ff., 373.

Much, R., über Chaloufos 348.

über die Euten 355.

Müllenhoff, über die Alcis 65.

über Chalouſos 348.

über die Urheimat der Slawen 142.

Müller, Sophus, über Zeitſtellung der däni— ſchen halsringe mit Endknöpfen 89, 90.

über Altjlawen 155.

Münſterwalde, Beſtattung im Steinkreis 248.

Münzen mit Kreuzen 289, 291.

Sachregifter. 401

Mufchelhaufen, Slintgeräte 79 ff. Mu 19 des Aurignac-Menfchen

.— bei paläolithiſchen Skeletten 15, 198. Museum in Genthin 135.

in Karlsruhe 212. in Kowno 378. in Leitmeritz 359. in Lüneburg 169. in Metz 376. in Peronne 376.

oſen 147.

tettin 204. Muſpilligedich 73. Mukenä, goldene Totenmaske 13. Mintaturtamm aus Ton 21. Myrgingen 348.

Mabe, Max, Kriegsnachricht 210.

Nadeln aus Bronze, mit liegenden Kreuzen verziert 94, 95.

aus Knochen von frührömiſchen Graz bern in Brandenburg 344.

ſ. auch Doppelſpiralſcheibenkopfn., Näh- nad., Schwanenhalsn., Spiralſcheibenn.

Nahanatvalen 65.

Nähnadeln aus Eiſen, von frührömiſchen Gräbern in Brandenburg 346.

aus Knochen, ſlawiſche 129.

Nahrendorf ee Bledede), Urnenfriedhof der römiſchen Kailerzeit 170, 171, 172.

Namslau (Schleſien), Armring der früheſten Eiſenzeit mit glatten Wulſten 112.

Naſſau (Provinz), eiſerne Spitzbarren 120.

Naf Ka (Kr. Random), Halstragen der

V. Bronzeperiode 92.

nateln ſ. Wellendorf.

h Sn mit zweilappiger Rollen- appe

. paläolithiſcher Stelettfund 370,

neandertalraſſe 190, 194, 197, 367, 370 bis 372, 374.

Nedartal, Diluvialprofil 320.

Nedre Solberg ene Smaalenene, Norwegen), Selſenzeichnung 63 Anm. 1.

penning über die Tierwelt des Diluviums

a 265, 268, 347.

Netolitzky, Kriegsnachricht 377.

Netz, als Jaubermittel 30.

i (Weſtpreußen), Abſatzbeil 155

Neuenbur meh Tonringe 330.

Neuendorf (Kr. Weithavelland), Halstragen der IV. Bronzeperiode 93.

flawijde 1 0 5 127, 128, 132.

Zar ed 40 Prenzlau), Urichterrand⸗

edle a. 55 npanpieb); eiſerner Spitz⸗

Niedau am Bieler See (Kt. Bern), eiſerner Spitzbarren 124, 340.

Niederkleen (Kr. wetzlat), eiſerner Spitz⸗ barren 120, 341.

Niedermendiger Bafaltgerate in Vorpom⸗ mern 356. Niederolm (Kr. barren 121. Nienbüttel, Urnenfriedhof der römiſchen

Kaiferzeit 170, 171. Nierenring von Chwarsnau 101. von Oblujd 1 von Zarnowitz 102 Nilsſon, über das Kivikdenkmal 62. Niniveh, eiſerne Spigbarren 338 Anm. 1, 3

59. | Njörd 265, 267, 268, 275. Nördlingen, eiferne Spigbarren 123, 341. Nostow-Buden (Kr. Jarotſchin), ſlawiſche Scherben 166. Notfeuer 74, 274. Nüeſch, f 564.

Mainz), eiſerner Spitz⸗

Oberbergheim 3 „Rappoltsweiler), eijerne Spitzbarren 123.

Ober⸗Jersdal (Ke Hadersleben), Friedhof der römiſchen Kailerzeit 349.

Ober⸗Jersdaler Stil 349.

u. )., über Markkleeberg 317,

318, Oberpritchen (Kr. Frauſtadt), Schläfen—

ing 1 | ooch (Kr Pußig), Depotfund der Bronzeperiode, darin längsrippige 868 99 Anm. 1, 100, 102, 126. Obriſt, hermann, das Wefen und die Rich⸗ tung feiner Kunjt 382 ff. Ochodza (Kr. Wongrowitz), Armjpirale mit Tannenzweigmuſter 111. Ocker, Beſtreuung der Toten 10. Odilienberg, Steinkreis ae Odin 63, 269, 271, 272, Odry (Kr. Konig), Steintreiſe 213 ff., 250, 231, 242, 245, 246, 247. Zeitbeitimmung 221. ae (Seeland), Selſenzeichnung 66,

Offa 7548 Offenburg (Baden), eiſerne Spigbarren 122.

Ofnetjöhe, i 99 um

paläolithiſchen Schädel 1

Gland, dünndrahtige glatte ase 95.

Oldenberg, über die Götter der Deda 266, 267, 271, 274, 276.

Oldenburg (Grokheryogtum), Süden, Delt- beimer Stil 351.

Oldendorf bei Amelingbaufen (cfr. Cüne⸗ burg), Grabhügel der Bronzezeit 176.

Oldesloe (Rr. Stormarn), Pepe än der IV. Bronzeperiode, darin Halsfragen und Fußringe mit liegenden Kreuzen 92.

402

Ol 65 Anm. 3, 273.

Ollerus 63 Anm. 3, 273.

Olrik, Axel, über die Religion der Lappen 263, 268, 272.

Olsbauſen, über Nachahmung der Drabt- ſpiralen in Guß 97 Anm. 1.

Olumpiaden 256, 241.

Orchowo (Kr. Mogilno), längsgeripptes Armband 96, 103.

bandförmige, ſpitzzulaufende Urmſpi— ralen 108.

Deppelfpiralſcheibentopfnadel 94 Anm. 2.

ae (Stadt), keltiſche Stelettgräber 114

Oſeberg— Schiff 206, 357.

Oskorei 269, 272.

Oſterſtetten (O.-A. Ulm), eiſerne Spitz⸗ barren 122.

Oſtfalen 351. |

Oſtfriesland, altſächſiſche Friedhöfe 351.

Oſtgermanen, vereinzelte Sunde von Arm— ſpiralen aus Doppeldraht 97.

bandförmige, ſpitzzulaufende Arm— ſpiralen 108.

achtkantige halsringe 110, 111.

Funde in der Provinz Poſen 161.

Zeitbeſtimmung ihres Auftretens in Deutſchland 101, 102.

Grenze gegen die weſtgermanen in der früheſten Eiſenzeit 108.

aufgegangen in den Altſlawen 145.

Oſtrowek (Rr. Strelno), ſpätkaiſerzeitliches Pferdegebiß 205 Anm. 1.

Oſtrowo am Goploſee, Bronzemeſſer der III. Bronzeperiode mit liegenden Kreu—

zen 91. Ottersberg (Kr. Achim), manſchettenartiges, gegoſſenes Bronzearmband 89. Owinsk (Kr. Poſen-Oſt), in der Warthe, durchlochte Steinart mit dachförmiger Brechung der Bahn 152 Nr. 22.

Paape, Kriegsnachrichten 210, 377.

Pa ae gr 8 ſteinzeitliches Ton⸗ gefäß !

paläolitßiſche ae 191 ff., 315 ff., 372 ff.

Zaubermittel 5 ff.

Zeichenſchrift 192.

neuentdeckte heiligtumsſtätte 192 f.

Palladion 272, 275.

Pannonien, Langobarden 350.

Panu 275, 274.

Papendorf (Kr. Prenzlau), Steinplatten— kiſte 43.

Parpart (Kr. Schlawe), Halskragen mit Tremolierſtich 100, 102, 125.

Paſewalk (hr. üdermünde), bandförmige, ſpitzzulaufende Urmſpirale der früheſten Eiſenzeit 108.

Paſiegahöhle (Nordſpanien), Fußbilder 5.

Paulstal (Kr. Schubin), Rupferringe 150.

Sachregiſter.

Paulus Diakonus, Bericht über die Lango— barden 348.

Pawlowfe (Ckr. Bromberg), ſlawiſches Ton- gefäß und Schlittknochen 166.

Penaten 272.

Dend, über Zeitbeſtimmungen des Dilu— viums 319, 324.

Peßler, über ſächſiſche haustupen 351.

Peterfitz (Rr. Kolberg), Geſichtsurne mit hammbild 21.

Goldhalsring aus frühmerowingiſcher Zeit 376.

Petit⸗Mont bei Arzon (Srankreich), Suß⸗ bild in Megalithgrab 5.

Pfahlbau-Raſſe 158—141.

Pfeifhof (Gem. Aubaufen, Bez.-H. Nörd⸗ lingen), eiſerne Spitzbarren 123.

Pfeilſpitzen, aus Seuerjtein von Melzow

, 46. . Pferde, Bilder am Kivikdenkmal 61 ff. auf ſkandinaviſchen Felſenzeichnungen 269

pon Wilte beitrittene Deutung 25.

Be N) fe, der ſpäteren Kaijerzeit 203 nm. 1.

Pferdegott 63 ff., 75, 77, 269, 271, 272, 279.

Pfingſthügel (Northumberland), Figuren— ſtein mit Trojaburgen 245.

Dfriemen, aus Knochen, flawiſche 129.

Pharodeinoi 347.

Pinneberg (holſtein), nördliche Grenze der Mäanderurnen 348.

Piontfowo (Rr. Poſen⸗Oſt), durchlochte Steinaxt mit dachförmiger Brechung der Bahn 152 Nr. 22.

Pithecanthropus 373.

Plattenfibel von Bahrendorf 92.

von on 101.

von Zimitz 102.

Plau (Mecklenburg), Skelett der Unculus— zeit 208.

Plutarch, Bericht über den Stierfuß des Dionuſos 7.

Pohl, heinrich, f Nachruf 205.

poſeidon 271, 272, 277, 278, 279.

Poſen (Provinz), vorgeſchichtliche Funde 147

Poſen (Stadtkreis), ſteinerne Pflugſchar und Scherben mit Fingernägeleindrücken 151.

Depotfund, darin längsgeripptes Arm— band und Wendelring 90.

Potſzanowo fj. Eitelfelde.

Preußiſch Börnecke (Rr. Afdersleben), kelti— ſches Skelettgrab 114.

Heimen (Kr. Bomſt), Ciſten-Depotfund, darin bandförmige, ſpitzzulaufende Urm— ſpirale 108.

Prittag (Kr. Grünberg), Armbänder 95.

bandförmige, ſpitzzulaufende Armipirale 108.

längsgerippte

Sachregiſter.

Prometheus 277. rott, v., über den Stierfuß des Dionuſos 7. tolemäus, Bericht über germaniſche Stämme 347, 348. Puy Boudieu bei Aurillac, Eolitben 191. Puch, (Kreis), 5 125 der früheſten Eiſen⸗ eit 104, 105, 125.

Quasnitz bei Leipzig, Gräberfeld der Laz tenezeit 83.

der römiſchen Kaiſerzeit 85.

Quente, Paul, Kriegsnachricht 211.

f im Kriege, Nachruf 380.

Rad, religiöfes Symbol 64, 282, 290.

Rädchentechnik 344, 346, 348.

Radkreuz, am hivifdentmal 24.

Radlow (Kr. Beeskow-Storkow), bronze— zeitliches Gräberfeld 363.

Ramelslob (Kr. Winſen a. d. Lube), Urnen von 600—400 vor Chr., mit Malteſerkreuz 176.

Ramsberg (Rr. Kammin), Depotfund der V. Bronzeperiode, darin längsgerippte Armbänder 98, 99, 101.

Ramitein bei Cand} tubl (Be3.:A. Homburg, Rheinpfal3), 1 Spitzbarren 122.

Randbeil von Mamlitz 150.

Ranke, Johannes, f Nachruf 387.

Schriften 387.

e 135 ff., 188, 190 ff., 208, 367 ff.

Rajunda (Uppland), Dold) der V. Bronze⸗ periode 151 Anm. 1.

Rataj (Kr. Poſen⸗ ae längsgeripptes Arms band 96 Anm

Ravenna, Kreuzbilder 283, 287.

Rebenstorf (Kr. Lüchow), Friedhof der römiſchen Kailerzeit 170, 171.

Reche, über neolithiſche Raſſen in Böhmen 138, 140.

pag (Slug | in Pommern), Grenze zwiſchen

Oſt⸗ und Weſtgermanen 108.

Reibſteine, ſlawiſche 129.

Reinecke, | der Hallſtattzeit 89, 90, 102, Anm. 2.

Reiste, über Notfeuer 75.

Rembrandt 383, 384, 386.

u (H. Achern), eiſerne Spitzbarren

2

Rentier 8, 192.

Rekius, Herausgeber der Anthropologia suecica 365.

Reudigner 347.

Rheinpfalz, eiſerne Spitzbarren 121.

Rheinprovinz, eiſerne Spitzbarren 119, 120.

a (Kr. un andförmige, ſpitz⸗

zulaufende Armipirale 108.

eee achtkantige halsringe 11

Richter, Joh., Kriegsnachricht 210. Riemenzungen, Entwidlung auf Gotland 202.

darunter eine

405

Rieſte (Kr. Ülzen), Urnenfriedhof der römi— ſchen Kaiſerzeit 170, 171.

Rieß ne Zauch— Belzig), ſlawiſches Stelett- gra

Rimbeck (ar. Warburg), Ganggrab, darin Oberarmknochen mit Lochbildung 260.

e bei Berlin, Diluvium 320—323,

Rogaſen (Kr. Obornik), durchlochte Stein— art mit dachförmiger Brechung der Bahn 152 Nr. 22.

Rotutow 1 5 Pleſchen), Funde

Rom, Rreu a enen 296, 297.

Römiſche aiſerzeit, Funde in der Mark

Brandenburg 342 ff.

in der Umgegend von Leipzig 83.

im Regierungsbezirk Lüneburg 169 ff.

in der Provinz Poſen 161 ff.

die germanijchen Stämme in Nordweſt—

deutſchland 347 ff.

Robeijenluppen 118, 119, 120, 124.

Rosdorf (Lokreis Göttingen), Reihen⸗ Ske⸗ lettgräber 171.

Rosto (Kr. Silehne), Schaber aus Seuer— ſtein 148.

Sicherheitsnadel der III. Bronzeperiode mit liegendem Kreuz 91, 94.

Dold der V. Bronzeperiode 151.

Bronzedepotfund mit kbſatzbeil, Lappen beilen, Knopfſicheln 155.

tleines Tonnäpfchen 157.

ſlawiſche Scherben 167.

A (Kr. Jerichow II), flawiſches Ge—

129.

Rote Farbe, als Zaubermittel 10.

Bemalen der Leichen in paläolithiſcher und ſpäterer Zeit 10.

bei den Aujtraliern 372.

Rubens 384.

Rüdersdorf (Kr. Niederbarnim), Gräber: feld 305.

Rudra 266—268, 277, 279.

Kunenſteine, ſchwediſche, mit griechiſchem Kreuz 298.

von Jellinge mit Darſtellung des ge— kreuzigten Chriſtus 311, 313.

py verſchiedenartige Raſſen 155, 137,

140 ff.

Ruthen bei Lübz (Mecklenburg), Mans ſchettenarmband der jüngeren Bronze— periode mit liegenden Kreuzen 91.

ee (Kr. Meſeritz), dicknackige Stein-

eile 5

illurifches Gräberfeld 157.

Runteby (Sünen), Reſſel 77.

Rzadkowo (Kr. Kolmar in Pofen), weit: germaniſche Scherben 160.

Saale, Grenzfluß der Kelten 114, 117.

Saalfeld (Thüringen), keltiſche Funde 116.

Sachſen (germaniſcher lan) Erite Sige und Ausbreitung 172, 347 ff.

oſtgermaniſche

E

404

Sag, aus Gijen, ſlawiſche von Fohrde 131, 132.

Salier, römiſche Prieiterichaft 275, 278.

Salz, als Zaubermittel 2.

Samland (ohne Ortsangabe), oſtgermani⸗ ſcher achtkantiger Hhalsring 111.

Samter (Kreis), gedrehte Halsringe mit breiten Öfenenden 104.

Nordgrenze einer illyrijden Form des eiſernen Slachbeils 105.

Saöne (Slußbett) bei Chälon, eiſerner Spitz⸗ barren 341.

Saxo, Bericht über Ollerus 273.

Scef 272, 278.

Schaber aus Feuerſtein, erſtmaliges Por— kommen im Adeuleen 191

Beigabe des Acheul-Menſchen 198.

der Rjökkenmöddinger 79, 80.

Funde in der Provinz poſen 147, 148.

Schädel, als Seelenſitzorgan 25.

Meßweiſen 370.

ſ. auch Langtopfe, frag en

Scharleu (Kr. Hohenjalza), Nadel ue Vier⸗ ſcheibenſpiralenkopf 94 Anm. 2.

Scheibenfibeln, altſächſiſche 352.

fränkiſche in England 352.

Scheren, eiſerne, aus n Funden in Brandenburg 344,

A bei den ER 203

2 Sa bei gef

en Jerichow I), ſlawiſches Tongefäß 1 Schetelig, über bas an ae Schiff 358. Schieringen (Kr. Bleckede), hünenbett 177. Schiff, Friedrich, über die Bevölkerung Böhmens 138, 140. Schiff, Bilder auf ſkandinaviſchen Felſen⸗ zeichnungen 67, 265. am Rivikdenkmal 61, 64. Schifferſtadt (Bez.⸗f. Speier), Spitzbarren 122. Schild, als Götterzeichen 272, 278. Schildgott 273, 275, 278, 280. Schipenitz (Ger. Bez. Rolzmann, Bukowina) Stiefelgefäß 4. Schläfenringe, Kennzeichen für ſlawiſche Gräber 155. von Oberpritſchen 166. fehlen in wendiſchen Gräbern der Um- gegend von Brandenburg 133. Schlagenthin (Kr. ponies oſtgermaniſcher achtkantiger Halsring 111. Schlagſteine, der Kjökfenmöddinger 79. Schlangenkopfarmband von Kommerau 358. Schlehen (Kr. Poſen-Weſt), illuriſches Gräberfeld 157. Schleifſtein, frührömiſche Zeit 344. Schleswig, Gürtelringe, Dorjtufe der got— ländiſchen 202. . der Mäanderurnen 348. itze der Angeln und Warnen 349, 350. Ober⸗Jersdaler Stil 349.

Rurzköpfe, Kaſſe⸗

eiſerner

Sachregiſter.

ieee ſlawiſcher von Pawlowke 16

Schliz, es of Nachruf 207, 364.

Schriften 207.

über Raj gen 88 157, 139, 140, 371.

Schlöben (a enburgiſcher Dei ittreis), i in der Wölmiſſe, Depotfund der friibeften Eiſenzeit 87 ff.

ee SIEE vom Palatin in Rom 298,

310.

Schmetzdorf (Kr. on II), Tatönezeit- liches Gräberfeld

Schmiedeberg (Kr. A d ſtein⸗ . Gräber 37, 39, 50, 52. er votrrömiſchen Eiſenzeit 39.

Schmidt, R. R., Zeitbeſtimmung der ſtein⸗ zeitlichen Wertitatt von Deutſch Evern 175.

über Markkleeberg 317, 319, 323, 324.

Schnurferamit, Funde von Wahren bei Leipzig 85.

von Schönrode 151.

von ſteinzeitlichen Gräbern der Ucker⸗ mark 48, 50, 53, 55.

netzartiges Ornament am Gefäß von Eisleben 31.

Schönebeck, bronzener Halskragen 95 unter Rl. Drebnau.

Schönrode (Kr. Wirſitz), ſteinzeitliche Skelett⸗ gräber mit ſchnurverzierten Gefäßen 151.

Schönwieſe (Kr. Marienburg), bandför⸗ mige, ſpitzzulaufende Armſpirale 108.

Schötenſack, über das Steigklettern der Menſchen 369.

Schottland (ohne e Grabſteine mit Kreuzen 285.

Schroda (Provinz Poſen), Hohlwulit 89.

Schuhe, als Zaubermittel 1,

Schuhmacher, Lritz, Architekt 385.

Schulz-Minden (Walter), Kriegsnachrichten 210, 577.

über die Angrivarier 351.

Schwachenwalde (Kr. Arnswalde), Meffer mit liegendem Kreuz 92.

längsrippiger halskragen 93 unter Kl. Drebnau, 102 unter Zimitz.

Schwadernau bei Biel (Kt. Bern), eiſerner

Spigbarren 124.

Schwalbe, über Schädelmeſſung 370.

Schwan, Tier Words 267.

Schwanenhalsnadel por Gora 154.

von bartfeld

Schwanow (Kr. 1 Manſchettenarm⸗ band der IV. bis V. Bronzeperiode mit liegenden Kreuzen 91, 94.

Schweinsberg, Berg bei Beilbronn, Hügel⸗ gräber der II. Bronzeperiode 364.

Schweiz, eiſerne Spitzbarren 123.

Schweizersbild bei Schaffhauſen, Magda: lenien 364.

Schädelbau der Skelette, Raſſen⸗ zugehörigkeit 138, 141.

Sachregiſter.

Schwerin a. d. Warthe, falſche eee eines Ablagbeiles 155 Anm. 1.

Schwert mit Nierenknauf, mit samen Kreuz verziert von Herrnitadt 92.

Scoringerland 348.

Scyld 272, 278.

Seddin (Kr. Weſtprignitz), Königsgrab, An⸗ lage auf Grund aſtronomiſcher Rennt— niſſe 244.

Seefeld (Kr. Karthaus), Steinkreis 229.

Seelmann, über Chalouſos 348.

Segeberg (Holſtein), Sriedhof der römi= ſchen Kaiſerzeit 549.

nördliche Grenze der Mäanderurnen

348 Silehne),

Selchowhammer (Kr. fibeln 165.

Fibel mit zweilappiger Rollenkappe und andere oſtgermaniſche Sunde 163.

Seligmann, über Zaubermittel 1.

Semnonen 347.

Senſe, eiſerne, ſlawiſche, von Sohrde 132.

Sergi, über die Raſſen Italiens 188.

Sicheln aus Bronze, von Rosko (Knopff.) 155, 157.

von Großendorf 101.

aus Eiſen, von der Wölmiſſe 89.

jlawijhe von Bahnitz 132.

Siedlemin (Kr. Jarotſchin), ſlawiſcher Sie— delungsplatz 167.

Siehe, lauſitzer Soricher 3

Silſtedt (Kr. Wertige rde keltiche Skelett⸗ gräber 114.

Sirgenſtein, Diluvium 321, 323.

Situla, von Glienitz, Entwicklung aus heimi⸗ ſchen germaniſchen Formen 176.

Skadi 63 Anm. 3, 267—268.

Skandinavien, Grenelle⸗ Raſſe 140.

Stelettbeitattungen, Unterſuchung der ſtein— zeitlichen in der Uckermark 249 ff.

a Lodbildung am Oberarm 259,

Lateène⸗

als Mittel, die Oſtgrenze der Kelten zu

beſtimmen 114. in Kent iu angelfächjiicher Zeit 352. bei den Slawen 127. Stierniewice (Polen), eee 379. Stjeberg |. Neöre Solberg. A 1 5 278. der p

awen, Sunde aus der Provinz Pojen

166 ff 3 Pol

aus der Mark Brandenburg 127 ff.

Urſprung und Derbreitung 135 ff.

Sleipnir 269.

Slupia Nowa bei Sandomir (Polen), band- förmige, ſpitzzulaufende Armfpirale 108.

Smardow (Kr. Oſtrowo), oſtgermaniſche Keramit 163.

Solacz (Kr. Pofen-Oft), Geräte aus Feuer⸗ ſtein 151, 152.

Siedelungsplas der IV. Bronzeperiode

Mannus, Bd. VII. H. 3.

405

Solacz, oſtgermaniſche Siedelung 164.

Solutré bei Macon (Frankreich), Erſte Funde des Solutreen 191.

Solutreen 191, 194, 315, 520, 521, 324.

Sommerfeld (Kr. Kroffen), langsgerippte Armbänder 95.

e ſpitzzulaufende Armipirale 108.

Sonne, auf Darſtellungen der Kreuzigung Chriſti 302, 314.

am Kivitdentmal 62, 64.

Sonnengott 63, 64, 282, 290.

Sorau re längsgeripptes Armband 95

Anm Speer Br 64, 269. Seen, Bilder am Kivikdenkmal 62. Speerzauber 271. Speier, eiſerner Spitzbarren 122. Spinnwirtel, ſlawiſche 129. Spirale, als Götterzeichen 64. Spiralmänderkeramik, Sunde bei Leipzig 85.

Knotenornament 28.

Spiralſcheibennadeln, mit liegenden Kreu— zen verziert 95.

Spitzbarren, eiſerne 84, 117 ff., 338 ff.

Sprater, über Roheiſenfunde 119.

Spy, Neandertalraſſe 370, 372.

St. Adeul a. d. Somme, erſte Sunde des Acheuléen 191.

St. Na (Champagne), merowingiſcher

ried

St. Molf bei . (Loire Inferieure), eiſerne Spigbarren 341.

1 N altſächſiſche Fried⸗ öfe

a der ſächſiſchen Scheibenfibeln

Stabe uber ſchaukelnde Unterkiefer 138.

Standing Stones of Stennes (England), Steinkreis 233.

Stanomin (Kr. Hohenſalza), großer illuri⸗ ſcher Depotfund der früheſten Eiſen— eit 104, 105; darin mit liegenden reuzen verziert:

Doppelſpiralſcheibenkopfnadel 94. ä Halsringe 104.

10 Lena: i ae de Urmſpirale

Stanton Drew (England), Steinkreiſe 232, 243.

Stargard (Kr. Saatzig), Halstragen der IV. Bronzeperiode 95.

Starkenburg (Provinz im Großherzogtum hellen), eiſerne Spitzbarren 121.

Starkowo (Kr. ul ud ⸗Schei⸗ benkopfnadel 94 .

Stedten (Mansfelder Seekteis)) Wendel⸗ ring 114.

Steigbügelarmringe 114 ff.

Steinhammer, mit nachgeahmter Gußnaht aus Litauen 378.

Steinkreiſe 215 ff.

27

406

Steinzeit (neolithiſche), Sunde der Rjökken— möddinger 79 ff.

im Regierungsbezirk Lüneburg 172, 173, 176, 177.

in der Provinz Poſen 147 ff.

in der Uckermark 33 ff., 249 ff.

Stelle (Kr. Winſen a. d. Lube), Funde der Bronzezeit 171. |

aus dem 5. oder 6. Jahrhundert nach Chr. 171.

Stempelurnen, altſächſiſche, in England 352.

Stendſitz (Rr. Karthaus), längsgeripptes Armband mit oberer Schleife und Dorn— verſchluß der V. Bronzeperiode 98, 101.

Stimming, Guftav, f Nachruf 209.

Schriften 210.

Stolzenau a. d. Weſer, ſüdlichſter alt= ſächſiſcher Friedhof 351.

Stolzenbagen (Kr. Angermünde), Stein— plattenkiſte mit Skeletten 40, 249, 250, 261.

Stonehenge (Südengland), Steinkreiſe 220, 221, 226, 255 f., 242, 243, 357.

Stora hoghem (Tanum, Bohuslän), Felſen— zeichnung 68, 265.

Stöwen (Kr. Kolmar, Weſtpreußen), Stein einer handmühle 167.

Strabon, Bericht über Opfertult bei den himbern 73.

Strehlau (Ltr. Bromberg), im Netzekanal, hirſchgeweihhacke 148.

Striglakreuze 315.

Stripple Stones (England), Steinkreis 233.

Studernheim (Be3.-4. Frankenthal), eijerner Spitzbarren 121, 338, 340.

Studſin (Rr. Kolmar, Weſtpreußen), Ge— ſichtsurnen 164.

Suckow (Kr. Templin), Gräber der Steinzeit 54 f., 43, 55.

Sudeten-Raſſe 141, 142.

a Apolda), keltiſches Stelettgrab 11

Spiar, ihre Götter 264, 269, 270. Swaefe 348.

Sweben 347—351.

Schweden, Runeniteine mit Kreuz 298. Sult, Steinkreiſe 244.

Tacitus, Bericht über germaniſche Dolks—

ſtämme 347, 348, 349.

über die Ajtier 77.

über die Sennen 140.

über die Götter aller Germanen 65.

über die Alcis 65.

über Nertbus 265.

über göttliche Eber 77.

Taman (Injelam Ajowidyen Meer), Boten: reſte 145.

Tanagra (Böotien), Tonfigur mit ſumbo— liſchen Zeichnungen 20.

Tannenzweigmuſter an Sachen der früheſten Eiſenzeit 110 ff.

Sachregiſter.

Tarnopol (Galizien), gedrehter Halsting mit breiten Öjenenden 104.

Tarthun bei Egeln a. d. Bode (Kr. Wanz⸗ leben), keltiſche Stelettgräber 114.

Tataren 138, 139, 140.

Taubach (Sachſen-Weimar), paläolithiſche Sunditellen 320—322.

Tegel (Rr. Niederbarnim), bronzezeitliches Gräberfeld 365.

Ten Brink, über die Euten 355.

Tensfeld (Holitein), Steinkreiſe 244.

Teplitz-Schönau (Böhmen), vaſenförmiges ſpätneolithiſches Gefäß 50.

Teſchub 276.

Teutoburgerwald, Südgrenze des Delt- heimer Stils und der Angrivarier 351.

nee (England), Steinkreiſe 232,

3

Theißen (Kr. Weißenfels), Wendel- und Steigbügelarmring 115, 117.

Themſe, Grenzen germaniſcher Stämme und Kultur 352.

Theodebert, Erwähnung der Euten 353.

Theodolinda 302, 305.

The Tregajeal Circles (England), Stein— kreis 255.

Thiede, Diluvium 321—325.

Thierſchneck (Grafſch. Camburg), keltiſche Skelettgräber 110.

Thonar 63.

Thor 68, 273.

Tierdarſtellungen, in einem neuentdedte paläolithiſchen Heiligtum 193. |

bei den Aujtraliern 372.

Tierköpfe an einem Goldhalsring früh— merowingiſcher Zeit von peterfitz 376.

Tierwelt der Diluvialzeit 518, 320—322.

Tirol, Schädel der deutſchen Bevölkerung 144

Tiruns, Dipulonfiguren 28.

Tius 63.

Toldt, über altſlawiſche Schädel 156, 157, 139, 143.

Torſtorp (Nip. Sdderafra, Län Kalmar), Depotfund der IV. Bronzeperiode, darin Halstragen mit liegenden Kreuzen ver— ziert 92.

Trampe (Kr. Prenzlau) ſteinzeitliche Slach— gräber mit Stelettbejtattung 55.

Crave = Chalouſos 348.

Tremolierſtich 100, 102, 104, 126.

Treten, als Jaubermittel 6.

Trichterrandbecher, von Melzow und Neuen— feld 41.

Trier, eiſerner Spitzbarren 120.

Trilithen 226, 254, 247.

Triton 278.

Trojaburgen 246.

Cr3ebc3 (Kr. Kulm), Steinkreiſe 227, 229, 232, 243. Tſchepourkovsku,

Rußlands 158.

Tichilingirow, Anaſtas, f Nachruf 380.

über die Bevölkerung

Sachregiſter.

Cuchheim OF Jerichow II), flawifdyes Ton— efäß 128.

Tüllenbeil, eiſernes, von der Wölmiſſe 89.

von Guben-Chöne 104.

Tummeley, Kriegsnachricht 377.

Tupadly (Kr. Bohenſal za) maſſiver, ſpira⸗ liger Subring der frühen Eiſenzeit 104 Abb. 19, 105.

Turkvölker 137, 141.

Tyr 27, 69.

Tyra 311,

Überſchreiten, als Zaubermittel 6.

Übigau bei Dresden, Armſpirale aus Doppeldraht der V. Bronzeperiode 97.

Uckermark, Steinzeitgräber 35 ff., 249 ff.

Ull 63 Anm. 1, 265, 266, 268, 273, 275, 278, 279, 280.

Ulm, eiſerner Spitzbarren 122.

Unterlenningen (OGb.⸗A. Kirdybeim u. C.), eiſerner Spigbarren 340.

Urmitz (Ckr. Koblenz), ſteinzeitliches Erd— werk 331.

Dannecourt (Kr. Chateau-Salins, Elſaß), eijerner Spitzbarren 123.

Darlös (Tanum, au), Selſenzeich— nung 68, 69 Abb. Deda 77, 266, 268, 271 274, 276, 279.

Deltheimer Stil 351. pene) (Uppland), Helm mit Kampfebern 7 8

Deraldar god 263, 269, 270.

Deita 276.

Deitalinnen 270, 274.

Dezeretal (Dordogne), diluviale Sunde 90

1 Dierzebnbeiligen (Kr. Saalfeld, Thüringen), keltiſches Stelettgrab 116, 117. Virchow, Rudolf, über germaniſche und altſlawiſche Schädel 136. über Neandertalraſſe 367 Anm. 1, 370. Dogeltöpfige Menſchenfiguren 15. Döllerdingen (Rr. Zabern), eiſerner Spitz— barren 123.

Wachenheim bei Dürkheim (Be3.:A. Stan eee eiſerner Spigbarren 121, 340.

Wagner, Ernſt, über das Bombenattentat in Karlsruhe 212.

Wahle, Ernſt, Kriegsnachrichten 210, 377.

Wahlſtadt (Ltr. Bromberg), Wendelringe 160.

Wahren bei Leipzig, Funde aus verſchie— denen Zeiten 85. ee der frühen Eiſenzeit 83 ff.,

darin eiſerner reichverzierter Hals: ring mit Knopfenden 85, 89, 91, 93, 105, 108, 110, 112, 113, 114.

407

Wahren bei Leipzig, Depotfund, darin Roheiſenluppe 84, 124, 125, 341.

Zeitbeſtimmung 86, 112, 113.

illuriſch 112, 114, 117.

Waldai-Raſſe 135, 140.

Walternienburg (Kr. Jerichow I), €lb- megalithamphore mit kammartigen Der- zierungen 22.

Waräger 146.

Waralden Olmau 263—265, 269, 270, 275.

Warnen 349, 350.

Warnow = Chalouſos 348.

Watenſtedt e ſwebiſcher Friedhof 351.

Waul 273, 275, 278.

Webeſteine aus Ton, ſlawiſche 129.

Webrutz (Böhmen), Riejenurnen 360.

Weckersweiler (Rr. Saarburg), eiſerne Spitz— barten 84, 125.

Weiland, über Chaloufos 348.

Weined, lauſitzer Forſcher 376.

Welbsleben (Mansfelder Gebirgskreis), keltiſches Stelettgrab 115.

Wellendorf-Nateln (Kr. Ülzen), Sunde der

Steine und Bronzezeit, eigenartige Skelettlagerung 172.

Wendelringe 96 Anm. 3, 102, 109, 114 ff., 100, 334 ff.

wenden, in der Mark Brandenburg 127 ff.

Weſtdorf (Kr. Aſchersleben), Skelett- und Urnengräber der früheſten Eiſenzeit 4

114.

Weſterſunderberg (Kr. Ulzen), Urnenfried— hof der römiſchen Kaiſerzeit 170, 171.

Weſtgermanen, Sondertupen der früheſten Eiſenzeit, längsgerippte Armbänder, nun und Weiterentwidlung 97 rf., 103

bandförmige, ſpitzzulaufende Urm— ſpiralen 108.

Funde in der Provinz Poſen 158 ff.

in der frührömiſchen Zeit in der Mark Brandenburg 346.

Stämme und Stammverbände 347 ff.

Wetzlar, eiſerne Spitzbarren 120, 341.

Weule, über paläolithiſche zeichen 5:

Widſidlied 348, 553.

Wiegers, über La Micoque 192.

über Markkleeberg 317, 319, 325.

Wiesbaden, Steinfreis in der Geishede 244.

eijerne Spitzbarren 120.

wahrſcheinlich falſche Sundangabe eines eiſernen Rnopfhalsringes 90.

Wikingerzeit, Oſeberg-Schiff 206, 357.

zu des Midgardwurmes 75.

Gött

Wil 355 St. Gallen), eiſerner Spitzbarren

Wildberg (Kr. Greifswald), Mörſer 356. Wilhelmsau (Kr. Niederbarnim), ſpät⸗ kaiſerzeitliches Gräberfeld 363. Wilhelmshöhe bei Uſch (Kr. Rolmar, Poſen), Budelurne 175. 27*

408

Wilfau (Kr. e längsgerippte Armbänder 96.

Wilke, Georg, Kriegsnachrichten 210, 378.

über die Dioskuren 65.

über die Axt als Fruchtbarkeitszeichen 265.

über den Steinkreis von Avebury 232, 242, 245.

Willendorf (Oſterreich), die e der ſog. Denus von W. 1

paläolithiſche e 322.

Willers, heinrich, f Nachruf 209.

Wilmersdorf (Kr. Beeskow-Storkow), bronzezeitliches Gräberfeld 365.

Winckelmann, über Rembrandt und Hals 584.

Windecken (Ltr. Hanau), Wendelring 336.

Windgott 63, 271, 272, 279.

Wintary (Kr. poſen⸗ Oft), weſtgermaniſche Keramik 160.

Wintergott 265, 268.

Wintergraf 67, 208.

Wirſitz (Stadt), ſlawiſche Scherben 167.

Wittſtock (Kr. e ſteinzeitliches Flachgrab mit Skelett 54.

Witzen (Kr. Sorau), 1 Arm: bänder 95, 105.

Wocel, über altſlawiſche Gräber 135.

Woche 225, 236.

Wodan 65.

Wodl 269, 273.

Woblsdorf Ce Ziegenrück), keltiſches Ste-

lettgrab

Er, (xt Schrimm), ſteinzeitliche Scherben

illyrijches Gräberfeld 158.

Wolf, Tier Apollons und Stadis 267, 268.

mel Rarl Felix, Kriegsnachrichten 210,

Wollishofen, am Züricher See, bronzener Miniaturkamm 20.

Wollſchow (Kr. Prenzlau), einhenkliger Topf aus ſteinzeitlicher Quarzitplatten— kiſte 45.

ba ee Flachgräber mit Skeletten

Wölmiſſe bei Schlöben (Sachſen-Hltenburg), Depotfund der hallſtattzeit 87 ff.

illuriſch 114, 117.

Wolt 275.

Woltersdorf (Kr. Niederbarnim), bronze⸗ zeitliches Gräberfeld 565.

on um (Kr. Alzey), eiſerner Spigbarren 12

Wooatdl bei Weiſenheim a. (Bez.. Frankenthal), eiſerne ee 122.

Wörnitzſtein (Be3.:A. Donauwörth), eijerner en 123.

Wotenitz-Jameler Stil 348.

Sachregiſter.

Woynowo ſ. Wahlſtadt. Wize ans Mogilno), nude ſpitz⸗ aufende Armſpirale 108.

Württemberg, eiſerne Se 122.

Wuſſeken (Rr. Schlawe), Depotfund der früheſten Eiſenzeit, darin geſtreifter Halskragen 100, 102, 126.

. (Kr. Roſchmin), ſlawiſche Scher—

167

Unglingerſage 76. Yitadt (Schweden), Pferdeſchädel mit Seuer— ſteindolch 72. ;

Zaleſie (Kr. Sem, Querbeil aus Seuerjtein 152.

Zapfenbecher Be Melzow 48.

von Trampe 56

von Wollſchow 55.

Zarnowiß (Kr. Neuſtadt i. Wpr.), Depot- 19 1 der früheſten Eiſenzeit, darin ge— treifter halskragen 100, 102, 126.

Zauchel (Rr. Sorau), bandförmige, ſpitz— zulaufende Armſpirale 108.

Zeblin (Kr. Bublitz), Sibel mit Schälchen— fuß und liegendem Kreuzband 109. Zeichenſchrift, neue paläolithiſche Funde im

Dezeretal 192, 193, 194.

Zeltberg bei Lüneburg, e der römiſchen Naijerzeit 169 172.

Zerkow (Kr. J e illuriſcher Sied⸗ lungsplatz 158.

ſiawiſche Scherben 167.

Zerkwitz (Kr. Jarotſchin), Steingerät 152.

Funde illuriſcher Kultur 158.

Zeus 277, 278.

Zeuß, Raſpar, über Chalouſos 348.

Zgierzynta (Kr. Neutomiſchel), weſtgerma— niſche Keramik 161.

Ziege, als Opfertier und Stern 222.

Zilmsdorf (Kr. Sorau), quergerippte Arm- und Fußbänder mit liegenden Kreuzen 94, 95, 103.

Zimitz (Kr. Uſedom-Wollin), Depotfund der V. Bronzeperiode, darin geſtreifte Halstragen 99, 100, 102,

Zinn, oftgermaniche ſechskantige halsringe von Belgard 111.

Zirkel, Joh., KRriegsnachricht 377.

Zurawia (Kr. EL Depotfund der früheſten Eiſenzeit, darin Armſpiralen, Hohlwulſte, Sußeinge 111.

weiggejellichaft Berlin, Sitzungsberichte

Risen Doppelart aus Bronze 289. Gefäß us a und fammartigen

Zeichen 2

verzeichnis der Abbildungen

im Text und auf den Tafeln

(zeitlich und länderweiſe geordnet)

Seite, Tafel 1. Paläolithiſche Seit

Spanien und Südfrankreich

Reliefs von Cauſſel, Frauengeſtalt mit Geſichtshaubt?tuu 14 Srauengeltalt mit Geſichts— eae und Horn. ...... 19 Zeichnungen von Abri Mege, Tier: malen we 11

von Altamira, Figuren mit ſchnauzenförmigen Geſichtern . 15

mit kammartigen Zeichen 0% 23, 24

von Laugerie Baſſe, Stau mit Renn tie

von Lorthet, Renntier, Fiſche, Agen

en der Paſie gahöhle, Subjoblen und Zeichen

Ohne Ortsangabe

Nachbildungen von hörnern als aubermitte ek. 17, 18

2. Neolithiſche Seit

Schweden Knodentamm mit Menſchen- und Tierkopf von Gullrum :

Danemart Kjottenmoddinger-Slintgerate XVII—XIX

Deutſchland

In Hannover

Seuerſteingeräte von Deutſch Evern (Ckr. Lüneburg) XX

Seite, Tafel

Sund (Steinbeile, Tonſcherben) von Glienitz a. d. Elbe (Kr. Dannen— berg)... dd XXX, XXXI

e Geweihſtücke, durch⸗ lochte Steinaxt, Scherben) aus der Ilmenau bei Lüneburg . . . XXX

In der Provinz Sachſen

Dielöjige Amphore der älteren Me— galithkeramik mit kammartigen Verzierungen von Walternien— burg (Kr. Jerichow I). 22

Schnurkeramiſches Gefäß mit netz⸗ u Schulterornament von Eisleben

In der Uckermark Steinkammer von Melzow, Grundriß 1 von Suckow, Lageplan und Grund—

Pr. re er I Anſichte“nnnn II Steinblodtijten von Melzow, Grund—

( se Mog es ae oe I Anſichteen”?nn¶nNnnnn. Il

Beigaben (Tongefäß, Art: 1 dicknackige Gradaxt, uarzitſcheib(ee- dd. 1

von Schmiedeberg, Grundriſſe . III

Beigaben (Rugelamphore, dicknackige Feuerſteinäxte, Meſſer, Bernſteinſcheibõů⸗ʒhhh III

Steinplattenkiſten von Melzow, Lage—

/ AAA See fae IV

Anſichten VI

Grundriſſe und Beigaben (Trichterrandbecher, einhenklige ( » IV

von Menkin, einhenkliger Topf. VII von Papendorf, Grundriß und einhenklige Töpfe

410

Sette, Tafel

Steinplattenkiſten von Stolzenhagen, Grundriß

von Sudow, einhenkliger Topf.

Flachgräber mit Skelettbeſtattung von Brüſſow, becherförmiges Ton—

i u ee we ase von Beinrichshof, Arthammer

von Melzow, Lageplan.. Lage der Skelette. VII, Beigaben (Congefäße, dar: unter vierhenkliges, becherförmi⸗ ges, Japfenbecher; Axthämmer

Lil |

dicknackige Art; Pfeilſpitzen VII, ill, IX

von Röpersdorf, Zapfenbecher : von Schmiedeberg, Beigaben (Ton— gefäße, darunter Kugelamphore, zweihenklige Terrine; Lanzen—

ſpitze)

IX, X, XI

XII

von Suckow, Grundriß... XI Beigaben (Tongefäße, dar- unter becher-, napfförmiges; Axt— hammer, Seueriteinart) . XI, XII von CTrampe, Congefäße, dar⸗ unter ZJapfenbecher, Axthämmer XIII von Wittſtock, Becher mit Schnur— eindrücken und Deckel. XII von Wollſchow, Japfenbecher und Arthämmer XII, XIII

mit Leichenbrand von Slieth, Ton— gefäße, Axt aus Sandftein, dick— nackige und breitnackige Arte aus Sellekſteimemnmemn se gout Melzow, Tongefähe, Arte aus

OLN ar ee XV,

In Pofen ea: von Dembjen (Kr.

Poſen-W Seuer ge von Latkowo (Kr. hobenjalza)

e % „„ «

Tongefäß von pakoſch (Kr. Mogilno) 149 Tongefäße von Schönrode (Kr. Wir: B ͤ tee at tes ae, 151 Durchlochte Steinart mit dachförmiger Brechung der Bahn aus der Wartbe bei O wins. 152 Kupferoberarmringe von Paulstal (Ar. Schubn n 150 In Weſtpreußen Steinkreiſe von Odry (Kr. Konitz), Lagepläne 247, XX XV von Crzebcez (Kr. Kulm), Lage: plan und Querſchn itt. .. 228 von Blandau (Kr. Kulm), Lage: If ĩ 250 Srankreich Sußdarſtellung auf dem Tragſtein des Megalithgrabes Petit-Mont bei CCT 4

verzeichnis der Abbildungen.

Seite, Tafel Böhmen

Gefäße mit Knotenornament der

M

St

Se

ae. des] aa i

Spiralmäanderkeramik von Tie=

boul u. Kamenmoit. te.. 29 Mähren iniatur-Stiefelgefaoeæeÿÿß .. 4 Bukowina iefelgefäß von Schipenig . . .. 4

3. Bronzezeit

Schweden lſenzeichnungen vom Afpeberg

(Tanum) . 2 2 2 20. 267, 269 von Bada (Braſtad) 26, 264, 270 von Bos Utmart (Tanım). 269 von Brede (Brajtad) ..... 276 von Solfum (Tanum). .... 265 von Hoghem (Tanum) 68 von Hvitlyde (Canum) . 264 von Kinnetulle (Deltergatland . 264

vom Kivitdenkmal (Schonen)

65— 67, 71, 72 von Cökeberg e 4 von Darlös (Tanum) . 69, 266

TCängsgerippte Armbänder der V. pe.

riode von Dalby (Gland). 99 Norwegen Selſenzeichnungen von Bardal bei Stenkja x 3. 2 2. 023 67 von Nedre Solberg (Stjeberg) 65 Dänemart Selſenzeichnung von Odsherred (See— : ano), Ge aes 2 tay Ge ee a 7 Halsring mit Endknöpfen der V. Dez // ee ie 90 England

Steinkreiſe von Stonehenge, Lageplan 235

urſprüngliches Ausjeben 233 von Avebury, Lageplane. . 239, 242 urſprüngliches Ausjehen 237, 240 Deutſchland

In hannover

Sund (Buckelurne, Hannöverſche Fi—

Hr

bel, Ring) von Garlstorf (Kr. Winſen a. d. TCuh) : 175 Im Rönigreich Sachſen n aus Doppeldraht der Periode von Übigau bei pene . ee e 97 In Poſen

Unſichten eines Grabes illuriſcher

Kultur Sdrimm) ....

von Wojtoſtwo (Kr. XXVII, XXVIII

Verzeichnis der Abbildungen.

Seite, Tafel dag ae 5 nn von Rosto

lehne 150 N (deppeltoniſches Gefäß, Abſatz⸗ beil, Lappenbeile, h von Rosko (Kr. Silehne) . 155, Kleiner Stein mit Gelichtsdaritellung von Gohra (Kr. Schrimm). . ee von Bentſchen (Kr. Mele V 153, 159 In Weſtpreußen 3 Armband mit oberer Schleife der V. Periode, ſchräg durchſchnitten, von Großendorf (Kr. Pugiq) . 2... 220.0. 97

mit Na von Cöbſch (Kr. Putzig) Schweiz

Miniaturkämme aus Bronze von Wollishofen und Dallamand ...

20

4. Dorrömifche Eiſenzeit

Schweden

Halsring mit breitgeklopften Enden, verziert mit Kreuzbändern, von Gotland

Deutſchland Germaniſches Gebiet In Oſtpreußen Oſtgermaniſcher achtkantiger Halsring vom Hrklitter See (Kr. Gerdauen)

In Weſtpreußen

Bandförmige, ſpitzzulaufende Arm— ſpirale mit ſich kreuzenden Zier— bändern von Ribenz (Kr. Kulm

Halsfragen mit Kreuzbändern von Lanzenberg (Kr. Löbau) i

In Poſen Wendelringe von Wahlſtadt (Ltr. Bromberg)

Eiſerne Latenefibeln von Selchow— hammer (Kr. FSilehne) ee

In Pommern

Längsgeripptes Armband mit Rand— durchbohrung und hakenverſchluß von Kolpin (Kr. Kolberg-Körlin) Halstragen mit Tremolierjtih von Parpart (Kr. Schlawe) Gedrehter Halsring mit breiten Gſen⸗ enden, illuriſcher Typus, von Leine

109

111

107 109

160 162

99 100

(Kr. Dy !!!!!! te is ec 105 Maſſiver, ſpira iger Sußring, verjüngt endigend, illuriſcher Typus, von Leine (Kr. Puritz)

Armband, verziert mit Kreuzbändern

106

on 2 OO

|

411

Seite, Tafel Kolberg

e W „% @ @e@ 2 06

von Hanshagen (Kr. Rörlin) Hohlwulſt mit Tannenzweigmuſter von Gnewin (Kr. Lauenburg) . Sibel mit Schälchenfuß, am Bügel wit 5 von Zeblin (Kr. Bub— tz

110

CCC 109 Geſichtsurne mit Kamm von peter— fig (Rr. Kolberg) . ))), 21

In Bolitein

Wendelring, allerſpäteſter Typus, mit liegenden Kreuzen von Stiedrid)s= hof (Kr. Plön) In hannover

Urne mit Malteſerkreuz von Ramels⸗ loh (Kr. Winſen a. d. Cube)

Illu riſches Gebiet In Poſen Doppelſpiral-Scheibenkopfnadel mit liegenden Kreuzen von Stanomin (Kr. hohenſalza) Längsaeripptes, deithloffenes Arm⸗ band mit kantigen Rippen von der Stadt Poſen mit gerundeten Rippen Brenno (Kr. Sraujtadt) . Gedrehter Halsting mit breiten Gſen⸗ enden, verziert mit liegenden Kreuzen in Tremolierſtich, von Stanomin (Kr. Hohenſalza) Maſſiver ſpiraliger Sußring, in kleinen Stempelknöpfen endigend, von Tupadlu (Kr. Hobenlalza) . .. Bandförmige, ſpitzzulaufende Urm— jpirale, verziert mit flachen Bögen, von Priment (Rr. Bombſt) . von Stanomin (Kr. Hohenſalza

In Schleſien

Drahtförmiger Urmring mit kleinen ndknöpfen, verziert mit liegen: den Kreuzen, von Groß Tſchanſch (Kr. Breslau) Getriebener hobler Halsring, verziert mit liegenden Kreuzen, von Bu— ſchen (Rr. Wohlau) Urmring mit kurzen, glatten Wulſten von Buſchen (Kr. Wohlau) von Namslau In Brandenburg Längsgeripptes Armband mit liegen-

den Kreuzen von Witzen m Sorau) A

Im Rönigreich Sachjen

Eiſenfund (eiferner, reichverzierter Halsring mit Endt nöpfen, eiſerne Ringe, Robeilenluppe) von Wah— ten bei Leipzig 85, XX

110

176

94

96 96

von

104

104

107 107

105

106

106 112

95

412 Verzeichnis der Abbildungen.

Seite, Tafe In Thüringen Fund (maſſiver dicker Bronzering mit angegoſſenen Süßen, Br ring, Eiſenhalsring mit End⸗ knöpfen, Eiſenflachbeil mit Zap⸗ fen) von der Wölmiſſe bei . ben (Sachjen-dAltenburg) . 88, 90

Reltiſches Gebiet In der Provinz Sachſen Steigbügelarmring von Theißen (Kr. Weißenfels) In der Rheinprovinz Gräberfeld der älteſten Hallftattzeit bei Gering (Kr. Mayen), Lage: Pläne; 527, 328 Tongefäße 6 Gräber der jüngſten e bei Mayen, Sunde (Tongefäße, Kine der opfſchmuck, Klapperblech, a und andere Bronze dien) . 332—335, XXXVI Girne ipbarren von Niedertleen eblar). )) = 58,0% 121 = Süddeutſchland Hallſtattzeitliches Gefäß mit Ramm aus Frankkeeeeeeeeee nnn 21 Bronzearmband, verziert mit liegen- den Kreuzen von Buchheim (Kr. Ronſtanz, Baden) ...... 107 Eiſerner Spitzbarren von Griesheim bei Darmſtadt (Großherzogtum Heſſen‚n u 122 von Kolmar (Elſaß) von Oberbergheim (Kr. Rappolts- weiler, Eljap) ........ 117 mit Schlußlap en von Studern= heim (Bez.⸗l. Frankenthal, Rheins De wa we 358

Ohne Ortsangabe Wendelringe entwickelterer Art . . 113 Steigbügelarmring . ....... 113

5. Römiſche Kaijerzeit Deutſchland In Poſen Fund (Urne, Sibel mit zweilappiger Rollenkappe, bronzene Achſen—

Sk von Selchowhammer (Kr. Sehne ase 165

In Brandenburg nebſt dem Kreiſe Jerichow II

Frührömiſche Sunde (Mäanderurnen und andere Tongefake, Sibeln, Halskette, Meſſer, Nadeln, Näh— nadeln, Schnalle) vom Kruſeberg bei Klein Kreuz (Kr. Weſthavel⸗ land) .. XXXVII—XLII (Tongefäße, Sibeln, Meſſer, Schere,

er Moe 117

Seite, Tafel Schleifſtein) vom Gallberg bei Sohrde (Kr. Weſthavelland) . XLIII Srührömiſche Funde (Mäanderurnen und andere Tongefäße, Sibel) von Groß Wuſterwitz (Rr. Jerichow II) XLIII In der Rheinprovinz Fund pe, lese Beil, Hohlmeißel, Campe, Meſſer, Spigbarren aus

Eiſen) von Koblenz. 118, 119, 120

6. Wikingerzeit Bild des Midgardwurme . 73

7. Slawiſche Seit

Deutſchland In Brandenburg nebſt den Krei⸗ Jen Jerichow I u. II Sunde (Tongefäße; Bohrer oderpfrie⸗ men, Nähnadeln, Ramm one

wirtel; Weller un 8137 aus

Eiſen) von Fohrde nn Weſt⸗

havellandd . . . XXIJI—XXIV Gijernes hufeiſeœe n nn 132 Eiſerne Pflugſchar von Neuendorf

(Kr. Weſthavelland) RAR es 131

Eiſerne Sicheln oder Senſen von Bahnitz (Kr. Jerichow II). 132 Tongefäße von Brandenbur a d.

ade ea CV. XAVI von Brielow (Kr. weſthavel⸗ fan) 8 XXV von Groß Wuſterwitz (Kr. Jeri⸗

mow II) XXV, XXVI von i (Kr. weſt⸗

havelland) X von Möſer (Kr. Jerichow II) XXVI von Neuendorf (Kr. Weithavel:

Mis) ee XXV von Rietz (Kr. Weſthavelland) XXV von Roßdorf (Kr. Jerichow II) . 129 von Schermen (Kr. Jerichow I) XXV von Tuchheim (Kr. Jerichow II) XXVI

Profile von Congefapen .... - 130 In Dojen

Unſicht einer herdſtelle von Dembſen (iel Poſen-Weſt )))) 165

Profil eines Walles bei der Grunziger heidemühle (Kr. Meferig) . 166

Tongefäße von Bentſchen (Kr. Mele: tiß von Pawlowfe (Lfr. Bromberg) 167 8. Chriſtliche Seit Schweden

Kreuze, noch im Reifen Grabkreuze, noch mit Reifen . . . 285

Derzeichnis der Abbildungen.

Seite, Tafel Kreuze mit Daritellungen des ge— kreuzigten Chrijtus . . . . 310, 311 Dänemark

Runenſtein mit dem Bilde des ge- Each Chrijtus von Jellinge

(Fütland) . » 2 222020. 311 Schottland

Grabkreuze, nod) mit Reifen. 285 Deutſchland

In Hannover Siedelung aus dem 12. und 15. Jahr: hundert nach Chr. auf dem Kneterberge bei . (Kr. Bleckede), Lageplan. . . . . . 179 Grundriß eines Schwellenhauſes 180 ande (Tongefäße, eilerne Ge- rate) XXXII, XXXIII

9. Unbeſtimmt

England

Sigurenftein mit Trojaburgen vom Pfingſthügel (Nortbumberland) . 245 von horton Mor 246

10. Außerhalb Nord⸗, Mittel⸗ und Südweſt⸗Europa vorgriechiſch und Griechiſch

I % % % 2

Goldmaske von Mukenn ck 12 Gefäßſcherben mit Sichen und an⸗ deren Figuren von Ciruns . 27

eee Dipylonſtil, mit Ramm, Vögeln, ha e von Tanagra 2]

Ofen mit Maske 12 Terrakottaplatte mit Zauberzeichen von Neapen 16

Römiſch | Münze Konitantins des Großen mit einem Symbol, gleich dem ägup— tiſchen des göttlichen Lebens. . 291 mit lateiniſchem Kreuz des 5. Jahr- hunderts nach Chetet. 289 Sigur vom Diptychon conſulare im Domſchatz zu Halberſtade . 355

Agyptifch mt mit kammartigem Zeichen auf einem Selſen von Gebel-Hete-

Symbol des göttlichen Lebens .. 291 Zupriſch

Haustiere mit Ramm am Schwanz auf einem Gefäß . 25

413 Seite, Tafel Doppelſchneidige Art aus Bronze. 289 hethitiſch Blitzgott Ceſch ub. 276 Gott mit Doppelantkt . 289 Phöniziſch Münze mit Kreuzen des 3. Jahr: hunderts nad) Che. 289 Kleinaſiatiſch Bronzeflachbeil mit Supbild von MONG a & ee 4 Symbol, ähnlich dem äguptiſchen des göttlichen CLebe ann 291 auf einer Münze des Herodes 291 Kaukaſiſch Bronzehand mit zwei hunden von Rohan Be 25

Bronzefigürchen mit großen händen 276

Indiſch Siegel oder Amulette von Baxenrah 4, 24 11. Karten Umgegend von Odru (Kr. Ronitz, Weſtpreußenasa dd 214

Germaniſche Gräberfelder und kel— tiſche Stelettgräber der V. Bronze- periode und frühen Eiſenzeit am Oſtharz und im Elb⸗Saalegebiet XXI

Frührömiſche Gräberfelder in der Um— gegend von Brandenburg a. d.

ah m wa 345 12. Bildniſſe

Robert Drt eu 361

Gabriel Guſtaf.fſh s XXXIV

Hermann Klaatid) . e XLV

Paul Quente......... XLVI

Alfred Schlinaguz zz XLIV

13. Derjdiedenes

1 der älteren Sternkarten 222 ei 0 des lappiſchen Gottes

Waralden e Ser eae. ee 63 Kamin mit hörneen 15 Anhängſel, Leiter und Schuh, aus

Siebenbürgen Kreuze, noch von Reifen umgeben 283, 285 et Stäben 287, 289 Entſtehung des Chrijtusmonogramms

291, 295

Darſtellungen der Kreuzigung 296, 297, 301, 305—312

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Verlag pon Curt Kabitsich, 101 Univ. „Verlagsbuchhändier in Würzburg,

“Manus” Zeitſchrift für Vorgeſchichte

herausgegeben von Prof, Dr. Guifaf Kollinne.

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it ebeniopiel Tafeln: und reictlihen Cextabbildungen bilden. Einzelne Selte tind nickt käuflich. ise Bezugspreis firjden Band Mk. 18.—, Elnbanddecken zu Mk; 1.50,

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Die Berichte über die weiteren Hauptoeriammiungen erſcheinen ab Bd. IV im „Mannüs” ielbit

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für Mitglieder: der Berliner Eee 2 Ik. mehr; die Einzahlung desielben hat an den Verlag von Gurt eus, Kgl. Univ.»Verlagsbuchhändler, . "Würzburg, 'Ludwigitraße 23 %, zu etfolgen, +t

Dewanmeldungen ‚sowie Abmeldungen find Kohler an den Dore

‚Tigenden, ‚Herrn Professor

Dr. G. Kossinna, Berlin-Eichterfelde, Karlstrasse lo oder an den Schagmeilter der Gelell- ı

"chaff; perm Ernst Snethlaae, Berlin NW, Quißgowitraße 123 zu richten;

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ult, ms nur an den Herausgeber, Berm Professor Manuskripte, Vorlagen 5, 6. Kossinna, BerlinsLlchtertelde, Karlitrahe 10

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Das N Volk im Kampfe um feine Ernährung. - = 1 Bs

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Inhalt: {. Von der Ernährung überhaupt, 2. Der Friedenshaushalt des deutihen Volkes; - TER Sg

3. Der Kriegshaushalt des deutichen. Volkes, Die Brot, ¥lelid-, Gemüfe- und Obltverforgung. Die Düngerkrage. Die landwirtihaltlitien’ Indultrien. Welche Forderungen muß dle ‚Heimat *

ertüllen, um den Brotkrleg llegreidı zu beifehen. 4, Chronik des Brotkrieges. re os erlle Schrift, die den Bushungerungsplan unlerer Feinde allgemein verltändlih und aul Srund veer a 5

N. *

Angaben Melee

Die Gefahren der Kultur für die e Rate 5 und Mittel zu deren Abwehr. |

Gemétntahtich dargeitellt von W. Osborne (Mitglied der S. U verde, 1 1913, ly und. 94 Seiten. Preis Mk, 1.80. |

Inhalt: Einleitung, Die Gefahren der Kultur. Hlkohollsmus. Die belege. ow die Tuberku ofe. Geliteskrankheiten,, Rückgang der Seburtenzahl. sehe, en une. Zunahme des Wohlitandes. Zunahme 2 Zivilifation, ‚Die Abwehr: R | Schluß betrachtung.

dem oul dem tebten tnc Kongreß für Eugenetlk geduherten Wunkhe wird durch del erben. cher 22 die einen neuen Zweig der Anthropologie, die ſogenannte angewandte oder lozlale Anthropologie behandelt | ‘u einen Wararuf bildet, der Ich an die loziaipolitiich Intereifierten Krelie richtet.

Zur Kulturgelduichte des fränkifdethüringifdten. Portes | iM

shin Jahre Seſchichte eines 5 | Frankendorfes

pon Oberbautat E. Fritze, Meiningen (Mitglied der Selellich, f. d. Vorgeich 1 | 380, 118 u. 28 Seifen mit 53 Abbildungen im Text. Preis MRS. 2 7

EN aus „Neue Beiträge zur Seſchichte deutichen Hltertums“, heraus · . gegeben von dem Kennebergiichen altertumskorſchenden Verein in Meiningen.) W

Der Verfafler Ichlldert packend und kellelnd dle Wandlungen, die lich Teit Mitte des vorigen vu 4 Jahrhunderts in den Dörfern der früheren Gratichalt Henneberg vollzogen haben. Als dugeren Rahmen für feine Dorfhllder nimmt er das Dorf Vellsdorf bel Hildburghaulen, In dem Jeln Siternhaus Hond. Er zeigt lich als eln felnfinniger Foricher 55 dem Gebiete des ländlichen Dolkstums ung alter dolkskulſur und verltetit es meilterhaft, den Regungen der Volksfeele zu laulcen. weite Mi Bilder veranſciaullchen die dlteſte Bauart des altfränklicen ee Trachienbllder 5 1 auch einen kulturgelduditiidien Wert.

* * N | of agaist Unloecfuntsbrudtre g. Silirg A. G. Were,

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